Oberreicht vom Verfasser. 'MseT^' Die Beziehungen zwisGhen Erdbeben and atmospharischen Bnwegungen. Von Perd. Seidl. Separatabdruck aus den Mittheilungen des Musealvereines fur Krain. Laibach 1895. Buchdruckerei Ig. v. Kleinmayr & Fed. Bamberg. Im Selbstverlacje des Verfassers. O i oO 5^61Z Die Erdbebenkunde ist zwar der jungste Zweig der geologischen Wissenschaft, doch sind ihre Aufgaben bereits scharf gefasst und mit bestimmten Erfolgen in Angriff ge- nommen worden. Die bedeutsamsten Untersuchungen, welche den eigentlichen Fortschritt in der Erkenntnis des Phanomens bezeichnen, sind jene, welche den Zusammenhang zwischen dem geologischen Baue der Erdrinde einer Gegend einerseits und der Richtung sowie Natur der Erschiitterungen anderseits zum Gegenstande haben. Eine zweite Aufgabe ist bestrebt, den physikalischen Charakter der Erscheinung aufzuhellen, eine dritte sucht einen Einfluss anderer Himmelskorper auf die seismischen Ereignisse unseres Planeten zu erkennen, eine vierte endlich beschaftigt sich damit, die Beziehungen zwischen den Bewegungen des Bodens und der Atmosphare zu erfassen. Einen Beitrag in dieser letztgenannten Richtung zu bringen, soli die Absicht der nachfolgenden Untersuchung sein, soweit er sich dermalen aus den Erscheinungen vornehmlich in den Alpen und im dinarischen Gebirgssystem 1 gewinnen lasst. 1 Wir verstehen darunter das Gebirgssystem, welches am Abbruche der Julischen Alpen auf der Linie Tolmein-Krainburg beginnt und weit nach Siidosten hinstreicht entlang der adriatischen Kiiste Ivroatiens und Dalmatiens, hiebei an Breite gewinnend. 4 Zu einer solchen Untersuchung ladet ein einerseits das Vor- herrschen einer bestimmten und intensiven Luftstromung, welche das dinarische Gebirgsland bestreicht und als Bora im weiteren Sinne des Wortes allgemein bekannt ist und in unserer Zeit von Meteorologen ihrem Wesen nach erforscht wurde, vor allem durch den beriihmten Director der meteorologischen Centralanstalt in Wien, J. Han n, dann von Mazelle und anderen. Anderseits aber liegen uns aus- gezeichnete Untersuchungen uber die Erdbeben und deren Beziehungen zum geologischen Baue des erschiitter.ten Terri- toriums gerade aus dem dinarischen und dem nordlich an- grenzenden alpinen Gebiete vor. Wir meinen vor allem die Abhandlung H. Hoefers: «Die Erdbeben Karntens und deren Stosslinien» (Denkschriften der Akademie der Wissen- schaften in Wien 1880), dann diejenige von M. Kišpatič: «Potresi u Hrvatskoj» (Rad jugoslavenske akademije znanosti i umjetnosti 1891, 1892, 1895). In ahnlicher Weise sind uns die seismischen, geologi¬ schen und meteorologischen Verhaltnisse der Alpen der Hauptsache nach bekannt. Um die Untersuchung zu ver- tiefen, sollen noch andere benachbarte Erdbebengebiete ver- glichen werden. Angesichts der Neuheit des Gegenstandes unserer Dar- legungen ist es angezeigt nachzusehen, inwieweit der Zu- sammenhang zwischen Erderschiitterungen und Bewegungen in der Atmosphare tiberhaupt bereits Gegenstand wissen- schaftlicher Erorterung war. Es mag gestattet sein, die dar- auf bezuglichen Ergebnisse tibersichtlich zusammenzustellen. Wir entnehmen dieselben theils der ausgezeichneten «Erd- bebenkundes R. Hoernes’, theils Neumayers Erdgeschichte, theils Referaten der « Meteorologischen Zeitschrift* sowie Petermanns «Mittheilungen» und einer Abhandlung Wos- nessenskij’s. Ein sehr auffallendes Beispiel fiihrt Darwin aus Siid- amerika an; in manchen Gegenden dieses Erdtheiles werden 5 sogar die Erdbeben geradezu als Regenboten betrachtet, und da dort selbst starke Stosse keinen grossen Schaden anrichten, sondern nur die leichten Rohrhiitten der Eingebornen um- werfen, wahrend das Ausbleiben des Regen.s Hungersnoth bedeutet, so gelten die Erschutterungen als ein frohes, reiche Ernte versprechendes Ereignis. (Neumayer.) Die in den letzten Jahrzehnten in Italien und Japan mittelst empfindlicher Instrumente durchgefuhrten Beobachtungen der sehr haufigen schwachen Erzitterungcn des Bodens (Earth- Tremors im Gegensatze zu Earthquakes) haben dazu gefubrt, die grosste Zahl derselben durch Bewegungen in der Atmo- sphare zu erklaren. Noch klarer als die italienischen durch de Rossi durchgefuhrten Untersuchungen haben dies die japanischen enviesen, liber deren Resultate John Milne be- richtet (1887). Es zeigt sich, dass, abgesehen von einer geringen Zahl solcher feiner Erzitterungen, welche wahrscheinlich aufsub- terraneUrsachen zuriickzufiihren und nur als schwache Erdbeben zu betrachten sind, diese Erschutterungen durch die Bewegung der Luft hervorgerufen werden, dass also ftir sie nicht der tiefe Barometerstand an sich, sondern der Gradient entscheidend sein muss. Dort, wo die Luftdruckdifferenz zwischen benachbarten Orten am bedeutendsten, wo dem- zufolge die Isobaren, die Linien gleichen Luftdruckes, sich am diclitesten aneinanderdrangen, dort ist die Windstarke am grossten. Die Luftdruckdifferenz, gemessen in der Richtung senkrecht zu den Isobaren und bezogen auf eine Einheit der Entfernung nennt man den barometrischen Gradienten. Dieser Gradient ist das Mass ftir die Storung des atmospharischen Gleichgewichtes, er bedingt die Starke der Luftbewegung, wie das Gefalle die Stromgeschwindigkeit. John Milne hat gezeigt, dass im Gegensatze zu anderweitigen Ansichten de Rossi’s auch die italienischen Beobachtungen die Abhangigkeit der feinen Erzitterungen von den barometrischen Gradienten, nicht aber von hoherem oder tieferem Stande des Barometers er- gaben. Die Beobachtung der mikroseismischen Bewegungen 6 erfolgte injapan mit sehr genauen, selbstregistrierenden Instru¬ menten, und die erhaltenen Resultate wurden aufs sorgfaltigste mit den Barometerstanden und mit der Geschwindigkei| des Windes verglichen. Die Ergebnisse dieser Vergleichung lassen den Schluss zu, dass die meisten mikroseismisclien Erschut- terungen durch den Wind verursachte Bewegungen sind, welche sich oft in entfernte Gegenden fortpflanzen, die selbst nicht vom Winde betroffen werden. Diese mikroseismischen, durch Wind verursachten Be- wegungen sind jedoch keine Erdbeben im gewohnlichen Sinne des Wortes, da ihre Ursache eben keine subterrane ist. lhre Existenz bevveist aber, dass der Einfluss des Windes auf die Erdoberflache nicht unterschatzt werden darf. Auch grosse, zu Katastrophen fiihrende Erdbeben mogen zwar nicht durch Sturme verursacht, wohl aber in ihrem friiheren Eintritt durch solche befordert werden. Bei den Wirbe)sturmen der Tropen bildet sich ein barometrisches Depressionscentrum, dessen Luftdruckerniedrigung meist viel grosser ist, als in gemassigten Breiten, von welchem aus der Druck nach allen Richtungen viel schneller zunimmt. VVahrend der Gradient bei den hef- tigsten Sttirmen der gemassigten Zone auf etwa 0'2.0'3 mm pro geographische Meile (3'0—4'5mm auf den Aquatorgrad, d. i. 111 km) betragt, steigt er bei den tropischen Wirbel- sturmen auf O'8 — 1’0 mm (d. i. 12—15 mm pro Aquator- grad). 1 Das Zusammenfallen von Cyklonen und Erdbeben ist schon vielfach erortert worden, so beispielsweise von Kluge (1861), welcher unter anderem darauf hinweist, dass, wie Moreau de Jonnes berichtet, von 64 Orkanen auf den Antillen sieben mit Erdbeben zusammenfallen. Ein ahnliches 1 In einem Aufsatze «Ueber das Klima des Karstes* (Mittheil. des Musealvereines, Laibach 1890) habe ich gezeigt, dass der Gradient zwischen Laibach und Triest an Boratagen des VVinters durchschnittlich 3'9 mm betragt, bei vehementen Sturmen aber steigert er sich bis auf 8 mm und daruber. Nach R. v. Jedina (Met. Ztsch. 1891) erreichte der Gradient bei 37 Borastiirmen in Pola im Mittel 3'1, in Triest bei 16 Sturmen sogar 5’4 mm durchschnittlich. 