Blätter zur Förderung des Nbterlungsuntrrrichtrs. Herausgeber: Prof. Rudolf E. Peerx, It. It. Vefirltsschttlinszieltkvr in laibarfj. Nr Q TI ^nlirn Dir »Sl. ;. r. d. Rbk.-Unt.. erscheinen ->l« Seilngezur »Inibucher Schul- iqsiL 1 • jtiimtg, MVNLII. ® Vezus-gebUhr 2 K jährl. ® «tnplnummir BO h. öiyivmun wuj. Inhalt: 1.) Sem SBerbienftc die — Kronen! — 2.) Ein Tag in der -Einachsigen». — 3.) Sprachunrichligseilen a» der Sprachgrenze. — 4.) Aus dem Lehreralbnm. — 6.) Die 3. Frage. — 6.) Die Wechselrede. — 7.) Einiges über Kunstpflege im Schul' Hause. — 8.) Ans der »Laiflacher Schulzeitnng». — 9.) Brieikafte». — 10.) Bon Schule zu Schule. lUetiu man von den Leuten pflichten fordert und ihnen keine Rechte zngesiehen ivili, muß man sie gut bezahlen. Goethe. Dem Verdienste die — Kennen! Der Doppelsinn des Ausspruches neigt sich nach der prosaischen Seite, der Ton, der vormals vielleicht die Behauptung, ein Urteil verriet, spitzt sich zur Forderung zu. Beides rechtfertigt die Zeit im allgemeinen, da sie eine Zeit des harten Lebenskampfes geworden ist, und rechtfertigt es noch mehr im besondern, wenn wir jener gedenken, die berufen sind, im entlegenen Walddorf drinnen dem Volke die Bildung zu bringen und ihm ein bestimmtes Wesen aufzuprägen. Es gehört ein gut Stück Entsagung dazu, von der Welt, in der man als Zögling manch Anregendes erfahren und von der Lust vielleicht doch etwas genippt hat, entweder sogleich oder nach einer Übergangsstnfe zu scheiden und in die Einsamkeit des Weltwinkels zu wandern, in den kein Ton und kein Hauch des Zeitgeistes dringt. Nur einer ist es noch, der dieses Schicksal teilt: der Priester. Allein empfindet er die Öde so sehr, da er ja zwischen den vier Wänden eines Seminars die Jugend verträumt hat! Zudem ist ein Pfarrdorf noch immer ein Punkt, der in den Weltverkehr fällt, ivührend das einsame Dörflern mit der Ein-klassigen kein Draht, keine Postkutsche, kein «fahrender» Geselle erreicht. Gewiß lockt uns Städter zuweilen ein solch stilles Plätzchen und wir beneiden den Amtsbruder auf demselben um sein Heim. Wenn jedoch der Herbstwind durch die Fichten rast und ein kalter Regenschauer uns in die enge Stube des Waldhauses bannt, dann sehnen wir nits nach der Stadt zurück; wir kehren dem Sommeraufenthalte den Rücken und schütteln dem Einklaßler die Hand mit dem stillen Gedanken: Du Armer, dich hält das Geschick auch in Sturm und Frost auf dieser Scholle fest! — Die Flocken wirbeln ins Tal und in stiller Ruh liegt das Dörflein droben im Gebirge. Was mag der Amtsbruder tun? Die Kleinen sind trotz Schnee und Külte zur Schule gekommen. Doch wie viele? Kaum die Hälfte hat sich eingefunden. Die Klasse ist ansgestorbcn. Was beginnen? Darf im Unterrichte tapfer ausgeschritten werden? Keinesfalls, denn sonst bleibt die Truppe jener zurück, die der Winter in der Stube hält. Der Unterrichts-plan muß also verschoben werden. — Die Schule ist ans. Was mag der Amtsbruder tun? Wird er lese»? Kann er sich einer geistigen Arbeit widmen, da die Schule ihn so sehr in Anspruch genommen hat? Ins Freie! Wohin? Die Pfade sind verschneit. In die Gesellschaft! An den Wirtshaustisch zu den Bauernbnrschen? Nur ein Weg bleibt noch offen, der Weg in die Familie. Wie aber, wenn in dieselbe Krankheit gekommen ist? Wie wird der arme Einklaßler von dem kargen Gehalte den Arzt bezahlen, der von weiter Ferne zur einsamen Stätte kommt? Diese «Visite» kostet mehr als zehn Visiten in der Stadt. Dabei hat aber der Ein- Sammelt Gatien für das Letircrheini i. 8. und sendet sie an Bundesoümann Kessler, Mannswörth ü. Wien! klaßler vielleicht kaum ein Drittel von dem Einkommen des Stadtkollegen. Der Arzt hat ein Tränklein verschrieben; nun muß der Bote in die Stadt. Das kostet wieder Geld. Der Kranke braucht eine kräftige Suppe. Dem Amtsbrnder in der Stadt wird das Fleisch ins Haus gebracht, der Landkvllege muß es stundenweit holen lassen. Überbleibsel, Botenlohn! — Der Bub' soll in die Schule! Wie wenig Sorge macht das dem, der im Orte der Mittelschule sitzt, was bedeutet jedoch-die Forderung für den Bruder im Gebirge! 