17. KamstaH den 23. Az,ril 1831. Pruchstu ck aus der nSchildwache^, einem lyrisch ^didaktischen Gedichte von Hugo vom S ch w a r i t h a l e. ^^prengtest du der Wolken Bande, Die, 0 Mond! dein Angesicht Mit dem nächtliche« Gewände Keck verhüllten, schwarz und dicht? Aus des Risses tiefem Blau Sende nieder deine Strahlen, Daß mit mildem Dämmerlicht Sich die Erde, feucht von Thau, Sanft» durchschattet möge malen l. Durch der Ebnen weites Feld, Durch der Wälder einsam Schweigen! Wo der abgestorbnen Welt In verwundersamen Reigen Irre Flännuchen nur sich zeigen, 'Geht ein Pilger, froh und wach,. Jetzt vielleicht dem Glücke nachL Oder, die seit langen Jahren Weit von ihm geschieden waren, All die Seinen, gut und bieder^ Die Geliebte sucht er wieder; Nur die trauten Plätze auch Will vielleicht « wiederfinden, Wo. umrankt vom Fliederstrauch, 2" der Nacht der Kirchhof» Linden Er auf frisch - beblumtem Grabe Schuldlos oft gespielt als Knabe. Laß, 0 Mond, dein freundlich Licht Tröstend durch die Zweige flirren, Daß der gute Wandersmann, Folgend deinem Angesicht, Abwärts nicht vom Wege irren, Sondern neu ihn finden kann! In die Schwankungen des Lebens Ist der Sterbliche gestellt. Keines Lichtes Gluth erhellt, Seines viel - beengten Strebens Nach dem Schöne,,, irren Pfad. Wie ein Kind in Wort und That Hüpft er ohne sichres Sehnen, Ohne seinen Zweck zu wähnen, Durch Jahrhunderte dahin. Langsam, wie wenn noch der Morgen Halb umfesselt hält den Sinn, Nüstet sich zu edlern Sorgen Die Vernunft, die Führerinn. Aber immer heller fallen Auf des Lebens, weite Räume, Ueber der Gestirne Tanz, In das kühne Reich der Träume, Selbst in Gottes ew'ge Hallen, Läßt sie ihres Lichtes Glanz. Wie in jugendlicher Holde Eine reich-geschmückte Vraut, Steht sie endlich da, und schaut Ihreö Wirkens schön Gebilde 66 Wie in reinerm Morgengolde Sich verklärt ein Weltgebiet, Wie das Vorurtheil entflieht, Und zum Menschen wird der Wilde. Aus dem Fels, am Berg erzogen, Winden Säulen sich hervor, Und in kühn« gespannten Bogen Strebt des Tempels Dach empor. Auf des FestaltareS Stufen, Durch des Meißels, Allgewalt Aus dem Stein hervorgerufen, Prangt die göttliche Gestalt. Auf der Töne Zauberschwingen .^ Wieget sich des Geistes Sohn, Der Gesang, hinauf zu dringen Zu der Wahrheit Strahlenthron. Nieder steigt deS Friedens Segen, Der des Himmels.Früchte trägt, ^ Und es fühlt ein heilig Negen, Dem ein Herz im Vusen schlägt. Freilich, ist's nur Mondeslicht, Was des Menschen Geist verbreitet, . Was den Irren warnend leitet, Und die Sonne ist es nicht. Mag sich einer thöricht blähen, Ganz genug und scharf zu sehen; Auch des ersten Geistes Macht Geht nur tappend in der Nacht. Aber mancher will den blassen Schein sich auch nicht leuchten lassen; , Der Undankbare verlacht, Was für ihn mit langen Plagen Fremder Fleiß hcrbeigetragen-Ach'. und aus der Blüthe auch Qualmt hervor des Giftes Hauch. Der des Lichtes Hunmelöfunken Vor die Nacht des Auges bringt, Heil'ge Wahrheit vor die Ohren, Der die Kunst liebt, wie auch trunken Seinen Nuhm die Hymne singt. Geht für diese Welt verloren. ! Saragossa. ^ eine Nsvclle aus doc berühmten Belagerung jener Stadt. »Auf, in die Minen'." lautete das Commandc ^ in dunkler Nacht,' und die neuen, zum Dienst beru« fene« Brigaden brachen aus dm Häuserrulnen auf, die ihnen zur Ruhestätte gedient, und begaben sich auf ihre gefährlichen Posten. Die Nacht war kalt,, und nichts verrieth, daß man sich unter Spaniens Himmel befinde. Wozu auch in solchem Gräuel der Zerstörung hesperische Wärme, hesperisches^ Licht, wenn auch die Natur es erlaubt hätte? Ein ungeheurer, böser Geist schien über dem alten Saragossa zu brüten. Tapferkeit und fanatische Wuth bestürmten und vertheidigten diese Vormauern von Spanien, ohne daß die angestrengtste Hartnäckigkeit den Sturz derselben hätte verhindern können. Nicht vor den Thoren allein wüthete der Krieg; nicht waren Breschen allein