1 4 H 4 TtTTtTTTTtTTtTtTTTTTTTTTTTtTTTTTTTTTTTTTtTTTTTTTtTTTTTTTTTTt tern her Aeger. Katholische lUlssion$-E«itscbriff. • * « fierausgegeven von der Gesellschaft der „Söhne des hist, herzens Zesu". « « Erscheint monatlich. — Kreis jährlich mit Postbersenöimg 3 L — Z Mk. —4 Frcs. Rlr. 11. November 1904. VII. Zahrg. Inhalt: Seite Allerseelen:.................................821 Am Lande der D schür.........................322 ■giern Wahr-el-Khazal........................326 Die Myramidcn................................327 Leliensschilksakc des glegerknaken gilalthias chsman....................................334 Ans dem giltfftoitsMm: Arthur Franz Mohammed. — Vierzigjährige Beharrlichkeit 347 verschiedenes: Die Zugheuschrecke. — Die tapferen Esel. — Am Kongo. — Wie ein Seite Kaffer betet. — Chinesische Märtyrer. — Das Beichtgeheimnis. — Unsere Bitten . 348 Keöetserchörungen und Empfehlungen . . '352 Allöildnngen; Schillukkrieger zuni Kampfe gerüstet. — Drei junge Schillukkriegcr. — Nil bei Assuan. — Die Pyramiden dom Nil gesehen. —■ Aufstieg auf die Pyramiden. — Gartenhaus mit Nil in Lul. — Syria-nische Familie von Berber. — Eingeborne vom Sobat. — Ein Esel von Oberägyptcn. Missionshaus Mühianü bei Brixen (Tiro!). Mviefkafterr der Weöcrktiorr. Fr. A. L. Die Tiroler Wettermäntel müssen nicht neu sein, wenn sie nur ihren Zweck erreichen. A. Z. B. Die Decken sind ganz passend und danken recht herzlich dafür, doch möchten wir bemerken, daß solche neue Sachen an der Grenze stets gut verzollt werden müssen; aus diesem Grunde kam auch der Brief erst nach Redaktionsschluß an und darum ist Ihr Anliegen erst in dieser Nummer verzeichnet, obwohl schon lange gebetet wurde. — Nach B. Zu Ihrem neuen Posten gratuliere ich nur, sie haben nun mehr Gelegenheit ein Schärslein für unser Missionshaus beizusteuern. — P. B. u. P. K. i n L. Hoffentlich haben sie sich die Einladung für 1905 zu Herzen genommen; bin schon sehr gespannt. — M. B. LI. Ihr Abonnement endet nächstes Jahr. Herzliches „Vergelts Gott." — A. N. Der Abonnementsbetrag kann zu jeder Zeit eingezahlt werden, am liebsten ist es uns doch am Anfange des Jahres, denn wer schnell zahlt, zahlt doppelt. — An Mehrere. Da der „Stern der Neger" nächstes Jahr nur mehr einen Gulden oder zwei Mark kostet, so rechnen wir den bereits eingezahlten Überschuß als Almosen; übrigens sei an dieser Stelle bemerkt, daß es nie verboten, sondern uns sehr erwünscht ist, wenn dem Abonnementsbetrag eine milde Gabe in der einen oder andern Form hinzugefügt wird. m m fln alle unsere Lesen Zur Kenntnisnahme. Zit r. Januar ms beginnt der „Stern der Heger“ den $. Jahrgang. Die Zeitschrift kostet nur mehr ÄOÄ Einen Gulden 2 Kronen (2 mark). ilm des guten CüerKes willen, das durch Jfbnehmen der Zeitschrift gefördert wird, bitten wir unsere verehrten Leser und Leserinnen, treu bleiben zu wollen und ein jeder Moment führe uns mindestens einen neuen Leser zu. Zur Beachtung. 1. Wer 21 Kronen einsendet, kann als Taufpate eines Wegerkindes fungieren und ihm den Warnen, den er will', beilegen. 2. Auf die Zeitschrift „Stern der Meger" l'rann noch immer abonniert werden; die bereits erschienen Kefte werden nachgeliefert- 3. Zur noch ausständigen Bezahlung des Abonnementsbetrages sind mir gerne bereit, auf Werl'angen einen oder mehrere Woft-Scheck einzusenden. Katholische missions-Zcifschrlft. Mr. 11. Wsvember 1904. VH. Iahrg. Allerseelen! er du auch seist, der du diese Zeilen liest, begleite mich heute auf ein Stündchen hinaus aus dem Dörfchen. Wo an diesem Tage alles hinströmt, dort wollen auch wir hin, hin an jenes Plätzchen, das die ehrwürdigen Überreste unserer Teueren, vielleicht unser Liebstes birgt, in den Friedhof. Es ist dies zwar ein ernster Gang, aber doch nicht so ganz ohne Trost und Freude. Denn siehe, wenn auch jedes Grab uns die Wahrheit des Todes predigt und gleichsam sagt: „Auch für dich ist hier ein Plätzchen bereitgehalten", so steht doch auch neben jedem Grabeshügel das Kreuz, das Zeichen des Sieges und der Erlösung und der ganze Friedhof trägt gleichsam die Inschrift „Resurrecturis“, das will sagen: „Ein Ruheplätzchen für jene, „die einst auferstehen werden." Wohlan, treten wir ein! Siehe die vielen Leute, wie sie zwischen den Gräbern herumwandeln, einzeln und in Gruppen, von dem und jenem sprechen, betend, klagend, einander tröstend und weinend. Dort steht eine betrübte Tochter beim Grabe ihrer guten Mutter. Vielleicht hat sie zu spät erst erkannt, was sie an ihrer gutmeinenden Mutter hatte, sonst hätte sie ihr wohl manchen Kummer erspart, den sie ihr so in jugendlicher Gleichgiltigkeit bereitete durch Eigensinn und Putzsucht. Jetzt aber weiß und fühlt sie's, was sie verloren und das Grab der Mutter ist ihr zum Anker des Heiles geworden. Eine Mutter weint und klagt am Grabe ihres einzigen Kindes; es war ihr alles! Doch Gott kannte die Gefahren und Leiden, die dem armen Kinde noch bevorstanden, er wußte, daß die Mutter in ihrer allzugroßen, verderblichen Liebe zum Kinde nicht imstande gewesen wäre, dasselbe richtig zu erziehen, daß so das Kind durch die Schuld der eigenen Mutter unglücklich geworden wäre an Leib und Seele, und in seiner väterlichen Liebe nahm er es früh genug zu sich, wenn auch zum größten Schmerze der Mutter. Diese aber möge sich nicht versündigen gegen Gott, sondern sich mit sovielen andern Müttern, denen Gott auch das Liebste genommen, trösten und in Demut und Gottergebenheit in jene Grabliedworte einstimmen: „Er hat es wohlgemacht!" Solche Mütter sollen sich auch ein Beispiel nehmen an so manchen anderen, die mit wirklich aufrichtigem Herzen den Herrn bitten, er möge ihre lieben Kinder tausend- mal lieber zu sich nehmen, als daß sie in eine schwere Sünde fallen. Solche Mütter lieben ihre Kinder in Wahrheit und das Grab ihres Kindes ist ihnen dann ein liebes Kleinod, ein Born des Trostes, nicht aber ein Schmerzensquell oder ein Denkmal, gesetzt zum Vorwurf der armen Mutter. Dort steht ein stämmiger Soldat an einem frisch aufgeworfenen, unscheinbaren Grabhügel; Tränen rollen über die gebräunten Wangen, sein Ange starrt stumm hin auf das Grab, als wollte es eindringen in dasselbe, um nochmal zu sehen die freundlichen Züge, die jetzt erloschen sind. — Er hatte gehört vom schlimmen Zustande seines guten Mütterchens und sobald er Urlaub bekommen, eilte er herbei; doch was er fand war ein Hügel frischer Erde. — Mein lieber Begleiter, könntest du jetzt sehen, was da in der Seele dieses geschlagenen Mannes vorgeht! Sein weiteres Leben zeigt es dir. — Er war stets als ein ordentlicher Bursche bekannt, doch was Religion und Frömmigkeit anbelangt, war er so ziemlich so, wie die meisten von heutzutage sind; ohne weiter nachzudenken über die großen Wahrheiten unserer heil. Religion leben sie dahin, tun vielleicht so zur Not noch das allerwichtigste, mehr kennen sie nicht. — So kam er zum Militär und das Kasernenleben ist bekanntlich auch nicht besonders geeignet, da eine Besserung herbeizuführen.--------------Und jetzt auf einmal tritt diesem armen Manne so handgreiflich, in so bitterer Weise die Hinfälligkeit alles Irdischen, alles Lebens vor die Augen; so manche Wahrheit zieht da in Bildern wie im Fiebertraume an der Seele vorüber. Viel hat es gelitten, das gute Mütterlein, jetzt ruht es aus; stets war es arm und vielgeplagt, jetzt braucht es gar nichts mehr; und wäre es eine Königin gewesen, es brauchte und hätte jetzt auch nicht mehr als so als armes Mütterchen; im Totenreich sind ja doch alle gleich, und der einzige Trost, der ihm jetzt geblieben ist, das ist der Gedanke an die Ewigkeit, das Wiedersehen im Himmel. Sie ist wohl schon droben, das weiß er ganz gewiß, aber er? — Ist er dazu bereit? Vielleicht, vielleicht auch nicht. Solche und ähnliche Gedanken bewegen ihm lange und heftig die erschütterte Seele und umgestimmt, als ein anderer Mensch, fest entschlossen, jetzt ein Soldat des Kreuzes, ein Kämpfer Christi zu werden, nachdem er dem Kaiser den schuldigen Dienst geleistet, verläßt er das Grab. — O das Kreuzlein am Grabe, es ist für manche chon zum Wegweiser geworden auf dem Scheidewege einer ziellosen, höchst bedenklichen Lebensbahn. Hier zum Leben — dort zum Verderben! Solange das Grab nicht gegraben, ist es Zeit, im Grabe gibt es keine Umkehr mehr. O könnte ich alle diese sorglosen Burschen und leichtfertigen Mädchen, ja auch manchen tiefgebeugten Greis, der von Tod und Grab nichts wissen will, könnte ich sie einmal hinführen zu einem solchen Grabe einer lieben Mutter, das wäre noch ein Hoffnungsstrahl für solche arme Seelen! A. W. Im Lande der Dschur. Bericht des hochw. P. Karl Tappt F. S. C. I. Aufbruch von Züau. Die Personen der kleinen Karawane. Lin Reisegefährte. Mitten durch die Wälder. Ankunft in Doled. Lin Bolis im Bahr-el-Ghasäl. Talgrund von Mbili. Lin Abstecher nach Gnaduk. Lin gefährlicher Sprung. Das anmutige Panorama von Gnaduk. Geeigneter Platz zur Gründung einer Missionsstation. Mjie Abreise von Wau war für den 17. März ^ d. I. nachmittag 4 Uhr festgesetzt. Einige Soldaten waren bestellt, unser Reisegepäck auf die Barke zu bringen, welche auf dem Flusse Dschur (früher,Wau genannt) die Dienste eines Transportdampfers versieht. Bis jedoch diese ankamen, hatten wir bereits eine volle Stunde Aufschub erlitten. Da es sich hier nicht um einen Postwagen, Personen-, oder Schnellzug handelte, so brauchte man sich nicht zu verwundern und ebenso wenig unwillig zu werden. Die Anzahl der Personen, die an unserer Karawane teilnahmen, war nicht besonders groß. Sie erstreckte sich auf den hochwst. Monsignore Bischof Geyer und seine gewöhnliche Reisebegleitung. Außerdem befanden sich noch bei uns ein Heizer von: Redemptor, der gelegentlich das Amt des Koches für den hochwst. Monsignore bekleidete, (er verstand sich ja sehr gut auf die Erwärmung der Kessel) ein Eseltreiber und manche andere Dinge; endlich noch ein Maultiertreiber mit 4 Lasteseln und ein Schutzsoldat. Für den apostol. Vikar war sein gewöhnlicher, für mich ein junger Esel bestimmt, der von Lebenskraft strotzte. Als wir die nötigen Anstalten zum Abmarsche machten, da war mein Esel nicht zu finden. Das lange Warten machte ihn überdrüssig und er war ziemlich weit fort auf die Weide geflohen. Sofort machte sich der Dschaber, der Heizer und Koch auf, um den Flüchtling einzuholen. Inzwischen wurden die Lastesel beladen. Monsignore hatte schon seinen Esel bestiegen, als wir Dschaber mit meinem Vierfüßler ankommen sahen. Der Zug setzte sich sofort in Bewegung. Unser Plan war nach Tondsch zu reiten. Dasselbe Reiseziel hatte sich eine andere Karawane gesteckt, bestehend aus zehn Negern und Negerinnen. Sie waren Packträger eines jungen ägyptischen Offiziers. Auf dem rechten Ufer des Flusses Dschur dehnt sich gegen Westen eine große Ebene aus, durch welche unsere Straße führte. Wenn ich sage Straße, so darf man sich keinen allzuhohen Begriff davon bilden. Für eine Herrschaftskutsche wäre sie wohl nicht fahrbar. Sie soll die Stationen im Südwesten mit Wau, der Hauptstadt Bahr-el-Ghasüls, verbinden. Eine planmäßige, stramm durchgeführte Richtung ist an ihr nicht zu suchen. Mitten durch hohes Gras und dichtes Gehölz ihren Lauf nehmend, folgt sie fast beständig den zahlreichen, willkürlichen Windungen der Wege der Eingebornen. Nach ein paar Stunden trafen wir einen arabischen Offizier mit Soldaten, welche an dem Baue dieser Straße arbeiteten. Es ist leicht zu begreifen, daß diese Arbeit nicht rasch vor sich gehen kann, wenn man die ungeheuren Schwierigkeiten bedenkt, die zu überwinden sind. Das Aushauen der Bäume und Gesträuche fordert eine nicht geringe Mühe. Auch von Süden nach Norden wird von arabischen Soldaten die Herstellung dieser Straße in Angriff genommen. Bisher war unsere Reise noch ziemlich gemütlich, denn wenn auch die Straße keines besonderen Vorzuges sich rühmen darf, so leistet sie doch für eine Karawane einen nahmhaftigen Dienst. Wir mußten jetzt auf einem sehr engen Pfade reiten, der durch einen dichten Wald führte. Nur hie da erschien eine lichte Stelle, welche mit hohem Grase bewachsen war. Vereinzelt fanden sich Felsengruppen von eisenhältigem Gestein. So lange die Sonne mit ihren Strahlen unseren Weg erhellte, war das Reisen wahrhaftig ein Vergnügen. Nach ihrem Untergange aber mußten wir fühlen, welch große Wohltaten sie uns erwiesen hatte. Eben betraten wir ein Dickicht; vor und hinter uns lag ein unheimliches Dunkel ausgegossen. Den engen Fußsteig überwucherte verwickeltes Dorngesträuch. Vom Esel herabsteigen, das hätte vielleicht die Schwierigkeiten in etwas gehoben und das Vorwärtskommen beschleunigt; aber wer würde mir denn die Versicherung gegeben haben, daß ich nicht über Steinklötze stolpere, mitten in ein Dorngebüsch gebettet werde, auf einmal in einem Erdloche verschwinde? Wenn es wenigstens Tag wäre aber so herrscht stockfinstere Nacht; und da wäre jede Anstrengung vergebliches Bemühen. Ich mußte mich nur wundern über die Klugheit meines Esels, der ohne mich aus dem Sattel zu heben sicheren Schrittes über alles hinweg ging. Wir befanden uns noch im Walde, als wir nicht gar weit vor uns sehr starkes Geschrei und ein Knistern der Zweige vernahmen. Der Offizier, welcher mit uns ritt, und wir alle waren der Ansicht, daß Elefanten in der Nähe seien. Auf die Versicherung unserer Leute hingegen, es seien bloß große Affen, waren wir wieder beruhigt. Diese waren nämlich an den Fluß zur Tränke gekommen. Durch unsere Ankunft wurden sie vertrieben und deshalb der Ausdruck ihrer Unzufriedenheit. Unsere Reit- und Lasttiere zeigten nicht die geringste Überraschung, denn an derartige Auftritte waren sie gewöhnt. Später fing bei den Tritten der Tiere der Boden zu dröhnen an. Wir fragten nach der Ursache dieser Erscheinung und erhielten zur Antwort, daß wir eine breite Brücke passierten, welche über einen hier versumpfenden Chor (Bach) führt. Gegen 9 Uhr abends langten wir bei der Regierungsstation an, wo wir gezwungen waren die Nacht zuzubringen. Vier große Hütten wurden uns zur Verfügung gestellt. Dieser Ort wird „Deleb" genannt, wegen einiger Delcb-Palmen, die hier wachsen. Das Dorf des Häuptlings Oqual, dem Deleb untersteht, liegt in süd-östlicher Richtung einige Meilen von hier entfernt. In Deleb mußte ein Bolis stationiert sein, wie wir aus den Reisebüchern ersehen, leider hatten wir nicht das Vergnüngen, ihn in höchst eigener Person anzutreffen. Was ist ein Bolis im Lande Bahr-el-Ghazül? Eine höchst interessante Erscheinung. Sie wird zusammengesetzt aus kurzen Hosen aus denen unten Stücke von Tuch heraushängen, welches den Leib bedeckt. Über den Oberkörper ist eine braune Jacke geworfen, an der herunterhängende Fetzen die Stelle von Borten und Quasten ersetzen. Dieses Gebilde steckt in einem Paar großen Soldaten-stifeln und oben darauf sitzt eine rote Mütze. Ein Neger, gleich viel ob groß oder klein, jung oder alt, dick oder dünn, wenn er nur ein wenig Kritze im Kopse hat, verleiht dieser Form Leben und Bewegung. Ein