120 Kronen, wenn es hochgeht, monatliches Einkommen, — 40 Kronen, wenn es reicht, für den Jungen! Sind es ihrer zwei, oder geht das Mädchen aus dem Hause: Was dann? Und mit dem Kinde, das aus der Familie gerissen wird, zieht noch eine andere Sorge mit, die Sorge um das reine Herz. So weben also in der Zeit, da wir in der Stadt die Freuden des Winters genießen, die Langweile und die Sorge ihr Netz um die Einklassige und drinnen waltet die Not. — Allein wo bleibt das Verdienst? Es ist bereits gekennzeichnet worden. Wer es übernimmt, in Gebieten, wo das Leben dem Gebildeten so wenig an Lebensgenuß bietet, den Geist der Zeit zu verbreiten und ein Volk zu erziehen, hat bei einfacher Arbeit schon ein großes Verdienst für sich. Da nun die Arbeit eines Einklaßlers durchaus nicht einfach ist, sondern verwickelt und erschwert in mannigfacher Weise, so gebührt dem Manne, der sich ihr mit ganzer Kraft widmet, der doppelte Lohn. Erschrecket nicht, die Ihr am Geldschranke sitzet: der Einklaßler ist auch mit einem niedrigeren Überschuß zufrieden. Aber mit dem haltet nicht zurück, sonst geht Euch der Mann, der in die Waldschule gehört, nicht in dieselbe, — der Mann mit Geschick und Charakter! Ein Tag in der „Einklassigen“. * (Schluß.) Nachmittag. Eine Viertelstunde vor Unterrichtsbeginn. Durchsicht der von den Schülern verbesserten Aufgaben; Verteilen der Schönschreibhefte. 1. Stunde. 1. Halbstunde. Behandlung der Erzählung: «Gesundheit ist ein großer Schatz.» Es nehmen sämtliche Schuljahre an der Behandlung teil. Gegen Schluß der Halbstunde wird von der Oberstufe die Erzählung zusammengefaßt. Zur Festsetzung werden vom Lehrer Leitworte aufgeschrieben. 2. Halbstunde. I. Schuljahr. Übung des «G», «g, G» nach kurzer Besprechung. II., III. und IV. Schuljahr. Lesen der Erzählung mit Worterläuterungen. V.—VIII. Schuljahr. Aufschreiben derselben. Einige Minuten vor Schluß wird wieder von zwei Schülern die Arbeit vorgelesen, um darnach verbessert zu werden. — Durchsicht der Schreibübung des I. Schuljahres. 2. Stunde. 1. Halbstunde. (II., III.) IV.—VIII. Schuljahr. Schönschreiben: Wiederholung: p, sp, pf; x; s; ß, ßt. Behandlung der-Formen und des Schreibstoffes. Der Schreibstoff bildet eine Stütze der Sprachlehre. II. Schuljahr schreibt nur ab, III. schreibt die Nennformen und Aussageform, 3. Person, Einzahl, IV. wie oben und dazu die Mitvergangenheit, V.—VIII. die Grundformen. Das II. und III. Schuljahr schreibt erst in der nächsten Halbstunde. I. Schuljahr. Behandlung des Lesestoffes bei g, G durch Kopflesen und Besprechung desselben; das II. Schuljahr nimmt Anteil, das III. Schuljahr schreibt die erhaltenen Sätze nieder. 2. Halbstunde. I. Schuljahr liest die Schreibschrift selbst leise wiederholt durch und schreibt sie dann möglichst schön ab. II., III. Schönschreiben wie oben. In der Oberstufe (IV.—VIII.) wird Naturgeschichte von vormittags fortgesetzt, und zwar wird im Anschlüsse an die frühere Erzählung: «Die Pflege des menschlichen Leibes a) von den Knochen und Zähnen» behandelt. Die letzte Unterrichtsstunde geht zu Ende. Die Schönschreibhefte werden geschlossen und abgesammelt; die Tafelarbeiten wandern wieder an die Bankenden. Schulgebet und Entlassung der Schüler. Sie werden ermahnt, ruhig nach Hause zu gehen. Einige Nachsitzer bleiben zurück. Der Unterricht ist zwar zu Ende, aber nicht die Schularbeit. Vor allem ist der Lektionsplan für den folgenden Tag zu verfassen, dann sind wieder einige Tafelschriften zu fertigen, auch die Korrektur der Aufgaben muß vorgenommen werden; demnach Arbeit genug. * Vgl. Nr. 6 und 7, Jahrg. 1905. Wir wollen den Lehrer nicht weiter stören. Mit bestem Danke verabschieden wir uns von ihm und begeben uns auf den Rückweg. Unterwegs besprechen wir das Gesehene und Gehörte. Welches Ergebnis unser Gespräch etwa haben könnte, will ich kurz anführen. 1.) Soll der Unterricht klipp und klar vonstatten gehen, so bedarf er der sorgsamsten Vorbereitung. Diese muß sich auf alles erstrecken, was mit dem Unterrichte zusammenhängt. Vor allem ist die Aufstellung des Unterrichtsplanes nötig; denn sicher muß der einzuschlagende Weg vor dem geistigen Auge des Lehrers liegen, trefflich müssen die Mittel ausgewählt sein, welche Führer auf diesem Wege sein sollen. Aber auch Äußerlichkeiten dürfen nicht übersehen werden, wie z. B. das Austeilen der Hefte, das Spitzen der Griffel, das Füllen der Tintengläser etc. 2.) Nachdem der Unterricht möglichst unabhängig von Büchern erteilt wird, so sind zahlreiche Tafelvorschriften notwendig. Diese ermöglichen es, den Schülern zweckmäßige, ihrem Können genau entsprechende Aufgaben zu geben. 