»seoilna m unlvo^üetnL kaj!ta!ca v ljutchsm 120815 ksches Lesebuch für die 1. und 2. Klasse slowenisch-ukrayuistischer MilLelschulen und verwandter Lehranstalten. KermsMliien Anton Stvitof. Zweite, durchgeseh ene Auflage. Preis, geheftet 2 L 40 I>, gebunden 2 L 70 Ii. Wien. Im kaiserlich-königlichen Schulbücher-Verlage. Deutsches Lesebuch für die 1. und 2. Muffe slowenisch-utraquistischer Mittelschulen und verwandter Lehranstalten. Seransgcgcbcu von Anton Stvitof. Zweite, durchgesehene Auflage. Preis, geheftet 2 k 40 Ii, gebunden 2 It 70 Ii. Wien. Im k a i s rr lich - k ö n i g ! ich e n S chuIbü ch-rr - V e rl a g r 1W6. Die in einem k. k. Schulbücher-Verlage herausgegebenen Schulbücher dürfen nur zu dem auf dem Titelblatte angegebene» Preise verkauft werden. Alle Rechte vorbehalten. 3 1. Im Namen Gottes. Im Namen Gottes fang' ich an, Mir helfe Gott, der helfen kann! Wenn Gott mir hilft, wird alles leicht; Wo Gott nicht hilft, wird nichts erreicht. Drum ist das Beste, was ich kann: Im Namen Gottes fang' ich an. Alter Spruch. Aus Kummer-Branky-Hofbau er s Lesebuch. 2. Sprüche. 1. Aller Anfang ist schwer. 2. Frisch gewagt, ist halb gewonnen. 3. Übung macht den Meister. 4. Was du heute kannst besorgen, Das verschiebe nicht auf morgen! 5. „Morgen, morgen, nur nicht heute!" Sprechen immer träge Leute. 3. Der kluge SLar. Ein durstiger Star wollte aus einer Wasserflasche trinken; er konnte aber das Wasser darin mit seinem kurzen Schnabel nicht erreichen. Er hackte ins dicke Glas, vermochte es aber nicht zu zerbrechen. Er stemmte sich gegen die Flasche, sie umzuwerfen; aber dazu war er zu schwach. 5 Nach längerem Nachdenken fiel ihm ein, Steinchen zu sammeln und sie in die Flasche zu werfen. Dadurch stieg das Wasser bald so hoch, daß er es erreichen und seinen Durst löschen konnte. Nach Gleim. -i- 4 4. Der sprechende Star. Der alte Jäger Moritz hatte in seiner Stube einen abge- richteteu Star, der einige Worte sprechen konnte. Wenn zum Beispiel der Jäger rief: „Stärlein, wo bist du?" so schrie der Star allemal: „Da bin ich!" 5 Des Nachbars kleiner Karl hatte an den: Vogel eine ganz besondere Freude und machte demselben öfters einen Besuch. Als Karl wieder einmal hinkam, war der Jäger eben nicht in der Stube. Karl fing geschwind den Vogel, steckte ihn in die Tasche und wollte damit fortschleichen. io Allein in eben deni Augenblicke kam der Jäger zur Tür herein. Er dachte, deni Knaben eine Freude zu machen, und rief wie gewöhnlich: „Stärlein, wo bist du?" — und der Vogel in der Tasche schrie, so laut er konnte: „Da bin ich!" Also kam der Diebstahl an den Tag. Nach Ch r. Schmid. 6. Was kostet das Füllen? Ein Wolf traf von ungefähr eine Stute mit ihrem Füllen an. Der Wolf fragte die Stute, ob sie ihm das Füllen nicht verkaufen wolle und um welchen Preis. „O ja," antwortete sie, „ich verkaufe das Füllen. Der Preis 5 steht unter dem Hufe meines rechten Hinterfußes geschrieben. Kannst du lesen, so sieh nach!" „Ich bin ein gelehrter Alaun und kann lesen," sprach der Wolf. Die Stute hob den Fuß auf. Ter Wolf kam nahe herbei, um die Schrift zu suchen. Da gab ihm die Stute einen solchen Schlag io vor die Stirn, daß ihm die Sinne vergingen und er wie tot zu Boden fiel. Grim m. 6. Die Fliege und ihre Jungen. „Kinder," sagte eine alte Fliege zu ihren Jungen, „vor dem Honig, vor dem Wein und vor einem brennenden Lichte nehmt euch in acht!" 5 „Ei," sagte eine junge Fliege, „der Honig ist ja so süß!" Sie aß und blieb mit den Füßchen daran hangen. 5 „O," sagte die andere, „der Wein ist ja so gut!" Sie nippte, ward berauscht und ertrank im Glase. „Aber das Licht," sagte die dritte, „ist doch so schön und weder Speise noch Trank!" Sie flog gegen die Flamme und verbrannte. Wer nicht hören will, muß sühlen. 10 Schulze-Steinmann-Kiel, Kinderschatz. 7. Wie soll es sein? Ein Kindesherz soll sein: Wie die Lilie so rein. Wie der Tau so klar. Wie der Spiegel so wahr, Wie der Quell so srisch. Wie die Vöglein im Gebüsch. Kl eile. 8. Die sanken Mägde. Eine fleißige Hausmutter weckte ihre zwei Mägde alle Morgen zur Arbeit, sobald der Haushahn krähte. Die Mägde wurden über den Hahn sehr zornig und brachten ihn um, damit sie länger schlafen dürften. Allein die alte Hausmutter konnte nur wenig schlafen und wußte jetzt gar nicht mehr, wieviel Uhr es war; darum weckte sie die 5 Mägde von nun an immer noch früher, ja ost schon um Mitternacht. Nach Chr. Schmid. 9. Der Sperling und die Tande. Ein Knabe hatte einen Sperling gefangen und sah dann auf dem Dache eine Taube. „Die ist besser," dachte er, ließ den Spatzen wieder fliegen und stieg auf das Dach, um dafür die Taube zu fangen. Die aber wartete nicht, sondern flog davon. Da saß der Knabe ohne Sperling und ohne Taube traurig auf dem Dache und sagte bei sich: 5 „Besser ein Sperling in der Hand als eine Taube auf dem Dache." Niedergesäß, Deutsches Lesebuch. 6 10. Der klan nnü üsr Habs.. Linst sxrasb äsr klau 2U dar IIsuus: „Lisli siumal, >vis üoolrmükiA und trot^iZ dsiu klubu sinbsrkritt! Lud dosb suAsu dis illsusobsu uiobk: dsr stolze Radu, soudsru nur immer: der stolne Lckau." „Das masbt/^ saZts dis Usuus, „vsil dsr 5 Nsussb 8in6n ZsArüudstsu 8to1r: übsrsisbt. Osr Hain: ist nut seins IVüobsumüsit, nut seins Nnnniisit skol^; ubsr rvorunck du? — nut Larbsu und Lsderu!" SsssiuZ. 11. Die Henne und ihre Küchlein. Eine Henne sah in der Luft den Habicht schweben. Da rief sie ihre Küchlein zusammen. Diese sprangen eilig herbei und die Mutter barg sie unter ihre Flügel; nur eines fehlte noch. Dieses stand am Ufer eines Teiches und sah dem Plätschern der Enten zu. Die Henne 5 lockte immer ängstlicher; aber das Küchlein rief: „Ich mag nicht kommen, hier ist es schöner als unter deinen Flügeln!" „Ach, Kind," rief die Mutter, „komm schnell! Siehst du den Habicht über dir?" — Das Küchlein sah empor; aber schon schoß der Habicht herab, faßte es mit seinen Krallen und trug es fort. Vergebens schrie :v das Küchlein; der Habicht fraß es auf. Schulze-Steinmann, Deutsches Lesebüchlein. 12. Was ich liebe. 1. Ich liebe die Blumen, Ich liebe das Spiel, Ich liebe die Schule, Ich liebe gar viel. 3. Ich liebe das Bächlein, Den Fluß und den See, Die blühenden Bänme, Den glitzernden Schnee. 2. Ich liebe die Vögel, Sie singen so schön, Ich liebe die Wiesen, Die grünenden Höh'n. 4. Die Erde, den Himmel, Die Sonne, den Stern; Ich liebe das alles, Ich hab' es so gern. 5. Ich liebe die Menschen, Den fröhlichen Mut: Ich liebe herzinnig, Was schön ist und gut. Staub s Kinderbuch. 7 13. Sprüche. 1. Bete und arbeite! 2. An Gottes Segen ist alles gelegen. 8. Der Mensch denkt, Gott lenkt. 4. Wer auf Gott vertraut, hat wohl gebaut. 5. Mit Gott fang an, mit Gott hör' auf. Das ist der schönste Lebenslauf. 14. Spotte nicht über Unglückliche! Ein armer Mann, der einen Stelzfuß hatte, ging durchs Dorf. Da bemerkte ihn eine Schar mutwilliger Knaben. Einer unter ihnen machte sich über ihn lustig und hinkte ihm nach. Der Mann wandte sich um und schaute wehmütig auf den Spötter. Dann sagte er zu ihm: „Knabe, ich habe als Soldat sürs Vaterland gestritten; mein s Bein verlor ich in der Schlacht durch eine Kugel. Dieser Stelzfuß verdient also deinen Spott nicht." — Diese Worte gingen allen zu Herzen, die Knaben zogen ehrerbietig ihre Mützen und der Spötter schlich schamrot zur Seite. Schulze-Steinmann, Deutsches Lesebüchleiu. Fmer Ar/s/rtts nrr/ ckat^rrr'A«, ArrrAsrr Kta/t su rrrrct /e<7e tr-uo srrrerr sebros^en, /lvrö vott Obst ar// cberu ürrs/rtts Mirite rrrrot seu/rte best«u<7rA, abev t«ebte rin/ sobevste. //orArtte saAts: „ckr's maAst ctrr ctoob taoberr? Dem 7/o?'b ist s so sobroer- rors /sr' nre^rrAS rrrrct /rr brst rrrn rrr'obts stärker' ats r'ob." cko./pnr'Aa s^ra-ob: „/ob b«be er'rr Aeror'sses 7/rärrt/errr Kp/rcts AetöAt, cterber" /rrbte rcb sr's b«rrm." „Lst" vre/ Z?r/Artte, „ctas M«/? er'rr bostbcrves //värrttsr'rr ssr'ri/ 10 /ob -rröobts rrrrv -rrerne />ast «rrcb Aevrr /«rrrrt svterobtsvrr. mr'v /oob, rvr's es ber^öt/' Il at/rur-AK «»troo/'tots: „Oas bos/bave //r>«nttsM, ctcrs «ttö Lesobrver'/ö-r torcbtsr M«obt, bsr/§t — Oe/rrtcb." L/o'. §o/tmrci. 8 16. Der grosie Krautkopf. Zwei Handwerksburschen. Josef und Benedikt, gingen einst an dem Krautgarten eines Dorfes vorbei. „Sieh doch," sagte Josef, „was das für große Krantköpfe sind!" „Ei," sagte Benedikt, der gerne prahlte, „die sind nicht gar groß. Auf meiuer Wanderschaft 5 sah ich einmal einen Krautkopf, der war viel größer als das Pfarr¬ haus dort." Josef, der ein Kupferschmied war, sprach hierauf: „Das will viel sagen. Indes half ich einmal einen Kessel machen, der war so groß wie die Kirche." w „Aber um des Hinmiels willen," rief Benedikt, „wozu hatte man denn einen so großen Kessel nötig?" Da sagte Josef: „Man wollte deinen großen Krautkopf darin sieden." Nach Ehr. Schmid. 17. Wenn. „Junge, was machst du da?" — „Stille, Vater, ich fange Mäuse." — „Haft du schon welche?" — „Ja, Vater, wenn ich diese habe, auf die ich lau're, und noch eine, dann habe ich zwei." Sim rock. 18. Sorglosigkeit schadet. „Hört," sagte ein Knecht zu seinem Herrn, „auf unserem Dache fehlt ein Ziegel; laßt den Dachdecker einen neuen einlegen!" Aber der Hausherr sagte: „Ach was, ein Ziegel mehr oder weniger, das schadet nicht!" 5 Mit der Zeit jedoch schadete es wohl; der Wind fuhr in das Loch im Dache und hob auch noch andere Ziegel aus. Au der schad¬ haften Stelle fielen Regen und Schnee ein und machten, daß die Balken des Dachstuhles faulten. Nun mußte der Zimmermann kommen, denn das Haus war baufällig geworden. ia „Es ist schlimm," sagte der Zimmermann; „unter zweihundert Kronen kann ich Euch deu Schaden nicht gutmachen." Als der erste Ziegel fehlte, wär's mit einigen Hellern abgetan gewesen. Merket euch: Sorglosigkeit schadet. Runkwitz. 10 L sind alle schön rot wie Scharlach und wie mit weißen Perlen besetzt. Es gab wohl noch von jenen braunen und unansehnlichen, von denen du neulich brachtest; sie waren mir aber zu schlecht und ich ließ sie stehen." „O du einfältiges, törichtes Kind!" rief die Mutter erschrocken, w „Diese schönen Schwämme sind trotz Scharlach und Perlen giftige Fliegenschwämme und wer davon ißt, muß sterbeu. Jene braunen aber, die man Herrenpilze nennt und die du verschmähtest, gehören, ungeachtet ihres schlechten Aussehens, unter die besten." Chr. Schmid. 23. Dir Ruelle. An einem heißen Sommertage ging ein Knabe über Feld. Seine Wangen glühten vor Hitze und er lechzte vor Durst. Da kam er zu einer Quelle, die im Schatten einer Eiche hell wie Silber ans dem Felsen hervorbrach. 5 Wilhelm, so hieß der Knabe, hatte wohl gehört, daß man nicht trinken solle, wenn man erhitzt ist. Allein er achtete nicht darauf, trank sogleich von dem eiskalten Wasser und sank fast ohnmächtig zur Erde. Mit Mühe kam er nach Hanse und verfiel in ein gefähr¬ liches Fieber. w „Ach," seufzte er auf seinem Krankenbette, „wer hätte es jener Quelle angesehen, daß sie ein so schädliches Gift enthalte!" Allein Wilhelms Vater sprach: „Die reine Quelle ist an deiner Krankheit wohl nicht schuld, sonderneinzig deine Unvorsichtigkeit und Unmäßigkeit." Nach Chr. Schmid. 24. Die Suppe. „Die Mittagsuppe ist doch gar zu mager, ich kann sie nicht essen!" sagte die kleine Gertrud und legte den Löffel weg. „Nun wohl," sagte die Mutter, „ich will dir dafür eine bessere Abendsuppe vorsetzen." s Die Mutter ging hierauf in den Krautgarten, grub Erdäpfel aus und Gertrud mußte, bis die Sonne unterging, die Erdäpfel auflesen und in Säcke sammeln. 11 Nachdem beide nach Hanse gekommen waren, brachte die Mutter endlich die Abeudsuppe. Gertrud kostete sie und sagte: „Das ist freilich eine andere Suppe, die schmeckt besser." Sie aß das ganze io Schüsselcheu voll aus. Die Mutter aber lächelte und sprach: „Es ist eben die Suppe, die du heute mittags stehen ließest. Jetzt schmeckt sie dir aber besser, weil du den Nachmittag hindurch fleißig gearbeitet hast." Chr. Schmid. 28. Srnnerlied. 1. Ihr Matten, lebt wohl, Ihr sonnigen Weiden! Der Senne muß scheiden, Der Sommer ist hin. 2. Wir fahren zu Berg, wir kommen wieder, Wenn der Kuckuck ruft, wenn erwachen die Lieder, Wenn mit Blumen die Erde sich kleidet neu. Wenn die Brünnlein fließen im lieblichen Mai. 3. Ihr Matten, lebt wohl, Ihr sonnigen Weiden! Der Senne muß scheiden. Der Sommer ist hin. 26. Der Esel als Salzträger. Schiller. Ein Esel war mit Salz beladen. Er kam an einen Bach, strauchelte und fiel ins Wasser. Als er wieder aufstand, fühlte er, daß seine Last um vieles leichter geworden war; denn ein großer Teil des Salzes war geschmolzen. Das merkte er sich mit Freuden. Als er später wieder des Weges kam und mit Badeschwämmen 5 beladen war, ließ er sich absichtlich in das Wasser nieder, indem er hoffte, daß es mit der Last ebenso gehen würde wie früher. Aber die Schwämme wurden durch das eindringende Wasser so schwer, daß der Esel nicht wieder aufstehen konnte und unter der Last ertrank. Niedergesäß, Deutsches Lesebuch. 12 2/. /)«»- ->/Z/ ^Zr'u ÄuucZ AMA crn/ SMem ÄöAS üöe-' emen ^Zr^A uucZ Z»'UA 6M Krie^ ^Zersa^ rin /ucZeM eu von unAe/«^u rus blasse»' ZAre/cZe, s«/t e?- — so sauren es r'/rnr. — -roe/r errre» «ncZeuen ÄuncZ, cZev eöen/crZZs srn ArlsH ^Zerss^ r'rn M«nZe ZuuA. AZsöcrZcZ rvancZsZte 5 r'^n cZrs LsAr'sucZs an, ans^ cZr'sses §ZncZc sn öesr'ZLsn. Aass^ s^-uanA ei' Ms ki^asseu, ss^na^-xte nas^ cZenr i8oZraZZenörZsZs uneZ Zrs/Z cZauäöeu re>'. 28. Der Wolf und das Lämmlrm. Ein Wolf und ein Lämnilein kamen von ungefähr an einem Bache zusammen, nm zu trinken; der Wolf trank oben am Bache, das Lämmlein aber unten. Als der Wolf das Lämnilein erblickte, lief er zu ihm und sprach: „Warum trübst du mir das Wasser, daß ich 5 nicht trinken kann?" Das Lämmlein antwortete: „Wie kann ich dir das Wasser trüben? trinkst dn doch über mir!" — Der Wolf sprach: „Wie, du fluchst mir noch dazu?" Das Lämmlein antwortete: „Ich fluche dir ja nicht!" — Der Wolf aber sprach weiter: „Ja, vor sechs Wochen hast du auch Böses von mir geredet!" Das Lämmlein m antwortete: „Vor sechs Wochen war ich noch gar nicht geboren!" — Wieder schrie der Wolf: „Du hast aber meine Wiesen und Felder abgenagt und verderbt!" — Das Lämmlein antwortete: „Wie ist das möglich? Ich habe ja noch gar keine Zähne!" — „Ei," sprach der Wolf, „du weißt ja eine ganze Menge Ausreden; doch dies alles is macht dich nicht straflos, du kannst nicht ungefressen bleibeu!" Also würgte er das unschuldige Lamm und sraß es. Nach A s o p. 29. Der Wasferkropfen. Ein Tropfen Wasser fiel aus einer Wolke herab ins Weltmeer. „Ach," rief er, „was bin ich unter dieser zahllosen, unübersehlichen Menge? Ein Nichts, fast weniger noch als nichts!" Eine Muschel hörte dies, tat sich auf und verschlang den s bescheidenen Tropfen. In ihr wurde er zu einer unschätzbaren Perle und prangt jetzt in der Krone der persischen Monarchen schöner als alle übrigen Juwelen derselben. Wer seine Niedrigkeit suhlt und gesteht, deu pflegt das Schicksal oft hoch zu heben. S chul z e - S t e i n m a n n - K iel, Kinderschatz. 30. Sprüche. 1. Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen. 2. Alach getaner Arbeit ist gut ruhen. 3. Müßiggang ist aller Laster Anfang. 4. Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr. 31. Arbeit uud Armut. Wo die Arbeit zieht ins Haus, Läuft die Armut bald hinaus. Schläft die Arbeit aber ein. Guckt die Armut zum Fenster hinein. R e i n i ck. 32. Gott ist rwig. Der Winter kommt, der Sommer flieht. Die Pflanzen welken nnd verderben; Zu Staub wird, was hier glüht nnd blüht, Und Tier' und Menschen müssen sterben; Nur Gott allein bleibt immerdar Und wird sein, wie er ist nnd war. Lausch. 33. Vie deiäeu liegen. 2rvoi 2isA6n dogoAuoten oinuinlor urrk oiuom soümulon 8t6K6, cior übsr sinon roiUonclon Luolr tüürto; äio eins rvollte dinübor, ckio nnäoro üsrübor. „Ooü mir ans ckom^oZo!" SLZto clio oino. „Das rvürs mir solrön!^ riock äio unäoro. „Oolr än 2urüoü nnä lai.» mioli üinübor; 5 ioli rvar ^norst aut äor LrüolroF 15 gefiel dem lieben Gott und er sprach daher zur Nachtigall: „Weil du so zufrieden bist, sollst du auch am schönsten singen lernen von allen Vögeln und sollst der Liebling der Menschen werden." — 10 Seitdem lauschen diese voll Freude und Bewunderung der Sängerin des Waldes und nennen sie die Königin unter den Singvögeln. Eng elien. 36. Sprüche. 1. Bescheidenheit das schönste Kleid. 2. Übermut tut selten gut. 3. Hochmut kommt vor dem Falle. 4. Torheit und Stolz wachsen auf einem Holz. 37. Der Distelfink. Als der liebe Gott die Vöglein machte, da gab er ihnen Beine znm Hüpfen, Flügel zum Fliegen und Schnäbel zum Fressen, aber auch zum Singen. Und als sie alle fertig waren und um ihn her standen, da nahm er einen großen Farbenkasten und uralte ihuen bunte Federn. Da kam die Taube an die Reihe und erhielt einen 5 blauen Hals und rötliche Flügel und der Kanarienvogel wurde so gelb wie eine Zitrone und die Bachstelze wurde grau und bekam einen schwarzen Strich und einen weißen Fleck daneben; und alle Vögel wurden prächtig gefärbt, wie es sich für jeden schickt. Nur einer war übrig geblieben, weil er hinter den andern stand und sich nicht w vordrängen wollte: das war der Distelfink. Als er endlich auch herbei¬ kam, da hatte der liebe Gott alle Farben verbraucht und es war nichts mehr übrig als die leeren Schälchen. Da weinte das arme Vögelchen, daß es nicht auch ein so-, buntes Federkleid haben sollte wie die andern. is Der liebe Gott aber redete ihm zu und sprach: „Sei ruhig! Es ist noch in jedem Schälchen ein klein wenig Farbe übriggeblieben, die will ich mit dem Pinsel aus deine Federn streichen." Und er tat es und malte den Distelfink ein bißchen rot und ein bißchen gelb und ein bißchen schwarz, aus allen Schälchen ein wenig, so daß er 20 der bunteste unter allen Vögeln wurde und dem lieben Gott dankte, daß er ihn so schön gemacht hatte. C u r t m a n. It) 38. Rätsel. Du jagst mich und ich jage dich, Du kriegst mich nicht, ich kriege dich nicht; Unmöglich kann es geschehen, Daß wir, Bruder und Schwester, uns sehen. S i m r o ck. 5-. D«»- Hu ^«AST'SManK /ao M <§6^atte?r 6M6U M'e^ö r/uct östncre^tete srne FÄnörsstKuc^e, o!te «u ct«M uäc^steu emponwue^s. D« so^ütte^e «?' cteu uuc^ SKAte: „üm,/ ot«s E> cia/t f/re ^/e?'ue -rr'e^MAe öltauc/e 6MS so 5 Ano/§s, ^uäa^trAs tn«At, c^en A/'o/-e, ^eni'^'o^s Fr'e^öauM at-er so Sterne, auMsetrV/e /Vüo^tL ^sTwonö-'ruAt. lpsuu i'a/r . Fallersleben. Leser, s. flow.-utraquist. Mittelsch. I. ll. 2. Kl. M) 2 5 10 15 5 10 18 43. Der Specht und die Taube. Der Specht nnd die Taube flogen eben von einem Besuche zurück, den sie bei dem Pfan gemacht hatten. „Nun, wie hat dir heute der Pfau gefallen?" fragte der Specht. „War er dir nicht auch widrig? Und wie stolz ist er! Ich möchte nur wissen, worauf er sich so viel einbildet! Doch wohl nicht gar auf seine Füße? Hast du nicht bemerkt, wie unförmlich diese sind? — Und auf seine Stimme kann er sich auch nichts zu gute tun. Etwas Häßlicheres und Unerträglicheres ist mir noch gar nicht vorgekommen. Habe ich nicht recht?" Die Taube aber antwortete gauz unbefangen: „Ich gestehe, ich habe auf dieses alles nicht achtgegeben; denn ich mußte immer seinen Kopf, die Schönheit seiner Federn und seinen majestätischen Schweif bewundern." So sieht ein edler Mensch an seinem Nächsten immer nur das Gute nnd vergißt darüber gern kleine menschliche Gebrechen. Grimm. 44. Der Döwe und die Maus. Eine kleine Maus wagte es einst, über einen schlafenden Löwen Hinwegzulaufen; er erwachte nnd haschte sie. „O schone meiner!" bat die Zitternde; „denn welche Ehre könnt' es wohl dem starken, tapsern Löwen bringen, wenn er mich ohn¬ mächtiges Geschöps zermalmte?" Die Wendung gefiel ihm; großmütig gab er ihr die Freiheit wieder. Wenige Tage nachher geriet er in die Netze eines Jägers. Sosehr er sich bemühte, sie zu zerreißen, verwickelte er sich immer stärker darinnen. Sein Brüllen war fürchterlich, der ganze Wald erbebte, alle übrigen Tiere flohen; nur die Maus eilte herbei, sah ihren Wohltäter in Gefahr, machte sich schnell an das Garn, zer¬ nagte die Knoten desselben und befreite in kurzer Zeit ihren edel¬ mütigen Erhalter. Meißner. 19 45. vis Klugs lVlsus. Oins llluns Kam uns ikrsmOooks nnäsak eins Kalls. ,,^Kn !" sagte sis, „äs, stslrt eins Onlls. Ois klngsn Nsnssksn! Oa, stsllsn sie mit äroi IIöOelisn einen sokwsrsn siegel anfrscää nnä an eines äsr KIöOolisn stsoksn sie ein 8tnokoksn 8psok. Das nennen 8is äann eine Unnslalle. .1 a, wenn wir Nänss niokt Kinger wären! 5 ^Vir wissen wokl, wenn man äen 8pesk fressen will, klaps! fällt äer Liegst nm nnä gelängt äen kläsoker tot. kilein, nein, ioli kenne enre Oist!" „t^bsr," tnkr äie Nnns fort, „rieoken äarf man sokon äaran. Vom blöken läieeksn kann äer Liegel niokt nmfnäsn. Ilnä iok io rieoke äen 8peok äook für mein Oebsn gern. Klin bikoken rieoken mnk iok änrnn." Oie lTnns lief nnter äie Onlle nnä rosli an äsm 8peok. Oie Oalle war aber gan^ lose gestellt nnä kaum bernkrts äie Nans äen 8peek mit ikrer blass — klaps! llsl äer Lisgel nm nnä 15 äie Insterne Nans war ^ergnstsokt. 6rimm. 46. Mäuschen. Frau. Mäuschen, was schleppst du dort Mir das Stück Zucker fort? Aläusch en. Liebe Frau, ach vergib. Habe vier Kinder lieb; Waren so hungrig noch. Gute Frau, laß mir's doch! Da lachte die Frau in ihrem Sinn Und sagte: „Nun, Mäuschen, so lauf nur hin! Ich wollte ja meinem Kinde soeben Auch etwas für den Hunger geben." Das Mäuschen lief fort, o wie geschwind! Die Frau ging fröhlich zu ihrem Kind. io Hey. 20 47. Die kluge Versammlung. Einst war große Not unter den Mäusen; denn die Katze war schlau und es schien, als habe sie ihnen allen den Tod geschworen. Da kamen die Niänse zusammen und hielten einen Rat. „Was fangen wir an?" sprach die älteste unter ihnen, „unsere Zahl wird täglich 5 kleiner. Bald werden wir von der Erde verschwunden sein. Wie retten wir uns vor der Katze?" „Nichts ist leichter als das," sprach eine junge Mans, „ich wüßte wohl zu helfen. Wir hängen der Katze eine Schelle an, dann mag sie kommen. Wir haben alle feine Ohren und ehe sie uns erblickt, haben io wir uns längst verkrochen." „Ja wohl," riefen alle Mäuse, setzten sich auf die Hiuterfüße und blickten keck umher. „Nun gut," sprach die alte zu der kleinen, „du hast so schön geraten, nun magst du der Katze die Schelle anhängen!" is „Ich?" sprach die junge Maus, „nein, das kann ich doch nicht wagen!" „Und ich auch nicht, ich auch nicht!" riefen die andern. Da kam die Katze herangeschlichen und die Versammlung lief rasch auseinander. Die Katze aber geht noch bis auf den heutigen Tag ohne Schelle herum. Brandauer. 48. Der Frosch und der Nal. Die Frösche quakten an einem Sommerabend in ihrem Sumpfe. Ein Aal kam vorüber. „He, Landsmann!" rief ihm einer der Frösche zu, „willst du mit uns fingen?" Der Aal entschuldigte sich: „Denn," sagte er, „ich habe keine 5 Stimme bekommen." „Keine Stimme?" fiel ihm der Frosch ins Wort. „Ei, du armseliges, beklagenswertes Tier! Wie bedauere ich dich! Keine Stimme? Du bist doch in der Tat sehr zu beklagen." . „Du hast wohl recht!" versetzte der Aal, „doch darf man dich io und deinesgleichen nur hören, so überzeugt man sich, daß ein bescheidenes Schweigen besser ist als ein ewiges lautes und leeres Geschwätz." Schulze-Steinmann-Kiel, Kinderschatz. 21 49. Der lügenhafte Hirt. Hans hütete nicht weit von einem großen Walde die Schafe. Eines Tages schrie er, um sich einen Spaß zu machen, aus allen Kräften: „Der Wolf kommt! der Wolf kommt!" Die Bauern kamen sogleich mit Äxten und Prügeln in Scharen aus dem nahen Dorfe gelaufen und wollten den Wolf totschlagen, s Da sie jedoch nichts von einem Wolfe sahen, gingen sie wieder heim und Hans lachte sie heimlich aus. Am andern Tage schrie der böse Knabe wieder: „Der Wolf! der Wolf!" Die Bauern kamen wieder heraus, wiewohl nicht mehr so zahlreich wie gestern. Da sie aber keine Spur von einem Wolfe 10 erblickten, schüttelten sie die Köpfe und gingen voll Verdruß nach Hause. Am dritten Tage aber kam der Wolf wirklich. Hans schrie ganz erbärmlich: „Zu Hilfe! zu Hilfe! es ist der Wolf, es ist wirklich der Wolf!" Die Bauern hörten wohl seinen Notschrei, aber kein einziger is kam ihm zu Hilfe, weil ihm niemand mehr glaubte. Der Wolf brach in die Herde ein und erwürgte einen großen Teil derselben. Nach Chr. Schmid. 80. Sprüche. 1. Lügen haben kurze Beine. 2. Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht, Und wenn er auch die Wahrheit spricht. 3. Die viel schwatzen, lügen viel. Ar. KENS M'nst wetteten Könne nnct U8inct rnr'ter'n«n^sn, wen von Änen stänken ser' nnrt Menst er'nenr anrnen U^anctensrnKnne ser'nsn M«ntet nanöen könnte. Den lPr'nct öeoann M stünnren/ en yayts ctrs U^N/cen von sr'e^ Hen nnct etre ZKn-ns ösnyten ctre U^o/et von sernen ck/«e^t. L Den M«nctsnsnta,nn cröen setste Ärn ser'ne AanLe ^nasit entyeyen nnct Loy dem men, damit ilir -m ^uten Uenselmn üeranvmebsst." tlaoN 6ür. 8eümiä. 27 63. Drr Wolf auf dem Totenbette. Der Wolf lag in den letzten Zügen und schickte einen prüfenden Blick auf sein vergangenes Leben zurück. „Ich bin freilich ein Sünder," sagte er, „aber doch, hoffe ich, keiner von den größten. Ich habe Böses getan; aber auch viel Gutes. Einstmals, erinnere ich mich, kam mir ein blökendes Lamm, welches sich von der Herde verirrt 5 hatte, so nahe, daß ich es gar leicht hätte würgen können; und ich tat ihm nichts. Zu eben dieser Zeit hörte ich die Spöttereien und Schmähungen eines Schafes mit der bewunderungswürdigsten Gleich¬ gültigkeit an, obwohl ich keine schützenden Hunde zu fürchten hatte." „Und das alles kann ich dir bezeugen," fiel ihm Freund Fuchs, io der ihn zum Tode bereiten half, ins Wort. „Denn ich erinnere mich noch gar wohl aller Umstände dabei. Es war zu eben der Zeit, als du dich an dem Beine so jämmerlich würgtest, das dir der gutherzige .Kranich hernach aus dem Schlunde zog." Lessing. 64. Todesgefahren. Eines Bürgers Sohn ging über Feld. Es fügte sich, daß sich ein Schisfsmann zu ihm gesellte, und sie redeten von allerlei Sachen. Die Rede kam auch auf ihre Eltern und der Schisser sprach: „In diesem Jahre ist mein Vater ertrunken und vor fünf Jahren ist mein Großvater ertrunken." Jener fragte: „Wie ist denn dein Ahn und 5 Urahn gestorben?" Ter Schiffer erwiderte gelassen: „Sie sind alle ertrunken." Erschrocken rief des Bürgers Sohn: „So würde ich nicht Schiffer bleiben. Fürchtest du dich denn gar nicht, wenn du in deinem Schiffe bist, daß du auch ertrinkest?" Der Schiffer sprach: „Wie ist denn dein Vater gestorben?" — „Er ist auf natürliche Weise im Bette io gestorben." — „Und dein Großvater und Urgroßvater?" — „Sie sind alle im Bette gestorben." — Da sprach der Schiffsmann lächelnd: „Fürchtest du dich denn nicht, wenn du dich ins Bett legst, daß du auch darin sterbest?" Nach Pauli. 28 68. Sprüche. 1. Der Schein trügt. 2. Heute rot, morgen tot. 3. Unverhofft kommt oft. 4. Glück und Glas, Wie leicht bricht das! 66. Rätsel. Im Sommer muß es fasten, Im Winter wird's gespeist; Im Sommer kann man's betasten, Im Winter ist's hitzig und beißt. Schulze. 67. Der brave Fähnrich. Ein österreichischer Fähnrich wurde in einer Schlacht schwer verwundet und blieb am Rande einer Pfütze liegen. Nach dem Kampfe bemühten sich die feindlichen Krankenwärter, ihn aus einen Wagen zu heben, nur ihn ins Krankenhaus zu bringen. Er aber bat und 5 flehte dringend, sie möchten ihn doch liegen lassen; denn durch das Wasser könne er seine Wunden kühlen. Die Krankenwärter gingen weiter. Ans der Rückkehr sahen sie den Fähnrich noch an derselben Stelle; er war aber bereits verschieden. Sie hoben die Leiche auf und fanden unter ihr — die Fahne, die der brave Fähnrich mit seinem w Leibe bedeckt hatte, um sie uicht in die Hände des Feindes gelangen zu lassen. K u m m e r - B ranky - H o s b a u er, Lesebuch. 68. Ztr-n. Zrn 8otctat, cteu au/ Vorposten stau/ ronucte rn erneu ctnnhten 2Vaeht unversehens vorn Fernes nöer/atten, entwarnet nnet Ae/anAsn Aenornrnen. Zr's /ernettrehen 8otctaten nahmen r'hn r'n ctr'e Mr'tts, ur'ohteten etre Za/'onette an/ rhn nnet Aeöoten r'hrn, 5 sr's sooter'eh «nm ZaAeu sn /nhuen. „Tust ein /'es," saAten sr'e, „so sott etru ctas Zehen Aesehenht sein / Herrn Aeur'nAsten Zante 29 /sc^oe/^ c/e/r von ctas Dr'seu strttssHwsrAöuct 5 au/ uuct ssHoö es r'u ctr's DrssHe. /m uäsHstsu Dorstis ueuHau/ts eu es äsm ^oHmrscte /uu srurc/s Dettsu uuct Har/its /Äu ctas Dstct /^r'useHsu. Dsr'ctö Fr'uAsu rosr'tsu. Dre ä'ouus soHr'su ssHu Her// wert uuct öuer't war- Her'u Daus, Her'u Daum uuct Hsrue Huette su seHeu uuct io Thomas uer'seHmaeHtste von Dunst. Da tre/ eter' Uateu wr'e uou uuAe/äHn erue DrnseHe /atteu. Thomas Hoü sre HeAr'enrA au/, ats wäne sr'e Dotct, uuct ^/uHn ctamr't soAter'eH rtem, Muucte su. TVae^ erurAer» ^er't tre/ cter' Uateu wrscteu srne Aruso^e/atterrDramas t>üo-i:te sre^ eöensa se^uett ctauuae^. 15 trs/ r^u cteu Uateu uae/^ uuct UKÄ atte /üuse^eu au//reösu. ^ts rruu Thomas ctr'e teilte uer'Le^r't Hatte, wauctte sroH cter" Teater' täeHetuct um uuct s^uaeH." „KeH, weuu ctu ctr'eH um ctas Du/er'seu eru eru^rAss Mat Hättest ö'üoHeu mo/eu, so Hättest etu ctr'oH um ctre ^'useHeu ur'eHt so urete Mate öüeHeu müsssu." 20 tM'. §o/rmut. 86. Der Wabe und der Fuchs. Ein Rabe faß auf einem Baume und wollte eben einen Käse verzehren, den er in feinem Schnabel hielt. Da schlich der Fuchs herzu, der den Käse gerochen hatte. „Was seh' ich," rief er aus, indem er Bücklinge über Bücklinge machte, „welch ein Glück bringt mir dieser Morgen! Erlaube mir, einen Augenblick dein Gefieder zu 5 38 bewundern. Welch ein Glanz, welch ein Schimmer! Stelle ich mich hierhin, so leuchtet es wie Gold im Sonnenstrahl, hier leuchtet es wie Silber, von hier erscheint es rot wie die Morgenröte, von hier schillert es in allen Farben des Regenbogens. O herrlicher Vogel! 10 Ja, wenn du eine ebenso schöne Stimme hättest, ich würde dich über alle Vögel setzen, kein Tier wäre dir zu vergleichen. Wer wann-" Der Fuchs hatte noch nicht ausgesprochen, so wollte der Rabe singen, öffnete den Schnabel und ließ den Käse fallen. Der Fuchs, der bei allem, was er sagte, nur den Käse im Auge gehabt hatte, erschnappte is ihn und rief dann lachend: „Zum Lohne für den Käse will ich dir die Wahrheit sagen. Du bist kohlschwarz und stockdumm; sonst hättest du meinen ungeheuren Lobeserhebungen nicht getraut." Schulze-Steinmann-Kiel, Kinderbuch. 87. Des Nffen Vorwitz. Ein Mann war hinausgegangen in den Wald und spaltete da einen ungeheuer langen Baum der Länge nach in Scheite. Da bekam er Durst und ging weg au eine Quelle des Waldes, um zu trinken, und ließ die Axt bei dem Baume zurück. Aber ein Affe hatte ihm 5 von einem Baume herab zugesehen, und als der Mann weg war, stieg er herunter und wollte es ihm nachmachen. Er setzte sich auf den Baum und führte etliche Streiche darauf, daß das Holz einen großen Spalt bekam. Aber sein Schweif geriet ihm in den Spalt, und als er die Axt herauszog, klemnite sich das Holz zusammen und io hielt ihn so an seinem Schweife gefangen. Da schrie er laut vor Schmerzen und der Mann sah ihn und rief seine Freunde, daß sie kamen und ihn gefangen nahmen. — So kam der Affe durch seinen Vorwitz um seine Freiheit. Grimm. 88. Der kluge Pudel. Ein Pudel war zum Botendienst abgerichtet. Er mußte oft aus der Stadt Tabak, Kaffee, Fleisch und allerlei holen. Bei solchen Gängen nahm er ein Körbchen ins Manl; in das Körbchen legte sein Herr eine Karte, auf der geschrieben stand, was der Hund 5 bringen sollte. W Emst sollte der Pudel Aale holen. In der Stadt ging er zu der bekannten Händlerin. Diese wickelte ihm die lebendigen Fische in eine Serviette und tat sie ins Körbchen. Auf dem Heimwege wurden die Aale im Korb unruhig und fingen an, die Köpfe aus den Falten des Tuches zu stecken. Der Hund schüttelte das Körbchen tüchtig und io knurrte zornig. Nach einiger Zeit wiederholten die Fische ihr Spiel. Der Hund aber stellte das Körbchen nieder und fing an zu bellen und links und rechts zu beißen, daß alle die Köpfe wieder zurückzogen. Nach kurzer Zeit aber brachen die Fische auf einmal los, zum Korbe heraus und dem nahen Bache zu. Der Pudel aber biß einen nach is dem andern tot, legte dann alle wieder ins Körbchen und brachte sie so seinem Herrn. Von dieser Zeit an wollte der Pudel keine Fische mehr holen. Staub's Kinderbuch. 89. Knabe und Hündchen. Knabe. Komm nun, mein Hündchen, zu deinem Herrn, Ordentlich gerade sitzen lern! Hündchen. Ach, soll ich schon lernen und bin so klein; O, laß es doch noch ein Weilchen sein! Knabe. Nein, Hündchen, es geht am besten früh; 5 Denn später macht es dir große Müh'. Das Hündchen lernte; bald war's geschehn. Da könnt' es schon sitzen und aufrecht gehn. Getrost in das tiefste Wasser springen Und schnell das Verlor'ne wieder bringen. w Der Knabe sah seine Lust daran, - Lernt' auch und wurde ein kluger Mann. Hey. 90. Dir Skerntaler. Es war einmal ein kleines Mädchen, dem waren Vater und Mutter gestorben und es war so arm, daß es kein Kämmerchen mehr hatte, darin zu wohnen, und kein Bettchen mehr, darin zu schlafen, und endlich gar nichts mehr als die Kleider ans dem Leibe und ein Stückchen Brot in der Hand, das ihni ein mitleidiges Herz 5 40 geschenkt hatte. Es war aber gut und fromm. Und weil es so von aller Welt verlassen war, ging es im Vertrauen auf den lieben Gott hinaus ins Feld. Da begegnete ihm ein armer Mann, der sprach: „Ach, gib mir etwas zu essen, ich bin so hungrig!" Es reichte ihm w das ganze Stückchen Brot und sagte: „Gott segne dir's!" und ging weiter. Da kam ein Kind, das jammerte und sprach: „Es friert mich so an meinem Kopfe, schenk mir etwas, womit ich ihu bedecken kann!" Da tat es seine Mütze ab und gab sie ihm. Und als es noch eine Weile gegangen war, kam wieder ein Kind und hatte kein Leibchen is an und fror; da gab es ihm seines; und noch weiter, da bat eins um ein Röcklein, das gab es auch von sich hin. Endlich gelangte es in einen Wald und es war schon dunkel geworden, da kam noch eins und bat um ein Hemdlein und das fromme Mädchen dachte: „Es .ist dunkle Nacht, da sieht dich niemand, du kannst wohl dein Hemd so weggebeu," und zog sein Hemd ab und gab es auch noch hin. Und wie es so stand und gar nichts mehr hatte, fielen auf einmal die Sterne vom Himmel und waren lauter harte, blanke Taler und statt des verschenkten Hemdleins hatte es ein neues an, das war vom allerfeinsten Linnen. Da sammelte es die Taler hinein und war 25 reich für sein Lebtag. Brüder Grimm. 91. Sankt Martin. Es war ein kalter Wintertag, der Wind blies über die Heide und trieb die Schneeflocken vor sich her. Da sprengten drei Reiter auf fenrigen Rossen durchs Feld; ihre dichten Mäntel schützten sie gegen Wind und Wetter; die Reiter waren frohen Mutes. s Da kamen sie an das Tor einer Stadt, vor dem ein Greis, in Lumpen gehüllt, saß; er streckte ihnen seine zitternden Hände entgegen und flehte sie um ein Almosen an. Ohne den Bettler eines Blickes zu würdigen, jagte der erste Reiter vorüber, ebenso der zweite. Der dritte jedoch hemmte den Lauf u) seines Rosses, blickte mitleidig aus den frierenden Alten und sprach: „Silber und Gold hab' ich nicht; was ich aber besitze, um deine Not zu liudern, das will ich mit dir teilen." Mit diesen Worten ließ er seinen Mantel fallen, zog das Schwert und schnitt ihn mitten durch. Die eine Hälfte reichte er freundlich - 41 - dem Bettler, die andere warf er um seine Schultern und ritt fröhlich is seines Weges. Dieser Mann war der heilige Martin. Er stand in römischen Kriegsdiensten und wurde später ein Christ. Niedergesäß. 92. Die Edelsteine. Ein Goldschmied mnßte für eine vornehme Frau einen prächtigen Schmuck machen, zu dem sie ihm mehrere kostbare Edelsteine gegeben hatte. Robert, sein Lehrling, hatte an den Hellen, funkelnden Steinen von allen Farben eine große Freude und betrachtete sie sehr oft. Mit einem Male bemerkte der Meister, daß ihm zwei der schönsten s Steine fehlten. Er hatte sogleich den Lehrjungen im Verdacht und suchte in dessen Schlafkammer nach. Da fand er die Edelsteine in einem Loche, das sich über einem alten Kasten in der Mauer befand. Robert beteuerte zwar, er habe die Steine nicht gestohlen; allein der Meister züchtigte ihn sehr hart, sagte, daß er das Henken i« verdient habe, und jagte ihn fort. Am andern Tage fehlte wieder ein Stein und der Goldschmied fand ihn im nämlichen Loche. Nun gab er fleißig acht, wer doch die Edelsteine dahin versteckte. Da kam eine Elster, die der Lehrjunge aufgezogen und zahm gemacht 15 hatte, auf den Arbeitstisch geflogen, nahm einen Edelstein in den Schnabel und trug ihn in das Mauerloch. Der Goldschmied bedauerte es nun herzlich, daß er dem armen, unschuldigen Knaben unrecht getan habe. Er nahm ihn wieder an, behandelte ihn von nun an sehr gütig und hatte nie mehr so leicht 2» auf jemand einen Argwohn. Chr. Schmid. 93. Wenn am Nbend . . . Wenn am Abend Mann und Kind, Tier und Vogel müde sind, Gott der Herr hat's schon gesehen, Sonne heißt er untergehen, 42 s Schickt die stille Nacht hernieder. Spricht zu ihr: „Nun decke du Alle meine Kinder zu. Bring zur Ruh' die müden Glieder!" Sieh, da kommt die liebe Nacht, 10 Wieget uns in Schlaf ganz sacht; Nur der liebe Vater wacht. Hey. 94. Der Schweinedieb. Eines Abends spät kamen zwei Bäreutreiber mit einem Tanz¬ bären in ein Dorf und blieben im Wirtshause über Nacht. Der Wirt hatte eben sein großes Mastschwein verkauft und sperrte den Bären in den leeren Schweinestall. s Um Mitternacht kam ein Dieb und wollte das Schwein stehlen. Er wußte von allem, was vorgegangen war, nichts, machte leise die Stalltür auf, ging hinein und ergriff inr Finstern anstatt des Schweines — den Bären. Der Bär fuhr fürchterlich brummend auf, packte mit seinen gewaltigen Tatzen den Dieb und ließ ihn nicht i« mehr los. Der unglückliche Mensch schrie vor Schrecken und Schmerz ganz entsetzlich. Alle Leute im Wirtshause erwachten und kamen herbei. Mit vieler Mühe rissen die Bärentreiber den Dieb, blutend und übel zugerichtet, dem grimmigen Tiere aus den Klauen und überlieferten is ihn dem Gerichte. Chr. Schmid. 95. Oa-s 8wiön6 Rsibpwrä. In siimm Uurütllooüan rvüllrsml clss XrieZos sin UsKimsub Husaren irn Quartier. X u r t. äsr Uoüllünäwr, 6 er ^ugwicN ein Uvlläiob var, sballl in äsr Xuallb äsu Husarsu eines ller sellönsben kteräe null.versteoüte 68 im ^Vaills. Xis äie Husaren turt varen, 5 ritt sr mit äem Asstolllenen kteräe einer veitentwrnten OeZenä 2U, um es äorb 2u vsrüawsn. Xr bum 2u einer Ltaäb, vaZte sieb seäoell niellt iiinsin, sonäern volite auüen daran vorlleireiten. Xis er aber um eins Xebe der Ltadtmauer iisrum kam, erbiieüte er aut einer ^Viess 43 sins 8oliav OraZovsr, äis slisn anllnAsn 211 sxsrriisrsn. 8obalä 10 inin äis Nrom^sts srklanA, sst^ts äas l?cksrä samt äsm srssliroollsnsn Xurt über äov 8tral.>snAral>sn, solllok sisl: an Rsib nncl Olisä äsr XrisASpLsväs an nnä maolits iiaob äsm Lommanäovort unä äsm Promxstonsoliall alle RsrvsKnnAsn nnä 8oli-vrsnllunAsn, bald iin Irak, bald iin Oaloxx, anL äas Zsuanests is mit. Luvt rvar vor ^.nZst tast anlLsr sisb, bislt siob am 8attsl- lrnoxLs Lost, verlor bsi äsm solmsllsn Ritts den Rnt uvä sollvit^ts Zroks Iro^tsn. Dis 8oläatsn aber laolltsn äsn armen, ^ittsrnäsn Xnrt bsständiZ ans. ^.Is äas Rxsr^isrsn sndlisli vorbei v/ ar, ninrinZtsn ibn 20 8oläatsn nnd OE^isrs nnä dsr Oberst sxrasb rin ilim ssbr bsäsnlrliob: „Das ist sin snnAss, sobönss, rvolll abKsriobtstss 8o1äLt6n^Lsrä. ^Vis ssid liir rin dein lltsrds Asllommsn?" Xnrt sa^ts, sr babs ss Aslrantt; allsin von rvsm er ss Askantt llabs, lronnts sr niobt bsstimmt anAsbsn. Rr llam in vsitörs Rntsr- 2S snobnnA, vnräs -äss Oisbstalls nbsrviisssn nnä als sin RolLäisb bsstratt. Obr. Fcbiniä. 96. Dss gestohlene Pferd. Einem Bauersmanne wurde bei Nacht sein schönstes Pferd aus dem Stalle gestohlen. Er reiste fünfzehn Stunden weit auf einen Pferdemarkt, ein anderes zu kaufen. Aber sieh — unter den feilen Pferden auf dem Markte erblickte er auch fein Pferd. Er ergriff es sogleich bei dem Zügel und schrie s laut: „Der Gaul ist mein, vor drei Tasten wurde er mir gestohlen!" Der Mann, der das Pferd seil hatte, sagte sehr höflich: „Ihr irrt, lieber Freund. Ich habe das Roß schon über ein Jahr. Es ist nicht Euer Roß, es sieht ihm vielleicht nur gleich." Der Bauer hielt dem Pferde geschwind mit beiden Händen die io Augen zu und rief: „Nun, wenn ihr den Gaul schon so lange habt, so sagt, auf welchem Auge er blind ist?" Der Mann, der das Pferd wirklich gestohlen, aber noch nicht so genau betrachtet hatte, erschrak. Weil er indes doch etwas sagen mußte, so sagte er aufs Geratewohl: „Auf dem linken Ange." is 44 „Ihr habt es nicht getroffen," sagte der Bauer, „auf dem linken Auge ist das Tier nicht blind." „Ach," ries jetzt der Mann, „ich habe mich nur versprochen! Auf dem rechten Auge ist es blind." so Nun deckte der Bauer die Augen des Pferdes wieder aus und rief: „Jetzt ist es klar, daß du ein Dieb und Lügner bist. Da sehet alle her, der Gaul ist gar nicht blind! Ich fragte nur so, um den Diebstahl an den Tag zu bringen." Die Leute, die umherstanden, lachten. Naschten in die Hände sz und riefen: „Ertappt, ertappt!" Der Roßdieb mußte das Pferd wieder zurückgeben und wurde zur verdienten Strafe gezogen. Chr. Schmid. 97. Das gerettete Blümchen. 1. Ich ging im Walde So für mich hin Und nichts zu suchen, Das war mein Sinn. 2. Im Schatten sah ich Ein Blümchen stehn. Wie Sterne leuchtend, Wie Äuglein schön. 3. Ich wollt' es brechen. Da sagt es fein: „Soll ich zum Welken Gebrochen sein?" 4. Ich grnb's mit allen Den Würzlein aus, Zum Garten trug ich's Am hübschen Haus. 5. Und pflegt' es wieder An stillem Ort — — Nun zweigt es immer Und blüht so fort. Goethe. 98. Vie Pflaumen. Eine Mutter besuchte einmal mit ihren vier Kindern den Gro߬ vater in seinem schönen Garten. Der Großvater brachte auf einem Rebenblatte vier Pflaumen, die gelb wie Gold und so groß wie Eier waren. Er bedauerte, daß ihrer nicht mehr reif seien. „Ihr mögt s indes selbst zusehen," sprach er im Scherze, „wie ihr vier Pflaumen unter fünf Personen austeilt, ohne daß in der Rechnung ein Bruch vorkommt." 45 „O, das will ich," sagte Leonore, die älteste Tochter; „nur bitte ich mir aus, daß ich gleich- und ungleichbenannte Zahlen ein wenig untereinander mengen darf." w Sie nahm die vier Pflaumen und sprach: „Wir zwei Schwestern und eine Pflaume machen zusammen drei; meine zwei Brüder und eine Pflaume machen auch drei; diese zwei Pflaumen und die Mutter sind zusammen abermals drei. So geht alles gerade und ohne Bruch aus." w Leonorens Geschwister waren mit dieser Teilung sehr zufrieden. Die erfreute Mutter aber bestand darauf, jedes der Kinder solle eine Pflaume bekommen, und der Großvater brachte Leonoren noch über¬ dies einen schönen Blumenstrauß. „Denn," sagte er, „Lorchens sinn¬ reiche Rechnung macht ihrem Witze sehr viel, ihrem kindlichen Herzen 20 aber noch mehr Ehre." Chr. Schmid. 99. Die Rübe. Ein armer Taglöhner hatte in seinem Garten eine ungemein große Rübe gezogen, über die sich jedermann verwunderte. „Ich will sie unserni gnädigen Herrn verehren," sagte er, „denn es freut ihn, wenn man Feld und Garten wohl bestellt." Er trug die Rübe in das Schloß. Der Herr des Schlosses 5 lobte den Fleiß und den guten Willen des Mannes und schenkte ihm drei Dukaten. Ein Bauer im Dorfe, der sehr reich und sehr geizig war, hörte das und sprach: „Jetzt verehre ich dem gnädigen Herrn auf der Stelle mein großes Kalb. Gibt er für eine lumpige Rübe schon drei Gold- 10 stücke, wie viel werde erst ich für ein so schönes Kalb bekommen." Er führte das Kalb an einem Stricke in das Schloß und bat den gnädigen Herrn, es zum Geschenke anzunehmen. Der Herr merkte wohl, warum sich der geizige Bauer so freigebig anstellte, und sagte, er wolle das Kalb nicht. Allein der Bauer fuhr fort zu bitten, die geringe Gabe doch nicht zu verschmähen. Endlich sprach der kluge Herr: „Nun wohl; weil Ihr mich denn dazu zwingt, so nehme ich das Geschenk an. Da Ihr aber so besonders freigebig gegen mich seid, so darf ich mich auch nicht karg finden lassen. Ich will Euch daher ein Gegengeschenk 2a 46 machen, das mich wohl zwei- bis dreimal mehr kostet, als Euer Kalb wert ist." Und mit diesen Worten gab er dem erstaunten und erschrockenen Bauer — die ihm wohlbekannte große Rübe. Chr. Schmid. Zu erueru Z)or/s teöts srnura/ ein ZZuaös,- Zeu stakst was r/rm, Ag/re/ uuZ was su su sr's^ stechen saunte, oi-A/ers/t su c/ «/? »Äs/risrr srus ,Mrrtte ser. ZÄuma/ ua/rur su er» ^-aau ä'tüc^e urrAsiösÄteu ZlatZes. Z)re ueustso^te su, wart ctre Zase^eu sa^ou 5 rur't Oöst As/üttt waueu, uutsu ttsu l-Usstt. (Zierst Zaua?/ ösALAUste r'/rru er» /r'arueuact, ctsu »wer //sutt« ru ttrs Ks^wsrurue urtt. Käse?/ ss/rwauA srs/t ctsu Dr'eös/urrAS art/ ttas aucteue Z/suct uutt uuu Arrry-'s r'ru uottsu ^«Asu uao^ cteu Ko^rosmurs. Mitts» r'ur lUasssu aösu/st's tteru //sr-tte sr'u, sr'c^ »u tsAsu, uutt etsu Uterus Dreö/st 10 Zs/'urrtsu. H ss/rwaruur Lwau srrrs Uterus äZussZs /out, abeu au/ errrruat /»A su air, ^amursutreZ ru se^uer'srr.' ,,^ss/t, ^s/t, rs^ vsuöuerrrrs/" Dr's /ierrts msrrrtörr, eu Haös sr's LUM öesterr, wert /a kattes U^asssu rrr's^t buerrrre. AetarrA ss r/rm, srH arr ttas t/su LU ss/ttüMsu, wo eu suruattst tt'sAsu öttsö. ^t/s ssru /^aursuatt 15 ttre öer'ctsrr //sutte Mu/rsa/n aus ttsm tUasssu Aeöuas/rt /t«tts urro! rurt srrrrc/s» Mas^bauu /Eu^sr/cam, /antteu srs, tta/t irrest öto/ ttre /^ttrcisu, soucteuu auc/t ctre Aaut ctes ^uaösu uou ttsur ar/Astösteu uuct ttattui's/t /rsr/) ASwoucterrerr ssr/uesserr wausu. tUas urs/it ctsru rst, ctas ?"ü/rus urs/rt arr, ctsun es öusnrrt — 20 weurAstsus ar/" etsru t^swrsseu. Drttmau. 101. Käksel. Das Feuer löscht sonst Wasserflut, Mich setzt Wasser erst in Glut. Simrock. 102. Fischlein. 1. „Fischlein, Fischlein, du armer Wicht, Schnappe nur ja nach der Angel nicht! s 1« 15 SV 5 10 48 104. Dre Fliegen und die Spinnen. Ein junger Prinz sagte öfters: „Wozu hat wohl Gott die Fliegen und Spinnen erschaffen? Dergleichen Ungeziefer nützt ja keinem Menschen etwas. Wenn ich nur könnte, ich würde sie alle von der Erde vertilgen." Einst mußte sich der Prinz im Kriege vor dem Feinde flüchten. Ermüdet legte er sich im Walde unter einem Baume nieder und entschlief. Ein feindlicher Soldat schlich mit gezücktem Schwerte auf ihn zu, um ihn zu ermorden. Allein in eben diesem Augenblicke kam eine Fliege und stach den Prinzen so heftig in die Wange, daß er erwachte. Er sprang auf, zog sein Schwert — und der Soldat entfloh. Der Prinz verbarg sich nun in einer Höhle des Waldes. Eine Spinne spann während der Nacht ihr Netz vor dem Eingänge der Höhle. Am Morgen kamen zwei feindliche Soldaten, die ihn suchten, vor die Höhle. Der Prinz hörte sie miteinander reden. „Sieh," rief der eine, „da hinein wird er sich versteckt haben!" „Nein," sagte der andere, „da drinnen kann er nicht sein; denn im Hineingehen hätte er ja das Spinngewebe zerreißen müssen." Als die Soldaten fort waren, rief der Prinz gerührt und mit aufgehobenen Händen: „O Gott, wie dank ich dir! Gestern hast du mir durch eine Fliege und heute durch eine Spinne das Leben gerettet. Wie gut ist alles, was du gemacht hast!" Chr. Schmid. 106. Der Fuchs und der Bock. Der Fuchs und der Bock stiegen, um ihren Durst zu löschen, in einen Brunnen hinab. Nachdem beide sattsam sich erquickt hatten, drehte der Bock den Kopf bedenklich nach allen Seiten und schaute, wie er wohl wieder herauskommen möchte. Der Fuchs bemerkte dies und sprach: „Nicht verzagt, Freundchen! Der Fuchs denkt an alles, ich habe schon ein Mittelchen ausgedacht, ein unfehlbares, das uns beiden aus der Klemme hilft. Stelle dich aufrecht — so! Stemme die Vorderfüße an die Wand — gut! Jetzt neige den Kopf und setze die Hörner nach vorne zu fest ein — brav! Nun bildest du mit Rücken und Hörnern eine schiefe Fläche, über die ich ganz bequem bis fast an den Rand des Brunnens komme. Ein Sprung — und ich bin 49 oben und ziehe dann mit leichter Mühe dich nach. Also festgehalten, Freundchen! Eins, zwei, drei!" — Husch! stand das Füchslein oben und grinste durch die Mündung des Brunnens schadenfroh aus den betrogenen Bock hinab. Anfangs hielt dieser es für Scherz; doch is nur zu bald erkannte er, daß es Ernst sei, schrie, jammerte, schalt den Fuchs wortbrüchig, aber umsonst! — „Besäßest du," spottete der Arglistige, „nur halb so viel Verstand als Bart, so wärest du nicht hinabgestiegen, ehe dn daran gedacht, wie du wieder hinauskommen magst." 20 Ein kluger Mann denkt früher nach, wo etwas hinaus will und wie es enden wird, dann erst unternimmt er es. Seidl. 106. Pferd und Sperling. Sperling. Pferdchen, du hast die Krippe voll; Gibst niir wohl auch einen kleinen Zoll, Ein einziges Körnlein oder zwei; Du wirst noch immer satt dabei. Pferd. Nimm, kecker Vogel, nur immer hin, s Genug ist für mich und dich darin. Und sie aßen zusammen, die zwei, Litt keiner Mangel und Not dabei. Und als dann der Sommer kam so warm. Da kam auch manch böser Fliegenschwarm; w Doch der Sperling fing hundert auf einmal, Da hatte das Pferd nicht Not -und Qual. Hey. 107. Das wohlfeile Mittagessen. In einem Landstädtchen kani einst zum Löwenwirt ein wohl¬ gekleideter Gast. Kurz und trotzig verlangte er für sein Geld eine gute Fleischsuppe. Hierauf forderte er auch ein Stück Rindfleisch und ein Geniüse für sein Geld. Der Wirt fragte ganz höflich, ob ihm nicht auch ein Glas Wein beliebe. „O freilich ja," erwiderte der 5 Gast, „wenn ich einen guten haben kann für mein Geld." Nachdem Leseb. f. slow.-Utraquist. Mittelsch. l. u. 2. Kl. (kl) 4 51 wohnen?" fragte der Pilger weiter. Der Ritter sagte: „So Gott will, 15 mein Sohn." „Nun," sprach der Pilger, „wenn jeder nur seine Zeit in diesem Schlosse wohnt und immer einer dem andern Platz macht — was seid ihr denn anders hier als Gäste? Dieses Schloß ist also wirklich ein Gasthaus. Verwendet daher nicht so viel, dieses Haus so prächtig 20 auszuschmücken, das Euch nur kurze Zeit beherbergt. Tut lieber den Armen Gutes, so baut Ihr Euch eine bleibende Wohnung im Himmel!" Der Ritter nahm sich diese Worte zu Herzen, behielt den Pilger über Nacht und wurde von dieser Zeit an wohltätiger gegen die Armen. 25 Die Herrlichkeit der Welt vergeht. Nur was wir Gutes tun, besteht. Ehr. Schmid. 109. Seltsamer Spazierritt. Ein Manu ritt auf einen, Esel nach Hause und ließ seinen Buben zu Fuß nebenher laufen. Da kam ein Wanderer entgegen und fagte: „Das ist uicht recht, Vater, daß Ihr reitet. Euren Sohn aber laufen laßt; Ihr habt doch stärkere Glieder." Da stieg der Vater vom Esel herab und ließ den Sohn reiten. — Wieder kam ein s Wandersmann und sagte: „Das ist nicht recht, Bursche, daß du reitest und deinen Vater zu Fuß gehen lassest; du hast jüngere Beine." Da saßen beide auf und ritten eine Strecke. — Ein dritter Wanders¬ mann kam und sagte: „Was ist das für ein Unverstand, zwei Kerle auf einen, schwachen Tiere! Sollte man nicht einen Stock nehmen 10 und euch beide hinabjagen?" Da stiegen beide ab und gingen zu Fuß rechts und links von dem Esel. — Es kam aber ein vierter Wandersmann und sagte: „Ihr seid drei kuriose Gesellen! Jst's nicht genug, wenn zwei zu Fuß gehen? Geht's uicht leichter, wenn einer von euch reitet?" Da band der Vater dem Esel die vorder» Beine ,s zusammen und der Sohn band ihm die Hintern Beine zusammen; sie zogen einen starken Baumpfahl durch, der au der Straße stand, und trugen den Esel auf der Achsel heim. So weit kann's kommen, wenn man es allen Leuten recht machen will. Heb el. 4* - 52 - 110. Truthahn und Truthähnchrn. 1. „Hört, Kinder, das will ich euch sagen: Ihr müßt euch artig betragen. Das Kollern und Zanken schickt sich nicht; Macht gleich auf der Stelle ein freundlich Gesicht! Das Lärmen laßt, das Schrei'n und Getös! Sonst, Kinder, das merkt, sonst werd' ich bös." 2. Da kam auf den Hof von ungefähr Eiu Knabe mit roter Mütze her: Da wurde so bös der Truthahn dort Und lärmte und schrie: „Die Mütze fort!" Der Knabe sprach lachend: „Herr Puterhahn, Was hat dir denn meine Mütze getan?" Hey. 111. Die ZoIci6U6 Dose. Lin Oberst 2eiZts äsn OttDieren, äis bei bim speisten, bei Disode eine neue, sedr sodöns Zoiäons Dose. Laod einer L^siis Moiits 61' sink Luise Dabad nedmen, snodts in allen Dasoden nnä saZte bestürmt: „I^o ist ineine Vose? Leden sie äood s einmal naod, meine Dsrren, ob sie niodt stiva einer von idnsn in 6-eäanden sinZssteodt bade!" ^.ils stanäsn soZisiod ant nnck ivenästsn ckis Dasoden nm, odns äak äie Dose ^nm Vorsodein dam. Lnr äer Lädnriod dlied in siodtbarsr VerieZsndeit sitxsn nnck saZte: „lob ivenäs io meine Dasoden niodt nm; mein Lbrenivort, äalä iod äie Dose niodt dads, sei ZennZ." Die Otd^iere ZinZen doptsodntteinä anssinanäer nnä seäer dielt idn tnr äen Disb. ^.m anäern NorZen lisk idn äer Oderst unten nnä spraod: „Die Dose bat siod vviscksr Zetnnäen. Ls ivar in meiner Dasode 15 eine Ladt antZeZanZen nnä äa del sie ^ivisoden äom Lntter dinab. Lnn, saZsn Lie mir aber, ivarnm Lis Idrs Dasode niodt 2oiZen v/ollten, v/as ckood alle nbriZen Dorren Otkl^isre Zetan baden?" Der Lädnriod spraod: „Idnsn allein, Derr Oberst, voll 20 iod es Zern bedennen. Leins Litern sinä arm. Iod Zebe idnsn 53 cksRor EIHW 5a156I1 8olä Ullä 6886 Nli55UA8 vio553 ^avM68. ^.18 ioll 561 IÜU6I1 dillAoluäoil Vlincl.6, iiu556 165 1116111 Ni55uA6886N 56N6it8 in ä.6v Ru80Ü6 — linä äa 5Ü556 io5 inioil ja 8o5äni6n INN886N, 1V6I1I1 5oim IIlI11V61lä.6I1 ilon 35i8oii6 61N 85üe5 8o5lvar26S Lrot Ullä 61V 6 ^Vur8t Ü6VUU8A65aIl6v VÜV6V.^ L5 Oer 0561-85 8UK56 ASi-übrt: „8i6 8N1 denkst dn, Freundchen, ist das nicht seltsam, starke Eiche? Du wächst nun, wie du mir selbst eingestanden, schon über hundert Jahre; ich aber, ich habe dich in wenig Wochen überwachsen. Sieh, wie ich schon auf dich hinunterblicken kann!" „Es ist wahr," antwortete die Eiche, „du bist schnell groß geworden; nur schade, du wirst auch io gar bald wieder welken und verdorren." „Oho," rief erschrocken die Kürbisstande, „woher weißt dn denn das, du Unglücksprophet?" „Ach," antwortete die Eiche, „seit ich hier stehe, sind schon viele Kürbispflanzen an mir oder neben mir aufgewachsen und alle rühmten sich ebenso wie du ihres schnellen Wachsens. Kam aber der Winter, i5 so verwelkten sie alle wieder, sosehr sie auch vorher geprahlt hatten!" Was lange währt wird gut. — Eile mit Weile! Kellner. 10 114. Der Hahn. In der Sonne steht der Hahn, Redet seine Hennen an: „Seht mich an! Wo ist der Mann, Der mit mir sich messen kann? Seht dies Auge, groß und mächtig, Meine Federn, golden, prächtig. Meines Kammes Majestät, Diese rote Krone seht! Meine Haltung, stolz und schlank. Meines Rufs Trompetenklang Und mein königlicher Gang, An den Füßen diese Sporen, Alles zeigt euch einen Mann, Der wahrhaftig sagen kann, Daß zum Helden er geboren!" 55 Also spricht der stolze Hahn, Kräht, so laut er krähen kann. — Plötzlich kommt ein kleiner Mops, Springt und bellt mit lust'gem Hops Nur zum Spaß den Helden an 20 Und — — 0 seht! der kühne Mann Läuft, was er nur laufen kann. — Ach, du jämmerlicher Hahn! Reinick. 116. Gib uns heute unser tägliches Brut! Großvater: Jetzt sollst du eine Prüfung bestehen, Ernst; ich will sehen, ob du brav antworten kannst. Woher nehmen wir das Brot? Ernst: Wir kaufen es vom Bäcker. Großvater: Aber woher nimmt es der Bäcker? Ernst: Ei, der bäckt es aus Mehl. 5 Großvater: Ganz recht, von wem bekommt er aber das Mehl? Ernst: Er kauft sich's beim Müller. Großvater: Und weißt du auch, woher der Müller das Mehl hat? Ernst: Er macht es aus Korn. 10 Großvater: Du weißt ja alles recht hübsch; aber kannst du mir auch sagen, wer dem Müller das Korn gibt? Ernst: Das gibt ihm niemand, er kauft sich's beim Landmann. Großvater: Und woher nimmt es der Landmann? Ernst: Dem wächst es auf dem Acker. w Großvater: Wer aber läßt es wachsen? Ernst: Das kann kein Mensch, "das tut der liebe Gott. Großvater: Siehst du, der Landmaun könnte nicht verkaufen, der Müller nicht mahlen, der Bäcker nicht backen und niemand hätte etwas zu essen, wenn der liebe Gott nichts wachsen ließe. Darum 20 bitten wir ihn auch: „Gib uns heute unser tägliches Brot!" Lausch. 116. Der Menschenfresser. Zwei Knaben aus der Stadt verirrten sich in einem großen Walde und blieben dort in einem einsamen Wirtshanse über Nacht. 56 Um Mitternacht hörten sie in der nächsten Kammer reden. Beide hielten sogleich die Ohren an die hölzerne Wand nnd horchten. Da 5 vernahmen sie deutlich die Worte: „Weib, stelle morgen früh den Kessel zurecht; ich will unsere zwei Bürschlein aus der Stadt schlachten." Die armen Knaben empfanden einen Todesschrecken. „O Himmel, dieser Wirt ist ein Menschenfresser!" sagten sie leise zueinander und sprangen beide zum Kammerfenster hinaus, um zu entlaufen. Allein 10 zu ihrem neuen Schrecken fanden sie das Hoftor verschlossen. Da krochen sie zu den Schweinen in den Stall und brachten die Nacht in Todesängsten zu. Am Morgen kam der Wirt, machte die Stalltür auf, wetzte sein Messer und rief: „Nun, ihr Bürschlein, heraus; eure letzte Stunde ist gekommen!" is Beide Knaben erhoben ein Jammergeschrei und flehten auf den Knien, sie doch nicht zu schlachten. Der Wirt wunderte sich, sie im Schweinstalle zu finden und fragte, warum sie ihn für einen Menschen¬ fresser hielten. Die Knaben sprachen weinend: „Ihr habt ja heute Nacht selbst so gesagt, daß Ihr uns diesen Morgen schlachten wollt." Allein der Wirt rief: „O ihr törichten Kinder, euch habe ich nicht gemeint. Ich nannte nur meine zwei Schweinlein, weil ich sie in der Stadt gekauft habe, im Scherze meine zwei Bürschlein aus der Stadt. So geht's aber, wenn man horcht. Da versteht man vieles unrichtig, hat andere 25 leicht in falschem Verdacht, macht sich selbst unnötige Sorgen, gerät in Angst und zieht sich manchen Verdruß zu." Chr. Schmid. As wo»' ss/tz' Aas //«s/eru suchte er» rveur'^ cteuu es Da /<:«ur cte^ Auc/ts szivae^.' „Mster'n, wre Aö^t's, uu'e so^Mec^t's?" „Aetsi" «-rtwoz-tete ctcrs AÄsteru, „AuuAöv unct Aummee, rare /cazru's sr'-re-u wo/«/ 5 Ae/re» /" „/O-nrm mit Mr-"," Aue/rs, „rc/r -uir/t Asz-u mrt ctrV ter/su, etsuu cteru.' se^öu," «ntwovtete ctei- Lass, ctoe^ uw^t mrt ctr'r' «u er'ueur Arsens SI-er'seu/" „Ou tust /a, ats oö ctro^ sa^te wertsi" Aue^s io uuct t-'at ctcrfler ctuer >§6^vrtts uMs/'. ..