Karabiner hängt über seine Schultern; die Patronentasche ist entweder an einem Wehrgehänge oder am Gürtel befestigt. Ihr Inhalt ist nicht besonders schwer wiegend und die Patronen sind in Lampen eingewickelt. Das ist die verkörperte Idee eines Bolis (deutsch Polizist). Da gibt es jedoch nichts zu lachen, wie sehr auch sein Auftreten dazu anreizen mag, denn, wo immer er sich zeigt, sei es als Wächter in einer Regierungsstation, sei es als Assistent eines Häuptlings, nimmt er den Rang einer gewichtigen Persönlichkeit ein. Er ist ja Stellvertreter der Regierung. Wenn Beamte kommen, so ist es seine Pflicht für deren Unterhalt zu sorgen und ihre Reittiere zu füttern. Auch liegt es ihm ob darauf zu dringen, daß der Häuptling seines Dorfes ganz genau die Anordnungen der Regierung in Ausführung bringe und daß die Leute ihrem Häuptlinge gehorchen. Manchmal kommt es auch vor, daß er in seiner oben besagten Uniform das Amt eines Dieners der Gerechtigkeit ausübt und die gesetzwidrig Handelnden an die obrigkeitliche Stelle beordnet. Außerhalb seiner Berufsgeschäfte lebt er wie seine Mitbürger und man würde es ihm nicht ankennen, daß er ein so hoher Würdenträger sei. Am folgenden Morgen um 5 Uhr kam der ägyptische Offizier, brachte mir den Morgengrnß und meldete, daß er und seine Karawane höchste Eile hätten, weiter zu kommen. Uns hingegen war es nicht möglich früher als um 6 Uhr aufzubrechen. Daran war auch das Verschwinden des Schutzsoldaten, der uns zur Begleitung und dem Maultiertreiber zur Hilfe gegeben war, schuld. Der Marsch ging süd-westwärts durch schöne Wälder, die stufenweise sich erheben. Über zwei Hügel gelangten wir auf eine aussichtsreiche Hochebene, aus der wir ganze Herden von Gazellen und Antilopen herumschweifen sahen. Um 10 Uhr 20 Min. waren wir im schönen Tal von Mbili. In dieser Gegend war früher ein Dorf; weil aber der Boden durch beständiges Anbauen allmählich ausgesaugt und unfruchtbar wurde, so verließen ihn die Eingebornen und machten sich mehr in der Höhe gegen Nordost, auf dem Hochplateau von Gnaduk ansäßig. Zur Zeit steht hier ganz vereinsamt bloß die Hütte des Orts-Bolis. Einige Schritte davon entfernt auf einer kleinen Anhöhe zur rechten Seite befindet sich eine andere Hütte, die von dem Vertreter des Häuptlings Dud, unter dessen Botmäßigkeit diese Gegend steht, bewohnt wird. Der Talgrund von Mbili nimmt sich sehr schön aus. Ringsherum säumen ihn zahlreiche bewaldete Hügel ein. Die Ebene gleicht einer ausgedehnten Wiesenfläche, bereit Länge ein paar Kilometer und deren Breite ungefähr einen Kilometer betragen wird. In der Mitte liegt ein kleiner See, der durch die von den Hügeln herabfließenden Bächlein während der Regenzeit gespeist wird. In der Regierungsstation, die von drei kleineren und einer größeren Hütte gebildet wird, trafen wir den ägyptischen Offizier mit seinen Leuten wieder, unter diesen auch unseren Schutzsoldat, der uns des Morgens verlassen hatte. Fürwahr ein trefflicher Beschützer! Nachdem wir das Mittagsmahl eingenommen hatten, brachen wir um 3 Uhr wieder gegen Nordosten auf, nachdem wir in der Station drei Maultiere, den größten Teil des Gepäcks und den Maultiertreiber zurückgelassen hatten. In unserer Absicht lag es einen einfachen Ausflug auf die Hochebene zu machen, in der sich die zwei Dörfer befinden, von denen Mbili gleichsam nur ein Anhängsel ist; dann wollten wir wieder zurückkehren, um unseren Reiseplan weiter zu verfolgen. Die Straße führt einen Hügel hinan, der nach und nach immer dichter mit Bäumen besetzt ist. Nach einer Stunde überschritten wir den Amon, einen Gießbach, der nur an einigen Stellen noch Wasser hat, wie es bei allen derartigen Bächen der Gegend der Fall ist. Je weniger Wasser vorhanden war, desto mehr fand sich schmutziger und schlüpfriger Schlamm vor. Mein Esel wollte nicht das Wasser meiden, rutschte aus und fiel zu Boden. Nur mit Mühe gelang es mir durch einen kühnen Sprung mich vor einem Bade im Schlamme zu bewahren. Nachdem wir die erste Anhöhe erreicht hatten, führte der steinigeFußweg plötzlich sehr steil auf eine zweite, wo Wiesen und dichte Wälder angenehm abwechseln. Diese letzteren sind mit nicht geringer Schwierigkeit zu passieren und oft erhält man Verwundungen durch die zahlreichen Dornsträucher. Um 4§| Uhr begann das Terrain etwas _ zu steigen. ScfoilMRrteger zm Noch einmal hatten wir einen Bach mit Namen Tschol zu überschreiten, als wir endlich auf der Hochebene von Gnadnk anlangten. Nach 3/4 Stunden gingen wir an den ersten Hütten des Dorfes des Häuptlings Liü vorbei. Dann reihten sich in beständiger Aufeinanderfolge bebautes Land und einzelne Gruppen von Hütten an bis zum Mittelpunkte, der ziemlich breit und geräumig ist. Hier erheben sich die Hütten der Dörfer der beiden Häiiptlinge Liü und Dud. Bei diesem letzteren wollten wir Halt machen. Leider war die Rekuba (Hütte) schon von einem Neger besetzt, der wegen Getreidehandels hieher gekommen war. Wir kehrten also gegen Liü zurück und machten es uns dort bequem. Die Hochebene von Gnadnk dehnt sich von Westen nach Osten in einer Länge von ungefähr vier Meilen aus. Den Abschluß bilden auf beiden Seiten dichte Waldungen, die nach Norden hin einen Halbkreis bilden, wo sie bis an einen kleinen Hügel reichen, von dem aus man die ganze Gegend überschauen kann. Im Süden bildet der Gnadnk, ein großer Gießbach, der voni Lande Tembura (Niam-Niam) kommt und in den Dschur seineWasser entsendet, die Grenze. Ans der anderen Seite des Gnadnk liegt ebenfalls eine Hochebene, auf der sich jedoch nur wenige Hütten befinden, die noch zum Bereiche der Häuptlinge Dud und Liü gehören. Diese zweite Ebene beträgt in ihrer Breite gut Dschur ab. Die obengenannten Häuptlinge hielten sich in Wan bei der Regierung auf, ihre Unterhäuptlinge hingegen bereiteten uns einen sehr freundlichen Empfang und brachten unseren Leuten zu essen und zu trinken, welche sich auch gütlich taten. Am 19. in der Frühe drängten sich die Einge-bornen an uns heran und nahmen an unseren Interessen den regsten Anteil. Ihre Sitten waren sehr einnehmend. Mir scheint, daß der hl. Josef [ gefaßt, hier eine Station zu gründen und auch an seinem Namenstage uns in diesen guten Leuten i ausgeführt. Der hl. Josef möge mit seinem mächtigen ein Geschenk machen wollte. Es wurde der Plan j Schutze dieselbe segnen. (Fortsetzung folgt.) ahr-el-Hhazal. Brief des hochw. P. Ant. Vignato an den hochw P. General. S. Franz Sober in Kajango, am 27. Juli 1904. Hochwürdigster Pater! HUereits zweimal habe ich die Post passieren lassen ohne zu schreiben; ich bitte Sie aber um Entschuldigung, die Schuld lag jedoch nicht ganz bei mir; beidemale war ich unpäßlich; jetzt bin ich wieder Gott sei Dank ganz gesund, und fühle mich so stark, daß ich, wenn ich morgen eine Begleitung finde, sehr gerne mit meinem Gewehr auf der Schulter auf die Elefantenjagd gehen möchte. Ich beeile mich nun Ihnen einige Nachrichten von dieser Station mitzuteilen. Die Temperatur ist in dieser Zeit sehr gut, da sie nie 30° erreicht. Wir haben Getreide gesät und es ist gut aufgegangen, aber leider, 'kaum schöpften wir einige Hoffnung, nahm eine ungeheure Zahl kleiner Tierchen vom Gemüsegarten Besitz und verzehrte alles. Die übrigen Samenarten haben wir viermal gesät, dreimal ist wegen Wassermangel nichts aufgegangen. Das viertemal haben sie, begünstigt durch Regen, Wurzel gefaßt, und jetzt steht ein Heer von Kohlköpfen um unsere Hütten. Die Pflanzen sind noch klein, aber wir hoffen sie zu retten; nach kurzer Zeit werden wir sie an verschiedene Punkte von Kajango versetzen. Was die Sprache anbelangt, so muß ich bekennen, daß wir noch keine großen Fortschritte gemacht haben, die äußeren Beschäftigungen haben bis jetzt fast meine ganze Zeit in Anspruch genommen. Ich sehe voraus, daß, wenn wir auch die Sprache Ndoko (diese Sprache wird hier gesprochen) gut kennen werden, uns noch ein großes Stück Arbeit übrig bleiben wird, um uns den umliegenden Dörfern verständlich zu machen, weil diese Gegend in eine Menge kleiner Stämme geteilt ist, von denen ein jeder seine eigene Sprache hat. Ich habe bereits begonnen, den Katechismus in die Sprache Ndoko zu übersetzen; ich kann Ihnen gar nicht sagen, welchen Schwierigkeiten ich dabei begegne. Niemand versteht hier zur Genüge die arabische Sprache, von den andern europäischen Sprachen ist gar keine Rede. Ich muß mich deshalb dreinschicken so gut es geht. Diese Übung wird mir indessen verhelfen die Sprache mir gut eigen zu machen. Im Hause haben wir vier Neger zu Dienst. Der Koch hat schon das Pater, Ave, Gloria arabisch gelernt, und sagt, er wolle mit uns beten. Die andern drei sind Knaben, von denen der eine unsere Schafe auf die Weide führt, der andere dem Bruder August in der Werkstätte hilft; der dritte beschäftigt sich mehr mit Studium. Außer diesen kommen uns einige andere Kinder besuchen, welche den Katechismus lernen, den wir ihnen beibringen können. Alle machen schon ziemlich geläufig das hl. Kreuzzeichen, und einige von ihnen kommen jeden Morgen zur hl. Messe. Wir haben ihnen ein Kleid aus Baumwollstoff geschenkt, das sie feierlich anziehen bevor sie in die Kapelle eintreten; am Abend vereinigen sie sich, um ein oder zwei Gesetzlein des hl. Rosenkranzes zu beten. Jener der drei Knaben, welcher sich mehr mit Studium beschäftigt, ist ein sehr gutes Kind und hat mehr als gewöhnliche Fassungskraft. In weniger als einem Monat hat er das A B C gut gelernt und liest nun mehrsilbige Wörter ohne Schwierigkeit. Ich habe ihm das Gloria Patri lateinisch mehrmals wiederholt, er hat es gleich erlernt und lehrt es nun seine Kameraden. In biejeit Tagen haben wir den Trost gehabt ein anderes Kind zn taufen, das nach Kurzem hinaufgehen wird, um die Zahl der Engel des des Paradieses zu vermehren. Wir haben es nach Ihrem Namen, Angelus, genannt, damit es Euer Hochwürden im Himmel gedenke. Obgleich die materiellen Dinge uns noch bedeutend Schwierigkeiten bereiten, so scheint doch Gott der Herr uns in anderer Weise den Trost zn ersetzen, indem er unsere apostolischen Arbeiten besonders segnet. Es wäre uns sehr geholfen, um die Dinge diesen armen Leuten begreiflich zu machen, einen illustrierten Katechismus zu haben, denn hier begreift man im Allgemeinen soviel als man sieht. Zum Schlüsse bitte ich Euer Hochwürden uns alle und unsere armen Neger zu segnen und unser in Ihren Gebeten und in denen der Mitbrüder zu gedenken, damit Gott der Herr bald den Tag erscheinen lasse, an dem alle diese Seelen zu ihm geführt werden. Drei Junge Scbillukkrieger. mm ; ; s8 : ' 'i 1 .m Die Dyramiöen. Nach dem Bericht des hochlv. P. Sandonä. F. S. C. ^ / ber Pyramiden noch etwas zn schreiben, ist heutzutage fast vergebene Mühe. Überall, ganz besonders in den Großstädten des zivilisierten Europa kann man sie ja zu tausenden in den Läden der Kaufleute sehen. Hier steht eine Pyramide aus Konfekt, daneben eine aus Schokolade, im gegenüberliegenden Laden ist eine Weinflaschenpyramide zu sehen; als völlig ungebildet aber wird der Lederwarenhändler betrachtet, der seine mit Wichse und Schmiere gefüllten Schachteln nicht in Pyramidenform aufstellte. Es hieße also nichts anderes, als Wasser zum Bache tragen, oder, um mich griechisch auszudrücken, Eulen nach Athen bringen, wenn ich mich über Pyramiden etwas zu schreiben unterstünde. Da jedoch einerseits die Pyramiden Ägyptens wohl (öfters) größer 'sein dürsten als die andern und da andererseits nach Ägypten kommen und die Pyramiden nicht besuchen, gerade so viel wäre, wie nach Rom kommen und den Papst nicht sehen, und da ferner, wovon das Herz voll ist, wie ich es selbst fühle, nicht allein der Mund, sondern auch das Tintenfaß übersprudelt, so glaubte ich, meinem inneren Drange nachgeben zu müssen und etwas weniges über dieses Thema zu schreiben. Die Pyramiden sind zwar alt, bereits Jahrtausende lasten auf ihnen und von ihnen sprechen heißt darum gerade so viel, als Gekochtes wieder aufwärmen. Jedoch, so gut ich kann, werde ich versuchen, sie mit neuer Würze zu durchdringen in der Hoffnung, sie werde dann meinen verehrten Lesern gewiß munden. Über die Geschichte der Pyramiden samt ich wohl mit Stillschweigen weggehen, da sie ja doch allgemein bekannt sind und zudem auch keine ganz bestimmten Daten und Jahreszahlen angegeben werden können, ich aber ein Feind jeder Ungenauigkeit bin. Nun, es war eines schönen Tages, da klopfte es an die Türe meines Zimmers. Ein Mitbruder, der am anderen Tage nach Assuan abreisen sollte, lud mich ein, mit ihm den Pyramiden, denen er vielleicht auf längere Zeit Lebewohl sagen sollte, einen Besuch abzustatten. Es mochte 3 Uhr bereits vorüber sein. Wir bestiegen die elektrische Tramway, die mit Passagieren vollgepfropft war, und in kurzer Zeit waren wir bei der Station, die ungefähr 5 Minuten von den Pyramiden entfernt ist. Welch ein riesenhafter Steinhaufen; was für Granitblöcke, welch eine Arbeit erforderte solch ein Bauwerk. Diese Gedanken sausten mir durch den Kopf, da ich das erstemal diese Kolosse sah und voll Staunen betrachtete ich sie von unten bis oben. Ganz betäubt stand ich da, ich war nur mehr Auge, und trotzdem sah ich noch nicht genug. Der Lärm, der um mich herum herrschte, konnte mich nicht im geringsten stören, das bewegte Leben jedoch, das beim Aussteigen aus der Tramway natürlich ist, rüttelte mich bald aus meiner Betäubung auf. Nachdem ich ausgestiegen, ward sogleich der Weg zu den Pyramiden angetreten. Hinter uns waren ungefähr dreißig Esel. Beim Anblick so vieler Leute und beim lauten Rufen ihrer Herren erhoben diese ein ohrenzerreißendes Geschrei. Es klang durch alle Dur- und Moll- tonarten und das musikalische Konservatorium von Mailand dürfte wohl Mühe haben, alle diese verschiedenen Akkorde auf die Grund-, Quart-, Sext- und Septimendreiklänge zu verteilen und ihre Aufeinanderfolge zu erklären. Im nächsten Augenblick sind wir von Arabern rings umstellt, die sich uns durch Drängen und Zerren, so daß man fast das Gleichgewicht verlieren möchte, aber immerhin in der allerfreundlichsten Weise als Führer anbieten. Aber trotzdem ist es ihnen nicht möglich, bei uns etwas auszurichten und deshalb ziehen sie ab. Unterdessen fesselt ein neues Schauspiel unser Auge. Eine ziemlich betagte Frau, die ob der vielen Wanderungen auf Gottes weiter Erde nicht gerade mehr viel Elastizität in ihren Füßen hatte und dämm einen Vierfüßler zu ihrer Bedienung wünschte, ward von zwei Eseltreibern in der bereitwilligsten Weise auf ihre Esel eingeladen. Während ihr nun der eine auf seinen Esel half und ihr die Zügel reichte, zog sie der andere wieder herunter und nötigte sie auf seinen Esel. Darüber gerieten sie nun in einen lauten Wortwechsel, bald res ad manus venit kam es zu Tätlichkeiten und die Faust sollte entscheiden. Die Frau in ihrer Mitte weiß sich nicht zu helfen. Sie will keinem Unrecht tun und weiß auch nicht, wem sie Recht geben soll. Die Streitenden rücken einander immer näher, Puffe fliegen hin und zurück, auch die Frau wird hart mitgenommen, bis sie endlich einen Schutzmann zuhilfe ruft. Dieser kommt, trennt die Streitenden und befreit sie so aus ihrer mißlichen Lage. Ein dritter Eseljunge, der mit zugesehen, benützt den günstigen Augenblick, eilt herzu, setzt die Frau auf seinen Esel und reitet mit ihr davon. Verdutzt schauen die beiden anderen Esel nach, da die für einen von ihnen bestimmte Last im Gewühle der Leute verschwindet. Ein unwilliges „Ja" ist der letzte Gruß, den sie ihr nachsenden. Ich aber dachte bei mir, es scheint doch, daß die Sprichwörter, die in Europa gebräuchlich sind, auch in Afrika ihre Geltung bewahren. Wenigstens dieses ist allgemein gütig: „Wo zwei streiten, freut sich dessen ein Dritter". Wir gehen ein paar Schritte weiter. Da liegen etwa zwölf Kameele am Boden, Auf den Wink ihres Führers erheben sich alle. Ihre Höcker sind * %^vT r* g tli! vei JFsstian. item der Negi mit seltsamem Schmucke verziert und darauf erhebt sich ein Sitz von besonderer Form. Die Kameele scheinen stolz zu sein, die Blüte des französischen und englischen Adels zu tragen und schicken sich mit schwerem Schritte cm, eine Wendung auf den Weg, der zu den Pyramiden führt, zu machen, indem sie die liebenswürdigen Reiter und die unerschrockenen Reiterinnen zu beständigen Verneigungen vor dem altehrwürdigen Kolosse nötigen. Wir schließen uns ihnen.an. Der Staub wirbelt empor, malesch macht alles nichts, nur immer vorwärts!