3.) Im Unterrichte wurde in allen Abteilungen tunlichst Gleichartiges behandelt, um eine größere Ablenkung zu verhindern. Dabei wurde getrachtet, die verschiedenen Abteilungen und Schuljahre soviel als möglich zu verbinden. 4.) Die Aufgaben für die Stillbeschäftigung waren derartig ausgewählt, daß sie zur Selbstarbeit anregten und darum einen tatsächlichen Unterricht bedeuteten. 5.) Die Schularbeiten wurden getreu dem Grundsätze: «Besser keine, als eine nicht korrigierte Aufgabe», einer sorgfältigen Verbesserung unterzogen. 6.) Unterrichtet wurde mit Ausnahme des Rechnens in Halbstunden, und zwar in drei Abteilungen: I. 1. Schuljahr; II. 2., 3. und 4. Schuljahr; III. 6.—8. Schuljahr. Die besseren Schüler des IV. Schuljahres wurden bei den Arbeiten der Oberstufe zugezogen. So zeigte sich unserem geistigen Auge das Bild eines Unterrichtstages an einer einklassigen Schule. Wen gereuts, daß er mitging?! Bemerkung. Dieses Unterrichtsbild ist nicht ideell gehalten; es stammt von einer ein-klassigcn Schule, welche der Verfasser dieses Aufsatzes sehr gut zu kennen Gelegenheit hatte. Alois Rock, Oberlehrer in Wieseldorf, Steiermark. Nachbemerkung: Schon die ersten Teile dieses trefflichen Aufsatzes haben Anerkennungsschreiben gebracht; umsomehr wird der Schluß die Leser zu Dank verpflichten. Solche Ausführungen sollten öfter kommen; sie zaubern uns in die Schulstube und wirken durch die erprobte Tat. Herzlichen Dank, lieber Kollege! Peerz. Sprachnnrichtipkeiten an der Sprachgrenze und anderwärts. IV. 5.) Zur Restauration und Anssichtstnrm. So zu lesen auf einer Wegtafel am Fuße des Kreuzberges in unmittelbarer Nähe der deutschen Landeshauptstadt Klagenfurt. Ich wollte zur Restauration, aber es drehte mir den Magen um, als ich die Ankündigung las — und der Wirt verkaufte ein Seidel Bier weniger. Wenn schon die Deutschmeier in K. an solch einer Entweihung der Sprache nichts finden und ruhig «zur Aussichtsturm» wallen, so sollte wenigstens der Gastwirt so vernünftig sein und den -Aussichtsturm» entweder überkleben oder ein «zum» hineiukleben. — Derart gröbliche Zusammenziehungen findet man allerdings selten, aber der Fehler, die in dieses Fach gehören, sind schier so viel, daß man einen Kasten füllen könnte. Wie ist ihnen zu begegnen? Jedenfalls damit, daß man zunächst bei dem einschlägigen Abschnitte der Sprachlehre synthetisch vorgeht, d. H. das gegebene Beispiel etwa so entwickelt: In unsere Stadt kommen viele Fremde. Was zieht sie wohl an? Ihr habt auch den Kreuzberg genannt. Weshalb suchen die Fremden diesen Hügel gern ans? Nach dem Steigen wird man müde und durstig. Da kommt es unfern Gästen gerade recht, wenn ein Wirtshaus ans dem Grünen guckt. Ein besseres Wirtshaus nennen die Leute -Gastwirtschaft» oder, die gerne fremde Wörter gebrauchen, -Restauration». Beide Hauptwörter haben das weibl. Geschlecht. Nenne das deutsche Wort! Das Fremd wort! Wenn nun ein Fremder aus der Banmreihe tritt und den Anstieg beginnen will, möchte er gern wissen, ob er wohl auch den rechten Weg einschlägt. Wer sagt ihm das? Da nicht immer heimische Leute zur Stelle sind, so ist es am besten, man bringt eine Ankündigungstafel an. Was müßte auf dieser stehen, wenn man den Weg zum Anssichtsturme weisen wollte? Alles Unnötige läßt man weg: Was bleibt übrig? (»Zu dem Anssichtsturme» oder noch kürzer: «Zum Aussichts-tnrme».) Wie würde die Aufschrift für die »Gastwirtschaft» oder «Restauration» lauten? (Zn der Gastwirtschaft, kürzer: »Zur Gastwirtschaft».) Was schriebe man auf die Tafel, wenn man nur zum Gasthausgarten weisen wollte? Was ist früher auf dem Wege: der Anssichtsturm oder der Gast-hansgarten? Man könnte für beide Ankündigungen eine Tafel verwenden. Wie hieße dann die Aufschrift? Das zweite «zum» wollen wir uns ersparen, es klingt nicht gut. Versuchen wir es deshalb mit einer gemeinsamen Aufschrift für die Wörter Gastwirtschaft und Anssichtsturm? Kann man sich dabei auch etwas ersparen? Warum nicht? Und wie ging' es mit der nobel» -Restauration»? Was meint der biedere Kärntner? Achtung auf die bisher erörterten Sprachunrichtigkeite»! 1.) Wir haben sich .... 2.) Er hat die Stiefeln gebracht. 3.) Mit die Kinder. 4.) Und der König hat ein Fest veranstaltet und hat und hat .... Nus dem Lehreralbum. 