Laibacher s. Donnerstag den 2L. August i -— - »> -' - Ueber das Verhältnis der Kirche zu den Volksschulen. Fortsetzung. man aber auch dem Clerus gestatten entschieden einzugreifen in das inhalcschwere Werk der Volkserziehung? Wird man nicht seinen Einfluß von der Schule hindan hal¬ ten oder ihm höchstens gestatten, die Religion nach gemesse¬ nen Formen und in karg bemessnen Stunden vorzutragen? Wird man nicht aus politischen (!) Gründen die Volks¬ schulen Lehrern anvertrauen, die es sich zur Pflicht machen, das Samenkörnlein, das der Katechet in der einen Stunde ausstreute, in der nächsten schon wieder aus den empfängli¬ chen Herzen der Zuhörer zu nehmen und planmäßig in der Gemeinde Opposition gegen den Seelsorger zu machen? Kurz, wird der Clerus auch die Lebensfrage der Kirche, die wesenrliche Betheiligung an der Zugendbildung, in unserem Staate fortan lösen dürfen? Ich schweige davon, daß es — schwach bezeichnet — keine große Staatsklugheit ver- rathen müßte, Jene die diesen Unterricht geben können und wollen, unbedingt von sich zu weisen, schweige da¬ von, daß es ein Ungerechtigkeit wäre Staatsbürger, darum weil sie einen gewissen Stand bekleiden, von dem größten Liebeswerke an ihren künftigen Mitbürgern auszuschließen, ich schweige davon daß die konstitutionell garantirte Kultus¬ freiheit auch das Recht in sich involvire, den Mitgliedern seiner Confession jede mögliche Gelegenheit zum Unterrichte in den Glaubens-und Sittenlehren der Religion darzubie- then, und bei dem geistigen Kampfe mit den Confessions- Gegnern sie zur folgerichtigen Waffenführung in einer Weise anzuleiten, welche der Ruhe und dem Wohle des Staates nicht gefährlich ist. Wie gesagr, hievon schweige ich — stelle aber dafür die Behauptung auf, daß es Grundbedin¬ gung zur Existenz des Staates sei, diesen Ein¬ fluß der Kirche bei der Volkserziehung zu suchen, zu erbitten, zu begünstigen. „Wohl ein kühnes, ja ein freches Wort" so höre ich mir entgegen rufen — aber es ist ausgesprochen und kann und will nimmer zurück genommen werden. Das heidnische Alterthum hat es anerkannt, daß man wohl Völker ohne Mauern und Städte, aber keine ohne Religion und Opfer finden könne und die Erfahrung lehrt, daß Niemand so sehr nach den Apostelamte dürste und Proselyten suche, als Jene, die am öftesten die Rede im Munde führen, man müsse Jedem die Glaubensfreiheit unverkümmert gewähren, und daß dem krassesten Unglauben auch in unseren Tagen, der Aberglaube gar so nahe stehe — zum deutlichen Be¬ weise, daß das religiöse Element aus dem Menschen nicht verdrängt werden könne. Was soll aber eine Erziehung die den Menschen nicht so nimmt wie er ist? was soll sie fruchten, wenn sie in ihm selbst einen heillosen Zwiespalt nährt? Kann es dem Staate daran liegen, sich Bürger zu erziehen, die mit sich selbst zerfallen, ihre innere Zeriffenheit nach Außen hin verbreiten? Kann es ihm Ge¬ deihen bringen, Kinder groß zu ziehen, die weil die Unter¬ ordnung unter ein höheres Wesen in ihnen nicht versucht wurde, geschweige zu Stande gekommen ist, vergeblich nach Ruhe ringen und nur in allgemeiner Umwälzung und Unruhe das Seitenstück ihres eignen Zustandes findend, zur momentanen Befriedigung gelangen? Ja, versündiget, ihr Staatsreformatoren, versündiget euch nur — Trotz bietend der Geschichte und Psychologie — am religiösen Elemente im Menschen und laßt es unbeachtet oder lenket es natur¬ widrig nicht aufwärts; ihr werdet es fühlen wenn auch nicht gestehen, daß ihr Kinder groß gezogen, die die Men¬ schennatur verläugnen, weil ihr das Ebenbild Gottes in ih¬ nen so viel an euch lag verwischt und zerstört und nur den thierischen, der Gemalt einer empörten Natur preis gegebe¬ nen Menschen, zurück gelassen habt. Doch ihr erwiedert: Wer sagt denn, daß wir Erzie¬ hung ohne Religion wollen, nur muß diese der Vernunft gemäß sein. Welcher Vernunft? Jener der Rechten oder der Linken, oder des Centrums? der Vernunft der Repu¬ blik oder der konstitutionellen Monarchie? Ihr lächelt mit¬ leidig ob solcher Frage und doch — prüfet euch selbst ob im Parthei-Getriebe nicht Alles die Farbe annehme, die man sich erwählt, ob nicht die Vernunft, — die