Mungo Park's Reisen in Afrika. Neu bearbeitet U0ll Friedlich Ltcgcr. Ncuc AllSgalic. Leipzig, 1867. Vcrlnl, von O. Scnf'? ö»chl>ailt>lli!ili. Mungo Park's Reisen in Afrika. Von der Westküste zum Niger. Neu bearbeitet Dr. 3ricdltcl, St eg er. Neue Ausgabe. Leipzig. 1807. Vtrlag Uliü G. Zcnf's öuchliandlung. Vorwort. Unsere Zeit ist der Oedipus des geographischen Räthsels: Afrika. Sie vollbringt in dem Lande der schwarzen Mensche», was das sechzehnte Jahrhundert in Amerika ausgeführt hat. Mit Mungo Park beginnt eine Neihc glücklicher Reisen — für die Wissenschaft glücklich, für die kühnen Entdecker meistens unglücklich — die von 1795 an den Nelttheil allmalig erschlossen haben. Aus diesem Mrnnde eröffnen wir die Bibliothek der alteren Reisen mit Mungo Park. Wie von ihm bis zn Varth, Overwcg und Vogel die Summe unserer Kenntnisse vom Niger lind den Nigerländcrn sich erfreulich erweitert hat, wird im Anhange zum 16. Kapitel: Der Niger und die Niger-rcisen, erzählt werden. Hier ist der Ort, der Reisen an die afrikanische Westküste bis zn Mungo Park, soweit sie auf Sencgambicn Bezug haben, zu gedenken. Der Vater der Geschichte, Herodot, schildert den Nordrand der großen Wüste, dieser furchtbaren Naturschranke zwischen den Atlasländern und dem Nigerbecken, mit bewunderungswürdiger Genauigkeit. Im jetzigen Fezzan lebten die Garamanten, ein schüchternes uud einsiedlerisches Volk, das jeden Verkehr mit Fremden mied, keine Waffen besasi und nicht einmal einen Versuch machte, feindlicher Angriffe sich zu erwehren. Jenseit der Garamanten wohnten-die Acthiopier in Höhlen. Neber die Säulen des Herkules hinaus kannte Herodot blos noch ein Volk, mit dem die Karthager auf eine eigenthümliche Art Handel trieben. Landete ein Schiff, so zündete die Mannschaft ein gewaltiges VI Vor w ort. Feuer an, legte Waaren daneben nnd entfernte sich. Nun kamen dic Eingeborenen herbei, häuften so viel Gold anf. als die karthagischen Artikel nach ihrer Ansicht werth waren, nnd zogen sich ihrerseits zurück. Erschien den Schiffern das Angebot als unangemessen, so berührten sie das Gold nicht, und die Wilden nachten dann znlegeu oder das Geschäft zerschlug sich. So wenig diese Mittheilungen uns sagen, hatten doch bereits, wie Herodot selbst berichtet, zwei Entdeckungsreisen stattgefunden. Afrika war umschifft worden, nnd Angehörige eines gebildeten Volks hatten den Tschadscc gesehen. Die Fahrt rings um den Wclttheil wurde unter Necho, also im Anfang des siebenten Jahrhunderts v. Chr., von vhö-nicischen Seeleuten unternommen. Eic berichteten nach ibrcr Rückkehr, daß sie unten an Afrika die Sonne zur Rechten oder nördlich gehabt hätten. Gerade diese Erzählung, welä'c das Alterthum als ein Märchen behandelte, beweist, daß die Phönicier wirklich über den Aeqnator hinausgekommen sein mußten. Die zweite Entdeckungsreise unternahmen fünf junge Leute auö dem Bezirk südlich vonEyrcne. Sie drangen durch die Wüste, erreichten eine der westlichen Oasen, gcricthcu dort in die Gefangenschaft schwarzer Männer lind wurden an großen Seen und Sümpfen vorbeizn einer Stadt geführt, bei der ein grosser Strom in östlicher Richtung vorbciftoß. Rennell und Heeren vermutheten in dieser Stadt Timbuktu, in dem Fluß den Niger; nach Clappcrtons und Den-hams Entdccknngen ist es wahrscheinlicher geworden, daß der Fluß der Icon oder Strom von Bornn, die Seen nnd Sümpfe aber der Tschad waren. Ebenso unbestimmt und für die Wissenschaft unfrncktbar wie diese Nachrichten war Alles, was man durch spätere Reisen über die afrikanische Westküste erfuhr. Der Perser Sataspcs kam bis zu der Gegend, wo die Sahara, stetig gegen Westen vordringend, mit mcilcn-langcn Sandbänken in das Gebiet des Atlantischen Oceans eingreift, und sprach von nichts als von den Schrecken seiner Reise, die allerdings furchtbar gewesen sein mußten, da er lieber am Krcnze starb, als die Umschiffnng von Asrika vollendete. Wie weit der Karthager Hanno etwa um 570 v. Chr. gekommen sein mag, laßt sich aus den vorhandenen Berichten so wenig ermitteln, daß man bald die Mündung des Vorwol t. VII Nun. bald den Gambia, bald die Insel Sherbro als den Endpunkt seiner Reise nennt. (5m letzter Entdecker aus dem Alterthum, Eu-doxus aus Cycikus (um 130 v. Chr.) wird von den Alten, namentlich von Strabo, als Lügner bezeichnet. Vis zu der Saharaküste must er indessen gekommen sein, und was man von der Beharrlichfeit Hort. mit der er aller Orten, bald bei Königen und bald bei Kaufleuten um Unterstützung für seinen Plan der Umschissung Afrika's bettelte, flößt Theilnahme für den unglücklichen, noch im Grabe ungerecht bcur-theilten Mann ein. Im Mittelaltcr bewährte sich der alte Spruch: 3emp?l- ali^iiä novl «x >Vlncn für die christliche Welt nicht. Es gingen im Innern große Veränderungen vor: die Keime der jetzigen Zustände, Europa erfuhr von ihnen wenig oder nichts. Arabische und maurische Flüchtlinge, Händler, Hcidenbekebrer und Krieger fanden den Weg durch die Wüste nach den südlichen Gebieten, knüpften Handelsverbindungen an, die in ihrem Wesen und Charakter bis auf den bcutigen Tag dieselben geblieben sind, verbreiteten ihren Klauben, an dem die Versuche unserer Olaubcnsbotcn scheitern, und gründeten Reiche, deren blühendste Ghana (Kano), Tocrur (Sackatn) und Knkn (Bornu). aufrccbt stebeu geblieben sind. Wie wenig diese Fremden die Westküste kennen lernten, erhellt ans dem einzigen Umstände, daß sie bei ihren Angaben der Entfernung des Atlantischen Oceans von Sackaiu um mehr als dreihundert deutsche Meilen irren. Nicht einmal Ibn Batnta war vollständig unterrichtet. Er begeht manche Verwechselungen, der Yeou z. B. ist ein Ncick. das der Nil (Niger) aus seinem Wege von dem Westen nach Aegvvten durchströmt. Als die erste genaue arabische Schilderung von Afrika in Enropa allgemein bekannt wurde, als LeoAfricanus unter den Anspielen Leo's X. scbrieb. hatten die Entdeckungsreisen der Portugiesen seit Jahren begonnen. Dieses Volk wurde durch die geographische Lage seines Landes nnd dnrch seine Kriege mit Marokko auf die Westküste lnugewiesen. 1433 umfuhr Giliancz das Eav Bojador, 1443 fand Nuiio Tristan jenseit des Weißen Vorgebirges die Insel Arguin. wo mau die erste Kunde von Ludamar und Vambarra erhielt. 1446 entdeckte Diaz Fernandez das Grüne Vorgebirge, im folgenden Jahre lief Lancelot VIII Vorwort. in den Senegal ein. Nun hatte man cm fruchtbares Gebiet erreicht, das die ferneren Anstrengungen zu belohnen versprach. Wie weit die Portugiesen in den folgenden Jahren vordrangen, ob sie z. V. wirklich, wie Barros erzählt, durch Gesandtschaften mit Timbuktu in Verbindung traten, läßt sich mit furzen Worten nicht crörteru. Man hat in Lissabon aus Handclscifcrsucht verschwiegen, was man erfahren hat, und manche Kuude mag auch verloren gegangen sein. Im Jahre 1471 finden wir die Portugiesen an der Goldküste, also jenseit des Bezirks, auf den dieser Rückblick sich zu beschränken hat. Im Grunde war es ein rein materielles Interesse, dem die ersten Entdecker längs der Westküste nachjagten, aber man umkleidete dieses Ziel mit cincm romantischen Gcwandc. Man suchte den „Priester Io« hann," eine Persönlichkeit, die wohl ursprünglich in Ostasien vorhanden gewesen sein mag. wo europäische Reisende von einem mit einer gewissen weltlichen Macht bekleideten nestorianischcn Bischof gehört haben werden, dann aber in Abyssinieu und schließlich im Innern von Afrika vermuthet wurde. Der Seefahrer, der dcu Hof dieses fabelhaften Priesters gefnnden hatte, würde sich plötzlich auf einer schwindelnden Höhe von Ehren und Reichthümern gesehen haben. Als uach dem Verfall der portugiesischen Macht Engländer nnd Franzosen Schiffe an die Westküste schickten, lockte auch sie ein Schattenbild. Aber dieser Schemen war nicht mehr der Priester Johann, er hieß Timbuktu. Von dieser Stadt meldeten Berichte aus Marokko, daß ihre Reichthümer die Schähe von Mexieo nnd Peru weit überträfen. Man wnßtc, daß bei Timbuktu der Niger ströme, und mitbin handelte es sich nm die Lösung einer einfachen Aufgabe, um die Auffin-duug der Mündung des Nils der Schwarzen. Sowohl die Engländer als die Franzosen glaubten diese Mündnng zu kennen. Für die ersteren war der Gambia, für die letzteren der Senegal mit dem Niger identisch. Die ersten zuvcrlässigereu Nachrichten, die man im Lande selbst einzog, bestärkten die Welt in dem doppelten Irrtbnm. Man hörte von dem Sce Mabcria — es ist der Dibble — und nun mußte dieses mächtige Wasserbecken der Ursprung der beiden Ströme sein, zwiscben denen Scnegambicn liegt. Zwei geographische Orakel ihrer Zeit. Dclille und d'Anville. haben an diesem Sackvcrhältniß nicht gc- Vorwort. IX zweifelt. Der Wetteifer erwachte, und die Franzosen nahmen den Se-uegal, die Engländer den Gambia für sich. AufIanncquin, der im November 1637, in Dieppe beim plötzlichen Anblick eines nach Afrika bestimmten Schisses von unwiderstehlicher Reiselust ergriffen, den Senegal besuchte, folgte 1697 der Sienr Vruc, der von allen Franzosen die meisten Anstrengungen machte, ins Innere vorzudringen. Weit über Kaheide hinaus gelangte er zu dem Orte Dramanct, wo auf seinen Vorschlag das Ioscphsfort gebaut wurde, nnd zu den Felnh-Wafferfällen. Er trug besonders zu dem Entstehen der Meinung bei, daß der Senegal einer der beiden in dem See Maberia entspringenden Nigcrarme sei, und schilderte Vambuk, das er allerdings nicht selbst betrat, als eines der reichsten Dorado's der Erde. El erbot sich. dieses Goldland mitzwölfhundcrt Mann zu erobern, doch die Apathie, die damals und noch viel später in Frankreich hinsichtlich der Eolonieen herrschte, ließ seinen Plan scheitern. Der französische Entdecknngstrieb erkaltete; man beutete am Senegal aus, was man in der unmittelbarsten Nähe hatte: die Gummiwäldcr der Vegetationsgrenze zwischen den Flnswarschcn und dem endlosen Sande der Sahara. Die Engländer bewährten sich als kühnere und glücklichere Entdecker. Eine Handelsgesellschaft, deren Entstehung in das Jahr 1616 fällt, gab den Antrieb. Noch in demselben Jahre segelte Richard Thompson mit der Katharina, einem Schiff von 120 Tonnen, zum Gambia und untersuchte den Strom bis Kassan aufwärts. Von den späteren Fahrten des siebzehnten Jahrhunderts trägt nur die, welche Richard Hobson 1620 und 1621 ausführte, den Charakter einer Entdeckungsreise. Was man wirklicl, fand. crmuthigtc nicht sehr. Die wilden Einwohner kannten kein anderes Bedürfniß als Salz, so daß der englische Handel in ilmcn keine besonders gnten Abnehmer finden konnte, der Fluß war mit Sandbänken und Untiefen angefüllt und seine Luft entlud auf die Fremden Fiebcrstossc. Die Tbiere, denen noch kein Respect vor enropäischen Flinten und Geschützen beigebracht worden war, machten gefährliche Angriffe. Ein Elephant trieb eine ganze Schiffsmannschaft in die Flucht, ein Flußpferd, bei einem Spaziergange auf dem Boden des Flußbetts mit einem Boot in nnangc- X Vorwort, nehme Berührung gekommen, schlug mit seinen Zählen dcm Kiel cin schlimmes Loch, selbst 'Affen zogen gegcn dic ungcivobntcn Gäste ins i>cld. Die Krokodil,.'zählte man »ach Dutzenden, Flußpfcrdc schnoben und schnarchten in jeder Bucht, Elephanten in Heerden bis zn sechzehn Stück zeigten sich oft. von Affen sah man einmal cin völliges, in drei Treffen geordnetes Heer, das erst vor den englischen Kartätschen wich. Vermuyden, der in den Jahren 1660 und 1665 zwei Reisen machte, war ein gewöhnlicher Goldsucher. Dennoch brachte er der Wissenschaft entschiedenen Nntzen, denn seine Erzählung von Gold-mincn mit einem solchen Ueberfluß des edlen Metalls, daß er vor Freude und Bewunderung ausicr sick, gewesen sei, fübrto einen späteren Leiter der afrikanischen Handelsgesellschaft, den Herzog von Chandos, auf den Gedanken, dem Verfall seiner Gesellschaft durch eine Entdeckungsreise in das Goldland zu steuern. Bartholomews Stibbs, der 1723 von England abging, war für die ?lnfgabe wie geschaffen. Obgleich der Bau von Kähnen sich so verzögerte, das? die ungesunde Regenzeit herankam, obgleich seine Schwarzen sich weigerten, über die Fälle von Varraconda, die ihnen für das Ende der bewohnbaren Welt galten, hinaufzugehen, und obgleich der Sandbänke und Untiefen im obern Gambia immer mehr wurden, erreichte er doch cin Strom» gebiet, wo es ihm zweifellos wurde, daß der Gambia unmöglich der Niger sein könne. Die Entmutbigung. die sein Bericht hervorbrachte, war zu tief, um bald schwinden zu können. Während die entserntestcn Erdwinkel vom englischen Unternehmungsgeist erreicht wurden, ließ man das Hinterland der Factoreicn am Gambia unberührt. Als in ,volgc zahlreicher und großer Entdeckungen das stelze Bewußtsein erwachte, daß die Engländer vor allen Völkern der Erde berufen seien, in jedes gco. graphische Dunkel Licht zu tragen, konnte das nicht länger so bleiben. Es entstand eine afrikanische Gesellschaft, deren erste Vorsteher Lord Nawdon, der spätere Marquis von Hastings, Sir Joseph Banks, Beausoy und Stuart waren. Diese Gesellschaft vermochte den Reisen» den nichts als die Uebernahme aller Kosten zu bieten, aber sie vertraute, daß der Ruhm cin scharfer Sporn sein werde, lind sie vertraute mit Recht. Vorwort. XI Den beiden ersten Reisenden wnrde die Nordküste zur Basis Zugewiesen. Dnrch beide gewann man einige Angaben von Eingcborc-ncn, weiter nichts. Ledyard, dervom Tennaar aus die ganzeBreite des Continents durchwandern wollte, starb in Acgypten, Lucas, der von Tripolis ausging, mnßte in Mcsnratc umkehren. Den dritten Reisenden, Major Honghton, ließ die Gesellschaft vom Gambia ausgehen. Im Frühling 1791 begann dieser thätige und kühne, aber unbesonnene Mann seine Reise nnd ging dnrch Woulli und Bambuk an den Falcme. Von Timbing erhielt man seinen letzten Brief, der blos die Worte enthielt: „Mojor Houghton grüßt 1»r. Laidley. Er befindet sich in gnter Gesundheit anf dem Wege nach Timbuktu. Fenda Bucars Sohn hat ihn aller Waaren beraubt." Seine spateren Schicksale werden wir aus Mungo Parks Munde hören. Eben als Nachrichten eintrafen, welche den Tod Honghtons fast gewiß machten, kebrte Mnngo Park von einer Neisc nach Indien zurück. Sein unglücklicher Vorgänger hatte nur den einzigen Vorzug vor ilnn, in Marokko und Goree an das afrikanische Klima gewöhnt worden zn sein, in allen anderen Beziehungen wurde er von nuserm Reisenden übertreffen. Dieser, ein Wundarzt, hatte sich eine wisscn-schastlicbc Bildung angeeignet nnd besaß namentlich botanische Kenntnisse. Mit der kalten Besonnenheit, die man allen Schotten nachrühmt, verband er schlichte Gewohnheiten und eine seltene Wahrheitsliebe. Sein kräftiger Körper war abgehärtet und hat in der That, von dem höchsten sittlichen Muth unterstützt, dem Fieber getrotzt. In den folgenden Blättern findet der Leser Mungo Park's beide Reisen ins Innere von Afrika. Die erste ist ihrem wissenschaftlichen Werth nud ihrem in jeder Beziehung vortrefflichen Inhalt entsprechend ausführlich, die zweite im Auszuge wiedergegeben. Von der eisten Ncise bat der berühmte Reisende selbst eine Beschreibung ansgcarbeitct, die ihm auch in der deutschen Uebcrtragung in den Mund gelegt werden mnßte, wenn sie nicht viel von ihrem schmucklosen Neiz, ihrer Lebendigkeit, ihrer Natürlichkeit verlieren sollte. Von der zweiten Ncise liegt blos ein Tagebuch vor, die ersten Striche und Umrisse des Gemäldes, das Mungo Park, wenn ihm eine glückliche Rückkehr bcschicden gewesen wäre, ausgeführt haben würde. Dieses Tagebuch zu übersetzen, X!I Vorwort. konnte dcr deutsche Bearbeiter um so weniger sich aufgefordert fühle!,, als er neben demselben Briefe und Depeschen Mnngo Parks zu berücksichtigen hatte, die er, wenn er die ErzählungSfl'rm der ersten Reife beibehalten hätte, in Anmerkungen zu verweisen genöthigt gewesen wäre. Benutzt wurden von ihm zu dieser zweiten Neise außer dem •jpatt}? titters: Mungo Park, the journal of a Mission etc. in the interior of Africa in the year 1805 (2. Ed. London 1815), nod) Me Nou-vcllc biblioUiequc des voyages anciens et modernes, T. IX. linb Hugh Murray, Tlie African Continent, a Narrative of discovery and adventure, London 1853. Inhalt. Erstes Kapitel. Beweggründe z»r Reise. - Verhaltsbcfehle und Abfahrt. — Ankunft zu Dschillifre am Gambia. — Abreise nach Vintain. — Die Fe-lups. Fahrt auf dem Gambia „ach Iukacouda. — Ankunft bei 0>-Laidlev. — Pisania nud die dortige Factorei. — Mungo Park erkrankt. — Beschreibung des Landes. — Vorbereitung znr Reise in das Innere. ' S l Zweites Kapitel. Die Felups. die Iolof. die Fulah, die Mandingo. —Nachrichten über den Handel der Kiistenvölker nuter sicl^ mit den^Europäern und mit dem Vinneulande. — Karawanen nnd ^clavenhandcl. — Eigenthümliche Wcrthmesscr im Innern nnd an der Knste, Kauris nud Eisenstäbe S. 9 Drittes Kapitel. Abreise von Pisania. — Mnugo Parks Begleiter. — Ankunft in Iindeu. — Erzählung eines Mandingo von einer ^öwcnjagd. — Reise nach Medina, der Hauptstadt von WonM. — Zusammenkunft mit dem König. — Savhis oder Amnlete. — Reise nach Kolor. — Der Mumbo ^umbo. — Ringsriele. — Reise durch die Wildniß und An-knilft zu Tallika im Reiche Vondn. S. 18 Viertes Kapitel. Tallika und seine Einwohner. — Abreise nach Fattcconda. — Vorfälle anf der Reise. — Anknnft zu Korkarani. — Der ssalcme uud seine Fischereien. — Ankunft iu Fattcconda. — Erste Zusammenkunft mit dem Almami oder Konig von Vondu. — Der königliche Palast. — Der Monarch bittet sich Mungo Parks blauen Rock ans. — Besuch bei den Francn des Königs. — Eine Reise bei Nacht. - Ankunft in Yoaa. -Mittheilungen über das Königreich Bondn uud die Fnlcch. G. 29 Fünftes Kapitel. Das Königreich Kadschaaga. — Die Scrawoullis, ihre Sitten und ihre Sprache. - Die Grenzstadt Ioag. —Mungo Park wird auf Vefebl des Königs beleidigt und der Hälfte seiner Sachen beraubt — Mit?id einer Sclaviu. - Dcmba Scgo Neffe des Königs von Kasson. erbietet sich. Mnugo Park nach ^enem Re,chc zu geleiten. - Abr se und A,! ich e^cich"'"' " ^"U über den Senegal - Kasson wird gMck- XIV Inhalt. Sechstes Kapitel. Ankunft in Tisih. — Unterredung mit dem Bruder des Kö,iigs. — Mnngo Park wird in Tisih znri'ickgcbalteu. — Eiuige Bemerkungen nbcr diesen Ort und seine Einwohner. — Bcgebenbeiten daselbst. — Mnngo Park wird abermals beraubt. — Abreise nach der Hanplstadt Knnia-kerri. — Begebenheiten auf der Reise und Ankunft in Knniakcrri. S. 48 Siebentes Kapitel. Mnngo Park wird vom Könige gnt aufgenommen. — Vorfälle wahrend dcs Aufenthalts i» Knniakerri. — Abreise nach Kcmmu, der Hauptstadt von Kaarta. — Der König räth Mungo Park wcgcn des bcvorstebenden Krieacs mit Bambarra. seine 3leise nicht fortzusetzen. — Mnngo Park bebarrt jedoch auf seinem Vorsätze und beschließt, nach dem maurisclie» Reiche Ludamar zu gehen. — Anfbruch nach Dscharra mit starker Bedeckung. S. 56 Achtes Kapitel. Reise von K'cmmu »ach Fnuiugkadi. — Der Lotus. — Ein maurischer Ueberfall. — Reise i,ach Simbing. — Das Schicksal des Majors Hongl,-ton. ^ Ankunft iu Dscharra. — Der Krieg zwischen den Htaatcu Kaarta und Bambarra. S. t>4 Neuntes Kapitel. Dscharra. — Die Mauren am Tüdrande der Tahara. — Ali ertheilt Mungo Park Erlaubniß, durch Ludamar zu reisen. — Abreise ron Dscharra und Ankunft in Dina. — Möhaudlnua, dnrch Manrcn. — Neisc nach i^ampaka und Same?. — Mungo Park wird als Gefangener in das Lager von Venanu gcfnhrt. S. 71 Zehntes Kapitel. Vorgänge während der Gefangenschaft Mungo Parks in Venann. — Ein Besuch üiaurischer Frauen.— Ein Begräbnis; und eiue Hochzeit.— Mungo Park wird r-ou dcr Braut auf eine eigenthümlich^ Art beschenkt. — Audere Vorgänge, welche den Charakter und die bitten der Mauren schildern. ' E. 8Z Elftes Kapitel. Weitere Vorfälle im Lager. — Einige Nachrichten über Hanßa und Timbuktu. — Beschreibung'des Weges von Marokko nach Nenauu. — Ali flieht nach dem Norden. — Das neue ^ager. - Vorstellung bei der Königin Fatime. — Großer Wassermangel. S. 9l Zwölftes Kapitel. Sitten und Charakter der Mauren. - Ihre Schulen. — Ein gelehrter Priester. — Das weibliche Geschlecht. — Beschäftigung der Frauen. — Kraukheitcu. — Rechtspflege uud Vcrfanuug. — Die Krieger. — Die Sahara und ihr Thierlcbcu. — Wandeniugcu der Mauren. S. W Dreizehntes Kapitel. Mungo Park darf Ali nach Dschana begleiten.—Der treue Demba wird zum Sclaven gemacht. — Ali kelnt »ach dem Lager zurück, Mungo Park bleibt in Dscharra. — Anmarsch des Heers von Kaarta. — Mungo Park begleitet die fliehenden Einwohner. -- Er entkommt den Mauren. S. lW Inhalt. XV Vierzehntes Kapitel. Mungo Park wendet sich gegen Südosten. — Der Durst bringt ihn dem Tode nahe. — Rcttnng durch einen Gewitterregen. — Ein' Dorf der Fnlah. — Fortsej^nng der Reise dnrch die Wilduiß. — Gastfreie Aufnahme bei einem Hirten. — Mungo Park erreicht die Negcrstadt Wawra. S. 118 Fünfzehntes Kapitel. Abreise nach Warsibo. — Mungo Park wird von Flüchtlingen aus Kaarta begleitet— Entdeckung des Nigers. — Sego. die Hauptstadt von Bambarrn. — D^r Konig Mausong weigert sich, Mungo Park zu empfangen, schickt ihm aber ein Geschenk. — Große, Gastfreundschaft einer Negerin. E. 125 Sechzehntes Kapitel. Abreise von Sego'nnd Ankunft in Kabba. — Beschreibung des Schib-oder Vutterbanmes. — Auknuft in Sansading. — Neue Miöhandlnugen durch Mauren. — MnugoPark dringt noch weiter gegen Osten vor. - Vorgänge anfdcrRcisc.— Ankunft zuMadibu.— MnngoPark muß seiuPferd zurücklassen. — ssahrt ans dem Niger. — Silla. — Entschluß, einem wcitern Vordringen gegen Osten zu cutsagen. — Einige Nachrichten vom Niger nud von den Städten, die im Osten des Flusses liegen. — An-haug des Ucbcrsehers: Der Niger und die Nigcrreiscu. S. 13? Siebzehntes Kapitel. Mungo Park wendet sich gcgcnWestcn zurück. —Ankuiift in Madibn. — Regen' und Uebcrschweuimung. — Nachstellungen des Königs vou Bambarra. — Weiterreise an den Ufern dec- Flus>cS. — Eine cmikaui-sche Belagerung. — Ucbcrgang über den Fluß Friua uud Ankunft in Tassara. S. Ili? Achtzehntes Kapitel. Ungastliche Aufnahme. - Begräbniß eines jungen Sclaven zu Snha. Mnnqo Park reist n^ch ^ulikorro und ernährt sich durch das Schrei» ben von Saphiö. — Ankunft in Marrabn. — Beschwerliche Ncise nach Nimmakn — Ueberfall und Plnndcrung durch Räuber. - Ein kleines Moos' ist Mnugo Parts Trost in der höchsten Noth. - Glückliche Ankunft in Sididnlu. S. 178 Neunzehntes Kapitel. Neaiernnqsform vou Manding. - Der Mansa von Sibidulu verschafft m?'.'. ' '1 ^r/ !e n Vferd nnd seine Kleider wieder. - Abrnse nach W da ^- E ne Hnngcrouoth nnd deren gräßliche^olgen. - Reise na?l Kamalia. - E'n'ge Nachrichten von dieser «-tad^ - Mungo Mtt w d voü einem Sla.i, .«arfa Taura. aus ,einem Eleud gerettet. — Er beschließt bis znr trocknen Jahreszeit m ^amaila zu bleiben, um mit dem Slati nach dem Gambia reisen zu köuucn. S. 188 Zwanzigstes Kapitel. Das Klima und die Jahreszeiten. —Die herrschenden Wiude. —Na» tnrlichc nnd knustlichc Erzeugnisse des Bodens. — Die Mandingo, ibr CharaNer ihre Sitten nud Gewohnheiten, ihrcHeirathen u.s.w. E. 1W XV! Inhalt. Ginundzwanzi^stes Kapitel. Fortsetzung der Nachrichten von den Mandingo. — Ihre Anüchtcn iiber dicHimmelskörper und die (Nestalt der Erde.—Ihre Olanben^nci-unngeu. — Ihre Ideen von der Foitdaner nach dem Tode. — Ibrc Krankheiten und Heilmittel. — Ihrc Ochräuche bei Begräbnissen, ihre Belustigungen nnd Beschäftigung"en. — Knnst »nd Industrie. V. 2W Zweiundzloanziqstes Kapitel. Der Zustand der Sclaven u. d. Quellen derSclavcrei in Afrika. S. 22t Dreiundlwanlissstes Kapitel. Der (Noldstanb und die Goldwäschen. —Eciu Wcrth in Afrika. — Das Elfenbein. -Die Neger wisse» es nicht zu schähcn. —Die Elephanten-Jagden. — Bemerkungen über die Vernachlässigung der natürlichen Vortheile des Landed nnd die möglichen Fortschritte. S. 230 Vierundzwanzigstes Kapitel. Weitere Begebenheiten zu Kamalia.