110255 Nsi-oüns in univefritetns knjiLnies v I.jud!jini M . V ZK0^I i.OKI M L k «s. pk cirozi? 80!?Ovo^ Ä 4> f H ^ss?> herirge MreN^Veg vom Me» I«M s ksrili MM Lus äem lialiemsokeii. Nebst einem vollständigen, die neuesten Entscheidungen des heil. Stuhles enthaltenden Unterrichte über die LreuMgandacht, und einem Anhänge von Mess-, Michi-, Kommunion-, Morgen-, Abetrd-GebeiLn, Andachten zu den 5 Munden Jesu, 7 Schmerzen Mariä, bei Hesuchung der heil. Gräber, entnommen aus den Werken des heil. Franz v. Sales, Alphons Lignori n. a., herausgcgcbcn von Domherr und Aompsarrer zu Laidach. (Mit 14 Stahlstichen als Stationsbildcrn, gezeichnet vom Prof. Joseph Führich, und erklärendem Texte vom Dr. und Prof, der Theologie Wilhelm Rcischt) Mit Genehmigung des Hochwürdigstcn fnrstbischöflichcn Ordinariates Laibach. II. XuüNKK. Der reine Ertrag ist dem hiesigen Knaben-Waisenhause bestimmt. IDILAM, 1882. Druck von I. Blasnik's Nachfolger. s Ihr Alle, die ihr vorübcrgehet auf dem Wege, habet Acht und schauet, ob sei ein Schmerz, gleich meinem Schmerze, Klagelied Zercmia i, 12, Da übergab er (Pilatus) ihnen denselben, daß Er gckreuzigci würde. Sie übernahmen also Jesnm und führten Ihn hinaus. Und Er trug Sein Kreuz und ging hinaus zu dem Orte, den man Scheidclstättc nennt, auf Hebräisch aber Golgatha, Joh, 18, >6, 17, 110255 Vorrede.;ur ersten Auslage. Der allgemeine Beifall, die tiefe Rührung, welche die nach den berühmten Zeichnungen des echt katholischen Künstlers Professor Führich, von Joseph Plank in Wien herrlich gemalten, am Feste der Apostel Simon und Judas 1860 geweihten und in der hiesigen Domkirche errichteten Kreuzweg - Stationsbilder bei allen Klasten der Stadtbewohner hervorgerufeu; die freudige und große Theilnahme, welche die Gläubigen ans allen Stän¬ den bei den in der heurigen Fastenzeit in slovenischer und deutscher Sprache öffentlich abgehaltenen Kreuzweg- Andachten an den Tag legten, weckte in den Herzen der Kreuzweg-Besucher die Sehnsucht und das Bedürfniß nach einem Andachts- nnd Gebetbnche, welches mehrere und mannigfaltige Kreuzweg-Betrachtungen enthalten und mit würdevollen, zur Erbauung dienenden Stations- Bildern verziert sein soll. Diesen frommen und gerechten Wunsch erfüllen, diesem wirklichen Bedürfnisse abhelsen, und so den Kreuz¬ weg-Besuchern, wie meinen Mitarbeitern im Weinberge des Herrn einen Dienst erweisen zu können, gereicht mir zum wahren Seelentroste. 1* — IV — Vor allen wird empfohlen das inhaltreiche, be¬ rühmte Kreuzweg-Andachtsbuch: „Das Licht und die Liebe der Welt Jesus Christus" welches nebst Meß-, Beichtgebeten u. st w. 14 verschiedene Kreuzweg-Andachten, nämlich: für die Zeit des Kirchenjahres, — für Trostlose und Betrübte, — für fromme, gottliebende Seelen, — am Tage der heiligen Kommunion, — um eine glückliche Sterbestunde zu erbitten — enthält, vor 115 Jahren vom Franziskaner-Ordenspriester Lutsr Lueliner in der ersten, vor 3 Jahren vom bekannten Geistesmaune Meduel 8iritrvl in der 15. Auflage herausgegeben wurde, und nun auch hier, mit unten belobten 14 Stahl¬ stichen als Stations-Bildern zu haben ist. Der Umstand, daß dieses Buch durch mehr als Ein Jahrhundert fort¬ während so sehr verbreitet, so viel benützt und so oftmal aufgelegt wurde, empfiehlt es am besten und beweist am deutlichsten, wie werthvoll und nützlich, lieb und theuer es den Gläubigen ist. Auch „das Leiden Jesu Christi, betrachtet in sieben krenMg-Ändachten", herausgegeben von der Mariani sch en Gesellschaft zur Verbrei¬ tung guter Bücher in Innsbruck, wird gewiß sehr will¬ kommen und nützlich sein. Im vorliegenden Büchlein enthält der Unterricht über den Kreuzweg Alles, was die Päpste und die Con- gregation der Ablässe bis 1859 bezüglich der Errichtung und des Besuches des Kreuzweges erlassen haben, und ich bitte denselben recht aufmerksam öfters durch zu lesen. Die herrlichen, ausdrucksvollen Stahlstiche sind ganz die nämlichen ausgezeichnet schönen Stationsbilder von v — Führich, welche in unserer Domkirche Jeden rühren und erbauen. Was des frommen Künstlers Hand an¬ derswo im großen Bilde schuf, bringt er hier im engern Raume, jedoch so glücklich, daß der Kraft und dem Geiste eines umfangreichen Gemäldes nicht Abbruch gethan ist, als eine Zierde des christlichen Hanfes, als ein Mittel stiller verborgener Andacht und Erbauung, besonders für Sieche, Altersschwache und Kranke in ihrer einsamen Kammer, als eine Predigt, die durch das Auge zum Herzen spricht, damit dieses selbst aller Orten seines Erlösers gedenke und dessen, was er gelitten zu unserer Rechtfertigung und Sühne.—Durch die beigefügte aus¬ führliche Erklärung des Bildes werden die frommen Leser den erhabenen Sinn, die hohe Bedeutung der Darstel¬ lungen, den großen Werth unserer Stationsbilder in der Domkirche recht würdigen, und so das Leiden Jesu mit einer innigeren Reue und Zerknirschung betrachten können. Ein gelehrter Priester rühmt in den Blättern aus Tirol diese Bilder mit den warmen treffenden Worten: „Man sieht und fühlt es, der Meister hat diese ergrei¬ fenden Kreuzwegscenen unter Gebet und einer tief inner¬ lichen Meditation aufgefaßt". — Eine geistreiche, kunstver¬ ständige Ordensperson schreibt darüber: „Der selten fromme Ausdruck der Ergebung, Milde, Hingabe, der Liebe und des Schmerzens in Jesus, Maria, Johannes und Magdalena flößt wahrhaft Vertrauen, Reue, Zer¬ knirschung und ganz eigene Gefühle ein; Jeder wird bei diesen Bildern ohne Gebetbuch tief aus dem Herzen beten können." So nehmet denn hin dieses Büchlein, geliebte Christen, benützet es recht oft zur Ehre Gottes, zum — VI — Heile der armen Seelen in Fegefeuer, zu Eurem See¬ lenheile, um zu schöpfen aus den Quellen des Erlösers, um Euch immer mehr und mehr zu heiligen, um Eurem Jesus ähnlich zn werden im Leben, im Leiden und im Sterben! Alles, Alles zur größeren Ehre Jesu des Gekreu¬ zigten und Seiner schmerzenreichen Mutter Maria! Laibach am Feste des heil. Nikolaus, deu 6. Dezember 1861, um Tuge Ker Feier des AOOjährigeu Jubiläums der Stiftung unseres Nisthums uud Domkapitels. Joseph Supon, Domherr und Dompfarrcr. Vorrede zur.zweiten Austage. Nachdem die erste bedeutende Auflage dieses Buches seit längerer Zeit vergriffen ist, möchte ich, um dem Wunsche mehrerer Stadtbewohner, mit denen ich als ihr Seelsorger dnrch 38 Jahre Freuden und Leiden getheilt habe, nachznkomme», noch am Abende meines irdischen Lebens eine zweite Auflage besorgen. In der Predigt bei der Weihe der Kreuzweg-Sta¬ tionen am 22. Sonntage nach Pfingsten 1860 sprach ich die Worte: „Ich hoffe, daß die rührende Kreuzweg- „Andacht mir und Euch die Hand reichen wird;" in der Predigt bei der Benediction der Statue und Ein¬ führung der Bruderschaft tt. L. Fran vom heil. Herzen am 6. Sonntage nach Oster» 1875 aber die Worte: „Ich hoffe, daß die rührende Kreuzweg-Andacht mir und „Euch die eine, die liebliche Andacht zu U. L. Frau vom „heil. Herzen die andere Hand reichen wird, wenn wir „hinabsteigen in das Grab, hinübergehen ans die Wag- Schale der Ewigkeit zum Gerichte!" Diese sichere Hoffnung, daß bei diesen Andachten Einige auch meiner Seele gedenken werden, ist mein Seelentrost, mein schönster Lohn! - VIII — Daher wünsche ich auch hier die Worte zu wieder¬ holen, mit welchen ich als Domdechant und Dompfarrer das Jubeljahr 1875 geschlossen und mich vor dem Ans¬ tritte ans der ordentlichen Stadt-Seelsorge verabschiedet habe: „Mit diesem Dankgefühle, diesen Vorsätzen und Bitten schließe ich die letzte Predigt im Jubeljahre, mit wehmüthig bewegtem Herzen schließe ich sie: denn in einem solchen Jnbilänm werde ich nie mehr predigen. Das acht und dreißigste Jahr arbeite ich in diesem Weinberge des Herrn; der Tag hat sich geneigt und es will Abend werden; im nächsten Jubeljahre bin ich und die Hälfte von Ihnen schon in der Ewigkeit. Daher möchte ich Ihnen so gerne ein Andenken an das heurige Jubeljahr geben in den Worten: Gott sieht mich, Jesus liebt mich, Maria ist meine Mutter. Nehmen Sie dieses Andenken von Ihrem Pfarrer als Begleiter durch das Leben, rufen Sie in Versuchungen und Ge¬ fahren: Gott sieht mich; in Leiden, Krankheiten und im Sterben: Jesus liebt mich, Maria ist m eine Mutt e r. Zum Abschiede vom Jubeljahre reiche ich allen die Hand und bitte jene, welche dasselbe wieder erleben, daß sie sich damals, so wie bei der Andacht des heil. Kreuzweges und U. L. Frau vom heil. Herzen, unser erinnern und auch für uns, die wir in der Ewigkeit sein werden, die guten Werke aufopfern möchten, wie auch wir sie für die armen Seelen im Fegefeuer aufopferten! Doch zu welcher Zeit wir immer dieses Erdenthal verlassen, hoffen wir vor dem Throne Gottes im Himmel wieder zusammen zu kommen! Dort, meine geliebten Brüder und Schwestern in Jesu und Maria! wünsche ich Sie zu erwarten, wenn ich zuerst — IX - aus dem Leben scheide, dort aber wünsche ich auch Sie zu finden, die vor mir in die Ewigkeit gehen, wo wir vereint mit unserem vielgeliebten h. Vater Dius das künftige Jubeljahr feiern und rufen werden: Äliseri- ooräins Domini in sotornnm oantndo; die Erbar¬ mungen Gottes will ich besingen in Ewigkeit! — Amen." Vom Herzen wünsche ich, daß Alle, welche den heil. Kreuzweg besuchen und den Heiland auf dem Schmer¬ zenswege begleiten, doch einen geringen Theil jener An¬ dacht, Rührung und Liebe zu Jesus, und jenen Seelen- trofies empfinden, jenen Lohnes eines so seligen glück¬ lichen Todes empfangen möchten, welchen der junge Edelmann empfunden und empfangen, von dem der heil. Bernardin von Siena und nach ihm der heil. Franz von Sales nachstehende trostvolle, rührende Begebenheit erzählen: „Zur Zeit, als sich viele durch Geburt nnd Ver¬ mögen angesehene Personen verpflichteten, ihre Liebe zu uuserm Herrn dadurch an den Tag zu legen, daß sie die Meere durchschifften und die heiligen Oerter, wo die Geheimnisse unserer Erlösung vorgegangen sind, be¬ suchten, unternahm auch ein junger Edelmann diese glückliche Wallfahrt. Kaum angekommen in dem durch die Leiden Jesu Christi geheiligten Lande, begibt er sich eilends nach Nazareth. Beim Anblicke dieses Städtchens, wo die heilige Jungfrau so lange gewohnt hatte und wo das Geheimniß der Menschwerdung vorgegangen war, erweckt die Erinnerung an die zärtliche Liebe der Mutter und des Sohnes in einem so wohl vorbereiteten Herzen die lebhaftesten Empfindungen des Dankes nnd der Liebe. Zu Bethlehem zeigte man ihm die Höhle, - X — wo sei» Gott und Heiland geboren worden. In der Jnbrnnst seines Glaubens scheint es ihm, er sehe das göttliche Kind noch in der Krippe liegen, und Thränen der Rührung entflossen reichlich seinen Augen. Er kann nicht müde werden, seine Lippen an diesen heiligen, ob¬ schon kleinen Umfang zn drücken, der die ersten Thränen Jesu in sich ausgenommen hatte. Hernach besuchte er zur Befriedigung seiner frommen Liebe einen jeden der Orte, die durch einige Umstände des Lebens des Hei¬ lands ausgezeichnet waren. Darum vergißt er weder den Jordan, wo einst Jesus vom heiligen Johannes getauft worden, noch die Wüste, wo er nach vierzigtä¬ gigem Fasten und Beten vom Teufel versucht worden ist. Vorzüglich hält er sich aber an denjenigen Orten auf, welche ihm die letzten Geheimnisie des Lebens und Leidens des Gottmenschen in's Gedächtniß zurückrufe», und fühlt im Garten Gethsemani sein Lebensfeuer sich wieder erneuern, denn alle Schmerzen des Sohnes Gottes stellen sich seinem Geiste von Neuem dar. Ge¬ glaubt Seine Seufzer und zärtlichen Klagen zu hören, Seine Todesangst nnd Seinen blutigen Schweiß zn sehen, und da er für seinen Gott nicht sein Blut ver¬ gießen kann, so benetzt er die Erde mit seinen Thränen. Darauf durchwandert er alle Stationen; er folgt im Geiste seinem Herrn in den Straßen Jerusalems, be¬ gleitet Ihn zn Kaiphas, zn Pilatus und zn HerodeS, steht Ihn entblößt, mit Ruthen geschlagen, mit Dörnern gekrönt. Er besteigt den Kalvarienberg und bildet sich ein, er folge Schritt vor Schritt nnserm, Sein schweres Kreuz tragenden Herrn. Endlich kommt er auf dem Gipfel des Berges an und hier glaubt er, seinem innigen - XI - Schmerze zu unterliegen. „Hier ist es", spricht er zu sich selbst, „wo man Ihm die Hände und Füße mit großen Nägeln durchbohrt hat; hier ist es, wo das Werk meines Heils nnd des Heils des ganzen Menschenge¬ schlechts ist vollbracht worden." Nach mehreren in diesen frommen Betrachtungen zugebrachten Stunden geht er zu Grabe und von da macht er sich ans den Weg an den Ort, der durch die heiligen Fußstapfen, die unser göttlicher Heiland bei Seiner Auffahrt iu den Himmel hier znrückgelaffen, auf immer ehrwürdig bleibeu wird. Bei diesem Anblick fällt er auf die Knie, drückt seine Lippen, wie er früher so vielmal gethan hatte, auf die Erde, welche den Abdruck der Füße unseres Heilands trug, hebt darauf seine Augen und Hände gegen Himmel und ruft ans: „O Jesu! o Liebe meines Herzens, wo willst Du, daß ich jetzt hingehe. Ich habe alle Orte besucht, die Du während Deines sterblichen Lebens zu bewohnen gewürdigt, und auch diejenigen, wo Du gelitten hast. Ich folge Dir auf den Kalvarienberg, begleite Dich zum Grabe uud bin jetzt an eben der Stätte, von welcher Du in den Himmel anfgefahren bist. Wohin kann ich nun gehen, o mein Herr, als nur zu Dir? Verleihe mir also, mein Leben und mein Alles, die Gnade, Dir in den Himmel zu folgen." Nach diesen Worten neigt er das Haupt, sein Herz bricht, er stirbt und seine Seele steigt zum Himmel empor. O, wie süß ist eS doch, als ein Opfer der göttlichen i iebe zu sterben! Wohl können wir hier jenen Wunsch wiederholen: „Meine Seele sterbe den Tod der Ge¬ rechten!" (4. Mois. XXIII., 10.) Möge ich sterben, wie — XII - dieser Edelmann gestorben ist! Um aber eines vor Gott so köstlichen Todes zu sterben, muß man, wie er, ein von allen Gütern der Erde, von allen eiteln Welt¬ freuden losgeschältes Her; haben; man mnß lieben, wie Er geliebt hat. Laibach am 6. Dezember 1881. Joseph Supon, Dompropst. Unterricht über den Kreuzweg. Erklärung und Ursprung des Kreuzweges und der Kreuzweg-Andacht. /5 MAreryrveg, (via oruois, via äoloi-083,), in Jerusalem selbst „der heilige Weg" genannt, ist und heißt ur- ' sprünglich die Wegstrecke, welche der Heiland an dem Leivensmorgen, mit dem Kreuze beladen durchschritten hat, ausgehend von dem Richthause des Pilatus bis zur Stätte seines Toves aus Golgatha. Die Verehrung und fromme Besuchung dieses Kreuzweges (welcher die ergrei¬ fendsten Scenen jenes großen Tages immer auf's Nene in's Gedächtniß zuerst der einstigen, noch unmittelbaren Augenzeugen znrückrief, dann aber eben durch deren Ue- berlieferung in der Erinnerung aller Gläubigen geheiliget wird) -- geht mit ihren Anfängen in Jerusalem bis an die Wiege des Christenthums selbst zurück. Beglaubigte Legende erzählt, daß die heilige Mutter des Herrn, Maria, den Kreuzweg, welchen das Blut ihres gebencdeiten Sohnes bethaut hatte, besuchte, die Apostel aber nicht minder wie die ersten Gläubigen zu Jerusalem ihr in solcher Verehrung der heil. Leidensstätten (Sta¬ tionen) gefolgt seien. Da der Besucher, welcher den Kreuz- — 14 — weg durchwandelte, bei jeder einzelnen Leidensstätte mit seiner Betrachtung auch auf einem besonder« Geheimnisse aus dem Leiden Christi verweilte, so erschien dieselbe in der That als Halt- oder Ruhepunkt, als Station. — Solcher Stationen des Gebetes und der Betrachtung zählt der Kreuzweg zu Jerusalem und sohin die älteste derar¬ tige AndachtS-Uebung, vierzehn. Unzählige Schaaren der Gläubigen wallfahrteten seit Constantins Tagen aus allen Landen der christlichen Welt zu den Orten, welche der Gottmensch durch seine Gegenwart hienieden, durch seine Wunder, und vor Allem durch sein Leiden für immer theuer gemacht, verherrlichet und gehelllget hatte. — Rach Bethlechem und Nazareth aber fesselte des Pilgers An¬ dacht nichts so sehr, als der S ch m e rz e n s w e g zu Je¬ rusalem. Reiche Ablässe unv geistliche Gnaden in Fülle ertheilt von der Kirche, welche die Betrachtung des Leivens Christi mit unbegränzter Liebe jederzeit geübt und beför¬ dert hat, erböheten die Sehnsucht ihrer Kinder, einmal im Leben jene heil. Stätten besuchen und die Orte, wo unser Heil so barmherzig war gewirkt worden, mitThränen des Dankes und in Gebeten des Reueschmerzcns, wie zugleich der Crlösungsfreude, verehren zu können. Doch wie zahlreich auch der Pilger Schaaren, der friedlich wal¬ lenden Männer und Frauen sowohl als während der Kreuzzüge auch die Heere gewassneter Pilger jemals ge¬ wesen; verhältnismäßig nur Wenigen im Ganzen ward das Glück persönlichen Besuches des w i r kl ich e n K r e u z- weges in Jerusalem zu Theil. Daher gestattete der apo¬ stolische Stuhl auch an anderen Orten, in den Kirchen und Kapellen Kreuze und Gemälde zu errichten, welche die rührenden Begebenheiten, die sich auf dem eigentlichen Kreuzwege zu Jerusalem zugctragcn, vorstellten. Der selige Alvar aus vem Prediger-Orden und später die Väter aus dem Orden des veil. Franziskus, denen seit dem Jahre 1342 die Bewachung der heil. Orte anvertraut ward, hatten diese Abbildungen oder Stationen in ganz — 15 — Europa eingeführt und verbreitet. Die vierzehn Stationen bedecken in tiefergreifender Reihenfolge die Seitenwände beinahe aller unserer Pfarrkirchen. Jene weißen Denk¬ faulen, welche so oft durch Waldesgrün herabschimmern, sanft die Höhe hinaufsteigend— eine eigenthümliche Zierde altkathvlischer Städte und Dörfer, — beredte Zeugen des religiösen Sinnes und der Glanbenswärnie unserer Vor- ältern, — auch sie umschließen Bilder der Stationen des Kreuzweges, bestimmt und gestiftet den Wanderer im Namen seines Heilandes zu mahnen: „Der du am Wege vorüber gehst, habe Acht und schaue, ob sei ein Schmerz gleich meinem Schmerze"! —„Die römischen Päpste",— sagt P. Maurel in seinem in Rom bestätigten Buche: Die Ablässe und ihr Wesen — „welche die Vor¬ trefflichkeit und Wirksamkeit dieser Andacht in ihrem ganzen Umfange klar erkannten und Stationen zu errichten ge¬ statteten, wollten dieselben zugleich mit all jenen Ab¬ lässen bereichern, die sie dem wirklichen Besuche der hei¬ ligen Orte bewilligt hatten. Also, zu Folge der Breven und Constitutionen der Päpste Jnnoccnz XI., Jnnocenz XII., Benedict XIII., Clemens XII., Benedict XIV. ge¬ winnen alle diejenigen, welche in der gehö¬ rigen Fassung und Gesinnung d e n K r e uzw e g machen, alle Ablässe, die den Gläubigen, welche in eigener Person die heiligen Orte von Jerusalem besuchen, bewilliget sind; und alle diese Ablässe können den Verstor¬ benen zugewcndet werden. Nun steht es fest, wie man in dem Bulla rium des heiligen Landes sehen kann, daß denen, welche die heil. Orte von Jeru¬ salem besuchen, zahlreiche, theils vollkommene, theils un¬ vollkommene Ablässe bewilligt sind. Aber wie lauten die¬ selben im Einzelnen? Die heil. Congregation der Ablässe verbietet in ihren Unterweisungen über die Art, wie man den Kreuzweg abhalten soll, welche am 3. April 1731 von Clemens XII. und am 10. Mai — 16 — 1742 von Benedict XIV. bestätigt wurden, den Kate¬ cheten, Predigern und Andern, dieselben einzeln anzugcben, und namentlich, dieselben an den Stationen auszuschreiben, oder einzugraben (ll. Unterweisung). Unter den Gründen dieses Verbotes war wohl auch der, daß mehrere alte Breven, durch welche die römischen Päpste dem Kreuz¬ wege reiche Ablässe verliehen hatten, in einer Feuersbrunst, welche das Archiv der Franziskaner zu Jerusalem zerstörte, sollen verbrannt sein." Nothwendige Bedingungen, um diese Ablässe zu gewinnen. I. Der Kreuzweg, der in allen Kirchen, öffentlichen und Privat-Kapellen, selbst außerhalb der Kirchen und Kapellen, aus Kirchhösen, Hügeln, wie auch aus der Em¬ porkirche, im Chore, in Privat- und Krankenzimmern errichtet werden kann, muß vorschriftsmäßig ein¬ gesegnet sein. Weil die göttliche Vorsehung die heiligen Orte un¬ serer Erlösung zu Jerusalem den Vätern aus dem Orden des h. Franziskus anvertrant hat, welche dieselben schon über 5 Jahrhunderte bewachen, am Grabe des Erlösers Tag und Nacht beten, so haben die Päpste ihnen die Vollmacht erthcilt, die Kreuzwege zu errichten und ein¬ zusegnen, und zwar dem General dieses Ordens und mit seiner Bewilligung allen ihm untergeordneten Vätern. *) Jeder andere Priester, der einen Kreuzweg einsegueu will, muß die besondere Vollmacht vom h. Stuhle dazu haben, damit bei demselben die gewöhnlichen Ablässe ge¬ wonnen werden können. Der gelehrte P. A. Maurel, Priester der Gesellschaft Jesu, führt in seinem Werke: Die Ablässe, ihr Wesen *) 8. evnKr. ÜSA. 1., 11. et 10. äs vi» erusis. — 17 — und Gebrauch (welches die heil. Kongregation der Ab¬ lässe und Reliquien am 12. Dezember 1857 „nach sorg¬ fältiger Prüfung" mit den Worten bestätigte, „daß man sich in Betreff der darin enthaltenen Dekrete und Ablässe an dasselbe halten soll") die neuesten Bestimmungen hin¬ sichtlich der Errichtung und Einsegnung des Kreuzweges an, welche für Vorsteher der Kirchen von großer Wich¬ tigkeit sind und hier wörtlich folgen: 1. „Der Priester, welcher den Kreuzweg errichtet, muß entweder unmittelbar oder mittelbar, d. h. durch die Congregation der Breven, oder durch den Pater General der Mindern-Brüder-Observanten, oder durch seinen Bi¬ schof die besondere Vollmacht hierzu vom Papste erhalten haben, wie auch, und zwar schriftlich die Zustimmung des Bischofes und die Erlaubniß des Pfarrers der Kirche oder des Vorstehers des Ortes, wo der Kreuzweg errichtet werden soll, gemäß mehreren Dekreten der h. Kongre¬ gation, besonders vom 27. Jänner 1838 und vom 25. September 1841." „Die Urkunde über die Errichtung muß, um allen Zweifeln, die sich in der Folge erheben könnten, vorzu- beugen, sobald als möglich ausgefertigt werden. Es muß das apostolische Reskript, kraft dessen die Errichtung statt- gesunden, die Bevollmächtigung des Bischofes, die Er¬ laubniß des Pfarrers oder des Vorstehers jenes Ortes und das Datum dieser drei Aktenstücke enthalten, und von dem bevollmächtigten Priester und dem Pfarrer oder dem Vorsteher unterzeichnet sein, ja man nimmt ganz füglich noch einige Zeugen hinzu. Dann muß dieses Ak¬ tenstück zur Aufbewahrung in die bischöfliche Kanzlei ge¬ schickt, die gleichlautende Abschrift aber, oder wenigstens ein Beglaubigungszeugniß über die Errichtung in dem Archive der Pfarrei oder des Ortes, wo der Kreuzweg errichtet ist, aufbewahrt werden." Dekret vom 25. Sep¬ tember 1841. 2 — 18 — „Doch hat es nach den Erklärungen, welche dre h. Congregation schon am 27. Jänner 1838 gegeben, nicht den Anschein, als seien alle diese Förmlichkeiten unter der Strafe der Ungültigkeit strenge gefordert. Man kann dieß aus de n Texte selbst beurtheilen, wie er mil¬ im Sekretariat der Congregation gegeben wurde." Der Verfasser sührt mehrere Entscheidungen in lateinischer Sprache an. 2. „Die Einsegnung der vierzehn Kreuze ist für die Verleihung der Ablässe unumgänglich nvthwendig, aber nicht die der Gemälde, welche nicht da zu sein brauchen; denn der Ablaß ist blos mit den Kreuzen verbunden. (Entscheidung vom 13. März 1837 — und vom 22. Au¬ gust 1842.) Ja nach einem Dekret vom 30. Jänner 1839 darf man die Gemälde oder Bilder nicht einsegnen: Ni- IliM6 Vtzl'O iiNNAilltzS, ptzv HUÄ8 ä68iANÄN- tur 8tg,tion68. Ebenso sagt auch ein Dekret vom 22. August 1842. Daß die Kreuze von Holz seien, ist nach mehreren Dekreten (2. Juni 1838, — 14. Juni 1845) wesentliche Bedingung. Doch kann man sie ver¬ golden und mit anderer metallener Verzierung einfassen. Auf Mauern gemalte Kreuze können nicht genügen. Stellt man noch Gemälde auf, so müssen dieselben die vierzehn Scenen darstellen, welche Jedermann bekannt, durch päpst¬ liche Dekrete und die Ueberlicferung bestimmt sind, und von denen die erste zeigt, wie Jesus Christus zum Tode verurtheilt wird. Diese Stationen sind gerade die des Kreuzweges zu Jerusalem. Man hat in jüngster Zeit eine neue, von der alten abweichende Ordnung der Sta¬ tionen oder Gemälde ersonnen, die nach einem Dekret vom 16. Februar 1839 zu verwerfen ist." 3. „Der Kreuzweg verliert seine Einsegnung und seine Ablässe nicht, wenn man neue Gemälde an die Stelle der alten setzt, (denn die Gemälde sind hier nur Sache der Andacht), auch nicht, wenn dasselbe mit den Kreuzen geschieht, wofern man nicht den größten Theil — 19 — derselben durch neue ersetzt, folglich so, daß mehr alte Kreuze bleiben, als man neue ausstellt." (Entscheidungen vom 22. August 1842 — und vom 14. Juni 1845). 4. „Die Ablässe gehen nicht verloren, wenn man, um die Mauern einer Kirche zu weißen, zu putzen, aus¬ zubessern, zu bemalen oder zu schmücken, die Kreuze und Gemälde wegnimmt und sie dann wieder an ihre Stelle setzt." (Entscheidungen vom 21. März 1836 — und vom 3. August 1842). 5. „Auch wenn man in diesem Falle ihre Stelle wechselt, um sie in eine ebenmäßigere Ordnung zu bringen, aber in derselben Kirche oder Kapelle, behält der Kreuzweg noch seine Ablässe." (Dekrete vom 22. August 1842 — und vom 20. August 1^44). 6. „Es ist zur Gültigkeit des Kreuzweges nicht noth- wendig, daß der Priester selbst, welcher ihn errichtet, die Kreuze oder Gemälde ausstelle, sondern er kann dies einem Andern überlassen; ja dieser könnte dieselben ganz für sich allein, zu jeder andern beliebigen Zeit, ohne irgend eine Feierlichkeit nnd ohne Gegenwart von Zeugen an ihre Stelle bringen." (Dekrete vom 22. August 1842 — und vom 20. März 1846.) So übergibt bei der Errich¬ tung eines Kreuzweges in dem Ehore eines Klosters, das Clausur hat, der Priester, welcher die Kreuze gesegnet hat, aber nicht zur Aufstellung derselben das Kloster be¬ treten darf, sie einfach den Ordensschwestern, die sie dann selber aufstellen." „Nach allgemeinem Gebrauch, der auf frommen Gründen der Schicklichkeit beruht, bringt man das erste Kreuz und das erste Gemälde auf der Seite des Evan¬ geliums an; doch ist diese Ordnung nicht strenge gefor¬ dert." (Dekret vom 13. März 1837.) II. Unsere heil. Kirche lehrt, daß derjenige, welcher einen Ablaß gewinnen will, im Stande der Gnade, d. i. ohne Todsünde sein muß; denn durch den Ablaß wird nicht die Sünde, sondern nur die zeitliche 2* — 20 — Strafe nachgelassen, die der Sünder, nachdem er im Sa¬ kramente der Buße Verzeihung seiner Sünden und der ewigen Strafen erhalten, entweder in diesem, oder im andern Leben leiden müßte. Wer also des Kreuzwegab¬ lasses theilhaftkg werden will und sich in einer Todsünde befindet, der soll sein Gewissen durch das Sa¬ krament der Buße reinigen, oder sich doch durch eine wahre vollkommene Reue über seine Sünden in den Stand der Gnade versetzen und den ernstlichen Vorsatz machen, sobald als möglich dieselben zu beichten. Weil aber durch die Erfahrung bestätiget ist, daß durch den Besuch des Kreuzweges die Augen auch der verhärtetsten Sünder geöffnet, ihr Inneres erschüttert, ihr Herz mittelst der Gnade Gottes gerührt und zur Buße bewegt wird, so soll d i e s e A n d acht auch im trau¬ rigen Stande der Sünde nicht unter lassen, sondern vielmehr, um die Gnade der Bekehrung zu er¬ langen, mit allem Fleiße geübt werden. Kann der Sünder im Stande der Ungnade für sich diese Ablässe nicht ge¬ winnen, so kann er sie für die armen Seelen im Fege¬ feuer, die dort leiden, der Gnade Gottes hingegen nicht beraubt sind, aufopfern, wie dieses viele treffliche Gottes¬ gelehrte behaupten. III. Die dritte Bedingung ist, bei der Besuchung der 14 Stationen das Leiden Zesu Christi zu be¬ trachten. Der Verfasser des obgenannten Buches er¬ klärt dieß auf folgende Weise: „Die Raccolta sagt nur: beim Besuchen oes Kreuzweges betrachte man nach persönlicher Fähigkeit das Leiden Unsers göttlichen Erlösers Jesu Christi. Sic verpflichtet also nicht, wie mehrere Verfasser es verlangen, über jede der vierzehn Stationen eine besondere Betrach¬ tung anzustellen. Die Betrachtung des Leidens im All¬ gemeinen genügt, und nirgends findet man die Betrach¬ tung der vierzehn Stationen im Besonder» angegeben und gefordert. Zwar hat die h. Congregation der Ab- — 21 — lasse aus eine hierüber eingegangene Anfrage geantwortet s16. Februar 1839), man müsse über die durch die Sta¬ tion vorgestellten Geheimnisse betrachten; aber die Er¬ klärung wird zu Rom als Rath betrachtet, keineswegs als eine Bedingung, deren Nichtbeachtung die Gewinnung der Ablässe verhindern würde. In der 6. Unterwei¬ sung wird mit klaren Worten gesagt, es genüge, auch nur kurz über das Leiden Unsers Herrn zu betrachten, und dieses sei die unerläßliche Bedingung zur Gewinnung des Ablasses. In mehreren Kirchen und Kapellen in Frankreich, Italien, u. s. w. findet man Kreuzwege nur mit Kreuzen, ohne Bilder. Nun gibt es dort gewiß auch solche, die wohl betrachten, aber nicht lesen können oder nicht die für diese Andacht passenden Bücher haben. Diesen würde es also sehr schwer fallen, den Kreuzweg zu machen, wenn sie verpflichtet wären, sich die einzelnen Stationen, eine nach der andern, vorzustellen. Man muß sich hierin an die Raccolta halten, deren 13. Aus¬ gabe vom Jahre 1855 S. H. Pius IX. ganz eigens approbirt hat." „Die einfachen Gläubigen, welche eine zusammen¬ hängende Betrachtung nicht halten können, dürfen sich damit zufrieden stellen, nach ihrer Fähigkeit, andächtig an irgend einen Umstand des Leidens Christi zu denken. Sie werden jedoch ermahnt, aber ohne daß dieses eine Ver¬ pflichtung sei, vor jedem Kreuze ein Vater Unser und ein Gegrüßet seist du Maria zu beten und einen Act der Reue über ihre Sünden zu erwecken." (6. Un¬ terweisung.) (Dekret vom 16. Februar 1839). „Die Beichte und Kommunion sind nicht vorge¬ schrieben, sondern es genügt, im Stande der Gnade zu sein und wahre Reue über alle seine Sünden zu haben. Auch ist nicht nothwendig, bei jeder Station den ^äo- i'Äwu8 ts, 0siri8t6 . . ., oder Wir beten dich an . . ., das Vater Unser, das Gegrüßet seist du und die Nissrörs nostri . . ., oder Er- — 22 — barme dich unser . . b'iäklium unimus . . die Seeleu der verstorbenen Gläubigen . . ., zu beten, oder die Erwägungen zu lesen, welche in den Büchern diesen Gebeten immer beigegeben sind. Da jedoch der Gebrauch, diese Gebete zu verrichten und diese Er¬ wägungen zu lesen, sehr heilsam ist und ganz besonders dazu beiträgt, den Kreuzweg gut zu machen, so gibt die h. Congregation der Ablässe den Rath, von demselben nicht abzugehen, erklärt ihn aber keineswegs sür uner¬ läßlich." (Erklärung vom 3. April 1731). „Auch besteht keine Verpflichtung, wenn man den Kreuzweg öffentlich mit Andern oder für sich allein, in einer Kirche oder einer Kapelle, wo er kanonisch errichtet ist, abgemacht hat, zum Schluffe in der Meinung des Papstes sechs Vater Unser, Gegrüßet seist du Maria und Ehre sei dem Vater zu beten." (De¬ kret vom 2. Juni 1838). IV. „Soll man wirklich alle Stationen besuchen, ohne auch nur Eine auszulassen", sagt P. Maurel, „sich also bei jeder Station er¬ heben, den Platz wechseln und von einer zur andern schreiten, es sei denn, man könne aus kör¬ perlicher Schwäche, des zu beschränkten Raumes oder der zu großen Volksmenge wegen diesen kurzen und frommen Gang nicht machen. In diesem Falle genügt es, eine k l e i n e B ew e g u n g zu machen und sich gegen die fol¬ gende Station zu wenden. Diese fromme Uebung ist im Kleinen die Pilgerfahrt des Kreuzweges zu Jerusalem. Man beachte also wohl, daß in Fällen, wo es nicht möglich ist, von einer Station zur andern zu gehen, die Dekrete der heil. Congregation immerhin irgend eine Bewegung des Körpers vorschreiben." (Wie z. B. das Aufstehen und Niederknien bei jeder Station.) (De¬ kret vom 30. September 1837 und 26. Februar 1841). V. Muß man die Stationen nach einander in einem Zuge besuchen, worüber P. Maurel 23 — wörtlich Nachstehendes sagt: „Man hatte bisher allgemein in Frankreich geglaubt und in fast allen Abhandlungen über Ablässe gelehrt, es sei nicht uothweudlg, die vier¬ zehn Stationen nach einander durchzugehen. Ich selbst habe in der ersten Ausgabe dieses Werkes die Ansicht ausgesprochen, man könnte ein oder zwei Mal unterbrechen, wofern man nur an demselben Tage den ganzen Kreuzweg durchginge. Da hat die h. Congregation durch ein Dekret vom 14. December 1857, welches der h. Vater Pius IX. am 22. Januar 1858 bestätigte, das Gegentheil entschieden. Diesem Dekrete zu Folge gewinnt man die Ablässe des Kreuzweges nur dann, wenn man die vierzehn Stationen nach einander oder in einem Zuge besucht. Nur so kurze Unterbrechungen, welche die Einheit der vorgeschriebenen Betrachtung kaum oder gar nicht- stören, stehen der Ge¬ winnung der Ablässe nicht im Wege." „Macht man mehrere Male an demselben Tage den Kreuzweg, so kanu man jedes Mal die mit ihm verbun¬ denen Ablässe gewinnen." Kruzifixe, mit welchen die Müsse des Kreuz¬ weges verbunden sind. Die Kranken oder Schwachen, sagt die Raccolta, die Gefangenen, die Christen, welche auf der See oder in Ländern der Ungläubigen Reisen machen, und im Allge¬ meinen alle diejenigen, welche