mächtige Gebieterin, auch die schmiegsame Dienerin für Parthei¬ zwecke wird, und die Religion die sie gebildet, auch wie diese es fordern, modelte. Wo das was wir glauben sollen, nicht als ausgesprochene Lehre eines untrüglichen höchsten We¬ sens, wo das was wir wollen und thun sollen nicht als unabweislicheS Gebot eines unumschränkten Herrschers vor unserem Bewußtsein steht, kurz wo die Religion der positi¬ ven Grundlage entbehrt, da mag sie wohl noch den Schein der Religion bewahren, ihr Wesen und ihre Kraft ist jedoch abhanden gekommen. Wäre sie da im Stande die Macht der Leidenschaft zu zügeln? Vermag sie wahre Treue, pünkt- 58 lichen Gehorsam zu erzielen, oder nur ein Nachgeben aus Vernunftgründen, oder besser gesagt auS Gründen schlauer Berechnung? Nie und nimmer wird es dem Staate gelin¬ gen gute Bürger zu erziehen, wenn es diesen nicht als hei¬ lige Wahrheit eingeprägt wird, waS Jesus zu Pilatus sagte: „Du hättest keine Gewalt über mich, wenn sie dir nicht wäre von Oben gegeben worden", was der heil. Paulus den Römern schreibt: „Jedermann unterwerfe sich der obrig¬ keitlichen Gewalt, denn es gibt keine Gewalt außer von Gott, und die welche besteht, ist von Gott angeordnet. Wer demnach sich der obrigkeitlichen Gewalt widersetzt, der widersetzt sich der Anordnungen Gottes, und die sich (dieser) widersetzen, ziehen sich die Verdammung zu." Fraget die Geschichte aller Zeiten und sie wird euch Zeugniß geben, daß die Götterlehre mit der Politik innig verschmolzen war, daß die geistliche Macht oft genug zum Schutz der Throne angerufen wurde, daß zum Beginne des Wiederaufbaues der Ordnung in Frankreich die religiösen Grundwahrheiten als unentbehrliche Bausteine erkannt und sorgsam verwendet wurden. Eine Religion, deren Grundelemente der Kampf gegen die Selbstsucht, deren Grundgesetz das Hauptgebot: „Liebe Gott über Alles, deinen Nächsten aber wie dich selbst" ist, die Religion eines Lehrers, der gehorsam wurde bis zum Tode, bis zum Tode am Kreuze, und der es von sei¬ nen Schülern verlangt, daß sie sich selbst verläugnen, ihr Kreuz auf sich laden, und ihm nachfolgen, der die Ver¬ söhnlichkeit so eindringlich empfiehlt, der da sagt: Gebt dem Kaiser was des Kaisers ist — sie muß den Lenkern der Völker, die da wissen, daß ohne Religion deren Leitung unmöglich sei, nur willkommen erscheinen. — Da erhebt sich aber wieder von einer Seite die Einrede: Wir haben nichts gegen die christliche Religion wohl aber Vieles gegen den pfäffischen Einfluß auf die Volkserziehung und wollen beides strenge von einander unterschieden wissen. Fragen wir, worin dieser Einfluß bisher bestand so ergibt sich, daß Priester als Katecheten die Religionslehre vortra¬ gen, daß Priester als geistliche Ortsschulaufseher, den Un¬ terricht einer Pfarr- und ihrer allfälligen Filialschulen über¬ wachen und leiten, daß Priester als Schuldistriktsaufseher die Schulen eines Dekanats ordnen und auf die Lehrindi¬ viduen desselben einen wichtigen Einfluß nehmen, daß der bischöflichen Behörde und bei derselben wieder einem Prie¬ ster die Leitung der Schulen einer ganzen Diöcese übertra¬ gen sei, daß bei weltlichen Oberbehörden angestellte Priester über das Lehrfach, besonders der Volksschulen zu berichten und Rathschläge zu ertheilen haben. Unstreitig große Vor¬ züge, die den Dienern der Kirche rücksichtlich des Volks¬ schulwesens eingeräumt sind, und dennoch — so sonderbar dieß auch klingen mag — sehnen sich gewiß wenige unter ihnen nach dem Fortbestände dieses vielgliedrigen Organis¬ mus, weil sie es nur zu oft fühlten, daß Kanzleiformen und statistische Daten den Maßstab der Pflichterfüllung ausmach¬ ten, und daß nach unzähligen Berichten und Erörterungen über den selben Gegenstand, das Resultat dahin lautete, daß es noch nicht an der Zeit sei, eine Aenderung zu tref¬ fen. Diesen letzten The ildes Einflußes auf die Volks¬ erziehung wollen wir ohne Bedauern verlieren. Wenn aber, wie nicht zu zweifeln, unter dem pfäffischen Einflüße der gewissenhafte Vortrag aller Heilswahrheiten, wenn darun¬ ter die Macht des Seelsorgers einem aufgedrungenen glau¬ benslosen Lehrer der für den Unglauben Anhänger