—Arabische Handschriften unter den mohamedaulschc» Negern. — Die Erziehung nnd Bekehrung der Kinder. — Karfa kehrt zurück. — Der Ankauf und die Behandlnng der Sclaven. — Die Nhamadan-Fasten der Neger. — Abreise dcr^Kara-rvanc. — Begebenheiten auf dem Wege nach Kinikatnro. 3. '-41 ssünfunt^wanzissstes Kapitel. NeisednrchdieIallmika-Wildnisi.— Unglückliches Schicksal einer Scla-viu. — Ankunft in Snsita. — Reise nach Manna. — Die Iallonka.— llebcrgang über den Hauptarm des Senegals. — Eine sonderbare Brücke. — Ankunft in Malakotta. — Der König der Iolof. S. 25-l Sechsund;wanzigstes Kapitel. Neisc nach Konkadn undNebcrgang über den Flus-ssaleme. — Ankunft in Tambaconda. — Ercignisse auf der gleise. — Eine Fran mit zwei Männern. — (Neograpl'is'che Begrenuiug des Butterbaiims. — Ankunft an den Ufern des' Mambia. — Reise nack Medina nnd Iindcy. — Mungo Park begiebt sich mit .«alfa nach Pis.niia. — Vurgänge vor scincrAbreise von Asrika. — Rcise übcrWcstindien nach England. S. 267 Mllngo Park's zweite Reise. Erstes Kapitel. Mnngo Park in England. — Begeisterung nir ibn nnd seine Zwecke.— Plan einer zweiten Reise. — Abfahrt nnd Ankunft in ssorce. — Seine Begleiter. — Die Regenzeit ist nahe. — Aufbruch von Kaye inö Innere. — Der Silla. — T>,'-K!iro oder der Stein des Reisenden. — Goldgruben.-Mungo Parkwcickt von seinem früheren Wege ab. S. 285 Zweites Kapitel. Der Basing. —Mungo Park erblickt ten Niger. —Karfa. — Unterhandlungen mit Mansing, Honig von Bamba'rra. — Mungo Park wählt Eausading als Punkt seiner Einschiffung. 'S. 3l)2 Drittes Kapitel. Mungo Park kommt in Sansading a». - Scott und Anders,ou sterben. — Einschiffung anf dem Niger. — Mungo Park's Tod. — Seine Tagebücher. S. 312 Mungo Park's erste Reise. Im Jahre 1/95-1797. -M Erstes Kapitel. Beweggründe zur Neise. — Verhaltsbefehle nnd Abfahrt. — Ankunft zu Dschillifte am Gambia. — Abreist nach Vintai». — Die sse-lnps. — Fahrt auf dem Gambia nach Inkaconda. — Ankunft bei Dr, Laldley. — Pisauia und die dortige ssactorei. — Mungo Park erkrankt. — Beschreibung des Landes. — Vorbereitung zur Reise in das Innere. Es war nn Jahre 1793, als ich nicht lange nach meiner Rückkehr aus Ostindien erfuhr, daß dic Gesellschaft, die sich in London zur Erforschung des innern Afrika gebildet hatte, Jemand suche, der auf dem Gambia in diesen Continent einzudringen bereit sei. Ich war mit dem Vorsitzenden der königlichen Gesellschaft bekannt nnd ließ mich von ihm jenem Verein zur Erforschung des afrikanischen Binnenlandes vorschlagen. Ich wußte, daß Herr Houghton, Hauptmann der Infanterie und früher Platzmajor von Gorcc, im Auftrage des Vereins den Gambia hinaufgefahren sei und daß man mit Grund befürchte, er sei dem Klima oder der Treulosigkeit der Eingeborenen erlegen. Das muthmaß-liche Schicksal des Mannes schreckte mich jedoch nicht, im Gegentheil steigerte es meinen Eifer, der Entdecknngsgcsellschaft meine Dienste anzubieten. Ich hegte den leidenschaftlichen Wunsch, die Erzcuguisse eines so selten besuchten Gebietes zu beobachten und durch eigene Anschauung die Sitten und den Charakter seiner Bewohner kennen zu lernen. Ich wußte, daß ich fähig sei, Anstrengungen zu ertragen, und zweifelte nicht, daß meine Jugend nnd mein kräftiger Körper mich gegen die verhäng-nißvolleu Einwirkllngcn des Klimas schützen würden. Nachdem die Gesellschaft alle Erkundigungen über unch, die ihr als nöthig erschienen, eingezogen halte, erkannte sie mich als geeignet, ihre Zwecke zu erfüllen, und nahm mich in ihren Dienst. Man wies mir ein Gehalt an, das mir genügte, auf spätere Belohnung machte ich im Mungo P.nk. < 2 VerhcMbefchle und Abfahrt. II. Kap. voraus keinen Anspruch. Fand ich in dem Unternchiucn den Tod, so mochten meine Hoffnungen und Erwartungen mit mir untergehen; kam ich glücklich zurück, nachdem ich meinen Landslcutcn eine bessere Bekanntschaft mit Afrika vermittelt, ihrer Unternehmungslust und ihrer Betriebsamkeit ucue Quellen des Reichthums und neue Handclswege eröffnet hatte, so wußte ich, daß ich es mit Männern zu thun hatte, welche meinen erfolgreichen Diensten eine angemessene Belohnung nicht verweigern würden. Anfänglich war bestimmt worden, daß ich mit Herrn Jakob Willis abgehen solle, der vor kurzem zum Consul für Senegambien ernannt worden war und in dieser Stellung mir sehr nützlich sein konnte. Aber die Regierung gab diesem Herrn eine andere Bestimmung, und so gingen mir alle die Vortheile verloreu, welche ich mir von ihm versprochen hatte. Ich konnte diesen Umstand jedoch verschmerzen, da der Schriftführer des Ausschuffes, Heinrich Veaufoy, mir ein Empfehlungsschreiben an Dr. Johann Laidlev gab. Auf denselben Herrn, der viele Jahre in einer der englischen Factoreien am Gambia angestellt gewesen war, lautete ein Wechsel von 200 Pf. St., den ich erhielt. Meine Verhaltsbefel'le waren eben so einfach wie bestimmt. Ich sollte entweder über Bambuk .oder ans jedem audcrn Wege, den ich zugänglicher finden würde, zum Niger vordringen. Hatte ich den Strom erreicht, so war die Richtung seines Laufs und wo möglich auch sciue Quelle und seine Mündung mit Gewißheit zu bestimmen. Ick sollte nichts un-.versucht lassen, die bedeutendsten Städte an seinen Ufern, vor allen Haüssa und Timbuctu, zubereisen. Ob ich auf dem Gambia oder anfügend einem andern Wege zurückkehren wollte, war ganz in mein Ermessen gestellt. Ein kleines Schiff, das vom Gambia Wachs und Honig holen wollte, die Brigg Endeavour unter Eapitain Richard Wvatt, nahm mich auf. Am 22. Mai 1795 verließen wir Portsmouth, am 4. Iuui erblickten wir die Gebirge, die hinter Mogador auf der afrikanischen Küste emporsteigen, und am 21. desselben Monats, nach einer drcißtgtägigen höchst augenehmen Fahrt, ankerten wir bei Dschillifre, einer auf dem nördlichen User des Gambia der Iakobsinsel gegenüberliegenden Stadt, wo die Engländer früher ein kleines Fort besaßen. Das Königreich Barra, zu dem die Stadt Dschillifre gehört, erzeugt alle Lebensbedürfnisse in Ueberfluß. Den Hauptgegeustand des l. Kap.) Abreise nach Vlntaln. 3 Handels bildet aber das Salz, mit dem die Einwohner ihre Canoes beladen und den Fluß bisBarraconda hinauffahren, um dort Mais Baum« Wollenstoffe, Elephantenzähnc, sodann etwas Goldstaub und andere Artikel einzutauschen. Die Zahl der Fahrzeuge und Menschen, welche fortwährend bei diesen« Handel beschäftigt sind, macht den König von Narra den Eingeborenen gefährlicher, als irgend ein anderer Negerhäuptling am User, des Gambia ist. Das Bewußtsein seiner Macht giebt ihm den Muth, von jedem in den Fluß einlaufenden Schiffe einen Zoll zu fordern, welcher beinahe zwanzig Pfund beträgt. Der Alkaid oder Statthalter von Dschillifre erhebt diesen Zoll gewöhnlich in Person und verfehlt dann nie, mit einem zahlreichen Gefolge zu erscheinen, nnter dem sich mehrere Leute befinden, welche durch ihre häusigen Berührungen »nt den Europäern etwas Englisch sprechen gelernt haben. Sie sind aber meistens eben so laut als zudringlich, und fordern alles, was ihnen gefällt, mit einem solchen Ungestüm und einer solchen Hartnäckigkeit, daß man fast immer, wenn man sich von ihnen befreien will, gezwungen ist, ihnen die Sachen zu gcbeu. Am 23. Juni verließen wir Dschillifre und begaben uns nach Vintain, einer Stadt, die ans dem südlichen Ufer des Gambia an einem Bache liegt. Vintain wird von den Europaern häufig besucht, und zwar we-aen des Wachses, das von den Felups, einem wilden nnd nnucrträglichcn Volke, in den Wäldern eingesammelt und dorthin gebracht wird. Das Land der Felups ist sehr ausgedehnt und erzeugt viel Ncis. Alis dem Honig bereiten sie einen Mcth, der dem englischen ähnlich ist. Die den Gambia und Casamansa besuchenden Schisse erhalten von ihnen auch Reis, Ziegen und Hühner zu ermäßigten Preisen. Bei dem größern Waa'renvertchr muffen sich die Europäer aber der Unterhändler vom Man-dingo - Stamm bedienen und dies verthmert die Preise. Weil die Man-dingo die Vermittler sind, hat sich noch kein Europäer die Mühe gegeben, die Sprache der ssclups zu lernen. Am 26. verließen wir Vintain und fuhren den Fluß weiter aufwärts. Wenn Ebbe eintrat, warfen wir stets Anker und ließen uus oft von unserm Boot ins Schlepptau nehmen. Der Gambia ist tief und schlammig. Seine Ufer sind mit dichten Mangrove-Wäldern bedeckt, und das ganze Gebiet, welches er bewässert, scheint flach und sumpfig zu - 1' 4 Pisania und die dortige Factorei. si. Kap. sein. Der Gambia wimmelt von Fischen. Einige Arten sind ausgezeichnet, aber eine in Europa bekannte erinnere ich mich nicht unter ihnen gesehen zu haben. An der Mündung des Flusses sind Haifische sehr gewöhnlich, und weiter oben findet mail viele Krokodile und Flußpferde. Die letzteren Thiere sollte man Flußclephauten nennen, weil sie eine ungeheure Größe haben, und weil ihre Zähne ein gutes Elfenbein liefern. Sie gehören zu dcn Amphibien und haben sehr kurze dicke Beine und einen gespaltenen Huf. Sie nähren sich von Gras, Baumzweigcn und den Ttrauchpflanzm, die am Ufer wachsen. Weit vom Flusse entfernen sie sich nie, und liegen sie am Ufer und hören einen Menschen kommen, so verschwinden sie augenblicklich unter den Wellen. Ich habe viele Fluß" Pferde gesehen, und sie erschienen mir stets mehr furchtsam, als zum Angriff geneigt. Sechs Tage nach unserer Abfahrt von Vintain kamen wir in Iu-kaconda an, einem Orte, der starken Handel treibt, und wo auch unser Fahrzeug einen Theil seiner Ladung einnehmen sollte. Am nächsten Morgen holten die europäischen Kanfleute ihre Briefe ab und erkundigteil sich nach den Gattnngcn und Preisen der geladenen Waaren. Der Capitain ließ Dr. Laidlcy meine Ankunft melden, und der letztere kam am nächsten Tage nach Iukaconda, wo ich ihm Herrn Veausoy's Empfehlungsschreiben einhändigte. Er war so ftenndlich, mich in sein Haus einzuladen, bis ich eine Gelegenheit fände, meine Neise fortzusetzen. Diese Einladung war nur zu erfreulich, als daß ich sie hätte ablehnen können. Der Doctor verschaffte mir ein Pferd und einen Führer, worauf ich am nächsten Morgen mit Tagesanbruch Iukaconda verließ und um Elf Uhr Pisania erreichte, wo der Doctor mir ein Zimmer in seinem Hause einräumte und mich mit allem Nothwendigen versah. Pisania ist ein kleines Dorf am Ufer des Gambia vier Meilen') oberhalb Iukaconda. Die Engländer haben es in dem Gebiet des Königs von Yani erbaut. Es ist ihre Factor«, aber zur Zeit meiner An. kunst waren dort nur drei weiße Einwohner, Dr. Laidley und zwei Brüder Namens Ainslcy. Um so zahlreicher waren die Schwarzen vertreten. *) Unter den Meilen wullc man immer deutsche Meilen verstehe«. Pisania ist seitdem von den Engländern aufgegeben worden. 1. Kap.) Mungo Park erkrankt. 5 Die Europäer lebten unter dem Schutze des Königs vollkommen sicher, und die Einwohner versorgten sie mit Allem, was das Land darzubieten vermochte. Der größte Theil des Handels mit Gold, Sclaven und Elfenbein war in ihren Handen. Nachdem ich mich bequem eingerichtet hatte, beschäftigte ich mich fleißig mit der Mandingosprachc, die in diesem Theile von Afrika fast allgemein geredet wird, nnd ohne deren Kenntniß ich nie hoffen konnte, mir genauere Kunde von dem Lande und seinen Bewohnern zu verschaffen. Dr. öaidley, der dnrch seinen langen Aufenthalt im Lande und durch seinen häufigen Verkehr mit den Angeborenen der Sprache vollständig Meister geworden war, unterstützte mich bci meinen Studien bcdcntend. Neben denselben suchte ich mir Nachrichten über die Länder zu verschaffen, welche ich besuchen wollte. Man empfahl mir in dieser Beziehung die Slatis, umhcrwandernde freie Kaufleute vom Ncgcrstamme, welche aus den Binnenlandschaften Sclaven herbeiführen. Ich machte jedoch bald die Entdeckung, daß ihre Nachrichten höchst nnznverlässig seien, denn bci den wichtigsten Umständen widersprach einer dem andern, und offenbar suchten alle mich von meiner Reise ins Innere abzuhalten. Um so mehr wuchs mein Verlangen, durch eigene Beobachtung die Wahrheit zu erfahren. Während meiner Sprachstudien und Unterredungen mit den Eingeborenen verlebte ich angenehme Tage, und schon glaubte ich, daß das Fieber dem kein Europäer nach seiner Ankunft im heißen Himmelsstriche zn entgehen pflegt *), mich verschonen würde. Aber ich beging am 31. Juli die Unvorsichtigkeit, mich bci der Beobachtung einer Mondfinsternis die mir über die Länge des Orts Aufklärung verschaffen sollte, dem Nachtthau auszusetzen, und schon am nächsten Tage zeigten sich die Folgen. Ich fiel in ein Fieber, bei dessen heftigsten Anfällen Naserei eintrat, und konnte säst den ganzen August hindurch das Hans nicht verlassen. Bei meiner langsamen Genesung dachte ich jeden fieberfreien Augenblick zu benutzen, «m die Pflanzen der Gegend kennen zu lernen, und zog mir auf einem *) Die Luft am untern Gambia ist einc der ungesundesten der Welt. In neuxzehn Monaten der Jahre 182,^ und 1826 sind von einer englischen, 397 Mann starken Besahung am Flusse, 279 Mann gestorben. 6 Beschreibung des Landes. II. Kap. dieser botanischen Spazlergänge einen Rückfall zu, der mich am 10. September abermals an mein Lager fesselte. Dieses Mal trat 'das Fieber zum Glück minder heftig auf, so dasi ich schon nach drei Wochen meinc gewohnte Beschäftigung wieder aufnehmen konnte. Wenn das Wetter es erlaubte, sammelte ich Pflanzen, wenn es regnete, zeichnete ich sie auf meinem Zimmer. Es war jetzt die Regenzeit, in welcher der Negcn in Strömen fällt uud am Tage eine erstickende Hihc herrscht. In der Nacht vernimmt man den Ruf der Frösche, deren es eine unglaubliche Anzahl giebt, das helle Geschrei des Schakals und das dumpfe Geheul der Hyäne. Diese Töne übertäuben das Rollen des Donners, das so bedeutend ist, daß sich Niemand davon eine Vorstellung machen kann, der es nicht selbst gehört hat. Da das Land eine einzige, fast,ganz mit Wald bedeckte Ebene ist, so bietet es dem Auge eine langweilige und ttaurige Einförmigkeit dar. Hat aber die Natur diesen Gebieten die romantische Schönheit einer mannigfaltigen Landschaft versagt, so hat sie ihnen dagegen wichtigere Vortheile, Fruchtbarkeit und Ueberfluß, mit freigebiger Hand geschenkt. Man braucht den Boden nur wcuig zu bearbeiten, um eine hinreichende Menge Korn zu ernten; das Vieh findet reiche Weiden, und die Einwohner gewinnen sowohl aus dem Gambia als aus dem Walli viele vortreffliche Fische. Die Octreidcartcn, welche die gewöhnlichsten sind, bestehen in Mais, zwei Arten Nolens 8piellUi8, welche von den Schwarzen Suno uud Sanio genannt werden, aus ttowu-, ni^oi-, der hier Baffi Wu-lima, und aus N<>Icn>8 dienloi-, der Bassiqui heißt. Man baut auch viel Neis. Außerdem habcu die Einwohner in der Nahe der Städte und Dörfer Gärten, in denen man Zwiebeln, Jams, Manioc, aus dem Easscwe gewonnen wird, Erdnüsse'), Kürbisse, Wassermelonen uud andere Früchte und Gemüse pflegt. In der Nähe der Städte habe ich auch kleine Baumwollen- und Indigopflanzungcn gesehen. Die erste dieser Pflanzen liefert dem Schwarzen seine Kleiderstoffe, die zweite das *) Die Wurzel der Erdnuß giebt ein vortreffliches Oel, das inzwischen zn einem nicht unbedcntenden Ausfuhrartikel geworden ist. Ma» schätzt den Werth der jährlichen Ausfuhr vom Gambia und von Sierra Leona auf etwa 90,000 Pf. St. 1. Kap.) Speisen und Hansthiere in Scncgambien. 7 Mittel, dieselben mit einem schönen Blau zu färben. Wie man beim Färben zu Werte geht, werde ich später beschreiben. Um ihr Korn znr Nahrnng zu bereiten, bedienen sich die Eingeborenen eines großen hölzernen Mörsers (Palnn). Sie stampfen darin das Korn so lange, bis die Hülsen sich vom Samen getrennt haben, schwingen den letztern ziemlich auf dieselbe Weise, wie es in England geschieht, schütten ihn, wenn er auf diese Weise gereinigt worden ist, abermals in ihre Mörser und zerstampfen ihn zu Mehl. Dieses letztere wird in den einzelnen Ländern Tencgambiens anfeine verschiedene Art bereitet. Die am Gambia gewöhnlichste Mehlspeise ist eine Art Pudding, den man Kouskous nennt. Will man ihn bereiten, so beginnt man damit, daß man das Mehl mit Wasser befeuchtet, worauf man den Teig in einer großen Kalebasse oder Kürbisschale so lange schüttelt, bis er körnig wie Sago wird. Man füllt ihn dann in einen irdenen Topf, in dessen Boden eine Menge kleiner Löcher angebracht sind. Man setzt dieses Gefäß auf ein anderes, nicht durchlöchertes, klebt beide mit Kleister oder auch wohl mit Kuhmist an einander nnd setzt sie aufs Feuer. In dem nntcrn Topfe befindet sich Wasser mit etwas Fleisch, dessen Dämpfe dnrch die kleinen Löcher in das obere Gefäß dringen nnd die Mehlkörner weich und gar machen. Der auf diese Weise bereitete Kouskous wird in den afrikanischen Ländern, die ich besucht habe, sehr geschätzt. Ich habe sagen hören, daß die Speise auch auf der ganzen Küste der Berberci üblich sei nnd dort denselben Namen führe. l5s ist daher wahrscheinlich, daß die Neaer den Kouskous von den Mailren erhalten haben. Um mit ihren Speisen zu wechseln, bereiten die Einwohner von Sencgambicn aus Maismehl einen andern Pudding, den sie Niling nennen. Auch den Ncis kochen sie anf verschiedene Weise. Es fehlt ihnen daher an Pflanzenkost durchaus nicht, und selbst die ärmsten Klassen unter ihnen sind anderer Nahrung nicht ganz beraubt. Ihre Hausthiere sind die europäischen. In den Wäldern findet man Schweine, deren Fleisch jedoch nicht geachtet wird. Vielleicht hat sich der Abscheu, den die Mo-hamedaner vor diesen Thieren haben, bis auf die Heiden erstreckt. Sene-gambicn hat Geflügel aller Art, mit Ausnahme des Truthahns. Perlhühner uud rothe Rebhühner giebt es im Uebcrfluß, und in den Wäldern 8 Wilde Thiere. II. Kap. lebt eine kleine Gazellenart, deren Fleisch mit Recht außerordentlich geschäht wird. Die übrigen wilden Thiere, welche in den Ländern der Mandiugo am häufigsten vorkommen, sind die Hyäne, der Panther und der Elephant. Wenn man weiß, welchen Nutzen die Einwohner Indiens von dem Elephanten ziehen, so staunt man, daß die Afrikaner in keinem Theile ihres unermeßlichen Continents cin Mittel gefunden haben, das mächtige und nützliche Thier zu zähmen nnd seine Kraft dem Menschen dienstbar zn machen. Als ich den Negern erzählte, wie man in Ostindien den Elephanten verwende, lächelten sie verächtlich nnd riefen: „Eines weißen Mannes Lüge!" Die Schwarzen todten den Elephanten häufig mit Feuerwaffen. Sie jagen ihn theils wegen seines Fleisches, das ihnen als sehr wohlschmeckend erscheint, theils nnd hauptsächlich wegeu seiner Zähne, die von Zwischenhändlern an die Europäer verkauft werden. Der Esel ist das einzige Lastthier, dessen man sich in allen diesen Ländern bedient. Die Kunst, die Thiere zu den landwirthschastlichcn Arbeiten zn benutzen, kennt man hier nicht, uud folglich macht man auch vom Pfluge keinen Gebrauch. Das Hauptwerkzeug beim Ackerban ist der Karst, dessen Form in jedem Vezirk eine abweichende ist. Die ländlichen Arbeiten werden ausschließlich von Sclaven besorgt. Am 6. October erreichten die Gewässer des Gambia ihre größte Höhe nnd überstiegen die Marke der stärksten Fluth um 15 Fnß. Von nun an vermmdcrtcn sie sich, anfangs langsam, später schneller. Zuweilen fielen sie in vicrundzwanzig Stunden nm einen ganzen Fnß. Im Anfang des Novembers hatte der Gambia endlich seinen gewöhnlichen Stand wieder erreicht, nnd Ebbe und Flnth wechselten ans die alteWeise. Da der Flnß gefallen war nnd der Regen aufgehört hatte, so dackite ich an den Ausbrnch, denn die trockene Jahreszeit ist für Reisen die günstigste. Die Einwohner hatten die Ernte beendet, und Lcbensmitel waren in, Ueberfluß nnd zu wohlfeilen Preisen zu kaufen. Um diese Zeit war Dr. Laidley in Handelsgeschäften nach Inka« conda gereist. Ich bat ihn schriftlich, sich bei den Slatis oder Sclaven-Händlern zu verweuden, daß man mich mit der ersten Karawane, die vom Gambia nach dem Binnenlande aufbreche, reisen lasse. Zugleich ersuchte ich ihn, ein Pferd und zwei Esel für mich zu kaufen. Wenige Tage später 2. Kap.1 Ureinwohner am Gambia. g kehrte Laidlcy nach Pisania zurück und sagte mir, daß während der trockenen Jahreszeit eine Karawane nach dem Inneren abgehen werde, daß aber die Zeit der Abreise nicht zu bestimmen sei. da mehrere Kauf-leutc ihre Auswahl von Waaren noch nicht vervollständigt hätten. Da ich nun den Charakter der Sclavenhändler, welche meine Reisegesellschaft bilden würden, nicht kannte, nnd da diese Leutc meinen Absichten entgegen zu sein schienen, wie ich daraus abnahm, daß sie keine bestimmte Vervflich-tung gegen mich eingehen wollten, überdies auch die Zeit ihrer Abreise eine ungewisse war, so beschloß ich nach reiferer Ueberlegnng, die gnte Jahreszeit zu benutzen und allein aufzubrechen. Dr. Laidlev gab mirNccht und versprach mir jede Beihilfe, die mich in den Stand setzen könne, meine Ncise sicher nnd wohlausgcrüstet zu beginnen. Ehe ich aber die Gegenden, welche der Gambia bespült, ausMonate verlasse, halte ich für nöthig, von den Schwarzen, welche an den Ufern dieses berühmten Flusses leben, nnd von ihren Bezichnngcn zu den europäischen Völkern, welche in diesem Theile von Afrika Handel treiben, zu sprechen. Die Bemerkungen, die ich in dieser Beziehung zu machen hkk, w«d m Zweites Kapitel. Die Ncluvs die Molos, die Fnlah, die Manduuio. — Nachrichten über den Mandel 'der Kiistenvöller unter sich. mit den Europäern und mit dem ^innenlande. — Karawanen und Sclavcnhandel. — Eigenthümliche Wcrthmcsscr im Innern uud an der Küste, Kauris uud EljenM'c. Obgleich die Bewohner der Ufer des Gambia viele Völkerschaften bilden, welche verschiedene Namen annehmen und ebenso viele besondere Regierungen haben, kann man sie doch. wie ich glaube, in vier Hauptstämme theilen, nämlich in Felups, Yolof (Dhiolof, Wolos), Fnlah nnd Mandingo. Der Islam hat unter diesen Völkern bedeutende Fortschritte gemacht und breitet sich mit jedem Tage mehr aus. Trotzdem sind die nnteren sslassm, Freie wie Sclaven, dem blinden und harmlosen Aberglauben ihrer Väter treu geblieben und werden daher von den Mohame-danem Kafirs, d. h. Ungläubige, genannt. 