Nlätter« Rrain. ^>«. IO. Erster Jahrgang. 37. Juni R857. Die Nachtigall*). Humoreske. <^n einem jener alten, finstern und unbequemen, aus Häusern und Haushaltungen aller Art zusammengesetzten Stadtviertel, wie sie sich in den meisten großen Städten als ein Vcrmä'chtniß aus alter, finsterer und unbequemer Zeit erhalten habeu, bestand seit Jahren unter der unumschränkten Obergewalt einer gewissen Madame Fried ein llütol.^»i-ni, allwo laut Programm sowohl ganzen Familien als auch einzelnen Fremden und „soliden Herren" zu billigen Preisen komfortable Unterkunft, Kost, Licht, vor Allem aber der Vollgenuß jener Stille und Abgeschiedenheit dargeboten wurde, welche in der Regel zu den vornehmsten Bedürfnissen der Bewohner eines Nutei zarni gehören. Gegenüber wohnte der Seilermeistcr Traumann und sein einziges Söhnlein Toni, ein Bursche von etwa l^< Jahren, der zwar von recht gutmüthigem Charakter, aber aller Arbeit unhold und eigentlich mehr Naturforscher als angehender Seiler war. Es lag eben in der Natur des Jungen, daß er, statt am Rade zu drehen, es vorzog, sich in eine Ecke des Hofes zu setzen, eine erkleckliche Anzahl zwei- und vierbeiniger Thiere an seiner Phantasie vorüberziehen zu lassen, und bei dieser Gelegenheit die Stimme jedes einzelnen so täuschend nachzuahmen, daß man glauben konnte, in eine Menagerie von unsichtbaren Thieren gerathen zu sein. In Allem, was in einiger Beziehung zu Toni's Lieblingsthema, dem Studium des gesammten Thierrciches stand, war der pausbäckige Junge auf seinem Platze; er wußte Katzen und Hund ebenso erfolgreich, als das Ouacken der Laubfrösche, das Girren der Turteltauben, das Schnattern der Gänse, ja selbst die Ausbrüche des jugendlichen Ucbermuthes einer ganzen Heerde Ferkel in den verschiedensten Nüancirungen wiederzugeben, und wenn ihm irgend eine neuartige oder besonders aneignungZwürdige Thierstimme unterkam, so ruhte er nicht i früher, bevor er es nicht in der Darstellung derselben zur Meisterschaft gebracht hatte. Eine geschworne Todfeindin Toni's war die dreißigjährige Tochter Handlich's, Fräulein Amalia. Das aus alten Kleidern und Möbeln, in Versatz verbliebenen Pretiosen und sonstigen auf Lizitationen oder bei Pfändungen erstandenen Utensilicn erwachsene Vermögen des Vaters hatte es möglich gemacht, ^ *) Aus der „Ostd. Post." j dem Fräulein eine Bildung angedeihen zu lassen, welche sie über die gewöhnliche Sphäre ihres Standes weit erhob. Das dürre Mädchen spielte auf einem ersteigerten Flügel, der sonst aufden Monat verliehen, seit Hä'ndlich's Rücktritt vom Geschäfte jedoch dessen firem Hausstande einverleibt worden war, Veetho-ven'sche Sonaten und Strauß'sche Walzer mit gleicher Mittelmäßigkeit, sie las binnen vierzehn bis zwanzig Wochen jeden beliebigen französischen Roman im Original und wußte eine Blume so richtig zu zeichnen, daß man sie uumöglich sür ein Kaninchen ansehen konnte. Fräulein Amalie war überhaupt — wie man zu sagen pflegt — ein gebildetes Mädchen. Ihre Lieblingsbeschäftigung bestand im Gesänge; stundenlang konnte sie bei geöffnetem Fenster am Flügel sitzen und mit schmachtendem Ausdrucke das beliebte „Ach wärest