7 Zusammenfallen einer grossen Cyklone und eines Erdbebens hat E. Suess zur Erklarung jenes am unteren Euphrat ein- getretenen Ereignisses angenommen, welches den Namen der Sintflut tragt. «Im Jahre 1737,» sagt Suess, «zu Calcutta und im Jahre 1800 an den Mundungen des Kistna sind Cyklone und Erdbeben vereint aufgetreten. Obwohl beide Erscheinungen ihren Ursachen nach einander fremd sind und obwohl die iibergrosse Anzahl von Cyklonen ohne bemerk- bare Erderschiitterung und ebenso die iibergrosse Anzahl von Erdbeben ohne Wirbelsturm eintritt, wiederholt sich doch das zeitliche Zusammentreffen von Erderschiitterungen und niedrigem Barometer so oft, dass die Aufmerksamkeit der Forscher auf diesen Umstand gelenkt werden musste.» Suess verweist dann auf die von Jul. Schmidt angestellte Ver- gleichung griechischer Erdbeben mit den gleichzeitigen Baro- meterstanden, auf ahnliche Studien Rossi’s iiber italienische Erdbeben und endlich auf den Versuch G. Darwins, den mechanischen Effect der barometrischen Entlastung der Erd- oberflache der Rechnung zu unterziehen (1882), schliesst aber seine Betrachtung (1883) iiber den Gegenstand mit den Worten: «Man kann nicht behaupten, dass die directen Be- obachtungen auf diesem Gebiete bereits zu irgend einem festen Ergebnisse gefuhrt hatten, aber die z. B. in Griechen- land und Italien in Vergleich gezogenen Verminderungen des Luftdruckes sind weit geringer als jene, welche bei Wirbelstiirmen vorkommen. So diirfte bei dem heutigen Stande der Erfahrungen angenommen werden, dass, wenn in einer Gegend, welche sich in einer Phase seismischer Beunruhigung befindet oder in welcher sonst die Vorbedingungen fiir eine Erderschiitterung gegeben sind, jene wesentliche Entlastung von dem Luftdrucke eintritt, welche die Grundbedingung des Wirbelsturmes ist, diese selbe Entlastung zwar die Erderschiit¬ terung nicht erzeugt, wohl aber ihr Auftreten beschleunigt oder den Grad der ITeftigkeit erhoht.» (Nach Hoernes, Erd- bebenkunde.) 8 Seit der bertihmte, bahnbrechende osterreichische Geo¬ loge den Stand der Erfahrungen in der uns beschaftigenden Frage in die vorstehenden Worte zusammengefasst hat, wurde durch eingehende Untersuchungen die empirische Grundlage erweitert und die Auffassung Suess’ wesentlich gekraftigt. Vor allem kommt eine Arbeit in Betracht, welche wir der seismologischen Gesellschaft in Japan verdanken. Diese ist eine Vereinigung von Mannern der Wissenschaft, welche sich bemuht, in einem von Erdbeben oft und hart heim- gesuchten Lande die genaueste Beobachtung der seismischen Erscheinungen durchzufiihren. Die Veroffentlichungen dieser Gesellschaft enthalten, wie Hoernes riihmlichst hervorhebt, abgesehen von einer grossen Zahl directer Beobachtungen, wie sie in ahnlicher Weise noch in keinem Lande der Erde gesammelt wurden, iiberaus wichtige theoretische Erorterungen, welche sich auf einzelne Schuttergebiete oder auf allgemeine Fragen der Erdbebenkunde beziehen, so dass wir diese Ver¬ offentlichungen als eine der vvichtigsten Quellen fiir das Studium der seismischen Erscheinungen bezeichnen miissen. Gerade in den Transactions der Gesellschaft erschien im J. 1886 eine Abhandlung von Knott, welche auf Grund statistischer Zusammenstellungen aus verschiedenen Arealen der Erdober- flache die secundaren Ursachen der Erdbeben zum Gegen- stande der Prilfung gewahlt hat. Einem Referate Supans in Petermanns «Geogr. Mittheilungen* des Jahres 1887 entnehmen wir, dass Knott einen Einfluss der Anziehung von Sonne und Mond — wie ihn R. Falb behauptet, aber niemals ver- sucht hat, wissenschaftlich zu beweisen — in seinen Zahlen nicht zu erkennen vermag. Von den meteorologischen Er¬ scheinungen konnen die Temperatur, deren Veranderungen nicht tief in den Erdboden eindringen, 1 und der Regen nicht 1 Bekanntlich verringern sich die VVarmcunterschiede von Tag und Nacht, ja auch von Sommer und Winter in den oberflachlichen Schichten des Erdbodens sehr rasch, und schon in einer Tiefe von 25 bis 30 m hort der Einfluss der Jahreszeitcn vollrg auf. 9 in Betracht kommen; die Schneeanhaufung mag wohl einen Einfiuss ausuben, aber er ist jedenfalls sehr gering, weil die jahrliche Erdbebenperiode mit dem Maximum im Winter und dem Minimum im Sommer auch in schneelosen Gegenden zum Ausdrucke gelangt. Es bleibt somit als der wichtigste der secundaren Factoren der Luftdruck iibrig. Wo der baro- metrische Gradient eine ausgesprochene jahrliche Periode besitzt, in den mittleren und hoheren geographischen Breiten, folgt auch das seismische Phanomen derselben, indem beide ihr Maximum im Winter erreichen; wo aber, wie in den niederen Breiten, der Gradient im Laufe des Jahres keinen betrachtlichen Veranderungen unterliegt, ist auch die jahrliche Periode der Erderschiitterungen schwach und undeutlich. Um die so in Kurze dargestellten Beziehungen zwischen den Bewegungen des Bodens und der Atmosphare durch Zahlenwerte in Bezug auf unseren Erdtheil zu bekraftigen, fiihren wir in folgender Tabelle zunachst die etwas aus- geglichenen Haufigkeitszahlen der Erdbeben Europas aus dem Zeitraume der Jahre 306—1842 nach Knott vor. Man erkennt daraus deutlich, dass die grosste Frequenz der Erdbeben im Laufe des Jahres auf den Monat Janner entfallt (147'7), sie sinkt alsdann ziemlich rasch, um bereits im Mai das Minimum (94-7) zu erreichen. Den ganzen iibrigen Theil des Jahres steigt sie hierauf langsam an bis zum winterlichen Hohenpunkt. Die andere Zahlenreihe der Tabelle gibt die Luftdruckunter- schiede, welche tiber Europa in der Richtung des starksten I. Luftdruckunterschiede in Europa, Richtung SE-NW; 2820 km. Millimeter 12-6 8-0 4-2 ■ 1-6 -0-2 0'6 0'4 : 15 5'3 j 9’2 , 6'0 | 9'3 10 allgemeinen Gefalles bestehen, ebenfalls flir die aufeinander folgenden Monate an. Sie ist dem in seiner Art einzig da- stehenden, iiberaus sorgfaltigen, durch allseitige Sicherung des Zahlenmateriales ganz besonders ausgezeichneten Werke J. Hanns: «Die Vertheilung des Luftdruckes liber Mittel- und Sudeuropa, Wien 1887» entnommen worden. Die Zahlen bedeuten die Luftdruckunterschiede in der bezeichneten Haupt- richtung in Millimetern, bezogen auf die Strecke von 2820 Kilo- metern. Sie besagen, dass fast das ganze Jahr hindurch ein Luftdruckgefalle vom Continent gegen den Nordatlantischen Ocean besteht. Es ist am grossten im Janner, sinkt dann, um im Monat Mai zu Gunsten eines unbedeutenden entgegen- gesetzt gerichteten zu verschwinden, und wachst hierauf wieder bis zum winterlichen Hohenpunkt. Nur im November sinkt es auf ein secundares Minimum herab, so dass dem October das zugehorige Maximum zufallt. Man sieht, die Haufigkeit der Erdbeben Europas wachst und sinkt in demselben Sinne, wie die Intensitat der Luftbewegung, welche durch den Gra- dienten in der betrachteten Hauptrichtung angeregt und unter- halten wird. Nur der secundare Wendepunkt ist in der Jahres- periode der Erdbeben-Frequenz nicht zu erkennen; man darf aber nicht iibersehen, dass die Zahlemverte der letzteren ausgeglichen sirid, wodurch die entsprechende Wcndung ver- wischt werden konnte. In der That hat schon Perrey (1843, cit. Volger) auf die Verminderung der Erdbeben Europas aufmerksam gemacht, welche seine statistischen Zu- sammenstellungen fur den Monat November zeigten. Im all¬ gemeinen also bekraftigt die Uebereinstimmung in iiber- raschender Weise die harmonierenden Auffassungen der beiden Forscher, des Seismologen Knott und des Geologen Suess. Sehr bemerkensvvert ist die Untersuchung A. W os- nes.s enskijs: «Ueber die Erdbeben in und um Wernyj im Jahre 1887 und ihre Beziehungen zu meteorologischen Vorgangen», Repert. fur Meteorol., Bd. XII, Petersburg 1888. — 11 — Die Stadt Wernyj (43° 16' N., 76° 53' O.) wurde am 9. Juni 1887 von einem Erdbeben betroffen, welches alle Hauser zer- storte oder wenigstens eingreifend beschadigte. Es folgten dann noch zahlreiche Stosse durch mehrere Monate. Wos- nessenskij fand nun, dass von 155 Erdstossen (bis Ende Janner 1888) ca. 71% bei fallendem Barometer stattfanden, und 29 % bei steigendem. Zur Prtifung der fur Wernyj er- haltenen Resultate vergleicht der Autor, sich stutzend auf eine Abhandlung S e ik ei - S eki y a’ s (Transact. Seism. Soc. Japan 1887), noch die Daten liber die Erdbeben Japans vom Jahre 1885 und erhalt eine Tabelle, welche wir uns erlauben, hier auszugswejse wiederzugeben. II. Inseln Japans 1885. Man sieht, dass die Zahl der Erdbebenstosse ebenso wie die Ausdehnung der von den Erschutterungen jeweilen in den einzelnen Monaten heimgesuchten Gebiete (gemessen nach Quadrat-Kilometern) von Monat zu Monat ebenso zu- und abnimmt, wie die Anzahl derjenigen Beobachtungstermine, wahrend vrelcher auf dem Territorium von Japan oder in einem Abstande von nicht mehr als 150 Kilometern von den Ufern desselben Cvklonencentra beobachtet wurden. Wo s ne s sensk i j erscheint es daher als «nicht allzu gewagt», folgenden Schluss auszusprechen : «Die Variationen der seismischen Erscheinungen stehen in engem Zusammen- hange mit den Schwankungen des Luftdruckes, indem \vah- rend eines Erdbebens je eine Verstarkung der seismischen Thatigkeit bei Verminderung des atmospharischen Druckes einzutreten pflegt.» 