10 Die Feluv und die Mof. l2. Kap. Ueber die Felups habe ich nach dem bereits Gesagten wenig mehr mitzutheilen. Sie haben einen finstern Eharaktcr und sollen eine Belei-dignng nie verzeihen. Wie man sagt überliefern sie ihren Kindern ihren Haß wie ein heiliges Erbtheil, sodaß der Sohn es für seine Pflicht halt, eine dem Vater zugefügte Beleidigung zn rächen. Bei ihren Festen trinken sie viel Meth und gerathen in der Trunkenheit säst immer in Streit. Verliert bei diesen Gelegenheiten ein Mann sein Leben, so nimmt der älteste Sohn dessen Sandalen an sich und trägt sie alljährlich einmal am Todestage des Vaters, bis er Gelegenheit zur Nache gesunden hat. Nur in seltneren Fällen entgeht der Mörder diesem zähen Hasse. Diese wilde Unversöhnlichkeit wird jedoch dnrch einige gute Eigenschaften ausgeglichen. Die Felups beweisen ihren Wohlthätern die größte, liebevollste Dankbarkeit und bewahren Alles, was man ihnen anvertraut, mit merkwürdiger Treue. Während des gegenwärtigen Kriegs haben sie mehrmals zu den Waffen gegriffen, um englische Kauffahrer gegen französische Kaper zu vertheidigen. In Vintain lagert oft eine bedeutende Waarenmenge unter der Obhut der Fclups, welche in diesen Fällen stets die pünktlichste Genauigkeit und die strengste Redlichkeit bewähren. Wie sehr wäre zu wünschen, daß ein so muthigcs uud treues Volk durch den wohlthätigen Einfluß des Christenthums zur Bildung und zu milderen Sitten geführt würde! Die Yolof sind ein thätiges, mächtiges nnd kriegerisches Volk. Sie halten einen Theil des großen Gebiets besetzt, das sich zwischen dem Senegal und den Nohnplätzcn der Mandingo am Ufer des Gambia ausbreitet. Von den Mandingo uuterscheideu sie sich nicht blos durch die Sprache, soudcrn auch durch die Gcsichtszügc, und selbst ihre Farbe ist eine etwas abweichende. Ihre Nase ist nicht so platt, ihre Lippen sind nicht so wulstig, wie bei der Mehrzahl der übrigen Afrikaner. Ihre Haut ist von der tiefsten Schwärze, und die weißen Eclavenhändlcr halten sie für die schönsten Neger dieses Theils von Afrika. Die Yolof theilen sich in verschiedene Königreiche oder unabhängige Staaten, welche häufig unter einander oder mit ihren Nachbarn Krieg führen. In ihren Sitten, ihrem Aberglauben, ihrer Verfassung stehen sie den Mandingo näher, als irgend einem anderen Volke. In der Verfertigung baumwollener Zeuge übertreffen sie die ersteren, denn sie spin» 2. Kap.j Die Fulah und die Maudingo. H nen einen feineren Faden, weben ihre Stoffe breiter und färben sie viel schöner. Die Fulah, wenigstens die am Gambia wohnenden, haben eine weniger dunkle Farbe, seidenähnliches Haar und angenehme Züge. Dem Hirtenleben und dem Ackerbau schr ergeben, haben sie sich in verschiedenen Königreichen der Küste angesiedelt, um das Land zu bestellen und Vieh« zucht zu betreiben. Sie bezahlen dafür den Häuptlingen der Gegend, wo sie in dieser Weise thätig sind, einen Tribut. Da ich während meines Aufenthalts in Pisauia wenig Gelegenheit hatte, den Charakter und die Sitten dieses Volks kennen zu lernen, so werde ich hier nicht mehr sagen. Bei der Erzählung meiner Reise nach Bondu, wo ich mit den Fulah in nähere Berührung kam, werde ich ausführlicher über sie sprechen. Die Mandingo sind in den afrikanischen Gebieten, die ich besucht habe,, am zahlreichsten vertreten, und ihre Sprache wird in diesem ganzen Theile des Festlandes geredet oder doch verstanden. Den Namen: Mandingo haben diese Neger, wie ich glaube, deshalb angenommen, weil sie aus Manding stammen, eiucm Gebiet des innern Afrika, von dem ich später sprechen werde. Die Verfassung ihres alten Vaterlandes ist republikanisch, aber in der Nähe des Gambia haben die Mandingo lediglich monarchische Staaten gegrüudct. Die Gewalt ihrer Könige ist indessen eine beschränkte. Diese müssen bei allen wichtigen Veranlassungen einen Rath der Acltcstc» berufen, dessen Entscheidung sie biizdct und ohne dessen Zustimmung sie weder Krieg erklären noch Frieden schließen dürfen. In allen größeren Orten giebt es einen ersten Beamten oderAlkaid, der seine Würde vererbt. Dieser Alkaid hat die Ordnung zu erhalten, von den Reisenden die übliche Steuer zu erheben nnd bei allen Berathungen über die örtliche Verwaltung und Rechtspflege den Vorsitz zu führen. Die Gerichtshöfe bestehen aus den freien Aeltcsten, deren Versammlung ein Palaver genannt wird. Sie berathen mit großer Feierlichkeit unter srciem Himmel. Jeder Nechtsfall wird unparteiisch geprüft, das Verhör der Zeugen findet öffentlich statt, und die Entscheidungen der Nichter erhalten gewöhnlich den Beifall aller anwesenden Zuhörer. " Da den Negern eine Schriftsprache fehlt, so fällen sie ihre Urtheile hauptsächlich nach ihren alten Rechtsgewohnhciten. Seit aber der Islam unter ihnen große Fortschritte gemacht hat, sind die Anhänger dieses Glau- 12 Nechtsgebläuche bci den MandingoS. l2. Kap. bens unmerklich zu den bürgerlichen Einrichtungen des Propheten hinge< führt worden. Wo der Koran nicht deutlich gemig ist, hilft man sich mit einer Erläuterung (Al Scharn), von der man mir gesagt hat, daß sie eine vollständige und wohlgeordnete Darlegung aller bürgerlichen und peinlichen Gesetze des Moh.unedanismns enthalte. Die Nothwendigkeit, oft ans geschriebene, den heidnischen Negern unbekannte Gesetze zurückzugehen, hat einen Etand hervorgerufen, den ich in Afrika zu finden nicht erwartete. In jedem Palaver erscheinen Advo-caten oder Ausleger des Gesetzes, welche wie bei den englischen Gerichtshöfen sowohl sür den Kläger als für den Beklagten auftreten. Diese schwarzen Advocaten sind Mohamcdaner und habeil die Gesetze des Propheten zu ihrem besondern Studium gemacht; wenigstens sagen sie so. Darf ich nach ihren Ncdcn vor Gericht urtheilen, die ich oft angehört habe, so stellen sie sich in der Kunst, Verwirrung zu stiften, Ranke zu üben und das Recht zu verdrehen, den geschicktesten europäischen Advocaten gleich. Während meines Aufenthalts in Pisania kam es dort zu einem Streite, welcher den mohamcdanischcnNcchtsgclchrtcnGelegenheit bot, ihr ganzes Wissen und ihre ganze Gewandtheit zu entwickeln. Der Fall war folgender: Ein Esel, das Eigenthnm eines Serawoulli, eines schwarzen aus den an den Senegal cmgrmzcudm Gebieten, war in das Kornfeld eines Mandingo ciMdriingen und hatte einen großen Schaden angerichtet. Als der Mandingo das Thier in seinem Felde gesehen, hatte er es ergriffen und ihn, mit einem Messer die Kehle abgeschnitten. Sogleich berief der Scrawonlli einen Palaver und verlangte für den Verlust seines Esels, dessen Werth er sehr hoch angab, entschädigt zu werden. Der Mandingo gestand, das Thier gctödtet zu haben, behauptete aber, zu keinem Schadenersatz verpflichtet zu sein, weil die Verwüstung in seinem Felde mindestens ebenso viel betrage, als sür den Esel gefordert werde. Auf den Beweis dieser Thatsache kam es nnn an, und die Advocaten verstanden die Sache so hübsch zu verwickeln. daß die Nichter nach dreitägigen Verhandlungen auscinandcrgingen, ohne entschieden zu haben. Wie ich glaube, mußte ein zweiter Palaver gehalten werden. Im Allgemeinen verrathen die Mandingo einen sanften, wohlwollenden und geselligen Charakter. Die Männer sind meistens mehr als 2. Kap.) Kleidung der Mandingo. lg mittelgroß, wohlgebaut, stark lind zu den schwersten Arbeiten befähigt. Die Frauen sind gutmüthig, lebhast und l'üsch. Beide Geschlechter kleiden sich in baumwollene Stoffe, welche sie selbst verfertigen. Die Manner tragen Beinkleider, welche bis zum halben Bein hinabreichen, und ein wehendes Oberkleid, das einem Oberhemd ziemlich ähnlich ist. Der Fuß wird durch Sandalen, der Kopf durch cine baumwollene Mühe geschützt. Die Kleidung der Frauen besteht aus zwei baumwollenen Tüchern, jedes sechs Fuß lang und drei Fuß breit, von denen das eine um die Husten geschlungen wird und wie ein Ucberrock bis zu den Knöcheln reicht, während das andere Busen und Schultern leicht verhüllt. Diese Kleidung der Mandingo wiederholt sich bei allen Einwohnern dieses Theils von Afrika; blos in dem Kopfputz der Frauen bemerkt man verschiedene Moden. In den Gegenden, die vom Gambia befruchtet werden, besteht die Kopfbedeckung der Frauen ill einem schmalen Streifen baumwollenen Zeuges (Ialla), der von der Stirn ausgeht und um den Kopfgcwunden wird. In Vondu tragen die Frauen mehrere Schnuren weißer Glasperlen und mitten auf der Stirn eine kleine Goldplatte. In Kasson schmücken die Damen ihren Kopf mit kleinen weißen Muscheln, welche sie auf eine anmuthige Art zu ordnen verstehen. In Kaarta und Ludamar bedienen sie sich, wie früher die Engländerinnen, eines kleinen Kissens, über dem das Haar emporsteigt, und verzieren dieses Kissen mit einer Korallenart, die am rothen Mccr gefischt und von den zurückkehrenden Mckkapilgern sehr theuer verkauft wird. Bei dem Bau ihrer Wohnnngcn folgen die Mandingo den Gebräuchen aller anderen Völker dieses Theiles von Afrika. Sie begnügen sich mit kleinen und unbequemen Hütten. Sowohl das Schloß des Königs, als die Wohnung des niedrigsten Sclaven besteht aus einem Erdwall von etwa vicr Fnsi Höhe, von dem das kegelförmige, von Bambusrohr geflochtene und mit Gras gedeckte Dach emporsteigt. Ebenso einfach ist das Haus-aeräth. Das Bett ist eine Hürde von Nohr, die sich zwei Fuß über der Erde erhebt und mit einer Matte oder Ochsenhaut bedeckt wird. Ein Wasscrkrug. einige irdene Töpfe, in denen gekocht wird, einige Flaschenkürbisse uud hölzerne Näpfe, bilden den übrigen Inhalt der Hütte. Jeder freie Mandingo hat mehrere Frauen, deren jeder er, ohne Zweifel um Streitigkeiten zu vermeiden, eine besondere Hütte anweift. 14 Sitten und Gebräuche bei den Mandingo. s.2. Kap. Alle derselben Familie geh ölenden Wohnungen werden mit einem Zaun, den man aus gespaltenem Bambusrohr sehr kunstvoll flicht, umgeben und bilden einen Sirk oder Surk. Mehrere solcher Einfriedigungen, zwischen denen enge Pfade hinführen, heißen eine Stadt. Von einer regelmäßigen Stellung der Hütten ist jedoch keine Ncde; Jeder baut sich seine Wohnung, wo es ihm gefällt. Man achtet blos darauf, die Thür gegen Süd-Westen anzubringen, damit der Seewind ungehinderten Eingang finde. In jeder Stadt giebt es eine Art großer Scliaubübnc, welche Ben-tang heißt und zugleich als Nathhaus benutzt wird. Man fertigt sie aus gcflochteuen Rohrstäbcn uud führt sie gewöhnlich, um gegen die Sonne geschützt zu sein, unter einem großen Baume auf. Hier werden die öffentlichen Angelegenheiten verbandelt lind die Ncchtssälle entsckicden. Hier versammeln sich auch die Trägen und Müßigen, um ihre Pfeife zu rauchen und Neuigkeiten zu hören. An verschiedenen Orten haben die Mohamedaner Missuras oder Moscheen, wo sie sich vereinigen, um nach den Vorschriften des Korans zu leben. Man vergesse nicht, daß ich bishtt blos von den sreicn Mandingo gesprochen habe, welche höchstens den vierten Tbcil der Einwohner ausmachen. Die übrigen drei Vierthcile leben in Tclaverei und dürfen nicht hoffen, jemals frei zu werden. Sie bestellen das Land, warten das Vieh und haben, wie die westindischen Neger, alle niedrigen Arbeiten zu verrichten. Der freie Mandingo hat jedoch nicht das Necht, seinen Sclaven z« todten oder ihn anch nur an einen Fremden zu verkaufen, ohne zuvor die Entscheidung eines Palavers eingeholt zu haben, ob der Sclave bestrast zu werden verdiene. Aber nur die im Lande geborenen oder Haus-sclaven können den Schutz des Gesetzes anrufen. Die Kriegsgefangenen, die Unglücklichen, die wegen eines Vergehens oder wegen Schulden zur Sclavcrei vermthcilt worden sind, und alle Sclaven aus dem Innern, die man zum Verkauf an die Küste führt, sind ganz der Willkür ihres Herrn preisgegeben. Es geschieht zuweilen, daß ein milder und edler Herr, wenn keine Sclavenschiffe an der Küste siud, die Sclaven, die er zum Wiederverkauf eingeführt hat, unter seine Diener aufnimmt. Die Kinder dieser Sclaven genießen dann dieselben Vorrechte wie die eingeborene Classe. Diese Bemerkungen über die verschiedenen Völkerschaften, welche die 2. Kap.) Facloreien am Gambia. 45 Ufer des Gambia bewohnen, enthalten Alles. was ick im Beginn meiner Reise sagen zu dürfen glaube. Was die Mandingo betrifft, so werde ich noch oft Gelegenheit haben, von ihnen zn sprechen. Mehrere ans sie bezügliche Vemcrknngen mnß ich in meinen Reisebericht einflechte», und die übrigen werde ich mit meinen Beobachtungen über Land nnd Klima die sich nicht gnt in meine Erzählung einweben lassen, am Schlüsse zusammenstellen. Hier habe ich daher blos noch von dem Handel der Europäer mit den Völkern am Gambia und von dem Verkehr zu sprechen, den er unter den Bewohnern der Küste und den Stämmen im Innern hervorruft. Die erste Niederlassung, welche die Europäer an dem Ufer dieses berühmten Flusses errichteten, war eine portugiesische Factorei, und diesem Umstände ist es zuzuschreiben, daß die Neger eine große Anzahl portugiesischer Wörter in ihre Sprache aufgenommen haben. Außer den Engländern haben auch die Holländer und Franzosen Handelsplätze an der Küste gegründet, aber der Handel aus dem Gambia selbst ist lange Zeit ein Monopol der Engländer geblieben. Aus dein Reisewerke Franz Moore's lernt man den Zustand kennen, in dem die Niederlassungen der englischen Handelsgesellschaft 1730 sich befanden. Damals besaß nur allein die Factorei James einen Statthalter, einen Untcrstatthalter. zwei andere Oberbeamte, acht Factore, dreizehn Schreiber, zwanzig Unterbeamte, eine Eomvagnie Soldaten nnd zwciunddmßig schwarze Diener, ftrnerBarkcn, Schaluppen und Canoes mit der dazu gehörigen Mannschaft. Außerdem standen noch acht Factoreim der verschiedenen Uscrpunkte unter ihr. Seitdem der Handel in diesem Theile von Afrika für alle Europäer ein freier geworden ist, hat der englische Verkehr fast aufgehört. Jetzt erscheinen blos zwei bis drei englische Schisse im Jahr, und ich möchte nicht behaupten, daß sie für mehr als 20,000 Pf. St. Waarcu ausführten. Die Franzosen und Dänen unterhalten noch einige Verbindung mit dem Gambia, und die Nordamcritaner haben neuerdings einige Schiffe hierher zu schicken augesangen. Die Waaren, welche die Europäer dem Gambia zuführen, sind Feuerwaffen, Schicßbedarf, Eisenwaaren. Branntwein, Tabak, baumwollene Mützen, etwas Tnch und Kurzwaaren, eine kleine Auswahl indischer Artikel, Glassachcn, Ambra und einige andere unbedeutende Gegenstände. Sie empfangen dafür Sclave», Goldstaub, Elfenbein, Wachs und Häute. 16 Lclavenhnndel. ^. Kap. Die Sclaven bilden den Hauptartikcl, und doch fübrcn die Europäer, welche mit dem Gambia Handel treiben, gegenwärtig im Ganzen nicht mehr als tausend ans. Die Mehrzahl dieser Unglücklichen wird von Karawanen, die zu bestimmten Zeiten abgehen, von dem Innern zur Küste gebracht. Oft kommen sie aus weiter Ferne, sodaß ihre Sprache von den Völkern, welche in der Nachbarschaft des Meeres wolmcn, durchaus nicht verstanden wird. Später werde ich Alles mittheilen, was ich über die Art, wie man sich die Sclaven verschafft, erfahren habe. Wenn sich bei ihrer Anknnst an der Küste nicht bald eine Gelegen» heit zeigt, sie mit Vortheil zu verkaufen, so vertheilt man sic in die be» uachbarten Dörfer, bis ein europäisches Sclavenschiff erscheint oder schwarze Speculantcn sie weiterführen. Wahrend dieser Zeit müssen die Annen, zwei an zwei gefesselt, das Land bearbeiten, erhalten, wie ich mit Schmerz gestehen mnß, sehr wenig Nahrung und werden mit der größten Strenge behandelt. Der Preis der Sclaven wechselt nach der Anzabl der Eclavcnschisse, die sich an der Küste cinsindeu. Als Durchschnittspreis für einen gesunden Mann von sechzehn bis sünftnidzwanzig Jahren kann man 18 bis 20 Pf. St. annehmen. Ich habe bereits gesagt, daß die schwarzen Händler, welche die Führer der Karawanen sind. Slatis beißen. Anßcr den Negern und Waaren, welche sie den Weißen bringen, verkaufen sie den Schwarzen an der Küste einheimisches Eisen, wohlriechendes Gnmmi, Weihrauch und Schihtulu oder Vanmbntter. Diese Butter wird durch kochendes Wasser aus einer Nuß gewonnen, wie ich später ausführlicher mittheilen werde. Sie gleicht der gewöhnlichen Bntter, hat die Festigkeit derselben und kann sie recht gut ersetzen. Man bedient sich ihrer anch statt des Oels. Die Neger verbranchen von dieser Baumbutter viel, und sie wird daher immer stark gesucht. Die Küstenbcwohncr bezahlen die Gegenstände, welche sie aus dem Iuucrn erhalten, mit Salz. Dieses ist im Binnenlandc eine seltene und kostbare Waare, wie ich im Verlauf meiner Reise oft und schmerzlich empfunden habe. Indessen verkaufen auch die Mauren viel Salz, welches sie aus den Salzsümpfen der großen Wüste gewinnen, und lassen sich dafür Getreide, Baumwolle und Sclaven geben. 2. Kap.) Tauschhandel. 4? Als dcr Tauschhandel mit diesen verschiedenen Gegenständen anfing, mnßte der Mandel einer Münze oder irgend eines anderen Werthmessers der Waaren oft Verlegenheiten hervorrnfcn nnd eine richtige Ausgleichung verhindern. Um diesem Ucbelstandc abzuhelfen, bedienen sich die aftika« nischcn Binnenvölker kleiner Muscheln, der sogenannten Kauris, und in derselben Absicht haben die Stämme der Küste einen Werthmesser ange> nommcn, der, so viel ich weiß, nur bei ihnen vorkommt. Bei dem Beginn des Verkehrs mit den Enropäcrn war das Eisen der für die Neger werthvollste Gegenstand, weil sie dasselbe zu ihren Waffen undAckergeräthen brauchten. Das Eisen wurde bald das Maß, nach dem sie den Werth aller anderen Gegenstände schätzten. So bildete sich der Handelsgcbranch, eine gewisse Waarenmcnge, welche eine Stange Eisen werth zu sein schien, einen Stab zu nennen. So hießen zum Beispiel zwanzig Rollen Tabak ein Stab Tabak, eine Gallone Num ein Stab Rum, und ein Stab irgend einer Waare wurde immer einem Stab jedes andern Artikels gleich geschätzt. Da es nicht fehlen konnte, daß der Ueberfluß oder die Seltenheit einer Waare im Verhältniß zur Nachfrage den relativen Werth der ew' zclncn Artikel beständigen Schwankungen aussetzte, so fühlte man das Bedürfniß einer genaueren Bestimmung. Gegenwärtig schätzen die Weißen jeden Stab Waare auf zwei Schilling, und eiu Neger, dcr mit fünfzehn Pfund Sterling bezahlt wird, ist daher hundertundfmchig Stäbe werth. Bei einem Tauschhandel dieser Art liegt es in der Natur der Sache, daß der weiße Händler vor dem Neger bedeutend im Vortheil ist, und dcr letztere, der seine Unwissenheit fühlt, wird dadurch uncutschlossen und argwöhnisch. Dies geht so weit, daß kein Handel zwischen Europäern und Schwarzeil für abgeschlossen gilt, als bis das Geld bezahlt worden ist und Käufer und Verkäufer sich getrennt haben. Nun ich meinen Lesern die Beobachtungen mitgetheilt habe, die ich während meines Aufenthalts in dcr Nähe des Gambia hinsichtlich des Landes und seiner Bewohner zu machen vermochte, nehme ich meine Er, zählung wieder auf. Sie wird einen gcnanen Bericht über meine Erleb« nisse und meine Wahrnehmungen aus meiner ermüdenden und gefährlichen Neise ins innere Afrika enthalten. Mmiz,» Patt, 2 19 Mungo Parks Begleiter. 13. Kap, Drittes Kapitel. Abreise von Pisania. — Mnnqo Parks Begleiter. — Ankunft iu Iindey. - Erzählung eines Mandingo von einer ^owenjaa,d. - gleise nach Medina, der Hauptstadt von Wmilli. — Zusammenkunft mit dcm Köniss. — Saphis oder Ainulete. — ilteisc uach Kol^r. — Der Mlünbo Vumbo. — Riugspiele. — Reise dnnh dir Wildniß und Ankunft zu Tallika im Reiche Boudu. Am 2. December 1795 schied ich aus der gastfreundlichen Noh» ttung Dr. Laidley's. Ich war so glücklich gewesen einen schwarzen Diener zu erhalten, dem sowohl das Englische als die Mandiugo-Sprache geläufig war. Er hieß Johnson und war an dieser Küste geboren worden. In seiner Jugend nach Jamaica in die Sclaverei verkauft, hatte er dort seiue Freiheit erhalten und seinen ehemaligen Herrn uach England begleitet, von wo er nach vieljährigcm Aufenthalt in sein Vaterland zurückgekehrt war. vi-. Laidlcy, der ihn geuau kannte, empfahl ihu mir, und ich uahm ihn für fünfzehn Stäbe monatlich als Dolmetscher iu meiueu Dienst. Zehn erhielt er persönlich, süuf wurden seiner Frau ausbezahlt. Dr. Laidley gab mir noch einen zweiteu Neger, der ihm selbst gehörte uud Demba hieß, zum Begleiter. Dieser Demba war ei» junger, verständiger uud biederer Mann. Außer der Sprache der Mandiugo verstand er auch die der Serawoullis, eines an den Ufern des Senegals wohnenden Volkes, vön dem ich später zu reden Gelegenheit finden werde. Um ihn diensteifrig zu machen, versprach ihm Oi-. Laidley, daß er ihm bei meiner Rückkehr die Freiheit schenken werde, wenn ich über seiue Treue und Nützlichkeit günstig berichte. Ein freier Neger und Buschriu (Mohamedauer) Namens Wadibu der sich in das Königreich Vambarra begeben wollte, und zwei Slatis oder Sklavenhändler vom Stamm der Serawoullis, ebenfalls Mohame-daucr. welche nach Vondu reisten, erboten sich, mich bis zu ihre» Bestim« mungsorteu zu begleiteu. Noch ein vierter mohamedanischer Neger, Tami genannt, schloß sich au, der bei Dr. Laidley als Schmied gedient hatte und mit dem ersparten Gelde nach seinem Vaterlande Kasson zurückkehrte. Alle diese Leute gingen zu Fuß uud trieben ihre Esel vor sich her. So hatte ich denn ein Gefolge von sechs Personen, denen man die größte Achtung gegen mich empfohlen uud zugleich bemcrklich gemacht hatte, daß 3. Kap.Z Eine Löwenjagd.^ 19 sie nicht an die Ufer des Gambia zurückkehren dürsten, wenn mir ein Unfall zustoße. Mein Gepäck war leicht. Es bestand hauptsächlich aus Lebensmitteln für zwei Tage, und aus einer kleinen Auswahl von Glasperlen, Tabak uud Bciustein, um mir unterwegs Mehl und andere Bedürfnisse eintauschen zu können. Außerdem hatte ick, bei mir einige Kleider und Wäsche, einen Sonnenschirm, einen Taschen-Sextant, einen Compas, ein Thermometer, zwei Flinten, zwei Pistolen und einige kleinere Artikel. Dr. Laidley und die Brüder Ainsley wollten mir an de» beiden ersten Tagen mit ihre» Dienern das Geleit geben. Sie mochten insgeheim denken, daß sie mich nie wieder sehen würden. Am Tage der Abreise gingen wir über den Walli, einen Ann des Gambia, und erreichten Iindey. Unterwegs erfrischten wir ims in dem Hause einer Schwarzen. die als Senora angeredet wurde, weil sie früher die Geliebte eines weißen Kaufmanns gewesen war. Von Iindey aus machten wir am Abend einen Ausflug nach einem nahen Dorfe, dem Eigcnthnm eines gewissen Iemaffu Mamadll, welcher der reichste Sclavenhändler dieser ganzen Küste ist. Er war zu Hause und fand sich durch unsern Besuch so geehrt, daß er uns einen schöllen Ocksen schenkte, del, wir sogleich schlachten lind einen Theil des Fleisches znm Abendessen zubereiten ließen. Darüber vergingen drei Stunden, welche wir damit ausfüllten, daß wir den Erzählungen eines Mandingo zuhörten. Die Erzählungen dieses Volkes haben mit den Märchen in Tausend und Eine Nacht Aehnlichkeit, nur sind sie mehr komischen Anhalts. Eine davon will ich hier mittheilen. Vor langen Jahren," erzählte der Mandingo, „hatten die Einwoh. ner vonDumasansa (einer Stadt am Gambia) ihre liebe Noth mit einem Löwen der in jeder Nacht Vieh von der Weide raubte. Da diest Räubereien kein Ende nahmen, faßten die kühnstell Männer endlich den Entschluß das Unthier zu erlegen. Sie fanden ihren Gegner m emem Dickicht schoßcn lind verwundeten den Löwen so schwer, daß er, als er gegen sie hervorsprang, im freien Felde zusammenbrach und gelähmt liegen blieb. Das Thier sah aber so furchtbar aus, daß die Jäger sich nicht nahe heranwagten und untereinander zu berathen anfingen, wie sie sich seiner ohne Gefahr bemächtigen könnten. Sie wollten del, Löwen nämlich lebendig fangen, wodurch sie nach ihrer Meinung einen Beweis von Muth 20 Eine ööwenjagd. s^. Kap. geben und zugleich ein gutes Geschäft machen würden, da die Europäer an der Küste für ei» so schönes Tbier gewiß einen hohen Preis bellten. Der cinc schlug dieses IMittel vor. der ander jenes, und zuletzt sagte ein alter Mann: „„Wir wollen ei» Haus abdecken und das Bambus-Balken-werk, das durch Pflöcke fest verbunden ist, hierherbringen. Bleibt der Löwe liegen, so werfen wir dieses Gitter auf ihn und er ist gefangen. Springt er dagegen anf uns, so lassen wir unser Dack auf den Boden nieder und schießen unter sicherer Deckung durch die bücken der Stäbe aus ihn."" Der Vorschlag fand Beifall. Man hob das Balkenwerk eines Hauses ab und trug dieses wobl zusammenhängende Schutzdach dem Orte zu, wo der Löwe lag. Jeder Jäger hielt in der einen Hand seine Flinte und half mit der andern Schulter das Dach stützen. Als man dem Löwen auf diese Weise nahe gekommen war, da fand es sich, daß er inzwischen seine Kräfte wiedererlangt hatte. Vei dem Anblck des mächtigeil. wntbenden Thieres hielten die Jäger für gerathen, an ihre eigene Sicherheit zu denken und das Dach auf den Boden niederzulassen. Zum Uuglück war der Löwe schneller als sie. Ehe das Dach dem Boden erreicht hatte, machte er seinen Sprung, so daß Löwe und Jäger in demselben Käsig gefangen waren und die Letztem znm großen Erstannen nnd zu nicht geringem Verdruß der Einwohner von Dnmasansa zerrissen wurden. Diese Geschichte ist überall bekannt geworden und der Ort hat so viel Spott hören müssen, daß einen Einwohner nichts in größere Wuth versetzen kann, als wenn man ihn bittet, einen Löwen lebendig zn fangen. Am 3. December Nachmittags nabm ich von meinen europäischen Begleitern Abschied und ritt,langsam in die Wildniß hinein. Vor nur hatte ich einen endlosen Wald nud Gebiete, bewohnt von rohen Völkern, welche in einem Weißen meistens einen Gegenstand der Ncugicr nnd des Raubes erblicken. Ich sagte mir, daß ich so eben die letzten Europäer, welche ich in diesen Gegenden sehen würde, verlassen hätte, um vielleicht uie wieder in einer Gesellschaft von Ehristen zu leben. Diese Betrachtungen machten mich traurig nnd nahmen meine Gcdankcn ganz in Anspruch. So hatte ich etwa cinc Meile zurückgelegt, als ich plötzlich durch mehrere Schwarze aus meinen Träumereien geweckt wurde. Diese Leute liefen mir entgegen, hielten meine kleine Karawane an und sagten mir, daß ich ihnen 3. Kap.) Das Königreich Wall,. 