3. Das bezogene Staatsstipendium hält ihn «im verwünschten Nest». Doch er weiß sich zu helfen: Eine Stunde Weges und er sitzt int Kaffeehause des Landstädtchens. Heda! Ist denn niemand hier, mit dem man feilt Spielchen machen könnte? Elende Philisterwelt! Ei, da kommt ja der verbummelte Studiosus. Auf der Lateinschule ging's nicht; so wirkt er denn als Skribeud beim Rechtsanwalt. 21! Wie ducken sich die zwei in die Ecke! «Noch einen Kognak!» ««Herr Lehrer, es ist schon Mitternacht. Wie werden Sie morgen unterrichten können!»» — -Das geht Sie.. . Ah, Pardon, Herr Bezirkshauptmann!» 4. -Gelt, Herr Lehrer, Sie lassen mich auch mitkommen, wenn Sie wieder einmal mit Ihrer grünen Blechbüchse über die Berge wandern?» -«Mit Vergnügen, Herr Doktor!»» Und sie ziehen die Straße dahin, bald duckt sich der junge Mann mit der Büchse, bald zeigt der andere zur Höhe hinauf. Nun klimmen sie die steile Ringe hinan; gar sonderbare Kräutlein sollen droben auf der Alm zu finden sein. Die Schule ivar erst mit 4 Uhr aus; daher kann nicht der gemächliche Weg genommen werden. Jetzt sitzen sie vor der Sennerhütte. Wir zaubern sie mit dem Fernrohre heran. Sieh, wie sie den Blick nach allen Seiten schweifen lassen, wie sie deuten und einander zuwinken! . .. Der Abend hat sie vom Berge getrieben. Nun können wir sic näher betrachten. Der junge Lehrer ist ein sonderbarer Mann. Indes um ihn die einen plaudern, die ändern Karten spielen, liest er in den Tagesblättern, die soeben die Post gebracht hat. Dann geht er in sein niedliches Heim. Die Gesellen schlendern polternd die Straße dahin und lachen über den «Streber», der droben beim Lampen-fchciit «den Stein der Weisen ergründen will». Die 3. Frage. Ungeteilte ciuklassige Volksschule oder Halbtagsschule? (Abschließende Berichte.) Irin: 3.) Auswanderung! Alles strebt der Stadt zu, Arbeitermangel auf dem flachen Lande, hohe Steuern, hohe Löhne: der Bauer braucht die Kinder zur Arbeit. — In der unget. einkl. V. fortwährendes Sprechen, ein «Sammelsurium von Schillern». — «Ich opfere lieber den freien Donnerstag und arbeite 6 Tage leichter als 5 Tage mit Überanstrengung.» — 12 Jahre in der unget. einkl. V., 14 Jahre H. gewirkt; Ergebnis: 1.) Der bessere Schulbesuch in der II. — 2.) Bessere Unterrichtserfolge in der H. — 3.) Leichtere Arbeit in der H. — 4.) Scliul-freundlichkeit. — (Folge 12, Jahrg. 1904.) [Schulleiter Johann Lueger in St. Jakob im Walde, Steiermark.] Wider: 3.) Eine Betrachtung von der politischen Warte aus lehrt, daß alle rückschrittlichen Parteien der H. das Wort reden. Wer also fortschrittlich gesinnt ist, hat damit sein Urteil gefällt. — Die II. kann nur ein vorübergehender Notbehelf sein; allzuviele Ausnahmen machten sie bald zur Regel. — Sie kann die unget. einkl. V. niemals ersetzen. — (Folge 10, Jahrgang 1904.) [Oberlehrer Franz Christoph in St. Georgen im Gailtal.] 4.) Der Halbtagsunterricht bedeutet eine Verminderung der Schulbildung und setzt sich damit in einen Gegensatz mit den Forderungen der Zeit. Er ist eine Erfindung der Rückschrittler. — 3 Stunden vorm., 3 Stunden Jür: 4.) Für die lklass. V. ist die Grenze mit 80 Schülern gezogen; sie können nur bei H. entsprechend unterrichtet werden. — Ein Rückschritt in polit. Hinsicht ist nicht zu befürchten, weil sich die H. nur auf die 1 klass. V. beschränkt. — Schlendrian und Nichtstun werden durch die Heranziehung der Kinder zur häuslichen Arbeit ferngehalten. — Verkürzt wird durch die H. nur die stille Beschäftigung, also der mindere Teil des Unterrichtes. — Bei der Ganztagsschule sind viele Kinder ohne Mittagsessen. — An 1 klass. V. gehen zumeist jüngere oder minderbegabte Lehrer; die unget. 1 klass. V. erfordert aber die tüchtigste Kraft. Dieses Mißverhältnis drängt zur H. — Für sie sprechen auch die Individualisierung der Schüler und der Lerneifer, da ein Aufsteigen hervortritt. — (Folge 2, Jahrg. 1905.) f Schulleiter J. Magerl in Scharfenberg, Krain.] Wider-: nachm. immer andere Schüler vor sich: das erhöht die Arbeitsleistung des Lehrers; daher Lehrermangel auf dem Lande. — Die freie Zeit vertändeln die Schüler; der Schlendrian, das Nichtstun sind Genossen. — Weniger Interesse an der Schule; der Bauer sagt: «Es steht nicht dafür, daß meine Kinder wegen ein paar Stunden Unterricht den weiten Weg machen.» — Die ungeteilte cinklassigo V. ist das Bild einer Familie; die H. trennt die Geschwister. — In der unget. V. sind die größeren Kinder die Lehrmeister der kleineren. Die Wechselwirkung geht in der II. verloren. — Die «Neuschule» kann nur in der unget. einkl. V. zur Geltung kommen; bezüglich der Mehrkosten soll der Lehrer aufklärend wirken. — (Folge 10, Jahrg. 