du mein Eigen" , an einen imaginären Räuber ihres jungfräulichen Herzens adressirt, in den Hof hinausschmettern, stets akkompagnirt von dem pausbackigen Toni, welcher des Fräuleins Gesang für eine Aufmunterung halten mochte und ihr vierteloktaviges Stimm-register durch Stiergebrülle, Katzengeheul und Wachtelschlag zu ergänzen suchte, wodurch er sich, freilich ohne es zu ahnen, immer mehr mit dem Grolle Amalien's belud. Und in der That! es war dieser nicht übel zu nehmen, daß sie dem hoffnungsvollen Naturvirtuosen Toni so spinnegram war; denn er störte sie nicht nur in der Ausübung ihrer Kunst, sondern vergällte durch seine unberufene Einmengung auch einer dritten Person den ihr von zarter Mädchenseele incognoto bereiteten Genuß. Es ging nämlich auf dem Hofe des Hotel Fried die Sage, daß dieses vor wenigen Tagen einen neuen Gast bekommen habe, und daß dieser neue Gast Niemand Geringerer als — ein Engländer sei. Was der bloße Name Engländer bei unsern lieben und werthen Landsleutcn gilt, ist ohnehin bekannt und läßt ermessen, welche Sensation dieses Creigniß bei der Familie Händlich hervorbrachte. Frl. Amalia studirte ein funkelnagelneues Lied von zwanzig Strophen ein, und beobachtete mit einer wahren Aengstlichkeit die Gardinen der gegenüberliegenden Fenster, um aus einer zufälligen Bewegung derselben den Eindruck zu ermessen, den das erwähnte Lied auf das interessante vi8-ä-vi,8 hervorbringen sollte. Die Falten der Gardinen blieben jedoch vor der Hand regungslos, wie aus Marmor geschnitten, und Frl. Amalia konnte nur dem unanständigen Betragen Toni's die Schuld geben, daß ihr bezaubern« der Gesang ohne Wirkung blieb, ans welchem Grunde sie auch ! nicht ermangelte, den jungen Uebelthäter die ganze Wucht ihrer ! Verachtung fühlen zu lassen. > Während Frl. Amalia Handlich eifrigst bemüht war, ihrem ! knöchernen Busen und dem altersschwachen Flügel die letzten schmclzreichcn Töne zu entlocken, hatte sich Mr. I. W. Shofford ^ Picleding Es^uire — so hieß der Engländer — in der ersten Etage des Nöwi F»rni häuslich niedergelassen. Mr. Picleding war eine jener echt britischen Individua- ^ litäten, deren man aus jedem Rheindampfcr, an jedem Bade- ! orte und in jedem deutschen Witzblatte ein halbes Dutzend ! begegnet; einer jencr langen, ältlich aussehenden, quadrillirten ! Gentlemen, welche ihr »nalive-Innc!« über Alles erheben, aber dessen ungeachtet den größten Theil des Jahres außerhalb des- ! selben zubringen. Schweigsamkeit war unter all den Tugenden, welche Mr. Picleding besaß, die hervorragendste; nicht minder ! erfreute sich John, sein Kammerdiener, dieser löbl. Eigenschaft, , und die beiden hatten schon mehrere Tage im Hotel zugebracht, j ohne daß man ihrer ansichtig geworden wäre, geschweige erst ! etwaö über den Zweck und die Dauer ihrer Anwesenheit daselbst in Erfahrung gebracht hätte. ! Es war an einem sehr regnerischen und sehr langweiligen Sonntage. Von den Dächern und Schornsteinen „troff der ^ Nebel," die aufgehängte Wäsche war verschwunden und auf! den Seilerstä'tten des Meisters Traumann herrschte ccht sonn- ! tägliche Ruhe. Auch Frl. Amalien's Fenster blicb