//«st rte-ru etsr'nsn 57 ur'o^t „D«s wo^," srrvr<7suts <7as 7Ws?sru uu<7 -wr'o^ ciabsr c7rs7/§rA L's^urtte Mrüs^c,- „«bsr ^r'er u>e? tertem/ c^suu <7u ör'st ^'a is MSM 7>«uc7sM«uu uuc7 Uettsr." „/)«u^e ss^örr," autwortsts <7er 77ass, ,,ro^ ^«uu ur's^t Et <7r'r M erusm 77«uss wohnen." ^lu/ sr>rm/te wsA über Ktoo^, nnct Ktsrn r«>rct ctcrs^te„Dsi" c7r«MM6 2« T^te^Z/^ §e/r«trs-KeMMS?r»r, Dsrttso/rss 7/S«sb?7etrtsi-r. 118. Mutterliebe. 1. Wenn du noch eine Mutter hast. So danke Gott und sei zufrieden! Nicht allen auf dem Erdenrund Ist dieses hohe Glück beschieden. 2. Sie hat vom ersten Tage an Für dich gelebt mit bangen Sorgen; Sie brachte abends dich zur Ruh' Und weckte küssend dich am Morgen. 3. Und warst du krank, sie pflegte dich; Sie lehrte dich zuerst das Reden; Sie faltete die Hände dein Und lehrt' zum lieben Gott dich beten. 4. Wenn du noch eine Mutter hast. So sollst du sie mit Liebe pflegen; Vergelten kannst du doch nicht ganz Der Mutter Müh', der Mutter Segen. Kaulisch. 119. Der Fuchs und die Rahe. Es trug sich zu, daß die Katze in einem Walde dem Herrn Fuchse begegnete, nud weil sie dachte: „Er ist gescheit und wohlerfahren und gilt viel in der Welt", so sprach sie ihni freundlich zu: „Guten 58 Tag, lieber Herr Fuchs, wie geht's, wie steht's? Wie schlagt Ihr s Euch durch in dieser teuren Zeit?" Der Fuchs betrachtete, alles Hochmutes voll, die Katze vom Kopfe bis zu den Füßen und wußte lange nicht, ob er eine Antwort geben sollte. Endlich sprach er: „O du armseliger Bartputzer, du buntscheckiger Narr, du Hungerleider und Mäusejäger, was kommt 10 dir in den Sinn? Du unterstehst dich zu fragen, wie mir's gehe? Was haft du gelernt? Wie viel Künste verstehst du?" „Ich verstehe nur eine einzige," antwortete bescheiden die Katze. „Was ist das für eine Kunst?" fragte der Fuchs. „Wenn die Hunde hinter nur her sind, so kann ich auf einen Baum springen und mich is retten." „Ist das alles?" sagte der Fuchs. „Ich bin Herr über hundert Künste und habe überdies noch einen Sack voll Listen. Du jammerst mich; komm mit mir; ich will dich lehren, wie man den Hunden entgeht." Indem kam ein Jäger mit vier Hunden daher. Die Katze sprang so behend auf einen Baum und fetzte sich in den Wipfel, wo Äste und Laubwerk sie völlig verbargen. „Bindet den Sack auf, Herr Fuchs, bindet den Sack auf!" rief ihm die Katze zu. Aber die Hunde hatten ihn schon gepackt und hielten ihn fest. „Ei, Herr Fuchs," rief die Katze, „Ihr bleibt mit Euern hundert Künsten stecken. Hättet Ihr 25 heranfklettern können wie ich, so wär's nicht um Euer Leben geschehen." Brüder Grimm. 120. Der Hufnagel. Ein Kaufmann hatte auf der Messe gute Geschäfte gemacht, alle Waren zeitlich verkauft und feine Geldkatze mit Gold und Silber- gespickt. Er wollte jetzt Heimreisen und vor Einbruch der Nacht zu Haufe sein. Er packte also den Mantelsack mit dem Geld auf sein 5 Pferd und ritt fort. Zu Mittag rastete er in einem Gasthofe. Als er weiter wollte, führte ihm der Hausknecht das Roß vor, sprach aber: „Herr, am linken Hinterfuß fehlt im Hufeisen ein Nagel." „Laß ihn fehlen!" erwiderte der Kaufmann, „die sechs Stunden, die ich noch zu machen habe, wird das Eisen wohl festhalten. Ich habe Eile." io Als er nachmittags wieder abgestiegen war und dem Rosse Futter geben ließ, kam der Knecht in die Stube und sagte: „Herr, 59 Eurem Pferde fehlt am linken Hinterfuß ein Hufeisen. Soll ich's zuni Schmied führen?" „Laß es fehlen!" antwortete der Herr, „die paar Stunden, die noch übrig sind, wird das Pferd wohl aushalten. Ich habe Eile." is Er ritt fort; aber nicht lange, so fing das Pferd zu hinken an. Es hinkte nicht lange, so fing es an zu stolpern und es stolperte nicht lange, so fiel es nieder und brach ein Bein. Der Kaufmann mußte das Pferd liegen lassen, den Mantelsack abschnallen, ihn auf die Schulter nehmen und zu Fuß nach Hanse gehen, wo er erst spät 20 in der Nacht anlangte. „An allem Unglück," sprach er zu sich selbst, „ist der verwünschte Nagel schuld." Eile mit Weile! Brüder Grimm. 121. Mätsel. 1. Zwei Köpfe, zwei Arme, Sechs Füße, zehn Zehen — Wie soll ich das verstehen? 2. Was ist das für ein armer Tropf, Der die Stiege hinauf muß auf dem Kopf? S i m r 0 ck. 122. Das seltene Gericht. Ein Kaufmann hatte seine Freunde in der Stadt auf sein Landgut am Meere eingeladen, um sie mit seltenen Meerfischen zn bewirten. Es wurden mehrere Speisen aufgetragen und am Ende kam eine große verdeckte Schüssel, in der man die seltenen Fische vermutete. Allein als man den Deckel abnahm, fanden sich statt der 5 erwarteten Fische einige Goldstücke darinnen. Der Kaufmann aber sprach: „Meine Freunde! Die Fische, die ich euch vorzusetzen ver¬ sprach, sind in diesem Jahre dreimal teurer, als ich dachte. Es kostet einer ein Goldstück. Da fiel mir denn ein, daß in dem Dorfe ein Taglöhner krank liegt und mit feinen Kindern Hunger leiden muß. 10 Von dem, was dieses einzige Gericht kosten würde, könnten die armen 60 Leute ein halbes Jahr leben. Wollt ihr nun die Seefische, so werde ich sie unverzüglich kommen lassen und sie sollen sogleich zubereitet werden. Wollt ihr aber das Geld dem armen Manne überlassen, so is werde ich euch mit minder teuren, aber schmackhaften Flußfischen bewirten." — Alle Gäste gaben ihm Beifall; jeder legte noch ein Goldstück dazu und der arme Mann war auf ein ganzes Jahr aus seiner Not befreit. Ju nker. 123. Das betende Kind. Eine arme Witwe sprach eines Morgens zu ihren fünf unmündigen Kindern: „Liebe Kinder! Ich kann euch diesen Morgen nichts zu essen geben. Ich habe kein Brot, kein Mehl, kein einziges Ei mehr im Hause. Bittet doch den lieben Gott, daß er uns helfe; denn er ist 5 reich und mächtig und sagt ja selbst: Ruse mich an in der Not und ich will dich erretten." Der kleine Christian, der kaum sechs Jahre alt war, machte sich nüchtern und sehr betrübt auf den Weg in die Schule. Er kam an der offenen Kirchentür vorbei, ging hinein und kniete vor dem io Altäre nieder. Da er niemanden in der Kirche sah, so betete er mit lauter Stimme: „Lieber Vater im Himmel! Wir Kinder haben nichts mehr zu essen. Unsere Mutter hat kein Brot und kein Mehl mehr, nicht einmal ein Ei. Gib uns doch etwas zu essen, damit wir samt unserer lieben Mutter nicht verhungern müssen! Ach ja, hilf uns! is Du bist ja reich und mächtig; du kannst uns leicht helfen und du hast es uns noch dazu versprochen!" So betete Christian in seiner kindlichen Einfalt und ging dann in die Schule. Als er nach Hause kam, erblickte er auf dem Tische einen großen Laib Brot, eine Schüssel voll Mehl und ein Körbleiu 20 voll Eier. „Nun, Gott sei Dank!" rief er freudig: „Gott hat mein Gebet erhört. Sag doch, liebe Mutter, hat ein Engelein dieses alles zum Fenster hereingebracht?" „Nein," sagte die Mutter, „aber Gott hat dein Gebet dennoch erhört. Als du am Altäre betetest, kniete die Frau Bürgermeisterin 25 in ihrem vergitterten Kirchenstuhle. Du konntest sie nicht sehen, aber sie hat dich gesehen und dein Gebet gehört. Deshalb hat sie uns dieses alles geschickt; sie war der Engel, durch den Gott uns geholfen 62 126. Wo nichts ist, kommt nichts hin. Von zwei unbemittelten Brüdern hatte der eine keine Lust und keinen Mut, etwas zu erwerben, weil ihin das Geld nicht zu den Fenstern hereinregnete. Er sagte immer: „Wo nichts ist, kommt nichts hin." Und so war es auch. Er blieb sein Leben lang der arme Bruder s Wonichtsist, weil es ihm nie der Mühe wert war, mit einem kleinen Ersparnis den Anfang zu machen, um nach und nach zu einem größeren Vermögen zu kommen. So dachte der jüngere Bruder nicht. Der pflegte zu sagen: „Was nicht ist, das kann werden." Er ging mit dem Wenigen, was w ihm von der Verlassenschaft der Eltern zu teil geworden war, sparsam um und vermehrte es nach und nach durch eigenes Ersparnis, indem er fleißig arbeitete und eingezogen lebte. Anfänglich ging es hart und langsam. Aber sein Sprichwort: „Was nicht ist, kann werden", gab ihm immer Mut und Hoffnung. Mit der Zeit ging es besser. Er wurde durch unverdrossenen Fleiß und Gottes Segen ein reicher Mann und ernährt jetzt die Kinder des armen Bruders Wonichtsist, der selber nichts zu beißen und zu nagen hat. H eb el. 127. Sprüche. 1. Wie man sich bettet, so schläft man. 2. Wie man den Acker bestellt, so trägt er. 3. Jeder ist seines Glückes Schmied. 4. Jung gewohnt, alt getan. 128. Rätsel. Auf einer großen Weide gehen Viel tausend Schafe silberweiß; Wie wir sie heute wandeln sehen. Sah sie der allerält'fte Greis. Sie altern nie und trinken Leben Aus einem unerschöpften Born, Ein Hirt ist ihnen zugegeben Mit schön gebog'nem Silberhorn. Schiller. 63 129. Der aäts VroLvatsr ruiä sein Lrikel. Ls war sm m al ein Lein' alter Vava, äsr I. Linmal konnten io seins ^ittsrnäen Hänäe anok äas Leknsseloksn niolit tsstkaltsn; es 6sl -nir Lräs nnä «erdraok. l)is snnAS Kran seli alt; äsr Orokvatsr aller saZte niekts nnä senkte nur. I)a kannten sie ilnn ein köDsrnss Loknsssloken tnr ein paar Heller; äarans innkte er ssssn. 15 Ws sie nun eines 1a§os in äsr Ltnbs sitzen, so träZt äsr kleine Lnksl von vier äaiiren ant äer Lräs kleine llrettlein Lnsannnen: „'iVas inaokst än äa?<' sa§te äer Vater. „Li," antwortete äas Linä, „iek inaeks ein älröZlein, äarans sollen Vater nnä Natter sssen, wenn iok ZrolL bin." — Da saken sieli 20 Nann nnä Lran an, tlnASn snäliok an 2n weinen, liölten sotort äen OrolLvater an äen Disek, lieüen ikn von nnn an innner init- essen nnä saZten anek niekts, wenn er etwas versoknttsts. örääsr Oriinm. 130. Thugut. Einst fuhr die Kaiserin Maria Theresia zu Schiffe von Linz nach Wien. Mit Vergnügen beobachtete sie das fröhliche Treiben der Schiffsleute. Da gewahrte sie unter diesen einen blühenden Knaben, der ihr wegen seines anstelligen Wesens besonders gefiel. „Wie heißt du?" fragte ihn die Kaiserin. „Tunichtgut", antwortete der Knabe 5 halb verlegen, halb erfreut darüber, daß ihn die Kaiserin anredete. „Wer sind deine Eltern?" fragte die Kaiserin weiter. „Die hab' ich nie gekannt," erwiderte traurig der Knabe. „Der gute Schiffer hat mich an Kindes Statt ausgenommen und die Schiffsleute neunen mich scherzweise den ,Tunichtgufi". w 64 Die Kaiserin ließ den Schiffer rufen und nachdem dieser eben¬ falls erzählt hatte, daß der Knabe ein elternloses Kind sei, über dessen Herkunft niemand Auskunft geben könne, sagte sie freundlich zu dem Kleinen: „Sag an, möchtest du nicht ein ,Tugust werden?" Mit freudestrahlenden Augen antwortete der Knabe: „O, das will ich immer sein!" „Nun, wenn du Wort hältst, will ich für dich sorgen," sagte die Kaiserin. „Von heute an sollst du Tugut heißen und ich will deine Mutter sein." 20 Die Kaiserin erfüllte ihr Versprechen und auch der Knabe hat Wort gehalten. Maria Theresia ließ ihn sorgfältig erziehen und unterrichten und in kurzer Zeit war er die Freude seiner Lehrer. Der arme Schifferknabe Tunichtgut wurde in der Folge der berühmte österreichische Gelehrte und Staatsmann Thugut. Nieder gesäß. 131. Wie Maria Theresia das Alter ehrte. In dem habsburgischen Kaiserhause herrscht seit vielen, vielen Jahren die schöne Sitte, daß der Kaiser am Gründonnerstage zwölf alten Männern die Füße wäscht. Die Kaiserin verrichtet diese fromme Handlung an zwölf alten, armen Frauen. Ebenso hielt es Maria 5 Theresia, die große Kaiserin, um hiedurch ein Beispiel christlicher Demut und Liebe zu geben. Unter der Zahl der Greisinnen, die zur Fußwaschung bestimmt waren, befand sich einmal ein Mütterchen von 108 Jahren; aber die schwindenden Leibeskräfte verhinderten es, an der Fußwaschung teil- w zunehmen. Bitter beklagte sich die arme Frau, daß sie der frommen Handlung nicht beiwohnen könne und so des Glückes entbehren müsse, die vielgeliebte Kaiserin zu sehen. Als Maria Theresia diese wehmütige Äußerung der armen Greisin vernahm, begab sie sich in die armselige Hütte dieser alten is Frau. Sie sand sie im Bette, schwach und unfähig, sich emporzurichten. Die Fürstin grüßte die Ärmste und sagte: „Ihr habt Euch betrübt, arme Frau, daß Ihr mich an diesem Osterfeste nicht sehen könnet; nun seid getrost, gutes Weib, da bin ich schon und komme selbst, Euch zu sehen." 65 Die kranke Frau konnte vor Erstaunen und Rührung kaum ein 2« Wort sprechen. Die Kaiserin verweilte einige Zeit bei ihr und gab ihr ein ansehnliches Geschenk. Die alte Frau lebte nur noch einige Wochen und täglich betete sie zu Gott, daß er die gute Kaiserin noch lange zuni Wohle ihrer Untertanen erhalten möge. Kummer-Branky-Hofbauer, Lesebuch. 132. Die Lsxrllr. 1. Droben stehet die Kapelle, Schauet still ins Tal hinab. Drunten singt bei Wies' und Quelle Froh und hell der Hirtenknab'. 2. Traurig tönt das Glöcklein nieder, Schauerlich der Leichenchor; Stille sind die frohen Lieder Und der Knabe lauscht empor. 3. Droben bringt man sie zu Grabe, Die sich freuten in dem Tal; Hirtenknabe, Hirtenknabe, Dir auch singt mau dort einmal! Uhland. 133. Uneigennützigkeit. Als einst in Wien eine Feuersbrunst ausbrach, eilte auch Kaiser Joses herbei, um zu Helsen und zu retten. Er wagte sich aber zu nahe an ein brennendes Gebäude. Ein Handwerksniann bemerkte die Gefahr des Kaisers und bat ihn, sich von diesem Orte etwas zu entfernen. Als aber Josef doch noch zögerte, nahm ihn der Hand- 5 werksmann aus seine Arme und trug ihn mit diesen Worten an einen sichern Ort: „Gnädiger Kaiser, hier ist für Ihr Leben Gefahr!" Kauni war der Kaiser in Sicherheit, da stürzten die brennenden Balken nieder, gerade aus die Stelle hin, wo der Kaiser gestanden war. Der Kaiser reichte seinem Retter einen Beutel voll Gold zur w Belohnung hin; aber der brave Mann nahm ihn nicht an, sondern sagte: „Was ich getan habe, war meine Schuldigkeit und die lasse Leseb. f. slow.-Utraquist. Mittelsch. l. u. 2. Kl. (A) 5 66 ich mir nicht bezahlen. Darf ich aber uni eine Gnade bitten, so möge das Geld für meinen fleißigen und redlichen Nachbar verwendet 15 werden, der so arm ist, daß er sich das nötige Handwerkszeug nicht kaufen kann, um sich als Tischler redlich zu ernähren." Mit Freuden erfüllte der Kaiser diese Bitte. Semeni Retter zu Ehren aber ließ er eine goldene Denkmünze prägen. Nach Köhler-Seidel, Buch der Erzählungen. 134. Die Freunde in der Not. In Not und Tod werden auch Feinde zu Freunden, wenn sie anders Menschen sind. Das zeigt folgende Geschichte. In einem der früheren französischen Kriege fiel, als nach der Schlacht bei Nebel und Wetter alles durcheinander ging, ein Franzose 5 in ein tiefes Loch, eine ausgetrockuete Zisterne, woraus er sich nicht mehr heraushelfen konnte; und bald nachher plumpste auch ein Deutscher hinein und blieb auch darin stecken. Der Franzose schrie: „Kiwi!" und der Deutsche: „Wer da!" und jeder merkte nun, wen er vor sich habe und daß sie sich als echte Patrioten gemächlich den Säbel m durch den Leib rennen konnten. Sie bedachten sich aber eines andern, beide, und sie gaben sich in gebrochenem Deutsch und Französisch, so gut es gehen mochte, zu erkennen, es sei besser, einer helfe dem andern, als daß sie sich beide massakrierten. Also schrie bald der eine, bald der andere um Hilfe, jeder in seiner Sprache. Endlich hörten Deutsche 15 des Deutschen Ruf und sie machten sich sogleich daran, den Kameraden zu retten. Als der Deutsche ans Licht gekommen war, sagte er ganz trocken: „Es ist noch einer drnnten, ein guter Kamerad." Der wurde also auch heraufgezogen. Wie sie nun sahen, daß es ein Franzose sei, wollten sie ihn niederhauen. Das litt aber der Deutsche nicht, 2» sondern er sagte: „Wir haben einander versprochen, daß einer den andern rette; er hätte es auch getan, wenn mich die Spitzbuben, die Franzosen, bekommen hätten." Diesen Vertrag, den die Freunde geschlossen, respektierten die Feinde; und er wurde zwar als Gefangener nach Kriegsrecht fortgeführt, aber wie ein Kamerad von den Kameraden 25 gehalten. Aurbacher. 67 M-r ^UKAe»' Mo//" /oöte ASAen 8 er »e» Mrte?" Asrea/t/A er/ren Mr/e?'-r ^A-rAerr Me-7/" r/».o! ^-»oe« /7» «7; se-'-rerr desterr, ser'-reu Mnroste» D/'eu>r<7. „ M«/'«/ tsiniLLnu, Dsutsetss t,s-st>üeU>siu. 147. Der Strohmann. Ein Landmann hatte einen schönen Weizenacker. Da kamen die bösen Spatzen und fraßen die halbreifen Körner aus den vollen Ähren. Da ging der Mann des Morgens hinaus, um die Spatzen zu schießen; 75 aber als er hinkam, waren sie schon sort ; denn die Spatzen stehen sehr früh auf. Jetzt saßen sie eben auf des Nachbars Kirschbaum und s zwitscherten lustig. Der Landmann aber sprach bei sich selbst: „Wartet, ich bin doch klüger als ihr." Und als er nach Hause kam, nahm er einen großen Stock, wickelte Stroh darum und machte ihm zwei Arme. Darauf zog er ihm einen alten Rock an, setzte ihm einen Hut auf, gab ihm eine w Peitsche in die Hand und der Strohmann schaute gar grimmig drein. Als die Spatzen schlafen gegangen waren, trug der Bauer den Strohmann auf den Weizenacker. Am andern Morgen flogen die Sperlinge aus, um nach ihrem Weizen zn sehen. Aber Huh! da stand schon der Bauer mit der 15 Peitsche. Da sagte ein alter Spatz: „Wir müssen noch früher auf¬ stehen." Darum kamen sie am folgenden Morgen, als es noch ziemlich dunkel war. Aber siehe! der Bauer war schon wieder im Weizen und drohte mit der Peitsche. Da es so gefährlich aussah, getrauten sie sich nicht herbeizufliegen, sondern lauerten in der Nachbarschaft, ob denn so der Peitschenmann gar nicht nach Hause gehen würde. Aber er ging nicht, sie mochten warten, solange sie wollten. Endlich flogen die Spatzen mit hungrigem Magen nach Hause. Nach Curtman. Aus Kum m er-Branky -H ofb a uers Lesebuch. 148. Tu nichts Böses! 1. Tu nichts Böses, tu es nicht! Weißt du, Gottes Angesicht Schaut vom Himmel auf die Seinen, Auf die Großen, auf die Kleinen, Und die Nacht ist vor ihm Licht. 2. Sind auch Vater, Mutter weit. Er ist bei dir allezeit; Daß du ja kein Unrecht übest Und sein Vaterherz betrübest! Ach, das wär' dir künftig leid! Hey. 76 149. Die Sonnenstrahlen. Die Sonne war aufgegangen und stand mit ihrer schönen, glänzenden Scheibe ani Himmel; da schickte sie ihre Strahlen aus, um die Schläfer ini gauzen Lande zn wecken. Da kam ein Strahl zu der Lerche. Die schlüpfte aus ihrem Neste, flog in die Luft hinauf 5 uud sang: „Liri, liri, li! schön ist's in der Früh'." Der zweite Strahl kam zu dem Häsleiu und weckte es auf. Das rieb sich die Augen nicht lange, sondern sprang aus dem Wald in die Wiese und suchte sich zartes Gras und saftige Kräuter zu seinem Frühstück. io Und ein dritter Strahl kam an das Hühnerhaus. Da rief der Hahn: „Kikeriki!" und die Hühner flogen von ihrer Stange herab und gackerten in dem Hose, suchten sich Futter uud legten Eier in das Nest. Und ein vierter Strahl kam an den Taubenschlag zu den Tänbchen. Sie riesen: „Ruckediku! die Tür ist noch zu." Und als i5 die Tür ausgemacht ward, da flogen sie alle in das Feld und liefen über den Erbsenacker und lasen sich die runden Körner auf. Und ein fünfter Strahl kam zu dem Bienchen. Das kroch aus seinem Bienenkorb hervor, wischte sich die Flügel ab und summte dann über die Blumen und den blühenden Baum hin nnd trug den 20 Honig nach Hause. Da kam der letzte Strahl an das Bett des Faulenzers und wollte ihn wecken. Allein der stand nicht aus, sondern legte sich aus die andere Seite und schnarchte, während die andern arbeiteten. Curtman. 160. Kaiser Fran; Joses als Lebensretter. Von einem Adjutanten begleitet, durchschritt unser Kaiser eines Tages eine gefährliche Gebirgsgegend, den Rettenbachgraben im Salz¬ kammergute. Da glitt ein vierjähriger Knabe, der Beeren pflückte und einen s steilen Abhang erklettert hatte, in die Tiefe hinab. Nur eine vor¬ stehende Baumwurzel rettete das Kind vor dem Sturze in den reißenden Gebirgsbach, der am Grunde der engen Schlucht dahinschießt. Aus das Geschrei des Knaben setzte der Kaiser, der ein gewandter Gebirgsjäger ist, über ein Felsenriff von etwa fünf Meter Breite, 78 /S2. Ds»- «//6 Dörvs. /Ä-r «tter- Döroe t«A H--a/ttos vor ssr-rsr" //vHte urrct erwartete ser'rrerr Dort. Dr's Drere, ctr'e sonst rn KHreeHsn Aerr'eterr, roerrrr sre -H-r ««Herr, öectarrerten -Hn nr'cHt / cterrrr wer öetrüöt srcH woHt Lös-' cten Doct eines Drie-ts-rstö-^ers. eo?" c/ em mau nie rr-H-A S anct sr'oHsr sein Hann^ Ke/reuten sieH rietmeHr, cta/' sre nun t-atct sei'-re»" tos sein wär eten. /Ä-r.-A6 von it-nen, e/re novH immer etas DnrecHt scHmerrte, -ias e-" iHnen «Hectem anAetan Hatte, wottten nun it-ren 7/eft- an i/em austassen. Oer are/tistie/e /^ueHs HränHte it-n mit öei/»en-/en Oeoten, io cter UTo/' saAts iH-n eiie ärAsten K^'mx/r'ecien, e/e»- Oe^s stre/? Ä-r mr't c/err //ü-e-re-"», cias -ortete K/rroerer oe^rorrrrctete rtrrr mr't ser'-re-r Larrer"» rr-rct setbst ete-" t-"«Ae r^set A«ö rtr-n er-re-r K^t«A rnr't ser-rem Ärr/e. Ders ectte T^/eme/ «tterrr sterrrct ctaöer rrrrct tert -7rm -rre/rts, otc/terc/r cte-" //öwe ser'-re Muttei" ser^rsserr Hatte. iS „Trittst ctrr -rre/rt,^ /r«r/te ctei" Het, „e/em 77örve»r aucH er'rrs /rrrrtei" etre M^err Aeben, Das D/ei"et arrtroo^tete e-'-rst/ae/t - „/e:/r Hatte es /är" -rr'eetei"tr"äeHtrA, mreH arr er'rrem Derrrete rre -"äeHe-r, eter" mri" -rrcHt metre" scHacten Ha-r-r. t.e«sr»A. 153. Der Blinde und der Lahme. 1. Von ungefähr muß einen Blinden Ein Lahmer auf der Straße finden Und jener hofft fchon freudenvoll. Daß ihn der andre leiten foll. 2. „Dir," spricht der Lahme, „beizustehen? Ich armer Mann kann selbst nicht gehen; Doch scheint'^, daß du zu einer Last Noch sehr gesunde Schultern hast. 3. Entschließe dich, mich fortzutragen, So will ich dir die Stege sagen. So wird dein starker Fuß mein Bein, Mein Helles Auge deines sein." 79 4. Der Lahme hängt mit seinen Krücken Sich auf des Blinden breiten Rücken. Vereint wirkt also dieses Paar, Was einzeln keinem möglich war. "Gellert. 184. Das Donnerwetter. Franz, ein Knabe aus der Stadt, hatte im Walde Himbeeren gepflückt. Als er wieder nach Hause gehen wollte, erhob sich ein Sturmwind; es fing an zu regnen, zu blitzen und zu donnern. Franz fürchtete sich sehr und verkroch sich in eine hohle Eiche unweit des Weges; denn er wußte nicht, daß der Blitz gern in hohe s Bäume schlägt. Auf einmal hörte er eine Stimme, welche rief: „Franz! Franz! Komm, komm doch geschwind hervor!" Franz kroch aus dem hohlen Baume hervor und beinahe in eben dem Augenblicke schlug der Blitz in den Baum und der Donuer krachte fürchterlich. Die Erde bebte w unter dem erschrockenen Knaben und es war ihm, als stehe er ganz im Feuer. Doch war ihm kein Leid geschehen und er betete mit auf¬ gehobenen Händen: „Diese Stimme kam vom Himmel! Du, lieber Gott, hast mich gerettet! Dir sei Dank!" Die Stimme rief aber noch einmal: „Franz! Franz! Hörst du is mich denn nicht?" Und jetzt erst wurde er eine Bäuerin gewahr, die so rief. Franz eilte auf sie zu und sprach: „Da bin ich! Was wollt Ihr von mir?" Die Bäuerin aber antwortete: .„Dich habe ich nicht gemeint, sondern meinen kleinen Franz, der dort am Bache die Gänse gehütet sc> hat und sich hier herum vor dem Wetter versteckt haben muß. Sieh, da kommt er endlich aus dem Gebüsche hervor!" Franz, der Stadtknabe, erzählte jetzt, wie er ihre Stimme für eine Stimme vom Himmel gehalten habe. Die Bäuerin aber faltete andächtig die Hände und sprach: „O mein Kind, danke darum Gott 2s nicht weniger! Die Stimme ist zwar aus dem Munde einer geringen Bäuerin gekommen, aber Gott hat es so gefügt, daß ich laut rufen und dich beim Namen nennen mußte, ohne etwas von dir zu wissen. Er hat dich aus der großen Gefahr errettet, in der du geschwebt hast." 80 30 „Ja, ja!" sagte Franz mit Tränen in den Augen, „Gott hat sich Eurer Stimme bedient, uni mich zu retten. Ihr habt zwar gerufen, aber die Hilfe kam dennoch von Gott!" Chr. Schmid. 158. Der Blitz. Gustavs Mutter war krank und lag am Fieber darnieder. Der Arzt hatte der Kranken kühlende Früchte empfohlen. Daher beschloß Gustav, in den Wald zu gehen, um seiner Mutter Erdbeeren zu pflücken. Es war ein heißer Sommertag. Emsig suchte der Knabe nnd freute 5 sich sehr, wenn zwischen dem dunkeln Laube ein rotes Beerchen ihn anlachte. Wohl preßte die Hitze seiner Stirne Schweißtropfen aus; allein er achtete es nicht und pflückte fort, um seiner Mutter Freude zu bereiten. Endlich war das Körbchen voll der schönsten Erdbeeren. Lächelnd blickte der glückliche Knabe auf seinen Schatz nnd setzte sich io endlich nieder, um im Schatten einer Eiche auszuruhen. Aber er hatte sich müde gesucht und bald verfiel er in Schlaf. Da erhob sich am Himmel ein Gewitter: dunkles und schweres Gewölk zog herauf, Blitze leuchteten und der Donner rollte immer lauter und lauter. Plötzlich brauste der Wind in den Ästen der Bäume, is Regen stürzte hernieder und der Knabe erwachte. Das Gewitter verwandelte seine frühere Freude in Schrecken; er blieb weinend unter der Eiche sitzen. Da fiel ihm ein, daß sein Lehrer gesagt habe, man dürfe bei Gewittern nie unter Bäume treten. Rasch sprang daher Gustav auf, nahm sein Körbchen und eilte fort. Da leuchtete ein 20 heftiger Blitz, laut krachte der Donner gleich darauf nnd erschreckt sah der .Knabe sich um. Die Eiche, unter der er eben gesessen, hatte der Blitz zerschmettert. Durchnäßt kam Gustav zu Hause an. Die Eltern hatten ängstlich auf ihn gewartet und freuten sich sehr, als sie ihn unverletzt sahen. 25 Die kranke Mutter erquickte sich jetzt und dankte ihrem Gustav. Kellner. 156. Rätsel. Erst weiß wie Schnee, Dann grün wie Klee, Dann rot wie Blut: Schmeckt allen Kindern gut. Simrock. 81 187. Der Pappelbaum und der Milz. An dem Wasser stand ein hoher, hoher Pappelbaum, der hatte tausend Wurzeln unter der Erde und einen so dicken Stamm, daß ein Mann ihn nicht umspannen konnte, und in der Höhe hatte er tausend Äste und an jedem Aste tausend Blätter; und die Spitze war so hoch in der Luft, daß man sie kaum sehen konnte. Deshalb war s der Pappelbaum stolz und meinte, er wäre besser als alle anderen Bäume im Felde, im Garten und im Walde, und rief aus: „Ich bin der König unter den Bäumen!" Aber es dauerte nicht lange mit diesem Hochmute. Es kam ein Gewitter am Himmel heraufgezogen, es war sehr dunkel und schwarz, i» man sah die Sonne nicht mehr und der Donner hallte weit durch das Feld. Und der Wind erhob sich und faßte den stolzen Pappel¬ baum und zauste ihn hin und her und zerstreute seine Blätter in die Luft und riß ihm die kleinen Zweige ab. Das war aber noch nicht genug. Der Wind wurde immer ärger, 15 bis er ein Sturm war, und der Donner rollte immer fürchterlicher; endlich fiel ein feuriger Blitzstrahl wie eine ungeheure Flamme auf den Wipfel des Pappelbanmes und spaltete den hohen, starken Stamm von oben bis unten und zersplitterte ihn wie einen Strohhalm. Und der Sturm faßte nun noch die Splitter und die Äste und schleuderte sie es auf dem ganzen Felde umher, so daß von dem Baume nichts übrig war als ein armseliger Stumpf. C urt m a n. 168. Die Herde. Der Nachmittag war schwül; die Strahlen der Sonne hatten eine stechende Schärfe; einige Wolken zogen langsam am lichtblauen Himmel umher; man fühlte die Nähe eines Gewitters. Ich ging im nahen Walde spazieren und kam an einen freien Platz. Hier erblickte ich eine große Herde Schafe; sie hatten sich alle 5 Mr Ruhe gelegt; eines lag dicht am andern; nur wenige hielten die Köpfe empor. Zwei hohe Eichbäume warfen ihre Schatten über die Lagerstätte. Zwischen den Eichbäumen war eine Quelle; grünes Moos umgab sie; daneben lag der Schäfer und schlief. Zu seinen Leseb. f. slow.-utraquift, Mittelsch. 1. u. 2. Kl. (H) 6 82 io Füßen saß der schwarzbraune Hund und blickte ruhig nach der Herde; an der Quelle standen zwei weiße Lämmer und tranken das kühle Wasser. Bone's Lesebuch. 169. Wanderlied. 1. Wem Gott will rechte Gunst erweisen, Den schickt er in die weite Welt; Dein will er seine Wunder weisen In Berg und Wald und Strom und Feld. 2. Die Bächlein von den Bergen springen. Die Lerchen jubeln hoch vor Lust. Wie sollt' ich nicht mit ihnen singen ' Aus voller Kehl' uud frischer Brust? 3. Den lieben Gott lass' ich nur walten. Der Bächlein, Lerchen, Wald und Feld Und Erd' und Himmel will erhalten, Hat auch mein' Sach' aufs best' bestellt. Eichendorff. 160. Die Mühe. Die Mutter sagte zu Helene und Karl: „Kinder, morgen früh wollen wir mit der Post zur Großmutter fahren; aber ihr müßt beizeiten aufstehen, denn ihr wißt wohl, der Postwagen wartet nicht, und wer nicht zur rechten Zeit fertig ist, muß zu Hause bleiben." s Die Kleinen jubelten, als sie das hörten. Den ganzen Tag sprachen sie von nichts als von der bevorstehenden Reise und freuten sich schon im voraus auf alle die Herrlichkeiten, die sie bei der Gro߬ mutter erwarteten. Nun aber war Karl ein recht unordentlicher Knabe. Sein Spiel- io zeug, seine Bücher, seine Kleidungsstücke warf er in alle Winkel, anstatt jedes Ding an den gehörigen Platz zu legen. Wenn er in die Schule gehen sollte, mußte er gewöhnlich erst Rechentafel und Schreib¬ heft suchen; Karl versäunite deshalb öfters die Zeit und wurde vom Lehrer bestraft. Wenn er mit dem Vater spazieren gehen sollte, dann is war gewiß auch immer seiue Kleiduug iu unordentlichem Zustande: 84 is hinter ihm herging: „Sieh doch einmal, ob dem Burschen dort der Hut angeleimt ist!" Der Gemeindediener ging hin und sprach: „Hör' einmal, Michel, der Herr Bürgermeister möchte einmal sehen, wie dein Hut inwendig aussieht. Flugs zieh ihn ab!" Der Michel aber zögerte immer noch und wußte nicht, wie er es machen sollte. Da riß ihm so der Gemeindediener den Hut herunter und brrr! flogen die Spatzen heraus nach allen Ecken und Enden. Da mußte der Bürgermeister lachen und alle Leute lachten mit. Der Michel aber hieß von der Stunde an der Spatzenmichel; und wenn einer seinen Hut oder seine Kappe vor Fremden nicht abzieht, so sagt man noch heutigen Tages: Ls „Der hat gewiß Spatzen unter dem Hute." Curtman. 162. Der Schäfrrjungr. Im Siebenjährigen Kriege raubte ein Soldat einem Schäferjungen einen Hammel von der Weide. Der Knabe fiel dem Soldaten zu Füßen und bat ihn, er möchte ihm seinen Hammel lassen. Umsonst, sosehr der Knabe sich flehend an ihn drängte, der Soldat schleppte den s Hammel fort. Der Knabe ging zu dem Obersten des Regiments. „Kannst du mir den Dieb angeben, so soll er seinen Lohn haben," sagte der Oberst. „Wenn ich ihn sehe, erkenne ich ihn gewiß wieder," antwortete der Knabe. — „Gut, diesen Mittag versammelt sich das ganze Regiment, dann komm und zeige mir den Dieb." 10 Als nun die Soldaten alle in Reih und Glied standen, kam der Schäferjunge, lief hinter den Soldaten hinunter und rief auf einmal: „Hier hab' ich den Dieb!" Er zeigte aber auf den Rücken des Soldaten. „Was?" sagte der Oberst, „wie kannst du den Dieb an dem Rücken erkennen? Da sehen sie ja alle gleich aus," und is lachte. Aber der Schäferjunge sprach: „Sieht der Herr Oberst hier den roten Strich? Der ist von meinem Rötel, womit ich sonst die Schafe zeichne. Als der Soldat sich durch mein Flehen nicht rühren ließ, klammerte ich mich an ihn und machte dabei den Rötelftrich an seine Degenkoppel." so Der Oberst wunderte sich über den Einfall des Knaben und beschenkte ihn, daß er sein Schaf vergaß; dem Soldaten aber gab er seinen Lohn, wie ihn ein Dieb verdient. Schulze-Steinmann-Kiel, Kinderschatz. 86 164. Des Knaben Berglied. 1. Ich bin vom Berg' der Hirtenknab', Seh' auf die Schlösser all' hinab. Die Sonne strahlt am ersten hier, Am längsten weilet sie bei mir. Ich bin der Knab' vom Berge! 2. Hier ist des Stromes Mutterhaus, Ich trink' ihn frisch vom Stein heraus; Er braust vom Fels in wildem Lanf, Ich fang' ihn mit den Armen auf. Ich bin der Knab' vom Berge! 3. Der Berg, der ist mein Eigentum. Da zieh'n die Stürme rings herum; Und heulen sie von Nord und Süd, So überschallt sie doch mein Lied: Ich bin der Knab' vom Berge! 4. Sind Blitz und Donner unter mir. So steh' ich hoch im Blauen hier; Ich kenne sie und rufe zu: Laßt meines Vaters Haus in Ruh'! Ich bin der Knab' von: Berge! 8. Und wenn die Stnrmglock' einst erschallt. Manch Feuer auf den Bergen wallt, Dann steig' ich nieder, tret' ins Glied Und schwing' mein Schwert und sing' mein Lied: Ich bin der Knab' vom Berge! Uhland. 168. Die vergoldeten Nüsse. Am heiligen Weihnachtsabend standen die Kinder vor den: Christbaume. Den: kleinen Peter stachen besonders die vergoldeten Nüsse in die Augen und er wollte sie durchaus haben. 87 Die Multer sagte: „Diese Nüsse zieren den Baum gar schön; wir wollen sie deshalb hangen lassen. Sieh, da hast du andere Nüsse!" - Allein Peter rief heulend: „Ich mag keine braunen Nüsse; ich will goldene haben!" Die Mutter dachte, man könne gar oft eigensinnige Kinder nicht besser strafen, als wenn man ihnen ihren Willen tut. Sie gab ihm daher die vergoldeten Nüsse und teilte die braunen unter die übrigen w Kinder aus. Peter war sehr erfreut und klopfte die schönen Nüsse begierig auf. Allein zu seinem großen Berdrusse waren alle hohl und feine Geschwister lachten ihn aus. Nach Chr. Schmid. 166. Der Weihnachtsabend. Eines Tages, kurz vor Weihnachten, plauderte die kleine Karol ine mit Minchen, ihrer guten Freundin. Karolinens Eltern waren reiche Leute, die viel Geld, ein schönes Haus und Wagen und Pferde besaßen; Minchens Eltern aber waren arm und wohnten in einer kleinen Hütte. „Minchen," sagte Karoline, „bald kommt der Weihnachtsabend 5 und da bringt mir das Christkindl viele, viele wunderschöne Sachen, Kleider und Hüte und Spielzeug eine ganze Menge. Weißt du denn, was es dir bringen wird?" „Ach, ich werde wohl nichts bekommen," sagte Minchen traurig; „meine Eltern sind arm, 'also können sie mir keine Freude machen." 10 Minchen sah dabei so traurig ans, daß Karoline recht Mitleid mit ihr hatte und sich heimlich vornahm, ihr eine Freude zu machen. Als nun der Weihnachtsabend kam, wurde Karoline von ihren Eltern reich beschenkt. Sie jubelte und tanzte und freute sich; aber in ihrer Freude dachte sie doch an Minchen, die jetzt zu Hause gewiß is im Dunkeln saß und recht betrübt war. Sie fiel ihrer Mutter um den Hals und sagte: „Ach, liebe Mutter, ich habe noch eine große Bitte. Minchen sagte mir neulich, ihr Vater sei so arm und könne ihr nichts geben; erlaubst du mir wohl, daß ich ihr von meinen vielen Geschenken etwas hinübertrage, damit auch sie sich des heutigen Abends freuen könne?" 20 „Gern, von Herzen gern erlaube ich es dir," sagte die Mutter und küßte das gute Kind. „Suche dir aus, was du willst, und schenke es Minchen." 88 Da nahm Karoline ein schönes Kleidchen und eine niedliche 25 Mütze, legte beides in einen Korb, tat noch Nüsse, Äpfel und Honig¬ kuchen dazu und eilte damit zu Minchen. Ach, da hättet ihr die Freude seheu sollen, die das arme Mädchen hatte! Karoline ging fröhlichen Herzens nach Hause und war noch nie so glücklich gewesen wie den Tag. Nach Fr. Hoffmann. 167. Kaiser Josefs Entscheidung. Von einem Goldarbeiter in Wien hatte ein vornehmer Edelmann ein Kästchen mit Juwelen gekauft und es abholen lassen; als er aber den Schmuck bezahlen sollte, leugnete er, das Kästchen empfangen zu haben. Der Goldarbeiter wurde nun klagbar. Aber auch der Richter s konnte den Edelmann zu keinem Geständnisse bringen; der Kläger wurde also abgewiesen. In seiner Not wandte er sich an den Kaiser Josef. Dieser ließ beide Parteien vor sich kommen, und als der Edelmann bei seinem Leugnen blieb, befahl ihm der Kaiser, sich zu setzen und zu schreiben, was er ihm diktieren würde. Der Kaiser aber w diktierte also: „Liebe Frau! Wir sind verraten, der Kaiser durchschaut alles; gib augenblicklich das bewußte Kästchen dem Überbringer dieses Briefes, dem kaiserlichen Bedienten, sonst sind wir verloren." Der Edelmann zitterte und konnte kaum zu Ende schreiben, und ehe noch der Kaiser den Brief absandte, warf er sich ihm zu Füßen und is gestand sein Unrecht ein. Der Brief aber wurde abgeschickt und in einer Stunde hatte der Goldarbeiter sein Eigentum wieder in Händen. Rudolph. 768. 7)6»- 7Z->.^<7r rr-n /terc/rs. 7/üt Z/ruseb tuaub: aus erueur lernen lZewässeu rruct eubtre/cte ctaur'u seru Ztr'tZ. „Z^uwabu," ure/ eu, „e/re TVatuu -usrute es ur'obt böse urr't urr'u, weurASteus -mrt ruerueru Z^ox/e ur'ebt/ lpr'e r'st Zas (bewerb, c/«s r'bu sebruüoZt/ ^Vuu ruerus ä'ebeu/cet s Aöuuteu etwas stärken seru, r'eb wüuZs <7auu au voutue^/trebsu Aestatt atteu ÜZrsueu Tbatr! br'eteu." ZuZeru er' uoeb Zr'es s^uaeb, böuts eu ru Zeu Trenne 7aA<7- böuueu eutöueu uuZ «ab sebou Zre ZZunZe, Zr'e urrt ZteZeu arr/ 89 r'H-r Du Lös)' 5 Liebe, die sie mir in meiner Kindheit erwiesen haben, und von diesen hoffe ich, daß sie mich einst in meinem Alter auch nicht verlassen werden." War das nicht artig gesagt und noch schöner und edler gedacht und gehandelt? Der Fürst belohnte die Rechtschaffenheit des wackern Mannes eo und sorgte für seine Söhne. Der Segen, den dem Landmanne seine sterbenden Eltern gaben, wurde ihm im Alter vou seinen dankbaren Kindern durch Liebe und Unterstützung reichlich entrichtet. Hebel. 176. Der Bär als Spielkamerad. Es ivar in einem kleinen Landstädtchen. Drunten in der Wirts¬ stube saß der Bärenführer und verzehrte sein kärgliches Abendbrot; draußen im Hofe stand der Bär, au die Holzlege angebunden, der arme Petz, der keiner Seele etwas zuleide tat, obgleich er grimmig genug aussah. Oben ini Erkerzimmer spielten bei Hellem Mondschein s drei kleine Kinder, das älteste war höchstens sechs Jahre alt, das jüngste nicht mehr als zwei. Da kam es klatsch! klatsch! die Treppe herauf; wer konnte es sein? Die Tür sprang auf — es war der Bär, der große, zottige Petz! Es war ihm langweilig geworden, drunten so einsam zu stehen, er hatte den Strick abgerissen und nun w den Weg die Treppe hinauf gefunden. Die Kinder waren so erschrocken über das große, zottige Tier, daß jedes in einen Winkel kroch, aber er fand sie alle drei, beschnüffelte sie mit der Schnauze, tat ihnen jedoch uichts. „Das ist sicher ein großer Hund," dachten sie, krochen wieder hervor und streichelten ihn. Er legte sich auf den Fußboden, w — 94 - der kleinste Knabe wälzte sich über ihn und spielte Versteck, indem er sein goldlockiges Köpschen in seinem dicken, schwarzen Pelze verbarg. Nun holte der älteste Knabe seine Trommel, schlug darauf, daß es dröhnte, und der Bär erhob sich auf seine beiden Hinterfüße und 20 begann zu tanzen, daß es eine Freude war. Jeder von den Knaben nahm sein Gewehr, der Bär bekam auch eines und er hielt es ordentlich fest; es war ein prächtiger Spielkamerad, den sie bekommen hatten. Und nun hieß es: „Eins, zwei! eins, zwei!" — Da griff etwas an die Tür, sie ging auf, es war die Mutter der Knaben. 25 Ihr solltet sie gesehen haben, gesehen ihren lautlosen Schreck, das kreideweiße Antlitz, den halboffenen Mund, die stieren Angen! Aber der kleinste der Knaben nickte ganz vergnügt und rief laut in seiner Sprache: „Wir spielen Soldaten!" — Und dann kam der Bären¬ führer. Nach Andersen. 176. St. Leonhard. Wo jetzt in Kärnten St. Leonhard liegt, weidete vor Jahr¬ hunderten ein Hirte seine Rinder. Eines Tages bei Sonnenuntergang sah er einen Schleier, der sich vom blauen Himmel ans die Erde herabließ. Als er am anderen Morgen sein Vieh wieder dort weidete, 5 grub eines seiner Tiere an derselben Stelle, wo sich der Schleier herabgelassen hatte, ein Loch und plötzlich sprudelte eine klare Quelle hervor, aus der das Tier von nun an täglich trank. Es zeigte, nachdem es getrunken hatte, immer eine besondere Lebhaftigkeit. Dem Hirten fiel dieses auf und er ahnte eine Wunderkraft. Weil er immer io einen leidenden Fuß hatte, so benutzte er diese Gelegenheit, trank das Wasser und badete einige Male. Der Fuß wurde gesund und aus Dankbarkeit wählte der Hirt jene Stelle als Betört. Eines Tages bemerkte er zwischen den Ästen einer uralten Buche ein halbverwittertes Bild. Er zeigte es dem 15 Pfarrer an; der erkannte das Bild des heil. Leonhard und schloß es in die Kirche ein. Allein das Bild kam immer wieder aus die Buche zurück, bis man an dem Orte eine Kapelle erbante; und als ein ungarischer Graf, der schon mehrere Jahre blind war, durch das Waschen niit diesem Wasser sehend wurde, so baute er dem 2v heil. Leonhard aus Dankbarkeit eine Kirche. Daher stammt auch der Name des Ortes. Vernaleken. 95 177. Bescheidenheit hegt. 1. Die Lerche singt, der Kuckuck schreit, Krieg führt die ganze Welt. Es sängt nun an ein großer Streit In Wald und Wies' und Feld. 2. Die Blumen streiten hestiglich, Wer wohl die schönste sei; Und nur die Rose denkt sür sich: „Das ist mir einerlei." 3. Und auch die Vögel streiten sich Um ihren Sang und Schall. „Was aber soll das kümmern mich?" So sagt die Nachtigall. 4. Da mischet sich der Frühling drein. „Was," spricht er, „soll der Krieg? Der Nachtigall und Ros' allein Gebührt der Preis und Sieg." 5. So laßt uns wie die Rose sein Und wie die Nachtigall! Bescheid'ne Herzen, schön und rein. Die siegen überall. Hoffmann o. Fallersleben. 178. Die drei Freunde. Ein Manu hatte drei Freunde. "Zwei derselben liebte er sehr, der dritte war ihm gleichgültig, obgleich es dieser am redlichsten mit ihm meinte. Einst ward er vor Gericht gefordert, wo er unschuldig, aber hart verklagt war. „Wer unter euch," sprach er, „will mit mir gehen und sür mich zeugen? Denn ich bin hart verklagt worden und 5 der König zürnet." Der erste seiner Freunde entschuldigte sich sogleich, daß er wegen anderer Geschäfte nicht mit ihm gehen könne. Der zweite begleitete ihn bis zur Tür des Richthauses; da wandte er sich und ging zurück aus Furcht vor dem zornigen Richter. Der dritte, auf den er u> 96 am wenigsten gebaut hatte, ging hinein, redete für ihn und zeugte von seiner Unschuld so freudig, daß der Richter ihn losließ und noch beschenkte. Drei Freunde hat der Mensch in dieser Welt; wie betragen sie is sich in der Stunde des Todes, wenn ihn Gott vor Gericht fordert? Das Geld, sein bester Freund, verläßt ihn zuerst und geht nicht mit ihm. Seine Verwandten und Freunde begleiten ihn bis zur Tür des Grabes und kehren wieder in ihre Häuser. Der dritte, den er im Leben am meisten vergaß, sind seine wohltätigen Werke. Sie allein 2v begleiten ihn bis zum Throne des Richters; sie gehen voran, sprechen für ihn und finden Barmherzigkeit und Gnade. Herder. 179. Kaiser Fran; und sein Enkel. Am 18. August 1834 waren die Großeltern unseres geliebten Kaisers, Franzi, und Karolina Augusta, in dem schönen Parke von Laxenburg, wo sie sich an dem kindlichen Spiele ihres Enkels Franz Josef, der seinen vierten Geburtstag feierte, erfreuten. 5 Der kleine Prinz saß in einem Gartensaal, umgeben von Spiel¬ sachen, die ihm zum Festtage beschert worden waren. Am Eingänge stand eine Schildwache. Der Mann warf zuweilen einen Blick inniger Teilnahme auf das spielende Kind. Aber auch der Knabe schien an dem Soldaten Gefallen zu finden, denn er betrachtete ihn öfter auf- io merksam. Plötzlich unterbrach er sein Spiel und fragte den Großvater: „Nicht wahr, der Mann da ist recht arm?" „Woher vermutest dn das, mein liebes Kind?" entgegnete der Monarch. „Nun, weil er Wache stehen muß." i5 „Mein Kind, das müssen auch reiche Leute, selbst kaiserliche Priuzen; aber bei dem Manne hast du es erraten, er ist arm. Drum geh zu ihm und gib ihm diese Banknote!" Das ließ sich der Prinz nicht zweimal sagen; er lief zu dem Soldaten und hielt ihm die Banknote freudig hiu: „Da, armer 2v Mann, das schenkt dir der gute Großpapa." Die Schildwachen haben aber strenge Vorschriften und der Posten schüttelte ernsten Gesichtes den Kopf. 97 Der Prinz blickte verlegen bald ans die Schildwache, bald auf den Großvater. Dieser betrachtete mit Wohlgefallen das reizende Bild und sagte dann lächelnd: „Steck' ihm das Geld in die Patrontasche; 25 in die Hand darf er es nicht nehmen." Der kleine Prinz versuchte es; da aber die Patrontasche zu hoch hing, konnte er selbst mit ausgestreckten Armen sie nicht erreichen und stand wieder ratlos. Da näherte sich der Kaiser, hob den Enkel empor, die Kaiserin so half den Deckel der Patrontasche öffnen und der kleine Prinz steckte jubelnd die Banknote hinein. Dann begab er sich wieder zu seinen Spielsachen und rief vergnügt: „Nicht wahr, Großvater, jetzt wird der Soldat nicht mehr arm sein?" „Wir wollen's schon machen," antwortete der Kaiser, über das sr gute Herz seines Enkels erfreut. Am andern Tage forderte der Kaiser Auskunft über das Ver¬ halten des Infanteristen. Da diese höchst vorteilhaft lautete, sorgte der Kaiser für die Zukunft des Mannes. Nach Bermann. Aus Kummer-Branky-Hofbauers Lesebuch. ISO. V6U Lssl uriä äis ärsi Lrüäsr. Liu armer Bauer besal) niebts als einen Lsol, der ibm treulieb diente und ibm maueben Dro8eben verdienen balt. Lcks der Nann tiiblte, dak er bald Serben vrerde, riet er 8eine drei 8öbne au 86iu Lett uud epraeb: „leb bann eueb beine Lrb8ebatt binteria88en als meinen Lsel; rvenn ibr ibn Aut bebandslt, vrird 5 er eueb allen dienen bönnen, beute dsm einen, morgen dein andern, übermorgen dem dritten. Leu! vsrträgliob untereinander und billig gegen das Vieb!" — Oer Vater starb, aber die 8öiine vergällen 861060 Lrmabnung. Der Liköre daebte: „Destern sink d6r Lsol noob in meines Vaters 8tall gstresskn, morgen 10 ^vird or bei luoiuom Bruder Heu genug briegen; beute bann er ivobl einmal obne Lutter arbeiten." 80 müllte das arme Dier vierund^ivauxig Ltunden bungern. V.m andern Normen bolte ibn der Livoite, und da dsr Lsel sebon matt vor Dungsr rvar und niebt mebr roebt tort sollte, 80 meinte der bartberrlige Nsnseb: 15 „Du tauler Lsel ba8t gevük xu viel bei meinem Bruder getresson, Leseb. f. slow.-utraquist. Mittelsch. U u. 2. Kl. (U) 7 98 dssbalb willst du uiobb mursobisrsn. biuu Zut, so inuZsb du denn bsi mir tustsu, duk dir dis NrÜAbsib vsrZsbt!" ^.m dribksn DuAS vrur der Dssl sobou Imlbbot vor DuuAsr; udsr dsr sünAsts 20 Lrudsr, dsr ibu disssu 9?LA -m bsuutrisii iiukbs. musbbs os uisbb besser als seine örüdsr nnd susbts dursb UrÜAsI 2u ersetzen, ivus s,n Dubtsr ksblts. Dosb lüuAsr konnte es das ASpluAks Dior niobt uusbultsn. Düs der vierte Normen unbruob, 1uA der tüsel vor der leeren Xripps nnd ^.vnr tot. 25 bluu bitten die Lrüdsr Aur niebts nnd rankten sieb nnr durum, rvsr sebnld an dein lode des Dssls Zevessn sei. Der Dsel vnrde über von dein 2auks niobt lebendig nnd dis Drnder ebensoveniA dudursb rsisb. OnrtmLn. 181. Drr Regenschirm der Kaiserin. Eines Tages erging sich die Kaiserin Elisabeth ihrer Gewohnheit gemäß ohne jede Begleitung in den herrlichen Anlagen des kaiserlichen Lustschlosses Miramar. Da fing es plötzlich an zu regnen und bald darauf in Strömen zu gießen. 5 Die Kaiserin, die sich anfangs durch den Regen in ihrem Spaziergange nicht beirren ließ, suchte endlich vor der Unbill des Wetters Schutz in einem der Grottengänge des Parkes. Als sie eintrat, bemerkte sie, daß in demselben Gange ein kleines Schulmädchen bereits Unterstand gesucht hatte. Das Kind wollte sich vor der vor- w nehmen Frau, die es nicht kannte, anfangs schüchtern verstecken. Als aber die hohe Frau das Kind sreundlich ansprach, wurde das Mädchen bald zutraulich und stand auf die Fragen der Kaiserin tapfer Rede und Antwort. Da es aber gar nicht aufhören wollte zu regnen, sagte die i5 Kleine ängstlich, es werde wohl besser sein, nach Hause zu gehen, da die Eltern über ihr langes Ausbleiben leicht in Sorge geraten könnten. Da sprach die Kaiserin: „Da hast du ganz recht, mein Kind- man darf seinen Eltern niemals Sorge machen, und weil du so artig bist, werde ich dich selbst mit meinem Schirme nach Hause begleiten." 2v Und so geschah es. Die Kaiserin begleitete das glückliche Kind im strömenden Regen bis zum Bahnhofe, in dessen Nähe die Kleine zu Hause war. Dort angekommen, reichte die Kaiserin ihrem Schütz- 99 ling den Schirm mit den Worten: „So, den behalte, damit du für alle Fälle einen Schirm hast; denn man trifft nicht immer Leute, die einen nach Hanse begleiten." s» Überglücklich eilte das Mädchen in sein Heim und erzählte, was ihm begegnet war; als aber die Eltern auf den Bahnhof eilten, nm der unbekannten, vornehmen Frau zu danken, war diese nicht mehr da; allein die Bahnbeamten wußten ihnen zu sagen, daß es die Kaiserin gewesen war. so Der Regenschirm der Kaiserin aber wird in der Familie wie ein Heiligtum aufbewahrt. Nach Thomas. Aus Kummer-Branky-HofbauerZ Lesebuch. 182. Die Schatzgräber. Ein Winzer, der am Tode lag. Rief seine Kinder her und sprach: „In unserm Weinberg liegt ein Schatz; Grabt nur darnach!" „An welchem Platz?" Schrie alles laut den Vater an. „Grabt nur!" — O weh! da starb der Manu. Kaum war der Greis zu Grab gebracht. So grub man nach aus Leibesmacht; Mit Hacke, Karst und Spaten ward Der Weinberg uni und um gescharrt. Da war kein Kloß, der ruhig blieb. Man warf die Erde gar durchs Sieb Und zog die Rechen kreuz und quer Nach jedem Steinchen hin und her. Allein da ward kein Schatz verspürt Und jeder hielt sich angeführt. Doch kaum erschien das nächste Jahr, So nahm man niit Erstaunen wahr, Daß jede Rebe dreifach trug. Da wurden erst die Söhne klug Und gruben nun jahrein, jahraus Des Schatzes immer mehr heraus. io 15 Bürger. 7* 100 183. Vas Butterbrot. Karl bekam an jedem Nachmittage um vier Uhr ein Butterbrot zur Jause. Er begütigte sich damit uud verlangte in der Regel nie mehr. Seit einiger Zeit jedoch lief er alle Tage mit seinem Butterbrote weg, kam aber nach einer Weile wieder und erbat von der Mutter 5 noch ein Stück trockenes Brot. Anfänglich achtete die Mutter nicht darauf, gab ihm, was er verlangte, und dachte: „Karl hat jetzt guten Appetit." Weil er aber immer wieder ums trockene Brot kam, fiel es ihr endlich auf und sie gab eines Tages acht, wohin er mit seinem w Butterbrote lief. Er lief aber in des Nachbars Stübchen. Die Mutter ging ihm nach, sah durch das Fenster und bemerkte in der Stube einen kranken Knaben. Dem legte Karl sein Butterbrot auf das Bett und lief wieder fort, ohne den Dank des Kleinen abzuwarten. Die Mutter ging schnell nach Hause, damit Karl sie nicht sähe, is denn sie wollte ihn auf die Probe stellen. Als er kam und sich noch ein Stückchen trockenes Brm erbat, verstellte sie sich und sagte hart: „Geh, Karl, du erhältst nichts mehr! Wer wird so unbescheiden sein und alles doppelt verlangen!" Karl wandte sich schweigend nach der Tür und entfernte sich. A) Aber nun konnte sich das Mutterherz nicht mehr bezwingen. „Karl," rief die tiefgerührte Mutter, „Karl, komm her und umarme mich, du bist mein lieber, guter Sohn und sollst Brot haben, so viel du willst." Karl war ganz erstaunt; als er aber hörte, daß die Mutter 25 seine Wohltätigkeit kannte, schämte er sich. „Schäme dich nicht," sagte die Mutter, „du hast es nicht nötig. Aber warum erzählst du nicht, wem du dein Butterbrot bringst?" „Unser guter Lehrer," sagte Karl, „hat uns gesagt, man solle die Linke nicht wissen lassen, was die Rechte tut. Darum schwieg ich." 3o Karl ging hinaus auf die Straße zu seinen Gespielen, die Mutter aber erflehte Gottes Segen über ihn uud ries: „Wahrlich, ein gutes Kind ist des Vaters Ehre und der Mutter Freude!" Nach Franz Hoffmann. 101 184. Der Hahn, der Hund und der Fuchs. Ein Hund und ein Hahn schlossen Freundschaft und wanderten zusammen in die Fremde. Eines Abends konnten sie kein Haus erreichen und mußten im Walde übernachten. Da sah der Hund eine hohle Eiche, worin für ihn eine vortreffliche Schlafkammer war. „Hier wollen wir bleiben," sagte er zu seinen: Kameraden. „Ist mir auch recht," sagte der 5 Hahn, „aber ich schlafe gern in der Höhe." Damit flog er auf eiuen Ast, wünschte dem andern gute Nacht und setzte sich zum Schlafen. Als es nun Tag werden wollte/ fing der Hahn an zu krähen; denn er dachte: „Es ist bald Zeit zum Weiterreisen." — Das Kikeriki hatte der Fuchs gehört, dessen Wohnnng nicht weit davon war, und io schnell war er da, um den Hahn zu fangen. Denn ihr wißt ja, daß der Fuchs ein Hühnerdieb ist. Da er aber den Hahn so hoch sitzen sah, dachte er: „Den muß mau durch gute Wörtlein herunterlocken; denn so hoch kann ich nicht klettern." Gut; mein Füchslein macht sich ganz höflich herbei und spricht: „Ei, guten Morgen, lieber Herr u; Vetter; wie kommen Sie hieher? Ich habe Sie gar zu lange nicht gesehen. Aber Sie haben sich da eine gar unbequeme Wohnung gewählt, und wie es scheint, haben Sie auch noch nichts gefrühstückt. Wenn es Ihnen gefällig ist, mit in mein Hans zu kommen, so werde ich Ihnen mit ganz frisch gebackenem Brote aufwarten." 20 Der Hahn kannte aber den alten Schelm und hütete sich wohl hinunterzufliegen. „Ei," sagte er, „wenn Sie ein Vetter von mir sind, so werde ich recht gern mit Ihnen frühstücken; aber ich habe noch einen Reisegefährten, der hat die Tür zugeschlossen. Wollen Sie so gefällig fein, diesen zu wecken, so können, wir gleich miteinander gehen. 2.-» Der Fuchs, welcher meinte, er könne noch einen zweiten Hahn erwischen, lief schnell nach der Öffnung, wo der Hund lag. Dieser war aber wach und hatte alles angehört, was der Fuchs gesprochen hatte, und freute sich, den alten Betrüger jetzt strafen zu können. Ehe der Fuchs es sich versah, sprang der Hund hervor, packte ihn an der 20 Kehle und biß ihn tot. Dann rief er seinen Freund vom Baume herunter und sagte: „Wenn du allein gewesen wärest, so hätte dieser Bösewicht dich um¬ gebracht. Aber laß uns eilen, daß wir aus dem Walde kommen!" Curt man. 102 Dre / D- MLerr. Am /si-'««'/' /-?62 /sas/s ü/ev Mrs» er» Aro/Ies Dur/tüc/c ^srer». Dre Do»a» üöei/rrtete r^e D/er' »»st a//e trs/ev AstsAcns» 8t«ctttsr'/s sorvre ster />atsr staucts» u»ter Masse». Dre Ttsuso^e» mrrFts» mersterrs r/»' Dat- u»ct Gut ste» rett ste» Met/s» IirersAetre» 5 A A c? /eo»»te» sre/r setöst »ur s/u-'etr se/mette Dtuotrt »stte». Am A»ö/§te» war «/-er' stre Ge/a^r /ur stre Deroo^us» ste» DrrA?tte»«u / ctor-t starrte» stama/s /«st »ur »rectiaAe, ^öDsteus errrstöc^rAs Däusev. D/ ötrDe/ t-v«s^s» etre /vaussucte» Dtute» trerer» u»ct örettete» sr'D «D»ett »ao^ «tte» Dro^tunoe» /rr» «us. ist Da ^o»»te» ct/e Deute t/rs'e Däuser »ro^t >»Dr vertasse» / sre ^/uDtete» cta/rer rrr cteusetöe» immer ^ö^er, eucttrsD A«r t-rs ar/' De Dao^öös/e» /rr»au// /a vrets /l/s»8e^e» mu/Ate» ve» st« «us sturc/r etre D«D/e»ster «u/ rte» /'Ust c/es Daches ^tetter», um »ur c/as »actcte Deöe» srr vette». Dovt s«/)'e» sre /rrrrrAevrrc/ rrrrr/ 15 /r-rsverrc/ rrrrc/ taut ^'«m/,rer'te» r rtm^e^verr. /rr ctressv ^ee^sterr /Vet er'se/a'e» u-rsev rirutrAsv /Varsev cterr Devtasssue» «ts Dcttev. ^>/rt ssrrrem. Dvrrc/ev, ctem DsrDrr-MAe 2« ^«/'t Duc/rer«, öestr'eA sv v«se/r srne» Da/s», tc/aten Aevuetevt rvur'cte. ^1/r't rrrrsäAtr'c^ev /M/te rrirst rrntei' «uAerr- ss/rsM/rc/rev De/a/se ertte e» s/a/ru, reo etre Dot «m Av^/?terr w«v unct t-vac^te cten DrrAtäe^tr'c^err Dr//e. /ui- stre Devetteterr «tre» sovAte e» vatevtre/r urrct tre/ r/r-re-r 8/er'se u.rrst 1Do//rrMA 25 «rrroerssrr. D»ett ^tem „D«t«eet>üetitsM". ^.rrs Dku»uee-/t?v«»/s//-Du/t-«risi-s ^eset-»etr. 186. Der alte Mantel. Einige Soldaten kamen zur Zeit des Krieges in ein Dorf und verlangten einen Wegweiser. Ein armer Taglöhner sollte mit ihnen gehen. Es war sehr kalt und es schneite und wehte entsetzlich. Er bat die Bauern flehentlich, ihm einen Mantel zu leihen. Allein sie gaben s ihm kein Gehör. Nur ein fremder, alter Mann, der durch den Krieg aus seiner Heimat vertrieben worden war und in dem Dorfe sich 103 kümmerlich als Schmiedknecht nährte, erbarmte sich des Tagwerkers und gab ihm seinen alten Mantel. Die Soldaten zogen sort und sieh! am späten Abend kam ein junger, schöner Offizier in prächtiger Uniform und mit einem Ordens- n> kreuz au der Brust in das Dorf geritten und ließ sich zu dem alten Manne sichren, der dem Wegweiser den Mantel geliehen hatte. Der gutherzige Greis tat, als er den Offizier erblickte, einen lauten Schrei. „O Gott, das ist ja mein Sohn Rudolf!" rief er, eilte auf ihn zu und umfaßte ihn mit beiden Armen. is Rudolf hatte vor mehreren Jahren Soldat werden muffen und war wegen feiner vorzüglichen Geistesgaben, wegen seiner Recht¬ schaffenheit und Tapferkeit Offizier geworden. Er hörte nichts mehr von feinem Vater, der vormals in einem angesehenen Marktflecken Schmiedemeifter gewesen war. Allein der Sohn hatte den alten 20 Mantel erkannt und aus der Erzählung des Wegweisers sich über¬ zeugt, daß sein Vater nunmehr in diesem Dorfe sich aufhalte. Vater und Sohn weinten vor Freuden und alle Leute, die umherstanden, weinten mit. Rudolf blieb die ganze Nacht bei seinem Vater, unterredete sich mit ihni bis au den frühen Morgen, gab ihm, 2s bevor er weiterritt, viel Geld und versprach, ferner für ihn zu sorgen. Die Leute aber sagten: „Weil der alte Mann so barmherzig war, so hat sich auch Gott seiner erbarmt und ihn seinen Sohn wieder finden lassen, der ihn aus aller Not errettete." Chr. Schmid. 