wirbt, mit amtlicher Würde entgegen zu treten, wenn die Befug¬ nis des Bischofs seine Schäflein vor solchen Lehrern, wenn sonst keine Abhülfe geschieht, durch Errichtung eigener Pfarr¬ schulen zu bewahren, verstanden und dieser Einfluß hindan gehalten werden will, dann ist die Lebensbedingung der christ¬ lichen Confeffionen überhaupt, der katholischen Kirche insbe- sonders im Staate verletzt, dem Staate selbst aber die Wunden geschlagen, die die Entfremdung der Staatsbür¬ ger vom christlichen Elemente mit sich bringt. Möchten doch die kirchenfeindlichen Volksaufklärer und Weltverbesserer (!) auf die einfachste Erfahrungswahrheit in der Erziehung zu¬ rück sehen, daß nämlich jeder Erzieher sein Ideal der Vollkommenheit im Zöglinge zu verwirklichen strebe, daß aber ebendarum Derjenige, welcher täglich im Dienste des Heiligsten, ,a mir dem Heiligsten selbst sich beschäftiget, ein edleres Ideal an seinen Zöglingen zu verwirklichen bemüht sein werde, als jene die im Gewühls der Welt und im Staube weltlicher Sorgen, nur zu leicht über der irdischen Bestimmung des Menschen, die überirdische vergessen, Halb¬ heit, innere Zerrissenheit, und all die Folgen, die wir oben als mit Vernachlässigung des religiösen Elementes unnach¬ sichtlich verbunden, dargethan, erzielen, und dem Staate Glieder darbringen, die vielleicht schön über Pflichten des Regenten und seiner Stellvertreter zu reden wissen, die Opfer bringen, so lange Ehre winkt, die aber desto hefti¬ ger auf ihre Rechte dringen, je ferner der Gedanke an Pflichten für Zeit und Ewigkeit ist. Ob mit solchen Un- terthanen viel geholfen oder viel geschadet, ob nach dem Vor¬ gesagten es mitleidig zu belächeln sei, wenn wir behaupten, daß die Existenz des Staates den Einfluß der Kirche bei der Volkserziehung erheische, was somit eine weise Politik deshalb verlange, überlassen wir unparteiischem Urtheil zur Entscheidung. Schluß folgt. Der Colibat und die katholische Kirche mit besonderer Rücksicht auf die anticölibatischen Bewegungen in Croatien. Eingesendet aus dem croatischcn Küstenlande. Konnte irgend Jemand die in den Märztagen für Oesterreich aufgegangene Freiheitssonne in aufrichtiger Herz¬ lichkeit begrüßen, so war es unstreitig die Kirche, welche in dem Bewußtsein ihres unnormalen Zustande so lange und schwer in der Stllle seufzen mußte. Kaum getroffen von dieser Sonne goldenen Strahlen regten sich daher die Kirch- Lebensgeister zu einem neuen Leben freudig auf; der für wahre Freiheit begeisterte Clerus erhob in verschiedenen Punkten Oesterreichs laut seine Stimme^ auch Croatiens Geistlichkeit konnte, bei der Freiheit zu reden nicht stumm 59 bleiben, war ja auch ihr Zustand nicht eben der erwünsch¬ teste und erfreulichste. Sodenn sehen wir sie zum Th eile in fast 200 Gliedern *) in einer Versammlung zu Agram in der heil. Charwoche repräsentirt, und das erste, was am meisten und eiligsten Noth that, war: durch Erfüllung sei¬ ner Pflichten solle man sich Popularität verschaffen; Mittel dazu: Fortschritt mir dem Zeitgeiste, hiemit Beseitigung al¬ ler jener Mißgestalten, welche der katholischen Kirche noch immer anklebend, ihre Geburt von jenem Zeitalter des dich¬ testen Obskurantismus herdatirten und unter diesen steche der Cölibat am grellsten hervor. Nachdem zur Beseitigung dieses vorzüglichsten Hemmnisses unseres fortschreitenden Zeit¬ geistes ein förmlicher Artikel (Nro. 30) den übrigen dem allerhöchsten Throne zu unterbreitenden Petitionen einge¬ reicht wurde, fällt unter einhelligem „Livio" der Vorhang. Während nun die Petitionirenden sammt ihrem Anhänge in süßen Träumen der baldigen Realisirung des 30. Arti¬ kels entgegenharrten, wagte es Einer in der deutschen Agramer Zeitung Nro. 4S. durch eine den Obscurantismus und Zesuitismus an der Stirne tragende Sprache die für daS Wohl der Nation und der Kirche (d. h. der croatischen) Eifernden in ihren gerechten Erwartungen zu stören. Scho¬ nungslos, mit furchtloser Aufrichtigkeit und wahrhaft kirch¬ lichem Ernste stellt er die wahren Wunden seiner stürmen¬ den Brüder in ihrer Blöße dar, und o Weh! der Patient, der bisher selbst seine derartigen Wunden kaum kannte, oder von ihnen wenigstens nicht gar sehr belästigt wurde und sich selbst am geeignesten fühlte, für seine und der Nation vermeintliche Krankheit die Medicamente herbeizuholen, sträubt sich in billigem Zorne gegen den ungelegenen obscuranten Pharmaceuten. Durch sein Organ, den Herrn Paul Stooß, Vice-Erzpriester und Pfarrer von Podkupsko, sucht er der Welt seine eigentliche Wunde sammt ihrer Quelle aufzu¬ decken, und aus das seiner Ansicht nach geeignetste Mittel zur Heilung hinzuweisen.