21 nach Peckaba folgen und mich dem König von Walli vorstellen müsse wenn ich es nicht vorziehe, gleich ihnen selbst den Durchgangszoll zn entrichten, den jeder Reisende zu bezahlen habe. Ich snchte ihnen verständlich zu machen, daß nicht der Handel Zweck meiner Reist sei nnd daß ich daher anch nicht verbunden sei, wie die Slatis und andere Kaufleute, welche auf Gewinn ausgingen, Zoll zu entrichten. Alle meine Worte waren unnütz. Reisende jeder Art, antworteten die Schwarzen, müssen dem König von Walli ein Geschenk machen, nnd füge ich mich diesem Gebrauch nicht, so werde man mich an der Weiterreise hindern. Da sie zahlreicher als mein Gefolge waryi nnd anßcrdem sehr entschieden auftraten, so hielt ich es für klug, ihr Verlangen zu erfüllen, Ich überreichte ihnen also drei Stäbe Tabak für ihren König, worauf sie mich meinen Weg uugestört fortsetzen ließen. Bei Sonnenuntergang kam ich in einem Dorse nahe bei Kntaconda an nnd übernachtete dort. Am nächsten Morgen (4. December) ritt ich durch Kntaconda, die letzte Stadt von Walli. Ganz in der Nähe wnrde ich in einem Dorfe eine Stnndc lang aufgehalten. nm einem Beamten des Königs von Wonlli dem Durchgangszoll zn bezahlen. Der ganze übrige Tag gehörte der Weiterreise. Am Abend machte ich im Dorfe Tabajang Halt, am nächsten Mittag war ich in Medina *) der Hauptstadt des Königs von Woulli. Das Königreich Walli ") grenzt im Westen an den Walli, im Süden an den Gambia, im Nordwcsten an den kleinen Musi, welchem es feinen Namen verdankt, im Nordosten an Bondu und im Osten an die Wüste Simbani. Ueberall bietet das Königreich kleine bewaldete Berge dar, nnd die Städte liegen in den Zwiscbenthälcrn. Jeder Ort ist in ziemlich weitem Umkreise von bebautem Lande umgeben, dessen Ertrag znr Ernährung der Einwohner hinzureichen scheint. Das Land ist sehr fruchtbar, selbst an den Abhängen der Berge, aber nicht oben ans dem Sanme der Höhen, wo der eisenhaltige Boden und ärmliches Strauchwerk aus eine geringe Ertragsfähigkeit hindeuten. Die Haupterzeugnisse bestehen *) Die Stadt heißt eigentlich ssassana: den arabischen Namen Mc-dlna (Stadt) legen ihr die Marabus dcv Maudnnzo bei. Sie hat nach Gumvrecht gegenwärtig 1000 Einwohner. ") Walli heißt in wörtlicher llebcrsehuua. „heiß." 22 Medina. Hauptstadt von Woulli. ^3. Kap. in Baumwolle, Tabak und Gemüsen. Diese gewinnt man in den Thalern, während die Berglehnen dem Getreidebau gewidmet sind. Die Einwohner sind Mandingo und theilen sich wie in der Mehrzahl der Staaten, welche von diesem Volke gegründet worden sind, in Mohamedancr oder Busclmns »wahre Gläubige) und in Heiden, die man hier auch Sonakis (Branntwcintrinker) nennt. Die Heiden sind weit zahlreicher als die Mohamcdaner, und die Negierung des Landes liegt in ihren Händen. Obgleich die achtbarsten Mobamcdancr bei wicktigen Angelegenheiten häufig um Rath gcftagt werden, sind sie doch von der Verwaltung ganz ausgeschlossen. Diese leitet der Mansa oder Konig mit seinen hohen Staatsbeamten, unter denen der Farbanna odcr Thronerbe den ersten Nang einnimmt. Alis diesen folgen die Maiden odcr Provinzialstatthaltcr, lnlche auch, jedoch weniger häufig, Kimos genannt werden. Unter den Freien gelten dic Sclavcnhändlcr für die vornehmsten. Greisen allcr Classen wird dic größte Ehrfurcht gezollt. Stirbt der König, so gelangt der älteste Sohn, wenn er volljährig ist, auf den Thron. Ist kein Sohn vorbanden oder nur ein unmündiger da, so vererbt die Ncgieruug auf den Bruder odcr dcn sonstigen nächsten Verwandten des Verstorbenen, welcher nicht etwa Regent und Vormund des minderjährigen Thronfolgers, sondern wirklicher König wird. Die Einkünfte des Landes bestehen in Steuern, die man nach Bedürfniß vom Volk erhebt, und in Durchgangszöllen von Waaren nnd Reisenden. Gehen die Letzteren vom Gambia in das Innere, so haben sie in europäischen Waaren zu bezahlen, auf der Nückrcisc dagegcu in Eisen und Schießpulver. Diese Zölle werden in jeder Stadt erhoben. Medina hat einen beträchtlichen Umfang nnd 800 — 1000 Hänser. Die Stadt hat dieselbe Befestigung, wie alle anderen afrikanischen Hauptorte, nämlich einen hohen Erdwall, der mit zugespitzten Pfählen und Dornengestränch besetzt ist. Man läßt dcn Watt aber verfallen, und das Psahlwcrk leidet sehr dnrch die in der Nähe wohnenden Frauen, welche 'das Holz fortschleppen, um es auf ihrem Heerde zu benutzen. Ich wohnte bei einem Verwandten des Königs. Mein Wirth benachrichtigte mich, daß ich, wenn ich dem König vorgestellt würde, demselben nicht die Hand reichen dürfe, weil es nicht Gebrauch sei, Fremden eine solche Vertraulichkeit zu gestatten. Am Nachmittag machte ich dem 3. Kap.) Zusammenkunft mit dem König. 23 Herrscher meinen Besuch und bat ihn, durch sein Gebiet nach Vondu reisen zu dürfen. Dieser König hieß Iatta und ist derselbe Greis, von dem Major Hougton eine so vortheilhaste Schilderung entwirft. Ich fand ihn vor seiner Thür auf einer Matte sitzend, alls beiden Seiten von Männern und Frauen umgeben, welche sangen und mit den Händen den Takt klatschten. Nachdem ich ihn ehrfurchtsvoll begrüßt hatte, unterrichtete ich ihn von den Zwecke meines Besuchs. Er antwortete mir gnädig, daß er mir nicht nur die Durchreise gestatte, sondern auch für mich beten werde. Hieraus begann einer der Neger meiner Begleitung, um dem König zu beweisen, wie sehr sein Wohlwollen uns rühre, einen arabischen Gesang zu singen oder vielmehr zu brüllen. Bei dem Schlüsse jedes Verses führten der König und alle Anwesenden die Hand an die Stirn und riefen laut und feierlich: „Amen, Amen!"*) Der König sagte mir noch, daß er mir am andern Tage einen Wegweiser schicken wolle, der mich sicher bis zur Grenze geleiten werde. Ich verabschiedete mich darauf von ihm und ließ ihm Abends eine Anweisung an Dr. Laidlev auf drei Gallonen Num eiuhändigen. Als Gegengeschenk erhielt ich eine große Menge Lebensnnttel. Am 6. December begab ich mich früh Morgens zum König, um zu erfahren, ob der Wegweiser bereit sei. Der König saß auf einer Ochsenhaut vor einem großeil Fener, an dein er sich wannte, denn die Afrikaner sind gegen die kleinste Abnahme der Warme sehr empfindlich und klagen oft über Kälte, wenn es uns Europäern zu heiß ist. Er empfing mich eben so freundlich, wie das erste Mal, nnd bat mich sehr liebevoll, meiner Reise in das Innere zu entsagen. Major Houghton sei dort ermordet worden, und wenn ich seinen Fußstavfcn folge, so werde ich dasselbe Schicksal haben. Nach den Bewohnern von Woulli, sügte er hinzu, dürfe ich die östlichen Völker nicht beurtheilen. Hier kenne man die Europäer und achte sie, während die Binncnvölker nie einen Weißen gesehen hätten und mir ohne Zweifel nach dem Leben trachten würden. *) Man könnte aus diesem Benehmen schließen, daß der König ein Mohamedancr sci, aNein man versicherte mich das Vcgcntheil. Sein gutes Hevz trieb ihn, den Anderen sich anzuschließen, und er glaubte vielleicht, daß jedes Gebet, komme es nun von einem wahren Gläubigen oder von einen Heiden. dem Höchsten angenehm sei, wenn es in eä)ter Frömmigkeit seine Quelle habe. Mungo Park. 24 SaphiS oder Amulett. l3. Kap. Ich dankte dem König für seine wohlgemeinten Warnungen, bemerkte ihm aber, daß ich mein Unternehmen reiflich erwogen habe nnd zur Fortsetzung meiner Reise entschlossen sei, welche Gefahren mir auch drohen möchten. Er schüttelte mit dem .Kopfe, ohne mir weiter abznrathcn, und versprach, daß der Wegweiser am Nachmittag bereit sein solle. In der That stellte sich dieser Mann lim Zwei Uhr ein, worauf ick dein gnten alten König Lebewohl sagte und mit meinen Gefährten ausbrach. Nach einem dreistündigen Marsche erreichten wir ein kleines Dorf, wo wir die Nacht zubringen wollten. Ich taufte dort für einige Glasperlen ein sehr schönes Schaf. Die Serawonllis meines Gefolges tödtctcn dasselbe mit allen Förmlichkeiten, welcbe ihr Glaube vorschreibt, und kochten einen Theil des Fleisches zum Abendessen. Jetzt erhob sich zwischen einem von ihnen und meinem Dolmetscher Johnson ein Streit. Der Te-rawoulli behauptete, daß die Hörner ihm gehörten, weil er das Schaf geschlachtet habe, und Johnson widersprach. Ich schlichtete die Sache, indem ich Jedem ein Horn gab. Ich erwähne dieser Kleinigkeit, weil sie mir Veranlassung giebt, auf ' eiuen der Gebräuche in diesen Gegenden anfmerksam zu machen. Die Hörner, welche der Gegenstand des Streites waren, werden sehr geschätzt, weil man sie leicht zu Büchsen umzuformen vermag, in die man Zaubersprüche oder Amuletc einschließen kann, welche von den Negern Saphis genannt und fortwährend getragen werden. Diese Saphis sind Koranvcrse, welche von den mohamedanischen Priestern auf Papierstückchcn geschrieben uud von den Negern begierig gekauft werdeu, weil die einfältigen Menschen ihnen eine außerordentliche Kraft zuschreiben. Bald trägt man die Zaubcisprüche, um sich gegen den Biß von Schlangen nnd Krokodilen zu Ichützen, und dann wird der Saphi in ein Stück von der Hant einer Schlange oder eines Krokodiles gewickelt und unten am Beine befestigt. Bald soll das Amulet sciuen Vesißcr im Kriege unverwundbar machen, doch am häufigsten ist es zur Verhütung oder Heilung von Krankheiten bestimmt. Nach dem Volksglauben läßt der Saphi weder Hunger noch Durst anfkommen und verschafft seine,« siigentbümer nnter allen Umständen das Wohlwollen der himmlischen Mächte. Die Saphis bieten ein auffallendes Beispiel dar , wie ansteckend der Aberglaube ist. Obgleich die meisten Schwarzen Heiden sind und die Lehre Mohameds unbedingt ver» 3. Kap.j Die Miimlw Zi)umbo. 26 werfen so giebt cs unter ihnen doch »icht einen Kafir, der nicht von der Macht der Amulete vollkommen überzeugt wäre. Der eigentliche Grund wird wohldarin liegen, daß alle Einwohner dieses Theiles von Afrika die Schreibknnst wie eine Art von Magie betrachten. Ihr Vertrauen gilt daher nicht den Aussprüchen des Propheten, sondern dem Talent des Zauberers. Man wird später sehen, wie sehr cs mir in einer schlimmen Lage zu statten kam, daß ich von diesem Vourtheil Nutzen ziehen konnte. Am 7. December schlief ich in dem Dorfe Malla oder Mallaing, am 8. Mittags erreichte ich Kolor, eine beträchtliche Stadt. Am Eingänge derselben bemerkte ich an einem Baume eine Art von Maskcnan-zug, ans Vanmrinde gefertigt, dcr an einem Zweige hing nnd als Eigenthum des Mumbo Uumbo bezeichnet wurde. Diese sonderbare Vogel' scheuche sindet man in allen Mandingostädtc», und die heidnischen Neger oder Kafirs bedienen sich ihrer, um ihre Frauen in Gehorsam zu halten. Da die Vielweiberei bei ihnen ohne Bcschänkimg erlaubt ist, so heirathcn sie gewöhnlich so viele Fraueu, als sie ernähren können. Die Frauen werden aufeinander eifersüchtig, cs entstehen heftige Zänkereien, uud das Ansehen des Mannes genügt nicht, die Ruhe herzustelleu. Nnu nimmt er seine Zuflucht zum Mumbo Uumbo, und die Einmischung desselben ist stets entscheidend. Dieser eigenthümliche Helfer — wahrscheinlich der Ehemann selbst oder ein Beauftragter desselben — schlüpft in den Anzug von Baumrinde, dessen ich eben erwälmte, bewaffnet sieb mit einem Stocke, der sein Amtsleichen ist, uud verkündet seine Ankunft, indem er in den nahen Wäldern ein furchtbares Geschrei erhebt. Er beginnt stets am Abend und begiebt sich mit Einbruch der Nacht zu dem Veutang, wo sich sogleich alle Einwohner versammeln. Man wird gern glauben, daß sein Erscheinen den Frauen kein großes Vergnügen macht, denn da keine weiß, wer die Rolle des Mumbo Yumbo spielt, so sürebtet jede, daß der Besuch ihr gelte. Die Ceremonie beginnt mit Gesängen und Tänzen, welche bis um Mitternacht fortgesetzt werden. Nun bezeichnet der MnmwYnmbo dieSchul-dige, uud diese wird aus der Stelle ergriffen, gänzlich entkleidet, an einen Pfahl gebunden und lütter dem Geschrei und Gelächter dcr Zuschauer mit dem Stocke des Mumbo Yumbo gransam gezüchtigt. Bei solchen Gelegenheiten erheben die Frauen gegen das unglückliche Opfer stets die laute« 26 Ninglämpfe. 13. Kap. sten Vorwürfe. Der Anbruch des Tages macht dem unanständigen und barbarischen Schauspiel ein Ende. Am 9. Dcccml'er machten wir uns früh auf den Weg und reisten bis Tambaconda mit möglichster Schnelligkeit, da wir wußten, daß wir bis dahin kein Waffer finden würden. Am Abend des 10. rasteten wir in Kuniakari, einer Stadt, die fast ebenso groß wie Kolor ist. Am Mittag des 11. machten wir in Kujar Halt, welches der Grenzort zwischen Woulli und Bondu ist. Zwischen beiden Staaten liegt eine zwei Tagereisen breite Wüste. Da der Wegweiser, den der König von Woulli mir mitgegeben hatte, hier umkehre» mnßte, so entließ ich ihn mit einem Geschenk von Bernstein. Man sagte mir, daß in der Wüste, die ich zu durchschreiten hatte, in keiner Jahreszeit Wasser zn finden sei, und ich mußte mir daher Leute verschaffen, die ich sowohl als Wasserträger wie als Wegweiser benutzen konnte. Drei Elephantenjäger boten nur ihre Dienste an und ich miethete sie, indem ich ihnen drei Stäbe vorausbezahlte. Da der Tag bereits vorgerückt war, so verschob ich meiuc Abreise bis auf den nächsten Morgen. Der Anblick eines Europäers konnte den Einwohnern von Kujar nichts Neues sein, da die meisten von ihnen die Ufer des Gambia besucht hatten. Nichtsdestoweniger betrachteten sie mich mit einer Mischung von Neugier und Ehrfurcht und luden mich am Nachmittage nach ihrem Ben-tang ein, um dort einem Neoobenng oder Ningkampfe beizuwohnen. Es ist dies eine Belustigung, welche bei den Mandingo häusig vorkommt. Die Zuschauer stehen im weiten Kreise um die Kämpfer, welche stets junge, behende, kräftige und von Jugend auf an diese Uebung gewöhnte Leute sind. Ihre ganze Kleidung besteht in kurzen Beinkleidern, nnd vor dem Beginn des Kampfes salben sie ihren Körper mit Oel oder Baumbutter. Diejenigen, welche ich sah, näherten sich einander auf allen Vieren, indem jeder seinem Gegner answich nnd ihn zu ergreifen suchte, bis eud-lich der Eine vorsprang nnd den Andern am Knie faßte. Beide entwickelten viele Ucbcrleguug und Gewandtheit, doch die Kraft entschied zuletzt den Sieg. Ich zweisle, ob viele Europäer im Stande gewesen sein wür° den, sich mit dem Sieger zu messen. Ich muß hinzufügen, daß die 3. Kap.) Neisc durch die Mldnisi. 27 Kämpfer durch die Töne einer Trommel angefeuert wurden und ihre Bewegungen ziemlich genau nach dem Takt derselben regelten. Auf den Kampf folgte ein Tanz, zu dem sich viele Theilnchmer ein» gefunden hatten. Alle trugen an Armen und Beinen kleine Schellen und richteten sich ebenfalls nach dem Takt der Trommel. Der Trommelschläger bediente sich eines krummen Schlägels, den er in der rechten Hand hielt, während er mit der linken den Ton von Zeit zu Zeit dämpfte und der Musik dadurch Abwechselung gab. Bei diesen Versammlungen dient die Trommel zugleich zur Handhabung der Ordnuug, indem man mit ihr den Ton gewisser Mandingowort: nachahmt. Sollen sich die Zuschauer z. B. setzen, so ahmt der Musiker die Worte: ^li d^« 8l (setzt Euch) uach, und die Zuschauer gehorchen augenblicklich. Das Zeichen zum Kampfe geben Trommeltöne, welche wie ^muia, »mula (Greift an, greift an!) lauten, u. f. w. An diesem Abend reichte man mir ein Getränk, »vetches wie gutes englisches Ale schmeckte. Auf meine Fragen hörte ich zu meiner Verwun-^ derung, daß man dasselbe alls Getreide braue, welches zuvor, ganz ähnlich wie in England die Gerste, gemalzt werde. Statt des Hopfens verwendet man eine Wurzel von angenehm bitterm Geschmack, deren Namen ich vergessen habe. Das Getreide ist dcrNoIcn« 8picalu8 der Botaniker. Am 12. December erfuhr ich beim Ausstehen, daß einer der Elephantenjäger, die ich als Wegweiser gemiethet hatte, mit dem voraus empfangenen Gelde verschwunden sei. Damit die beiden anderen dieses Bei' spiel nicht nachahmten, ließ ich sie ihre Flaschenkürbisse sogleich mit Wasser füllen und befand mich mit meiner Reisegesellschaft schon bei Sonnenaufgang in der Wildniß, welche die Reiche Woulli nnd Vondn von einander trennt. Wir hatten kanm eine Vicrtelmeile zurückgelegt, als meine Begleiter Halt machten, um nns durch einen Zauber eine glückliche Neise zu sichern. Das Mittel bestand darin, daß man einige Worte murmelte und auf einen Stein spie, der in den Weg geworfen worden war. Dies wie-derbolte sich drei Mal, worauf meine Neger die Neise mit dem festen Ver-tranen fortsetzten, daß der Stein jeden höhern bösen Einfluß, der uns Unglück bringen könne, an sich ziehen werde. Bis zum Mittag setzten wir unsere Reise ohne Unterbrechung fort. 23 Ankunft in Tallila. l3 Kap. Um diese Tageszeit kamen wir zu einen, Nccma Taba, oder einem Vaum, den die Reisenden mit einer unzählbaren Menge von Zcngstückchen und Lumpen behängt hatten. Die Ersten, welche dies thaten, wollten den später Kommenden wahrscheinlich andeuten, daß in der Nähe Wasser zn finden sei, allein der Aberglaube hat sich auch hier eingemischt, imd gegenwärtig wagt Niemand vorbeizugehen, ohne dem „heiligen" Baum seinen Tribut darzubringe». Auch ich fugte mich dem Gebrauch und befestigte an einem der Zweige ein hübsches Stück Zeug. Da ich hörte, daß in der Nähe ein Brunnen oder vielmclir eine Lache sei, so befahl ich meinen Negern, die Esel von ihrer Ladung zn befreien und mit Mais zu füttern. Wir selbst aßen von unseren Lebensmittcln, und einer der Elephantenjäger mußte das Wasser suchen, weil ich, wenn er dasselbe finde,'hier übernach' ten wolle. Er kam bald mit der Nachricht znrück, daß er eine Lache mit trübem und schlammigem Wasser entdeckt, aber zugleich bei derselben ein kurz vorher erloschenes Melier und Neste von Lebensmittcln wahrgenommen habe, sodaß vor Kurzem Räuber oder Reisende dort gewesen sein mußten. Meine Reisegefährten nahmen ohne Weiteres die Anwesenheit der crstcrn Classe an und verriethen eine solche Furcht, daß ich nach einem andern Wasscrplatze aufbrach, von dem es hieß, daß wir ihn frühzeitig am Abend erreichen könnten. In der achten Abendstunde kamen wir an diesen Ort, zündeten ein großes Feuer an und legten uns neben unseren Thieren auf die bloße Erde nieder. Wir waren von jedem Strauch auf mehr als Flintenschußweite entfernt, und es drohte uns nach meiner Ansicht keine Art von Gefahr, aber dennoch wachten meine Neger wechselweise, wie sie überhaupt während der ganzen Neisc eine übertriebene Furcht vor Räubern verriethen. So wie der Tag sich zeigte, füllten wir unsere Schläuche und Kalebassen mit Wasser und brachen nach Tallika ans. Es ist dies die erste Stadt, welche man in Bondn erreicht, wenn man die Wüste verlassen hat. Am 13. December um Els Uhr Vormittags kamen wir dort an. Indem iä, von Woulli scheide, mnß ich noch bemerken, daß ich vmi den Einwohnern überall freundlich aufgenommen und gewohnlich durch einen angenehmen Abend für dieMühscligkeiten des Tages entschädigt wurde. Die hiesige Le bcnswcise sagte mir im Anfange nicht zn, nach nnd nach überwand ich jedoch meinen Widerwillen, und zuletzt erschienen mir alle Speisen gut. 4. Kap.) Abreise nach Fatteconda. 29 viertes Kapitel. Tallika und sciuc ^inwl'hner. — Ableise »ach Fattecunda. — VorsäNc auf der Neisc. — Ankunft .^» Korlarani. — Der Falcme und seiuc Fischereien. — Auknnst in Fattecouda. — Erste Znfamnienknnft mit dem Almami oder König von Bl,'ndn. — Der königliche Palast. — Der Monarch 1'ittct sich Mungli Parks blauen Nock anö. — Besuch bei den Frauen des Königs. — Eine Reise bei Nacht. — Ankunft in 3)oag. -^ Mittheilungcu nber das Königreich Boudu nud die Fulah. Die Einwohner von Tallika, der Grmzstadt von Bondu gegen Woulli hin, sind wie die Fulah mohamedanischen Glaubens und werden fast alle reich, indem sieden durchziehenden Karawanen theils Lebensmittel liefern, theils Elfenbein verkaufen, das sie sich durch ihre junge» Leute, welche in der Elephanteiljagd fehr geschickt sind, verschaffen. In der Stadt lebt beständig ein Beamter des Htönigs von Bondu, um sogleich von der Ankunft einer Karawane Nachricht zu geben. Man erhebt de» Durchgangs» zoll nach dem Maßstabe der Anzahl der beladenen (5scl. Ich wohnte in dem Hause dieses Beamten und tam mit ihm nberein, daß er mich für fünf Stäbe nach der Residenz Fatteconda begleiten solle. Ehe ich Tallika verließ, schrieb ich an !>>-. Laidley n»d übergab den Brief einem schwarzeil Kansmann, der mit fnns(>'scl>,. welche Elfenbein trugen, nach dem Gambia abging. Die großen Zähne schafft man in Netzen fort, deren zwei auf jeder Seite des Esels hängen. Die kleinen verpackt man in Häute und schnürt sie mit Stricken znsammen. Am 14. December verließen wirTallika und hatten etwa eine halbe Meile in aller Nnhc zurückgelegt, als zwischen meinem schwarzen Schmied und einem zweiten meiner Reisegefährten eii^heftiger Streit entstand. Die beiden Gegner sagten sich die gröbsten Dinge. Nun verzeiht ein Neger weit eher einen Schlag, als cme Beleidigung seiner Eltern. Schlage mich, aber beschimpfe meine Mutter nicht," ist ein Ansruf, den man unter den Sclaven häusig hört. Gerade einer solchen Beleidigung machte sich der Schmied schuldig, worüber sein Feind dergestalt in Wuth gericth, daß er sein Messer zog und dem Zank die traurigste Wendung gegeben haben würde, wenn meine übrigen Begleiter ihn nicht ssmcll entwaffnet hätten. Ich machte mein Ansehen geltend und beendete den Zwist, indem ich dem Schmied zu schweigen befahl und dem Anderen, der uach 30 Voifälle auf der Neise. s> Kap. meiner Ansicht Unrecht hatte, sagte, wenn er wieder sein Messer ziehe oder eine zu mir gehörige Person beleidige, so werde ich ihn für einen Räuber halten und ohne Weiteres niederschießen. Diese Drvhnng hatte die gewünschte Wirkung, doch war Alles verstimmt, und wir setzten unsern Weg lange Zeit schweigend fort. Nach Mittag sahen wir einige kleine Dörfer, welche sich hier und da in einer fruchtbaren und lachenden Ebene erhoben. In einem derselben, Namens Ganado, übcrnachteteu wir, und hier machten ein Austausch von Geschenken lind ein gutes Abendessen der Feindschaft der beiden Neger ein Ende. Am 15. December verabschiedeten sich die Serawouttis, die mich bisher begleitet hatten, unter vielen Gebeten für meine Wohlfahrt. Eiine Viertelstunde jenseits Gauado gingen wir über den Neriko; der ein bedeutender Arm des Gambia ist.') Seine Ufer sind hoch und mit Mimosen bekleidet. In dem Schlamme seines Flußbetts bemerkte ich viele große Muscheln, die aber von denEinwobnern nicht gegessen werden. Da gegen Mittag eine außerordentliche Hitze eintrat, so machten wir im Schatten eines Baumes zwei Stunden lang Halt. Einige Fulahhirten verkauften uns etwas Milch und zerstoßenes Korn. Bei Tonnenunter» gang erreichten wir Korkarani, wo einige Verwandte des Schmieds lebten und wo wir zwei Tage rasteten. Korkarani ist eine von einer bobcn Mauer umgebene Stadt und besitzt eine Moschee. Man zeigte mir dort verschiedene arabische Handschriften, auch eine des Buches Al Schara, von dem ich schon gesprochen habe. Der Marabu oder Priester, welchem dieselbe gehörte, erklärte mir die merkwürdigsten Stellen derselben in der Mandingosprache. Ich zeigte ihm dagegen Nichardsons arabische Grammatik, welche er sehr be» wunderte. Bei unserer Abreise begleitete uns ein junger Neger, ein Salzhändler , den seine Geschäfte nach Fatteconda riefen. Wir legten nur drei ') Mit dem Ausdruck „Ann" will Mungo Park den Ncriko wahr« scheinlich als einen dcl Quellströme dcs Gambia bezeichnen. Der Ne-liko ist ein ans Nordisten kommender Znflnß dcs Gambia, und zwar der bedeutendste von allen. Da er durch ein Gebiet strömt, wo eine Scnlnna, des Bodens nach Westen zu eintritt, so betrachten die Neger ihn alo dle Nrcnzscheidc zwischen dem Osten und dem ^andc der untergehenden Sonne. 