12 Da dieser Schluss seine breitere Basis in den ver- glichenen Ereignissen Japans hat, so ist — wie wir hinzu- zufiigen uns erlauben — als Verminderung des atmosphari- schen Druckes wohl vor allem jene zu verstehen, welche iiber einen grosseren Raum der Erdoberflache eine Cyklone erzeugt und damit Gradientkrafte hervorruft. Noch einer Untersuchung mtissen wir gedenken, welche die Beziehungen zwischen beiden uns beschaftigenden Er- scheinungen zum Gegenstande hat, indem sie den Vorzug besitzt, ein kleines, in sich einheitliches Stiick Europas zu behandeln. Es ist die Untersuchung T. Ch. Thomassens in Bergens « Museums Aarbog for 1893», iiber welche J. Hann in dem Juni-Heft der «Meteorolog. Zeitschrift» 1895 berichtet. Der Verfasser kommt auf Grund seiner mehrjahrigen Unter- suchungen und Studien der norwegischen Erdbeben zu dem Resultat, dass die Vertheilung des Luftdruckes und die Erd¬ beben unzweifelhaft miteinander in Beziehung stehen. Von entscheidender Bedeutung dabei ist nicht der locale Luftdruck zur Zeit des Auftretens einer Erschlitterung, sondern vielmehr die Grosse des Gradienten am Orte selber oder in der Nahe des Erdbebenstriches. Das Auslosen eines Spannungszustandes der Erdkruste kann auch durch die Luftdruckverhaltnisse in grosserer Entfernung von dem Erdbebenorte selbst hervor- gerufen werden. Aus dem Studium der Luftdruckverhaltnisse der norwegischen Erdbeben 1887—1893 geht hervor, dass die Erdbeben weder an hohen noch an niedrigen Barometer- stand gebunden sind, und dass das Barometer in den meisten Fallen constant oder steigend, sehr selten dagegen fallend gewesen ist. In 53 Fallen von 86 hat die Verbindungslinie vom Maximum zum Minimum die Richtung Nordrvest zu Stid- ost gehabt; dies schien in einem bestimmten Verhaltnisse zur Hauptrichtung der Erdbeben gestanden zu sein. Diese Erd¬ beben scheinen Dislocations-Erdbeben zu sein. Sobald der Unterschied des Luftdruckes auf beiden Seiten einer Bruch- linie einen bedeutenden Grad erreicht, kann das ein Auslosen 13 des Spannungsverhaltnisses verursachen, und es tritt ein Erd- beben ein. Es wird dies nicht mehr so unwahrscheinlich klingen, wenn man bedenkt, dass ein Steigen des Barometers um 1 mm einer Druckzunahme von circa 13-6 Millionen Kilo- gramm pro Quadratkilometer entspricht. Die untersuchten Erdbeben waren auch weit mehr an das Maximum als an das Minimum des Barometerstandes gekniipft. Indem wir mit diesem Berichte die Darstellung des Standes unserer Erfahrungen beschliessen, miissen wir, das Vorgefiihrte iiberblickend, zugeben, dass durch die Luft- bewegung eine Bodenbewegung in zweierlei Weise verursacht werden kann: erstens ein leichtes Erzittern des Erdbodens, eine sogenannte mikroseismische Erschiitterung, welche kein Erdbeben im gewohnlichen Sinne des Wortes ist, da ihre Ursache eben keine subterrane ist; zweitens die Auslosung oder doch die Beforderung der Auslosung oder auch Ver- starkung eines wirklichen Erdbebens, fur welches in der Erd- rinde bereits die Vorbedingungen gegeben sind. Nach diesen orientierenden Betrachtungen konnen wir uns der Untersuchung unserer heimatlichen Verhaltnisse zu- wenden. In den «Uebersichten der Witterung in Oesterreich etc. im Jahre 1859» findet sich ein kurzer Aufsatz des Dr. Pogačnik: «Ueber die Bora des Wippacher Thales» vor. Der Verfasser war als Arzt und meteorologischer Beobachter in Haidenschaft, einer Ortschaft des Wippacher Thales, welche vom Borastrome in heftigster Weise bestrichen wird, thatig. Er schreibt: «Wenn die Bora in ihrer vollen Machtigkeit und mit donnerahnlichem Brausen liber die Hauser hinstiirmt, so werden diese derartig gertittelt, fast wie bei einem Erdbeben, so dass selbst Mauer- stiicke von der Zimmerdecke herabfallen und die mit aus- gehohlten Ziegeln bedeckten Dacher nur durch Belastung mittelst grosser Steine vor Beschadigungen gesichert werden konnen. Die Hauser iverden infolge dessen sehr bald bau- fallig ...» 14 Bewohner des Karstes versichern mir, dass die eben angefuhrte Schlussfolgerung insofern etwas iibertrieben zu sein scheint, als sie, gewohnt, einen harten Kampf ums Dasein zu kampfen, es erlernt haben, ihre Hauser sehr widerstands- kraftig aus Sternen aufzubauen und mit niedrigen Dachern zu versehen, so dass das Gemauer durch die Erzitterungen infolge der Borastosse nicht merklich zu leiden habe. Professor E. Mazelle in Triest hat die kolossale Intensitat der heftigsten Borastosse, welche 4 —10 Secunden dauern, worauf die Sturmeskraft eine Zeitlang (40—50 Secunden) nachlasst, zu berechnen versucht und fand fur einige starkste Stosse einen Winddruck von ca. 206 kg auf das Quadrat- meter (Meteor. Zeitschr. 1893). Dieser verdiente und eifrige Erforscher der meteorologischen Verhaltnisse von Triest theilt mir freundlichst brieflich mit, dass in Triest «bei den starksten Borastiirmen nur ein leichtes Vibrieren an besonders exponierten Hausern beobachtet wird», und ftigt bei: «Nach Erkundigungen, die ich beim Leuchtthurmwachter eingezogen habe, lasst sich im obersten Theile des Leuchtthurmes bei sehr starker Bora ziemliche Vibration bemerken. Im obern geschlossenen Raume wird bei heftigster Bora eine kleine Hangelampe in Schwin- gungen versetzt.» Als am heurigen Ostersonntage der unterirdische Damon die osterreichischen Alpenlander sowie deren Nachbarschaft in weitem Umkreise durch ein gewaltiges Erdbeben erschi.it- terte, welches seinen I-Iauptherd in derSiidhalfte desLaibacher Beckens wahlte und die bliihende Plauptstadt Krains grasslich beschadigte, da meinten die Bewohner von Triest im ersten Augenblicke, es sei nur ein besonders kraftvolles Experiment der Bora. Unter solchen Umstanden ist es kaum zu bezweifeln, dass -— wie es in Italien und Japan mit Hilfe empfindlicher Instrumente nachgewiesen wurde — auch in unseren Gegenden durch heftige Luftbewegung mikroseismische Erzitterungen des Erdbodens hervorgerufen werden. In Krain sowie in dem 15 istrischen, kroatischen und dalmatinischenKustengebiete werden dieselben hauptsachlich durch die herrschende, nicht selten bis zu den hochsten Graden gesteigerte Stromung der Bora, in zweiter Linie auch durch den Scirocco ausgelost. Was dann die Beziehung zu den wirklichen Erdbeben anbelangt, so haben wir die Untersuchung in zwei Theile zu gliedern. Es ist zunachst die Jahresperiode der seismischen Erscheinungen zu vergleichen mit jener des barometrischen Gradienten der zu untersuchenden Gebiete — ahnlich wie wir es oben fur Europa im allgemeinen gethan haben —, alsdann aber sind die Beziehungen zwischen der Richtung des Gra¬ dienten und der Richtung jener tektonischen Linien in Betracht zuziehen, langstvelcher die Erdbeben unseres Territoriums seit Jahrhunderten und Jahrtausenden ausgelost zu werden pflegen. Um die Jahresperiode der Erderschiitterungen abzuleiten, wurden die Bebentage aus den Bebenverzeichnissen folgender Werke ausgehoben und nach Monaten gruppiert: H. Hoefer, Die Erdbeben Karntens und deren Stoss- linien 1. c. Die in dieser Abhandlung enthaltene Chronik ist eine vieljahrige, durch sorgfaltige Kritik gesicherte Arbeit. H. M i 11 e i s, « Uber Erderschiitterungen in Krain». Jahresheft des Vereines des Krainischen Landesmuseums, Bd. III, Laibach 1862. Das Verzeichnis enthalt eine Lučke von 1691 —1799 und liesse sich ohne Zweifel namhaft vervoll- standigen. Dimitz, Geschichte Krains. K. Deschmann, Handschriftliche Aufzeichnungen, vornehmlich die Beben Laibachs aus den Jahren 1855 bis 1885 betreffend. C. W. C. Fuchs, Statistik der Erdbeben von 1865 bis 1884. Sitzungsber. d. Akademie d. Wissensch., Wien 1886. M. Kišpatič, Potresi u Ilrvatskoj 1. c. Der Verfasser sammelte durch 14 Jahre das Materiale zu einem Katalog der Beben Kroatiens und Dalmatiens. In den jiingstverflos- senen Jahren sind auch Erschtitterungen von Bosnien und 16 der Hercegovina hinzugekommen. Das sehr sorgfaltige Ver- zeichnis enthalt die Berichte uber nahezu 1000 Erdbebentage. Die Thatsachen, welche in allen diesen Sammlungen tiberliefert werden, sind sehr mannigfaltig. Es gibt darunter Erdbeben, welche sich kaum als leise Erzitterung des Bodens wahrpehmen Hessen, und andere, welche den festen Erdboden gleich einer Wasserflache in furchtbar wogende Bewegung versetzten, dass die Menschen taumelten, die Walder wie ein Getreidefeld im Sturme wallten, die Berge sichtbar wankten, Felsen und