1904). [f Oberlehrer Franz Kraßnig in Pontafel, Kärnten.] Die Wechselrede. Zur 3, Frage: Ein Einklaßlcr in Nordmähren: Damit Sie ermessen können, ob ich etwas Erfahrung besitze oder nicht, schicke ich voraus, daß ich, nachdem ich zuerst 3l/2 Jahre an drciklassigen Schulen in der 2. und 3. Klasse mit 80 bis 93 Schülern gearbeitet hatte, an eine einklassige Schule versetzt wurde, an welcher ich nun 21 */2 Jahre wirke, und zwar 3>/2 Jahre ganztägigen und hierauf durch 18 Jahre halbtägigen Unterricht erteilte, bei 60 bis 72 Kindern; ferner, daß unser verehrter Herr Inspektor, ein Schulmann durch und durch, mit mir ganz zufrieden ist. — Nun zu dem Artikel des Herrn Pensler: Gewiß sind Lehrer, Schüler und Eltern zu bedauern, welche in einem Orte mit Halbtagsschule wohnen; leider lassen sich eben nicht in allen Orten mit 80 und weniger Schülern mehr-klassige Schulen einrichten. Wenn man nun gezwungen ist, die einklassige Schule als notwendiges Übel in den Kauf zu nehmen, so soll man immer das kleinere Übel wählen und das ist meiner Ansicht nach bis zu einer Schülerzahl von 40 die ungeteilte einklassige, darüber hinaus die geteilte einklassige Schule. Gründe: 1.) Vor allem hält es der Lehrer bei einer größeren Schülerzahl und ganztägigem Unterrichte, selbst wenn er eine robuste Natur hat, auf die Dauer nicht aus, vorausgesetzt, daß er so arbeitet, daß er auch was erzielt. Ich hatte während des ganztägigen Unterrichtes immer nahezu 70 Schüler, einmal 72, bin körperlich gut entwickelt und habe eine gute Lunge, aber ich kann bestimmt behaupten, bei ganztägigem Unterrichte hätte ich es nicht 20 Jahre ausgehalten. Wers nicht glaubt, solls probieren, aber mindestens 2 bis 3 Jahre, von Wochen kann er kein Urteil abgeben. Wenn Herr Pensler meint, bei ganztägigem Unterrichte kann mehr direkt unterrichtet werden, so gebe ich das nur für manche Gegenstände zu. Im Rechnen z. B. erhalten die Kinder bei halbtägigem Unterrichte mehr direkten Unterricht (f -f- 6 St.) als bei ganztägigem (if -f~ i! ~f" ir — ^ St.), und ich behaupte aus Erfahrung ganz entschieden, daß im Rechnen bei halbtägigem Unterrichte bessere Erfolge erzielt werden. In der Unterrichtssprache dürften die Erfolge bei den beiden Scliulkatcgoricn so ziemlich dieselben sein. Anders ist es bei den Realien; mit Bezug auf diese, dann auf Zeichnen und Turnen wäre jedenfalls der ungeteilte Unterricht vorzuziehen. Ein Grund mit, warum in Sprache und Rechnen die Unterrichtserfolge bei halbtägigem Unterrichte ebensogut, wenn nicht besser sind, ist der, daß sich bei demselben die gleichzeitig anwesenden Schüler inbezug auf die Bildungsstufe näher stehen und gar oft zu einer Abteilung vereinigt worden können, so daß sie eine volle statt eine halbe Stunde direkten Unterricht genießen; so werde ich beim Lesen die Obergruppe (4. bis 8. Schuljahr) gewiß nicht trennen. Auch bei vielen Partien der Sprachlehre kann ich sie zusammennehmen, und wenn auch dabei für die 2. Abteilung nichts Neues abfällt, so wird doch das Alte aufgefrischt und gefestigt, und das ist gewiß auch was wert und gibt einen guten Grund zum Weiterbauen. Inbezug auf Erdkunde möchte ich erwähnen, daß ich den Schulort und den Bezirk jedes Jahr durchnehme, und zwar mit allen Schülern der Obergruppe gemeinsam. Beim Schulorte muß die erste Abteilung sich auf dem Plan desselben, die zweite Abteilung in der Katastralmappe des Ortes zurechtfinden. Beim Bezirke verlange ich von der ersten Abteilung hauptsächlich Kenntnis der Umgebung, von der zweiten Kenntnis des ganzen Bezirkes und Kartenlesen, welches durch eine selbstgefertigte Stufenreliefkarte angebahnt wird. Hierauf nehme ich ein Jahr Mähren, das andere Österreich. Mancher Kollege wird darüber wohl den Kopf schütteln. Nun, ich kann aufrichtig sagen, daß ich bessere Erfolge erziele, als wenn ich Mähren und Österreich in ein und demselben Jahre nehme. Man kann da höchstens einige Gebirge, Flüsse und Städte kennen lernen, aber auf die Kulturverhältnisse und ihren Zusammenhang mit der Bodenbeschaffenheit gar nicht eingehen, was mir aber wichtiger