sich in der Unmöglichkeit befinden,*) die in einer Kirche oder einer öffentlichen Ka- Eine moralische Unmöglichkeit genügt: ob Isxitimum imxe- äi ment um, wegen eines rechtmäßigen Hindernisses, sagen die neuesten Rescripte. So können also diejenigen, die sich auf Reisen, auf dem Lande in einer beträchtlichen Entfernung von der Pfarrkirche befinden, ein Priester, ein Ordensmann, die wegen vielfacher Beschäftigungen oder aus andern wichtigen Gründen sich nicht in die Kirche begeben können, um dort die Stationen zu besuchen, für sich allein mit ihrem Kruzifixe die Kreuzweg- Andacht halten. - 24 - pelle errichteten Stationen zu besuchen, können die Ab¬ lässe des Kreuzweges gewinnen, wenn sie ein hiezu eigens von einem bevollmächtigten Priester eingesegnetes Kru¬ zifix von Holz, Elfenbein, Messing, Silber in der Hand halten und zwanzig Vater Unser, Ge grüß et seist du Maria, und Ehre sei dem Vater beten, nämlich einmal bei jeder Station, fünfmal zur Verehrung der fünf Wunden Jesu, und einmal nach der Meinung des heiligen Vaters. (Puls IX. 8. August 1859.) Es ist persönlich, so daß nur derjenige allein, der ein für den Kreuzweg eingesegnetes Kruzifix besitzt, die Ablässe gewinnen kann. (Dekret vom 29. Mai 1841.) Auch kann dieses Kruzifix, laut mehrerer Dekrete, Andern weder verkauft, noch geschenkt, noch geliehen werden, um sie an den Ablässen Theil nehmen zu lassen. Alle Kru¬ zifixe, so klein sie auch sein mögen, können, streng ge¬ nommen, für den Kreuzweg cingesegnet werden. Doch geziemt es sich nicht, diesen Ablaß mit so kleinen Kruzi¬ fixen zu verbinden, welche in den Händen derer, die sich ihrer bedienen, fast verschwinden. Nach dem neuen oben angeführten Dekrete darf die Abbetung der zwanzig Vater Unser, Gegrüßet seist du Maria und Ehre sei dem Vater nicht, oder wenigstens nicht beträchtlich, noch in einer Weise unterbrochen werden, daß die moralische Einheit des Ge¬ betes gestört würde. Der hohe Werth und die heilsamen Früchte der h. Kreuzwegandacht. Nach dem Ausspruchs des großen Papstes Benedict XIV. (Breve: Oum luntg, vom 30. August 1741) ist — 25 — der Kreuzweg eine der vorzüglichsten Andachten, welche die Betrachtung des Leidens und Sterbens unseres Herrn Jesus Christus zum Gegenstände haben und so kräftig dazu beitragen, die Sünder zu bekehren, die Lauen an¬ zuspornen, die Gerechten vollkommen zu machen. „Du kannst Gott", sagt der heil. Bonaventura, „kein wohlgefälligeres Opfer bringen, für die Abgestorbenen keine gewissere Hülfe verschaffen, den Lebendigen keine größere Freude machen, der allerheiligsten Dreifaltigkeit kein schöneres Zeichen deiner Dankbarkeit geben, als durch die tägliche Betrachtung des leidenden Heilandes." — Der heil. Franz von Sales kennt „kein wirksameres Mittel, um in der Liebe Gottes immer zuzunehmen, als die Be¬ trachtung des Leidens und Todes Jesu Christi". Er nennt sie „den süßesten und zugleich wirksamsten aus allen Be¬ weggründen, die uns zur Tugend aneifern können." Der ehrw. Thomas von Kempen glaubt „nichts kräftigeres angeben zu können, um die Sünder zu be¬ kehren und auf den Weg der Tugend zu führen, als die andächtige Besuchung des heil. Kreuzweges und die Be¬ trachtung des Leidens Jesu Christi." Rührend und erbauend ist der glühende Eifer, mit welchem der selige P. Leonardus a Portu Mauritio durch 44 Jahre wirkte, um die heil. Kreuzwegandacht zu ver¬ breiten, die Liebe zu derselben in den Herzen der Gläu¬ bigen zu entzünden. Dieser mit apostolischem Geiste er¬ füllte Priester aus dem Orden des heil. Franziskus ar¬ beitete unermüdet im Weinberge des Herrn, um recht viele Seelen für den Himmel zu gewinnen. In den Städten und Dörfern Süditaliens hielt er mit unbe¬ schreiblicher Mühe und bewunderungswürdiger Geduld über 300 Missionen ab, bei denen er predigte, lehrte, betete, das Volk zur Buße ermahnte, wodurch unzählig viele Sünder bekehrt uud zu Gott geführt worden sind. Zum Zeichen seiner brennenden Liebe zu Gott ließ er die Fahne, welche er mit sich trug, mit dieser Inschrift zieren: Es — 26 — lebe Jesus! es lebe Maria! in den Herzen aller Menschen! Eines der vorzüglichsten Mittel, die Seelen zu gewinnen, erkannte er in der Andacht oes h. Kreuzweges. „Sie ist", pflegte er zu sagen, „eine uner¬ schöpfliche Quelle aller geistlichen und leiblichen Gaben, eine reiche Goldgrube aller himmlischen Schätze, ein be¬ währtes Gegengift wider die Sünde, ein starker Zaun für die sinnlichen Begieroen, eine kräftige Aufmunterung zur Frömmigkeit. Durch dis Kreuzwegandacht wird der Verstaub des Betenden erleuchtet, der Wille bewegt, das Herz erweicht, zur Reue gestimmt und zur Geduld gleich¬ sam gezwungen. Denn wie sollte man sich den Leiden und Widerwärtigkeiten dieses Lebens nicht mit christlicher Ergebung unterwerfen, wenn man den unschuldigen, und dennoch so willig für unser Heil leidenden Jesus be¬ trachtet?" Deswegen sah man ihn täglich zur großen Erbauung Aller mit inniger Andacht, mit tiefer Rührung und Thränen in den Augen den h. Kreuzweg besuchen. Jede Mission begann er mit der Errichtung des h Kreuz¬ weges oder mit der Besuchung desselben. Den Kreuzweg nannte er eine immerwährende Missionspredigt, und einen solchen errichten zu können, wo;u sich ihm über 200mal Gelegenheit darbet, war für ihn die größte Freude. „O wie viele", sprach einst dieser große Geistesmann ganz freudig bewegt zu seinen Begleitern, „o wie viele werben sich vor Sünden hüten, nachdem sie bei Besuchung dieses Kreuzweges beherzigt haben werden, was Jesus für die Sünder gelitten! Andere werden in Betrachtung dessen einen heftigen Schmerz empfinden und in wahrer Reue für ihre Sünden Buße thnn." Nachdem P. Leonard bis in das 75. Lebensjahr zur Ehre Gottes und zum Heile der Seelen gearbeitet, rief ihn der Herr des Weinberges zur ewigen Belohnung in den Himmel. Er starb zu Rom den 26. Dezember 1751 im Rufe der Heiligkeit. Papst Benedict XlV. konnte sich der Thränen nicht enthalten, als man ihm sein Hinschei- — 27 — den meldete, und sprach seufzend: „Viel haben wir ver¬ loren, hingegen im Himmel einen mächtigen Beschützer an ihm erhalten." Den 6. Juni 1796 hat Papst Pius VI. diesen Diener Gottes selig gesprochen. Aber auch in leiblichen Nöthen erwirkt uns die Kreuzwegandacht Gewährung unserer Bitten. Der Hei¬ land selbst versichert uns: „Was ihr immer den Vater in Meinem Namen bitten werdet, das wird Er euch geben." Sollte wohl der Vater uns eine Bitte abschlagen können, wenn wir im Hinblicke auf die Seufzer und Thränen, auf die Schmerzen und Qualen, auf das Blut und den Tod seines Sohnes ihm unsere vielfachen Nöthen und Anliegen Vorbringen? O nein! solch eine Bitte kann nicht unerhört bleiben! Dir, o Allwissender! ist es be¬ kannt, wie viele Gerechte und Sünder Gnade und Barm¬ herzigkeit, Kleinmüthige und Verzagte Kraft und Stärke, Geängstigte und Versuchte Gewissensruhe und Seelen¬ frieden, Weinende und Trauernde Trost und Beruhigung, Unglückliche und Verlassene Hülfe und Stütze, Leidende und Heimgesuchte Linderung und Erquickung schon erlangt haben und durch Jahrhunderte hinab erlangen werden, beim andächtigen Besuche des heil. Kreuzweges, bei der innigen Betrachtung des bitten, Leidens und Sterbens unseres Herrn und Erlösers Jesus Christus, der, unschuldig zum Tode verurtheilt, das schwere Kreuz getragen hat, unter der Last des Kreuzes dreimal gefallen und am Kreuze für uns Sünder gestorben ist; — bei der herz¬ lichen Erwägung der Schmerzen Seiner heiligsten Mutter Maria, die ihren unschuldig zum Tode verurthcilten gött¬ lichen Sohn auf dem Schmerzenswege zur Nichtstätte be¬ gleitete, in jener Trauerstuude neben dem Kreuze stand, als der Geliebte auf demselben verblutete und verschmach¬ tete, die den Leichnam ihres Sohnes in ihren mütter¬ lichen Armen hielt und von einem siebenfachen Schwerte der Schmerzen durchbohrt wurde. — 28 — Weil aus der Betrachtung des Leidens Christi in der Besuchnng des h. Kreuzweges so viele geistliche und leibliche Geschenke den Christen zufließen, haben fromme und heilige Seelen den Gekreuzigten zu ihrer Lieblings- Andacht gemacht. Der heil. Philippus Benitius und der heil. Bonaventura nannten „das Kreuz ihr liebstes Buch, woraus sie Kraft und Muth und himm¬ lische Weisheit schöpften". Bei allen Verfolgun¬ gen, Leiden und Widerwärtigkeiten dieses Lebens blickten sic, wie Theresia, Petrus v. Alcantara, Katharina v. Siena, Franziskus Seraph, u. s. w. unablässig hin auf den Anfänger und Vollender unseres Glaubens, der einen weit größeren Widerspruch von den Sündern erduldete und in ein Meer von Leiden versenkt war. Das schwerste ward ihnen leicht, wenn sie im Geiste ihrem kreuztra¬ genden Heilande zum Kalvarienberge folgten, der mit dem Blute, das aus seinen Wunden floß, ihnen den Weg be¬ zeichnete. Weil die Betrachtung des Leidens Jesu in der Be- suchung des Kreuzweges so viele geistliche und leibliche Vortheile gewährt, hat der gelehrte Papst Benedict XIV., wie es im obgenannten Breve ausdrücklich heißt, „von dem innigsten Wunsche beseelt, daß die Bcsuchung des h. Kreuzweges, diese höchst verdienstliche, für das Heil der Seelen sehr nützliche heilige Uebung immer mehr ver¬ breitet werde", nicht nur alle Pfarrer väterlich ermahnt, daß sie in ihren Kirchen den Kreuzweg errichten und diese h. Andacht einführen möchten, sondern auch, Allen zur Aufmunterung unv Nachahmung, im Jahre 1750 in dem Colosseum zu Rom, einem einstigen Amphitheater, wo Tausende von christlichen Märtyrern, von wilden Thieren zerrissen, ihr Zeugniß und ihre Liebe für den Gekreuzigten mit ihrem Blute und Tode besiegelt hatten, den heil. Kreuzweg mit den 14 Stationen auf eigene Kosten errichten lassen. — Diesen Wunsch, diese liebevolle Ermahnung des Vaters der Christenheit zu erfüllen und — 29 - zu befolgen, beeilten sich eifrige, um das Heil der anver¬ trauten Seelen besorgte geistliche Hirten und führten in ihren Pfarrkirchen die heil. Kreuzwegandacht ein. O welchen Seelentrost müssen sie empfinden beim Anblicke der Hun¬ derte und Tausende ihrer lieben Pfarrkinder, welche den leidenden Heiland und seine betrübte Mutter auf dem Schmerzenswege begleiten, hingesunken auf die Knie das Leiden Jesu betrachten, andächtig beten und tief zer¬ knirscht über ihre Sünden weinen! Schon diese geistliche Freude ist ein großer Lohn für alle Mühe und Sorge, wie groß wird der Lohn erst dort sein in der Ewigkeit! Christliche Seele! wird nicht auch dein Herz vom Eifer und vom Verlangen erfüllt, Jesu auf Seinem Krenz- gange zu folgen, den Kreuzweg zu besuchen, nachdem du den hohen Werth und die heilsamen Früchte dieser rüh¬ renden Andacht kennen gelernt hast? Dir war es nicht vergönnt, deinen unschuldigen Jesus zu begleiten, als Er das schwere Kreuz vom Hause des Pilatus bis auf den Calvarienberg getragen; auch war es dir nicht vergönnt, nach der Himmelfahrt Jesu in Gesellschaft der seligsten Jungfrau Maria und der Apostel den Leidensweg zu gehen; dir ist es nicht möglich, hinzupilgern nach Jeru¬ salem, die Leidensstätten oder Stationen zu betreten, welche Jesus mit Seinem Blute geheiligct hat, und aus dem Gnadenschatze der Kirche die hiefür bestimmten Ab¬ lässe zu gewinnen. Doch sieh! an allem dem kannst du Antbeil nehmen, wenn du einen vorschriftsmäßig errichteten Kreuzweg be¬ suchest und das Leiben Jesu mit reumüthigem Herzen betrachtest. Begleite daher von einer Station zur andern den kreuztragendm Jesus auf Seinem Leidenswege, be¬ steige im Geiste den Calvarienberg, so oft es dir möglich ist, vorzüglich an Sonn- und Feiertagen, an Freitagen, in der heil. Fastenzeit, oder wenn von der ganzen Ge¬ meinde die Kreuzwegandacht öffentlich abgehalten wird. Gering wird deine Mühe, groß dein Lohn — 30 — sein. Eine halbe Stunde wirst du das Leiden Jesu be¬ trachten, viele Gnaden vom Himmel, Nachlassung der zeit¬ lichen Strašen, Hülfe und Errettung für die armen Seelen im Fegefeuer erlangen. O sieh nur, wie dort ein guter und treuer Diener, ein frommer Verehrer des leidenden Heilandes stirbt! — In der einen Hand das Kreuz— in der andern die ge¬ weihte brennende Kerze — Ruhe und Friede auf dem Angesichte — den heiteren Blick bald auf den Gekreu¬ zigten — bald nach oben gerichtet —, so geht er ein in die Herrlichkeit Desjenigen, mit dem er schon hier so innig vereint war durch die öftere Betrachtung seines Leidens und Sterbens beim Besuche des h. Kreuzweges! Möchte dies auch dein großer, übergroßer Lohn sein!! So komm' denn, christliche, fromme Seele, laß uns oft und oft den Myrrhenberg besuchen! Stille wird auf dem Wege dahin herrschen, und klein wird oft die Zahl der andächtigen Waller sein, einsam wird uns der h. Berg erscheinen und nur wenige fromme Beter werden wir an dem Fuße des Kreuzes erblicken; denn Viele, ach! gar Diele, die da kommen sollten und könnten, gehen lieber hinab, wohin die Welt sie ruft. Da oben ist cs ihnen zu öde und unheimlich; darum suchen sie dort unten Gesellschaft und Unterhaltung; der Anblick des Kreuzes ist ihnen zu ernst und die Worte von demselben zu strenge; darum suchen sie Reden nach ihrem Sinne; da oben wird nur der bittere Kelch der Leiden gereicht, sie aber wollen den süßen Becher der Freude leeren; laß uns daher desto öfters auf dem Kalvarienberge unsere Wohnung aufschlagen, um zu betrachten, was Jesus für uns erleidet, wie er aus Liebe zu uns stirbt — um von dem göttlichen Dulder lieben und leiden — leben und sterben zu lernen. — Laß uns mit dem sera- Phischen h. Bonaventura hier drei Hütten bauen, eine in den Füßen — eine in den Händen — eine in der Seite Jesu Christi! — 31 — O Jesus, unsere Liebe! — wegen Deines Leidens und Sterbens! O Maria, unsere Hoffnung! — wegen Deiner sieben Schmerzen! flehe ich in Demuth: für alle Kreuzwegbesncher — für die zur Verbreitung nnd Belebung der höchst verdienstlichen Kreuzweg-Andacht besorgten Seelenhirten — für mich, Euern unwürdigen Diener — in der Stunde der Todesangst — um Trost! — beim Gerichte um Barmherzigkeit! I. 8. Zireuzmeg-Andacht Vorbereitungsgebet. mein gütigster Jesus! ich liebe Dich über Alles, E E einzige Gut und unendlich barm- öds herzig bist. Es reuet mich von ganzem Herzen, daß ich Dich, o höchstes Gut! jemals beleidiget habe. Diesen Kreuzweg opfere ich Dir auf zu Ehren des allerschmerzlichsten Weges, den Du für mich elenden Sünder gegangen bist. Ich verlange alle dieser An- dachtsübnng ertheilten Ablässe zu gewinnen, und daher mit jener frommen Meinung zu beten, welche hiezu er¬ fordert wird. Ich bitte Dich demüthigst, o Jesus! daß ich durch diesen Kreuzweg in dem gegenwärtigen Leben Deine Barmherzigkeit, und in dem künftigen die ewige Seligkeit erlangen möge. Amen. JesLS mir- V«r VÄNL« »emrlheilt. ^ssus conljsmsie ! c)ksus voncismnslj b^l — 33 — Erste Station. Jesus wird zum Tode verurtheilt. Die Begebenheit bei dieser Station und Erklärung des Bildes. »Er hat hmgcgeben in den Tod sein Leben, und zu den Uebelthäicrn ist Er gezählt worden.« Is. sz, ir. Es ist noch ziemlich frühe am Morgen; die Sonne spie¬ gelt sich noch nicht im Mittagsglanze auf dem Marmor des Lithostroton im Gerichtshause des Pilatus. Und dennoch — wie Großes, wie Furchtbares ist schon vor¬ gegangen zu dieser frühen Stunde des -Rüsttages der Ostern in Jerusalem! Der zerbrochene Stab auf den Stufen vor dem Richterftnhle verkündet, daß ein Todesurtbeil gefällt worden. Ueber wen? Ueber den „Mann der Schmerzen", welcher bereits „verwundet ist wegen unserer Missethaten, zerschlagen ob unserer Ver¬ gehen" (Js. 53, 5.). — Jesus Christus hat das Urtheil seines Todes vernommen; sein Volk hat es begehrt, der heidnische Richter es den tobenden Massen zugcstanden, und ihnen Jesum „übergeben, daß sie Ihn kreuzigten" (Joh. 19, 16.). Betrachten wir den Heiland! Seine Haltung, seinAntlitzbrücktErschöpfung aus, Müde des Toves. Lange, bange Stunden voll der Trauer, eine Nacht, ausgefüllt mit Hohn, Mißhandlung und unnennbarer Pein, hat Jesus durchgelitten. Das Ihm eben wieder übergeworsene eigene Gewand deckt die tau¬ send noch blutnassen Wunden seiner Geißlung, und das heilige Haupt zittert in dem glühenden Wehe der Dor¬ nenkrone. So folgt er seinen Peinigern. Ihre Stricke brauchen sich nicht zu spannen, um das schuld¬ lose Opferlamm zum Altäre seiner Schlachtung hinzuziehen. Jesus überläßt sich freiwillig den „Sünder-Händen" — der „Sohn des Menschen gehet hin, wie von Ihm ge¬ schrieben ist" HMatth. 26, 24.), — für uns auf den Weg des Kreuzes. Sehen wir nnn ans die übrigen Per- 3 — 34 — sonen dieser ernsten Scene! Jene Henkersknechte, welche ihre blutgewohnten Hände nach ihrem Opfer aus¬ strecken, sind Typen der rohen, physischen Gewalt, die sich ohne Scheu und selbst mit Lust an dem „Heiligen der Heiligen" vergreift. Den Richter aber, welcher den „Herrn der Herrlichkeit", wider Recht, Pflicht und eigene, innere Ueberzeugung, feige vor der tumultuarischen Menge sich beugend, dem Tode Psseis gegeben, den Landpfleger Pon¬ tius Pilatus hat der Künstler in jenem Momente darge¬ stellt, in welchem er, Angesichts des Volkes, sich Wasser über die Hände gießen läßt, um durch diese sinnbildliche Handlung wie durch das Wort zu bezeugen: „Ich bin unschuldig an dem Blute dieses Gerechten; sehet ihr zu!" (Matth. 27, 24.) Seine Miene indeß verräth, daß er selber nicht an die rechtfertigende Kraft dieser Ver¬ sicherung glauben kann. Pilatus ist unzufrieden mit sich selbst; finster verbirgt er hinter dem Stolze des Römers und des Richters seine Demüthigung, seineAngst. Anders ist es mit dem Manne, welcher, der Gerichtsdiener Vornehmster, die Fasces des Prätors hält. Zur Stunde blickt dieser Lictor mit frecher Gleichgültigkeit aus Jerusalems Priester und auf das Volk herab, das — außerhalb der vom Künstler ge¬ zeichneten Hauptscene — in den Höfen und Hallen vor dem Tribunal tobt und drängt. Sieh, dießmal ist dieser Nie¬ drigste, Gleichgültigste und Verderbteste des Heidenthums ganz berechtigt, ein Volk zu verachten, welches der Herr des Himmels sein Eigenthum und seine Liebe genannt hatte. Schüchtern stehen, und der Eine fast mitleidig nach Jesus schauend, die beiden übrigen Lictoren. Es sind Sklaven; aber sie ahnen nicht, daß der Leidensmann, welcher in harten Banden seinen Todesgang vor ihren Augen antritt, eben dieses thue und leide, um den Sklaven Freiheit und den Gebundenen Erlösung zu erwirken. — 35 — Wir beten Dich an, o Christel und preisen Dich. Ht. Denn durch Dein heiliges Kreuz hast Du die Welt erlöset. Betrachte die wunderbare Demuth und Erniedri¬ gung des unschuldigen Jesns, mit welcher Er das un¬ gerechte Urtheil, ohne sich im Geringsten zu entschul¬ digen, angehört und angenommen hat. — Deine Sünden sind die falschen Zeugen, welche dieses Urtheil verursacht haben. Die Bosheit deiner Zunge, mit welcher du dich wider Gott und deinen Nächsten versündiget hast, hat den lasterhaften Richter bethört, das Todesurtheil über den unschuldigen Jesns zu sprechen. — Wende dich denn zu ihm, weine und seufze mehr mit dem Herzen als mit dem Munde: O mein geliebtester Jesus! wie unermeßlich ist Deine Liebe gegen mich armen Sünder! Sollst Du denn für ein so unwürdiges Geschöpf Kerker, Bande, Ketten und Geißeln ausstehen, und zu einem so grau¬ samen Tode verurtheilt sein? — Ach! das ist genug, mein Herz zu rühren, und alle mit meiner boshaften Zunge begangenen Sünden zn bereuen nnd zu be¬ weinen! — Ich beweine sie demnach, und rufe zn Dir: „O mein Jesns! Barmherzigkeit! — Barmherzigkeit! o Jesus!" Vater unser. Gegrüßet seist. Ehre sei dem Vater. Erbarme Dich unser, o Herr! erbarme Dich unser. 3* — 86 — Zwcilr Station. Jesus nimmt das Kreuz auf seine Schultern. Die Begebenheit bei dieser Station und Erklärung des Bildes. »Da sprach ich: Sieh', ich komme.« Ps. 39, 8. ^hres Erfolges sicher, hatte die Blutbegier der Feinde Christi alle Vorbereitungen zu seinem Kreuzestode getroffen, noch ehe das Urtheil war gesprochen gewesen. Dem schlimmsten Verbrecher waren sonst Tage, wenigstens doch Stunden Frist gegönnt zwischen dem Spruche und dem Vollzüge der Strafe. Nur dem Gerechten wird nicht Rast, nicht Aufschub gewährt. Draußen gleich vor dem Richt¬ bause des Pilatus erwarten Jesum die Schergen, die Mörder—und sein Kreuz! Doch, wer mochte wohl nach solcher Stunde mehr Verlangen getragen haben, die Henker oder ihr Opser? Schauen wir in das Antlitz des Herrn! Die Müde der Schmerzen ist für diesen Au¬ genblick ans ihm verschwunden. Licht der Freude, derOpferfreude, und hciligerSeh ri¬ su cht verschmilzt sich in dem Äuge des Hei¬ landes mit demGlanze der Thran en, die von Schmerz und Liebe gleich sehr ihm ab gerun¬ gen sind. Jesus suhlt nicht die rohe Faust des Drän¬ gers ; sieht nicht den Hohn, den Ingrimm, die freche Neu¬ gierde ringsher um sich und um sein Kreuz; Er sicht nur dieses — den Altar seines Opfers, das Mittel, Pfand und Zeichen der Erlösung, den künftigen Baum des Lebens aller Welt. Was nach Ihm und um Seinetwillen Erde und Himmel freudig, liebend und dankbar begrüßen sollen, Jesus begrüßet es zuerst für Alle, vor Allen — das Kreuz. Schwer wuchtet es hier noch in den Händen der Schergen, die es mühsam heben. Noch ist's das Holz des Fluches, der Schmach, der Marter. Schwer auch wird dicß Kreuz lasten — für ihu geheimnißvoll beladen mit den Sünden der ganzen Welt, auf des Heilandes zarten, wunden Schultern. Aber „stark ist die Liebe, stärker als Irs»s mmmtsliMrre Kmy rwf seine Srhmltrr. ,.Is3U3 36 >L ^63Ä-Iit6 I -^63U3 ^LtL> 0N0!X MUP !s_^. > ^68U8 ?S_I!8 t>16 8)? Me8SUI^6 ^em^es'e so^8. ok ei"088 — 39 — Dritte Station. Jesus fällt zum ersten Male unter dem Kreuze. Die Begebenheit bei dieser Station und Erklärung des Bildes. »Mein Herz erbebt, cs weichet meine Kraft von mir.» Ps. 37, II. Der Trauerzug, welcher durch die schmalen, rauhen Gassen Sion's dichtgedrängt sich bewegt, macht eben un¬ willkürlich Halt. Der göttliche Kreuzesträgcr ist zu Boden gesunken, überwältigt von der Last, erschöpft durch die vorher erlittene Pein und durch den brennenden Schmerz der Wunden, welche vom Scheitel bis zur Sohle Ibn bedecken, — nicht verbunden, nicht gepflegt mit Heilmit¬ teln, nicht erweicht durch Oel" (Is. 1, 6.). — Keine Erquickung, nicht einmal ein tröstend Wort ist dem Ver¬ lassenen zugekommen, seit seiner Trennung von den Jün¬ gern am Oelberge. Deßhalb schwach geworden, matt und krank, wie ein gehetztes Lamm, fällt Jesus unter dem Kreuze zu Boden — für uns, die tief Gefallenen, die aller eigenen Kraft Beraubten, für uns, die Mühseligen und Beladenen, die müden und verirrten Schafe Seiner Weide. Den Staub der Erde berühren die Hände, welche Macht haben, aus dem Staube zu erheben alle die Hin- gesunkencn und Zertretenen des Volkes (Ps. 112, 7Z. Aber sieh! diese Hände sind jetzt nicht vermögend, Denje¬ nigen zu stützen, welcher als Wort des Vaters Alles stützt durch die Fülle Seiner Kraft und die Welt mit dem Finger der Allmacht wiegt (Hebr. 1,3.)! — Welche Verdemüthignng! So schmerzvoll sank nicht unser Vater- Adam nieder auf die nun fluchbebürdete Erde, als hinter ihm die Pforten des Paradieses sich geschlossen hatten und ein langer, dunkler Weg durch das Jammerthal der Sündenwelt sich ihm eröffnete! — Der „Du Anderen geholfen, vermagst Dir selber nicht zu helfen; wo ist nun Deine gerühmte Wundermacht, Tobten--Erwecker, Arzt — 40 — aller Kranken, Meister in Israel?" — so höhnt mit erhobenem Finger der Pharisäer. Zur Linken schauen zwei Männer in stolzer Haltung, der Eine mebr verächtlich, der Andere etwas betroffen, auf den Erlöser zurück, den die zornentbrannten Schergen am Gewand und mit dem Stricke emporzuzerren sich an- schicken; ja der Grimmigste der Kriegsknechte scheint das Kreuz nur für den Zweck einen Augenblick zurückzuschieben, um einen Keulenschlag nach dem Erschöpften zu führen — auf Ihn, auf dessen Rücken „die Sünder schon so lange und so hart ge¬ schmiedet hatten" (Ps. 128, 3.). — Ach, da ist Nie¬ mand, „welcher Mitleid hätte". Eher Spottgelächter ver- rathen die Mienen des Jünglings, welcher den Kreuzi¬ gungsapparat trägt; und selbst das Thier — der herrnlose Hund der Straßen — sperrt seinen Rachen auf, gereizt durch den Tumult, der es umringt. — Hoch zu Roß halten nebenan der Centurio, der Führer der Soldaten-Abtheilung, welcher den Zug bedeckt; neben ihm seine Begleiter. Sie haben wohl minder Gesallen an der entsetzlichen Scene. Wir beten Dich an, o Christel und Preisen Dich. Hk. Denn durch Dein heiliges Kreuz hast Du die Welt erlöset. Sieh und betrachte, wie dein Jesus, durch so reich¬ lichen Blutverlust ganz kraftlos, das erste Mal zur Erde sinket. — Ach! wie wird Er mit Fäusten geschlagen, mit Füßen getreten, und gestoßen! — Keine Klage ist ans Seinem Munde zu hören! Er leidet und schweigt. — Du hingegen jammerst und klagest, wenn dir nur ein geringes Kreuz aufgelegt oder ein Unrecht zngefügt wird. — Ach! so verwünsche denn deine so ungestüme Ungeduld und Hoffart, und seufze zu Jesu: — 41 — O liebenswürdigster Erlöser! steh, vor Deinen Füßen liege ich, der verworfenste Sünder. Ach! in wie viele schwere Sünden bin ich gefallen! Wie oft habe ich mich in die Tiefe der Bosheit gestürzt! — O Je¬ sus! strecke aus Deine Arme, reiche mir Deine Hand! — Hilf, o Jesus! — Hilfe suche ich von Dir, damit ich Zeit meines Lebens in keine schwere Sünde mehr falle, und so in der Todesstunde mein ewiges Heil ge¬ sichert sei. Vater unser. Gegrüßet seist. Ehre sei dem Vater. Erbarme Dich unser, o Herr! erbarme Dich unser. Vierte Station. Jesus begegnet seiner heiligsten Mutter- Die Begebenheit bei dieser Station und Erklärung des Bildes. »Sic weinen über Ihn nut großer Klage, als über den ElNjiggcborncn, und sic trauern um Ihn, wie man trauert . bei dem Tode des Erstgebornen.!' Zach. l2, lv. „§iurch die Straßen Jerusalems wandelt" oder besser hier gesagt: „wanket, suchend Den, welchen ihre Seele liebet,"—Maria, die Reine, die Auserwählte, die Braut des heiligen Geistes, die Mutter des Sohnes Gottes. „Wohin ging deiner Seele Liebe, o der Frauen Anmuth- reichste?" (Hohelied 5, 17.) Ach, nicht, wie Salomon, „zu dem Garten, zu dem Beete der Würze, um Lilien zu sammeln." Sieh', ein „Schmerzensbräutigam", mit dem Dornenkranze, welcher Ihm am „Tage der Sehnsucht Seines Herzens" in die Stirn gedrückt worden, auf dem Wege zum Tode begegnet Jesus Seiner heiligen Mutter und den wenigen Getreuen, — 42 — die in dem Muthe der Liebe und des Mit¬ leides ihrem bitteren Gange sich an geschlossen haben. — Einmal schon hat die gebenedeite Mntter den göttlichen Sohn gesucht „mit Schmerzen". Damals theiltc der heilige Nähr-Vater Joseph ihren Kummer und ihr Suchen, und fand sie mit unnennbarer Freude Jesum, den Knaben, in dem Tempel, in „dem Hause Seines Vaters" (Luk. 2, 49.). Aber heute, heilige Mutter! heute nach einer Nacht, deren Angst und Trauer endlos schienen, wie das Meer (Klageiied 2, 13 ), heute nach Stunden unermeßlichen Leidens, wie fandest du und wo deinen Sohn? Kreuzbeladen, todeswund, um¬ geben von einer Rotte, die kein Erbarmen kennt, „ohne Schönheit, ohne Zierde, der Verachtete und der Letzte der Menschen, ein Mann der Schmerzen" — ist, zarte Jungfrau! Jefus dir begegnet, als Sein Volk, welches er geliebt und erwählet, Ihn verstieß aus der heiligen Ttadr, dem Erbe Seiner Väter; als Sion's Bauleute den Grund- und Eckstein verwarfen (Matth. 2l, 42.) und der „Hirte Israels" hinausgeschleppt wurde, um „außerhalb der Thore" Jerusalems zu sterben (Hebr. 13, 12.). — Weil keine Menschenhand im Stande ist, die Größe des Schmerzens und das Ehrwürdige der un¬ mittelbaren Begegnung der deiligsten Personen würdig zu schildern, hat der fromme Künstler auf unserem Bilde einen spätern Moment hervorgehoben — den «Lcheideblick auf dem Kreuzwege zwischen Jesus und Maria. — Wir sehen es; der Zug muß einen Augenblick ausge¬ halten worden sein; denn die Abgeordneten des Synedriums sind dem befehligenden Centurio indessen vorausgeritten, während dieser selbst, halb unwillig, halb in Mitleid, wie es scheint, auf die Schaarwache zurück- schaut, mißbilligend, daß sie die Störung zugelassen. Auch der nichtswürdige Scherge hat Zeit gesunden, Hammer und Nägel ans dem Rüst korbe zu holen und selbe mit Hohngeberde der Mut- M ZrsW Iwgkgmt semer IiMgw MMer - — 43 — ter hinzu zeige n, ähnlich, wie der Jüngling mit der Kreuzes-Inschrift cs zuvor gethau hat. Ein „Hinweg mit euch!" donnert der Weinenden der grimme Jude zu und lästernd hebt er die Hand auf. Von den Reitern aber scheint der Eine den Priester neben sich zu fragen: ob er die Gruppe sich Wohl gemerkt, vielleicht zu späterer Ueberwachung. — Doch lasten wir Herz und Auge noch einmal aus den Heiligen unseres Bildes ruhen! Wie tiefergreifeud, wie inhalt¬ reich ist dieser Abschiedsblick des Herrn! Schmerz des Kindes und zärtlichstes Mitleid aussprechend, heftet dieser Blick sich fest und ausschließlich auf die Mutter, als sollte er der in herbster Seclenpein Zer¬ malmten sagen: Dein Wehe ist gerecht; doch sei gedenk, daß du, die Gnadenvolle, allein auch vollkommen weißt, warum und für wen ich diesen Kreuzweg gehe! Ja, diese Frage eben, dieses Bittere: „Warum mußte so es kom¬ men, o Meister und Herr!?" spricht aus den thräncn- feuchtcn Augen des Johannes und der Maria Salome, iudeß Maria Kleophä ihr Angesicht weinend verhüllt, Maria von Magdalum aber, auf die Knice zusammenge- brochen, in ihrem Schmerze bei der Schmerzensreichsten, bei Maria, Zuflucht nehmen möchte, und doch wieder den Blick wegwendcn kann von dem Milden und Barmher¬ zigen, welcher einst so gnadenvoll auf sie gesehen, ihr die Sünden verziehen hatte — ach, Sünden — sie ahnete es! — deren Sühnung in Pein und Wunden eben jetzt ihr Heiland trug, duldete und im Kreuzestode zu vollenden auf dem Wege war. Wir beten Dich an, o Christel und preisen Dich. hd. Denn durch Dein heiliges Kreuz hast Du die Welt erlöset. Ach! welche Schmerzen haben das heiligste Herz Jesu durchdrungen! Ach! mit welcher Angst und Bit- — 44 — terkeit war das Herz Mariens erfüllt, als sie ihrem göttlichen Sohne begegnete! — Höre, o undankbare Seele! was hat dir mein Sohn gethan? ruft zn dir Maria. Was Leides hat dir meine Mutter gethan? fragt dich Jesus. — Ach! so verlasse doch einmal die Sünde, welche die einzige Ursache unserer Pein und Schmerzen ist! — O Sünder! was sagst du dazu? — Sage und seufze aus der Tiefe des Herzens: O göttlicher Sohn Mariens! o heiligste Mutter meines liebreichen Jesu! gauz zerknirscht und gedemü- thiget liege ich zn Euren Füßen. — Ich bin der Ver- räther: durch meine Sünden habe ich das Schwert ge¬ schärft, welches Eure Herzen durchbohrt hat. — Ach! es reuet mich inniglich; ich bitte Euch, verzeihet mir! -- Barmherzigkeit, o Jesus! Barmherzigkeit, o Maria ! — Durch Deine große Barmherzigkeit, o Herr! ver¬ leihe mir die Gnade, daß ich nicht mehr sündige, son¬ dern Deine und Deiner heiligsten Mutter bitterste Schmerzen Tag und Nacht betrachten und beweinen möge. Vater unser. Gegritßet seist. Ehre sei dem Vater. Erbarme Dich unser, o Herr! erbarme Dich unser. — 45 — Anste Station. Simon von Cyrene hilft Jesn das Kreuz tragen. Die Begebenheit bei dieser Station und Erklärung des Bildes. »In meinem Herzen war es, wie Feuer, aufglüyend und cingcschlossen in meinen Gebeinen, und ick erlag, unver¬ mögend, cs zu tragen.« Irrem. 