zu vertheidigen, sondern der Feind hauste schon im Innern der unglücklichen Stadt. In den Straßen derselben richtete er sein Geschütz, und obgleich derArragonier mit wildem Muthe Haus für Haus zu einer Festung umgestaltete, und den Feind immer auf's Neue zum blutigen Sturmkampf versuchte, — dennoch mußte er Tag für Tag zurück« welchen, und was das Schwert der Franzosen auf der , Oberfläche der Erde nicht fraß, das verschlangen die aufplatzenden Minen, oder zerriß ihre schauerliche La? düng. Gallerte neben Gallerie, Stollen neben Stol« lenführten, wieweitverbreitetcsGezweige/ oder Polypenarmen ähnlich, in das Her; der Stadt hinein. Mehrere Klöster waren blos durch die Gewalt des vernichtenden Pulvers genommen worden. Die V«« lagerer bohrten sich mit unermüdlicher Hartnäckigkeit nach der Hauptstrasse der Stadt, nach demCosso hin, und ihre Minengänge fühlten bis gegen das Unive«-sitäts - Gebäude. In dieser Nacht sollte das Werk be, deutend gefördert, und der große Minenofen unter dem starken Gebäude, das sich wie eine Festung ver« theidigte, zum Ladcn bereitet werden. Die Ablösung der Minirer ging still und ungehindert vor sich. Die ablösenden Brigaden begannen die Arbeit, vorsichtig grabend, vorsichtig schaufelnd, und in gemessenen Pausen horchend, ob nicht ein fernes Geräusch diH Annäherung des Feindes verrathe, der sich oft in Gegenminen den Belagerern kühn in Weg stellte. — In der Gallerie, deren Spitze am meisten vorgeschoben war, kommandirte ein tapferer Ossizier die Brigade. Mit Wort und Peispiel ermunterte er seine Lente, die manchmal verdrossen die Hände sinken ließen, er? schöpft von der seit einem Monat andauernden Arbeit. Durfte gleich ihr Mund nicht sprechen, so sprachen doch ihre Augen um so lebendiger das Mißvergnügen aus, welches sie bei der unendlichen Abmüdung empfanden, und je mehr die Nacht vorrückte, je unge^ duldiger wurden ihre Bewegungen, und in den bleichen, von den Wachslichtern nur schwach erleuchteten 67 Gesichtern der Mmengräber war «ie Ahnung von einer bevorstehenden, unheilschwangeren Katastrophe zu lesen. — Ein Zeichen des Offiziers 'gebot eine Pause. Alle horchten mit angestrengter Aufmerksamkeit. Ein dumpfes Geräusch schlug, obendrein sehr nahe, an das Ohr der bestürzten Arbeiter. Der Offizier befahl gerade nach der Gegend einzuhauen, wo das Graben und Wühlen des Feindes sich bemerkbar machte. Dieß geschah ; plötzlich schwieg jenseits das dumpfe Getöse, und .der französische Ossizier sendete Handlanger ab, um den Pulverkasten in den Minenofen zu bringen. Mit einem Male lockerte sich die Erde in der gegenüberstehenden Wand auf, und die Spitze eines Visitireisens zuckte herein, und zog sich schnell wieder zurück. Im selben Au-benblick riß derOffizier aus dem Gürtel des neben ihm stehenden Mineurs eine Pistole, um sie in die Oess-nung, welche das Eisen hinter sich zurückließ, abzudrücken und die jenseitig«» Minengräber in die Flucht zu jagen. Aber die Pistole versagte, und ehe noch eine andere Maßregel beschlossen werden konnte, stürzte durch einen Quetschdruck von jenseits die Erdwand nieder, verschüttete einige Franzosen, und ließ den übrigen die Aussicht in einen völlig fertigen Minengang der Spa-"'er, aus welchem die Arbeiter, bewaffnet, wie sie waren ^ heranprallten, um die Franzosen zu vertreiben, bke sich zur Wehre setzten, obschon im Angesicht des unvermeidlichen Todes. Einige schwache Grubenlichtcr erhellten die fürchterlichste Kriegsscene, die es geben kann; ein Gemetzel von einer Handvoll Menschen, die ihr finsteres VerhänZniß in diesen unterirdischen Raum von drei Fuß Breite und fünf Fuß Höhe gleichwie in ihrem Grabe zusammengedrängt hatte. Säbel und Bajonett verrichteten ihren blutigen Dienst unerbittlich. Man würgte sich Mann an Mann, man drängte sich hin und her, stolpernd über die Leichen der schon Gefallenen, und suchte den Feind zu überwinden, obgleich Todesgefahr von allen Seiten drohte, entweder durch das Einstürzen der.schlecht verrammelten 5 t.llen, oder durch das Aufstiegen eines irgendwo angehäuften Pulver-Vorc rathes. Mehrere französische Mincurs entkamen, um Hülfe herbeizuholen, während ihre Kameraden sich erbit.