4. Kap.1 Verfahren mit euicm stürrigen Esel. I1 Viertelnieilen zurück und übernachteten in dem kleinen Dorfe Dnggi, wo die Lebensmittel so wohlfeil waren, daß man mir für sechs kleine Stücke Bernstein einen Ochsen gab. Ich machte diesen Kauf, weil ich bemerkt hatte, daß die Zahl meiner Begleiter mit den Lebensmitteln ab- und zunahm. Am 18. December verließen wir das Dorf in aller Frühe lind wurden unterwegs durch viele Fulah und andere Neger verstärkt, wodnrch unser Zug ein so stattliches Ansehen erhielt, daß wir in den Wäldern, die wir durchreisten, keine Räuber mehr zu fürchten hatten. Gegen Elf Uhr Morgens blieb einer unserer Esel mitten im Wege stehen und ließ sich auf keine Weise in Gang bringen. Die Neger griffen nnn zu einem sonderbaren Mittel, ihn willfährig zu machen. Sie schnitten einen gabelförmigen Zweig ab, schoben die Kabel dem Esel wie das Gebiß eines-Zanmes ins Maul, banden die Enden derselben über dem Kopfe des Thieres zusammen und ließen den Zweig herabhangen, damit er unten ausstoßc, wenn der Esel den Kops scute. Der letztere ging nun ganz ernst und ruhig weiter und lernte bald den Kopf hoch halten, denn so oft der Stiel der Gabel an die Wurzeln oder Steine anstieß, gab es einen schmerzhasten Stoß gegen die Zähne. Diese Art, einen störrigcn Esel zu bändige», brachte mich zum Lachen, aber meine Reisegefährten sagten mir. daß sie von den Slatis stets angewendet werde und selten ihren Zweck verfehle. Am Abend erreichten wir eine Gegend, wo mehrere kleine Dörfer unter ziemlich großen bebauten Feldern lagen. Wir blieben in einem dieser Orte, Namens Buggil, in einer armseligen Hütte, wo wir auf einem Bund Hirsestroh schlafen und von unseren mitgebrachten Vorräthen zehren mußten. Mau gräbt hier die Brunnen sehr tief und verfährt dabei mit vieler Einsicht. Ich maß eines der Vrunnenseilc und fand es 168 Fuß laug. Am 19. December hatten wir einen dürren, steinigen, mit Mimosen bekleideten Berg hinanzustcigcu, dessen Höhe wir erst am Mittag erreichten. Immer der Richtung gegen Osten folgend, stiegen wir darauf in ein tiefes Thal hinab, in dem ich vielen Feldspat!) und weißen Quarz bemerkte. In diesem Thale folgten wir dem Bett eines ausgetrockneten Flusses bis zu dem Dorfe, wo wir übcruachtcn wollten. Viele Eiu-wohnerinnen waren in feine französische Gaze, hier Biqui genannt, gekleidet. Dieser leichte und luftige Stoss läßt alle Körperformen hervor- 32 Dcr Faleme und seine Fiscbcn'ic». ft. Kap. treten und ist bei den schwarzen Damen sehr beliebt. Das Benehmen, der Schönen paßte indessen zu ilner Kleidung durchaus nicht, denn es war im höchsten Grade plump und zudringlich. Sie umringten mich in Menge, um Bernstein, Glasperlen und andere Kleinigkeiten zn fordern, und drangen so lebhaft und so unaufhörlich in mich ein, daß ich ihnen reinen Widerstand zu leisten vermochte. Sie zerrissen mir den Rock, schnitten meinen Dienern die Knöpfe von den Kleidern und schienen ihre Gewaltthätigkeiten noch weiter treiben zu wollen. Ich stieg daher aufs Pferd und verließ das Dorf. Sollte man es glauben, daß ein Haufen dieser Harpyien mir eine Viertelstunde weit folgte? Die Nacht war sehr unangenehm, da wir im Freieil bei unserm Gepäck schliefen und ein starker Thau fiel. Am 20. December erreich' ten wir eiu großes Dorf am Ufer des Falcme, der au dieser Stelle in einem mit Felsen gefüllten Bette sehr rasch fließt. Wir sahen die Ein» wohncr auf verschiedene Weise fischen. Um die großen Fische zu fangen, führten sie im Flusse Steindämme auf, in denen sie mehrere offene Stelleu ließen. Vor diesen Oeffnungen, durch die das cingedänliute Wasser natürlich mit großer Gewalt strömte, stellten sie Körbe von geflochtenen Nohrstaben auf, die zum Theil 20 Fnß lang waren. Befanden die Fische sich einmal in diesen Körben, so waren sie gefangen, da sie wegeu der Heftigkeit der Strömung uicht zurückschwimmen tonnten. Bei deu kleinen Fischen wird eine andere Methode angewendet. Man fängt sie mit sogenannten Wurfnctzeu, welche aus Baumwolle gewoben und sehr geschickt gchandhabt werden. Diese Fische haben ungefähr die Größe eiuer Sardelle und werden auf verschiedene Art zubereitet in den Haudcl gebracht. Gewöhnlich zerstößt man sie srisch gefangen in einem Mörser und läßt sie in großen Haufen von Znckerhutform in dcr Sonne trocknen. Man kann sich denken, welchen Geruch die so zubereiteten Fische verbreiten, aber im Lande dcr Maxren auf dem nördlichen User des Senegals, wo die Fische sehr selten sind. bezahlt man für diese Speise einen hoheu Preis, und sieht in ihr einen Luxusartikel. Wenn man sie essen will, löst man eine gewisse Menge in kochendem Wasser auf nnd mischt sie unter den Kollskons. Es fiel mir auf, daß die Ufer des Faleme iu dieser Jahreszeit mit Hirsefeldern bedeckt wareil. Als ich dieses Getreide aber näher unter- 4. Kav.I Ankunft m Fattecunda. 33 suchte, entdeckte ich, daß es nicht zu derselben Art gehörte, welche man am Gambia baut. Die Eingeborenen nennen es Manio. Es wächst in der trockenen Jahreszeit und im Januar wird es geerntet. Diese Pflanze giebt einen sehr reicheil Ertrag. Da die Spitze sehr herabhängt, so haben ihr die Botaniker den Namen llulcu« c<,>mlm« gegeben. Als ich von meinem Ausflug nach dem Flusse, wo ich dtm Fischen zugesehen hatte. nach dem Dorfe zurückkehrte, begegnete ich einem alten maurischen Scheris, der mir seinen Segen gab und mich um etwas Papier bat, auf das er Saphis schreiben wollte. Dieser Mann hatte den Major Houghton im Königreich Kaarta gcschcu und sagte mir, daß der unglückliche Neiseude im Lande der Mauren gestorben sei. Ich gab ihm einige Blatt Papier, und auch mein schwarzer Schmied mußte ihm einen ähulichen Tribut zollen, denn es ist bei den jungen Mohamedanern Gebrauch, deu Greisen Geschenke zu machen, wofür sie deren Segen erhalten. Dieser wird in arabischer Sprache ertheilt und mit großer Demuth empfangen. Um drei Uhr Nachmittags setzten wir uns wieder in Marsch und folgteu den Ufern des Flusses, deren Richtung eine nördliche ist. Um Acht Uhr Abends erreichten wir Naycmn. Der gastfreundliche Vorsteher dieser Stadt empfing uns sehr zuvorkommend und scheuktc uns einen jungen Ochsen. Ich meinerseits gab ihm etwas Bernstein und einige Glasperlen. Nachdem ich am Morgen des 21. Decembers ein Kanoe für das Gepäck gemiethet hatte, ritt ich durch deu Faleme. Das Wasser, das mir bis an den Nand des Sattels reichte, war so klar. daß man von der Höhe des steilen Ufers überall bis auf den Grund sehen konnte. Um Mittag zogen wir in Fatteconda ein, die Hauptstadt des Kö° uiareichs Bondu. nnd erhielten knrz darauf eine Einladung, in dem Hause eines sehr geachteten Slati unsere Wohnung zu nehmen. Da die afrikanischen Städte keine Gasthäuser haben, so begeben sich die ankommenden Fremden zu dem Bentang oder an irgend einen andern öffentlichen Ort, wo sich immer bald ein Einwohner anfindet und ihnen Gastfreundschaft anbietet. Wir folgten der Einladung des Slati. Ungefähr eine Stunde später sand sich ein Mann ein, um mir zu sagen, daß er mich zum König führen solle, der mich augenblicklich zu sehen wünsche, falls Mungo Patt. 3 34 Empfang beim König. l4. Kap. ich nicht zu sehr ermüdet sei. Ich nahm meinen Dolmetscher mit u»d folgte dem Boten. Wir hatten die Stadt verlaffen und bereits einige Hirsefclder durchschritten, als mir der Gedanke kam, daß man mir einen schlimmen Stretch spielen »volle. Ich blieb also stehen und fragte den Voten, wohin er mich führe? Nun zeigte er mir einen Manu, der in einiger Entfernung unter einem Baume saß, und sagte mir, der König pflege oft auf diese Art Gehör zu ertheile», um von der Menge nicht belästigt zu werden. Gr fügte hinzu, daß ich uud mein Dolmetscher allein naher treten durften. Als ich ganz nahe war, lud der König mich ein, neben ihm auf der Matte Platz zu nehmen. Ich nannte ihm den Zweck meiner Reise, worauf er b!os mit der Frage antwortete, ob ich Sclaven oder Gold kaufen wolle? Als ich »lit Nein antwortete, schien er sehr erstaunt zu sein, lud mich aber doch ein, am Abend zu ihm zu kommen und einige Lebensmittel von ihm in Empfang zu nehmen. Obgleich dieser König kein Mohamcdaner ist, führt er doch den maurischen Titel Almami. Mau hatte mir erzählt, daß er sich gegen den Major Hougl)ton sehr schlecht benommen habe und daß dieser Reisende auf seinen Befehl ausgeplündert worden sei. Ich war deshalb nicht ohne Unruhe, obgleich er mir bei unserer ersten Zusammenkunft eine unerwartete Freundlichkeit bewiesen hatte. Ich befürchtete irgend eine Treulosigkeit, und da ich ganz in seiner Hand war, so beschloß ich durch ein Geschenk sein Wohlwollen zu erkaufen. Demnach nahm ich, als ich Abends wieder zu ihm ging, ei»c Büchse mit Pulver, Tabak, Bernstein und meinen Sonnenschirm mit. Ich bezweifelte nicht, daß man mein Gepäck durchsuche» werde. Um gewisse Artikel zu retten, versteckte ich sie im Dache des Hanfes, wo ich wohnte. Meinen ganz neuen blauen Nock, an dessen Erhaltung mir am meiste» lag, zog ich an und hielt ihu nun für sicher. Die Häusergruppe, in welcher der König mit seiner Familie wohnte, war von einem sehr hohen Erdwalle umgeben lind bildete eine Art von Citadelle. Das Innere dieses Umkreises war in verschiedene Hose getheilt. Beim Eingänge stand ein Neger mit einer Flinte auf der Schulter, u»d um zum König zugelangt», mußte ich einen gewundenen Psad zu- 4. Kap.) Empfang beim Kömg. 35 zurücklegen und durch mehrere Thore schreiten, welche sämmtlich von Schildwachen gehütet wurden. Als wir den Eingang des Hofes erreichten, in dein die Wohnung des Königs lag, entledigten sich meine Führer und mein Dolmetscher, dem Gebrauch gemäß, der Tandalm. Der Erstere rief den Namen des Kö> nigs mit lauter Stimme und wiederholte dies so lange, bis von Einem geantwortet wurde. Der König saß alls einer Matte, neben der zwei seiner Beamten standen. Ich wiedcrdolte, was ich über den Zweck meiner illeise gepgt hatte, und nannte meine Beweggründe, durch sein, Land zu reisen, befriedigte ihn jedoch augenscheinlich nur halb. Der Gedanke, daß Jemand aus bloßer Neugier reisen könne, war ihm gänzlich fremd. Er cmtwortcte trocken, es sei uumöglich, daß man um ein Land und seine Bewohner zn sehen, solchen Mühen und Gefahren sich aussetzen könne. Ich erbot mich, ihm ^mein ganzes Gcvack zu zeigen, und er wurde mm von der Walnhcit meiner Worte überzeugt. Sein Argwohn hatte weiter keinen Grund, als die allgemeine Annahme, daß jeder Weiße nothwendigerweisc Handelsgeschäfte treiben müsse. Mit meinen Geschenken war er sebr znfneden, und namentlich machte ihm mein Sonnenschirm große Freude. Er öffnete lind schloß ihn mehrmals, und anck' seine beiden Beamten wnrdcn nicht müde, diese wunderbare Maschine, deren Gebrauch sie lange Zeit nicht zu begreifen vermochten, zu bewundern. Als ick, Abschied nehmen wollte, bat mich der König, noch einen Augenblick zu verweilen. Er hielt eine lange Lobrede auf die Wnßen, rühmte ihren unermeßlichen Reichthum, ihre Freigebigkeit, ging daranf zn bewundernden Worten über meinen blauen Rock über, dessen gelbe Knöpfe seinem Gesibmack besonders zu entsprechen schienen., und bat mich schließ, lich um dieses Kleidungsstück, indem er mir zur Entschädigung versprach, daß er dasselbe bei allen feierlichen Gelegenheiten tragen und Jedem, der ihn in diesem Anzüge sähe, von meiner außerordentlichen Großmuth er- ^^Die Bitte eines afrikanischen Fürsten, der sich im eigenen Gebiet befindet, ist so ziemlich ein Befehl, vorzüglich wenn sie an einen Fremden gerichtet wird. Sie ist nichts als ein Versuch in Güte zu erlangen, was man mit Gewalt nehmen zu können die Macht besitzt. Da es mir 3' 36 Besuch bci den königlichen Frauen. ft. Kap. nicht einfalle» konnte, den König von Bondu durch eine Weigerung zn beleidigen, st' zog ich meinen Rock, den einzigen guten den ich besaß, ruhig aus, und legte ihn dem Fürsten zu Füßen. Von meiner Nachgiebigkeit geschmeichelt, ließ er mir viele Lebeusmittel geben und forderte mich zu einem dritten Besuch am nächsten Morgen auf. Als ich erschien, saß der Monarch auf seinem Bette. Er klagte über Unwohlsein und wollte zur Ader gelassen werden. Kaum hatte ich aber seinen Arm verbunden und meine Lancette geöffnet, als sein Muth schwand. Er bat mich. die Operation bis zum Nachmittag zu verschieben, denn im Augenblick befinde er sich weit besser als früher. Nachdem er mir für meine Bereitwilligkeit, ihm Dienste zu leisten, gedankt hatte, fügte er hinzu, daß seine Frauen einen Bestich von mir zu crhaltcu wünschten. Einer der Beamten führte mich zu den Wohnungen der Frauen. Ich hatte den Hof, wo sich dieselben befanden kaum betreten, als der ganze Harem mich umringte. Die Einen verlangten Arznei, die Anderen Bernstein und Alle wollten mit dem großen Heilmittel der Neger, dem Aderlässen, einen Versuch machen. Die meisten dieser Frauen, deren zehn bis zwölf sein mochten, waren sowohl jung als hübsch, lind alle trugen goldenen Schmuck und Bernsteinpcrlen in den Haaren. Sie scherzten sehr heiter über verschiedene Gegenstände und lachten namentlich über meine weiße Haut und meine gebogene Nase, indem sie Beides für künstlich hielten. Von meiner Haut behaupteten sie, dieselbe sei dadnrch weiß geworden, daß man mich als Kind stets in Milch getaucht habe, und von meiner Nase wollten sie wissen, dieselbe su so lange gezwickt worden, bis sie diese unangenehme und unnatürliche Form erhalten habe. Ich leugnete meine Häßlichkeit nicht und hielt vielmehr der afrikanischen Schönheit eine große Lobrede. Sie antworteten mir freundlich, im Königreich Bondu liebe man die Schmeichelei — den Honigmund, wie sie sich bildlich ausdrückten—wenig, aber als ich Abschied genommen hatte, schickten sie mir doch eine Schüssel nnt Honig und einige Fische, so daß meine Lobsprüche ihnen doch uicht ganz gleichgültig gewesen sein werden. Vor Sonnenuntergang mußte ich uoch einmal beim Könige erscheinen. Ich nahm einige Glasperlen lind etwas Schrcibevapicr mit, da der Gebranch will, daß man beim Abschied ein Geschenk macht. Das Gegengeschenk des Königs bcstaud in fünsUnzen Gold. Er bemerkte dabei, 4. Kap.) Abreise oon Fattcc»nda. 37 daß diese Kleinigkeit ein bloßer Freundschaftsbeweis sein solle, doch hoffe er daß das Gold mir unterwegs beim Ankauf von Lcbensmittcln nütz' lich sein werde. Diesem Zeichen seines Wohlwollens fügte er noch ein größeres hinzu, indem er mir sagte, obgleich es Gebrauch sei, das Gepäck der Reisenden zu durchsuchen, so solle mit mir doch eine Ausnahme gemacht werden, und ich könne seine Staaten verlassen, wann ich wolle. Am 23. December Morgens verließen wir also Fatteconda und erreichten um ElfNhr ein kleines Dorf, wo wir während des übrigen Tages zu bleiben beschlossen. Am Nachmittag theilten meine Reisegefährten mir mit, daß der Ort die Grenze zwischen Bondu und Kadschäaga bilde, daß dem Reisenden hier Gcsahr drohe, und daß wir klug haudeln würden, wenn wir die ganze Nacht durchreisten, bis wir eine sichere Gegend erreichten. Ich sand diesen Rath sehr verständig. Wir mietheten zwei Wegweiser, um uns durch die Wälder zu führen, und als die Einwohner schliefen, brachen wir auf. Es war die schönste Mondschein-Nacht. Die Stille der Luft, dtc tiefe Einsamkeit der Wälder, das Geheul der wilden Thiere erhöhten den feierlichen Ernst der Natur. Wir bewegten uns schweigend vorwärts und wenn einmal Jemand sprach, so flüsterte er. Jeder von uns beobachtete aufmerksam Alles, was um uns her vorging, und nicine Reisegefährten suchten mir ihr scharfes Auge zu beweisen, indem sie mir die Wölfe und Hyänen zeigten, welche wie Schatten von einem Busche zum andern glitten. Gegen Morgen kamen wir im Dorfe Kimmu an. Nachdem meine Reisegefährten einen Einwohner, den sie kannten, geweckt hatten, fütterten wir unsere Thiere mit Mais und rösteten für uns selbst einige Pistazien. Als es Tag wurde, setzten wir nnscrc Reise fort und rasteten am Nachmittag zu Ioag im Königreich Kadschäaga. Da dieses Reich und seine Einwohner von den Zuständen, die ich bisher beschrieben habe, in mehrfacher Beziehung abweichen, so will ich jetzt, ehe ich meine Erzählung fortsetze, einige Einzelheiten über das Königreich Bondu und das Volk der Fulah mittheilen, welche ich absichtlich bis hierher verschoben habe. Das Königreich Bondu wird im Osten von Vambuf, im Südosten und Süden vom Königreich Teuda nnd der Wüste Simbani, im Süd- '38 Das Königreich Bond« und seine Einwohner. ^> Kap. wcsten von Woulli, im Westen von Fula Toro und im Norden von Kadschäaga begrenzt. Wie Woulli ist das Land größtcnthcils bewaldet, liegt aber höher und erhebt sich gegen den Falcmc hin zn Bergen von mäßiger Höhe. An natürlicher Fruchtbarkett wird der Boden, so viel ich weiß, von keiner andern Gegend in Afrika übertroffen. Da Bondn zwischen dem Gambia lind dem Senegal liegt, so wird es sowohl von den Slatis, welche ihre Sclavenzüge aus dem Innern an die Küste führen, als von anderen Händlern aus dem Vinnenlande, welche hier Salz kaufen, stark besucht. Sowohl der Sclaven« als der Salzhandel ist fast ausschließlich in deu Händen der Mandingo und der Serawoullis, welche in Vondu ihren Wohnsitz genommen haben. Dieselben Kaufleute verkehren auch viel mit dem Königreich Gedumah lind mit anderen maurischen Ländern, wohin sie Korn und blaue baumwollene Zeuge führen, um dagegen Salz einzutauschen, durch das sie sich später in Deutila und den benachbarten Gebieten Eisen, Pamnbutter uud Goldstaub verschaffen. Außerdem verkaufen sie mehrere Arten wohlriechenden Gummi's, das sie in Päckchen von ungefähr einem Pfund Gewicht in kleinen Säcken mit sich führeu. Nenn man ein wenig von diesem Gummi auf heiße Asche wirft, so verbreitet sich eiu sehr angenehmer Geruch. Die Mandingo bedienen sich dieses Gummi's nicht blos um ihre Hütten, sondern auch um ihre Kleider wohlriechend zu machen. Die Zolle, welche man in Bondu von den Reisenden erhebt, sind sehr beträchtlich. Fast in jeder Stadt hat man von einem Esel einen Stab euroväischer Waaren zu eutrichteu, und in Fatteconda, der Residenz des Königs, besteht der gewöhnliche Tribut in einem Stab Tastet, oder in einer sslinte und sechs Flaschen Pulver. In Folge dieser Zölle fehlt es dem König von Vondu weder an Schicßbcdarf, nrch an Gewehren, und dies macht ihn allen seinen Nachbarn siuchtbar. Nicht blos durch ihre Sitten, sondern auch durch ihre Farbe unterscheiden sich die Einwohner des Königreichs Vondu von den Mandingo und Serawoullis, mit deneu sie oft Krieg führen. Vor einigen Jahren brach der König von Vondu an der Spitze eines zahlreichen Heeres auf, ging über den Faleme, lieferte Sambu, dem König von Bambuk, eine 4. Kap.) Die Fulah inid ihre Schule. 39 blutige Schlacht, besiegte ihn und zwang ihn zur Abtretung aller Städte auf dem östlichen Ufer des Falemc. Die Fulah sind mehr dunkelolivenfarbig als schwarz und zeichnen sich durch feine Züge wie durch ein seidenartiges Haar aus. Sie sind nach den Mandiiigo ohne Frage dcr bcdentcndstc Volksstamm in diesem Theile von Afrika. Sie stammen, wie man sagt, ans Fulahdn (der Name bedeutet: Heimath dcr Fulah), haben sich aber über verschiedene Gebiete verbreitet und besitzen gegenwärtig mehrere Königreiche, welche weit von einander entfernt sind. Zu dem, was ich über ihre Farbe gesagt habe, muß ich den Zusatz machen, daß sie nicht überall dieselbe ist. Im Königreich Vondn und in den anderen an die Länder der Mauren angrenzenden Reichen haben die Fnlah eine Hellcrc Farbc als in den südlicheren Gebieten. Die Fulah inBondn haben von Natur cincn sanstcn nnd gefälligen Charakter, aber durch die lieblosen Grundsätze des Korans sind sie gegen Fremde weniger wohlwollend und gegen die Mandingo in ihrem Benehmen zurückhaltender geworden. Sie sehen in allen andereil Negern ein untergeordnetes Geschlecht, lind wenn sie von den verschiedenen Nationen sprechen, so zählen sie sich stets zn den Weißen. Ihre Verfassung weicht von jener dcr Mandingo besonders darin ab, daß die Flilah den Gesehen des Islams einen größern (iinflnß gestatten. MitAnsnahmc des Königs sind alle angeschenen Personen nebst der Mehrzahl der Bevölkerung Mo-hamcdancr, uud deshalb gcltcn die Aussprüchc und Vorschriften des Propheten unter ihnen stets für geheiligt und unumstößlich. Dennoch behandeln diese eifrigen Muselmänner diejenigen ihrer Landeslcute, welche Heiden geblieben sind, nicht ungerecht nnd kennen keine VersolgungMcht nm des Klaubens willen. Zu Bekehrungen wenden sie wirksamere Mittel an. Sie haben in allen Städten kleine Schulen eingerichtet, in denen vielc Kinder von Heiden neben den mohamcdanischcn Zöglingen den Koran lesen lernen und mit den Vorschriften des Propheten bekannt gemacht werden. Die mohamedanischen Priester formen diese kleinen Heiden nach ihren Gefallen lind impfen ihnen kehren ein. welcbe sich nie wieder verwischen. Ich habe ^>nf meinen Reisen vielc solcher Echnlen gesehen und überall mit Vergnügen wahrgenommen, wic außerordentlich gelehrig die Kinder waren und welche Ehrfurcht sie ihren Lehrern zollten, so daß 40 Ackerbau und Viehzucht bei dcu Fnlah. ft. Kap. ich von Heizen wünschte, man möge sie mit einem reinern Glauben bekannt machen. Mit dem Islam hat sich auch die arabische Sprache eingebürgert, mit der die meisten Fulah wenigstens oberflächlich bekannt sind. Ihre Muttersprache hat viele weiche Svlben, wird aber so schlecht ausgesprochen, daß ein Fremder, welcher znm ersten Male zwei Fulal, mit einander reden hört, die Leute in einem Zank begriffen glaubt. Die Fulah sind Hirten und Ackcrbaner. und aller Orten fallen die Oeschicklichkeit und die Sorgfalt ans, welche sie bei diesen Beschäftigungen bethätigen. Eogar an den Usern des Gambia sind sie es, welche den größten Theil des Korns banen, das man dort erntet, und ihre Hcerdcn sind stets ^ablrcicker und in bcsserm Zustande, als die der Mandingo. Nm reichsten sind sie im Königreich Vondu, wo sie Alles, was znm Leben nöthig ist, im Ucbcrfluß besitzen. Da sie ihr Vieh gut und geschickt bc-bandcln. so wird dasselbe außerordentlich zahm und gelehrig. Wenn die Nacht heran naht, treiben sie die Heerde ans dem Walde, wo sie am Tage geweidet hat, in Hürden, welche Korns heißen nnd in der Nähe der Dörfer stehen. In jedem Korn steht eine Hütte, in welcher ein oder zwei Hirten die ganze Nacht wachen, um Diebstählc zu verhüten nnd die wilden Thiere durch große Feuer fernzuhalten. Die Fulah melken ihre Kühe Morgens und Abends. Die Milch derselben ist vortrefflich, doch gewinnt man nicbt so viel von einer Knh als in Europa. Dieses Nahrungsmittel, das übrigens nnr in saurem Znstande genossen wird, gilt den Fulal, für unentbehrlich. Sie gewinnen von der Milch einen sehr dicke» Nahm den sie durch starkes Schütteln in einer ssalcbassc in Vutter verwandeln. Die letztere wird daranfüber einem schwachen ssener geschmolzen, sorgfältig gereinigt und in irdene Töpfe ge^ gössen. Man benutzt sie nicht blos zu den meisten Speisen, sondern auch y,m Salben des Kopfes, des Gesichts und der Arme. So reichlich die Milch in Bondn vorhanden ist, kennen doch weder die Fulah noch die übrigen Völker in diesem Theile von Afrika die Knnst der Kastbereitung. Vielleicht liegt die Schuld an der großen Anhänglichkeit der Neger an die Gebräuche ihrer Ahnen nnd au dem Widerwillen, mit dem sie Alles betrachten, was wie eine Neuerung attssieht. Das Versahren, welches man beim Käsemachcn befolgen muß, mag ihnen anch zu 5. Kap'1 Das Königreich Kadscha'aga. 41 lang und limständlich, der eutsteheudc Mewinn aber zu unbedeutend sein. Sie selbst uennen als Onmdc, weshalb sie keinen Käse machen, die Hitze des Klimas und die Seltenheit des Salzes. Neben dem Hornvieh, in dem ihr Hauvtrcichthum besteht, besitzen die Fulah vortreffliche Pferde, welche ans einer Kreuzung dcr arabischen Art mit dcr afrikanischen hervorgegangen zu sein scheinen. Fünftes Kapitel. Das Königreich Kadschaaga. — Die Serawl'uNis. .Ihre Eitlen imd ihre Sprache. ^ Die Grenzstadt Ioaq. — Mnng» Park N'ird auf Befehl dc« .