** *) ) Einerseits sehr stark, >a fast bis zur Verzweiflung darniedergebeugt durch äußere höchst mißliche Verhältnisse, wie der Herr Vice-Erzpriester selbe in seinen Büchlein (dessen 5 — 6 Seiten eine unter dem Scheine der Demuth sich ergießende bittere Zeremiade ausfüllt) darstellt, — andererseits eingewiegt in die süßen Ideen eines patriarchalischen Priesterlebens, schickt er sich an, die Stelle Matth. 21, 16. auf sich anwendend, ein vicero pro äomo sua mit blanken und scheinbar gut ge¬ schliffenen Waffen, dazu in wahrhaft gemüthlicher elasti¬ scher Sprache gegen das scheußliche Ungethüm, den Cölibat in 7 Hauptstücken anzukämpfen, jedoch ohne alles System, was auch natürlich, da statt der gesunden Vernunft das Gefühl und die Leidenschaft die Federzüge leitet. Zm 6. Hauptstücke fällt er mit geiferndem Unmuth über den obbcmerkten Artikel in der Agramer Zeitung her, und wahr¬ lich, wollre man aus Schonung den Herrn Vice - Erzprie¬ w) diovino dir». 41. **) in dem Büchlein: 0 poöostsanzu 6uckoreä»osti svefjonstva. von Paul Stooß. Agram 1848. ster, seinen 5 vorangehenden Abhandlungen nach, für geistes- und gemüthskranke gelten lassen, so kann ihm, dem e. Hauptstück gemäß, Leidenschaft nicht abgesprochen werden.*) Eine Fortsetzung dieses seines Merkchens steht, wie er selbst zum Schlüße bemerkt, noch in Aussicht. — Mittlerweile erhob die Geistlichkeit des Gradiskaner Distriktes für den Cölibat ihre Stimme in ihrer Zuschrift an den Deputirten der Agramer Diöcese für den vereinig¬ ten am 5. Zuni in Agram eröffneten Landtag, aber fussend auf Gründe, die, weil rein negativer Art, der Sache nicht den gehörigen Ausschlag geben können. Sie stellt näm¬ lich auf und führt durch den Satz: Die Aufhebung des Cölibats ist weder im Interesse des Volkes, noch des Staa¬ tes, noch der Kirche. Eben wird dem Vernehmen nach, an einer gründlichen Widerlegung des Herr Stooß gearbeitet, aber es steht auch schon ein neues Werk gegen den Cöli¬ bat in Aussicht. Derartige geistige Kämpfe sind sichtlich nicht ohne Schwierigkeit, und werden nicht so leicht zu ei¬ nem bestimmten Ziele führen, bis nicht der noch kirchlich gesinnte Clerus Croatiens ein eigenes Organ besitzt, worin er sich den ancikirchlichen Meinungen, die er jetzt nur im Stillen bedauert und verdammt, auch laut und öffentlich entgegenstemmen kann. Zndeß aber, so lange er dieses Mit¬ tels entbehrt, wird es sowohl schicklich als zeitgemäß sein, daß sich ein benachbartes Kirchenblatt, wie die Laibacher Kirchenzeitung, obwohl in Croatien noch zu wenig verbrei¬ tet, über diesen Gegenstand vernehmen lasse. Sonach wird die Aufgabe des vorliegenden Artikels sein: Die Kirche in ihrer Cölibats -Disciplin gegen die Einwürfe der Gegner zu rechtfertigen, und zwar: sowohl durch Entkräftung dieser Einwürfe selbst als auch durch Darstellung der geschichtli¬ chen Entwicklung und des Wesens des kirchlichen Cölibates. *) So interessant und erwünscht ein kritisches Durchsichten des benannten Büchleins wäre, indem dabei manches Zweckmäßi¬ ge zur Sprache käme, so wenig kann dieses die Aufgabe des vorliegenden Artikels sein. Um jedoch unseren Herrn Vice- Erzpriester näher zu kennen, führe ich einige seiner Ansichten kurz an: Seite 9. sagt er: Wenn ich läugnete, daß der Geist¬ liche sich verehlichen solle, würde ich ausdrücken, daß mir bes¬ ser die Anstalt gefalle, welche den Clerus durch den Cölibat ohne Zweifel zur Zügellosigkeit führt. Seite 20. 