erscheint, als einige Namen und Zahlen auswendig lernen zu lassen, die die Kinder in acht Tagen wieder vergessen haben. Einen Schaden habe ich wenigstens aus der Übergehung von Mähren nicht bemerkt. Naturgeschichte, Naturlehre und Geschichte wird man selbstverständlich nicht nach einer halben Stunde unterrichten, sondern eine Woche diesen, die andere jenen Gegenstand nehmen und den Stoff auf zwei Jahre verteilen. Dann kann auch aus diesen Gegenständen das Wichtigste durchgenommen werden. Die Menge macht es ja nicht, sondern die Erkenntnis des inneren Zusammenhanges der Naturerscheinungen und ihre Verwertung im praktischen Leben. Selbstverständlich wird dieser Unterricht nur dann von Erfolg begleitet sein, wenn er durch Anschauungsmittel und einfache Apparate unterstützt wird. — 3.) Was den Nachteil betrifft, daß die Schüler die Hälfte des Tages ohne Aufsicht und Beschäftigung sind, so dürfte derselbe kaum ins Gewicht fallen, denn die Halbtagsschule findet sich doch nur auf dem Lande und da haben die Eltern für die Kinder Beschäftigung mehr als genug und es ist auch nicht so leicht Gelegenheit wie in der Stadt, daß sich mehrere zusammenfinden und Allotria treiben. Auch die Anmerkung der Schriftleitung von der Ermüdung kann ich nicht gelten lassen* Oder sind die Kleinen nachmittags geistig frischer, wenn sie vormittags schon in der Schule waren und den Weg zur Schule und nach Hause schon einmal, oft bei schlechter Witterung oder im tiefen Schnee, zurückgelegt haben, als wenn sie den Vormittag zu Hause bei einer leichten Arbeit oder gar spielend in Gottes freier Natur zugebracht haben? Und wie schauts in manchen Orten mit dem Schulbesuch aus bei ganztägigem Unterrichte? Wiegt ein regelmäßiger Schulbesuch (ich hatte durchs ganze Jahr vier nichtentschuldigte Halbtage) mit weniger Stunden nicht das Mehr an Unterrichtsstunden auf, wenn oft ein Drittel oder gar die Hälfte der Schüler fehlt? Wo wird die Disziplin leichter aufrechterhalten, bei 40 oder 80 Schülern, besonders wenn alle acht Schuljahre beisammen sind? Und verlangen nicht die Kleinen eine andere Behandlung als die Großen? — Alles in allem kommt es also meiner unmaßgeblichen Meinung nach auf die Verhältnisse, besonders auf die Schülerzahl an. Bei einer Schülerzahl unter 40 bin ich für ganztägigen Unterricht, bei mehr als 40 Schülern unbedingt für die Halbtagsschule. Einiges über Kunstpflege im Schulhause. Von P. Koschier, Völkermarkt. Mein Heim, meine Welt. Treffe ich den Baumeister gerade zur guten Stunde, so fasse ich ihn freundschaftlich bei den Rockknöpfen und bitte ihn höflichst, daß er mir an der Ostseite meiner zukünftigen Arbeitsstube Doppelfenster mache, wenn es leicht geht. Und sieht er mich zweifelnd an, so setze ich ihm mit aller Beredsamkeit auseinander, wie sehr ich die Morgensonne liebe, wie überhaupt das Sonnenlicht belebend und erheiternd auf mich einwirkt, ja, daß es einen großen Teil meiner Nahrung, Kleidung und Wohnung ausmacht. Ich wette, der Mann tut mir den Gefallen, besonders, wenn ich ihm erkläre, er brauche sich bei Tor und Fenstern nicht mit Verzierungen zu bemühen. Auch mit dem Ausmalen der Wohnung nehme ich es nicht so genau. Eine Übcr-tünchung der Wände mit leichtem Gelb oder Grün genügt mir vollkommen und kommt billiger; ich will nichts mehr, als eine ehrliche Lehrerstube. Bei Postmeisters hat zwar der Maler bordeauxrot und gold gebraucht, soll sogar hübsch sein — dem’s gefällt. Ich kann aber nur * So war ja die Aum, nicht gemeint. D. Sch. soviel sagen, daß ich bis jetzt auf dem Lande noch keine geschmackvoll ausgemalte Wohnung angetroffen habe, Tapetenwände vielleicht ausgenommen. Wie sich schöne Bilder auf solchen beklecksten Wänden ausnehmen, weiß ohnehin jeder. Beim Fußboden helfe ich ebenfalls der Gemeinde sparen. Er braucht nicht angestrichen oder gewichst zu werden, meine Frau will schon dafür Sorge tragen, daß er sauber gehalten wird. «Es ist ein schlimmes Zeichen, wenn die Bauern anfangen, ihre Dielen mit Bodenlack zu überstreichen. Man sieht den Schmutz nicht so». Und das ist auch meine Meinung. Bevor ich in die Wohnung einzieho, muß mir der Baumeister versichern, daß sie vollkommen trocken ist. Mit Grauen denke ich noch an die feuchte Wohnung, in der ich vier Jahre leben und weben mußte und wo sich schon zwei meiner Vorgänger ein Leck zuzogen, der ihr