Bergestheile sich ablosten und in die Niederung herabdonnerten und dass die Wohnstatten der Menschen in Triimmer zusammensanken, hiebei mehr oder weniger von ihren Bewohnern begrabend. Ebenso sind durch zahlreiche Uebergange mit einander verkniipft Erdbeben, welche nur eine kleine Oertlichkeit erschtitterten, und andere, welche ausgedehnte Lander, Gebirge und Meere durchschritten, um erst in weiter Entfernung von der Ausgangsstelle auszukreisen. Es sind uns Berichte uber Erdbeben, welche im vorigen Jahrtausend stattfanden, erhalten geblieben, sie werden selbst- verstandlich umso zahlreicher, je neueren Datums sie sind. Eine Erdbebenstatistik, welche die wissenschaftlichen An- forderungen befriedigte, zusammenzustellen, ist eine schwierige Aufgabe. Nicht allein die Ueberlieferungen aus den friihern Jahrhunderten sind sehr unvollkommen, ja geradezu fragmen- tarisch, auch aus den letztverflossenen Decennien lassen sie, was Vollstandigkeit anbelangt, vieles zu vvunschen tibrig. Ein storendes Element bilden insbesondere auch die Erdbeben- schwarme, jene Falle, in welchen einem starken Hauptstosse im Verlaufe der nachsten Wochen und Monate zahlreiche Erschutterungen folgen. In der statistischen Zusammenstellung kann dadurch einem kurzen Abschnitt des Jahres eine so hohe Zahl zufallen, dass sie erst durch die Ereignisse vieler Jahre ausgeglichen wird und bishin eine Erhebung der Jahrescurve vortauscht, welche in Wirklichkeit vielleicht nicht besteht. Unter solchen Umstanden ist es geboten, um 17 moglichst grosse, durch einzelne Anomalien der erwahnten Art weniger beirrte Zahlen zu erlangen, die seismischen Er- scheinungen eines umfangreichen Flachenraumes und eines langen Zeitraumes zu vereinigen. Daber wurden filr die nach- stehende Tabelle III die in den obigen Quellen vermeldeten Tage mit Erdbeben in Karnten, Krain, den siidlichsten Theilen der Steiermark, Gorz und Triest in die Gruppe «Krain etc.» zusammengefasst, diejenigen von Dalmatien, Kroatien, Bosnien und der Hercegovina aber in die Gruppe «Dalmatien etc.» genommen. Aus der ersteren Landergruppe konnten die Berichte von 396 Erdbebentagen aus den Jahren 1348 bis 1885 erlangt werden, filr die Gruppe Dalmatien aber von 992 Bebentagen aus den Jahren 1187—1884.' Um bessere Einsicht in das seismische Verhalten der uns zunachst inter- essierenden Lander zu gewinnen, haben wir in die Tabelle auch noch andere Areale Europas zum Vergleiche heran- gezogen (soweit uns eben statistisches Materiale zur Verfugung stand). Die Daten fur Skandinavien beziehen sich auf 818 Beben; iiber 214 derselben berichtet Perrey (1845, citiert bei Volger), iiber 328, welche seit 1834 in Norwegen sich ereigneten, dagegen Thomas sen (Bergens Museums Aars- beretning 1888, Referat in Met. Ztschr. 1890). Perrey hat desgleichen die Vertheilung von 656 Erdbeben Frankreichs iiber die Monate des Jahres angegeben; hinzugefugt haben wir noch 161 seismische Ereignisse aus der Statistik C. W. C. Fuchs’. Die Annaben filr die Schweiz basieren auf 1230 O Beben, welche Volger in seinem sehr verdienstlichen Werke «Untersuchungen tlber das Phanomen der Erdbeben in der Schweiz», 1857, I. Theil, pag. 12, zusammengestellt hat. Filr Niederosterreich haben wir die vorgefiihrten Zahlen aus dem Verzeichnisse abgeleitet, welches E. Suess in seiner bahn- brechenden Abhandlung «Die Erdbeben Niederosterreichs» 1 Das Detonations-Phanomen auf der Insel Mcleda aus den Jahren 1822 — 25 wurde hiebei von der Zahlung ausgeschlossen. 18 (Denkschr. d. Akad. d. Wissensch., Wien 1873) niedergelegt hat; es umfasst die Erschutterungen Niederosterreichs und der angrenzenden Landertheile, insbesondere Obersteiermarks, aus den Jahren 1267—1872; ich habe aus C. W. C. Fuchs’ Chronik noch die Reihe 1873—1884 hinzugefugt, so dass im ganzen 148 Bebentage fiir die Tabelle herangezogen erscheinen. Fiir die Halbinsel Italien hat schon Perrey die Zusammen- stellung von 984 Erderschiltterungen ausgefiihrt, ich habe es vorgezogen, mich auf Fuchs’ Statistik zu beschranken, indem ich die Erschutterungen im Vesuvgebiete unberiicksichtigt lassen konnte; durch diesen Vorgang wird die Vergleichbarkeit mit den anderen hier betrachteten Landern, welchen vulka- nische Beben fremd sind, gefordert. Es waren somit fiir Italien nur die Erdbebentage der Jahre 1865—1884 auszuheben ; ihre Anzahl betragt 1158. Derselben Quelle entnahm ich schliesslich die Berichte iiber 626 Bebentage des gleichen Zeitraumes, welche aus der Tiirkei (siidlich vom Breitenkreis der Balkan- kette), Griechenland, den Aegaeischen Inseln und der West- ktiste Kleinasiens gemeldet werden. Hiebei wurde das vulka- nischeGebiet der Insel Santorin von derZahlung ausgeschlossen. Um zunachst die Hauptziige in der Jahresperiode der Erderschiltterungen kennen zu lernen, berechnet man am vortheilhaftesten, wie viel Procente der Gesammtsumme der Beben einer jeden Jahreszeit zufallen. In dieser Absicht wurde die hier folgende Tabelle III abgeleitet. Sie lasst sehr deutlich erkennen, dass auf dem gesammten betrachteten Areale - wie nach Knott tiberhaupt in Europa - die Haufigkeit der Erdbeben im Laufe des Jahres am ge- ringsten im Sommer ist; es ereignen sich wahrend desselben 12—21 °/o der jahrlichen Erschutterungen. Die Ausnahms- stellung Niederosterreichs diirfte nur eine scheinbare sein und wird wohl verschwinden, sobald der Vorrath zu vergleichender Geschehnisse ein vollstandigerer und reichlicherer sein wird. Den jahreszeitlichen Hochstbetrag erreicht die Erdbebenfrequenz in Skandinavien, in West- und Mitteleuropa, sowie auch noch 19 III. Jahreszeitliche Vertheilung der Krdbeberi. IV. Jahreszeitlicher Gang der Intensitat des VVindes. 20 in Kroatien und Dalmatien im Winter. Anders scheint sich Siideuropa zu verhalten. In Italien, desgleichen in der Um- gebung des Aegaeischen Meeres, sind die Erderschiitterungen im Winter zwar gleichfalls haufiger als im Sommer, doch ge- langen daselbst andere Einfliisse zur tiberwiegenden Geltung und schaffen zwei nahezu gleich starke, dominierende Maxiam im Herbste und Frtihlinge. Hiebei behalt der Winter immer noch eine etwas lrohere Erdbebenhaufigkeit, als sie dem Sommer zugemessen bleibt. Der Gegensatz der extremen Jahreszeiten ist auf dem Bereiche unserer Tabelle nicht tiberall in gleichem Masse ausgebildet. Wahrend der unterirdische Damon in den Alpen die Bewohner etwa dreimal so oft in der kalten Jahreszeit erschreckt, als in der warmen, betragt diese Ver- haltniszahl in dem mildern Klima der betrachteten Theile Nord-, West- und Siideuropas nur mehr 1-8 — 1‘1. In Italien und Griechenland ist, wie vorerwahnt, der starkste Gegensatz auf andere Jahreszeiten verlegt, und wird der Herbst oder der Friihling — eine bestimmte Entscheidung lasst der zu geringe Thatsachenvorrath unserer Tabellen nicht zu — etwa 1 '/ 2 mal so haufig von Erderschiitterungen heimgesucht, als der Sommer. FalE nun die Haufigkeit der Erschutterungen des Erd- bodens namhaft beeinflusst wird durch die Bewegungen der dariiber lagernden Atmosphare, so muss die Jahresperiode der ersteren als eine Wiederspiegelung des jahrlichen Verlaufes der Intensitat der Luftbewegung erscheincn. Letzteren Verlauf darzustellen ist dah er jetzt unsere Aufgabe. An Stelle des Gra- dienten wahlen wir als Mass des Bewegungszustandes der Luft die durch den Gradienten bewirkte Windgeschwindigkeit oder noch vortheilhafter die Dauer starker (d. i. stiirmischer) Winde. Die Tabelle IV stellt die in den Vergleich genom- menen Grossen dar. Fiir die norwegische Kliste haben wir die Daten aus Bebbers Lehrbuch der Meteorologie ge- schopft. Den Bewegungszustand der Luft in dem Gebiete der 21 Ostalpen lassen wir eine Gipfelstation vorfuhren, da die Atmosphare in den Thalbecken durch die Gebirgsumwallung mehr oder weniger behindert ist, dem Gradienten zu folgen. Als eine unsern Zvvecken vorziiglich dienende Station bietet sich die Warte auf dem Obirgipfel dar. Die Mittel fiir die Windstarke sind aus zehnjahrigen Beobachtungen von Han n abgeleitet worden (Met. Ztschr. 1893). Fiir Triest nehmen wir die Angaben E. Mazelles auf (Met. Ztschr. 1892), fiir Lesina jene von Han n (Met. Ztschr. 1884) und fiir Rom jene einer Abhandlung von Ferrari (Referat in Met. Ztschr. 1879. Die Aufstellung des Anemometers in Rom diirfte nicht ganz giinstig gewesen sein, gemass Bemerkung in diesem Referat). Ueber Montpellier berichtet Houdaille (sechsjahr. Mittel, Ref. in Met. Zeitschr. 