-lerl in ihrem Loche schlugen. Die Hülfe kam jedoch nicht zu rechter Zcit. Mjn spanischer Minen-Commandant, der einen Seitcnast in des Erde bohrte, Wen Spitze bereits nahe an den Kampfplatz stieß, war grausam genug, den Tumult des Streits vernehmend, stic "e Landsleute zu opfern, um n,ur die Franzosen zuver-nigen. Ey zündete die Lunten an seinem Mincnheerb "",', ""d «ach kurzer Zeit sprang der Ofen, und verschüttete Freund und Feind in der benachbarten Galle-rie. Auf das Getümmel in dem Maulwurfskriege unter der Erde folgte sogleich tiefe Stille; die Todten fech- ten und toben nicht mehr. Aber oben in der Stadt stand alles lebendig, zum Kampfgcrüstet, oder bebend vor dem neuen Kampf, auf den Beinen. Die Explosion, obgleich den Spaniern nicht gefährlich, hatte die Stadt in Allarm gebracht. Die in dem Universitäts-Gebäude und in den frommen Schulen angehäufte Volksmenge fürchtete einen neuen Angriff von Seite der Franzosen. Alles eilte zu den Waffen. Die Sturmglocken heulten von den Thürmen, die Trommeln wirbetten durch die Gassen, und hinler jeder Traverse in den Straßen schaarten sich beim Schein der Fackeln Soldaten, Bürger und Bauern in hellen Haufen, um das seit ei-nigen Stunden ruhende Gefecht abermals zu erneuern. Hinter einer solchen Verrammlung, welche d«m Cosso quer durchschnitt und gegen die Straße del Medio gerichtet war, wo die Franzosen sich schon eingenistet hatten, lehnte ein junger Arragonier, auf seine Büchse gestützt, und schaute mit bekümmertem Gesicht in den Volkshaufen, der sich um ihn her versammelte. Alle, die ihn umgaben, brannten vor Begierde, es mit dem Feinde aufzunehmen, und keinem lag in der ganzen Welt irgend ein Ding weniger am Herzen, als gerade sein Leben. Aber der Anblick dieser Jammergestalten, abgezehrt von Hunger, von Krankheit, wie von Erschöpfung, war bemitleidenswerth; doppelt kläglich für den genannten jungen Landmann, der seit der kurzen Zeit, als er sich in Saragossa befand, bittere Verluste erlitten hatte. Der Haufen der Vertheidiger jener Barrikade, ein Gemisch von Uniformen, Bürgermänteln und Bauernjacken, unterhielt sich lärmend von den Besorgnissen des Tages, von den Hoffnungen, die ihnen der ^General Palafox stets von Neuem machte, Wid voHDWr eigenen schwachen Zuversicht. »Wir sind verloren!« sagte mit wahrhaft spartanischem Gleichmuth ein Oehlmüller, der seine ganze Habe im Feuer hatte aufgehen sehen: »Abcruns bleibt nichts Anderes übrig, als auf den Trümmern unserer guten Vaterstadt zu sterben, unsern König Ferdinand segnend, und die ketzerischen Franzosen in den Abgrund der Hölle verfluchend^ — Ein silberhaariger Unteroffizier vom Regiment Valencia, dessen Uniform und lederne Kä? maschcn, trotz den Verhaltnissen des Augenblickes , sauber genug geblieben waren, entgegncte mit jugendlicher Lebhaftigkeit: »Carracho! die Hoffnung hört nie auf. Palafox, obgleich krank und leidend, lebt noch, und seine Brüder, Don Franzisco und Lazan, stehen unfern von hier mit ihren Truppen. Wir sind nlcht so ganz verlassen,' zwischen Villafranca und Zuera lag^t unser Heer; darum muthig ausgehalten. Ich kenne die Gegefld genau. Die Franzosen halten sich nur noch mit Mühe in Tudela, in den Desilecn von Tafalia.und Caparoso. Unsere Guerilla's aus der Sierra delk Muela und aus den Bergen vonSoria beunruhigen den Feind M Nacken und bedrohen selbst Alagon, wo er seine Magazine hat. Zudem dürfen wir nicht zittern, so lange die Vorstadt Arrab'al sich hält, undich meine, die Franzosen sind, dort mit blutigen Kopsen zurückgewiesen worden.