Leben um einige Jahre verkürzte; einer von ihnen starb schon im 35. Lebensjahre an Gliederrheumatismus. Dazu waren zum größten Überflüsse die Fenster gegen Mitternacht und Küche und Speisekammer gegen die Sonne. Pilzfreunde hätten können unter dem Bette oder im Keller eine rege Sammeltätigkeit entfalten — leider war ich nicht einer diesen Glücklichen. Wenn man bedenkt, daß der Lehrer ohnehin schon genug von Krankheitserzeugern umgeben ist, klingt es geradezu als Hohn, wenn man ihn zum Danke für sein schweres Wirken in eine solche Wohnung treibt. Es sei hier erwähnt, daß man maßgebendenorts die Schädlichkeit solcher Wohnungen schon längst eingesehen und daher verfügt hat, man sei in gewissen Fällen nicht verpflichtet, eine solche Wohnung zu beziehen und man kann dafür das Quartiergeld ansprechen. (In Krain 160 K, § 10 des Ges. v. 19. III. 1879, in Steiermark 25 °/0 des Jahresgehaltes. § 27, Ges. v. 8. II. 1869.) In Württemberg haben sich die Lehrer dadurch geholfen, daß sie Orte, in welchen schlechte Wohnungen waren, einfach boykottierten und selbst daran gingen, ein Baukonsortium zu gründen. Wenn ich nicht irre, hat vor ein paar Jahren Koll. Hoinkes aus Böhmen etwas Ähnliches in der «Deutsch-österr. Lehrerzeitung» angeregt. — Doch ich bin von meinem eigentlichen Thema schon zu weit abgeschweift. (Schluß folgt.) Aus der Laibachrr Schulxeitung. (Monatsschrift. Jährlich 4 K. — Verwalter: Lehrer Franz Bcrsin in Laibach. Schriftleiter: Prof. Rud. E. Peerz.) Inhalt von Folge 9: 1.) Nicht zürnen! — 2.) Landeslehrerkonferenz. — 3.) Die Lchrinittelansstellung in Laibach. — 4.) Ein Mahnivort für die Ferien. Briefkasten. I. G. in E.: Wer sich zur neuen Arbeit so ernstlich rüstet wie Sie, dem wird sie auch reiche Früchte bringen. Manchen Lehrern ist es so schwer beizubringen, daß sie sich durch eine mangelhafte Vorbereitung das Amt erschweren. — F. Z.: Solche Bescheidenheit findet man selten: sich nicht nennen zu lassen, damit die Sache nicht leidet, weil man noch zu jung ist. Man traut den Jungen nichts Rechtes zu. Das ist falsch. Ein jugendlicher Kopf, in dem es arbeitet, bringt oft Besseres zutage, als der alte Geistesbehälter, in dem verrostete Stücke liegen. Der Aufsatz wird kommen. — A. W. in C.: Sie bleiben uns treu, obwohl Sie aus unserem Reich gewandert sind. Das ist schön. Frischen Gruß in die grüne Mark! — T. in P.: Also nur deshalb werben Sie um meine Gunst, weil ich Ihnen «nützen» könnte. Ich danke für die Freundschaft. — Jnsp. P. in L.: Der Bezirksschulrat Danba empfahl die »Bl.- und verlangte sodann die Mitteilung, ob sie angeschafft wurden oder nicht. Warum sollte dies anderwärts nicht möglich sein? — Prof: B. in I.: Es ließ den Wandersmann doch nicht in Ruhe. Die Karte vom Rhein hat den Rüdesheimer in der durstigen Seele wach-gerufcn. Dank für die Karten! — G. in M.: So hat denn wieder ein Funke gezündet! Studieren Sie nicht zuviel! Wenn Sie sich täglich auf den Unterricht tüchtig vorbereiten und die alten Lehrbücher nochmals durch-gehen, so haben Sie die Befähigung in der Tasche. Was machen die übrigen Schüler im Lande Tirol? — Obl. E. in W.: Im kleinen Weißenfels, im lieblichen Dorf am Fuße des Manhart, haben Sie dem Lehrcr-heim durch eine Liedertafel 100 Kronen zugcführt — und in vielen Städten singt man für alles andere, nur nicht für die kranken Amtsbrüdcr. Wäre die Sache nicht so hehr, man könnte von einem heiligen Zorne übermannt werden. — Obl. P. in 98.: Richtig! Eine gute Lehrerin ist goldeswert; die Kinder sehen sie als Stellvertretern! der Mutter an und so kann man Wunder wirken. — Dem Einklasftcr in Nordmährcn: Warum namenlos? Ein ehrlicher Krämer darf sich zeigen. Sie brachten ja gute Ware. — Als» vergebens! Ich bat eindringlich um 1-6 vom Jahrgang 1904. Nur etwa ‘/15 aller Abnehmer hat entsprochen. Warum die Lässigkeit? Ich will noch 14 Tage warten. Bitte, auch 8 und 9 mitzusenden. Soll ich die hohe Bestellung, die uns ja alle ehrt, zurückweisen oder soll ich auf Kosten der -Bl.