verschlossen, ! obwohl die Künstlerin — in der Voraussetzung, ihr stnnnn-verehrtcr, wenngleich noch unbekannter Engländer müsse an einem solchen Tage unfehlbar das Zimmer hüten — ihre Er- ^ oberungsversnche mit ungcschwächter und lobenswerther Ans- ^ dauer wieder aufgenommen und bereits ein Dutzend Strophen ihres neuen Liedes abgeleiert hatte. Master Toni ließ stch auf z dem Hofe nicht blicken, und das Thierkonzert, welches sonst regelmäßig daselbst aufgeführt wurde, schien für heute verstummt zu sein. Auch die Gardinen drübeu blieben regungslos ! und marmorschwcr. So standen die Sachen auf dem Hofe, als sich plötzlich ein halblautes Schlagen, wie von einer heisern oder unpäßlichen Nachtigall, in den untern Regionen desselben vernehmbar machte. Frl. Amalia erblaßte vor Zorn, denn ihr feines Ohr erkannte sogleich, daß der verschnupfte Nachtigallenschlag von Niemand Anderem als dem leidigen Toni herrührte, ocr eben wieder im Begriffe stand, sich diese,neue Musik, die er — Gott weiß wo — erlauscht haben mochte, anzueignen. Wie immer, kam ihm auch hierin sein angeborncs Talent thatkräftigst zu Hilfe, und es gelang dem jungen Künstler schon bei den ersten Anfangsgründen des neuen Studiums, den Tönen den Ausdruck eines echten und gerechten, wenn auch vor der Hand noch etwas ' matten Nachtigallenschlages zu geben; oben aber wüthete das Fräulein mit schlecht verhehltem Zorne in den Tasten und ging mit gepreßter Stimme an die fünfzehnte Strophe ihres schöne», neuen Liedes. Da wetteiferte die schöne mit der trivialen Kunst, als zum freudigen Schrecken Amalien's das Große, Unerhörte, nur in Träumen Geahnte geschah. Die Gardine des vi^-ä-vis liegenden Mittelfensters regte sich, erst nur ein klein wenig — doch Amalien's Gesang wurde kräftiger, kühner, trotz des fatalen Umstandes, daß auch Toni sein Organ sicherer und voller ertönen ließ — und die Gardine wurde endlich ganz zurück geschoben, während die lange Figur und das gelbliche Antlitz Mr. Picledings an ihrer Stelle sichtbar wurden. Mr. Picleding schien offenbar von dem Gesänge seiner schönen Nachbarin angezogen, wenn nicht hingerissen, denn er starrte mit dem Ausdrucke jener sich unbelauscht wähnenden Neugierde iu den Hofraum hinunter und ein Mal schien es der über das Notenblatt emsig hinausschielenden 3vjä'hrigen Lerche, als bliebe das Gesicht des Engländers einige Augenblicke lang an ihrem Fenster haften. Aber ach! Der leidige Naturvirtuose, der von der Er-scheinnng des Engländers am Mittelfenster natürlich keine Ahnung hatte, hatte sich in demselben Augenblicke auf den Kulminationspunkt seiner Kunst emporgeschwungen und schmetterte eine Variation ü lal^iloiiwie mit einer solchen Vollendung gegen das Fenster seines niedrigen StübchenZ, daß die Scheiben desselben erklirrten und Amalien's Gesang ganz in den Hintergrund gedrückt wurde. Sie wirbelte wohl noch ein Paar Töne aus der hintersten Gcke ihres Kchlkopfes heraus, allein Toni gab nicht nach, und endlich siel die Gardine und der schöne Moment brach in sich selbst zusammen. Frl. Handlich ^crinochtc es nach dieser traurigen Katastrophe nicht länger, die Uebergriffc ihres Rivalen schweigend