------------ Da stehen wir schon vor den Pyramiden. Oft wohl hatte ich bereits von den Pyramiden große Dinge gehört. Während meiner Studienjahre hatte mich der Mathematikprofessor oft „gefuchst" mit der Ausrechnung von Länge, Breite, Höhe, Flächen- und Körperinhalt gegebener Pyramiden. Allein diese Pyramiden hingen meistenteils nur so in der Luft oder in der Phantasie des Herrn Professors und darum konnte ich ihnen kein besonderes Interesse abgewinnen. Diese Pyramide jedoch, die leibhaftig vor mir stand, hielt mir sofort Augen, Verstand und Phantasie gefesselt, denn ihr Anblick war für mich wirklich großartig. Wie fühlt sich doch der Mensch des zwanzigsten Jahrhunderts so klein und so schwach, wenn er solche Werke betrachtet, die die graue Vorzeit gezeugt, an denen Jahrhunderte mit ihren Generationen vorbeiwanderten. Diese Hünen sahen ihre eigenen Begründer ins Grab steigen, sie selbst dienten zur Grabstätte für denjenigen, der sie erdacht, sie sahen von ihren goldenen Spitzen aus hinunter, wo ein neues Geschlecht zu ihren Füßen die Felder bestellte. Jedermann brachte ihnen die gebührende Huldigung dar. Die Römer drangen in Ägypten ein. Ehrfurchtsvoll schritten sie an den heiligen Pyramiden vorüber. Das Christentum hielt seinen Einzug, die Pyramiden waren ihm gewogen und gewährten denverfolgten Christen häufig eine Zufluchtsstätte. Es rückten die Araber ein. Auch diese zogen anfangs ehrfurchtsvoll an den Pyramiden vorüber, später aber beraubten sie dieselben ihres Schmuckes. Noch ein anderes Volk sahen die Pyramiden zu ihren Füßen, die Franzosen unter Napoleon I. Seitdem sie aber ihres Schmuckes und in neuerer Zeit auch der Mumien, deren Hüterinnen sie bis dahin gewesen, beraubt sind, stehen sie traurig da. Kummer und Sorge stehen auf der Stirne eingeprägt und heiße Tränen haben ihre Wangen durchfurcht. Aber trotzdem ist ihr Anblick auch jetzt noch ein majestätischer. Mit solchen Gedanken war meine Seele erfüllt, als ich bereits zum zweitenmale, diesmal durch eine Schar Beduinen, aus meinen süßen Träumereien geweckt wurde. Diese Beduinen 6e=' haupten ja ganz allein das Vorrecht, auf die Pyramiden tote in dieselben als Führer zu dienen. Mit der bewunderungswürdigsten Leichtigkeit reden sie die verschiedensten Sprachen: das rauhe Ja, das delikate jes, das gezogene oui und das süße si wimmeln nur so unter einer babylonischen Verwirrung der Aussprache. Ihr Zweck ist, sich als Führer anzubieten und dabei natürlich einen ordentlichen Bakschisch zu erhalten. Da jedoch der Beutel eines Missionärs einesteils nicht gar zu voll ist, andernteils aber auch nicht allzubald schwindsüchtig werden darf, so wiesen wir ihr Anerbieten dankend zurück und schlossen uns einer Gruppe von Fremden an, die von zwei Beduinen geführt ward. Auf einem engen Fußsteige gelangen wir in uicht gar langer Zeit vor das Loch einer Höhle, die 1 m hoch und 2 m breit war. Dieses Loch ist die Pforte zu einem unterirdischen Gang, der in die Mitte der Pyramide führt. Ohne einen Führer, der mit einem Lichte vorangeht, kann man nicht hinabsteigen, da der Weg beständig schief abwärts führt und durch beständiges Betreten sehr glatt ist. Nur hin und wieder befinden sich einige Kanten, die den Füßen mehr Halt gewähren, sonst aber geht es sachte dahin, wie auf Glatteis, denn auf schiefer Ebene kann man, wie die Physik lehrt, leicht ins Rutschen kommen und das könnte denn doch, besonders in unserem Falle, gefährlich werden, da unser Beispiel bei unsern Vordermännern jedenfalls nicht eine anziehende, sondern vielmehr eine abstoßende Wirkung zur Folge hätte. Lange Zeit hindurch ist das Atemholen schwer und die Lungen wollen fast den Dienst versagen. Dafür aber bietet sich Gelegenheit, den Härtegrad der überhängenden Steine und zugleich die Dichte der Hirnschale zu prüfen und beim Ausrutschen ein gar hinfälliges Bündnis mit dem steinernen Boden zu schließen. Menschen von kleiner Statur sind hier die glück- Nr. 11 Stern der Neger Seite 331 lichsten, einfach deswegen, weil sie am leichtesten ungeschoren und ohne Blessur durchkommen. Ich bin Gott sei Dank einer dieser Bevorzugten und gehs daher rüstig meinen Weg. Bei einem gewissen Punkt beginnt der Gang auf einmal eine andere Richtung einzuschlagen. Er wendet sich plötzlich nach oben, um nach kurzer Steigung in eine nicht besonders große Kammer einzumünden. In der Mitte dieser Kammer steht ein Sarkophag. „Das", sagen die Führer, „war die eigentliche Gruft." Ich gestehe gern, daß ich Nach einigen Minuten machen wir uns auf den Rückweg. Mit schwerer Brust und dumpf brütendem Kopf sehen wir endlich wieder das Tageslicht. Gehörig aufatmen und dem inneren Maschinenwerk frische Luft zuzupumpen ist jetzt unsere erste Aufgabe. Indessen gibt es auch schon wieder Neues zu sehen. Nahe der Spitze der Pyramide sehe ich einen jungen, dicken Mann. Um die Hüften hatte er einen breiten Gürtel, von dem mehrere Seile ausliefen. Die Enden dieser Seile befanden sich in den Händen von mich in meinen Erwartungen getäuscht sah. Ich | fünf starken Beduinen, welche vorn und hinten meinte hier eine Menge von Kammern, ein La- und zu beiden Seiten durch Ziehen den lebendigen byrinth von Lokalen, Sarkophagen und Mumien und ähnliche Dinge zu finden. Deshalb kann ich es eigentlich nicht recht begreifen, daß man ein so ungeheures Monument zur Bergung eines einzigen Leichnams errichtet hat, den noch dazu die Gelehrten unserer Tage aus lauter Liebe zur Wissenschaft herausgeholt und in ein Museum gesteckt haben. Bietet sich mir einmal Gelegenheit, eine Abhandlung über Menschenstolz zu schreiben, so werde ich als Illustration die Cheopspyramide beigeben mit der Unterschrift: „Berge türmet man auf, damit erscheine Mäuslein." Mehlsack auf die Spitze zu bringen suchten. Der Arme schnaubte und pustete, der Schweiß rieselte auf allen Seiten herab; jeder Stein, auf den er trat, schien aus dem Gleichgewicht gerückt zu sein, alles wankte und schwankte unter diesem Gewichte. Es war wirklich ein herzergreifender Anblick, die Beduinen mit ihren roten Tarbusch (Kopfbedeckung) und in ihrer Mitte der an den Stricken befestigte großartige Mehlsack. Da erschreckt mich auf einmal der Schrei einer jungen Frau. Ich schaue nach ihr. Sie hat ihre Augen auf den gleichen Gegenstand wie ich gerichtet: „Gib acht, geh langsam, Arthur", schrie sie ihm zu. „Aber j in was für Gefahren mußt du dich auch begeben! Was ist dir doch durch den Kopf gefahren! O sieh', sieh', er fällt." „Nein, nein, ist nicht so gefährlich," sagte ein alter Beduine, der ein Aussehen hatte wie ein Patriarch des alten Testamentes. „Ich kenne meine Jungen gut, sie sind kräftig und halten ihn sicher am Arme; ich habe sie von Jugend auf unterrichtet. Seien Sie versichert, sie lassen ihn nicht fallen". Unterdessen langte der Dicke auf der Spitze an und kam, wie auf die Spitze, so auch wieder an den Seilen herunter. Als er wieder festen Boden unter seinen Füßen spürte, da atmete er wieder etwas sorgenfreier auf, löst den Gürtel von seinen Lenden und geht auf seine bessere Hälfte zu, die glücklich ist, ihn wieder lebendig in ihre Arme schließen zu können. Diese Tat wird sicher einstens im Heimatsorte des Helden, wenn er von seiner Hochzeitsreise zurückgekehrt ist, ein lautes Echo finden und der Held selbst wird wohl noch oft — ob mit Schrecken oder Lust, weiß ich nicht — zurückdenken an die Stunde, da an der Cheopspyramide alles unter seinen Fußen zu wackeln anfing und er zwischen Himmel und Erde schwebte. Während dieser Vorgänge am Fuße der Pyramiden naht etwa ein Dutzend englischer Soldaten, die leicht und beweglich wie Eichhörnchen die Steine hinaufklettern, gleich als ob es hieße, eine Felsenfestung im Sturm zu nehmen. In kurzer Zeit sind sie oben. Es muß also doch nicht gar so schrecklich sein, da hinauf zu kommen, denke ich bei mir und schicke mich an, natürlich mit mehr Gemütlichkeit, die Spitze zu ersteigen. Jedoch, mußte ich mich in dem Pyramidengange glücklich schätzen klein zu sein, so mußte ich jetzt bedauern, nicht längere Beine zu haben. Denn ist der Aufstieg auch einer Stiege ziemlich ähnlich, so haben wohl die alten Ägypter nicht daran gedacht, daß spätere Generationen ihre Pyramiden ersteigen würden, und deshalb ist auch jede Stufe dieser Stiege 1 m hoch und oft noch höher. Um es kurz zu sagen, ich beneidete recht herzlich diejenigen, denen die Natur lange Beine verliehen. Es gilt doch ewig das Sprichwort: „Es ist nicht alles Gold, was glänzt." Nach beiläufig 20 Minuten war ich aber trotz meiner kleinen Gestalt bereits auf der Spitze. Fast konnte ich cs selbst nicht glauben, daß mich das Beispiel der Soldaten so gewaltig nachgezogen. Ich setzte mich auf einen kleinen ebenen Platz, etwas auszuruhen. • „Es schlug die Feierstunde, die der Schiffer Lieb' entflammt und sänftigt jedes Herz" wie Dante sagt. Die Sonne lächelt der Erde ein freundliches „Gute Nacht" zu. Eine Röte, die mehr betn Gelben ähnelte, überzieht den Horizont. Reine, frische Luft fächelt mir ein leiser Windhauch zu. In diesen Augenblicken gehen auch bei mir die Wogen der Poesie hoch, meine Phantasie ist ganz voll von den Bildern, die mich .rings umgeben, sie ist wie ein wildes Pferd ohne Züg-'l, das mich im wilden Sans fortträgt weithin über die zu meinen Füßen liegenden Ebenen. Gerade vor mir habe ich einerseits die ungeheure Sandwüste, andererseits das grünende Niltal. Mein Blick schweift weiter nach Norden. Majestätisch entfaltet sich hier das Nildelta. Ich sehe, wie sich die Süßwassermassen des Nil mit den nimmer ruhigen Wellen des Meeres wie mit lieben Gespielen vereinigen. Da wird cs mir wonnig ums Herz, ich glaube mich unter dem Himmel Italiens. Mit Blitzesschnelle durcheilt mein Geist alle Stätten, in denen ich gelebt und wirft diesem nub jenem einen freundlichen Gruß zu. Alle Wechselfälle meines Lebens traten mir wieder lebhaft vor die Seele. Voll Dank erhob ich meine Augen zum Himmel, zum Herrn, der mich aus nur ihm bekannten Gründen zum erhabenen Missionswerk berufen, um Seelen zu retten auf diesem afrikanischen Boden. Ich wende meine Augen nach Süden: dort sind meine Mitbrüdcr, die in der Äquatorialsonne im Schweiße ihres Angesichtes am Heile der Neger arbeiten. Wie glücklich sind sie doch, während ich noch hier mitten in Ägypten bin, sie pflanzen überall, wohin sie ihre Schritte lenken, das hl. Kreuz, das Zeichen der Erlösung, während ich auf den grauen Steinen eines Gebäudes des Todes und der Knechtschaft sitze. Einen innigen Gruß sende ich ihnen zu, — doch der verhallt lautlos in der unendlichen Wüste. Ein wehmütiges Gefühl beschleicht mich bei diesen letzten Gedanken. Mußten doch 100 000 Menschen 30 Jahre lang jährlich drei Monate lang umsonst an diesem Werke arbeiten. Wie viele Menschenleben hat^diese Arbeit gefordert. Könnten diese Felsen, auf denen ich sitze, zusammengepreßt werden, was für Ströme von Tränen, Blut und Schweiß würden herausfließen. Noch ein trauriges Gefühl bemächtigt sich meiner als eines Missionärs. Wohin immer ich meinen Blick wenden mag nach Norden, Osten, Süden oder Westen, so sehe ich überall die unumschränkte Gewalt des Teufels, dem in der Gestalt des großen Propheten Weihrauch gestreut wird. Die Minarets der zahlreichen Moscheen sind gleichsam Nadeln, terungen nicht die Gefühle verloren gehen, die man aus der Spitze gehabt hat. Unten wartet die Tramway bereits auf uns. Wir steigen ein und sind in wenigen Minuten zuhause angelangt. Es war etwa halb 7 Uhr, als ich wieder mein Zimmer betrat. Die Dunkelheit, die bereits eingetreten war, unterstützt mich in meinen Träumereien. Alle Bilder des heutigen Tages treten mir nochmals vor die Seele, bald sitze ich wieder auf der Pyramide, bald sehe ich zu meinem Unwillen im die mein Herz durchbohren und das fluchwürdige Gebet dieses sinnlichen Volkes klingt wie Teufelsmusik, furchtbar anzuhören für ein christliches Ohr. O du armes Ägypten! Wann wirst du dich zu Christus wenden? Wann werden die grünenden Fluren des Niltals wieder einmal die Tugendblüten auserwählter Gotteskinder sehen? So sitze ich da in Gedanken versunken. Die Stunde des Aufbruches naht. Ich verlasse meinen Platz auf der Spitze der Pyramide. Der Abstieg geht natürlich schneller vor sich als der Aufstieg. Man springt von Stein zu Stein und niuß nur Obacht geben, daß durch die beständigen Erschüt- Grabe bloß den Sarkophag; dann besteigt der dicke Engländer die Pyramide und ich rufe seinen Beduinen zu: „Ziehet, ziehet, hebt, er bewegt sich, schwebt." Da rüttelt mich der Klang der Glocke, die mich zum Abendrosenkranz ruft, aus meinen Gedanken auf. Ewig aber werde ich die Eindrücke, die ich heute empfing, nicht vergessen. Meine verehrten Leser aber möchte ich ersuchen, für mich zu beten, damit der heil. Wille Gottes mich ins Innere von Afrika führe, und ich lege das feierliche Versprechen ab, sie in aller Zukunft mit jedem weiteren Artikel über Pyramiden zu verschonen. Lebensschicksale des Kegerknaben Matthias Osman. Von P. Jos. Weitler, F. 8. C. ÖjXjie englisch-ägyptische Armee, welche im Sommer des Jahres 1898 sich vom Schau-platz des Krieges zurückgezogen hatte, nahm im August desselben Jahres den Feldzug zur Wiedereroberung des Sudan wieder auf. Schon am 2. September fiel nach der mörderischen Schlacht am Berge Kereri Omdurman in ihre Hände und damit war der Macht des Kalifen für immer ein Ende gemacht. Ihr Oberbefehlshaber, der damalige Sirdar Kitschener hatte in weiser Erwägung der Umstände jede Plünderung und Vergewaltigung an den Einwohnern der Stadt aufs strengste untersagt. Nur wer sich widersetzte, sollte