2V, u. „— Und sie nöthigten einen Vorübergehenden, Simon, den Cyrenäcr, welcher von dem Felde kam, den Vater des Alexander und Rufus, daß er Jesu das Kreuz trüge'' (Mark. 15, 21.). So erzählt das heilige Evangelium einen der rührendsten und gewiß höchst bedeutsamen Vor¬ gang auf dem Kreuzeswcge unsers Herrn. Jesus ist wieder zusammengebrochen unter der Last des Kreuzes. Die ge- heimnißvollen Leiden Seiner Seele erschöpfen Seine kör¬ perliche Kraft, oder eigentlich die schwachen Neste der¬ selben. „Er stirbt" — ruft mit grinsendem Ge¬ sichte und mit im Schrecken ausgebreiteten Armen der Jude in Mitte des Brldes hinter Jesus. — „Er stirbt — und wir bringen Ihn nicht mehr an das Kreuz!" Ja, du Grimmiger! Jesus müßte hier sterben, und die Liebe hätte ihr Opfer in unermeßlichen Leiven jetzt schon vollendet, würde sie selber es nicht anders beschlossen und die wenigen noch übrigen Augenblicke des heiligsten Lebens nicht durch einen Act der Demuth haben verherrlichen wollen, welcher in seiner Art ewig ohne Gleichen sein wird. Jesus will an dem Kreuze sterben. Hinsinkend lehnt der Herr das dorngekrönte Haupt an den Stamm desselben und Sein Arm hält fest das Werkzeug unserer Erlösung. Aber weiter kann Er es allein nicht tragen, und will es nicht allein tragen, soferne Er seiner göttlichen Macht die hiezu nöthige Stärkung der menschlichen Natur zu ge¬ währen versagt. Durch Menschenhand will sich helfen lassen Er, welcher aller Menschen einzige Hülse ist. Weich' eine Demuth! Noch ehe Sein Kreuzweg ganz vollbracht — 46 — ist, will Jesus schon das Verdienst Seiner Nachfolge mit- theilen. Welch' eine Liebe! — Aber sieb! es ist ein gewaltthätigcr Krieger, welcher den schlichten Landmann zu dem Kreuze hindrängt. Gewiß; und auch der milder aussehende Decurio muß, scheint es, dem guten Simon erst erklären, wie nvthwcndig bei solchem Zustande des zum Tode Geführten ein Mitträger des Kreuzholzes sei. Simon von Cyrcne ist ganz überrascht. Draußen auf dem Meierhofe hatte er noch nichts von den sich rasch fol¬ genden Ereignissen dieses Morgens in Erfahrung gebracht. Heimgekehrt zur Stadt, um für den Festtag sich zu be¬ reiten, wollte er auch an dem Hinrichtungszuge vorüber¬ eilen — wußte er ja doch nicht, wer hier zum Tode gehe. Da wird er aufgegriffen, hingestoßen, — nein! doch nicht mehr blos hingestoßen zu Jesus von äußerer Gewaltsamkeit. Sim on' s mitleidvoller Blick, seine Hast, mit welcher er, freilich nicht geschickt genug, um nicht von dem Henker zurechtweisenden Zuruf und von dem Decurio leichte Nachhülfe zu brauchen, nur schnell und ängstlich nach dem Kreuze greift; — dieß beweist uns, daß auch inneres Licht in des Cyreners Herzen tagt, daß die Gnade ihn zieht und stärkt, ihn, den Ersten unter den Vielen, welche nachmals mit Jesus den Kreuzcsweg gegangen sind, geistlich und leiblich in geireuester und glückseliger Nachfolge. Simon von Cyrene hat allerdings von Anfang an nicht freiwillig sich erboten, Kreuzesträger zu werden. Er wußte nicht, wie ihm ge¬ schah, daß er zu Jesus kam. Auch mochte als Schmach von den Genossen ihm zugerechnet werden, daß er des Nazareners Kreuz sich aufznladen genothigt worden. Und doch war Alles zugleich Werk der Gnade — wie oft und immerdar sich's wiederholt, wenn die Verkettung man¬ nigfacher Begebenheiten und Gewalt derBedrängniß von eigenem Wege uns ab — wir wissen nicht, wie uns ge¬ schehen — zum Kreuze und zur demüthigen Nachfolge Christi gleichsam uns zwingt. Aber einmal die Hand an — 47 — diesem heiligen Kreuze, o ziehen wir sie nicht mehr zu¬ rück ! — Auch Sinwn von Cyrene gehört von diesem Augenblicke für immer zu den Erwählten des Herrn und seine Söhne waren ein Ruhm der apostolischen Kirche. Ungeduldig der Zögerung, stoßt dort im Bilde der rö¬ mische Tibiccn in seine Tuba. Er mahnt die Nächsten zum Ausbruche und kündet den Fernestehenden an, daß die düstere Procession noch auf dem Wege sei. Wir beten Dich an, o Christel nnd preisen Dich. D. Denn durch Dein heiliges Kreuz hast Du die Welt erlöset. Gedenke, du seiest jener Simon, der du, den Eitel¬ keiten der Welt und den Gelüsten deiner Sinne ganz ergeben, das dir anferlegte Kreuz nur dem Scheine nach, oder gar nur nothgedrungeu mit größter Unge¬ duld trägst. — Ach! erwache doch einmal, und erbarme dich über deinen so schwer beladenen Erlöser. — Nimm willig alles Kreuz und alle Drangsale an, welche dir von der väterlichen Hand deines Erlösers zugeschickt werden. — Nimm dir vor, alle Widerwärtigkeiten nicht nur mit Geduld zu ertragen, sondern auch deinem Gotte dafür zu danken. Bitte ihn also: O liebreichster Jesus! ich sage Dir Dank für so viele Gelegenheiten, die Du mir an die Hand gibst, etwas für Dich zu leiden, und für mich zu verdienen. — Ach, mein Gott! verleihe mir die Gnade, alles, was mir Widerwärtiges in diesem Leben begegnen wird, mit geduldigem Herzen zu ertragen, und dadurch der ewigen Freude theilhaftig zu werden. Gib, o Jesus! daß ich — 48 — hier mit Dir weine und leide, und also mit Dir in dem Himmel zu herrschen würdig werde. Vater unser. Gegrüßet seist. Ehre sei dem Vater. Erbarme Dich unser, o Herr! erbarme Dich unser. Sechste Station. Veronika reicht Jesu das Schwcißtuch. Die Begebenheit bei dieser Station und Erklärung des Bildes. »Zu Dir spricht mein Herz: Es sucht Dich mein Angesicht o Herr l Dein Antlitz suche ich.« Ps. 2K, 8. Unter den hohen Bogen des Gefängniß-Thores, welches das Thal Tyropöon abschließt, windet die Kreuzes-Pro¬ zession sich hindurch. Da in dem engen Durchgänge durch die Thorhallen derZug sich theilen und verringern mußte, ist es der schin e r zen r e ich e n Mutter mit Johannes und Maria, ihren Verwand¬ ten, wieder möglich geworden, in die Nähe des Heilandes zu kommen Doch die Schergen drängen sich noch inzwischen, ihr Opfer vor¬ wärts und die rauhen Steinstufcn hinabstoßend, und die nachfolgenden Leidträger haben somit Jesu, ihrer Liebe, nur Thränen zu bieten, keine Erleichterung. Da sieh! glücklicher ist in diesem Augenblicke Eine aus ven Frauen Jerusalems. Wie es ihr gelungen, so nahe, so unmittelbar vor den göttlichen Kreuzesträger zu kommen, weiß Er allein, welcher die Seinigcn in Gnade zu sich hinzieht, und Muth in die Ihn liebenden Seelen gießt „und schwache Hände stärkt und wankende Kniee festigt" (Js. 35, 3.). Seraphia — von dem Wunder, das ihr zu Theil ge- 49 — worden, in der christlichen Erinnerung Veronica genannt —Seraphia ist vor dem Herrn auf ihr Knie gesunken. Ihr reiches, faltiges Ge¬ wand verkündet Adel des Standes, wie des Antlitzes edle Züge Reinheit und Größe der Seele. Seraphia vernimmt nichts von den zornmüthigen Abmahnungen des Pharisäers. Des wilden Knechtes Hand, der eben zu einem Schlage mit dem Stricke ausholt, schreckt sie nicht. Ihre Lippen sind im Schmerze des Mitleides geöffnet. Groß und klar, voll von Trauer und von Andacht, bittend und anbetend ruht Seraphia's Auge einzig auf Jesus. Ihr Herz spricht zu Ihm; Ihn sucht ihr Angesicht, sucht nur — Sein Antlitz. Und dieß Antlitz? — Ach, es hat sich von denen „nicht abgewendet, welche es zer¬ schlagen, mißhandelt und verhöhnt haben" (Js. 50, 6.). Und darum wendet sich nun der Jüngerin dieß heilige Angesicht zu, von Blut und Schweiß bethaut, bleich und entstellt. Das hat Seraphia's Mitleid vorgesehen; d e m ü- t h ig und schücht e r n r e icht s i e d e m H e rrn ein Linnentuch dar, daß Er sich das Ant¬ litz a b t r o ckne. Diese barmherzige Hülfe weist Jesus nicht zurück. Er wird sein Angesicht in dieses Tuches Falten trocknen, kühlen und bergen; aber Er wird auch dieß Eine und einzige Mal seit den langen Stunden Seiner Leiden die Entäußerung aller Seiner göttlichen Macht unterbrechen, um der Liebe „ein Denkmal Seiner- Wunder" wunderbar zu hinterlassen — Sein Schmer¬ zensbild ganz und dauernd eingedrückt in das Schweißtuch, welches Er an Seraphia zurückgibt. So trägt dieß Tuch, noch bis heute aufbewahrt, das Bild des Herrn und ist die kostbarste Reliquie aus dem Kreuzwege und der ewige Ruhm der glaubensstarken Tochter Jerusalems, welche nun auch in dem Chore der Heiligen glückselig das An¬ gesicht ihres Meisters schaut, jenes Antlitz, in dessen Licht und Schönheit die „Engel zu blicken" ewig Verlangen 4 — 50 — tragen, welches alle Seligen selig macht nnd alle Himmel erleuchtet (Js. 60, 20.). Wir beten Dich an, o Christe! und Preisen Dich. k. Denn durch Dein heiliges Kreuz hast Du die Welt erlöset. Betrachte in diesem Tuche das heiligste Angesicht deines Erlösers. Liebe deinen Jesus, nnd durch die Liebe drücke sein Bilduiß in dein Herz ein. — O wie glücklich wärest du, wenn du mit dem Bildnisse Jesu im Herzen leben, und mit diesem Bildnisse in die Ewig¬ keit scheiden würdest! — Damit du dieser Gnade theil- haftig werdest, bitte deinen Gott, und sage: O mein schmerzhafter Jesus! ich bitte Dich, drücke in mein Herz das heiligste Bildniß Deines Angesichtes, ans daß ich ohne Unterlaß an Dich denke, Dein bit¬ terstes Leiden Tag und Nacht vor Augen habe, nnd meine Sünden beweine. — O Jesus! mit demSchmer- zensbrode will ich meine Seele speisen, und Thränen sollen ohne Anfhören aus meinen Augen fließen über meine großen Missethaten. Vater unser. Gegrüßet seist. Ehre sei dem Vater. Erbarme Dich unser, o Herr! erbarme Dich unser. Lesus Alt dss zweite Mal unter ÄM Nreu^e. — 51 — Siebente Station. Jesus fällt zum zweiten Male unter dem Kreuze. Die Begebenheit bei dieser Station und Erklärung des Bildes. »Hart lagert über mir Dein Zorn; alle Deine Wogen führest Du über mich dahin.« Ps. 87, 8. Noch wenige Schritte — und Jesus ist außer Sions Thoren. Und wie hatte Er sie geliebt „diese Thore Sions" (Ps. 86, 2^), wie so „gerne gesegnet ihre Kinder in ihnen" (Ps. 147, 13.)! Saust und milde, ein Frie¬ denskönig, so hatte, um die Weissagung zu erfüllen, Er noch vor wenigen Tagen die „Stadt Seines Heiligthu- mes" besucht, und war von Lobgesängen, vom Hostanna- Ruf begrüßt worden. Doch die „Stunde der Finsterniß" ward wieder siegreich über den kurzen, lichten Augenblick, während dessen Jerusalem zu erkeunen schien, „was zu seinem Frieden diente". — Sion stößt jetzt seinen Hei¬ land hinaus außer die Mauern der einst und bis nun so hochgeheiligten, Gott geweihten Stadt. Jerusalem hat seinen „Eck- und Grundstein verworfen". — O sieh! Er liegt hier auf der Erde, dieser „Fels und Hüter Israels" (I. Mos. 49, 24.), darniedergebrochen unter der Bürde Seines Kreuzes, und wäre es möglich, daß Gottes Hei¬ liger die Verwesung schaue, wohl für immer erdrückt und zermalmt von der Wucht äußerer und innerer Leiden. Jesus, mit den Sünden Seines Volkes, wie mit denen der ganzen Welt beladen, liegt am Boden. Zorngereizt scheinen die Männer der Synagoge Ihn zu lästern, daß Er so den Augenblick verzögere, da Er am Kreuze blutend ihrer Augen Weioe werde! Welche Verwünschung tönt aus dem Munde jenes üppigen Sadducäers, der mit erhobenem Arme und gerunzelterStirne seinenUnmuth aus drückt, auch wohl seine Furcht, es könnte mit dem Kreuzträger jetzt schon zu Ende gehen. Aehnlich fragen 4* — 52 — seine finsteren Genossen, was wohl zu thun wäre, wenn es den Henkern nicht mehr gelänge, den Nazarener em¬ porzuheben und zur Vollendung Seines Schmerzensweges zu zwingen? — Wie sie so ruhig hinschreiten die römi¬ schen Krieger der den Todesgang des Herrn geleitenden Cohorte! Wenig bekümmert um dasjenige, was um sie vorgeht, folgen sie streng und kalt dem eisernen Gehor¬ same. Und ein mächtiger Gebieter wird nach Kurzem sie rufen, diese Soldaten Roms — zu Vollstreckern Seiner Gerichte über Juda und Jerusalem. Mit eben dieser stolzen Zuversicht werden sie ihre Waffen gegen diese Mauern, Thore und Paläste wenden, um daran keinen Stein auf dem andern zu lassen. Wer ahnte aber an jenem Tage der Sünde Jerusalems den Tag, den nahen Tag des Zornes? Vielleicht jener ernste Mann und sein jugendlicher Gefährte, der an ihn sich schmiegt? Traurig sehen sie von der Balu¬ strade des Thor Weges aus die düstere Scene nieder, heimliche Freunde wohl und Jünger des Herrn. So stand einst auch Jeremias mit Baruch an dem Thore des Hauses des Herrn (Jerem. 7, 4.), klagend über Juda's Herzenshärte und ein Bote seiner Bestrafung, die, gleich der damaligen Sündenschuld Je¬ rusalems, noch erträglich war, im Verhältnisse zu diesem Frevel an dem Heiligsten und zu dem Gerichte, welches nun darob bevorstand. Wir beten Dich an, o Christel und preisen Dich. H. Denn durch Dein heiliges Kreuz hast Du die Welt erlöset. Betrachte, wie Jesus, dein Gott und Herr, ans der Erde liegt, entkräftet von Schmerzen, gepeinigt, ver¬ spottet und verlacht von seinen Feinden. — Gedenke, daß dein Hochmuth Jesum erniedriget und zur Erde geworfen hat. Dein Ehrgeiz ist es, den Er nicht er- — 53 — tragen kann. — Ach! so laß denn deinen Hochmuth fahren. — Bereue das Begangene, und nimm dir vor, künftig demüthiger zn sein. Sage mit schmerzerfülltem Herzen: O gebenedeitester Erlöser! ich sehe Dich zwar auf der Erde ausgestreckt, dennoch bete ich Dich an als meinen allmächtigen, ewigen Gott. — Ich bitte Dich, vernichte meinen Hochmuth, verbanne aus meinem Herzen allen Ehrgeiz, auf daß ich mein Elend erkenne, jede Verachtung mit jener Demnth annehme, die Dir so wohlgefällig ist, und dadurch das Glück erlange, Deinen so harten Fall zn erleichtern, und mit Dir in dem Pa¬ radiese erhöhet zu werden. Vater unser. Gegrüßet seist. Ehre sei dem Vater. Erbarme Dich unser, o Herr! erbarme Dich unser. Achte Station. Jesus tröstet die Frauen von Jerusalem. Die Begebenheit bei dieser Station und Erklärung des Bildes. »Zur Erde senken ihr Haupt die Töchter Jerusalems.« Klagelied 2, >0. „ Eine Schaar des Volkes folgte Jesu nach, darunter „auch Frauen, welche um Ihn jammerten und weinten. „Und Jesus wendete sich zu ihnen und sprach: Töchter „Jerusalems! nicht über mich weinet, sondern weinet über „euch und euere Kinder. Denn Tage werden kommen, „da man rufen wird: Selig die, welche nicht geboren „haben! Und zu den Bergen wird mau schreien: Fallet „über uns! und zu den Hügeln: Bedecket uns! Denn A«s dtAG«!. merrmttzr« TWer« Ie«sÄe«« ^esus eencoetee !es si!!e5^ ! ^esus.ks msi t» tke »eepm^ plsueLntss öe ^eeusL!em. llkmAtees of ^eeesL^em . "56 —- blicke der grausamen Marter, welche Er leidet, noch so hartherzig und verstockt sein? — Sieh! Jesus ist mild und liebreich gegen jene armen Frauen; so faße denn Vertrauen zu Ihm, und seufze mit zerknirschtem Herzen: O mein allerliebster Jesus! ach! warum zerfließt nicht mein Herz vor Leid und Schmerz? — Ach! um Thränen bitte ich Dich, o Jesus! nm Thränen wahrer Buße und herzlichen Mitleides, damit ich mit Thränen in den Augen und mit bußfertigem Herzen jener Gnade würdig werde, die Du den betrübten Frauen erwiesen hast. Ach! verleihe mir den Trost, daß ich, von Deinen mildreichen Augen in diesem Jammerthale angesehen, Dich in der Sterbestunde getröstet ansehen möge! Vater unser. Gegrüßet seist. Ehre sei dem Vater. Erbarme Dich unser, o Herr! erbarme Dich unser. Nennte Station. Jesus fällt zum dritten Male unter dem Kreuze. Die Begebenheit bei dieser Station und Erklärung des Bildes. »Riedcrgeworfen haben mich meine Feinde, zertreten den ganzen Tag hindurch.« Ps. ss, 2. — ,,^u den Bergen erhebe ich meine Augen, zu den Bergen, von denen Hülfe mir kömmt" (Ps. 120, 1.). So tröstete sich der Psalmist im Hinblicke auf Sions gottbrgnadigte Höhe. Auch wir wiederholen diesen Lob¬ gesang mit ihm. Denn dieser Berg, zu welchem wir jetzt unser Auge erheben, ist es wahrhaft, von welchem Hülfe uns kam — Heil und Erlösung. Es ist Kalvaria — die Stätte des Opfertodes unseres Herrn. Kahl, ohne Baum Zrsus Wt Las drüteKat unter dem ÄreM. ^lesus wmbe >L rmlsleme sol: sous'lL cmlx^ ^lesus Al: tlie tliA time uncke: ijie c^ol's . — 57 — und Strauch schaut er uns entgegen, eine Felsenbasis für den Hvch-Mtar des Kreuzes; und dennoch wird es der „Berg der Myrrhe und der Hügel des Weihrauches" (Hohelied 4, 6.), zu welchem die Liebe der erlösten Seele in Geist und Andacht wallfahrtet, bis „der Tag sich kühlt und die Schatten sich neigen" — und für ewig Er ge¬ funden ist, welchen unsere Seele liebt. — Wußte dieß der göttliche Krcuzesträger nicht, daß Er gerade am Fuße des Kalvarienberges, gleichsam an der Stufe Seines Opfer-Altares, noch einmal 411 Boden sinkt unter die Füße Seiner Peiniger? Hatte das Herz des Mittlers sich nicht gesehnet, für uns zu sterben, und am Kreuze erhöht, uns Alle an sich zu ziehen? — Und sieh, Sein Fuß tragt Ihn nicht mehr weiter; wilde Hände zerren und ziehen an Ihm, welcher wie be¬ graben liegt unter Seinem Kreuze! — Welche Last von Leiden muß es gewesen sein, durch welche die Liebe noch überwältigt ward im Angesichte des Gegen¬ standes ihrer heißesten Sehnsucht! Jetzt erst wandelt die erbitterten Feinde Christi Grauen an, und mit Angst und Zorn weisen sie nach der Höhe: Nur noch bis dorthin, Jesus von Nazareth, lebe und dauere aus; dann ist Deine Qual zu Ende und unserem Begehren genug gethan! — Wie anders war es mit dem jugend¬ lichen Isaak, als dieser an des Vaters Seite die Höhe derselben Hügelkette um Jerusalem, die Höhe Moria, er¬ stieg (I. Mos 22, 1. ff.). Auch er schien zu einem ge- heimnißvollen Opfer erkoren; aber nur der Vater wußte um das schmerzliche Geheimniß. Auch aufIsaak war, zum Vorbilde des kreuztragenden Heilandes, das Holz zum Brandopfcr gelegt; doch trug es Isaak ohne Angst und Schmerz. In unbefangener Freude eines nahen Opfer- Festes wandelte er ruhig an der Hand des Patriarchen. Jenes Opfer Abrahams auf Moria durfte nicht vollbracht werden. Dort genügte der Wille und der erhabene Zweck, unerfülltes Vorbild zu sein sür das Opfer von Gottes — 59 — Gott nicht deine Thronen? - Ach! wache auf, und sage weinend zn Ihm: O allmächtiger Gott! der Du Himmel und Erde mit einem Finger hältst, wer hat Dich so grausam zu Boden geworfen? Ach! Niemand Anderer als mein Rückfall in die vorigen Sünden und Laster. — Sünden über Sünden hat meine Bosheit angehänft, und dadurch Deine Pein vermehrt. — Aber sieh, o Jesus! vor Deinen Füßen liege ich mit zerknirschtem Herzen, und bin fest entschlossen, meiner Bosheit ein Ende zn machen. Mit Seufzen und Thränen in den Augen will ich rufen, und versprechen tausend und tausendmal: Nimmermehr will ich sündigen, o mein Gott! nimmermehr, nimmer¬ mehr ! Vater unser. Gegrüßet seist. Ehre sei dem Vater. Erbarme Dich unser, o Herr! erbarme Dich unser. Zehnte Station. Jesus wird entblößt und mit Galle getränkt. - Die Begebenheit bei dieser Station und Erklärung des Bildes. »Angesichts Deiner, o Gott! sind alle, welche mich bedrängen; Schmach gewärtiget mein Herz und Elend.« Ps. 68, 2l. Utorre, wie die voranstehende Klage aus dem propheti¬ schen Psalme, Worte des tiefsten Schmerzens sind es, welche in diesem Bilde die leise geöffneten Lippen des Erlösers hauchen. Jesus steht auf der Höbe von Golgatha. Das Kreuz am Boden und darneben der Karst, mit welchem die Grube, um es aufzustellcn, gegraben — 59 — Gott nicht deine Thronen? - Ach! wache auf, und sage weinend zn Ihm: O allmächtiger Gott! der Du Himmel und Erde mit einem Finger hältst, wer hat Dich so grausam zu Boden geworfen? Ach! Niemand Anderer als mein Rückfall in die vorigen Sünden und Laster. — Sünden über Sünden hat meine Bosheit angehänft, und dadurch Deine Pein vermehrt. — Aber sieh, o Jesus! vor Deinen Füßen liege ich mit zerknirschtem Herzen, und bin fest entschlossen, meiner Bosheit ein Ende zn machen. Mit Seufzen und Thränen in den Augen will ich rufen, und versprechen tausend und tausendmal: Nimmermehr will ich sündigen, o mein Gott! nimmermehr, nimmer¬ mehr ! Vater unser. Gegrüßet seist. Ehre sei dem Vater. Erbarme Dich unser, o Herr! erbarme Dich unser. Zehnte Station. Jesus wird entblößt und mit Galle getränkt. - Die Begebenheit bei dieser Station und Erklärung des Bildes. »Angesichts Deiner, o Gott! sind alle, welche mich bedrängen; Schmach gewärtiget mein Herz und Elend.« Ps. 68, 2l. Utorre, wie die voranstehende Klage aus dem propheti¬ schen Psalme, Worte des tiefsten Schmerzens sind es, welche in diesem Bilde die leise geöffneten Lippen des Erlösers hauchen. Jesus steht auf der Höbe von Golgatha. Das Kreuz am Boden und darneben der Karst, mit welchem die Grube, um es aufzustellcn, gegraben — 60 — worden, zeigen genugsam an: Alles sei vorbereitet, damit unverzögert das schauerliche Werk der Annagelung nun geschehen könne. Nur Eines übrigt noch vorher: in Schmach und Pein der Entblößung soll der Gekreuzigte sterben, und deßhalb vor der Niederlegung auf das Mar- terholz Seiner Kleider beraubt werden. In dieser unaussprechlichen Bedrängniß ist Je¬ sus hier vor unseren Augen. Warum zerren die Henker so mühselig das Unterkleid von dem heiligen Leibe des Herrn? Ach! die tausend Wunden, welche die Geißlung Ihm geschlagen und die während des Kreuz¬ weges durch die Ficbergluth der Schmerzen zu erdorren angefangen, sie haben Faden an Faden das Gewand des Herrn an sich gesogen und halten es fest; so fest, daß das Kleid, gewaltsam herabgerisfen, wieder die entsetzlichen Wunden seiner Seits aufreißt, und sie alle von Neuem quellen macht in Strömen purpurnen Blutes. Jesus be¬ hält so nur Ein Gewand — nur Ein hohepriesterliches Kleid will Er an dem großen Sühne-Tage tragen — das Blut seiner Wunden. So steht der Hohepriester des neuen Bundes vor dem Angesichte des Vaters — außen bedeckt mit dem grellen Scharlachrotste unserer Sünden; innen aber in der Unschuld Seiner Seele weiß wie der Schnee (Is. 1, 18.). In diesem Bewußtsein blickt der Herr zu dem ewigen Vater empor, eingedenk dessen, was Er für die Menschen gethan zu aller Zeit kraft Seines unvordenklichen Opferwillens, und betend, daß zum Segen und nickt zum Fluche werde für uns, was Menschen jetzt an Ihm thun, an Ihm, dem Reinsten und Allhei¬ ligen. Und Er, der die Himmel gekleidet hat Stern an Stern, und die Erde schmückt mit wunderbarer Pracht — Er steht vor dem Kreuze so arm und nackt, zitternd in unnennbarer Pein und Schmach. Dahin hat „den Herrn der Herrlichkeit" der Rathschluß Seiner Selbstentäußerung geführt, daß in Ihm die Gewalt der Sünde endigte eben darin, worin sie zuerst offenbar geworden — in dem NesNS nnrö seiner REeiöer derZmdt. ^6508 68t, (jepouille c!e 868 I ^68U8 >8 8t,s'ips)6c! os ^8 ötsme^. ! ^LI"M6Nt,8. — 61 — Schmerzgefühle der Entblößung (I. Mos. 3, 10.). — Wie der Heiland selber an diesem Tage „den Gottlosen der Erde" zur Beute geworden, so ist auch Sein letztes Besitzthum, was selbst der Aermte noch hat, wenn er vor den Menschen wandelt, von Ihm genommen, weggc- rissen mit Schmerz und Hohn und dahingegeben den Starken und Gewaltthätigen. Buchstäblich wird die Weis¬ sagung ersüllt: „Sie haben meine Kleider unter sich ge- theilt und über mein Gewand das Loos geworfen " Ueber das ungenähte, untheilbare Oberkleid wür¬ feln die Kriegsknechte (Joh. 19, 24.). — Betrübt den Soldaten, der das heilige Kleid mit beiden Händen hält, der glückliche Wurf des Genossen? ist's Habsucht oder Ehrfurcht, was es ihm schwer macht, dieß theuere Pfand wegzugeben — dieses Sinnbilo einer unzertrenn¬ lichen Einheit, die mächtiger binden wird, als das Schwert der weltherrschenden Roma? Hart neben dem Kreuze sitzend, erfüllt ein Jüngling noch sein eigenthümlich Amt. Sorglich gießt er den MyKhenessig in den Becher, um den betäubenden Trank zu credenzen unmittelbar vor dem Augenblicke, in welchem die herbe Qual der Annagelung beginnen soll. Wir beten Dich an, o Christel und Preisen Dich. Denn durch Dein heiliges Kreuz hast Du die Welt erlöset. Betrachte, o Seele! wie dein Jesus, äußerlich ganz zerfleischt und zerrissen, innerlich mit bitterer Galle ge- peiniget wird. Sieh, wie Er durch Seine Blöße deine Unehrbarkeit in Gedanken, Worten und Werken, deine Eitelkeit in der Kleidung, und durch die Bitterkeit der Galle deine Unmäßigkeit in Speise und Trank abbüßt! Kannst du vielleicht deinen Jesus ohne Mitleid an- sckauen? Ach! wirf dich nieder zu den Füßen des ent¬ blößten Jesus, und sage zu Ihm: — 62 — O betrübtester Jesus! welch' ein Unterschied ist zwischen mir und Dir! Du bist voll Wunden und Bit¬ terkeit, und mit Blut überronnen; ich hingegen bin voll der Eitelkeit, voll der Freuden und Süßigkeiten dieser Welt, wenigstens verlange ich so sehr darnach. — Ach! ich wandle nicht den rechten Pfad und gehe irre. O Jesus! leite mich zum rechten Wege. Mache, daß mir die Freuden dieses Lebens bitter werden, damit in mir die Begierde entstehe, an Deinen Leiden Antheil zu nehme», und ich so würdig werde, mit Dir die ewigen Freuden zu genießen. Vater unser. Gegrüßet seist. Ehre sei dem Vater. Erbarme Dich unser, o Herr! erbarme Dich unser. EilsLe Station. Jesus wird an s Kreuz geheftet. Die Begebenheit bei dieser Station und Erklärung des Bildes. »Dich leide i-b ohne Unrecht meiner Hand, und rein zu Gott hinauf mein Gebet!« Job ib, 18. — „Und als sie an den Ort gekommen, welcher Kal- varia genannt ist, da kreuzigten sie Ihn" (Luk. 23, 33.). — Jesus ist niedergelegt auf den Stamm des Kreuzes. Das Opferlamm für die Sünden der Welt ruht auf dem Altäre — und begonnen hat dessen schauerliche Schlach¬ tung. Nicht einfachen Tod will mein Erlöser für mich sterben, sondern einen Tod, welcher die Pein und die Dauer tausendfacher Todesnoth umfaßt. Wohl hat den Mittler unseres Heils die Bosheit der Menschen an das Kreuz gebracht (Apg. 4, 10.), aber dennoch nicht ohne I«W WM M's Srrrtz SermKkÜ. est c!oue L !s. cmix ! ^esus >s N3.!!sl! to ike und nicht wider die Macht Seines Liebeswillens, in wel¬ chem Er Sich Selber hingegeben der Bitterkeit solchen Todes, damit wir Leben, ewiges Leben empfingen durch Ihn (Zoh. 10, 10.). Sieh, das Geheimniß der frei¬ willig sich opfernden Liebe verkündet im Au¬ genblicke herbster Qual das heiligste Antlitz des Erlösers. Schauerlich, Mark und Gebein der Hörer erschütternd, klingen die ersten Hammerschläge der Kreuzigung — aber Heller als sie, wenn auch nur von dem Vater im Himmel und von den Engeln vernommen, ertönt aus dem Herzen des Herrn und hinein in die Himmel die Stimme Seines Opfergebetes: „Vater! Ich heilige Mich für sie, welche Du Mir gegeben hast, auf daß auch sie geheiligt seien in der Wahrheit" (ebend. 17, 19.). Ein Strom von Blut entquillt der durchbohrten Hand des Heilandes, und tiefer, immer tiefer wird der gräßliche Nagel eindringen. Von erbarmungsloser Faust geschwungen, schlägt der Hammer fort und fort, und so werden Hand nach Hand und Fuß nach Fuß angeheftet, bis sie quellen die heiligen Wunden, die Quellbronnen unserer Erlösung, bis die Erde sich satt trinkt in unschuldigem Blute, bis unter solchem Thaue die Felsen sich erweichen und die Berge zerfließen (Zs- 64, 1.) — und nur Eines auf Erden noch hart und starr bleiben kann — ein hochmüthiges, ein glaubensloses Men- schenberz! — Wahrhaft! besser hätte diese entsetzliche Möglichkeit des Menschenherzens, gegen alle Gnade sich zu verhärten, nicht gesinnbildet werden können, als in jenen Männern der Synagoge dort zu Häup- ten des Erlösers, die sich eben über den Wortlaut der Kreuzes-Inschrift, wie die Ordonanzen des Pilatus selbe ihnen überbracht haben, ereifern. „Jesus von Naza¬ reth, der König der Juden", ruft der Eine mit unverkenn¬ barer Entrüstung, — „Dieser, unser König? Er, welchen wir an's Kreuz heften? Er, jeder Macht beraubt, der Mann der Verachtung und der Marter? Er sollte unser — 64 — König sein, der uns Freiheit erkämpfte, unseres Davids Thron aufrichtetc und uns zum Stolze der Nationen machte?" — Ja und Amen! Es ist so. Vom Holze des Kreuzes wird der Herr als König herrschen; diese durch¬ bohrten Hände werden uns die Freiheit der Kinder Gottes geben. Diese mit Eiseunägeln gefesteten Füße werden zu glorreichem Siege schreiten und dem Gekreuzigten wird ein Name werden, in welchem alle Kniee sich beugen (Phil. 2, lv.). — Aber für die Heiligen des Herrn hatte jener Augenblick Seiner Kreuzigung nur die Fülle des Mitleideus und der Trauer, in welcher sic der Seele nach mitgekreuzigt worden mit Jesus, ihrer Liebe. — Auf¬ recht steht die hochgebe uedeite, schmerzen¬ reiche Mutter Maria; stärker als Hagar, die den Sohn nicht wollte sterben sehen (I. Mos. 21, 16.), ruft sie zum Himmel — um Trost für Jesus, um Gnade für uns. Das ist wohl auch das Angst-Gebet des Johannes, während Maria Magdalena in die Kniee gesunken ist, und, wie Maria Kleophä, den furchtbaren Ton des Hammers nicht mehr hören kann und daher die Ohren bedeckt — den Klang, welcher wie ein Donner des Gerichtes das Andenken an ihre Sünden ihr wach ruft, und an die Schrecken des Gerichtes, welches nun der Sohn Gottes auf Sich genommen, auf daß es uns nicht zermalme, sondern in den Wunden des zarten Frohnleichnams seine Pfeile umwandle in Strahlen des Lichtes und des Heiles für Alle, die zu Ihm emporblicken. Wir beten Dich an, o Christel und preisen Dich. lzl. Denn durch Dein heiliges Kreuz hast Du die Welt erlöset. Betrachte die unbeschreiblichen Schmerzen, welche der gütigste Jesus empfunden, da sein Fleisch und Ge¬ bein, Seine Nerven und Sehnen an Händen und Füßen m — 65 — mit Nägeln so unmenschlich durchbohrt wurden! — Woher kommt es, daß dein Herz nicht bricht vor Schmerz beim Anblicke solcher Pein und Marter, die deine Sünden verursacht haben? — Wenigstens jetzt laß deine Thränen fließen; bereue deine Sünden, und sprich: O gütigster, für mich gekreuzigter Jesus! erfülle und durchdringe mein steinhartes Herz mit heiliger Furcht und Liebe zu Dir. — Und da meine Sünden jene Nägel sind, die Dich so grausam an das Kreuz ge¬ heftet haben, so erwecke in mir eine wahre und innige Reue, durch welche alle meine bösen Begierden an dieses Kreuz angeschlagen und getödtet werden, damit ich, im Leben und Sterben mit Dir gekreuziget, im Himmel mit Dir ewig herrschen möge. Vater unser. Gegrüßet seist. Ehre sei dem Vater. Erbarme Dich unser, o Herr! erbarme Dich unser. Zwölfte Station. Jesus wird am Kreuze erhöhet und stirbt. Die Begebenheit bei dieser Station und Erklärung des Bildes. »Und sic werden aufschauen zu ihm, welchen sic durch¬ bohrt haben.« Zachar. 12, lv. „Es ist vollbracht!" Vollendet ist das Mysterium der erlösenden Liebe. Jesus hat mit geneigtem Haupte Seinen Geist in des Vaters Hände befohlen und ausgehaucht. Vollbracht ist, was die Welt Furchtbares wagen, was die Gerechtigkeit Strengstes fordern, was die Liebe Reichstes bieten konnte -- der Opfertod des Gott-Menschen. Ja, der — 66 - Tod beginnt eben an dem zarten Frohnleichnam sein stilles, schauerliches Wirken — ein Wirken, welches er freilich an dieser seiner hochgeheiligten Beute nur beginnen, nicht aber fortsetzen und vollenden darf. Denn „nimmer wird Gottes Heiliger die Verwesung schauen" (Apg. 2, 27.). Darum senken sich wohl die heiligen Glieder, so weit die straffe Spannung nach den Kreuzesnägeln hin es gestattet, in die Ruhe des Todes nieder. Der grimme Schmerz hat ausgetobt; das Blut aus den heiligen Wunden träufelt still und stiller, und aus der offenen Seitenwunde perlet nur mehr Wasser und Blut. — Der Herr des Lebens, das Leben selber gab, was es für uns dem Tode zu be¬ zahlen freiwillig übernommen — den letzten Tropfen aus des Lebens Quelle, Seines Herzens Blut. — Aber blicken wir wieder hin auf unseren Heiland am Kreuze! Noch sind die Finsternisse über Kalvaria und Jerusalem, ja über die gesammte Schöpfung hin ausgebreitet. Glanzlos trauern die Heerschaaren des Himmels, die Gestirne, um ihren Schöpfer und Herrn. Die Schauer, welche den Erdboden durchschütterten beim Todes-Rufe des Gott- Menschen, sind noch nicht beruhigt; denn die Menge der Neugierigen flieht bestürzt den Thoren Jerusalems zu. — Nur noch die Wache hält aus; und die schmerzenreiche Mutter mit Johannes und die heiligen Frauen sind die Standhaften und Getreuen, welche das Geheimniß des Todes Jesu in tiefster Andacht betrachten, anbeten und mit frömmsten Thränen beweinen, ganz unzertrennlich von dem Kreuze, an welchem Jesus, ihre Liebe, ihr höchstes Gut, ihnen vor Augen ist. — Auch der Hauptmann, zur Linken des Kreuzes, dieser furchtlose, gewaltige Kriegsmann, ist von wunderbarer Gewalt besiegt. — Er gibt Gott die Ehre und spricht (wie mit zum Schwure erhobener Hand): „Wahrlich, dieser ist Gottes Sohn!" (Mark. 15, 39.) — Doch die Herrlichkeit des Triumphes, welcher in dein Tode Christi über den Tod errungen ward, beurkunden — 67 — noch deutlicher die geöffneten Gräber und die aus ihnen aufsteigenden, wiederbelebten Tobten. Boten aus dem Reiche der Schatten, Zeugen für die Ankunft des Befreiers in der Vorhölle, wo die Heiligen lange und sehnlich Seiner gewartet; als solche schweben sie hin zu der heiligen Stadt, und sie werden Vielen erscheinen, um mit ihnen von den Wegen der gött¬ lichen Barmherzigkeit zu sprechen. — Himmel und Erbe und Unterwelt mithin vereinigen ihr Zeugniß sür die Wahrheit, welche das Heil Aller in sich beschließt: „Daß »Jesus für Alle gestorben ist, damit wir nicht uns leben, „sondern Ihm, welcher für uns gestorben und von dem „Tode auferstanden ist, unserm Herrn Jesus Christus" (II. Cor. 5, 15 ). Wir beten Dich an, o Christe! und preisen Dich. H. Denn durch Dein heiliges Kreuz hast Du die Welt erlöset. Hebe allda empor deine Augen, und betrachte deinen mit Nägeln an das Kreuz gehefteten Jesus. Sieh! Sein göttliches Angesicht ist ganz erbleicht. — Höre, wie Er bittet für die, welche Ihn beleidigen, wie Er dem Schächer das Paradies verspricht, wie Er dem Johannes Seine thenerste Mutter übergibt, wie Er Seine Seele dem himmlischen Vater befiehlt, — siehe! wie Er endlich stirbt mit geneigtem Haupte! — So ist denu mein Jesus gestorben? — Ja, Er ist gestorben am Kreuze, und zwar — für mich! — O meine Seele! was willst du jetzt thun? — Ach! gehe nicht von dannen, als nur mit reuevollem und zerknirschtem Herzen. Umarme das Kreuz, und seufze zu Jesus: O allerliebster Heiland! ich gestehe und bekenne, daß meine Sünden die wüthenden Henker sind, welche 5* — 68 — Dich so grausam getödtet haben. — Ich bin keiner Gnade würdig, nachdem ich Dich gekreuziget habe. — Aber wie getröstet ist meine Seele, da ich Dich auch für jene bitten höre, die Dich gekreuziget haben! — Was soll ich nun für Dich thnn, nachdem Dn so vieles für mich gethan hast? — Sieh, o Jesus! ich bin bereit, Allen zu vergeben, die mich jemals beleidiget haben. Ja, mein Gott! aus Liebe zu Dir verzeihe ich Allen; ich umarme sie mit aufrichtigem Herzen und wünsche ihnen alles Gute. Und darum hoffe ich, in meiner Sterbestunde von Dir die trostvollen Worte zu hören: Heute wirst du mit mir im Paradiese sein. Vater unser. Gegrüßet seist. Ehre sei dem Vater. Erbarme Dich unser, o Herr! erbarme Dich unser. Dreizehnte Station. Jesus wird vom Kreuze abgenoinmen und in den Schoß Seiner Mntter gelegt. Die Begebenheit bei dieser Station und Erklärung des Bildes. -Mein Schmerz, mehr als Schmerz ist es, und mein Herz ist in mir gar traurig.