3st nicht diese Verordnung der mittelalterlichen Kirche jenes Acrgerniß gebende Auge, wovon Math, s, 29. die Rede- Etwas wei¬ ter unten: „Wegen des Cölibats gibt es soviele liederliche Weibsbilder in den Städten" nach folgender Logik: Des Cö¬ libats wegen müssen viele Weibsbilder chelos bleiben, suchen, um leben zu können, zu gefallen, müssen sich daher schön kleiden,— schöne Kleidung kostet viel — essen müssen sic auch, aber wo¬ her? — arbeiten wollen sie nicht, sie werfen sich also der Wollust in die Arme, erx»-!! Aus gerechtem Unwillen darüber ruft er Seite 21. aus: „Erzittere unglückliche Stief¬ mutter! (Kirche!) die Lu im Mittelalter abgewendct Lein Mutterantlitz von den apostolischen Zeiten!,, Seite 24. »Die Vereinigung des Mannes mit dem verehlichten Weibe in ge¬ genseitiger Treue ist so rein, wie der ehelose Stand. — S. 49- Den Zeitgeist verachten, heiße Gott verachten, denn der Zeitgeist est vox populi, vox populi uutew voxvoi erxo* — Die Eregese möge sich der Leser selbst machen, nur Schade das der Herr Rouge nun in den Tagen seiner Verlassenheit sowohl von Seite der Mächtigen und Bemittelten, als auch von Seite des Herrn um einen so tüchtigen Gesin¬ nungsgenossen nicht weiß. 60 Zeder, der mit dem kirchlichen Leben nur in Etwas vertraut ist, sieht auf Grund der christlichen Daten leicht ein, daß dem anticölibatischen Geschrei eine gewisse Verflüchti¬ gung des kirchlichen Geistes und Verweltlichung des Cle- rus vorangehe. Belege dazu brauchen nicht gar weit her¬ geholt zu werden; konnten doch wir selbst dem Treiben derlei Schreier beobachtend mitfolgen, mögen sie in Maße oder einzeln aufgetreten sein. — War es etwa nicht die gänzliche Verweltlichung des unter seinem kraftlosen und altersschwachen Bischöfe Johann Baptist unmittelbar von der keiner positiven Religion eben freundlichen, der katholischen aber von Herzen feindlichen würtembergischen Regierung antikirchlich herangebildeten Clerus der Diözese Rottenburg, welche ihn nach schon abgelegter geistlicher Kleidung auch zum Geschrei nach Abschüttelung des Cölibats-Joches an¬ feuerte? — War es nicht die tiefe Entartung eines Thei- les des badischen Clerus in dem vor Lichtfreundschaft stro¬ tzenden Seekreise, dem Sitze der ärgsten politisch- und kirchlich- radicalen Wühlereien, welche ihn auch gegen die kirchliche Ehelosigkeit so stark aufstachelte? Wenn nun auch aus der anticölibatischen Bewegung des Clerus Croatiens auf dessen kirchliche Verkommenheit nicht unrichtig geschlossen werden würde, so entbehrt ein sol¬ cher Schluß nicht jedweder Erklärung. Denn nebstdem, daß auch in Croatien wahrhaft kirchliche Männer keine Selten¬ heit sind, die aber aus Mangel eines ihre Gesinnung ver¬ tretenden Organs keine kräftige gemeinschaftliche Stimme erheben können, und es auch unter den Anticölibateurs nicht an solchen fehlt, welche den klebrigen nur beistimmen, weil sie die Aufhebung des Cölibats als das geeignetste Mittel begrüßen zu können wähnen, die allgemeinen Scan- dale zu vermindern, macht auch dieser Verfall des kirchlichen Lebens selbst auf ein mäßiges Urtheil gerechten Anspruch. Aeußere Verhältnisse, wie unter andern die äußerst schwache Dotation des niedern Clerus, und hiemit Entbehrung jedes Mittels zu der dem Priester unumgänglich nothwendigen, ununterbrochenen Fortbildung, das daraus resultirende Sin¬ ken deS priesterlichen Ansehens, die ungeregelte Pfrün¬ den-Collation, der Umstand, daß (wie Herr Paul Stooß Seite 22. und 30. wiewohl etwas zu allgemein bemerkt,) der Priesterstand meist als Broterwerb angesehen wird, sind unter andern eben so viele Standpunkte, aus welchen sich die Verflüchtigung des kirchlichen Geistes und dessen Verflachung mit dem sogenannten Zeitgeiste erklären läßt, wozu man schließlich noch beifügen kann, daß, namentlich bei dem jüngeren Clerus, vor übergroßem mißverstandenen Nationalitäts-Eifer jener für die Kirche retrograd wird. Fortsetzung folgt. Die katholische Religion, das beste Fun¬ dament des Staates. Von Franz Stuchlik. Fortsetzung. Ein höheres Gut und feste Stütze des Staates ist die Wahrheit. Wenn die Lüge herrschen würde, wäre es um das ganze gesellschaftliche Leben geschehen, das Gemeinwe¬ sen zu Grabe getragen. Es gäbe kein Vertrauen unter den Menschen. Ehre und guter Name könnten nicht be¬ stehen. Um diesem Verderben und Unheil zu steuern sprach Gott: „Du sollst nicht falsches Zeugniß