1117. Die Singvögel. Ein freundliches Dörfchen war von einem ganzen Walde frucht¬ barer Bäume umgeben. Die Bäume blühten und dufteten im Frühlinge auf das lieblichste; im Herbste aber waren alle Zweige reichlich mit Äpfeln, Birnen und Zwetschken beladen. Auf den Ästen der Bäume und in den Hecken umher nisteten 5 und sangen allerlei muntere Vögel. Die Eltern ermahnten ihre Kinder öfter und sagten: „Tut doch diesen Vögelchen nichts zuleide und rührt ihre Nester nicht an; denn das würde dem lieben Gott, der die Blumen kleidet und die Vögel nährt, sehr mißfallen. Auch uns zuliebe gab Gott den Blumen die schönen Farben und die erquickenden Wohl- io gerüche und den Vögeln den lieblichen Gesang." 104 Allein einige böse Buben fingen an, die Nester auszunehmen und zu zerstören. Die Vögel wurden dadurch verscheucht und zogen nach und nach ganz aus der Gegend hinweg. Man hörte in den ik Gärten und auf der Flur kein Vögelein mehr singen. Alles war ganz still und traurig. Die Bosheit dieser Buben hatte aber noch eine andere traurige Folge. Die schädlichen Raupen, die sonst von den Vögeln hinweg- gefangen wurden, nahmen überhand und fraßen Blätter und Blüten 2v ab. Die Bäume standen kahl da wie mitten im Wiuter und die bösen Buben, die sonst köstliches Obst im Überflüsse zu verzehren hatten, bekamen nicht einen Apfel mehr zu essen. Chr. Schmid. 188. Das Grab. 1. Das Grab ist tief und stille Und schauderhaft sein Rand; Es deckt mit schwarzer Hülle Ein unbekanntes Land. 2. Das Lied der Nachtigallen Tönt nicht in seinem Schoß; Der Freundschaft Rosen fallen Nur auf des Hügels Moos. 3. Verlass'ne Bräute riugen Umsonst die Hände wund. Der Waisen Klagen dringen Nicht in der Tiefe Grund. 4. Doch sonst an keinem Orte Wohnt die ersehnte Ruh': Nur durch die dunkle Pforte Geht man der Heimat zu. 5. Das arme Herz, hienieden Von manchem Sturm bewegt. Erlangt den wahren Frieden, Nur wo es nicht mehr schlägt. Salis. 189. Der Hase und der Fuchs. Eiu Hase und ein Fuchs reisten beide miteinander. Es war Winterszeit; es grünte kein Kraut und auf dem Felde kroch weder Maus noch Laus. „Das ist ein hungriges Wetter," sprach der Fuchs zum Hasen, „mir schrumpfen alle Gedärme zusammen." „Ja 5 wohl," antwortete der Hase; „es ist überall Dürrhof und ich möchte meine eigenen Löffel fressen, wenn ich damit ins Maul reichen könnte." 105 So trabten sie hungrig miteinander fort. Da sahen sie von weitem ein Bauernmädchen kommen, das trug einen Handkorb und ans dem Korbe kam dem Fuchse und dem Hasen ein angenehmer Geruch entgegen, der Geruch von frischen Semmeln. 10 „Weißt du was?" sprach der Fuchs zum Hasen, „lege dich hin der Länge nach auf den Schnee und stelle dich tot! Das Mädchen wird seinen Korb hinstellen und dich aufheben wollen; derweil erwisch ich den Semmelkorb, trag' ihn fort und wir speisen dann den duftigen Leckerbissen miteinander." 15 Gesagt, getan. Der Hase fiel hin, streckte alle Viere von sich, zuckte nicht und muckte nicht und stellte sich mausetot. Der Fuchs aber duckte sich hinter eine Windwehe von Schnee. Das Mädchen kam heran und wie es den Hasen liegen sah, rief es aus: „Armes Häslein, bist gewiß erfroren! Ich will dich ein 2« bißchen wärmen; vielleicht wirst du wieder lebendig." Es stellte richtig den Korb hin und wollte den Hasen anfheben. Jetzt schlüpfte der Fuchs hinter der Windwehe hervor, nahm den Semmelkorb zwischen die Zähne und fort ging's damit ins weite Feld hinaus. Der Hase aber, der Schelm, schlug mit seinen Hinterfüßen ss auf den Schnee, daß das arme Bauernmädchen erschrak und ihm mit offenem Munde nachschaute, wie er dem Fuchse nachlief. Dieser aber stand gar nicht still und machte keine Miene, die Semmeln mit deni Hasen zu teilen, sondern lief und der Hase ihm nach, bis sie beide keinen Atem mehr hatten. Da standen sie mit M einemmal vor einem Teiche. Der Hase sagte zum Fuchs: „Wie wäre es, wenn wir uns eine kleine Mahlzeit Fische verschafften? Wir haben dann Weißbrot und Fische wie vornehme Leute. Hänge deinen Schwanz ein wenig ins Wasser, so werden die Fische, die jetzt auch nicht viel zu beißen haben, sich daran hängen und dann speisen wir :>s sie. Aber du mußt schnell machen, sonst friert der Teich zu." Das schien dem Fuchs nicht schlecht. Er ging hin au den Teich, der eben zufrieren wollte, und hängte seinen langen Schwanz hinein; und eine kleine Weile — so war der Schwanz des Fuchses fest ein¬ gefroren und der Fuchs konnte nicht von der Stelle. 40 Da nahm der Hase den Semmelkorb, fraß die Semmeln vor den Angen des Fuchses ganz gemächlich eine nach der andern, machte ein lustiges Männchen und sagte: „Warte nur, bis es anftaut. 107 191. Kaiser Rudolf als kluger Richter. Rudolf sah es gern, wenn jedermann bei ihm Zutritt suchte und ihm mitteilte, was er auf dem Herzen hatte. Einst brachte ihm ein Kaufmann folgende Klage vor: Er war bei einem Gastwirt eingekehrt und hatte diesem einen ledernen Geld¬ beutel mit einer bedeutenden Summe zur Aufbewahrung übergeben. 5 Als der Kaufmann bei seiner Abreise das Geld zurückhaben wollte, leugnete der betrügerische Wirt den Empfang desselben. Und nun bat der Kaufmann, der Kaiser möge ihm zu seinem Eigentums wieder verhelfen. Rudolf erfuhr, daß unter den Personen, die an demselben Tage bei ihm ihre Aufwartung machen wollten, auch der Wirt sich io befinde; darauf baute er seinen klugen Plan. Er ließ den Kaufmann einstweilen abtreten und sich bereit halten, wenn er gerufen würde. Als der Wirt erschien, erkundigte sich Rudolf mit großer Freundlichkeit nach dessen Familie und Gewerbe und sprach dabei scheinbar ganz ohne Absicht: „Ihr habt einen schönen Hut! Wollt >5 Ihr nicht mit dem meinigen tauschen?" Der Wirt war stolz darauf, des Kaisers Hut zu tragen, und willigte sogleich ein. Rudolf setzte den neuen Hut mit Wohlgefallen anf und trat einen Augenblick aus dem Zimmer. Draußen rief er einen Bürger herbei und übergab ihm den Hut, indem er sagte: „Geht schnell zur Frau des Wirtes und sagt, ihr so Mann verlange unverzüglich den ledernen Beutel samt dem Gelds des Kaufmannes und zum Wahrzeichen sende er ihr seinen Hut." Die Frau gab arglos das Geld her und der Bürger brachte es dem Kaiser, der es zu sich steckte und den Kaufmann herbeirief. Dieser trug seine Klage in Gegenwart des Wirtes nochmals vor, und als 25 jener hartnäckig leugnete, zog Rudolf den Beutel plötzlich aus der Tasche; der Wirt wurde seines Betruges überführt und zu einer bedeutenden Strafe verurteilt. Hauff. 192. Sprüche. 1. Fürchte Gott, tue recht, scheue niemand! 2. Ehrlich währt am längsten. 3. Wer anderen eine Grube gräbt, fällt selbst hinein. 4. Unrecht Gut gedeiht nicht. 5. Gut Gewissen ist ein sanftes Ruhekissen. 109 In stürmischen finstern Nächten sieht mau die böse Bäuerin 35 hinter einem glühenden Pfluge, vor dem vier Ochsen mit feurigen Augen gespannt sind, die Wellen des Sees pflügen. Und das muß sie bis zum jüngsten Tage tun, zur Strafe für ihre Missetat. Vernaleken. 194. Rätsel. 1. Von Perlen baut sich eine Brücke Hoch über einen grauen See; Sie baut sich auf im Augenblicke Und schwindelnd steigt sie in die Höh'. 2. Der höchsten Schiffe höchste Masten Ziehn unter ihrem Bogen hin; Sie selber trug noch keine Lasten Und scheint, wie du ihr nahst, zu fliehn. 3. Sie wird erst mit dem Strom und schwindet, Sowie des Wassers Flut versiegt. So sprich, wo sich die. Brücke findet Und wer sie künstlich hat gefügt? Schiller. 198. Wie Till Eulenspiegel denen zu Magdeburg eitle feine Lektion gab. Till Eule u spiegel kam einst nach Magdeburg und trieb daselbst viel Gaukeleien, wovon sein Name zuerst bekannt wurde, daß man von ihm zu sagen wußte. Da ward er von den vornehmsten Bürgern ausgefordert, er solle ihnen ein recht abenteuerliches Stück zeigen. Eulenspiegel war dazu bereit und erklärte, er wolle aus dem 5 Aathause von der Dachlaube herabfliegen, und machte ein Geschrei in der Stadt, daß sich jung und alt auf dem Markte versammelten, um solches zu sehen. Da stand Eulenspiegel auf dem Rathaus und bewegte die Arme, uls ob er fliegen wollte. Die Leute sperrten Augen und Mäuler aus io und meinten, er werde herabfliegen. Eulenspiegel lachte und sprach: "Ich meinte, es wäre kein Narr mehr in der Welt als ich; nun sehe 110 ich aber wohl, daß hier schier die ganze Stadt voll Narren ist. Und wenn ihr mir alle sagtet, daß ihr fliegen könntet, ich glaubte es nicht. Ich bin doch weder eine Gans noch sonst ein Vogel; so hab' ich keine Flügel und ohne Federn kann niemand fliegen. Darum seht ihr wohl offenbar, daß es erlogen ist." Hiemit lief er von der Laube und ließ das Volk stehen, das teils fluchte, teils lachte. „Das ist ein Schalksnarr," sprachen sie; „dennoch hat er wahr gesagt." B äßler. 196. aber zu der kranken Frau in ihr Stüblein kam, worin es recht leer und betrübt aussah, meinte sie, es fei der Doktor, und erzählte ihm ihren Umstand und wie sie noch so arm dabei sei nnd sich nicht pflegen könne. Der Kaiser sagte: „Ich will Euch denn jetzt ein Rezept 8* 116 so verschreiben." Und sie sagte ihm, wo des Knaben Schreibzeug sei. Also schrieb er das Rezept und belehrte die Frau, in welche Apotheke sie es schicken müsse, wenn das Kind heimkomme, und legte es ans den Tisch. Als er aber kaum eine Minute sort war, kam der rechte Doktor 35 auch. Die Frau verwunderte sich nicht wenig, als sie hörte, es sei der Doktor und entschuldigte sich, es sei schon einer da gewesen und habe ihr etwas verordnet und sie habe nur auf ihr Bübleiu gewartet. Als aber der Doktor das Rezept iu die Hand nahm nnd sehen wollte, wer bei ihr gewesen sei und was für einen Trank oder n» was für Pillen er ihr verordnet habe, erstaunte er auch nicht wenig und sagte zu ihr: „Frau, Ihr seid einem guten Arzte in die Hände gefallen' denn er hat Euch fünfundzwanzig Dukaten verordnet, beim Zahlamt zu erheben; und darunter steht „Josef". Kennt Ihr ihn? Eine solche Arznei hätte ich Euch nicht verschreiben können!" Da tat die Frau 45 einen Blick gegen den Himmel nnd konnte nichts sagen vor Dankbarkeit nnd Rührung. Und das Geld wurde hernach richtig und ohne Anstand von dem Zahlamte ausbezahlt. Der Doktor aber verordnete ihr eine Mixtur. Und durch die gute Arznei und durch die gute Pflege, die sie sich jetzt verschaffe» konnte, stand sie in wenigen Tagen wieder 50 ans gesunden Beinen. Also hat der Doktor die kranke Frau kuriert und der Kaiser die Arnie. Nach Hebel. 202. Das Storchnest. Auf dem Strohdachs eines alten, ehrwürdigen Bauernhauses, das von frommen Bauersleuten bewohnt war, erblickte man stets in den ersten Tagen des Frühjahres ein schneeweißes Storchenpaar. Sie saßen dann da und klapperten, gleichsam als bewillkommneten sie 5 den alten lieben Ort, wo sie so manches Störchlein aufgezogen hatten. An einem schwülen Sommertage, als fast das ganze Dorf aus¬ gewandert war, um das Getreide zu mähen, und meist nur die wachsamen Hnnde um die ihnen anvertrauten Wohnungen schlichen: da erscholl auf einmal vom hohen Kirchturme herab der dumpfe Ton u> der Sturmglocke und das Feuerhoru verkündete durch seine kurzen Stöße den beschäftigten Landleuten die Gefahr. „Feuer! Feuer!" 117 ertönte es bald allerorten und in allen Gassen sah man gleich darauf die ängstlichen Dorfbewohner rennen. Ach, dasselbe Haus, um dessen Giebel schon so mancher Sturm getobt hatte, das man im frommen Aberglauben für bewahrt nnd beglückt hielt wegen der darauf u> nistenden Störche, um dessen Giebel wirbelt jetzt eine rote Flammen¬ fäule! Schon stürzen die Balken eiu und kaum rettet man das Eigen¬ tum der schwer getroffenen Bewohner. Auf einmal sieht man eine Störchin von der Wiese herüber¬ fliegen. Es ist die Mutter der Kleinen, die auch schon in ihrem Neste 20 von Feuersglut und Rauchwolken umgeben sind. Mehrere Male kreiset sie ängstlich um die Qualm- und Glutmassen. Endlich durchdringt sie dieselben und bald darauf erscheint sie, ein Junges im Schnabel, und legt dieses am Fuße eines Baumes unweit der rettenden Bauern nieder. Dann erhebt sie sich wieder, dringt von neuem in die immer 25 stärker werdende Glut und kommt abermals, ihr zweites Kindlein im Schnabel, mit versengten: Gefieder zurück. Rasch legt sie es zu dem zuerst Geretteten und unaufhaltsam bahnt sie sich zum dritten Male den Weg durch Rauch und Feuer, um auch die übrige Brut zu retten. — — Vergebens erwartet man sie zurück: sie hatte neben .in den beiden letzten ihrer Jungen den Tod in den Flammen gefunden. Eiu mitleidiger Bauer nahm sich der beiden geretteten Störchleiu an, fütterte sie auf nnd noch lange nachher sah man die beiden gezähmten Sumpfvögel auf dem Hofe des Landmannes zwischen dem Federvieh klappernd eiuherschreiten. :u> Schulze-Stein man n-Kiel, Kinderschatz. 203. Das Wasserhuhn. Eine Taube hatte ihr Nest auf einem hohen Baume gebaut und brütete daselbst ihre Eier aus. Sobald aber die Jungen flügge waren, kam immer ein Fuchs und drohte ihr, er werde hinaufkommen und sie niit den Jungen aufzehren, wenn sie ihm dieselben nicht gutwillig gebe. So brachte er sie immer dahin, daß sie ihre Jungen selbst 5 herabwarf, damit nur sie selbst sicher fein könnte. Einst saß sie auf ihrem Neste und brütete traurig auf ihren Eiern. Da kam ein Wasserhuhn, das im nahen Schilfe sein Nest hatte und sich von dem Samen der Wasserpflanzen und allerlei Gewürm — 1l8 — 10 nährte. Dieses fragte die Taube, warum sie so traurig wäre, da sie doch ihre Jungen bei sich habe. „Ach!" antwortete die Taube, „was können mich meine Jungen freuen? Sobald ich sie ausgebrütet habe, kommt ja immer der Fuchs und droht mir, bis ich sie hinabwerfe." 15 Da sprach das Wasserhuhn: „Kennst du den betrügerischen Fuchs noch nicht? Laß ihn nur drohen, so viel er will, und behalte deine Jungen. Denn er kann doch sicher nicht auf deinen hohen Baum zu deinem Neste. Laß dich mir nicht von ihm schrecken!" Das merkte sich die Taube, und als der Fuchs kani und ihr 20 wieder ihre Jungen abdrohen wollte, sagte sie ganz gelassen: „Ja, ja, wenn dn Lust hast, mich und meine Jungen zu fressen, so komm nur herauf!" Und so höhnte sie ihn lange. Endlich fragte er sie, wer ihr geraten habe, es so zu machen. Die Taube sagte es ihm und zeigte ihm auch die Wohnung des Wasserhuhns, das er gleich aufsuchte, 25 nm ein Gespräch mit ihm anzufangeu. „Ei," fragte er, „du bist hier ja dem Winde und dem Wetter ausgesetzt; wie machst du es denn, wenn der Wind geht?" „Wenn der Wind geht?" sagte das Wasserhuhn. „Ei, kommt er von der rechten Seite, so wende ich mein Haupt gegen die linke; .io kommt er von der linken, so wende ich es gegen die rechte Seite." „Das ist wohl gut," sagte der Fuchs, „aber wie machst du's, wenn es von allen Seiten her stürmt?" „O, auch dann hat's keine Not," antwortete das Wasserhuhn, „dann stecke ich meinen Kopf unter den Flügel." »5 Da hob der Fuchs an: „O, selig seid ihr Vögel vor allen andern Geschöpfen! Ihr flieget zwischen Himmel und Erde, und das so schnell, wie andere Geschöpfe unmöglich laufen können. Und dazu habt ihr noch die Gnade, daß ihr eure Häupter zur Zeit des Sturmes unter den Fittichen verbergen könnt. Das dünkt mich aber beinahe unmöglich. 4» Wie kannst du denn deinen Hals so Herumbeugen? Wie machst du das wohl? Zeige mir das doch einmal!" Das Wasserhuhn wollte es jetzt dem Fuchse zeigen uud steckte seinen Kopf unter den Flügel. Diesen Augenblick hatte der Fuchs erwartet. Er erhaschte jetzt den unvorsichtigen Vogel und verzehrte 45 ihn, indem er sagte: „Andern hast du raten können, dir selbst aber nicht." Grimm. 119 204. Das Niesenspielzeug. Im Elsaß aus der Burg Niedeck, die an einem hohen Berge bei einem Wasserfall liegt, waren die Ritter vorzeiten große Riesen. Einmal ging das Riesensräulein hinab ins Tal, wollte sehen, wie es da unten wäre, und kam fast bis nach Haslach aus eiu vor dem Walde gelegenes Ackerfeld, das gerade von den Bauern bestellt ward. 5 Es blieb vor Verwunderung stehen und schaute den Pflug, die Pferde und die Leute an, das ihr alles etwas Neues war. „Ei," sprach sie und ging herzu, „das nehm' ich mir mit." Da kniete sie zur Erde nieder, spreitete ihre Schürze aus, strich mit der Hand über das Feld, fing alles zusammen und tat's hinein. Nun lief sie ganz vergnügt nach Haus, ia den Felsen hinaufspriugend; wo der Berg so jäh ist, daß ein Mensch mühsam klettern muß, da tat sie einen Schritt und war droben. Der Ritter saß gerad am Tisch, als sie eintrat. „Ei, mein Kind," sprach er, „was bringst du da? Die Freude schaut dir ja aus den Augen heraus." Sie machte geschwind ihre Schürze aus und i-> ließ ihn hineiublicken. „Was hast du so Zappeliges darin?" — „Ei, Vater, gar zu artiges Spielding! So was Schönes hab' ich mein Lebtag noch nicht gehabt." Daraus nahm sie eines nach dem andern heraus und stellte es auf den Tisch: den Pflug und die Bauern mit ihren Pferden, lief herum, schaute es an, lachte und schlug vor Freude in 2» die Hände, wie sich das kleine Wesen darauf hin- und herbewegte. Der Vater aber sprach: „Kind, das ist kein Spielzeug, da hast du was Schönes augestiftet! Geh unr gleich und trag's wieder hinab ins Tal!" Das Fräulein weinte, es half aber nichts. „Mir ist der Bauer kein Spielzeug," sagte der Ritter ernsthastig, „ich leid's nicht, 25 daß du mir murrst: kram' alles sachte wieder ein und trag's an den nämlichen Platz, wo du's genommen hast. Baut der Bauer nicht sein Ackerfeld, so haben wir Riesen auf unserni Felsennest nichts zu leben. Brüder Grimm. 206. Das Niesenspielzeug. 1. Burg Niedeck ist im Elsaß der Sage wohlbekannt. Die Höhe, wo vorzeiten die Burg der Riesen stand; Sie selbst ist nun verfallen, die Stätte wüst und leer; Du fragest nach den Riesen, du findest sie nicht mehr. 120 2. Einst kam das Riesenfräulein aus jener Burg hervor, Erging sich sonder Wartung und spielend vor dem Tor Und stieg hinab den Abhang bis in das Tal hinein. Neugierig zu erkunden, wie's nuten möchte sein. 3. Mit wenigen raschen Schritten durchkreuzte sie den Wald, Erreichte gegen Haslach das Land der Menschen bald Und Städte dort und Dörfer und das bestellte Feld Erschienen ihren Augen gar eine fremde Welt. 4. Wie jetzt zu ihren Füßen sie spähend niederschaut, Bemerkt sie einen Bauer, der seinen Acker baut; Es kriecht das kleine Wesen einher so sonderbar, Es glitzert in der Sonne der Pflug so blank und klar. 8. „Ei, artig Spielding!" ruft sie, „das nehm'ich mit nach Haus." Sie knieet nieder, spreitet behend ihr Tüchlein aus Und feget niit den Händen, was da sich alles regt. Zu Haufen in das Tüchlein, das sie zusammenschlägt, 6. Und eilt mit freud'gen Sprüngen — man weiß, wie Kinder sind — Zur Burg hinau und suchet den Vater auf geschwind: „Ei, Vater, lieber Vater, ein Spielding wunderschön! So Allerliebstes sah ich noch nie auf unsern Höhn." 7. Der Alte saß am Tische und trank den kühlen Wein, Er schaut sie an behaglich, er fragt das Töchterlein: „Was Zappeliges bringst du in deinem Tuch herbei? Du hüpfest ja vor Freuden; laß sehen, was es sei!" 8. Sie spreitet aus das Tüchlein und fängt behutsam an, Den Bauer aufzustellen, den Pflug und das Gespann; Wie alles auf dem Tische sie zierlich anfgebam, So klatscht sie in die Hände und springt und jubelt laut. 9. Der Alte wird gar ernsthaft und wiegt sein Haupt und spricht: „Was hast du angerichtet? Das ist kein Spielzeug nicht! Wo du es hergenommen, da trag es wieder hin! Der Bauer ist kein Spielzeug; was kommt dir in den Sinn? 121 10. Sollst gleich und ohne Murren erfüllen mein Gebot; Denn wäre nicht der Bauer, so hättest dn kein Brot; Es sprießt der Stamm der Riesen ans Bauernmark hervor; Der Bauer ist kein Spielzeug, da sei uns Golt davor!" 11. Burg Niedeck ist im Elsaß der Sage wohlbekannt. Die Höhe, wo vorzeiten die Burg der Riesen stand; Sie selbst ist nun verfallen, die Stätte wüst und leer, Und fragst du nach den Riesen, du findest sie nicht mehr. CH amisso. 206. Oer treue Hund. Oben öiknete der l?Iörtner die OlüZel «los Ltadttores. Da, ersebien ein Oeisender aut einem blanben Lebiinmsl, vor ibm sprang munter ein bolUsobwar^er Oudel und bellte laut vor OnZeduld und Orl-nde. Oer Oeisende rvar ein X aut mann. Oa sein ilin oll dureb nnsiobere OeZenden Inbrte, 80 ptle^te er stets L ein Oaar Ante Oistolen am 8attel xu baben und seinen treuen Xpoil mit/.nnelimen. Oieser war ibm überdies dureb seine bnrx- rveiliAen 8prünA6 ein anKenebmer Oesellsebat'ter und er bätte lieber ein sebönss 8tüeb Oeld als «lies bluAS Oier verloren. Ond doeb sollte er selbst dureb einen unAlüoblioben Irrtnm der iv lilOrder desselben -werden. Nitten in einem Wolde, dnreb den die OandstraUe tÜbrte, tlnK der Ound plötriliob an /.n bellen und sab lortwäbrend r^n Feinem Herrn binanl. Oer Herr wandte das Olerd nm, aber er bemerbte niebts. Oer Ound Inbr kort /.n bellen, wart sieb 15 endlieb vor das Olerd, bellte lauter, lärmte immer- betti^er, so daü sein Herr aut den Oedanben bam, der arme ^.poll wäre toll geworden. Oer Oeitersmann moobte mit den Xenn^eioben der lOolllieit niebt wobl bebauet gewesen sein. In seiner ^.nZst Zritk er naeb einer l'istole und drüebte sie ab auf den Oimd. 2« -^poU stürmte nieder und sein Herr ritt trauriZ davon. Im näebsten Oorte, wo er anbislt, sein Oterd -:u füttern, l>emerl oinem Zrotisii Llntkisolr unck eins blntiZo 8pur äon -uirüolv. Lr toIZto ssnsv 8pnr nnä ckanä balä äon Nanbolsaolr rmck nobon ibm so — ckon stsrbsnäon ^.poll. Das unAlüolrliobo Ur orlrannks seinen Herrn, Irroeii ilrm entZeZen nnä stari). 8okuIrs-8tsiiLmann-LisI, Linäsrsekktr. 207. Die Nmeisen. Die Ameisen sind ein gar sinniges Tiervölklein. Ein berühmter Mann, namens Franklin, erzählt uns folgende wahre Tatsache, die er selbst beobachtet und ausgeschrieben hat. Er hatte von ungefähr ein irdenes Gefäß urit Sirup in einem 5 Schranke stehen. Eine Menge Ameisen waren hineingeschlichen und verzehrten diesen Sirup; denn sie lieben besonders Süßigkeiten. Sobald er dies wahrgenommen, schüttelte er sie heraus und band den Topf mit einen: dicken Faden an einen Nagel, den er mitten in die Decke des Zimmers schlng, so daß das Gefäß an der Schnur hernuterhing. w Zufällig war eine einzige Ameise darin zurückgeblieben. Diese fraß sich satt. Da sie aber weg wollte, befand sie sich in einer nicht geringen Verlegenheit. Sie lief lange unten am Boden des Gefäßes und fast überall herum, allein vergebens. Endlich fand sie doch nach vielen Versuchen den rechten Weg an dem Stricke hinauf bis an die Decke. 15 Nachdem sie diese erreicht hatte, lief sie längs derselben hin und so weiter die Wand hinunter bis auf den Boden. Kaum war eine halbe Stunde verstossen, so zog ein ganzer Schwarm Ameisen die Decke hinauf und gerade aus die Schnur zu. An dieser krochen sie weiter in das Geschirr und fingen wieder an zu fressen. 20 Dies setzten sie so lange fort, als noch etwas vom Sirup da war. Indes lief der eine Haufen am Stricke hinauf und der andere herunter und dies währte den ganzen Tag. Wunderbar allerdings und doch wahr! Oken. 123 208. Ein Abscheulicher Mensch unter ehrlichen Leuten. Ein gewisser Prinz ging einmal auf eine Galeere, um die Elenden zu sehen, die daselbst wegen ihrer bösen Taten an Ketten gelegt waren. Es jammerte ihn, daß er so viele Menschen erblickte, die nur halb mit elenden Lumpen bekleidet waren und Tag und Nacht schwere Ruder führen mußten. Er nahm sich also vor, wenigstens s einem davon die Freiheit zu schenken. Damit er aber doch auch erführe, wer unter diesen vielen Schurken noch der ehrlichste sei und die Freiheit am ersten verdiene, so fragte er einen nach dem andern, warum mau ihn denn hieher gebracht hätte. u> Da ging es an ein Lamentieren und Wehklagen. Jeder sagte, er sei ein ehrlicher, unschuldiger Mensch, sei aber durch böse Leute bei der Obrigkeit verleumdet worden, die ihn auf eine höchst ungerechte Art hieher hätte bringen lassen. Und jeder bat, der Prinz möchte sich doch seiner erbarmen und ihm die Freiheit schenken. is Endlich kam der Prinz anch zu einem jungen, zerlumpten Menschen nud fragte ihn: „Was hast dn denn getan, daß man dich hieher gebracht hat?" „Gnädiger Herr!" antwortete er, „ich bin ein abscheulich gott¬ loser Mensch. Ich habe meinem Vater nicht gehorchen wollen, bin 20 ihm davongelaufen, habe ein schlechtes Leben geführt, habe gestohlen und die Leute betrogen; ich müßte ein paar Stunden haben, wenn ich alle bösen Streiche erzählen wollte, die ich mein Leben lang begangen habe. Gern will ich meine Strafe leiden, denn ich weiß, daß ich sie verdient habe." .. 2s Da lächelte der Prinz und sagte: „Wie kommt denn so ein abscheulicher Mensch unter diese ehrlichen Lente? Geschwind, macht ihm die Ketten los und jagt ihn fort, daß er nicht etwa diese ehrlichen Leute auch anstecke!" Sogleich wurde ihm die Kette abgenommen und er in Freiheit .20 gesetzt. Vermutlich wird er sich von dieser Zeit an gebessert haben. Denn auch bei einem Bösewicht ist noch Hoffnung auf Besserung da, wenn er seine Vergehungen bereut und nicht leugnet. Salzmann. — 124 — 209. Die Nnkr. Ein armer Holzhauer sollte Weiden fällen, die dicht am Rande eines tiefen Flusses standen. Gleich beim ersten Baume tat er einen Fehlhieb, die Axt glitt vom Stiele und fiel ins Wasser. „Ich unglück¬ licher Mann," rief er aus, „womit soll ich uun für meine hungrigen 5 Kinder Brot verdienen!" und weinte bitterlich; denn wiedersuchen konnte er sie nicht, so tief und reißend war der Strom. Als er noch so stand und init Tränen in den Augen auf die Stelle sah, wo seine Axt nntergegaugen war: da rauschte plötzlich das Wasser, ein Greis mit langem, weißem Barte nnd himmelblauen Augen kam bis an die io Brust empor und fragte mitleidig: „Was weinst du? Ich habe deinen Jammer gehört, rede!" „Meine Axt," stammelte der Holzhauer, „meine Axt! meine armen Kinder! womit soll ich nun Brot schaffen!" und wies aufs Wasser und war sehr erschrocken. „Hier unten?" fragte der Wasserniann, „sei ruhig, die wird sich finden." Er tauchte 15 unter und hob eine glänzende silberne Axt aus deni Wasser empor. „Ist das deine?" fragte er. „Ach nein!" jammerte der Holzhauer, „das ist nicht die rechte." Da tauchte schnell der Greis zum zweiten Male unter und langsam schob er eine goldene Axt aus dem Wasser, die blitzte im Sonnenschein wie ein Spiegel. „Das ist wohl die 2« rechte?" „Nein, ach nein!" schluchzte der Holzhauer. Da tauchte der Greis zum dritten Male unter und hob die eiserne Axt empor. Als die der arme Mann sah, rief er voll Freude: „Das ist meine, das ist die rechte!" Da sprach der Greis: „Weil du so ehrlich bist trotz deiner Armut, so sollst du alle drei haben," nnd warf ihm die 25 eiserne samt der silbernen und goldenen ans Ufer und verschwand. Hoch erfreut rannte der Holzhauer nach Haus und erzählte, wie es ihm ergangen sei; von seiner Ehrlichkeit aber sagte er kein Wort. Da lief in aller Eile ein anderer Holzhauer an den Fluß, warf mit Willen seine Axt hinein nnd jammerte und wehklagte laut so um dieselbe. Der Greis brachte sogleich eine goldene hervor und fragte: „Ist das deine?" „Ach ja!" rief er vergnügt und wollte schon danach greisen, als Axt und Wassermann im Nu verschwand. Er weinte nun alles Ernstes und wäre gern zufrieden gewesen, wenn ihm der Greis nur die rechte wieder gebracht hätte; aber es war zu 35 spät. Das hatte er von seiner Unredlichkeit. Schulze-Steinmann-Kiel, Kinderschatz. 126 ins Wasser kam, und gab den Geist auf. Die Bohne, die vorsichtiger¬ weise noch aus dem Ufer zurückgeblieben war, mußte über die Geschichte lachen, konnte nicht aushören und lachte so gewaltig, daß sie zerplatzte. Nun war es ebenfalls um sie geschehen, wenn nicht zu gutem Glück 4o ein Schneider, der auf der Wanderschaft war, sich an dem Bache ausgeruht hätte. Weil er ein mitleidiges Herz hatte, so holte er Nadel und Zwirn heraus und nähte sie zusammen. Die Bohne bedankte sich bei ihm aufs schönste; aber da er schwarzen Zwirn gebraucht hatte, so haben seit der Zeit alle Bohnen eine schwarze Naht. Brüder Grimm. 211. Das arme Vöglein. 1. Ein Vogel ruft im Walde, Ich weiß es wohl, wonach: Er will ein Häuschen haben. Ein grünes, laubig Dach. 2. Er rufet alle Tage Und flattert hin und her Und in dem ganzen Walde Hört keiner sein Begehr. 3. Und endlich hört's der Frühling, Der Freund der ganzen Welt, Der gibt dem armen Vöglein Ein schattig Laubgezelt. 4. Wer singt im hohen Baume So froh vom grünen Ast? Das tut das arme Vöglein Aus seinem Laubpalast. 5. Es singet Dank dem Frühling Für das, was er beschied. Und singt, solang es weilet. Ihm jeden Tag ein Lied. Hofsmann von Fallersleben. 128 nncö S6M6 Kearenkeu VOK KUN. am r-r t)steKN6rc^. ->§0 rst /üucko// von HabsbuKA amcH c/en KaMMuateK u/rsenss /^arssn- Hauses AervoK^e-r. tVao/r 213. Maria Theresia in der Milikär-Ersiehungsanstalk in LViener-Neustadk. Die Kaiserin Maria Theresia besuchte einst die von ihr gegründete Militärschnle in Wiener-Neustadt, in welcher noch heute Offiziere heraugebildet werden. Sie fragte bei dieser Gelegenheit den Vorsteher, mit welchem i> von den Zöglingen er am besten zufrieden sei. „Eure Majestät," antwortete dieser, „ich kann über keinen Klage führen; jeder beträgt sich so, daß man gute Erwartungen haben kann. Doch sollte ich einen vorzugsweise nennen, so muß ich sagen, daß Vukasovic, der Sohn eines alten Offiziers aus w Dalmatien, der bravste ist." Dieses bezeugten auch die anwesenden Lehrer und der Fechtmeister erklärte noch besonders, daß dieser Kadett im Fechten seinen Mann suche. „Bravo, junger Dalmatiner!" rief die Monarchin; „aber ich möchte ihn fechten sehen; nehm' Er einmal das Rapier!" is So bescheiden und schüchtern der junge Vukasovic vorher vor der Monarchin gestanden war, so feurig trat er mit dem Rapier hervor, als wenn ihn auf einmal ein kriegerischer Geist belebte. Er nahm eine feste Stellung, machte mit mehreren der Geübtesten einige Gänge und trug über alle den Sieg davon. Bescheiden trat er 20 wieder in seine Reihe zurück und fühlte sich glücklich, in Gegenwart der allgeliebten Monarchin eine Probe seiner Geschicklichkeit abgelegt und sich dadurch empfohlen zu haben. Die Kaiserin lächelte ihm Beifall zu und schenkte ihm zwölf Dukaten. Nach einigen Tagen kam die erhabene Frau wieder in das 25 Kadettenhaus und fragte gleich nach dem jungen Vukasovic. Dieser wurde gerufen; er erschien zitternd, mit zur Erde gesenktem Blicke und sehr verlegen. Lächelnd fragte ihn die herzensgute Kaiserin: „Warum so bestürzt, wackerer Fechter? Befürchtet Er vielleicht, daß ich Rechnung .-.o über die Dukaten fordere? Wie hat Er die Dukaten verwendet?" 129 Vukasovic wurde verlegener und blieb schweigsam. „Spreche Er die Wahrheit!" sagte die Kaiserin etwas ernster; „wo hat Er das Geld?" „Eure Majestät!" antwortete der Knabe nut bebender Stimme, „ich — ich habe es — meinem Vater geschickt." Eine Träne trat 35 ihm ins Auge. „Wer ist denn Sein Vater?" „Mein Vater war Leutnant in Eurer Majestät Diensten; er ist verabschiedet und lebt nun sehr kümmerlich in Dalmatien. Ich glaubte, von Eurer Majestät Gnade keinen bessern Gebrauch 4« machen zu können, als wenn ich meinen armen, alten Vater unterstützte." „Braver Junge!" versetzte die gute Monarchin, indem sie ihm auf die Schulter klopfte; „nehm' Er Tinte, Feder und Papier und schreib' Er!" 4z Der Kadett gehorchte und die Kaiserin diktierte ihm folgenden Brief: „Lieber Vater! Den Brief, den ich Ihnen hier schreibe, diktiert mir die Kaiserin. Meine Aufführung, mein Fleiß und besonders die so kindliche Liebe zu meinem guten Vater haben der Kaiserin so wohl gefallen, daß Sie von dieser Stunde an eine jährliche Pension von zweihundert Gulden bekommen werden und daß ich soeben wieder ein Geschenk von vierundzwanzig Dukaten erhalten habe." 5z Der Kadett fiel der guten Fürstin zu Füßen. Tränen der Rührung und des Dankes glänzten in seinen Augen; er versprach, durch Fleiß und Eifer sich dieser Gnade würdig zu machen und sich so auszubilden, daß er einst der Monarchin und dem Vaterlande wichtige Dienste leisten könne. so Der Kadett hat Wort gehalten. Vukasovic trat als Offizier zum Regimente und zeichnete sich durch Kenntnisse, Diensteifer und Tapferkeit so sehr aus, daß er von Stufe zu Stufe bis zum Feldmarschall-Leutnant stieg. Nach Petiscus. Aus Kummer-Branky-Hofbauers Lesebuch. Leseb. f. stow.-Utraquist. Mittelsch. l. u 2. Kl. (U) 9 130 214. Der Frühling. Der schöne Frühling ist wiedergekommen. Nun scheint die Helle Sonne wärmer und die Bäume des Waldes werden grün. Wohin ich blicke, sehe ich bunte Blumen. Die Vögel im Walde singen ihr munteres Lied und bauen künstliche Nester. Der Landmann besäet 5 wieder den Acker. In dieser schönsten Zeit des Jahres spielen wir Kinder gar gern draußen im Schatten der Bäume oder auf blumigen Wiesen. Wir brauchen dann nicht mehr Handschuhe von Pelz, wie wir sie im Winter hatten; denn die liebe Sonne scheint warm genug. O, wie io schön ist der Frühling! Wir wollen unserm Vater im Himmel danken, der ihn zur Freude der Menschen geschaffen hat. Kellner. 218. Der Frühling. Es war Frühling geworden; die Sonne hatte den Schnee von den Bergen weggeschienen, die grünen Grasspitzen kamen aus den welken Halmen hervor, die .Knospen der Bäume bracheu aus und ließen schon die jungen Blättchen durchscheineu; da wachte das 5 Bienchen aus seinem tiefen Schlafe auf, worin es den ganzen Winter gelegen hatte. Es rieb sich die Augen und weckte seine Kameraden nndUie öffneten die Tür und sahen, ob das Eis und der Schnee und der Nordwind fortgegangen wären. Und siehe, es war überall Heller und warmer Sonnenschein. Da schlüpften sie heraus aus dem w Bienenkorb, putzten ihre Flügel ab und probierten wieder zu fliegen. Sie kamen zum Apfelbaum und fragten: „Hast du nichts für die hungrigen Bienchen? Wir haben den ganzen Winter nichts gegessen." Der Apselbaum sagte: „Nein, ihr komnit zu früh zu mir; meiue Blüten stecken noch in der Knospe und sonst habe ich nichts. Geht 15 hin zur Kirsche!" Da flogen sie zu deni Kirschbaum und sagten: „Lieber Kirschbaum, hast du keine Blüten für uns hungrige Bienen?" Der Kirschbaum antwortete: „Kommt morgen wieder, heute sind meine Blüten noch alle geschloffen. Wenn sie offen sind, sollt ihr willkommen sein!" Da flogen sie zu der Tulpe, die hatte zwar eine große, farbige es Blume, aber es war weder Wohlgeruch noch Süßigkeit darin, die Bienchen konnten keinen Honig darin finden. Da wollten sie schon 181 wieder traurig und hungrig nach Hause zurückgehen, als sie ein dunkelblaues Blümchen an der Hecke stehen sahen. Es war das Veilchen; das wartete ganz bescheiden, bis die Bienchen kamen, dann aber öffnete es ihnen seinen Kelch; der war voll Wohlgeruch und ss voll Süßigkeit und die Bienchen sättigten sich und brachten noch Honig mit nach Hause. Curtman. 216. Frühlingsbotschsft. 1. „Kuckuck! Kuckuck!" ruft's aus dem Wald. Lasset uns singen, Tanzen und springen, Frühling, Frühling wird es nun bald! 2. Kuckuck, Kuckuck läßt nicht sein Schrei'n: „Komm in die Felder, Wiesen und Wälder, Frühling, Frühling, stelle dich ein!" 3. Kuckuck, Kuckuck, trefflicher Held! Was du gesungen. Ist dir gelungen: Winter, Winter räumet das Feld. Hoffmann v. Fallersleben. 217. Leutseligkeit des Erzherzogs Franz Karl. Es war am 18. August des Jahres 1830, als in Wien plötzlich Kanonenschüsse gehört wurden. Sie verkündeten den Bewohnern der Hauptstadt, daß dem Erzherzog Franz Karl in Schönbrunn ein Sohn geboren worden sei. Es war dies unser geliebter Kaiser Franz Joses. 5 Alsbald entstand eine freudige Bewegung unter der Bevölkerung Wiens. Aus allen Häusern eilten die Leute auf die Straße, um ihrer Freude Ausdruck zu geben. Insbesondere in der Nähe der kaiserlichen Burg wogte das Volk auf und nieder. Auch die Schuljugend fehlte bei diesem freudigen Anlasse nicht. Sie hatte kurz vorher die Schule w verlassen und wußte bald, was die Kanonenschüsse bedeuteten. 9* 132 Noch umstanden Tausende von Kindern und Erwachsenen die Hofburg, als plötzlich ein Hofwagen sichtbar wurde. Darin saß der glückliche Vater, Erzherzog Franz Karl. Er war in der Burg gewesen, 15 um seinem Vater, dem Kaiser Franz, persönlich von dem srohen Ereignisse Kunde zu geben. Kaum war der Wagen sichtbar, als die Wiener ihn umringten. Durch lauten Zurus gaben sie ihre Freude zn erkennen, und nach allen Seiten sreundlich dankend, fuhr der Erzherzog durch die wogende Menschenmenge. Die Erwachsenen wichen ehrfurchts- 20 voll zurück; doch die Schuljugend lies rechts und links neben dem Wagen einher und mit hochgeschwuugeneu Mützen gab auch sie ihrer Freude Ausdruck. Dies rührte den Erzherzog aufs tiefste. In seiner gewohnten, gewinnenden Weise erwiderte er die Zurufe der Kinder. Da viele unter ihnen von ihrer Begleitung nicht abstanden, fürchtete 25 er, sie könnten an ihrer Gesundheit Schaden nehmen. Er rief daher dem Kutscher zu: „Fahr doch nicht so schnell, sonst lausen sich die armen Kinder noch die Lnngensucht an den Hals!" So fuhr er eine weite Strecke langsamen Schrittes durch die Gassen, umgeben von einer Schar jubelnder Kinder. Es war ein so herzerhebender Anblick, der den beteiligten Kindern lebenslang im Gedächtnisse blieb. Auch die Erwachsenen, welche das seltene Schauspiel von ferne beobachtet hatten, waren voll des Lobes über die Milde und Menschenfreundlichkeit, die der Vater unseres geliebten Kaisers dadurch neuerdings bewiesen hatte. Kummer-Branky-Hofbauer, Lesebuch. 218. Der Nbend. Es wird Abend; die Sonne sinkt an den Rand des Himmels; die Wolken in ihrer Nähe färben sich rot. Die Hitze hat aufgehört, es weht ein kühles Lüftchen, über dem Wasser erhebt sich Nebel, das Gras wird von dem Tau befeuchtet. In der Luft spielen Mücken in 5 zahllosen Schwärmen, die Vögel in den Büschen singen ihr letztes Lied, die Bienen kehren zu ihren Stöcken zurück und alle schicken sich an zu schlafen. Desto munterer quaken die Frösche in den Pfützen, die Maikäfer schwirren, Fledermäuse flattern umher und Glühwürmchen leuchten in der Dämmerung. Die Arbeiter sind vom Felde zurück- iv gekehrt und die Viehherden von der Weide. Alles ist müde und sehnt 133 sich nach Ruhe. Aber Menschen und Tiere sind auch hungrig und warten auf ihr Abendbrot. Die rauchenden Schornsteine und die heim¬ kehrenden Wagen mit Futter zeigen, daß dafür gesorgt wird. Bald werden alle satt sein und sich dem Schlafe überlassen. Curtman. 9. Freiherr von Münchhausen erzählt einige Abenteuer. I. Auf meiner Reise nach Rußland ritt ich einst im tiefen Winter, bis mich Nacht und Dunkelheit überfielen. Nirgends war ein Dorf zu hören noch zu sehen. Das ganze Land lag unter Schnee und ich wußte weder Weg noch Steg. Des Reitens müde, stieg ich endlich ab und band mein Pferd s an eine Art von spitzigem Baumstumpf, der über den Schnee hervor¬ ragte. Zur Sicherheit nahm ich meine Pistolen unter den Arm, legte mich nicht weit davon in den Schnee nieder und tat ein so gesundes Schläfchen, daß mir die Augen nicht eher wieder aufgingen, als bis es Heller, lichter Tag war. Wie groß war aber mein Erstaunen, als i« ich fand, daß ich mitten in einem Dorfe auf einem Kirchhofe lag! Mein Pferd war anfänglich nirgends zu sehen; doch hörte ich's bald darauf irgendwo über mir wiehern. Als ich nun emporsah, so wurde ich gewahr, daß es an den Wetterhahn des Kirchturms gebunden war. Das Dorf war nämlich die Nacht über ganz zugeschneit gewesen; das is Wetter hatte sich auf einmal umgesetzt; ich war im Schlaf nach und nach, sowie der Schnee zusammengeschmolzen war, ganz sanft herab¬ gesunken; und was ich in der Dunkelheit für den Stumpf eines Bäumchens, der über den Schnee hervorragte, gehalten und daran mein Pferd gebunden hatte, das war das Kreuz oder der Wetterhahn e» des Kirchturmes gewesen. Ohne mich nun lange zu bedenken, nahm ich eine von meinen Pistolen, schoß nach dem Halfter, kam glücklich auf diese Art wieder zu meinem Pferde und verfolgte meine Reise. II. Als ich Rußland wieder verließ, herrschte über ganz Europa ein außerordentlich strenger Winter. Ich reiste mit der Post. Als sich's nun fügte, daß wir an einen engen, hohlen Weg zwischen hohen 134 Dornhecken kamen, so erinnerte ich den Postillon, mit seinem Horn 5 ein Zeichen zu geben, damit wir in diesem engen Passe nicht etwa gegen ein anderes, entgegenkommendes Fuhrwerk festfahren möchten. Er fetzte an und blies aus Leibeskräften in das Horn; aber alle seine Bemühungen waren umsonst, nicht ein einziger Ton kam heraus, was uns ganz unerklärlich schien. Bald stieß zu unserm Unglück eine 10 andere, uns entgegenkommende Kutsche auf uns, vor welcher nun schlechterdings nicht vorbeizukommen war. Da sprang ich aus meinem Wagen und spannte zuerst die Pferde aus. Hierauf nahm ich den Wagen samt den vier Rädern und allen Packereien auf meine Schultern und sprang damit über Erdwand und Hecke, ungefähr neun is Fuß hoch, auf das Feld hinüber. In Rücksicht ans die Schwere der Kutsche war dies eben keine Kleinigkeit. Durch einen andern Rück¬ sprung gelangte ich, nachdem die frenide Kutsche vorüber war, wieder in den Weg. Darauf eilte ich zurück zu unseren Pferden, nahm unter jeden Arm eins und holte sie auf die vorige Art, nämlich durch einen 20 zweimaligen Sprung hinüber und herüber, gleichfalls herbei, ließ wieder anspannen und gelangte glücklich zur Herberge. — Nun hört, ihr Herren, was geschah! Auf einmal gings: Tereng! tereng! teng! teng! Wir machten große Augen und fanden nun auf einmal die Ursache, warum der Postillon sein Horn nicht hatte blasen können. 25 Die Töne waren in dem Horn festgefroren und kamen nun, sowie sie nach und nach auftauten, hell und klar zu nicht geringer Ehre des Fuhrmanns heraus; denn die ehrliche Haut unterhielt nns nnn eine ziemliche Zeit lang nut den herrlichsten Melodien, ohne den Mund au das Horn zu bringen. Mit dem Abeudliede: „Nun ruhen alle so Wälder" endigte dieser Tauspaß. III. Ein andersmal stieß mir in einem ansehnlichen Walde von Rußland ein wunderschöner schwarzer Fuchs auf. Es wäre jammer¬ schade gewesen, seinen kostbaren Pelz mit einem Kugel- oder Schrot- schusfe zu durchlöchern. Herr Reineke stand dicht bei einem Baume. 5 Augenblicklich zog ich meine Kugel aus dem Laufe, lud dafür eiueu tüchtigen Brettnagel in mein Gewehr, feuerte und traf so künstlich, daß ich seinen Schwanz fest an den Baum nagelte. Nun ging ich ruhig zu ihm, nahm mein Weidmesser, gab ihm einen Kreuzschnitt 135 übers Gesicht, griff nach einer Peitsche nnd karbatschte ihn so artig aus seinem schönen Pelze heraus, daß es eine wahre Lust und ein w rechtes Wunder zu sehen war. IV. So leicht und fertig ich im Springen war, so war es auch mein Pferd. Weder Gräben noch Zäune hielten mich jemals ab, überall den geradesten Weg zu reiten. Einst setzte ich darauf hinter einem Hasen her, der querfeldein über die Heerstraße lief. Eine Kutsche mit zwei schönen Damen fuhr diesen Weg gerade zwischen mir nnd dem 5 Hasen vorbei. Mein Gaul setzte so schnell und ohne Anstoß mitten durch die offenen Fenster der Kutsche hindurch, daß ich kaum Zeit hatte, meinen Hut abzuzieheu und die Damen wegen dieser Freiheit nntertänigst um Verzeihung zu bitten. V. Wir belagerten, ich weiß nicht mehr welche Stadt, und dem Feldmarschall war ganz erstaunlich viel an genauer Kundschaft gelegen, wie die Sachen in der Festung stünden. Es schien äußerst schwer, ja fast unmöglich, durch alle Vorposten, Wachen und Festungswerke hineinzugelangen; auch war eben kein tüchtiges Subjekt vorhanden, 5 wodurch man so etwas hätte glücklich ausrichten können. Vor Mut und Diensteifer fast ein wenig allzu rasch, stellte ich mich neben eine der größten Kanonen, die soeben nach der Festung abgefeuert ward, sprang im Hui auf die Kugel in der Absicht, mich in die Festung hineintragen zu lassen. Als ich aber Halbwegs durch die Luft io geritten war, stiegen mir allerlei nicht unerhebliche Bedenklichkeiten zu Kopfe. „Hm!" dachte ich, „hinein kommst du nun wohl, allein wie hernach wieder heraus? Und wie kann's dir in der Festung ergehen? Man wird dich sogleich als Spion erkennen und an den nächsten Galgen hängen." Nach diesen und ähnlichen Betrachtungen entschloß ich mich kurz, nahm die glückliche Gelegenheit wahr, als eine Kanonenkugel aus der Festung einige Schritte weit von mir vorüber nach unserm Lager flog, sprang von der meinigen auf diese hinüber nnd kam, zwar unverrichteter Sache, jedoch wohlbehalten bei den lieben Unserigen r» wieder an. Nach Bürger. 136 220. Der kluge Richter. Ein reicher Mann im Morgenlande hatte eine beträchtliche Geldsumme, welche in ein Tuch eiugenäht war, aus Unvorsichtigkeit verloren. Er machte seinen Verlust bekannt und bot, wie man zu tun pflegt, dem ehrlichen Finder eine Belohnung, und zwar von ü hundert Gulden an. Da kam bald ein guter und ehrlicher Mann dahergegangen. „Dein Geld habe ich gefunden. Dies wird's wohl sein. Also nimm dein Eigentum zurück!" So sprach er mit dem heitern Blick eines ehrlichen Mannes und eines guten Gewissens und das war schön. Der andere machte auch ein fröhliches Gesicht, aber io nur weil er sein verlorenes Geld wieder hatte. Denn wie es um seine Ehrlichkeit aussah, das wird sich bald zeigen. Er zählte das Geld und dachte unterdessen geschwind nach, wie er den treuen Finder um die versprochene Belohnung bringen könnte. „Guter Freund," sprach er hierauf, „es waren eigentlich achthundert Gulden in dem i5 Tuch eingenäht, ich finde aber nur noch siebenhundert Gulden. Ihr werdet also wohl eine Naht aufgetrennt und Eure hundert Gulden Belohnung schon Herausgenomnien haben. Da habt Ihr wohl daran getan. Ich danke Euch." Das war nicht schön. Aber wir sind auch noch nicht zu Ende. Ehrlich währt am längsten und Unrecht schlägt so seinen eigenen Herrn. Der ehrliche Finder, dem es weniger um die hundert Gulden als nm seine unbescholtene Rechtschaffenheit zu tun war, versicherte, daß er das Päcklein so gefunden habe, wie er es bringe, und es so bringe, wie er es gefunden habe. Am Ende kamen sie vor den 25 Richter. Beide bestanden auch hier noch auf ihrer Behauptung: der eine, daß achthundert Gulden seien eiugenäht gewesen, der andere, daß er von deni Gefundenen nichts genommen und das Päcklein nicht versehrt habe. Da war guter Rat teuer. Aber der kluge Richter, der die so Ehrlichkeit des einen und die schlechte Gesinnung des andern im voraus zu kennen schien, griff die Sache so an: er ließ sich von beiden über das, was sie anssagten, eine feste und feierliche Versicherung geben und tat hierauf folgenden Ausspruch: „Demnach, wenn der eine von euch achthundert Gulden verloren, der andere aber nnr ein 35 Päcklein mit siebenhundert Gulden gefunden hat, so kann auch das 137 Geld des letzter« nicht das nämliche sein, woraus der erstere ein Recht hat. Du, ehrlicher Freund, nimmst also das Geld, welches du gefunden hast, wieder zurück und behältst es in guter Verwahrung, bis der kommt, welcher nur siebenhundert Gulden verloren hat. Und dir da weiß ich keinen Rat, als du geduldest dich, bis derjenige sich meldet, w der deine achthundert Gulden findet? So sprach der Richter und dabei blieb es. Hebel. 221. Die drei Vriider. Es war ein Mann, der hatte drei Söhne und weiter nichts im Vermögen als das Haus, worin er wohnte. Nun hätte jeder der Söhne gern nach dem Tode des Vaters das Hans gehabt; dem Vater war aber einer so lieb wie der andere. Da wußte er gar nicht, wie er's aufangen sollte, daß er keinem zu nahe trete. Verkaufen wollte s er das Haus auch nicht, weil's von seinen Voreltern war, sonst hätte er das Geld unter sie geteilt. Da fiel ihm endlich ein Rat ein und er sprach zu seinen Söhnen: „Geht in die Welt und versucht euch und jeder lerne ein Handwerk! Wenn ihr dann wiederkommt, soll derjenige das Haus haben, der das beste Meisterstück macht." u> Die Söhne waren damit zufrieden und der älteste wollte ein Hufschmied, der zweite ein Barbier, der dritte aber ein Fechtmeister werden. Hierauf bestimmten sie eine Zeit, wann sie wieder daheim zusammenkommen wollten, und zogen fort. Es traf sich auch, daß jeder einen tüchtigen Meister fand, wo w er was Rechtschaffenes lernte. Der Schmied mußte des Königs Pferde beschlagen und dachte: „Nun kann dir's nicht fehlen, du bekommst das Haus." Der Barbier rasierte lauter vornehme Herren und meinte auch, das Haus wäre schon sein. Der Fechtmeister bekam manchen Hieb, biß aber die Zähne zusammen und ließ sich's nicht verdrießen, denn 20 er dachte bei sich: „Fürchtest du dich vor einem Hiebe, so kriegst du das Haus nimmermehr." Als nun die gesetzte Zeit um war, kamen sie bei ihrem Vater wieder zusammen; sie wußte» aber uicht, wie sie die beste Gelegen¬ heit finden sollten, ihre Kunst zu zeigen, saßen beisammen und rat- 25 Wagten. Wie sie so saßen, kam auf einmal ein Hase übers Feld dahergelaufen. „Ei," sagte der Barbier, „der kommt wie gerufen," 138 nahm Becken und Seife, schäumte, bis der Hase in die Nähe kam, dann seifte er ihn im vollen Laufe ein und rasierte ihm auch im 3v vollen Laufe fein Stutzbärtchen und dabei schnitt er ihn nicht und tat ihm an keinem Haare weh. „Das gefällt mir," sagte der Vater, „wenn sich die anderen nicht gewaltig anstrengen, so ist das Haus dein." Es währte nicht lange, so kam ein Herr in einem Wagen dahergefahren in vollem Jagen. „Nun sollt Ihr sehen, Vater, was s» ich kann!" sprach der Hufschmied, sprang dem Wagen nach, riß dem Pferde, das in einem fort jagte, die vier Hufeisen ab und schlug ihm auch im Jagen vier neue wieder an. „Du bist ein ganzer Kerl," sprach der Vater, „du machst deine Sache so gut wie dein Bruder; ich weiß nicht, wem ich das Haus geben soll." Da sprach der dritte: 4« „Vater, laßt auch mich einmal meine Kunst zeigen!" und weil es anfing zu regnen, zog er seinen Degen und schwenkte ihn in Kreuz¬ hieben über seinem Kopfe, daß kein Tropfen auf ihn fiel; und als der Regen stärker ward und endlich so stark, als ob man mit Kannen vom Himmel gösse, schwang er den Degen immer schneller und blieb 45 so trocken, als säße er unter Dach und Fach. Wie der Vater das sah, erstaunte er und sprach: „Du hast das beste Meisterstück gemacht, das Haus ist dein." Die beiden anderen Brüder waren damit zufrieden, wie sie vorher gelobt hatten. Weil sie einander so lieb hatten, blieben sie alle 5» drei zusammen im Hause und trieben ihr Handwerk; und da sie so gut ausgelerut hatten und so geschickt waren, verdienten sie viel Geld. So lebten sie vergnügt bis in ihr Alter zusammen. Nach den Brüdern Grimm. 222. Schühenlied. 1. Mit dem Pfeil, dem Bogen Durch Gebirg und Tal Kommt der Schütz gezogen Früh im Morgenstrahl. 2. Wie im Reich der Lüste König ist der Weih, Durch Gebirg und Klüfte Herrscht der Schütze frei. 3. Ihm gehört das Weite; Was sein Pfeil erreicht, Das ist seine Beute, Was da fleugt und kreucht. Schiller. 141 Wie sehr freute sie sich, als sie ihre Freundin kommen sah! s Nachdem sie dieselbe begrüßt hatte, schleppte die kleine Feldmaus das Beste, was sie nur hatte, herbei, um den vornehmen Besuch zu bewirten. Da gab es ein kleines Stückchen von einer saftigen Rübe, einige Körnchen Hafer, ja jetzt brachte sie gar ein paar Krümchen vertrocknetes Schwarzbrot, die der Bauer am Morgen von seinem w Frühstücke hatte liegen lassen. Das war schon ein feines Mahl für das Feldmäuschen. Aber die Stadtmaus schnüffelte verächtlich daran herum. Nur von dem Brote aß sie ein klein wenig; das übrige ließ sie alles stehen. „Warum issest du denn nicht?" fragte die Feldmaus. „Die w Gerichte schmecken mir nicht," antwortete die Stadtmaus; „komm morgen zu mir in die Stadt; da will ich dir bessere Speisen vorsetzen!" Den andern Tag kam dann richtig die Feldmaus iu die Stadt. Ja, da sah es freilich anders aus als bei ihr auf dem Kleeacker! Im Speisegewölbe, wo die Stadtmaus ihr Loch hatte, standen große 20 Schüsseln mit herrlicher süßer Milch. Daneben lag schöner weißer Zucker und am Haken hing eine große dicke Wurst. „Das muß ein herrliches Leben hier sein," sagte die Feldmaus und lief zu dem Zucker hin, um ihn zu kosten. „Halt!" rief ihre Freundin, „rühre den Zucker nicht an, das ist ss Gift! Das haben die Menschen bloß hieher gestellt, damit wir davon fressen und dann sterben." Erschrocken sprang die Feldmaus in einen andern Winkel. Da hing an einem kleinen Häkchen ein Stück gebratener Speck, der roch sehr einladend. M „Halt!" rief wieder die Stadtmaus, „komm dem Speck nicht zu nahe, das ist eine Falle! Wenn mau nur ein klein bißchen daran trifft, fällt sie zu und schlägt uns mausetot." „Das ist ja entsetzlich," sagte das branne Mäuschen; „sind denn alle diese schönen Gerichte Gift und Fallen?" »5 „Bewahre," tröstete die Stadtmaus; „komm, wir wollen von dieser süßen Milch trinken, die ist nicht vergiftet." Kaum hatten die Mäuschen den Rand der glatten Schüssel mit Mühe erklettert und den ersten Tropfen Milch geleckt, so flog die Tür des Gewölbes aus und die Köchin kam herein, einen großen w Besen in der Hand. 142 „Sind denn die gefräßigen Mäuse schon wieder da?" ries sie und schlug mit dem Besen nach ihnen. Die Stadtmaus huschte schnell in ihr Loch, aber die arme Feldmaus wußte nicht wohin und rannte 45 im ganzen Gewölbe herum, die Köchin mit dem Besen hinterdrein. Endlich fand sie einen Winkel hinter dem großen Ölfaß, da drückte sie sich hinein und konnte vor Angst kaum atmen. „Wartet nur, dem Ding soll ein Ende gemacht werden," rief die Köchin und warf die Tür hinter sich zu. 5« Jetzt kroch die Stadtmaus behutsam aus ihrem Loche und sagte zu ihrem Gaste: „Komm, nun wollen wir aber eine gute Mahlzeit halten, denn die Köchin kommt nun nicht so bald wieder." Zitternd kam das Feldmäuschen hinter dem Fasse hervor und sie kletterten alle beide nach der fetten Blutwurst hinauf. 55 „Schnell, schnell!" rief da plötzlich die Stadtmaus, „ins Loch, ehe sie uns sieht!" Im Nu waren die Mäuschen wieder herunter und in dem Loche. „Nun müssen wir schon warten," sagte die Stadtmaus, „bis die böse Katze eingeschlafen ist; denn jetzt dürfen wir nicht hinaus, sonst «o frißt sie uns. „Nein, ich danke dir," sagte die Feldmaus, „ich habe vor Angst den Hunger verloren. Ich will so schnell als möglich wieder nach Hause laufen auf mein Kleefeld. Viel lieber will ich dort in aller Ruhe meine Haferkörnchen und Rüben fressen als hier diese Sachen unter «5 Angst und Furcht!" Damit nahm sie von der Stadtmans Abschied und hat sie niemals wieder besucht. Michael. 228. Der alte Hofhund. Es hatte ein Bauer einen treuen Hund, der Sultan hieß. Dieser war alt geworden, so daß er nichts mehr recht packen konnte. Da stand der Bauer einmal mit seiner Frau in der Haustür und sprach: „Den alten Sultan schieße ich morgen tot; der ist zu nichts 5 mehr nütze." Der Frau tat der Hund leid und sie antwortete: „Er hat uns so lange Jahre gedient, daß wir ihm wohl das Gnadenbrot geben könnten." „Ei was," sprach der Mann, „du bist uicht recht gescheit; er hat keinen Zahn mehr im Maule und kein Dieb fürchtet 143 sich vor ihm; hat er uns gedient, so hat er auch sein gutes Fressen dafür bekommen: jetzt taugt er nichts mehr und da kann er abgehen." io Der Hund, der nicht weit davon lag, hatte alles mit angehört. Er erschrak nicht wenig und war traurig, daß morgen sein letzter Tag sein sollte. Nun hatte er einen guten Freund, das war der Wolf; zu dem ging er abends hinaus in den Wald und erzählte, was für ein Schicksal ihm bevorstehe. w „Mach dir keine Sorgen," sprach der Wolf, „ich weiß einen guten Rat. Morgen in aller Frühe geht dein Herr mit seiner Frau ums Heu und sie nehmen ihr kleines Kind mit. Das legen sie bei der Arbeit hinter die Hecke in den Schatten; da leg dich daneben, als wolltest du es bewachen. Dann will ich aus dem Walde kommen 2» und das Kind rauben; du mußt mir nachspringen mit allen Kräften, als wolltest du mir's abjagen. Ich lass' es fallen und du bringst es wieder. Dann glauben sie, du hättest es gerettet, und sind viel zu dankbar, als daß sie dir ein Leid antun sollten; im Gegenteil, du kommst in völlige Gnade und es wird dir an nichts fehlen." 25 Der Anschlag gefiel dem Hunde, und wie er ausgedacht war, so wurde er auch ausgeführt. Der Bauer schrie, wie er den Wolf mit seinem Kinde durchs Feld laufen sah; als es aber der alte Sultan wieder zurückbrachte, da war er froh, streichelte ihn und sprach: „Dir soll nichts Böses widerfahren, du sollst das Gnadenbrot haben, solange .20 du lebst." Dann sagte er zu seiner Frau: „Geh gleich Heini und koche dem alten Sultan einen Brei, den braucht er nicht zu beißen und mein Kopskissen schenke ich ihm auch zu seinem Lager." Von nun an hatte es der Sultan so gut, wie er sich's nur wünschen konnte. Der Wolf besuchte ihn und freute sich, daß sein 35 Anschlag so wohl gelungen war. „Hörj" Landsmann," sprach er, „du wirst doch ein Auge zudrücken, wenn ich deinem Herrn ein fettes Schaf wegholen komme? Es wird einem heutzutage schwer, sich durch¬ zuschlagen." „Nein," antwortete der Hund, „meinem Herrn bin ich treu; das kann ich nicht zugeben." Der Wolf indessen meinte, das w wäre nicht sein Ernst, nnd kam in der Nacht, den guten Bissen abzu¬ holen. Aber der treue Sultan hatte dem Herrn alles angezeigt, so daß dieser in der Scheuer aufpaßte und dem Wolf mit dem Dresch¬ flegel garstig die Haare kämmte. Grimm. - 144 - 226. Das geraubte Rind. In den hohen Schweizergebirgen lebte vor vielen Jahren ein braver Landmann. Der hatte zwei Söhne, Bernhard und Wally, von denen der eine zwölf, der andere aber kaum drei Jahre alt war. In der Mitte des Sommers gingen einst Vater, Mutter, Kinder, s Knecht und Magd ins Feld an die Arbeit und selbst Tyras, der große Hofhund, zog es vor, sich im Felde zu bewegen, anstatt daheim auf dem Stroh zu liegen. Die Arbeit begann und der älteste Knabe bekam nächst dem treuen vierbeinigen Wächter den Auftrag, den kleinen Wälty nicht aus den Augen zu verlieren. Bernhard ver- w sprach alles und hielt nichts. Eine halbe Stunde später fliegt ein großer schöner Schmetterling bei dem Knaben vorüber. Bernhard ruft: „Ah!" und schickt sich sogleich an, ihn zu verfolgen. Bald glaubt er, ihn zu haben; aber der Schmetterling ist schneller als er, lockt ihn von Blume zu Blume, u> von dem Felde nach der Wiese, von der Wiese in den Wald. Während er hier, von Schweiß triefend, dem bunten Dinge nachläust, arbeiten die Eltern mit ihren Leuten, daß es eine Art hat, und entfernen sich immer mehr und mehr von dem Orte, den sie ihren Kindern ange¬ wiesen haben. Der kleine Wälty sitzt im Grase und singt leise vor 20 sich hin: „Auf dem Berge bin ich gesessen. Hab' den Vöglein zugeschaut; Haben gesungen, haben gesprungen, Haben Nestlein gebaut." 