als Feind behandelt und ohne Schonung seines Lebens unschädlich gemacht werden. Zugleich traf er die tief in die Geschicke des Sudan einschneidende Verordnung, daß sämtliche Sklaven in Freiheit gesetzt werden und der schändliche Menschenhandel ein für allemal aufhören sollte. Durch diese Verordnung erlangten auch Osman und seine Mutter Fatma die heißersehnte Freiheit wieder. Beide verließen alsbald ihren Herrn und suchten in der Stadt Arbeit und Verdienst. Osman trat bei einem ägyptischen Offizier namens Achmed in Dienst, während seine Mutter sich durch häusliche Arbeiten in einer griechischen Familie den Lebensunterhalt erwarb. Der Offizier konnte sich des Mitleids nicht erwehren, als Osman ihm seine Lebensschicksale erzählte, er tröstete ihn, so gut er konnte und gab ihm die Versicherung, daß er in Zukunft für ihn sorgen werde. Daß dies keine leeren Worte waren, bewies Achmed bald durch die Tat. Denn als wenige Wochen später sein Regiment nach Ägypten zurückberufen wurde, machte er seinem Schützlinge den Vorschlag, mit ihm nach Kairo zu reisen; dort werde er bei seinen Angehörigen ein Unterkommen finden und wie ein Sohn, des Hauses behandelt werden. Osman, der dem menschenfreundlichen Offizier sein volles Vertrauen schenkte, erklärte sich zur Reise nach Ägypten sofort bereit und eilte, seine Mutter davon in Kenntnis zu setzen. Diese suchte (Schluß.) ihn auf alle Weise von seinem Vorhaben abzuhalten; sie warnte ihn aufs eindringlichste, sich einem Fremden anzuvertrauen, der sich seiner nur zu seinem eigenen Vorteile bedienen wolle und gewiß nichts Gutes im Schilde führe. Nur mit Mühe erwirkte Osman, daß sie sich mit ihm in die Wohnung des wegen seiner Freundlichkeit von ihm so gerühmten Offiziers begab. ^Kaum hatte Fatma den Offizier persönlich kennen gelernt, war ihr Mißtrauen gegen ihn geschwunden; sie überzeugte sich, daß er von aufrichtigem Wohlwollen gegen ihren Sohn beseelt sei und gab zu seiner Abreise ihre Zustimmung. Osman sagte also seiner Mutter Lebewohl und bestieg mit Achmed ein Dampfboot, das zur Abfahrt nach Assuan in Oberägypten bereit lag. Letzteres war mit Soldaten dicht besetzt. Alle freuten sich ob des glücklich beendigten Feldzrlges und ihrer dadurch ermöglichten Heimkehr, und unter den fröhlichen Klängen der Regimentsmusik erfolgte die Abfahrt aus dem Hafen von Omdurman. Zu seiner Freude traf Osman auf dem Schiffe mehrere Negerknaben, die gleich ihm mit den Mannschaften nach Ägypten reisten. Die Fahrt auf dem Nile verlief ohne einen bemerkenswerten Zwischenfall. In Assuan angekommen, bestiegen die Mannschaften alsbald den Eiseubahnzug, der sie in einem Tag nach Kairo brachte. Diese Großstadt machte mit ihren modernen Verkehrsmitteln und dem dichten Menschengedränge in ihren Straßen auf die jugendliche Phantasie Osmans einen imposanten Eindruck. Die hohen Bauten, die reich ausgestatteten Geschäftshäuser, die elektrische nach allen Richtungen sich abzweigende Straßenbahn, das geräuschvolle Treiben der auf den Straßen hin- und herwogenden Menschenmenge: Alles erregte seine Verwunderung, und er glaubte sich in eine neue Welt versetzt. In der Familie des Offiziers fand Osman eine freundliche Aufnahme. Seine Einfalt und Anspruchslosigkeit machten einen günstigen Eindruck. Die häuslichen Arbeiten, die ihm in der Folge Nr. 11 Stern der Neger Seite 335 auferlegt wurden, verrichtete er so gut er konnte. Doch sollte auch hier sein Aufenthalt nur von kurzer Dauer sein. Der Koch des Hauses, ein Berberiuer, war ihm nämlich durchaus abhold. Dieser beobachtete ihn genau und hatte für Osman nur Worte des Tadels und der Verachtung. So oft er einen Fehler in seiner Arbeit gewahrte, stellte er denselben seinem Dienstherrn in den grellsten Farben dar. Oft kam es zwischen Osman und dem Berberiuer zu einem Wortwechsel, bei dem der im Reden ungeübte Osman natürlich den Kürzeren zog und Bettler ein kümmerliches Dasein fristen. Selten kommt es vor, daß ein Neger mehrere Jahre hintereinander als Dienstbote in einem Hause ausharrt. Manche wechseln den Dienst womöglich jeden Monat. Diese Tatsache, welche die Neger Ägyptens in einem durchaus ungünstigen Lichte erscheinen läßt, hat in ihrem wankelmütigen Charakter und in einer uns unbegreiflichen Sorglosigkeit ihren Grund. Wegen ihrer Zukunft machen sie sich nämlich nicht die geringste Sorge. Haben sie sich als Dienstboten eine ge- : Gartenbaus am Nil in Eui beschämt von dannen ging. Das Verhältnis wurde schließlich zwischen beiden so gespannt, daß Osman seine Lage unerträglich fand. Die Folge davon war, daß er sich eines Tages heimlich davonmachte, um womöglich anderswo ein besseres Unterkommen zu erlangen. Plan- und ziellos irrte er mehrere Tage auf den Straßen Kairo's umher und erwarb sich teils durch Bettel, teils durch gelegentliche Dienstleistungen den nötigen Lebensunterhalt. Hier möge man mir eine kleine durchaus sachgemäße Abschweifung erlauben. In Kairo findet man eine nicht geringe Anzahl von Negerknaben, die als Dienstboten oder als wisse Summe von Piastern erworben, so verlassen sie oft ihren Dienst ohne irgend einen besonderen Grund und verlegen sich auf das süße Nichtstun. Erst wenn sie den letzten Heller verzehrt haben, macht sich bei ihnen die Sorge um's liebe Brot wieder geltend, und sie sehen sich wieder einmal nach Arbeit und Verdienst um. Natürlich verfließen in der Suche nach lohnender Arbeit oft Wochen, ja Monate. Alsdann behelfen sie sich, indem sie die Gastfreundschaft ihrer Stammesgenossen in Anspruch nehmen, die ihnen auch in den meisten Fällen solange gewährt wird, bis sie endlich wieder Arbeit und Verdienst gefunden haben. Seite 336 Stern der Neger Nr. 11 Erwägt man die sittlichen Gefahren, die eine solche unstäte Lebensart in einer Großstadt wie Kairo mit sich bringt, so sieht man ein, daß das Los dieser Negerknaben in jeder Hinsicht beklagenswert ist. Glücklicherweise blieb Osman vor ähnlichen Abwegen während seines Aufenthaltes in Kairo bewahrt. Letzterer war nur von kurzer Dauer. Nachdem er ungefähr eine Woche auf den Straßen der Großstadt umhergeirrt, begab er sich nach dem Negerdorfe in Abbassiah, wo mehrere hundert Neger aus den verschiedenartigsten Stämme des Sudan friedlich zusammenwohiien. Da mehrere Knaben ans jenem Dorfe unsere Negerschule in Ghesirah besuchen, so wurde Osman auf letztere sogleich aufmerksam. Schon am folgenden Tage eilte er in der Frühe in die Mission und bat den Obern dringend um Aufnahme. Letztere wurde ihm bereitwilligst gewährt. Die Erinnerung an seine bisherigen traurigen Lebensschicksale, des Bewußtsein, daher sich nun unter seinen Stammesgenossen befand, die das gleiche Elend dorthin geführt hatte, ließen ihn die Wohltat wohl erkennen, die ihm durch seine Aufnahme zuteil wurde und er verfehlte nicht, dem Obern dafür sein innigsten Dank auszudrücken. Dieselben Umstände bewirkten, daß er auch die anfänglichen Schwierigkeiten in Beobachtung der Hausordnung glücklich übertvand und allen sonstigen Anforderungen seiner Vorgesetzten möglichst zu entsprechen suchte. Ta er mit einem guten Gedächtnis begabt war, so hatte er die gemeinschaftlichen Sekte, bald auswendig gelernt. In der arabischen Sprache machte er so gute Fortschritte, daß er schon nach einem Jahre ziemlich geläufig lesen und schreiben konnte. Aus diesem 'Grunde bot ihm auch die Erlernung des Katechismus, der in arabischer Sprache erteilt wird, keine Schwierigkeit. Die Wahrheiten unseres heil. Glaubens und der Gottesdienst mit den feierlichen Zeremonien machten auf sein Gemüt einen sichtlichen Eindruck, und bald regte sich in ihn der Wunsch nach Empfang der hl. Taufe. Letztere konnte ihm jedoch keineswegs so schnell, wie er hoffte, erteilt werden. Neben seinen Fortschritten in der Schule trug nämlich Osman ein etwas störrisches Wesen zur Schau, das sich sowohl im Verkehr mit seinen Mitschülern als auch gegenüber seinen Vorgesetzten zuweilen in sehr mißliebiger Weise geltend machte. Zurechtweisungen und selbst körperlichen Strafen blieben ihm nicht erspart, doch schienen dieselbe völlig unwirksam zu sein. Nur eine Strafe brachte ihn auf bessere Gesinnung, nämlich die Verzögerung der hl. Taufe. Nachdem bereits vier Jahre seit seinen Eintritt in die Mission verflossen waren, schien ihn eine längere Aufschub der Taufe geradezu unerträglich. Er gab sich daher nun alle Mühe, sein Benehmen zu bessern und keinen Anlaß mehr zu irgend einer Klage zu bieten. So brachte er es dahin, daß ihm am Osterfeste des verflossenen Jahres die hl. Taufe erteilt wurde Dem Wunsche eines Wohltäters entsprechend erhielt er den Namen Matthias. Ans den Empfang der hl. Taufe hatte er sich durch eine zweitägige Geistessammlung vorbereitet, während welcher ihm ein Missionär die ewigen Wahrheiten zur Betrachtung vorlegte. Selten oder noch nie trat in unserer Negeranstalt die Einwirkung der hl. Taufe ans das praktische Lebe» so hell zu Tage wie bei Mathias Osman. Nach Empfang des hl. Sakramentes schien er völlig umgewandelt. Seine Treue in Beobachtung der Hausordnung, sein Gehorsam gegen seine Vorgesetzten und seine Sittsamkeit waren von nun an geradezu musterhaft; ebenso zeichnete er sich unter seinen Mitschülern aus durch Eifer im Gebete, im Lesen geistlicher Bücher und im Empfang der hl. Bußsakramenten. Einen unverdrossenen Eifer betätigte er, wenn er den kleinen Schwarzen, die des Lesens in der arabischen Sprache noch unkundig waren, im Auswendiglernen des Katechismus be-hülflich war. Am Feste der Unbefleckten Empfängnis letzten Jahres wurde er zum ersten Male zum Tische des Herrn zugelassen und mit freudestrahlendem Auge nahm er den göttlichen Gnadenspender in sein Herz auf. Einige Tage später — es war am 23. Dezember — empfing Osman aus den Händen unseres hochmürdigsten Herrn Apostol. Vikar datier Geher die hl Firmung. Osman hegt eine einzige Anhänglichkeit an unsere Mission, der er sein Lebcnsglück nächst Gott zu verdanken hat. Öfters äußerte er den sehnlichen Wunsch, später in den Sudan zurückzukehren, um in der Mission als Katechet zum Besten seiner Stammesgenossen tätig zu sein. Möge der Herr ihn bei seinen guten Entschlüssen bewahren und seinen Eifer im Guten in reichlichster Weise belohnen. £o£-$x>Xx$>£<23- Nr. 11 der Stern Neger Seite 337 Aus dem Msstonsleöen. Mur jTranz Mohammed. ff- Selbstbiographie eines Negerchristen. Wunderbar ist oft die Führung, die Gott einer Seele zu teil werden läßt, um sie an sich zu ziehen, sie zu bekehren. Ein ganzes System von Gnaden und Fügungen reihen sich im bewegten Leben unseres Arthur Franz an einander, das ich oder besser gesagt er in diesen Blättern beschreiben wird, denn ich lasse in diesen Zeilen allein dieses Naturkind sprechen, das mit den Kenntnissen ausgerüstet, wie sie unsere Mission in Gesirah allen ihren Kindern anbietet, seine Lebensschicksale einfach und bescheiden erzählt. Ich heiße Arthur; mein muselmännischer Name ist Mohammed el Jachi Osman. In der Sprache der Denka bin ich Caldukagugh Abilup. Mein Geburtsort ist Galabat, verweilte aber nur etwa 9 Jahre meines Lebens dort. Mein Vater war ein armer Bauer, hatte aber immer Erde, wohin er sein Maiskorn, sein Simsim und seinen Durrah säen konnte, weil es in meiner Heimat Boden ohne Ende gibt und ein jeder nimmt, soviel er bearbeiten kann. Meine Mutter liebte ich sehr, mehr als meinen Vater. — Eines Tages war ich mit zweien meiner Kameraden, Mohammed und Aly, in ein nahes Wäldchen spielen gegangen, als ich meine Mutter unter einer großen Pflanze ganz allein sitzen sah. Schnell fuhr ich da auf, ließ Spiel und Kameraden und eilte zu ihr und fragte sie: „Warum sitzest du hier so ganz allein?" „Die große Hitze," erwiderte sie, „hat mich aus der Hütte hier in den Schatten getrieben." Aber ich glaubte ihr nicht recht, denn sie war sehr traurig; ich tröstete sie und blieb bei ihr, bis wir gegen Abend zusammen in die Hütte zurückkehrten. Einmal ging ich mit Mohammed zur Attaba, d. h. zum Exerzierplatz unserer Soldaten; wir sahen aus demselben große Erdhügel aufgetragen; vielleicht waren es' gegen 500. „Was bedeuten denn diese kleinen Berge," fragte ich Mohammed und wollte zugleich einen besteigen; er aber riet mir ab, weil dies Werk von solchen Menschen sei, die mit dem Teufel im Bunde wären, um dem Nächsten zu schaden. Ich sprang aber doch, wenig auf seine Worte gebend, aus einen dieser Erdhausen; daraus setzten wir unseren Spaziergang sort. — Am folgenden Morgen waren meine Füße zu meinem Schmerze und zu meiner Verwunderung angeschwollen. Aus die Frage der Mutter, was denn geschehen wäre, daß meine Füße so geschwollen seien, erzählte ich, was gestern am Attaba vorgefallen war. Da fuhr sie ganz erschreckt auf und schrie über mich: „Bist du denn von Sinnen gewesen; das ist nun eine heikle Sache und ich weiß nicht, wie tvir uns da heraushelfen werden. Inzwischen hoffen wir aus Gott, daß alles gut verlaufe!" Dann lief sie nach allen Seiten und nach allen Heilkünstlern und Heilmitteln, die aber merkwürdigerweise alle ohne Erfolg waren. Einem Eakruri Glauben schenkend, brachte sie nun einen Kugiri (Quacksalber) ins Haus, welcher, als er mich kaum gesehen und über die Ursachen des Übels sich hatte berichten lassen, meiner Mutter versprach, mich zu heilen, wenn sie aus seine Bedingungen eingehe. „Was du immer für Bedingungen stellst, ich will sie!" „So zahle mir also für jetzt drei Taler und drei andere später und deinen Sohn wirst du geheilt sehen." — Die Mutter bezahlte sofort die ersten drei Taler, wie vereinbart war. — Aus dies hin begann er sein Geschäft mit mir: es mußte zuerst ein Teig angemacht werden; nachdem dieser fertig war, hieß er mich ausrecht stehen und drückte aus den geschwollenen Teilen herum; bei den Füßen angelangt, fragte er mich, ob sie mich schnierzten. Auf meine bejahende Antwort wurden nun diese mit der Salbe eingerieben. Hieraus setzte er auf der Stelle, wo es am meisten schmerzte, seinen Mund an, wie um etwas herauszuziehen, und in der Tat, nach kurzem bekam er eine Menge kleiner Stengelchcn, wie Würzelchen zugeschnitten, eines „ dem anderen ähnlich, heraus, die er der Mutter übergab, damit sie dieselben in den bereitstehenden mit Wasser gefüllten Teller lege. Diese Operation wurde vom Kugiri 5 - 6 Tage hindurch wiederholt, bis mein Zustand sich besserte und wir ihm erklärten, daß ich geheilt sei, worauf er nach Empfang der rückständigen drei Taler abzog. Sobald meine Beine mich wieder über Stock und Stein trugen, suchte ich meine Kameraden, Mohammed und Aly, auf. — Eines Tages machten wir drei zusammen aus Morcb (eine Art Hollunder) eine Art Büchse, aus welchen mittelst eines Stöpsels Bamiakörner abgeschossen wurden. Mit diesem Spielzeug gingen wir fünf Mädchen nach, die gerade des Weges kamen; diese flohen aber sogleich nach Hause und wir ihnen nach. Die Türe der Hütte, die ihr Zufluchtsort war, hatte aber große Löcher; durch diese konnte ich erkennen, wie ein Mädchen sich hinter der Türe versteckt hatte, um unser Treiben auszuspionieren; ich zielte auf ihre Augen und der