1892); iiber Constantinopel H. Lyne (20jahriges Mittel, Ref. in Met. Ztschr. 1887). Man erkennt auf den ersten Blick den Gleichlauf der Erdbebenfrequenz und der Intensitat der Luftstromung in Norwegen, in den Ostalpen sowie in dem an diese grenzenden Stiicke des Karstgebietes. Fiir Dalmatien und Italien sowie die Balkanhalbinsel ist dagegen eine Uebereinstimmung aus unserer Zusammenfassung nicht ersichtlich. Es wird daher nothwendig, den Verlauf der beiden Erscheinungen scharfer zu fassen und ibn nach kiirzern Zeitabschnitten, als es die Jahreszeiten sind, zu verfolgen. Zu einer solchen Fortsetzung der Untersuchung wird man ermuthiget durch den Par- allelismus der jahreszeitlichen Curve der Erdbeben Italiens mit jener der Windgeschwindigkeit auf Lesina. Eine bessere Einsicht in den jahrlichen Verlauf der beiden betrachteten Erscheinungen verspricht daher TabelleV, gemass welcher dieselben in ihrem Gange von Monat zu Monat verfolgt werden konnen. Ueber die Herkunft des hier niedergelegten Zahlenmateriales wurde bereits Bericht erstattet, sofern die Tabellen lil und IV vom Verfasser eigentlich aus der Tab. V abgeleitet wurden. Es ist daher nur mehr nothig, die Quellenangaben fiir den Zuschuss zu machen. Die Wind- Jahresperiode der Erdbebenhaufigkeit. 22 23 > TJ G Tl O Tl G G O 0 c n o S-t a 0 m m tj G b a TJ G Ph o tuo rt | G -»-> C/3 u 0 "O S rt N r>5 :G w b£ 0 £ u O 52; rt 'o Cu i-l S o p4 G O (J rt G 'ot O O Ph 24 geschwindigkeit fur Wien wurde von Han n abgeleitet (Sitzber. d. Akad. d. Wissensch., Wien 1893), fur Pola von Kneusel - Herdliczka (Met. Ztschr. 1891), die Angaben der mittlerenDauer sturmischer Winde(Windstarke mindestens — 6), wurde fur den Obir vom Verfasser berechnet aus den dreimaligen taglichen Beobachtungen der zwolf Jahre 1881 bis 1892 (nach Koppens Formel • N, Met. Ztschr. 1880, S. 364); jene fur Pola verdanken wir R. H. Scott (Referat in Met. Ztschr. 1888), fiir Lesina dagegen wieder Plan n (Ref. ebenda S. [87]). Als starke Winde wurden hiebei jene betrachtet, welc.he eine Geschwindigkeit von 50 km pro Stunde oder nahezu 14 m pro Secunde aufweisen konnten. Die Jahres- periode der Sturmtage wurde fiir Norwegen aus Mohns Tabellen (Met. Ztschr. 1885) nach 12 — 22jahrigen Beobach¬ tungen an 13 Orten vom Verfasser abgeleitet, jene fiir die deutsche Ktiste einer Abhandlung Botges (Ref. in Met. Ztschr. 1891) entnommen; sie grtinden sich auf die Angaben von 43 Signalstellen aus allerdings nur 10 Jahren. Vergleichen wir jetzt den jahrlichen Verlauf beider uns beschaftigenden Erscheinungen an der Hand obiger Tabelle, so ergeben sich bemerkensvverte Aufschliisse. Die Jahresperiode der Beben in Norwegen zeigt ausser dem Hauptminimum im Sommer und dem zugehorigen Ma- ximum im Winter noch secundare Maxima im Friihling und Herbste an, deren Zeitpunkte allerdings durch die geringe Anzahl der comparierenden Beben wohl nur annahernd be- stimmt sind. Es iiberrascht aber zu sehen, dass die Jahresperiode der Sturmfrequenz in Norwegen ziemlich ent- sprechend Maxima im Februar und Herbste aufweist und neben dem Hauptminimum im Sommer eine namhafte Ver- mehrung der Sturme im Winter besteht. In Mitteleuropa (deutsche Ktiste, Wien, Obir in der Ta¬ belle) sowie im Gebiete des Mittelmeeres (Pola, Lesina, Mont¬ pellier) ist die Jahresperiode der Intensitat der Luftstromungen — also des Gradienten — eine ebenso vervvickelte. Dem 25 Sommer-Minimum steht deutlich eine Verstarkung im Winter gegeniiber; es tritt aber zu dieser einfachen Schwankung noch eine doppelte hinzu mit Maximis im Friihling und Herbst, und entwickelt sich diese letztere stellenweise so kraftig, dass sie die dominierenden Hohenpunkte der Jahrescurve bildet. 1 Viel scharfer als in der Aenderung der mittleren Windstarke pragen sich diese Verhaltnisse aus in der mitt- ieren Dauer der starken Winde. Auf dem Obirgipfel beispiels- weise haben der Janner und dann Marž und October eine etwa dreimal so starke Frequenz heftiger Winde, als die Sommermonate. In dieser Form bestatigt sich der weit- verbreitete populare Glaube an die Haufigkeit der «Aequi- noctialstiirme;> mit allerdings starker Verspatung im Herbste. Obwohl nun unsere Jahresperiode der Erderschutterungen Italiens und Griechenlands einer nur 19jahrigen Beobachtungs- zeit entstammt, so wird es wohl kaum ein Zufall sein, dass in denselben ausser dem Winter-Maximum und Sommer- minimum mit aller Bestimmtheit auch die Culminationen im Friihling und Herbst ausgebildet erscheinen — ganz conform der jahrlichen Aenderung der Wind-Intensitat. Da es nun nicht denkbar ist, dass durch Erdbeben ein barometrischer Gradient erzeugt wtirde, und es ebenso nicht findbar ist, dass beide Erscheinungen durch eine aussenstehende dritte Ursache bewirkt wiirden, so bleibt nur der Schluss gestattet, dass das barometrische Gefalle einen Einfluss auf das Eintreten der Erderschutterungen besitzt und daher die Haufigkeit dieser letzteren zu- und abnimmt, wenn jenes kraftiger, beziehungsw. 1 Die Complication kommt auf der osterreichischen Kiiste der Adria in der Weise zustande, das die Borawinde daš Maximum im Winter, das Minimum ihrer Haufigkeit im Sommer erlangen. Die Sciroccowinde aber weisen je ein Maximum im Fruhling und im Herbste auf. Auch in Wien erlangen nac-h Hann die Ost- und die Stidcomponente des Windes ihr Maximum im Fruhling und im Herbste, im Fruhling gleichzeitig die Nordcomponente, und entspricht dieses Resultat der Beobachtung dem Wechsel in der Luftdruckvertheilung tiber Europa. 26 — schwacher wird. In Dalmatien treffen wir ein herbstliches Maximum der Erderschutterungen deutlich ausgepragt, aber auch jenes des Fruhlings ist durch die langsame Abnahme der Zahlenwerte vom Februar bis Mai, worauf ein rascher Abfall folgt, angedeutet. Ein ahnliches Verhalten finden wir in der Schweiz und in Frankreich. In Krain ist eine Ver- starkung der seismischen Thatigkeit im Frtihlinge nur schwach, im Herbste gar nicht angezeigt. Niederosterreich kommt wegen der geringen Zalil der verglichenen Bebentage kaum in Betracht, wenn es gilt, secundare Wendepunkte festzu- stellen. Es hat also den Anschein, dass die Doppelschwankung in der Jahresperiode des seismischen Phanomens, welche in Griechenland und Italien deutlich hervortritt, in Dalmatien und Kroatien the.ilweise, im Alpengebiete fast vollig unter- druckt ist, und zwar offenbar dadurch, dass daselbst die Erderschutterungen des Winters an Haufigkeit das Ueber- gewicht ilber jene des Fruhlinges und des Plerbstes erlangen, so dass die Jahrescurve der Bebenfrequenz nur mehr die Culmination in der kalten Jahreszeit aufweist, welcher das Wellenthal im Sommer gegeniibersteht. Wenn nun einerseits in Italien die Jahresperiode der Tage mit starkem Luftgefalle (welche wohl kaum verschieden sein diirfte von jener in Montpellier, Lesina und Pola), vollig parallel ist mit jener der seismischen Frequenz, so dass eine Beeinflussung letzterer durch die erstere offenkundig erscheint, im Alpengebiete dagegen andererseits dieselbe Jahresperiode der Tage mit starkem Luftgefalle herrscht, so ist es in hohem Grade envtinscht, ja von geradezu entscheidender Bedeutung, nachzuweisen, dass auch im Alpengebiete ein Gleichlauf beider Erscheinungen besteht und nur verdeckt ist durch einen machtigeren Factor- - jenen, welcher die seismische Thatigkeit wahrend des Winters auf das Hočhste anspornt. Die Beweisfuhrung hatte offenbar von der Auffassung auszugehen, dass die Jahresperiode der Bebenhaufigkeit durch 27 das Zusammenwirken zweier Curven zustande komme: einer einfachen Welle, welche ihren Gipfel im Winter, ihre tiefste Stelle im Sommer hat, und einer Doppehvelle, welche je ein Maximum im Friihling und im Herbst besitzt mit zwischen- liegenden Minimis. Die Mathematik stellt uns in der That einen Rechnungs- vorgang zur Verfiigung von iiberdies hochst einfacher Art, welcher gestattet, periodische Erscheinungen von noch so verwickelter Form in ihre Theilperioden zu zerlegen. Die Methode dieser Zerlegung riihrt in ihrer allgemeinen, fiir die theoretische Physik hochst wichtigen Form von dem be- riihmten Physiker F o uri er her; einen eleganten Rechnungs- mechanismus hat fur diese Zerlegung in gewissen einfacheren Fallen der bertihmte Astronom B e s s e 1 gegeben, daher man auch namentlich in Deutschland von der «Bessel’schen Form el» spricht; die englischen Physiker nennen eine derartige Dar- stellung periodischer Erscheinungen durch ihre Theilperioden die «harmonische Analyse» derselben. In der Meteorologie wird sie schon lange verwendet, in neuester Zeit wurde sie fur diese Wissenschaft durch niemand Geringeren als J. Ha n n wieder zu Ehren gebracht. Diesmal soli sie nun in einer Frage der Erdbebenkunde Aufhellung verschaffen. Es versteht sich von selbst, dass man nur an ausreichend breit fundiertem, gesichertem statistischen Material die har- monische Analyse mit Erfolg durchftihren kann. Da die Angaben unserer Tabelle V. in Bezug auf einige Territorien eine zu enge Beobachtungsgrundlage haben, so wurden die Besselschen Formeln nur fiir die tibrigen abgeleitet. 