2- > Armes kleines Knäblein! Du singst so fröhlich, ahnest nichts Böses und doch schwebt die Gefahr schon über deinem Haupte! Möge der liebe Gott dir beistehen! Der Himmel war heiter und nur kleine Schafwölkcheu zogen dann und wann vorüber und verbargen das schöne Blau desselben, so Wälty weidete sich an den Schäfchen und ganz besonders an einem fortwährend kreisendell Punkte, den sein scharfes Auge hoch oben in den Wolken erspähte. Aber dieser Punkt wird immer größer und größer und schießt pfeilschnell herab ans die Stelle, wo der treue Tyras allein den Liebling seines Herrn bewacht. Er bellt, er heult; — 3- vergebens! — der Wind führt den Schall weit, weit fort, nur nicht zu den Landleuten. Mutig greift Tyras das geflügelte Ungeheuer, 145 einen großen, großen Adler, an; aber ach! bald ist dem treuen Tiere das ganze Gesicht zerkratzt und zerbissen. Der Adler schlägt seine Krallen in Walchs Kleidung und Fleisch und saust mit ihm durch die Lüfte seinem Horste zu. Dort wirft er ihn seinen Jungen vor und fliegt »o wieder davon. Die Reise durch die Luft und die Krallen des Untiers haben unferm Wälch Betäubung und Blutverlust zugezogen. Er erholt sich aber bald wieder und wundert sich nicht wenig, als er beim Erwachen nicht mehr Bruder Bernhard und den guten Tyras, sondern zwei junge, kaum flügge Adler sieht. Auch die Räuberkinder sitzen »s verwundert da, als der vorher unbeweglich daliegende Klumpen plötzlich anfängt, sich zu regen, und schnappen mit den krummen Schnäbeln nach ihm. Aber Wälty, der wieder zu sich gekommen ist, ballt seine Fäuste und wehrt die scharfen Bisse durch tüchtige Hiebe von sich ab. — Mit den beiden Spitzbübchen scheinst du, kleiner Schelm, es .'>0 anfnehmen zu können; aber wehe, wehe dir, wenn der grimmige Alte zurückkommt! Dann ist's um dich geschehen. Während das alles sich zutrug, war der treue Tyras zu seinem Herrn gelaufen und dieser ahnte, als er ihn so zugerichtet erblickte, ein großes Unglück. Wie der Blitz flog der erschrockene Vater nach ss der Stelle, wo Tyras mit dem Kindesräuber gekämpft hatte. Dort lagen Federn, die er für Adlerfedern erkannte. Auf einmal wurde ihm alles klar. Er eilt dem nahen Dorfe zu, ergreift die geladene Büchse und macht sich dann allein auf den Weg ins Gebirge zu einer Felsen- urasse, wo schon seit Jahren Adler gehorstet hatten. Wie die Gemse «0 klettert er von Felsen zu Felsen, springt über die furchtbarsten Abgründe und eilt vorwärts, als habe er Flügel, da es die Rettung seines lieben Sohnes gilt. Endlich kommt er am Ziele seiner Wünsche au und hört schon in der Ferne die Stimme des geraubten Lieblings. „Er lebt noch," »5 ruft er aus, „Gott sei gelobt und gedankt!" Bald vernimmt er, wie das Kind mit den jungen Vögeln spricht und streitet, und noch einige Augenblicke, so hält er es geschützt in seinen Armen. — „Verruchter Räuber!" ruft er, jetzt könnte ich Gleiches mit Gleichem vergelten, dir in deiner Abwesenheit deine Kinder rauben oder sie am gegen- 7« überliegenden Felsen zerschmettern. Aber ich kann's nicht, ich will's uicht; meine Freude ist zu groß, da Gott mir mein liebes Kind lebendig und wohlbehalten wieder geschenkt hat." Sescb. für slow.-utraquist. Wittelsch. 1. u. s. Kl. w) 10 146 So entfernt er sich, sein Kind im Arme, geht mit dem sichern 75 Schritt der Bergbewohner denselben gefährlichen Weg zurück und erscheint eine Stunde später im heimatlichen Dorfe. Erstaunt strömt ihm jung und alt entgegen, um das Wunder der Rettung zu scharren und dem lieben Gott mit ihm gemeinschaftlich zu danken. Schulze-Steinmann-Kiel, Kinderschatz. 227. Der Edelfalk. Gustavs Vater und Mutter waren schon längst gestorben und der Kleine wurde bei seiner Tante erzogen, die sich leider nur wenig um ihn bekümmern konnte. Sie war nämlich eine arme Frau, die sich durch Waschen und Nähen außer dem Hause nur kümmerlich ernährte. 5 Nun kannte Gustav kein größeres Vergnügen, als zur Zeit, wo die Vögel im Walde ihre Nester bauen und Eier legen, den Wald von frühmorgens bis zum späten Abend zu durchstreifen, Nester zu suchen und die Eier herauszunehmen. Kein Baum war ihm zu hoch, er erkletterte ihn, kein Felsen zu steil, er klomm hinan, wenn ein in Nest seine Begierde reizte. Oft kam er von solchen Ausflügen mit zerrissenen Kleidern nach Hause. Die Tante schalt ihn dann aus uud verbot ihm ein für allemal, wieder in den Wald zu gehen. Aber wer nicht gehorchte, war unser Gustav. Kaum war die Tante ihrem Geschäfte nachgegangen, so lief er wieder wie ein Wetter in den i5 Wald hinein und suchte Nester nach wie vor. Die erbeuteten Eier verkaufte er und das Geld wurde vernascht. Aber der Krug geht so lauge zum Brunnen, bis er bricht, und wer nicht hören will, muß fühlen. Gustav marschierte eines Tages trotz des strengen Verbotes der 2v Taute in den Wald. Er hatte etwa vor einer Woche in einer Fels¬ spalte das Nest eines Edelsalken entdeckt, war den Felsen hinan¬ geklommen und hatte statt der Eier halbflügge Junge im Neste gefunden. „Die will ich erst noch wachsen lassen, bis sie hinlänglich groß geworden sind," hatte er zu sich gesagt, „später bekomme ich L5 wohl für jeden Falken einen Taler." Heute wollte er nun die jungen Raubvögel holen. Keck erstieg er, keine Gefahr achtend, den Felsen, erreichte das Nest, sand die jungen Falken gerade groß genug und war im Begriffe, sich ihrer 147 zu bemächtigen. Da kam unverhofft der alte Falke schreiend und kreischend herangeflogen, bemerkte die Gefahr, welche seine Jungen zo bedrohte, flog wütend auf Gustav los, packte mit seinen Krallen dessen Schultern und hieb mit dem Schnabel nach seinem Gesichte. Er verwundete den Knaben stark, riß ihm ein Auge aus und ließ nicht eher von ihm ab, bis Gustav die Flucht ergriff. Seine Wunden heilten nur langsam, sein Auge war dahin und Z5 er blieb entstellt sein Leben lang. Da war er endlich klug geworden und ließ die Vogelnester in Ruhe. Franz Hoffmann. 7. Din fMancierburseb, Et ctsM ,8'tab in eisr 7/an<7, Dornnrt wiecier beinr «US <7em ^/reMeien Danci. 2. Kein 7/aar ist bestaubt, sein Anttitr; verbrannt/ l^on wem wirci cier Durseb wobt Zuerst erbannt? — A. ä'o tritt eu ins ä'täctteben cturebs atte Hon, KcbtaAbauM tsbnt /ust <7er Aöttner ctavor. 7. Der Aöttner, <7er war ibM er» tieber /^rennet, 0/7 batike <7er Decber ctie beicten vereint. ü. Doeb sieb, 7^eun<7 AottMann ernennt ibn niebt / Au sebr bat etie Jonn' ibnr verbrannt ctas Ossiebt. — 6. Onct werter wanctert naeb bursern OruF 77er Dursobs unct sebüttett eben «?tauö vom Du^6. 7. Da sebaut aus <7e?n Denstsr sein Kebätsst /romm. „Du btübencie AunA/rau, vret sebönen lbnttboMM b' §. Doeb sieb, aueb ctas 7i/äA<7tein ernennt ibn nicbt. Die ä'onn' bat Lu sebr ibM verbrannt e/«s O'esiebt. — 9. Dn<7 weiter Aebt er <7ie ä/ra/?e enttanA, Din Dräntein bänAt ibM an eter braunen TEanA'. 79. Da wanbt von eiern DircbsteiA sein Müttereben bsr, „Dott Arii/- Dueb/^ so s/-riobt er un<7 sonst niebts mebr. 10* 148 Doe^r s?'s/n c^«s «c/t/uc/tset voll Dusl: „Mern 8o^n/" u?rcl sru^l «u clss Duusc^en Dvusl. VoAsi. ^2. UH s el»' «vel« clr'e Konus seru Aullrlr: ve7'l»'«u7tl, Das Mulleuano' /ra/, llru, cloel« Alercl/ eu^crunt. 229. Der Fuchs und der Krebs. Ein Krebs kroch aus seinem Bache hervor auf das grüne Gras einer Wiese, wo er sich gütlich tat. Da kam ein Fuchs daher, sah den Krebs langsam kriechen und sprach spöttisch zu ihm: „Herr Krebs, wie geht Ihr doch so gemächlich? Wer nahm Euch Eure 5 Schnelligkeit? Oder wann gedenkt Ihr über die Wiese zu kommen? Aus Eurem Gange merke ich wohl, daß Ihr besser hinterrücks als vorwärts gehen könnt!" Der Krebs war nicht dumm, er antwortete alsobald dem Fuchs: „Herr Fuchs, Ihr kennt meine Natur nicht. Ich bin edel und wert, u> ich bin schneller und leichter und laufe rascher als Ihr und Eure Art, und wer mir das nicht gönnt, den möge der Kuckuck holen. Herr Fuchs, wollt Ihr mit mir eine Wette laufen? Ich setze gleich ein Pfund zum Pfände." „Nichts wäre mir lieber," sprach der Fuchs; „wollt Ihr von i5 Bern nach Basel laufen oder von Bremen nach Brabant?" „O nein," sprach der Krebs, „das Ziel wäre zu fern! Ich dächte, wir liefen eine halbe oder eine ganze Meile miteinander, das wird uns beiden nicht zu viel sein!" „Eine Meile, eine Meile!" schrie der Fuchs eifrig und der so Krebs begann wieder: „Ich gebe Euch einen hübschen Vorsprung; ohne daß Ihr den annehmet, mag ich gar nicht laufen." „Und wie soll der Vorsprung beschaffen sein?" fragte der Fuchs neugierig. Der Krebs antwortete: „Gerade eine Fuchslänge soll er beschaffen sein. Ihr tretet vor mich und ich trete hinter Euch, daß 25 Eure Hinterfüße an meinen Kopf stoßen, und wenn ich sage: ,Nun wohl hin!" — so fangen wir au zu laufen." Dem Fuchs gefiel die Rede wohl; er sagte: „Ich gehorche Euch in allen Stücken." Und da kehrte er dem Krebse sein Hinterteil zu mit dem großen und starken haarigen Schwänze, in den schlug 149 der Krebs seine Scheren, ohne daß der Fuchs es merkte, und rief: »v „Nun wohl hin!" Und da lief der Fuchs, wie er in feinem Leben noch nicht gelaufen war, daß ihm die Füße schmerzten. Und als das Ziel erreicht war, so drehte er sich geschwind herum und schrie: „Wo ist nun der dumme Krebs? Wo seid Ihr? Ihr säumt gar zu lange!" Der Krebs aber, der dem Ziele jetzt näher stand als der Fuchs, rief n hinter ihm: „Herr Fuchs! Was will diese Rede sagen? Warum seid Ihr so langsam? Ich stehe schon eine hübsche Weile hier und warte auf Euch! Warum kommt Ihr so saumselig?" Der Fuchs erschrak ordentlich und sprach: „Euch muß der Kuckuck hergebracht haben!" zahlte seine Wette, zog den Schwanz 40 ein und strich von dannen. B e chstei n. 230. Wrtklsuf zwischen dem Hasen und dem Igel. Es war einnml an einein Sonntagsmorgen in der Herbstzeit, just als der Buchweizen blühte. Die Sonne war golden am Himmel aufgegangen, der Morgenwind ging frisch über die Stoppeln, die Lerchen sangen in der Luft, die Bienen summten in dem Buchweizen und die Leute gingen in ihren Sonntagskleidern in die Kirche; kurz, 5 alles war vergnügt uud der Igel auch. Dieser stand vor seiner Tür, hatte die Arme übereinander geschlagen, guckte dabei in den Morgenwind hinaus, trällerte eiu Liedchen vor sich hin, so gut und so schlecht, als es nun eben am lieben Sonntagsmorgen ein Igel zu singen vermag. Indem er nun io noch so halbleise vor sich hin sang, fiel ihm auf einmal ein, er könne wohl, während seine Frau die Kinder wüsche und anzöge, ein bißchen im Felde spazieren und dabei sich umsehen, wie seine Steckrüben ständen. Die Steckrüben waren das Nächste bei seinem Hause und er pflegte mit seiner Familie davon zu essen, deshalb sah er sie denn auch als die seinigeu an. Der Igel machte die Haustür hinter sich zu und schlug den Weg nach dem Felde ein. Er war noch nicht sehr weit vom Hause und wollte just um den Schlehenbnsch, der da vor dem Felde steht, hinaufschlendern, als ihm der Hase begegnete, der in ähnlichen Geschäften ausgegangen 20 war, nämlich um seinen Kohl zu besehen. Als der Igel des Hasen ansichtig wurde, bot er ihm einen srenndlichen guten Morgen. Der 181 auf dem langen Acker dort wollen wir unfern Wettlauf machen. Der «o Hase läuft nämlich in der einen Furche und ich in der andern und von oben fangen wir an zu laufen. Nun hast du weiter nichts zu tun, als du stellst dich hier unten in die Furche, und wenn der Hase auf der andern Seite ankommt, so rufst du ihm entgegen: Ich bin schon da!" os Damit waren sie beim Acker augelangt; der Igel wies seiner Frau den Platz an und ging nun den Acker hinauf. Als er oben ankam, war der Hase schon da. „Kann es losgehen?" sagte der Hase. „Ja wohl," erwiderte der Igel. Und damit stellte sich jeder in seine Furche. Der Hase zählte: „Eius, zwei, drei!" und los ging es wie m ein Sturmwind den Acker hinunter. Der Igel aber lief nur ungefähr drei Schritte, dann duckte er sich in die Furche nieder und blieb ruhig sitzen. Als nun der Hase im vollen Laufe unten ankam, rief ihm des Igels Frau entgegen: „Ich bin schon da!" Der Hase stutzte und ?s verwunderte sich nicht wenig. Er meinte nicht anders, es wäre der Igel selbst, der ihm das zurief; denn bekanntlich sieht des Igels Fran gerade so aus wie ihr Mann. Der Hase aber meinte: „Das geht nicht mit rechten Dingen zu." Er rief: „Noch einmal gelaufen, wieder herum!" Und fort ging so es wieder wie der Sturmwind, so daß ihm die Ohren am Kopfe flogen. Des Igels Fran aber blieb ruhig auf dem Platze. Als nun der Hase oben ankam, rief ihm der Igel entgegen: „Ich bin schon da!" Der Hase aber, ganz außer sich vor Eifer, schrie: „Nochmals gelaufen, wieder herum!" „Mir recht," antwortete der Igel, ss „meinetwegen so oft, als du Lust hast." So lief der Hase dreiund¬ siebzigmal und der Igel hielt es imitier mit ihm aus. Jedesmal, wenn der Hase unten oder oben ankam, sagte der Igel oder seine Frau: „Ich bin schon da!" Zum vierundsiebzigsten Male aber kam der Hase nicht mehr zu oo Ende. Mitten auf dem Felde stürzte er zur Erde und blieb tot aus deni Platze. Der Igel aber nahm sein gewonnenes Goldstück und die Flasche Branntwein, rief seine Frau ans der Furche ab und beide gingen vergnügt nach Hause. B e ch st e i n. 152 231. Die Voten des Todes. Vor alten Zeiten wanderte einmal ein Riese auf der großen Landstraße; da sprang ihm plötzlich ein unbekannter Mann entgegen und rief: „Halt! keinen Schritt weiter!" „Was?" sprach der Riese, „du Wicht, den ich zwischen den Fingern zerdrücken kann, du 5 willst mir den Weg vertreten? Wer bist du, daß du so keck reden darfst?" „Ich bin der Tod," erwiderte der andere; „mir widersteht niemand und auch du mußt meinen Befehlen gehorchen." Der Riese aber weigerte sich und fing an, nut dem Tode zu ringen. Es war ein langer, heftiger Kampf; zuletzt aber behielt der Riese die Ober- Hand und schlug den Tod mit seiner Faust nieder, daß er neben einem Steine zusammensank. Der Riese ging seiner Wege und der Tod lag da besiegt und war kraftlos, daß er sich nicht wieder erheben konnte. „Was soll daraus werden," sprach er, „wenn ich da in der Ecke liegen bleibe? Es stirbt niemand mehr auf der Welt uud sie wird so mit Menschen angefüllt werden, daß sie nicht mehr Platz haben, nebeneinander zu stehen." Inden: kam ein junger Mensch des Weges, frisch und gesund, saug ein Lied und warf seine Augen hin und her. Als er den halb Ohnmächtigen erblickte, ging er mitleidig herzu, richtete ihn auf, L« flößte ihm aus seiner Flasche einen stärkenden Trank ein und wartete, bis er wieder zu Kräften kam. „Weißt du auch," fragte der Fremde, indem er sich aufrichtete, „wer ich bin und wem du wieder auf die Beine geholfen hast?" „Nein," antwortete der Jüngling, „ich kenne dich nicht." „Ich bin der Tod," sprach er, „ich verschone 25 niemand und kann auch mit dir keine Ausnahme machen. Damit du aber siehst, daß ich dankbar bin, so verspreche ich dir, daß ich dich nicht unversehens überfallen, sondern dir erst meine Boten senden will, bevor ich komme und dich abhole." „Wohlan," sprach der Jüngling, „immer ein Gewinn, daß ich weiß, wann du kommst und so lange M wenigstens sicher vor dir bin!" Dann zog er weiter, war lustig und guter Dinge und lebte in den Tag hinein. Allein Jugend und Gesundheit hielten nicht lange aus; es kamen Krankheiten und Schmerzen, die ihn plagten. „Sterben werde ich nicht," sprach er zu sich selbst, „denn der Tod sendet erst seine Boten; ich wollte nur, 35 die bösen Tage der Krankheit wären vorüber." 153 Sobald er sich gesund fühlte, fing er wieder an, in Freuden zu leben. Da klopfte ihm eines Tages jemand auf die Schulter: er¬ blickte sich um und der Tod stand hinter ihm und sprach: „Folge mir; die Stunde deines Abschiedes von der Welt ist gekommen!" „Wie?" antwortete der Mensch, „willst du dein Wort brechen? w Hast du mir nicht versprochen, daß du mir, bevor du selbst kämest, deine Boten senden wolltest? Ich habe keinen gesehen." „Schweig!" erwiderte der Tod; „habe ich dir nicht einen Boten über den andern geschickt? Kam nicht das Fieber, stieß dich an, rüttelte dich und warf dich nieder? Hat der Schwindel dir nicht den 4» Kopf betäubt? Zwickte dich nicht die Gicht in allen Gliedern? Brauste dir's nicht in den Ohren? Nagte nicht der Zahnschmerz in deinen Backen? Ward dir's nicht dunkel vor den Augen? Über das alles, hat nicht mein leiblicher Bruder, der Schlaf, dich jeden Abend an mich erinnert? Lagst du nicht in der Nacht, als wärest du schon .->« gestorben?" — Der Mensch wußte nichts zu erwidern, ergab sich in sein Geschick und ging mit dem Tode fort. Bruder Grimm. 232. Die Wichtelmänner. Es war ein Schuster ohne seine Schuld so arm geworden, daß ihn: endlich nichts mehr übrig blieb als Leder zu einem einzigen Paar Schuhe. Nun schnitt er am Abend die Schuhe zu, die wollte er den nächsten Morgen in Arbeit nehmen; und weil er ein gutes Gewissen hatte, so legte er sich ruhig zu Bett, befahl sich dem lieben Gott und 5 schlief ein. Morgens, nachdem er sein Gebet verrichtet hatte und sich zur Arbeit niedersetzen wollte, da standen die beiden Schuhe ganz fertig auf seinem Tisch. Er verwunderte sich und wußte nicht, was er dazu sagen sollte. Er nahm die Schuhe in die Hand, um sie näher zu betrachten; sie waren so sauber gearbeitet, daß kein Stich daran in falsch war, gerade als wenn es ein Meisterstück sein sollte. Bald darauf trat auch schon ein Käufer ein, und weil ihm die Schuhe so gut gefielen, so bezahlte er mehr als gewöhnlich dafür und der Schuster konnte von dem Gelde Leder zu zwei Paar Schuhen erhandeln. Er schnitt sie abends zu und wollte den nächsten Morgen mit w frischem Mut an die Arbeit gehen; aber er brauchte es nicht, denn 154 als er anfstand, waren sie schon fertig und es blieben auch nicht die Käufer aus, die ihm so viel Geld gaben, daß er Leder zu vier Paar Schuhen einkaufen konnte. Er fand frühmorgens auch die vier Paar¬ en fertig. Und so ging's immerfort: was er abends zuschnitt, das war am Morgen verarbeitet, also daß er bald wieder sein ehrliches Aus¬ kommen hatte und endlich ein wohlhabender Mann ward. Nun geschah es eines Abends nicht lange vor Weihnachten, als der Mann wieder zugeschnitten hatte, daß er vor dem Schlafengehen es zu seiner Frau sprach: „Wie wär's, wenn wir diese Nacht aufbliebeu, um zu sehen, wer uns so hilfreiche Hand leistet?" Die Frau war's zufrieden und steckte ein Licht an; darauf verbargen sie sich in den Stubenecken hinter den Kleidern, die da aufgehängt waren, und gaben acht. Als es Mitternacht war, da kamen zwei kleine, niedliche, nackte Männlein, setzten sich vor des Schusters Tisch, nahmen alle zugeschnittene Arbeit zu sich und fingen an, mit ihren Fingerlein so behend und schnell zu stechen, zu nähen, zu klopfen, daß der Schuster vor Ver¬ wunderung die Augen nicht abwenden konnte. Sie ließen nicht nach, bis alles zu Ende gebracht war und fertig auf dem Tische stand, 35 dann sprangen sie schnell fort. Am andern Morgen sprach die Frau: „Die kleinen Männer- Haben uns reich gemacht, wir müssen uns doch dankbar dafür bezeigen. Sie laufen so herum, haben nichts am Leib und müssen frieren. Weißt du was? Ich will Hemdlein, Rock, Wams und Höslein für 40 sie nähen, auch jedem ein Paar Strümpfe stricken; mach du jedem ein Paar Schühleiu dazu!" Der Mann sprach: „Das bin ich wohl zufrieden." Und wie sie abends alles fertig hatten, legten sie die Geschenke statt der zugeschnittenen Arbeit zusammen auf den Tisch und versteckten sich dann, nm mitanzusehen, wie sich die Mänuleiu 45 dazu anstellen würden. Um Mitternacht kamen sie hereingesprungen und wollten sich gleich an die Arbeit machen; als sie aber kein zugeschnittenes Leder, sondern die niedlichen Kleidungsstücke fanden, verwunderten sie sich erst, dann aber zeigten sie eine gewaltige Freude. Mit der größten 50 Geschwindigkeit zogen sie sich an, strichen die schönen Kleider am Leib nnd sangen: „Sind wir nicht Knaben, glatt und fein? Was sollen wir länger Schuster sein!" 155 Dann hüpften und tanzten sie und sprangen über Stühle und Bänke. Endlich tanzten sie zur Türe hinaus. Von nun an kamen sie 55 nicht wieder; dem Schuster aber ging es wohl, solang er lebte, und es glückte ihm alles, was er unternahm. Brüder Grimm. 233. Das Kätzchen und die Stricknadeln. Es war einmal eine arme Frau, die ging in den Wald, nur Holz zu lesen. Als sie mit ihrer Bürde auf dem Rückwege war, sah sie ein schwarzweißes Kätzchen hinter einem Zaune liegen; es schrie jämmerlich und war ganz abgemagert. Man konnte leicht sehen, daß es krank war, denn sein Fellchen war nicht glatt und glänzte nicht, s Die arme Frau streichelte es mitleidig, nahm es auf in ihre Schürze und trug es nach Hause. An der Haustüre sprangen ihre beiden Kinder auf sie zu, und wie sie sahen, daß die Mutter etwas in ihrer Schürze trug, freuten sie sich; denn sie dachten, es würden süße Beeren aus dem Walde sein. Als sie aber in die Schürze hineinguckten w nnd das schwarzweiße Kätzchen sahen, freuten sie sich noch mehr und wollten es gleich haben. Die mitleidige Frau gab es aber nicht her; denn ihr war bange, die Kinder könnten es quälen; sie legte es zu Hause auf alte, weiche Kleider und gab ihm warme Milch zu trinken. Das tat dem Kätzchen sehr wohl, es labte sich, wurde ganz munter 15 und leckte sein struppiges Fellchen mit der kleinen, roten Zunge so lange, bis es wieder glatt und glänzend geworden war. Nun freuten sich die Kinder schon darauf, mit ihm zu spielen, aber hui! auf einmal war es fort nnd verschwunden nnd keiner wußte, wo es hingekommen sein könnte. 20 Nach einiger Zeit ging die arme Frau wieder in den Wald, und als sie mit ihrer Bürde Holz auf dem Rückwege wieder an den Zaun kam, wo das kranke Kätzchen gelegen war, stand auf derselben Stelle eine ganz vornehme Dame, in weißen Atlas gekleidet, der mit schwarzem Samt verbrämt war; alles an ihr glänzte, besonders die 25 kohlschwarzen Augen, mit denen sie der armen Frau zuwinkte. Die Frau blieb stehen und vor Verlegenheit rollte sie ihre Schürze. Als ihr die vornehme Dame nun aber auch mit der Hand winkte, trat sie näher und, sieh da! die Dame warf ihr mit einem Male fünf Strick¬ nadeln in die Schürze, dann war sie weg. 3« 156 Die arme Frau wußte nicht recht, was sie denken sollte; als ein Geschenk bäuchte sie diese absonderliche Gabe doch gar zu gering. Sie ging heim und legte die fünf Stricknadeln auf den Tisch, indem sie dachte: „Ja, hätte ich Garn oder Geld, mir Garn zu kaufen, »-> dann wären die Nadeln gut; denn Strümpfe könnten wir alle wohl brauchen!" Als die Frau am nächsten Morgen ihr Lager verließ, tat sie vor Erstaunen einen Freudenschrei; denn neben den Nadeln lag ein Paar fertig gestrickter Strümpfe auf dem Tisch; sie wunderte sich über alle 4u Maßen und ani nächsten Abend legte sie die Nadeln wieder auf den Tisch und am Morgen darauf lagen neue Strümpfe da. Jetzt merkte sie, daß das Kätzchen eine verwandelte Fee gewesen war, die ihr zum Lohne für ihr Mitleid diese fleißigen Nadeln beschert hatte, und ließ dieselben nun jede Nacht stricken, bis sie nnd die Kinder genug hatten. 45 Dann verkaufte sie Strümpfe und bekam dafür Geld genug, so daß keine Not mehr ins Haus kam und sie mit ihren Kindern glücklich war bis an ihr seliges Ende. B e ch st e i n. 234. Kaiser Fran; Josef in der Schule. In demselben Jahre, als Erzherzog Karl den herrlichen Sieg bei Aspern erfocht, fanden auch im Süden unsers Vaterlandes gegen die Franzosen heiße Kämpfe statt. Insbesondere zwei Männer haben sich dort durch ihren heldenmütigen Kampf für das Vaterland hohen 5 Ruhm erworben, die Hauptleute Hermann und Hensel. Ein einfaches Denkmal bezeichnet dem Wanderer die Stätte, wo beide mit ihren Kameraden gefallen sind. Einst unternahm unser erhabener Kaiser Franz Josef eine Reise dahin, um dieses Denkmal zu besichtigen. Dabei besuchte er auch u> das kleine Dorf Predil, welches sich unweit des Denkmales befindet. War das eine Freude und ein Jubel, als der Kaiser dort ankam! Die armen Leute hatten ihre Hütten mit Fähnlein und Reisig geziert, die Kinder standen vor dem Schulhause und saugen mit Heller Stimme das herrliche Lied: „Gott erhalte!" Nachdem der Kaiser an mehrere Personen leutselige Fragen gerichtet hatte, trat er in das kleine Schulhaus, um dort einer Prüfung beizuwohneu. Da fiel ihm ein kleiner, aufgeweckter Junge auf, der 157 durch seine gescheiten Antworten alle übrigen übertraf. Der Kaiser ließ den Knaben aus der Bank treten und fragte ihn: „Wie heißest du?" „Franz." — „Wer ist dein Vater?" — „Er ist Bergmann." — 20 „Willst du auch ein Bergmann werden?" — „Nein, ich möchte am liebsten Soldat sein und auch so brav kämpfen wie die Helden, die da unten ein Denkmal haben." Diese Antwort gefiel dem Kaiser. Er erkundigte sich bei dem Lehrer nur die näheren Verhältnisse der Familie. Als er hörte, daß rs der Knabe arm, aber sehr fleißig und brav sei, ließ er sich den Namen des Kleinen aufschreiben. Dann verließ er die Schule. Da kam die Weihnachtszeit. Die hohen Berge um das Dörflein herum waren dicht mit Schnee bedeckt. Die Post mußte oft mehrere Pferde vorspannen, um die steile Straße befahren zu können. Am so heiligen Abend bewegte sich der Postwagen gleichfalls langsam die Straße hinauf. Lustig klang das Lied des Postillons durch das stille Dörfchen. Auf einmal hielt der Postwagen an. Der Postillon sprang vom Kutschbocke und lud eine große Schachtel ab. Sie war vielfach versiegelt und trug in jedem der Siegel den kaiserlichen Adler. Sie 35 war für den braven Franz bestimmt. Als dieser mit zitternden Händen den Deckel abhob, fand er eine Menge Spielsachen, Bilderbücher und Soldaten darin, außerdem auch einen Brief, in welchem geschrieben stand, daß der Kaiser selbst dem bravsten Knaben des kleinen Gebirgsdorfes dieses Christgeschenk »o sende. Man kann sich leicht denken, welchen Jubel diese kaiserliche Spende im ganzen Dorfe hervorrief! Alles segnete den guten Kaiser und zahlreiche Gebete stiegen zum Himmel empor für das Wohlergehen des gnädigen Monarchen. 45 Franz hat dieses Weihnachtsgeschenk nie vergessen. Er lernte von nun an noch fleißiger als vordem. Nachdem er die Dorfschule verlassen hatte, kam er in eine Militärschule, wo er sich durch Fleiß und gutes Betragen vor allen Kameraden auszeichnete und zu einem tüchtigen Offizier herangebildet wurde. so Kummer-Brau ky-Hofbauer, Lesebuch. 188 236. Die Jahreszeiten. 1. Frühlingszeit, schönste Zeit, Die uns Gott der Herr verleiht! Weckt die Blümlein aus der Erde, Gras und Kräuter sür die Herde, Läßt die jungen Lämmer springen, Läßt die lieben Vöglein singen. Menschen, eures Gottes denkt. Der euch so den Frühling schenkt! 2. Sommerzeit, heiße Zeit! Sonne brennt wohl weit und breit; Aber Gott schickt milden Regen, Schüttet alles Feld voll Segen, Schenkt dem Schnitter volle Ähren, Brots genug, uns all' zu nähren. Menschen, merkt es: Gott ist gut. Daß er so am Sommer tut! 3. Herbsteszeit, reiche Zeit! Gott hat Segen ausgestreut. Daß sich alle Bäume neigen Mit den sruchtbeladnen Zweigen; Schaut nun her mit Vaterblicken, Wie sich alle dran erquicken. Menschen, nehmt die Gaben gern. Aber ehret auch den Herrn! 4. Winterzeit, kalte Zeit! Aber Gott schenkt warmes Kleid, Dichten Schnee der kahlen Erde, Warmes Wollenfell der Herde, Federn weich den Vögelscharen, Daß sie keine Not erfahren; Menschen, Haus und Herd auch euch! Lobt ihn, der so gnadenreich! Hey. 159 236. Die Mühle. Mein Weg führte mich am Fuße eines waldigen Hügels durch eine blumige Wiesenflur. Ich verfolgte den Bach, der sich in mancherlei Windungen durch dichtes Erlengebüfch dahinschlängelte. Dä plötzlich vernahm ich ein Geräusch wie das Brausen eines Wasserfalles. Der Weg bog um den Hügel herum und vor mir lag mitten im Gebüsch s die Mühle. In ein eng gemauertes Bett eingeschnürt, beschleunigte der Bach seinen Lauf und rauschend stürzte sein Wasser aus die Schaufeln eines gewaltigen Rades, das sich in schnellen Kreisen lustig drehte. Aus der Mühle aber erscholl lautes Geklapper der Mehlkasten und dumpfes Tönen der Mühlsteine. Auf dem Hofe war ein buntbewegtes u> Leben der Enten, Hühner und Tauben, die sich an reichlich gestreutem Futterkorn gütlich taten. Vor der Mühle hielten Bauernknechte mit schwer beladenen Eseln; mehlbestaubte Müllerburschen halfen die Frucht¬ säcke abladen. In der Türe des Hauses aber stand der Müller und schaute, zufrieden lächelnd, auf den sonnigen Hof und die geräumigen Scheunen und Ställe, welche die Mühle umgaben. Zu seinen Füßen lag ein zottiger Hund und schlief. Buschmann. 237. Heldenmut. „Herr Kapitän," sagte Maxwell, der Steuermann, „Herr Kapitän, mir kommt's vor, als röche ich Feuer; aber ich kann nicht finden, wo es ist." Der Kapitän zieht den Atem an sich und riecht's auch; aber bald ist's ihm wieder, als wär' es nichts, bald riecht er's wieder. Er sucht alles durch und kann nichts finden. Aber mit der 5 Zeit wird der Brandgeruch ärger und endlich in der Nacht, da schon das ganze Dampfschiff voll des angsterregenden Qualnies ist, ruft er: „Maxwell, ich hab's gesunden; die Flammen brechen bei dem Rade durch!" „Dann wende ich das Schiff dem Ufer zu," rief dieser entgegen, w denn er erkannte deutlich die furchtbare Gefahr. Aber er faßte sich. Als er sich allein sieht, blickt er zum Himmel auf und betet: „O all¬ mächtiger Gott, verleihe mir Stärke, jetzt treulich meine Pflicht zu erfüllen, und werde du selbst Tröster meiner Witwe und Vater meiner acht Waisen!" " 160 Darauf sicht er unbeweglich am Steuerruder, das Angesicht der nächsten Landspitze zugekehrt, und das Schiff fliegt darauf los wie ein Pfeil. Die Matrofen wenden alle ihre Kräfte an, das Feuer zu dämpfen; aber die Wut der Flammen wächst mit jeder Minute und treibt die W Maschine mit grausenerregender Gewalt und das Schiff schießt durch die Wellen hin wie ein Sturmvogel. Alle Reisenden hatten sich auf deut Vorderteile zusammengedrängt; denn der gewaltige Luftzug ließ keinen Rauch dorthin kommen, sondern trieb denselben rückwärts. Da stand nur der arme Maxwell an seinem Steuerruder in dem erstickenden 25 Qualme. Der Kapitän und die Matrosen taten zwar, was sie konnten, um den Hintern Teil des Schiffes mit Wasser zu begießen; aber das tat dem wütenden Brande keinen Einhalt. Schon sängt der Boden unter Maxwells Füßen an, sich zu entzünden; aber der Brave M weicht nicht von seinem Posten; denn in feiner Hand liegt jetzt das Leben von achtzig Personen. Immer geradehin nach dem Lande sieht sein Blick, immer gleich fest hält seine Hand das Ruder. Die Leute am User sehen das brennende Schiff und richten Feuerzeichen auf, um den Unglücklichen zu zeigen, wo sie landen sollen. 35 Maxwell versteht's; er ist in größter Gefahr zu verbrennen, aber er bleibt. So sturmschuell das Schiff dahinsaust, er möchte ihm noch Flügel dazu geben; denn er merkt, es kann kaum einige Minuten mehr dauern, so sinkt es; und jetzt — jetzt ist's daran-da rückt er sein Steuerruder und — rutsch, rutsch! — da sitzt das brennende 40 Schiff auf dem Sande. Alle werden gerettet und Maxwell wird auch ans Land getragen; aber wie sieht er aus! Seine Kleider fallen ihm wie Zunder vom Leibe, seine Füße sind verbrannt. Gott segnete die Hand des Arztes und nach wenigen Wochen konnte Maxwell das Bett wieder verlassen. Er, der so viele Menschen 45 gerettet hatte, wurde auch den Seinen erhalten. Stern. 238. Das Tränrnkrüglrin. Es war einmal eine Mutter und ein Kind und die Mutter hatte das Kind, ihr einziges, lieb von ganzem Herzen und konnte ohne das Kind nicht leben und nicht sein. Aber da sandte der Herr eine große Krankheit, die wütete unter den Kindern und erfaßte 161 auch jenes Kind, daß es auf sein Lager sank und zum Tod erkrankte. 5 Drei Tage und drei Nächte wachte, weinte und betete die Mutter bei ihrem geliebten Kinde, aber es starb. Da erfaßte die Mutter, die nun allein war auf der ganzen Gotteserde, ein gewaltiger und namenloser Schmerz und sie aß nicht und trank nicht und weinte, weinte wieder drei Tage und drei Nächte lang ohne Aushören und w rief nach ihrem Kinde. Wie sie nun so voll tiefen Leides in der dritten Nacht saß an der Stelle, wo ihr Kind gestorben war, tränenmüde und schmerzens¬ matt bis zur Ohnmacht, da ging die Tür aus und die Mutter schrak zusammen, denn vor ihr stand ihr gestorbenes Kind. Das war is ein seliges Engelein geworden und lächelte süß wie die Unschuld und schön wie in Verklärung. Es trug aber in seinen Händchen ein Krüglein, das war schier übervoll. Und das Kind sprach: „O lieb Mütterlein, weine nicht mehr um mich! Siehe, in diesem Krüglein sind deine Tränen, die du um mich vergossen hast; der Engel der 20 Trauer hat sie in dieses Gesäß gesammelt. Wenn du nur noch eine Träne um mich weinest, so wird das Krüglein überfließen und ich werde dann im Grabe keine Ruhe haben. Darum, 0 lieb Mütterlein, weine nicht mehr um dein Kind; denn dein Kind ist wohl aufgehoben, ist glücklich und Engel sind seine Gespielen." 25 Damit verschwand das tote Kind und die Mutter weinte hinsort keine Träne mehr, nm des Kindes Grabesruhe und Himmels¬ frieden nicht zn stören. B e chstein. 239. "Wie "Ulil lünlsnspiegel äie Lra-nken in einem Lxitsle ZeLNnci raaelite. lÄnsb kam DnlanspiaKsl naak lMrnbsrZ; nnä seklnA Zroüe llrieke an äia LiiralUnren. Darin Zab er siak ckür ainan berükmben ^.rrck in allen Xrankkeiken ans. binn varan eben viele Xranka in dein neuen LpUale nnck äer Zpibalmeiskar väre Zorn ainas Neilss äarselben los Zavessn s nnä balle ibnan ibra Dasnnäbeil bar^liob Ze^önnl. Dar 8pilal- maislar Zin§ also 2U DulanspiaKöl, äain -^r^la, nnä kradle ibn V6A6N sainsr Lriacka, äia ar anAasoirlaZen balle, ob er äan Uranksn aueb virkliali. also liellan könne; es soUle ibm dies Leseb. f. slow.-utraqmst. Mittelsch. I. u. 2. Kl. (N) 11 165 Der zweite tritt schon ernster auf Mit Sonnenschein und Regen, Streut Blumen aus in seinem Lauf, Der Ernte reichen Segen. Der dritte naht mit Überfluß Uud füllet Küch' und Scheune, Bringt uns zum süßesten Genuß Viel Äpfel, Nüss' und Weine. Verdrießlich braust der vierte her. In Nacht und Graus gehüllet. Sieht Feld und Wald und Wiesen leer. Die er mit Schnee erfüllet. Wer sagt mir, wer die Brüder sind. Die so einander jagen? — Leicht rät sie wohl ein jedes Kind, Drum brauch' ich's nicht zu sagen. Schiller. 244. Dxr gerettete Handwerksbursche. Ein Handwerksbursche wanderte mitten im Winter auf Preß- burg zu und war nur noch eine Stunde von der Stadt. Aber die Kälte war grimmig, seine Kleider dünn, seine Strümpfe zerrissen; er konnte vor Frost und Müdigkeit kaum fortkommen. „Lieber Gott," seufzte er, „weit und breit kein Dorf und keine Stadt und keine Hütte! s Ich werde erfrieren auf dem Wege. Ach, was wird meine arme Mutter anfangen, wenn ihr einziger Sohn nicht mehr heimkommt!" Er weinte und die Hellen Tränen froren ihm an den Augenwimpern. Er wollte laufen, aber seine Glieder wurden steif; er konnte sich des Schlafes nicht erwehren, legte sich in den Schnee auf sein Bündel n> und schlief ein. Gleich darauf ritt ein Postknecht des Weges, sah den Menschen wie tot in dem Schnee liegen, gab seinem Gaule die Sporen und in Preßburg am Tore klopfte er ans Wachthaus und rief hinein: „Hört, da draußen auf der Heide links am Wege liegt ein Mensch, n> der ist wohl erfroren!" „Was ist da zu helfen!" sagten die Leute 166 da drinnen; „ist er nicht schon tot, so ist er doch gestorben, ehe wir hinauskommen, und überdies ist es schon finstere Nacht." Dabei machten sie das Fenster zu wegen des starken Lustzuges und der so Postknecht ritt nach seinem warmen Stalle. Aber indem ging im Wachthause die Tür auf und ein starker Mann trat still heraus und ging mit rüstigen Schritten in die Nacht hinein. Und wie eben die Soldaten in der Wachtstube sagten: „Wo ist denn auf einmal der Taglöhner hingekommen, der sich eben am 25 Ofen gewärmt hat?" — war der schon weit vom Wachthause auf der Landstraße und dachte: „Wenn Gott hilft, so rette ich ihn vielleicht; haben mich meine Eltern doch so gewöhnt, daß ich mich vor Frost und Nacht nicht fürchte." — Und der arme Taglöhner fand den unglücklichen Burschen, der starr und ohne Leben war, lud ihn auf so seinen Rücken, schleppte ihn ins nächste Dorf, rieb ihn mit Schnee, brachte ihn nach und nach in ein warmes Bett und — auf einmal schlug der Bursche die Augen auf. Am andern Tage konnte ihn der Taglöhner weiter in die Stadt führen. „Ich habe gerade auch nicht viel zu essen und zu Heizen," sagte er; „aber auf ein paar Tage reicht's 35 für uns beide, bis Ihr wieder stark genug seid und in Eure Heimat wandern könnt." Diese Geschichte mußte der Kaiser Josef gehört haben; denn als er im Sommer darauf nach Preßburg ritt und der Taglöhner gerade aus seinem Häuschen heraussah, nahm der Kaiser seinen Hut »o vor ihm ab und sagte: „Seid Jhr's, braver Mann?" Hat auch nachher ein Röllchen mit Talern ins Haus geschickt. — Aber der Postknecht und die Leute im Wachthause ließen sich nicht sehen vor dem Kaiser. Bartels-Wirth, Deutsches Lesebuch. Tuosz-su au/ Avüneu KeuAetu sv/wbeu sr'e^ äöev c^eu ^ruse^Metseuc^eu HkTues. Tau ws^ts sr'e Äv au Äe eöeu von Äv IpauÄvuuA auAeteommeue TaeT stetse ösFvüMs Äs öerctsu Teö/rÄeu TvüMuFskruÄv szivasH 5 „lü^Mart/, na» wr'vct es ^er't/" Ta ö/uetsu sr Der alte Löwe war aber von einer gar zornigen Natur. Kaum hatte er diese Worte vernommen, als er wild von seinem Lager auf¬ sprang und brüllte und hastig fragte, ob denn der Fuchs wisse, wo der andere Löwe wohne. „O ja!" antwortete der listige Fuchs, „folge mir nur nach, ich 75 will dich zu seiner Höhle führen." Er ging voraus und mit zusammengezogenen Stirnrunzeln folgte ihm der Löwe, der unterwegs schon seine Klauen wetzte, wenn er au einem Steine vorbeikam, und knirschend seine Zähne probte. Endlich blieb der Fuchs zwischen Felsen und Bänmen auf einem «o ziemlich freien Platze stehen. Da war ein tiefer Brunnen. In den — 173 — guckte er hinunter und rief den Löwen: „Komm, komm, da unten steht er, da steht er!" Da ging der Löwe hin und guckte hinab, der Fuchs aber stellte sich zwischen seine Beine und sagte: „Sieh, sieh, er hat meinen Kameraden noch unversehrt zwischen seinen Füßen!" Und der Löwe sah 85 sein Bild und des Fuchses Bild abgespiegelt im Wasser und meinte, das sei der andere Löwe. Er schrie brüllend einen Schimpfnamen hinunter und hörte denselben Schimpfnamen wieder dumpf herauf- hallen; denn das Echo gab seine Stimme zurück. Und er meinte, der andere Löwe wolle seiner spotten. Da konnte er sich nicht mehr halten. W Er sprang hinab und — lag im Wasser und konnte sich nirgends heraushelfen, denn der Brunnen war zu tief und die Wände umher bestanden aus lauter glatten, senkrechten Felsenplatten. Der Fuchs rief aber noch etliche Tiere aus der Nähe zusammen und nun warfen sie schnell Holz und Steine und, was sie sanden, auf den betrogenen »5 Löwen, bis er ertrunken war. Aber jetzt war Freude und Jubel im ganzen Tierreich und alles dankte dem Fuchse für die große Wohltat, die er dem Lande erwiesen hatte, und weit und breit rühmte man seine List. Auch bekam er von allen Geschenke, bald ein Huhn, bald eine Gans, bald E Eier, bald Honig, bald Krebse, wie eben jedes so etwas in seiner Haushaltung erübrigen konnte. Und er führte ein herrliches Leben und pflegte sich in seinem Alter. Nach Grimm. 249. Gottes Fürsorge. 1. Weißt du, wieviel Sterne stehen An dem blauen Himmelszelt? Weißt du, wieviel Wolken gehen Weithin über alle Welt? Gott der Herr hat sie gezählet. Daß ihm auch nicht eines fehlet An der ganzen großen Zahl. 2. Weißt du, wieviel Mücklein spielen In der Hellen Sonnenglut? Wieviel Fischlein auch sich kühlen In der Hellen Wasserflut? 174 Gott der Herr rief sie mit Namen, Daß sie all' ins Leben kamen, Daß sie nun so sröhlich sind. 3. Weißt du, wieviel Kinder frühe Stehn aus ihren Bettlein auf. Daß sie ohne Sorg' und Mühe Fröhlich sind im Tageslanf? Gott im Himmel hat an allen Seine Lust, sein Wohlgefallen, Kennt auch dich und hat dich lieb. Hey- 260. Der Hund. Das Pferd nützt uns durch seine Körperkraft, die Kuh durch ihre Milch, das Schaf durch seine Wolle, der Hund aber durch seine Klugheit. Klugheit ist oft mehr wert als Wolle und Milch. Darum genießt der Hund auch die Ehre, den Menschen begleiten und mit r ihm in demselben Zimmer sein zu dürfen. Diese Auszeichnung vergilt er durch wichtige Dienste und standhafte Treue. Der wachsame Hofhund läuft während der Nacht unermüdlich im Hofe umher; der Schäferhund verliert vom Morgen bis zum Abend keine Minute lang die Herde aus den Augen und der Jagd- io Hund holt das geschossene Wild auch aus dem Wasser und bringt es freudig seinem Herrn. Und für all diese Dienste verlangt der Hund nichts weiter als einige Reste von unserer Mahlzeit und eine liebevolle Behandlung. Redet man den Hund freundlich an und streichelt ihn, so springt er freudig an uns empor, liebkoset uns und leckt uns die i5 Hand. Zeigt man ihm dagegen ein unfreundliches Gesicht oder schilt man ihn gar, so läuft er furchtsam aus dem Wege, duckt sich nieder und sucht sich zu verbergen. Fremde Hunde darf man nicht anfassen; denn der Biß eines Hundes kann oft sehr gefährlich werden. Lüben. 261. Rannitverstan. Der Mensch hat wohl täglich Gelegenheit, Betrachtungen über den Unbestand aller irdischen Dinge anzustellen, wenn er will, und kann 175 allerorts lernen, zufrieden zu sein mit seinem Schicksale, wenn auch nicht viele gebratene Tauben für ihn in der Lust Herumfliegen. Aber auf dem seltsamsten Umwege kam ein deutscher Handwerksbursche in 5 Amsterdam durch den Irrtum zur Wahrheit und zu ihrer Erkenntnis. Als er nämlich in diese große und reiche Handelsstadt voll prächtiger Häuser, wogender Schiffe und geschäftiger Menschen gekommen war, fiel ihm sogleich ein großes und schönes Haus in die Augen, wie er auf seiner ganzen Wanderschaft noch keines gesehen hatte. Lange betrachtete er w mit Verwunderung dies kostbare Gebäude, die sechs Kamine auf dem Dache, die schönen Gesimse und die hohen Fenster, größer als an des Vaters Haus daheim die Tür. Endlich konnte er sich nicht enthalten, einen Vorübergehenden anzureden. „Guter Freund," redete er ihn an, „könnt Ihr mir nicht sagen, wie der Herr heißt, dem dieses wunder- :s schöne Haus gehört?" Der Mann aber, der vermutlich etwas Wichtigeres zu tun hatte und zum Unglücke gerade so viel von der deutschen Sprache verstand als der Fragende von der holländischen, nämlich nichts, sagte kurz: „Kannitverstan!" und eilte weiter. Dies war nun ein holländisches Wort oder drei, wenn man's recht betrachtet, ro und heißt auf deutsch so viel wie: Ich kann Euch nicht verstehen. Aber der gute Fremdling glaubte, es sei der Name des Mannes, nach dem er gefragt hatte. „Das muß ein grundreicher Mann fein, der Herr Kannitverstan," dachte er und ging weiter. Gasse aus, Gasse ein kam er endlich an den Hafen. Da stand 2s nun Schiff an Schiff und Mastbaum an Mastbaum und er wußte anfänglich nicht, wie er es mit seinen einzigen zwei Angen durchfechten werde, alle diese Merkwürdigkeiten genau zu sehen und zu betrachten, bis endlich ein großes Schiff seine Aufmerksamkeit auf sich zog, das vor kurzem aus Ostindien angelangt war und jetzt eben ausgeladen Zo wurde. Schou standen ganze Reihen von Kisten und Ballen auf- und nebeneinander am Lande. Noch immer wurden mehr herausgewälzt und Fässer voll Zucker uud Kaffee, voll Reis und Pfeffer. Als er aber lange zugesehen hatte, fragte er endlich einen, der eben eine Kiste auf der Achsel heraustrug, wie denn der glückliche Mann heiße, dem Zs das Meer alle diese Waren an das Land bringe. „Kannitverstan!" war die Antwort. Da dachte er: „Haha, kein Wunder! Wem das Meer solche Reichtümer an das Land schwemmt, der kann gut solche Häuser bauen." 176 4o Jetzt ging er wieder zurück und stellte eine recht traurige Betrachtung bei sich selbst an, was er sür ein armer Mensch sei unter so vielen reichen Leuten in der Welt. Aber als er eben dachte: „Wenn ich's doch nur auch einmal so gut bekäme, wie dieser Herr Kannitverstan es hat!" kam er um die Ecke und erblickte einen großen Leichenzug. 45 Vier schwarz vermummte Pferde zogen einen ebenfalls schwarz über¬ zogenen Leichenwagen langsam und traurig, als ob sie wüßten, daß sie einen Toten in seine Ruhe führten. Ein langer Zug von Freunden und Bekannten des Verstorbenen folgte nach. Paar um Paar, verhüllt in schwarze Mäntel und stumm. In der Ferne läutete ein einsames 5» Glöcklein. Jetzt ergriff unfern Fremdling ein wehmütiges Gefühl, das an keinem guten Menschen vorübergeht, wenn er eine Leiche sieht, und er blieb mit dem Hut in den Händen andächtig stehen, bis alles vorüber war. Doch machte er sich an den letzten vom Zuge, ergriff ihu sachte am Mantel und bat ihn treuherzig um Entschuldigung. 55 „Das muß wohl auch ein guter Freund von Euch gewesen sein," sagte er, „dem das Glöcklein läutet, daß Ihr so betrübt und nach¬ denklich mitgeht?" „Kannitverstan!" war die Antwort. Da fielen unserm guten Handwerksburschen ein paar große Tränen aus den Augen und es ward ihm auf einmal schwer und wieder leicht ums vo Herz. „Armer Kannitverstan!" rief er aus, „was hast du nun von all deinem Reichtums? Was ich einst von meiner Armut auch bekomme: ein Totenkleid und ein Leintuch." Mit diesen Gedanken begleitete er die Leiche, als wenn er dazu gehörte, bis ans Grab, sah den ver¬ meintlichen Herrn Kannitverstan hinabsenken in seine Ruhestätte und «5 ward von der holländischen Leichenpredigt, von der er kein Wort verstand, mehr gerührt als von mancher deutschen, auf die er nicht achtgab. Endlich ging er leichten Herzens mit den andern wieder fort, verzehrte in seiner Herberge, wo man deutsch verstand, mit gutem 7v Appetit ein Stück Limburger Käse, und wenn es ihm wieder einmal schwer fallen wollte, daß so viele Leute iu der Welt so reich seien und er so arm, so dachte er nur an den Herrn Kannitverstan in Amsterdam, an sein großes Haus, an sein reiches Schiff und an sein enges Grab. Nach Hebel. 178 „Eme Mutter," dachte Rübezahl, „ist doch wahrlich ein gutes Geschöpf! Schleppt sich da mit vier Kindern, wartet dabei ihres Berufes 10 ohne Murren und wird sich noch mit der Bürde des Korbes belasten müssen!" Diese Betrachtung versetzte ihn in eine gutmütige Stimmung und er war geneigt, sich mit der Frau in eine Unterredung einzulassen. Die Frau setzte ihre Kinder auf den Rasen und streifte Laub von den Büschen; indessen wurde den Kleinen die Zeit lang und sie 15 fingen an, heftig zu schreien. Alsbald verließ die Mutter ihr Geschäft, spielte und tändelte mit den Kindern, wiegte sie in Schlaf und ging wieder an ihre Arbeit. Bald daraus stachen die Mücken die kleinen Schläfer und sie fingen ihren Gesang von neuem an; die Mutter wurde darüber nicht ungeduldig, sie lief ins Holz, pflückte Erdbeeren 2» und Himbeeren und brachte sie den Kindern. Allein der Schreier, der vorher auf der Mutter Rücken ritt, wollte sich durchaus nicht befriedigen lassen, war ein eigensinniger, störriger Junge, der die Erdbeeren, die ihm die liebreiche Mutter darreichte, von sich warf und dazu fchrie, als wenn er gespießt wäre. Darüber riß ihr doch endlich die Geduld. 25 „Rübezahl," rief sie, „komm und hole den Schreier!" Augenblicks erschien Rübezahl in Köhlergestalt, trat zum Weibe und sprach: „Hier bin ich, was ist dein Begehr?" Die Frau geriet über die Erscheinung in großen Schrecken; da sie aber ein herzhaftes Weib war, sammelte sie sich bald und faßte Mut. „Ich ries dich nur," sprach sie, „meine Kinder schweigen zu machen; nun sie ruhig sind, bedarf ich deiner nicht. Habe Dank für deinen guten Willen!" „Weißt du auch," entgegnete Rübezahl, „daß man mich hier nicht ungestraft ruft? Ich halte dich beim Worte, gib mir deinen Schreier!" Darauf streckte er die rußige Hand nach dem Knaben aus. 35 Wie eine Gluckhenne mit dem stärkeren Feinde einen ungleichen Kampf beginnt, so fiel das Weib dem schwarzen Köhler wütend in den Bart und rief: „Das Herz mußt du mir erst aus dem Leibe reißen, ehe du mir mein Kind raubst!" Eines so mutvollen Angriffes hatte sich Rübezahl nicht versehen; 4» lachend wich er zurück. Das Weib, das sich bald beruhigt fühlte, raffte nun das Laub in den Korb und band oben darauf den kleinen Schreier. Weil aber die Bürde allzufchwer war, half ihr Rübezahl den Korb aufnehmen. Darauf ging sie ihres Weges. 179 Je weiter sie ging, desto schwerer wurde der Korb, so daß sie 4-> unter der Last schier erlag und alle zehn Schritte ausschnaufen mußte. Das schien ihr nicht mit rechten Dingen zuzugehen; sie wähnte, Rübezahl habe ihr einen Possen gespielt und Steine unter das Laub gelegt; darum setzte sie den Korb auf den nächsten Rand und stürzte ihn um. Doch es fielen nur Laubblätter heraus und keine Steine. Also 5« füllte sie ihn wieder zur Hälfte und raffte noch so viel Laub ins Vortuch, als sie darin fassen konnte; aber bald wurde ihr die Last von neuem zu schwer und sie mußte nochmals ausleeren. Die rüstige Frau hatte gar oft Graslasten heimgetragen, doch solche Mattigkeit noch nie gefühlt. Dessenungeachtet besorgte sie bei ihrer Heimkunft den Haushalt, warf den Ziegen und den jungen Zicklein das Laub vor, gab den Kindern das Abendbrot, brachte sie in den Schlaf, betete ihr Abendgebet und schlief fröhlich ein. Die Morgenröte weckte das geschäftige Weib zu ihrem Tage¬ werke aus dem gesunden Schlafe. Sie ging zuerst mit dem Melkfasfe <>o ihrer Gewohnheit nach zum Ziegenstalle. Welch ein schreckenvoller Anblick! Das gute Haustier, die alte Ziege, lag da, starr und steif, hatte alle Viere von sich gestreckt und war verschieden; die Zicklein aber verdrehten die Augen gräßlich im Kopfe, streckten die Zunge weit heraus und gewaltsame Zuckungen verrieten, daß sie der Tod <>; ebenfalls schüttelte. So ein Unglückssall war der guten Frau noch nicht begegnet, seitdem sie wirtschaftete; ganz betäubt vom Schrecken sank sie ans ein Büudlein Stroh hin, hielt die Schürze vor die Augen und seufzte tief: „Ich unglückliches Weib, was fang' ich an?" Wie sie die Augen aufschlug, lag vor ihren Füßen ein Blättleiu, 70 das schimmerte und blinkte so hell und., hochgelb wie gediegenes Gold; sie hob es auf, besah's und es war schwer wie Gold. Rasch sprang sie auf, lief damit zu ihrer Nachbarin und zeigte ihr den Fund. Diese erkannte das Blatt für reines Gold und zählte ihr dafür fünf Gulden bar auf den Tisch. Vergessen war nun alles Herzeleid. Solchen Schatz 7» an Barschaft hatte das arme Weib noch nicht in ihrem Besitze gehabt. Sie lief zum Bäcker und kaufte Brot und Semmeln. Wie zappelten die Kleinen der fröhlichen Mutter entgegen, da sie hereintrat und ihnen das Frühstück austeilte! Sie überließ sich ganz der mütterlichen Freude, die hungrige Kiuderschar zu sättigen, und nun war ihre nächste Sorge, 8» das tote Vieh beiseite zu schaffen. Aber ihr Erstaunen ging über t2* 180 alles, als sie von ungefähr in den Futtertrog sah und einen ganzen Haufen goldener Blätter darin erblickte. Daher schärfte sie geschwind das Küchenmesser, öffnete den Ziegenleichnam und fand im Magen 85 einen Klumpen Gold, so groß wie ein Apfel und so auch nach Ver¬ hältnis in den Magen der Zicklein. Nun war das Weib mit den Kindern vor Not geborgen. Nach Muiäus. 254. Die Haustiere. Franz ist bei einem Bauersmann gewesen, der ihm seinen Hof gezeigt hat. Hören wir, was Franz erzählt! Dicht am Tore stand eine Hütte, in welcher der große Haus¬ hund lag. Die Sonne schien ihm ins Gesicht; darum blinzelte er mit 5 den Augen. Manchmal schnappte er nach den Fliegen, die seinen Futtertrog umschwärmten. Bei Tage muß er ein wenig schlafen; denn er wacht die ganze Nacht. Der Packan ist ein gar treuer Wächter. Still auf dem Boden lag die Katze. Plötzlich spitzte sie die Ohren und ringelte den Schweif; dann machte sie einen Sprung und w richtig hatte sie die Mans erwischt. Nun führte mich der Bauer in den Stall. Da standen Kühe, Kälber und Ochsen; wir waren im Rinderstall. Der Bauer sagte: „Da sind meine Milchkühe und da meine Zugochsen. Draußen auf dem Felde sind die Pferde, die ziehen den Pflug. Der Esel, der 15 träge Gesell, hat einen Sack Korn in die Mühle tragen müssen. Kommt er heim, so soll er einen Leckerbissen haben! ich habe ihm Disteln vom Felde mitgebracht. Jetzt komm zum zweiten Stalle! Dort find meine Schafe. Aus der weichen Wolle, die sie tragen, wird der Tuchmacher feines Tuch eo weben und der Schneider soll dir einen schönen Rock daraus machen. Die Schafe sind/gar nützliche Tiere. Da im Garten siehst du die genäschige Ziege. Sie würde lieber auf den Bergen umhersteigen und im Walde ihre Nahrung suchen. Hier muß ich sie mit einem langen Stricke an den Pflock binden. 25 Wenn ich sie frei gehen ließe, würde sie meine jungen Obstbäume verderben. Hörst du es in dem niedrigen Stalle schnaufen und grunzen? Das sind die Mastschweine. Mit ihren Rüsseln wühlen sie im 181 Schmutz und die großen, hängenden Ohren verdecken beinahe ihre Augen. Sie sehen gar unsauber aus und doch wird uns der Schweine- so braten wohlschmecken. Ihre Borsten wird der Bürstenbinder zu Bürsten verwenden." „Kikeriki!" ries es lustig. Das war der Haushahn. Er stand auf einem Düngerhaufen und streckte den Hals mit den glänzenden Federn gar stolz in die Höhe. Dann nickte er mit dem Kopfe, auf dem s; er den roten Kamm wie eine Krone trug. Gern hätte ich ein paar Federn aus seinem Schwänze gehabt; aber die läßt sich der Hahn nicht nehmen. „Gluck, Gluck!" rief ängstlich die alte Henne. Da kamen die Küchlein herbei und krochen unter die Flügel der Mutter. w Gäuse und Enten, große und kleine, schwammen auf dem Teiche umher; sie tauchten kopfunter ins Wasser und reckten ihre Beinchen in die Höhe. Der Truthahn im Hof kollerte, der Pfau schrie. Was für schöne Federn sah ich in seinem Schwänze, als er ein Rad schlug! 45 Aber seine Stimme klingt doch gar nicht schön. Auf hoher Säule stand das Taubenhaus. Friedlich flogen die zierlichen Tauben aus und ein. Als die Sonne unterging, kamen die Knechte mit den Pferden vom Felde. Der Bauer hob mich auf den großen Rappen und auf 50 dem ritt ich in den Stall. Kummer -Bran ky-Hofbauer, Lesebuch. 