geben wider deinen Nächsten." Exod. 20. „Lüge nicht. Levit, is. — Was Gott hier verbietet, das haben Gesetzgeber selbst bei heid¬ nischen Völkern mit den schärfsten Strafen belegt, ja fal¬ sche Zeugnisse selbst mit dem Tode bestraft. Und wie vor- theilhaft ist es für den Staat, daß die Offenbarung seine natürlichen Pfeiler heiliget, denn wären diese Fundamental¬ gesetze eines Staates bloße menschliche Gesetze, und ihre Sanction nur eine menschliche, o wie schwach würden diese Pfeiler das Staatsgebäude stützen! Wie Wenige würden das Schwert fürchten, das die Obrigkeit führt, um dem Gesetze Achtung und dem Uebertreter Furcht einzuflößen". Denn wer, außer den Schwachen und Kleinen fürchtet sich in menschlichen Dingen? Die Starken, die Mächtigen wissen sich stets zu helfen, es gibt fast immer einen Aus¬ weg. — Die menschlichen Gesetze, hat ein Philosoph ge¬ sagt, sind wie Spinnengewebe, die großen Mücken durch¬ brechen sie, und kommen durch, nur die Kleinen fangen sich. Traurige Belege für diese Wahrheit, geliefert von Menschen, die in den heiligsten Pflichten und Menschen¬ rechten nur Menschenwerk sahen, liefert die Gegenwart zu viele, als daß ich sie aufzählen könnte. Ihre schwarzen Thaten sprechen deutlicher als eine Feder.—Was wird aber erst geschehen, wenn die kleinen Mücken, das Volk, wel¬ ches nicht Kraft hat das Gewebe durchzubrechen, kein reli¬ giöses Bewußtsein hat, und nur durch weltliche Klugheit und Furcht zusammengehalten wird? Dann wird es die Pflichten als Unterthan träg und saumselig erfüllen, es wird einem müden Lastrhiere gleichen, das nur dann die Bürde weiter schleppt, wenn es den Stachel seines Führers fühlt. Es wird sie in Geheim wenn es ohne Zeugen ist, wenn es die sonst zur Züchtigung ausgestreckte Hand des Gesetz¬ gebers gelähmt erblickt, oder überhaupt durch schleunige Flucht dem Polypenarme der strafenden Gerechtigkeit zu entwischen hoffet, leichtsinnig und oft höhnend übertreten, überall nur seinen Vortheil suchen, das Vaterland, statt es zu vertheidigen mit Einsetzung seines Lebens vielmehr an den Feind durch Verrath überliefern. Es wird im gehei¬ men Winkel, wohin der Arm der Polizei nicht reicht, schänd¬ liche Pläne schmieden, durch geheime Verschwörung sich kräftigen, um das Gewebe, das es bisher gefangen hielt durchzubrechen, und wehe dann der Obrigkeit, wehe den ruhigen Staatsbürgern! Es wird gleichen einer entfesselten blinden Kraft, welche die Züge! ihrer Macht abgeworfen hat. Es wird Alles zerbrechen, umstürzen, ohne zu wissen, wohin es geht, was es lhut, kaum was es will, und wenn es seine Kräfte mißbrauchte, nur aus Furcht vor neuer Knechtschaft ruhen. Belege hiezu liefern uns Völker, die sich Muster der Intelligenz nennen, und deren Treiben nach¬ zuäffen man so sehr liebt. Doch wie ganz anders steht es um das Wohl des 61 Staates und seiner Bürger, wenn der Geist unserer heil. Religion ihn belebt, welche sowohl dem Regenten als dem Regierten ihre Pflichten vorschreibt und sie damit nicht zu¬ frieden stellt, wenn selbe nur legal, nur äußerlich erfüllt werden, wenn nicht zugleich die innere Gesinnung des Her¬ zens rein und gut ist. Sie greift das Uebel an der Wur¬ zel an, denn das Herz ist die Quelle alles Bösen, wie uns ihr göttlicher Stifter lehrt: »Aus dem Herzen kommen die bösen Gedanken, Todschläge und Ehebrüche, Hurerei Dieb¬ stähle, falsche Zeugnisse. Matth. 15. Alles Unrecht, das verübt wird, wird allererst im Herzen erzeugt und geboren, auch begangen, wie Er es selbst gesagt: „Daß ein Zeder, der ein Weib ansieht, ihrer zu begehren, schon mit ihr die Ehe gebrochen hat in seinem Herzen. Matth, s. Za Er pries nur Jene selig, die ein reines Herz haben. Des¬ halb sprach Gott schon im A. B. „Du sollst nicht begehren"; Laß dich nicht gelüsten. Exod. 20. Deutr. 