1 Es muss auch im Auge behalten werden, dass unsere Zahlen- werte fiir Italien und Griechenland, trotz der hohen Anzahl der vorgefallenen Beben, doch nur einem 19jahrigen Zeit- raume entstammen; daher diirften die Eintrittszeiten und die 1 Sie werden im Anhange zu vorliegendem Aufsatze, begleitet von einigen Bemerkungen, wiedergegeben. 28 Amplitude der Extreme durch ein umfassenderes Material einige Verschiebung erfahren. Wir begniigen uns, die Haupt- ziige der Erscheinung zu erkennen. Die harmonische Analy.se zerlegt nun in der That beispielsweise die Jahresperiode der Erdbebenhaufigkeit sowohl der Schweiz als Dalmatiens und Italiens in je zwei Curven a und b, deren Bestimmungsstiicke durch die nach- stehende Tabelle VI wiedergegeben werden. Die hier vor- gefuhrten Zahlenwerte sind in ihrer Bedeutung leicht zu VI. Zerlegung der Jahresperiode der Bebenfrequenz in a) eine einfache und b) eine doppelte Welle. erfassen. Bei gleichmassiger Vertheilung der Erderschiitte- rungen wilrden jedem Monate 100 : 12 = 8 , / 8 °/ 0 der Jahres- summe angehoren, zufoige der Herrschaft eines bestimmten periodischen Gesetzes aber erhalt beispielsweise in der Schweiz laut Tabelle V der December 11 • 0 °/ 0 , das ist 2 * 7 °/ 0 liber das Gleichmass, der Janner 12T, das ist 3*8°/ 0 der Erschutterungen mehr, als das Mittel allein zuweisen wurde. Der Ueberschuss, welcher einigen Monaten zufallt, wird ins Gleichgewicht gesetzt durch den Minderbetrag, welcher auf andere Monate kommt; so steht in unserem Beispiele die 29 Bebenhaufigkeit des Juni in der Schweiz 8’3 — 3 - 5 — 4-8% unter dem Mittel. Diese Ueberschiisse und Fehlbetrage oder die Abweichungen vom Mittel im positiven und im negativen Sinne erzeugen eben die Oscillation der betrachteten Natur- erscheinung im Laufe des Jahres. Die harmonische Analyse zerlegt nun jede dieser Abweichungen in zwei Posten, und man fmdet diese in Tab. VI in die zusammengehorigen Reihen a und b gestellt. So ist der Ueberschuss des De¬ cember in diesem Beispiel zusammengesetzt aus —3-8 und — IT usw. Die Posten der Reihe a variieren nun uberein- stimmend in der Schweiz, in Dalmatien und Italien in der Weise, dass sie eine einfache Wellenlinie herstellen. Wenn man sich namlich das Jahr mit seinen Monaten durch eine gerade, in 12 gleich lange Stiicke getheilte Linie veran- schaulicht und in den Endpunkten der Theilstucke Senkrechte errichtet von einer Lange, welche proportional gemacht wird den Grossen der Reihen unter a der in Discussion stehenden Tabelle, wobei die positiven Zahlen oberhalb, die negativen unterhalb der Jahreslinie aufgetragen vverden, und verbindet man schliesslich die Endpunkte der abgemessenen Senk- rechten durch einen gleichmassigen Curvenzug, so erscheint dieser als eine einfache Welle mit dem Maximum im Winter (Janner oder December) und dem Minimum im Sommer (Juli oder Juni), und zwar bis auf eine unbedeutende Zeit- differenz iibereinstimmend in den drei betrachteten Territorien. Die Jahresperiode der Erdbebenhaufigkeit enthalt aber, wie die harmonische Analyse durch die Zahlenreihen b es offenbart, noch eine zweite Theilperiode mit zwei Maximis, und zwar im Friihlinge und im ITerbste, und zwischenliegenden Minimis, und liegen die Wendepunkte in der Schweiz sowie in Dal¬ matien und Kroatien iibereinstimmend in den gleichen Mo¬ naten, in Italien erscheinen sie nur wenig verschoben. Unsere oben vorgebrachte Vermuthung, dass die Jahres¬ periode der Bebenhaufigkeit durch das Zusammenwirken zweier Curven zustande komme: einer einfachen Welle, welche 30 — ihren Gipfel im Winter, ihre tiefste Stelle im Sommer hat, und einer Doppelschwankung, welche je ein Maximum im Friihling und Herbst besitzt — wird ‘šomit durch die har- monische Analyse glanzend bestatiget. Wie in dem Gebiete der Apenninen den beiden (kaum zu bezweifelnden) Maximis der Windgeschwindigkeit Maxima der Erdbebenfrequenz ent- sprechen, so auch im Gebiete der Alpen und der Dinaren. Diese Thatsache spricht deutlich zu Gunsten einer causalen Beziehung zwischen der Intensitat des Luftgefalles und der seismischen Thatigkeit. Ueberrascht wird man noch durch den sicherlich nicht bedeutungslosen Umstand, dass die Doppelwelle in den Alpen \vie in den Dinaren die gleiche Sch\vankungsweite hat: ihre Wendepunkte entfernen sich ubereinstimmend um je 1 ■ 1 0 ' 0 von der Mittellinie. Ein nicht viel grosserer Betrag, namlich 1*5 °/ 0 , stellt sich als Amplitude fur Italien heraus. Die einfache Oscillation verhalt sich in dieser Beziehung in ganz kennzeichnender Weise verschieden. Sie hat die kleinste Amplitude in den Apeninnen (1*0 °/ 0 ), eine grossere (1*6) in den Dinaren und eine noch viel betrachtlichere (4* 3) in den Alpen. So kommt es, dass in der Jahresperiode der Erdbebenhaufigkeit Italiens die Doppehvelle nebst der ein- fachen schon in den unmittelbar durch die Beobachtung gegebenen Zahlen deutlich hervortritt, in Dalmatien dagegen, und noch mehr in den Alpen, verdeckt die scharf ausgepragte einfache Schwankung die schwachere doppelte. Es entsteht nun die Frage: Durch welche Ursache wird die einfache Schwankung der seismisohen Thatigkeit in den Alpen im Vergleiche zu dem unmittelbar benachbarten Italien so sehr verscharft? In der Jahresperiode der Intensitat der Luftstromungen scheint sich dieser Gegensatz nicht wieder- zuspiegeln, wenn wir die allerdings sparlichen, darauf beztig- lichen Angaben unserer Tabelle V zu Rathe ziehen. Dagegen zeigen die Karten der mittleren Luftdruckvertheilung, welche wir der unermudlichen Thatigkeit Hanns verdanken, dass zu 31 keiner anderen Jahreszeit ein so grosser Druckunterschied besteht, als im Winter, wo iiber den Alpen hoher Luftdruck herrscht, welcher allseitig gegen die Umgebung hin abdacht, besonders rasch gegen Siiden und ahnlich gegen Norden. 1 G. Darvvin hat — wie Hoernes in seiner «Erdbebenkunde» meldet — berechnet, dass eine Vermehrung des Luftdruckes, welche iiber einem ganzen Continent ein Steigen des Queck- silbers um 30 mm bewirkt, die Erdkruste um 60 — 90 mm deprimiert und umgekehrt. — ; Audi wird man zu priifen haben, ob hier nicht noch ein anderer mechanischer Einfluss im Spiele ist, welcher in den Alpen besteht, in viel gerin- gerem Masse in Kroatien und Dalmatien, nicht aber in Italien; wir meinen einen ebenfalls klimatischen Factor: die Belastung des Erdbodens durch die winterliche Schneedecke. Wir verlassen die Betrachtung der Beziehungen zwischen dem jahrlichen Rhvthmus der Haufigkeit der Erderschtitterungen und jenem der Intensitat der Luftstromungen, welche iiber den erzitternden Erdboden himvehen, und wenden uns der zweiten vorgesteckten Aufgabe zu: Es sind die Relationen ins Auge zu fassen, welche etwa zwischen den bevorzugten Richtungen des Luftdruckgefalles und den Linien, auf welchen die seismische Thatigkeit wirkt, bestehen. Wir be- schranken uns hiebei auf das Gebiet zwischen den Kara- wanken und Montenegro. Dembahnbrechendenosterreichischen Geologen E.Suess haben wir die Kenntnis zu verdanken, dass die haufigsten und ausgedehntesten Erdbeben, die sogenannten tektonischen, dadurch hervorgerufen werden, dass die in Schollen von 1 Volger (1. c. III. Theil, S. 500) findet nicht weniger als 84 Falle von Verknupfung des Fohns mit Erdbeben. Gibt man den Einfluss des Gradienten auf das Eintreten von Erderschiitterungen zu, so diirften diese Falle nicht ein blosses Werk des Zufalls sein. Nach Hann (Sitzungs- ber. d. Akad. d. Wissensch., Wien 1882) steigt der Gradient bei einzelnen Fohnsturmen zwischen Lugano und Altdorf auf 10 ■—12 mm und wird den starksten bekannten Gradienten gleich. 