255. Oiscl 61Q68 1. lell bin so Zar ein armer Nanu Onä Zelle Zan? allein; lell mo obte rvobl nur einmal nooll lleollt trollen Älates sein. 2. In meiner liellen lllltern Hans ^Var iell ein trollss Xinä; Oer llittre Xnmmer ist mein Deil, Leit sie llsZrallen sinä. 183 Wie er so dahingiug und immer ein Bein vor das andere setzte, kam ihm ein Reiter in die Augen, der frisch und fröhlich auf einem w muntern Pferde vorbeitrabte. „Ach," sprach Hans ganz laut, „was ist das Reiten ein schönes Ding! Da sitzt einer wie auf einem Stuhl, stößt sich an keinen Stein, spart die Schuhe und kommt fort, er weiß nicht wie." Der Reiter, der das gehört hatte, rief ihm zu: „Ei, Hans, warum läufst du auch zu Fuß?" „Ich muß ja wohl," w antwortete er, „da habe ich einen Klumpen heimzntragen; es ist zwar Gold, aber ich kann den Kopf dabei nicht grad halten, auch drückt mir's auf die Schulter." „Weißt du was," sagte der Reiter und hielt an, „wir wollen tauschen: ich gebe dir mein Pferd und du gibst mir deinen Klumpen." „Von Herzen gern," sprach Hans, 20 „aber ich sage Euch, Ihr müßt Euch damit schleppen." Der Reiter stieg ab, nahm das Gold nnd half dem Hans hinanf, gab ihm die Zügel fest in die Hände und sprach: „Wenn's nun recht geschwind gehen soll, so mußt du mit der Zunge schnalzen und hopp, hopp! rufen." Hans war seelenfroh, als er auf dem Pferde saß und so frank rs nnd frei dahinritt. Über ein Weilchen fiel's ihm ein, es sollte noch schneller gehen, nnd er fing an, mit der Zunge zu schnalzen und hopp, hopp! zu rufen. Das Pferd setzte sich in starken Trab, und ehe sich's Hans versah, war er abgeworfen und lag in einem Graben, der die Äcker von der Landstraße trennte. Das Pferd wäre auch »o durchgegangen, wenn es nicht ein Bauer aufgehalteu hätte, der des Weges kam und eine Kuh vor sich her trieb. Haus suchte seine Glieder zusammen und machte sich wieder auf die Beine. Er war aber- verdrießlich nnd sprach zu dem Bauer: „Es ist ein schlechter Spaß, das Reiten, zumal wenn man auf s.o eine Mähre gerät wie diese, :rs die stößt und einen herabwirft, daß man den Hals brechen kann; ich setze mich nun und nimmer wieder auf. Da lob' ich mir Eure Kuh; da kann einer mit Gemächlichkeit hinterher gehen und hat obendrein seine Milch, Butter und Käse jeden Tag gewiß. Was gab' ich drum, wenn ich so eine Kuh hätte!" „Nun," sprach der Bauer, „geschieht w Euch ein so großer Gefallen, so will ich Ench wohl die Kuh für das Pferd vertauschen." Hans willigte mit tansend Freuden ein, der Bauer schwang sich aufs Pferd und ritt eilig davon. Hans trieb seine Kuh ruhig vor sich her und bedachte den glücklichen Handel. „Hab' ich nur ein Stück Brot, und daran wird 45 184 mir's doch nicht fehlen, so kann ich, sooft mir's beliebt, Butter und Käse dazu essen: hab' ich Durst, so melke ich meine Kuh und trinke Milch. Herz, was verlangst du mehr?" Als er zu einem Wirtshause kam, machte er halt, aß in der großen Freude alles, was er bei sich 5« hatte, sein Mittag- und Abendbrot rein ans und ließ sich für seine letzten paar Heller ein halbes Glas Bier einschenken. Dann trieb er seine Kuh weiter, immer nach dem Dorfe seiner Mutter zu. Die Hitze wurde aber drückender, je näher der Mittag kam, und Hans befand sich in einer Heide, die wohl noch eine Stunde dauerte. Da wurde 55 es ihm ganz heiß, so daß ihm vor Durst die Zunge am Gaumen klebte. „Dem Ding ist zu helfen," dachte Hans, „jetzt will ich meine Kuh melken und mich an der Milch laben." Er band sie an einen dürren Baum, und da er keinen Eimer hatte, so stellte er seine Ledermütze unter; aber wie er sich auch bemühte, es kam kein Tropfen «o Milch zum Vorschein. Und weil er sich ungeschickt dabei anstellte, so gab ihm das ungeduldige Tier endlich mit einem der Hinterfüße einen solchen Schlag vor den Kopf, daß er zu Boden taumelte und eine Zeitlang sich gar nicht besinnen konnte, wo er war. Glücklicher¬ weise kam gerade ein Metzger des Weges, der auf einem Schubkarren 65 ein junges Schwein liegen hatte. „Was sind das für Streiche!" rief er und half dem armen Hans auf. Hans erzählte, was vorgefallen war. Der Metzger reichte ihm die Flasche und sprach: „Da trinkt einmal und erholt Euch! Die Kuh will wohl keine Milch geben? Das ist ein altes Tier, das höchstens noch zum Ziehen taugt oder 7v zum Schlachten." „Ei, ei," sprach Hans und strich sich die Haare über den Kopf, „wer hätte das gedacht! Es ist freilich gut, wenn man so ein Tier fürs Haus abschlachten kann, was gibt's für Fleisch! Aber ich mache mir aus dem Kuhfleisch nicht viel, es ist mir nicht saftig genug. Ja, wer so ein junges Schwein hätte! Das schmeckt 75 anders, dabei noch die Würste!" „Hört, Hans!" sprach da der Metzger, „Euch zuliebe will ich tauschen und will Euch das Schwein für die Kuh lassen." „Gott lohn' Euch Eure Freundschaft!" sprach Hans, übergab ihm die Kuh und ließ sich das Schweinchen vom Karren losmachen und den Strick, woran es gebunden war, in die 80 Hand geben. Hans zog weiter und überdachte, wie ihm doch alles nach Wunsch ginge; begegnete ihm ja eine Verdrießlichkeit, so würde sie doch 185 gleich wieder gut gemacht. — Es gesellte sich darnach ein Bursche zu ihm, der eine schöne, weiße Gans unter dem Arme trug. Sie wünschten einander einen guten Tag und Haus fing an, ihm von seinem Glück 8.'» zu erzählen und wie er immer so vorteilhaft getauscht hätte. Der Bursche erzählte ihm, daß er die Gans zu einem Kindstaufschmause bringe. „Hebt einmal," fuhr er fort und packte sie bei den Flügeln, „wie schwer sie ist! Die ist aber auch acht Wochen lang genudelt worden. Wer in den Braten beißt, muß sich das Fett von beiden oo Seiten abwischen." „Ja," sprach Hans und wog sie mit der einen Hand, „die hat ihr Gewicht, aber mein Schwein ist auch keine Sau." Indessen sah sich der Bursche nach allen Seiten ganz bedenklich um, schüttelte auch wohl mit dem Kopfe. „Hört," fing er darauf an, „mit Eurem Schwein mag's nicht ganz richtig sein. In dem Dorfe, ss durch das ich gekommen bin, ist eben dem Bürgermeister eins aus dem Stall gestohlen worden. Ich fürchte, ich fürchte, Ihr habt's da in der Hand. Sie haben Leute ausgeschickt und es wäre ein schlimmer Handel, wenn sie Euch nnt dem Schweine erwischten: das geringste ist, daß Ihr ins finstere Loch gesteckt werdet." Dem guten Hans wo ward bang. „Ach Gott," sprach er, „helft mir aus der Not! Ihr wißt hier herum bessern Bescheid; nehmt mein Schwein da und laßt mir Eure Gans!" „Ich muß schon etwas aufs Spiel setzen," antwortete der Bursche, „aber ich will doch nicht schuld sein, daß Ihr ins Unglück geratet." Er nahm also das Seil in die Hand und ios trieb das Schwein schnell auf einem Seitenwege fort; der gute Hans aber ging, seiner Sorgen entledigt, mit der Gans unter dem Arme der Heimat zu. „Wenn ich's recht überlege," sprach er zu sich selbst, „habe ich noch Vorteil bei dem Tausche: erstlich den guten Braten, hernach die Menge von Fett, die herausträufeln wird, das gibt 110 Gänsefettbrot auf ein Vierteljahr; und endlich die schönen, weißen Federn, die lass' ich mir in mein Kopfkissen stopfen und darauf will ich wohl ungewiegt einschlafen. Was wird meine Mutter für eine Freude haben!" Als er durch das letzte Dorf gekommen war, stand da ein 115 Scherenschleifer mit seinem Karren, sein Rad schnurrte uud er sang dazu: „Ich schleife die Schere und drehe geschwind Und hänge mein Mäntelchen nach dem Wind." j 86 iso Hans blieb stehen und sah ihm zu; endlich redete er ihn an und sprach: „Euch geht's wohl, weil Ihr so lustig bei Eurem Schleifen seid." „Ja," antwortete der Scherenschleifer, „das Handwerk hat einen goldenen Boden. Ein rechter Schleifer ist ein Mann, der, sooft er in die Tafche greift, auch Geld darin findet. Aber wo habt 125 Ihr die schöne Gans gekauft?" — „Die hab' ich nicht gekauft, sondern für mein Schwein eingetauscht." — „Und das Schwein?" — „Das hab' ich für eine Kuh gekriegt." — „Und die Kuh?" — „Die hab' ich für ein Pferd bekommen." — „Und das Pferd?" — „Dafür hab' ich einen Klumpen Gold, so groß wie mein Kopf, gegeben." — iso „Und das Gold?" — „Ei, das war mein Lohn für sieben Jahre Dienst." — „Ihr habt Euch jederzeit zu helfen gewußt, sprach der Schleifer; könnt Jhr's nun dahin bringen, daß Ihr das Geld in der Tasche springen hört, wenn Ihr aufsteht, so habt Ihr Euer Glück gemacht." „Wie soll ich das anfangen?" sprach Hans. „Ihr müßt iss ein Schleifer werden wie ich; dazu gehört eigentlich nichts als ein Wetzstein, das andere findet sich schon von selbst. Da hab' ich einen, der ist zwar ein wenig schadhaft, dafür sollt Ihr mir aber auch weiter nichts als Eure Gaus geben; wollt Ihr das?" „Wie könnt Ihr noch fragen?" antwortete Haus, „ich werde ja zum glücklichsten i4o Menschen auf Erdeu; habe ich Geld, sooft ich in die Tasche greife, was brauche ich da länger zu sorgen?" reichte ihm die Gans hin und nahm den Wetzstein in Empfang. „Nun," sprach der Schleifer und hob einen gewöhnlichen schweren Feldstein, der neben ihm lag, auf, „da habt Ihr noch einen tüchtigen Stein dazu, auf dem fich's i»-> gut schlagen läßt und Ihr Eure Nägel gerade klopfen könnt. Nehmt ihn und hebt ihn ordentlich auf!" Haus lud die Steine auf und ging mit vergnügtem Herzen weiter; seine Augen leuchteten vor Freude. „Ich muß in einer Glückshaut geboren sein," rief er aus, „alles, was ich wünsche, trifft iso mir ein wie einem Sonntagskind!" Indessen, weil er seit Tages¬ anbruch auf den Beinen gewesen war, begann er müde zu werden; auch plagte ihn der Hunger, da er allen Vorrat auf einmal in der Frende über die erhaltene Kuh aufgezehrt hatte. Er konnte endlich nur mit Mühe weitergeheu und mußte jeden Augenblick Haltmachen, iss dabei drückten ihn die Steine ganz erbärmlich. Da konnte er sich des Gedankens nicht erwehren, wie gut es wäre, wenn er sie gerade jetzt 187 nicht zn tragen brauchte. Wie eine Schnecke kam er zu einen: Feld¬ brunnen geschlichen, wollte da ruhen und sich mit einem frischen Trunk laben; damit er aber die Steine im Niedersitzen nicht beschädigte, legte er sie bedächtig neben sich auf den Rand des Brunnens. Darauf wo setzte er sich nieder und wollte sich zum Trinken bücken: da versah er's, stieß ein klein wenig an und beide Steine plumpsten hinab. Hans sprang, als er sie mit seinen Augen in die Tiefe hatte versinken sehen, vor Freuden auf, kniete daun nieder und dankte Gott mit Tränen in den Augen, daß er ihm auch diese Gnade erwiesen und i«5 ihn auf eine so gute Art, und ohne daß er sich einen Vorwurf zu machen brauchte, von den schweren Steinen befreit hätte, die ihm allein noch hinderlich gewesen wären. „So glücklich wie ich," rief er ans, „gibt es keinen Menschen unter der Sonne!" Mit leichtem Herzen und frei von aller Last sprang er nun fort, bis er daheim bei seiner i?o Mutter war. Brüder Grimm. 287. Der brave Bauersmann. In den: schönen Lande Italien liegt an dem Flusse Etsch eine Stadt, die heißt Verona. Uber den Fluß führte vor Jahren eine schöne Brücke, auf deren mittelstem Pfeiler ein Häuschen stand. In diesem Häuschen lebte ein Manu, der den Brückenzoll von Vorüber¬ gehenden oder -fahrenden einnahm und deswegen von den Leuten kurzweg der Zöllner genannt wurde. In einem strengen Winter war der Etschflnß dick zugefroren, und weil plötzlich starkes Tauwetter eintrat, so schmolz der Schnee in den Gebirgen und Ströme Wassers stürzten herab und schwellten den Fluß so sehr an, daß er die Eisdecke zerbrach, ehe man sich w dessen versah. Das Eis schwamm in mächtigen Stucken gegen die Brücke und riß, ehe der Zöllner mit Frau und Kindern flüchten konnte, hüben und drüben die Brückenbogen nieder, so daß er nirgends mehr einen Ausweg fand. Das Eis drang inimer zerstörender und gewaltiger heran, zertrümmerte nach und nach das übrige feste is Gemäuer der Brücke und nach wenigen Stunden war nichts mehr davon übrig als der einzige Pfeiler, auf dem des Zöllners Häuschen stand. Der Unglückliche, der seinen eigenen und seiner ganzen Familie Tod vor Augen sah, jammerte händeringend nach Hilfe. Aber obwohl 188 2« viele Menschen an beiden Ufern des Flusses standen und auch Nachen zur Hand waren, so hatte doch niemand den Mut, den Kahn durch die rollenden Eisschollen zu zwingen, um den verzweifelnden Zöllner mit seiner Familie zu erretten. Ein reicher Graf sprengte heran, hielt einen mit Gold gefüllten 25 Beutel in die Höhe und rief: „Dies zur Belohnung dem, der es wagt, die unglückliche Familie des Zöllners zu retten!" Die umstehende Menge vernahm die Worte des edlen Grafen; aber keiner fand sich, das Wagestück zu versuchen, so lockend auch der Preis in den Ohren erklang. so Schon gab man alle Hoffnung für die Bedrängten auf; da schritt ein schlichter Landmann durch die Menge an das Ufer, löste einen Nachen, sprang hinein und zwängte mit starkem Arme und hohem Mute den Kahn durch das krachende Eis und durch die rauschenden Wogen. Mit bangem Herzen schaute ihm die Menge nach, 35 mit bangem Herzen erwartete der Zöllner seinen Retter. Glücklich kam dieser an; aber der Nachen war zu klein, die ganze Familie zu fassen. Und dreimal wiederholte der Landmann sein kühnes Beginnen, dreimal fuhr er an den Pfeiler und wieder zurück und ruhte nicht, bis ihm die edle Tat ganz gelungen war. 4o Die Geretteten überhäuften ihn mit Danksagungen und der Graf überreichte ihm den Beutel mit Goldstücken. Aber diesen wies der Landmann zurück. „Nicht für Geld," sagte er, „habe ich mein Leben gewagt. Schenkt es dem armen Zöllner, der all sein Hab und Gut verloren hat!" 45 Ohne eine Antwort abzuwarten, zerteilte er die Menge der Umstehenden und verschwand in der Ferne. Lauter Beifallsruf folgte ihm nach. Sein Name ist nicht bekannt geworden, aber der liebe Gott im Himmel kennt ihn und wird den schlichten Landmann segnen für 50 seinen Edelmut. Franz Hoffmann. 288. Dss Nauxrnney. Henriette machte einmal des Abends mit ihrer Mutter einen Spaziergang in das Feld. Sie war von ihr dazu gewöhnt, alles mit Aufmerksamkeit zu betrachten, was um sie her war. Dieses tat sie 18!) auch jetzt. Auf einmal blieb sie stehen und rief: „Mutter, Mutter, komm geschwind her und sieh, was das ist!" 5 Die Mutter kam und siehe, da war ein Nesselbusch, der ganz mit Raupen bedeckt war — lauter häßliche, schwarze Tiere mit stachlichtem Rücken und grünen Streisen zwischen den Stacheln. „Soll ich die Raupen tottreten?" sragte Henriette. „Nein," sagte die Mutter, „denn wie du siehst, nähren sie sich von den Nesseln und 10 sind also nicht schädlich. Wenn sie aber auf einem Kirschbaume oder aus einer anderen nützlichen Pflanze säßen, dann dürstest du sie als schädliche Tiere tottreten. Höre, wie du dir mit diesen Tierchen eine recht große Freude machen kannst. Nimm sie mit nach Hause und süttere sie!" 15 „Ach ja," sagte Henriette, „das will ich tun." — Sie griff hastig zu, zog aber sogleich schreiend ihre Hand zurück, denn sie hatte nicht bedacht, daß die Nesseln brennen. „Kannst dn denn die Nesseln nicht abreißen, ohne daß sie dich brennen?" fragte die Mutter. Jetzt besann sich Henriette, zog das Schnupftuch aus der Tasche, wickelte 20 es um die Hand und riß nun behutsam die Nesseln ab. Freudig trug sie die Raupen nach Hause, steckte sie mit den Nesseln in ein großes Glas, das ihr die Mutter dazu gab und band ein Papier darüber. „Aber willst du denn, daß deine Raupen ersticken sollen?" sragte die Mutter. „Nein, das will ich nicht," antwortete Henriette. „Nun, 25 so mußt du kleine Löcher in das Papier stechen, damit frische Luft in das Glas kommt." — Dies tat Henriette und hatte ihre Freude daran zu sehen, wie die Raupen ein Blatt nach dem andern abfraßen. Als ani anderen Tage Henriette ihr Frühstück verzehrt hatte, fragte die Mutter: „Hast du denn auch an die Raupen gedacht und 30 ihnen ihr Frühstück gegeben?" „O," sagte Henriette, „die Raupen haben noch das ganze Glas voll Nesseln." „Aber sieh sie an," sagte die Mutter, „ob sie nicht ganz vertrocknet sind! Dürre Nesseln können doch die armen Tiere nicht fressen. Da du die Gäste einmal angenommen hast, so ist es auch deine Pflicht, ihnen alle Tage frische 35 Nesseln zu holen und sie gut zu ernähren; denn sie selbst können es nun nicht mehr, da ihnen die Freiheit genommen ist." — Dies merkte sich Henriette und vergaß ihre kleinen Gäste nicht weiter. Fünf Tage hatte sie ihnen nun reichlich Futter gegeben und fröhlich zugesehen, wie sie es verzehrten. Am sechsten Tage wollte sie 40 190 ihnen auch Futter geben; aber, o Wunder! da sie das Papier weg¬ nehmen wollte, hatten sich alle Raupen darangehängt. Mit den Hinterfüßen saßen sie teils am Papier, teils am Glase so fest, als ob sie angeleimt wären. Geschwind lief Henriette zur Mutter und 45 zeigte ihr die aufgehängten Raupen. Besorglich fragte sie: „Aber was fehlt ihnen denn, liebe Mutter? Ich habe sie alle Tage so reichlich gefüttert und nun werden sie mir doch sterben." „Sei ruhig," antwortete die Mutter, „sie werden nicht sterben, sondern dir noch viele Freude machen. Laß sie nur ungestört hangen!" — Das tat 50 Henriette und machte ganz behutsam das Glas wieder zu. Kaum war sie am folgenden Tage aus dem Bette, so lief sie nach dem Glase und siehe, da gab es schon wieder etwas Neues. Die Raupen waren verschwunden und nun hingen lauter länglichrunde Püppchen da mit einer kleinen Krone auf dem Kopfe. Sie lebten und bewegten sich hin 55 und her. Henriette machte große Augen, schlug die Hände zusammen und wußte nicht, was sie dazu sagen solle. Endlich rief sie: „Mutter, Mutter, komm geschwind herbei und sieh, was aus meinen Raupen geworden ist!" „Habe ich dir nicht gesagt," antwortete die Mutter, „daß sie dir noch viele Freude machen würden? Betrachte sie nur «o genau; sie haben ihre Häute abgestreift, die du hier hangen siehst, und haben sich verwandelt in Dinger, die man Puppen nennt. Laß sie nur hangen und sieh alle Tage nach dem Glase; vielleicht erblickst du etwas, das dir noch mehr Freude macht!" Henriette vergaß nicht, alle Tage nach dem Glase zu sehen; 65 aber ihrer Ungeduld währte es zu lange, ehe sie wieder eine Ver¬ änderung benierkte, und beinahe hatte sie schon alle Hoffnung auf¬ gegeben. — Einige Wochen waren schon vergangen, als Henriette auch einmal wieder nach ihrem Glase sah und was erblickte sie? Da war alles in dem Glase voll schöner, bunter Schmetterlinge. „Ach, 7<> sieh doch, liebste Mutter," rief sie, „was in meinem Glase ist!" Lächelnd kam die Mutter, und als nun beide genauer zusahen, erblickten sie ein neues Wunder. Ein Schmetterling, der in einer Puppe steckte, drückte mit seipeu zarten Füßchen die Puppe voneinander und kroch heraus. Seine Flügel waren ganz klein nnd zusammengerollt 75 wie ein Stück Papier. Er lief geschwind am Glase hinauf und hängte sich an das Papier. Die Flügel wuchsen fast sichtlich und nach einer Viertelstunde hingen sie vollkommen da. So ging es nun den ganzen 1i)2 befolgte nicht, was ihm die Ärzte anrieten nnd befahlen, sondern sagte: „Wozu bin ich ein reicher Mann, wenn ich wie ein Hund leben soll ? und der Doktor will mich für mein Geld nicht gesund machen !" Endlich hörte er von einem Arzte, der hundert Stunden entfernt so wohnte, aber so geschickt wäre, daß die Kranken gesund würden, wenn er sie nur recht anschaue, und der Tod ginge ihm aus dem Wege, wo er sich sehen ließe. Zu diesem Arzte faßte der Mann ein Zutrauen und schrieb ihm über seine Krankheit. Der Arzt merkte bald, was ihm fehle, nämlich nicht Arznei, 35 sondern Mäßigkeit und Bewegung, und sagte: „Wart, dich will ich bald geheilt haben!" Deshalb schrieb er ihm ein Brieflein folgenden Inhaltes: „Guter Freund! Ihr habt eine schlimme Krankheit; doch wird Euch noch zu helfen sein, wenn Ihr folgen wollt. Ihr habt ein böses Tier im Bauche, einen Lindwurm mit sieben Mäulern. Mit deni Lindwurm muß ich selber reden und ihr müßt zu mir kommen. Aber zunächst dürft Ihr weder fahren noch reiten, sondern müßt ans des Schusters Rappen zu mir kommen; sonst schüttelt Ihr den Lindwurm und er beißt Euch die Eingeweide durch, sieben Därme auf einmal. Sodann dürft Ihr nicht mehr essen als zweimal 45 des Tages einen Teller voll Gemüse, mittags ein Bratwürstlein dazu nnd abends ein Ei nnd am Morgen ein Fleischsüppchen nut Schnitt¬ lauch darauf. Was ihr mehr esset, davon wird nur der Lindwurm größer, also daß er euch die Leber erdrückt, nnd der Schneider hat Euch dann nimmer viel anzumessen, wohl aber der Schreiner. Dies 5» ist mein Rat, und wenn Ihr mir nicht folgt, so hört Ihr im andern Frühjahr den Kuckuck nimmer schreien. Tut, was Ihr wollt!" Als der Patient diesen Brief gelesen hatte, ließ er sich sogleich den andern Morgen die Stiefel wichsen nnd machte sich auf den Weg, wie ihm der Doktor befohlen hatte. Den ersten Tag ging es 55 so langsam, daß wohl eine Schnecke sein Vorreiter hätte sein können, nnd wer ihn grüßte, dem dankte er nicht, und wo ein Würmchen auf der Erde kroch, das zertrat er. Aber schou ani zweiten nnd am dritten Morgen kani es ihm vor, als wenn die Vögel schon lange nicht so lieblich gesungen hätten wie heute und der Tau schien ihm eo so frisch und die Kornblumen im Felde so blau und alle Leute, die ihm begegneten, sahen so freundlich aus und er auch; nnd alle Morgen, wenn er aus der Herberge ging, war's schöner nnd er 194 Das Käferlein, das Vögelein Darf sich ja auch des Maien freun. 4. Und uns zuliebe schmücken ja Sich Wiese, Berg und Wald Und Vögel singen fern und nah. Daß alles widerhallt. Bei Arbeit singt die Lerch' uns zu, Die Nachtigall bei süßer Ruh. 5. Und wenn die goldne Sonn' ausgeht Und golden wird die Welt Und alles in der Blüte steht Und Ähren trägt das Feld, Dann denk' ich: „Alle diese Pracht Hat Gott zu meiner Lust gemacht!" 6. Dann preis' ich Gott und lob' ich Gott Und schweb' in hohem Mut Und denk': „Es ist ein lieber Gott Und meint's mit Menschen gut! Drum will ich immer dankbar sein Und mich der Güte Gottes freun." Miller. 261. Sprüche. 1. Zufriedenheit ist der größte Reichtum. 2. Strecke dich nach der Decke! 3. Wer den Heller nicht ehrt, Ist des Talers nicht wert. 262. Frau Holle. Eine Witwe hatte zwei Töchter, davon war die eine schön und fleißig, die andere häßlich und faul. Sie hatte aber die häßliche und fanle, weil sie ihre rechte Tochter war, viel lieber und die andere mußte alle Arbeit im Hause tun. Das arme Mädchen mußte sich 5 täglich aus die große Straße neben einen Brunnen setzen und so viel spinnen, daß ihm das Blut aus den Fingern sprang. ISS Nun trug es sich zu, daß die Spule einmal ganz blutig war; da bückte es sich damit in den Brunnen und wollte sie abwaschen; sie sprang ihm aber aus der Hand und fiel hinab. Es weinte, lief znr Stiefmutter und erzählte ihr das Unglück. Sie schalt es heftig io und war so unbarmherzig, daß sie sprach: „Hast du die Spule hinunterfallen lassen, so hol sie auch wieder herauf!" Da ging das Mädchen zu dem Brunnen zurück und wußte nicht, was es anfangen sollte, und in seiner Herzensangst sprang es in den Brunnen hinein, um die Spnle zu holen. Es verlor die Besinnung, und als es erwachte is und zu sich selber kam, war es auf einer schönen Wiese; da schien die Sonne nnd waren viel tausend Blumen. Auf dieser Wiese ging es fort und kam zu einem Backofen, der voller Brot war; das Brot aber rief: „Ach, zieh mich heraus, zieh mich heraus, sonst verbrenn' ich; ich bin schon längst ausgebacken!" so Da trat es mit dem Brotschieber herzu und holte alles heraus. Danach ging es weiter und kam zu einem Baum, der hing voll Äpfel und rief ihm zu: „Ach, schüttle mich, schüttle mich, wir Äpfel sind alle miteinander reif!" Da schüttelte es den Baum, daß die Äpsel fielen, als regneten sie, und schüttelte so lange, bis keiner mehr oben war; 25 und als es alle in einen Haufen zusammengelegt hatte, ging es auf dem Pfade weiter. Endlich kam es zu einem kleinen Hause, daraus guckte eine alte Frau; weil sie aber so große Zähne hatte, ward ihm angst und es wollte fortlaufen. Die alte Frau aber rief ihm nach: „Was fürchtest du dich, liebes Kind? Bleib bei mir; wenn du alle Zo Arbeit im Hause ordentlich tun willst, so soll dir s gut gehen; nur mußt du achtgeben, daß du meiu Bett sorgsam machst und fleißig anfschüttelst, daß die Federn fliegen, Hann schneit es in der Welt; ich bin die Frau Holle!" Weil die Alte ihm so gut zusprach, so faßte sich das Mädchen ein Herz, willigte ein und begab sich in Zs ihren Dienst. Es tat auch alles zu ihrer Zufriedenheit und schüttelte ihr das Bett immer gewaltig auf, daß die Federn wie Schneeflocken umherflogen; dafür hatte es auch ein gutes Leben bei ihr, kein böses Wort und alle Tage Gesottenes und Gebratenes. Nun war es eine Zeitlang bei der Frau Holle; da ward es 40 traurig und wußte anfangs selbst nicht, was ihm fehlte. Endlich merkte es, daß es Heimweh war; und obgleich es ihm hier viel tausendmal besser war als zu Hause, so hatte es doch ein Verlangen t3* 196 dahin. Endlich sagte es zu ihr: „Ich habe Heimweh bekommen, und 45 wenn es mir auch noch so gut hier unten geht, so kann ich doch nicht länger bleiben, ich muß wieder hinaus zu den Meinigen." Die Frau Holle sagte: „Es gefällt mir, daß du wieder nach Haus verlangst, und weil du mir so treu gedient hast, so will ich dich selbst wieder hinausbringen." Sie nahm es darauf bei der Hand und führte es vor so ein großes Tor. Das Tor ward aufgetan, und wie das Mädchen gerade darunter stand, fiel ein gewaltiger Goldregen und alles Gold blieb an ihm hangen, so daß es über und über davon bedeckt war. „Das sollst du haben, weil du fleißig gewesen bist," sprach die Frau Holle und gab ihm auch die Spule wieder, die ihm in den Brunnen 55 gefallen war. Darauf ward das Tor verschlossen und das Mädchen befand sich oben aus der Welt, nicht weit von seiner Mutter Hause, und als es in den Hof kam, saß der Hahn auf dem Brunnen und rief: „Kikeriki, unsere goldene Jungfrau ist wieder hie!" Da ging es hinein zu seiner Mutter, und weil es so mit Gold bedeckt ankam, oo ward es von ihr und der Schwester ganz gut aufgeuommeu. Das Mädchen erzählte alles, was ihm begegnet war; und als die Mutter hörte, auf welche Art es zu dem großen Reichtums gekommen war, wollte sie der anderen häßlichen und faulen Tochter gerne dasselbe Glück verschaffen. Sie mußte sich an den Brunnen 65 setzen und spinnen; und damit ihre Spule blutig ward, stach sie sich in die Finger und stieß die Hand in die Dornhecke. Dann warf sie die Spule in den Brunnen und sprang selber hinein. Sie kam wie die andere auf die schöne Wiese und ging aus demselben Pfade weiter. Als sie zu dem Backofen gelangte, schrie das Brot wieder: 70 „Ach, zieh mich heraus, zieh mich heraus, soust verbrenn' ich; ich bin schonlängstausgebacken!" Die Faule aber antwortete: „Da hält' ich Lust, mich schmutzig zu machen; bleib sitzen, bis du schwarz wirst!" und ging fort. Bald kam sie zu dem Apfelbaum, der rief: „Ach, schüttle mich, schüttle mich, wir Äpfel sind alle miteinander reif!" 75 Sie antwortete aber: „Du kommst mir recht, es könnte mir einer auf den Kopf fallen!" und ging weiter. Als sie vor der Frau Hotte Haus kam, fürchtete sie sich nicht, weil sie von ihren großen Zähnen schon gehört hatte, und verdingte sich gleich zu ihr. Am ersten Tage tat sie sich Gewalt an, war fleißig und folgte der Frau Holle, wenn 8o sie ihr etwas sagte; denn sie dachte an das viele Gold, das sie ihr 198 Nadelstich und hat nicht die geringsten Folgen." „Es gibt aber doch auch eine giftige Spinne," sagte Fritz, der seine Schulweisheit gern auskramte. 2s „Weißt du auch, wo diese lebt?" fragte ich. „Auf der Insel Curayao," war die Antwort; „sie sieht dunkelbraun aus und lebt unter der Erde; sie ist so giftig, daß mau an ihrem Bisse sterben kann." „Da hast du wohl recht," entgegnete ich; „aber da wir hier und nicht aus den Antillen leben, haben wir uns vor keiner Spinne so zu fürchten. — Seht euch unsere Künstlerin und ihr Netz genau au! Wer unter euch vermag es, ohne Lineal und Zirkel ein so regelrechtes Netz auch nur.zu zeichnen? Jeder Faden für sich ist wieder ein Kunstwerk; die stärkeren Fäden sind aus mehreren Tausenden feiner Fäden zusammengesponuen." 35 „Woher nimmt denn die Spinne die Seide zum Spinnen?" fragte wieder das kleine Ännchen. „Seide?" lachte Fritz, „das wär' mir schöne Seide! Das ist ein zäher, klebriger Stoss, den die Spinne in ihrem dicken Hinterleibe trägt und aus den Spinnwarzen am Hinterleibe, an denen kleine Röhrchen sitzen, ausdrückt oder ausspritzt. 4o Die einzelnen Fädchen sind so fein, daß man sie ohne Vergrößerungs¬ glas gar nicht wahrnehmen kann, man kann mit bloßem Auge nur den zusammengesponnenen Faden erkennen." „Du hast dein Pensum gut gelernt," sagte ich und versprach den Kindern, den Spinnapparat der Künstlerin unter dem Mikroskope 45 zu zeigen. „Die Spinne," fuhr ich fort, „hat am Kopfe acht Augen, von denen vier in der Mitte und zwei auf jeder Seite sitzen, die wir aber nur als kleine schwarze Punkte wahrnehmen können." Hieraus machte ich sie noch auf die hornartigen, fein zugespitzten und beweglichen Fangklauen aufmerksam, die wie die Gistzähne der 50 Schlangen vorn eine kleine Öffnung haben und aus denen, wenn die Spinne ihren Raub packt, ein Saft fließt, der aber nur auf die kleineren Insekten als Gift wirkt. „Und jetzt," rief ich, „sangt mir eine Fliege, aber drückt sie nicht tot!" Es dauerte nicht lange, so kehrten die Kinder mit gefangenen 55 Fliegen zurück; sie waren ins Haus geeilt, wo deren genug an den Fenstern summten. „Wer hat die größte gefangen?" fragte ich; das war natürlich Fritz, der sich eine große Schmeißfliege auserlesen hatte. „Nun 199 merkt auf!" rief ich, nachdem ich den Brummer au den Flügeln gefaßt hatte, „jetzt wollen wir unsere Künstlerin füttern." Ich warf <;o die Fliege in das Netz: im Nu eilte die Spinne aus der Mitte herbei, packte den Brummer, wie er auch zappeln mochte, verwirrte ihn in die Fäden und sog dann behaglich ihren Raub aus. Die Kinder wollten nun noch mehr Fliegen in das Netz werfen; dem aber wehrte ich, denn die Spinne hatte an ihrem Brummer es genug. „Laßt uns das Netz schonen," sagte ich, „die Spinne kann uns noch gute Dienste leisten, denn sie ist auch eine treffliche Wetter¬ prophetin. Wenn sie ihr Netz so groß gewebt hat wie hier, können wir auf gutes Wetter rechnen; putzt sie geschäftig an ihrem Netz, so soll Schwüle und Windstille folgen; fängt sie an, die Fäden einzu- rv ziehen, so nimmt man an, daß es einen windigen Tag gibt; verkriecht sie sich aber in einen Winkel, dann wollen wir fein zu Hause bleiben, denn es könnte uns leicht ein Regen tüchtig answaschen. Merkt nur auf unsere Prophetin: sie sagt das Wetter sicherer voraus als ein Wetterglas." 75 Reinhold. 264. Rotkäppchen. Es war einmal eine kleine, süße Dirne, die jedermann lieb hatte, der sie nur ansah, ani allerliebsten aber die Großmutter; die wußte gar nicht, was sie alles dem Kinde geben sollte. Einmal schenkte sie ihm ein Käppchen von rotem Sammet, und weil ihm das so wohl stand und es nichts anderes mehr tragen wollte, hieß es nur das s Rotkäppchen. Da sagte einmal seine Mutter zu ihm: „Komm, Rot¬ käppchen, da hast du ein Stück Kuchen uud eine Flasche Wein, bring's der Großmutter hinaus; sie ist krank und schwach und wird sich daran laben. Geh aber ordentlich und lauf nicht vom Weg ab, sonst fällst du und zerbrichst das Glas, dann hat die kranke Großmutter nichts, io Sei auch hübsch artig, guck nicht gleich in allen Ecken herum, wenn du in die Stube kommst, und vergiß nicht, ,Guten Morgen" zu sagen!" Rotkäppchen sagte: „Ich will schon alles gut ausrichten," und gab der Mutter die Hand darauf. Die Großmutter aber wohnte draußen im Walde, eine halbe 15 Stunde vom Dorf. Wie nun Rotkäppchen in den Wald kam, begegnete ihm der Wolf. Rotkäppchen aber wußte nicht, was das für ein böses 200 Tier war, und fürchtete sich nicht vor ihm. „Guten Tag, Rot¬ käppchen," sprach er. „Schönen Dank, Wolf." — „Wo hinaus so ro früh, Rotkäppchen?" — „Zur Großmutter." — „Was trägst du da unter der Schürze?" — „Kuchen und Wein. Gestern haben wir gebacken, da soll sich die kranke, schwache Großmutter etwas zu gute tun und sich damit stärken." — „Rotkäppchen, wo wohnt deine Großmutter?" — „Noch eine gute Viertelstunde weiter im Wald, 25 unter den drei großen Eichbäumen, da steht ihr Haus, unten sind die Nußhecken, das wirst du ja wissen," sagte Rotkäppchen. Der Wolf dachte bei sich: „Das junge, zarte Mädchen, das ist ein fetter Bissen, der wird noch besser schmecken als die Alte; du niußt es listig anfangen, damit du beide erschnappst." Da ging er ein Weilchen Z<> neben Rotkäppchen her, dann sprach er: „Rotkäppchen, sieh einmal die schönen Blumen, die ringsumher stehen; warum guckst du dich nicht um? Ich glaube, du hörst gar nicht, wie die Vöglein so lieblich singen? Du gehst ja für dich hin, als wenn du zur Schule gingest, und es ist so lustig hier draußen im Walde." ss Rotkäppchen schlug die Augen auf, und als es sah, wie die Sonnenstrahlen durch die Bäume hin- und herhüpften und alles voll schöner Blumen stand, dachte es: „Wenn ich der Großmutter eineu frischen Strauß mitbringe, wird er ihr Freude machen; es ist so früh am Tage, daß ich doch zur rechten Zeit ankomme," sprang in den 4<> Wald und suchte Blumen. Und wenn es eine gebrochen hatte, meinte es, weiter hinaus stünde eine noch schönere, und lief danach und lief immer tiefer in den Wald hinein. Der Wolf aber ging geradewegs nach dem Hause der Gro߬ mutter und klopfte an die Tür. — „Wer ist draußen?" — „Rot- 45 käppchen, das bringt Kuchen und Wein, mach' auf!" — „Drück nur auf die Klinke!" rief die Großmutter, „ich bin zu schwach und kann nicht aufstehen." Der Wolf drückte auf die Klinke, trat hinein und ging, ohne ein Wort zu sprechen, gerade an das Bett der Großmutter und verschluckte sie. Da nahm er ihre Kleider, tat sie an, setzte ihre 50 Haube auf, legte sich in ihr Bett und zog die Vorhänge vor. Rotkäppchen aber war derweil nach den Blumen gelaufen, und als es so viel hatte, daß es keine mehr tragen konnte, fiel ihm die Großmutter wieder ein und es machte sich auf den Weg zu ihr. Es wunderte sich, daß die Tür offen stand, lind wie es in die Stube 201 trat, so kam es ihm so seltsam darin vor, daß es dachte: „Ei, du 55 mein Gott, wie ängstlich wird mir's heut zu Mute und ich bin sonst so gerne bei der Großmutter!" Es sprach: „Guten Morgen!" bekam aber keine Antwort. Darauf ging es zum Bett und zog die Vorhänge zurück. Da lag die Großmutter und hatte die Haube tief ins Gesicht gezogen und sah so wunderlich aus: „Ei, Großmutter, was hast du «a für große Ohren!" — „Daß ich dich besser hören kann." — „Ei, Großmutter, was hast du für große Hände?" — „Daß ich dich besser packen kann." — „Aber, Großmutter, was hast du für ein entsetzlich großes Maul!" — „Daß ich dich besser fressen kann." Und wie der Wolf das gesagt hatte, tat er einen Satz aus dein Bett «'> auf das arme Rotkäppchen und verschlang es. Wie der Wolf sein Gelüst gestillt hatte, legte er sich wieder ins Bett, schlief ein und fing an zu schnarchen. Der Jäger ging eben vorbei und dachte bei sich: „Wie kann die alte Frau so schnarchen? Du mußt einmal Nachsehen, ob ihr etwas fehlt." Da trat er in die m Stube, und wie er vor das Bett kam, so lag der Wolf darin. „Finde ich dich endlich, alter Graukopf," sagte er, „ich habe dich lauge gesucht." Nun wollte er seine Büchse anlegen, da fiel ihm ein, der Wolf könnte die Großmutter gefressen haben und sie wäre noch zu retten; er schoß nicht, sondern nahm eine Schere und fing an, dem schlafenden Wolfe 75 den Bauch anfznschneiden. Wie er ein paar Schnitte getan hatte, da sah er das rote Käppchen leuchten, und noch ein paar Schnitte, da sprang das Mädchen heraus und rief: „Ach, wie war ich erschrocken, wie war's so dunkel in dem Leibe des Wolfes!" Und dann kam die alte Großmutter auch noch lebendig heraus und konnte kaum atmen, ra Rotkäppchen aber holte geschwind große Steine, damit füllten sie dem Wolfe den Leib, und wie er aufwachte, wollte er anfspringen, aber die Steine waren so schwer, daß er gleich niedersank und sich totfiel. Da waren alle drei vergnügt. Der Jäger nahm den Pelz vom Wolf, die Großmutter aß den Kuchen und trank den Wein, den Rot- 85 käppchen gebracht hatte, und erholte sich wieder, Rotkäppchen aber dachte: „Du willst dein Lebtag nicht wieder allein vom Wege ab in den Wald laufen, wenn dir's die Mutter verboten hat." Brüder Grimm. 204 266. Das Bächlein. Du Bächlein, silberhell und klar. Du eilst vorüber immerdar; Am Ufer steh' ich, sinn' und sinn': Wo kommst du her? Wo gehst du hin? — 5 „Ich komm' aus dunkler Felsen Schoß, Mein Lauf geht über Blum' und Moos; Auf meinem Spiegel schwebt so mild Des blauen Himmels freundlich Bild. Drum hab' ich frohen Kindersinn, n> Es treibt mich fort, weiß nicht wohin; Der mich gerufen aus dem Stein, Der, denk' ich, wird mein Führer sein." N u d o > p h i. 267. Dornröschen. Vorzeiten war ein König und eine Königin, die bekamen ein so- schönes Mädchen, daß der König vor Freude sich nicht zu fassen wußte und ein großes Fest veranstaltete. Er lud nicht bloß seine Verwandten, Freunde und Bekannten, sondern auch die weisen Frauen s dazu ein, damit sie dem Kinde hold und gewogen wären. Es waren ihrer dreizehn in seinem Reiche; weil er aber nur zwölf goldene Teller hatte, von welchen sie essen sollten, so mußte eine von ihnen daheim bleiben. Das Fest ward mit aller Pracht gefeiert, und als es zu Ende war, beschenkten die weisen Frauen das Kind mit ihren Wundergaben; io die eine mit Tugend, die andere mit Schönheit, die dritte mit Reichtum und so mit allem, was auf der Welt zu wünschen ist. Als elf ihre Wünsche eben getan hatten, trat plötzlich die dreizehnte herein. Sie wollte sich dasür rächen, daß sie nicht eingeladen war, und ohne jemand zu grüßen oder nur auzusehen, rief sie mit lauter Stimme: 15 „Die Königstochter soll sich in ihrem sünszehnten Lebensjahre an einer Spindel stechen und tot hinfallen." Und ohne ein Wort weiter zu sprechen, kehrte sie sich um und verließ den Saal. Alle waren erschrocken, da trat die zwölfte hervor, die ihren Wunsch noch übrig hatte, und weil sie den bösen Spruch nicht ausheben, sondern nur ihn mildern 205 konnte, so sagte sie: „Es soll aber kein Tod sein, sondern ein hundert- 20 jähriger tiefer Schlaf, in welchen die Königstochter fällt." Der König, der sein liebes Kind vor dem Unglück gern bewahren wollte, ließ den Befehl ergehen, daß alle Spindeln im ganzen König¬ reiche verbrannt werden sollten. An dem Mädchen aber wurden die Gaben der weisen Frauen sämtlich erfüllt; denn es war so schön, 25 sittsam, freundlich und verständig, daß es jedermann, der es ansah, lieb haben mußte. Es geschah, daß an dem Tage, wo es gerade fünfzehn Jahre alt ward, der König und die Königin nicht zu Hause waren und das Mädchen ganz allein im Schlosse zurückblieb. Da ging es allerorten so herum, besah Stuben und Kammern, wie es Lust hatte, und kam endlich auch an einen alten Turm. Es stieg die enge Wendeltreppe hinaus und gelangte zu einer kleinen Tür. In dem Schlosse steckte ein verrosteter Schlüssel, und als es ihn umdrehte, sprang die Tür auf und in einem kleinen Stübchen, da saß eine alte Frau mit einer, so Spindel und spann emsig ihren Flachs. „Guten Tag, du altes Mütterchen," sprach die Königstochter, „was machst du da?" „Ich spinne," sagte die Alte und nickte mit dem Kopf. „Was ist das für ein Ding, das so lustig herumspringt?" sprach das Mädchen, nahm die Spindel und wollte auch spinnen. Kaum hatte sie aber die Spindel 40 angerührt, so ging der Zanberspruch in Erfüllung und sie stach sich damit in den Finger. In dem Augenblicke aber, wo sie den Stich empfand, fiel sie aus das Bett nieder, das da stand, und lag in einem tiefen Schlafe. Und dieser Schlaf verbreitete sich über das ganze Schloß: der König 4s und die Königin, die eben heimgekommen und in den Saal getreten waren, fingen an einzuschlafen und "der ganze Hofstaat mit ihnen. Da schliefen auch die Pferde im Stall, die Hunde im Hofe, die Tauben auf dem Dache, die Fliegen an der Wand, ja das Feuer, das ans dein Herde flackerte, ward still und schlief ein und der Braten hörte so auf zu brodeln und der Koch, der den Küchenjungen, weil er etwas versehen hatte, an den Haaren ziehen wollte, ließ ihn los und schlief. Und der Wind legte sich und auf den Bäumen vor dem Schlosse regte sich kein Blättchen mehr. Rings um das Schloß aber begann eine Dornenhecke zu wachsen, ss die jedes Jahr höher ward und endlich das ganze Schloß umzog und ' 206 darüber hinaus wuchs, daß gar nichts mehr davon zu sehe» war, selbst nicht die Fahne auf dem Dache. Es ging aber die Sage im Lande von dem schönen schlafenden Dornröschen, denn so ward die e« Königstochter genannt, also daß von Zeit zu Zeit Königssöhne kamen und durch die Hecke in das Schloß dringen wollten. Es war ihnen aber nicht möglich, denn die Dornen hielten fest zusammen, als hätten sie Hände, und die Jünglinge blieben darin hangen, konnten sich nicht wieder losmachen und starben eines jämmerlichen Todes. «5 Nach langen, langen Jahren kam wieder einmal ein Königssohn in das Land und hörte, wie ein alter Mann von der Dornenhecke erzählte, es sollte ein Schloß dahinter stehen, in welchem eine wunder¬ schöne Königstochter, Dornröschen genannt, schon seit hundert Jahren schliefe, und mit ihr schliefe der König und die Königin und der 7v ganze Hofstaat. Er wußte auch von seinem Großvater, daß schon viele Köuigssöhne gekommen wären und versucht hätten, durch die Dornhecke zu dringen: aber sie wären darin hangen geblieben und eines traurigen Todes gestorben. Da sprach der Jüngling: „Ich fürchte mich nicht, ich will hinaus und das schöne Dornröschen sehen!" 75 Der gute Alte mochte ihm abraten, wie er wollte, er hörte nicht auf seine Worte. Nun waren aber gerade die hundert Jahre verflossen und der Tag war gekommen, wo Dornröschen wieder erwachen sollte. Als der Königsohn sich der Dornhecke näherte, waren es lauter große, schöne 8o Blumen; die taten sich von selbst auseinander und ließen ihn unbe¬ schädigt hindurch und hinter ihm taten sie sich wieder als eine Hecke zusammen. Im Schloßhofe sah er die Pferde und die scheckigen Jagd¬ hunde liegen und schlafen, aus dem Dache saßen die Tauben und hatten das Köpfchen unter den Flügel gesteckt. Und als er ins Haus 8s kam, schliefen die Fliegen an der Wand, der Koch in der Küche hielt noch die Hand, als wollte er den Jungen anpacken, und die Magd saß vor dem schwarzen Huhn, das gerupft werden sollte. Da ging er weiter und sah im Saal den ganzen Hofstaat liegen und schlafen und oben bei dem Throne lag der König und die Königin. Da ging üo er noch weiter und alles war so still, daß einer seinen Atem hören konnte, und endlich kam er zu dem Turme und öffnete die Tür zu der kleinen Stube, in welcher Dornröschen schlief. Da lag es und war so schön, daß er die Augen nicht abwenden konnte, und er bückte 207 sich und gab ihm einen Kuß. Wie er es mit dem Kuß berührt hatte, schlug Dornröschen die Augen auf, erwachte und blickte ihn ganz »5 freundlich an. Da gingen sie zusammen hinab und der König erwachte und die Königin und der ganze Hofstaat und sahen einander nut großen Angen an. Und die Pferde im Hofe standen auf und rüttelten sich; die Jagdhunde sprangen und wedelten; die Tauben auf dem Dache zogen das Köpfchen unterm Flügel hervor, sahen umher und wn flogen ins Feld; die Fliegen an den Wänden krochen weiter; das Feuer in der Küche erhob sich, flackerte und kochte das Essen; der Braten fing wieder an zu brodeln; und der Koch gab dem Jungen eine Ohrfeige, daß er schrie; und die Magd rupfte das Huhn fertig. Und da wurde die Hochzeit des Königssohnes mit dem Dorn- 10.; röschen in aller Pracht gefeiert und sie lebten vergnügt bis au ihr Ende. Brüder Grimm. 268. Der Nordwind. Der Nordwind ging einmal spazieren; da er aber ein wilder Geselle war, so trieb er allerlei Unfug. Als er in den Garten kam, da zanste er die Rose au den Haaren, knickte der Lilie den Stengel, brach die reifen Aprikosen ab und warf die Birnen in den Kot. Im Felde trieb er es noch ärger. Da blies er die Ähren in den Staub, 5 schüttelte die nureifen Äpfel ab, riß die Blätter von den Zweigen und streute sie in der Luft umher, ja einen alten, schwachen Baum stürzte er ganz uni, daß die Wurzeln in der Höhe standen. Da gingen die Leute klagen zu dem Windkönige, der in seinem Lustschlosse die Winde nach Belieben gefangen hält oder loslaßt. u> Und sie erzählten ihm, was der wüste Nordwind angerichtet hatte und wie der Garten und das Feld trauerten über das Leid, das er ihnen zugefügt hätte. Da ließ der König den Nordwind kommen und fragte ihn, ob es wahr sei, was die Leute klagten. Er konnte es nicht leugnen, denn der zerstörte Garten und das zerstörte Feld lagen 15 vor aller Augen. Da fragte der König: „Warum hast du das getan?" Der Nordwind antwortete: „Ei, ich habe es nicht böse gemeint; ich wollte spielen mit der Rose und mit der Lilie und der Aprikose und mit den übrigen. Ich habe nicht gedacht, daß es ihnen weh tun würde." Da sagte der König: „Wenn du ein so grober 20 208 Spieler bist, dann darf ich dich nicht mehr hinauslasfen. Den ganzen Sommer über muß ich dich eingesperrt halten; im Winter, wenn es keine Blumen, keine Blätter und Früchte mehr gibt, dann magst du hinausgehen und spielen. Ich sehe, du passest nur sür das Eis und 25 den Schnee, aber nicht sür Blumen und Früchte." Curt man. 269. Der Winter. Im Winter ruht die Erde und sammelt neue Kräfte sür deu künftigen Frühling. Sie macht es wie der Mensch. Auch dieser legt sich am Abend zur Ruhe und schläft während der Nacht. Gestärkt erwacht er dann am Morgen. 5 Die Bäume haben jetzt ihren Schmuck verloren und stehen entlaubt da; die Blumen sind verblüht; das Gras der Wiesen ist verwelkt und alles ist still. Kein Singvogel läßt mehr seine Lieder erschallen und kein Hirte treibt seine Herde mehr ins Freie. w Kalt, sehr kalt ist es oft während des Winters und die Leute hüllen sich tiefer in Kleider und Pelze. Jetzt kann man den Ofen nicht entbehren. Man heizt fleißig ein, daß es in der Stube warm werde. Manche armen Lente haben aber weder Holz noch Kleidung und müssen daher srieren. Könnte ich ihnen doch Helsen! Das Wasser gefriert vor Kälte und verwandelt sich in Eis. Flüsse und Teiche sind im Winter gar ost mit Eis bedeckt. Schnee fällt und bedeckt die Felder, die Straßen und Dächer. Unter dem Schnee wächst aber die junge Wintersaat empor, da sie durch ihn 2a vor der Kälte geschützt wird. Auch der Winter bietet uns Kindern viele Freuden. Wir fahren aus Schlitten, gleiten mit Schlittschuhen aus dem glatten Eise dahin oder machen bei etwas milderem Wetter einen Schneemann. Während der langen Winterabende bleiben die Kinder zu Hause. 25 Sie spielen oder lesen in nützlichen Büchern. Auch das schöne Weihnachtsfest wird im Winter gefeiert. Kellner. 211 272. Schneewittchen. Es war einmal mitten im Winter und die Schneeflocken fielen wie Federn vom Himmel herab, da saß eine Königin am Fenster, das einen Rahmen von schwarzem Ebenholz hatte, und nähte. Und wie sie so nähte und nach dem Schnee ausblickte, stach sie sich mit der Nadel in den Finger und es fielen drei Tropfen Blut in den Schnee. 5 Und weil das Rote im weißen Schnee so schön aussah, dachte sie bei sich: „Hätt' ich ein Kind, so weiß wie Schnee, so rot wie Blut und so schwarz wie das Holz an dem Rahmen!" Bald darauf bekam sie ein Töchterlein, das war so weiß wie Schnee, so rot wie Blut und so schwarzhaarig wie Ebenholz und ward darum das Schnee- w w ittch en (Schneeweißchen) genannt. Und wie das Kind geboren war, starb die Königin. Über ein Jahr nahm sich der König eine andere Gemahlin. Es war eine schöne Frau; aber sie war stolz und übermütig und konnte nicht leiden, daß sie an Schönheit von jemand übertroffen werden i» sollte. Sie hatte einen wunderbaren Spiegel; wenn sie vor den trat und sich darin beschaute, sprach sie: „Spieglein, Spieglein an der Wand, Wer ist die schönste im ganzen Land?" und der Spiegel antwortete: 20 „Frau Königin, Ihr seid die schönste im Land." Da war sie zufrieden; denn sie wußte, daß der Spiegel die Wahrheit sagte. Schneewittchen aber wuchs heran und wurde immer schöner, und als es sieben Jahre alt war, war es so schön wie der klare 25 Tag und schöner als die Königin" selbst. Als diese einmal ihren Spiegel fragte: „Spieglein, Spieglein an der Wand, Wer ist die schönste im ganzen Land?" so antwortete er: M „Fran Königin, Ihr seid die schönste hier. Aber Schneewittchen ist tausendmal schöner als Ihr." Da erschrak die Königin und ward gelb und grün vor Neid. Von der Stunde an kehrte sich ihr das Herz im Leibe herum, wenn sie Schneewittchen erblickte; so haßte sie das Mädchen. Und der Neid :?5 14* 212 und Hochmut wuchsen wie ein Unkraut in ihrem Herzen immer höher, daß sie Tag und Nacht keine Ruhe mehr hatte. Da rief sie einen Jäger und sprach: „Bring das Kind hinaus m den Wald, ich will es nicht mehr vor meinen Augen sehen. Du sollst es töten und mir 4« Lnnge und Leber zum Wahrzeichen mitbringen." Der Jäger gehorchte und führte es hinaus, und als er den Hirschfänger gezogen hatte und Schneewittchens unschuldiges Herz durchbohren wollte, fing es au zu weinen und sprach: „Ach, lieber Jäger, laß mir mein Leben; ich will in den wilden Wald laufen und nimmermehr wieder Heimkommen!" 4» Und weil es so schön war, hatte der Jäger Mitleid und sprach: „So lauf hin, du armes Kind!" „Die wilden Tiere werden dich bald gefressen haben," dachte er und doch war es ihm, als wäre ein Stein von seinem Herzen gewälzt, weil er es nicht zu töten brauchte. Und als gerade ein junger Frischling daher gesprungen kam, stach er ihn 5« ab, nahm Lunge und Leber heraus und brachte sie als Wahrzeichen der Königin mit. Der Koch mußte sie in Salz kochen und das boshafte Weib aß sie auf und meinte, sie hätte Schneewittchens Lunge und Leber gegessen. Nun war das arme Kind in dem großen Walde mutterseelenallein »5 und es ward ihm so angst, daß es alle Blätter an den Bäumen ansah und nicht wußte, wie es sich helfen sollte. Da fing es an zu laufen nnd lief über die spitzen Steine und durch die Dornen und die wilden Tiere sprangen au ihm vorbei, aber sie laten ihm nichts. Es lief, solange nur die Füße noch fort konnten, bis es bald Abend <>u werden wollte; da sah es ein kleines Häuschen und ging hinein, um auszuruhen. In dem Häuschen war alles klein, aber so zierlich und reinlich, daß es nicht zu sagen ist. Da stand ein weißgedecktes Tischlein mit sieben kleinen Tellern, jedes Tellerlein mit seinem Löffelein, ferner sieben Mefferlein nnd Gäblein und sieben Becherlein. An der Wand 65 waren sieben Bettlein nebeneinander aufgestellt und schneeweiße Lein¬ tücher darüber gedeckt. Weil Schneewittchen so hungrig und durstig war, aß es von jedem Tellerlein ein wenig Gemüse und Brot nnd trank aus jedem Becherleiu einen Tropfen Wein; denn es wollte nicht einem allein alles wegnehmen. Hernach legte es sich, weil es so w nmde war, in ein Bettchen, aber keins paßte; das eine war zu lang, das andere zu kurz, bis endlich das siebente recht war: und darin blieb es liegen, befahl sich Gott und schlief ein. 213 Als es ganz dunkel geworden war, kamen die Herren von dem Häuslein, das waren die sieben Zwerge, die in den Bergen nach Erz hackten und gruben. Sie zündeten ihre Lichtlein an, und wie es nun 75 hell im Häuslein ward, sahen sie, daß jemand darin gewesen war; denn es stand nicht alles so in der Ordnung, wie sie es verlassen hatten. Der erste sprach: „Wer hat auf meinem Stühlchen gesessen?" Der zweite: „Wer hat von meinem Tellerchen gegessen?" Der dritte: „Wer hat von meinem Brötchen genommen?" Der vierte: „Wer hat 8« von meinem Gemüschen gegessen?" Der fünfte: „Wer hat mit meinem Gäbelchen gestochen?" Der sechste: „Wer hat mit meinem Messerchen geschnitten?" Der siebente: „Wer hat aus meinem Becherlein getrunken?" Dann sah sich der erste um und sah, daß auf seinem Bett eine kleine Eindrückung war; da sprach er: „Wer hat in meinem Bettchen 8s gelegen?" Die andern kamen gelaufen und riesen: „In meinem hat auch jemand gelegen." Als aber der siebente in sein Bett sah, erblickte er Schneewittchen, das lag darin und schlief. Nun rief er die andern; die kamen herbeigelaufen und schrien vor Verwunderung, holten ihre sieben Lichtlein und beleuchteten Schneewittchen. „Ei, du mein Gott! so ei, du mein Gott!" riefen sie, „wie ist das Kind so schön!" und hatten so große Freude, daß sie es nicht ausweckten, sondern im Bettleiu sortschlafen ließen. Der siebente Zwerg aber schlief bei seinen Gesellen, bei jedem eine Stunde, da war die Nacht herum. Als es Morgen war, erwachte Schneewittchen, und wie es die sieben ss Zwerge sah, erschrak es. Sie waren aber freundlich und fragten: „Wie heißt du?" „Ich heiße Schneewittchen," antwortete es. „Wie bist du in unser Haus gekommen?" sprachen weiter die Zwerge. Da erzählte es ihnen, daß seine Stiefmutter es hätte wollen umbringen lassen; der Jäger hätte ihni aber das Leb'Sn geschenkt und da wäre es den wo ganzen Tag gelaufen, bis es endlich ihr Häuslein gefunden hätte. Die Zwerge sprachen: „Willst du unfern Haushalt versehen, kochen, betten, waschen, nähen und stricken und willst du alles ordentlich und reinlich halten, so kannst du bei uns bleiben und es soll dir an nichts fehlen." „Ja," sagte Schneewittchen, „von Herzen gern!" und blieb bei ihnen. ios Es hielt ihnen das Hans in Ordnung: morgens gingen sie in die Berge und suchten Erz und Gold, abends kamen sie wieder und da mußte ihr Essen bereit sein. Den Tag über war das Mädchen allein; da warnten es die guten Zwerglein und sprachen: „Hüte dich vor 215 an, ein wenig zu atmen, und ward nach und nach wieder lebendig. Als die Zwerge hörten, was geschehen mar, sprachen sie: „Die alte Krämersrau war niemand als die gottlose Königin; hüte dich und laß keinen Menschen herein, wenn wir nicht bei dir sind!" wo Als aber das böse Weib nach Hause gekommen war, ging es vor den Spiegel und fragte: „Spieglein, Spieglein an der Wand, Wer ist die schönste im ganzen Land?" Da antwortete er wie sonst: ws „Frau Königin, Ihr seid die schönste hier. Aber Schneewittchen über den Bergen Bei den sieben Zwergen Ist noch tausendmal schöner als Ihr." Als sie das hörte, lief ihr alles Blut zum Herzen, so erschrak wo sie; denn sie sah wohl, daß Schneewittchen wieder lebendig geworden war. „Nun aber," sprach sie, „will ich etwas aussinnen, das dich zu Grunde richten soll," und mit Hexenkünsten, die sie verstand, machte sie einen giftigen Kamni. Dann verkleidete sie sich und nahm die Gestalt eines andern alten Weibes an. So ging sie hin über die nn sieben Berge zu den sieben Zwergen, klopfte an die Tür und rief: „Gute Ware seil! feil!" Schneewittchen schaute heraus und sprach: „Geht nnr weiter, ich darf niemand hereinlasfen." „Das Ansehen wird dir doch erlaubt sein," sprach die Alte, zog den giftigen Kamni heraus und hielt ihn in die Höhe. Da gefiel er dein Kinde so gut, i?o daß es sich betören ließ und die Tür öffnete. Als sie des Kaufes einig waren, sprach die Alte: „Nun will ich dich einmal ordentlich kämmen." Das arme Schneewittchen dachte an nichts und ließ die Alte gewähren; aber kaum hatte sie den Kamm in die Haare gesteckt, als das Gift darin wirkte und das Mädchen ohne Besinnung niederfiel. 175 „Du Ausbund von Schönheit," sprach das boshafte Weib, „jetzt ist's um dich geschehen!" und ging fort. Zum Glück aber war es bald Abend, wo die sieben Zwerglein nach Hause kamen. Als sie Schneewittchen wie tot auf der Erde liegen sahen, hatten sie gleich die Stiefmutter in Verdacht, suchten nach und fanden den giftigen Kamm und kaum iso hatten sie ihn herausgezogen, so kam Schneewittchen wieder zu sich und erzählte, was vorgegangen war. Da warnten sie es noch einmal, auf seiner Hut zu fein und niemand die Tür zn öffnen. 216 Die Königin stellte sich daheim vor den Spiegel und sprach: iss „Spieglein, Spieglein an der Wand, Wer ist die schönste im ganzen Land?" Da antwortete er wie vorher: „Frau Königin, Ihr seid die schönste hier, Aber Schneewittchen über den Bergen iso Bei den sieben Zwergen Ist doch noch tausendmal schöner als Ihr." Als sie den Spiegel so reden hörte, zitterte und bebte sie vor Zorn. „Schneewittchen soll sterben," rief sie, „und wenn es mein eigenes Leben kostet." Darauf ging sie in eine ganz verborgene, einsame 185 Kammer, wo niemand hinkam, und machte da einen giftigen, giftigen Apfel. Äußerlich sah er schön aus, weiß mit roten Backen, daß jeder, der ihn erblickte, Luft darnach bekam; aber wer ein Stückchen davon aß, der mußte sterben. Als der Apfel fertig war, färbte sie sich das Gesicht und verkleidete sich in eine Bauersfrau und so ging sie über 200 die sieben Berge zu den sieben Zwergen. Sie klopfte an, Schneewittchen streckte den Kopf zum Fenster heraus und sprach: „Ich darf keinen Menschen einlassen, die sieben Zwerge haben mir's verboten." „Mir auch recht," antwortete die Bäuerin, „meine Äpfel will ich schon los werden. Da, einen will ich dir schenken." „Nein," sprach 205 Schneewittchen, „ich darf nichts annehmen." „Fürchtest du dich vor Gift?" sprach die Alte, „siehst du, da schneide ich den Apfel in zwei Teile; den roten Backen iß du, den weißen will ich essen." Der Apfel war aber so künstlich gemacht, daß der rote Backen allein vergiftet war. Schneewittchen gelüstete es nach dem schönen Apfel, und Lio als es sah. daß die Bäuerin davon aß, so konnte es nicht länger widerstehen, streckte die Hand hinaus und nahm die giftige Hälfte. Kaum aber hatte es einen Bissen davon im Munde, so siel es tot zur Erde nieder. Da betrachtete es die Königin mit grausigen Blicken und lachte überlaut und sprach: „Weiß wie Schnee, rot wie Blut, schwarz wie 2i5 Ebenholz! Diesmal können dich die Zwerge nicht wieder erwecken." Und als sie daheim den Spiegel befragte: „Spieglein, Spieglein an der Wand, Wer ist die schönste im ganzen Land?" so antwortete er endlich: 220 „Frau Königin, Ihr seid die schönste im Land." 218 richtete sich auf und war wieder lebendig. „Ach Gott, wo bin ich?" rief es. Der Königssohn sagte vor Freude: „Du bist bei mir," und 2«u erzählte, was sich zugetragen hatte, und sprach: „Ich habe dich lieber als alles aus der Welt; komm mit nur in meines Vaters Schloß, du sollst meine Gemahlin werden." Da war ihm Schneewittchen gut und ging mit ihm und ihre Hochzeit war mit großer Pracht und Herrlichkeit angeordnet. 265 Zu dem Feste wurde aber auch Schneewittchens gottlose Stief¬ mutter eiugeladen. Wie sie sich nun mit schönen Kleidern angetan hatte, trat sie vor den Spiegel und sprach: „Spieglein, Spieglein an der Wand, Wer ist die schönste im ganzen Land?" 27» Der Spiegel antwortete: „Frau Königin, Ihr seid die schönste hier, Aber die junge Königin ist tausendmal schöner als Ihr." Da stieß das böse Weib einen Fluch aus und es ward ihr so angst, so angst, daß sie sich nicht zu fassen wußte. Sie wollte zuerst 275 gar nicht auf die Hochzeit kommen; doch ließ es ihr keine Ruhe, sie mußte fort und die juuge Königin sehen. Und wie sie hineintrat, erkannte sie Schneewittchen und vor Angst und Schrecken stand sie da und konnte sich nicht regen. Aber es waren schon eiserne Pantoffeln über Kohlenfeuer gestellt und wurden jetzt mit Zangen hereingetragen 28» und vor sie hingestellt. Da mußte sie in die rotglühenden Schuhe treten und so lange tanzen, bis sie tot zur Erde fiel. Brüder Grimm. 273. Haushshn und Henne. Das Kind schläft noch ruhig im Bette, da ist der Haushahn schon munter. Er weckt die Hennen mit lautem Krähen. Dann spaziert er selber zuerst heraus, schlägt mit den Flügeln, ruft laut sein Kikeriki! und wünscht damit allen Leuten im Hause einen guten Morgen. 