« Jerem. 8, 18. Die Finsterniß, welche die drei Stunden des Kreu¬ zesleidens Jesu hindurch war über dieses allerheiligste Opfer ausgebreitet gewesen, ist wieder dem Lichte der Sonne gewichen. Cs ist die Nachmittagssonne des großen Rüsttages der Ostern; klar und friedlich leuchtet sie auf die heilige Gruppe nieder, welche den übrigens schon ver¬ einsamten Kalvarienberg noch belebt. Ein Werk ehrwür¬ diger Frömmigkeit hat begonnen: die letzten Dienste der ° s^oss Slst mosz u«op ugvM S! sssss' xmss sp g^sxpsp ^sz SNA! - mmmUlEqrrrh uwa yrM SE^ mx — 69 — Liebe werden dem hohen Tobten von Seinen Freunden erwiesen. Joseph von Ärimathäa ist nach dem Verscheiden des Herrn unerschrocken zu Pilatus gegangen, ihn zu bitten um den Leichnam Jesu. Pilatus, von dem Haupt¬ manne über den wirklich schon erfolgten Tod Jesu un¬ terrichtet, schenkte dem Bittenden den Leichnam zur Ab¬ nahme von dem Kreuze — und Joseph von Ärimathäa ist nun mit Nikodemus, seinem Freunde und heimlichen Mitjünger, wieder hinausgegangen nach Kalvaria und zur schmerzenreichen Mutter, und schon sehen wir — ist die Kreuz es abnahme geschehen. Mit Schmerz und Ehr¬ furcht zeigt Joseph dem Freunde die großen Nägel, die Marterwerkzeuge, so schrecklich und doch jetzt ein so heiliges Denkmal unserer Erlösung. Auch die Dor¬ nenkrone ist schon abgenomuien und liegt auf der Tafel der Kreuzes-Inschrift. Der heilige Leichnam hat die erste Pflege liebender, wenn auch in Schmerz bebender Hand empfangen. — Und nun mit den offenen Wundmalen — ehe sie Ihn zu Grabe tragen — ruht Jesus auf dem Schooße der reinsten, der heiligenM utter. — Jetzt erst ist er ihr ein „Benoni" geworden, ihr Schmer¬ zenssohn (I. Mos. 35,18.), und es ist mehr als Schmerz, was Mariens Seele durchschneidet; denn auch derjenige, über dessen Leichnam ihre Mutterthränen niederrieseln, ist mehr, als ein Mensch und Seiner Mutter Sohn; Er ist zugleich Gottes Sohn und himmlischer Bräutigam, König und Herr. So viel hatte noch keine Mutter auf Erden zu eigen gehabt; so viel auch keine auf Erden beweint. Den Leiden Jesu, Seinen Wunden, welche ihr Auge nun alle so nahe, so zahllos erblickt, fließen der heiligen Jung¬ frau Thränen; und Johannes blickt so schmerz¬ lich fragend auf: ob die Mutter, nun durch Jesu Testament auch seine Mutter, weine über den Tobten, wie man weinet „um den Tod des Eingebornen" (Zach. 12, 10.), oder ob der Trost der Auferstehungshoffnung durch die Trauer der Gebenedeiten hindurchleuchte? Aber — 70 — Maria sieht jetzt nur Jesum, den geopferten und in den Tod gegebenen Sohn; das Gehennniß des Schmerzens fesselt allein ihre heilige Seele. Und dennoch sieh! — die Gefährtinnen der gebenedeiten Jungfrau, sie fühlen es, daß sie ihr Leid nicht besser ausweinen können, als recht nahe bei Maria, der Schmerzenreichsten unter ihnen Allen. Maria von Magdalum beugt ihr Antlitz auf das Knie der Gottesmutter; Maria Kleophä schmiegt sich an Maria's Seite, nnv Salome mit dem Balsam-Gefäße will auch so nahe bleiben, als es möglich ist. — Wie selig war die Weihnacht, als das göttliche Kind zum ersten Male in der jungfräulichen Mutter Armen lag; wie so ernst ist dieser Abend, da man den hehren Sohn — da man den Frohnleichnam wieder, auf der Mutter Schooße ruhen läßt! Aber es war ja nur Weih¬ nacht geworden, damit es Charfreitag werden konnte — Gottes Sohn ward Mensch, um für die Menschen zu sterben. Wir beten Dich an, o Christel und preisen Dich. D. Denn durch Dein heiliges Kreuz hast Du die Welt erlöset. Betrachte, wie schneidend das Schwert war, welches das Herz der betrübtesten Mutter Maria durchstochen, als sie ihren göttlichen Sohn in ihre Arme empfangen hat. — Sie sah Ihn voll Wunden und ganz zerfleischt. O! welchen Schmerz hat ihr zartes Herz empfunden! — Allein, welches Schwert war so scharf, daß es ihr Herz durchbohrte? Ach! die Sunde war es, welche Jesu das Leben genommen, und das Herz Seiner Mutter so schmerzhaft verwundet hat. — Beweine denn die fluchwürdige Sünde; vereinige deine Thränen mit den Thränen der betrübtesten Mutter, und seufze zu ihr also: — 71 — O Königin der Märtyrer! wann werde ich im Stande sein, zn begreifen Deine übergroße Pein nnd Deine Schmerzen? Wann werde ich die Gnade erlangen, sie allezeit in meinem Herzen zu tragen, und mit Dir zu leiden? — O große Fran! verleihe, daß ich Tag und Nacht meine Mißethaten beweine, welche Deinem Herzen so heftige Pein und Schmerzen verursacht haben, damit ich also weinen, in Hoffnung und Liebe für Dich sterben und nach dem Tode ewiglich mir Dir leben möge. Vater unser. Gegrüßet seist. Ehre sei dem Vater. Erbarme Dich unser, o Herr! erbarme Dich unser. Vierzehnte Station. Jesns wird in das Grab gelegt. Die Begebenheit bei dieser Station und Erklärung des Bildes. »Und Sein Grab wird glorreich sein.« Is. 5Z. 9. Asus, im Leben arm, ist im Tode reich. Joseph von Arimathäa, ein reicher Mann, hatte freigebig Linnen, Spezerei, Myrrhe und Aloe, wie zu königlichem Begräb¬ nisse, gegeben. Ein neues, in Felsen gehauenes Grab — die „Grabstätte eines Reichen" — mitten in lieblichem Garten, nimmt den Leichnam dessen auf, welchem einst als neugebornes Kindlein nur die Krippe eines Stalles das erste Bett gewesen war. Zwei vornehme Männer aus dem hohen Rache erzeigen ehrfurchtsvoll die letzten Lie¬ besdienste dem Sohne Mariens. — Ein stiller Friede, wie Hauch der Gnade, liegt über der abendlichen Gegend, die in der Ferne noch auf das Kreuz auf Golgatha hinaus- — 72 — blicken läßt; — es ist, als wollten Erde und Menschen anfangen, an dem Tobten die Härte gut zu machen, mit welcher sie dem Lebenden begegnet. Bitter doch ist das Scheiden denen, welche Iesum so innig geliebt. Seine Auferstehung, Seine Glorie ist der Gegenstand ihres Glau¬ bens; jedoch ihr liebliches Auge steht eben nur die hehre Gestalt des Todes; ihre Empfindung beherrscht der Schmerz des Abschiedes, und das Dunkel des offenen Grabes, in welches man den Leichnam trägt, ist traurig und rätsel¬ haft genug, um für diesen Augenblick die Schleier der Wehmuth und tiefster Betrübniß über das Licht der Ver¬ heißung und des Glaubens zu ziehen. Ruhig ist, wenn auch unverkennbar innig, der Schmerzensaus- druck in dem Antlitze des Johannes. Eine Gnade stärkt ihn, neu, wie die Würde, für welche sie ihm verliehen worden. Er ist Sohn Mariens geworden durch Jesu Te¬ stament; Sohn Mariens, ihre Stütze, ihr Tröster, weil und seitdem der Herr auf immer Seine sichtbare Gegen¬ wart auf Erden abgeschlossen hat. Wie demüthig, wie ge¬ horsam ehrt die gebenedeite Jungfrau den letzten Willen des göttlichen Sohnes. Die Gnadenvolle, nun so Schmer¬ zenreiche, stützt sich auf den Jünger, wel¬ chen Jesus liebte, und läßt von ihm sich trösten, während sie, die zur Trösterin aller Betrübten fortan be¬ stimmt ist, ihre rechte Hand der weinenden Schwester überlaßt — um deren Trauer in der ihri¬ gen zu heiligen. Die andere Maria hält ein kostbares Gut in Händen — Christi Dornenkrone! Sie scheint dieselbe vor den Augen der Gottesmutter zu verbergen, damit deren Betrübniß nicht durch den Anblick der Reliquie aus Jesu harter Pein gesteigert werde. Von leidenschaft¬ lichem Schmerze ist nur Maria von Magda- lum überwältigt. Sie fleht mit gerungenen Händen, wie um dem Himmel laut zu klagen, daß ihre Sünden an solchem Jammer Mitschuld haben. — Ihr Schmerz ist der Schmerz der Reue und der Buße — und diese XIV. ZEL iits Grsti ge!rK. 68t. mis lems !ö 86^666 . ^68U3 !8 Isti m tle 86 — 73 — Thränen sind so brennend, so trostesarm, weil hinge- nommen ist „der Tröster" und zu Grabe gelegt wird, der allein unter Allen die Sünder milde und barmherzig auf¬ nahm, und allein verzeihen konnte und immerdar es wollte. Aber es ist des Kreuzweges letzte Station; ge¬ trost! nur Stunden, kurze Stunden gehen vorüber — und jeder Schmerz wird in Freude verwandelt —; denn dieses Grab wird seinen Tobten wiedergeben und wird glorreich werden, wenn Jesus auferstanden sein wird an dem dritten Tage, wie Er verheißen hat. Wir beten Dich an, o Christel und preisen Dich. Denn durch Dein heiliges Kreuz hast Du die Welt erlöset. Betrachte hier das Wehklagen und Weinen der Magdalena, des Johannes, und anderer frommen Seelen, da Jesus ihren Angen entzogen und in das Grab gelegt wurde. — Am tiefsten aber beherzige den bit¬ tersten Schmerz Mariens, Seiner heiligsten Mutter, den sie empfand, als sie sich ihres geliebtesten Sohnes be¬ raubt sah. — In Erwägung ihres Herzensleides solltest du dich billig schämen, daß du bei Besnchung dieses Kreuzweges so geringes Mitleid bezeigt hast. — O! so ermahne dich wenigstens bei dieser letzten Station. Küsse im Geiste mit Ehrerbietung den Stein des hei¬ ligen Grabes, lege dein Herz hinein und sage zu deinem dort im Todesschlafe ruhenden Jesus: O mildreichster Jesus! der Du mir zu Liebe einen so schmerzhaften Weg hieher hast wandeln wollen, ich bete Dich in diesem Grabe an. — Ach! ich wünsche, Du wollest Dich in mein Herz einschließen laßen, auf daß ich, mit Dir vereiniget, durch diesen Kreuzweg zu — 74 — einem neuen Leben auferstehen und in Deiner Gnade von dieser Welt scheiden möge. Verleihe mir durch die Verdienste Deines bitteren Leidens, welches ich jetzt be¬ trachtet habe, daß in der Sterbestunde meine letzte Speise das allerheiligste Sakrament des Altares sei, meine letzten Worte: Jesus, Maria und Joseph, und mein letzter Athemzng mit jenem vereiniget werde, mit welchem Du am Kreuze für mich Deinen Geist ausge¬ haucht hast, damit ich mit lebendigem Glauben, uner¬ schütterlicher Hoffnung und glühender Liebe mit Dir und Deinetwegen sterben, und hernach mit Dir in Ewigkeit herrschen möge. Vater unser. Gegrüßet seist. Ehre sei dem Vater. Erbarme Dich unser, o Herr! erbarme Dich unser. -- 75 — Ichlußgebet. Himmlischer Vater, ewiger Gott! in Vereinigung der Liebe, mit welcher Du mir armen Sünder Deinen eingebornen Sohn Jesus Christus geschenkt, und mit welcher Er durch Sein bitteres Leiden und Sterben meine Erlösung bewirkt hat, opfere ich Dir diesen Kreuz¬ weg auf, den ich mit Deiner Gnade besucht habe. Nimm auf diese Andacht zu Deiner allerhöchsten Ehre und Glorie, zur Danksagung für die mir und Anderen ver¬ liehenen Gnaden, zur Nachlassung aller Sünden der ganzen Welt, zum Troste und zur Hilfe der armen Seelen, besonders jener, für die ich Anfangs gebetet habe. O barmherziger Vater! sieh an das Antlitz Christi, Deines Sohnes, höre an die Stimme Seines Blutes, und sei gnädig und barmherzig mir armen Sünder. Amen. Gelobt sei Jesus Christus, der gekreuzigte Hei¬ land! und Seine schmerzhafte Mutter Maria! Erinnere dich hier auf die Seite IX erzählte, rührende, trost¬ volle Geschichte und flehe um eine glückliche Sterbestunde! — 76 — Ms; - Andacht. Zur Ehre des lüttem Weidens und Sterbens unsers Herrn Jesus Christus. (Vom heil. Alphons Liguori.) Vorbereitungs-Gebet. Herr Jesus Christus, Erlöser des menschlichen Ge¬ schlechtes ! wir sind mit so vielen großen Wohlthaten von Dir überhäuft, daß wir an Deiner göttlichen Liebe gegen uns arme Sünder nicht zu zweifeln haben; dieß bezeugt das immerwährende Gedachtniß Deines heiligen und seligmachenden Todes. Damit Dein Leben und Sterben bei uns vergeßlichen Menschen in stetem An¬ denken erhalten würde, hast Du das göttliche Opfer Deines Fleisches und Blutes im letzten Abendmahle ein¬ gesetzt, und den Priestern solches zu opfern und Deinen Tod dabei zu verkündigen anbefohlen. O Herr Jesus! mache mich würdig, diesem göttlichen Geheimnisse ge¬ bührende Ehre zu leisten und dasselbe mit und neben dem Priester znm Gedachtniß Deines bitteru Leidens und Sterbens, zur schuldigen Dankbarkeit für alle er¬ zeigten Wohlthaten, znr Austilgung meiner Schulden, zur Hülfe nnd zum Trost der Lebendigen nnd Verstor¬ benen, und zu unser Aller zeitlicher und ewiger Wohl¬ fahrt andächtig aufzuopfern. Amen. Es ist zu bemerken, daß die folgenden Gebete auch außer der heiligen Messe zu Ehren des Leidens Christi mit Andacht gesprochen werden können. — 77 — Beim Stufen - Gebet. Der Priester geht zum Altäre und beginnt die heilige Messe; betrachte, wie sich Jesus nach dem Oelberge begeben und zu Seinem Vater gebetet hat. O Herr Jesus Christus! Du Sohn des lebendigen Gottes, der Du, als Dein bitteres Leiden herannahete, Furcht und Traurigkeit ausstehen mußtest, und in Dei¬ nem Gebete von einem Engel gestärkt, Dich völlig in den Willen des himmlischen Vaters ergeben hast; ver¬ leihe mir, daß ich in all' meinen Leiden und Trübsalen von Deinem Engel gestärkt werde, und mich vollkom¬ men in den Willen Gottes ergeben möge. Amen. Seim Confiteor. Der Priester bückt sich zur allgemeinen Beicht; betrachte, wie Christus vor Angst Blut geschwitzt hat u. s. w. O göttlicher Erlöser! der Du am Oelberge im Hinblicke auf meine Sünden und die Sünden der ganzen Welt in eine so große Todesangst gerathen bist, daß Dein Schweiß wie Blutstropfen zur Erde rann; gib, daß ich meine Sünden und Miffethaten im Leben von Herzen bereue und beweine, damit ich in meiner Todes¬ stunde ihrer wegen nichts mehr zu befürchten habe. Amen. Seim Introitus. Der Priester geht herauf, küßt den Altar und begibt sich von der Milte auf die rechte Seite desselben; betrachte, wie Christus von Judas mit einem Kusse verrathen, und von den Juden wegge¬ führt worden u. s. w. Liebenswürdigster Heiland! der Dn von Deinem eigenen Jünger, Judas, verrathen, treulos Deinen Feinden überliefert und von ihnen wie ein Missethäter gebunden zu Annas bist geführt worden; feßle mich — 78 — durch die Bande unauflöslicher Liebe gänzlich an Dich, und gib mir die Gnade, daß ich allen bösen Anfech¬ tungen stets widerstreite, um uie in die Hände des höllischen Feindes zu fallen. Amen. Leim Kyrie eleison. Der Priester geht in die Mitte des Altars, und spricht das Kyrie eleison; erwäge, wie Christus von Annas zu Kaiphas geführt, und von Petrus drei Mal verläugnet worden u. s. w. Unschuldigster Jesus! der Du im Hause des Kaiphas tief bist betrübt wordeu, da Dich Dein geliebter Jünger Petrus drei Mal verläugnet hat; verleihe mir Deine göttliche Gnade, daß ich alle bösen Gesellschaften und Gefahren zur Sünde fliehe, nnd Dich, meinen lieben Gott, niemals, weder durch Worte, noch durch Werke verlängne. Amen. Gei -en Ovationen. Der Priester wendet sich um und sagt: Dominus vobiscum; betrachte, wie sich Christus zu Petrus gewendet hat u. s. w. O Herr Jesus Christus, der Du den Petrus nach seinem Falle mit gnädigen Angen angesehen nnd zu herzlicher Reue und Buße bewogen hast; stehe auch mich an mit den Augen Deiner unendlichen Barmherzigkeit, damit ich meine Sünden vor Deinem Angesichte recht beweine, nnd Dich, mein höchstes Gut, nimmermehr beleidige. Amen. Lei -er Epistel. Der Priester geht zur Seite des Altars und liest die Epistel; bedenke, wie Christus zu Pilatus geführt worden u s. w. Geduldigster und sanftmüthigster Jesus! der Du wie der größte Missethäter gefänglich zu Pilatus ge¬ führt, und von Deinen Todtfeinden über lauter falsche — 79 — Verbrechen bist angeklagt worden; verleihe mir, daß ich alle Verläumdungen und Ehrabschneidungen der Gottlosen nm Deinetwillen geduldig ertragen, und in Allem das Zeugniß eines guten und reinen Gewissens haben und erhalten möge. Amen. Beim Evangelium. Der Priester geht auf die andere Seite des Altars und liest das Evangelium; erwäge, wie Christus von Pilatus zu Herodes geführt worden u. s. w. Anbetungswürdigster Erlöser! der Du, vor Herodes gestellt, so unzählige Lästerworte gelitten, und dieselben mit keinem Worte widerlegt hast; verleihe mir die Gnade, daß ich der Gottlosen Unbild, Schmach und Verspottung in Demuth willig auf mich nehme, den Zorn unterdrücke und Niemandem Böses mit Bösem vergelte. Amen. Leim Credo. Der Priester geht wieder in die Mitte und betet das Credo; beherzige, wie Christus von Herodes wieder zu Pilatus geschickt worden ist u. s. w. O Herr Jesus Christus! der Du von Herodes, mit einem weißen Kleide angethan und verspottet wie¬ der zu Pilatus bist geschickt worden und Freundschaft unter ihnen verursacht hast; gib mir die Gnade, daß ich allen Anschlägen meiner Feinde stets entgehe, das Böse mit Gutem vergelte, und also vollkommener und Dir ähnlicher werde. Amen. Leim Offertorium. Der Priester deckt den Kelch ab; betrachte, wie Christus Seiner Kleider beraubt und gegeißelt worden u. s. w. Huldvoller Heiland! der Du all' Deiner Kleider beraubt, zum größten Schimpfe entblößt, an eine Säule — 80 — gebunden und ans schreckliche Weise bist gegeißelt worden; verleihe nur gnädig, daß ich alle Sunden, die ich je wider die heilige Schamhaftigkeit begangen, aufrichtig bereue, daß ich die Geißeln Deiner väterlichen Züchti¬ gung geduldig annehmen, und Dich durch neue Vergehen nicht übermal geißeln möge. Amen. Der Kelch wird zugedeckt; betrachte, wie Christus gekrönt worden u. s. w. O Herr Jesus Christus! der Du zur größern Ver¬ spottung und Pein von den erbitterten Juden mit Dornen bist gekrönt worden; ich bitte Dich, nimm von mir den Stachel des nagenden Gewissens, daß ich, durch wahre Buße zerknirscht, nachmals mit Ehre und Herrlichkeit möge gekrönt werden im Himmel. Amen. Der Priester wäscht seine Hände; betrachte, wie Pilatus seine Hände wäscht, Christus für unschuldig erklärt, und Ihn dem Volke vorstellt u. s. w. Leidender Erlöser! der Du von dem Richter Pi¬ latus zwar für unschuldig erkannt, aber dennoch mit einem alten Purpnrmantel angethan, mit einer Dornen¬ krone auf dem Haupte, mit einem Rohre in der Hand, durch ihn den Juden bist vorgestellt, überliefert und dem Mörder Barabbas nachgestellt worden; verleihe mir gnädig, daß ich Dich, meinen lieben Herrn und Gott, niemals, weder der Welt, noch dem Satan, noch der Begierlichkeit des Fleisches nachsetze, sondern stets so lebe, daß ich am jüngsten Tage mit dem hochzeitlichen Kleide der Unschuld angethan, vor Deinem Angesichte herrlich erscheinen möge. Amen. Lei der Präfation. Der Priester spricht die Präfation; bedenke, wie Christus zum Tode verurtheilt worden u. s. w. O Herr Jesus Christus! der Du unschuldig das Urtheil des Todes für mich armen Sünder hast em- — 81 — pfangen wollen ; steh' mir bei mit Deiner göttlichen Hülfe, daß ich mich durch einen christlichen Lebenswandel so zu meinem zeitlichen Tode bereite, damit ich dem unwider¬ ruflichen Urtheile des ewigen Todes entgehen möge. Amen. Leim Canon. Der Priester betet in der Stille und hält das Gedächtniß für die Lebendigen; betrachte, wie Christus Sein Kreuz getragen hat u. s. w. Schuldloses Lamm! das Du die schwere Last des Kreuzes selbst bis auf den Berg Kalvaria hast tragen müssen, und auf diesem schmerzhaften Wege die Dich beweinenden Weiber gütig ermahnt hast, nicht über Dich, sondern über sich selbst zu weinen; verleihe mir gnä¬ diglich, daß ich all' mein Kreuz und Leiden von Deiner Hand willig empfange und geduldig Dir zu Liebe täglich nachtrage; gib auch, o barmherziger Jesus! mir die Gnade, daß ich auf dieser Welt nichts mehr beweine, über nichts mich betrübe, als daß ich Dich, meinen allergütigsten Herrn und Gott, beleidigt habe. O Jesus! sei mir armen Sünder gnädig. Amen. Der Priester segnet das Opfer; erwäge, wie Christus an's Kreuz genagelt worden n. s. w. O Herr Jesus Christus! der Du um unserer Sün¬ den willen gar unbarmherzig mit Nägeln an's Kreuz bist geschlagen worden; verleihe mir gnädiglich, daß durch Dich die Welt mir, und ich der Welt gekreuzigt sei, und ich mein Fleisch sainmt den Lastern und bösen Lüsten also kreuzige, daß ich Dich, meinen lieben Herrn und Gott, niemals mehr durch meine Bosheit und durch dieselbe mich selbst kreuzige. Amen. Gei der heiligen Wandlung. Der Priester hebt dis heilige Hostie auf; beherzige, wie Christus anl Kreuze aufgehoben worden u. s. w. — 82 — Heiliger und anbetungswürdigster Erlöser! der Du für mich gekreuzigt, von der Erde hast wollen erhöht werden; ziehe mich und Alles, was ich habe, zu Dir hinauf, damit ich, mit Dir an's Kreuz geheftet, nun¬ mehr nicht ich, sondern Du allein in mir, und ich in Dir, leben und von allen irdischen Dingen abgesondert, mit meinem Gemülhe im Himmel wohnen möge. Amen. Der Priester hebt den Kelch auf; betrachte, wie aus den Wunden Christi das heilige Blut fließt u s. w. Unendlich liebenswürdiger Heiland! der Du aus Deinen heiligen Wunden häufiges Blut zur Vergebung unserer Sünden vergossen hast; wasche meine mit vielen schweren Sünden befleckte Seele in Deinem Blute; laß nur ein einziges Tröpflein Deines kostbaren Blutes mir zu gut kommen, damit ich, von allen meinen Sünden gereiniget, die Früchte Deines bittern Leidens und Ster¬ bens empfinden möge. Amen. Der Priester hält das Gedächtniß für die Abgestorbenen; erwäge, wie Christus am Kreuze für das Heil der Menschen gebetet hat u. s. w. Unaussprechlich gütiger Versöhner! der Du am Kreuze hangend, für das ganze menschliche Geschlecht, auch für die, so Dich gekreuzigt haben, zu Deinem himmlischen Vater gebetet hast; entzünde mein Herz in dieser Deiner Liebe, damit ich nach Deiner Lehre und Deinem Beispiele auch meine Feinde aufrichtig liebe, ihnen von Herzen verzeihe, und Jenen, die mich hassen, Gutes thue. Amen. Der Priester klopft an seine Brust und bittet um Vergebung der Sünden; betrachte, wie der Mörder am Kreuze sich zu Christus bekehrt u. s. w. O Herr Jesus Christus! der Du dem Schächer, nachdem er seine Ungerechtigkeit demüthig bekannt und bereuet hatte, die Herrlichkeit des Paradieses gütig — 83 — versprochen hast; ich bitte Dich, stehe mich an mit den Angen Deiner unendlichen Barmherzigkeit, damit ich in meinen letzten Zügen von Dir, meinem gütigen Hei¬ lande, die gewünschten Worte hören wöge: Heute wirst du bei mir im Paradiese sein! Amen. Seim Pater noster. Der Priester spricht das Pater noster; betrachte die sieben Worte Christi am Kreuze u. s. w. Göttlicher Erlöser! der Du unter andern Worten am Kreuze, Deine Mutter dem heiligen Johannes, und ihn Deiner Mutter anbefohleu hast; ich empfehle mich Dir und all' das Meinige in Vereinigung derselben Treue und Liebe, mit welcher Du sie mit einander ver¬ bunden hast, und bitte Dich, laß mich durch die Kraft solcher Liebe zur Vollkommenheit Deiner Liebe gelangen, damit Nichts in der Welt mich mehr von Deiner Liebe scheiden möge. Amen. Der Priester bricht die heilige Hostie und läßt einen Theil derselben in den Kelch fallen; beherzige, wie Christus am Kreuze gestorben, und wie Seine Seele in die Borhölle gefahren ist u. s. w. Anbetungswürdiger Heiland! der Du, Deinen Geist in die Hände Deines himmlischen Vaters empfehlend, ans Liebe zu uns armseligen Menschen gestorben bist, durch Deinen Tod die Gewalt des Satans zerstört hast und in die Vorhölle hinabgeftiegen bist, um die Seelen der Altväter durch die Botschaft der Erlösung zu erfreuen; ich bitte Dich durch die Schmerzen Deines Todes, Du wollest mir armen Sünder ein glückseliges Sterb¬ stündlein verleihen, und die Verdienste Deines Leidens auch den leidenden Seelen im Fegfeuer zukommen lasten, damit sie bald von ihren Peinen erlöst werden. Amen. Seim Agims Sei. Der Priester spricht drei Mal: O Du Lamm Gottes rc.; betrachte, wie Viele bei dem Tode Christi, auf ihre Brust schlagend, sich bekehrt haben u. s. w. — 84 — O Herr Jesus Christus! der Du durch Dem ge¬ duldiges Leide» und seliges Sterben Viele bekehrt und zur Erkenntniß Dritter Gottheit gebracht hast; verleihe mir gnädiglich durch die Verdienste Deines bittern Lei¬ dens und Sterbens, daß ich herzliche Reue über meine Sünden erwecke, und Dich künftig nicht mehr beleidige. Amen. Der Priester kommunizirt; stelle dir vor, wie Christus vom Kreuze genommen und begraben worden u. s. w. Heiliger Erlöser! der Du vom Kreuze abgenom- men und in ein neues Grab bist gelegt worden; schaffe in mir ein neues und reines Herz, worin ich Deinen heiligen Frohnleichnam im heiligen Abendmahl znm Gedächtniß Deines Todes alle Mal würdig empfangen möge, damit die zeitliche Empfangung Deines heiligen Leibes mir ein sicheres Pfand der zukünftigen Herr¬ lichkeit sei. Amen. Der Priester nimmt die Nachspülung und bedeckt den Kelch; erwäge, wie Christus nach dem Tode gesalbet worden u. s. w. O Herr Jesus Christus! der Du von Deiner be¬ trübten Mutter und aüdern Freunden mit großem Weh¬ klagen gesalbt, in reine Leinwand eingewickelt und be¬ graben worden; verleihe mir gnädiglich, daß, so oft ich Dich in der heiligen Kommunion empfange, ich Dich auch in einem reinen Herzen bewahre, damit Du immer in mir und ich in Dir bleibe, und um Deinetwillen das ewige Leben habe. Amen. Nach der Kommunion. Der Priester geht zur Seite des Altars und betet die Nach¬ kommunion; betrachte, wie Christus von den Todteu auferstanden ist u. s. w. Siegreicher Ueberwinder des Todes und Grabes! der Du glorwürdig von den Tobten auferstanden bist; — 85 — verleihe gnädiglich, daß, gleichwie Du für unsere Sün¬ den ein Mal gestorben, forthin nicht mehr stirbst, son¬ dern das Leben bist, also auch ich, durch Hülfe Deiner göttlichen Gnade der Sünde vollkommen abgestorben, forthin in einem neuen Leben wandle, und Dir, dem lebendigen Gott, allein lebe. Amen. Gei -en letzten Orationen. Der Priester wendet sich zum Volke und sagt: Dominus vobiscum; stelle dir vor, wie Christus Seinen Jüngern erschienen ist u. s. w. O Herr Jesus Christus! der Du nach Deiner glorwürdigen Auferstehung Deiner allerheiligsten Mutter und Deinen lieben Jüngern erschienen bist; hilf meiner Schwachheit mit Deiner Gnade, daß ich auf dieser Welt mit Dir leide, damit ich einst auch mit Dir auferstehe, und, Deinem verklärten Leibe gleichförmig gemacht, Dich von Angesicht zu Angesicht in alle Ewigkeit anschaue, lobe und preise. Amen. Der Priester betet die letzten Kollekten oder Gebete; betrachte wie Christus vierzig Tage mit Seinen Jüngern umgegangen u. s. w. Triuinphirender Heiland! der Dn nach Deiner Auferstehung vierzig Tage mit Deinen Jüngern gewan¬ delt, und sie in allen Geheimnissen des Glaubens un¬ terwiesen hast : ich bitte Dich, lehre mich nach Deinem göttlichen Willen wandeln; stärke und befestige auch mit Deinem Geiste meinen Glauben, daß ich in keinem Stücke jemals zweifle, auf daß ich in Deiner heiligen Kirche bis an mein letztes Ende beständig verharrend, nach der vorgesetzten Hoffnung ein Erbe des ewigen Lebens werde. Amen. Der Priester wendet sich nochmals zum Volke und spricht: Dominus vobiscum; beherzige, wie Christus Seinen Jüngern zum letzten Male erschienen, und zum Himmel gefahren ist u. s. w. — 86 — Verklärter Erlöser, Jesus Christus! der Du in Gegenwart Deiner Jünger glorwürdig in den Himmel gefahren bist, nnd allda zur Rechten Deines himmli¬ schen Vaters sitzest; gib mir Deine göttliche Gnade, daß ich die Welt mit meinem Gemüthe verlasse, alles Ir¬ dische von Herzen verachte, nach Dir allein verlange, Dich allein suche, damit ich einstens auch Dir i» Deine Herrlichkeit folgen möge. Amen. Seim letzten Segen. Der Priester gibt den Segen; betrachte, wie Christus den heiligen Geist gesandt hat u. s. w. O Herr Jesus Christus! der Du nach Deiner Himmelfahrt Deinen Jüngern den heiligen Geist gesandt hast; ich bitte Dich, reinige das Innerste meines Her¬ zens, damit der heilige Geist eine würdige Wohnung darin finde, mich mit seinen göttlichen Gaben nnd Gnaden ziere, tröste und in allem Guten stärke zum ewigen Leben. Amen. Seim letzten Evangelium. Anbetungswürdigster Herr und Heiland, JesuS Christus! der Du uns in dem allerheiligsten Opfer der heiligen Messe das Gedächtuiß Deines bitlern Lei¬ dens und Sterbens hinterlassen hast; verleihe gnädiglich, daß ich die Geheimnisse dieses heiligen Opfers also möge ehren, damit ich der Früchte Deiner Erlösung auch theilhaftig werde; der Du lebest und regierest mit Gott dem Vater, in Einigkeit des heiligen Geistes, von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen. Schlußgebet am Ältare. O Gott, ich danke Dir für die unschätzbare Gnade, daß Dn mich nun gewürdiget hast, dem Opfer der hei¬ ligen Messe beizuwohnen! — 87 — Verzeihe mir alle Fehler, die ich selbst in dieser heiligen Stunde des Gebetes, in diesem feierlichen Au¬ genblicke meines geistigen Verweilens auf Golgatha, durch Zerstreuung meiner Gedanken, durch Nachlässigkeit und Lauigkeit begangen habe, damit der Feind nicht über mich triumphire, weil ich sogar zur Zeit der Lob¬ preisung, des Bekenntnisses und des heiligen Abend¬ mahles Dich durch Sünden beleidiget habe. Ach wie irdisch und eitel ist doch all' mein Thun, und wie weit unter der unermeßlichen Würde Deiner Güte für mich! Zürne mir nicht, sondern laß mich künftighin diesem heiligen Geheimnisse mit mehr De- muth, Andacht, Versammlung des Geistes und Reinheit des Herzens beiwohnen, und ersetze durch die unend¬ lichen Verdienste Jesu Christi, was meiner Andacht heute gemangelt. Laß mich begnadigt nach Hause gehen und ver¬ leihe, daß Alles, w rs ich heute denken, reden, thun und lassen werde, in jener heiligen Meinung geschehe, die ich bei meinem Morgenopfer vor Dir ausgesprochen habe. Wende schützend und schirmend Alles von mir, wo¬ durch ich Dir mißfallen und die Früchte des heiligen Meßopfers verlieren könnte. Amen. — 88 — Zmeile Messe. (Nach dem heiligen Alphons von Liguori.) Im Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes. In Deinem Namen, o anbetungswürdige Dreifal¬ tigkeit! will ich diesem heiligen und erhabenen Opfer beiwohnen, um Dir jene Ehre und Anbetung darzu¬ bringen, welche ich Dir schuldig bin. Gestatte mir, o göttlicher Heiland, daß ich mich in Gedanken mit Deinem Priester vereinige, und dem ewigen Vater das kostbare Opfer, das für mein Heil hingegeben ist, darzubringen, und verleihe mir jene Ge¬ sinnungen, von denen ich hätte beseelt sein sollen, wenn ich ans dem Kalvarienberge dem blutigen Opfer Deines Leidens beigewohnt hätte. Zum Staffelgebet. Richte in der Bitterkeit deines Herzens einen Blick auf die vielen Sünden, die du in deinem Leben begangen hast, erinnere dich besonders derjenigen, welche dich am meisten erniedrigen. Stelle Gott all' dein Elend vor Augen und bitte Ihn, daß Er dir Verzeihung gewähre, und daß dieß heilige Opfer auf den Abgrund deines Elends den Abgrund Seiner Barmherzigkeit herabziehe. — 89 — O mein Gott, ich klage mich vor Dir aller Sün¬ den an, deren ich mich schuldig gemacht habe. In Ge¬ genwart Mariens, der reinsten aller Jungfrauen, in Gegenwart aller Heiligen und aller Gläubigen bekenne ich meine Schuld, meine größte Schuld; daher flehe ich zu der allerseligsteu Jungfrau Maria und zu allen Hei¬ ligen, daß fle für mich bei Gott bitten wollen. O mein Gott, erhöre gnädiglich mein Gebet und gewähre mir Nachlassnng und Verzeihung all' meiner Sünden. Zum Kyrie eleison. Suche in deinem Herzen ein großes Vertrauen auf die Güte Gottes zu erwecken, Der dir erlaubt, ein so sicheres Mittel zu benutzen, um Vergebung von Ihm zu erlangen, und Der dir zu gleicher Zeit schon im Voraus die Bürgschaft gibt, daß Du Alles, um was du Ihn bittest, erlangen werdest. O göttlicher Schöpfer unserer Seelen, erbarme Dich des Werkes Deiner Hände; barmherziger Vater, sei Deinen Kindern gnädig. Urheber unseres Heils, der Du für uns aufgeopfert worden bist, laß uns der Ver¬ dienste Deines Todes und des kostbaren Blutes, das Du für uns vergossen hast, theilhaftig werden. Liebevollster Heiland, süßer Jesu, habe Mitleid mit nnferm Elend und vergib uns unsere Sünden. Zum Gloria. Suche eine große Begierde in deinem Herzen zu erwecken, Gott alle Ehre und dem Nächsten alles Gute, das in deinen Kräften steht, zu erweisen. Freue dich mit — so¬ den heiligen Engeln, daß auch du Theil haft an der Er- kenntniß der heiligen Geheimnisse des Glaubens. Suche dein Herz mit großen und erhabenen Gedanken über die Majestät Gottes und Seines Sohnes Jesu Christi zu erfüllen. Ehre sei Gott in der Höhe, und Friede den Men¬ schen auf Erden, die eines guten Willens sind. Wir loben Dich, wir preisen Dich, wir beten Dich au, wir verherrlichen Dich, wir danken Dir wegen Deiner großen Herrlichkeit, Herr, Gott, himmlischer König, Gott, all¬ mächtiger Vater! O anbetungswürdigster Herr Jesus Christus, Du Eingeborner Sohn Gottes, Herr und Gott aller Dinge, Du Lamm Gottes, welches gekommen ist, die Sünden der Welt hinwegzunehmen, erbarme Dich unser! Wirf vom hohen Himmel, wo Du mit Deinem Vater herrschest, einen Blick der Barmherzigkeit auf uns herab. Erlöse uns, Herr Jesus, denn Du allein bist unendlich heilig, Du allein bist allmächtig, Du allein bist der Anbetungswürdigste, Herr Jesus Christus, mit dem heiligen Geiste in der Herrlichkeit Gottes des Vaters. Amen. Zum Gebet. Verleihe uns, o Herr, durch die Vermittlung der allerseligsten Jungfrau und der