32 grosserem oder kleinerem Umfange zerstiickelten Theile der Erdrinde von Zeit zu Zeit ruckweise sich bewegen, indem sie dem schrumpfenden Erdkern zusinken und hiebei wohl auch in horizontaler Richtung sich verschieben. Die Erschiit- terungen, welche durch solche Bewegungen entstehen, gehen dah er von den Bruch- oder Zerreissungslinien aus, welche die Schollen umgrenzen. Jene sind also zugleich Stoss- oder Bebenlinien. Nachdem Suess die ersten classischen Beispiele des Zusammenhanges zwischen tektonischen und seismischen Linien festgestellt hat (1873 und 1874), haben sich fast alle Geologen, welche mit Erdbebenforschungen beschaftiget waren, vvie Bittner, Hoefer, Hoernes, Toula, Muschketoff, Fouque, Dutton, Davison, Wynne, Issel, Taramelli und andere, der angebahnten neuen Erkenntnis in erfreulicher Ueber- einstimmung angeschlossen. Indem ein ausgezeichneter Forscher, H. Hoefer, die Stosslinien Karntens feststellte (1880), ward er durch die Natur der Erscheinungen vielfach veranlasst, auch diejenigen Krains und des Kiistenlandes aufzusuchen, jedoch ohne fiir diese zwei Lander, die ausserhalb seines eigentlichen Studien- gebietes blieben, Endgiltigkeit und Vollstandigkeit anzustreben. Daher unterzog sich der Verfasser vorliegender Zeilen der Aufgabe, Hoefers Angaben, wo es angezeigt schien, zu modi- ficieren und wesentlich zu erganzen. Die Stosslinien Kroatiens, Dalmatiens, Bosniens und der Hercegovina hat dann der iiberaus emsige Agramer Forscher M. Kišpatič in seiner genannten bemerkenswerten Abhand- lung festgestellt. Wir erlauben uns hi er nur die Bruch- und Bebenspalten Krains und dessen nachster Nachbarschaft aufzuzahlen, um die Lučke in der Kenntnis zwischen den genannten zwei Gebieten zu schliessen und da diese Linien fur die Leser der «Mittheilungen» als Mitglieder des Musealvereines von Krain vor allem von Interesse sind. Zugleich versuchen wir Anschluss zu gewinnen an die Studiengebiete Hoefers und 33 Kišpatič’, um so den Ueberblick tiber die hauptsachlichsten tektonischen und seismischen Linien des Areales, welches zwischen den Karawanken und Montenegro sich erstreckt, zu erhalten. Wir haben zu unterscheiden die Langsbruchlinien, welche in der Langserstreckung des Dinarischen Gebirgssystems parallel der Achse der Adria verlaufen, und die Querlinien, welche vom Meere aus landeimvarts streichen, die ersteren mehr oder weniger rechtwinklig verquerend. Die Langs-Stosslinien sind: 1. ) Duino - Triest - Pinguente - Cherso, 2. ) Solkan bei Gorz - Wippach - Illir. Feistriz - Buccari Zengg - Gospič - Cattaro, 3. ) Karfreit - Idria - Zirknitz - Ogulin - Bihač - Prozor, 4. ) Pontafel - Tarvis - Radmannsdorf - Laibach - Seisen- berg - Mottling - Karlstadt; diese Linie findet viel- leicht 1 ihre Fortsetzung in der Spalte Ključ - Trav¬ nik - Serajevo - Plevlje, 5. ) Laibach - Auersperg - Reifnitz - Gottschee, 6. ) die Linie des Temenitzthales in Unterkrain, 7. ) Sagor (?) - Nassenfuss - St. Barthelma - Krašič bei Jaška; die Fortsetzung bildet vielleicht die Linie Novi - Banjaluka - Višegrad, 8. ) Steinbriick - Gurkfeld - Samobor (?) - Sissek - Gra¬ diška - Bjelina, 9. ) Daruvar - Djakovo - Novisad. Erwahnen wollen wir noch die Linie, welche durch das Gailthal in Karnten ostwarts gegen Marburg hinzieht, und die Linie Villach - Klagenfurt - Volkermarkt - Sanct Paul, beide sind fur die Alpen Langslinien, wie auch unter den nachstehenden Quer-Stosslinien die Linien 9, 10, 11. 1 Die Geologie Bosniens und der Hercegovina steht dem Verfasser im Augenblickc leider nicht zur Verfiigung. — 34 Die Quer-Stosslinien sind: 1. ) Venedig - Udine - Pontafel (die Tagliamentolinie), 2. ) Raibl - Tarvis - Maglern, 3. ) Flitsch - Weissenfels, 4. ) das Planizathal, 5.) das Pischenzathal, 6.) das Vrata- thal in den Julischen Alpen, 7. ) Dobrdob - Gorz - Tolmein - das Wocheinerthal - Loibl - Klagenfurt, 8. ) das Kanker- und das Vellachthal, 9. ) Karfreit - Stein - Cilli, 10. ) Bischoflack - Sagor - Planina - Krapina - Kopriv¬ nica (?) - Funfkirchen, 11. ) Laibach - Littai - Steinbriick, 12. ) Triest - Adelsberg - Laibach, 13. ) Treffen - Nassenfuss - Krapina, 14. ) Klana - Gottschee - Toplitz - Gurkfeld - Klanj ec, 15. ) Toplitz (?) - St. Barthelma - Rann, 16. ) Mottling - Samobor - Agram, 17. ) Metkovic-Sarajevo (die Narentalinie). Die Zahl der Querbrtiche, welche Kispatič nennt, ist auffallend gering. Uberdies kommen fur das Festland als Stossliriien in Betracht: der Bruchrand der Alpen und des Dinarensystemes gegen die venezianische Tiefebene und die Adria einerseits und gegen die ungarisch-kroatische Tiefebene andererseits, sowie der Bruchrand des Laibach - Krainburg - Veldeser Sen- kungsfeldes. Es ist nicht zu laugnen, dass die Kenntnis unserer tek- tonischen Linien theilweise luckenhaft und hypothetisch ist und manche Erganzungen sowie Abanderungen erfahren wird, doch hat als sichergestellt zu gelten, dass das Terrain zwischen den Karavvanken und Montenegro, der Adria und Serbien von Bruchlinien durchsetzt ist, welche zum Theil durch mehrere hundert Kilometer vveit in ziemlich gerader Richtung fort- streichen. Sie sind vorwiegend entvveder parallel der Langs- — 35 — achse des adriatischen Senkungsfeldes orientiert, also von Nordvvesten nach Stidosten, oder sie ziehen quer zu dieser Richtung von Siidwesten gegen Nordosten. Die Erdbeben- verzeichnisse Kišpatič’, Hoefers, Mitteis’ und Fuchs’ liefern den Beweis, dass von diesen Linien haufige, zum Theil ausgedehnte Erschutterungen ausgehen. Die unmittelbare Ursache der Aus- losung des Spannungszustandes zwischen den langs und quer zertheilten Schollen liegt ohne Zweifel in uns verborgenen tektonischen Verhaltnissen, allein da die Bedeutung des baro- metrischen Gefalles als eines untergeordneten, secundaren, die Auslosung der Spannungen befordernden Factors far sicher- gestellt gelten darf, so mag es ebenso von Einfluss sein, dass eine herrschende, nicht selten recht heftige Luftstromung, welclie als Bora einen breiten Kustenstrich auf der Nord- und Ostseite der Adria bestreicht, gerade fast senkrecht zu den bedeutsamsten, weit hinziehenden Langsbruchlinien ihre mechanische Wirksamkeit richtet. Dort, wo die Centren des alpinen Hochdruckgebietes und der adriatischen Luftdruck- Depression einander am nachsten lagern, das ist zwischen dem Karntner Becken und der nordlichen Adria, erlangt der Bora-Gradient den grossten Wert. Gegen Stiden hin gewinnen die Sciroccowinde an Haufigkeit und Starke. Auf der Insel Lesina sind sie es, die, aus Oststidost bis Siidsudost wehend, nach Han n bereits 76 % der Windgeschwindigkeits-Maxima zuwege bringen, wogegen nur mehr 18% der Bora (Nord bis Ost) angehoren. (Filr Pola sind die entsprechenden Zahlen nach Kneusel: 70 °/ 0 Bora, 26% Scirocco.) Zugleich aber schwenkt im siidlichen Theile Dalmatiens das Streichen der grossen Langsbruchlinien, entlang vvelcher die von Nordwest nach Siidost ziehenden dinarischen Gebirgsstreifen von ihrem Anfangsstiick in Krain an treppenartig gegen das Meer ab- stiirzen, 1 nach Osten um, so dass die sciroccale Windstromung 1 Die dalmatinischen Inselreihen sind nach der begriindeten An- sicht der Geologen die erhohten Rander und Gipfcl der in die Tiefe versenkten westlichsten Karststufen. 36 wirksamer gegen die steilen Boschungen des dinarischen Stufenlandes drangt. Wahrend wir uns in dieser Art eine physikalische Vor- stellung machen konnen dariiber, wie die Erregbarkeit dieser oder jener Erdbebenspalten des dinarischen Gebirgssystems durch bestimmte, gerade herrschende Ri c h tun g en des Gra- dienten — abgesehen von dessen Starke — gereitzt wird, wiirde es Aufgabe einer besondern Untersuchung sein, gerade- aus fiir Einzelfalle Beweise flir eine solche Abhangigkeit zu erbringen. Als vielleicht bedeutsam mag in Bezug auf diese Frage folgende Thatsache beriihrt werden. Fast das ganze Jahr hin- durch besteht liber Europa ein Luftdruckgefalle in der Richtung von Siidwesten gegen Nordosten. Im Juni und Juli wachst der Druckunterschied, bezogen auf die Entfernung von 2450 km, rasch auf 3'4, bezw. 3 - 8 mm an, um dann wieder ziemlich schnell abzusinken. Eine daraus entspringende Beeinflussung der seismischen Thatigkeit in der Schweiz ist, wenigstens im allgemeinen, nicht zu erkennen. Es mag dies in Beziehung stehen zu dem Umstande, dass die Alpenketten nahe dieselbe Streichungsrichtung haben, wie der ins Auge gefasste Gradient, und die «Standfestigkeit», wenn man so sagen darf, der Alpenmauer in dieser Richtung wohl grosser sein