Schuß war so unglücklich, daß viel Blut daraus floß. Die Arme fing heftig zu schreien und zu weinen an und wir flohen. Auf das Weinen eilte die Mutter des Mädchens herbei und erfuhr, daß Aly so übel gefehlt habe, worauf er an meiner Statt die Prügel bekam. Ein anderesmal gingen wir weit hinaus, um Tibisch Jstar (eine Art Gurken) zu sammeln; wir blieben bis zum Abend fort und erst, als die Ziegen- und Büffelherden ihren Weg nachhause begannen, machten auch wir uns gegen das Dorf auf. Auf einmal brach ein Büffel aus und stürzte sich gegen uns. Bei seinem Anblicke floh alles wild durcheinander und die Hirten setzten dem Ausreißer nach. Die Schwester Alys, die diesmal auch mit war, und ich flohen gegen das Dorf, während er in die Wiesen rannte. Ihm folgte-der Büffel und versetzte ihm, nachdem er ihn eingeholt hatte, einen heftigen Hornstoß, der ihn zu Boden warf. Als es sein Opfer regungslos vor sich liegen sah, kehrte das gereizte Tier wieder zu den andern Herden zurück. Aly, durch den Schrecken und seinen Schmerz außer Sinnen, erhob sich nach geraumer Zeit wieder und lief in aller Eile, von seiner weinenden Schwester gefolgt, in die Gutlia (viereckige Strohhütte). — Solche und ähnliche Fälle waren nicht selten. — So erinnere ich mich noch, wie eines Tages ein Kameel nicht weit von der Hütte weg auf mich zuraunte, um mich zu beißen. Der nahe Hof, der mir einen Zufluchtsort bieten konnte, war mit Dornen vergittert und ich mußte von der Seite, wo die Türe war, einen etwaigen Schlupfwinkel suchen, da aber auch diese durch eine Dornmauer unzugänglich war und das Tier, wiewohl an drei Beinen gebunden, immer wütender mir folgte, fing ich aus vollem Halse zu schreien an. Darauf öffnete sich die Tür von innen und eine Frau entfernte die davorstehenden Dornstöcke. Kaum passiert, postierte ich die Dornen wieder, wie sie vorher standen und das Kameel mußte sich begnügen, den langen Hals, ohne irgend einen Schaden für mich, und) mir auszustrecken. Noch größere Gefahr lief ich, als ich eines Tages ganz allein in der Hütte mich befand und die Türe derselben offen stand; eine weiße Hyäne, überall gefürchtet durch ihren Raub, den sie auf kleine Kinder macht, nahm ihren Weg nach der offenen Hütte. Meine sich in der Nähe befindliche Mutter sah das Tier, erkannte meine Lage und schrie um Hilfe. Da aber niemand sich zeigen wollte, lief sie allein, der Bestie zuvorzukommen, ergriff mutvoll einen dicken Stock und stellte sich vor die Hüttentüre, um bis auf den Tod mich zu verteidigen. Die Hyäne aber, eine Weile das kühne Verfahren meiner Mutter mitansehend und sich gleichsam besinnend, was tun, kehrte in den nahen Wald zurück. ■— Meine jugendliche Unbesonnenheit brachte mich jedoch auch in Lagen, was mit dem bloßen Schreck nicht abging. Eines Tages ging ich zusammen mit den Hirten aus, um auf den Weideplätzen Kräuter zu suchen. Dort angekommen, raste und rannte ich in dem mannshohen Gras, wilder als eines der Tiere, die wir zur Weide führten, und rannte in aller Eile auf ein Holzstiick zü, das aus der Erde hervorragte. Der Ansprung geschah mit voller Heftigkeit und verursachte mir am rechten Fuße eine Wunde, deren Heilung lange Zeit andauerte. Die immer um mich besorgte Mutter legte ein Heilkraut darauf, das sie zuvor kaute, um eine Art Teig daraus zu machen. Mein Schmerz war so groß, daß ich mit der obcngesagten Bolzenbüchse auf die Wunde zielte, im Glauben, die Schmerzen ein wenig damit mildern zu können oder ihnen wenigstens ihre ewige Gleichheit zu nehmen,, und inzwischen befreite ich mich auf diese Weise gegen die vielen durch den Geruch der Wunde angezogenen Mücken. Ein anderesmal stellte ich mich, nicht wissend was anfangen vor Schmerz, mitten in eine lange und breite Karawane roter Ameisen, die in kurzer Zeit meinen ganzen Körper besetzten und, da ich nackt war, bedeckten. Diesmal hatte ich in meiner Dummheit das falsche Mittel gewählt: ich hatte mit diesen Ameisen ebenso viele Dornen angezogen, die mit dem Stechen der Wunde zu wetteifern schienen. Fast außer mir vor Schmerz lief ich, wie ich mich beschrieben, nach dem Markte, wo meine Mutter Brot verkaufte, auf dem Wege meinen Körper mit Erde reibend, mit ihn von den Schmerzen und den Ameisen zu befreien. Meine Mutter hatte mich kaum in diesem Zustand erblickt, als sie mir entgegeneilte und mich, nachdem sie mich vorher von den Ameisen hatte befreien helfen, in die Arme nahm, um mich mit mütterlichem Herzen zu trösten. Über den Ameisenüberfall schnell berichtet, rief sie aus: „So wirst Nr. 11 'Stern der Neger Seite 339 du endlich einmal lernen, die Gefahren zu fiirchten und dich nicht mehr so kopflos in dieselben begeben". Dann kaufte sie mir Feigen und ich vergaß allen Schmerz. — Während eines Besuches, den wir im nahen Dorfe „Halub de rabana" (so genannt der großen Stürme wegen, die mächtige Staubmassen über das Dorf bringen) bei einigen Verwandten machten, begab ich mich gleich nach den ersten Begrüßungen mit einigen Buben nach dem dort befindlichen Regenwassersee, um mit Löchermachen im Sande Ich, anstatt den Umweg zu machen, um durch die Türe ins Haus zu gelangen, machte mit dem Kopf ein Loch in die Strohmauer desselben, was gar nicht schwierig war und flog mit einem flotten Purzelbaum mitten ins Zimmer, wo auf mein unerwartetes Erscheinen alles erschreckt auffuhr, weiß Gott was fürchtend; in diesem Zustande mußten sie verbleiben, bis ich mich vom Schrecken und auch von meinem Falle erholt hatte; dann erst bekamen sie Auskunft über das, was vorgefallen war, und alles beruhigte sich, dem Herrn if i ti Syrianiscbe Tamilie von Kerber. J uns die Zeit zu vertreiben, die wir nach kurzem die Freude hatten, mit Unterwasser sich füllen zu sehen. Mitten in dieser Spielerei erschien da auf einmal ein Giraffe, nicht fern von uns; die größeren Buben hatten noch Zeit, sich mit Steinen zu versehen. Dann ging's, einen Angriff nicht abwartend, ihr entgegen und aus der ersten Stein-wurfweite flog bald ein Hagel von Steinen auf das ruhig abwartende Tier ab. Aber dies, anstatt zu fliehen, begann auf seine Verfolger loszugehen, mit seinen Beinen laufend wie ein ägyptischer Expreßzug. Wir Kleinen machten uns wie die Spatzen davon, ein jeder nach seiner Hütte. dankend, daß mir kein Unheil zugestoßen war. Mit solchen Streichen und Erlebnissen gingen die Tage von Galabat allmählich zur Neige. Seit längerer Zeit hatte sich das Gerücht verbreitet, daß der Mahdi in Kordofan erschienen sei. Gegen ihn waren von Gadaref und Galabat die besten Krieger geschickt worden: zu Tausenden zogen sie ab, aber niemand kehrte mehr zurück, verschiedene Stimmen da und dort ließen sich hören, die wissen wollten, daß die ganze Schar von Derwischen massakriert worden sei. Groß war der Schrecken aller, und man sagte, der Gouverneur von Galabat habe Boten an den Khedive nach Ägypten gesandt, um die Erlaubnis nachzusuchen, das Land mit allen Soldaten und Beamten der Regierung verlassen zu dürfen. Zur größeren Sicherheit wählten viele das Gebiet von Sinifil, und eines Morgens zog man, eine lange Karawane bildend, ab: die Frauen und Kinder auf den Kameelen, die waffenfähigen Leute zu Fuß. Vier Stunden von Galabat stießen wir auf eine lange Schar von Affen — alle groß wie die Esel, — die Weibchen derselben trugen ihre Jungen auf dem Rücken oder auf der Brust und marschierten vorn, nach ihnen kamen die Männchen. Unsere Karawane mußte Stillstand machen, damit jene wundersamen Pilger ohne Unterbrechung passieren konnten. Wenn wir ihnen nicht diese Höflichkeit erwiesen hätten, wäre uns vielleicht ein Schaden zugefügt worden. Beim Hereinbruch der Nacht wurde mitten in einem Walde gelagert und ringsum Feuer angezündet, um die wilden Tiere zu schrecken und fernzuhalten. Die Weiber und Kinder wurden wie gewöhnlich in die Mitte der Lagerstätte postiert; die Männer bildeten deren Mauer. Der Zufall wollte, daß meine Mutter an einem etwas ungedeckten Platze sich befand — nahe bei ihr schlief ich. Um Mitternacht, als alles ruhig schlief, erwachte meine Mutter und es schien ihr, nicht ferne von der Lagerstätte, etwas int hohen Grase zu zischen und Geräusch zu machen. Starr nach der Seite blickend, von wo die Störung kam, beobachtete sie eine Hyäne, die unentschlossen sich näherte. Ein Schrei genügte, die Männer aufzuwecken, die das blutgierige Tier verjagten; für jene Nacht war dann Ruhe und es ereignete sich nichts mehr. Auf dem Marsche war ich immer mit meinem Kameraden Mohammed zusammen auf dem Angareb (Bett), das man auf dem Rücken unseres Kameels eingerichtet hatte, sitzend oder liegend und mit Schwätzen, Lachen und Singen uns die Zeit vertreibend. Unser Lieblingslied war das allgesungene: Giama, 6lama lemma Baraboni comsomia Biscian giansciaighia. Am folgenden Tage schon gelangten wir nach Sinfill, wo alsbald eine Wohnhütte gefunden war. Vier Monate sollten wir hier verweilen. Meine Mutter, erinnere ich mich noch, hatte damals eine Ziege und zwei Böcklein, denen sie die Namen Giomaa und Kamis gab. Eines Tages, als die Mutter die Ziege melkte, wollte das Böck- lein Giomaa nicht aufhören, ihre Arbeit zu stören und um sie heruntzustoßen und zu springen, bis es einen Stoß von ihr erhielt, daß die ganze Milch zur Erde floß. Erzürnt hob nun die Mutter an: „En Schah Allah, jgi ellul di el marfain ua jagulak (Gefalle es Gott, daß dich in dieser Nacht die Hyäne zerreiße)!" — Gegen Mitternacht drang wirklich eine Hyäne in die Hütte, raubte Giomaa und floh mit großem Lärm, nunmehr der Beute sicher, durch die Türe. Die Mutter erwachte und schrie mit aller Macht um Hilfe, uud ihre Stimme war so stark, daß das ganze Dorf auffuhr und im Glauben, der gefürchtete Derwisch sei über ihnen, sich ganz einer verzweifelnden Flucht überließ. Meine Mutter hörte die hastigen Schritte und den Aufstand des ganzen Dorfes, aber niemand kam zu Hilfe. Da schrie sie von neuem, die Gefahr in den sie beschreibenden Worten ausrufend: Al Morfain ja Nas, el Morfain (die Hyäne, eilet, die Hyäne) und einige von den zuletzt Passierenden standen eine Weile still und verstanden nun die Art der Gefahr und was die Hilferufe meiner Mutter wollten. Die schon fern Fliehenden, keinen Derwisch sehend, ließen sich auf die Rufe dieser Letzten gleich zum Stehen bringen, um den wahren Sachverhalt der Dinge zu hören und sich vom unnützen Schrecken zu erholen. Es verlief sich nun alles bald; eine große Anzahl von den Aufgeschreckten umstanden noch lange unsere Hütte, um sich zu überzeugen, ob wirklich Aller Glauben, daß der Derwisch komme, in jenen Hilferufen seinen Grund gehabt habe. Für den Abend kamen einige Männer, um die Hütte zu bewachen, da mein Vater auf dem Felde schlief, und die Mutter fürchtete, die Hyäne möchte wieher zurückkehren und auch das andere Böcklein mit fortschleppen. Sie hatte richtig gedacht: der Mann, der mit dem Schwerte unter dem Tore wachte, hörte, als es schon lange dunkel war, die Hyäne sich nähern und zündete den Siragh an, um sie besser beobachten zu können (der Siragh ist, eine Art Lampe, bestehend aus einem tiefen, mit Öl gefüllten Teller, wo eine Schnur als Docht dient). Das ungeahnte Licht sehend, wagte die Hyäne nicht, durch die Pforte einzudringen, sondern drückte sich mißtrauisch um die Hütte herum. Jedoch auch dies sollte ihr teuer zu stehen kommen: draußen standen einige' mit dem geladenen Gewehr, um auch den bloßen Versuch, gegen die Hütte zu schleichen, zu rächen. Nicht lange dauerte es, als ein Schuß fiel und untnittelbar darauf hörte ich ein Gebrüll, dann das Fallen wie das eines mächtigen Körpers auf die Erde, daß die Hütte davon erzitterte. Nachher erfuhr ich, daß die Hyäne, von der Kugel getroffen, zu einem mächtigen Sprung sich anschickte, bevor sie regungslos zusammenfiel. — Am folgenden Morgen wurde der Räuber, der in seinem Blute dalag, in den Hof gezogen. Aber selbst noch in diesem Zustand war er so häßlich und ungeheuer, daß er uns Furcht machte. Nachdem vier Monate vergangen waren, zog die Karawane wieder nach Galabat zurück, da sich weit umher nirgends ein Derwisch sehen ließ. Daselbst waren sämtliche Soldaten und Beamten der Regierung in der Festung versammelt: der Khedive hatte nämlich die Befürchtungen des Gouver-neilrs begründet gesunden und angeordnet, daß alle Leute der Regierung sich in die Festung zurückzögen, um für einen Marsch nach Ägypten, zu dessen Führung er einen Bey entsenden würde, bereit zu sein. — Inzwischen waren von den Bergen schon die Abyssinier, zahllos wie die Ameisen, gestiegen und gegen die Derwische gezogen und hatten uns so einstweilige Deckung verschafft. Auf dem Durchmärsche kehrten killgevsme nur die Häuptlinge bei unsern Häuptlingen ein; die übrigen erwarteten in.Reih und Glied die rasche Verabschiedung ihrer Führer. Mein Vater und meine Mutter wußten nicht was tun, weil sie nicht zu den Leuten der Regierung gehörten. Sie wollten sich auch nach Ägypten retten; zwei Soldaten aus dem Geburtsorte meiner Mutter und ihre Freunde halfen da aus der Not. Sie liefen zum Kommandanten und setzten auseinander, daß meine Mutter die Frau eines im Kriege gefallenen Soldaten und mein Vater der Vater des Getöteten sei. Auf diese Aussagen hin erhielten nun auch wir einen Posten in der Festung. Leider konnte mein Vater nicht lange dieser Gunst sich erfreuen, denn er erkrankte bald nachher und starb noch bevor wir aus der Heimat abzogen. Nicht lange nach seinem Tode erschien der versprochene Bey; bei seiner Ankunft stand die ganze Garnison in voller Parade da, und während er die Reihen der Soldaten abfuhr, gaben die Kanonen Feuer. Eine der Kanonen erhitzte sich am Ende der Vorstellung derart, daß sie zersprang und dem Kanonier, der sie bediente, arg das Gesicht verbrannte. Darauf wurde der Befehl gegeben, sich für die Abreise bereitzuhalten und alles Gepäck zusammenzupacken. Eine Woche nachher hieß es, man werde am folgenden Tage abreisen. In der Tat gab man jeder Familie ein oder zwei Kameele und ritt am Morgen aus der Festung, jedoch nur um bis Attaba zu gelangen, wo man wieder zwei Tage blieb. Am dritten Tage ging die Karawane weiter; es begann nun, mit allem versehen, der eigentliche Marsch. Die ersten brachen . um 4 Uhr morgens auf, die letzten konnten erst VSM §SVSt. nachmittags abziehen; so groß war die Zahl der Leute und Kameele. — Es ging nach Abyssinien. Unglücklicherweise fiel die Abreise in die Zeit der großen Regengüsse, was sehr viel zu leiden brachte. Bisweilen überraschten uns mächtige Regenmassen auf der Straße, die das Weitergehen ungeheuer erschwerten; wenn die Wasser so die Straßen durchtränkt hatten, daß Menschen und Tiere im Kote stecken blieben, so mußte man sich einstweilen nach Schutzstätten umsehen. Wehe aber erst, wenn des Nachts uns der Regen überraschte! Wenn wir da keinen Platz finden konnten, uns zu schützen, drückte mich meine Mutter hart an sich und bedeckte mich mit den Decken. Nach dem langen Ritt durch die nasse Ebene standen wir ans einmal, da es klarer wurde, am Fuße so hoher Berge, daß das, was