hinzunehmen. Kaum war Meister Traumann der Aeltere, welcher seiner löblichen Gewohnheit zu Folge den ganzen Nachmittag im Wirthshause zugebracht hatte, nach Hause zurückgekehrt, als ihn auch schon Frl. Amalia zu sich entbieten ließ, und sich mit bittern Worten bei ihm über das rohe und lärmende Betragen seines Sohnes beklagte. Wir wollen einen Schleier über die Familienszene ziehen, welche noch denselben Abend bei Traumanns stattfand; der freundliche Leser erfahre nur, daß Toni seit jenem Abende jeden Ausbruch seiner Lieblingskunst sorgfältig, ja gewaltsam unterdrückte, und daß Frl. Händlich trnimphirte — im Bewußtsein ihres glorreichen und totalen Sieges. Mr. Picleding,, welcher sich ein Paar Tage nach einander an seinem Fenster sehen ließ und mit ziemlich erstauntem Gesichtsansdrucke in den Hof hinunterblickte, ohne indeß sein interessantes vi^-ü-vi« auch nur eines Blickes zu würdigen, wurde endlich wieder so unsichtbar als früher, und Amalia > wußte nicht, wie ihr geschah. ^ Da schickte es sich, daß Vater Tranmann eines Geschäftes halber einen ganzen Nachmittag außer Hause blicb. Toni ! benutzte natürlich diese Gelegenheit und ließ der Ausübung seiner neu erlernten, lange vernachlässigten Kunst wieder volle Zügel und nahm gleichzeitig gründliche Rache an dem Fräulein, dem er die vorhin erwähnte Familicnszene nicht verzeihen konnte. ! Wie durch einen Zaubcrschlag kehrte nun die frühere Lebendigkeit in den Hof zurück; oben schnarrte Amalia, unten schmetterte Toni, einer ausgelernten Nachtigall zum Trotze, und der Engländer, von dem man fast eine Woche lang nichts mehr gesehen und gehört hatte, lag wieder in seinem Mittelfenster, lauschte dem Duett und sah bald lächelnd, bald mürrisch vor sich hin, je nachdem das Fräulein oder Toni die Oberhand in dem musikalischen Wettkampfe gewann. Amalia, die ihrem Nebenbuhler vor der Hand nichts > anhaben konnte, bot alle ihre Kräfte auf, um sattelfest zu ! bleiben. Sie sang — nicht mehr kühn, begeistert, nein! krampfhaft, heroisch rezitirte sie die zwanzig Strophen ihres Lieblingsliedes, taub gegen die Anfechtungen Toni's, blind gegen das Notenheft, welches in der Haft des Umblätterns zu Boden siel, gegen das Mittelfenster, welches heftig geschlossen wurde, gegen Mr. Picleding selbst, welcher mit wüthender Geberde hinter der wohlbekannten Gardine verschwand; blind und taub endlich gegen eine Person, welche nach mehrmaligem leisen Klopfen an die Thüre ihres Zimmers endlich eintrat und erst bemerkt l wurde, nachdem sie ihre Anwesenheit durch ein wiederholtes, l ziemlich vernehmbares Räuspern kund gegeben hatte, worauf sie ! siH <,lZ — der Kammerdiener des Herrn Picleding auswies. ! Ja, es war Mr. John, der im Auftrage seines Gebieters , vor Frl. Amalicn stand und ihr mit ziemlich steifer Geberde einen kostbaren ostindischen Shawl entgegenhielt. „Miß," sagte John in seinem quirlenden Akzente, „mein Herr u—ollen Sie schenken diesen Shawl, u—enn Miß u— ollen haben die Güte, not zu singen!" Frl. Amalia wußte vor Erröthcn und innerm Vergnügen nicht, was sie sagen sollte: so viel wurde ihr jedoch klar, daß ihr das Zartgefühl verbiete, das werthvolle