5 Findet der Hahn ein Körnchen, einen Wurm oder ein Käferchen, so frißt er es nicht etwa gleich selber; er ruft seine Hennen herbei und gibt es ihnen. Erst wenn sie alle versorgt sind, denkt er auch an seinen eigenen Schnabel. Kommt ein fremder Hahn vom Hofe des Nachbars herzu und n> will den Hausfrieden stören, so geht der Hanshahn mutig und tapfer 220 15 Bremen und werde dort Stadtmusikant, geh mit und laß dich auch bei der Musik annehmen! Ich spiele die Laute und du schlägst die Pauken." Der Hund war's zufrieden und sie gingen weiter. Es dauerte nicht lange, so saß da eine Katze an dem Weg und machte ein Gesicht wie drei Tage Regenwetter. „Nun, was ist dir in 20 die Quere gekommen, alter Bartputzer?" sprach der Esel. „Wer kann da lustig sein, wenn's einem an den Kragen geht?" antwortete die Katze; „weil ich nun zu Jahren komme, meine Zähne stumpf werden und ich lieber hinter dem Ofen sitze und spinne, als nach den Mäusen herumjage, hat mich meine Frau ersäufen wollen; ich habe mich 25 zwar noch fortgemacht, aber nun ist guter Rat teuer. Wo soll ich hin?" — „Geh mit uns nach Bremen, du verstehst dich doch auf die Nacht¬ musik, da kannst du ein Stadtmnsikant werden!" Die Katze hielt das für gut und ging mit. Darauf kamen die drei Landesflüchtigen an einem Hof vorbei, da saß auf dem Tor der Haushahn und schrie aus Leibeskräften. „Du schreist einem durch Mark und Bein," sprach der Esel, „was hast du vor?" „Da hab' ich gutes Wetter prophezeit," sprach der Hahn, „weil unserer lieben Frau Tag ist, wo sie dem Christkindlein die Hemdchen gewaschen hat und sie trocknen will; aber weil morgen 35 zum Sonntag Gäste kommen, so hat die Hausfrau doch kein Erbarmen und hat der Köchin gesagt, sie wolle mich morgen in der Suppe essen, und ich soll mir heute Abend den Kopf abschneiden lassen. Nun schrei' ich aus vollem Hals, solange ich noch kann." „Ei was, du Rotkopf," sagte der Esel, „zieh lieber mit uns fort nach 4« Bremen, etwas Besseres als den Tod findest du überall; du hast eine gute Stimme, und wenn wir zusammen musizieren, so muß es eine Art haben." Der Hahn ließ sich den Vorschlag gefallen und sie gingen alle vier zusammen fort. Sie konnten aber die Stadt Bremen in einem Tage nicht erreichen 45 und kamen abends in einen Wald, wo sie übernachten wollten. Der Esel und der Hund legten sich unter einen großen Baum, die Katze und der Hahn machten sich in die Äste, der Hahn aber flog bis auf die Spitze, wo es am sichersten für ihn war. Ehe er eiuschlief, sah er sich noch einmal nach allen vier Winden um; da deuchte ihn, er sehe 5» in der Ferne ein Fünkchen brennen, und er rief seinen Gesellen zu, es müsse nicht gar weit ein Haus sein, denn es scheine ein Licht. Da 221 sprach der Esel: „So müssen wir uns anfmachen und noch hingehen, denn hier ist die Herberge schlecht." Der Hund meinte, ein paar Knochen und etwas Fleisch drau täten ihm auch gut. Nun machten sie sich auf den Weg nach der Gegend, wo das Licht war, und sahen 55 es bald Heller schimmern und es ward immer größer, bis sie vor ein hell erleuchtetes Räuberhaus kamen. Der Esel als der größte näherte sich dem Fenster nnd schaute hinein. „Was siehst du, Grauschimmel?" fragte der Hahn. „Was ich sehe?" antwortete der Esel, „einen gedeckten Tisch mit schönem Essen und Trinken und Räuber sitzen daran und i>» lassen es sich wohl sein." „Das wäre was für uns," sprach der Hahn. „Ja, ja, ach, wären wir da!" sagte der Esel. Da ratschlagten die Tiere, wie sie es anfangen müßten, um die Räuber hinaus¬ zujagen, und sanden endlich ein Mittel. Der Esel mußte sich mit den Vorderfüßen auf das Fenster stellen, der Hund auf des Esels Rücken «s springen, die Katze ans den Hund klettern und endlich flog der Hahn hinauf und setzte sich der Katze auf den Kopf. Wie dies geschehen war, fingen sie aus ein Zeichen insgesamt an, ihre Musik zu machen: der Esel schrie, der Hund bellte, die Katze miaute und der Hahn krähte; dann stürzten sie durch das Fenster in die Stube hinein, daß 7y die Scheiben klirrend niederfielen. Die Räuber fuhren bei dem entsetz¬ lichen Geschrei in die Höhe, meinten nicht anders, als ein Gespenst käme herein, und flohen in größter Furcht in den Wald hinaus. Nun setzten sich die vier Gesellen an den Tisch, nahmen mit dem vorlieb, was übriggeblieben war, und aßen, als wenn sie vier Wochen 7- hungern sollten. Als die vier Spielleute fertig waren, löschten sie das Licht aus und suchten sich eine Schlafstätte, jeder nach seiner Natur und Bequemlichkeit. Der Esel legte sich auf 'den Mist, der Hund hinter die Tür, die Katze auf den Herd und in die warme Asche und der Hahn »v setzte sich ans den Hahnenbalken, und weil sie müde waren von ihrem langen Weg, schliefen sie auch bald ein. Als Mitternacht vorbei war und die Räuber von weitem sahen, daß kein Licht mehr im Hause branme, auch alles ruhig schien, sprach der Hauptmann: „Wir hätten uns doch nicht sollen ins Bockshorn 8» jagen lassen," und hieß einen hingehen und das Haus untersuche«. Der Abgeschickte fand alles still, ging in die Küche, wollte ein Licht anzünden, nnd weil er die glühenden, feurigen Augen der Katze für — 222 — lebendige Kohlen ansah, hielt er ein Schwefelhölzchen daran, daß es W Feuer fangen sollte. Aber die Katze verstand keinen Spaß, sprang ihm ins Gesicht und spie und kratzte. Da erschrak er gewaltig, lief und wollte zur Hintertür hinaus, aber der Hund, der da lag, sprang auf und biß ihn ins Bein; und als er über den Hof an deni Miste vorbeirannte, gab ihm der Esel noch einen tüchtigen Schlag mit dem 8', Hinterfuß; der Hahn aber, der vom Lärmen aus dem Schlaf geweckt und munter geworden war, rief vom Balken herab: „Kikeriki!" Da lief der Räuber, was er konnte, zu seinem Hauptmann zurück und sprach: „Ach, in dem Haus sitzt eine gräuliche Hexe, die hat mich angehaucht und mir mit ihren langen Fingern das Gesicht zerkratzt; wo und vor der Tür steht ein Mann mit einem Messer, der hat mich ins Bein gestochen; und auf dem Hof liegt ein schwarzes Ungetüm, das hat mit einer Holzkeule auf mich losgeschlagen; und oben auf dem Dache sitzt der Richter, der rief: ,Bringt mir den Schelm her!" Da machte ich, daß ich fortkam." Von nun an getrauten sich die i«.'> Räuber nicht weiter in das Haus; den vier Bremer Musikanten gefiel's aber so wohl darin, daß sie nicht wieder herauswollten. Brüder Grimm. 276. Mein Vaterland. 1. Mein Vaterland, mein Österreich, Du Land an Kraft und Ehren reich. Wie schloß ich tief ins Herz dich ein. Wie bin ich stolz, dein Sohn zu sein! Wenn Gott vom Himmel spräch' zu mir: „Welch Land der Welt erwählst dn dir?" Ich säumte nicht und sagte gleich: „Mein Vaterland mein Österreich!" 2. Mein Österreich, niein Vaterland Wo Schönes sich zum Guten fand: Der Alpen Schnee, des Meeres Blau, Der Saaten Gold, der Wiesen Tau, Der Berge Schatz, der Reben Saft, Der Frauen Fleiß, der Männer Kraft Wo ist das Land wie dn so reich. Mein Vaterland, mein Österreich? — 223 3. Mein Österreich, mein Vaterland, Sag' an, was dich so fest verband! Du zählst der Völker mancherlei Und bist doch eins in Lieb' und Treu' Und bist doch eins in Tat und Wort! „Vereinte Kraft — das ist mein Hort!" Drum, Brüder, reicht euch all die Hand: Heil Öst'reich, unserm Vaterland! Wurth. 276. Dir Hauskatze. Habt ihr die schöne, weiße Katze gesehen dort oben auf dem Dache? Sie sitzt schon eine Viertelstunde ini warmen Sonnenschein nnd putzt ihr weiches Fell, indem sie sich am ganzen Körper mit ihrer kleinen, rauhen Zunge beleckt. Doch setzt erhebt sie sich und steigt in das Fenster. Gewiß hat die kleine Näscherin Hunger und 5 sucht sich in der Speisekammer ein Töpfchen Milch oder eine Wurst. Man kann ihr aber doch nicht böse sein. Mit den Samt¬ pfötchen tritt sie sehr behutsam ans: sie schmiegt sich an dich, macht einen großen Buckel und schnurrt behaglich, wenn dn ihr ein wenig das Fell streichelst. Nur darfst dn sie nicht unsanft berühren oder w necken. Das bestraft sie gleich. Sieh, hier an den Psötchen sind sehr- spitze, krumme Krallen! Beim Gehen werden dieselben in passende Scheiden zurückgezogen, im Kampfe nnd beim Klettern streckt sie dieselben hervor. Wie eifrig die alte Katze beim Mäusefangen ist, kannst du jeden i.-> Abend beobachten. Stundenlang sitzt sie vor dem Mauseloch und wartet, bis ein unvorsichtiges Mäuschen sich herauswagt. Im Nu hat sie es im Sprunge erhascht. Oft spielt sie noch eine Zeitlang mit der armen Maus, läßt sie wieder laufen nnd hascht sie nochmals. Du könntest dich über das possierliche Spiel frenen, wenn dich nicht -o das Manschen dauern müßte, das gewiß viel Angst leidet. Du darfst ihm aber nicht helfen; denn es hat im Hause schon vielen Schaden angerichtet mit seinen scharfen Zähnen und der Vater hat die Katze znm Mäusefangen in das Haus gebracht. Die Katze liebt ihre Jungen sehr. Die jungen Kätzchen können 2.-> anfangs nicht sehen; die alte bewacht sie daher sorgsältig und verbirgt 224 sie auch vor dem Kater; denn dieser würde sie auffressen, wenn er sie sande. Nach neun Tagen öffnen die Jungen ihre Augen. Im Lichte siehst du den Augenstern der Katzen zu einem schmalen Spalte sich ver¬ so engen; im Dunkeln erweitert er sich und wird fast kreisförmig. Rothe. 277. Das Paar Pantoffel. Zu Bagdad lebte ein alter Kaufmann, namens Abu Kasein, der wegen seines Geizes sehr berüchtigt war. Seines Reichtums ungeachtet waren seine Kleider nur Flicken und Lappen, sein Turban ein grobes Tuch, dessen Farbe man nicht mehr unterscheiden konnte. Unter allen seinen Kleidungsstücken aber erregten seine Pantoffel die größte Aufmerksamkeit. Mit großen Nägeln waren ihre Sohlen beschlagen, das Oberleder bestand aus so vielen Stücken als irgendein Bettler¬ mantel; denn in den zehn Jahren, seitdem sie Pantoffel waren, hatten die geschicktesten Schuhflicker von Bagdad alle ihre Kunst erschöpft, u> diese Stücke zusammenzuhalten. Davon waren sie so schwer geworden, daß, wenn man etwas recht Plumpes beschreiben wollte, man die Pantoffel des Kasem nannte. Als dieser Kaufmann einst auf dem großen Markte der Stadt spazieren ging, tat man ihm den Vorschlag, einen ansehnlichen Vorrat von Kristallgeräten zu kaufen. Er schloß den Kauf sehr glücklich. Einige Tage nachher erfuhr er, daß ein verunglückter Salbenhändler nur noch Rosenwasfer zu verkaufen habe und sehr in Verlegenheit sei. Er machte sich das Unglück dieses armen Mannes zu nutze, kaufte ihm sein Rosenwasser für die Hälfte des Wertes ab und war -n, über diesen Kauf sehr erfreut. Es ist die Gewohnheit der morgen¬ ländischen Kaufleute, die einen glücklichen Handel gemacht haben, ein Freudenfest zu geben. Dies tat aber unser Geiziger nicht. Er fand es zuträglicher, einmal auch etwas an seinen Körper zu wenden, und so ging er ins Bad, das er seit langer Zeit nicht mehr besucht ->5 hatte, weil er sich vor der Ausgabe fürchtete, die dadurch nötig wurde. Indem er nun in das Badehaus kam, sagte einer seiner Bekannten, es wäre doch endlich einmal Zeit, seine Pantoffel abzn- danken und sich ein Paar neue zu kaufen. „Darau denke ich scholl lange," antwortete Kasem; „wenn ich sie aber recht betrachte, so sind — 225 — sie doch so schlecht nicht, dass sie nicht noch Dienste tun könnten." M Damit begab er sich ins Bad. Während er badete, kam auch der Kadi von Bagdad dahin, und weil Kasem eher fertig war als der Richter, ging er zuerst in das Zimmer, wo mau sich ankleidete. Er zog seine Kleider an und wollte nun wieder in seine Pantoffel treten, aber ein anderes Paar stand 35 da, wo die seinigen gestanden hatten, und unser Geizhals überredete sich gern, daß dies neue Paar wohl ein Geschenk des Freundes sein könne, der ihn vorher erinnert hatte, sich ein Paar neue zu kaufen. Flugs zog er sie an und ging voll Freude aus dem Bade. Unglücklicherweise aber waren es die Pantoffel des Kadi. Als 4<> dieser nun gebadet hatte und seine Pantoffel begehrte, so fanden sie seine Sklaven nicht, wohl aber ein schlechtes Paar andere, die an eine andere Stelle verschoben waren und die man sogleich für Kasems Pantoffel erkannte. Eilig lief der Türhüter hinter ihn: her und führte ihn, als auf dem Diebstahle ertappt, zurück zum Kadi. Dieser, über 45 die unverschämte Dreistigkeit des alten Geizhalses ergrimmt, hörte seine Verteidigung gar nicht einmal au, sondern ließ ihn sogleich ins Gefängnis werfen. Um nicht wie ein Dieb mit öffentlicher Schande bestraft zu werden, mußte er nach orientalischer Art reichlich zahlen. Hundert Paar Pantoffel hätte er für die Summe kaufen können, die 5« er erlegen mußte. Sobald er nach Hause gelangte, nahm er Rache an den Urhebern seines Verlustes. Zornig warf er die Pantoffel in den Tigris, der unter seinem Fenster vorbeifloß, damit sie ihm nie mehr zu Gesichte kämen. Aber das Schicksal wollte es anders. 55 Wenige Tage nachher zogen Fischer ihr Netz auf und fanden es ungewöhnlich schwer. Sie glaubten schon einen Schatz an den Tag zu bringen. Statt dessen aber fanden sie die Pantoffel Kasems, die noch dazu mit ihren Nägeln das Netz so zerrissen hatten, daß sie lange daran flicken mußten. Voll Unwillen gegen Kasem und seine Pantoffel, «0 warfen sie diese gerade in seine offenen Fenster. Aber in eben diesem Zimmer standen unglücklicherweise alle die Kristallflaschen, voll von dem schönen Rosenwasser, das er gekauft hatte; und als nun die schweren, mit Nägeln beschlagenen Pantoffel aus dieselben geworfen wurden, so wurde der Kristall zertrümmert und das herrliche Rosen- n- wasser floß auf den Boden. Leseb. f. slow.-utraquist. Mittels^. I. u. S. Kl. (N) to 226 Man stelle sich Kasein vor, als er ins Zimmer trat und die Zerstörung erblickte. „Verwünschte Pantoffel!" rief er aus, „ihr sollt mir ferner keinen Schaden anrichten!" Sofort nahm er eine Schaufel 70 und lief mit ihnen in den Garten. Hastig grub er ein Loch, nm seine Pantoffel darin zu vergraben. Als er aber damit beschäftigt war, sah einer feiner Nachbarn, mit dem er seit langer Zeit in Feindschaft lebte, zum Fenster hinaus und bemerkte das hastige Graben Kasenis. Unverzüglich lief er zum Statthalter und meldete ihm insgeheim, daß 75 Kasem in seinem Garten einen großen Schatz gefunden habe. Es war umsonst, daß Kasem beteuerte, er habe nichts gefunden, sondern vielmehr etwas hineingelegt, nämlich seine Pantoffel. Vergebens grub er sie wieder aus und legte sie selbst vor Gericht als Beweis vor: der Statthalter glaubte, daß Kasem den gefundenen Schatz verheimlichen wolle, und dieser mußte sich abermals mit einer großen Summe lösen. Voll Verzweiflung ging er vom Statthalter weg, seine teuern Pantoffel in der Hand, und verwünschte sie von ganzem Herzen. „Warum," sprach er, „soll ich sie noch mir zum Schimpf in den 85 Händen tragen?" Mit diesen Worten warf erste, nicht weit von des Statthalters Palast, in eine Wasserleitung. „Nun werde ich," sprach er, „doch weiter von euch nichts hören, nachdem ihr mich so viel gekostet habt." Aber die Pantoffel wurden gerade in die verschlämmte Röhre der Wasserleitung hineingetrieben. Nur noch dieses Zusatzes so bedurfte es. Nach einigen Stunden stand der Fluß still, die Wasser traten über und sogar des Statthalters Gewölbe ward überschwemmt. Überall war Angst und Verwirrung und die Brnnuenmeister wurden zur Verantwortung gezogen. Diese untersuchten die Wasserleitung und zu ihrem Glücke fanden sie die Pantoffel in dem von ihnen vernach- S5 lässigten Schlamme und hatten sich damit genug gerechtfertigt. Der Herr der Pantoffel ward in Haft genommen, und weil dies eine bos¬ hafte Rache gegen den Statthalter schien, so mußte er mit einer noch größeren Geldstrafe, als die beiden vorigen waren, büßen. Seine Pantoffel aber wurden ihm sorgfältig wiedergegeben. wo „Was soll ich nun mit euch tun," sprach Kasem, „ihr ver¬ wünschten Pantoffel? Allen Elementen habe ich euch gegeben nud ihr kommt immer mit größerem Verluste für mich wieder; jetzt ist mir nur noch eins übrig, die Flamme soll euch verzehren." 227 „Weil ihr aber," fuhr er fort und wog sie in feinen Händen, „so ganz mit Schlamm erfüllt und mit Wasser getränkt seid, so muß ich 105 euch noch das Sonnenlicht gönnen und euch auf meinem Dache trocknen; denn euch in mein Haus zu bringen, werde ich mich wohl hüten." Mit diesen Worten stieg er auf das platte Dach seines Hauses und legte sie daselbst nieder. Aber das Unglück hatte noch nicht auf¬ gehört, ihn zu verfolgen; ja der letzte Streich, der ihm anfbehalten im war, war der graufamste von allen. Ein Hund seines Nachbars ward die Pantoffel gewahr. Er sprang von dem Dache seines Herrn ans das Dach Kasems und spielte mit ihnen, indem er sie umherzerrte. So hatte er den einen bis an den Rand des Daches geschleppt und es bedurfte nur noch einer kleinen Berührung, da fiel der schwere 115 Pantoffel einer Frau, die eben unter dem Hause vorbeiging und ein Kind trug, gerade auf den Kopf. Sie fiel selbst nieder und das Kind stürzte aus ihren Armen auf die Steine. Ihr Mann brachte seine Klage vor den Richter und Kasem mußte härter büßen, als er je gebüßt hatte; denn sein unvorsichtiger Pantoffel hatte beinahe zwei iro Menschen erschlagen. Als ihm dies Urteil verkündigt ward, sprach Kasem mit einer Ernsthaftigkeit, die den Kadi selbst zum Lachen brachte: „Richter der Gerechtigkeit, alles will ich geben und leiden, wozu Ihr mich verdammt habt; nur erbitte ich mir auch den Schutz der Gerechtigkeit gegen die unversöhnlichen Feinde, welche die Ursache 12s all meines Kummers und Unglücks bis auf diese Stunde waren. Es sind diese armseligen Pantoffel. Sie haben mich in Armnt und Schimpf, ja in Lebensgefahr gebracht und wer weiß, was sie noch im Schilde führen? Sei gerecht, 0 edler Kadi, und fasse einen Schluß ab, daß alles Unglück, welches ohne Zweifel noch diese iso Werkzeuge der bösen Geister anrichten werden, nicht mir, sondern ihnen zngerechnet werde!" Der Richter konnte ihni seine Bitte nicht versagen. Er behielt die unglücklichen Störer der öffentlichen und häuslichen Ruhe bei sich. Dem Alten aber gab er die Lehre, daß die rechte Sparsamkeit nur iss in der richtigen Anwendung des Geldes, nicht aber in dem Znsammen- scharren desselben bestehe. Lisbeskind. 5 10 15 Iv 228 278. Der Sommer. Im Sommer scheint die Sonne heißer als im Frühling. Die vielen Blumen, das Gemüse in den Gärten und alles ans dem Felde schmachtet dann oft nach Regen. Alles bedarf der Erquickung. Da verdunkelt sich der Himmel, Blitze blenden das Auge, der Donner rollt nnd ein wohltätiger Regen erfrischt die durstigen Bäume und Kräuter. Aber die Hitze wird noch größer; es rötet sich die Kirsche und das Getreide reift. Die Stachelbeere reift mit der Johannisbeere; die Kinder pflücken sie jubelnd ab nnd löschen damit ihren Durst. Das Gras auf den Wiesen ist hoch genug gewachsen, daß es mit der Sense gemäht werden kann; die Sonne trocknet es zu Heu nnd der Landmann bringt es als Wintervorrat in seine Scheune. Nach und nach wird das Land der Bäume dunkler, das Korn wird gelb und der Schnitter wetzt seine Sichel, um es zu schneiden. Bald liegt es abgeschnitten da und der Bauer fährt es nach Hause, um es zu dreschen. Wie gütig ist der Sommer! Er schenkt den Kindern süße Früchte und durch seine Wärme reift das unentbehrliche Getreide! Nach Kellner. 279. Das Lamm im Walde. Mein Weg führte mich in der heißen Mittagstunde durch die kühlen Schatten eines luftigen Buchenwaldes. Unter den Bäumen wuchs kein Gesträuch nnd kein Gebüsch; der Boden war mit langen Gräsern und mit reinlichem Moose bewachsen; nur den Fußpfad entlang bildeten dichte Hafelstauden eine Art von Verzäunung. Ich wollte eben um eine Krümmung des Weges biegen, da begegnete mir ein niedliches Lamm, dessen Wolle in das weiße Licht der Sonne getaucht zu sein schien. Das Tierchen kam in eiligen Schritten gelaufen und seine Augen machten sehr ängstliche Blicke. Um den Hals trug es ein rotes Band. Es sah mich furchtsam au und sprang dann rasch über die untern Zweige der Standen an mir vorüber. „Ach," dachte ich, „du hast dich gewiß von deiner Herde verirrt; wüßte ich nur den Aufenthalt derselben, ans meinen Schultern 229 wollte ich dich wieder zum Hirten tragen; so aber möge dich der Trieb deiner Natur auf den rechten Weg führen!" u; Das gute Lämmlein war kaum aus meinen Augen, da kam ein großer Fleischerhund herangetrabt; die rote Zunge hing ihm aus dem Munde. Hinter ihm her kam der Metzger selbst; er hatte ein Strickchen in der linken Hand und fragte mich, ob mir nicht ein Lamm begegnet sei. Bones Lesebuch. 20 280. Das Gewitter. Wenn es im Sommer längere Zeit heiß gewesen ist, so entsteht gewöhnlich ein Gewitter. Dicke, schwarze Wolken steigen auf und breiten sich am Himmel aus. Alan hört von ferne den Donner rollen. Es erhebt sich von Zeit zu Zeit ein leiser Wind, der immer heftiger wird, Staub ansjagt und dann plötzlich wieder nachläßt. Indessen 5 kommt der Donner immer näher; es fallen Regentropfen. Gezackte Blitze fahren durch die Luft, immer häufiger und immer kürzer vor den Donnerschlägen. Wenn Blitz und Donner fast zu gleicher Zeit erfolgen, so ist das Gewitter ganz nahe; fährt der Blitz in einen Gegenstand auf der Erde, so sagt man: es schlägt ein. In der Nacht, w wo man den Blitz besser sieht und wo oft der ganze Himmel ein Feuer zu sein scheint, sind die Gewitter am furchtbarsten. Beim Gewitter soll man in die Mitte der Stube treten; man kann die Tür oder ein Fenster offen lassen, doch darf kein Luftzug entstehen. Im Freien soll man nicht unter hohen Bäumen Schutz suchen, weil is der Blitz gern in hohe Gegenstände einschlägt. Die Gewitter reinigen und kühlen die Luft und erquicken Menschen, Tiere und Pflanzen. Lauckhard. 281. Hrimkehr des Hirten. 1. Noch glänzt der letzte Abendschein, Da treibt der Hirt die Herde ein. Der Knabe singt, das Mädchen lacht. Der Hund nach allen Seiten wacht. 2. So ziehn sie froh dem Dorfe zu. Rings liegt die Welt in stiller Ruh' Und überm Berge klar und rein Hebt sich der Mond mit Hellem Schein. 230 3. Da spricht der Knabe: „Vater, schau. Gleicht nicht der Himmel einer Au? Drauf gehn wie unsre Schafe dort Die Wolken auch von Ort zu Ort." 4. Der Vater spricht: „Hast recht, mein Kind; Die treibt als Hund der Abendwind, Und daß sich keins davon verirrt. Wacht dort der Mond, der gute Hirt!" 5. So sprechen sie noch vieles mehr; Drauf kommt vom Dorf die Mutter her; Das Kindlein, ihr ans Herz gedrückt, Das lacht, wie es die Herd' erblickt. 6. Doch als den Vater es gewahrt, Da jauchzt es recht nach Kindesart Und streckt die Arme nach ihm aus Und alle gehn vergnügt nach Haus. 7. Dort essen sie ihr Abendbrot Und denken nicht an Sorg' und Not Und danken Gott und gehn zur Ruh' Und schlafen süß dem Morgen zu. Rein ick. 282. Ois k'g.dsl vom dis Disrs nasb dem Lündsnckalls dsr er8lsn Nsn8obsn da« Varadies vsrla88sn muklsn unck mit di«8sn in VsiiuVobackl Asralsn varsn, 20K6N die vilds8lsn und bÖ868lsn unter ibnsn, den Vövs, dsr Di^sr, der ^olck, der Lär und msbrsrs anders, 5 in dis Wälder und Vinöden und lebten dort vom Raubs und Nords, indem 8is dis ssbväobsrsn Dlsrs vsrtolZtsn und auk- traüsn. Vis insmtsn von dis86n llobsn daiisr in dis sntluASimten 8ob1uptvinbe1 und blieben in ckortväbrsndsr ^.nMt und 8sbsu, vis 2um Lsispisl die Vir8sbs, dis Vassn und Rebe; aber die u> «anRersn und ckrsundlisbsrsn Disrs, dis Oob8sn, dis Lobacks, dis Hunds und noob viels anders, volilen Asrn visder einen Herrn babsn, dsr vis der Nsnseb tür 8is 8or§sn und 8is xklsZen mösbts. 236 weißen Stein, Christoph Lombergar ist sein Name!" „So schickt um ihn!" sagte Pegam, „er lasse zu Hause alles stehen und komme eiligst herbei, um es mit mir auszunehmen!" Da ward ein Brief geschrieben und ein junger Bursche enteilte n; damit auf flinkem Rosse ins schöne Kram, allwo im bergigen Ober¬ lande auf grauer Felsspitze Ritter Lambergar hauste. Herr Lambergar stand eben am Fenster seiner Burg, neben ihm saß sein trautes Mütterchen. „Ein Wiener Bote sprengt heran! Was mag er uns wohl für Neuigkeiten bringen?" sagte der Sohn und so eilte dem Boten entgegen. Auf der Treppe traf er ihn, die eine Hand bot er ihm zum Willkomm, mit der anderen langte er nach dem Brieflein. Rasch durchflog er den Inhalt des Schreibens und sprach, zum Mütterchen zurückgekehrt: „Lieb Mütterchen, ich soll nach Wien, der Kaiser schickt nach mir, daß ich mich mit dem bösen Pegam 25 messe." Da sprach das Mütterlein: „Du hast ein Rösselein im Stall, flink wie ein Vögelein; sieben Jahre ruht es an der Krippe und hat das Sonnenlicht noch nicht gesehen, hat nur goldene Weizenkörner gekant nnd süßen Wein getrunken. Das nimm und reit nach Wien. Doch höre mich weiter, mein Sohn, und merk' es wohl, was ich dir so jetzt sage: Dem Pegam stehen zwei Teufel bei! Laß dich nicht irre¬ führen, wenn du plötzlich drei Häupter am Ungeheuer erblickst. Die beiden äußern laß stehen, sie schaden dir nicht, nur das mittlere nimm auf die Klinge! So besiegst du den Riesen." Rasch flog Christoph zur Rüstkammer nnd nahm darans den Z5 Panzer und das Schwert und den Spieß. Dann grüßte und küßte er das Mütterchen und schwang sich auf das Roß. Er schoß dahin wie ein Donnerkeil und hielt nicht eher Rast, als bis er zur Stelle war. Mittag war's in Wien. Herr Lambergar sprengte die Straßen entlang, daß die Fensterscheiben in Splitter gingen und dem Pegam 4o beim Essen der Lössel entfiel. Wie der Riese von der Ankunft Lambergars erfuhr, lud er denselben höhnisch zu Tische ein, daß er sich stärke für den Kampf. Doch Lambergar erwiderte: „Ich bin nicht zu dir zu Gaste gekommen, ich bin gekommen, dein braunes Haupt zu treffen, deine weiße, goldumrandete Feder in den Kot zu 45 treten." „Eilt's dir denn gar so sehr, deinen Kopf zu verlieren?" sagte Pegam hämisch und fuhr fort: „Wo willst du also den Kampf, inr Hofe der Kaiserburg oder in den Straßen Wiens?" „Ans 238 Lege die Oberkleider nicht ab, wenn du schwitzest! Im Frühlinge und im Herbste, wenn die Tage warm, die Nächte kalt sind, habe w acht, daß du dich nicht in der Frühe oder am Abend erkältest! Geh nicht von der Kälte znm heißen Ofen; bleib nie zu lange oder zu nahe an demselben! Habe Sorge, daß du dir die Zähne und Augen nicht verderbest! Die Zähne nehmen Schaden durch süße Näschereien, oder wenn man so mit denselben harte Sachen aus- oder abbeißt, wenn nian mit Nadeln Messern oder Gabeln darin stochert, wenn der Mund nicht rein ge¬ halten und nicht fleißig mit frischem Wasser ausgewaschen wird, wenn man sogleich nach dem Genüsse heißer Speisen Kaltes trinkt. Den Augen ist es nachteilig, wenn man frei in die Sonne 25 schaut; wenn man liest, während grelles Licht in die Augen fällt, oder gar, wenn es zu dunkel ist. Kummer-Branky -Hofbauer, Lesebuch. 288. Cornelia. Cornelia, eine edle Römerin, war eine treue Mutter; sie lebte nur für ihre Kinder und war bemüht, sie zu braven und tüchtigen Menschen zu erziehen. Einst kam eine Freundin zu ihr, die mit Gold und kostbaren Edelsteinen beladen war und sich nicht wenig auf 5 dergleichen Schmuck einzubilden schien. „Ei," rief die eitle Frau der einfach gekleideten Cornelia zu, „liebe Freundin, wo hast du denn deinen Schmuck? Deine Kleidung ist doch gar armselig für eine edle Römerin!" — Cornelia ließ ihre Kinder hereinkommen und sagte lächelnd: „Hier ist mein bester Schmuck! Kann eine Mutter größere u> Kostbarkeiten haben als gute Kinder?" L a h r s s e u. 286. Zeus und das Schaf. Das Schaf mußte von allen Tieren viel leiden. Da trat es vor Zeus und bat, sein Elend zu mindern. Zeus schien willig und sprach zu dem Schafe: „Ich sehe wohl, mein frommes Geschöpf, ich habe dich allzu wehrlos erschaffen. Nun wähle, wie ich diesem Fehler 5 am besten abhelfen soll. Soll ich deinen Mund mit schrecklichen Zähnen und deine Füße mit Krallen rüsten?" „O nein," sagte das 239 Schaf; „ich will nichts mit den reißenden Tieren gemein haben." „Oder," fuhr Zeus fort, „foll ich Gift in deinen Speichel legen?" „Ach," verfetzte das Schaf, „die giftigen Schlangen werden ja so fehr gehaßt!" — „Nun, was foll ich denn? Ich will Hörner auf m deine Stirn pflanzen und Stärke deinem Nacken geben." — „Auch nicht, gütiger Vater, ich könnte leicht stößig werden wie der Bock." — „Und gleichwohl," sprach Zeus, „mußt du selbst schaden können, wenn sich andere hüten sollen, dir zu schaden." „Müßt' ich das?" seufzte das Schaf. „O, so laß mich, gütiger Vater, wie ich bin! n; Denn das Vermögen, schaden zu können, erweckt, fürchte ich, die Lust, schaden zu wollen; und es ist besser Unrecht leiden als Unrecht tun." Zeus segnete das fromme Schaf und es vergaß von Stund' an zu klagen. Lessing. 287. Euklid von Megara. Des jungen Euklid es Vaterstadt war Megara; doch hielt er sich lieber in Athen auf, um daselbst von dem weisen Sokrates Lehren der Weisheit zu hören. Einst aber wurden die Athener den Bewohnern von Megara feind und ließen daher bekannt machen, daß der erste Megaräer, der sich wieder in Athen werde ertappen lassen, sein Leben 5 verlieren sollte. Das war nun eine recht traurige Nachricht für den jungen Euklides; denn gar zu gern hätte er den weisen Sokrates ferner gehört, aber seinen Kopf daran zu wagen, das war ihm doch auch bedenklich. Endlich aber siegte doch die Lust und Liebe zur Weisheit io über die Liebe zum Leben. Er beschloß, sich an das Verbot nicht zu kehren, sondern sich alle Abende heimlich in die Stadt Athen zu schleichen. Alle Abende gegen Sonnenuntergang zog er Weiberkleider an und ging in diesem Aufzuge vou Megara nach Athen, was ein Weg von wenigstens zwei Meilen war. Sobald er in Athen angekommen is war, begab er sich nach dem Hause des Sokrates uud brachte einige Stunden der Nacht bei ihm zu, und noch ehe der Tag anbrach, ging er wieder nach seiner Vaterstadt zurück. So wagte dieser edle lern¬ begierige Jüngling alle Tage sein Leben und ließ sich einen täglichen Gang von vier Meilen nicht verdrießen, um von Sokrates zu lernen, 2» weise und gut zu werden. Campe. 240 288. Der Mule. 1. „Heute nach der Schule gehen. Da so schönes Wetter ist? Nein! Wozu denn immer lernen. Was man später doch vergißt? 2. Doch die Zeit wird lang mir werden Und wie bring' ich sie herum? — Spitz, komm her! ich will dich lehren, Hund, du bist mir viel zu dumm! 3. Andre Hund' in deinem Alter Können dienen. Schildwach' stehn. Können tanzen, apportieren. Auf Befehl ins Wasser gehn. 4. Ja, du denkst, es geht so weiter. Wie du's sonst getrieben hast. Nein, mein Spitz, jetzt heißt es lernen. Hier! Komm her! Und aufgepaßt! 5. So — nun stell' dich in die Ecke! Hoch! den Kopf zu mir gericht't! — Pfötchen geben! — So! — noch einmal! Sonst gibt's Schläge! — Willst du nicht? 6. Was? du knurrst? Du willst nicht lernen! Seht mir doch den saulen Wicht! Wer nichts lernt, verdienet Strafe, Kennst du diese Regel nicht?" — 7. Horch! — Wer konimt?-Es ist der Vater! Streng ruft er dem Knaben zu: „Wer nichts lernt, verdienet Strafe! Sprich! und was verdienest du?" R e i n i ck. 241 /n ä/ua/cus «r// ^67° /zrss^ äUVre-r /eötezt Lzvsz' ./üzrA/zzzAZ!, Dazzrozr uuc/ /^/tzn^/as. /Ärutza-L /e/ ösz' c/ezzz FÄz'Stezz />zozr//s z'zr l/zzAzrac^e uzr^ zvuz'^e suzn vez-zzz'tsz'^. Dnzw^ sez'zr öz'ttezr ez-^ze^t ez- ežzzŽAs NrAe ^Uz'st, um Lzivoz' zrae^ Äause Zersen uzr<^ c^z'z'zrAszr^e ^«müzenauAe^sAezrHeztezr z'zr OncizzuzzA dz-zzzAezr su können. 5 w'Mnezrc? c/z'esez- ^szt steMs sro/r serzr ^z'ezzzzc^ Dazzzozz «/« /tü/'A« zzzzc? zvazzcientö azz Kte^s c^es ^zzztz'as ms szr. /zr ^z'ssezn, ^uyszMzoke stüz'sis /^z'zrtz'as, z/ez' <^uz»6^ zzzzuoz'^sz'- AöSö^szrs ÄuszAzrz'sss suz'ÜL^Ae^a^özr zvoz'^ezr zvM', atszzzUos ^euöez', c/z'äzzots 8Z6^ ciuz"e?r c^zs zUezzso^szrzzreuAS, zoaz^/ sz'e^ z'zz ck's ^Iz-zzre 2g sez'zres /z>§^zr^ss uzr<^ üöez'Aaö sz'c^ c^ezr Dz'ezrez-zr c^es (^esö^ss. ^4^s Dzozr^s «^z'esezr Lszvez's tz'euez' ^z'euztc^sc^a/t sa^, zvuz^e ez' so LZ'AZ'zMn, <^a// ez' ös/a/z/ öez'o^ezz ^žžzrA^zzzAezr z^as l^eöszr «u 86^ezz/cezr. ^/eir. 290. Nndroklus und sein Löwe. Vor alten Zeiten lebte in der Stadt Rom ein Herr, der viele Sklaven hatte und dieselben hart behandelte. Einer von diesen Sklaven hieß Ändroklus. Dieser wollte sich die schlimme Behandlung nicht mehr gefallen lassen und entlief. Er kam ans Meer und ein mitleidiger Schiffer führte ihn hinweg weit über die See nach Afrika. Aber auch 5 dort war er in den bewohnten Gegenden noch nicht sicher vor Nach¬ stellung; denn die Römer hatten anch hier ihre Soldaten. Darum floh Ändroklus in die Wüste. Er fand eine Höhle und suchte Schutz Lesebuch f. slow.-utraqmst. Mittelsch. I. u. 2. Kl. (U) tl> 243 Mit einem Sprunge hat er in erfaßt und ihm Nu zerrissen. Dann kehrt er liebkosend zu seinem Freunde zurück. Mit Staunen hatten alle Zuschauer das seltsame Schauspiel gesehen. Jetzt riefen sie: „Gnade, Gnade für Androklus!" Der Kaiser ließ Androklus vor sich kommen und fragte ihn, wie das zugehe, daß 5» ihm der grimmige Löwe so freundlich und untertänig sei. Androklus erzählte seine Geschichte. Darauf schenkte ihm der Kaiser die Freiheit und den Löwen dazu. Der Löwe aber blieb bei seinem Herrn und Freunde wie ein treuer Hund und niemand wagte fortan, demselben etwas zuleid zu tun. 55 Menke. 291. Dorf und Stadt. Es ist nicht gut, daß die Menschen allein sind; darum leben sie gern beisammen in Haus und Familie und darum wohnen sie auch am liebsten in Dörfern, Flecken und Städten beieinander. Zwar wohnen auch einzelne Familien ganz allein, wie der Förster und Köhler draußen im einsamen Wald und der Landmann in seiner Meierei oder 5 seinem Weiler mitten im weiten Felde oder wie einzelne reiche Leute oder Familien in ihrem prächtigen Schlosse. Die allermeisten Menschen wohnen jedoch in Dörfern und Städten. Und wie schön und lieblich sind nicht unsere Dörfer! Sieh, da schaut aus einem Kranz von Bäumen und lieblichem Grün die Kirche 10 mit ihrem Türmlein hervor! Rings um dieselbe liegen meist unregel¬ mäßig die Wohnhäuser der Landleute nebst ihren Scheunen und Ställen, deren Dächer häufig noch mit Stroh bedeckt sind. In den Scheunen lagert das Getreide und das Heu; hier wird gedroschen. In den Ställen sind die Haustiere: die Pferde, die Kühe, die Schafe, die Schweine, is die Ziegen und die Kaninchen, die Gänse, die Enten und die Tauben. Und um Wohnungen und Wirtschaftsgebäude zieht sich der Obst-, Gras- und Gemüsegarten, während ein kleines Ziergärtlein vor dem Hause liegt. Die Straßen sind gerade oder krumm, wie's eben gepaßt hat, und nicht gepflastert wie in der Stadt. 20 Die Hauptbeschäftigung der Dorfbewohner ist Ackerbau und Vieh¬ zucht, auch Fischerei und Jagd. Doch sehlt's auch nicht an Hand¬ werkern. Einen Zimmermann und Maurer, einen Schmied, einen 16* 244 Schuhmacher und Schneider, einen Müller und einen Binder findet 25 man fast in jedem Dorfe. Nicht selten ragt über die Häuser des Dorfes ein stattliches Schloß empor, in dem der Gutsbesitzer wohnt, oder- hohe Dampfschornsteine deuten an, daß hier in Zuckerfabriken die Rüben des Feldes in Zucker verwandelt oder in Brennereien aus Kartoffeln Branntwein bereitet oder in Ziegeleien die Bausteine aus 30 Lehm zum Häuserbau für Stadt und Land gebrannt werden. In den Straßen des Dorfes ist es still. Nur wenn vom Früh¬ jahr an bis zum Herbst der Hirt mit seinem Horn die Herden zusammen¬ ruft und die Schafe oder Rinder oder Schweine durch die Gassen treibt, dann gibt's Leben und Lärmen. Abends aber ist alles still und 35 dunkel in den Gassen, wenn nicht grade der Mond sein bleiches Licht über das Dörflein ausgießt. Anders ist's hingegen in der Stadt. Da liegt sie mit ihren hohen Türmen, um welche viele größere und kleinere Häuser gebaut sind. Die Dächer sind alle mit Ziegeln oder mit Schiefer- oder Zinkplatten 4o gedeckt. Die großen, schmucken Häuser stehen dicht beisammen und bilden lange, gerade Straßen, die mit Steinen gepflastert sind. Mitten in der Stadt ist der Marktplatz, auf dem sich der Markt¬ brunnen befindet. Da steht auch das Rathaus, in dem der Bürger¬ meister, die Stadträte und die Stadtverordneten das Wohl der 45 Stadt beraten. Die Bewohner der Städte sind Handwerker und Gewerbetreibende, Künstler und Kaufleute, Beamte und Gelehrte. In der Stadt wohnt auch der Doktor oder Arzt und der Apotheker, der den Kranken die Arznei bereitet. In den Städten wohnen auch in Friedenszeiten die 5o Soldaten. Die Straßen der Stadt sind immer belebt von Menschen, Fuhr¬ werken, Kutschen und Reitern, besonders an den Markttagen und den Jahrmärkten und zumal in den Städten, in denen sich Bahnhöfe der Eisenbahnen befinden. Durch die Straßen der Stadt marschieren 55 die Soldaten, rasseln die Rollwagen nach dem Bahnhöfe und abends sind dieselben wie auch die großen freien Plätze durch viele Hunderte von Laternen erleuchtet. Nach Dietlein. Aus Niedergesäß, Deutsches Lesebuch. 245 292. Die beiden Wächter. Zwei Wächter, die schon manche Nacht Die liebe Stadt getreu bewacht, Verfolgten sich aus aller Macht Auf allen Bier- und Branntweinbänken Und ruhten nicht, mit pöbelhaften Ränken 5 Einander bis aufs Blut zu kränken. Denn keiner brannte von dem Span, Woran der andre sich den Tabak angezündet, Aus Haß den seinen jemals an. Kurz, jeden Schimpf, den nur die Rach' erfindet, w Den Feinde noch den Feinden angetan. Den taten sie einander an. Man riet und wußte lauge nicht. Warum sie solche Feinde waren; Doch endlich kam die Sache vor Gericht. 15 Da müßte sich's denn offenbaren. Warum sie seit so vielen Jahren So heidnisch unversöhnlich waren. Was war der Grund? Der Brotneid ? War er's nicht? Nein! Dieser sang: „Verwahrt das Feuer und das Licht!" 20 Allein so sang der andre nicht; Er sang: „Bewahrt das Feuer und das Licht!" Aus dieser so verschied'nen Art, An die sich beid' im Singen zänkisch banden. Aus dem „Verwahrt" und dem „Bewahrt" 2» War Spott, Verachtung, Haß.und Rach' und Wut entstanden. Gellert. 293. Hektors Abschied von seiner Gemahlin Nndrvmache. In alten Zeiten lag an der Küste Kleinasiens eine Stadt, die Troja hieß. Sie hatte ringsum eine hohe, seste Mauer und in der Mitte eine starke Burg. Ihr König Priamus gehörte zu den glücklichsten Menschen. Denn sein Reich war groß und mächtig und er hatte eine Schar trefflicher Söhne nnd Töchter, die zu herrlichen 5 246 Männern und Frauen heranwuchsen. Unter seinen Söhnen strahlte aber vor allen der gewaltige Hektor hervor. Da brach ein langer und blutiger Krieg über die Trojaner herein, den sie mit den Griechen, die auch Argiver oder Danaer w genannt wurden, zu sichren hatten. Diese waren nämlich von Paris, einem Bruder des Hektor, der die Helena, die Gemahlin eines griechischen Königs, geraubt hatte, auss schwerste beleidigt und kamen auf ihren Schissen und belagerten die Stadt Troja zehn Jahre lang. In diesem Kriege war Hektor der Trost nnd Hort der Seinen. Fast j5 kein Tag verging, wo er nicht in dem furchtbaren Kampfe, der gegen die Mauern der Stadt tobte, den Seinen voranstritt. Einmal nun verließ er den heißen Kampf auf einige Zeit und ging zur Stadt, damit seine Mutter zur Göttin Athene um Ab¬ wendung der furchtbar vordringenden Griechen flehe. Als er dies so vollbracht hatte und nun wieder hinaus wollte, begegnete ihm am Tore seine sittsame und verständige Gattin Andromache mit einer Sklavin, die ihr das kleine, unmündige Knäblein nachtrug. Das zärtliche Weib vergoß Tränen bei seinem Anblick, nahm sauft seine Hand und sprach zu ihm: „O mein Trautester, dich tötet noch dein es Mut! Bleib doch einmal bei uns und erbarme dich des unmündigen Kindes nnd deines elenden Weibes! Ach, wenn ich dich verliere, wer soll mich schützen? Meine Mutter ist gestorben, meinen Vater und sieben Brüder hat Achilles in Cilicien erschlagen und du gehst nun auch von mir, da die Griechen schon unsere Mauern bestürmen. 30 O, bleib doch hier auf dem Turme!" „Liebes Weib," versetzte Hektor, „wie kann ich? Ruht nicht auf mir die Errettung der Stadt und sieht nicht alles Volk auf mich? Müßte ich mich nicht vor den Weibern schämen, wenn sie mich zuschauend auf der Mauer erblickten? Freilich wird auch mein 35 Bemühen wohl fruchtlos sein; denn mir sagt es mein Geist: „Kommen wird der Tag, da Troja in Asche versinkt und Priamus' edles Geschlecht erlischt/ Und dann wehe dir, armes Weib, wenn ein stolzer Argiver dich als Sklavin wegführt, daheim in Argos für seine Frau zu weben oder aus der fernen Quelle Wasser zu holen, und die Leute 40 dich neugierig anschauen und sagen: ,Das war Hektors Gemahlin, die hochgeehrte Trojanerfürstin, als jene berühmte Stadt noch stand/ — Ach, das zu hören! Unglückliches Weib! Und ich kann dich nicht aus 247 der Knechtschaft erretten; denn ich vernehme deine Klage nicht mehr und meine Asche deckt der Totenhügel!" Jetzt wandte er den wehmütigen Blick von der Gattin auf den 45 zarten Knaben im Arme der Dienerin. Als er aber die Arme nach ihm ausstreckte, fürchtete sich das Kind vor dem Helmbusch und drückte sein Köpfchen fest an den Busen des Mädchens. Da nahm der Vater den Helm ab und setzte ihn auf die Erde und nun schaute er dem Knäblein freundlich ins Gesicht und es folgte ihm willig in seine 50 Arme. Da wiegte er es auf und ab mit herzlicher Vaterfreude, küßte es und wandte inbrünstig flehend den Blick zum Himmel. „Gütige Götter," rief er, „erfüllt mir das eine: laßt dies mein Knäblein stark und brav werden, daß es mächtig vorstrebe vor anderen und seinem Volke ein tapferer Hort sei, daß die Männer, wenn er vom 55 Treffen heimkehrt, sagen: ,Der übertrifft noch den Vater, und daß sich dann des die gute Mutter erfreue!" Er sprach's und gab das Kind der weinenden Gattin, die es sanft an ihren Busen drückte, lächelnd in Tränen. Auch ihn ergriff unbezwingliche Wehmut. Er streichelte das gute Weib mit der Hand »0 und sagte tröstend: „Arme Frau, du mußt auch nicht gar zu traurig sein. Des Menschen Leben ruht in der Hand der Götter und keiner wird mich wider mein Geschick zu den Toten hinabsenden. Wem aber das Los einmal füllt, der muß folgen, er sei edel oder gemein. Geh nur jetzt es an deine Geschäfte! Besorge Spindel und Webstuhl und halte die dienenden Weiber zum Fleiß an! Der Krieg ist das Geschäft der Männer und mir geziemt er unter allen Trojanern am meisten." Er nahm seinen Helm auf und eilte von dannen. Auch sie ging mit dem Kinde, doch stand sie oft still, ihm nachzusehen. Erst in ihrem 7« Gemach ergoß sich der volle Strom der Tränen und mit ihr schluchzten die Sklavinnen; denn sie liebten sie und den edlen Hektor; es ward viel von ihm gesprochen und den Franen ahnte nichts Gutes; sie betrachteten ihn als einen, der schon gestorben wäre. Becker. 294. Trojas Fall. Nachdem die Griechen schon zehn Jahre die Stadt Troja erfolglos belagert nnd bestürmt hatten, riet ein Seher, es nunmehr mit List 248 zu versuchen, damit dem grausamen Kriege ein Ziel gesetzt werde. Der schlaue Odysseus hatte folgendes Mittel ersonnen: „Wißt ihr s was, Freunde?" rief er freudig. „Laßt uns ein riesengroßes Pferd ans Holz zimmern, in dessen Versteck sich die edelsten Griechenhelden eiuschließen sollen. Die übrigen Scharen mögen sich inzwischen mit den Schiffen zurückziehen, hier im Lager aber alles Zurückgelassene verbrennen, damit die Trojaner, wenn sie dies von ihren Mauern aus 10 gewahr werden, sich sorglos wieder über das Feld verbreiten. Von uns Helden aber soll ein mutiger Mann, der keinem der Troer bekannt ist, außerhalb des Rosses bleiben, sich als Flüchtling zu ihnen begeben und aussagen, daß er sich der Gewalt der Argiver entzogen habe. Er habe sich nämlich unter dem künstlichen Rosse, welches der is Feindin der Trojaner, der Göttin PallasAthene, geweiht sei, versteckt und sei jetzt, nach der Abfahrt seiner Feinde, eben erst hervorgekrochen. Ju der Stadt soll er daraus hinarbeiten, daß die Trojaner das hölzerne Pferd in die Mauern hineinziehen. Geben sich dann unsere Feinde sorglos dem Schlummer hin, so soll er uns ein Zeichen geben 2« und die Stadt mit Feuer und Schwert zerstören Helsen." — Als Odysseus ausgeredet, priesen alle seinen erfinderischen Verstand; aber der Sohn des Achilles erhob sich unwillig und sprach: „Tapfere Männer pflegen ihre Feinde in offener Feldschlacht zu bekämpfen; dadurch müssen wir beweisen, daß wir die bessern Männer sind." 25 Odysseus bewunderte den hochsinnigen Jüngling und erwiderte: „Du siehst wohl, wackerer Mann, daß selbst dein Vater, ein Halbgott an Mut und Stärke, diese herrliche Feste nicht zerstören konnte nnd daß Tapferkeit in der Welt nicht alles ausrichlet." Der Vorschlag wurde nun ohne Säumen ins Werk gesetzt. Die so tapfersten Helden begaben sich durch eine Seitentür in den Bauch des hölzernen Rosses und die übrigen zogen sich zurück. Voll Freuden strömten die Trojaner herbei, und indem sie das Wunderroß anstaunteu, berieten sie sich darüber, ob sie es in die See werfen oder ver¬ brennen sollten. Denen im Bauche des Pferdes wurde bei solchen sr Reden ganz unheimlich zu Mute. Ein trojanischer Priester sprach warnend: „Meint ihr, eine Gabe der Danaer verberge keinen Betrug? Trauet dem Tiere nicht!" Mit diesen Worten stieß er eine eiserne Lanze hinein und aus der Tiefe ertönte ein Widerhall wie aus einer Kellerhöhle. 249 Während dies vorging, kam der schlaue Grieche herbei und 4« spielte seine falsche Rolle und alle glaubten dem Heuchler, welcher sprach: „Von jeher war alle Hoffnung der Danaer auf die Hilfe der Göttin Athene gebaut. Seitdem aber aus dem Tempel, den sie bei euch zu Troja hat, ihr Bild, Vas Palladium, entwendet worden, wurde die Göttin erzürnt und das Glück hatte die Waffen der 4s Danaer verlassen. Sie sind nun geflohen, um das Bild wieder herbei¬ zuschaffen. Zuvor aber erbauten sie noch dieses hölzerne Pferd, das sie als Weihgeschenk für die beleidigte Göttin zurückließen, um ihren Zorn zu versöhnen. Man ließ diese Maschine darum so hoch bauen, damit ihr Trojaner sie nicht durch eure Tore in die Stadt bringen 50 könntet, weil auf diese Weise der Schutz der Athene euch zu teil werden würde." Darauf rissen die Trojaner die Mauern ihrer Stadt nieder, um dem unheilvollen Gaste den Weg zu bahnen; sie fügten Räder an die Füße des Rosses nud zogen es jubelnd in ihre heilige Burg, nicht 55 achtend auf die Warnungen der Seherin Kassandra. Die Trojaner überließen sich die halbe Nacht hindurch der Freude bei Schmaus und Gelage. Unterdessen schlich sich jener Betrüger zu den Toren und ließ als verabredetes Zeichen eine lodernde Fackel in die Lüfte wehen; dann pochte er leise an den hohlen Bauch des 6» Pferdes und die Griechen kamen zum Vorschein. Mit gezückten Schwertern verbreiteten sie sich in die Häuser der Stadt und ein gräßliches Gemetzel entstand unter den schlaftrunkenen und berauschten Trojanern. Feuerbrände wurden in ihre Wohnungen geschleudert und bald loderten die Dächer über ihren Häuptern. Zu gleicher Zeit o; stürmten die andern Griechen in die Stadt, die sich nun mit Trümmern und Leichnamen anfüllte. Die Danaer bemächtigten sich unermeßlicher Schätze und schleppten Weiber und Kinder an den Strand des Meeres. Menelaus führte seine Gemahlin Helena weg. Priamus und seine Söhne waren niedergestoßen. Die Königin nebst ihren Töchtern wie auch 7v die edle Andromache wurden als Sklavinnen unter die Sieger verteilt. Troja selbst wurde dem Erdboden gleichgemacht. Mit kostbarer Beute und vielen Gefangenen schifften nun die Griechen nach ihrem Vaterlande zurück, von dem sie zehn Jahre lang entfernt gewesen. « „Meinen Namen sollst du erfahren," sprach der kluge Odysseus, „doch gib mir daun auch das Gastgeschenk. Niemand, so nennen mich Vater, Mutter und Geschwister. Niemand ist mein Name." Darauf erwiderte der tückische Riese: „Nun denn, so will ich Niemand zuletzt verzehren — das soll dein Gastgeschenk sein!" Mit ss diesen Worten sank der Zyklope zurück und verfiel in einen so tiefen Schlaf, daß sein Schnarchen dem grollenden Donner glich. Jetzt war Odysseus bereit; er nahm den Ölstamm, hielt ihn ins Feuer, bis seiue Spitze eine glühende Kohle war, und dann faßten die vier Gefährten mit an und bohrten den Stamm mit aller ivo Kraft in das Auge des Riesen. Der brennende Pfahl versengte dem Riesen Wimpern und Augenbrauen; siedend heiß quoll das Blut auf und das Auge zischte, als wenn ein glühendes Eisen in kaltes Wasser getaucht würde. Der Zyklope erhob ein so grauenhaftes Geheul, daß die Wände der Höhle erzitterten. Tobend und unsinnig vor Schmerz, u>5 rief der Geblendete die anderen Zyklopen zu Hilfe; die kamen vor den Eingang der Höhle und fragten: „Was schreist und brüllst du so, Polyp hem? Hat man dir Herden geraubt, oder tut dir jemand etwas zuleide?" „Niemand," schrie Polyphem, „Niemand will mich töten, Niemand hat mich überlistet." 254 muß so ein kleines Ding, so ein Wicht kommen, der mich berauscht und betrügt! Komni doch herein zu mir, ich will dir alles verzeihen und meinen Vater Poseidon bitten, daß er dir eine glückliche Fahrt iso verleihe." Doch Odysseus hütete sich wohl. Da flehte Polyphem zu Poseidon, dem mächtigen Beherrscher des Meeres, daß er die Beleidigung seines Sohnes rächen und dem Odysseus eine schlechte Fahrt verleihen möchte. Und nochmals schleuderte er ein Felsenstück iss ins Meer, daß der Schaum aufspritzte, aber Odysseus und seine Gefährten ruderten nach der Insel hin, wo der andere Teil der Mannschaft zurückgeblieben war. Dort opferte Odysseus den Lieblings¬ bock Polyphems dem Zeus. Grube. 296. Flutz, Strom und Meer. Wenn dem rauschenden Flusse unterwegs das Bächlein begegnet, so ruft es ihm zu: „Nimm mich mit, Bruder!" Und er öffnet ihm sein Bett und sagt: „Komm her, Brüderchen, fließe an meiner Seite!" Und das Wasser des Flusses und das Wasser des Bächleins fließen s nun friedlich zusammen zwischen den Blumen des Ufers. Die Fische schwimmen darin und die kleinen Fischlein spielen an der Oberfläche. Da kommen die Fischer mit ihrem Nachen; den treiben sie mit ihren Rudern und werfen ein Netz aus und fangen die Fische und die Fischlein. io An den Ufern des Flußes stehen weite Wälder. Aus diesen bringen die Leute lange Baumstämme herbei und verbinden sie zu Flößen; die hat der Fluß zu tragen. Nun kommt er an die Stadt mit den hohen Türmen, den schönen Häusern und den vielen Menschen; die haben eine Brücke über ihn is her gebaut und gehen herüber und hinüber. Der Fluß aber darf sich nirgends aufhalten, er muß wandern ohne Raft und Ruhe. Und wie er weiterfließt, nimmt er immer mehr Bäche und kleine Flüsfe auf, die er auf seinem Wege trifft. So wächst er an Fülle und Kraft und wird zu einem Strome, der große Ruder- 20 schiffe und brausende Dampfer tragen kann. Jetzt ist er in eine weite Ebene getreten. Hier mäßigt er seinen schnellen Lauf, umschließt mit seinen Armen manche grüne Insel und 255 blickt verlangend nach den schönen Feldern und Fluren au seiner Seite. Da schmilzt der Schnee und der Regen sällt vom Himmel; die Gewässer des Stromes steigen, bis sie über den Danim dringen, der sie zurück- 25 halte» sollte. Sie überfluten die Felder und Fluren und die ganze Ebene gleicht einem See. Doch es dauert nicht lange, da kehrt der Strom in sein Bett zurück und zieht wieder in ruhigem Lauf durch das Land. Endlich gelangt er an ein unabsehbares Gewässer; — das ist so das Meer. Hier hat der Strom das Ziel seiner Wanderung erreicht. Er sagt dem Lande Lebewohl und mündet in die ungeheure Salzflut. Da kommen riesige Schiffe mit bunten flatternden Fähnchen und mit großen Segeln, die der Wind aufbläht. Hurtig klettern Männer in farbigen Jacken an den Seilen der Maftbäume empor und spannen 35 die Segel; es sind die Matrosen. Das Meer trägt die Schiffe auf seinem Rücken und der Wind oder Dumps treibt sie bei Tag und Nacht. Bald sind sie auf hoher See, wo nichts mehr zu sehen ist als Himmel und Wasser. Nach Curtman. Aus Kummer-Branky-Hofbauers Lesebuch. 297. Der Bauer und sein Sohn. Ein guter dummer Bauernknabe, Den Junker Hans einst mit auf Reisen nahm Und der trotz seinem Herrn mit einer guten Gabe, Recht dreist zu lügen, wiederkam, Ging kurz nach der vollbrachten Reise 5 Mit seinen: Vater über Land. Fritz, der im Gehn recht Zeit zum Lügen fand. Log auf die unverschämtste Weise. Zu seinem Unglück kam ein großer Hund gerannt. „Ja, Vater," rief der unverschämte Knabe, w „Ihr mögt mir's glauben oder nicht, So sag' ich's Euch und jedem ins Gesicht, Daß ich einst einen Hund bei — — Haag gesehen habe. Hart an deni Weg, wo man nach Frankreich fährt. Der — ja, ich bin nicht ehrenwert, 15 Wenn er nicht größer war als Euer größtes Pferd!" — 25l> ro 30 35 4« 45 „Das," sprach der Vater, „nimmt mich wunder. Wiewohl ein jeder Ort läßt Wunderdinge sehn. Wir, zum Exempel, gehn itzunder Und werden keine Stunde gehn. So wirst du eine Brücke sehn — Wir müssen selbst darübergehn — Die hat dir manchen schon betrogen; Denn überhaupt soll's dort nicht gar zu richtig sein. Aus dieser Brücke liegt ein Stein, An den stößt man, wenn man denselben Tag gelogen. Und fällt und bricht sogleich das Bein." Der Bub' erschrak, sobald er dies vernommen. „Ach," sprach er, „laust doch nicht so sehr! Doch wieder auf den Hund zu kommen. Wie groß sagt' ich, daß er gewesen wär'? Wie Euer großes Pferd? Dazu will viel gehören. Der Hund, jetzt fällt mir's ein, war erst ein halbes Jahr; Allein das wollt' ich wohl beschwören. Daß er so groß wie mancher Ochse war." Sie gingen noch ein gutes Stücke; Doch Fritzen schlug das Herz. Wie könnt' es anders sein? Denn niemand bricht doch gern ein Bein. Er sah nunmehr die richterische Brücke Und fühlte schon den Beinbruch halb. „Ja, Vater," fing er an, „der Hund, von dem ich red'te. War groß, und wenn ich ihn auch was vergrößert hätte, So war er doch viel größer als ein Kalb." Die Brücke kommt. Fritz! Fritz! Wie wird dir's gehen! Der Vater geht voran, doch Fritz hält ihn geschwind. „Ach, Vater," spricht er, „seid kein Kind Und glaubt, daß ich dergleichen Hund gesehen; Denn kurz und gut, eh wir darüber gehen: Der Hund war nur so groß, wie alle Hunde sind." Gellert. 257 298. Solon und Krösus. Solon war einer von den sogenannten sieben Weisen Griechen¬ lands und Gesetzgeber der Athener. Sein Zeitgenosse war der König Krösus von Lydien. Dieser zeichnete sich nicht bloß durch Macht und Gelehrsamkeit aus, sondern besaß auch so große Reichtümer, daß er für den reichsten Fürsten seiner Zeit galt. 5 Aus einer seiner Reisen fand sich Solon bei ihm ein. Der reiche König saß, als der griechische Weise eintrat, auf einem schön- geschmückten Throne und war mit Purpur, Gold und Edelsteinen bedeckt. Solon ließ sich durch solche Pracht nicht blenden, ja er achtete kaum darauf und benahm sich gegen den reichsten König so io ungezwungen wie gegen seine Mitbürger in Athen. Da fragte ihn Krösus: „Kennst du wohl einen Menschen auf der Erde, der glück¬ licher zu schätzen ist, als ich es bin?" Ohne sich lange zu besinnen, nannte er Tellns, einen Bürger aus Athen, der zwar arm an irdischen Gütern, aber reich an der Liebe seiner Mitbürger war, 15 dabei still und zufrieden lebte und in hohem Alter auf dem Schlacht¬ felds den Tod fürs Vaterland starb. Als Krösus weiter fragte, wen er nach Tellus für den glücklichsten unter den Sterblichen halte, nannte er Kleobis und Biton. „Die beiden Jünglinge" — erzählte er — „waren die Söhne einer Priesterin und spannten sich einst, da ro ihre Mutter zum Tempel fahren wollte, aus kindlicher Liebe und aus Furcht vor den Göttern selber vor den Wagen; als sie im Tempel angekommen waren, schliefen beide, von der Anstrengung ermattet, in inniger Umarmung ein und erwachten nie wieder. Sie starben nach der schönsten Tat, die sie im Leben verrichtet hatten." ro „Sonderbar," entgegnete Krösus, „du rechnest also auch die Toten zu den Glücklichen? Blag sein! Aber unter den Lebenden, dächte ich, ist doch gewiß niemand glücklicher als ich." „Nicht gern möchte ich dir diesen schmeichelhaften Wahn nehmen," erwiderte Solon, „aber meiner Meinung nach ist es mit dem Glücke eine eigene Sache. Kein Tag so ist dem andern gleich; was der eine an sogenannten Glücksgütern gebracht hat, nimmt der andere, und solange der Mensch lebt, muß er, wenn er solche Güter besitzt, jeden Tag fürchten, sie zu verlieren oder auf andere Weise unglücklich zu werden; daher ist vor dem Tode niemand wahrhaft glücklich zu preisen." ss Leseb. f. slow-.ulraquist. Mittelsch. l. u. 2. Kl. (N) t 7 258 Die Folge hat gezeigt, wie wahr Solon gesprochen hatte. Um dieselbe Zeit lebte Cyrus, der sich schon manche Länder unter¬ worfen hatte. Mit ihm geriet Krösus in einen Krieg, hatte aber dabei ein Unglück ums andere. Sein Heer wurde geschlagen, seine 4« Residenz eingenommen und er selbst fiel den Feinden in die Hände. Er verlor nicht nur alle feine Schätze, sondern wurde auch von dem übermütigen Sieger verurteilt, auf dem Scheiterhaufen verbrannt zu werden. Der Holzstoß war bereits errichtet und das Feuer wurde angelegt: da erkannte Kröfus, wie wahr Solon gesprochen hatte, und 45 rief, wie die Sage berichtet, bedeutungsvoll aus: „O Solon! Solon' Solon!" Cyrus, der nahe am Scheiterhaufen stand und diese Worte hörte, ließ sogleich anhalten und fragte, was dieser Ausruf bedeute. Krösus erzählte seine Unterredung mit Solon und fügte hinzu, er erkenne nun, daß niemand vor dem Tode vollkommen so glücklich zu preisen sei. Der glückliche Sieger wurde durch die Erzählung gerührt; er befahl, dem Krösus sogleich die Bande zu lösen, und schenkte ihm nicht nur das Leben, sondern nahm ihn auch als Freund und Ratgeber an seinen Hof. Beide lebten fortan vereint, bis auch Cyrus die Unbeständigkeit des Glückes erfuhr und ss in einen: Kriege getötet wurde. S ch e i n p f l u g. 299. vis Lxa-rtkrrrsr irr Lbrsrrrrop^lü. Lodwer und langsam kam die Lersermaodt deranAe^oZen, odne 'Widerstand -m linden, dis ?um Lunpasse von Tdormopvlä, der in das Herr: von Lrieedenland tüdrt. Lier, wo das Neer von der einen und das steile OtaAebirZe von der anderen Leite nur s einen sodmalen 8te§ gelassen baden, dielt der spartaniseds LöniA Leonidas mit 300 Lpartiaten und einigen verbündeten Truppen. Xerxes brodle überlaut, als er dörte, daO dieses Ländern seine Hunderttausend^ auldudalten Zedende und sied ?unr Lampte wie 2u einem Lsste sobmüeds. Lr sediodts Loten bin mit dem io Letedl, ibm sotort die ^Vallen ausrurlietern. „Lomm und dole sie!" war die Antwort. Lud als den Lrieeden ZesaZt wurde, der Leinde seien so viele, daü idre Lteile die Lonne verdüstern würden, erwiderte ein Lpartaner dalt: „Desto besser, so werden wir im Lodatten teedten ll' 260 die Gluckt sodlagsu. Xder nun driugeu von allen 8siteu Oie vsinds aut das iminsr dl einer verdende Orieedendser ein und die Vaptersten müssen der Ildermaedk erlisten. 