Heiligen, welche wir verehren, alle Gnaden, um die der Priester, Dein Diener, Dich bittet für sich und für uns. Indem ich mich mit demselben vereinige, bete ich für alle diejenigen, für welche ich zu beten verpflichtet bin, und flehe zu Dir, Du wollest mir und ihnen, o Herr, all' den Bei- — 91 — stand gewähren, der uns lwthwendig ist, um dereinst die ewige Seligkeit zn erlangen, im Namen unseres Herrn Jesu Christi. Amen. Zur Epistel. Versetze dich im Geiste in die Zeit der Patriarchen und Propheten zurück, die fortwährend nach dem Erlöser seufzten. Theilc ihr Verlangen, erwecke ihre Begierde, nimm dieselben Empfindungen an, von denen sie damals beseelt waren. Auch du wartest auf denselben Heiland; aber du bist weit glücklicher als sie, denn du wirst Seiner Gegenwart theilhaftig werden. O mein Gott! unter so vielen Millionen Menschen, die in Unwissenheit dahin leben, hast Du mich zur Er- kenntuiß des wahren Glaubens berufen. Siehe, ich nehme aus ganzem Herzen Dein göttliches Gesetz an, ich höre mit tiefer Verehrung, was Du uns durch den Mund Deiner Propheten verkündigt hast. Ich nehme es an mit all' der Unterwürfigkeit, die ich dem Worte Gottes schuldig bin, und ich freue mich von ganzem Herzen über die Erfüllung dieser Verheißungen. O mein Gott! warum gleicht mein Herz nicht dem Herzen der Heiligen des alten Bundes! Warum habe ich nicht dieselbe Begierde, Dich zn erkennen und zn verehren, gleichwie die Patriarchen und die Propheten; warum habe ich nicht die innige Begierde der Apostel, Dich zu lieben, und bloß und allein Dir anzugehören! Zum Evangelium. Betrachte das Evangelium, welches du jetzt anhören wirst, als die Richtschnur deines Glaubens und deines — 92 — Betragens — eine Richtschnur, die Jesus Christus selbst uns ertheilt hat und die wir durch das heilige Taufge¬ lübde zu befolgen versprochen haben, eine Richtschnur, gegen welche wir uns häufig verfehlen und nach welcher wir dereinst ohne Schonung und ohne Barmherzigkeit gerichtet werden sollen. Es sind nicht mehr, o mein Gott, die Propheten und Apostel, die mich über meine Pflichten belehren werden; nein, es ist Dein eingeborner Sohn selbst, es ist Sein Wort, welches ich jetzt vernehmen werde. Aber ach! Jesu! was wird es mir nützen, wenn ich auch geglaubt habe, daß es Dein Wort ist, und wenn ich dennoch meine Handlungen nicht nach meiner Erkenntuiß eingerichtet habe! Was wird es mir, wenn ich dereinst vor Dir erscheinen werde, auch nützen, daß ich den Glau¬ ben besessen, ohne das Verdienst der Liebe und der guten Werke erlangt zu haben! Ich glaube, o mein Gott, und dennoch lebe ich, als ob ich nicht glaubte, oder als ob ich einem Evan¬ gelium glaubte, welches dem Deinigen gerade entgegen¬ gesetzt wäre. O mein Gott, richte mich nicht deshalb, weil meine Handlungen fortwährend meinen Grundsätzen widersprechen. Ich glaube, o mein Gott; gib Du mir Muth und Kraft, damit ich auch befolge, was ich glaube. Dir, o mein Heiland, wird ja alle Ehre davon zukommen. Zum Credo. Suche dich jetzt in deinem heiligen Glauben zu be¬ festigen. Alles, was die Kirche uns zu glauben vorstellt, ist auf das Wort Gottes begründet, ist von den Propheten verkündigt, in der heiligen Schrift offenbart, durch Wun- — 93 — der erklärt, durch die Gründung der heiligen Kirche be¬ währt, durch die heiligen Märtyrer bestätigt, durch die Heiligkeit unserer Religion und durch die Uebereinstimmung derer, die sie treu befolgen, offenbar gemacht. Zch glaube an einen einigen Gott, den allmäch¬ tigen Vater, den Schöpfer der Welt. Und an Jesus Christus, unfern Herr», Seinen eingebornen Sohn, der Ihm vollkommen gleich ist, heilig, ewig, Gott gleichwie Er. Ich glaube, daß dieser anbetungswürdige Sohn aus Liebe zu uns Mensch geworden ist, daß Er gelitten hat, daß Er gestorben ist, daß Er wiederum von dem Tode auferstanden und znm Himmel aufgefahreu ist, von dannen Er dereinst kommen wird, um alle Menschen zu richten, worauf Er die ganze Ewigkeit hindurch glück¬ selig im Himmel herrschen wird. Ich glaube an den heiligen Geist, Welcher Gott ist gleichwie der Vater und der Sohn, Der aus Beiden hervorgeht und dieselbe Herrlichkeit mit ihnen theilt, Der die Quelle des Lebens und der Urheber der Hei¬ ligung aller Menschen ist und Welcher dereinst das Licht der Propheten gewesen. Ich glaube an eine heilige, allgemeine, apostolische Kirche, ich glaube an die Taufe, welche zur Vergebung der Sünden eingesetzt ist, und voll Vertrauen auf die Barmherzigkeit meines Gottes erwarte ich die Aufer¬ stehung der Todten und ein ewiges Leben. Amen. Zur Opferung. Erinnere dich des unbegreiflichen Glückes, dessen du theilhaftig geworden, da du in diesem Opfer Gott aus die — 94 - vollkommenste Weise verehren, Ihm auf eine Weise dan¬ ken kannst, die Seinen Gaben gleich kommt, gänzlich deine Sünden auslöschen und sowohl für dich als für Andere alle Gnaden erlangen kannst, die du nur bedarfst. Suche ja alle kostbaren Augenblicke dieser Gnadenzeit gut zu benutzen. O unendlich heiliger Vater, allmächtiger, ewiger Gott, wie unwürdig ich auch sein möge, vor Dir zu er¬ scheinen, so wage ich es dennoch, Dir diese heilige Hostie durch die Hand des Priesters darzubringen, mit der¬ selben Meinung, mit der unser Herr Jesus Christus dieses heilige Opfer einsetzte und welche Er noch jetzt hat, da Er sich von neuem auf diesem Altäre für uns zum Opfer darbringt. Ich bringe Dir dies Opfer dar, um dadurch Deine höchste Gewalt über mich und alle Geschöpfe anzuer- kennen; ich bringe es Dir dar znr Anslöschung meiner Sünden und zur Danksagung für alle Wohlthaten, mit denen Du mich überhäuft hast. Ich bringe Dir endlich, o mein Gott, dies erha¬ bene Opfer dar, um von Deiner unendlichen Güte für mich, für meine Verwandten, für meine Wohlthäter, für meine Freunde und Feinde, jene kostbaren Heilsgnaden zn erlangen, welche den Sündern nur um der Ver¬ dienste Desjenigen willen ertheilt werden können, Der allein der Gerechte genannt werden kann und der für uns alle ein Sühnopfer hat werden wollen. Sei auch eingedenk, o Herr! der Seelen aller ab¬ gestorbenen Gläubigen, und nm der Verdienste Deines Sohnes willen gewähre ihnen einen Wohnort des Frie¬ dens, des Lichtes und des Trostes. Vergieß auch nicht, — 95 — o mein Gott, Deine nnd meine Feinde, erbarme Dich aller Ungläubigen, aller Ketzer nnd aller Sünder, segne die, welche mich verfolgen, und vergib mir nur meine Sünden, gleichwie ich ihnen alles Böse verzeihe, das sie mir zufügen oder zufügen möchten. Amen. Zur Priifatian. Steige im Geiste in den Himmel zu dem Throne Gottes empor. Bringe dem Herrn daselbst, voll heiliger und ehrfurchtsvoller Scheu vor Seiner erhabenen Ma¬ jestät, deine Verehrung dar und stimme ein in das Lob der Engel und Cherubim, die den Thron Gottes umgeben. Siehe, der glückliche Augenblick ist gekommen, da der König der Engel und Menschen auf diesem Altäre erscheinen wird. O mein Gott, erfülle Du mich mit Deinem hei¬ ligen Geiste, mache, daß mein Herz, von allen irdischen Dingen losgetrennt, nur an Dich denke. O wie viele Ursache habe ich nicht, Dich zu allen Zeiten und an allen Orten zu preisen, o Gott des Himmels und der Erde, unendlich großer Herr, allmächtiger, ewiger Vater! Nichts ist gerechter oder, mein Gott! nichts ist vor- theilhafter, als daß wir uns mit Jesus Christus verei¬ nigen, nm Dich fortwährend anzubeteu. Durch Ihn bringen die glückseligen Geister Deiner Majestät ihre Ver¬ ehrung dar, durch Ihn stimmen die Kräfte des Himmels, von ehrfurchtsvoller Scheu ergriffen, in Dein Lob ein. Gestatte uns, o Herr, daß wir unser schwaches Lob mit dem Lobe der heiligen Engel vereinigen und daß wir mit ihnen vereinigt, voll Freude und Bewunderung ausrusen: — 96 — Zum Sanktus- Heilig! heilig! heilig ist der Herr Gott Sabaoth! Himmel und Erde sind Seiner Herrlichkeit voll! Hosana in der Höhe! Gebenedeit sei, Der da kommt im Namen des Herrn, Hosanna in der Höhe! Zum Kanon. Stelle dir vor, wie Jesus jetzt auf den Altar her¬ abkommen wird, als auf einen Thron der Barmherzigkeit, wo auch du das Recht hast, dich einzufinden, um Jesu all' deine Bedürfnisse vorzustellen, um Ihn zu bitten und Alles von Gott zu erlangen. Könnte Gott uns auch wohl, nachdem Er uns Seinen eigenen Sohn geschenkt hat, noch etwas abschlagen! Wir bitten Dich inständig, o gütigster Vater, wir flehen zu Dir durch Jesus Christus, Deinen Sohn, unsern Herrn, daß Du diese Gaben gnädig annehmen und segnen wollest. Wir bringen sie Dir vorzüglich dar für Deine heilige katholische Kirche, damit Du sie ans dem ganzen Erdboden im Frieden erhalten, beschützen, vereinigen und regieren wollest, mit Deinem Diener unserm Papst N., unserm Bischof N., und mit allen rechtgläubigen Bekennern des katholischen und apostoli¬ schen Glaubens. Wir empfehlen Dir ganz besonders, o Herr, alle diejenigen, für die wir zu beten verpflichtet sind! alle, welche bei diesem anbetungswürdigsten Opfer gegen¬ wärtig sind und vor Allem N. N. — und damit un¬ sere Verehrung Dir noch wohlgefälliger sei, so verei¬ nigen wir unser Gebet mit dem Gebet der glorwürdigen — 97 — Jungfrau Maria, der Mutter unsers Herrn und Hei¬ landes Jesu Christi; wir vereinigen es mit den Ge¬ beten all' Deiner Apostel und Märtyrer und aller Hei¬ ligen, welche mit Dir vereinigt die glorreiche Kirche im Himmel ansmachen. O mein Gott! hätte ich jetzt jene brennende Begierde, mit der die heiligen Patriarchen die Herabkunft des Messias begehrten; o hätte ich doch ihren Glauben und ihre Liebe! Komm, mein Herr Jesu, liebenswürdigster Erlöser der Welt, komm und voll¬ bringe das größte all' Deiner Geheimnisse. Siehe, es kommt, das Lamm Gottes, stehe, es ist da, das anbe¬ tungswürdigste Opfer, welches die Sünden der Welt hinwegnimmt. Zur Konsekration. Siehe deinen Heiland nnd deinen Richter Jesns Chri¬ stus auf den Altar herabkommen. Bleibe eine Zeit lang ganz ruhig und voll Verwunderung über das, was auf dem Altäre vorgeht. Suche deinen Eifer neu zu beleben und überlasse dem Herz der Empfindung der Ehrfurcht, des Vertrauens und der kindlichen Furcht Gottes. O fleischgewordenes Wort, göttlicher Herr, wahrer Gott und wahrer Mensch, ich glaube, daß Du hier ge¬ genwärtig bist; in der tiefsten Demuth meines Herzens bete ich Dich an, ich liebe Dich von ganzem Herzen, und weil Du heute aus Liebe zu mir kommst, so will ich mich auch ganz Dir weihen. Ich bete dieses kostbare Blut an, welches Du, o mein Jesu, für alle Menschen vergossen hast, ich hoffe, daß es auch für mich nicht umsonst vergossen sein werde. Gib Du mir die Gnade, daß mir die Verdienste, die 7 — 98 — Du mir dadurch erworben hast, zugetheilt werden. Siehe, mein liebevollster Jesu! ich bringe Dir mein Herz znm Danke für die unendliche Liebe dar, die Dich bewogen hat, das Deinige ans Liebe für mich Deinem ewigen Vater darzubringen. Schluß des Kanons. Betrachte liebevoll deinen Heiland auf dem Altäre, betrachte die Geheimnisse, welche Er daselbst erneuert. Bringe Ihm dein Herz und deinen Leib zum Opfer dar. Opfere dich ganz und gar deinem ewigen Vater auf und bitte Ihn, Er wolle die Gebete, welche Ihm dieser ge¬ liebte Sohn für dich darbringt, gnädigst annehmen. -- Bete auch du für die Andern. O mein Gott, wie groß wäre wohl mein Undank, wenn ich von neuem einwilligte in die Sünden, nachdem ich gesehen habe, was jetzt hier vorgegangen ist! Nein, mein Gott, ich werde nie wieder vergessen, woran Du mich in diesem erhabenen Geheimnisse erinnert hast, nämlich die Peinen, die Du bei Deinen Leiden ausge- standen, und Deine glorreiche Auferstehung; ich werde nie vergessen, daß Dein von Wunden zerrissener Leib, daß Dein für mich vergossenes Blut auf diesem Altäre wirklich gegenwärtig ist. Siehe, o unendliche Majestät meines Gottes, jetzt bringe ich Dir wahrhaft das reine heilige und unbefleckte Opfer dar, welches Du selbst uns hast schenken wollen und wovon alle andern Opfer nur ein schwaches Vorbild waren. Ja, o großer Gott! hier finde ich mehr als in all' jenen Opfern, welche Abel, Abraham und Melchisedech Dir dargebracht haben. Das einzige Opfer, welches Deines Altares würdig — 99 — wäre, ist unser Herr und Dein göttlicher Sohn Jesus Christus, der einzige Gegenstand Deines Wohlgefallens von Ewigkeit her. Mache, o Gott! daß Alle, welche mit Herz oder Mund an diesem heiligen Opfer Theil nehmen, mit Deinen Segnungen erfüllt werden; mache, o mein Gott, daß auch die Seelen der Gläubigen, welche im Frieden der Kirche gestorben sind, dieses Segens theil- haftig werden, besonders N. N. Um dieses Opfers willen, o Herr, befreie sie gänzlich von all' ihren Peinen. Erweise auch uns Allen dereinst die Gnade, unendlich gütiger Gott, und laß uns vereinigt werden mit den heiligen Aposteln, mit den heiligen Märtyrern und mit allen Heiligen, damit wir, mit ihnen vereinigt, Dich die ganze Ewigkeit hindurch lieben und loben können. Znm Pater noster. Wir befinden uns jetzt mit Jesus von neuem auf dem Kalvarienberge. — Bleiben wir unter dem Kreuze voll zärtlichen Mitleids gleichwie eine Maria Magdalena, voll treuer Liebe wie ein heiliger Johannes, mit der Hoffnung, unfern Heiland dereinst in der Herrlichkeit zu erblicken, gleichwie die übrigen Jünger; blicken wir manch¬ mal von ferne auf sie hin und beweinen wir unsere Sünden mit dem heiligen Paulus. O wie glücklich bin ich, mein Gott, daß Du mein Vater bist! O welche Freude verursacht mir der Ge¬ danke, daß der Himmel, wo Du jetzt thronest, auch dereinst meine Wohnung sein werde! Herrsche, o Herr! über alle Herzen und über den Willen aller Menschen. Versage Deinen Kindern nicht ihre geistliche und leib- 7» — 100 — liche Nahrung. Siehe, ich verzeihe von ganzem Herzen allen Menschen, verzeihe auch Du mir. Stärke mich in den Versuchungen und behüte mich in den Leiden dieses elenden Lebens, behüte mich vor allen Dingen vor der Sünde, dem größten aller Uebel. Amen. Zum Agnus Dei. Gott, Welcher so glorreich im Himmel, so mächtig auf Erden und so furchtbar in der Hölle ist, erscheint auf dem Altäre als ein Lamm voll Sanftmuth und Güte. Er kommt, um die Sünden der Welt und ganz beson¬ ders die deinigen auszulöschen. Wie sehr soll dieser Ge¬ danke dein Vertrauen vermehren, welch ein Trost sollte dieß für dich sein! O Du Lamm Gottes, welches Du für mich ge¬ schlachtet worden bist, erbarme Dich meiner! O anbetungswürdiges Opfer, welches Du für mein Heil dargebracht worden bist, errette mich! O göttlicher Mittler, erlange Du mir Gnade bei Deinem Vater, gib mir Deinen Frieden! Zur Kommunion. Um geistig zu kommuniziren, mußt du durch einen Akt des Glaubens den Gedanken an die Gegenwart Jesu Christi erneuern. Erwecke auch einen Akt von Reue und Leid und habe eine brennende Begierde, deinen Heiland mit dem Priester in deinem Herzen zu empfangen. Bitte Jesus, daß Er diese Begierde gnädig annehme und daß Er sich durch Mittheilung Seiner Gnaden mit dir verei¬ nige. *) Wenn du indeß wirklich kommuniziren willst, so Siehe bei den Kommuniongebeten. -- 101 — kannst du dich der Kommuniongebete bedienen, welche du in diesem Buche findest. O mein liebenswürdigster Heiland, wie gerne möchte ich doch zur Zahl jener glücklichen Christen ge¬ hören, denen es erlaubt ist, täglich an Deinem Tische zu erscheinen! O welch ein Vortheil wäre es für mich, o mein Jesu, wenn ich Dich jetzt in meinem Herzen empfangen könnte, um Dir meine Verehrung zu beweisen, um Dir meine Bedürfnisse mitzutheilen und um Theil zu nehmen an den Gnaden, welche Du denen zukommen läffest, die Dich wirklich empfangen! Aber weil ich diese Gnade jetzt nicht verdiene, o mein Gott, so komme Du mei¬ nem Elend zu Hülfe. Verzeih mir all' meine Sünden, denn siehe, ich verabscheue sie von ganzem Herzen, weil sie Dir mißfallen. Nimm an meinen aufrichtigen Wunsch, mich mit Dir zn vereinigen. Reinige Du mich mit einem Blick Deiner Gnade und mache, daß ich Dich so bald als möglich in meinem Herzen empfangen könne. Einst¬ weilen, o mein Gott, flehe ich zu Dir, Du wollest mich jener Gnaden theilhaftig machen, welche durch die Kom¬ munion des Priesters auf alle Gläubigen, die diesem heiligen Opfer beiwohnen, herabgezogen werden. Vermehre, o mein Gott, durch dies göttliche Sa- krameut meinen Glauben, stärke meine Hoffnung, reinige in mir die Liebe zu Dir, mache, daß ich nichts begehre, als Dich allein, daß ich nur noch für Dich lebe. Amen. — 102 — Zu den letzten Gebeten. Siehe zu, daß du deinem Heiland Opfer für Opfer darbringst, indem du selbst ein Opfer Seiner Liebe wirst und Ihm alle Begierden der Eigenliebe, alle menschlichen Rücksichten, allen Widerwillen und alle Neigungen, die der Erfüllung deiner Pflichten entgegen sind, zum Opfer darbringest. Du kommst, o mein Gott, um Dich für mein Heil anfznopfern, siehe, auch ich will mich für Deine Ehre zum Opfer darbringen. Siehe, ich bin Dein Opfer, ver¬ schone mich nicht. Ich nehme freudig alle Leiden an, die Du mir zuschickest, ich segne sie und empfange sie aus Deinen Händen und vereinige sie mit den Leiden meines Jesu! Ich verlasse dies heilige Geheimniß, fest entschlossen, mit Abscheu den kleinsten Flecken der Sünde zu fliehen, hauptsächlich jene, zu denen meine böse Nei¬ gung mich am heftigsten reizt. Ich will Deine heiligen Gebote getreu befolgen, o mein Gott, und bin fest ent¬ schlossen, eher Alles zu verlieren und Alles zu leiden, als eines derselben zu übertreten. Zum Segen des Priesters. Segne, o mein Gett, diese heiligen Vorsätze, segne uns Alle durch die Hand Deines Priesters und mache, daß die Wirkungen Deines Segens unausgesetzt in uns verharren. Im Namen des Vaters, und des Sohnes und des heiligen Geistes. Amen. — 103 — Zum letzten Evangelium. O göttliches Wort, eingeborner Sohn des Vaters, Licht der Welt, Das Du vom Himmel herabgekommen bist, um uns den Weg dahin zu zeigen, lasse nicht zu, daß ich jenem unglücklichen Volke gleiche, welches Dich nicht für den Messias hat anerkennen wollen. O ge¬ statte nicht, mein Gott, daß ich ans dieselbe Weise ver¬ blendet werde, gleichwie jene Unglückseligen, welche lieber Sklaven des Teufels werden wollten, als Theil haben an der glorreichen Kindschaft Gottes, die Du ihnen verschafft hattest. O fleischgewordenes Wort, ich bete Dich mit der tie'sten Verehrung an; auf Dich allein setze ich all' mein Vertrauen und hoffe zuversichtlich, daß, weil Du mein Gott und ein Gott bist, der Mensch geworden, um die Menschen selig zu machen, Du mir die noth- weüdigen Gnaden zu meiner Heiligung hier auf Erden verleihen wollest, damit ich Dich dereinst die ganze Ewigkeit hindurch im Himmel besitzen könne. Amen. Morgen-Andacht. Morgenüöung in weisen Lehren. (Vom heiligen Franz von Sales.) Unter den innerlichen Gebeten, und den mündlichen, die wir an jedem Tage verrichten sollen, behauptet, als allgemeine Vorbe¬ reitung zu allen Werken des ganzen Tages, das Morgengebet die erste Stelle. Dieses Gebet ist auf folgende Weise zu verrichte»: Bete aus dem innersten Grunde des Herzens Gott, den Herrn an, und danke ihm, daß er in der verschwundenen Nacht dich er¬ halten hat; und hast du in derselben irgend eine Sünde begangen, so bitte voll Demuth ihn um Vergebung! Erwäge, daß der heutige Tag von Gott dir verliehen ward, damit du an demselben den künf¬ tigen Tag der Ewigkeit gewännest, und fasse einen festen Entschluß die ganze Zeit des Tages zu diesem Zwecke zu verwenden. Hierauf demüthige dich vor Gott, und erkenne, daß du aus dir selbst nichts von Allem zu thun vermögest, was du reiflich über¬ dacht und beschlossen hast, sowohl das Böse zu meiden, cls das Gute zu üben; und gleichsam als hieltest du dein Herz in d«r Hand, opfere es mit allen guten Vorsätzen der göttlichen Majestät, und — 105 — erflehe von ihr inbrünstig, sie möge dasselbe unter ihren Schutz nehmen und stärken, damit es ihren Dienst getreu erfülle! — Rufe dann die hochgebenedeite Jungfrau, deinen Schutzengel und die Hei¬ ligen um ihren Beistand an! Doch sollen alle diese Uebungen des Gemüthes kurz und mit lebendigem Gefühle vollbracht werden, und, wo möglich, noch ehe man das Zimmer verläßt; damit, kraft dieser Uebung, dein ganzes Tagewerk von dem Thaue der himmlischen Segnungen besprengt werde! Und Dieses unterlasse ja nie! Morgengebet. Mein Herr und mein Gott! ich bete Dich an und danke Dir, daß Du mich zur ewigen Seligkeit erschaffen, erlöset und geheiliget, und mir zur Erlangung derselben unzählbare Gnaden und Wohlthaten an Leib und Seele, und diesen Tag wieder verliehen hast. Welche Liebe und Treue bin ich Dir dafür schuldig! Nur Dir gebührt meine ungetheilte Liebe, als meinem Schöpfer, Erlöser und Hei¬ ligmacher. Ich will von heute an — verzeihe, daß es bisher so nachlässig geschehen ist — alle meine Gedanken, Neigungen, Worte und Werke nur Deinem Dienste weihen. Nicht nach den Gelüsten meiner Sinnlichkeit, den Einge¬ bungen der Eigenliebe, und den bösen Beispielen der Welt, sondern allein nach Deinen Geboten will ich leben, um mein Heil zu wirken. Ich bitte Dich, stärke mich dazu mit Deiner Gnade, ohne die ich weder das Wollen, noch das Vollbringen des Guten habe. Himmlischer Vater! der Du aus Liebe zu mir Dei¬ nen Sohn auf die Welt gesandt und alle Geschöpfe der Erbe zum Nutzen und zur Freude der Menschen erschaffen hast, beschütze mich, daß ich keines derselben mißbrauche, und durch Anhänglichkeit an sie Dir meine Liebe nicht entziehe; sondern vielmehr durch sie zu Dir geführt werde, — 106 — da alle Geschöpfe Deine Allmacht, Güte, Weisheit und Schönheit verkünden. Herr Jesus Christus, mein liebreicher Erlöser! ich bitte, laß diesen Tag Dein Beispiel, Deinen Gehorsam gegen den himmlischen Vater bis zum Tode am Kreuze, wodurch Du mich erlöset hast, und Deine Lehre mir immer vor Augen schweben, daß mein Herz durch Deine Liebe zur Erfüllung der gemachten Vorsätze bei allen Versu¬ chungen bewogen werde; daß mein Leben durch Deine Nachfolge und Verdienste ein unablässiges Gebet und Deinem Vater und Dir durch Demuth, Gehorsam, Sanft- muth, Geduld, Mäßigkeit, Keuschheit und Nächstenliebe ein wohlgefälliger Dienst werde. Gott heiliger Geist! ich bete Dich an und bitte Dich, stärke mich mit Deiner Gnade, und heilige meine Ab¬ sichten in all' meinem Thun und Lassen mit der Liebe, durch welche die Gedanken, Begierden, Gebete, Handlun¬ gen und Leiden Jesu auf Erben dem himmlischen Vater so wohlgefällig geworden sind, damit auch mein heutiges Gebet, und Alles, was ich heute verlangen, denken, reden und thnn werde, ihm wohlgefällig sei. Stärke auch, o Gott heiliger Geist! alle Vorsteher der Kirche, alle meine Verwandte und Freunde, bekehre die Sünder, und erhalte alle Gerechte in der Furcht und Liebe Gottes. Du liebreiche, jungfräuliche Mutter meines Erlösers! in Deinen mütterlichen Schutz empfehle ich auch heute meinen Leib und meine Seele, all' mein Thun und Lassen. Bitte Deinen Sohn um die Gnade, daß ich nach Deinem Beispiele ihm nachfolgen, mit keuschem Leibe ihm dienen, und mit reinem Herzen gefallen möge. Mein heiliger Schutzengel! bewahre und schütze mich auch heute in allen Versuchungen, und in meinem Stre¬ ben nach einem frommen, Gott wohlgefälligem Wandel. Lenke meinen Sinn, daß ich Deine heiligen Eingebungen befolge, damit ich in der letzten Stunde meines Lebens — 107 — durch Deinen Schutz und Deine Fürbitte in die Zahl der Seligen im Himmel ausgenommen werde, Ihr Heilige Gottes! die Ihr die Versuchungen der Hölle, des Fleisches und der Welt durch getreue und ernst¬ liche Mitwirkung mit der göttlichen Gnade überwunden, bittet für mich Sünder bei Gott, daß ich in der Liebe und Treue Euch Nachfolge, besonders Dir, mein heiliger Namenspatron, um einst mit Euch Gott ewig anzubeten und zu preisen. Erinnerung an die Allgegenwart Gottes. O Gott! warum sehe ich nicht immer auf Dich, so wie Du immer mit Güte auf mich blickest? Herr! warum gedenkest Du so oft an mich, und warum denke ich so selten an Dich? Wo bist du, Seele? deine wahre Ruhe und dein Aufenthalt ist Gott; — und wo bist du? Gebet gegen die unreinen Versuchungen. Morgens und Abends nach den, Engel des Herrn zu beten. *) O meine Herrin, o meine Mutter, ich opfere mich Dir ganz auf, und damit ich mich Dir ergeben beweise, Papst Pius IL. hat, den Bitten des Pater General der Ge¬ sellschaft Jesu gnädig willfahrend, allen Lhristgläubigen beiderlei Geschlechtes, welche Morgens und Abends nach dem mit Andacht und reuevollem Ge- miithe gebeteten Englischen Gruße das nachstehende Gebet, gleichviel in welcher Sprache, wenn nur in getreuer Uebersetzung, verrichten, einen Ablaß von hundert Tagen, der täglich einmal zu gewinnen ist, gnädigst verliehen, denjenigen aber, welche einen Monat hindurch jeden Tag dasselbe beten, einen vollkommenen Ablaß, den sie monatlich einmal an dem Tage gewinnen, wo sie reumüthig beichten, die heil. Communion empfangen und in irgend einer Kirche oder öffentlichen Ka¬ pelle einige Zeit nach der Meinung des heil. Vaters beten, und endlich einen Ablaß von vierzig Tagen, so oft sie in irgend einer Versu¬ chung das darauf folgende kürzere Gebet, in welcher Sprache es auch sei, wenn nur in getreuer Uebersetzung, gleichfalls mit reuevollem Herzen und mit Andacht verrichten. (5. August 1851.) Diese Ablässe können auch den armen Seelen im Fegseuer zuge¬ wendet werden. — 108 — so weihe ich Dir heute meine Augen, meine Ohren, meinen Mund, mein Herz, mich ganz und gar. Weil ich also Dein bin, o gute Mutter, so bewahre mich, beschütze mich, als Dein Besitz und Eigenthum. Kürzeres Gebet gegen jede Versuchung. O meine Herrin, o meine Mutter, gedenke, daß ich Dein bin. Bewahre mich, beschütze mich, als Dein Besitz und Eigenthum. Gebet der heil. Elisabeth. In gefahrvoller Lage zu sprechen. Was wird mir wohl heute noch begegnen? Mein Gott! hiervon habe ich gar keine Kenntniß. Aber dieß weiß ich: es wird mir nichts begegnen, was Du nicht schon von Ewigkeit her vorgesehen, angeordnet und be¬ schlossen hättest. Dies ist mir genug, o mein Gott! dies ist mir genug; ich bete Deine ewigen und unerforschlichen Rathschlüsse an; ich unterwerfe mich denselben aus Liebe zu Dir von ganzem Herzen. Ich will Alles mit Erge¬ bung so hinnehmen, was und wie Du willst; ich bringe Dir Alles zum Opfer, und ich vereinige dieses Opfer mit dem Opfer Jesu Christi, meines göttlichen Erlösers. Ich bitte Dich, himmlischer Vater! in Seinem Namen und durch Seine unendlichen Verdienste um die Gnade der Geduld in meinem Kummer und Leiden, wie auch um die gänzliche Unterwerfung, die wir in Allem, was Du willst und Mässest, Dir schuldig sind. Amen. Abend-Andacht. Mendübmig in weisen Lehren. (Vom heil. Franz von Sales.) Wirf vor Gott dich in den Staub, und sammle dein Gemüth vor Jesus, dem Gekreuzigten, welchen du, durch einen Blick in dein Inneres, dir vorstellst; wolle auf's Neue in deinem Herzen anfachen die Gluth deiner Frühbetrachtung durch einige lebendige Seufzer, durch Demüthigungen, und durch ein liebevolles Aufschaueu zu diesem göttlichen Erlöser deiner Seele; oder durchgehe wiederholt Alles, was dich zumeist in der Frühbetrachtung angesprochen hat, oder aber ermuthige dich selbst durch irgend einen frischen Beweggrund, wie es dir am liebsten ist! Die täglich vor dem Schlafengehen zu hal¬ tende Erforschung des Gewissens ist vorzunehmen.- Man dankt Gott, daß Er, in Seiner Gnade, uns den Tag hindurch erhalten hat. Man erforscht, wie man sich zu jeder Stunde des Tages be¬ tragen; und um hierbei erleichtert zu sein, denkl man nach: Wo, — 110 — mit wem, und in welchen Gesellschaften und Beschäftigungen man gewesen war. Findet man nun, daß man etwas Gutes gethan hat: so dankt man Gott dafür; findet man im Gegentheile, daß man in Ge¬ danken, Worten und Werken sich versündigt hat: so bittet man die Majestät Gottes um Verzeihung, mit dem festen Entschlüsse, bei der ersten Gelegenheit deßhalb in der Beicht sich anzuklagen, und sorg¬ fältig sich zu bessern. Hierauf empfiehlt man der göttlichen Vorsehung seinen Körper und seine Seele, die Kirche, Verwandte und Freunde; bittet die allerseligste Jungfrau, den heiligen Schutzengel und die Heiligen, für und über uns zu wachen, und genießt, mit dem Segen und der Gnade Gottes, die Ruhe, die Er als nothwendig uns bestimmte. Nie darf diese Uebung, so wenig als die Morgenübung, un¬ terlassen werden. Denn durch die Morgenandacht öffnen wir die Fenster unserer Seele der Sonne der Gerechtigkeit; durch die Abend¬ andacht hingegen verschließen wir sie den Finsternissen der Hölle. Abendgebet. Mein Herr und mein Gott! ich bete Dich an und danke Dir für alles Gute, das ich diesen Tag wieder von Dir empfangen habe. Verzeihe mir meine Schwachheit, durch die ich die am Morgen gemachten Vorsätze und Versprechen nicht getreu gehalten habe. Wie war ich heute wieder oft so weltlich und fleisch¬ lich gesinnt, so unbehutsam und zerstreut in den äußer¬ lichen Sinnen, so nachlässig in der Geistessammlung und in den Hebungen der Andacht, so unachtsam auf die innern Eingebungen der Gnade, so unbehutsam im Neben, so lieblos gegen die Nächsten, so schnell bewegt zum Zorne, so lieblos im Urtheile, so geneigt, Andere zu richten, so streng gegen Andere, so nachsichtig gegen mich selbst, so unbeherrscht in meinen Neigungen und Leidenschaften, so — 111 — anhänglich an das Zeitliche, so übermäßig in der Freude und so muthlos in den Versuchungen, Widerwärtigkeiten und Leiden. An Deinem Beistände und an Deinen Er¬ mahnungen fehlte es nicht, nur an der ernstlichen Mit¬ wirkung mit Deiner Gnade. Ich gleiche wieder dem Men¬ schen, der auf dem Wege von Jerusalem unter die Räuber gefallen ist. Sei Du wieder, o mein Jesus ! mein barm¬ herziger Samaritan, und gieße Oel und Wein in meine Wunden. Verzeihe mir jede Nachlässigkeit in der Erfül¬ lung meiner Berufspflichten, jeden Mangel an der Selbst- verläugnung und Wachsamkeit, und jede Untreue. Gib mir, o Herr! jene Liebesreue, die zur Nachlassung der täglichen Fehler nothwendig ist, und reinige meine Seele wieder durch Dein auch für mich vergossenes Blut. Siehe auf meine Reue und erbarme Dich meiner! Gib mir die Gnade, daß ich durch die Vergehungen dieses Tages wieder demüthiger und mißtrauischer auf mich selbst werde. Mein Herr und mein Gott! der Du nie schläfst und schlummerst, schließe Du meine Augen und beschütze mich diese Nacht vor allen Gefahren des Leibes und der Seele. Wende von mir, und von allen meinen Ver¬ wandten und Freunden ab alle bösen Gedanken, Versu¬ chungen, Krankheiten, Feuersgefahren und einen schnellen Tod. Eröffne am Morgen unsere Augen zum neuen Leben, und laß uns wieder gesund aufftehen zu Deinem Dienste, um einst der ewigen Ruhe gewürdigt zu werden. Amen. O Maria! Du unbefleckte Gottes-Mutter, es ist noch nie gehört worden, daß Jemand, ohne erhört zu werden, Dich um Fürbitte angerufen habe. Du Mutter der Barm¬ herzigkeit! suche mir die Gnade und Erbarmung Gottes zu erlangen. Nimm Dich meiner an, ich preise Dich, ich liebe Dich, ich vertraue auf Dich, und übergebe mich Dir ganz. Mein heiliger Schutzengel, verzeihe, daß ich auch diesen Tag hindurch aus Deine Gegenwart so oft ver- — 112 — gessen und durch die Sünden, die ich auch heute wieder- begangen, Dich betrübt habe. Bitte auch mit mir um Verzeihung derselben, wache diese Nacht wieder an meiner Seite und wende alle Versuchungen zur Sünde und an¬ dere Uebcl von mir ab. Auch Du, mein Schutzpatron und alle Heilige, bitter für mich! Sehr nützliche Erinnerung, und Gebet zu Gott, um die Gnade der Bekehrung. (Vom heil. Franz von Sales.) »Wahrlich, ich sagc euch: wenn Ihr euch nicht bekehret und werdet, wie die Kindlein, so werdet ihr nicht in das Himmelreich eingeycn l« Matth. 