5.» — Wie ganz anders wird die Handlungsweise der Obrig¬ keit beschaffen sein, wenn sie durch unseren heil. Glauben motivirt ist, der ihnen mit heiligem Ernste zuruft: „Höret, ihr Könige und verstehet, lernet ihr Richter des Erdkrei¬ ses! Neiget eure Ohren, die ihr die Scharen lenket, und Freude habt an Völkerschaften. Denn die Herrschaft ist euch vom Herrn gegeben, und die Macht vom Allerhöch¬ sten, der eure Werke untersuchen, und eure Gedanken durch¬ forschen wird. Denn da ihr Diener seines Reiches wäret habt ihr nicht recht gerichtet, habt das Gesetz der Gerech¬ tigkeit nicht gehalten, noch gewandelt nach dem Willen Got¬ tes. Schrecklich und schnell wird er euch erscheinen. Denn ein sehr strenges Gericht wird über Diejenigen ergehen, welche das Regiment führen! Weish. — Wie ganz anders wird die Pflichterfüllung der Regier¬ ten sein, wenn sie im Geiste der heiligen Religion geschieht, die ihnen Zuruft: Röm. 13. „Wer sich der Obrigkeit wi¬ dersetzt, widersetzt sich der Anordnungen Gottes; und die sich widersetzen, ziehen sich selbst Verdammnis; zu; denn GottsS Dienerin ist sie, und sie trägt nicht umsonst das Schwert — darum ist es eure Pflicht, daß ihr unterthä- nig seid (eueren Vorgesetzten) nicht allein wegen der Strafe sondern auch wegen des Gewissens, d. h. nicht allein we¬ gen den nachtheiligen Folgen, welche die Obrigkeit über euch verhängt, wenn euer Vergehen offenkundig wird; sondern auch wegen den Vorwürfen, die euch euer Gewissen ma¬ chen würde, daß ihr euch durch euer» Gehorsam der Liebe und des Wohlgefallens Gotttes unwürdig zeiget, euch sein Mißfallen und seine gerechte Züchtigung nicht nur dießseits, sondern auch jenseits des Grabes — in der andern Welt zuziehct". Fortsetzung folgt. Memorandum des Cpiscopats der mährischen Kircherrprovinz. Fortsetzung. §. 13. Umgestaltung der Gesetzgebung in Ehe¬ sachen. Nach dem katholischen Lehrbegriffe ist die Ehe nicht nur ein höchst wichtiger folgenreicher Vertrag, sondern auch ein Sakrament, sonach steht es der Kirche zu, theils jene Bestimmungen des natürlichen und göttlichen Rechtes her¬ auszustellen, von deren Vorhandensein die Giltigkeit dieses Sakramentes abhängt, theils positive Vorschriften über die Modalitäten der gilrigen und erlaubten Eheschließung zu er¬ lassen, denen sich die Katholiken zu fügen haben. Desglei¬ chen folgt auS diesen Voraussetzungen, daß der Kirche die Gerichtsbarkeit in Ehesachen nicht streitig gemacht werden kann. Die dießfällige Berechtigung der Kirche ist klar ausgespro¬ chen in dem Concilium von Trient. (8ess. 24äemstrim. euo. 4. et 12.) Dagegen kann auch der Staat Gründe haben, über die¬ sen auf seine Wohlfahrt sehr einflußreichen Gegenstand Gesetze zu geben, nur sollen diese niemals der Arc sein, daß sie das Gewissen der Seelsorger oder der Gläubigen beirren, weil dies gegen die volle Gewissensfreiheit wäre, welche allen Staatsbürgern durch die Verfassungsurkunde (HI. §. 12.) gewährleistet worden ist. Bezüglich dieser Angelegenheit ist in Oesterreich die kanonische Gesetzgebung vielfach sup- primirt worden. Man hat von dem der kärglichen Gesetzge¬ bung sehr zusagenden, an sich aber äußerst problematischen Principe ausgehend, daß der bürgerliche Ehevercrag die Materie und die priesterliche Einsegnung die Form des Ehe¬ sakramentes ist, die Ehe ganz in das Ressort der Civilge- setzgebung gezogen und die Kirche oft verunglimpft, wenn sie in dem Bewußtsein ihrer Berechtigung und Verpflichtung im Hinblicke auf die kanonischen Vorschriften nicht zu Allem und Jedem ihre Zustimmung geben konnte, was der Staat anzuordnen für gut fand. Es hat eine Zeit gegeben, wo die Staatsverwaltung zur offenbaren Kränkung der kirchlichen Gerichtsbarkeit in ihren angestammten Gerechtsamen an die Bischöfe, den Clerus und das Volk die Anforderung machte sich der kirchlichen Gesetzgebung in Ehesachen in trotzigem Ungehorsam entgegen zu stellen, welche Anforderung im Laufe der Zeit durch billigere bürgerliche Vorschriften und eine tolerablere Praxis wohl gemildert, niemals aber ganz außer Kraft gesetzt worden ist. Den Canon des Conciliums von Trient: 8i guis äixerit, vuusas matrimoniales non speotare aä jnäioes eoolesiastioos anatlwma sit, hat man mit dem §. des bürgerlichen Gesetzbuches beantwortet, wel¬ cher die Verhandlung über die Ungiltigkeit einer Ehe dem Landrechte des Bezirkes zuweiset, worin die Ehegatten ih¬ ren ordentlichen Wohnsitz haben. Und so ist es geschehen, daß derselbe Bischof (was in der Olmützer Erzdiöcese der Fall ist) in einem Theile