55 Von senen 300 8partanern starden alle den Veldenbod, dis aut einen, ^.ristodemus. Visser var bei einein andern 8partaiisr, namens vur^tus, der vegsn einer sodlimmen ^ugendranddsit von Veonidas tortgesodiedt vorden var. ^.ls sie nun dorten, daü die verssr über den verg gegangen seien, forderte vur^tus seins 60 Rüstung, lsgts sie an und detadl seinem viener, idn naed dein Xamptplatxe xu tüdren. vier angedommen, stürmte er sied in den teindliedsn Hauten und vard ersodlagsn; ^.ristodemus aber rettete sein Veden durod dis vluodt. voed in 8parta erdlärten idn alle Bürger tür edrlos, deiner spraed medr init idin, deiner durtts 65 idin ein veuer anxünden. Loleds 8edinaod vsrinoodte er niodt xu ertragen; er xog naedder in dis 8odlaodt del vlatää und dielt sied da so tapter, daO sr seins 8odinaed init dein vode lösedts. Bolodsrgestalt var der Lampt der Vriseden dsi vdermop^lä iin duli 480 v. Odr. Xaed der 8odlaolit desad Xerxss dis Vsiod- 76 nains, und als inan den Veiodnain des Veonidas getunden, lieO sr demselden den Lopt adsodneiden und idn sodinaedvoll ans Lreux sodlagen vider 8itts und Reedt. vis Vrisoden adsr lisllsn naodder an der 8tslls, vo Veonidas Metallen var, einen steinernen Vöven und eins vsndsäule srriodten, vslode die Insodritt trägt: 75 „^Vandsrer, donunst du naed 8parta, verdündige dorten, du iiadest lins dier liegen gesedn, vie das Vesetx es detadl!" Orube. 300. Demosthenes. Demosthenes war der größte Redner unter den Griechen. Er hatte seinen Vater verloren, als er kaum sieben Jahre alt war. Als Knabe hörte er einst einen Redner und war ganz entzückt von der schönen Rede. Er faßte sogleich den Entschluß, auch einmal ein solcher 5 Redner zu werden. Von der Zeit an nahm er an keinem Spiele mehr teil, sondern verwandte alle Zeit auf Lesen, Schreiben und Sprechen. Als er nun erwachsen war und eine schöne Rede ausgearbeitet hatte, hielt er diese vor dem versammelten Volke. Aber er wurde ausgepfiffen und alle Mühe schien vergeblich gewesen zu sein. Betrübt 261 schlich er nach Hause. Ein Freund aber ermunterte ihn zu einem iv zweiten Versuche. Diesmal arbeitete er viel sorgfältiger und übte die Rede geläufiger ein. Aber ach! er wurde wieder ausgelacht; das Gesicht in seinen Mantel hüllend, ging er wie vernichtet nach Hause. Darauf besuchte ihn ein anderer Freund und machte ihn aufmerksam auf seine Fehler beim Reden. 15 Demosthenes hatte aber als Redner drei Hauptfehler: erstlich sprach er zu leise, weil er eine schwache Brust hatte; dann sprach er undeutlich, denn einige Laute konnte er gar nicht hervorbringen, z. B. das R; endlich hatte er die üble Gewohnheit, daß er mit der Achsel zuckte, sooft er einen Satz ausgesprochen hatte. 20 Wie sollte er aber solchen Gebrechen abhelfen? Demosthenes verzweifelte nicht. Was der Mensch will, das kann er. — Um seine Brust zu stärken, ging er täglich die steilsten Berge hinan; oder er trat an das Ufer der Meeres, wo die Wogen ein großes Gebrause machten, und suchte mit seiner Stimme das Getöse zu übertönen. 25 Uni das R und einige andere Laute herauszubringen und der Zunge die rechte Lage zu geben, legte er kleine Steine unter die Zunge und so sprach er. Das häßliche Achselzucken sich abzugewöhnen, hängte er ein Schwert über der zuckenden Achsel aus, das ihn jedesmal verwundete, wenn er in die Höhe fuhr. Dann ließ er sich die Haare so kurz abscheren, damit er eine Zeitlang gar nicht ausgehen durfte, sondern alle Zeit auf feine Kunst verwenden mußte. Nach solchen Vorbereitungen trat er endlich wieder auf und hielt eine so schöne Rede, daß das athenische Volk ganz entzückt war und seinen Ohren nicht trauen wollte. Demosthenes wurde nun mit ss Lob nnd Beifallsbezeugungen überschüttet; dadurch ausgemuntert, fuhr er nur noch emsiger fort, an seiner rednerischen Ausbildung zu arbeiten. Oft hat er mehr gewirkt als der beste Feldherr. Malier. 301. Sprüche. 1. Wer ansharrt bis zum Eude, wird gekrönt. 2. Der Wille macht den Menschen groß und klein. 3. Die Tauben fliegen einem nicht gebraten ins Maul. 4. Mut verloren, alles vorloren. 5. Ende gut, alles gut. 262 302. Nus dem Leben Alexanders des Großen. Emer der merkwürdigsten Männer der alten Geschichte ist Alexander der Große, König von Mazedonien. Aus seinem Leben werden uns viele anmutige und lehrreiche Geschichteu erzählt, von denen hier einige folgen mögen. I. 5 Alexander hatte ein Pferd, das ihm über alles lieb war und dem er wegen der eigentümlichen Gestalt seines Kopfes den Namen Bucephalns, d. h. Ochseukopf, gegeben hatte. Auf folgende Weise war er in den Besitz desselben gekommen. Alexander war ein Jüngling von etwa siebzehn Jahren, als feinem Vater Philipp ein wildes io Pferd um einen ungeheueren Preis angeboteu wurde. Das Pferd war schön, von der edelsten Art, von herrlicher Geschmeidigkeit der Glieder; nur einen Fehler hatte es an sich, nämlich deu, daß es keinen Reiter aussitzen ließ. Die geschicktesten Stallmeister des Königs versuchten ihre Kunst vergebens an ihm. Unmutig befahl der König endlich, es is wegzuführen, da es doch kein Mensch brauchen könne. Da bat Alexander seinen Vater, auch ihm einen Versuch zu erlauben. Er hatte nämlich bemerkt, daß das Pferd vor feinem eigenen Schatten sich fürchte. Er ergriff es nun am Zügel, führte es gegen die Sonne, streichelte es eine Zeitlang, ließ dann unvermerkt seinen Mantel fallen und so schwang sich rasch hinauf. Blitzschnell flog das Pferd mit seinem Reiter davon und mit Staunen und Zittern blickten alle dem jungen Alexander nach. Als sie aber sahen, daß er wieder umlenkte und das Roß nach Willkür bald links, bald rechts tummelte, da jubelten alle und mit Freudentränen rief der König aus, indem er den lächelnden Ls Jüngling umarmte: „Lieber Sohn, suche dir ein anderes Königreich, Mazedonien ist für dich zu klein!" — Von da an war Bucephalns der unzertrennliche Begleiter Alexanders auf allen seinen Zügen und Alexander ritt es in allen Schlachten. II. In dem großen ruhmreichen Kriege, den Alexander mit deu 3« Persern führte, kam er einst bei großer Hitze, ganz mit Staub und Schweiß bedeckt, am Flusse Cpdnus an. Das klare, frische Wasser und die schattige Einfassung des Stromes luden den König zum Baden 70 75 80 5 10 15 264 nicht mehr leben würde, wenn er nicht gewesen wäre. Diese Reden erzürnten den König anfs äußerste; nur um so heftiger schrie Klitus. Man brachte ihn weg, weil man den König glühend vor Zorn auf¬ stehen sah. Aber Klitus war so unbändig, daß er durch eine andere Tür wieder in den Saal kam und aufs neue Schimpfworte gegen Alexander ausstieß. Da hielt sich dieser nicht länger. Durch seine Adern schoß kochend das Blut; glühend sprang er auf, riß einer Wache die Lanze weg und stach den Klitus nieder. Aber kaum war dies geschehen, so war's, als ob Rausch, Zorn und Wut von ihm geflohen wären. Starr blickte er eine Zeitlang auf die veratmende Leiche; mit einem durchdringenden Geschrei warf er sich auf deu gemordeten Freund, umklammerte ihn mit seinen Armen, benetzte ihn mit seinen Tränen, rief ihn verzweiflungsvoll bei seinem Namen, als wolle er ihn wieder ins Leben zurückrufen. Drei Tage lang wollte er weder essen noch trinken; in dumpfem Schmerz stöhnte er nur den Namen Klitus. Nur die Tröstungen seiner Freunde und der Drang der Geschäfte konnten ihn allmählich wieder beruhigen. Nach Schulze-Steinmann-Kiel, Kinderschatz. 303. Der afrikanische Rechlsspruch. Alexander von Mazedonien kam einst in eine entlegene, gold¬ reiche Provinz von Afrika; die Einwohner gingen ihm entgegen und brachten ihm Schalen dar, voll goldener Äpfel und Früchte. „Eßt ihr diese Früchte bei euch?" sprach Alexander; „ich bin nicht gekommen, eure Reichtümer zu sehen, sondern von euren Sitten zu lernen." Da führten sie ihn auf den Markt, wo der König Gericht hielt. Eben trat ein Bürger vor und sprach: „Ich kaufte, o König, von diesem Manne einen Sack voll Spreu und habe einen ansehnlichen Schatz in ihm gefunden. Die Spreu ist mein, aber nicht das Gold; nnd dieser Mann will es nicht wieder nehmen. Sprich ihm zu, o König; denn es ist das Seine." Und sein Gegner, auch ein Bürger des Ortes, antwortete: „Du fürchtest dich, etwas Unrechtes zu behalten und ich sollte mich nicht fürchten, ein solches von dir zu nehmen? Ich habe dir den Sack verkauft nebst allem, was drinnen ist; behalte das Deine! Sprich ihm zu, o König!" 268 Der König fragte den ersten, ob er einen Sohn habe. Er ant¬ wortete: „Ja." Er fragte den andern, ob er eine Tochter habe und bekam „Ja" zur Antwort. „Wohlan!" sprach der König, „ihr seid beide rechtschaffene Leute; verheiratet eure Kinder untereinander und so gebt ihnen den gefundenen Schatz zur Hochzeitsgabe! Das ist meine Entscheidung." Alexander erstaunte, da er diesen Ausspruch hörte. „Habe ich unrecht gerichtet," sprach der König des fernen Landes, „daß du also erstaunest?" „Mit nichten!" antwortete Alexander; „aber in ss unserem Lande würde man anders richten." „Und wie denn?" fragte der afrikanische König. „Beide Streitende," sprach Alexander, „verlören ihre Häupter und der Schatz käme in die Hände des Königs." Da schlug der König die Hände zusammen und sprach: „Scheint denn bei euch auch die Sonne? und läßt der Himmel noch auf euch so reguen?" Alexander antwortete: „Ja." „So muß es," fuhr jener fort, „der unschuldigen Tiere wegen sein, die in eurem Lande leben; denn über solche Menschen sollte keine Sonne scheinen, kein Himmel regnen." Herder. 304. Der Sperling. Wer hat wohl noch keinen Spatzen gesehen? Das wäre mir ein merkwürdiger Mensch ! — Der Spatz gehört zu den Gassenbuben unter den Vögeln. Er sieht auch gerade so aus. In seinem dicken Kopfe stecken ein Paar rohe, freche Augen, denen man sogleich ansieht, daß er sich um keinen Menschen bekümmert und daß es ihm einerlei sei, s was man von ihm denke. Zu seinem dicken Kopfe paßt ganz sein plumper Schnabel und sein freches Geschrei. Er gibt sich nicht die geringste Mühe, anständig zu sprechen, sondern schreit in den Tag hinein, wie es ihm in die Gurgel kommt. Der Anzug paßt ganz zu seinem Wesen. Gewöhnlich trägt er w eine grobe, graue Jacke, auf der man nicht leicht Schmutzflecken sehen kann; darum treibt er sich auch damit auf den: Miste, im Kote, in Lachen und aus den Feldern herum. Händel hat er mit seinen Kameraden alle Augenblicke und dabei gibt es ein Geschrei, daß man es im ganzen Dorfe hört. — Vor den Menschen hat er nicht die 15 geringste Scheu und Achtung. Er drängt sich überall herbei und macht 267 diesen gönnt er euch nicht einmal. Laßt nur ein Fenster offen, wo ihr sie verwahrt, bald werdet ihr merken, daß ein Dieb da gewesen ist. sr Ebenso unverschämt treibt er es auf den Feldern, wenn die Frucht reif wird. Fragt nur die Bauern, die können euch Stückchen erzählen, die alle das Zuchthaus verdienten. Selbst auf ihren Kornböden können sie ihr Getreide nicht sichern; der Spatz holt sich sein Teil selbst und das alle Tage. — Vom Reisen ist er kein Freund, er bleibt eo im Winter da und denkt: „Ich kann mir ja mit Stehlen helfen!" Ist das nicht arg? Walther. S0 7. er« ssrnE Ho-r-r. 7. 77/-' immer Treu uuZ DeZiieZZeit Dis au Zeiu Zü/Zes trraZ DuZ roeieZe Zeiueu ZliuAer öreit lZou Lottes l^sAeu aö / Dauu wirst Zu ?E au/ Arüueu ^iu'u DuroZs DrZAer/eöeu AeZu,- Dauu saunst Zu souZer Z'urcZt uuZ Drauu Dem D-Z ius ^ckut/its seZu. 'M»- 2. Dau» wirZ Zis -ZieZet uuZ Zer Zf?uttes lUsAe» aö / srre^err cierns tAvir/'t rvernen ?V«rrerr cünan/ /§oMMei"ö^rt»rsrr, vo^l von O«/?, /t/tt/<» «»8 e/e» TVänerr crrr/. 306. Nomulus und Wemus. Ju der Stadt Albalonga in Italien regierte König Procas. Er hinterließ das Reich seinen beiden Söhnen Numitor und Amulius mit der Bestimmung, daß jeder immer ein Jahr regieren sollte. Aber Amulius verdrängte seinen älteren Bruder, ließ ihn zwar am Leben, 5 mordete aber dessen Sohn, weil er fürchtete, die Nachkommen würden das Unrecht einst rächen. Numitors Tochter aber, Rhea Silvia, bekam zwei Söhne, Romulus und Remus. Als Amulius dies erfuhr, ließ er die beiden Kleinen der Mutter nehmen, sie in eine Mulde legen und in den Tiber werfen. Dieser war eben ausgetreten und zu dem io eigentlichen Bette des Flusses konnte niemand gelangen. Daher setzten die königlichen Diener die Mulde auf das seichte Wasser und gingen davon. Bald fiel das Wasser und die Kleinen blieben auf dem Trockenen zurück. Hier fand eine Wölfin dieselben und säugte sie eine Zeitlang. Bald darauf entdeckte sie der königliche Hirt Faustulns. Er i5 nahm sie mit und gab sie seiner Gattin Acea Lare utia zum Erziehen. Hier wuchsen Romulus und Remus zu rüstigen Hirtenknaben heran. Einst waren die königlichen Hirten mit den Hirten Numitors in Streit geraten. Romulus und Remus wurden gefangen und vor Numitor geführt. Der erkannte sie als seine Enkel, entdeckte ihnen, Lv welches Unrecht Amulius an ihnen getan, wie er sie habe ertränken wollen, und forderte sie zur Rache auf. Sie verbanden sich mit einer Schar befreundeter Hirten, ergriffen den Amulius, töteten ihn und setzten ihren Großvater Numitor auf den Thron. Zum Lohne gab ihnen Numitor ein Stück Landes an dem Tiber, wo sie eine Stadt 25 bauten und diese Stadt wurde das mächtige Rom. 269 Gleich im Anfänge war unter den Brüdern Streit, wer von ihnen die Stadt benennen, wer sie als König beherrschen sollte. Der Streit artete endlich so aus, daß Romnlus seinen Bruder erschlug. Er beherrschte nun die Stadt und benannte sie nach seinem Namen. Walter. 307. Das Weich der alten Römer. Klein und unbedeutend in seinem Ursprünge, wurde Rom später groß und mächtig durch strenge Sitten, durch Tapferkeit und Aus¬ dauer seiner Bewohner. Die Hauptbeschäftigung der Römer war der Ackerbau, dessen sich auch die Vornehmsten nicht schämten. Im Anfänge standen Könige an der Spitze der Regierung, deren erster 5 Romulus war. Der siebente und letzte, Tarquinius der Übermütige, der seine Gewalt mißbrauchte, wurde vertrieben und die schon vorher durch einen Senat beschränkte königliche Gewalt zwei Konsuln über¬ tragen, die jährlich neu gewählt wurden. Also ward Rom ein Frei¬ staat (Republik) 509 v. Ehr. w Doch das Hauptgeschäft der Römer schien bald der Krieg zu sein. Sie führten unaufhörlich Krieg mit ihren Nachbarvölkern und hatten unter anderen besonders hartnäckige Kämpfe mit den Samnitern, einem kriegerischen Volke in Mittel-Italien, zu bestehen. Nach deren endlicher Besiegung machten sie sich nach und nach zu Herren von 15 ganz Italien. Vergeblich riefen die Tarentiner in Unter-Italien den König von Epirus, Pyrrhus (280 v. Ehr.), zu Hilfe; auch er unter¬ lag endlich trotz seiner mazedonischen Kriegskunst und seiner früher in Italien noch nie gesehenen Elefanten der Tapferkeit der Römer. Während die Römer ihre Herrschaft über Italien immer mehr ro ausbreiteten, hatte sich Karthago, eine phönizische Pflanzstadt an der Nordküste von Afrika, da, wo jetzt Tunis liegt, durch ausgebreiteteu Handel zu einem reichen Staate und zur Beherrscherin des Mittel¬ ländischen Meeres erhoben. Die Fortschritte der Karthager aus der Insel Sizilien erregten die Besorgnis der Römer. Ein furchtbarer 25 Kampf erhob sich zwischen Rom und Karthago in drei auseinander folgenden, den sogenannten Punischen Kriegen. In dem zweiten dieser Kriege brachte der große Feldherr der Karthager, Haunibal (218 v. Ehr.), der aus Spanien über die Pyrenäen und Alpen 271 Römerreich und wurde Roms erster Kaiser (Cäsar); doch begnügte er sich mit dem Namen Augustus. Er herrschte weise und mild und gab dem Reiche Ruhe. Zu seiner Zeit und kurz vor ihm zeichneten sich unter den Römern mehrere Gelehrte und Dichter aus, deren 70 Schriften noch heute in gelehrten Schulen gelesen werden. Unter Augustus wurde Christus, unser Heiland, geboren, und das römische Reich stand in seiner größten Macht und herrlichsten Blüte. Es umfaßte damals: das heutige Portugal, Spanien, Frankreich bis an den unteren Rhein, Holland, England nebst dem südlichen 75 Schottland, die Schweiz, den südlichen Teil Deutschlands bis zur Donau, die europäische Türkei, Griechenland, die Krim, Tscherkessien, das ganze Kleinasien, Syrien, Phönizien, Palästina, Ägypten, Algier, Tunis, Tripolis, Fez und Marokko und die sämtlichen Inseln des Mittelmeeres. so Im Jahre 395 nach Christus wurde dieses große Reich in zwei Teile geschieden, in das morgenländische und abendländische Kaisertum: dort war Konstantinopel (früher Byzanz genannt), hier Rom die Hauptstadt. Innere Empörungen und äußere Kriege schwächten und untergruben die Macht dieser beiden Reiche immer 85 mehr. Von Zeit zu Zeit stürzten sich mächtige germanische Volks¬ stämme auf das abendländische Kaisertum und so zerfiel es endlich, nachdem der letzte römische Kaiser, Romulns Augustus, abgesetzt worden war, in mehrere kleine Staaten und in Rom herrschten Deutsche (i. I. 476). Dieses Ereignis schließt den Zeitraum der alten eo Geschichte. Usener. 308. Mein Österreich. 1. Hoch vom Erzgebirg, wo der Bergmann haust, Bis zum Karstgebiet am Meeresstrand Und vom Bodensee, wo der Rheinstrom braust, Bis zum Goldlaud am Karpathenrand — Dieses schöne Reich, einem Garten gleich. Ist mein Vaterland, mein Österreich! 272 2. Wo sich See an See in den Bergen reiht Und die Donau Feld und Au durchrauscht; Wo der Obstbanm prangt, edler Wein gedeiht Und der Hochwald Gottes Odem lauscht — Dieses schöne Reich, einem Garten gleich. Ist mein Vaterland, mein Österreich! 3. Wo der Adler thront hoch im Felsenhorst, Über Stock und Stein die Gemse springt. Wo der Weidmann birscht durch den grünen Forst Und die Älplerin zur Zither singt — Dieses schöne Reich, einem Garten gleich, Ist mein Vaterland, mein Österreich! 4. Wo ein sreies Volk an die Arbeit geht. Seinen Mut bewahrt in Glück und Not; Wo der Liebe Hauch jedes Herz durchweht Für den Landesvater und sür Gott — Dieses große Reich, stark und schön zugleich. Ist mein Vaterland, mein Österreich! Wenhart. 273 Das Kaiserlied. (Österreichische Volkshymnr.) Gott erhalte, Gott beschütze Unfern Kaiser, unser Land! Mächtig durch des Glaubens Stütze Führ' Er uns mit weiser Hand! Laßt uns Seiner Väter Krone Schirmen wider jeden Feind: Innig bleibt mit Habsburgs Throne Österreichs Geschick vereint. Fromm und bieder, wahr und offen Laßt für Recht und Pflicht uns stehn; Laßt, wenn's gilt, mit frohem Hoffen Mutvoll in den Kampf uns gehn! Eingedenk der Lorbeerreiser, Die das Heer so oft sich wand: Gnt und Blut für unfern Kaiser, Gut und Blut fürs Vaterland! Was des Bürgers Fleiß geschaffen, Schütze treu des Kriegers Kraft; Mit des Geistes heitern Waffen Siege Kunst und Wissenschaft! Segen sei dem Land beschieden Und sein Ruhm dem Segen gleich: Gottes Sonne strahl' in Frieden Auf ein glücklich Österreich! Leseb. f. slow.-utraquist. Mittelsch. r. u. 2. Kl. (N) -jH 274 Laßt uns fest Zusammenhalten, In der Eintracht liegt die Macht; Mit vereinter Kräfte Walten Wird das Schwerste leicht vollbracht. Laßt uns, eins durch Bruderbande, Gleichem Ziel entgegengehn: Heil dem Kaiser, Heil dem Lande, Österreich wird ewig stehn! An des Kaisers Seite waltet, Ihm verwandt durch Stamm und Sinn, Reich an Reiz, der nie veraltet, Unsre holde Kaiserin. Was als Glück zuhvchst gepriesen, Strom' aus Sie der Himmel aus! Heil Franz Joses, Heil Elisen, Segen Habsburgs ganzem Haus! Seidl. 275 Inhaltsverzeichnis. (Die mit * bezeichneten Lesestiicke sind Gedichte.) Nr. Seite 1. *Jm Namen Gottes. (Mer Spruch. Aus Kummer-Branky-Hofbauers Lesebuch) 3 2. Sprüche.3 3. Der kluge Star. (Nach Gleim).3 4. Der sprechende Star. (Nach Chr. Schmid).4 5. Was kostet das Füllen? (Grimm).4 6. Die Fliege und ihre Jungen. (Schulze-Steinmann-Kiel, Kinderschatz) ... 4 7. *Wie soll es sein? (Kletke).5 8. Die faulen Mägde. (Nach Chr. Schund).5 9. Der Sperling und die Taube. (Niedergesätz, Deutsches Lesebuch) .... 8 10. Der Pfau und der Hahn. (Lessing).6 11. Die Henne und ihre Küchlein. (Schulze-Steinmann, Deutsches Lesebüchlein) . 6 12. *Was ich liebe. (Staubs Kinderbuch).6 13. Sprüche.7 14. Spotte nicht über Unglückliche! (Schulze-Steinmaun, Deutsches Lesebüchlein) . 7 15. Das kostbare Kräutlein. (Chr. Schmid).7 16. Der große Krautkopf. (Nach Chr. Schmidt.8 17. Wenn. (Simrock) . 8 18. Sorglosigkeit schadet. (Rankwitz).8 19. Sprüche ..9 20. *Herbstlied. (Salis). " .9 21. Die Kornähren. (Nach Chr. Schmid).9 22. Die Erdschwämme oder Pilze. (Chr. Schmid).9 23. Die Quelle. (Nach Chr. Schmid).10 24. Die Suppe. (Chr. Schmid).10 25. *Senuerlied. (Schiller).11 26. Der Esel als Salzträger. (Niedergesäß, Deutsches Lesebuch).11 27. Der Hund mit dem Fleische. (Nach Meißner) . .12 28. Der Wolf und das Lämmlein. (Nach Äsop).12 29. Der Wassertropfen. (Schulze-Steinmnnn-Kiel, Kinderschatz).13 30. Sprüche.13 18 276 Nr. Seite 31. "-Arbeit und Armut. (Reinick).13 32. "-Gott ist ewig. (Lausch) ..13 33. Die beiden Ziegen. (Nach Grimm).13 34. Mitleid. (Josef Heinrichs Lese- und Sprachbuch).14 38. Die bescheidene Nachtigall. (Engelien).14 36. Sprüche.13 37. Der Distelfink. (Curtman).15 38. Rätsel. (Simrock.) (Tag und Nacht).16 39. Der Kürbis und die Eichel. (Ehr. Schmid).16 46. Eulenspiegel und der Fuhrmann. (Campe).16 41. Der Löwe und der Hase. (Lessing).17 42. "Der Wettstreit. (Hoffmann von Fallersleben).17 43. Der Specht und die Taube. (Grimm).18 44. Der Löive und die Maus. (Meißner).18 45. Die kluge Maus. (Grimm).19 46. "Mäuschen. (Hey).19 47. Die kluge Versammlung. (Brandauer).20 48. Der Frosch und der Aal. (Schulze-Steinmann-Kiel, Kinderschatz) . . . .20 49. Der lügenhafte Hirt. (Nach Ehr. Schmid).21 50. Sprüche.21 51. Sonne und Wind. (Herder). .... 21 52. "Wind und Sonne. (Herder).22 53. Sperling und Pferd. (Staubs Kinderbuch).22 54. Die drei Räuber. (Ehr. Schmid).23 55. Der Besitzer des Bogens. (Lessing).23 56. "-Der gute Kamerad. (Uhland) . 24 57. Hans in der Stadt. (Staubs Kinderbuch).24 58. Fleiß und Ausdauer. (Kummer-Branky-Hofbauer, Lesebuch).25 59. Sprüche.25 60. Die Kuh, das Pferd, das Schaf und der Hund. (Zollikosfer) . . . .25 61. *Kind und Lerche. (Reinick).26 62. Sonnenschein und Regen. (Nach Chr. Schmid).26 63. Der Wolf auf dem Totenbette. (Lessing).27 64. Todesgefahren. (Nach Pauli).27 65. Sprüche.28 66. "-Rätsel. Schulze.) (Der Ofen.).28 67. Der brave Fähnrich. (Kummer-Branky-Hofbauer, Lesebuch).28 68. Ein braver Soldat. (Caspari).28 69. "Das Vaterland. (Schiller).-.29 70. Vaterlandsliebe. (Nach Pustknchen-Glanzow).29 71. Vaterlandsliebe. (Nach Petiscus).30 72. "-Mein Vaterland. (Hoffmann von Fallersleben).30 73. Die Mücke uns der Löwe (Nach Meißner).31 277 Nr. Seite 74. Der Regenbogen. (Chr. Schmid).31 75. Der Widerhall. (Chr. Schmid).32 76. Ich habe es vergessen. (Nach Franz Hoffmann).32 77. *Armes Bäumchen . . . (Hey).33 78. -»Rätsel. (Simrock.) (Der Banin).33 79. Das verlorene Zehnhellerstück. (Nach Lausch).34 80. Gott sieht es. (Nach Chr. Schmid).34 81. Die Glieder des menschlichen Körpers. (Campe).35 ,82. Sprüche.36 83. April! April! (Stands Kinderbuch).36 84. -»Kind nnd Buch. (Hey).36 85. Das Hufeisen. (Chr. Schmid).37 86. Der Rabe nnd der Fuchs. (Schulze-Steinmann-Kiel, Kinderschatz) . . .37 87. Des Affen Vorwitz. (Grimm).38 88. Der kluge Pudel. (Staubs Kinderbuch).38 89. »Knabe nnd Hündchen. (Hey).39 90. Die Sterntaler. (Brüder Grimm).39 91. Sankt Martin. (Niedergesäß) .... 40 92. Die Edelsteine. (Chr. Schmid).41 93. »Wenn am Abend . . . (Hey).4t 94. Der Schweinedieb. (Chr. Schmid).42 95. Das schöne Reitpferd. (Chr. Schmid).42 96. Das gestohlene Pferd (Chr. Schmid).43 97. -»Das gerettete Blümchen. (Goethe).44 98. Die Pflaumen. (Chr. Schmid).44 99. Die Rübe. (Chr. Schmid).45 100. Fenriges Wasser. (Dittmar).46 101. -Rätsel (Simrock.) (Ungelöschter Kalk).46 102. *Fischlein. (Hey).46 103. Der Zaunkönig. (Nach Grimm. Aus Niedergesäß, Deutsches Lesebuch) . . 47 104. Die Fliegen nnd die Spinnen. (Chr. Schmid).48 105. Der Fnchs und der Bock. (Seidl).48 106. -»Pferd und Sperling. (Hey) . . .49 107. Das wohlfeile Mittagessen (Nach Hebel).49 108. Der Pilger. (Chr. Schmid).50 109. Seltsamer Spazierritt. (Hebel).51 110. -»Truthahn und Trnthähnchen (Hey).52 111. Die goldene Dose. (Chr. Schmid) ..52 112. Der Regen. (Chr. Schmid).53 113. Der Eichbaum nnd der Kürbis. (Kellner).54 114. -»Der Hahn. (Reinick).54 115. Gib uns heute unser tägliches Brot. (Lausch).55 116. Der Menschenfresser. (Chr. Schmid).55 279 Rr. Seile 158. Die Herde. (Bones Lesebuch).81 139. *Wanderlied. (Eichendorfs).82 160. Die Mütze. (Franz Hoffmann).82 161. Die Sperlinge unter dem Hnte. (Curtman!.83 162. Der Schäferjungc. (Schulze-Steinmann-Kiel, Kinderschatz) .... 84 163. Der große Birnbaum. (Ehr. Schmid).83 164. *Des Knaben Berglied. (Uhland).86 165. Die vergoldeten Nüsse. (Nach Ehr. Schmid).86 166. Der Weihnachtsabend. (Nach Fr. Hofsmann).87 167. Kaiser Josefs Entscheidung. (Rudolph).88 168. Der Hirsch am Bache. (Meißner).88 169. Das Hirtenbüblein. (Brüder Grimm).89 170. *Die wandelnde Glocke. (Goethe).90 171. Sprüche.... -.91 172. Das Wunderkästchen. (Chr. Schmid).91 173. Das Pferd und der König. (Herder).92 174. Kindesdank. (Hebel).92 175. Der Bär als Spielkamerad. (Nach Andersen).93 176. St. Leonhard. (Vernaleken).94 177. Bescheidenheit siegt. (Hoffmann v. Fallersleben).95 178. Die drei Freunde. (Herder).95 179. Kaiser Franz nnd sein Enkel. (Nach Bermann. Aus Kummcr-Brankp-Hof- baners Lesebuch).96 180. Der Esel und die drei Brüder. (Curtman).97 181. Der Regenschirm der Kaiserin. (Nach Thomas. Aus Kummer-Branky-Hof- bauers Lesebuch).98 182. *Die Schatzgräber. (Bürger).99 183. Das Butterbrot. (Nach Franz Hoffmann).100 184. Der Hahn, der Hund und der Fuchs. (Curtman).101 185. Die Überschwemmung in Wien. (Nach dein „Kaiserbüchlein". Ans Kummer- Branky-Hofbaners Lesebuch).102 186. Der alte Mantel. (Ehr. Schmid).102 187. Die Singvögel. (Chr. Schmid).103 188. *Das Grab. (Salis) . . . 104 189. Der Hase und der Fuchs. (Nach Grimm nnd Bechstein).104 190. Die Bärenhaut. (Curtman).106 191. Kaiser Rudolf als kluger Richter. (Hauff).107 192. Sprüche.107 193. Die Sage vom Plattensee. (Vernaleken) - . 108 194. *Rätscl. (Schiller) (Der Regenbogen).100 195. Wie Till Eulenspiegel denen zu Magdeburg eine feine Lektion gab. (Bäßler) 109 196. Judas. (Curtman).110 197. Der Wolf und der Mensch. (Brüder Grimm).111 280 Nr. Seite 198. Die Wolfsgrube. (Nach Hille).112 199. ''Versuchung. (Reinick).113 200. Das seltsame Rezept. (Hebel).114 201. Kaiser Josef als Arzt. (Nach Hebel).115 202. Das Storchuest. (Schulze-Steinmann-Kiel, Kiuderschatz).116 203. Das Wasserhuhn. (Grimm) .... 117 204. Das Rieseuspielzeug. (Brüder Grimm).119 205. "Das Rieseuspielzeug. (Chamisso).119 206. Der treue Hund. (Schulze-Steinmann-Kiel, Kinderschah).121 207. Die Ameisen. (Oken).122 208. Ein abscheulicher Mensch unter ehrlichen Leuten. (Salzmann) . . . .123 209. Die Arte. (Schulze-Steinmann-Kiel, Kinderschatz).124 210. Strohhalm, Kohle und Bohne. (Brüder Grimm).125 211. *Das arme Vöglein. (Hofsmann v. Fallersleben).126 212. Graf Rudolf von Habsburg und der Priester. (Nach Tschudi) .... 127 213. Maria Theresia iu der Militär-Erziehungsanstalt in Wiener-Neustadt. (Nach Petiscus. Aus Kummer-Branky-Hofbauers Lesebuch).128 214. Der Frühling. (Kellner).130 215. Der Frühling. (Eurtman).130 216. "Frühlingsbotschaft. (Hossmann v. Fallersleben).131 217. Leutseligkeit des Erzherzogs Franz Karl. (Kummer-Branky-Hofbauer, Lesebuch) 13t 218. Der Abend. (Curtman).132 219. Freiherr von Münchhausen erzählt einige Abenteuer. (Nach Bürger) . .133 220. Der kluge Richter. (Hebe.l).136 221. Die drei Brüder. (Nach den Brüdern Grimm).137 222. *Schützenlied. (Schiller).138 223. Der Wolf und der Fuchs. (Brüder Grimm).139 224. Die Stadtmaus und die Landmaus. (Michael).140 225. Der alte Hofhund. (Grimm).142 226. Das geraubte Kind. (Schulze-Steinman-Kiel, Kinderschatz) .... 144 227. Der Edelfalk. (Franz Hofsmann).146 228. *Das Erkennen. (Vogl).14t 229. Der Fuchs und der Krebs. (Bechstein).148 230. Wettlauf zwischen dem Hgsen und dem Igel. (Bechstein).149 231. Die Boten des Todes. (Brüder Grimm).182 232. Die Wichtelmänner. (Brüder Grimm).183 233. Das Kätzchen und die Stricknadeln. (Bechstein).155 234. Kaiser Fran; Josef in der Schule. (Kummer-Branky-Hofbauer, Lesebuch) . 156 235. *Die Jahreszeiten. (Hey).188 236. Die Mühle. (Buschmann).189 237. Heldenmut. (Stern).189 238. Das Tränenkrllglein. (Bechstein). . . .160 239. Wie Till Eulenspiegcl die Kranken in einem Spitale gesund machte. (Bäßler) 161 281 Nr. Leite 240. Der Herbst. (Nach Kellner).t63 244. Der Weinstock. (Herder) . . ^.463 242. »Rätsel. (Siinrock.) (Die Weintraube).464 243. »Rätsel. (Schiller.) (Die vier Jahreszeiten) . ..464 244. Der gerettete Handwerksbnrsche. (Bartels-Wirth, Deutsches Lesebuch) . . 166 246. Zwei Schneeglöckchen. (Friedrich Hoffmann).166 246. Die drei Bergleute im Kuttenberge. (Brüder Grimm).168 247. Das Bergwerk. (Curtman).169 248. Der zornige Löwe. (Nach Grimm).170 249. »Gottes Fürsorge. (Hey).173 250. Der Hund. (Lüben) . 174 251. Kannitverstan. (Nach Hebel).174 252. Die Eisenbahn. (Nach Feix und Jung. Aus Kummer-Branky-Hofbauers Lesebuch) 177 263. Eine Geschichte von Rübezahl. (Nach Mnsäus).177 254. Die Haustiere. (Kummer-Branky-Hofbaucr, Lesebuch).180 255. »Lied eines Armen. (Uhland) .181 256. Hans im Glück. (Brüder Grimm).182 257. Der brave Bauersmann. (Franz Hoffmann).187 258. Das Raupennest. (Salzmann).188 259. Der geheilte Patient. (Nach Hebel).191 260. »Zufriedenheit. (Miller).193 261. Sprüche.194 262. Fran Holle. (Brüder Grimm).194 263. Die Kreuzspinne. (Reinhold).197 264. Rotkäppchen. (Brüder Grimm).199 265. Bis zur Quelle. (Ernst).202 266. »Das Bächlein. (Rudolphi).204 267. Dornröschen. (Brüder Grimm).204 268. Der Nordwind. (Curiman).207 269. Der Winter. (Kellner).208 270. Der Grimm des Winters. (Curtman j .... . . 209 271. »Die zwei Hunde. (Pfeffel).210 272. Schneewittchen. (Brüder Grimm).211 273. Haushahn und Henne. (Wagner) . . 218 274. Die Bremer Stadtmusifanten. (Brüder Grimms ...... 219 275. *Mein Vaterland. (Wurth).222 276. Die Hauskatze. (Rothe).223 277. Das Paar Pantoffel. (Liebeskind >.224 278. Der Sommer. (Nach Kellner).228 279. Das Lamm im Walde. (Bones Lesebuch).228 280. Das Gewitter. (Lauckhard).229 281. »Heimkehr des Hirten. (Reinick).229 282. Die Fabel vom Assen. (Reinick).230 Leseb f. slow.-utraquist. Mittelsch. I- u. 2. Kl. (X) 19 Dr^ick von Karl Gorischek. Wien V. Ik^ MIV^2I7U7^6 s SSSSSSS2SS3 34 79. 1)8,8 V6rlor606 LkllollollsrLtÜolr. Din kleines lllääellen stanä ant äer Ltraüe nnä iveinte ' bitterliell. Da ^inZ ein Herr vorüber. ^.Is er äas Linä stellen sall, trat sr lleran nnä traute 68, ivarnm 68 veins. „^.ell/' saZte äas Nääellsn, „meine lllntter vill äas MttaZmalll Mr 5 äen Vater koellen nnä äa^n sollte ioll tnr ein ^ellnllellerstnok etvas beim Lantmann llolsn; äs, babe ioll äas 6lelä verloren^ Dabei sn«ä«te äas Kleins Nääollen immer ant äer llräe nmlior nnä veinte. Os, ^rikt äer tremäe Nann in äie lllasolle nnä spraoll: „Lei rnlliZ, mein Linä, liier käst än Lrvan^iZ Heller io statt äes ^sllnllellerstnokes; äatür Kants beim Lantmann, ivas äir äeins Nntter KesaZt Kat, nnä äie nbriZen Heller bellältst än Mr äioll." De, varä äas kleine Nääollen nieder rnlliA, nallm äas ^^van^iAllellerstnok nnä «tankte llöüioll. Lanm aber 5var äer Dremäe einiZe Lollritte tortAeZanAen, 15 so kam illm äas Linä mit trenäiAem Ossiollt naollAssprunAsn nnä riet: „Hier, lieber Herr, sinä äis 2ivanr:iA Heller vvieäer; ivll llabe mein 2ellnllsller8tnok Aellinäen." Da trente sioll äer lllann, äak äns Linä so Znt nnä ellr- llell var. Dann aber §rllt er nooll einmal in äie ^asolle, §ab so äem Linäe einen blanken LilbsrAnläen nnä s^raoll: „On bist ein braves Uääellen. Lleib immer so ellrlioll! Den LllberKnläen aber le§e in äeine Lxarbnollse nnä brinZe äeiner Älntter einen ttrnü von äem tremäen Nanne, äer illn äir ASAeben nnä äer sieb über äiell Zetrent bat!" Mob Iisuseii. 80. Gott steht es. Jakob und Anna wareu einmal allein zu Hause. Da sagte Jakob zu Anua: „Komm, wir wollen uns etwas Gutes zu essen suchen und es uns recht wohl schmecken lassen!" Anna sprach: „Wenn du mich an einen Ort hinführeu kannst, 5 wo uns niemand sieht, so gehe ich mit dir." „Nun," sagte Jakob, „so komm mit in die Milchkammer, dort wollen wir eine Schüssel voll süßer Milch verzehren." 47 Geht dir so schnell zum Halse hinein. Reißt dich blutig und macht dir Pein. Siehst du nicht sitzen den Knaben dort? Fischlein, geschwinde schwimme fort!" 2. Fischlein mocht' es wohl besser wissen, Sah nur nach dem fetten Bissen, Meinte, der Knabe mit seiner Schnur Wäre hier so zum Scherze nur. Da schwamm es herbei, da schnappt' es zu. Nun zappelst du, armes Fischlein du. Hey. 103. Der Zaunkönig. Die Vögel wollten einmal einen König wählen. Sie versammelten also in einem Eichenwalde einen stattlichen Reichstag. Da waren sie alle zugegen, von dem Adler an bis zum Goldhähnchen, und schrien, pfiffen, sangen, schnatterten und schwatzten vom Morgen bis zum Abend, wer unter ihnen König sein sollte. Sie wurden aber lange s nicht einig. Nachdem sie sich endlich müde geschrien und geschnattert hatten, kamen sie miteinander überein, daß derjenige unter ihnen König sein sollte, der sich am höchsten in die Lüfte zu schwingen vermöchte. Es wurde also ein Tag zu dem Wettstreit festgesetzt und zur bestimmten Stunde erhob sich der ganze Haufen in die Luft, io Jeder suchte es dem andern zuvorzutnn. Da es aber fast keinem Zweifel unterlag, daß der Adler den Sieg davontragen und König sein werde, so gedachte ihn der Zaun¬ könig durch eine List zu überwinden. Was tat er? Er versteckte sich in dem Gefieder des Adlers, ohne daß dieser es merkte. So ließ er is sich in die Lüfte mit hinauftragen. Als nun der Adler meinte, er habe gesiegt und sei König, da flog der Zaunkönig aus des Adlers Gefieder hervor und über ihn hinauf, so daß alle Vögel ihn als ihren König anerkennen mußten. Weil er aber eine gar so kleine Gestalt hatte, wurde er von allen Vögeln verfolgt und geneckt, so 20 daß sich der kleine König zuletzt in die Zäune, Gebüsche und Holzstöße verkriechen mußte, um nur Ruhe zu haben. Und da treibt er denn sein Wesen bis auf den heutigen Tag. Nach Grimm. Aus Niedergesätz, Deutsches Lesebuch. 50 er sich alles wohl hatte schmecken lassen, zog er einen abgeschliffenen Sechser aus der Tasche und sagte: „Hier, Herr Wirt, ist mein Geld." Der Wirt sagte: „Was soll das heißen? Ihr seid mir ja einen 10 ganzen Taler schuldig!" Der Gast erwiderte: „Ich habe für keinen Taler Speise von Euch verlangt, sondern nur für mein Geld. Hier ist mein Geld. Mehr hab' ich nicht. Habt Ihr mir zu viel dafür gegeben, so ist's Eure Schuld." „Ihr seid ein durchtriebener Schalk," erwiderte der Wirt, „und hättet wohl etwas anderes ver- 15 dient. Aber ich schenke Euch das Mittagessen und hier noch ein Kroneustück dazu. Nur seid stille zur Sache und geht zu meinem Nachbar, dem Bärenwirt, und macht es mit ihm ebenso." Das sagte er, weil er mit seinem Nachbar, dem Bärenwirt, aus Brot¬ neid in Unfrieden lebte und einer dem andern jeglichen Schimpf 20 gern antat und erwiderte. Aber der schlaue Gast griff lächelnd mit der einen Hand nach dem angebotenen Gelds, mit der andern vor¬ sichtig nach der Tür, wünschte dem Wirt einen guten Abend und sagte: „Bei Eurem Nachbar, dem Herrn Bäreuwirt, bin ich schon gewesen und eben der hat mich zu Euch geschickt und kein anderer." 25 Wer andern eine Grube gräbt, fällt selbst hinein. Nach Hebel. 108. Der Pilger. In einem schönen Schlosse, von dem schon längst kein Stein auf dem andern geblieben ist, lebte einst ein sehr reicher Ritter. Er verwandte sehr viel Geld darauf, sein Schloß recht prächtig auszu¬ zieren, den Armen aber tat er wenig Gutes. 5 Da kam nun einmal ein armer Pilger in das Schloß und bat um Nachtherberge. Der Ritter wies ihn trotzig ab und sprach: „Dieses Schloß ist kein Gasthaus." Der Pilger sagte: „Erlaubt mir nur drei Fragen, so will ich weiter gehen." Der Ritter sprach: „Auf diese Bedingung hin mögt ihr immer fragen. Ich will Euch gerne io antworten." Der Pilger fragte ihn nun: „Wer wohnte doch wohl vor Euch in diesem Schlosse?" „Mein Vater," sprach der Ritter. Der Pilger fragte weiter: „Wer wohnte vor Eurem Vater da?" „Mein Gro߬ vater," antwortete der Ritter. „Und wer wird wohl nach Euch darin — ttl — Hat. Kinder, so dankt denn alle Gott, seid fröhlich und vergesset in eurem Leben nicht den schönen Spruch: Vertrau' aus Gott und laß ihn malten; so Er wird dich wunderbar erhalten." Chr. Schmid. 124. Der weihe Hirsch. Es gingen drei Jäger wohl aus die Birsch, Sie wollten erjagen den weißen Hirsch. Sie legten sich unter den Tannenbaum, Da hatten die drei einen seltsamen Traum. „Mir hat geträumt, ich klopft' auf den Busch, 5 Da rauschte der Hirsch heraus, husch, husch!" „Und als er sprang mit der Hunde Gekläff, Da brannt' ich ihm auf das Fell, piff, paff!" „Und als ich den Hirsch an der Erde sah, Da stieß ich lustig ins Horn, trara!" 10 So lagen sie da und sprachen die drei — Da rannte der weiße Hirsch vorbei. Und eh die drei Jäger ihn recht gesehn, So war er davon über Tiefen und Höhn. Husch, husch! piff, paff! trara! is Uhland. 126. Vergißmeinnicht. Als der liebe Gott Himmel uud Erde geschaffen und alles, was aus der Erde ist, da benannte er auch die Pflanzen. Und es kamen Blumen von mancherlei Art, die der Herr bedeutungsvoll mit Namen nannte. „Aber," fügte er hinzu, „gedenket des Namens, den euch der Herr, euer Gott, gegeben!" s Sieh, da kam bald darauf ein Blümlein, angetan mit der Farbe des Himmels, bläulich schimmernd und gelb, und fragte: „Herr, wie hast du mich genannt? Ich habe meinen Namen vergessen." Und der Herr sprach: „Vergißmeinnicht." — Da schämte sich das Blümchen und zog sich zurück an den stillen Bach in das dunkle w Gebüsch und trauerte. Wenn es aber jemand sucht und pflückt, dann ruft es ihm zu: „Vergißmeinnicht!" Cosmar. 70 25 Deni Hahn gefiel das Lob des Schmeichlers so wohl, daß er sogleich herunterfiog und ihm das Haupt zum Kusse darbot. Da faßte ihn aber der Fuchs und rief spottend: „Nein, nein, du bist kein Prophet; du hättest sonst gemerkt, was ich wollte!" und damit biß er ihm das Haupt vom Rumpfe. Grim m. 140. Nachgeben stillk den Krieg. Zwei Fuhrleute begegneten einander in einem Hohlwege und es war nicht leicht, wie der eine dem andern ausweichen sollte. „Fahre mir aus dem Wege!" rief der eine. „Ei, so fahre du mir aus dem Wege!" schrie der andere. „Ich will nicht," sagte der eine; 5 „und ich brauche es nicht," sagte der andere; und weil keiner nach¬ gab, kam es zu einem heftigen Zank und zu Scheltworten. „Höre du," sagte endlich der erste, „jetzt frage ich dich zum letzten Male: Willst du mir aus dem Wege fahren oder nicht? Tust du's nicht, so mache ich's mit dir, wie ich's heute schon mit einem io gemacht habe." — Das schien deni andern doch eine bedenkliche Drohung. „Nun," sagte er, „so hilf mir wenigstens deinen Wagen ein wenig beiseite schieben; ich habe ja sonst keinen Platz, um mit dem meinen auszuweichen." Das ließ sich der erste gefallen und in wenigen Minuten war die Ursache des Streites beseitigt. is Ehe sie schieden, faßte sich der, welcher aus dem Wege gefahren war, noch einmal ein Herz und sagte zu dem andern: „Höre, du drohtest, du wolltest es mit mir machen, wie du es heute schon mit einem gemacht hättest; sage mir doch: Wie hast du es nut dem gemacht?" „Ja, denke dir," sagte der andere, „der Grobian 20 wollte mir nicht aus den: Wege fahren, da — fuhr ich ihm aus dem Wege!" Schulze-Steinmann-Kiel, Kinderschatz. 141. Das Mittagessen iin Hof. Ein Bedienter konnte seinen! Herrn manchmal gar nichts recht machen und mußte für vieles büßen, woran er unschuldig war. So kam einmal der Herr sehr verdrießlich nach Hause und setzte sich zum Mittagessen. Da war die Suppe zu heiß oder zu kalt oder keins vou 5 beiden; aber genug, der Herr war verdrießlich. Er faßte daher die 77 erfaßte das über dem Abgrunde hängende Kind und ließ es durch w seinen Begleiter in die nächste Mühle bringen, wo sich gerade die Blutter des Knaben, das Weib eines Salzarbeiters, befand. Angst und Freude erfaßte die arme Frau, als sie von der großen Gefahr hörte, in der ihr Kind geschwebt hatte, und wie es durch die Hand des Landesvaters gerettet worden war. 15 Als der Kaiser selbst nach wenigen Augenblicken an der Mühle vorüberschritt, stürzte ihm die Frau zu Füßen, um ihm zu danken; der Kaiser aber ermahnte sie, das Knäblein künftighin nicht wieder einer so großen Gefahr auszusetzen. Nach d'Albon. Aus Kummer-Branky-Hofbauers Lesebuch. 181. Das Vogelnest. Franz fand in einer Hecke des Gartens ein Vogelnest. Da lief er vor Freude zu seinem Vater, nahm ihn mit in den Garten und zeigte es ihm. „Sieh nur, Vater," rief er, „das weiche Nestchen von Moos und mit Wolle ausgefüttert und darin die drei kleinen, rotgesprenkelten 5 Eierchen! Ich möchte sie gar zu gern herausnehmen und damit spielen. Darf ich's Vater?" „Nein, lieber Franz," antwortete der Vater, „laß sie nur darin liegen! Du wirst dann noch mehr Freude haben." Franz gehorchte. io Nach vierzehn Tagen gingen sie zusammen hin zu dem Nestchen. Da lagen anstatt der drei Eier drei kleine nackte Vögelchen darin, die sperrten ihre Schnäbel auf und wollten etwas zu fressen haben. Schnell kam die Mutter der Kleinen, hatte Würmchen im Schnabel und fütterte sie damit. Das machte dem Franz viel Vergnügen. is „Siehst du?" sagte der Vater, „hättest du das Nestchen aus¬ genommen, so würdest du jetzt diese Freude nicht haben." Nun besuchte Franz das Nestchen öfter, bis die kleinen Vögel endlich flügge wurden und fortflogen. Im nächsten Frühling kamen die alten Vögel wieder und bauten 20 ihr Nestchen an dem nämlichen Ort und so hatte der Knabe seine Freude noch manches Jahr. Spieß. 83 bald hatte er em Loch im Rocke, bald war die Weste beschmutzt. Deshalb war der Vater häufig gezwungen, ihn zu Hause zu lassen und allein zu gehen. Weil Helene Karls Unordentlichkeit kannte, fragte sie ihn noch am Abende vor der Reise: „Karl, hast du auch alle deine Sachen zurecht 20 gelegt, damit du sie morgen gleich finden kannst?" „Freilich, freilich!" erwiderte Karl und legte sich zu Bette. Am andern Morgen sollte es fortgehen. Schon hörte man das Posthorn von weitem und der Wagen kani schnell augefahren. Die Mutter und Helene stiegen ein und Karl wollte folgen. Da bemerkte 25 die Mutter, daß er keine Mütze aufgesetzt hatte. „Schnell hole die Mütze!" rief ihm die Mutter zu. Karl rannte ins Haus, suchte eine Weile, konnte aber die Mütze nicht finden. „Sie ist nicht da," rief er, „ich muß ohne sie fahren." Die Mutter aber litt es nicht. „Nein," sagte sie, „wenn dn Zo deine Mütze nicht hast, mußt du zu Hause bleiben. Ein unordentliches Kind darf ich der Großmutter nicht bringen und warten können wir nicht mehr." Damit fuhr der Wagen fort und Karl mußte die Strafe für seine Unordentlichkeit ertragen. Franz Hoffmann. 35 161. Die Sperlinge unter dem Hute. Ein ziemlich großer Bauernjunge, namens Michel, hatte Spatzen gefangen, und weil er nicht wußte, wohin daniit, so tat er sie in seinen Hut und setzte diesen so auf den Kopf. Man kann sich denken, was das für ein Getümmel auf dem Kopfe war. Nun begegnete ihm ein Fremder, der grüßte ihn freundlich und sprach ihn an: „Guter s Freund, wo geht der Weg hinaus?" Weil aber der Michel die Spatzen aus dem Kopfe hatte, so dachte er: »Was geht dich der Fremde an!« ließ seinen Hut sitzen und gab gar keine Antwort. Der Fremde sagte zu sich selbst: „Hier müssen grobe Leute wohnen," und ließ den Michel weitergehen. u> Jetzt begegnete diesem der Bürgermeister, den pflegten alle Leute zu grüßen; der Michel tat es aber nicht, einmal weil er die Spatzen unter dem Hute hatte, und zweitens, weil er ein Grobian von Haus aus war. Der Bürgermeister aber sagte zu dem Gemeindediener, der 6* 106 warte nur bis ins Frühjahr, dann kommst du wieder los!" Sprach's 45 und lief davon. Der Fuchs aber bellte ihm nach wie ein böser Hund an der Kette. Nach Grimm und Bechstein. 190. Die Bärenhaut. Zwei Jägerburschen hatten von einem großen, starken Bären gehört, der sich im Walde aufhalten sollte, und freuten sich schon im voraus über den schönen Pelz, den sie ihm abziehen wollten. „Wenn ich den Bären schieße," sagte der eine, „so lass' ich mir aus 5 seinem Pelz einen Diantel machen, der soll mich im Winter hübsch warm halten." „Nein," sagte der andere, „ich schieße den Bären und verkaufe den Pelz. Der Kürschner zahlt mir zehn Taler dafür, die sollen mir schön in dem Beutel klingen." Unterdessen war es Zeit geworden, in den Wald zu gehen. Als w sie aber so allein darin waren und von ferne den Tritt des Bären hörten, da wurde es ihnen doch ein wenig bange. Als dieser nun gar näher kam und ein schreckliches Brummen hören ließ, da wars der, welcher den Pelz des Bären verkaufen wollte, seine Flinte weg und kletterte so schnell als möglich aus einen Baum. Der andere aber, w der sich nun doch auch nicht zu bleiben getraute, konnte sich nicht mehr flüchten. Zum Glück fiel ihm ein, daß die Bären keine toten Menschen anrühren. Er warf sich also auf den Boden, hielt den Atem an und streckte sich hin, als wenn er tot wäre. Der Bär kam grimmig auf ihn zu; als er aber sah, daß dieser kein Glied rührte, glaubte 2g er, der Mensch wäre tot. Er beroch ihn also ein wenig, und als er gar keinen Atem merkte, lief er weiter, ohne dem Burschen ein Leid zu tun. Als nun der Bär weit genug sort war, erholten sich die beiden Jägerburschen von ihrem Schreck; der eine stieg vom Baume herunter, der andere stand vom Boden aus. 25 Da fragte der, welcher von oben zugesehen hatte: „Hör' einmal, was hat dir denn der Bär ins Ohr gesagt?" „Ja," sagte der andere, „alles hab'ich nicht verstanden; aber eins hat er mir deutlich ins rechte Ohr gesagt, nämlich: Man darf die Haut des Bären nicht eher verkaufen, bevor man den Bären hat/ Und in das linke so Ohr hat er mir gesagt: ,Wer seinen Freund in der Not im Stiche läßt, der ist ein schlechter Kerl/" Curtman. l14 Es ruft: „Komm mit! Der Wald ist grün, Der Himmel ist blau, die Blumen blühn!" Den Knaben stört es nicht. Zum Vogel kurz er spricht: „Erst laß mich fertig sein!" 3. Der Knabe schreibt und schreibet; Da guckt der Apfelbaum herein Und rauscht mit seinen Blättern Und spricht: „Wer wird so fleißig sein? Schau meine Äpfel! Diese Nacht Hab ich für dich sie reif gemacht!" Den Knaben stört es nicht, Zum Apfelbaum er spricht: „Erst laß mich fertig sein!" 4. Da endlich ist er fertig; Schnell packt er seine Bücher ein Und läuft hinaus zum Garten; Juchhe! Wie lacht der Sonnenschein! Das Bäumchen wirft ihm Äpfel zu, Der Vogel singt und nickt ihm zu; Der Knabe springt vor Lust Und jauchzt aus voller Brust; Jetzt kann er lustig sein! Rein ick. 200. Das seltsame Rezept. Es ist sonst kein großer Spaß dabei, wenn man ein Rezept in die Apotheke tragen muß; aber vor langen Jahren war es doch einmal ein Spaß. Da hielt ein Mann von einem entlegenen Hofe eines Tages mit einem Wagen und zwei Stieren vor der Stadtapotheke 5 still, lud sorgsam eine große tannene Stubentür ab und trug sie hinein. Der Apotheker machte große Augen und sagte: „Was wollt Ihr da, guter Freund, mit Eurer Stubentür? Der Schreiner wohnt um zwei Häuser weiter links." Da sagte der Mann, der Doktor sei bei seiner kranken Fran gewesen und habe ihr ein Tränklein verordnen iv wollen; aber im ganzen Hause sei keine Feder, keine Tinte und kein 125 210. Strohhalm, Kohle und Bohne. In einem Dorfe wohnte eine arme alte Frau; die hatte ein Gericht Bohnen zusammengebracht nnd wollte sie kochen. Sie machte also aus ihrem Herde ein Fener zurecht, und damit es desto schneller brennen sollte, zündete sie es mit einer Handvoll Stroh an. Als sie die Bohnen in den Topf schüttete, entfiel ihr unbemerkt eine, die auf s dem Boden neben einen Strohhalm zu liegen kam; bald darnach sprang auch eine glühende Kohle vom Herde zu den beiden herab. Da fing der Strohhalm an und sprach: „Liebe Freunde, von wannen kommt ihr her?" Die Kohle antwortete: „Ich bin zu gutem Glück dem Feuer entsprungen; und hätte ich das nicht mit Gewalt io durchgesetzt, so war mir der Tod gewiß, ich wäre zur Asche verbrannt." Die Bohne sagte: „Ich bin auch noch mit heiler Haut davongekommen; aber hätte mich die Alte in den Topf gebracht, ich wäre ohne Barm¬ herzigkeit zu Brei gekocht worden wie meine Kameraden." „Wäre mir denn ein besseres Schicksal zn teil geworden?" sprach das Stroh, w „alle meine Brüder hat die Alte in Feuer und Rauch ausgehen lassen; sechzig hat sie ans einmal gepackt und ums Leben gebracht. Glücklicher¬ weise bin ich ihr zwischen den Fingern durchgeschlüpst." „Was sollen wir aber nun anfangen?" sprach die Kohle. „Ich meine," antwortete die Bohne, „weil wir so glücklich dem Tode entronnen sind, so wollen 20 wir als gute Gesellen zusammenhalten, nnd damit uns hier nicht wieder ein neues Unglück ereilt, gemeinschaftlich auswnndern nnd in ein fremdes Land ziehen." Der Vorschlag gefiel den beiden andern und sie machten sich miteinander aus den Weg. Bald aber kamen sie an einen kleinen 25 Bach, nnd da keine Brücke oder Steg da war, so wußten sie nicht, wie sie hinüber kommen sollten. Der Strohhalm fand guten Rat und sprach: „Ich will mich querüber legen, so könnt ihr ans mir wie auf einer Brücke hinübergehen." Der Strohhalm streckte sich also von einem Ufer zum andern und die Kohle, die von hitziger Natur M war, trippelte auch ganz keck auf die neugebaute Brücke. Als sie aber in die Mitte gekommen war und unter sich das Wasser rauschen hörte, war ihr doch angst; sie blieb stehen nnd getraute sich nicht weiter. Der Strohhalm aber fing an zu brennen, zerbrach in zwei Stücke nnd fiel in den Bach; die Kohle rutschte nach, zischte, wie sie ss 150 Hase aber, der nach seiner Weise em gar vornehmer Herr war und überaus hochfahrend dazu, antwortete nichts aus des Igels Gruß, 2S sondern sagte zu ihm, wobei er eine gewaltig höhnische Miene annahm: „Wie kommt es denn, daß du schon bei so frühem Morgen im Felde herumläufst?" „Ich gehe spazieren," sagte der Igel. „Spazieren?" lachte der Hase, „mich dünkt, du könntest deine Beine auch wohl zu besseren Dingen gebrauchen." Diese Antwort verdroß den Igel über so alle Maßen; denn alles kann er vertragen, aber auf seine Beine läßt er nichts kommen, eben weil sie von Natur schief sind. „Du bildest dir wohl ein," sagte nun der Igel, „daß du mit deinen Beinen mehr ausrichten kannst?" „Das denk' ich," sagte der Hase. „Nun, es käme auf einen Versuch an," meinte der Igel, „ich wette: wenn wir 35 laufen, ich komme dir zuvor." „Das ist zum Lachen, du mit deinen schiefen Beinen!" sagte der Hase, „aber meinetwegen mag es sein, wenn du so übergroße Lust hast. Was gilt die Wette?" „Ein Goldstück und eine Flasche Branntwein," sagte der Igel. „Angenommen," sprach der Hase, „schlag ein und dann kann's 40 gleich losgehen!" „Nein, so große Eile hat es nicht," meinte der Igel, „ich bin noch ganz nüchtern; erst will ich nach Hause gehen und ein bißchen frühstücken. In einer halben Stunde bin ich auf dem Platze." Darauf ging der Igel, denn der Hase war es zufrieden. Unterwegs dachte der Igel bei sich: „Der Hase verläßt sich auf 45 seine langen Beine, aber ich will ihn schon kriegen. Er dünkt sich zwar ein vornehmer Herr zu sein, ist aber doch ein dummer Kerl und bezahlen muß er doch." Als nun der Igel zu Hanse ankam, sagte er zu seiner Frau: „Zieh dich eilig an: du mußt mit ins Feld hinaus." „Was gibt es denn?" sagte die Frau. „Ich habe mit 5o dem Hasen um ein Goldstück und eine Flasche Branntwein gewettet; ich will mit ihm um die Wette laufen und da sollst du dabei sein." „O mein Gott, mein Manu!" schrie des Igels Frau, „bist du nicht klug, hast du den Verstand verloren? Wie kannst du mit dem Hasen um die Wette laufen wollen?" „Sei still, Weib," sagte der 55 Igel, „das ist meine Sache. Zieh dich an und dann komm mit!" Was wollte des Igels Frau machen? Sie mußte wohl folgen, sie mochte wollen oder nicht. Als sie nun miteinander unterwegs waren, sprach der Igel zu seiner Frau also: „Nuu pass' ans, was ich dir sagen werde! Sieh 163 davon lautsn bonnktzb!" Da, srckäsostktzQ sitz idiri, rvitz iiilltzii DuItznsxitzAtzl Asärollb bätttz, vcsr äsv let^ks 2ur Dürs llinaus rvärs, den rvolUs sr ^u. ikulvtzr vordrsrursn. Da, msrstktz der Lpitalmtzistsr, dal) sr dtzt,ro§6n rvar. Dsr ^rrck abtzr ^var vsZ, so dis Xranstsn dlisdtzn naob v-is vor im Apikale nnd das Osici ^var vsrloren. Lllk Isr. 240. Der Herbst. Die Tage werden immer kürzer und der Herbst naht heran. Das Laub der Bäume wird gelb und fällt nach und nach auf die Erde. Die muntern Singvögel ziehen in wärmere Länder und kommen erst im Frühlinge wieder. Nur wenige Blumen blühen noch; das Gras auf den Wiesen ist längst abgemäht; die Blätter aller Kräuter s verwelken und verdorren. Die Menschen sammeln die Gaben, die ihnen Garten, Feld und Wald bieten. Äpfel, Birnen, Nüsse und anderes Obst werden geerntet. Der Winzer sammelt die reifen Trauben. Hafer und Gerste sind gemäht worden und der rauhe Wind 10 weht über die Stoppeln. Hie und da pflügt ein Landmann oder säet Korn und Weizen fürs künftige Jahr. Auf verborgenen Wegen schleicht der Jäger, um das sorglose Wild zu überraschen. 15 Der Mensch soll Gott für alles danken, was er ihm so reichlich wachsen ließ. Rach Kellner. 241. Der Weinstock. Am Tage der Schöpfung rühmten sich die Bäume gegeneinander und jeder frohlockte über sein eigenes Dasein. „Mich hat der Herr gepflanzt," sprach die erhabene Zeder; „Festigkeit und Wohlgeruch, Stärke und Dauer hat er in mir vereinigt." — „Jehovah^s Güte hat mich zum Segen gesetzt," sprach der umschattende Palmenbaum; s „Nutzen und Schönheit hat er in mir vermählt." — Der Apfelbaum sprach: „Wie ein Bräutigam unter den, Jünglingen prange ich unter den Bäumen des Waldes." — Und die Myrte sprach: „Wie unter tl * 164 den Dornen die Rose stehe ich unter den niedrigen Gesträuchen." — 10 So rühmten sich alle, der Ölbaum und der Feigenbaum, selbst die Fichte und Tanne. Nur der Weinstock schwieg und sank zu Boden. „Mir," sprach er zn sich selbst, „scheint alles versagt zu sein, Stamm und Äste, Blüten und Früchte; aber so, wie ich bin, will ich hoffen und warten." 15 — Er sank darnieder und seine Zweige weinten. Nicht lange wartete und weinte er, da trat freundlich der Menfch zu ihm. Er sah ein schwaches Gewächs, ein Spiel der Lüste, das unter sich sank und Hilfe begehrte. Mitleidig erhob er es und schlang den zarten Strauch an seiner Laube hinauf. Froher spielten jetzt die Lüfte mit seinen 20 Reben; die Glut der Soune durchdrang seine harten, grünenden Körner und bereitete in ihnen den süßen Saft, den Trank für Götter und Menschen. Mit reichen Trauben geschmückt, neigte bald der Weinstock zu seinem Herrn sich nieder; dieser kostete seinen erquickenden Saft und 25 nannte ihn seinen Freund, seineu dankbaren Liebling. Die stolzen Bäume beneideten ihn jetzt; denn viele standen fruchtlos da, er aber freute sich voll Dankbarkeit seines geringen Wuchses, seiner ausharrenden Demut. Darum erfreut noch jetzt sein Saft des traurigen Menschen Herz, erhebt den gesunkenen Mut und erheitert den Betrübten. Herder. 242. Rätsel. Die Sonne kocht's, die Hand bricht's. Der Fuß tritt's, der Mund genießt's. Sim rock. 243. Rätsel. Vier Brüder gehn jahraus, jahrein Im ganzen Land spazieren; Doch jeder kommt für sich allein. Uns Gaben zuznsühren. Der erste kommt mit leichtem Sinn, In reines Blau gehüllet. Streut Knospen, Blätter, Blüten hin. Die er mit Düften füllet. 177 282. Die Eisenbahn. Laßt uns jetzt in den Bahnhof gehen und sehen, wie ein Wagen¬ zug niit dem vorgespannten Dampfwagen, der Lokomotive, dahergebraust kommt! Beim Fahren auf der Eisenbahn spürt man kein so starkes Rumpeln und Rütteln, wie dies bei anderen Wagen der Fall ist; denn die 5 Räder der Eisenbahnwagen laufen auf glatten Eisenschienen. Die Wagenkasten liegen nicht auf den Achsen wie bei dem Leiterwagen, sondern werden von starken Federn aus Stahl getragen. Das Gewicht der Lokomotive ist sehr bedeutend; denn sie besteht aus großen Teilen von Eisen, Kupfer und Messing. Sie hat ein u> Feuerloch, das dem eines Kochofens gleicht. Über dem Feuer befindet sich ein großer Wasserkessel, der ringsum verschlossen ist. Dort wird Dampf entwickelt, der die Lokomotive in Bewegung setzt. Der Mann, der sie leitet, heißt Lokomotivführer. Er kann den Dampf durch eine Pfeife herauslassen, die oben am Kessel angebracht is ist; das gellt so laut, daß es in den Ohren saust. Manchmal muß eine Lokomotive dreißig und noch mehr Wagen ziehen mit schweren Gütern und Hunderten von Personen. Nun wollen wir uns an der Kasse Fahrkarten nehmen und in einen Waggon des Zuges steigen. Aber furchtet euch nicht, wenn wir 20 durch den Tunnel fahren; so nennt man einen durch einen Berg ge¬ grabenen Stollen, durch den der Eisenbahnzug seinen Weg nimmt. Eine Zeitlang fährt man da ganz im Finstern. Umso größer ist nachher die Freude, weun der Zug aus den: Tunnel herauskommt und es auf einmal wieder hell wird. 25 Nach Feix und Jung. Aus Kumme r--Branky-Hofbauers Lesebuch. 263. Eitle Geschichte von Rübezahl. Eines Tages sonnte sich Rübezahl, der schelmische Geist des Riesengebirges, an der Hecke seines Gartens. Da kam ein Weibleiu daher und erregte durch ihren sonderbaren Aufzug seine Aufmerksamkeit. Sie hatte ein Kind aus dem Arme, eines trug sie auf dem Rücken, eines leitete sie an der Hand und ein etwas größerer Knabe trug 5 einen leeren Korb nebst einem Rechen; denn sie wollte eine Last Laub fürs Vieh laden. Leseb. f. slow.