18, 3. Erhebe dich, meine Seele, und verschiebe deine Be¬ kehrung keinen Augenblick! Das Vergangene ist nicht mehr vorhanden, das Künftige steht nicht in deiner Ge¬ walt; nur das Gegenwärtige ist dein, und was gegen¬ wärtig ist, ist nichts als ein Augenblick, und dir nur dazu verliehen, daß du Gott dienest und die ewige Seeligkeit gewinnest. Fasse wohl die Kraft dieser Worte: Es ist ein Gott, ein Augenblick, eine Ewigkeit. Ein Gott, der dich sieht; ein Augenblick, welcher dir entflieht; eine Ewigkeit, welche dich erwartet. Ein Gott, welcher Alles ist, ein Augenblick, welcher Nichts ist, eine Ewigkeit, welche dir ewig entweder Alles nimmt, oder Alles schenkt. Ein Gott, dem du so wenig dienest; ein Augenblick, welchen du so übel anwendest; eine Ewigkeit, welche du der Gefahr nnv dem Zufall aussetzest. O Gott! o Augenblick! o Ewigkeit! O Gott! mein Herz sieht auf Dich, mein Herz verlangt Dich, mein Herz sucht Dich, damit es sich Dir ergebe, damit es sich Dir unterwerfe, damit es mit Dir erfüllet werde. Dich bitte ich, nimm es in Besitz, vertilge die Sünde, die Neigung zu den Geschöpfen, die unordentliche Liebe zu mir selbst, auf daß ich Dir alle Augenblicke — 113 — meines Lebens so getreu diene, daß ich Dich in der Ewigkeit zu besitzen würdig werde. Amen. Deicht-Gebete. Vorbereitung zur heiligen Beichte. (Bom heiligen Ulphons von Liguori.» Stelle dir vor, als wenn diese Beicht die letzte deines Lebens wäre. Bereite dich dazu vor wie ein Mensch, der sich auf dem Krankenbette, dem Tode sehr nahe, schon am Rande des Grabes befindet. Bitte Gott um die Gnade, deine Gewifsenserforschung gut anzustellen und das nöthige Verstandeslicht zu erhalten, um deine Sünden recht zu erkennen. O Gott und Vater des Lichtes, Du hast alle Men¬ schen erleuchtet, die in diese Welt kommen, sende doch in mein armes Herz einen Strahl des heiligen Lichtes der Liebe und Reue, damit ich im Stande sei, die wider Dich begangenen Sünden recht zu erkennen, zu bereuen und zu beichten. Du aber, o Gebärerin meines Gottes, die Du so liebevoll bist gegen die Sünder, welche wahrhaft ihre Sünden zu bereuen verlangen, stehe mir bei mit Deiner Alles vermögenden Huld und Gnade, Du, nach Gott meine einzige Hoffnung, Maria! Mein heiliger Schutzengel, hilf mir durch Deinen Beistand alle die Beleidigungen erkennen, deren ich mich wider meinen Gott schuldig gemacht habe. Alle Heiligen und Auserwählten des Himmels, bittet sür mich, damit ich würdige Früchte der Buße bringe. Amen. 8 — 114 — Mele vor der heiligen Reichte. Anrufung -es heiligen Geistes. Ich bin ein Sünder, o Gott! ich habe das Ver¬ sprechen nicht gehalten, welches ich Dir bei meiner letzten Beicht darbrachte, indem ich meine ehemaligen Sünden wieder begangen habe und vielleicht noch viele andere dazu. Ach Gott, wie sehr beunruhigt mich mein Gewissen; ich muß Deine unendliche Barmherzigkeit wieder anrufen. Deßwegen komme ich zu dem heiligen Sakramente, welches Du, o Jesus, zur Vergebung der Sünden eingesetzt haft. Ich wollte mich heute gern von ganzem Herzen bekehren und Deine Liebe wieder erhalten; aber aus mir selbst kann ich nichts Gutes. Darum bitte ich Dich, o heiliger Geist, um Deinen göttlichen Beistand. Erleuchte mich, daß ich alle meine Sünden erkenne und sie nicht bei mir ent¬ schuldige. Kehre mein Herz um, daß ich meine Sünden vom Herzen verabscheue und mich fest und ernstlich zur Besserung entschließe. Stärke mich, daß ich in der Beicht aufrichtig meine begangenen Sünden entdecke, aus Scham¬ haftigkeit nichts verschweige oder bemäntele, und dann würdige Früchte der Buße bringe. O heiliger Geist der Gnade, verwirf nicht das Gebet eines unglücklichen Sün¬ ders! Ich bitte Dich durch Jesum Christum, unfern Herrn, erhöre mein Gebet! Amen. — 115 — «gebet vor der «gemissm8erfarschung. Schuldbewußt und beschämt erscheine ich vor Dir, o Gott, denn ich habe Dich auf vielfache Weise und häufig beleidigt und durch meine Sünden Deinen Zorn erregt. Ich weiß es, wenn Du mir keine Verzeihung angcdeihen lässeft, so bin ich auf ewig aus Deinem An¬ gesicht verstoßen. Aber ich wünsche von ganzem Herzen, mit Dir ausgesöhnt zu werden, und will daher mein In¬ neres erforschen, um alle Vergehungen zu erkennen, wo¬ durch ich Dich beleidigt habe; ich will ernstlich und auf¬ merksam jeden Winkel meiner Seele untersuchen und alle Sünden, in die ich das Unglück hatte zu fallen, vor Dir reumüthig bekennen, denn nur so darf ich hoffen, Ver¬ zeihung zu erlangen. Bei meiner Schwäche und der Nei¬ gung, mich selbst zu täuschen, bitte ich Dich aber, mir den Beistand Deines himmlischen Lichtes bei diesem Werke zu verleihen. Laß mich durch Deine Gnade alle meine Unvollkommenheiten entdecken, alle meine Verirrungen einsehen und Alles, wodurch ich Dich beleidigt und Deine Liebe mit Undank belohnt habe, klar erkennen, denn ich weiß, daß nichts vor Dir, o ewige Weisheit, verborgen ist. So viele von mir begangene Sünden auch klar vor meinem Gedächtnisse stehen, so entgeht mir doch die Er- kenntniß noch vieler anderer, da meine Eigenliebe und Selbsttäuschung über meinen sündhaften Zustand mich ver¬ blenden. Laß auch diese mich erkennen, o Herr! Erbarme Dich meiner und erleuchte die Dunkelheit meines Innern ; heile meine Verblendung und entferne den Schleier, der so manche meiner Vergehungen und Nachlässigkeiten vor mir verhüllt, damit ich nicht länger mir selbst verborgen bleibe und meine Augen über den ganzen sündhaften Zu¬ stand meiner Seele geöffnet werden. Hilf mir, o Gott aller Güte und Barmherzigkeit, mich frei machen von der schweren Last, die mich drückt. Komm, heiliger Geist, und erleuchte durch einen Strahl Deines göttlichen Lichtes 8* — 116 — meinen Verstand, damit ich zur vollkommenen Erkenntniß aller meiner Missethaten gelange, sie aufrichtig und reu- müthig bekenne und wieder in Deine Gnade ausgenom¬ men werde. Hemissen8erforschung. „Du sollst Gott deinen Herrn über Alles und deinen Nächsten wie dich selbst lieben — das ist der Inbegriff aller Gebote." Wie erfüllte ich meine Pflichten gegen Gott? und zwar in Bezug auf den Glauben, die Hoffnung und die Liebe? Habe ich alle Wahrheiten der heiligen Religion, wie die Kirche sie vorstellt, fest geglaubt? Habe ich jederzeit mein Ver¬ trauen zuversichtlich auf Gott gesetzt? — Habe ich die Liebe und Ehrfurcht, wie sie Gott gebührt, stets durch mein Denken, Thun und Lassen bewährt? — Habe ich Gottes Namen nicht mißbraucht durch Fluchen, Schwören rc. ? — Wie handelte ich gegen meinen Räch st en? Habe ich ihm geschadet an seinem Leibe, seiner Seele, seinem Gut oder seiner Ehre? - Durch Acrger, Haß, Kränkung, Verfolgung, Rach¬ gier, Verletzung? — Durch Aergernißgeben, böses Beispiel, Ver¬ führung zum Bösen, verderblichen Rath? — Durch Entwendung, Betrug, Wucher, Verfälschung, falsches Zeugniß? — Durch unge¬ gründeten Argwohn, Verachtung, Ehrabschneiden, Verläumdung? — Wie habe ich die Pflichten der Liebe gegen meinen Nächsten aus¬ geübt? — Gegen Nothleidende, Arme und Hülfsbedürftige? Wie erfüllte ich diePflichten gegen mich selbst? Hinsichtlich der Keuschheit und Mäßigkeit? — In Gedanken, Be¬ gierden, Worten und Werken? — Habe ich die Gelegenheit und Versuchungen zum Sündigen vermieden? — Wie habe ich die Pflichten Meines Standes erfüllt? — Habe ich an meiner Besse- rung mit Ernst gearbeitet ? — Habe ich mich bestrebt, die Sünden, welche ich am häufigsten begehe, allmählig abzulegen? — Habe ich gewisse Sünden sogar zur Gewohnheit werden lassen? — Wie habe ich mich gegen die Gebote der Kirche verfehlt? Aekuni; der Reue und des Vorsatzes nach der Zewissenserforschung. (Vom heil. Franz v. Sales) Mein Herr und mein Gott! ein Herz, Vas sich vor Dir demüthigt, willst Du nicht verwerfen. Ich armer, Deiner Erbarmung und Gnade unwürdiger Sünder bereue in tiefster Demuth mit innigster Betrübniß zu Deinen Füßen alle meine Sünden, womit ich Dich bis auf diese Stunde beleidigt habe. Ich habe Dir die schuldige Ehr¬ furcht und Liebe nicht erwiesen, gegen den Nächsten und gegen mich selbst gesündigt. Nicht allein deßwegen bereue und verabscheue ich meine Sünden, weil ich dlwch sie die Ruhe des Herzens verloren und wohl verdiente Strafe zu fürchten habe; sondern vorzüglich, weil ich Dich, Du Heiligster! beleidigt, gegen Dich, mein Schöpfer und liebreichster Erlöser! so undankbar gewesen bin, und Deine Einsprechungen, Gott heiliger Geist! nicht getreu befolgt habe. Ich fühle es, wie wenig ich Deine Erbarmung verdiene, wie ungenügend meine Reue ist. Erweiche, o Herr! mein so hartes Herz, das sich so schwer gegen Deine Liebe versündigte, damit es mit vollkommener Lie¬ besreue und mit einem ernstlichen Vorsatze zur Besse¬ rung erfüllt werde, damit ich keinen selbstsüchtigen Willen, keine sinnlichen Gelüste und kein Geschöpf Deinem Willen und Wohlgefallen vorziehe. Ersetze Du, gütigster Jesus! was meiner Reue noch mangelt, durch die Verdienste Demes Schmerzens über meine Sünden am Oelberge und am Kreuze. Stärke meine Vorsätze, Dir mit aller Treue des Herzens zu dienen, den Eingebungen des heiligen Geistes ohne Widerstrebung zu folgen, jede Neigung der Eigenliebe und Sinnlichkeit zu unterdrücken, alle Gelegen¬ heiten ernstlich zu fliehen, die zur Sünde Veranlassung geben könnten, und alle Heilsmittel anzuwenden, um durch ein Dir wohlgefälliges Leben Deiner Liebe und Erbar- mung würdig zu werden. Eröffne mein Herz und meinen Mund zum reuevollen, aufrichtigen Bekenntnisse meiner Sünden, um durch die Gnade des heiligen Bußsakra¬ mentes Verzeihung, Ruhe des Herzens, und Licht und Kraft zur Besserung zu erlangen. Heilige Maria, Du Trost und Zuflucht der Sünder! bitte für mich bei Deinem Sohne, damit ich durch das Bekenntniß meiner Sünden Barmherzigkeit und Gnade erlange. Hebet zu Ies»8 und Maria. (Vom heil. Alphons Liguori.) O mein Jesus! Du hast so viel gelitten, Du hast all Dein Blut und Dein Leben dahingegeben, damit ich Dich liebe, und ich, um meine Eigenliebe zu befriedigen, habe Dir nur mit Undank vergolten. Ach, wie ost habe ich Dir den Rücken zugewendet und Deine Gnade ver¬ loren! Freilich wußte ich wohl, daß ich durch meine Sünden Dir sehr mißfallen habe, ach, ich wußte es, und that es dennoch! O mein geliebter Erlöser! heile mich, um des kostbaren Bluttes willen, das Du für mich ver¬ gossen hast. Deshalb bitten wir Dich, komme Deinen Dienern zuHülfe, die Du durch Dein kostbares Blut erlöset hast. Es reuet mich von ganzem Herzen, daß ich Deine unendliche Güte beleidigt habe. O mein Gott! vermehre diese meine Reue, gib mir — 119 — einen solchen Schmerz über meine Sünden, daß ich bis zum Tode von Schmerz durchdrungen bleibe, wegen der Beleidigungen, die ich Dir zugefüqt habe. Wenn ich jetzt sterben müßte, so könnte ich Dich nicht mehr lieben. O mein Gott! weil Du mir noch Zeit gibst, Dich zu lieben, so will ich Dich wahrhaft lieben und nichts Anderes lieben, als Dich allein. Ich liebe Dich! mein höchstes Gut! ich liebe Dich von ganzem Herzen, und weil ich Dich liebe, so schenke ich Dir meinen ganzen Willen. Gib mir die Gnade, Dich in der Folge immer zu lieben, und mache alsdann mit mir und verfüge über mich, wie es Dir gefällt, denn siehe, ich nehme Alles an. Mache, baß ich in allen Versuchungen und in allen Gefahren Dich zn beleidigen, es nie unterlasse, mich Dir anznem- pfehlen. — O Maria! meine Mutter, erlange Du mir diese Gnade, daß ich in den Versuchungen immer zu Gott und zu Dir meine Zuflucht nehme, zu Dir, die Du Alles bei Gott vermagst. Hebet zur Mutter Holles. (Vom heil. Bernhardus.) Erinnere Dich, o mitleidige Jungfrau, daß es noch nicht erhört worden, es habe Jemand zu Dir seine Zu¬ flucht genommen und sei von Dir verlassen worben. Be¬ lebt von gleichem Vertrauen, erhebe ich meine Hände zu Dir, o Königin der Jungfrauen und Mutter der Barm¬ herzigkeit, der ich seufze unter der Last meiner Sünden. Bitte für mich zu Deinem lieben Sohne um Verzeihung derselbe». O verwirf nicht mein demüthiges Flehen, nimm es vielmehr auf mit Deinem liebevollen Herzen und erlange ihm die Gnade der Erhörung. Amen. — 120 - Rirchengeket. O Gott, Der Du keinen Sünder, auch den größten nicht, der sich mit zerknirschtem Herzen Dir nahet, zu- rückweisest, sondern Milde, Erbarmung und Versöhnung finden lassest — sieh mit dem Blicke der Gnade herab auf mein Flehen, das ich im Gefühle meiner Niedrigkeit darbringe, und erleuchte mein Herz, damit ich Deine Ge¬ bote zu erfüllen vermöge. Gib mir, o Herr, Beständigkeit im Glauben an Dich und Beständigkeit im aufrichtigen Wandel vor Dir, damit mein Gemüth in der gött¬ lichen Liebe fest gegründet und die Vollkommenheit dieser Liebe durch keine Versuchung geschwächt werde. Durch Jesum Christum, Deinen Sohn, unfern Herrn. Amen. — 121 — Litanei von der Liebesreue. (Vom ehrw. Papst Pius VI) Herr, erbarme Dich meiner! Christus, erbarme Dich meiner! Herr, erbarme Dich meiner! Gott Vater vom Himmel, Gott Sohn, Erlöser der Welt, Gott heiliger Geist, Heilige Dreifaltigkeit, ein einiger Gott, Der Du Deine Allmacht und Güte durch Verschonen und s langmüthiges Nachsehen offenbarest, Der Du die Bekehrung der Sünder so geduldig abwartest, Der Du die Sünder zur Buße so liebreich einladest, Der Du Dich über die Bekehrung der Sünder so sehr erfreust, Daß ich gesündigt habe, reuet mich von Herzen, o Gott! Daß ich oft und schwer gesündigt habe, Daß ich mit Gedanken, Worten und Werken gesündigt habe, Daß ich so bedachtsam und muthwillig gesündigt habe, Daß ich mit unzählbaren Nachlässigkeiten und Versäumnissen gesündigt habe, Daß ich Deine heiligen Gesetze so frech übertreten habe, Daß ich Deine Allmacht nicht gefürchtet habe, Daß ich Deine Liebe verachtet habe, Daß ich Deine Güte und Langmuth mißbraucht habe, Daß ich die Wunden und Schmerzen Deines göttlichen Soh¬ nes erneuert habe, Daß ich mich Deiner gerechten Strafe in dieser und der an¬ dern Welt schuldig gemacht habe, Wegen alles dieses reuet es mich von Herzen, o Gott! Erbarme Dich meiner! Reuet mich von Herzen, o Gott! — 122 — Aber noch weit mehr und vor Allem wegen Deiner selbst, Weil ich Dich erzürnt habe, Weil ich Dir mißfallen habe, Weil ich D.ich nicht über Alles liebe, In Bereinigung mit jener heftigen Liebesreue, welche jemals alle heiligen Büßer gehabt haben. In Bereinigung mit jenem äußersten Abscheu ob der aller¬ mindesten Sünde, welchen die jungfräuliche Mutter Maria jederzeit getragen, In Vereinigung mit jenen unbegreiflichen Schmerzen, welche Dein göttlicher Sohn auf dem Oelberge wegen meiner und der ganzen Welt Sünden in Seinem Herzen empfunden, O Du Lamm Gottes rc. Vater unser rc. Hebet. O Gott, Dem es eigenthümlich ist, allezeit sich zu erbarmen und zu verschonen, sieh nicht an die Menge und Bosheit meiner Sünden, sondern die Größe Deiner Barmherzigkeit. Ach! verschmähe nicht ein zerknirschtes und gedemüthigtes Herz. Ich will mit Deiner Hülse mein Leben bessern, alle Gefahren und böse Gelegen¬ heiten fliehen, ja eher will ich sterben, als noch einmal eine Sünde begehen. Züchtige mich, o von mir so oft, so schwer beleidigter Gott und Herr, wie's Dir gefällt — ich habe Alles verdient. Nur um dieses bitte ich durch Deinen geliebtesten Sohn, Der für uns Sünder ge¬ storben ist, verstoße mich nicht auf ewig von Deinem An¬ gesichte, entziehe mir nicht die Gnade, noch in diesem Leben würdige Früchte der Buße zu wirken, damit ich einst im Himmel mit allen heiligen Büßern Deine übergroße Er- barmung ewig loben und preisen möge. Durch Iesum Christum, unfern Herrn. Amen. — 123 — Erneuerung de8 Toufgetübdes. Ich glaube an Gott, den Vater, Sohn und heiligen Geist. Ich glaube an Iesum Christum, den eingebornen Sohn Gottes, der Gott und Mensch zugleich ist, der das menschliche Geschlecht durch Sein Leiden und Sterben erlöset hat. Ich glaube Alles, was Gott geoffenbaret, was Jesus und Seine heiligen Apostel gelehret haben, und was die katholische Kirche, deren Glied ich im Leben und Sterben zu sein verlange, zu glauben vorftellet. Ich widersage von ganzem Herzen dem Teufel, seiner Hoffart und allen seinen Werken. Ich widersage auch allen Sün¬ den, der Pracht und allen verführerischen Lehren der Welt. Ich bin entschlossen, ein christliches Leben zu führen. Gott stärke mich in meinem Vorsatze durch Seine all¬ mächtige Gnade! Amen. Nach vollendeter Gewissenserforschung und gehöriger Vorberei¬ tung verfüge dich in den Beichtstuhl. Mit einem Anstande, der sich einer solchen Person geziemt, die sich des Lasters der beleidigten allerhöchsten Majestät schuldig gemacht hat, mit Demuth, mit Ein¬ falt des Herzens, mit innerlicher Ruhe und festem Vertrauen, ohne dich zu ängstigen, ob auch etwas deinem Gedächtnisse entfallen sein möchte, verrichte vor dem anwesenden Gewissensrichter deine Selbst¬ anklage und merke mit gelehrigem Herzen auf die Ermahnungen des Beichtvaters. Siehe in ihn, nur Iesum Christum und betrage dich, so lange du mit ihm redest, gerade so als ob du mit Christo selbst redetest. — Hast du dich etwa einer Sünde anzuklagen, in die du zurückgefallen bist, so mache einen ganz besondern Vorsatz, nicht mehr darein zu fallen, mit dem ernsten Versprechen, auch die Ge¬ legenheit zu vermeiren und die vom Beichtvater dir verordneten Mittel oder diejenigen, welche du als die wirksamsten zu deiner Besserung erachtest, gewiß anzuwenden. — 124 — Gebete nach der heiligen Deicht. Lob- und Dankgebete nach dem 102. Psalm. Lobe, meine Seele, den Herrn und vergiß nicht alle seine Wohltbaten. Lobe, meine Seele, den Herrn, der alle deine Missethaten vergibt, der alle deine Schwach¬ heiten heilet; der dich vom Untergange erlöset, und dich krönet mit Gnade und Erbarmung. Der Herr ist gnädig und barmherzig, langmüthig und von großer Erbarmung. Er zürnet nicht immer, noch drohet Er ewig. Er hat uns nicht gethan nach unfern Sünden, uns nicht vergolten nach unfern Mifsetbaten. So hoch der Himmel über der Erde, so groß ist Seine Barmherzigkeit über die, welche Ihn fürchten. So weit der Sonnenaufgang entfernt ist vom Untergang, so weit entfernt Er von uns unsere Sünden. Wie ein Vater sich erbarmt seiner Kinder, so erbarmt sich der Herr über die, welche Ihn fürchten. Denn Er kennet, was wir für Geschöpfe sind; Er gedenkt, daß wir Staub sind. Die Barmherzigkeit des Herrn währet von Ewigkeit zu Ewigkeit über die, welche Ihn fürchten, Seinen Bund halten, und Sein Gebot thun. Ich will den Herrn preisen zu allen Zeiten; immer soll Sein Lob in meinem Munde sein. Machet groß mit mir den Herrn; lasset uns erheben Seinen Namen mit ein¬ ander. Ich habe gesucht den Herrn, und Er hat mich erhört, und ans allen meinen Trübsalen mich erretet. Der Engel des Herrn wird sich lagern um die, welche Ihn fürchten, und sie erretten. Verkostet und sehet, denn der Herr ist süß; selig der Mann, der auf Ihn hoffet. Kommet, ihr Kinder, höret auf mich; die Furcht des Herrn — 125 — Will ich euch lehren. Bewahre deine Zunge vom Bösen, und deine Lippen, daß sie nicht Trug reden. Weiche vom Bösen, und thue das Gute; suche den Frieden und jage ihm nach, und du wirst gute Tage sehen. Nahe ist der Herr denen, die bedrängten Herzens sind, und hilft denen, die gebeugten Geistes sind. Der Herr hat meine Seele bekehret, mich geführt auf den Weg der Gerechtigkeit um Seines Namens willen. Ich will Dich Preisen, o Herr, denn Du hast mich ausgenommen. Du hast meine Feinde sich nicht freuen lassen über mich. Herr, mein Gott, zu Dir habe ich gerufen, und Du hast mich gehcilet; zu meinem Gott habe ich gestehet, und der Herr hat cs gehört, und sich meiner erbarmet; der Herr ist mein Helfer geworden. Du, o Herr, hast mir verwandelt mein Weinen in Freude; mein Gott, ewig will ich Dich Preisen. Erneuerung der Vorsätze. Gütigster, barmherzigster Gott! meine Seele ist nun, wie ich zuversichtlich hoffe, im Blute Deines Sohnes, Jesu Christi, von allen Sünden gereiniget, und durch die Gnade des heiligen Sakramentes wieder mit Dir aus- gesöhnet. Mit kindlichem Zutrauen darf ich Dich wieder meinen Vater neunen, da Du mir die Liebe Deines vä¬ terlichen Herzens abermals geschenkt hast. Diese Liebe, Deine Gnade und Freundschaft, seien mir von nun an das Theuerste auf Erden; um keinen Breis mehr will ich sie hinaeben. — Herr, mein Gott! Du siehst in mein Herz; Du siehst mein aufrichtiges Verlangen nach Bes¬ serung und Heiligung meines Lebens. Ja, ein neues, Dir wohlgefälliges Leben will ich von nun an führen; nur Dir und Deinem heiligen Dienste will ich leben. Ich will sortan Gewalt brauchen, das Himmelreich an mich zu reißen, und mit Eifer das suchen, und nach dem trachten, Was oben ist, koste es nur, was es wolle, — von Deinen — 126 — heiligen Geboten will ich nicht mehr abweichen. Wachen und beten will ich, damit ich der Versuchung nicht mehr unterlige. Fliehen will ich wie vor dem Anblicke einer Schlange vor Allem, was mich in Gefahr bringen könnte, Deine Vaterhulo auf's Neue zu verlieren. Durch verdop¬ pelten Eifer und genaue Erfüllung aller meiner Pflichten will ich hercinzubringen mich bestreben, was ich bisher in meiner Lauigkeit verabsäumt habe. Bitte um die Gnade der Beharrlichkeit. Herr, mein Gott, Du kennest meine Hinfälligkeit und Schwäche; Du weißt, wie nnstät und veränderlich mein Wille ist. Auch ich weiß, daß ich meinen besten Vorsätzen nicht trauen darf. Darum flehe ich vom ganzen Herzen zu Dir, von dem allein nur alle unsere Kraft, alles Wollen und Vollbringen des Guten kommt. Erbarme Dich meiner, o Gott, um Deiner Güte, und der Ver¬ dienste Jesu Willen; gib mir ein größeres Maß der Gnade, damit ich doch einmal meinen alten Menschen an das Kreuz schlage, und der Sünde hinfort nicht mehr diene, sondern, errettet jetzt aus der Hand meiner Feinde, Dir diene in Gerechtigkeit und Heiligkeit alle Tage meines Lebens. Du weißt es, o Herr, welchen Gefahren und Anfechtungen ich stets ausgesetzt bin in einer Welt, die Dich so wenig kennet, und noch weniger liebet; darum sei Du mein treuer Hirt. Wache über mich, ermahne mich, stärke mich, und führe mich durch Deinen heiligen Geist, auf daß ich nimmer mehr in mein früheres Sündenelend zurückfalle, aus dem Deine Erbarniungen mich heute errettet haben. Erhalte in mir den Geist der Buße, und hilf mir, daß ich bis zu meinem Ende getreu in Deinem Dienste verharre. Heilige Maria, Mutter der Gnaden, Du hast so vielen Sündern nicht nur die Gnade der Bekehrung, son- — 127 — dern auch der Beharrlichkeit im Guten von Gott erbeten; o erflehe auch mir die Gnade, daß ich dasjenige, was ich bei meiner heutigen Beicht Deinem göttlichen Sohne ver¬ sprochen habe, mit unverbrüchlicher Treue halte, und durch keine Sünde mehr von ihm getrennt werden möge. Amen. Gebet zu Jesu. (Von dem heiligen Alphons von Liguori.) Nein, mein Gott! Du hast mich lange genug er¬ tragen, ich will Dich nicht länger warten lassen, ich will mich ganz Dir schenken. Du hast mich schon so oft er¬ mahnt, der Welt zu entsagen und nur Dich zu lieben, auch heute rufest Du mich. Siehe, hier bin ich, nimm mich in Deine Arme, ich übergebe mich Dir jetzt ganz und gar! O unbeflecktes Lamm! das Du am Kreuze auf dem Kalvarienberge Dich für mich aufgeopfert hast, rei¬ nige Du mich vorher durch Dein Blut, vergib mir alle Beleidigungen, die ich Dir zugefügt habe und entflamme mich alsdann mir Deiner heiligen Liebe. Ich liebe Dich über Alles, ich liebe Dich von ganzem Herzen! Was könnte ich auch nur auf Erden finden, was mehr als Du meine Liebe verdiente? Wer hat mich auf Erden mehr geliebt als Du? Mutter Gottes, meine Fürspre¬ cherin Maria! bitte für mich und bewirke, daß ich wahr¬ haft und für immer mein Leben ändere; ich vertraue auf Dich. Gebet zur Mutter Gottes. (Vom heiligen Anselmus.) Gelobt sei Gott der Herr, Der mich in dem Blute Seines Sohnes gereinigt und auf Deine Fürbitte, o Maria, die Bande meiner Sünden, die mir nun nachge- — 128 — lassen sind, zerbrochen hat! Nun darf ich in Frieden hin¬ gehen. Alle lieben Heiligen sollen mit Dir Gott ohne Ende statt meiner loben und Ihm danken wegen Seiner Güte und unendlichen Barmherzigkeit! Ach! könnte ich jetzt mit Verrichtung meiner Buße den Herrn eben so unendlich verehren und erfreuen, wie ich Ihn durch meine Sünden entehrt und beleidigt habe! O heiligste Jung¬ frau, so überaus wohlgefällig in den Augen des Aller¬ höchsten, würdige Dich, meine Genugthuung mit dem unendlichen Werthe der Genugthuung Deines Sohnes, Jesu Christi, zu vereinigen und sic mit Deinen erhabenen Verdiensten den Augen der göttlichen Gerechtigkeit darzu¬ stellen. Erwirb mir die Gnade, daß ich würdige Früchte der Buße ausweise, und gestatte nicht, daß ich mit einer Halbbuße den Himmel zu täuschen suche und die Hölle wegen meiner Beichten zum Frohlocken bringe. Heilige Maria! erbitte mir bei Deinem lieben Sohne einen guten Sinn und die Weisheit der Heiligen, damit mein Wandel nach allen Geboten und Satzungen des Herrn untadelhaft werde. Amen. Gebet vom heiligen Augustin. Ich danke Dir, mein Herr und Erlöser, daß Du mich ohne alles mein Verdienst von meinen Wunden ge- heilet, mich versöhnet, von der Gefangenschaft des Satans erlöset, von der Finsterniß der Sünde zum Lichte der Gnade zurückgebracht, und vom geistigen Tode wieder zum Leben erweckt hast. In Demuth bekenne ich meine Schwachheit, und flehe zu Deiner Barmherzigkeit um die Gnade, daß Du, weil Du mit Deinen Erbarmungen mir znvorgekommen bist, die Gnaden und Wohlthaten in mir nicht nur bewahren, sondern auch vermehren wollest, die Du mir zu verleihen Dich gewürdigt hast. Gib, o gütiger Erlöser, daß Dein, mir freiwillig zugetheiltes — 129 — Geschenk an mir nicht fruchtlos sek; vollende, was Du in mir angefangen hast, und gewähre mir das, was ich durch Deine zuvorkommende Gnade zu meiner Besserung mir vorgenommen habe, der Du mit dem Vater und dem heiligen Geiste von Ewigkeit zu Ewigkeit lebst und re¬ gierst. Amen. Gebet des heiligen Franz von Sales. Mein Gott, ich erscheine vor Dir armselig und leer an verdienstlichen Werken, und habe nichts, womit ich sür meine Sünden Dir Genugthuung leisten könnte; aber ich bringe Dir dar die Verdienste Jesu, Deines geliebten Sohnes, welche unendlich größer sind, als alle Beleidi¬ gungen, die von mir und allen übrigen Geschöpfen jemals Dir zugefügt wurden. Ewiger Vater, ich opfere Dir den Preis der Erlösung, den er, sterbend am Holze des Kreuzes, für mich dargebracht. Siehe, o Herr, auf Deinen Sohn, und höre die Stimme Seines Blutes, die für mich um Erbarmung ruft; und wenn meine Augen jetzt keine Thränen haben, um meine Sünden zu beweinen, und mein Herz nur innerlich sie verabscheut, so schaue vielmehr auf die Thränen Deines eingebornen Sohnes, und auf alle die Blutstropfen, die er, im Leben wie im Tode, für meine Vergehungen vergossen hat. Verzeihe also, v mein Gott, meinem Stolze und meiner Eitelkeit durch Deines geliebtesten Sohnes unaussprechliche Demuth. Durch Seine heiligste Liebe vergib alle meine Bosheit, und durch Seine vollkommene Armuth alle meine Hab¬ sucht. Durch die jungfräuliche Reinigkeit Seines Leibes verzeihe alle Unlauterkeit meines Herzens und meiner Sinne; durch den Hunger und Durst, den Er in der Wüste und am Kreuze erduldet, alle meine Unmäßigkeit und Lüsternheit. Durch die süße Sanftmuth und Milde des unbefleckten Lammes sei nachsichtig allen Sünden meines Zornmnthes, meiner Widerspänstigkeit und Rach- 9 — 130 — sucht. Durch den liebreichen Eifer und die Sorgfalt, womit Er rastlos für mein Heil wirkte, verzeihe alle meine Fahrlässigkeit und Lauigkeit. Durch alle Seine Ver¬ dienste und unendlichen Vollkommenheiten verzeihe meine zahllosen Mängel und Gebrechen. Zur Genugthuung endlich für so viele Verschuldun¬ gen will ich, wenn es so Dir gefällt, alle Mühseligkeiten, Betrübnisse und Widerwärtigkeiten bereitwillig ertragen, sie mögen nun geradezu von Dir, oder durch Deine Ge¬ schöpfe, nach den Anordnungen Deiner göttlichen Fürse- hung, mir gesendet werden, welcher ich vom ganzen Herzen und bis zu meinem letzten Athemzuge mich unterwerfe. Alles, o mein Gott; nur keine Sünde mehr! — 131 — Kommunion-Gebete. Worin besteht die Vorbereitung zur heiligen Kommunion ? Der Katechismus sagt: In der Reinheit des Gewissens, und in der Andacht des Herzens. — Soll ein Großer dieser Erde irgendwo ausgenommen werden, so ist wohl das Erste, die ihm zugedachte Wohnung möglichst von allem Schmutz und Staub zu reinigen, und Alles wegzuräumen, was die Augen eines so hohen Herrn im Mindesten beleidigen könnte. Darum, mein Christ, suche auch du deine Seele durch eine wahre Reue und gute Beicht von allem Unrathe der Sünde nach Kräften zu reinigen, ehevor du Denjenigen in dein Herz aufnimmst, vor dem alle Könige der Erde Staub sind, und Dessen Heiligkeit unendlich ist. Wenigstens mußt du von jeder schweren Sünde frei, also im Stande der heiligma¬ chenden Gnade sein. Wehe dir, wenn du dieses hochzeitlichen Kleides am Tische des Herrn entbehrst! — „Die Augen des Herrn sind rein, und können die Bosheit nicht ansehen." (Habak. 1, 13.) Des¬ halb ermahnt nns der heilige Paulus so nachdrücklich: „Der Mensch Prüfe sich selbst, und dann esse er von diesem Brode". Darum sprach in den ersten Zeiten des Christenthums der Priester, bevor er den Gläubigen die heilige Kommunion austheilte, mit lauter Stimme: „Das Heilige ist nur für Heilige", d. h. der reine und heilige Leib Jesu Christi darf nur von solchen Seelen empfangen werden, die mit der heiligmachenden Gnade geschmückt sind. — Das Zweite, was zur Vorbereitung auf die heilige Kommunion gehört, ist die Andacht des Herzens. Diese in dir zu erwecken und zu Pflegen, dazu mögen dir die nun folgenden Gebete verhilflich sein. Vorbereitungsgebet. Göttlicher Heiland, Jesus Christus! Du hast den beiden Jüngern, die nach Emmaus gingen, die Augen 9* — 132 — geöffnet, daß sie Dich als ihren Gott und Erlöser am Brodbrechen erkannten; Du haft ihr Herz auf dem Wege dahin warm gemacht, daß es von Liebe zu Dir ent¬ brannte; — siehe, ich siehe jetzt im Begriffe, mich Deinem hocherhabenen Sakramente zu nahen, und habe das auf¬ richtigste Verlangen, Dich mit jener Lebendigkeit des Glau¬ bens und der Liebe zu empfangen, welche eine so heilige Handlung verlangt, wenn sie Dir wohlgefällig und meiner Seele ersprießlich sein soll. Darum bitte ich Dich durch jene Liebe, welche Dich bewogen hat, das heiligste Sa¬ krament einzusetzen, komm' auch mir mit Deiner Gnade zuvor, öffne auch meine Augen, entzünde mein Herz, und bereite es Dir zu einer würdigen und angenehmen Woh¬ nung. Bewahre mich vor aller Zerstreuung und Lauigkeit, und vor allem dem, was Dir mißfällig wäre, und den Nutzen der heiligen Kommunion verhindern würde. Laß sie in Deiner Liebe und Erbarmung für mich wahrhaft eine Speise des Lebens, ein Verwahrungsmittel wider die Sünde, und das Unterpfand meiner ewigen Seligkeit werden. Amen. Erweckung des Glaubens. Jesus, Du ewige Wahrheit! fest und ungezweifelt glaube ich, daß Du im heiligsten Sakramente mit Gott¬ heit und Menschheit, mit Fleisch und Blut, mit Leib und Seele, wahrhaft, wirklich und wesentlich gegenwärtig bist. Zwar sehen Dich meine leiblichen Augen nicht; auch vermag es mein Verstand nicht zu begreifen, wie unter den einfachen Gestalten des Brodes und Weines Du ganz, als wahrer und lebendiger Gott und Mensch zugegen sein könnest. Gern aber gebe ich meine Sinne und meinen Verstand gefangen, denn Du hast es selbst gesagt: „Dies ist mein Leib; dies ist mein Blut." Dein Wort trügt nicht; denn Du bist die Wahrheit, und Dein Wort ist — 133 — allmächtig, und vermag mehr zu wirken, als alle Ge¬ schöpfe zu begreifen vermögen. Es war ja nur Deine Weisheit und Liebe, die Dich in die einfachen Brods- und Weinsgestalten gehüllt hat, damit der Glanz Deiner Majestät uns nicht zurückschrecke, und es Dir möglich würde, Dich auf's Innigste mit uns zu vereinigen. Darum glaube ich, was ich nicht sehe, und dies so fest, daß ich für diesen meinen Glauben jede Stunde bereit bin, mein Leben zu opfern. O Jesus, Du Urheber und Vollender des Glaubens, erhalte, stärke und vermehre meinen Glau¬ ben! Amen. Erweckung der Hoffnung. Jesus, Du alleinige Hoffnung aller Auserwählten, und einzige Quelle aller Gnaden! Du hast Dich während Deines Wandels aus Erden herabgelassen, mit den Zöll¬ nern und Sündern zu speisen, und im schönen Gleichnisse vom Hochzeitmahle alle Schwachen, Armen, Lahmen und Blinden zu Dir berufen; darum hoffe ich zu Deiner un¬ endlichen Güte, daß Du auch mich armen, sündigen Men¬ schen barmherzig an Deinem Tische aufnehmen werdest. Ich kenne zwar meine große Unwürdigkeit, bei demselben zu erscheinen; aber Du ladest ja selbst alle ein, die mühselig und beladen sind, zu Dir zu kommen; ja Du drohest sogar mit dem ewigen Tode denen, die an diesem Gaftmahle nicht Theil nehmen wollen. So will ich denn das hochheilige Sakrament Deines Fleisches und Blutes mit dem festen Vertrauen empfangen, daß Du mich, um Deiner Güte und unendlichen Verdienste willen, der darin hinterlegten Gnaden theilhaft machen werdest. Göttlicher Erlöser, Du hast verheißen: „Wer mich ißt, der wird leben"; Du hast versprochen, daß, wer Dein Fleisch und Blut würdig empfängt, in Dir bleibe, und Du in ihm, und er durch Dich lebe; ich bitte Dich, bereichere auch meine Seele in der heiligen Kommunion °— 134 mit neuen Gnaden; durch diese himmlische Speise stärke, erleuchte, reinige und heilige sie, damit ich von nun an Dir treuer und eifriger diene, und so die gegründete Hoffnung haben kann, Dich ewig im Himmel zu genießen. In dieser Hoffnung nun, daß Du mir, liebvollster Hei¬ land, alles geben kannst, was ich zu meinem Heile brauche, weil Du allmächtig bist, und vaß Dn mir auch alles dies geben willst, weil Du unendlich gütig bist, — will ich hingehen zu Deinem Tische, und Dich, mein Herr und Gott, empfangen; stärke meine Hoffnung, und laß mein Vertrauen immer lebendiger werden. Amen. Erweckung der Liebe. Unendlich liebenswürdiger Gott und Heiland! schon um Deiner selbst willen verdientest Du von uns Men¬ schen die vollkommenste Liebe; denn Du bist das höchste, allein wahre Gut, der unendlich schöne, große und gute Gott. Aber auch Deine unbegreifliche Liebe zu uns zieht uns mächtig zu Dir hin. Denn was haft Du nicht Alles gerhan, um uns ewig glücklich zu machen! Deine Todes¬ angst, die Bande, die Geißeln, die Dornenkrone, die