«onists beleidigt nnd 5er Hlilftr seiner Sache» derandt. — Mitleid eine, Eclavin. — Denioa Scqo. Neffe des .Nönnis v^n Kassun. erbietet sicl, Munqc» Park nac!, iencm Reiche ^geleiten. — Al'rcise und Ankunft in 2ami. — Uebcrgan^ über den Ventral - Kasso» wird glücklich erreicht. Das Königreich Kadschäaqa wird von den Franzosen Galam genannt, aber die Eingcbmcncn gebrauchen blos den ersten Namen. Die Kreuzen weiden gebildet im Südostcn und Süden von Vambuk, im Westen von Futa Toro und Voudu, im Norden vom Senegal. Ich glaube, daß in Kadschäaga die Lust reiucr und gesnnder ist, als morgend einem der Länder, welche der Küste näher liegen. Das Land bietet in seiner ganzen Ausdehnung einen angeuelnucn Wcchscl von Thal und Hngel dar. und dcr Scuegal, der im Innern zwischen Fclscngebirgen entspringt und einen sehr gewundenen Lauf hat, vermehrt die Schönheit der Gegend, denn seine Uftr sind anßerordcntliä, pittoresk. Die Einwohner heißeu SeMvoullis, bei den Franzosen Serracolets. Sie sind wie die Iolof kohlschwarz. Die Verfassung ist monarchisch, und der König scbeiut, uacb meinen t?rsal,rungcn zu urthcilcu. ciuc furchtbare Wewalt zu besitzen. Dennoch beklagt sich das Volk über seinen Tyrannen nicbt. Während meines Aufcuthalts im Lande verrieth Jedermann den größten ssifcr, diesen Fürsten in dem Kriege zu unterstützen, den er gegen den Herrscher von Kasson zu unternehmen im Begriff war. Die Serawoullis widmen sieb, gewöhnlich dem Handel. Früher verkehrten sie viel »lit den Franzosen, denen sie Goldstaub und Sclaven ver« 42 Die Stadt Ioag. lö. Kap. kauften. Gegenwärtig liefern sie den englischen Factorcicn am Gambia einige Sclaven. Sie sind wegen der Gefügigkeit lind Ehrlichkeit, welche sie im Handel bethätigen, berühmt, abcrauch schr nachReichthnm begierig. Sie machen an dem Salz nnd an den baumwollenen Stoffen, welche sie in fernen Gegenden verkansen, einen bedeutenden Gewinn. Wenn ein Serawonlli-Kausmann von einer Reise wieder eintrifft, so versammeln sich sogleich seine sämmtlichen Nachbarn, um ihm zu seiner Rückkehr Glück zn wünschen. Nun zeigt der Kaufmann seinen Reichthum nnd seine Freigebigkeit, indem er Geschenke vertheilt. Ist er aber bei seinem Unternehmen nicht glücklich gewesen, so leert sich sein Haus bald, nnd Jedermann sieht in ihm einen unfähigen Menschen, da er eine weite Ncise gemacht nnd, wie man hier zn sagen pflegt, blos die Haare auf seinem Kopfe zurückgebracht hat. Nm 24. December erreichten wir Ioag, die erste Stadt, der man im Königreich Kadschäaga begegnet, wenn man von Bondu kommt. Ich wohnte in ocm Hause des ersten Beamten der Stadt. Hier heißt dieser Beamte nicht mehr, wie bei den Fulah und Mandingo, Maid, sondern Duci. Mein Wirth war ein strenger Muselmann, aber zugleich schr gastfrei. Die Stadt Ioag hat ungefähr 2000 Einwohner. Rings um sie zieht sich eine hohe Mauer, in der man eine großeAnzahl von Schießscharten angebracht hat, um sich im Fall eines Angriffs mit Flintenschüssen vertheidigen zn können. Auch jede einzelne Wohnung ist von einer solchen Mauer umgeben, sodaß das Ganze ciuc Menge kleiner Citadellen bildet. Für Leute, welche keine Geschütze besitzen, sind dieseManern furchtbare Befestigungen. Westlich von der Stadt strömt ein kleiner Flnß, an dessen ttseru Tabak und Zwiebeln gebaut werden. Wer über Ioag in die angrenzenden Länder reist, thut wohl daran, die Serawoullisprache zn erlernen. Sie wird in allen Ländern verstanden, wo der Handel vorzugsweise von Serawoullis betrieben wird, also in Kaffon, Kaarta, Lndamar und den nördlichen Theilen von Bambarra. Sie ist übrigens an Kchllautcu reich und nicht so wohlklingend, wie die Sprache der Fulah. Am Abend meiner Ankunft in Ioag ging der Bnschrin Madibn, der mit mir von Pisania gekommen war, nach der nahen Stadt Dra- 5. Kap.! Spiele der Fulah. ^ manet, wo seine Eltern wohnten. Der schwarze Schmied, der ebenfalls mit mir gereist war, begleitete ihn bei diesem Besuche. Sobald die Nacht einbrach, lud man mich zu dm Spielen der Einwohner ein, denn die Sitte des Landes will, dasi man die Ankunft eines jeden Fremden festlich begeht. Ich sah eineMcngc Menschen in einem wilden Kreise um einige Tänzer versammelt. (5s brannten große Feuer, und vier Trommler wirbelten mit viel Takt und Uebereinstimmung. Der Tanz bestand jedoch mehr in unzahligen Geberdcn, als in kunstvollen Schritten uud anmuthigcn Stellungen. Namentlich die Weiber Wetteifer-ten mit einander in wollüstigen Bewegungen. Gs war am 25. December, etwa um zwei Uhr Morgens, als mehrere Reiter in die Stadt kamen, meinen Wirth weckten und sich mit ihm in der Serawoullisprache unterhielten. Sie stiegen darauf ab und kamen zu dem Ventang, auf dem ich mir mein Lager eingerichtet hatte. Giner derselben, welcher mich im Schlaf glaubte, versuchte meine Flinte zu stehlen, die neben mir aus der Matte lag. Da er aber sah, daß ich aufmerkte, so ließ er ab, und die Fremden setzten sich nun bis zu Tagesanbruch in meiner Nähe nieder. In dm Gcsichtszügen meines Dolmetschers Johnson las ich ohne Mühe, dasi abermals Unangenehmes beratbcn werde. Auch die plötzliche Rückkehr Madibn's und des Schmieds beunruhigte mich. Als ich Beide nack der Ursaebe fragte, erzählte mir Madibu: als sie in Dranianet getanzt hätten, wären plötzlich zehn Reiter des Batscheri oder des Königs mit dein yveiten Sohne desselben an der Spitze, angelangt, nm nach dem Weißen zn fragen, der hier durchgereist sein solle. Als sie erfahreu, daß ich in Ioag sei, hätten sie sich, ohne Rast zn halten, entfernt. Madibu setzte hinzu, er sei mit seinem Gefährten auf der Stelle fortgegangen, um mir Nachricht zu geben. Während er noch erzählte, kamen die zehn Reiter an, stiegen am Bentang ab nnd setzten sich neben die srühcr Angekommenen, >dercn etwa zwanzig sein mochten, im Kreise nm mich her. ^ch benutzte diese Gelegenheit, um meinem Wirth zu sagen, da ich die Serawoullisprachc nicht verstehe, so hoffe ich, daß diese Männer in der Mandingosprachc mit mir reden würden. Damit war man einverstanden, und ein kleiner Mann von gedrungenem Körperbau, der eine ungewöhnliche Menge von Savhis trug, eröffnete die Unterredung. Der In- 44 Aufenthalt in der Grenzstadt Ioag. 15. Kap. halt seiner vielen Worte war, daß ich in die Stadt gekommen sei, ohne dem König ein Geschenk zn machen oder den üblichen Zoll zu erlegen. Nach den (NesetM des Landes seien daher meine Leute, meine Thiere und mein Gepäck dem Staat verfallen. Der Konig, setzte der Redner hinzu, habe befohlen, mich nach seiner Hauptstadt Maana *) zu führen, und gehe ich nicht freiwillig mit, so werde mau Gewalt gebrauchen. Als er gesvro-chm hatte, erhoben sich Alle ,uit der Frage, ob ich bereit ware? Ich würde unbesonnen gehandelt haben, wenn ich mich einer solchen Ucbcrzahl Ich nahm daher denScheiu an, als gehorche ich ihnen willig, und bat sie blos, mir so lange Frist zu scheuten, bis ich mein Pferd gefüttert uud meinen Wirth bezahlt habe. Der arme Schmied, der in Kasson geboren worden war, hielt meine Fügsamkeit für eine aufrichtige und sagte mir heimlich, er habe mir stets eine (5'hrfurcht bewiesen, wie sie nur ein Vater oder ein Herr erwarten dürft; ob ich ihn nun ganz unglücklich machen wolle, indcm ich uacb Maana gehe? Jedenfalls breche bald ein Krieg zwischen Kasson und Kadschaaga aus. sodaß er nicht allein die Früchte seiner vierjährigen Arbeiten verlieren, sondern auch zurückgehalten und in die Eelaverei verkauft werden würde, wenu sciue Freunde nicht den doppelten Werth eines Sclaven für ihn bezahlten. Ich fühlte die volle Wahrheit dieser Worte und beschloß, nichts zu versäume», was den armen Schmied aus seiuer entsetzlichen Lage befreien könne. Ich erklärte dem Sohuc des Königs daher, daß ich zur Abreise bereit sei, doch müsse ich die Bedingung macheu, daß der Schmied, der aus einem fernen Reiche stamme und mit mir iu keiner Verbindung stehe, die Erlaubniß erhalte, bis zu meiner Rückkehr in Ioag zu bleibett. Diese Forderung wurde entschieden zurückgewiesen. Wir Alle hätten gegen das Gesetz gefehlt, hieß es, und so müsiteu wir auch sämmtlich für unser Betragen Rede stehen. Mein Wirth, den ick, bei Seite rief und durch ein weilig Schieß-pulvcr mir geneigt machte, gab mir den Ratb, uicht nach Maana zu gehen. Der König sei in der Vemchung seiner Gewalt nicht allzu gewissenhaft, sagte er, und entdecke er bei mir etwas von Werth, so nehme er es nur. Ich versuchte mm, die Sache mit den Reitmi abzumachen, und begann ') Maana liegt unfern den Tnimmern dcr ehemaligen französischen Factt'rei Et. Joseph am Senegal. Mnugo Park. 5. Kap.'! Beraubung. — Mitleiden einer Eclavi». 45 mit der Versicherung, daß es mir nicht in den Sinn gekommen sei, dem König oder den Gesetzen Verachtung zu beweisen; habe ich gefehlt, so möge man die Unerfahrenheit eines Fremdeil entschuldigen, der mit den Einrichtungen des Landes völlig unbekannt sei. Daß ich den Zoll. schloß ich, von dem ich nickt gewußt habe, daß er bei der Ucbcrschrcitnng der Grenzen vorauszubezahlen sei, jetzt entrichte, sei Alles, was man vernnns-tigmvcise von mir fordern könne. Zugleich überreichte ich den Reitern als Gcsckcnk für ibren Herrn die fünf Unzen Gold, wclcbe der Konig von Bondu mir gegeben hatte. Sie »ahmen das Gold. wollten aber »ichtö-destoweniger mein Gepäck durchsuchen, und ich mnßte sie gewähren lassen. Als die Ballen geöffnet wnrden, sahen sich diese Menschen in ihrer Er» wartuug. viel Gold und Bernstein zn finden, bitter getäuscht. Sie ent» schädigten sich indessen, indem sie Alles nahmen, was ihnen gefiel, und beraubten mick der Halste meiner Sachen. Mit Sonnenuntergang wurde ich nach unaufhörlichem Gezänk endlich von ihnen befreit. Meine Lente hatten allen Mnth verloren, und das schlechte Abendessen, das wir nach dem langen Fasten verzehrten, gab ihnen ihre Zuver« sicht keineswegs wieder. Madibu bat mich dringend, die Rückreise anzutreten, Johnson nannte es lächerlich, ohne Geld weiter reisen zu wollen, und der Schmied zeigte sick nickt, ja er sprach nicht einmal, damit man nicht einen Einwohner von Kasson in ihm cotdccke. Am andern Tage wurde unsere Lage auch für mich beunruhigend. Mir ohne Geld Lebens, mittel zu verschaffen, war unmöglick. und ließ ich einige Vcrnsteinperlen sehen, so hörte der König gewiß davon nnd nahm mir die welligen werth» volleren Gegenstände, welche ich bis jctzt glücklich versteckt hatte. Es blieb mir nickts übrig, als für diesen Tag zu fasten, wenn sich nickt eine günstige Gelegenheit zeige, Lcbensmittcl zu tanfcn oder zu betteln. Am Abend saß ich auf dem Ventang nnd laute Stroh, als eine Sclavin, die mit eine», Korbe auf dem Kopfe vorüberging, mich fragte, ob ich zu Mittag gegessen habe. Da ich die Frage für Spott hielt, so schwieg ich, aim mein Negerknabe, der sich in meiner Nähe befand, antwortete für mich, daß ich durch die Lente des Königs um mein ganzes Geld gekommen sei. Sogleich nahm die gute alte Frau, in deren. Blicken sich ein herzliches Mitleiden ansfvrach, ihren Korb vom Kopfe, zeigte mir die Erdnüsse, welche er enthielt, und fragte mich', ob diese Spelse mir zu« 46 ' Demba Se^o, Neffe des Königs. ft. Kap. sage. Als ich mit Ja antwortete, gab sie mir mit vollen Händen und entfernte sich, ohne meinen Dank abzuwarten. Ich taun nickt sagen, wie sehr dieses Betragen mich erfreute. Die schlichte alte Frau gehorchte dem Antriebe ihres Herzens, ohne nach meinem Charakter und meinen Umstän« den zu fragen. Sie wußte aus Ersabrung. daß Hunger schmerzt, und ihr eigenes Unglück ließ sie das meinige mitempfinden. Die guteSelaviu war kaum gegangen, als ich erfuhr, daß ein Neffe Dcmba Scgo Ialla's, des Königs von Kasson, mich besuchen wolle. Er hatte 5ne Gesandtschaft an den König von Kadschaaga übernommen, um zu versuchen, ob die zwischen diesem und seinem Oheim aufgebrochenen Streitigkeiten sick nicht aus friedlichem Ncge beilegen ließen. Seine Ge« sandtschast hatte keinen Orfolg gehabt, und er war jetzt auf der Rückreise-Was ihn zu mir führte, war bloße Neugicr, doch hatte ich ihm meine Lage kaum mitgetbeilt, als er sich erbot, falls ich am nächsten Morgen aufbrechen wolle, mich nach Htasson zu geleiten und unterwegs zu schuhen. Ich nahm dieses Anerbieten mit Dank an und war mit dem ersten Grauen des nächsten Morgens reisefertig. Mein Beschützer, der wie sein Oheim Dcmba Sego hieß, hatte ein zahlreiches Gefolge, sodaß unsere Gesellschaft aus dreißig Personen bestand, welche sechs geladene Esel mit sich führten. Nach einigen Stunden gelaugten wir zu einem Banm, nach dem mein Dolmetscher Johnson sich wiederholt erkundigt hatte. Auf seine Bitten machten wir Halt, worauf er ein junges weißes Huhn hervorzog, das er in Ioag zn diesem Zwecke gekauft hatte, das arme Thier »lit einem Beine an einem Zweige festband, und nun «lit der zuversichtlichen Hoffnung, daß unsere Reise eine glückliche sein werde, weiterging. Ich erzähle diesen Vorgang, um zn zeigen, wie die Neger denken und wie fest der Aberglaube in ihnen wnrzclt. Johnson hatte sieben Jahre in England gelebt, und doch hing er noch immer an den Vorurthcilen seiner Ingcnd. Wie er glaubte, besänftigte sein Opfer die Geister des Waldes, unter denen er sich mächtige Wesen von weißer Farbe mit langem fliegenden Haar vorstellte. Gegen Mittag langteil wir in der großen Stadt Gnngadi an,, wo wir aus unsere zurückgebliebenen Esel eine Stunde lang warteil mußten. Ich sah hier viele Dattelbäume und eine aus Lehm erbaute Moschee mit sechs Minarets, welche oben mit Straußeneiern geschmückt waren. Die 5. Kap.) Uebergang über den Senegal. 47 Sonne weilte lwch am Horizont, als wir in Sami einritten. Die Stadt liegt am Senegal, der hier ein seichter aber schöner Fluß ist, und zwischen hohen grünen Usern, in einein Bett von Sand und Kies ruhig dahin« strömt. Das Land ist offen und gut bebaut, und die Felsenbcrge von Bambuk erhöhen die Schön l»eit der Gegend. Am 28. December verließen wir mit Tagesanbruch Sami und erreichten nach Mittag Kaycc, ein großes Dors, das theils auf dem nördlichen, theils ans dem südlichen Ufer des Flusses liegt. Etwas oberhalb des Dorses sieht man einen walirhaft schönen Wasscrsall. Der Fluß stürzt sich dort schäumend von Granitfelsen hinab und bildet unten cin Becken, dessen Wasser sehr tief ist und förmlich schwarz aussieht. Unsere Neger beschlossen, unsere Thiere an dieser Stelle in den Flnß zu werfeil lind sie ans andere User hinüberschwimmen zu lassen. Wir feuerten einige Flintenschüsse ab und ricfeu zu dem andern Ufer hinüber, dessen Einwohner dem Königreich Htasson unterworfen sind. Sie bemerkten uns und schickten uns ein Canoe für unser Gepäck. Ich hielt es nicht sür möglich, unsere Thiere das Ufer hinunter zu treiben, da die Höhe desselben über dein Wasser mehr als 40 Fuß beträgt. Die Neger wußten sich jedoch zu helfen uud trieben cin Thier nach dem ander» zu einem Einschnitt, der fast senkrecht in das Ufer eingchancn war und einen glatten Boden hatte, weil schon viele andere Thiere auf die< selbe Weise hinabgerutscht waren. Als unsere Pferde und Esel unten warm, stiegen auch wir. mühsam aber ohne Unfall, hinab. Die Neger im Canoc legten die kräftigsten Pferde an Stricke, zogen sie ins Wasser und entfernten sich etwas vom Ufer. Nnn wurden die anderen Pferde so lange geschlagen, bis sie in den Fluß sprangen und den anderen folgten. Einige Neger schwammen hinterher und trieben die Thiere, iudem sie jeden,, welches umkehren wollte, Wasser entgegenspritztcn, aus andere Ufer. Nach Verlauf von fnnfzehn Mmutcn sahen wir alle glücklich landen. Mit den Eseln hatten wir mehr Noth. Mit ihrer natürlichen Hartnäckigkeit trotzten sie lange der Peitsche und dem Stock, ehe sie sich ins Wasser treiben ließen, und noch mitten im Flusse kehrten vier trotz aller Bemiihlingcn der Neger um. Eo vergingen zwei Stunden, ehe wir sie sämmtlich drüben hatten. Eine dritte Stunde brauchten wir zum Hin-übcrschaffcn unseres Gepäcks, und die Sonne stand bereits sehr tief, als 48 Kassou wird glücklich erreicht. ^'. Kav. das Canoe zum letzten Male zurückkehrte, und Demba Teg? u>,d ich dieses Fahrzeug betraten, das bei der geringsten Bewegung umzuschlagen drohte. Meine Befürchtung verwirklichte sich in der Tbat, den» als Demba Heg» in diesem gerade nicht passendeil Augenblicke eine mir gehörende zinnerne Büchse untersuchen wollte, welche vorn im Kahl« stand, und die Hand nach ihr ausstreckte, verlor unser Fahrzeug das Gleichgewicht und schlng um. Zum Glück waren wir noch nicht weit in, Flusse und konnten das Ufer ohne Schwierigkeit wiedergewinnen. Wir rangen unseren Kleidern das Wasser ans, bestiege» den Kahn abermals nnd kamen bald am Ufer von Kasson anö Land. Sechstes Kapitel. Ankunft in TM). — Unterredung mit dem Brnder des Königs. — Mungo Park wird in Tisih zurückgehalten, — Einige Bemerkungen ndcr diesen Ort und seine Einwohner/— Begebenheiten daselbst. — Mungo Park wird abermals beraubt. — Abreise nach der Hauptstadt Kuuia-kerri. — Begebenheiten auf der Neise nnd Ankunft in Kiiniakerri. Wir hatten uns kaum ans dem Gebiet von Kasson ausgeschifft, als Demba Sego mir sagte, da ich mich nun im Gebiet seines Oheims außer aller Gefahr befinde, so hoffe er, daß ich durch ein schönes Geschenk meine Dankbarkeit für seine Dienste beweisen werde. Diese Worte überraschte» mich um so mehr, als Demba Sego ja wußte, daß man' mich in Ioag geplündert hatte. Ich begann zu fürchten, daß ich durch meinen Uebergang über den Senegal nichts gewonnen habe. Aber es wäre unvorsichtig gewesen, wenn ich mich betlagt hätte, und so erhob ich nicht den gcriugsteu Eiuwaud, sondern gab dem Neffen des Königs siebe» Stäbe Bernstein und etwas Tabak, womit er zufrieden zu sei» schien. Nach eiucm lauge» Nitt durch eine Gegend, in der ich mehrere Felsen von weißem Granit sah, erreichten wir Tisih und stiegen im Hause oder vielmehr in der Hütte Demba Sego's ab. Am folgenden Morgen (30. December) stellte mein Wirth mich seinem Vater Tiggity Scgo vor, welcher ein Bruder des Königs und Befehlshaber von Tisih war. Dieser Greis betrachtete mich mit großer Aufmerksamkeit und sagte mir, ich sei 6. Kap.) Ankunft in Tisih. 49 der zweite Weiße, den er jemals gesehen habe. In der Beschreibung, die er von dem ersten Weißen entwarf, glanbte ich den Major Houghton zu erkennen. Um den vielen Fragen Tiggity Sego's zu genügen, nannte ich ihm unverhohlen den Zweck meiner Neise. Nr glaubte jedoch, daß ich ihn hintergehe und Absichteil verfolge, welche ich nicht zu gestehen wage. Er bezeichnete es als unumgänglich, daß ich nach Kuniakcrri gehe, mu dem König meine Ehrfurcht zu bezeigen, erbat sich aber, ehe ich Tisih verlasse, meinen Besuch noch einmal. Am Nachmittag entfloh ein Sclave Tiggity Sego's. Sogleich wurde Lärm gemacht, und Jeder, welcher ein Pferd besaß, warf sich aus dasselbe, um den Entflohenen in den Wäldern anzusuchen. Auch Demba Scgo schlosi sich den Verfolgern au, nachdem ich ihm auf seine Bitten mein Pferd geliehen hatte. Nach Verlauf einer Stunde kamen die Reiter mit dem Sclaven zurück, der tüchtig gepeitscht und in Fesseln gelegt wurde. Am nächsten Tage (31. December) erhielt Dcmba Sego Befehl, sich mit zwanzig Reitern in eine Stadt von Giduma zu begebeu, um einen Streit beizulegen, der sich zwischen den Einwohnern von Tisih und den Mauren wegen einiger Pferde, welche von den letzteren gestohlen worden sein sollten, erhoben hatte. Dcmba Scgo lieh abermals mein Pferd, indem er sagte, daß Zaum und Sattel desselben ihn bei den Mauren in Achtung setzen würden. Ich willigte wie früher ein, und er versprach mir binnen drei Tagen zurück zu sein. Währeud seiner Abwesenheit sah ich mir die Stadt an und unterhielt mich mit den Einwohnern, die mich neugierig betrachteten, aber auch viel Wohlwollen an den Tag legten und mich zu wohlfeilen Preisen nüt Milch, Eiern und sonstigen Lebcnsmittcln versahen. Tisih ist eine große Stadt, hat jedoch keine Mauern und gegen den Angriff eines Feindes keinen andern Schutz als eine Art von Citadelle, in welcher Tiggity wohnte. Nach der Erzählung der Einwohner wurde der Ort von Fulah-Hirten gegründet, welche von ihren großen Heerden, denen die vortrefflichen Weiden der Umgegend die reichlichste Nahrung boten, in Ucbcrftuß lebten. Ihr Wohlstand erregte den Neid der Man-dingo, welche sich des Landes bemächtigten und die Hirten verjagten. Obgleich die heutigen Einwohner von Tisch nut Vieh und Korn Mmgo Patt. 4 50 Gerichte der Einwohner von Tifih. l6. Kap. reich versehen sind, zeigen sie sich in der Wahl ihrer Lebensmittcl doch durchaus nicht wählerisch. Jung und alt, Herr und Sclave, Alle essen ohne den geringsten Widerwillen Eichhörnchen, Ratten, Maulwürfe, Heuschrek-ken und Schlangen. EineS Abends wurden meine Leute zu cinein Feste eingeladen und freigebig bewirthet. Gegen das Ende des Mahls fand einer von ihnen, welcher Konskous und vorzüglich Fisch gegessen zu haben glaubte, in der Schüssel ein Stück ganz harter Haut, welches er mir brachte, damit ich ihm sage, von welcher Fischart es herrühre. Ich untersuchte es und erkannte ciu Stück Schlangcnhaut. Die Einwohner von Tisch haben eine andere, noch ungewöhnlichere Sitte. Ihre Frauen dürfen keine Eier essen. Mag dieses Verbot nnn von einen: alten Aberglauben stammen, oder mag ein alter listiger Busch-rin, der die Eier sehr liebte nnd sie möglichst für sich behalten wollte, es veranlaßt haben, jedenfalls wird es mit Strenge gehandhabt, nnd man kann eine Frau nicht stärker beleidigen, als wenn man ihr ein Ei anbietet. Die Männer essen in Gegenwart ihrer Frauen Eier, ohne sich den mindesten Zwang anzuthnn. Ich habe mehrere andere Mandingo-öander besucht, aber nirgends gefnnden, daß den Frauen der Gcnnß von Eiern untersagt gewesen wäre. Am dritten Tage nach der Abreise seines Sohnes hielt Tiggity Sego einen Palaver, um eine höchst eigenthümliche Streitsache zn entscheiden. Ich war zugegen und überzeugte mich, daß die Vertreter beider Parteien viel Verstand »nd Feinheit entwickelten. Es handelte sich um Folgendes: Ein junger und reicher Kafir ^Heidc), der sich vor kurzer Zeit mit einer jungen und schönen Fran vcrheirathet hatte, bat einen Buschrin oder Mobamedancr, der einen großen Glaubenscifer verrieth, um Saphis, die ihn in dem bevorstehenden Kriege gegen Gefahren schützen sollten. Der Bnschrin, der sich für einen Freund des Heiden ausgab, fertigte demselben Saphis, die jedoch nur dann eine volle Wirksamkeit entfalten würden, wenn der junge Ehemann sechs Wochen lang seine Frau nicht berühre. So gransam diese Bedingung auch war, unterwarf sich der Kafir derselben dennoch, ohne seiner Frau zu erklären, weshalb er sich von ihr fern halte. Inzwischen begann man in Tisih zn finstern, daß der Vuschrin, der seine Gebete stets vor der Thür des Kafirs verrichtete, mit 6. Kap.1 Bestrafung eines Ehebrechers. 