dort oben war, denen, die unten standen, nur so klein als ein Spatz erschien. Hier mußten die Kameele, welche bisher uns gefolgt waren, das Gepäck, die Kinder und die Alten tragend, umkehren, weil sie diese Berge nicht hätten besteigen können, und an ihre Stelle und ihre Aufgabe traten außer den Eseln und Maultieren viele Abyssinier. Von nun an geschah es bisweilen, daß einer entweder Alters halber oder ans Schwäche und Krankheit mit den andern nicht mehr weiter kommen konnte. Der Arme mußte sich dann entweder an die Straße setzen oder ins nächste Dorf sich schleppen, bis ein guter Abyssinier kam und ihn zur Karawane trug. Wer von ihnen jemanden zu tragen bekommen hatte, durfte den Betreffenden nicht abstellen bis zur nächsten Haltestelle, wo gezächlt wurde, ob jemand fehle. Der Träger des Fehlenden wurde alsdann zu Gefängnis verurteilt und man band ihn samt seinen Kleidern mit einem andern zusammen. Der Abyssinier, der mich trug, ging einmal aus der Reihe und trug mich in sein nahes Haus, wo wir aßen und für ein Paar-Stunden lustig waren. Als wir endlich wieder aufbrachen, war die Karawane bereits sehr weit voran; vor Nacht war sie nicht mehr zu erreichen. Inzwischen hatte man die Zählung vorgenommen und gemerkt, daß ich mit meinem Träger fehle. Der Führer unserer Abteilung erschrack nicht wenig und brach noch zur selben Stunde mit sieben Abyssiniern auf, um mich zu suchen. Kaum zusammengetroffen, schrie er meinen Führer an, und am Ort des Biwaks angekommen, mußte er ins Gefängnis wandern; ich blieb von nun an wieder bei der Mutter. Am folgenden Morgen kamen wir in ein großes Dorf, wo gerade Markt war. Viele Ägypter-waren dort, Früchte, Granaglien usw. einzutauschen. Wir trafen alles für die Weiterreise Gewünschte und legten alle ausgesuchten Artikel für deren Verpackung bei Seite. Als man jedoch daran ging, sich über den Preis der Waren zu vereinbaren, mußten wir zur Einsicht koinmen, daß noch nicht alles so uns gehöre, wie wir dachten. Die Abyssinier wollten nämlich weder Taler noch Bintu, noch irgend ein Geldstück ähnlicher Art annehmen, zeigten hingegen ihre Münze, d. h. Stückchen Salz von der Form eines. kleinen Ziegels und bestanden darauf, kein anderes Geld in Tausch zu nehmen. Wir glaubten schon, all die schönen Sachen, die ein jeder sich ausgewählt hatte, wieder zurückgeben zu müssen, weil auch eine Wechslung unserer Münze mit der abyssi-nischen nicht möglich war. Am Ende ließ sich noch eine Weise finden, sich aus der Verlegenheit zu helfen: die Wohlhabenden unserer Karawane bereicherten ihrerseits den Markt mit Schmuck-sachen für Frauen, mit Kleidern, Tellern usw. Die ausgelegten Neuigkeiten fanden leicht ihre Käufer und wir konnten nun so viele jener Salzplättchen bekommen, um unsere Sachen zu bezahlen. Auf der Weiterreise bekamen wir das goldene Dach des königlichen Palastes in der Hauptstadt Abyssiniens zu Gesicht; da schon eines der Häuser der Hauptstadt sichtbar war, glaubte man, noch am selben Abend dort hinzukommen, wenigstens wenn der Marsch bis zum Aufgange des Mondes verlängert würde: die goldene Kuppel täuschte auf der gleichförmigen Straße. Am folgenden Morgen um 11 Uhr schienen wir dem beleuchteten Dache so nahe zu sein, daß unsere Ankunft am Nachmittag sicher angenommen wurde. Aber ein zwcitesmal brach die Nacht herein und wir waren noch nicht in der Hauptstadt. Erst um 4 Uhr-nachmittags des folgenden Tages betraten tehtne ersehnte Königsstadt. Vom König empfangen erhielten wir einen schönen, von dichtlaubigen Bäumen beschatteten Platz. Zur Lagerung und nachdem wir fest saßen wurden auf seinen Befehl 50 Ochsen und 87 Schafe zur Ehre unserer Anwesenheit geschlachtet. Außerdem erhielt jeder noch eine große Quantität Erbsen. Diese Freigebigkeit genossen wir für alle sechs Tage unseres Aufenthaltes. Am siebenten Tage verließen wir die unvergeßliche Stadt mit einer Eskorte von 500 königlichen Soldaten, um sicher durch ein von hohen Bergen beherrschtes Tal zu passieren: oben auf den Bergen, in den zahlreichen Höhlen und Gängen lauert ein Volk von Hirten, das alle ihm nicht halbwegs gewachsenen Karawanen anfällt und ausplündert. Nach der siebentägigen Gefahr verließen uns die braven Soldaten. In der nun vor uns liegenden, nur von kleinen Bäumchen bewachsenen Ebene hatten wir viel Durst zu leiden. Als wir endlich nach einem langen Marsche auf dem trockenen Felde an einen kleinen See kamen, hatten wir nicht einmal die Ehre, das erste, reine Wasser zu genießen: die nicht weniger von Durst gequälten Lasttiere stürzten, ihren Reitern zuvorkommend, in den See, so daß bei unserer Ankunft das Wasser ganz gelb war, was natürlich niemanden abhielt zu trinken, so viel er fassen konnte, und die vorhandenen Gefäße zu füllen. Nicht weit von hier ist der Ort, wo Ismael Pascha eine große Schlacht gegen die Abyssinicr verlor. Es waren noch Menschenknochen ohne Zahl zerstreut. Ein weites, vielleicht einige Kilo-meter langes Feld fanden wir ganz mit Menschenknochen bedeckt. Die Erde ist dort sandig und das Wasser sehr rar. Hierauf begann von neuem ein hügelreiches, fast nacktes Land. Ich erinnere mich, wie wir eines Tages zu 40, die wir waren, unter einem schattigen Lindenbaume rasteten, todmüde, aber noch mehr hungrig, und es schienen keine Kräfte mehr vorhanden zu sein, weiterzuziehen. Von dem wenigen, das wir noch hatten, aßen wir hier einige Körnchen, die sich in den Zähnen verloren. Wir haben jenem Baum den Namen „Giabal el gina" — „Hungerberg" gegeben. Ein kurzer Weitermarsch brachte eine andere Szene: einen Abyssinier an einen Baum gebunden, mit abgehauenem Kopfe, die Füße wie in hohen Reiterstiefeln, die bis ans Knie reichten. Man sagte uns, daß jener Mensch ein berüchtigter Räuber gewesen und vom Häuptling zu einer solchen Strafe verurteilt worden sei zum Beispiel und Schrecken der andern. Die Ufer eines kleinen Flusses gestatteten uns bald darauf eine lang ersehnte Rast. Menschen und Vieh suchten, vom Hunger getrieben, Gras, Kräuter, Früchte und Gemüse. Viele, unter ihnen auch ich, ließen sich von einem Kraute einnehmen und aßen, aber mit Übeln Folgen: die Zunge blähte sich nach dem Genusse dieser Wurzel auf und wurde rund und groß, so daß keine Silbe mehr hervorgebracht werden konnte. Dieser Zustand dauerte etwa einen Tag lang. Am folgenden Morgen war die Geschwulst schon bedeutend niedergegangen. In der Zwischenzeit hatten wir unter den Witzen und Scherzen viel zu leiden, die uns unsere Torheit zuzog. Von hier ab wurde die Straße bergig und immer steiler; der Himmel war finster und es drohte ein Gewitter. Wir stiegen weiter; das Gewitter konnte sich ja wieder abwenden. Da fing es plötzlich an; die Leute begannen zu Gott zu beten, er möchte doch gnädigst den Regen fernhalten, und die Familienväter suchten Höhlen und Winkel, ihre Angehörigen unterzubringen. Glücklicherweise fanden sich die nötigen Zufluchtsstätten; unter den vielen Höhlen fand sich eine mU einem Rauminhalt für hundert Familien. Meine Mutter, ich und noch zwei andere Frauen stiegen in eine kleinere Grotte und brachten darin die Nacht zu, aber nicht ohne Störung: wir wurden aufgeweckt durch Zischen und Arbeiten, das aus dem Grunde der Grotte kam. Es mochte eine Schlange sein, die hinter uns grub. Was war zu tun: draußen völlige Dunkelheit, unbekannte Pfade und die Gefahr wilder Tiere. Der einzige Ausweg blieb das Vertrauen auf Gott, das nicht fehlging, da die Störung aufhörte und wir ruhig weiterschlafen konnten. In dieser Höhle blieben wir drei Tage. Am vierten Tage wurde die Weiterreise wieder aufgenommen und wir zögerten nicht, auf einen Bergrücken zu steigen, der so eng war, daß kaum zwei Personen nebeneinander gehen konnten. Zur Rechten und zur Linken drohten zwei mächtige Abgründe. An einer Stelle verlor ein Ägypter mit seinem Esel das Gleichgewicht und rollte den Abgrund hinab. Es war das Bild eines Rades, das bergab über Stock und Stein stürzt. Mann und Esel überschlugen sich, bis eine hervorragende Masse ihren, Sturz in die Tiefe aushielt. Es gelang dem Ägypter, sich loszumachen von seinem Esel und auf allen Vieren, wie ein Affe, sich an den hervorragenden Steinen und Wurzeln festzuhalten und in dieser Weise sich nach oben zu arbeiten. Da der Äufstieg steil war, kam es eiiügemale vor, daß er ausrutschte und so in einer Minute rückwärts zurücklegte, was ihm eine Viertelstunde Arbeit gekostet hatte. Erst nach drei oder vier Stunden konnte er die Höhe erreichen. Der Unglücksfall hatte das Gute für uns, daß alle recht vorsichtig zu Werke gingen und so kein Sturz mehr vorkam. In der kommenden Nacht war ein Wald unser Nachtlager. Auch hier wurden wir in der Ruhe gestört durch das ferne Brüllen eines Löwen, das jedoch bald wieder aufhörte. Am Morgen fehlte ein Mädchen mit Namen Muklandi. Am selben Morgen erblickten wir vom Gipfel eines Berges Massaua und das rote Meer. Die erste Hälfte unserer Reise war also zurückgelegt. — Jener Anblick erfüllte die ganze Karawane mit Freude. Am folgenden Morgen zogen die Vorreiter in die Stadt ein, die letzten des Zuges gegen Abend. Ich befand mich bei meiner Mutter mitten in der Karawane, und wir kamen an einigen Herren mit schwarzen Augengläsern vorbei, die mir ein wenig Furcht einflößten, so daß ich mich hinter meiner Mutter verbarg. Als sie vorbei waren, fragte ich die Mutter, ob auch sie die Menschen mit den Instrumenten vor den Augen beobachtet hätte. Sie antwortete mir, daß dies die Männer seien, welche die Buben aufessen, die, von ihnen gerufen, nicht sogleich erscheinen. — Das Lager wurde eine Viertelstunde von der Stadt entfernt errichtet. Wir blieben darin vier Monate. Hier sahen wir nun alles neu: das große j Treiben der Menschen ans den Straßen, italienische | nicht frisch und auch nicht den Geschmack des Wassers hatte, wohl aber mich am Munde verletzte. Ich nahn: es daher wieder aus dem Munde und ging damit nach Hause. Kaum hatte mich die Mutter gesehen, fragte sie: „Was hast du wieder angestellt, daß Blut aus deinem Mnnde fließt?" Darauf erzählte ich zuerst den Vorfall mit dem Eis, das ich essen und dann von dem Glas, das ich nicht beißen konnte. Da fing sie Soldaten kamen und gingen, es spielte die Musik. Für uns aus Galabat war das alles ein Gegenstand des Staunens. Es begegnete mir in dieser Stadt eines Tages ein Bube, der mir ein Stückchen Eis gab und sagte: iß es — ich aß und habe es frisch gesunden und von einem Geschmack wie Wasser. — Bald darauf fand ich ein Stück weißes Glas, dick wie jenes Stück Eis, das ich gegessen hatte, legte es zwischen die Zähne und begann zu beißen, aber ich fand, daß es ein hartes Ding war, gar an zu lachen und sagte dann zum Schlüsse: „Hast du denn dir nicht denken können, daß man jenes frische Ding wahrscheinlich macht, weil man es nicht auf der Straße findet." Auch die Tage von Massaua nahmen ihr Ende. Die vier von der ägyptischen Regierung abgesandten Dampfer waren angelangt. Zuvor erhielt jedes Familienhaupt acht ägyptische Lire ausgehändigt für sich und die Familie. Darauf schifften wir uns ein. — Von Massaua nach Suez brauchten wir drei Tage. In Suez nahm uns ein bereitstehender Elsenbahnzug auf für Kairo, wo die Karawane für aufgelöst erklärt wurde und ein jeder seine Wege ging mit den acht Lire, die eben verteilt wurden, um den ersten Bedürfnissen in der Großstadt entgegenzukommen. Für die erste Zeit wohnten ich und meine Mutter bei unsern Bekannten Agin und Guoe, bis diese, sehend, daß Kairo nicht für sie sei, wieder in ihr Heimatland zurückkehrten. Der gleiche Vorschlag wurde auch meiner Mutter gemacht. Sie wollte hier bleiben und bezog ein kleines Häuschen im „Atli", vor der großen englischen Kaserne, das uns zwei Monate beherbergte. Nach deren Verlaus verheiratete sich die Mutter wieder mit einem Neger, Sai Abd et Uahab genannt, der bald darauf sich als Soldat einschrieb und nach Suakim kommandiert wurde, wohin wir ihm folgen mußten. In Suakim war es sehr heiß. Des Klimas und der Gegend noch unkundig, war ich einmal mit einigen Kameraden nach dem bekannten Wasser-brunnen gegangen, und wir blieben, da es dort indische Feigen gab, bis gegen Mittag aus. Der Sand war schon furchtbar heiß und brannte die nackten Füße. Wir sollten um Mittag schon zu Hause sein. Wir wickelten also das Obcrkleid um die Füße und sprangen daun eine Weile, um den Wickel von neuem wieder vorzunehmen und so ging es fort bis Suakim. Diese Stadt ist mit dem Festland durch einen Damm verbunden, der ans beiden Seiten, gleich im Anfang, ein Türmchen trug mit einigen kleinen Zimmcrchen, die ich aber immer unbewohnt sah. Abd el Rahman Jlochim, sein Bruder Acanciug und ich bestiegen eines dieser Türmchen. Es kam gerade ein Hadendoa gegen die Stadt gelaufen; er mußte unter mir vorbeigehen. Bei seinem Anblick vereinbarten wir uns, ihm einen Stein auf den Kopf zu werfen; er kam immer näher, da, als er gerade unter uns war, fuhr it)nt ein Stein auf den Kopf mit solcher Kraft, daß das Blut aus der Wunde floß, wie aus einer Quelle. Nachdem die Tat vollbracht war, verbargen wir uns hinter der Mauer, wo wir vielleicht sicher gewesen wären, hätte sich nicht Abd el Rahman erhoben und wäre geflohen. Bei seinem Erscheinen schöpfte der Hadendoa Verdacht, es möchten noch andere Gesellen sich hinter der Mauer befinden — er kam, uns zu sehen und schritt sogleich, wie er uns entdeckt hatte, dazu, gehörige Prügel auszuteilen. Ich zog mich zurück, wie wenn ich an der ganzen Geschichte unbeteiligt gewesen wäre und fragte ihn, ihm gleichsam helfend: „Hast du den Buben gesehen, der eben durchge- gangen ist?" „Ja," antwortete er und sing an, mir Vertrauen schenkend, seinen Stock zu senken. „Nun dieser war es," fuhr ich fort, „der dir das Übel zugefügt hat, nicht wir." Der Arme glaubte mir und ließ mich, den Schuldigen, laufen, über den Flüchtling erhielt er natürlich keine weitere Aufklärung. Auf dem Exerzierplatz bei Suakim ereignete cs sich, daß ein Soldat, namens Charasut, vom Offizier mit schmutzigen Kleidern angetroffen wurde. Dieser ergriff daher den üblichen Stock und stieß ihn mit den Worten: „Du bist schmutzig wie ein Schwein, warum reinigst du dich nicht, wie die übrigen?" in die Seite. Der Soldat erwiderte nicht, faßte aber int Herzen einen Racheplan. Als am Abend alles in der Kammer ruhig war, nahm er das Gewehr und die Patronentasche und schritt, ohne gehört zu werden durch eine kleine Türe die Wüste zu. — Einen guten Kilometer von der Kaserne entfernt, wandte er sich gegen die Stadt und fing zu feuern an, so lange die Patronen reichten. — Die Soldaten, die auf den Wällen Wache hielten, erschraken und glaubten, es wäre der Derwisch Osman Digna angerückt, um die Stadt anzugreifen. Man zündete einen elektrischen Reflektor an und entdeckte nun, daß es niemand anders sei als der gestern bestrafte Soldat. Eine Verfolgung bei Nacht wäre gefährlich gewesen und der Kommandant beschloß deshalb, ihn bis zum folgenden Morgen machen zu lassen. — Beim Morgengrauen zogen 15 Hadendoa auf den Befehl des Pascha aus mit