- neu drucken lassen? Es wäre doch um beides schade. — Ich brauche zwei tüchtige Einklaßler an neu zu errichtende Schulen in meinem Aufsichtsgcbicte. Wer will ins schölte Gottscheerland? Wenn er das Ideale mitbringt, so wird das Materielle nicht fehlen. Von Schulezu Schule. XIX. Wir waren von den vielen Wanderfahrten müde gemordet!, geistig müde und auch körperlich. Als wir abends im fröhlichen Geplauder am Familientische saßen und der lieben Hausmutter über die Erlebnisse des Tages berichteten und all der Küchenkünste gedachten, die mir in ihrer Wirkung am eigenen Leibe verspürten, flog manch ein Scherz hinüber und herüber. Doch allmählich wurde es stiller, der Schlaf hatte Platz am Tische genommen. Mein Gastgeber geleitete mich in die Fremdenstnbe, erzählte mir dort vom Schulrate soundso, der einmal hier gehaust hatte, zeigte mir viel Neues, viel Schönes, das während unserer Abwesenheit vom pädagogischen Markte herein-geflattert war, zeigte mir auch ein Bündel Akten — und verschwand mit der vielverheißenden Gabe des H. Bureankratins. Mich plagte nicht lange der Gedanke an den berühmten Vorschläfer in meinem Gemache, mich zog nicht der Büchcrhanf zum Schranke, und die Akten, sie waren gottlob verschwunden. Bald lag ich im Schlummer. Niemand schritt über die Bühne des Traumes hinweg; nur der feiste Schulrat mit dem langen Barte guckte ein paarmal hinter den Kulissen hervor und ließ mir eine Zcitlang nicht Ruhe. Doch er fühlte Erbarmen: bald hatte er sich verkrochen. Der Vorhang fiel; da weckte mich plötzlich Heller Vogelfang ans dem erquickenden Schlafe, ans einem Schlafe, wie man ihn nur in den Bergen genießen kann, wenn man tagsüber Wald und Flur durchstreift hat. — Ich hatte die Handschrift für ein Büchlein mitgenommen; sie wartete schon lange auf Durchsicht. Hatte sie ihrer nötig? Die sprachliche Fassung stand allerdings fest, aber der Inhalt mußte neuerlich geprüft werden. Das -Abliegenlassen» soll jeder Schriftsteller beherzigen. Wer allzufrüh losschießt, bereut gar oft den Schuß. Über einen Monat erscheint manches anders wie zuvor, da man es zu Papier gebracht hat. Ja selbst eine Nacht ändert vieles; darum spricht man wohl auch von einem --Überschlafen-. Die Nerven ruhen aus, die Begriffe werden klarer, die Urteile fester, die Schlüsse bewegen sich in mäßigerem Tempo — ein neues Licht scheint auf den Platz der geistigen Arbeit —, um ans die gefaßten Vorsätze zu fallen. Wie der griechische Weise im Zorne nicht strafte, so soll der junge Lehrer im Augenblicke nichts Bedeutendes endgültig festsetzen. Und etlvas gar Bedeutendes ist die erste Kraftleistung des Geistes, die man als Aufsatz oder als Büchlein in die Welt entsendet. Die Kritik lauert mit gierigem Blicke auf Neulingsfrüchte und frißt sich bis zum Herzen, so daß sie gar bald verfaulen und von niemandem beachtet werden. Schließt eine harte Schale um die Frucht und laßt sie reifen, reifen bis sie von selbst abfällt! — Solche Erwägungen zogen mich zu meiner Handschrift. Ich las und las, ich wicht’ ja alles schon auswendig; allein bald stockte ich. Das hat der Lehrer in M. besser gemacht, das wird bei den bestehenden Schnlverhältuissen schwer auszuführen sein, das hat sich nicht bewährt. Die Schulreife hatte also einen scharfen Schritt ins Feld gemacht. Ich schloß die Arbeit wieder in die Tasche ein; den Winter über sollte sie aufs neu erstehen. — Ein solcher Entschluß ist bitter, aber für jeden, der seine Fachgenosscn mit Schriften heimsuchen will, geboten. Darin liegt eine Selbstbezwingung, die dem Schriftsteller den ihm eigentümlichen Charakter verleiht: Der Schriftsteller muß fleißig sammeln, ehe er das Papier aus der Lade zieht, muß das Alte mit dem eigenen Neuen verknüpfen, muß ordnen und gefällig formen, muß klar sein und doch kurz und muß das fertige Ganze immer und immer wieder prüfen, ob es seinen Zweck erfüllt, ob es wert ist, daß jene, welche die Ausgabe für Bücher so schwer entbehren, von dem Gebotenen auch einen entsprechenden Nutzen ziehen, ob sie mit Achtung zum Spender empvrblickcn und ihn mit Stolz einen der ihren nennen. Wer dessen nicht eingedenk ist, verdient die Verachtung ehrlicher Literaten und den Spott des Lesers. Als ich dies alles erwog, erwachte in mir der Gedanke: die Lehrerschaft sollte selbst einen Verlag gründen, selbst alle Werke durch gewiegte Männer beurteilen lassen, ehe sie ans den Markt kommen, und alles Gute selbst zum billigsten Preise vertreiben. Der Gedanke flog nach Wien. Was zurückkam, mar kurz, aber vielsagend: -Die Lehrerschaft ist für solch ausgreifende Pläne nicht zu haben.- Herausgeber und verantwortlicher Schriftleiter Rudolf E. Peerz. — Druck von Jg. v. Kleinmayr & ged. Bamberg in Laibach.