« Ein Juwelier, der auch hier unter den Waffen stand, sprach dagegen von den Krankheiten, die in der Stadt herrschten, von den vielen Leichen, die unbe'erdigt liegen blieben, und die Luft verpesteten, von dem drohenden Mangel an Munition, und von dem fürchterlichen Häuserkrieg, der jetzt schon Wochen lang geführt werde. Und als nun das Volk, von bitterer Ueberzeugung bedrängt, den Worten des Unglückspropheten niedergeschlagen und traurig Gehör schenkte, schlug sich ein Mönch in's Mittel, der, ein Crucifix in der ei« nen, einen breiten Säbel in der andern Hand, den Lei« ter und Anführer der Vertheidiger dieser Verschanzung spielte. „Meinmüthige!« rief er während seine edlen Züge von Begeisterung flammten: »Ihr werdet den Höchsten durch Euere erbärmliche Furcht erzürnen. Ist nicht jedes Haar auf Euern Häuptern gezählt? Wird nicht jeder Euerer Tage von Gottes Engeln in das Buch der Lebendigen eingeschrieben? Seyd Ihr alte spanische Christen? Ist der prächtige Tempel zusammengestürzt, worinnen unsere liebe Frau vom Pfeiler thront, das Palladium von Saragossa? Kurzsichtige Sterbliche! wie wird Euer Herz so voll Angst, wenn Euch der Herr des Himmels einmal eine Prüfung sendet, als ein Pfand seiner Liebe und seines Vertrauens ! gebet dem König, was des Königs ist! so sagt unser Heiland, und Ihr thut, wie er fagt. Was habtIhr -also zu fürchten? Der Herr selbst.stM.Hß Eurer Spitze, denn er sprach: »Ich bringe niMtMn FriMn, wohl aber das Schwert.« Hat Euch das Heer d.er französischen Unchristen nicht schon einmal in Euern Mauern belagert? Ist es nicht schon einmal in Eure Stadt ged»un.-gen? Mußte es demungeachtet nicht mit Schimpf und Schande abziehen? Lobet den Herrn und preiA seine Werke,, denn auch dießmal wird er Wunder MEuch üben.« ^ Der junge arragonische Bauer lächelte wild und ungläubig, deutete auf die^ln Schußweite liegenden Häuser, wo die französische Schildwachenreihe sich anlief, und murrte vor sich hin: «Ja wohl müssen Wunder geschehen, bei'm heiligen Julian! Dort stehen unsere Feinde schon, und heute Abend werden sie hier auf unsern Leibern stehen.« Der Mönch hörte diese Worts/ trat mit warnep: der, aufgehoblner Rechten zu dem jungen Bauer, und versetzte: »O wie begrübst Du mein Herz und das Ge-müth der Frommen, unglücklicher, verblendeter Sohn. Die ganze Schöpfung predigt die Herrlichkeit des Allmächtigen, und auch wir werden Zeugniß geben können von seiner Gnade. Die Diener seiner Kirche beten nicht vergebens für Euch zu seinem Throne, streiten nicht vergebens an Eurer Spitze zu seiner Verherrlichung und Ehre. Mit ihnen ficht des Herrn Geist in Euren Reihen, und schwebt über Euch, wie ein leitender Enget. Sieh unsere Entschlossenheit, unsere Ausdauer. Wir erdulden das Unmögliche, und sind freudig und wohlgemuth in unsern ermatteten Leibern. Sieh dort die Frauen, die sich wieder — kaum graut der Morgen — heran wagen, um Lebensmittcl auszutheilen, um Verwundete zu verbinden, ja, um an der Seile ihrer Gatten oder Brüder zu fechten t Wie könnte m dem schwachen Geschlechte solches Wunder bewirkt werden, ohne den Beistand der göttlichen Gnade? Bessere Dich daher Zweifler." (.Fortsetzung folgt.) ^-------------- ^---------------- A n ec v o te. Ein Schauspieler wollte sich verheirathen«. Seine Kameraden eiferten ihn in diesem Vorsatze an. Nur der Souffleur, ein guter alter Mann, suchte ihn davon abzureden. »O,« sagte er, «bleiben sie lieber ledig und vergeuden Sie ihre Freiheit nicht; Sie huben doch immer auf mich gehorcht,, thun Sie es auch dießmnl.« O h a r a V e. (Zweisylbig.) Das erste wünschet das Zweite immer. Sonst könnt' es nicht das Erste seyn; Das Zweite wünschet das Erste immer. Sonst würd' es nicht das Zweite seyn; Und Jedes nimmt und Jedes gibt. So wenig das Erste undH^cite sich liebt, W Das Ganze ist das Zweite immer, Und Vieles ist ihm Unterthan i Es fehlt ihm nicht an Küch' und Zimmer, Auf seinem Hofe kräht der Hahn; Auch scheu» man seinen Urthcilsspruch Oft mehr als das Pandektenduch. Nevacteur: F^r. Vav. Keinrich. Verleger: Dgnaz M- SVler v. Rleinmayr.