Nägel, das Kreuz, sind sie nicht Dein eindringlicher Zuruf an unsere Herzen: „Menschenkinder! hätte ich, euer Gott und Herr, euch undankbare Geschöpfe noch mehr lieben können?" Doch damit war Deine Liebe noch nicht zu¬ frieden. Um Dich ganz und gar uns zu schenken, und auf's Innigste mit uns zu vereinigen, wolltest Du sogar unsere Speise werden. Und für solche Liebe begehrst Du von uns nichts Anderes, als nur aufrichtige und treue Gegenliebe. Was ist billiger, liebenswürdigster Heiland, als daß auch ich mich Dir hingebe, gleichwie Du Dich so ganz für mich hingegeben hast? O möchte ich rück¬ haltlos Dir zum Opfer mich darbringen! Aber Du kennst die Neigungen meines Herzens, die mich beständig zum Irdischen hinziehen, und mich hindern, 135 --- mein Herz vollkommen zu Dir zu erheben. Deshalb bitte ich Dich, o liebvollster Erlöser, gib Du selbst mir durch Dein göttliches Sakrament jene Liebe, die ich Dir schuldig bin. Kehre ein in mein sinnliches Herz, und reiße es los von Allem, woran es noch zu Deinem Mißfallen hängt; es gehört ja Dir allein an, und soll darum auch Dir allein anhangen. Kehre ein in mein kaltes Herz, und entzünde in ihm jenes Feuer der Liebe, das zu bringen Du vom Himmel gekommen bist. Kehre ein bei mir, und vereinige Dich so mit mir, daß auch ich mich ganz mit Dir vereinige, und Niemand mehr von Deiner Liebe mich zu trennen ver¬ möge. Amen. Uebung der Demuth und der Anbetung. (Nach dem ehrwürdigen Ludwig von Granada.) Wer bist Du, o Herr, und wer bin ich, daß ich es wagen darf, mich Dir zu nahen? Ach, ich bin ein Gefäß der Verwesung, elend in jeder Hinsicht: blind in meinen Gedanken, unbeständig in meinen Werken, unrein in meinen Begierden. S o bin ich! Du aber, o Herr, bist groß, und Deine Größe kennt keine Gränzen; Du bist gut, und Deine Güte hat keine Schranken; Du bist ewig, und Deine Ewigkeit umfaßt alle Zeiten! Vor Dir scheinet die Sonne nicht hell, und die Sterne sind nicht rein vor Deinem Angesichte. Die Säulen des Himmels zittern und beben auf Deinen Wink. Die Seraphim bedecken mit ihren Flügeln ihr Angesicht, und halten sich für das ge¬ ringste Wesen. Wie wird also ein so niedriges und un¬ reines Geschöpf es wagen dürfen, sich einem Gott von so unaussprechlicher Majestät zu nahen? Johannes derTäufer, der geheiliget ward im Mutterschooße, hielt sich nicht für würdig, Dir die Schuhriemen aufzulösen; und der Fürst der Apostel rief aus: „Herr, gehe von mir weg, denn --- 136 ich bin ei» sündiger Mensch!" O wie darf ich mich Dir nahen, der ich ein so großer Sünder bin? Durste es Niemand wagen, der nicht rein und ge- heiliget war, von den Schaubroden zu essen, die doch nur ein Schatten dieses hochheiligen Geheimnisses waren; wie darf ich es wagen, von dem Brode der Engel zu essen, da ich doch von jeder Heiligkeit so weit entfernt bin? Wenn ich mich eine Reihe von Jahren auf den Empfang dieses allerheiligsten Sakramentes vorbereitet hätte, ja wenn ich die Reinheit der Engel besäße, so würde ich doch diese hohe Gnade nicht verdienen; um wie viel mehr muß ich daher in Furcht sein, wenn ich bedenke, in welch einem Zustande der Sinnlichkeit ich mich befinde! Ach, wie unrein ist die Wohnung, in welche Du, Urquelle aller Schönheit und Reinigkeit, eingehen sollst! O Lieb¬ haber unbefleckter Seelen, o reines Lamm, was vermag ich Dir in meinem Herzen darzubieten? Deinen heiligsten Leichnam, als er vom Kreuze herabgenommen wurde, legte man in eine überaus reine Leinwand, und in ein neues Grab, worin noch Niemand gelegen war; allein wo finde ich in meiner Seele einen reinen Ort, wohin ich Dich legen könnte? Ach, aus meinem Herzen steigt immer¬ während, wie aus einem offenen Grabe, der Modergeruch meiner Sünden empor! O mein göttlicher Heiland! Scham- röthe bedeckt meine Wangen, mich in einem solchen Zu¬ stande zu erblicken! Erweckung der Reue. Aus Liebe zu Dir, o Gott, bereue und verabscheue ich nochmals alle Sünden meines Lebens. Mit zer¬ knirschtem Herzen bekenne ich, daß ich Dich, meinen lie¬ benswürdigsten Gott und Herrn, oft und schwer belei¬ diget und erzürnet habe. Vom Grunde meines Herzens hasse und verfluche ich alle Sünden, weil sie ein Gräuel — 137 — waren vor Deinem heiligen Angesichte, und eine Belei¬ digung Deiner göttlichen Majestät. Ach könnte ich zurück¬ rufen jene unglückliche Zeit, wo ich Dich, meinen liebe¬ vollsten Heiland, nicht geliebt, sondern vergessen und be¬ trübt habe! Ich hoffe zwar, daß Du mir meine Sünden verziehen, weil ich sie bereuet und gebeichtet habe; doch bitte ich Dich, liebster Jesus, abermals durch Dein hei¬ ligstes Blut und bitteres Leiden und Sterben, um voll¬ kommene Verzeihung, und nehme mir ernstlich vor, Dich künftig mit keiner Sünde freiwillig mehr zu beleidigen. Eben deswegen verlange ich jetzt in dem heiligsten Sa¬ kramente Dich zu empfangen, damit ich dadurch in Deiner Liebe und im Haffe der Sünde gestärkt werde, und Dich nie und nimmermehr beleidige. Bitte um eine würdige und sruchtreiche Kommunion. (Gebet des heiligen Thomas von Aquin.) Allmächtiger, ewiger Gott, siehe, ich komme zu dem Sakramente Deines eingebornen Sohnes, unsers Herrn Jesu Christi. Ich komme wie ein Kranker zum Arche des Lebens, wie ein Unreiner zur Quelle der Erbarmung, wie ein Blinder zum Lichte der ewigen Klarheit, wie ein Armer und Dürftiger zum Herrn des Himmels und der Erde. Ich bitte Dich daher bei Deiner gränzenlosen Barm¬ herzigkeit, heile gnädigst meine Krankheit, wasche ab meine Unreinigkeit, erleuchte meine Blindheit, bereichere meine Armuth und bekleide meine Blöße, damit ich das Brod der Engel, den König der Könige, und den Herrn der Herrscher mit so großer Ehrfurcht und Demuth, mit so großer Zerknirschung und Andacht, mit so reinem und gläubigem Herzen, und mit solcher Gesinnung und Mei¬ nung empfangen möge, wie es dem Heile meiner Seele zuträglich ist. Verleihe mir, o Herr, daß ich nicht nur —— 138 —» äußerlich das Sakrament des Leibes und Blutes Jesu empfange, sondern auch innerlich der Kraft und Früchte dieses Sakramentes theilhastig werde. O Gott der Liebe und Milde, verleihe mir, den Leib Deines eingebornen Sohnes, den Er aus Maria, der Jungfrau, angenommen hat, so zu genießen, daß ich da¬ durch Seinem geistigen Leibe einverleibt, und Seinen Gliedern beigezählt zu werden verdiene. Liebreichster Vater, verleihe mir, daß ich Deinen ge¬ liebten Sohn, welchen ich jetzt auf dieser Lebensreise unter der Gestalt des Brodes verhüllt zu empfangen mich be¬ reite, einst mit enthülltem Angesichte ewig anschauen möge, der mit Dir und dem heiligen Geiste lebt und regiert, Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen. Verlangen nach Jesus. Gütigster Erlöser, Du haft uns im heiligen Geheim¬ nisse Deiner Liebe die heilsamste Arznei wider unsere Seelenkrankheiten, das sicherste Schutzmittel gegen alle Anfechtungen, und das kräftigste Stärkungsmittel zu jeg¬ lichem Guten bereitet, damit wir alle Hindernisse unseres Heiles muthkg überwinden, und zum ewigen Leben ge¬ langen mögen. So komm denn, mein Jesus, mein Gott, mein Leben, mein Licht, meine Kraft, mein Trost, mein Friede, meine Seligkeit, mein Alles! Siehe, ich verlange nach Dir. Als ein armer Sünder verlange ich nach meinem Erlöser und Seligmacher, als ein schwacher Mensch nach meinem starken Gott, als ein Armer und Bedürf¬ tiger nach dem Herrn aller Güter, als ein Kranker nach¬ dem göttlichen Seelenarzte, als ein Blinder nach dem Lichte der Welt, als ein von vielen Versuchungen Be¬ stürmter nach dem siegreichen Ueberwinder der Hölle, als ein Hungernder nach dem Brode der Engel, als ein Dür¬ stender nach der Quelle des Lebens. O Jesus, bereichere — 139 — mich durch Deine Einkehr bei mir mit den Schätzen Deiner Gnade, mache gesund meine Seele, sei mein Schild wider meine Feinde, gib mir Krast, Licht und Segen zu allem, was ich thue; vor Allem aber bitte ich Dich, mache, daß in mein trockenes und kaltes Herz das himmlische Oel Deiner Liebe sich ergieße, damit es Dich liebe, der Du allein aller Liebe würdig bist, und in dieser Liebe seine wahre Glückseligkeit finde — in diesem und im andern Leben. Liebe und Verlangen nach dem Heilande. (Bom gottseligen Thomas von Kempen.) Mit höchster Andacht und Liebe, mit einem Herzen, das sich ganz Dir, o mein Gott! weihet und Dir allein anhängt, möchte ich Dich jetzt empfangen, empfangen mit jenem lebendigen Sehnen nach Dir, das die heiligsten und andächtigsten Menschen an Deinem Tische nach Dir em¬ pfunden haben. O mein Gott! Du meine ewige Liebe, Du mein höchstes, mein einziges Gut, Du, die unendliche Glückseligkeit und das heiligste Wesen, Dich, Dich möcht' ich in mein Herz aufnebmen mit dem lebendigsten Ver¬ langen, mit der tiefsten Anbetung, mit der heiligsten Empfindung, die je in dem Herzen eines Heiligen gelebt bat oder hätte leben können. Und ob ich gleich durchaus nicht würdig bin, alle diese Empfindungen der Andacht den Heiligen nachznempfinden, so opfere ich Dir dennoch mein ganzes Herz mit allen seinen Neigungen, als ob jene frommen Gefühle und Gesinnungen, die je in den Heiligen geglühet haben, in mir allein herrschten. Alles, was je eine heilige Seele denken und wünschen konnte, lege ich mit tiefster Ehrfurcht auf Deinen Altar. Nichts will ich mir Vorbehalten; mich selbst und all das Meinige will ich Dir mit der vollkommensten Willigkeit meines Herzens opfern. Ach! liebevollster Heiland, empfangen — 140 --- möchte ich Dich mit jener Ehrerbietung, Lobpreisung und Verherrlichung Deines Namens, mit jenem Glauben und Dankgefühl, mit jener Würvigkeit und Lauterkeit, mit jener Zuversicht und Liebe, mit welcher Dich Deine Mutter Maria, diese heiligste Jungfrau, empfangen hat, als ihr der Engel das Geheimniß der Menschwerdung kund machte, und sie voll Andacht und Dcmuth antwortete: „Siehe, ich bin eine Magd des Herrn, mir geschehe nach Seinem Worte/' Und wie Dein seliger Vorläufer Johannes noch vor der Geburt über Deine Annäherung seine Freude zu erkennen gab, und wie er nachmals, als er Dich unter den Menschen wandeln erblickte, voll innigster Andacht ausrief: „Der Freund des Bräutigams, der seine Stimme hört, freut sich ob dem Laute, den er höret, weil es der Laut des Bräutigams ist", so möchte ich auch von großen, heiligen Begierden ergriffen und durchwärmt werden, daß ich mich ganz Dir allein hingeben könnte. Alle frommen Herzensergießungen der Andächtigen, alle ihre Gefühle der Liebe, alle ihre himmlischen Erleuchtungen, alle Tu¬ genden und Lobpreisungen der Heiligen, und alle die, welche Himmel und Erde sammt allen ihren Geschöpfen bisher dargebracht haben und noch darbringen werden, lege ich vor Dir nieder und stimme in ihr gemeinsames Loblied ein. Ich wünsche von ganzem Herzen, daß Du von allen Geschöpfen gelobt und ewig verherrlicht werdest, und flehe für mich und für Alle, die sich meiner Andacht empfohlen haben. Nimm diese meine Gelübde an und laß Dir die Wünsche meines Herzens gefallen: denn alle meine Ge¬ lübde sind nur Ein Gelübde, alle Meine Wünsche nur Ein Wunsch, daß auch durch mich Dein Name ohne Ende verherrlicht werde und alle Lobpreisungen, die Dir nach der Fülle Deiner Herrlichkeit gebühren, im Himmel und auf Erden von allen Deinen Kindern Dir ohne Unterlaß geopfert werden. Dies ist mein Wunsch und mein Opfer, und dieses Lob- und Dankopfer möchte ich Dir alle Tage -- 141 — meines Lebens darbringen. Aber weil ich mich zu schwach dazu fühle, so lade ich alle himmlischen Heerschaaren und alle Deine treuen Verehrer dazu ein, daß sie in mein Lob- und Danklied einstimmen mögen. Amuuthlmgm. (Vom heiligen Alphons von Liguori.) O mein Jesus, ich bin jenes Schäflein, das sich frei¬ willig verirrt hat, da es von Dir, göttlicher Heiland, geflohen ist. Aber Du bist der gute Hirt, der Sein Leben hingegeben, um mich zu erretten. Suche mich heim, o Jesus, und verlasse mich nicht! Suche mich, und lege mich auf Deine Schultern; denn siehe, ich nehme mir fest vor, Dir zu dienen und Dich zu lieben, so gut ich es vermag. O mein Gott, verzeihe mir aus Liebe zu Deinem Sohne Jesus Christus alle meine Sünden, sowohl die schweren als auch die läßlichen! Verzeihe mir meine vielen Nachlässigkeiten; ich bereue sie alle, weil ich dadurch Dir, o unendliche Güte, mißfallen habe. Ich liebe Dich, o höchstes Gut, ich liebe Dich über Alles, und verspreche Dir, daß ich lieber sterben will, als Dir freiwillig auch nur vas mindeste Mißfallen verursachen. Mein Jesus, Dein Tod und Dein Blut sind meine Hoffnung! O mein geliebter Heiland, vermehre meinen Glauben, und laß mich erkennen, daß Du es bist, den ich im hei¬ ligsten Sakramente empfange. Ich liebe Dich, o Gott meiner Seele; ich liebe Dich, o mein Heiland, der Du Dein Leben für mich hingegeben hast. O mein Jesus, ich erkenne, daß ich unendlich unwürdig bin, mich Dir zu nahen und Dich zu empfangen, und dies um meiner Sünden willen, und weil mir die heilige Reinigkeit des Herzens fehlt. Deshalb rufe ich zu Dir: Herr, ich bin nicht würdig! — 142 — Komm, o mein liebenswürdiger Heiland, und be¬ wirke in mir das, warum Du gekommen bist. O komm in meine Seele, heilige sie, nimm Besitz von meinem Herzen, und reinige es; komm in meinen Leib, und be¬ wahre ihn; laß mich nie wieder von Deiner Liebe ge¬ trennt werden. Amen. Anrufung der Mutter Gottes, der Engel und Heiligen. Reinste Jungfrau Maria, Mutter meines Erlösers, erflehe mir durch Deine kräftige Fürbitte nur Etwas von jener Reinheit des Herzens, mit welcher Du Ihn in Deinem jungfräulichen Schooße empfangen hast, damit mein Herz eine wohlgefällige Wohnung Deines Sohnes werde, unv ich theilhaftig werden möge der Schätze Sei¬ ner Gnaden, die in diesem heiligsten Sakramente ver¬ borgen liegen. Und Du, heiliger Joseph, der Du gewür- diget worden bist, den Weltcrlöser auf Deinen Armen zu tragen, und von Ihm zärtlich geliebt zu werden, erbitte mir nur einige Funken jener zarten Gegenliebe, wovon Dein Herz gegen Ihn entflammt war. Heiliger Schutz¬ engel, mein Begleiter auf allen Wegen meines Lebens, sei mir zur Seite in dieser so wichtigen Stunde, begleite mich zum heiligen Tische meines Gottes, und erwirke durch Deine Fürbitte, daß ich das Brvv des Himmels würdig essen, und diese göttliche Speise mir zum ewigen Heile gereichen möge. Alle Heiligen Gottes, besonders Ihr, meine lieben Schutzpatrone, die Ihr auf Erden, mit allen Tugenden geziert, beim Liebesmahle des Herrn erschienen seid, kommt meiner Armuth durch den Reichthum Eurer Verdienste zu Hilfe, und machet mich durch Eure Fürbitte würdig der Vereinigung mit meinem Gotte, damit ich einst mit Euch am ewigen Hochzeitmahle Theil nehmen möge. Amen. — 143 — Nach der heiligen Kommunion. „Ich habe Jenen gefunden, den meine Seele liebt; ich habe ihn fcstgehalten, und ich werde ihn nicht entlassen." Hohel. 3, 4. 1. Die Zeit nach der heiligen Kommunion sind die kost¬ barsten Augenblicke des Lebens, weil wir da alle Gnaden von Gott erlangen können. 2. Wer ohne die dringendste Nothwendigkeit nach der hei¬ ligen Kommunion sogleich die Kirche verläßt, zeigt dadurch, daß er in der Gesellschaft mit seinem Gott Langweil habe, verweigert dem himmlischen Gaste die schuldige Aufmerksamkeit, und fügt ihm eine große Beleidigung zu. Oder hieltest du es nicht für eine kränkende Geringschätzung seiner Person, wenn du z. B. einen vornehmen Herrn zuerst zu dir gebeten hättest, aber sogleich nach seinem Er¬ scheinen davon gingest, und ihn allein in deinem Zimmer stehen ließest? Der heilige Chrysostomus sagt: „Diejenigen, die vor der Danksagung hinweg gehen, ahmen dem Judas nach", der auch gleich nach dem Genüsse des Abendmahles davon eilte. 3. Solche fügen nicht blos dem Heilande eine große Belei¬ digung, sondern zugleich sich selbst einen großen Schaden zu. Denn wie die heilige Theresia sagt, ist eine der Ursachen, warum so viele Christen sehr wenig Nutzen aus ihren Kommunionen ziehen, die, daß sie sich mit Jesus nach der Kommunion nicht unterhalten. Und die heilige Margareta von Kortona pflegte zu sagen: „Jesus be¬ handelt uns da, wie wir Ihn behandeln. Je lauer und unandäch- — 144 — tiger wir sind, desto sparsamer ist Er im Geben; je aufmerksamer aber und eifriger wir find, desto großmüthiger ist Er gegen uns in Ausspendung Seiner Gnaden." 4. Der Kommuniontag ist ein heiliger Tag, und will auch heilig zugebracht sein. Wer Iesum liebt, den drängt es zu Jesus hin, sagt Paulus; und die Braut im Hohenliede spricht: „Ich machte mich auf, den zu suchen, den meine Seele liebt." Alle hei¬ ligen und gottliebenden Seelen zog es mit unwiderstehlicher Gewalt in die Kirche zu Jesus hin. Wenn du daher am Kommuniontage deinen Heiland nicht mehr besuchest, selbst wenn du leicht Zeit hättest, wenn es dich, anstatt zu Ihm in die Kirche, zu allem An¬ dern -- vielleicht gar zu sittengefährlichen Dingen mehr hinzieht, dann ist deine Liebe dem Erkalten sehr nahe. Damit ist aber nicht gesagt, daß man am Kommuniontage keine erlaubte Unterhaltung oder Erholung genießen dürfe; er darf anch ein Freudentag für den Leib sein, nur zur rechten Zeit, und im rechten Maße. Anmuthungen und Bitten nach den hh. Franz von Sales und Alphons von Liguori. Fest ist mein Glaube an Dich, o untrügliche Wahr¬ heit; unerschütterlich meine Hoffnung auf Dich, o un¬ endliche Güte; herzlich und innig meine Liebe zu Dir, höchstes, liebenswürdigstes Wesen. Mein Gott und un¬ aufhörlicher Wohlthäter, Dir will ich ergeben sein, Dich lieben und preisen mein Leben hindurch, und in alle Ewigkeit. Ich habe Ihn gefunden, den meine Seele liebt. Ich halte Ihn fest, und werde Ihn nicht mehr entlassen, damit ich in Wahrheit sagen könne: „Ich lebe, aber nicht so fast ich, sondern Jesus Christus lebt in mir." Nun, o Jesus, meine Ruhe, meine einzige Freude, meine Se¬ ligkeit, nun entlassest Du Deinen Diener im Frieden, — 145 — weil meine Augen Dein Heil gesehen haben. Mein Herz erfreut sich Deiner; in Dir frohlocket meine Seele. O Gott meines Herzens, möchte ich in Deiner heiligen Um¬ armung mit der Versicherung Deiner Liebe jetzt glücklich dahin sterben können! O Uebermaß der Liebe! Demüthigster Jesus, ver¬ borgener Gott, ich bete Dich an in mir. Zu gering ist Ein Herz, Dich zu lieben, zu wenig Eine Zunge, Dich zu loben! O mein Erlöser, welchen Dank bin ich schuldig, daß Du mich, Dein armes Geschöpf, so wunderbar heim¬ suchest? Keinen geringern, als daß ich mich selbst Dir darbringe, und verlange, daß Du allein in mir lebest. O mein Gott, Du kommst zu mir, um mich mit Dir zu vereinigen, um die Verdienste Deines Leidens mir im vollen Maße mitzutheilen, und mich zu heiligen. Wirke also in mir alles dies, wozu Du gekommen bist; laß die Frucht Deiner Ankunft nicht an mir vereitelt werden. O Jesus, der Du weißt, was mir gebricht, und meine Schwächen kennst, gib mir Demuth, Reinigkeit des Herzens, Gleichförmigkeit mit Deinem heiligen Willen, Stärke gegen böse Gewohnheit, und Geduld, um Alles, was mir widerfährt, um Deiner Liebe willen zu ertragen. O mein Erlöser! Durch jene unendliche Liebe, die Dich zur Erde herabgezogen hat, und Dich am Kreuze zu sterben bewog, laß auch mich ersterben in Dir, damit Du ewiglich lebest in mir. O Gott meiner Seele, ich schätze und liebe Dich über alle Güter dieser Welt, und auch mehr als mich selbst. Daher überlasse ich mich gänzlich Dir, und unter¬ ziehe mich mit Liebe und Ehrfurcht allen Deinen gerechten Fügungen, damit alles, was Du in Zeit und Ewigkeit über mich verordnet hast, erfüllet werde; doch hoffe ich einst Dein göttliches Angesicht und Deine vollkommene Schönheit im Himmel zu schauen. 10 — 146 — Mein Gott und mein Alles, ich will Nichts suchen außer Dir, denn in Dir allein kann ich Alles finden. O liebreichster Vater, gib, daß meine größte Sorge sei, Dir würdig zu dienen, gleichwie Du sür mein Heil so überschwengliche Sorgfalt getragen hast. O menschgewordenes Wort des ewigen Vaters, Jesus Christus, Du bist aus keiner andern Ursache in die Welt gekommen, als nm in den Herzen der Menschen zu wohnen, welche Du mit Deinem Blute erlöst hast. Mein Herz sei also ganz Dein; besitze es, erleuchte es, und mache cs bereitwillig zur Erfüllung Deines allerheiligsten Willens. Allmächtiger Jesus, nimm Alles von mir, was die Wirkungen Deiner Macht und Güte in mir hindert; heile mich von aller Unlauterkeit und Untreue, und erfülle mich mit Deiner Gnade und Weisheit. O heiliger Geist, erfüll e meinen Willen mit jenem heiligen Verlangen, das an Tugenden fruchtbar wird, und laß ihm keine andere Freiheit, als die, sich gänzlich Dir zu opfern. Mein Gott, gib, daß ich Dich schaue durch leben¬ digen Glauben, damit ich Dich erkenne und liebe. Zeige Deinen Willen mir, damit ich ihn erfülle; zeige mich selbst mir, damit ich mich demüthige und verachte; zeige mir endlich in der Ewigkeit Dein göttliches und beseli¬ gendes Angesicht, damit ich Dich liebe, und nie mehr von Deiner Liebe getrennt werde. Herr, ich habe meine Zeit und Kräfte verschwendet, wie der verlorne Sohn; und dennoch konnte ich Deine Barmherzigkeit nicht erschöpfen! O laß von nun an nicht Sinnentrug, nicht Menschenfurcht, sondern Deinen Willen die Richtschnur meines Lebens sein; schreibe in mein Herz mit unauslöschlichen Zügen das Gesetz Deiner Liebe. Mein Gott, wenn auch keine Hölle und Qual für die Sünder wäre, würde ich dennoch Dich lieben, und gern für Dich leiden. Gib, o Herr, daß ich Deinem Ver¬ langen immer entspreche. Laß mir dieses Herz nur, damit 147 — ich Dir gehorche, diesen Leib, damit ich ihn Dir darbringe, dies Leben, damit ich's Dir weihe. Unendliche Macht, unterstütze meine Ohnmacht. Ewige Weisheit, erleuchte meine Finsternisse. Unermeßliche Güte, sei nachsichtig mit meiner Bosheit. O Güte, o Liebe, o Weisheit! Ach, wie spät habe ich Dich geliebt! Allerheiligste Jungfrau, Du Gottgeliebteste, Lieb¬ reichste, Liebenswürdigste! Erlange bei Deinem Sohne mir die Gnade, allen Seinen Einsprechungen gehorsam zu sein, und lehre mich alle die Tugenden, durch deren Uebung Du auf Erden das göttliche Wohlgefallen Dir erworben hast. O gütigste Jungfrau, bitte Deinen Sohn, daß Er mit Seiner sakramentalischen Gegenwart nicht eher von mir scheide, als bis Er in meiner Seele die Fülle Seiner Segnungen niedergelegt habe. Amen. Gebet des heiligen Thomas von Aquin. Heiligster Vater, allmächtiger Gott, vom ganzen Herzen danke ich Dir, daß Du mich Unwürdigen, ohne alle Verdienste und blos aus Gnade und Erbarmung, mit dem Leibe und dem Blute Deines Sohnes, meines Herrn Jesu Christi, gesättiget hast. Ich bitte Dich, laß dieses heilige Geheimniß mir nicht zum Schaden und Verderben gereichen, sondern vielmehr eine reiche Quelle der Be¬ gnadigung für mich sein. Laß mich dadurch im Glauben gestärkt, zu allem Guten ermuntert, und im Guten be¬ festiget werden. Dieses hochheilige Sakrament bewirke, daß alle Laster und bösen Neigungen, alle fleischlichen Lüste und Begierden in mir ersterben, und daß ich immer mehr zunehme an Liebe und Geduld, an Demuth und Gehorsam, und an allen Tugenden. Es beschütze mich gegen die Nachstellungen meiner Feinde, und gegen alle heimlichen und offenbaren Gefahren. Dasselbe stille jeden Aufruhr der Leidenschaften in mir; es hefte mein Herz 10* — 148 — unzertrennlich an Dich, meinen einzigen und wahren Gott, und erwerbe mir die Gnade, in Dir selig zu sterben! — O mein Gott, ich bitte Dich, führe mich armen Sünder einst auch zu jenem unaussprechlich süßen Frendenmahle, wo Du, mit Deinem geliebten Sohne und dem heiligen Geiste, Deinen Auserwählten das wahre Licht, die voll¬ kommene Befriedigung ihrer Wünsche, ihre ewige Freude, ihre vollendete Wonne und endlose Seligkeit bist, durch Jesum Christum, unfern Herrn. Amen. Gebet des heiligen Bonaventura. O mein gütigster Erlöser, laß mein ganzes Herz durchdrungen werden von Dankbarkeit und Liebe für Deine unaussprechliche Wohlthat, für Deine Liebe, die Du mir jetzt erwiesen; laß mich recht innig erkennen, wie gut Du es mit mir meinst, und daß Du Nichts von mir willst, als mein wahres Bestes, damit auch ich Dich von ganzer Seele über Alles Hochschätze, Dich liebe, und mit Freuden Alles thue, was Dein heiliges Gesetz ver¬ langt; daß ich Nichts wünsche, als mit Dir zu sein. Laß mein Herz mit frommer Sehnsucht nach Deinen Gaben erfüllet werden; laß mich dürsten nach Dir, der Quelle des ewigen Lebens, damit ich Dir treu diene, Deinen Willen beständig erfülle, mit Herzhaftigkeit allen Versu¬ chungen wioerstehe, fest an der Tugend hange, in allen Dingen nur Dich allein suche, meinen Gott, mein höchstes Gut, Dich auch finde, und zu Dir komme in's Land der Freude und der Belohnungen. Amen. Schlußgebet. Jesus, meine ewige Liebe, ich soll nun scheiden von Deinem heiligen Altar; o entlaß mich nicht, ohne mich 149 gesegnet zu haben. Vergib mir, barmherzigster Heiland, alle Unandacht, alle Lauigkeit, allen Kaltsinn meines Her¬ zens. Laß mir diese himmlische Speise zum Heile gereichen. Bewahre alle Gnaden in mir, die ich von Deiner un¬ endlichen Güte empfangen habe; gib, daß ich mit den¬ selben mitwirke, und so das ewige Leben erlange. O liebvollster Jesus, der Du heute meine arme Seele mit Deinem heiligsten Blute gereiniget hast, gestatte nicht, daß sie je wieder von Sünden befleckt werde. Behüte, o Quelle aller Heiligkeit, von nun an meine Augen, die Dich in den heiligen Gestalten des Brodes erblickt haben, daß sie nichts Unreines mehr schauen; behüte meinen Mund, der Dich empfangen hat, daß er Nichts spreche, als was Dir zur Ehre und mir zum Heile gereicht; be¬ hüte mein Herz, das Dich ausgenommen hat, daß es blos Gutes denke und verlange; behüte meine Hände, die ich zu Deiner Anbetung erhoben habe, daß sie nur das thun, was Dir wohlgefällig ist; behüte meinen Leib, mit dem Du Dich vereiniget hast, daß er in Keuschheit und christ¬ licher Zucht Dein lebendiger und heiliger Tempel bleibe; segne und behüte endlich alle Kräfte meines Leibes und meiner Seele, daß sie nicht mehr im Dienste der Sünde, sondern in dem Deinigen thätig sind. Laß, o Jesus, mich Dein sein, und sei Du mein in Zeit und Ewigkeit. Der Segen des allmächtigen Gottes, des Vaters f, des Sohnes f und des heiligen f Geistes komme über uns herab, und bleibe bei uns. Amen. -- 180 Geistliche Kommunion. Vorbemerkung. 1. Die geistliche Kommunion ist „ein inniges Verlangen, Jesum Christum im heiligsten Sakramente zu empfangen, und eine liebevolle Umarmung des Herrn im Geiste, als wenn man Ihn in diesem Augenblicke wirklich empfangen hätte". H. Thom. v. Aquin. Wenn du, mein Christ, nicht blos mit Worten, sondern auS dem Herzen zu Jesus im Sakramente sprichst, was David sprach: „Gleichwie ein Hirsch verlangt nach Wasserquellen, also verlangt meine Seele nach Dir, o Gott (nach dem Genüsse Deines Fleisches und Blutes)" Psalm 41, 2; — dann verrichtest du eine geistliche Kommunion. 2. Die geistliche Kommunion soll von jedem Christen fleißig geübt werden; wer sie geringschätzt, zeigt damit, daß eS ihm an Lebhaftigkeit des Glaubens, an Hochschätzung des heiligen Altarssa- kramentes, und an Innigkeit der Liebe zu Jesus fehle. Wer lebendig überzeugt ist, daß er an und mit Jesus Alles — ja den Himmel selbst auf Erden schon habe, wie der heilige Augustin bemerkt, der wird sich auch nach Jesus sehnen. 3. Wie du die geistliche Kommunion üben sollst, magst du beiläufig aus den nachfolgenden Gebeten entnehmen; übrigens ist der Heiland, wie uns das Evangelium sagt, kein Freund vieler — oder schöner — Worte; Er sieht auf's Herz. 4. Wie oft du sie üben willst, bleibt deinem Eifer über¬ lassen; die Kirche wünscht es während der heiligen Messe bei der Kommunion des Priesters; da, heißt es im Katechismus, soll man geistlicher Weise kommuniziren. Auch könntest du es thun, so oft du vor dem ausgesetzten hochwürdigsten Gute erscheinst, und täglich Abends, ehe du dich zur Ruhe begibst. — 151 — 5. Der Nutzen der geistlichen Kommunion ist ein vielfältiger. Erstens thuft du damit etwas dem Herrn Wohlgefäl¬ liges. Würde es einem Vater nicht Wohlgefallen, wenn er wüßte, daß sein in der Fremde befindliches Kind so herzlich nach ihm ver¬ lange? — Würde er es nicht innig entgegen lieben? — Zweitens erlangst dn durch die geistliche Kommunion ähn¬ liche Gnaden, wie bei der wirklichen. Sie vereinigt uns geist¬ licher Weise mit Jesus, schwächt den Hang zur Sünde und die Liebe zum Irdischen, stärkt gegen Versuchungen, vermehrt die Liebe zu Gott, u. s. w. Die geistliche Kommunion ist endlich drittens eine gute Vor¬ bereitung auf die wirkliche; denn wir üben dabei die gleichen Tu¬ gendakte, wie bei der wirklichen, nämlich den Glauben, das Ver¬ trauen, die Liebe zu Jesus, die Demuth und Reue, und das Ver¬ langen nach dem Heiland. Dieser geistlichen Vortheile wegen wird sie von den Heiligen, von den Lehrern der Kirche und von der Tridentinischen Kirchen¬ versammlung auf's Nachdrücklichste empfohlen. So sagt z. B. die heilige Theresia: „Die geistliche Kommunion ist sehr vortheilhaft; unterlasse sie also nicht; denn daraus erkennt der Herr, wie sehr du Ihn liebest." „Ich ermahne Jeden, dec in der Liebe zu Jesus wachsen will, wenigstens einmal des Tages geistlicher Weise zu kom- muniziren. Diese Andacht ist weit heilsamer, als Manche meinen, und zugleich so leicht zu üben." Und der Kirchenrath von Trient empfiehlt (Sitz. 13, Kap. 8 und Sitz. 22, Kap. 6) allen Gläubigen, daß sie bei jeder heiligen Messe, wenn sie nicht wirklich kommu- niziren, es doch wenigstens geistlicher Weise thun sollen, damit ihnen die Früchte dieses heiligen Opfers um so reichlicher zu Theil werden. Uebung der geistlichen Kommunion. (Vom heiligen Alphons von Liguori.) Mein Jesus, ich glaube, daß Du im allerheiligsteu Sakramente zugegen bist. Ich liebe Dich über Alles, ich — 152 — Wünsche Dich in meinem Herzen zu empfangen. Da ich Dich aber jetzt nicht wesentlich im allerheiligsten Sakra¬ mente empfangen kann, so komme wenigstens geistlicher Weise in mein Herz. Ich umarme Dich, ich vereinige mich mit Dir, als ob Du schon in mein Herz gekommen wärest. Gestatte nicht, daß ich mich je wieder von Dir trenne. Eine andere Uebung. (Nach der heil. Mechtildis.) Süßester Jesus, wie herzlich gern wollte ich mich jetzt auch Deinem Tische nahen, wenn ich nur würdig wäre! Wie herzlich gern wollte ich jetzt dieses süße Ge- heimniß Deiner Liebe empfangen, wenn ich dürfte! Weil ich aber meiner vielfältigen Sünden wegen dieser Gnade unwürdig bin, so stehe ich wie der Zöllner im Tempel von ferne, und bitte Dich aus ganzem Herzen mit dem kananäischen Weibe, gib mir nur etliche Brosamen von Deiner heiligen Mahlzeit, wodurch meine arme Seele erquickt und gestärkt werde, damit sie sich diesen Tag hin¬ durch in Deiner Gnade erhalten könne, mit größerem Fleiße in allem Guten sich übe, und den Versuchungen kräftigern Widerstand leiste. Das verleihe mir, gütigster Jesus, durch Deine unendliche Liebe und Barmherzigkeit. Amen. Eine dritte Uebung der geistlichen Kommunion. Mein Jesus, o könnte ich Dich im heiligsten Sakra¬ mente empfangen! Aber meiner Sünden wegen bin ich nicht würdig, daß Du eiugehest unter mein Dach. Ich bereue vom Herzen alle Sünden meines Lebens aus Liebe zu Dir. Verzeihe mir, o Gott der Liebe, und sprich nur Ein Wort, so wird meine Seele gesund. Komm zu mir mit Deiner Gnade, reinige und heilige mein Herz, und — 153 — bereite Du selbst es-Dir zu einer würdigen Wohnung, damit es recht bald Deiner persönlichen Heimsuchung ge- würdiget werde. Amen. Andacht zu den fünf Wunden des gekreuzigten Heilandes, vorzüglich geeignet bei dem Desuche der heil. Gruber. (Vom heiligen Alphons von Liguori.) I. Mein Herr Jesus Christus! ich bete die Wunde Deines rechten Fußes an. Ich danke Dir, daß Du die¬ selbe sür mich hast leiden wollen unter so heftigen Schmerzen und mit so großer Liebe. Ich habe Mitleid mit Deinem Schmerz und mit dem Schmerz Deiner be¬ trübten Mutter. Um der Verdienste dieser heiligen Wunde willen bitte ich Dich, Du wollest mir die Verzeihung meiner Sünden gewähren, welche ich von ganzem Herzen und mehr als jedes andere Uebel bereue, weil ich Dich, die unendliche Güte, dadurch beleidigt habe. Schmerzhafte Mutter Gottes! bitte Jesum für mich. Ein Vater unser, Ave Maria und Ehre sei rc. II. Mein Herr Jesus Christus! ich bete die Wunde Deines linken Fußes an. Ich danke Dir, daß Du dieselbe — 154 -- für mich hast leiden wollen unter so heftigen Schmerzen und mit so großer Liebe. Ich habe Mitleid mit Deinem Schmerz und mit vem Schmerz Deiner betrübten Mutter. Um der Verdienste dieser heiligen Wunde willen bitte ich Dich, Du wollest mir Kraft verleihen, in der Folge nicht wieder in Todsünden zu fallen, sondern in der Gnade Gottes bis zu meinem Tode zu verharren. Schmerzhafte Mutter Gottes! bitte Jesum für mich. Ein Vater unser, Ave Maria und Ehre sei re. III. Mein Herr Jesus Christus ! ich bete die Wunde Deiner linken Hand an. Ich danke Dir, daß Du dieselbe für mich hast leiden wollen unter so heftigen Schmerzen und mit so großer