51 der Frau desselben vertraulicher lebe, als er eigentlich solle. Das Gerücht kam auch dem Kafir zu Ohren, aber der gute junge Mann wollte an eine solche Schändlichkeit eines Freundes nicht glauben, und es ver-ging ein ganzer Monat, ohne daß er eifersüchtig wnrde. Da der Lärm, den diese Geschichte machte, immer zunahm, so beschloß er endlich, seine Frau zu frageu, nnd diese gestand ihm offenherzig, daß der Bnsch-rin sie verführt habe. Nun schloß der Kasir seine Frau ein und verlangte einen Palaver, um über das Vernehmen des Vuschrins ein Urtheil zu fällen. Derselbe wurde schuldig befundeil lind zur Sclaverei verurtheilt, wenn er sich nicht mit Einwilligung des beleidigten Ehe» mauns dnrch zwei Sclaven löse. Der Kafir wollte gegen seinen schuldigen Freund nicht mit ganzer Strenge verfahren und erklärte sich für zufrieden gestellt, wenn der Verführer vor der Thür Tiggvty Tego's ausgepeitscht werde. Das Gericht willigte ein und schritt aus der Stelle zur Bestrafung. Mail führte den Ehebrecher zu einem großen Pfahl, an den man ihn mit den Händen fest band. Nun bewaffnete sich der Henker mit einem langen schwarzen Stocke, schwang ihn mehrmals in der Luft und ließ ihn dann mit solcher Gewalt niederfallen, daß der Vuschriu ein Geschrei ausstieß, welches in den Wäldern wicderhallte. Die zahlreichen Zuschauer bewiesen durch ihr Gelächter und ihre Beifallsrufe, wie sehr die Bestrafung des alten Verführers sie erfreue. Es fiel mir auf, daß man ihm genau die Zahl Schläge gab, welche im mosaischen Gesetz vorgeschrieben ist: vierzig weniger einen. Da Tisih als Grenzstadt während des Kriegs wahrscheinlich einem Angriff der Mauren von Giduma ausgesetzt war, so hatte Tiggity Sego vor meiner Ankunft in den benachbarten Dörfern fo viele Lebcnsmittel einfordern oder aufkaufen lassen, daß die Stadt auch ohue die Ernte, welche in den Feldern stand, aber vielleicht von den Feinden vernichtet wurde, alls ein Jahr versorgt sei. Die Dorfbewohner fügten sich den Forde-rnngen Tiggity Sego's bereitwillig und bestimmten einen Tag, an dein sie allc Lcbensmittel, deren sie entbehren tonnten, nach Tisih bringen würden. Dieser Tag war der 4. Iannar < 796. Da mein Pferd noch nicht zurückgekehrt war, so ging ich am Nachmittag dem Zuge cutgegeu. Derselbe bestand aus etwa vierhundert Meuschen, welche gute Ordnung 4.. 52 Ankunft einer Gesandtschaft in Tisch. l»- Kap. hielten und von denen ein jeder eine Calebasse mit Korn nnd Erdnüssen aus dem Kopfe trug. Eine starke Wache von Bogenschützen, welcher sich acht Sänger anschlössen, ging voran. Als der Zng der Stadt nahe kam, stimmten die acht Sänger ein Lied an, das Vers für Vers von dem ganzen Haufen wiederholt wurde, während Trommelwirbel die Pausen ausfüllten. Der Zng betrat die Stadt unter dem lauten Beifallsgeschrei der Einwohner und begab sich zu dem Hause Tiggity Sego's. Dort wurden alle Vorräthe niedergelegt, und am Abend versammelte man sich auf dem Bentang, wo getanzt und gejubelt wurde. Mehrere Landleutc, welche die Lebensmittel herbeigetragcn hatten, blieben drei Tage lang in Tisih, -und während dieser Zeit hatte ich stets so viel Besuch, als ich aufzunehmen vermochte. Hatten die Einen ihre Nengicr befriedigt, so traten Andere ein. Am 5. Januar erschien in Tisih eine aus zehn Personen bestehende Gesandtschaft. Sie kam im Austrage des Almami Abdelkader, Königs von Fnta-Toro, einem westlich von Bondu gelegenen Gebiet. Nachdem Tiggity Sego die Einwohner znsammenbcrufen hatte, erklärten die Gesandten: „Wenn die Bevölkerung von Kasson nicht den mohamedanischcn Glauben annimmt nnd ihre Bekehrung nicht dadurch beweist, daß sie elf- . mal täglich öffentliche Gebete anstellt, so kann der König von Futa-Toro in dem Kriege, dessen Ausbrnch droht, nicht neutral bleibeu und wird sein Heer mit dem des Königs von Kadschaaga vereinigen." *) Diese Botschaft eines so mächtigen Fürsten rief eine große Bestürzung hervor, und nach einer langen Berathung unterwarfen sich dic Einwohner von Tisih den Vorschriften des Monarchen, so demüthigend dieselben auch waren. Sie hielten also sämmtlich elf Gebete, worin man *) Iu Fnta-Toro war einundzwanzig Jahre vor Munao-Park's Ankunft in Tisih cine Umwälzung angebrochen, dnrch welche'die Priester dic Herrschaft eilangt hatten. Ueberhaupt ist Futa-Toro eifrig mo> hamed^nnsch, und das dortige Medinalla (Gottesstadt) ist noch heute die hohe Schule dieses Theils von Afrika, auf welcher die junge» Ne^cr aus-Nähe nud Feruc den Korau studireu. Die französische Ausgabe der Reisen Mungo Park's in der ^ouvellc) IMIiotdä^ue cl«8 vu^a^c.'« 21,-c'lcns ot moäcmez (IX, 34) läßt Futa-Toro „nach der übereinstimmenden Angabe mehrerer anderer Schriftsteller" von dem arabischen Stamme der „Abdettadcr"bcwol,ut sein. Das ist falsch. Nach Gumprecht (Afrika, S. 235.) besteht die Bevölkerung, «00.000 an der Zahl. aus mohamcdanischen Penls, d. h, ans einem hellbraunen Stamm der Fnlah. 6. Kap.1 Mungo Park abermals beraubt. 53 einen hinreichenden Beweis ihres Abfalls vom Heidcnthum und der Aufrichtigkeit ihrer Vckchnmg zum Islam sah. Erst am 8. Januar brachte mir Demba Sego »nein Pferd zurück. Ich hatte ihn mit der größten Ungeduld erwartet und begab mich sogleich nach seiner Ankunft zu scincm Vater, um ihn zu benachrichtigen, das; ich in der Frühe des uachstcn Tages nach Kuniakerri abreisen werde. Der Greis erhob einige nichtige Einwände, um mir am Ende zu erklären, daß ich an keinen Aufbruch denken könne, wenn ich ihm nicht zuvor den Zoll bezahle, welchen jeder Reisende zu entrichten habe. Außerdem hoffe er, daß ich für sein Wohlwollen erkenntlich sein werde. Am Morgen des 9. besuchte mich mein Freund Dcmba Scgo mit einem zahlreichen Gefolge und sagte mir, sein Vater schicke ihn, um das von mir ansgesnchtc Geschenk zu besichtigen, und ich möge ihm daher dasselbe zeigen. Jede Klage war unnütz, jeder Widerstand nicht minder uud so überreichte ich Demba Scgo sechs Stäbe Bernstein und eben so viel Tabak. Nachdem er die Sachen eine Zeitlang kaltblütig betrachtet hatte, legte er sie mit den Worten nieder, ein solches Geschenk schicke sich nicht für einen Manu wie Tiggity Sego, der die Macht besitze, mir Alles zu nehmen. Ich behielt keine Zeit zu antworten, denn Demba Sego unb seine Leute öffneten sogleich meine Waarenballen, breiteten den Inhalt aus der Erde aus und untersuchten ihn noch weit sorgfältiger, als es in Ioag geschehen war. Sie nahmen ohne Umstände was ihnen gefiel, und Dcmba Sego bemächtigte sich unter Anderem der zinnernen Büchse, die bei unserm Uebcrgangc über den Fluß seine Aufmerksamkeit erregt hatte. Als er mich verlassen hatte, raffte ich die Reste meiner Habe zusammen und sah nun, daß ich in Tisch, nachdem man mir in Ioag die Hälfte meiner wcrthvollcn Sachen genommen, die andere Hälfte eingebüßt hatte. Auch der Schmied, der doch im Königreich Kasson geboren war, mußte sein Gepäck öffnen und schwören, daß Alles sein Eigenthum sei. Dagegen läßt sich nun einmal nichts machen. Da ich Demba Sego für die Aufmerksamkeiten verpflichtet war, die er mir aus der Reise bewiesen hatte, so warf ich ihm sein räuberisches Veuchmeu uicht vor, beschloß aber, Tisch am nächsten Morgen zu verlassen. Um den Muth meiner Leute zu heben, kaufte ich cm fettes Schaf und ließ es zum Mittagsessen bereiten. 54 Anlunft in Jumbo. ltt' Kap. Am 10. Januar verließ ich Tisch bei frühem Morgen. Wir verfolgten einen aufsteigenden Weg nnd erreichten gegen Mittag eine Höhe, von der wir die Gebirge der Umgegend von Kuniakerri in der Ferne erblickten. Am Abend hielten wir in einem kleinen Dorfe an, wo wir übernachteten. Am folgenden Morgen machten wir uns bei Tagesanbruch auf den Weg und überschritten den Krieko, einen sehr reißenden Fluß, der ein Arm des Senegals ist. Eine halbe Meile von diesem Fluß entfernt, fanden wir eine große Stadt, Medina genannt, welche wir ohne Aufenthalt durchzogen, und um Zwei Uhr Nachmittags sahen wir Iumbo, den Geburtsort des Schmieds, von dem er viele Jahre lang abwesend gewesen war. Sein Vrndcr war durch irgend eineu Reisenden von seiner Anknnft benachrichtigt worden, und kam uns, von einem Sauger begleitet, entgegen. Er führte ein Pferd, damit der Schmied seinen Einzug mit Anstand halten könue, und bat uns, unsere Flinten tüchtig mit Pulver zu laden. Als wir Jumbo näher kamen, stellte sich der Sanger an die Spitze, und die beiden Brüder folgten unmittelbar. Gleich darauf so stießen viele Einwohner zu uns und legten durch Gesänge uud Sprünge ihre Freude an den Tag, ihren Landsmann wieder in ihrer Mitte zu haben. Als wir den Ort selbst erreichten, begann der Säuger ein Loblied auf den Schmied, indem er dessen Muth in Gefahren feierte. Der Schluß war eine Aufforderung au alle Freunde, dem Zurückgekehrten ein tüchtiges Mahl zu bereiten. Als wir bei dem Hause des Schmieds ankamen, stiegen wir von den Pferden nnd feuerten unsre Flinten ab. Der Schmied wurde von seinen Verwandten mit großer Zärtlichkeit empfangen und Vcrrietl' selbst viel Gefühl. Diese schlichten Naturkinder legen sich keinen Zwang an uud überlassen sich ihrer Rührung auf die stärkste und ausdruckvollste Weise. Mitten in dem allgemeinen Entzücken erschien die Mutter des Schmieds, eine alte blinde Frau, die sich ans einen Stock stützte. Jedermann machte ihr Platz, als sie auf den Schmied zuging," ihm die Hände entgegen streckte, ihm zu seiucr Nühkehr Glück wünschte und ihm darauf Hände, Anne und Gesicht betastete. Sie schien entzückt zu sein, daß ihrem Alter noch einmal der Trost seiner Gegenwart werde nnd ihr Ohr noch einmal seine Stimme höre. Diese rührende Scene überzeugte mich vollständig, daß Europaer und Neger, welche Verschiedenheit in ihren Zügen 6. Kap.) Aufbrnch uach Klliiiakerri. 55 und ihrer Hautfarbe auch liegen mag, doch in den sanften Gefühlen und Empfindungen, welche die Natur dem Menschen einflößt, einander ganz gleich sind. In den ersten Augenblicken dieser Zusammenkunft des Schmieds und seiner Verwandten hatte ich mich zur Seite neben der Thüre nieder gesetzt, um nicht zu stören. Ich glaubte der Schmied werde so sehr alle Aufmerksamkeit auf sich lenken, daß Niemand mich beachten werde. Nach einiger Zeit sehten sich alle nieder und der Schmied mußte anf die Bitte seines Vaters seine Abenteuer erzählen. Sosort entstand ein allgemeines Schweigen. Nachdem der Schmied Gott mehrmals gedankt hatte, daß er ihn so gnädig geschützt habe, schilderte er Alles, was ihm auf seiner Reise von Kasson an den Gambia begegnet war, ging dann zu seinen Beschäftigungen in Pisania über und schloß mit der Erzählung der Gefahren , denen er bei der Rückkehr entgangen war. In dein letzten Theile seines Berichts hattte er mehrmals Gelegenheit, meiner zu erwähnen, und nachdem er die Güte, mit der ich ihn behandelt hatte, in den stärksten Ausdrücken geschildert hatte, zeigte er aus die Stelle, wo ich saß, und rief: „Afsille ibi siring (da sitzt er)!" Augenblicklich wendeten sich alle Augen auf mich, und es schien, als ob ich ans den Wolken gefallen sei. Die gnteu Leute waren erstaunt, mich nicht früher bemerkt zn haben, und einige Francn und Kinder verriethen große llnrnhc, sich so nahe bei einein Manne zu befinden, dessen Farbe und Gcsichtszüge so ungewöhnlich waren. Indessen verschwand ihre Furcht nach uud nach, und als der Schmied die Versicherung gegeben hatte, daß ich uicht böse sei und ihnen kein Unheil zufügen werde, gewannen einige so viel Kühnheit, sogar meine Kleider zu untersuchen. Andere blieben dagegen mistrauisch, und wenn ich mich bewegte oder die Kinder betrachtete, so ergriffen die Mütter mit ihnen die Flucht. Erst uach einigen Stunden gewöhnten sich Alle so an mich, daß sie mich nicht mehr fürchteten. Den Nest des Tages und den folgenden Tag verlebte ich in der Gesellschaft dieser guten Leute, aber dan» mußte ich an meine Abreist denken. Der Sclimied erklärte, daß er sich während meines Aufenthalts in Ku-makcrri nicht von nur trennen werde. Am 14 brachen wir dahin auf und rasteten am Mittag in Sulo, einem kleinen drei Viertclmcilm südlich vom Hauptorte gelegenen Dorfe. Sulo liegt etwas vom Hauptwege ab 56 Ankunft in Kunialerri. ^7. Kap. und ich besuchte es nur deshalb, um einen Slati Namens Salim Daucari zu sprechen, der nach dem Gambia handelte und in großer Achtung stand. Di-. Laidley, der diesen Mann genau kannte, hatte ihm Waaren im Werthe von fünf Sclaven anvertrant und mir eine Anweisung auf seine Förde« rung übergeben. Znm Glück war der Slati anwesend und empfing mich mit vieler Freundlichkeit. Ich muß hier crwähueu, daß der König von Kassou meinen Abstecher sogleich erfahren haben mußte, denn kaum war ich einige Stunden dort, als sein zweiter Sohn Samba Ecgo mit mehreren Reitern erschien und mich fragte, weshalb ich nicht unmittelbar nach Kuuiakcrri gereist sei, um mich dem Könige vorzustellen, der mich mit Ungeduld erwarte. Sa» lim Daucari entschuldigte mich und versprach, mich noch an demselben Tage nach der Hauptstadt zu führen. Wir stiegen also bei Sonnenuntergang zu Pferde und befanden uns nach einer Stunde in Kuniakerri. Der König hatte sich bereits schlafen gelegt, und wir verschoben unsern Besuch daher aus den nächsten Morgen, indem wir nns zu der Wohnung Samba Scgo's begaben. In dem folgenden Kapitel werde ich meine Unterredung mit dem König und meine Erlebnisse in den Reichen Kaffon und Kaarta erzählen. Siebentes Kapitel. Mnngo Park wird vom Könige gut aufgenommen. — Vorfälle während des Aufenthalts in Knniakcrri. — Abreise nach Kennnn der Hanpt,1adt .on Kaarta. - Der Koni, räth Mnngo P r ,' d s bevorstehenden Kneaes nut Vambarra, seine Reise nicht fort-,,. Mnngo Park hcharrt jedoch auf seinem Vorsatze , HZ nach ^stär^^ci!!3' ^""" " '^"' " '"lbrnch «U'^ Am 15 Januar 1796 Morgens in der achten Stunde wurde ich zum König Demba Sego Ialla geführt. Es drängte sich so viel Volk herzu, um mich zu sehen, daß ich kaum durchzukommen vermochte. Endlich verschaffte man mir Platz und ich gelangte zum König, den ich in einer großen Hütte aus einer Matte sitzend fand. Er ist ein Greis von etwa sechzig Jahren, der wegen seiner glücklichen Kriege und seiner Milde 7. Kap.) Muugo'Parl's Aufnahme beim Könige. 57 in Fricdenszciten beim Volke sehr beliebt ist, Ich machte ihm eine tiefe Verbeugung, und er betrachtete mich mit vieler Aufmerksamkeit. AlsSa-lim Daucari ihm mittheilte, welche Zwecke ich verfolge und warum ich durch sein Gebiet reise, schien der König an die Wahrheit dieser Erläuterungen nicht so recht zu glauben, versprach mir aber doch seinen Schutz. Er erzählte mir, er habe den Major Houghtou gesehen und ihm ein weißes Pferd geschenkt. Dieser Reisende sei dann nach Kaarta gegangen und habe das Land der Mauren besucht, wo er— ans welche Weise wisse man nicht — umgekommen sei. Nach dieser Audienz begab ich mich in nieine Wohnung zurück und wählte unter dem Neste meiner Sachen etwas für den König ans. Da ich von Salim Daucari noch nichts erhalten batte, so fiel mein Geschenk dürftig aus, wurde aber doch gut aufgenommen und mit der Gegengabe eines weißen Ochsen erwiedert. Der An» blick dieses schönen Thieres versetzte meine Lcnte in ssntzücken, da weiße Rinder nur solchen Leuten gegeben werden, welche in Gunst stehen. Trotz dieser günstigen Stimmung des Königs entdeckte ich bald, daß meine Weiterreise große Hindernisse finden werde. Wie ich hörte, war das Königreich Kaarta, welches ich zunächst besuchen wollte, in die Streitigkeiten zwischen Kasson und Kadschaaga verwickelt und überdies von Bambarra her mit Krieg bedroht. Der König selbst unterrichtete mich von diesen Verhältnissen und rieth vier oder fünf Tage in Kunia-kerri zu verweilen, bis seine Boten zurückkehrten, welche er nach Kaarta geschickt habe, um über Vambarra nähere Nachricht einzuziehen. Ich begab nüch nach Sulo, um dort die Rückkehr der Boten zu erwarten und Dr. Laidley's Forderung an Salim Daucari einznziehcn. Ich erhielt jedoch nur dcu Werth von drei Sclaven, der mir hauptsächlich in Goldstaub ausgezahlt wurde. Inzwischen hörte ich von dem wirklichen Beginn des Kriegs zwischen Bambarra und Kaarta nnd beschloß nun, über Fulahdu zu gcheu. Salim Daucari bat den König in meinem Namen nm die Erlaubniß dazu und um Wegweiser, erhielt aber die Antwort, da Dcmba Sego Ialla vertragsmäßig verpflichtet sei, alle Reisende und Waaren durch Kaarta zu schicke», so könne er mir keine Wegweiser geben, wenn er mich auch nicht hindern wolle, meinen Weg über Fulahdu zu nehmen. Da ich schon empfunden hatte, wie nöthig der Schutz eines Königs mir war, so fugte ich mich um so mehr darein, die Rückkehr 58 Aufenthalt in Snlo. 17. Kap. der Boten abzuwarten, als ich auf neue Hülssquellen uicht sicher rcchncu konnte und daher eine Wiederholung der früheren Vorfalle sorglich ver-meiden mußte. Inzwischen entstand das Gerücht, daß Salim Daucari mir viel Gold gegeben habe. und zog mir am 23. Morgens einen neuen Besuch Samba Scgo's und feiner Reiter zn. Dieser wackere Mann forschte nach dem genauen Betrage des Goldes, von dem die Hälfte dem König gebühre, und forderte außerdem für sich als den Sohn uud für seine Begleiter als die Verwandten des Königs Geschenke. Hätte ich alle diese Begehren erfüllt, so würde mir wenig geblieben sein. Zum Glück brachte Salim es durch seine Verwendung dahin, daß Samba Sego sich mit sechszehn Stäben*) in europäischen Waaren und etwas Pnlvcr nnd Blei begnügte. Am Morgen des 26. Januars erstieg ich den Gipfel eines hohen Hügels südlich von Sulo uud hatte hier die schönste Aussicht, die mir in Afrika noch zu Theil geworden war. Wie stark bewohnt diese reizende Ebene ist, kann man schon daraus schließen, daß viertausend Krieger von Kasson dem Nus der Kricgstrommcl ihres Königs folgen. Als ich die Felsen des Bcrgkammes, die fast von jeder Pflanzendecke entblößt waren, untersuchte, entdeckte ich iu den Schatten des Gesteins viele große Höhlen, in denen sich die Wölfe und Hyänen während des Tages verbergen. Einige dieser Thiere machten nns in der Nacht des 27. einen Besuch. Die Hunde des Dorfes, welche diese Gäste bald witterten, bellten nicht, sondern heulten kläglich. Bei diesen Tönen bewaffneten sich die Einwohner, da sie die Bcdeutuug derselben kannten, versahen sich mit Heubün-delu und eilten zu der Umzäunung mitten im Dorf, in der das Vieh sich befand. Hier steckten sie die Heubündel in Brand nnd verbreiteten sich dann nnter lautem Geschrei uach den Bergen hin. Die Wölfe wnrden dadurch allerdings verscheucht, hatten aber bereits fünf Stück Rindvieh zerrissen und cme uoch größere Anzahl verwundet. Am 1. ssebruar kehrten die Voten des Königs nut der Nachricht zurück, daß der Krieg zwischen Vambarra und Kaarta nicht begonnen habe, und daß ich wahrscheinlich durch Kaarta reisen könne, ehe die Bam- *) Mungo Park hatte also nach der im zweiten Kapitel mitgetheilten Berechnung 1 Pf. l2Sch. zu bezahlen. 7. Kap.) Reise durch die Ebene vo» Kuniaferri. 59 barraner einrückten. Am 3. Februar Morgens stellten sich zwei berittene Wegweiser ein, welche mich bis zur Grenze begleiten sollten. Ich verab« schicdetc mich von Ealim Daman wie von dem guten Schmiede, der stets so besorgt für mein Wohl gewesen war, und verließ Sulo iu der zehnten Stunde. Mein Weg führte mich durch, ein bergiges und mit Felsen bedecktes Land. Die User des Kricko, deucu ich au diesem uud dem nächsten Tage folgte, warm sorgfaltig angebaut uud stark bewohnt. In diesem Augenblicke wurde die Zahl der Einwohner noch durch Flüchtlinge aus Kaarta vermehrt, die der König vertrieben hatte. In Kimo, einem großen Dorfe und der Residcuz des Statthalters der Gebirgslandschaften von Kasson, kehrten die Wegweiser des Königs von Kasson zurück. Es vergingen zwei Tage, ehe ich den Statthalter bewegen konnte, mir neue Wegweiser zn geben. Am 7. Februar folgte ich dein Kricko wieder bis zu der beträchtlichen Stadt Kangi, wo dieser schöne Fluß blos eiu kleiner Bach ist. Er cutspringt unfern von dieser Stadt im Osten, erreicht schnellen Laufes den Fuß des Berges Tapva lind durcbströmt nun iu aumnthigeu Win-dnngendic reizenden Ebenen von Kmüakerri, bis er sich, nachdem er einen andern, von Norden kommenden Fluß aufgenommen hat, iu der Nähe der Feluh -Stromschuellcn in den Senegal ergießt. Am 8. Februar ritten wir durch eiu rauhes und stciuiges Land bis m dem kleinen Dorfe Laecarago, das auf der Hügclrcihe liegt, welches die Grenze zwischen Kasson nnd Kaarta bildet. Au diesem Tage begegneten wir vielen hundert Flüchtlingen, welche Kaarta mit Gepäck nnd Familie verließen. Am 9. Februar führte uns unser Weg aus einen Hügel, von dem ich das Land weit überblicken konnte. Gegen Südostcn sah ich hohe Ncrae die Gebirge von Fulahdu, wie mciu Wegweiser sagte. Uuser Hin. absteigen ans einem steinigen und sehr steilen Pfade war sehr beschwerlich, his wir eine tiefe Schlncht, das Bett eines ausgetrockneten Flusses, er-rcick'ten. Hier war es kühl uud fast dunkel, denn die Bäume bildeten über unseren Köpfen ein dichtes Lanbdach. In kurzer Zeit erreichten wir das Ende dieser romantiscbcu Schlucht und traten gegen Zehn Uhr aus den Bergen auf die eintönigen und sandigen Flächen von Kaarta hinaus. Mittags rasteten wir bei einem Korree oder Wasserplatzc, wo ich für einige Glasperlen so viel Milch und Maismehl kaufte, als ich zu unserm 60 Aberglaube bei den Iohars. I?. Kap. Mittagsessen brauchte. Die Lebensmittel sind hier so wohlfeil und die Hirten leben in einem solchen Wohlstande, daß sie sich die Erfrischungen, welche sie den Reisenden liefern, selten bezahlen lassen. In Fisnrah, wo wir übernachteten, blieben wir anch während des folgenden Tages, um unsere Wäsche reinigen zu lassen und uns nach dem Stande der Dinge zu erkundigen. Als wir am folgenden Tage abreisen wollten, forderte unser Wirth, den unruhigen Zustand des Landes benutzend, eine so übertriebene Summe, daß ich sie ihm rundweg abschlug. Meine Begleiter waren aber wegen des nahcn Krieges so besorgt, daß sie mich nicht weiter begleiten wollten, wenn ich den Wirth nicht befriedige und zugleich bestimme uns bis Kcmmu zu begleiten. Ich mußte also Untcrhandluugcn beginnen, welche zulcht damit endeten, daß unser Wirth gegen die Abtretung meiner wollenen Decke, in der ich zu schlafen Pflegte, seine Ansprüche aufgab nnd uns sogar begleitete. Dieser Mann gehörte zn den Iohars, welche die Gebrauche des Islams angenommen haben, aber geistige Getränke genießen nnd an dem ganzen Aberglauben des Hei-dcnthnms festhalten. Die Iohars sind eben so zahlreich als mächtig. Unser Wirth gab uns eine Probe von seinem Aberglauben, als wir die dunkeln und einsamen Theile des Waldes erreichten. Nachdem wir auf seine Bitten Halt gemacht hatten, nahm er ein hohles Stück Bam- ' bus vom Halse, das dort die Stelle eines Amulets vertrat, und pfiff dreimal aus allen Kräften. Dies machte mich nicht wenig bestürzt, denn ich glaubte nicht anders, als daß er seine Helfershelfer herbeirufe, welche im Walde versteckt seien. Er bernhigte mich aber durch die Versicherung, daß er blos zu erfahren wünsche, ob unsere Ncise eine glückliche sein werde. Er stieg sodann vom Pferde, legte seinen Speer über den Weg, betete mehrmals nnd psiff wieder dreimal, worauf er horchte, als ob er eine Antwort erwarte. Da sich nichts hören ließ, forderte