Geschenk anzunehmen. „Wenn Ihr Herr wünscht" — stammelte sie nach einer peinlichen Pause — „daß ich noch singen soll" — (die Unglückselige hatte „noch" statt „not" verstanden!) — so bedarf es dieses Geschenkes nicht, um den Wunsch eines so galanten jungen Mannes in Erfüllung zu bringen. John schien auf diese Anrede hin zu bemerken, daß seine Rede unrichtig aufgefaßt worden sei. Er hielt also den Shawl noch einmal dem Fräulein unter die Augen und wiederholte: „No, no! Mein Herr not u — ollen singen,: mein Herr u—ollen not singen!" (Schluß folgt.) Verschiedenes Der Prozeß der Orden Paul WZirtz. Dieser Riesenprozeß, der seit 1676 sich fortspinnt, hat so viele Betheiligt!,', daß einige Details über den Hergang und Stand desselben, wie sie aus dem Haag unterm 17. Mai mitgetheilt werden, vielen Lesern gewiß von Interesse sind. Der im I. 1676 begonnene Rechtsstreit ist dem Schlüsse nahe und könnte sein Endergebnis) die Stadt Amsterdam hart treffen. Es handelt sich nämlich um den kolossalen Nachlaß des niederländischen Feldmarschalls Panl Nirtz, Grafen v. Orholm "-s. w., im April 1676 in Hamburg gestorben und am 2'). Octobcr 1679 mit dem größten Pompe in Amsterdam 'eerdigt. Paul Wirtz, ein Sohn des Volkes, stieg vom gemei- nen Reiter bis zur höchsten Würde im Heere, diente in Schweden, in Holland und Dänemark, und stand selbst längere Zeit dem Herzogthume Holstein als Gouverneur vor. Vei seinem Hinscheiden bemächtigte sich eine Holländerin, Namens Johanna Vanderplanken, die mit ihm gelebt hatte, kraft eines Testamentes seines ungeheuren Vermögens. Im I. 4676 erklärte aber der Rcichshofrath in Wien dieses Testament für falsch und befahl, daß der Nachlaß des Paul Wirtz seinen rechtmäßigen Erben zurückerstattet werde. Holland forderte die Güter des Nachlasses des Marschalls, welche die Stadt Hamburg sequcstrirt hatte, zurück und drohte sogar mit den nachdrücklichsten Repressalien gegen die Stadt Hamburg, falls seiner Forderung nicht sofort Genüge geleistet werde. Darauf schickte der Magistrat von Hamburg 2^ Mill. Gulden und 19 Kisten und Kasten mit Obligationen »ach Amsterdam. In dem Nachlasse waren außerdem mehr als 1W Häuser in Lübeck, die Varonie Orholm inbegriffen, und Alles, was die Vanderplankcn heimlich bei Seite zu schaffen gewußt, war natürlich für die Erben verloren. Der Hamburger Magistrat ließ sich von der Verwaltung in Amsterdam einen Akt ans-fertigcn, durch welchen diese stch verpflichtete, den ganzen Nachlaß den anerkannten Erben des Paul Wirtz zukommen zu lassen. Die Stadt Amsterdam hinterlegte die Erbschaft bei der Pupillenkammer. Die rechtmäßigen Erben, zu zahlreich, um sich zu verständigen — man zählt jetzt über tausend Deutsche und Holländer, so wie hundert und vierzig Belgier — zankten sich seit dem siebenzehnten Jahrhundert ohne Erfolg herum. Im I. 184l> bildete sich endlich in Köln unter den deutschen Erben eine Vereinigung, und von diesem Zeit-l punkte an wurde der Prozeß mit größerem Nachdruck verfolgt. Da die belgischen Erben einsahen, daß es Zeit war, etwas zu thun, so vereinigten sie sich im I. 1846 ebenfalls und wurden auch anerkannt. Verschiedene Urtbeilc, die