seiner Diöcese, der in dem Kö¬ nigreiche Preußen liegt, den Canonen gemäß sein geistliches Ehegericht mit den vorgeschriebenen drei Instanzen hat, in in dem andern aber oft nicht einmal in die Kenntniß kommt, wenn durch die bürgerlichen Gesetze eine Ehe als ungiltig erklärt wurde. Za es unterliegt keinem Zweifel, daß die österreichische bürgerliche Gesetzgebung bei den Vorschriften über die Ehen der Akatholiken und Israeliten die religiösen Principien derselben in einem größeren Umfange wahrge¬ nommen hat, als bei den Bestimmungen über die Ehen der Katholiken. Es möge deshalb in Hinkunft die Kirche nicht ferner beirrt werden, wenn sie in Ehesachen ihren eigenen Normen folgt nnd die ihr dießfalls zustehende Gerichtsbarkeit ausübt, wobei die Staatsverwaltung wohl daran thun wird, wenn sie in ihre Gesetzgebung in Ehesachen keine antikirchlichen Grundsätze aufnimmt, sondern es sich angelegen sein läßt, Hand in Hand mit der Kirche zu gehen. Geschieht dieß nicht, so müssen nicht nur die Bischöfe und katholischen Pfarrer, sondern auch die Eheleute und andere Katholiken mit ihnen in große Verlegenheiten kommen, weil sie eine auf Grund der bürgerlichen Gesetzgebung in Ehesachen von den weltlichen Gerichtsbehörden ausgesprochene Trennung oder Ungiltigkeitserklärung der Ehe in der Kirche nicht an- 62 erkennen/ihr keine kirchliche Kraft und Wirkung beilegen ken¬ nen, wenn die bischöfliche Behörde ihre Gerichtsbarkeit in deren Angelegenheiten nicht ausüben darf. Nach unserem Ermessen soll der Staat einem Katholiken nicht erlauben, was allge¬ meine Kirchengesetze, denen er durch Ungehorsam öffentlich Hohn spricht, in so wichtiger Sache ihm verbieten. Denn auch diese Kirchengesetze stehen unter dem Schutze des Staates und versagt der Staat diesen Schutz, so hat sein jus xrc>- teolionis et aävooatiue keinen Sinn und keine Bedeutung, es müssen Zndifferentismus, Religionsverachtung und Zügel¬ losigkeit einreißen, welche die Fundamente des Staates un¬ tergraben, Altar und Thron erschüttern, Verderben und Trauer in die Familienkreise bringen. So lange sich Jemand zur katholischen Kirche bekennt, steht er unter ihren Gese- zen und diese müssen von Jedermann als sein Gewissen bin¬ dend angesehen werden. Will er sie nicht mehr befolgen, so verlasse er die katholische Kirche, man kann und wird ihn daran nicht hindern, er hat hierin volle Gewissensfreiheit. Doch die Kirche selbst wird sich bemüßigt sehen, jene von ihrer Gemeinschaft förmlich zu trennen, welche ihre Gesetz¬ gebung verachten, sich ihr nicht fügen wollen. Dringend ist es endlich zu wünschen, daß bei Verhand¬ lungen über Ehedispense jener ermüdende, für die Parteien äußerst drückende Geschäftsgang beseitigt werde, welcher bis nun beobachtet wurde. Eine sehr bedeutende Abkürzung die¬ ses Verfahrens wird schon die Beachtung des oben im §. 10 Gesagten mit sich bringen. Uebrigens kann die ausschlie¬ ßende Dispensgewalt in Ehesachen, mit Ausnahme jener Fälle, in denen die Bischöfe durch die Canonen oder durch die vom Papste erlangten Fakultäten zu dispensiren ermäch¬ tigt sind, dem Oberhaupte der Kirche und dem Mittelpunkte ihrer Einigung nicht abgesprochen werden. Der Papst besitzt nach den dogmatischen Principien die höchste Macht, welche von den positiven kirchlichen Gesetzen Ausnahmen gestatten kann. Wäre dies; nicht der Fall, so hörte er auf das sichtbare Oerhaupt zu sein. Könnte er keine Ausnahmen gestatten, so hätte er nicht die unbegränzte Schlüsselgewalt, ertheilten auch Andere solche Ausnahmen, so wäre die höchste kirchliche Auktoritäc nicht in dem Papste allein koncentrirt. Die unbedingte Überlas¬ sung der Dispensgewalt in Ehesachen an die Bischöfe kann ohne widerrechtliche Verkürzung der Auktorität des Ober¬ hauptes der Kirche nicht Statt finden, dessen rechtmäßige Gewalt dadurch unwiderruflich in Unlhätigkeit versetzt würde. Dieselben Gründe erheischen es, daß, wo es nothwen- dig oder ersprießlich erscheint, eine Nachsicht von dem Auf¬ gebote eintreten zu lassen, auch die bischöfliche Dispens ein¬ geholt werde, indem das Gebot der feierlichen Eheverkündi¬ gung in der Kirche in dem Concilium von Trient (Hess. 24.