mag, als in meridionaler. Obgleich wir in dieser Angelegenlieit zu bestimmten Er~ gebnissen nicht gelangen konnen, befriedigen wir uns doch an dem grossen Fortschritt, den die Erdbebenforschung in jiingster Zeit gemacht hat.' Vor 25 Jahren war das seismische Pha- nomen noch in jeder Beziehung vollig ein Rathsel — gegen- wartig sind wir in der Lage, einen untergeordneten Einfluss auf dasselbe, jenen des barometrischen Gradienten auf den jahrlichen Rhythmus der Erdbebenhaufigkeit, zwar nur im allgemeinen, jedoch zahlenmassig und in einem bestimmten physikalischen Sinne zu erkennen. Wir konnen sagen : Sobald in einer Gegend, welche sich — um mit den Worten Suess’ 37 zu reden — in einer Phase seismischer Beunruhigung befindet oder in welcher sonst die Vorbedingungen fur eine Erschiit- terung gegeben sind, die Action der Atmosphare lebhafter wird und starke Gradienten erzeugt, so wird dadurch die Auslosung der tektonischen Spannungen beschleuniget oder der Grad ihrer Heftigkeit erhoht. Jene Vorbedingungen scheinen in den besprochenen mediterranen Erdbebengebieten verhalt- nismassig haufig gegeben zu sein, da die Jahresperiode der Bebenfrequenz in inniger Bezieliung steht zu jener der ver- starkten Gradienten. Anhang. Man erhalt fur die Erdbebenhaufigkeit und fur die Dauer sttirmischer Winde die in Tab. VII zusammen- gestellten analytischen Gleichungen als eleganten, einfachsten Ausdruck fiir den jahrlichen Gang dieser Erscheinungen. Setzt man in diese Gleichungen fur x nacheinander die Werthe 0, 1, 2, 3, .... 11 ein, entsprechend den Monaten Janner, Februar, Marž, April.December, und rechnet dann jedesmal den rechten Theil der Gleichung aus, so erhalt man die jedem Monate angehorige procentische Bebenfrequenz, beziehungsweise die mittlere Dauer starker Winde, und fur Norvvegen die procentische Vertheilung der Sturmtage. Das erste Glied im rechten Theile der Gleichunuen o bezeichnet das allgemeine Monatmittel. Die beiden Winkel- glieder geben die Jahresperiode der Naturerscheinung an in Form von Abrveichungen vom allgemeinen Mittel. Die unregel- massige Gesammtperiode wird durch diese zwei Glieder zerlegt in zwei Theilperioden, welche als regelmassige Sinus- curven erscheinen. Lasst man x die Werthe 0, 1, 2, ... 11 durchlaufen, so zeigt die erste dieser «harmonischen Con- stituenten* eine einfache Welle an mit einem Maximum und einem Minimum, die zweite erscheint als Doppelwelle mit zwei Wellenbergen und zwei Wellenthalern. In Bezug aut die Erdbebenfrequenz sind die Ordinaten der einfachen Schwankung in den Columnen a der Tab. V berechnet eingetragen, jene der Doppelwelle unter b. 38 > d p CL H O crq p g o’ d 3 p g CD CD O *-t O K p: d 0 TQ d* + + + + r+ d ►i 3 r+ P crc a> 5* o + to 'O vO I - 1 o o to 00 -P + + co co o o ■+ + to to On + + vO to + + + O v + + + + + + + O'' C' O' o o o o o * * X X d di crq ?r ^ d: >-t + S d d Vi Vi Vi co co p: d di crq d CO CO CO co co co + + + + + + 4^ t-i M tO Or 0"> O O CO O to '•O jo to S < 3 . & 8 ’ 8 * S’ S 8 8 cr m d d’ *T3 0\ \Q r+ + + + + + + co CO CO co co co o o o o o o x x 'bs ^ 'bs & + + + + + + + + + + + + O O'' Ct O O O'' o o o o o o v v v v v v IlPV 39 Es ist iibrigens leicht, auf den ersten Blick in den Formeln sowohl die Hauptphasenzeiten der componierenden Wellen als auch deren Amplituden zu erkennen. Letztere werden namlich durch die Coefficienten, erstere durch die Winkel- grossen angegeben. Das erste Sinusglied hat fiir den Fali, dass dessen constanter Winkel =90° ist, offenbar dann den grossten positiven Wert, wenn x = 0 ist; den grossten negativen Wert erreicht es hiebei fur x = 6. Wenn also der constante Winkel in der ersten harmonischen Constituente 90° betragt, so wird dadurch bekundet, dass das Maximum der Wellen- linie, das ist der hochste Punkt des Wellenberges, in den Monat Janner, das Minimum, das ist der tiefste Punkt des Wellenthales, in den Juli (x = 6) fallt. Eine Vergrosserung, beziehungsweise Verminderung des standigen Winkels um 30 0 verlegt die Wendepunkte auf December, Juni, beziehungs- weise Februar, August. Es versteht sich von selbst, dass der hochste und der tiefste Punkt der Welle um so weiter von der Mittellinie abstehen, je grosser der Coefficient ist, mit welchem der Sinus zu vervielfachen ist. Setzt man nun in der zvveiten harmonischen Consti¬ tuente nacheinander x — 0, 1, 2, ... 11 und berechnet den Wert des Sinus, so erkennt man, dass dieser im Laufe des Jahres zweimal seinen grossten positiven und inzvvischen ebenso oft seinen grossten negativen Betrag erhalt. Wenn der constante Winkel 330° betragt, so entfallen die Maxima auf Marž (x = 2) und September (x = 8), die Minima auf Juni und December. Eine Vergrosserung, beziehungsvveise Verminderung des constanten Winkels um 60° bewirkt, dass die Wendepunkte um einen Monat frtlher, beziehungsvveise spater eintreten. Der Coefficient zeigt wieder die Amplitude der Doppehvelle an. Nach diesen erlauternden Bemerkungen ist es leicht, die obigen Formeln zu durchblicken und die vielseitige Orien- tierung uber die betrachteten Phanomene zu gevvinnen, vvelche 40 durch hochst einfache mathematische Ausdriicke gewahrt wird. Man erkennt die Uebereinstimmungen sowie die Verschieden- heiten in der Jahresperiode der Erdbebenfrecpienz in den betrachteten Gebieten und die Beziehungen derselben zu dem Jahresrhythmus der Sturmfrequenz. Die Gleichungen bieten in iibei'sichtlichster Form die Belege fur die oben im Texte vor- gefuhrten Verknlipfungen der beiden Erscheinungsreihen, soweit sie durch das vorhandene und vervvendete statistische Materiale aufgedeckt werden. Unter der Annahme, dass die Jahresperiode der Beben- haufigkeit durch die erorterte einfache und doppelte Schwan- kung bestimmt wird, haben wir von der unendlichen con- vergierenden Besselschen Reihe nur die ersten zwei Sinus- glieder aufgenommen, welche eben die bezeichneten zwei Sclnvankungen zum Ausdruck bringen. Falls diese die aus- schliesslichen Componenten der beobachteten resultierenden Periode sind, so miissen die nachstfolgenden Glieder der Besselschen Gleichungen Nuli betragen. Sobald aber das dritte und die nachstfolgenden Glieder nicht Nuli sind oder doch als unbedeutend vernachlassigt werden konnen, so folgt daraus entweder, dass im Jahreslaufe der seismischen Thatigkeit nicht blos die einfache und die doppelte Schwankung im Spiele sind, sondern aucli andere Einfliisse, oder aber es ist das Beobachtungsmateriale, welchesman der harmonischen Analyse unterzieht, ein mangelhaftes, noch nicht geeignet, die ver- borgenen Gesetzmassigkeiten der Erscheinung hervortreten zu lassen. Wir machen daher noch auf das dritte Sinusglied obiger Gleichungen der Erdbebenfrequenz aufmerksam. Es lautet fur Dalmatien 113 sin (123° -j-90 jr) » Italien 0'04 sin (213° -)- 90 jr) » Krain F 21 sin ( 96° 20' -|- 90 x) » Griechenland F 47 sin (322 0 22'-j-90 jr) » Skandinavien F 29 sin (106° 34' -j- 90 jr) 41 Man sieht, dass das statistische Materiale Italiens den theoretischen Voraussetzungen noch am besten entspricht. In einem Lande, welches von Erdbeben sehr haufig heimgesucht wird, kommt also die Gesetzmassigkeit in deren Verlaufe schon in kurzer Zeit deutlich zum Vorschein. In der Jahresperiode der Erderschiitterungen Krains und Dalmatiens ist das dritte Glied der Besselschen Reihe nicht zu vernachlassigen, und bringen die ersten zwei har- monischen Constituenten nur eine erste angenaherte Kenntnis von dem untersuchten Phanomen. Die Ausnahmsstellung des constanten Winkels der zweiten harmonischen Constituente fur Krain ist dermalen nicht auf in der Natur des Phanomens gelegene Ursachen zuriickfuhrbar. Es diirfte wohl das ver- wendete empirische Materiale von 396 Bebentagen ein unzu- reichendes sein. Es gestattet aber eine befriedigende Be- stimmung der ersten Constituente der harmonischen Reihe. In Bezug auf die oben fur Italien vorgefuhrte Gleichung muss bemerkt werden, dass sie zunachst mit dem unmittelbar durch die Beobachtung gegebenen, augenscheinlich abnormen Procentsatze der Erderschutterungen des Monates Juli (8 - 6°/ 0 laut Tab. V) abgeleitet wurde; der Wert, welchen die er- haltene Gleichung ergab (6-9%), wurde als der correctere angesehen und mit ihm die oben mitgetheilte Gleichung abgeleitet. Es hat diese im Vergleich zu jener einen um 12° kleineren Winkel in der ersten und einen um 6° grosseren in der zweiten harmonischen Constituente. w- + '