Kameelen, um den Deserteur zu suchen und gefangen zu nehmen. — Nach 15 Tagen erst wurde er gefangen und alsbald ins Gefängnis geworfen, wo zu aller Sicherheit ein englischer Soldat Wache hielt. Hier war Charasut nicht mehr dazu zu bringen, etwas zu essen; wenn Brot gebracht wurde, warf er es der Wache ins Gesicht. Angesichts solchen Auftretens wurde nach wenigen Tagen Kriegsgericht gehalten, das mit dem Ausspruch des Todesurteils endigte. An dem für die Erschießung bestimmten Tage mußten sich alle weiß kleiden; den Sudanesen wurden, in Anbetracht ihres Charakters, die Patronen abgenommen und den Arabern übergeben. Der Verurteilte mußte vor der Linie der in Reih und Glied aufgestellten Soldaten auf einem Stühle Platz nehmen und wurde darauf festgebunden. Die arabische Kompagnie feuerte und auf den ersten Schuß war der Mann in Stücke zerrissen. Die Sudanesen waren an jenem Tage sehr traurig ; sie schwiegen, nur mit Mühe konnten sie ihre Wut verbergen. Diese Stimmung dauerte solange, bis sich die Nachricht verbreitete, daß der Khedive sich sehr unzufrieden geäußert habe über das barbarische Verfahren gegen ihren Landsmann, das überdies ohne seine Erlaubnis eingeschlagen worden sei. Die beteiligten Offiziere sollten sich alle in Kairo stellen. Einen Monat nach ihrer Abreise sagte man, sie seien alle aufgehängt worden. Auf dieshin kehrte bei den Sudanesen die Ruhe wieder ein. Nach drei Monaten mußte Abd el Uahab wieder nach Kairo zurückkehren. Ihm folgten die Mutter und ich. — Auf dem Dampfer, der uns nach Suez brachte, war ein Herr, der mit einem Buche in der Hand immer vor uns auf- und abging und Gebete lispelte. Wir beobachteten ihn und lachten über sein uns komisches Laufen. Am meisten machte mich damals meine Mutter lachen, als sie, auf ihn deutend, sagte: „Siehst du, wie jener Mensch dort kein Fleisch an seinen Beinen hat und seine Hosen leer sind." In Suez rief mich jener Herr zu sich und gab mir einen Korb voll Orangen, Brot, Schokolade und andere Süßigkeiten. Er schenkte mir auch ein Paar neue Schuhe, die ich jedoch, da sie mir zu groß waren, meinem Vater gab, das übrige gab ich zur Aufbewahrung meiner Mutter, indem ich ihr leidvoll vorstellte: „Siehe auf und schaue, was für einen Menschen wir verlacht haben," und sie antwortete: „Wir haben gefehlt, jener muß ein guter Mensch sein." In Kairo ließen wir uns wieder in Atli nieder. — Eines Tages kam mein Stiefvater nach Gesirah (eine Insel bei Kairos und sah dort verschiedene Häuser im Bau begriffen. Er erkundigte sich über ihren Zweck, sprach mit dem Obern des Missions-Institutes und kehrte abends mit der Nachricht nachhause, daß er in Gesirah Arbeit und Wohnung gefunden habe und ich ins Institut der afrikanischen Missionäre aufgenommen sei. Am andern Tage packten wir unsere Siebensachen auf einen Karren und zogen nach Gesirnh über, wo damals P. Giacomelli Oberer war und noch keine soliden Häuser für die Neger bestanden, sondern nur Hütten aus Maiskornstangen mit einem Gerüste ans Dattelholz. Die Buben schliefen in der jetzigen Kirche zum hl. Josef. Morgens in der Frühe erhob man sich, um die hl. Messe zu hören — darauf nahmen wir das Frühstück ein, welchem die Erholung folgte auf dem Platze, wo jetzt die Dampfpumpe steht. — Wir Buben trugen weite arabische Hosen und ein Blouse aus leichtem Stoff, die wir „gigad el Uadi" hießen (etwa Hennenkostüm). Während ich in Gesirah weilte, machten wir einen großen Kanal von Eschisch (muselmanisches Negerdorf in der Nähe der Mission) bis zur Stelle, wo wir wohnten. Bei dieser Arbeit erhob sich eines Tages ein Bube des Instituts, laut schreiend, indem er Monsignor Sogaro beschimpfte und ihm bei nächster Gelegenheit mit der Erschießung drohte. Ich selbst konnte nie erfahren, warum Jiaragialla (dies war sein Name) gegen den Bischof so erbost war. Der unbändige Bursche wurde noch am selben Abend aus der Kolonie entlassen. Ich selbst war auch nicht der beste und bekam vom Bruder, der uns die Gebete lehren mußte, nicht wenig Prügel. Meinem Stiefvater und auch der Mutter bekam das feuchte Klima Gesirahs nicht gut. Den ersteren brachte eine hartnäckige Krankheit bis in Todesgefahr, bei welcher Gelegenheit ihm die größte Gefahr seiner Seele und die Notwendigkeit, die hl. Taufe zu empfangen, zum Verständnis gebracht werden konnte. Während seiner Krankheit wurden die Patres nicht müde, ihn zu besuchen, zu pflegen, zu trösten und aus dem Krankenzimmer eine Schule himmlischer Weisheit zu machen. Selbst der gewöhnliche Tageslohn wurde ihm ausbezahlt, obwohl er nichts arbeitete, im Gegenteile nur Sorge und Geduld kostete. Aber mein Stiefvater hatte kein Verständnis für all' das Gute, das mit ihm und um ihn geschah. Kaum ging es ihm ein wenig gut, so ging er den ganzen Tag bis in die Nacht hinein herumstreifend und da und dort mit seinen Besuchen belästigend. Daher konnte die Neuigkeit, daß Deutschland Soldaten für Sansibar werbe, ihm nicht entgehen und sie war geeignet, seinen abenteuerlichen Sinn einzunehmen. Er kam nach einem dreitägigen Ausbleiben mit dem barschen Befehl, wir sollten uns für die baldige Abreise nach Sansibar bereit halten. Die paar Habseligkeiten waren bald zusammengepackt und nach dem Eschisch gebracht. Ich allein fehlte ihnen noch. Weniger an der Geneigtheit der Obern, mich ziehen zu lassen, als an meinem eigenen Einverständnis zweifelnd, erschienen sie vor dem Obern und forderten mich zurück. Ich wurde gerufen und sah gleich, um was es sich handelte. Ich sollte Gesirah verlassen, das wollte ich nicht und deshalb fing ich an zu weinen. Meine Mutter wandte sich daher entschlossen an den Obern mit den Worten: „Wenn er nicht geht, werde auch ich nicht ziehen." Darauf begann der Superior mir zuzureden, mitzugehen, wenigstens um der lieben Mutter willen; wenn wir wieder zurückgekehrt sein würden, sei die Kirche (Mission) wie vorher unser Heim. — Die Mutter allein vermochte mich zu gewinnen, von den Patres, den Schwestern und den andern Mitgliedern des Institutes Abschied zu nehmen und eine unsichere Zukunft mit dem Frieden des Kolonielebens zu vertauschen, sonst wäre ich nie von Gesirah weggegangen. Schon nach zwei Tagen bestieg ich einen von meinem Stiefvater für das Gepäck hergeschafften Wagen und fuhr an der Seite meiner Mutter, auf unserm kleinen Vermögen sitzend, nach dem Bahnhof von Kairo. Dort trafen wir viele Neger mit ihren ^ Familien, die gleich uns über Suez nach Sansibar reisten. Gegen Abend wurde der für die Abfahrt nach Suez bestimmte Zug zusammengestellt und ward alsbald besetzt. Wenige Minuten vor dem Abgänge des Zuges sah mein Stiefvater, daß er nicht genug Brot gekauft hatte und rannte in die Stadt, solches zu kaufen. Als er mit dem Brote auf dem Bahnhöfe ankam, war der Zug schon abgefahren. Am Morgen kamen deutsche Offiziere, ließen uns aussteigen und nach dem Platze geleiten, wo für ^ uns eigens Zelte errichtet worden waren, um darin die andern Neger abzuwarten, welche von Kairo noch nachkommen sollten. Inzwischen wurde Ordnung gemacht und alle kompagnieweise in die Zelte verteilt. Noch am selben Morgen kam der andere Negerzug, in welchem auch mein Stiefvater sich befand. (Fortsetzung folgt.) * * * Merrlgjährige BelwrlicWt Brief eines Afrika-Missionärs. ......Es ist zu befürchten, daß wir uns an das Klima dieser Gegend nur sehr schwer angewöhnen werden. Ferner hegen die Eingeborenen überdies einen großen Widerwillen, sogar gegen die Neger anderer Stämme, gegen die Europäer hegen sie vollends Abscheu. Gegenwärtig jedoch zeigt sich hierin einige Besserung. Dieses von Natur aus religiöse, aber unwissende und rohe Volk, hat unter den arabischen Sklavenjagden viel gelitten und darum der heftige Abscheu gegen alles Fremde. Die Bekehrungen werden indessen bald schneller vor sich gehen, denn diese Leute hier gleichen so ziemlich Schafen; in einer Herde lassen sich alle erwürgen, um nicht über den Graben springen zu müssen; geht aber ein einziges hinüber, so folgen ihm auch alle andern. Doch muß ich Ihnen eine Neuigkeit mitteilen, die Sie gewiß äußerst überraschen wird. Der Herr bereitete mir nämlich einen süßen Trost, indem er mich zu einer treuen, auserwählten, ja ganz katholischen Seele führte, die durch viele Unglücksfälle und schwere Schicksalsschläge gezwungen sich in diesem Negerdorfe ansiedelte. Einst sah ich in der Nähe meines Hauses einen großen, fast blinden Greis, der seinen Weg mit dem Stocke, auf welchen er sich stützte, suchte. An der Türe angekommen, wollte er nicht eintreten, bevor ich folgendes Examen bestanden hatte: „Bist du ein Christ?" „Ja, antwortete ich ihm, und seit langer Zeit." „Welches sind die Pflichten eines wahren Christen?" „An einen Gott in drei Personen glauben und auf ihn hoffen, ihn lieben, ihm dienen und seinem Gesetze gehorchen." „Und weiters?" „An Jesus Christus unsern Gott und Erlöser glauben, auf seine Barmherzigkeit hoffen, seine Räte befolgen, seine Tugenden nachahmen." „Und dann . . . nichts mehr?" „Ich glaube, daß derjenige, welcher all' das was ich da sage, tut, sich für einen wahren Christen halten kann." „Ihr verehrt also die allerseligste Jungfrau nicht?" fügte der Greis unruhig hinzu. „Ja doch, wir verehren sie mehr als alle Engel und Heiligen, aber ihre Verehrung kann der, welche man Gott erweist, nicht gleichgestellt werden." Über meine Antworten vollständig befriedigt, fällt der Alte auf die Knie nieder und vergießt heiße Tränen. Er ist so gerührt, daß er gar nicht sprechen kann. Als er sich endlich ein wenig erholt, ruft er aus: „Ich habe ihn gefunden! Vor mehr denn vierzig Jahren, sagte er hierauf zu mir, reiste ein Mann aus Ägypten durch mein Land: er verkaufte Heilmittel, gab solche den Kranken und trug ganz besondere Sorge für die kleinen Kinder. Damals war ich Vorsteher meines Dorfes; dieser Arzt wohnte in meinem Hause, ermunterte mich Christ zu werden und hielt sich drei Tage lang in meinem Hause auf, um mich zu unterrichten. Als er von mir schied, ließ er mir ein kleines Kreuz, einen Katechismus und ein Gebetbuch zurück. Du wirst vor deinem Tode Missionäre treffen, sagte er zu mir, gehe aber nicht zu ihnen, wenn sie die allerseligste Jungfrau nicht hochverehren." „Ich war ehemals reich, fuhr der Greis fort; man machte mir aber wegen meines Glaubens soviel Streitigkeiten, daß ich alle meine Güter verlor. Ich mußte sogar die Ebene verlassen. Jetzt lebe ich auf dem Berge und bebaue, um nicht Hungers zu sterben, einige Wickel Landes, welche man mir nicht mehr streitig zu machen versucht. Als ich dieses Jahr wohl suhlte, daß ich nur mehr wenige Tage zu leben haben werde, sagte ich zu meiner Frau: „Komm, wir wollen den Missionar aufsuchen; er ist gewiß angekommen." Vater, du bist für mich der Mann Gottes; habe Erbarmen mit meiner Seele und versage mir die Taufe nicht, auf welche ich seit so vielen Jahren warte." Die guten Gesinnungen des Alten waren über jeden Zweifel erhaben: vierzigjährige Beharrlichkeit, sehnlicher Wunsch, sichtlicher Glaube. Er wußte überdies seinen Katechismus sehr gut und konnte seine Gebete hersagen. Es war also ein Leichtes, ihn vollständig zu unterrichten. Ich behielt diesen braven Mann zwanzig Tage bei mir und entließ ihn erst, als ich ihm die erste hl. Kommunion gereicht. Seine Frau, welche ich in einer christlicher Familie untergebracht hatte, konnte auch getauft werden. Der gute Greis ging also freudig und glücklich fort. Ich erfuhr seitdem, dieser Neubekehrte sei bald nach seiner Rückkehr sanft im Frieden des Herrn entschlafen. Verschiedenes. Nie 2ugS)eu$chrecRe. °W?ter Wander- oder Zugheuschrecke begegnen wir in der biblischen Geschichte öfters, so schickte Gott den Ägyptern, als Pharo die Israeliten nicht ziehen lassen wollte, Heuschrecken, welche alle Pflanzen und Gräser vernichteten. Wir finden ihrer erwähnt in den Berichten der Missionäre als Landplage in den wärmeren Teilen Afrikas und Asiens. Ja nicht selten lesen wir in unsern Tagesblättern, daß in diesem oder jenem Teile, der so fruchtbaren Gegenden eine Hungersnot bevorstehe, da Heuschreckenschwärme die Ernte zu vernichten drohen. Diese in ungeheuren Schwärmen auftretenden Insekten sind nur der sogenannten alten Welt Asien, Afrika, Europa eigentümlich, Amerika und Australien kennen sie nicht. Ihre eigentliche engere Heimat ist die Tartarei. Wie die Heuschrecken im allgemeinen durch ihren pferdeförmig verlängerten Kopf, mit den langen fadenförmigen Fühlern, durch die Springfüße und endlich durch Lage und Stellung der Flügel sich von den übrigen Käfern unterscheiden, so unterscheiden sich die Zugheuschrccken von den übrigen Arten durch ihre Größe (bis zu 50 m/m Länge) und brillante Färbung. Der Kopf und die Brust sind mennigrot; der Anfang des Hinterleibes und die mit gelben feinen Nerven gezierten Oberflügel sind dunkel graublau. Der übrige Teil des Hinterleibes ist an der unteren Seite hellgelb, oben abwechselnd mit gelben und graublauen Bändern gezeichnet. Die Unterflügel sind mit Ausnahme der gelben Vorderecke, von einem prächtigen Rot bedeckt und mit Doppelreihen schwarzbrauner Flecken gezeichnet. So schön aber dieses Insekt erscheint, so schädlich ist es. Wehe dem Ackerbauer, wenn in seine Fluren ein Schwarm dieser Heuschrecken einfällt. Die Gefräßigkeit dieser Tiere ist so groß, daß ein Zug in wenigen Stunden oder in einer warmen Nacht die größten Verheerungen anrichtet, indem sie die Getreidekörner entweder aus den Ähren ausfressen, oder halb durchbeißen oder auch die ganzen Ähren unten durchbeißen, so daß nur mehr die Halme stehen bleiben. Erst wenn sie Getreidefelder, Wiesen oder Kartoffeläcker .vollständig abgefressen haben, ziehen sie wieder weiter. Bevor dies geschieht, erheben sich einige 20—30 Heuschrecken bei warmer Tageszeit in die Luft, beschreiben einen großen Kreis, worauf sich auch die übrige Menge erhebt und weiter fliegt. Durch tägliche Wiederholung solcher Flüge können ganze Gegenden verwüstet werden. Sie ziehen dann einer Wolke gleich in mehreren Stunden langen und in mehreren 100 m breiten Zügen brausend und so dicht gedrängt einher, daß sie die Sonne verdunkeln. Trockene, heiße Fahrgänge sind ihrer Verbreitung sehr günstig. Das Weibchen legt 100—150 Eier in die Erde, an Steine, Erdklumpen und Pflanzenwurzeln, jedoch nicht zusammen und auf einmal, sondern während einiger Wochen. Es überzieht diese Eier mit einem Schaum, welcher erhärtet und die gelben Eier fest umgibt, so daß sie vor der Nässe völlig geschützt sind, welche ihnen sowie der Frost in unserem europäischen Klima sehr verderblich sind. Bei der ohnehin großen Zahl dieser Tiere und ihrer ungeheuren Vermehrung ist es gewiß eine höchst bewundernswerte Einrichtung der Vorsehung, daß die Zugheuschrecken oft in vielen und ungeheuer zahlreichen Scharen wegziehen, wodurch die Gegenden ihres Vaterlandes vor ihrem schädlichem Einflüsse bewahrt bleiben. Zwar pflanzen sich oft ihre Schwärme auch in Europa, da wo sie einfallen, fort, allein ihre Brut und sie selbst gehen durch unsere, wenn auch leichten Fröste