Liebe. Ich habe Mitleid mit Deinem Schmerz und mit dem Schmerz Deiner betrübten Mutter. Um der Verdienste dieser heiligen Wunde willen bitte ich Dich, Du wollest mich von der Hölle befreien, die ich so oft verdient habe und wo ich Dich nicht mehr lieben könnte. Schmerzhafte Mutter Gottes! bitte Jesum für mich. Ein Vater unser, Ave Maria und Ehre sei rc IV. Mein Herr Jesus Christus! ich bete die Wunde Deiner rechten Hand an. Ich danke Dir, daß Du dieselbe für mich hast leiden wollen unter so heftigen Schmerzen und mit so großer Liebe. Ich habe Mitleid mit Deinem Schmerz und mit dem Schmerz Deiner betrübten Mutter. Um der Verdienste dieser heiligen Wunde willen bitte ich Dich, Du wollest mir die Glorie des Himmels verleihen, wo ich Dich vollkommen und aus all' meinen Kräften lieben werde. Schmerzhafte Mutter Gottes! bitte Jesum für mich. Ein Vater unser, Ave Maria und Ehre sei re. V. Mein Herr Jesus Christus! ich bete Deine hei¬ lige Seitenwunde an. Ich danke Dir, daß Du auch sogar noch nach Deinem Tode diese Beleidigung hast erdulden wollen, die Du mit der größten Liebe ertragen hast, ob- — 155 — gleich sie Dir keinen Schmerz mehr verursachen konnte. Ich habe auch Mitleid mit Deiner betrübten Mutter, welche damals allein den Schmerz davon tragen mußte. Um des Verdienstes dieser heiligen Wunde willen bitte ich Dich, Du wollest mir Deine heilige Liebe schenken, damit ich Dich immer hier auf Erden liebe, um Dich dereinst in jener Welt von Angesicht zu Angesicht die ganze Ewigkeit hindurch lieben zu können. Schmerzhafte Mutter Gottes! bitte Iesum für mich. Ein Vater unser, Ave Maria und Ehre sei rc. Die steken Worte des gekreuzigten. (Von Beda, dem Ehrwürdigen.) O mein Herr und Heiland, Jesus Christus, Du Sohn des lebendigen Gottes! Am letzten Tage Deines Lebens, während dem Du an dem Kreuze hiengest, hast Du noch sieben besondere Worte gesprochen, von welchen Du willst, daß wir sie stets im Gedächtnisse beherbergen sollen. Ich bitte Dich deshalb, durch die Kraft dieser sieben Worte, daß Du mir Alles, was ich in den sieben Todsünden, als da sind: Hoffart, Geiz, Unkenschheit, Neid, Völlerei, Zorn und Trägheit, und in Allem, was den¬ selben Böses entspringt, je gesündigt habe, verzeihen wollest. O Herr! der Du gesagt hast: „Vater, verzeihe ihnen, dennsie wissen nicht, was sie thun!" — — 156 — gib mir die Gnade, daß auch ich, aus Liebe zu Dir, Allen verzeihe, welche mir Böses zugefügt haben. O Herr! der Du zu dem Mörder gesagt hast: „Heute noch wirst du mit Mir im Paradiese sein!" — gib mir die Gnade, daß ich stets so lebe, daß Du gleichfalls zu mir, in der Stunde meines Abschei- dcns, sprechen könnest: „Heute wirst du mit Mir im Pa¬ radiese sein!" O Herr! der Du zu Deiner Mutter gesagt hast: „Weib, siehe deinen Sohn!" und zu Deinem Jünger Johannes'. „Siehe deine Mutter! — gib mir die Gnade, daß auch ich, durch diese Deine Liebe und Treue, mit Deiner heiligen Mutter vereinigt werde. O Herr! der Du gerufen haft: „Mein Gott, mein Gott, warum hast Du Mich verlassen!" — gib mir die Gnade, daß ich in meiner Trübsal und Noch ausrufe: „O mein Vater und Herr! sei mir armen Sünder gnädig; und regiere und leite mich, Du mein König und mein Gott, der Du mich mit Deinem eigenen Blute erlöset hast." O Herr! der Du gerufen hast: „Mich dürstet!" — Gib mir die Gnade, daß ich immer nach Dir, dem Quell mit dem Wasser des ewigen Lebens, dürsten möge. O Herr! der Du gerufen hast: „Es ist voll¬ bracht! — gib mir die Gnade, daß meine abscheidende Seele dereinst Deine süßeste Stimme hören dürfe: „Komme zu mir, Meine Freundin, du meine geliebte Braut, daß du emporfteigst, um mit den Engeln und mit Meinen Heiligen in Meinem Reiche dem Gastmahle des Lebens beizuwohnen, und dich zu erfreuen, und daselbst zu ver¬ bleiben durch alle Ewigkeit!" O Herr! der Du gerufen hast: „Vater, in Deine Hände empfehle ich meineSeele!" —ja,gib mir die Gnade, daß auch meine Seele, wenn ich hienieden dem Tod erliege, dort huldreich von Dir ausgenommen werde. Amen. — 157 — Andachtsübungen zu den sieden Schmerzen Maria. (Vom heiligen Alphons von Liguori.) Erster Schmerz. Ich habe Mitleid mit Dir, meine geliebte Mutter Maria, um des ersten Schmerzensschwertes willen, das Dein Herz durchbohrte, als Dir durch den heiligen Si¬ meon alle Mißhandlungen vor Augen gestellt wurden, die Deinem Jesus von den Menschen widerfahren würden und die Dir alle durch die heilige Schrift bekannt waren, da Du sogar wußtest, daß Er vor Deinen Augen am Kreuze, nachdem Er all' Sein Blut vergossen, den Geist aufgeben werde, verlassen von Allen, ohne daß Du Ihm helfen, Ihn vertheidigen könntest. Um dieser bittern Erinnerung willen, die so lange Jahre Dein Herz betrübte, bitte ich Dich, meine Königin! erlange mir die Gnade, daß ich das Leben Christi und Deine Schmerzen, im Leben und im Sterben, immer in meinem Herzen trage. Vater unser re. Gegrüßet seist w. Ehre sei re. Zweiter Schmerz. Ich habe Mitleid mit Dir, meine geliebte Mutter Maria, um des zweiten Schmerzensschwertes willen, das *) Papst Benedikt VIII. hat 200 Tage Ablaß für jedes Vater unser rc. und Gegrüßet seist Du rc. denen ertheilt, die sie am Freitag und in der Fastenzeit beten, und 100 Tage Ablaß für jeden andern Tag. Wer sie alle Tage eines Monats hindurch betet, gewinnt, wenn er beichtet und kommunizirt und nach der Meinung der heiligen Kirche betet, einen vollkommenen Ablaß, den man einer Seele im Fegfeuer zuwenden kann. — 158 — Dein Herz durchbohrte, als Du sähest, wie Dein unschul¬ diger, neugeborner Sohn von denselben Menschen, um deren Seligkeit willen Er in die Welt gekommen war, verfolgt wurde. Mitten in der Nacht mußtest Du damals heimlich nach Egypten fliehen. Um all' der Leiden willen, die Du, o zarte Jungfrau! mit Deinem vertriebenen Kindlein auf dieser langen und mühsamen Reife, durch wüste und rauhe Länder und während Deines Aufent¬ haltes in Egypten erduldetest, wo Du unbekannt und fremd mehrere Jahre arm und verachtet lebtest, bitte ich Dich, meine geliebte Königin! erlange inir die Gnade, geduldig und mit Dir vereinigt bis zu meinem Tode alle Leiden dieses elenden Lebens zu erdulden, damit ich der¬ einst von den Peinen der Hölle, die ich verdient habe, befreit werde. Vater unser rc. Gegrüßet seist re. Ehre sei rc. Dritter Schmer). Ich habe Mitleid mit Dir, meine geliebte Mutter Maria! um des dritten Schmerzensschwertes willen, das Dich durchbohrte, als Du Deinen lieben Sohn Jesus verloren hattest, da Er drei Tage lang von Dir getrennt in Jerusalem blieb. Gewiß fandest Du damals, o meine geliebte Königin! da Du den Gegenstand all' Deiner Liebe nicht mehr bei Dir hattest und nicht wußtest, warum Er Dich verlassen habe, Tag und Nacht keine Ruhe; gewiß hast Du damals unausgesetzt nach Dem geseufzet, der Dein höchstes Gut war. Ich bitte Dich um Deiner Seufzer willen, die Du während dieser drei bittern und für Dich gar zu langen Tage zu Gott schicktest, erlange mir die Gnade, nie wieder meinen Gott zu verlieren, damit ich immer hier auf Erden mit Gott vereinigt lebe und damit ich in Seiner Gnade dereinst diese Welt ver¬ lassen möge. Vater unser rc. Gegrüßet seist rc. Ehre sei re. — 159 — Vierter Schmerz Ich habe Mitleid mit Dir, meine geliebte Mutter Maria! um des vierten Schmerzensschwertes willen, das Dich durchbohrte, als Du Deinen Jesus zum Tode ver- urtheilt, mit Stricken und Ketten gebunden, mit Blut und Wunden bedeckt, mit Dornen gekrönt und auf dem Wege unter dem schweren Kreuze, das er auf Seinen verwundeten Schultern trug, fallen sähest, da Er wie ein unschuldiges Lamm aus Liebe für uns zum Tode ging. Damals sähet Ihr einander an, und Eure Blicke wurden eben so viel schmerzliche Pfeile, mit denen Eure von Liebe zu einander entzündeten Herzen verwundet wurden. Um dieses großen Schmerzens willen bitte ich Dich, mir die Gnade zu erlangen, daß ich immer ergeben in den Willen meines Gottes lebe, und daß ich immer freudig, mit Jesus vereinigt, mein Kreuz bis zu meinem letzten Athemzuge trage. Vater unser re. Gegrußet seist re. Ehre sei re. Fünfter Schmer;. Ich habe Mitleid mit Dir, meine geliebte Mutter Maria! um des fünften Schmerzensschwertes willen, das Dich durchbohrte, als Du auf dem Kalvarienberge vor Deinen Augen Deinen geliebten Sohn Jesus unter so furchtbaren Schmerzen, von den Menschen verhöhnt, nach und nach auf dem rauhen Kreuzbette sterben sähest, ohne daß Du Ihm auch nur die geringste Erleichterung, die man selbst dem größten Verbrecher in der Todesstunde nicht versagen würde, verschaffen konntest. Um der To¬ desangst willen, die Du damals, geliebte Mutter! mit Deinem sterbenden Sohne ausstandest; um der Trau¬ rigkeit willen, die Du empfandest, als Jesus zum letzten Male vom Kreuze mit Dir sprach und Abschied von Dir nahm und mit dem heiligen Johannes uns Alle als — 160 - Deine Kinder Dir übergab; und um der furchtbaren Schmerzen willen, die Du erdulden mußtest, als Du Ihn Sein Haupt neigen und den Geist aufgeben sähest, bitte ich Dich, erlange mir von Deiner gekreuzigten Liebe die Gnade, daß auch ich abgestorben sei allen Dingen dieser Welt, und daß ich mein ganzes Leben hindurch nur für Gott lebe, und auf solche Weise dereinst dahin gelange, Ihn von Angesicht zu Angesicht im Himmel zu schauen. Vater unser re. Gegrußet seist re. Ehre sei re. Sechster Schmerz. Ich habe Mitleid mit Dir, meine geliebte Mutter Maria! um des sechsten Schmerzensschwertes willen, das Dich durchbohrte, als man das süße Herz Deines tobten Sohnes durchbohrte, der schon für jene Undankbaren, die auch nach Seinem Tode nicht müde wurden, Ihn zu mi߬ handeln, gestorben war. Um dieses heftigen Schmerzens willen bitte ich Dich, Du wollest mir die Gnade erlangen, daß ich immer in dem für mich durchbohrten und geöff¬ neten Herzen Jesu wohne, in diesem Herzen, das jene Liebeskammer ist, in der alle Gott liebenden Seelen ihre Ruhe finden; damit ich daselbst, so lange ich lebe, an nichts Anderes denke und nichts Anderes liebe, als Gott allein. O allerheiligste Jungfrau Maria! Du kannst dies bewirken, von Dir hoffe ich es. Vater unser w. Gegrüßet seist re. Ehre sei re. Siebenter Schmerz. Ich habe Mitleid mit Dir, meine geliebte Mutter Maria! um des siebenten Schmerzensschwertes willen, das Dich durchbohrte, als Du Deinen tobten Sohn in Deinen Armen hieltest. Er ist nicht mehr lieblich und schön wie damals, da Du Ihn im Stalle zu Bethlehem in den Armen hieltest, nein, Er ist blutig, Sein heiliger — 161 — Leib ist ganz zerrissen von den Geißelschlägen, und man kann sogar Seine Gebeine durch die Wunden erkennen. O mein geliebter Sohn! sagtest Du damals, mein ge¬ liebter Sohn! wozu hat Deine Liebe Dich gebracht? Und als man Ihn in's Grab trug, da wolltest Du Ihn be¬ gleiten und Ihn mit Deinen eigenen Händen im Grabe zurecht legen, um, nachdem Du zum letzten Male Ab¬ schied von Ihm genommen, Dein liebendes Herz dort zu lassen. Um all' dieser furchtbaren Leiden willen, die Deine heilige Seele erdulden mußte, erlange mir, Mutter der schönen Liebe! die Verzeihung aller Beleidigungen, die ich meinem, mich so innig liebenden Gott zugefügt habe, und die ich von ganzem Herzen bereue. Stehe Du mir bei, o Maria! in allen Versuchungen, stehe mir bei in meiner Todesstunde, damit ich durch die Verdienste Jesu und die Deinigen selig werde und eines Tages mit Deinem Bei¬ stände, nach dieser elenden Verbannung auf Erden, im Himmel Jesum und Dein Lob die ganze Ewigkeit hin¬ durch verkündigen könne. Vater unser re. Gegrüßet seist rc. Ehre sei w. Bitte für uns, schmerzhafte Mutter Maria! lK. Damit wir theilhaftig werden der Verheißungen Christi. Kirchengebet. O Gott! bei dessen Leiden, nach der Weissagung Simeons, die süßeste Seele der glorreichen Jungfrau und Mutter Maria ein Schmerzensschwert durchdrang, verleihe gnädig, daß wir, die wir mit Verehrung an ihre Schmer¬ zen denken, der glücklichen Wirkungen Deines Leidens theilhaftig werden; der Du lebest und regierest in Ewig¬ keit. Amen. O meine Königin! die Du die Herzen der Menschen durch Deine Lieblichkeit raubest, hast Du inir nicht auch 11 — 162 — mein Herz geraubt? O Königin der Herzen, wann wirst Du mir mein Herz zurückgeben? Leite Du es mit Dei¬ nem Herzen und lege es in die Seite Deines göttlichen Sohnes. Dann werde ich besitzen, was ich wünsche, denn Du bist meine Hoffnung. (8. Nsä. in 8nlv6 ksZ.) (Trauergesang.) Jesu Mutter stand betrübet Bei dem Sohn, deu sie geliebet, Als Er an dem Kreuze hing. Wie war sie voll tiefer Trauer, Als das Schwert mit Todesschauer Ähr empfindsam Herz durchging! Wie bestürzt, wie beklommen Stand die Mutter aller Frommen Bei dem Kreuz auf Golgatha; Als sie Ihn mit bangem Sehnen Und mit ungezählten Thränen Für die Sünder leiden sah! O ! wer sollt' nicht Mitleidsthränen Mit der Mutter weinen können, Wo voll Elend sie erscheint? Wer sollt' sie so wenig lieben, Und sich nicht mit ihr betrüben, Die des Sohnes Tod beweint? — 163 — Sie erblickt den Sohn gebunden, Voll der Schmerzen, voll der Wunden, Ach! für unsre Missethat. Sie sieht Den am Kreuze schweben, Trostlos Seinen Geist aufgeben, Den sie uns geboren hat. Schmerzensmutter, Quell' der Liebe! Daß ich mich mit Dir betrübe, Steh mir, Deinem Diener, bei. Laß mein Herz von Lieb' entbrennen, Jesu, meinen Gott, erkennen, Daß ich Ihm gefällig sei. Drücke Deines Sohnes Wunden, So wie Du sie hast empfunden, Tief in meine Seele ein. Für mich ist Sein Blut geflossen; Laß mich einen Mitgenossen Seiner bittern Leiden sein. Laß mit Dir mich wahrhaft weinen Und mit Jesus mich vereinen, Mit Ihm theilen Seinen Schmerz. Zu dem Kreuze mit Dir eilen, Deine Trauer mit Dir theilen; Dies, o Mutter! wünscht mein Herz. Jungfrau, aller Frauen Zierde! Wenn mir doch gegeben würde, So wie Du betrübt zu sein! 11* — 164 — Jesu Tod und Seine Plagen Möcht' an mir ich immer tragen, Und mich Semeni Dienste weih'n. Möcht' ich Seiner Wunden denken, Mich mit Seinem Blute tränken, In der Lieb' mit Ihm vereint! Wird die Liebe mich entzünden, O! dann werd' ich Gnade finden, Wann Er zum Gericht erscheint. Jesu Kreuz sei meine Ehre Und Sein Tod mir Schutz und Wehre In des Erdenlebens Streit. Jesus! wenn mein Leib wird sterben, Laß dann meine Seele erben Deines Himmels Seligkeit. Amen. Gebet. Trostloseste aller Mütter, welch' ein furchtbares Schwert hat Deine Seele durchdrungen! Alle Streiche, die über Jesus kamen, trafen Dich selbst; alle Seine Schmerzen beugten auch Dich zu Boden, alle Seine Wunden verwundeten auch Dich! Am meisten aber blutete Dein ganzes Herz bei Seinem letzten Abschied, und für- wahr, übernatürlicher Kraft bedurfte Deine Seele, Ihn zu überleben, als Er unter dem letzten Seufzer Seine heiligste Seele aushauchte. O Mutter der Liebe und der Schmerzen, laß mich nach Deinem Beispiele lieben und leiden! Königin der Märtyrer, gib auch mir Antheil an Deiner Marter! Liebe gab Dir daS Kreuz; wirke, daß das Kreuz mir Liebe gebe; und ist es Bedingniß, daß — 165 — ich, um zu lieben, leiden und sterben muß, so erflehe mir die Gnade, daß ich Alles liebe, was von Gott kommt, sogar das Leiden und den Tod. Amen. Empfehlung m den Schutz der schmerzhaften Mutter Lottes. Heilige Jungfrau Maria, Mutter meines Heilandes, ich bitte Dich um des bitteren Schmerzens willen, welcher Dein mütterliches Herz durchdrungen, da Du Deinen ge¬ liebten Sohn am Kreuze sterben sähest; erwirb mir die Gnade, daß ich meines gekreuzigten Erlösers nie vergesse, und daß ich, o liebste Mutter, die Bitterkeit Seines Todes recht lebhaft empfinde, und die Größe der Liebe erkenne, mit welcher Er sich freiwillig in den schmerz¬ lichsten Tod hingegeben hat. Verschaffe mir eine heilsame Traurigkeit und Thränen der Buße, damit ich meine Sünden beweine, um derenwillen Jesus Sein Blut ver¬ gossen hat. Die Erinnerung an das Leiden Jesu sei mir ein beständiger Antrieb, die Sünde zu meiden, meinen Gott über Alles zu lieben, und nie durch eine Sünde mich von Ihm zu trennen. Liebevolle Mutter, nimm mich als Dein Kind unter Deinen Schutz, sei meine gütige Mutter und versage mir Deinen Beistand nicht in allen meinen Nöthen, besonders in der Stunde meines Todes. Heilige Maria, beschütze mich jederzeit gegen alle Versuchungen des Satans, sei meine Fürsprecherin bei Deinem göttlichen Sohne, und bitte, daß ich einst unter Anrufung der heiligsten Namen Jesus, Maria und Joseph sterbe. O Mutter der Barm¬ herzigkeit, erhöre mich! Zuflucht der Sünder, zu Dir fliehe ich! Hilfe der Christen, hilf mir! Trost der Be¬ trübten, tröste mich! Heilige Maria, Mutter Gottes, bitte — 166 — für mich armen Sünder jetzt und in der Stunde meines Todes. Amen. Andacht kei einem Hilde des gekreuzigten. (Vom heiligen Franz von Sales.) O mein Gott und Heiland, der Du für mich am Kreuze gestorben bist, ich werfe mich zu Deinen Füßen nieder, und übergebe meine Seele in Deine Hände, jetzt, und in der Stunde meines Todes! Da ich nicht weiß, o lieber Jesus, wann oder wie Du mich von dieser Welt abfordern werdest, so danke ich schon von diesem Augen¬ blicke an für alle die Gnaden und Wohlthaten, welche ich von Deiner göttlichen Majestät empfangen habe! Ich danke zugleich auch für diejenigen, die ich noch ferner, besonders in meiner Sterbstunde, von Dir zu empfangen hoffe! O mein Gott, lasse, ach! lasse mich doch in diesem letzten Streite nicht unterliegen! O Herr, wie fürchte ich diesen entscheidenden Augenblick; und muß ich ihn nicht fürchten, wenn ich meiner begangenen Sünden gedenke? Doch wenn ich Deine unendliche Barmherzigkeit betrachte, so werde ich aufs Neue mit Hoffnung und Vertrauen erfüllt! Ja, Dein kostbares Blut, Deine heiligsten Wun¬ den, Dein verehrungswürdiges Kreuz, diese sind meine einzige Zuflucht, und diese werden mir zu jeder Zeit Stärke und Sicherheit wider alle Versuchungen verschaffen! Gib mir, o Jesus, durch die Kraft Deines heiligen Blutes, eine innerliche und wahre Reue über meine Sünden; verleihe mir eine aufrichtige und kindliche Liebe zu Dir, auf daß meine Seele, von allem Tadel gereiniget, in Deiner göttlichen Glorie sich ewig zu sreuen verdiene! Amen. — 167 — R r e u z e 8 g r u ß. (Von dem heiligen Anselmus.) Sei gegrüßt, o heiliges Kreuz, Du meine Stärke. Sei gegrüßt, Du anbetungswürdiges Kreuz, Du mein Lob und meine Herrlichkeit. Du meine Hülfe und meine Zuflucht, sei gegrüßt. Sei gegrüßt, o heiliges Kreuz, Du Trost aller Traurigen; sei gegrüßt, o Kreuz, Du mein Sieg und meine Hoffnung, Du mein Schutz und mein Leben, Du meine Erlösung und Befreiung, sei mir ge¬ grüßt. Sei gegrüßt, Du Fahne des Heiles, Du unüber- steigliche Schutzmauer gegen alle Gewalt des bösen Fein¬ des. Mögest Du mir immer bleiben die Hoffnung meines Christcnthums, mein Siegeszeichen wider den bösen Feind, die Quelle meines Trostes und meine Ruhe in Trübsalen. Ja, möge das heilige Kreuz mir sein der Stab meines Alters, die Arznei meiner Krankheit, das Kleid meiner Blöße, die Tröstung meines Lebens. Das Kreuz sei mir ein Heilmittel in allen Widerwärtigkeiten, ein Trost in meinen Bedrängnissen, eine Arznei meiner Krank¬ heiten, und eine Schutzwaffe wider alle Feinde. Amen. Hebet vor dem Rüde de8 Hekreuzigtem *) Sieh, o mein gütigster und liebreichster Jesu! vor Deinem allerheiligsten Angesichte liege ich auf den Knieen und bitte Dich aus dem innersten Grunde meiner Seele, *) Jeder Christgläubige, welcher »ach verrichteter Beicht und Kom¬ munion mit reumüthigem Sinne obiges Gebet, in was immer für einer Sprache, jedoch getreu übersetzt, vor einem Bilde des Gekreuzigten an¬ dächtig spricht, und nebstbei für das allgemeine Anliegen der heiligen Kirche, Ausrottung der Ketzereien rc. betet, kann einen vollkommenen Ablaß gewinnen. Dieser, von Clemens VIII. und Benedikt XlV. ertheilte Ablaß wurde von Pius VII. mittels Dekrets Ilrdis et Orbis der heiligen Con- — 168 — Du wollest mir lebendig in mein Herz einprägen die Gesinnungen des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe, einer wahren Reue über meine Sünden und den festen Vorsatz, Dich nie mehr zu beleidigen, indem ich mit un- getheüter Liebe, mit innigstem Mitleide Deine heiligen fünf Wunden betrachte, und im Geiste erwäge, was der heilige Prophet David von Dir, o mein Jesu! gesprochen hat: „Sie haben Meine Hände und Meine Füße durch¬ bohrt, sie zählten alle meine Gebeine." (Ps-21,17- 18.) Met zum gekreuzigten Heiland. * *) O Gott, der Du, um die Welt zu erlösen, wolltest geboren, beschnitten, von den Juden beschimpft und ver¬ folgt, von Deinem Jünger Judas mit einem Kusse ver- rathen, als ein geduldiges und unschuldiges Lamm mit Stricken gebunden, und zu Annas, Kaiphas, Pilatus und Herodes schmählich geschleppt werden; der Du von fal¬ schen Zeugen verklagt, von Geißeln zerrissen, mit Dör¬ nern gekrönt, mit Fäusten geschlagen, mit Speichel be¬ sudelt, über Dein göttliches Angesicht spöttisch verhüllt, mit einem Rohre geschlagen, mit Mißhandlungen und Hohn überhäuft, Deiner Kleider entblößt, an das Kreuz geheftet, an demselben zwischen zwei Miffethätern ausge¬ richtet, mit Galle und Essig getränkt, von einer Lanze durchbohrt werden, — und so das große Werk unserer gregation der Ablässe vom 10. April 1821 auf ewige Zeiten bestätigt, und kann gemäß Erklärung Leo XII. mittels Dekrets derselben heiligen Con- gregation vom 17. September 1825 auch den Seelen im Fegfeuer zuge- wcndet werden. *) Papst Pius VII. verlieh mit Dekret vom 25. August 1820 auf dieses Gebet, verbunden mit 5 Vater unser und Ave Maria und Ehre sei einen Ablaß von 300 Tagen, einmal des Tages zu gewinnen, und den Seelen des Fegfeuers zuwendbar. Wer es einen ganzen Monat hindurch täglich betet, gewinnt nach Empfang der heiligen Sakramente und Gebet für die Kirche einen vollkommenen Ablaß. — 16S — Erlösung vollenden wolltest: ich flehe Dich demüthigst an, mein barmherziger Erlöser, Du wollest mich durch diese Deine schweren und grausamen Peinen, die Du aus Liebe zu mir erduldet hast, und deren ich Unwürdiger mit Weh- muth gedenke, und durch Dein heiliges Kreuz und Deinen bittersten Tod, vor den Strafen der Hölle bewahren, und einst in den Himmel aufnehmen, wohin Du den reu- müthigen Missethäter, der mit Dir gekreuziget wurde, aus¬ genommen hast; der Du mit dem Vater und dem heiligen Geiste gleicher Gott lebst und regierst von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen. Retrachlung am ßrake des Erlösers, besonders beim Besuche der heiligen Gräber am Charsreitag und Charsamstag. (Vom heiligen Alphons von Liguori.) O Jesus, mein göttlicher Erlöser! mit Ehrfurcht und tiefer Anbetung will ich mich der ehrwürdigen Stätte im Geiste nahen, worin Dein heiliger Leib ruhet. Da, an Deinem Grabe, dem Heiligthume aller Gläubigen, will ich den Empfindungen meines gerührten Herzens Raum geben, und will alles das Herzerhebende erwägen, was beim An¬ blick Deiner Grabstätte Dein heiliger Geist mir einflößt. Du, o Jesus! das ewige Wort des Vaters, bist Mensch geworden, alle Menschen zu erleuchten und ihnen die Macht zu geben, durch Glauben an Dich Kinder Gottes zu werden. Als Erlöser der Menschen tratest Du als Mensch unter den Menschen auf. Deine Wunder hätten den Verblendetsten verständig und den Ungläubigsten gläubig machen sollen; denn wie hättest Du diese Wunder wirken, auf sie als Zeugnisse Deiner Würde und Sen¬ dung Dich berufen können, wenn Du nicht der Messias, der Sohn Gottes wärest? Die Propheten zeugten von Dir, bestimmten den Zeitpunkt, in welchem Du erscheinest, — 170 — so genau, daß Deine Erwartung allgemein war. Aber Dein Volk wollte nicht, es wollte nicht verständig und gläubig werden, — weil sein und seiner Führer Wille bös war. Ach! dieser böse Wille, des Herzens Verdor¬ benheit, blendet noch unzählig viele Menschen; sie wollen Deine Lehre nicht kennen, aus Stolz an Dich in Wahr¬ heit nicht glauben. O Jesus! bewahre mich vor einem bösen Herzen, das des Glaubens an Dich nicht fähig ist. Deine unendlich vielen und großen Wohlthaten hätten das härteste Herz erweichen und zur Liebe gegen Dich bewegen sollen. Aber Deine Liebe ward mit Haß erwie- dert und Dein Wohlthun versteinerte die Herzen. Wie ost vergessen auch wir unsers Gottes nur desto mehr, je gütiger Er uns Seinen väterlichen Segen spendet! Be¬ wahre mich, o Jesus! vor diesem strafbaren Undank. Deine Predigten waren, wie Du selbst, ewige Wahr¬ heit und unendliche Liebe. Auch die Boshaftesten hätten zu Deinen Füßen hinsinken und Heilung bei Dir, dem Arzte aller der Erquickung bedürftigen Seelen, suchen und annehmen sollen. Aber Dein liebevolles Wort der Wahrheit verwundete so viele, weil sie die Wahrheit und ihr Heil nicht liebten. Du, unser Vorbild, hast erfahren, daß die Wahrheit verhaßt mache. Entzünde unser Herz, o Jesus! mit Liebe zur Wahrheit, daß wir sie willig auf¬ nehmen, ohne Furcht bekennen und mit Muth dafür leiden. Sogar Einer Deiner Jünger befreundete sich mit Deinen Todfeinden, und warum? Die Begierde nach Geld machte ihn zum undankbarsten und ruchlosesten Menschen; vom Apvstelamte sank er zum verworfenen Verräther herab! Um dreißig Silberlinge Jesus verrctthen und ver¬ kaufen, welch' eine schändliche That und Geringschätzung gegen Gottes Sohn! Aber auch ich habe Dich, o Jesus, schon oft so gering und wohl noch geringer geschätzt, Dich beleidigtfumzteiner augenblicklichen Lust willen, die mich doch nicht befriedigte, ich war Dir untreu, um zeitlichen Gewinn zu machen und Menschen zu gefallen. Bewahre — 171 — mich, mein Erlöser! daß ich nie mehr durch schwere Sün¬ den Deinem Verräther gleich merde. Für die sündige Menschheit, o Jesus! littest Du To¬ desangst, ließest Dich binden und vor Deine Todfeinde führen. Ihr Mordgeschrei erschreckte den feigen Richter, brachte Dich unter Mißhandlung, unter Spott und Hohn an's Kreuz. Aber auch am Kreuze, im herbsten Leiden, betetest Du für Deine Verfolger, starbest für ihre, für meine und aller Menschen Sünden! Die ganze Natur trauerte über Deinen Tod, und Viele, die Dich sterben sahen, schlugen reuig an ihre Brust und bekannten: Dieser war wahrhaft Gottes Sohn! O Jesus, mein Erlöser! in Glauben und Liebe be¬ trachte ich mit bewegtem Herzen Deinen heiligen Leichnam im Grabe. Dein Auge, woraus die Gottheit strahlte, schloß sich zur sanften Ruhe zu! Dein erblaßter Mund, der Trost, Heil und ewiges Leben predigte, schweigt in un¬ gestörter Stille! Dein reines Ohr ist den Schmähungen und Lästerungen geschlossen, womit die zügelloseste Bos¬ heit Dich verhöhnte! Deine bleiche, durchbohrte Hand, die Du nur zum Segen der Menschheit ausgestreckt, liegt stille an Deiner blutigen Seite! Dein ganzer heiliger Leib rastet nun aus im friedlichen Grabe! Die himmlische Klar¬ heit auf Deinem Antlitz bezeugt die große Wahrheit: Es ist vollbracht! Vollbracht das große Werk der Men¬ schenerlösung, vollbracht der Menschen Heil und Glück! Vollbracht ist der ewigen Liebe anbetungswürdige That, der Vater im Himmel ist versöhnt mit der großen Sünder¬ schaar ! Es ist vollbracht, Satan ist überwunden, die Sünden getilgt, der Reuige hat einen Erlöser! Voll Dank, o Vater im Himmel! bete ich Deinen unbegreiflichen Rath¬ schluß an, den Du zu unserer Erlösung gefaßt und durch Deinen Eingebornen ausgeführt hast. Voll Dank, o Gott¬ mensch, mein Erlöser! bete ich Deine Liebe an; denn Du hast Dein Leben für mich hingeopfert. Dein Leichnam im Grabe sagt mir: Sieh, Ich starb für dich! — 172 — O Jesus! Du ruhest im Grabe. Beim Anblick Deiner Ruhe dringen mir Deine blutigen Wunden die Lehre auf: So mußte der Gottmensch leiden und leidend in die Herr¬ lichkeit eingehen! Durch Leiden werde ich Dir ähnlich, o Jesus! werde mit Dir verherrlicht, wenn ich wie Du leide, geduldig und ergeben in den Willen des himmli¬ schen Vaters. Leiden bringt Ruhm und Lohn, weil Du gelitten haft. O Jesus! Du ruhest im Grabe. Durch Dich ist das Grab geheiliget, das mich einst aufnehmen wird. Tod! du schreckst mich nicht, und Grab! du hast für mich kein Grauen, da ich Jesus todt im Grabe liegen sehe. Mein Körper wird nicht ewig verwesen, weil der heilige Leichnam Jesu unverweslich im Grabe ruhet. O mein Herr und mein Erlöser! bei Kreuz und Leiden und im Tode will ich auf Dein Grab blicken; denn Du, der Unschuldigste aus den Menschenkindern, hast zuvor gelitten; ich werde ruhen, wo Du zuvor geruhet hast; ich gehe hin, wohin Du mir vorausgegangen bist. O Jesus, mein Heiland! wenn meine unsterbliche Seele einst vom Leibe sich trennen wird, dann sei Du ihr Tröster, ihr erbarmender Richter, und öffne ihr die Pforten des Paradieses, der Du den Seelen der Frommen in der Vorhölle ihre nahe Erlösung und ihren baldigen Einzug in den Himmel angekündigt hast. Salbe mich zur ewigen Ruhe ein, wie Deinen heiligen tobten Leib einst Deine Liebenden im Grabe eingesalbt haben. Laß mein Leben ganz Dir gewidmet sein, damit Sterben mir den Gewinn bringe, daß ich Zeitliches an Ewiges, Irdisches an Himmlisches umtausche. O Jesus! laß mich den Tod des Gerechten sterben! Amen. J it halt Seite Vorrede zur ersten Auflage .III Vorrede zur zweiten Auflage.VII Unterricht über den Kreuzweg. Erklärung und Ursprung des Kreuzweges und der Kreuzweg- Andacht . 13 Nothwendige Bedingungen, um diese Ablässe zu gewinnen . 16 Kruzifixe, mit welchen die Ablässe des Kreuzweges verbunden sind.23 Der hohe Werth und die heilsamen Früchte der h. Kreuzweg- Andacht .24 Kreuzweg-Andacht. Vorbereitungsgebet.32 Die Begebenheiten bei den Stationen und Erklärung der Bilder. 33—74 Schlußgebet.75 Meß-Andacht. Zur Ehre des bittern Leidens und Sterbens unsers Herrn Jesus Christus. (Nach dem heil. Alphons v. Liguori.) 76 Zweite Messe. (Nach dem heiligen Alphons von Liguori.) . 88 Morgen-Andacht. Morgenübung in weisen Lehren. (Bom h. Franz v. Sales.) 104 Morgengebet. (Vom heiligen Franz von Sales.) .... 105 Erinnerung an die Allgegenwart Gottes.107 Gebet gegen die unreinen Versuchungen. (Morgens u. Abends nach dem Engel des Herrn zu beten.).107 Seite Kürzeres Gebet gegen jede Versuchung.108 Gebet der heil. Elisabeth. (In gefahrvoller Lage zu sprechen.) 108 Abend-Andacht. Abendübung in weisen Lehren. (Vom h. Franz von Sales.) 109 Abendgebet. (Vom heiligen Franz von Sales.) .... 110 Sehr nützliche Erinnerung, und Gebet zu Gott, um die Gnade der Bekehrung. (Vom heiligen Franz von Sales.) . 112 Beicht-Gebete. Vorbereitung zur h. Beichte. (Vom h. Alphons v. Liguori.) 113 Gebete vor der heil. Beichte. (Anrufung des heil. Geistes.) 114 Gebet vor der Gewissenserforschung.115 Gewissenserforschung. 116 Uebung der Reue und des Vorsatzes nach der Gewissenser¬ forschung. (Vom heiligen Franz von Sales.) . . . 117 Gebet zu Jesus und Maria. (Bom h. Alphons v. Liguori.) 118 Gebet zur Mutter Gottes. (Vom heiligen Bernhardus.) . 119 Kirchengebet ..120 Litanei von der Liebesreue. (Vom ehrw. Papst Pius VI.) . 121 Gebet. 122 Erneuerung des Taufgelübdes.123 Gebete nach der heiligen Beicht. Lob- und Dankgebete nach dem 102. Psalm.124 Erneuerung der Vorsätze.125 Bitte um die Gnade der Beharrlichkeit.126 Gebet zu Jesu. (Vom heiligen Alphons von Liguori.) . . 127 Gebet zur Mutter Gottes. (Vom heiligen Anselmus.) . . 127 Gebet vom heiligen Augustin.128 Gebet des heiligen Franz von Sales.129 Kommunion-Gebete. Vorbereitungsgebet.131 Erweckung des Glaubens.132 — 175 — Seite Erweckung der Hoffnung . . 133 Erweckung der Liebe ..134 Uebung der Demnth und der Anbetung. (Nach dem ehrwür¬ digen Ludwig von Granada.).135 Erweckung der Reue.136 Bitte um eine würdige und fruchtreichc Kommunion. (Gebet des heiligen Thomas von Aquin.).137 Verlangen nach Jesus.138 Liebe und Verlangen nach dem Heilande. (Vom gottseligen Thomas von Kempen.).139 Anmuthungen. (Vom heiligen Alphons von Liguori.) . . 141 Anrufung der Mutter Gottes, der Engel und Heiligen . . 142 Nach der heiligen Kommunion. Anmuthungen und Bitten nach den heiligen Franz von Sales und Alphons von Liguori.144 Gebet des heiligen Thomas von Aquin.147 Gebet des heiligen Bonaventura.148 Schlußgebet.148 Geistliche Kommunion. (Vorbemerkung.).150 Uebung der geistlichen Kommunion. (Vom heiligen Alphons von Liguori.).151 Eine andere Uebung. (Nach der heiligen Mechtildis.) . . 152 Eine dritte Uebung der geistlichen Kommunion ..... 152 Andacht zu den jiins Wunden des gekreuzigten Heilandes, vorzüglich geeignet beim Besuche der heiligen Gräber. (Vom heiligen Alphons von Liguori.).153 Die sieben Worte des Gekreuzigten. (Von Beda, dem Ehrw.) 155 Andachtsübungen zu den sieben Schmerzen Mariä. (Vom heiligen Alphons von Liguori.).157 Kirchengebet.161 8tabat Nater. (Trauergesang.).162 — 176 — Seite Gebet. 164 Empfehlung in den Schutz der schmerzhaften Mutter Gottes 165 Andacht bei einem Bilde des Gekreuzigten. (Vom heiligen Franz von Sales.). 166 Kreuzesgruß. (Vom heiligen Anselmus.). 167 Gebet vor dem Bilde des Gekreuzigten.167 Gebet zum gekreuzigten Heiland.168 Betrachtung am Grabe des Erlösers, besonders beim Be¬ suche der heiligen Gräber am Charfreitag und Char- samstag. (Vom heiligen Alphons von Liguori.) . . 169 —--