in der Sache erlassen wurden, haben die Vedeutenhcit des Nachlasses des Marschalls Wirtz festgestellt. Tonnay, einer der bewährtesten Advokaten Hollands, vertritt die Erben. Seinen Ve-! mühungen und den Nachforschungen der deutschen und belgi-j schen Mandatare gelanges, die Angelegenheit zu dem wichtigen ! Resultate zu bringen i zur Anerkennung aller Erben. Mehr ! als zwanzig Jahre waren nöthig, um den Etainmbaum sän.lnt-^ licher Erben festzustellen, und die Akten sind unter den Händen ! dcr Mandatare zu einem bedeutenden Archiv herangewachsen. ^ Ungeheure Summen hat Stempel, Legislation n. s. w. der einzelnen Akte gekostet. Man staunt über die Mühe, die Zeit und das Geld, die es gekostet, um einige tausend Akte und Urtheilssprüche, die unumgänglich nothwendig, zusammenzubringen. Die Gegenpartei sind die Stadt Amsterdam und die Pupillcnkammcr. Sie leugnen nicht den Empfang der Nach-lassenschaft, dieß würde unnütz sein, da sich der Depositen-! Akt wieder gefunden! sie stützen stch darauf, daß die ganze > Nachlassenschaft Wirtz der Johanna Vanderplanken übergeben ^ gewesen. Sie bringen eine Oniltung dieser Frau vor, aber ! unglücklicher Weise ist das Datum des Aktenstückes später als .' der Zustellungsakt des Urtheils des Neichshofrathes in Wien, welcher das Testament als falsch erklärt und befiehlt, den ^ ganzen Nachlaß den rechtmäßigen Erben zuzustellen. Vedcnkt ! man den Anwachs, welchen dieser Nachlaß in 180 Jahren ^ durch Häufung der Zinsen gewonnen hat, so kann man sich z leicht dic Hartnäckigkeit der Stadt Amsterdam erklären, mit ! der sie den Prozeß betreibt, dic Mittel, dic sie angewandt, ! um die Erben hinzuhalten, zu ermüden, deren Mittel erschöpft ! sind, den Prozeß weiter zu verfolgen. Scit einem Jahre ist > dcr Prozeß nicht fortgeschritten, weil die belgischen Erben die nöthigen Mittel nicht aufbringen konnten, die nenen Kosten zu decken. Sollte man es glauben, daß das bloße Gerücht, die nöthige Summe sei deponirt, die Stadt Amsterdam in die größte Bestürzung versetzt? Viele Holländer bedauern sehr, daß die Verwaltung der Stadt Amsterdam aus der augenblicklichen Geldverlegenheit der Erben Nutzen zieht; sie sind der Meinung, es wäre vorzuziehen, sich mit den Erben mit einer Summe von 16 bis 20 Millionen zu verständigen, da die Stadt doch früh oder spät werde verurtheilt werden, diese Summe zn bezahlen. Die Assoziation der Erben wird alle Hindernisse, die ihnen die Hartnäckigkeit der Stadt Amsterdam schafft, doch zu übelwinden, zu beseitigen wissen. Ueber das Endurtheil, wie lange es auch währen mag, ehe es zum Spruche kommt, herrscht hier kein Zweifel, es muß ein den Erben Wirtz günstiges sein. (K. Z.) Der Frühling in den Wen. Im Thalc hat dic Herrschaft dcs Frühlings ihr Ende erreicht; die üppige Rost war sein letztes Vcrmächtuiß, nebst der duftenden Nclfe, dieser Licblingsblumc der Oberkraincrinncn, die von den Schonen des Dorfes, wie in dm übrigen Alpcnländcrn, so auch bei uns mit besonderer Vorliebe gepflegt wird. Will man nun dic Pracht einer Sommer-landschaft bewundern, und das behagliche Gefühl dcs >!