in kurzer Zeit zugrunde, oder wenn dieses auch nicht der Fall ist und erstere in einem besonders günstigen Jahre zur Entwickelung kommt, so ist ihr Schaden doch selten fühlbar, weil sie sich zu sehr zerstreuen und eine zweite Generation in Europa noch nicht beobachtet wurde. Außerdem vertilgen Störche, Raben, Krähen, Krammetsvögel diese Heuschrecken in Menge, auch die Schweine fressen sie sehr gerne, sowie Hühner und Gänse, welche aber beim Genuß größerer Mengen krank werden und selbst zugrunde gehen. Es werden daher in Europa zur Vertilgung dieser Heuschrecken meistens Schweine verwendet, welche sowohl die Insekten selbst als auch die Brut aufsuchen und verzehren. Die in unserem Weltteile allerdings seltener betroffenen Striche sind Italien, Griechenland und Türkei, ja selbst nach England, Polen, Holland, Schlesien, Österreich und Bayern wurden sie verschlagen. — Ihr rascher Flug und die Fähigkeit sich ziemlich hoch zu erheben mag ihre weiten Reisen sehr begünstigen, indem sie dann durch Winde leicht auf große Entfernungen fortgetrieben werden. Über ihr Erscheinen in der Moldau und Walachei, sowie in Siebenbürgen findet sich über die Heuschreckeneinfälle in den Jahren 1747 und 1748 unter anderem folgendes verzeichnet: Die Zeit der Ankunft war der August. Ihre Schwärme zogen hauptsächlich durch die Gebirgspässe, kamen jedoch nicht auf einmal, sondern nach und nach an. Der Flug verursachte starkes Geräusch und waren die Schwärme so bedeutend, daß sie etliche 100 Meter in der Breite und Länge betrugen und unter sie gefeuerte Flintenschüsse nur geringe Wirkung hervorbrachten. Sie ließen sich auf Äckern, Wiesen und Sträucher re. re. nieder und bedeckten gleichsam die Feldfrüchte, besonders aber die noch unreifen Früchte wurden von ihnen empfindlich heimgesucht; noch mehr aber von der im Jahre darauf gefolgten Brut, welche so arg gehaust haben soll, daß nichts mehr, als der bloße Boden zu sehen war. Im darauf folgenden Jahre kamen neue Schwärme, so daß man sich ihrer kaum erwehren konnte. In Temesvar in Ungarn trieb man 15 000 Schweine zusammen, welche mit den Heuschrecken aufräumten. Der kleine Nutzen, den diese Tiere gewähren, besteht darin, daß sie geröstet oder getrocknet und so gegessen werden. Die Bewohner am Senegal trocknen eine Art derselben, reiben sie zu Pulver und gebrauchen solches als Mehl. Schriftsteller des Altertums erwähnen übrigens mehrere Heuschrecken essende Völker. Wodurch dargetan ist, daß die Heuschrecken nicht etwa nur ein Nahrungsmittel „im Notfälle" sind, sondern eine ständige Speise bilden. Joh. Schweiger, Ing. Nie tapferen Esel. Der „Deutsch-Ostafr. Ztg." entnehmen wir folgendes besonders merkwürdige Abenteuer: Eine kleine Karawane war von Kissaki aus unweit Kibwendera am Ngerengere angekommen und rastete an einem Regenabend in einem dort gelegenen, kleinen, nur aus einigen Hütten bestehenden Dorfe. Der betreffende Karawanenführer, ein Europäer, lag — es war 8 Uhr abends — gerade in seinem Faullenzer, die Büchse, wie gewöhnlich in solchen Fällen, nicht zur Hand — und las in einem Buche, als die vier Mschensi-Esel, zwei Hengste und zwei Stuten, die er mit sich zur Küste führte und die in seiner Nähe angebunden waren, plötzlich einen furchtbaren Lärm machten und sich loszureißen versuchten. In demselben Augenblick sprang auch aus dem nahen Busch ein mächtiger Löwe gegen die Tiere an und faßte eine Eselstute, die ihm zunächst stand. Die anderen Esel ließen sich das aber nicht gefallen, sondern bissen und schlugen aus Kräften nach dem Löwen, der nach wenigen Sekunden von seinem Opfer abließ und unter unwilligem Brüllen sich davonmachte. Mehrere ihm nachgesandte Schüsse hatten den Erfolg, daß das Raubtier die Karawane in derselben Nacht nicht mehr belästigte. Die geschlagene Eselstute hatte nur leichtere Fleischwunden davongetragen. Jim Kongo herrscht die eigentümliche Sitte schon bei Lebzeiten den Leichenschmaus zu halten. Der Gefeierte hat hier den Vorteil, dabei selbst nach Kräften mitessen zu können. So traf ich einst eine kranke Frau, die kurz zuvor mit einem kleinen Kind zu uns gekommen war, damit beschäftigt, ein Huhn am Feuer zu braten. Auf die Frage, was sie hier mache, erwiderte sie: „Du weißt, Nyango, daß ich bald sterben muß, und da habe ich nun mein letztes Besitztum, einen kleinen Blechkoffer, verkauft und mir dafür dieses Huhn eingetauscht. Das will ich mir nun noch gut schmecken lassen und dann ruhig sterben". — Wirklich starb sie wenige Tage darauf. Wie eilt Kaffer Detet. Eine Schwester fragte einen von ihr gepflegten Kranken, ob er auch bete, wenn sie abwesend sei? „Gewiß," entgegnete er, „doch ich bete nicht wie Du, ich mache meine Gebete selbst. Ich sage z. B.: „O mein Gott, du bist der Herr, dem alles dient. Auch ich will dir dienen! Du gabst mir das Leben und hast es bis jetzt erhalten. Du hast mir immer genug zu essen gegeben, und auch meine Kinder und Kindeskinder erhältst du und machst, daß sie gesund und stark werden. Du hast mich in meinen alten Tagen noch den wahren Glauben gelehrt und mir alle meine Sünden nachgelassen. Ich möchte es dir gerne vergelten, allein ich habe nichts als meine Kinder. Diese sollen alle dir dienen!" — Gewiß ein schönes Gebet aus dem Munde eines alten, erst kürzlich getauften Schwarzen. £l)ine$iSCbC ffiärtyrer. Der chinesische Boxer-aufstand des Jahres 1900 hat neben zahlreichen Missionären und Schwestern nicht weniger als fünf von den chinesischen Bischöfen die Palme des Martyriums gebracht. So gingen für ihren Glauben und für ihre Herde mutig in den Tod die Bekennerbischöse, Msgr. Lorenz Gullion, Apostolischer Vikar der Südmandschurei (s 3. Juli 1900 zu Mukden), Msgr. Ferdinand Hamer, Apostolischer Vikar der Süd-West-Mongolei (f August), Msgr. Anton Fanto-sati, Apostolischer Vikar von Süd-Hunan (f 8. Juli zu Keng-tschaufu), Msgr. Gregor Grassi, Apostolischer Vikar von Nord-Schansi (-j- 9. Juli) und sein Koadjutor Msgr. Franz Fogolla (f 9. Juli); die letzteren drei aus dem Franziskanerorden. Noch sind diese blutigen Wunden nicht geheilt und schon wieder kommt aus dem Reiche der Mitte die Nachricht, daß ein chinesischer Bischof mit zweien seiner besten Missionäre der Mordwut des aufrührerischen Pöbels zum Opfer gefallen ist. Wie in den letzten Tagen des Juni aus Schanghai gemeldet wird, ist der belgische Franziskanerbischof Msgr. Theotimus Verhangen, Apostol. Vikar von Süd-West-Huge, mit seinem Binder P. Friedrich Verhangen und dem P. Bokerecht in Lich-mann bei Sinanpo heimtückisch ermordet worden. Mögen diese Helden ihres hohen Berufes in Gottes heiligem Frieden ruhen! Möge ihr Andenken auf immer in Ehren bleiben! * * -r- Das Beichtgeheimnis. ir glauben unsern Lesern etwas Interessantes zu bieten, wenn wir ihnen den Teil eines Artikels übersetzen, der in der Nazional von Lima am 15. Mai 1886 erschienen ist. Es handelt sich um einen Märtyrer, einen neuen hl. Johannes von Nepomuk, in der Person des P. Petrus Marielux, der Krankenpater war. Nach einem Eingang, in welchem die Gründe für diesen Artikel auseinandergesetzt werden und nachdem die Geschichte der ersten Lebensjahre des P. Marielux beschrieben ist, erzählt der Autor, wie der Pater Militärkaplan der Armee wurde, die durch deren Brigadier beschlizt war und die im Fort König Philipp einquartiert war. Von hier an folgen wir der Erzählung: Da die militärische Macht der Spanier in der Schlacht von Ayazucho errichtet worden war und Callao sich durch die Besieger stark belagert fand, so wollte P. Marielux den Brigadier, Don Ramo Rodil, den Kommandanten der Festung König Philipp, nicht verlassen. Als aber im September 1825, nach neun Monaten, der Mangel an Lebensmitteln und der Skorbut die Verzweiflung unter den Belagerten hervorrief, hörte man Gerüchte von einer Verschwörung. Am 23. September empfing der Brigadier die Nachricht, daß er abends um 9 Uhr den Ausbruch einer Verschwörung zu erwarten habe, deren Haupt der Kommandant Montero, einer der einflußreichsten Offiziere Rodils sei, Männer, auf die er am meisten vertraute, waren bei derselben vertreten. Ohne eine Minute zu verlieren, ließ Rodil sie festnehmen, aber, was auch immer seine Anstrengungen und seine Drohungen waren, er konnte auch nicht die geringste Offenbarung von ihnen erpressen; sie leugneten hartnäckig das Dasein einer Verschwörung. Der Brizadier beschloß dann, um sich außer Gefahr zu setzen, alle, sowohl Schuldige als Unschuldige, um 9 Uhr Abends erschießen zu lassen, gerade zur selben Stunde, in der die Empörer ihn entweder fesseln oder töten wollten. „Kaplan" sprach Rodil zum P. Marielux, „es ist jetzt 6 Uhr, Ew. Hochwürden haben nun noch drei Stunden, um diesen Aufrührern die Beichte zu hören." — Nachdem er dies gesagt hatte, verließ er die Kasematten. Um 9 Uhr erschienen die 13 Verurteilten vor ihrem ewigen Richter. Doch ungeachtet der Strenge dieser Züchtigung glaubte sich Rodil doch nicht sicher. Wer weiß, sagte er zu sich selber, ob ich nicht noch Mitverschworene am Leben gelassen habe und vielleicht gibt es noch mehr Empörer, als die, denen Gerechtigkeit widerfahren ist. Nein, ich kann nicht ruhig sein. Der Beichtvater muß sicherlich alles wissen, auch bis ins Kleinste. Holla, man rufe den Kaplan! Nachdem der Kaplan erschienen war, schloß sich Rodil mit ihm in ein Zimmer ein und fragte dann: „Pater, diese Unwürdigen haben Ihnen ohne Zweifel in ihrer Beicht alle ihre Pläne und Nutzen, auf welche sie ihre Hoffnungen bauten, mitgeteilt. Es ist notwendig, daß Ihr mich über dieses alles aufklärt, und im Namen des Königs fordere ich Euch auf, daß Ihr mir alles erzählt, ohne auch nur einen einzigen Namen oder den kleinsten Umstand auszulassen." „Mein General," antwortete F. Marielux. „Sie fordern von mir unmögliches, denn ich werde nicht das Heil meiner Seele opfern, um das Geheimnis eines Beichtkindes zu offenbaren; und wäre der König selbst hier anwesend, um mir solches zu befehlen, Gott würde mich bewahren, einem solchen Befehle Gehorsam zu leisten." Bei diesen Worten stieg dem Brigadier das Blut ins Gesicht, er stand auf und faßte den Pater an, indem er schrie: „Mönch, erzähle mir alles, oder ich lasse dich erschießen!" P. Marielux antwortete mit einer wahrhaft himmlischer Ruhe: „Wenn Gott mein Martyrium will, so geschehe sein heiliger Wille. Ein Diener des Altars kann niemanden, wer er auch immer sein mag, verraten." „Du wirst also nichts sagen," erwiederte Rodil. „O, Mönch, du Verräter an deinem Könige, an deiner Fahne und an deinem Obern!" „Ich bin meinem Könige und meiner Fahne treu," antwortete der Priester, „aber niemand hat das Recht von mir zu fordern, daß ich Verräter an meinem Gotte werde. . . Es ist mir verboten, Ihnen zu gehorchen." Ohne länger zu warten, öffnete Rodil die Türe und schrie: „Holla! Kapitän Jturraldo, bringe sogleich vier Budingas mit geladenen Flinten hieheri" und die vier Budinges präsentierten sich sogleich. In dem Zimmer, wo sich diese Szene ereignete, befanden sich mehrere große Kasten, von denen einer etwa sechs Fuß lang war. „Auf die Knie, Mönch," brüllte der tierische Kommandant der Festung, und der Priester, als ob dieser Kasten sein Grab sein sollte, kniete sich auf denselben nieder. „Schlagt an!" kommandierte Rodil, dann sich zu seinem Opfer hinwendend, sprach er mit gebieterischer Stimme: „Zum letzten Male befehle ich Ihnen im Namen des Königs, mir Offenbarungen zu machen." „Im Namen Gottes weigere ich mich, es zu tun," antwortete mit schwacher, aber doch ruhevoller Stimme der Ordensmann. „Feuer!" schrie nun Rodil; und P. Petrus Marielux, der mutige Märtyrer für die Religion und seine Pflicht, fiel, die Brust von Kugeln durchbohrt. Unsere Bitten. Bereits kamen einige unserer edlen Wohltäter unsern Bitten nach durch Linsendung von Büchern. Da aber unsere Zahl sehr groß und die Bedürfnisse noch größer sind, so erneuern wir unsere Bitten. Manche unserer Freunde und Wohltäter sind vielleicht im Besitze von ausführlichen Lebensbeschreibungen von Heiligen, die ste vielleicht leicht entbehren könnten; uns würden solche und ähnliche Bücher große Dienste leisten. Auch fehlen unserem Missionshause noch manche Paramente für den Gottesdienst, wie Meßgewänder für Festtage, Airchenwäsche, be sonders Alben, Lhorröcke, ferner ein schwarzes, pluviale (Vespermantel), außerdem noch ein Missale (Meßbuch). 5chon im Vorhinein sagen wir unsern edlen Wohltätern von ganzem Herzen ein „Vergelt's ©ott!" (NB. Gebetserhörungcn und Empfehlungen, bei welchen nicht der volle Name und Wohnort der Redaktion angegeben wird, werden nicht veröffentlicht. — Die Abkürzung wird durch die Redaktion besorgt). N. L. in S. Meinem Versprechen gemäß, danke ich nun dem hlst. Herzen Jesu für Erhörung in meinem Anliegen. Wir bitten uns ferner im Gebet einzuschließen. Sch. aus B. Dankt im „Stern" im Namen seines Bruders für glücklichen Ausgang in Berufsangelegenheiten. G. M. T. „Wiederum habe ich erfahren, daß das barmherzige Herz unseres Heilandes allen denen offen steht, die in ihren Bedrängnissen und Trübsalen zu diesem -Quell des Heiles ihre Zuflucht nehmen. Ewiger Dank dem göttlichen Herzen Jesu und dem Herzen seiner unbefleckten Mutter für Erhörung meiner Anliegen, besonders in Scelenangelegenheiten." F. M. bittet dieses im „Stern der Neger" zu veröffentlichen: „Innigsten Dank dem hlst. Herzen Jesu für die Erhaltung des Augenlichtes." * * * N. N. aus G. empfiehlt seinen schwerkranken Bruder dem Gebete. K. H. aus 11. bittet um das Gebet zum heiligsten Herzen Jesu, zu Maria und Josef in zwei schweren Anliegen. A. Z. B. bittet ums Gebet in einem wichtigen | Anliegen; ferner für die Söhne zweier armen Witwen, die sehr mit einander übers Kreuz gekommen sind, damit alles wieder zum besten gelenkt werde. M. F. in Ö. „Betet für meinen Bruder beim Herz-Jesu und Marienaltar um dessen Bekehrung, für Freunde und für uns in einem schweren Anliegen. Th. B. Bitte um Ihr Gebet für mich unwürdige Sünderin in schweren Seelenanliegen und körperlichen unheilbaren Leiden und so es Gottes Wille ist um die Gnade, des hl. Ordensberufes. K. K. am T. bittet die „Söhne des hlst. Herzens" recht inständig, seiner und seiner ganzen Familie, besonders aber seines Sohnes in einem schweren Anliegen im Gebete zu gedenken. L. R. in K. bittet inständig um das Gebet zum hlst. Herzen Jesu und Maria um günstigen Ausgang in einer schweren Angelegenheit und um geistige und leibliche Genesung eines Kranken. A. S. in M. bittet um das Gebet, um Erlangung der vollen Gesundheit und umErhörung in Anliegen. N. N. aus Sch. empfiehlt seine kranke Schwester dem Gebete zur Königin der armen Seelen. N. N. aus Brixen empfehlen dem Gebete der Leser des „Stern" für Seele und Leib einen armen Kranken. Ungenannt aus Tr. empfiehlt sich dem Gebete zu Ehren des hlst. Herzens Jesu und zu den armen Seelen in besonderen Anliegen. N. N. bittet ums Gebet zum hlst. Herzen Jesu, um Hilfe in Geldangelegenheiten. Für die Schriftleitung: Anton $>. Work. — Druck von A. Weger's fb. Hofbuchdruckerei, Brixen.