-Utraquist. Mittelsch. 1. u. 2. Ul. NP t2 182 3. Der Hsioben Gürten sob' iob blübn, lob sob dis Aoldns 8aut; ist dsr untruobtburs IVsA. Don 8or§' und Xiilio trat. 4. Doob veil' iob Korn mit stillem ^Vob In lrobor lllonsobon 8obv/urm lind ^vünsobs sodom Zuton DuZ 8o bor^liob und so varm. 5. 0 roiobor Oott! Du liollost doob lliobt ALn-; miob lrondonloor! Din süllor Drost tun allo ^slt DrZiollt siob bimmolbsr. 6. Doob stoiZt in sodom Dörtloin su Doin IioiliA Daus ompor; Die OrZol und dor 6bor§osunK Drtönot sodom O!ir. 7. Doob louobtot 8onns, Nond und 8torn 8o liebevoll uuob mir, Und v'Siin die ^.bondgloobo liallt, Da red' iob, Herr, init dir. 8. lÄnst öünet ^'edsin Onten sieb Dein bober brendensogl; Og.nn bninni' en ob ieb iin beiorkloid Und set^e iniob ans N^bl. HKIg-iicl. 266. Hans im Glück. Hans hatte sieben Jahre bei seinem Herrn gedient, da sprach er zu ihm: „Herr, meine Zeit ist herum, nun wollt' ich gern wieder heim zu meiner Mutter, gebt mir meinen Lohn!" Der Herr antwortete: „Du hast mir treu und ehrlich gedient; wie der Dienst war, so soll 5 der Lohn sein," und gab ihm ein Stück Gold, das so groß wie Hansens Kopf war. Hans zog sein Tüchlein ans der Tasche, wickelte den Klumpen hinein, setzte ihn auf die Schicker und machte fich auf den Weg nach Haus. 193 ging leichter und munterer dahin. Und als er am achtzehnten Tage in der Stadt des Arztes ankam und den andern Morgen aufstaud, war es ihm so wohl, daß er sagte: „Ich hätte zu keiner ungelegeneren «s Zeit gesund werden können als jetzt, wo ich zum Doktor soll." Als er zum Arzte kam, nahm ihn dieser bei der Hand und sagte: „Jetzt erzählt Mir noch einmal von Grund aus, was Euch fehlt!" Da sagte er: „Herr Doktor, mir fehlt gottlob nichts; und wenn Ihr so gesund seid wie ich, so soll mich's freuen." Der Arzt w sagte: „Das hat Euch ein guter Geist geraten, daß Ihr meinen Rat befolgtet. Der Lindwurm ist jetzt abgestanden. Aber Ihr habt noch Eier von ihm im Leibe; daher müßt Ihr wieder zu Fuß heim¬ gehen und daheim fleißig Holz sägen und nicht mehr essen, als Euch der Hunger ermahnt, damit die Eier nicht ausschlüpfen; dann könnt 75 Ihr ein alter Mann werden," und lächelte dazu. Aber der reiche Fremdling sagte: „Herr Doktor, Ihr seid ein feiner Kauz, ich versteh' Euch wohl!" Und er folgte dem Rate und lebte 87 Jahre, 4 Monate und 10 Tage so gesund wie ein Fisch im Wasser. 8» Nach Hebel. 260. Zufriedenheit. 1. Was frag' ich viel nach Geld und Gut, Wenn ich zufrieden bin! Gibt Gott mir nur gesundes Blut, So hab' ich frohen Sinn Und sing' aus dankbarem Gemüt Mein Morgen- und mein Abendlied. 2. So mancher schwimmt in Überfluß, Hat Haus und Hof und Geld Und ist doch immer voll Verdruß Und freut sich nicht der Welt. Je mehr er hat, je mehr er will; Nie schweigen seine Klagen still. 3. Da heißt die Welt ein Jammertal Und dünkt mir doch so schön, Hat Freuden ohne Maß und Zahl, Läßt keinen leer ausgehn. Lekeb. f. slow.-utraquist. Mittelsch. I- u. 7. KI. IN) t3 1!)7 schenken werde. Am zweiten Tage aber fing sie schon an zu saulenzen; am dritten noch mehr, da wollte sie morgens gar nicht aufstehen. Sie machte auch der Frau Holle das Bett nicht, wie sich's gebührte, und schüttelte es nicht, daß die Federn aufflogen. Des war die Frau Holle bald müde und sagte ihr den Dienst auf. Damit war die Faule wohl zufrieden und meinte, nun werde der Goldregen kommen. Die Frau Holle führte sie auch zu dem Tor; als sie aber darunter stand, ward statt des Goldes ein großer Kessel voll Pech ausgeschüttet. „Das ist zur Belohnung deiner Dienste!" sagte die Frau Holle und schloß das Tor zu. So kam die Faule heim und war ganz mit Pech bedeckt, M und als sie der Hahn auf dem Brunnen sah, rief er: „Kikeriki, unsere schmutzige Jungfrau ist wieder hie!" Das Pech blieb aber an ihr hangen und wollte, solange sie lebte, nicht abgehen. Brüder Grimm. 263. Die Kreuzspinne. „Kinder, heute habe ich ein wunderbares Kunstwerk im Garten gesehen und auch die Bekanntschaft der Künstlerin gemacht. Kommt und solgt mir, denn es gibt etwas zn lernen!" Neugierig folgte mir das kleine, wilde Heer. Als wir im Garten waren, rief ich: „Nun sucht! Wer das Kunstwerk zuerst entdeckt, 5 erhält eine Belohnung." Die Kinder zerstreuten sich nach allen Seiten, suchten und suchten, kehrten aber unverrichteter Sache zurück. Da führte ich sie zu zwei nahe beieinander stehenden Obstbäumen, zwischen denen eine große Kreuzspinne ihr kunstvolles Netz aus¬ gespannt hatte. „Hier habt ihr das Kunstwerk und in der Mitte 10 desselben seht ihr die Künstlerin sitzen," sagte ich, auf die Kreuz¬ spinne deutend. „Pfui! eine häßliche Spinne," rief das kleine Ännchen. „Nun, häßlich ist sie wohl nicht," entgegnete ich; „seht nur, wie schön ihr rötlichbrauner Leib mit weißen Punkten geschmückt ist n; und wie die zierliche Zeichnnug ein Kreuz bildet!" „Aber sie ist giftig!" rief die Kleine wieder; „vor den giftigen Tieren fürchte ich mich." „Du irrst, liebes Kind," belehrte ich die Spinnenfeindin, „in unseren Ländern gibt es nicht eine einzige giftige Spinne. Freilich kann sie mit ihren Beißzangen dich beißen 20 und der Biß schmerzt wohl auch ein wenig, aber nicht mehr als ein 209 270. Der Grimm des Winkers. Der Winter hatte sich einmal vorgenommeu, alle Menschen und alle Tiere auf der Erde auszurotten. Deshalb kam er mit einer so grimmigen Kälte, daß alle Flüsse und alle Seen mit dickem Eise belegt wurden. Das ganze Feld war von tiefem Schnee bedeckt und die Fensterscheiben waren jeden Morgen mit so dicken Eisblumen 5 überzogen, daß sie den ganzen Tag nicht auftauen konnten. Allein der Winter hatte sich doch ein wenig verrechnet. Zwar ging es den armen Vögeln gar übel, weil sie wegen des hohen Schnees draußen nichts zu fressen fanden; allein sie kamen in die Städte und Dörfer und es streute ihnen gar manches mitleidige in Kind einige Körnchen und Brotkrümchen hin, so daß die meisten am Leben blieben. Auch waren schon vorher große Scharen von Zug¬ vögeln in wärmere Länder gewandert, wo der Winter nicht viel aus¬ richten kann. Auch die übrigen Tiere erfroren nicht. Der liebe Gott hatte ihnen einen dickern Pelz wachsen lassen und die Hasen und i.-> Rehe scharrten sich einiges Kraut und einige Knospen unter dem Schnee heraus, so daß sie zwar ein wenig Hunger litten, aber doch nicht nmkamen. Die Haustiere aber standen in warmen Ställen, deren Türen und Fenster mit Stroh verwahrt waren. Und da ihnen alle Tage Heu uud Hafer in die Krippe gebracht wurde, so hielten -u» sie es ans und kamen nicht um. Die Menschen aber hatten sich Ofen verfertigt und machten Feuer hinein. Je ärger es der Winter mit seinem Froste machte, desto mehr Holz und Torf und Steinkohlen brannten sie in den Öfen. Und wenn schon das Trinkwasser in die Wohnstube gebracht e.> werden mußte, damit es nicht zu einem Eisklumpen wurde, und obgleich hier und da einem ein Finger oder gar die Nase erfror, so blieben doch die Menschen am Leben. Da merkte der Mütter, daß er nicht Kraft genug besaß, die Tiere zu vertilgen und ebensowenig die Menschen, weil diese Vernunft M genug haben, um sich vor dem Grimm des Winters zu schützen. Er ließ nach und die Sonne besiegte ihn alle Tage mehr und bald sangen die Vögel wieder und die Wiesen wurden grün. Cu rtman. Lcscb. f. sloni. -Utraquist. Mittelsch. t. u. 2. Kl. (U) t4 — 214 - deiner Stiefmutter, die wird bald wissen, daß du hier bist; laß ja niemand herein." Die Königin aber dachte, nachdem sie Schneewittchens Lunge und Leber gegessen zu haben glaubte, nicht anders als, sie wäre wieder die die erste und allerschönste, trat vor den Spiegel und sprach: 115 „Spieglein, Spieglein an der Wand, Wer ist die schönste im ganzen Land?" Da antwortete der Spiegel: „Frau Königin, Ihr seid die schönste hier. Aber Schneewittchen über den Bergen ir» Bei den sieben Zwergen Ist noch tausendmal schöner als Ihr." Da erschrak sie, denn sie wußte, daß der Spiegel keine Unwahrheit sprach, und merkte, daß der Jäger sie betrogen hatte und Schneewittchen noch am Leben war. Und da sann und sann sie aufs neue, wie sie es 125 umbringen wollte; denn solange sie nicht die schönste war im ganzen Land, ließ ihr der Neid keine Ruhe. Und als sie sich endlich etwas ausgedacht hatte, färbte sie sich das Gesicht und kleidete sich wie eine alte Krämerin und war ganz unkenntlich. In dieser Gestalt ging sie über die sieben Berge zu den sieben Zwergen, klopfte an die Türe iZ» und ries: „Schöne Ware feil! feil!" Schneewittchen guckte zum Fenster heraus und ries: „Guten Tag, liebe Frau, was habt Ihr zu verkaufen?" „Gute Ware, schöne Ware," antwortete sie, „Schnürriemen in allen Farben," und holte einen hervor, der aus bunter Seide geflochten war. „Die ehrliche Frau kann ich hereinlassen," dachte Schneewittchen, riegelte 135 die Tür auf und kaufte sich den hübschen Schnürriemen. „Kind," sprach die Alte, „wie du aussiehst! Komm, ich will dich einmal ordentlich schnüren!" Schneewittchen hatte kein Arg, stellte sich vor sie und ließ sich mit dem neuen Schnürriemen schnüren; aber die Alte schnürte geschwind und schnürte so sest, daß dem Schneewittchen der i4» Atem verging und es für tot hinfiel. „Nun bist du die schönste gewesen!" sprach sie und eilte hinaus. Nicht lange darauf, zur Abendzeit, kamen die sieben Zwerge nach Haus; aber wie erschraken sie, als sie ihr liebes Schneewittchen auf der Erde liegen sahen; und es regte und bewegte sich nicht, als wäre es i45 tot. Sie hoben es in die Höhe, und weil sie sahen, daß es zu fest geschnürt war, schnitten sie den Schnürriemen entzwei; da fing es 219 aus ihn los. Er bekämpft ihn mit Flügelschlägen, Sporen- und Schnabelhieben und achtet es nicht, wenn er selber dabei Federn lassen muß oder ihm der Kamm blutig gehackt wird. Es ist ein wackerer Herr, der die Seinen gegen den Feind zu verteidigen weiß und sein Hausrecht gehörig gebraucht. is Die Henne besorgt ihre Geschäfte ebenfalls pünktlich, wie fich's gehört. Sie möchte gern Küchlein ausbrüten und großziehen, darum sucht sie in aller Stille das Nest auf und legt ein Ei. Nachher ver¬ kündet sie es mit lautem Freudengeschrei aller Welt. Läßt ihr die Hausfrau die Eier, bis das Nest voll ist, so setzt sich die Henne darauf. 20 Sie brütet auf den Eiern drei Wochen lang Tag und Nacht und nimmt sich kauni Zeit zum Fressen. Die Küchlein führt sie in den warmen Sonnenschein und lehrt sie die Erde aufkratzen und Körnchen suchen. Kommt des Nachbars große Katze auf den Hof, um Küchlein wegzuhascheu, so sträubt die 25 Henne die Federn und fährt zornig auf den Feind los. Sie hackt tapfer auf die Katze ein, bis diese die Flucht ergreift. Sobald es am Abend kühl wird, nimmt die Henne ihre Kindlein alle unter ihre Flügel und wärmt sie und schützt sie bis an den Morgen. .20 Wagn er. 274. Dir Vremer Stadkrnnsikanten. Es hatte ein Mann einen Esel, der schon lange Jahre die Säcke unverdrossen zur Mühle getragen hatte, dessen Kräfte aber nun zu Ende gingen, so daß er zur Arbeit immer untauglicher ward. Da dachte der Herr darau, ihn aus dem Futter zu schaffen; aber der Esel merkte, daß kein girier Wind wehte, "lief fort und machte sich auf 5 den Weg nach Bremen; dort, meinte er, könnte er ja Stadtmusikant werden. Als er ein Weilchen fortgegangen war, fand er einen Jagdhund auf dem Wege liegen, der keuchte wie einer, der sich müde gelaufen hat. „Nun, was keuchst du so, Packan?" fragte der Esel. „Ach," sagte 10 der Hund, „weil ich alt bin und jeden Tag schwächer werde und auf der Jagd nicht mehr fortkann, hat mich der Herr totschlagen wollen, da hab' ich Reißaus genommen; aber womit soll ich nun mein Brot verdienen?" „Weißt du was?" sprach der Esel, „ich gehe nach 237 - freiem Felde, daß ganz Wien zusehen könne, geziemt sich der Kamps für Helden!" versetzte stolz der Krainer. Und man wallte hinaus in die Ebene. su Der Kampf begann. Gewaltig rasselten die beiden gegeneinander: doch beim ersten Gange litt keiner Schaden, sie ritzten nur einander kaum merklich hinter den Ohren. Da nahm Pegam wieder das Wort: „Mich dauert nur das Rößlein, das noch heute, seinen Herrn suchend, allein im Felde herumirren und um den Toten bittere Zähren 55 weinen wird." Darauf erwidernd sprach Christoph: „Und mich jammert dein Weib, das, so jung und so schön, noch heute zur Witwe bestimmt ist." Da sprengte Pegam wutschnaubend zum zweiten Stoß heran — umsonst, Lambergar wurde nur leicht verwundet. Und wieder zum dritten Male packten sie sich, grimmiger denn je, und dem Pegan: <>v standen jetzt beide Teufel bei, daß er dreiköpfig dem Lambergar erschien. Doch dieser zielte, eingedenk der mütterlichen Weisungen, nur auf das mittlere Haupt und ließ sich durch die beiden äußeren nicht täuschen. Gewaltig sauste sein Schwert nieder — und Pegams Kopf flog weithin vom Rumpfe. Da jauchzte das Volk, daß der «5 Himmel erdröhnte. Der Sieger spießte das Haupt des Riesen auf seinen Speer nnd trug es vor den Kaiser. Posaunen bliesen die Siegeskunde in alle Lande des Reiches und groß war der Ruhm des wackeren Kramers. Štritof. 284. Achte auf deine Gesundheit! Mancher denkt nicht daran, was für ein unschätzbares Gut die Gesundheit ist. Viele verderben sich dieselbe schon in ihrer Jugend; andere machen sich durch eigene Schuld zu krüppelhaften, elenden Menschen oder müssen frühzeitig sterben, weil sie unachtsam und leichtsinnig waren. Willst du dich vor Krankheit und Schmerzen be- 5 wahren, so beachte folgendes: Schlucke die Speisen nicht gierig hinab, iß nie zu viel; zu viel ist ungesund. Iß kein unreifes Obst; es verursacht schmerzhafte Krank¬ heiten. Genieße nichts von Beeren, Kräutern oder andern Gewächsen, die du nicht kennst; manche davon sind giftig. 10 Trink nie, wenn du erhitzt bist! Geistige Getränke find für Kinder schädlich. 242 darin vor den brennenden Sonnenstrahlen. Aber, o weh! plötzlich 10 erschien ein Löwe im Eingänge der Höhle. Diese mochte seine Wohnung sein; nun fand er einen Fremden darin. Wie wird es dem armen Androklus ergehen! Der Löwe brüllt dumpf. Androklus zittert; er muß sterben, nichts kann ihn retten! Da sieh! Der Löwe blickt sanfter, die gesträubte Mähne senkt sich! Er naht sich dem menschlichen Gaste, is aber langsam und hinkend, und hebt eine Pfote zu ihm aus. Androklus gewinnt Mut. Er besieht die Pfote und entdeckt einen starken Dorn in ihr. Nun merkt er, was der Löwe will. Vorsichtig und geschickt zieht er den Dorn heraus. Und sieh! Als der quälende Dorn entfernt ist, legt sich das dankbare Tier zu seines Wohltäters Füßen und so leckt ihm die Hände. Fortan lebten Androklus und der Löwe in Freundschaft in der¬ selben Höhle. Wenn der Löwe Wildbret gefangen hatte, so brachte er auch seinem Freunde davon; und wenn dieser ausging, so begleitete ihn der Löwe wie ein treuer Hund. 25 Es geschah aber, daß der Kaiser von Rom viele Soldaten in die Wüste schickte, damit sie ihm wilde Tiere für seine Schauspiele singen. Da wurde auch unser Löwe gefangen. Aber auch Androklus wurde gefunden und niitgenommen. Und weil man ihn als entlaufenen Sklaven erkannte, so schickte man ihn nach Rom zurück. Er wurde so wieder seinem grausamen Herrn überliefert. Wie wird's nun dem armen Androklus ergehen! Damit kein Sklave wieder Lust bekäme zu entlaufen, so bestimmte der Herr dem Androklus die entsetzlichste Strafe. Er befahl, daß er öffentlich den wilden Tieren vorgeworfen werde. Um einen ebenen Platz faßen auf erhöhten Sitzen der Kaiser und 35 das Volk von Rom, um zu sehen, wie der arme Androklus nebst anderen Sklaven mit den Löwen und Tigern kämpfe und zerrissen werde. Als Androklus auf den Platz geführt war, wurde ein großer Löwe aus Afrika aus seinem Käfig losgelassen. Mit gewaltigem Satze und furcht¬ barem Gebrüll springt er hervor und sieht sich uni. O weh deni armen 4o Sklaven! Gleich wird ihn das grimmige Tier zermalmen! Doch, o Wunder! was sieht man! Kaum hat der Löwe den Androklus ins Auge gefaßt, so ist sein Grimm verschwunden. Freudig stürzt er auf ihn zu, legt sich ihm zu Füßen und leckt und wedelt. Die Freunde aus der Wüste hatten sich wiedergefunden! Ein tückischer Leopard 45 naht jetzt von hinten dem Androklus. Aber der Löwe bemerkt ihn. 283 Die Zyklopen, die diese Antwort nicht verstanden, meinten, in» Polyphem sei wahnsinnig geworden, und zogen wieder ab. Odyssens lachte aber in semeni Herzen und freute sich der gelungenen List. Mit den Händen tappend, nahm nun der Riese den Felsblock vom Ein¬ gang, setzte sich selber in die Pforte und wollte die Schafe heraus¬ lassen, um dann besser die gefangenen Fremdlinge aufspüren zu können. — Odysseus jedoch band je drei dichtwollige Widder zu¬ sammen und unter dem mittleren verbarg er einen Griechen. Für sich wählte er den größten und stärksten Bock der Herde und hing sich ihm unter den Leib, indem er mit den Händen in der langen Wolle sich festhielt. So trabten die Widder mit den Griechen hinaus iry und Polyphem, der jedes Schafes Rücken betastete, merkte nichts vom Betrug. Zuletzt kam sein Lieblingsbock, der den Odysseus trug, und zu dem sagte er: „Böckchen, was trabst du so hinter der Herde? Du warst ja sonst der erste beim Ausgange auf die Weide und auch der erste bei der Heimkehr. Gewiß betrübt dich das Auge deines Herrn, irr das mir der tückische Mann geblendet hat. Könntest du mir sagen, wo er sich versteckt hat, dann sollte bald sein, Gehirn den Boden bespritzen." So ließ er ihn hinausgehen. Die Griechen aber band Odysseus, als sie eine Strecke von der Höhle entfernt waren, los und nun eilten sie rasch an das Ufer, wo 13» die Genossen sie freudig empfingen. Die Widder wurden auf das Schiff gebracht und dann fuhren sie ab. Als sie ein wenig von dem Ufer weggerndert waren, rief Odysseus dem Zyklopen die höhnenden Worte zu: „Ha, Polyphem, du fraßest die Genossen keines ver¬ ächtlichen Mannes, aber Zeus hat durch mich deine Freveltaten i3L gestraft!" Da schleuderte der Riese ein ungeheures Felsenstück in das Meer, daß die von dem Falle brausende Woge das Schiff wieder dem Gestade zutrieb; doch durch eifriges Rudern kamen die Griechen von dem Zyklopenlande wieder fort und Odysseus rief abermals: „Polyphem, wenn dich jemand fragt um deines Auges Blendung, so E sag' ihm: Der Städteverwüster Odysseus, La orte s' Sohn von Ithaka, hat mich blind gemacht!" Da erinnerte sich Polyphem einer alten Weissagung und rief: „Wehe mir! jetzt gedenke ich des Sehers, der mir einst verkündigte, ich würde durch einen Griechen mit Namen Odysseus mein Auge verlieren. Doch glaubte ich immer, dieser Feind sei ein großer, gewaltiger Mann, noch stärker als ich — und nun 263 ein. Aber kaum war er hineingestiegen, als die unerwartete Kälte desselben ihn fieberhaft erschütterte. Er mußte hinaus getragen werden und man zitterte für sein Leben. Die Ärzte gaben ihn in schmerzlicher 35 Bewegung verloren und der Unmut des Königs, sich hier ini schönsten Laufe seiner Siege so widrig ausgehalten zu sehen, vermehrte noch die Krankheit. Und gerade jetzt erscholl die Nachricht, Darius — so hieß der Perserkönig — sei mit einer zahllosen Armee im Anmarsche, ja er könne vielleicht in wenigen Tagen schon da sein. In dieser Not 40 entschloß sich sein treuer Arzt, Philippus, ein gefährliches, aber entscheidendes Mittel zu wagen. Er versprach dem König, ihm einen Trank zu bereiten, und ging fort. Alexander wartete mit Unruhe auf den Trank, als ein Eilbote von seinem Freunde Parmen io ankam mit einem Briefe des Inhaltes: „Traue dem Arzte Philippus nicht! 45 Darius soll ihn mit vielem Golde bestochen und ihm seine eigene Tochter zur Ehe versprochen haben." Alexander legte den Brief zusammen und steckte ihn stillschweigend unter sein Kopfkissen. Der Arzt trat herein mit einer so ruhigen, edlen Miene, daß Alexander alles feige Mißtrauen sogleich verbannte. Indem er mit der Linken s» den Becher an den Mund setzte, überreichte er ihm mit der Rechten den Bries. Der König trank, der Arzt las. Voller Unwillen über die boshafte Anschuldigung warf dieser den Brief auf die Erde und beteuerte feine Unschuld. „Ich weiß es ja, ich kenne dich ja," sprach Alexander, „darum habe ich dir ja auch getraut. Beruhige dich, nicht 55 mich; der Ausgang wird dich rechtfertigen." Wirklich brachte die Arznei allmählich wieder neues Leben in den Kranken und nach wenigen Tagen zeigte er sich seinen Soldaten wieder, die ihn mit Jnbelgeschrei empfingen und dem treuen Arzte mit Händedrücken und Lobpreisungen dankten. «« III. Es war einst bei einem festlichen Mahle, als, wie schon öfter, die Schmeichler Alexanders Taten bis in den Himmel erhoben. Das empörte seinen Freund Klitus, einen Mazedonier, der einst dem Alexander das Leben gerettet hatte. Der Wein hatte ihn erhitzt, er sprang aus und schrie laut: Alexander habe seine Taten nicht allein «» verrichtet, die Mazedonier hätten das Meiste getan. Philippus, den Vater Alexanders, erhob er weit über seinen Sohn, der schon lange 266 sein Nest, ohne dich lange um Erlaubnis zu frage«, zwischen den Laden und das Fenster deines Zimmers und blickt frech hinein und sieht zu, womit du dich beschäftigst. Bei seiner Unverschämtheit treibt Lv er die Schwalbe aus ihrem Neste und legt seine gesprenkelten Eier hinein. Jeder Platz ist ihm zu seinem Neste recht, ein Palast oder eine Strohhütte; und zu dem Bau desselben kann er alles gebrauchen: alte Lumpen und seidene alte Läppchen, Papierstreifen, kurze und lauge Hälmchen, Fäden und Federn, alles weiß er zu benützen. 25 Unglaublich ist seine Gefräßigkeit. Wann siehst du einen Spatzen nicht fressen? Lecker ist er aber nicht, er frißt alles, was ihm vor den Schnabel kommt, und verdaut so herrlich und leicht, daß er von Magendrücken und Leibschmerzen nichts weiß. Überall hat er seine Augen, wo es etwas zu fressen oder zu naschen gibt. Hält ein Fuhrmann Zo mit seinen Pferden vor einem Wirtshause und bringt der Hausknecht den Futtertrog, so ist auch der Spatz schon da und holt sich sein Teil Hafer. Kommt die Köchin mit einem Teller voll Brot, das sie mühsam in zierliche, viereckige Stückchen geschnitten hat, oder mit andern Leckerbissen, nm damit ihre lieben Hühner zu füttern, so läßt der S5 Spatz gewiß nicht auf sich warten. Jagt sie ihn weg, so fliegt er kaum einen Schritt beiseit und man merkt ihm nicht die geringste Verlegenheit an. Kaum hat sie den Rücken gewendet, so ist er wieder da, und indem er aus Leibeskräften hiueinwürgt, sagt er zu den Hühnern: „Ihr dürft nicht glauben, daß dies Fressen für euch allein 4v da ist! Ich will auch etwas haben! Versteht ihr mich?" Die guten Hühner lassen sich in keinen Streit ein, sondern eilen nur, damit der Spatz mit seinen Kameraden nicht alles erwische. — Kaum fangen die Kirschen an, sich zu färben, so holt sich der Spatz eine Probe davon und es fällt ihm nicht ein zu sagen: „Erlauben Sie gütigst!" 45 Ei bewahre! Er nimmt sich, als ob die Kirschen für ihn allein gewachsen wären. Sind sie erst reif, so kennt er vom frühen Morgen bis zum späten Abend gar keine andere Beschäftigung als Kirschen fressen. Pfeift, klatscht in die Hände, schreit euch die Kehlen wund und macht mit Klappern einen Höllenlärm, werft mit Steinen und Prügeln 5v nach ihm, schießt, sooft ihr wollt: das nützt euch alles nichts, der Spatz lacht euch nur aus und frißt seine Kirschen doch und ist es nicht auf diesem Baume, so ist es auf einem andern und ihr müßt am Ende noch froh sein, wenn ihr noch einen kleinen Rest retten könnt. Auch 270 s» nach Italien gezogen war, Rom in große Gefahr und würde es nach der Schlacht bei Cannä, in der 40.000 Römer fielen, erobert haben, wenn feine Landsleute ihn gehörig unterstützt hätten. Der dritte dieser Kriege, in dem Karthago den Kampf der Verzweiflung kämpfte, endigte mit der gänzlichen Zerstörung dieser Stadt (146 v. Chr.). Mit 35 Wehmut sah der römische Feldherr Scipio die große, von 700.000 Menschen bewohnte Stadt in Asche sinken. In demselben Jahre, in welchem Karhago fiel, wurde auch Korinth, die damals reichste Stadt in Griechenland, von den Römern erobert und Griechenland unter dem Namen Achaja eine.römische Provinz. 40 Durch diese Siege wuchs die Eroberungssucht der Römer und sie verfolgten nun offen ihre Absicht, zur Weltherrschaft zu ge¬ langen. Gallien, Spanien und Griechenland wurden ihnen untertan; dann dehnten sie ihre Herrschaft auch weiter in Afrika und Asien aus und unterwarfen sich in Asien alle Länder bis an den Euphrat, auch 45 Palästina. Durch diese Siege flössen ungeheure Reichtümer nach Italien. Die herrlichsten Schätze griechischer Kunst und Wissenschaft wurden aus Syrakus, der Hauptstadt von Sizilien, aus Korinth und aus anderen Städten Griechenlands nach Rom gebracht, wo nun Künste und Wissenschaften aufblühten; aber die Sitten verloren immer so mehr ihre alte Reinheit und Einfachheit und wichen der Üppigkeit und Prachtliebe, dem Gefolge des Reichtums. Rom wurde fortan der Schauplatz blutiger Part ei kämpfe. Es erhob sich eine Partei nach der andern, von Herrschsüchtigen erregt; ganze Armeen waren den Reichen käuflich und Bestechung war der Weg zu obrigkeitlichen ss Würden. Herrschsüchtige, die nach der Obergewalt strebten, verschwendeten Millionen, um das Volk zu gewinnen, dem sie Geschenke, Gastmähler und Schauspiele gaben. In diesen Parteikämpfen der Herrfchsüchtigen erhob sich endlich nach blutigen Kämpfen Julius Cäsar (80 v. Ehr.), ein Mann von großem Geiste und vielleicht der größte Feldherr «o Roms, aber rühm- und herrschsüchtig wie Pompejus, sein Neben¬ buhler, zum Oberherrn von Rom. Er regierte mit Milde; dennoch fiel er (44 v. Chr.) unter den Dolchen derer, welche die Freiheit Herstellen wollten. Antonius und Oetavianus verbanden sich, Cäsars Tod zu «5 rächen, kämpften aber bald selbst miteinander um die Oberherrschaft. Oetavianus behielt den Sieg, errang die Herrschaft über das ganze 278 Rr. Seite 117. Der Fuchs und das Häslein. (Schulze-Steinmann, Deutsches Lesebüchlein) . 36 1t 8. "Mutterliebe. (Kaulisch).87 119. Der Fuchs und die Katze. (Brüder Grimm).57 120. Der Hufnagel. (Brüder Grimm).58 12t. "Rätsel. (Simrock.) sl. Der Reiter nnd sein Pferd. 2. Der Schuhnagels . 59 122. Das seltene Gericht. (Junker).59 126. Das betende Kind. (Chr. Schmid).60 124. "Der weiße Hirsch. (Uhland).61 125. Vergißmeinnicht. (Cosmar).61 126. Wo nichts ist, kommt nichts hüt. (Hebel).62 127. Sprüche.62 128. "Rätsel. (Schiller.) (Der Sternenhimmel).62 129. Der alte Großvater und sein Enkel. (Brüder Grimm).68 130. Thngut. (Niedergcsäß).63 13 l. Wie Maria Theresia das Alter ehrte. fKnmmer-Branky-Hofbauer, Lesebuch) . 64 132. "Die Kapelle. (Uhland).65 133. Uneigennützigkeit. Nach Köhler-Seidel, Buch der Erzählungen) .... 65 134. Die Freunde in der Not. (Aurbacher).66 135. Der Prüfstein der Freundschaft. (Meißner).67 136. Die Grille und der Schmetterling. (Nach Löhrs Fabelbuch) . . . .67 137. "Einkehr. (Uhland).68 138. Der Fuchs und der Hahn. (Nach Simrock).68 139. Der Fuchs und der Hahn. (Grimm).69 140. Nachgeben stillt den Krieg. (Schulze-Steinmann-Kiel, Kinderschatz) . . .70 141. Das Mittagessen im Hof. (Nach Hebel).70 142. "Eintracht. (Gellert).71 143. Die Tannenzapfen. (Spieß).72 144. Der Ziegenbock. (Schulze-Steinmann-Kiel, Kinderschatz).72 145. Die Schwalben rächen sich. (Schulze-Steinmann, Deutsches Lesebüchlein) . . 73 146. Vom Spätzlein, das andere Federn haben wollte. (Nach Schnlze-Steinmann, Deutsches Lesebüchlein).74 147. Der Strohmann. (Nach Curtman. Ans Knmmer-Branky-Hofbaners Lesebnch) 74 148. "Tn nichts Böses! (Hey).75 149. Die Sonnenstrahlen. (Curtman).76 150. Kaiser Franz Josef als Lebensretter. (Nach d' Albon. Ans Knmmer-Branky- Hofbaners Lesebuch).76 151. Das Vogelnest. (Spieß).77 152. Der alte Löwe. (Lessing).78 153. "Der Blinde und der Lahme. (Gellert).78 154. Das Donnerwetter. (Chr. Schmid).79 155. Der Blitz. (Kellner).80 156. "Rätsel. (Simrock.) (Die Kirsches. . 80 157. Der Pappelbaum nnd der Blitz. (Curtman).81 282 Nr. Seite 283. Lambergar und Pegam. (Slowenische Volkssage. Štritof) .235 284. Achte auf deine Gesundheit! (Kummer-Branky-Hofbaner, Lesebuch) . . 237 285. Cornelia. (Lahrsseu).238 286. Zeus und das Schaf. (Lessing).238 287. Euklid von Megara. (Campe).239 288. *Der Faule. (Reiuick).240 289. Dämon und Phintias. (Pfeil).24i 290. Androklus und sein Löwe. (Menke).241 29 t. Dorf und Stadt. (Nach Dietlein. Aus Niedergcsäß, Deutsches Lesebuch) . . 243 292. ''Die beiden Wächter. (Gellert).245 293. Hektors Abschied von seiner Gemahlin Andromache. (Becker) .... 245 294. Trojas Fall. (Nach Schwab).247 295. Odysseus bei dcu Zyklopen. (Grube).250 296. Fluß, Strom und Meer. (Nach Curtman. Aus Kummer-Branky-Hofbauers Lesebuch).254 297. "Der Bauer und sein Sohn. (Gellert).255 298. Solon und Krösus. (Scheinpflug).257 299. Die Spartaner in Termopylä. (Grube).258 300. Demosthenes. (Walter).260 301. Sprüche.261 302. Aus dem Leben Alexanders des Großen. (Nach Schnlze-Steinmann-Kiel, Kinderschatz).262 303. Der afrikanische Rechtsspruch. (Herder).264 304. Der Sperling. (Walther).265 305. "Der alte Landmann an seinen Sohn. (Hölty).267 306. Romnlus und Remus. (Walter).268 307. Das Reich der alten Römer. (Usener).269 308. "Mein Österreich. (Wenhart).271 "Das Kaiserlied. (Hsterr. Volkshymne. Seidl) . 273 14 „V^as Mit äir siu?" versetzte äissrsts; „iob bin so viel Ater als äu uuä sollte äir wsiobsn? l^iinmermelir Xsme wollte uasbAsbsu; fsäs wollte xnerst biirübsu rrnä 10 beiäs bsstanäsu iniiner bautnäolliAsu äaraul. 80 lram es voin Manire rmnr Xanrpks. 8ie bieltsn ibre Hörner vorwärts nnä rannten 2vrniA AeAsnsinanäer. Von äein bettiZen 8to6e verloren aber beiäe äas Oleieb^ewiebt; sie stilrriten rniteinanäer über äen sobwalsu 8tsZ binab in äas reilienäe ^Vasser, ans äein sie is sieb nnr niit Aroker ^nstrsnAnn^ ans Iller retteten. 8o Zebt's äen lÄSensinniAsn nnä läartnäebigen. ^lnelr Oriinrn. 34. Mitleid. Ein Professor soß einmal in seinem Studierzimmer. Da kam ein armer Handwerksbursche zu ihm und bat um eine Gabe. Der Professor sah ihn an und bemerkte, daß er eine ganz zerrissene Hose anhatte. Er ging nach seinem Kleiderschrank, holte eine ganz neue 5 Hose heraus und schenkte sie dem Burschen. Als nun der Sonntag kani und die Schwester des Professors ihm die Sonntagskleider bringen wollte, fand sie die neue Hose nicht. Da fragte sie: „Lieber Bruder, ich finde deine neue Hose nicht; wohin hast du sie gelegt?" „Die habe ich einem Handwerksburschen 10 gegeben," antwortete ihr Bruder. „Ei, warum hast du ihm nicht eine alte Hose geschenkt?" fragte die Schwester. Der Professor erwiderte: „Liebe Schwester, eine alte Hose hatte er schon." Josef Heinrichs Lese- und Sprachbuch. 35. Die bescheidene Nachtigall. Als der liebe Gott die Vögel geschaffen hatte, saßen sie alle nm ihn herum. Aber fast keiner war mit dem Kleide zufrieden, das ihm Gott gegeben hatte. Die Gans sprach: „Ich möchte gern grüne Beine haben." Die Ente sprach: „Ich möchte gern einen roten Kopf 5 haben." Die Lerche sprach: „Ich möchte gern rot, grün und gelb aussehen." Und so hatte jeder Vogel etwas auszusetzen. Nnr die Nachtigall war zufrieden und freute sich über ihr graues Kleid. Das 90 25 eine Stunde in die Breite und eine Stunde in die Tiefe; dahin kommt alle hundert Jahre ein Vögelein und wetzt fein Schnäbelein daran, und wenn der ganze Berg abgewetzt ist, dann ist die erste Sekunde der Ewigkeit vorbei." Da sprach der König: „Du.hast die drei Fragen aufgelöst wie 3« ein Weiser und sollst fortan bei mir in meinem königlichen Schlosse wohnen und ich will dich ansehen wie mein eigenes Kind." Brüder Grimm. 170. Die wandelnde Glocke. 1. Es war eiu Kind, das wollte nie Zur Kirche sich bequemen Und Sonntags fand es stets ein Wie, Den Weg ins Feld zu nehmen. 2. Die Mutter sprach: „Die Glocke tönt Und so ist dir's befohlen, Und hast du dich nicht hingewöhnt. Sie kommt und wird dich holen." 3. Das Kind, es denkt: „Die Glocke hängt Da droben auf dem Stuhle." Schon hat's den Weg ins Feld gelenkt. Als liest es aus der Schule. 4. Die Glocke, Glocke tönt nicht mehr. Die Mutter hat gefackelt. Doch welch ein Schrecken hinterher! Die Glocke kommt gewackelt. 5. Sie wackelt schnell, man glaubt es kaum; Das arme Kind im Schrecken, Es läuft, es kommt als wie im Traum, Die Glocke wird es decken. 6. Doch nimmt es richtig seinen Husch Und mit gewandter Schnelle Eilt es durch Anger, Feld und Busch Zur Kirche, zur Kapelle. 108 193. Die Sage vom Plattensee. Am Ufer des Plattensees lebte vor langer Zeit eine Bäuerin, die eine ausgezeichnet schöne Ziegenherde besaß; keine andere in der ganzen Umgebung trug so schöne Haare, keine gab so gute Milch wie diese. Das kam daher, daß sie eine Wiese am Ufer des Sees s besaß, auf der ein Kraut wuchs, das den Ziegen diese Schönheit verlieh. Die Bäuerin war aber auch stolz auf ihre Herde und behauptete stets, es gebe im ganzen Lande keine schönere als die ihrige. Um aber Gewißheit darüber zu erlangen, ging sie zu einer Hexe und befragte sie. Die Hexe antwortete, es gebe nur eine Herde, welche die iv ihrige au Schönheit übertreffe. „Diese Herde," sprach sie, „hat sogar goldene Klanen und gehört einem Mädchen, das mit ihr noch heute in diese Gegend kommen wird. Und zwar wird sie auf deiner Wiese am See ihre Herde weiden lassen." Darüber war die Bäuerin so aufgebracht, daß sie beschloß, das Mädchen ums Leben zu bringen und sich der Herde zu bemächtigen. Am andern Morgen ging sie hinaus zu der Wiese auf die Landzunge, die tief in den See hineinragte; da sah sie die Herde mit den goldenen Klauen nahe am Ufer weiden und das in Ziegen- 2« selle gekleidete Mädchen auf der äußersten Spitze der Landzunge stehen. Von Habgier und Eifersucht getrieben, holte sie jetzt schnell ihren Pflug, bespannte ihn mit vier Ochsen und begann, zwischen dem Mädchen und der Herde eine tiefe Furche zu pflügen. Als sich darauf ein Stnrm erhob, wollte das Mädchen zurückeilen, aber das eindringende 2s Wasser versperrte ihm den Weg und überflutete die Wiese, so daß es in den Wellen umkam. Nun wollte die böse Bäuerin die Herde wegtreiben, aber die Ziegen liefen, wie sie den Tod ihrer Herrin sahen, unaufhaltsam in den See ihr nach, so daß alle ertranken. z« Alsobald versank auch die ganze Wiese und das Wasser schlug über der Bäuerin zusammen. Noch heutzutage findet man an den Ufern des Sees viele kleine Muscheln, welche die Form von Ziegenklauen haben; das sind die versteinerten Hufe der Herde. 191 Vormittag. Immer ein Schmetterling nach dem andern kroch aus seiner Puppe heraus. Nach Tische waren sie alle ausgekrochen. „Nun kannst du dir noch eine Freude machen," sagte die Mutter. „Stelle 8« das Glas in den Garten, mache es aus und gib den Schmetterlingen die Freiheit!" Dies tat Henriette und freute sich unbeschreiblich, als sie sah, wie die Schmetterlinge herausflatterten und von einem Baume zum andern flogen. — Wenn sie hernach im Garten umherging und einen braunen Schmetterling mit schwarzen Flecken sah, freute sie sich 85 allemal und dachte: „Du bist gewiß auch aus meinem Glase!" Salzman». 269. Der geheilte Patient. Reiche Leute haben trotz ihres Vermögens doch manchmal allerlei Lasten und Krankheiten auszustehen, von denen der arme Mann nichts weiß; denn es gibt Krankheiten, die nicht in der Luft stecken, sondern in den vollen Schüsseln und Gläsern und in den weichen Sesseln und seidenen Betten. Dies lehrt uns folgende Geschichte von einem 5 reichen Amsterdamer. Den ganzen Vormittag saß er im Lehnsessel und rauchte Tabak, wenn er nicht zu träge war, oder sah müßig zum Fenster hinaus, aß aber zu Mittag doch wie ein Drescher und die Nachbarn sagten manchmal: „Weht's draußen, oder schnauft der Nachbar so?" w Den ganzen Nachmittag aß und trank er ebenso, bald etwas Kaltes, bald etwas Warmes, ohne Hunger und Appetit, aus lauter Lange¬ weile, bis an den Abend, so daß man bei ihm nicht recht sagen konnte, wo das Mittagessen aufhörte und das Abendessen anfiug. Nach dem Nachtmahle legte er sich ins Bett und war so müde, als 15 wenn er den ganzen Tag Steine abgeladen oder Holz gespalten hätte. Davon bekam er zuletzt einen dicken Leib, der so unbeholfen war wie ein voller Sack. Das Esten wollte ihm nicht mehr schmecken; er konnte nicht recht schlafen und er war lange Zeit, wie es manchmal geht, nicht recht gesund und nicht recht krank. Wenn mau aber ihn 20 selber hörte, so hatte er 365 Krankheiten, nämlich jeden Tag eine andere. Alle Ärzte, die in Amsterdam waren, mußten ihm raten. Er. verschluckte ganze Flaschen von Mixturen und ganze Schachteln Pulver und Pillen und man nannte ihn zuletzt scherzweise nur die Zweibeinige Apotheke. Aber alle Arzneien halfen ihm nichts; denn er 25 217 Da hatte ihr neidisches Herz Ruhe, so gut ein neidisches Herz Ruhe haben kann. Wie die Zwerglein abends nach Hause kamen, fanden sie Schnee¬ wittchen aus der Erde liegen und es ging kein Atem mehr ans seinem Munde und es war tot. Sie hoben es auf, suchten, ob sie 225 was Giftiges fänden, schnürten es auf, kämmten ihm die Haare, wuschen es nut Wasser und Wein, aber es half alles nichts; das liebe Kind war tot und blieb tot. Sie legten es auf eine Bahre und setzten sich alle sieben daran und beweinten es und weinten drei Tage lang. Da wollten sie es begraben; aber es sah noch so frisch 230 aus wie ein lebender Mensch und hatte noch seine schönen roten Backen. Sie sprachen: „Das können wir nicht in die schwarze Erde versenken," und ließen einen durchsichtigen Sarg von Glas machen, daß man es von allen Seiten sehen konnte, legten es hinein und schrieben mit goldenen Buchstaben seinen Namen darauf und daß es eine 23z Königstochter wäre. Dann setzten sie den Sarg hinaus auf den Berg und einer von ihnen blieb immer dabei und bewachte ihn. Und die Tiere kamen auch und beweinten Schneewittchen, erst eine Eule, dann ein Rabe, zuletzt ein Täubchen. Nun lag Schneewittchen lange, lange Zeit in dem Sarg und 240 verweste nicht, sondern sah aus, als wenn es schliefe, denn es war noch so weiß wie Schnee, so rot wie Blut und so schwarzhaarig wie Ebenholz. Es geschah aber, daß ein Königssohn in den Wald geriet und zu dem Zwerghaus kam, nm da zu übernachten. Er sah ans dem Berge den Sarg und das schöne Schneewittchen darin und las, 245 was niit goldenen Buchstaben darauf geschrieben war. Da sprach er zu den Zwergen: „Laßt mir den Sarg, ich will euch geben, was ihr dafür haben wollt!" Aber die Zwerg'e antworteten: „Wir geben ihn nicht nm alles Gold in der Welt." Da sprach er: „So schenkt mir ihn, denn ich kann nicht leben, ohne Schneewittchen zu sehen, ich will 250 es ehren und hochhalten wie mein Liebstes!" Wie er so sprach, empfanden die guten Zwerglein Mitleid mit ihm und gaben ihm den Sarg. Der Königssohn ließ ihn nun von seinen Dienern auf den Schultern forttragen. Da geschah es, daß sie über einen Strauch stolperten, und von dem Schütteln fuhr der giftige Apfelgrütz, den 2.,:, Schneewittchen abgebissen hatte, aus dem Halse. Und nicht lange, so öffnete es die Augen, hob den Deckel vom Sarg in die Höhe und 85 163. Der groBe Birnbaum. Der alte Rupert saB im Sehatten des gr oljen Birn- baumes vor seinem Hause. Seine Enkel aBen von den Birnen und konnten die siiBen Friichte nickt genug loben. Da sagte der GroBvater: „Ich muB euch doch erzahlen, wie der Baum hierher gekommen ist. Vor mehr als fiinfzig Jahren stand icb an der Stelle, wo jetzt der Baum steht, und klagte dem reichen Nachbar meine Armut. „Ach,“ sagte ich, „gern wollte icb zufrieden sein, wenn ich mein Vermogen nur auf hundert Gulden bringen konnte. a Der Nachbar, der ein kluger Mann war, sprach: „Das kannst du leicht, wenn du es recht anzufangen weiBt. Sieh, hier auf dem Platzchen, wo du stehst, sind mehr als hundert Gulden in dem Boden versteckt. Mache nur, daB du sie heraus- bringst Ich war damals noch ein unverstandiger junger Mensch und grub in der folgenden Nacht ein groBes Loch in den Boden, fand aber zu meinem Verdrusse keinen einzigen Gulden. Als der Nachbar am Morgen das Loch sah, lachte er, daB er sich beide Seiten hielt, und sagte: „0 du einfaltiger Mensch, so war es nicht gemeint! Ich will dir aber jetzt ein en jungen Birnbaum schenken; den setze in das Loch, das du gemacht hast, und nach. einigen Jahren werden die Gulden schon zum Vorschein kommen.“ Ich setzte den jungen Stamm in die Erde; im nachsten Eriihjahr pfropfte ihn der Nachbar.-Das Baumchen wuchs und Wurde mit der Zeit der groBe, herrliche Baum, den ihr hier vor Augen seht. Die kostlichen Friichte, die er nun seit vielen Jahren her getragen hat, brachten mir schon weit mehr als hundert Gulden ein und noch immer ist er ein Kapital, das reichliche Zinsen tragt. Ich habe deshalb das Leibspriichlein des klugen Nachbars nicht vergessen; merkt es euch auch: „Den sichersten Gewinn Bringt FleiB und kluger Sinn.“ 5 10 15 20 25 30 C lir. Schmid. 127 212. Graf Rudolf von Habsburg und der Priester. Einst ritt Graf Rudolf von Habsburg, nachmals deutscher Konig, mit seinen Dienern auf die Jagd. Als er in eine Au kam, attein mit seinem Pferd, karte er ein Glocklein klingen. Er ritt dem Tone nach, um zu erfahren, was das ware. Ha fand er einen Priester mit der heiligen Wegzehrung und einem Mesner, der mit dem Glocklein lautete. Graf Rudolf stieg von seinem Pferd, kniete nieder und bezeigte dem heiligen Sakramente seine Verehrung. Nun war es an einem Wasserlein und der Priester stellte das Gefaf mit dem Allerheiligsten neben sich, fing an, seine Schuhe auszuziehen, und wollte durch den Bach waten, der sehr angeschioollen war und den Steg fortgerissen haite. Der Graf fragte den Priester, u:ozu er dies tue. Der Priester antroortete: „lch trage den Leih des Herrn zu einem Siechen, der in schmerer Krankheit liegt, und da ich an dies Wasser komme, ist der Steg zerstbrt. Also muf ich hindurch- uiaten, damit der Kranke getrdstet iverdef Da hiefi Graf Rudolf den Priester mit dem hodnvurdigsten Sakrament auf sein Pferd sitzen und zu dem Kranken reiten, damit er nicht versaumt werde. Er selbst bestieg das Pferd des Dieners, der bald herbeigekommen ivar, und ritt dem Weidwerk nach. Als nun der Priester wieder heimgekommen war, brachte er selbst dem Graf en Rudolf das Pferd zuruck. Da sprach der Graf: „Das voolle Gott nimmer, da ji ich je voieder das Pferd besteige, welches meinen Herrn und Schčpfer getragen hat! Wollt lhr es nicht fur Euch behalten ; so widmet es zum Dienste Gottes; denn ich habe es dem gegeben, von dem ich Seele und I^eib und Ehre und Gut empfangen habe.“ Der Priester sprach: „Herr, moge Gott Euch hier auf Erden und dort im ewigen P.eben Ehre und T Vilrde verleihen!“ Und der Segen Gottes blieb nicht aus. Der Priester wurde spater Kaplan des Erzbischofs von Mainz und berichtcte diesem und anderen Herren so oft von der Tugend und Mannhaftigkeit des Grafen Rudolf, da/3 dessen Name im ganzen Reiche bekannt und beruhmt ward. Darum luurd.e er hernach zum Konige gewdhlt (1273). Rudolf s Sohn, Albrecht, erhielt die osterreichischen Lande 5 10 15 20 25 30 35 139 223. Der Wolf und der Fuchs. D er Wolf hatfce den Fuchs bei sich, und was der Wolf wollte, das mulite der Fuchs tun, weil er der schwachere war, und der Fuchs ware gerne des Herrn los geworden. Es trug sich zu, dafi sie beide durch den Wald gingen, da sprach der Wolf: „Rotfuchs, schaff mir was zu fressen oder 5 ich fresse dich selber auf! “ Da antwortete der Fuchs: „Ich weili einen Bauernhof, wo ein .Paar junge Lammlein sind; hast du Lust, so wollen wir eins holen. “ Dem Wolf war das recht, sie gingen hin und der Fuchs stahl das Lammlein, brachte es dem Wolf und machte sich fort. Da frali es der Wolf auf, war 10 aber damit noch nicht zufrieden, sondern wollte das andere dazu liaben und ging, es zu holen. Weil er es aber so ungeschickt machte, ward es die Mutter vom Lammlein gewahr und fing an, entsetzlich zu schreien und zu bloken, dali die Bauern herbei- gelaufen kamen. Da fanden sie den Wolf und schlugen ihn so J5 erbarmlich, dali er hinkend und heulend bei dem Fuchs ankam. „Du hast micli schon angefiihrt,“ sprach er; »ich wollte das andere Lamm holen, da haben mich die Bauern erwischt und weich geschlagen/ Der Fuchs antwortete: „Warum bist du so ein Nimmersatt?“ 20 Am andern Tage gingen sie wieder ins Feld und der gierige Wolf sprach abermals: „Rotfuchs, schaff mir was zu fressen oder ich fresse dich selber auf!“ Da antwortete der Fuchs: „Ich weili ein Bauernhaus, da backt die Frau heut abends Pfannkucken; wir wollen uns davon holen. Sie gingen hin und 25 der Fuchs schlich ums Haus herum, guckte und schniiffelte so lange, bis er ausfindig machte, wo die Schiissel stand, zog dann sechs Pfannkuchen herab und brachte sie dem Wolf. „Da hast du zu fressen,' 1 sprach er zu ikm und ging seiner Wege. Der Wolf hatte die Pfannkuchen in einem Augenblick hinunter- .20 geschluckt und sprach: „Sie schmecken nach mehr," ging hin und rili geradezu die ganze Schiissel herunter, dali sie in Stiicke zersprang. Da gab’s einen gewaltigen Larm, dali die Frau herauskam, und als sie den Wolf s ah, rief sie die Leute; die eilten herbei und schlugen ihn, was Zeug halten wollte, dali er 35 140 mit zwei lahmen Beinen, laut heulend, zum Fuchs in den Wald hinauskam. „Was kast du mich garstig angefuhrt!“ rief er, „die Bauern haben mich erwischt und mir die Haut gegerbt." Der Fuchs aber antwortete: „Warum bist du so ein Nimmersatt?" 40 Als sie am dritten Tage beisammen draulien waren und der Wolf nur mit Muhe forthinkte, sprach er doch wieder: ,,Rotfuchs, schaff mir was zu fressen oder ich fresse dich selber auf! a Der Fuchs antwortete: „Ich weili einen Mann, der hat geschlachtet und das gesalzene Fleisch liegt in einem Fali 45 im Keller; das wollen wir holen.“ Der Wolf sprach: „yAber ich will gleich mitgehen, damit du mir hilfst, wenn ich nicht fort- kann. a „Meinetwegen, a sagte der Fuchs und zeigte ihm die Schliche und Wege, auf welchen sie endlicli in den Keller gelangten. Da war nun Fleisch im TJberfluIi und der Wolf so machte sich gleich daran und dachte: „Bis ich aufhore, hat’s Zeit/’ Der Fuchs lieli sick’s auch gut schmecken, blickte iiberall herum, lief aber oft zu dem Loch, durch welches sie gekommen waren, und versuchte, ob sein Leib nocli schmal genug ware durchzuschliipfen. Der WoIf konnte nicht begreifen, warum der 55 Fuchs das tat, und sprach: „Lieber Fuchs, sag mir, warum rennst du so hin und her und springst hinaus und herein?“ „Ich muli doch seben, ob niemand kommt,“ antwortete der Listige, „fri(i nur nicht zu viel!" Da sagte der Volf: „Ich gehe nicht friiher fort, als bis das Fali leer ist.“ Indem kam der 60 Bauer, der den Larm von des Fuchses Spriingen geliort hatte, in den Keller. Wie der Fuchs ihn sah, war er mit einem Satz zum Loche draufien; der Wolf wollte nach, aber er hatte sich so dick gefressen, dali er nicht mehr durckkonnte, sondern stecken blieb. Da kam der Bauer mit einem Kntippel und schlug os ihn tot. Der Fuchs aber sprang in den Wald und war froh, dali er den alten Nimmersatt los war. Bruder Grimm. 224. SfaMntaus itn ir Mr CanMttausf. ©trte ©tabtmauš, bie itt bettt groben ©petfegeroolbe ettte§ retcljen 9Jlmtitež rooljnte, gtng einft l)tnau§ auf ba§ $elb, um itire greunbin §u befudfen. ®iefe greuitbin mar ein ftemež btauneš? ^etbmaugdieu, bae> in einem Sodje auf bent Meeacfer rooijnte. 162 10 wohl belohnt werden. Eulenspiegel antwortete, er wiirde ihm seine Kranken schon gesund machen, wenn er ihm zweihimdert Gulden geben wollte. Der Spitalmeister sagte ihm das Geld zu, sofern er den Kranken helfe, und Eulenspiegel willigte darein, dali er ihm, falls er die Kranken nicht gesund machte, 15 nicht einen Heller geben solite. Das gefiel dem Spitalmeister wohl und er gab ihm zwanzig Gulden darauf. Also ging Eulenspiegel in das Spital und nahm zwei Knechte mit sich. Er fra'gte aber j eden Kranken einzeln, was ihm fehle, und beschwor ihn zuletzt, ehe er weiter ging, indem 20 er sagte; ,,Was ich dir offenbaren werde, das solist du geheim halten und niemand offenbaren \“ Ein jeder von den Kranken sagte ihm dies zu und darauf sagte er zu einem jeden besonders: „Soll ich euch Kranken zur Gesundheit helfen, so kann es nicht anders geschehen, als dali ich einen zu Pulver verbrenne und es 25 den andern zu trinken gebe. Wer also der Krankste unter euch ist und am wenigsten gehen kann, den will ich nehmen, damit den andern geholfen werde. Dann willich den Spitalmeister vor die Tiir des Spitals stellen und ihm mit lauter Stimme rufen lassen: ,Wer nicht krank ist, der komme heraus! 1 Das 30 versehe ja niemand; denn wer zuletzt kommt, der muli die Zeche bezahlen! aus dem nachsten Bache hinein und warf in dieses Brennesseln und allerlei Unkraut, was gerade am Wege stand. „Das wird uns schmecken!“ rief er den Hunden zu, denen schon das Wasser vor Appetit aus dem Maule lief. Aber kaum hatte er’s gesagt, so schrumpfte das Lattichblatt vor aller Augen no zusammen, die kiinftige Suppe lief ins Feuer und loschte es aus und mit dem Kochen war’s fiir immer vorbei. Da fingen die Tiere sehr an zu brummen, besonders die Ochsen, und keiner wollte mehr von der Weisheit des Alfen etwas wissen. Der aber sprach: „Schamt euch, ihr Tiere! Wer m wird denn gleich den Mut verlieren! Lernen wir es nicht, so lernen es unsre Kinder. Aber die miissen gehorig behandelt und dazu erzogen werden. Daher will icli vor allen Dingen jetzt erst die Kindererziehung von den Menschen lernen. Das wollte den Ochsen gar nicht in den Sinn und sie r'0 brummten noch viel mehr als zuvor; aber die Pferde und Hunde, die schon mehr Lust am Lernen hatten, fanden den Vorschlag nicht so iibel. Sie iiberredeten dazu auch die anderen Tiere - 234 - und in der vierten Woche saB der Affe wieder auf seinem 125 Baume. Eben schrien die kleinen Kinder der Eva und weinten, dali es nicht zura Anhoren war. Da kam die Mutter heraus, wickelte sie in ein Tuch, legte sie in einen runden Korb, und wie sie diesen mit dem Fulie anstieB, dali er sich hin und her wiegte, 13» wurden die Kinderchen ganz stili und schliefen ein. Die grolieren Kinder aber kiilite sie, wenn sie artig, und ziichtigte sie mit Schlagen, wenn sie unfolgsam waren. Kaum hatte der Affe das gesehen, so sprach er: „Das Kindererziehen versteh’ ich jetzt aus dem Grunde; aber dazu 135 gehort auch ein Tuch, wie die Menschen da haben.“ Weil nun gerade ein soleh es in derNahe auf dem Apfelbaume zumTrocknen aufgehangt war, so stahl er es heimlich weg, band es dann wie eine Eahne an einen Stock und kam damit jubelnd zu den Tieren zuriick. 14» „Nun bringt mir einmal eure samtlichen Kinder herbei, sie sollen in einer Stunde erzogen sein!" So rief er den Tieren entgegen. Diese brachten denn eilig alle ihre jungen Kalber, Fiillen, Lammer, Zickelchen, Hiindchen und Katzchen und noch viele, viele junge Tiercken, eines immer niedlicher als 145 das andere. Die Kalber schrien, die Fiillen wieherten, die Lammer blokten, die Zickelchen meckerten, die Hiindchen winselten, die Katzchen miauten, vor allen aber schrien und quiekten die jungen Ferkelchen am meisten. 150 „Ihr Schreihalse solit schon stili werden!“ sprach der Affe, nahm auf einmal sechs Ferkel, die am argsten schrien, legte sie ins Tuch, schniirte es zusaminen, wie man ein Biindel Wasche schniirt, und legte das ganze Pack in das Laub auf einen schwankenden Baumast. Darauf sprang er selbst auf den Stamm 155 und stieB mit dem FuBe an den Ast, um ihn hin und lier zu wiegen. Aber — klatsch! — lagen die sechs Spanferkel mit ihrem Tuche auf der Erde und waren mauschenstill. „Seht ihr, sprach der Affe, „allmahlich komm’ ich schon dahinter. Jetzt aber will ich mein Meisterstiick machen an euren alteren io» Kindern, da werdet ihr Rešpekt vor mir bekommen!“ 235 Nun lieB er alle die jungen Tiere um sich her in einen Kreis treten. Erst betrachtete er sie lange mit gelehrter und wichtiger Miene, dann ging er kin und kiiBte und leckte ein jedes von ihnen mit seinen garstigen Lippen aufs allerzartlichste; zuletzt aber spracli er: „PaBt auf, jetzt kommt die Hauptsacke!" 165 und bei diesen Worten kolte er mit seinen breiten, ellenlangen Armen aus, soweit er nur konnte, und teilte nach allen Seiten Ohrfeigen aus, daB die Tierchen laut briillten und heulten und die jungen Fiillen ausschlugen und davonliefen. Unterdessen batte auch die alte Sau das Tucb, in dem ihre )70 Ferkelchen so stille da lagen, aufgewiihlt und aufgewickelt und da fand sicb, daB sie alle sechs sich mausetot gefallen hatten. Das wurde den Tieren denn doch zu toll. Sie saben ein, daB der Alfe ein dnmmes und eitles Tier sei, das alles besser wissen wollte als andere, aber weder FleiB noch Lust batte, 175 etwas Ordentliches reeht aus dem Grande zu erlernen. Daber jagten sie den Narren fort, kelirten zum Menscben zuriick, der einmal zu iliremHerrn bestimmt war, und wurden seineHaustiere. Der Alfe denkt auch jetzt noch immer, die Herrschaft iiber die Tiere einmal zu erlangen; dalier macht er noch fortwahrend 180 den Menschen nach, was er von ihnen nur irgend absehen kann. Doch weil er alles nur halb anfangt und zu seinem eigenen Spasse treibt, so ist und bleibt er sein Leben lang — ein Affe. Reinick. 283. Eambergar mtfr pegam. (^rDroEitifdjE IMfialapO 2JUtten in 2Bien lag oorjeiten ein ©ragplat;, barauf fprofš etn ntadjtiger Sinbenbaum ttrtb uerbreitete fitljlenben ©djatten. $m ©djatten fajšen einft um einen gelbett SLifd) uiele grofse .gtetren, unter ifjnen ber $aifer felbft. SJian fpradj uon ber ©c^on^eit ltnb @ro§e beg Oteidjeg, bag feineggleidjen itid)t fjat. 2)a trabte 5 ber Diiefe iflegam ftolg Ijeran unb fpottete: „2Bag pravit it)r? §abt nidjt einmal einen ^elben, ber fid) mit mir im ^ampfe meffen lonnte!" Stafd) oerjetite ber ČSaifer: „f?alt ein mit bem ©potte! $d) roetf; einen Silanu, ber bir geroadjfen ift unb bid) au§ bem ©attel t>ebt: er lebt im feriten $rainerlanb unb roofptt auf ber 23nrg am to 259 Noch zogerte Xerxes mit dem Angriff. Er konnte es sieh 15 nicht als moglich denken, dali diese Handvoll Menschen wirklich Widerstand leisten wiirden; so lief.i er ihnen denn vier Tage Zeit zur Besinnung; vielleicht — so meinte er — wiirden sie von selbst umkehren und abziehen. Dann aber liefi er seine AsiatengegendenHohlweg losstiirmen. Hier standen die Griechen, 20 dicht geschlossen, Mann an Mann, in der Linken den Schild haltend, was einer ehernen Mauer glich, von der die Pfeile der Barbaren klirrend zuriickdogen; mit der Rechten streckten sie einen Wald langer Lanzen vor sich hin. Schar auf Schar stiirmte lieran und suchteden Wald zn durckbrechen; aber immer wurden 25 sie liber die Leichen der Ihrigen zuriickgeworfen. Xerxes liefi jetzt die Tapfersten seines Heeres, die „unsterbliche Schar" genannt, vorriicken. Auch sie delen. Kein Perser mochte mehr den Angriff wagen. Zuweilen gebrauchten die Spartaner eine Kriegslist und flohen; die persischen Reiter waren hinterdrein; so aber plotzlich wandten sich die Tapfern und stachen Roli und Mann nieder. Xerxes sprang oft von seinem Sitze auf, wenn er seine besten Krieger fallen sah; er vditete und tobte und liefi seine Scharen mit Geifieln in den Hohlweg peitschen, wo ihr sicheres Grab bereitet war. Hier ware vielleicht schon die ganze 35 persische Macht an der Tapferkeit von ein paar hundert helden- miitigen Griechen gescheitert, ware nicht ein Verrater gewesen — Ephialtes ist sein Name — der dem persischen Feldherrn einen geheimen Fufipfad liber das Gebirge entdeckte. Nun schlichen die Perser in aller Stille an dem Berg 40 hinauf, iiberstiegen die abschilssigen Hohen und delen den ver- ratenen Griechen in den Riicken. Diese sehen ihren unvermeid- lichen Tod vor Augen, aber sie wollen das Leben auch teuer verkaufen. Wiitend stiirzen sie sich in die Feinde, die wie Gras unter der Sense des Schnitters unter ihren Streichen fallen. Als 45 die Lanzen der Spartaner zerbrochen sind, gehen sie mit ihren kurzen Schwertern den Feinden zu Leibe. Da fallt Leonidas im Handgemenge, nachdem er heldenmiitig gekampft, und mit ihm viele tiichtige Spartaner; liber seinem Leichnam entsteht ein grofi e s Gedrange der Perser und Lazedamonier, bis die Griechen 50 ihn durch ihre Tapferkeit fortbringen und dreimal die Perser in 17 * 19. Sprüche. 1. Durch Schaden wird man klug. 2. Lerne Ordnung, liebe sie: Ordnung spart dir Zeit und Müh'! 3. Wem nicht zu raten ist, dem ist auch nicht zu helfen. 20. Herbstlied. Bunt sind schon die Wälder, Gelb die Stoppelfelder Und der Herbst beginnt; Rote Blätter fallen. Graue Nebel wallen, Kühler weht der Wind. S a l i s. 21. vis Lornüdrsn. Lin Danämann KINA mit 86IN6M lUsinan 8olino 1odia8 ant äon /Vol? er dinarm, nm 211 Loden, ob äas Xorn dalä roll 8oi. „8iod, Vator," saAto 6er nnorladrono IVnado, „^vio anlroodt oiniKö llalmo clsn lVopl traAsn! Dioso, mn886n roodt vornodm 8oin; äio aiulorn, clio 8iob 80 tiol vor idnon ldiodon, 8inä Aov'ill visi 5 Lodloodtor." Dor Vater pllüodto ein paar wirren ad nnä 8praod: „8iod äie3tz ^.drs liier, ckio 8iod 80 8toD in ckio llödo streolot, 8is Dt Kun^ tand nncl leer; äio86 aber, clie 8iod 80 d68odoiäon noiAts, i8t voll äer 8odön8ton Xörner." io DräAt einer Aar rm lioed člen Kopt, 80 mt er ivodl ein eitler Dropl'. llg.eli 6 Ii r. 8 0 Iiiniä. 22. Die Erdschwämme oder Pilze. Die Mutter schickte einst die kleine Katharina in den Wald, Schwämme zu suchen, weil sie der Vater sehr gern aß. „Mutter," rief das Mädchen, als es zurückkam, „diesmal hab ich recht schöne gefunden! Da sieh nur!" sagte sie und öffnete das Körbchen, „sie