>6 bezeichnet werden, den Bergbau bctricbcn habe. Von den Erzgruben aus ist dic Grstciguug des 8tc>1 am nächsten, , es führt abcr auch ein bequemer Fußsteig von dort auf dic Zoizie». An die Stelle einer dürftigen Waldvcgctation treten nunmehr dic schwer zu durchbrechenden Krummholz-Parthien auf, Alpenrosen bilden dichte Gebüsche und an den Felswänden rankt die Alpenrebe empor, hier in vollcstcr Blüthe, während sie tiefer nuten schon in Samen ging. Den überraschendsten Anblick jedoch gewähren dic Alpcnwcidcn. Grüne Mul-dcn und sonnige Matten wechscln mit Schncefcldcrn nnd felsigen Gräten ab, vor Allem ist cs jcdoch dic Ueppigkeit dcr Alpenflora, an deren Einzelheiten sich das Auge nicht satt sehen kann. Letztere ist, wie Sch ouw treffend bemerkt, ein herrlicher Schmetterling, dcr nur einige Wochen lebt, nachdem er als Puppe während vieler Mouate versteckt in dcr Erde gclcgen hat. Sie besteht bloß ans einzelnen kleinern Büschen und mehrjährigen Kräutern, deren Blumen im Verhältniß zur ganzen Pflanze gewöhnlich sehr groß sind, und in den reinsten ungemischten Farben prangen als schneeweiß, himmelblau, roscurotl, und goldgelb. Mit „vereinten Kräften" trotzen diese Kräuter-Kolonien dcr Ungunst dcs Bodens und Klima's, und dic Idee dcr Assoziation spricht sich sowohl in dcn dichtgedrängten Sarifragen aus, dic sich iu dcn nackten Stcinritzcn cinc Wohnstätte eroberten, als auch in dcn Vlumcntcppichcn, welche, so zu sagen, uutcr dcr schmelzenden Schneedecke aufblühten. Dic feierliche Stille dcr Hochtriften belebt vic Alpcnfiühlcrchc, cinc würdige Schwester dcr Feldlerchc, mit ihrem lurzstrophigen, klaren, flötenden Gesänge. Diese uncrmüdcten Herolde des Frühlings in der Alvcnrcgion hüpfen von Stein zu Stein und umschwirrcn ihre Ncstcr, dic man häusig unter dem Rasen antrifft. Unter Lcrchcnjubel steigt man nun dic Berglehne hinan, stets ärmlicher wird die Vegetation, und die gewaltigen Trümmer von Kalksteinen häufen sich immer mehr au. Bald ist die Höhe dcs Gebirgs-kammcs erreicht, von wo sich eine herrliche Fernsicht nach Kärntcn eröffnet. Dic bisher betrachteten Bilder der Lieblichkeit und Anmnth müssen nun vor der ergreifenden Majestät dcr Alpcnwclt weichen. Geist und Körper fühlen sich gckräftigct, wonnetrunken schwelgt das Auge in der erhabenen Rundschau, und dic Gefühle; welche sich dabci dcr Seele bemächtige», finden in folgenden Versen dcs genialen polnischen Dichters Adam Mickicwicz ihrcu bcstcn Ausdruck: O! ist's doch so süß, hicr zu athmen, so weit Die Brust sich öffnet! — wie athm' ich erfreut So frci nnd so voll! Kaum genügen kann Meiner Lunge dic Luft____ Wie süß ist's, zu schauen so weit umher! Mein Aug' sich erweitert, erstarkt so sehr, Dringt über dcu Horizout hinaus! Wie streckt sich's s° süß hier dic Arme aus, So frank und so frci und so weit in das All', Als umfaßt ich den ganzen Weltcnball! Mein Gedanke fliegt höher in Pfcilcslauf, Und höher und höher zum Hinuncl hinauf: Und wie dic Bicnc sich senkt in's Grab Zugleich mit ihrem Stachel hinab, So taucht mein Gedanke dic Seele so rcin Ticf iu dcn blaucn Himmcl hinein! Druck uud Vcrlag von Ign. V. Kleinmayr L5 F. Bamberg in Laibach. — Verantwortlicher Redacteur: F. Vamberg.