er nns znr Weiterreise auf, weil nun keine Gefahr mehr zu besorgen sei. Mehrere Dörfer, die wir am Nachmittage berührten, standen ganz leer, da sämmtliche Einwohner ans Furcht vor dem Kriege nach Kassoll geflüchtet waren. Karankalla, wo wir gegen Abend ankamen, trug noch die Spuren des Krieges mit Bambarra, der vor vier Jahren gewüthet hatte. Diese einst große uud blühende Stadt war damals geplündert worden, und noch lag die Hälfte in Trümmern. Von Karankalla bis 7. Kap.1 . Ankunft in Kemmu. ßi Kemmu hatten wir blos eine kleine Tagereise und nahmen uns deshalb Zeit. Bei den: Sammeln der eßbaren wilden Früchten, welche am Wege wuchsen, hatte ich mich von meinen Lenten entfernt und ritt einem Hügel zu, um mich nach ihnen umzusehen, als zwei berittene, mit Flinten bewaffnete Neger aus dem Walde hervorsprengtcn. Ich hielt an, die beiden Reiter thaten dasselbe, und wir schienen gegenseitig gleich sehr über dieses Zusammentreffen erstaunt zu sein. Die Neger aber waren bestürzter als ich, denn als ich mich ihnen näherte, ritt der eine, nachdem er mich zuvor mit Abscheu angesehen hatte, gestreckten Laufes davon, während der andere seine Augen voll Schrecken mit den Händen bedeckte und immerfort Gebete murmelte, bis sein Pferd ihn scinem Gefährten nachführte. Später stießen die beiden Neiter anf meine Leute nnd erzählten diesen, daß ihnen ein furchtbarer Geist mit flatternden Gewändern begegnet sei, bet dcffcn Erscheinen ein Wind, erkältend wie ein Wasscrsturz, geweht habe. Um Mittag erblickten wir die Hauptstadt von Kaarta in der Ferne. Die Ebene, in der Kemmn liegt, ist überall offen, da man die Wälder, nm Stoff zum Ballen nnd Kochen zn erhalten, gefällt hat. Als ich um Zwei Uhr Nachmittags einritt, begab ich mich auf der Stelle in einen Hof, welcher der Wohnung des Königs gegenüber lag. Da sich eine solche Menge-von Ncugierigeil um mich versammelte, daß ich nicht abzusteigen wagte, so schickte ich meinen Wegweiser zum König, um ihn von meiner Ankunft zu benachrichtigen. Der König ließ antworten, daß er mich am Abend sehen wolle, nnd sein Bote hatte zugleich den Auftrag, mir eine Wohnung zu verschaffe,, und mich gegen jede Beleidigung zu beschützen. Er fübrte mich in einen Hof, an dessen Gingang er eine mit einem Stock bewaffnete Wache aufstellte, um die Menge zurückzutreiben. Dann wies er mir eine große Hütte znr Wohnung an. Ich hatte mich kaum gesetzt, als die Menge eindrang. Sie war nicht abzuweisen gewesen, nnd ich sand mich von so vielen Neugierigen umringt, als die Hütte zu fasseu vermochte. Als die ersten Besucher so lange geblieben waren, um mich zu seheil und einige Fragen an mich zu stelleil, entfernten sie sich, nm anderen Platz zu macheil, und so füllte lind leerte sich mein Zimmer dreizehnmal hinter einander. Etwas vor Sonnenuntergang ließ mich der König zu sich bescheiden. Ich folgte dem Boteil durch verschiedene Höfe, deren Mauern sehr hoch 62 Empfang beim Könige von Kaarta. l"» Kap. waren. In diesen Höfen lagen große Heubündel, welche im Fall einer Belagerung zur Ernährung der Pferde bestimmt waren. Als ich in den Hof trat, in dem der König sich befand, stanntc ich über die große Anzahl der anwesenden Personen nnd über die Ordnung.in welcher Alle saßen, die Männer rechts vom König, die Frauen und Kinder links. Für mich hatte mau ciucn Durchgang offen gelassen. Der Köuig, desseu Name Daisi Kurabarri war, unterschied sich in seiner Kleidung von seinen Unterthanen nicht. Sein Thron war eine etwa zwei Fuß hohe, mit einem Leopardenfell bedeckte Nasenbank, welä'e allein ans seine Würde hindeutete. Als ich vor ihm auf der Erde Platz genommen, ihm den Zweck meiner Neist erklart nnd ihn nm seineu Tcbich gebeten hatte, antwortete er mit vieler Freundlichkeit, sprach aber zugleich sein Bedauern aus, mir in seiner gegenwärtigen Lage wenig helfe» zu können. Seit einiger Zeit, sagte er, bestehe zwischen Kaarta nnd Bam-barra keine Verbindung mehr, nud ich dürfe kaum hoffen, Bamoarra anf einer der gewöhnlichen Straßen erreichen zn können, da der König jenes Landes mit seinem Heere in Anmarscb nnd schon in Fulahdn eingerückt sei, so daß ich, da ich ans Feindeslande komme, gewiß ausgeplündert oder als Späher behandelt würde. Er könne nicht einmal wünschen, schloß der König, daß ich den Ansgang in Kaarta abwarte, denn wie leicht könne mir ein Unfall begegnen, und dann werde man ihn anklagen, daß er einen Weißen ermordet habe. Ich möge daher nach Kasson zurückgehcu und dort die zwei oder drei Monate verleben, nach denen der Krieg wahrscheinlich beendet sein werde. Dieser Rath war ohne Zweifel gut, und ich würde ihn befolgt haben, wenn nicht die heiße Jahreszeit nahe gewesen wäre nnd ich Bedenken getragen hätte, während der Periode der großen Regen im innern Afrika zu verweilen. Auch meine Abneigung, ohne eine Entdeckung umzukehren, wirkte auf mich ein. Ich bat daher den König, wenn er mich nicht nach Vambarra führen lassen könne, so möge er mir wenigstens einen Boten mitgeben, der mich so weit begleite, als er es ohne Gefahr für sich selbst thun könne. Da der König mich entschlossen sah, ans jede Gefahr hin vorwärts zu gehen, so sagte er mir, ich könne noch einen andern Weg einschlagen, der freilich ebenfalls keine große Sicherheit darbiete. Dieser Weg führe von Kaarta nach dem maurischen Reiche Ludamar (Land der Uled 7. Kap.) Aufbruch von Kemmu. ßg Amer), von wo aus ich in anderer Richtung nach Vambarra gelangen könne. Wolle ich diesen Weg einschlagen, so werde er mich bis zur Grenzstadt Dscharra sichren lassen. Ich mußte ihm nun von meinen Erlebnissen auf der Neise erzählen, und er hatte mich eben gefragt, wie viele Sclaven ich kaufen werde, als ein Bote ans einem schönen arabischen Pferde, das ganz mit Schaum bedeckt war, in den Hos sprengte. Indem der König seine Sandalen aufhob, gab er das Zeichen, daß jeder Fremde sich zu entfernen habe. Eine Stunde später erfuhr ich, der Bote habe die Nachricht gebracht, daß das Heer von Bambarra Fulahdu verlassen habe und gegen Kaarta heranziehe. Dieser Vote gehörte zu der Leibwache des Köuigs, welche iu Zeiten der Gefahr von Verg zu Berg eine Postenkette bildet und alif dicfe Weise die Bewegnilgen eines Feindes zeitig entdecken und melden kann. Am Abend schickte mir der König ein fettes Schaf. Dieses Geschenk kam mir um so gelegener, als ich und meine Gefährten den ganzen Tag nichts gegessen hatten. Während wir das Thier zubereiteten, kam die Stnnde des Gebets, die hier nicht, wie es sonst gewöhnlich ist, von einem Priester ausgerustn. sondern durch die Töne von Trommeln und großen stlcphantcnzähnen, die man wie Büsselhörncr ausgehöhlt hatte, angekündigt wurde. Der Ton dieses lctztern Instrumentes ist sehr wohlklingend nnd lommtdcr menschlichen Stimme näher, als irgend ein anderer Ton, den man künstlich crzcngt. Da der größte Theil des königlicheil Heeres in Kcmmn anwesend war, so wurden die Moscheen stark besticht, und ich konnte bemerken, daß beinahe die Hälfte aller Krieger ans Mohamedanem Am 13 Februar übcrschickte ich dem König bei Tagesanbruch meine Sattelpistolen als Geschenk und ließ ihn zngleich bitten, mir einen Wegweiser mitzugeben. Da Kemmu wahrscheinlich bald belagert wurde, so wollte ich den Ort sogleich verlassen. Nach einer Stunde erschienen acht Reiter die den Auftrag hatten, mich nach Dscharra zu sichre». Sie forderten mich im Namen des Königs auf, meine Reise möglichst zu beschleunigen, damit sie zurückkehren könnten, ehe die Entscheidung erfolge. Ich brach daher sogleich auf, und drei Söhne des Königs und zweihundert Reiter gaben mir eine Strecke weit das Geleit. 64 Anluuft in Tisih. l8. Kap. Achtes Kapitel. Neise von Kcmmu »ach Fnniugfadi. — Der Lotus. — Ein maurischer Neberfall. — Neisc »ach ^imbinq. -^ Das Schicksal dcö Maims Hough- to». — Ankunft iu Dschavia. — Der Krieg zwischen den Staaten Ka- arta nnd Bambarra^ — Der älteste Sohn des Königs verließ uus ant Abend des Tages unserer Abreise, aber die beiden andern Söhne begleiteten uns bis zu dem Dorfe Marina, wo wir übernachteten. In der Nackt brache» Diebe in die Hütte, in welcher mein Gepäck lag, schnitten mit einem Messer eines meiner Felleisen auf und stahlen eine Menge Glasperlen nnd mit einem Theil meiner Kleider anch den Bernstein nnd das Gold, die sich zufällig in einer der Taschen befanden. Ich beklagte mich bei den Söhnen des Königs, jedoch ohne Erfolg. Am nächsten Tage (14. Februar) verließen wir Mariua, als die Sonne bereits hoch am Himmel stand, und ritten in der entsetzlichen Hitze langsam dahin, als die Reiter des Königs unweit der Straße zwei unter Dornengcbnsch versteckte Neger entdeckten. Da die Leute wahrscheinlich entlaufene Sclaven waren, so wurde das Gebüsch umstellt, nm ihr Cut« weichen zn verhindern. Die Bedrohten verlöre» aber den Muth nicht. Jeder zog drei Pfeile aus dem Köcher, von denen er zwei in den Mund nal'M uud eiuen auf den Bogen legte. Die Folge war, daß unsere Reiter außer Schußweite anhielte» und eine Unterredung eröffneten. Nun zeigte es sich, daß die beiden Neger Einwohner eines nahen Dorfes waren,... welche Tomberongs sammeln wollte». Die Tomberongs sind kleine mehlrciche Beeren von gelber Farbe nnd die Früchte des Lotus. (KI^iimu« lulu«, I>). Die Neger hatten an diesem einen Tage zwei Körbe voll gesammelt. Die Einwohner bereiten ans diesen Beeren eine Art Brot, indem sie die Früchte einige Tagelang in die Sonne stellen und sie dann so lange in einem hölzernen Mörser stampfen, bis das mehlige Fleisch von den Kernen sich gelöst hat. Man formt dieses Mehl, indem man etwas Wasser zusetzt, zu Kuchen, welche sowohl die Farbe als den süßen Geschmack der schönsten Pfefferkuchen haben. Die Kerne wirft man in ei» mit Wasser gefülltes Gefäß, damit das an ihnen klebende Mehl anfgelöst werde. Setzt man diesem 8. Kap<1 Der Lotus. gg Wasser etwas zerstampfte Hirst zu, so erhält man Fondi, einen wohl« schineckenden Brei, der in Ludamar während der Monate Febrnar und März das gewöhnliche Frühstück bildet. Das Ernten der Frucht macht wenig Mühe: man breitet ein Tuch ans den Boden und schlägt dieZeeren mit Stangeu von den Zweigen. Ich habe diesen Lotus in alleil Ländern, welche ich besuchte, in Menge gesunden, am häusigsten aber in dem leichteil Sandboden von Ka-arta, Ludamar und Nord-Bambarra. wo er einer der gemeinsten Sträucher ist. Der Lotus des Gambia gehört zu derselben Art. wenn er auch viel größere Blätter hat, als der in der Wüste wackstnde. Da dieser Strauch in Tunis und den südlichen Ländern, deren Einwohner von ihm ebenfalls eine Art Vrot gewinnen, auch voriommt, so zweifle ich nicht, daß der Lotus, den ich gesehen habe, mit der Pflanze identisch ist, von der Plinius sagt, daß sie den libyschen Lotophagcn zur Speise diene. Wie der römische Naturforscher erzählt, näherte sich ein Heer in Libyen von dem Brote, das man aus den Beeren des Lotus bereitet. Ich habe dieses Brot so süß und wohlschmeckend gefunden, daß es mich Wuudcr nehmen sollte, wenn unsere Soldaten über eine solche Nahrung Klage führten. In dem Dorfe Tnrda, wo wir übernachteten, verließen mich die ko» niglichcn Reiter bis auf zwei, welche mich als Wegweiser nach Dscharra begleiten sollten. Gegen Zwei Uhr Nachmittags erreichten wir die bedeutende Stadt Fmnngkedi, wo man vor den Mauren solche Furcht hatte, daß einer meiner Begleiter, der einen Turban trug, nicht wenig Unruhe erregte. Als das Misverständniß sich ausgeklärt hatte, fanden wir bei einem Slati, der nach dem Gambia handelte, die beste Aufnahme. Wir hörten hier. daß am 17. Februar eine Gesellschaft Reisender nach Dscliarra abgehen wolle. Da die Straße durch die Mauren sehr unsicher gemacht wurde, so wartete ich aus den Aufbrnch dieser Gesellschaft, um mich ihr anzuschließen. Die meisteil Vuschrins (Mohamedancr) und vermögenden Einwohner befanden sich zur Zeit in Dscharra, um die Uebersiedelung ihrer Familien und Sachen cinzuleiteu. Alles fürchtete den nahen Krieg. Die Mauren hatten kurz vorher mehrmals Vieh fortgetrieben und zeigteil sich auch in der Nacht des Tages meiner Ankunft. Ich schlief auf Mungo 'Mt. 5 HH Ei,! malinsclisl' Ilobcrfall. ^8. Kap. meiner Ocl'senbant hinter der Tl'ür der Hütte, als ich i» der zweiten Morgenwinde dnrch das Gclreiftb der Weiber lind einen allgemeinen Lärm erweckt wurde. Zuerst glaubte ich. daß das Heer von Bambarra anrücke, aber mein Negerknabe, der die Spitze einer Hütte erklettert hatte, benachrichtigte mich, daß die Feinde Mauren seien, welche Viel» stehlen' wollten und der Stadt ganz nahe waren. Als ich das Dach der Wohnung erstieg, sah ich eine große Hcerde Ochsen, die der Stadt zuflohen nnd von fünf berittenen Mauren verfolgt wurden. An mehreren Quellen nahe bei der Stadt erreichten die Diebe das Vieh, suchten acbtzchn der schönsten Ochsen aus und entfernten sich mit ihrer Beute. Während dieser Zeit hatten sich die Vinwobner, wohl fünfhundert an Zahl, an der Malier versammelt, leisteten aber keine» Widerstand, obgleich die fünf Manrcn das Vieh an ihnen aufPistolenschnßweite vorbei trieben. Blos vier Neger schössen, jedoch ohne Wirkling, da die Gewehre nur mit Pulver geladen waren. Gleich daranf wnrde ein junger Mann, von mehreren Negern unterstützt, auf einem Pferde in die Stadt geführt. Gs war ein Hirt, der von deu Mauren verwundet worden war, weil cr seine» Speer nacb ilmen geworfen hatte. Der armeBnrsche wnrde in seine Hütte getragen, wo seine untröstliche Mutter ihn empnng. „I mafso fo u io," wiederholte sie nnaufdörlicl,, „i mafso fonio aba da hersagte nie eine Lüge, niemals)." Man bat mich, die Wunde zu untersuchen, nnd ick fand leider, daß die Kugel unterhalb des Knies beide Beinröhren zerschmettert l'atte. Der Verwnndete war vom Blutverlust ohnmächtig geworden nnd befand sich überhaupt in einem so mislichcn Zustande, daß ich leine Rettung für ihu sah, wenn man ihm nicht das Bei» abnebme. Schon vor dem bloßen Vorschlag schauderten alle Umstehende» zurück. Man hielt ei»e solcbe Operation, von der man noch nie-mals gehört hatte, für gefahrlicher und schmerzhafter, als die Wunde selbst, n»d sah in mir cincnlvanmbale». Statt de» Kranke» zu rette», übergab man ih» der Sorgfalt einiger alte» Buschrins, welche lange ohne Erfolg in ihn hineinredeten, bis der sterbende Heide endlich dic glückbringende» Worte nachsprach: „Es giebt mir einen Gott, und Mohamed ist sein Prophet." Nun verließen sie ihn, denn seine Seele war gerettet. Noch an diesem Abend starb er. Am 17. Februar verließen wir Funingkedi am Nachmittage, um 8. Kap.1 Das Schicksal des Majors Houghton. 67 die gefährlichsten Stellen des Wegs bei Nacht zurückzulegen. Wie meine Wegweiser versicherten, warm wir dann vor Räubern sicher. Etiva dreißig Einwohner begleiteten uns, um sich und ihr Eigenthum zu retten, ehe der Krieg ihre Stadt erreiche. Wir reisten so schnell und still als möglich bis Mitternacht und rasteten dann bei einer Eimännung in dcrNähe eines Dorfes. Mein Thermometer wies auf -j- 68 Grad (F.), aber den Negern war es doch so kalt, daß keiner schlafen konnte. AIs die Sonne sich am 18. erhob, waren wir wieder unterwegs nnd gelangten in der achten Morgenstunde nach Simbing. dem Grenzorte von Lndamar. Dieses Dorf liegt in einem Engpasse zwischen zwei felsigen Vcrgcn uud ist vou einem hohen Walle umgeben. Hier schrieb der Major Houghton, von seinen Negern verlassen, mit einem Pinsel seinen letzten Brief an Dr. Laidley. Nachdem er schon viele Gefahren bestanden, viele Schwierigkeiten überwunden, hatte dieser edle und unglückliche Mann eine nördliche Richtung genommen. In Lndamar hörte ich später über sein Schicksal Folgendes: Als er in Dscharra ankam, lernte er einige maurische Händler kennen, welche von Tissit*) (Tischit) Salz holen wollten. Diese Leute versprachen dem Major, ihn für ein Gewehr und Tabak dahin zu führen. Jedenfalls sagteil sie ihm über den Weg und den Zustand der Länder, die man berühren mußte, Unwahrheiten nnd wollten ihn blos in die Wüste locken, um ihn zu berauben und dann zu verlassen. Nachdem sie zwei Tage mit einander gereist waren, schöpfte der Major Argwohn und wollte umkehren. Die Maureu suchten ihn wieder zu täusche», und als er seinem Entschlüsse treu blieb, raubten sie ihm Alles uud entfernten sich mit ibren Kamcelcn. Der Unglückliche schleppte sich zu Fuß bis zu einem Wasserplatze, Tarra genannt, um den Mauren wohnen. Als er dort ankam, hatte er mehrere Tage ohne Nahrnng verlebt, und so mußte er wohl », ?ischit ist cin 5rt nuwcit dcr Salzquelle in der großen Miste, leb» Taaereiscu nördlich." (Mungo Park.1 Ncuucll ,pricht in einer ge. lehrte» Äumcrknug seine Zweifel au der Eosteuz von Ti,chit aus und meint untcr Tisch'it (Tissit heißt iu der Berber,prachc Salz) sci Arauan zu verstehen, wohcr Timl'uttn sich mit Salz versorge. Solche Beispiele lcigcu welche Fortschritte uuscrc geographische Kcuntniß von Afrika gemacht hat. Tischit ist eiuc ^asc. zwei Tagereisen von Dscharra entfernt, uud wird von einer der Karawaucnstraßcn zwijchcn Marokko und Tim-bnktu berührt. 5' ii8 Aulunft in Dscharra. ft« Kap. seinen, Elend erliegen, als die grausamen Mauren ihm jede Unterstützung verweigerten. Ob er wirklich verhungerte, oder ob er zuletzt noch ermordet wurde, ist unbekannt geblieben. Der Ort, wo man seinen Körper in den Wald schleppte und den wilden Thieren preisgab, ist mir aus der Ferne gezeigt worden. Eine Meile nördlich vonSimbing kamen wir an einen kleinen Fluß, an dem viele wilde Pferde weideten, die alle von derselben Harbe waren. Sie flohen nicht sehr eilig, sondern hielten oft an um nach uns zurückzublicken. Sie werden von den Eingeborenen gejagt aber blos um ihres Fleisches willen, das man hier zu Lande sehr liebt. Ocgcn Mittag erreichten wir Dscharra, eiue große Stadt, die am Fuße felsiger Hngel liegt. Ehe ich diesen Ort und meine dortigen Erlebnisse sckildcre, will ich von dem Kriege zwischen Kaarta uud Vambarra sprechen, der mich bewog, meinen Weg zn ändern, nnd so die Quelle aller meiner Leiden wurde. Die Veranlassung dieses Krieges, welcher über Kaarta unsägliches Unglück brachte und in mehreren benachbarten Staaten Schrecken verbreitete, war ein unbedcutcuder Vorfall. Streifende Mauren stahlen in einem Grcnzdorfe von Bambarra einige Ochsen und verkauften sie an den Vorsteher einer Stadt in Kaarta. Als dieser Mann den Gestohlenen die Zurückgabe ihres Eigenthum verweigerte, beschwerten sie sich bei dem König von Bambarra, Mansong genannt, und dieser, welcher den zunehmenden Wohlstand des Nachbarstaats mit Eiftrsncht betrachtete, benutzte die Gelegenheit, um Händel zu suchen. Er wählte die Form, daß er dem König von Kaarta dnrch einen Gesandte» melden ließ, er (Mansong) werde in der trockenen Jahreszeit mit 9000 Mann nachKemmu kommen, nnd erwarte daher, daß man die Häuser reinigen und Alles zn einem angemessenen Empfang in Stand setzen werde. Nach diesen Worten überreichte der Ocsandte dem König ein Paar eiserne Sandalen und fügte hinzn, Daist solle nie vor den Pfeilen der Männer vonBambarra sicher sein, bis er diese Sandalen anf der Flucht abgenutzt habe. Daisi berieth znvor mit den angesehensten Männern, ob ein so furchtbarer Feind besiegt werden könne, und gab dann eine herausfordernde Antwort. Ein Ausruf an das Voll, den ein Buschrin ans ein ft. Kap.^ Der Krieq zwischen Kaavta und Vaml'avra. 69 dünnes Brett schrieb, wnrde an einen Baum angeschlagen nnd durch Aelteste. die nach den verschiedenen Orten abgingen, dem gangen Volk bekannt gemacht. Dieser Aufrnf ermunterte alle Freunde des Königs, sogleich zu den Waffen zn greifen. Wer keine Waffen habe oder den Krieg fürchte, der dürfe sich in ein Nachbarland entfernen und jederzeit zurückkehren, wenn er dem Feinde nicht geholfen habe. „Wer aber gegen Kaarta kämpft," schloß der Aufruf, „der hat den Schlüssel zu seiner Hütte zerbrochen und kann nie wieder in seine Thür eingehen." Der Eindruck dieses Aufrufs war iin Allgemeinen ein günstiger, aber viele Einwohner, namentlich die mächtigen Stamme der Iohars und Kakarus benutzten die Erlanbniß, die der König Jedermann gewährte, und flüchteten nach Ludamar und Kasson. Die Strcitträfte Daisi's wurden dadurch sehr geschwächt. Als ich in Kcmmu war, hörte ich das Heer auf 40M Streiter schätzen, die aber zuverlässige und muthige Männer sein sollten. Am 22. Februar, vier Tage nach meiner Anknnft in Dscharra, ging Mansong gegen Kemmn vor. Daisi wagte keine Schlackt zn liefern nnd zog sich nach der nordwestlich gelegenen Stadt Ioko, von da aber, weil der Ort nicht fest genug war, nach Gedinguma zurück. 'Vcine Söhne wollten ihm nicht folgen, denn, sagten sie, „die Sänger werde» unserer Schande spotten, wenn man erzählen darf, daß der König nnd seine Söhne aus Ioko geflohen feien, ohne einen Schuß abzufeuern." Einige kleine Gefechte, in denen sie gänzlich geschlagen wurden nnd einer von ihnen m Gefangenschaft geriet!), brachen indessen ihren Muth so gänzlich, daß sie ihrem Vater folgten. Als Mansong erkannte, daß er keine Ecklacht crzwlngen könne, ließ er einen bedeutenden Theil seines Heeres bei Ioko stehen, um die Vewe-gungen seines Gegners zu beobachten, nnd theilte den Nest in kleine Abtheilungen, welche das ganze Land durchziehen mußten. Die^e streifenden Haufen erfüllten ihre Aufgabe mit einer solchen Schnelligkeit, daß nach wenigen Tagen das ganze Königreich Kaarta das traurigste Schauspiel der Verwüstung darbot. Sie überfielen die Dörfer in der Nackt, fübrtcn die wehrlosen Einwohner in die Gefangenschaft nnd vernichteten das Korn, wie überhaupt Alles, was dem feindlichen König von Nntzcn sein konnte. 70 Der Kncg zwiscbcn jlaarta und Pambana. ^. Kap. Unterdessen batte Daist alle seine Streitkräfte in Oedinguma vereinigt. Diese Stadt liegt in derOebirgslai^dschaft von Kaarta in einem Engpässe zwischen zwei hohen Bergen, ist von steinernen Mauern nmgeben und hat blos yvei Thore, ein nördliches und ein südliches. Das eine verteidigte Daist in Person, das andere übergab er seinen Söbnen. Endlich machte Mansong Angrisse, wurde aber bei jedem Sturm mit großem Verluste zurückgetrieben. Er wollte nun die Festung aushungern, schickte alle (befangenen nach Bambarra uud schloß Oedinguma zwei Monate lang ein. Auch dieses Verfahren führte ihn nicht zum Ziele, denn abgesehen von den glücklichen Ausfallen, welche die Belagerten machten, stellte sieb bei dem Heer von Bambarra Mangel an Lebensmitteln ein. In seiner Verlegenheit forderte Mansong von Ali, dem maurischen König von Lndamar, 200 Reiter, welche einen neue» Angriff auf die Festung unterstütze» sollten. Obgleich Ali vertragsmäßig zur Stellung dieser Netter verpflichtet war, schlug er sie doch ab, worüber Mansong so erbittert wurde, daß er auszog, lim die Mauren im Lager von Venaun zu überfallen. Dic Mauren hatten jedoch Nachricht erhalten und ftoben gen Norden. Manfong fchrte nun nach seiner Hauptstadt Sego zurück, ohne weiter etwas zu unternehmen. Diese Vorgänge fallen in die Zeit, als ich in Ali's Lager befangener war. Da der furchtbarste Feind Kaarta's vom Schauplätze abtrat, so würde dieses Reich jetzt wieder Frieden gehabt haben, wenn nicht eine nenc Verwickelung eingetreten wäre. Um diese Zeit starb der Konig von Kasson, und seine beiden Sölme gcriethen wegen dcrTbronfolge in Streit. Mein alterBekannter, Sambo Sego, trug den Sieg davon und trieb den ältern Brnder ans dem Lande. Dieser letztere floh nach Gedinguma, wo er Schutz fand. Als Sambo Sego auf Auslieferung antrug, ehrte Daisi das Gastreclit, indem er zugleich erklärte, daß er den Flüchtling nicbt unterstützen und sich überhaupt auf keine Weise in den Throustreit einmischen werde. Sambo Sego raubte sich durck einen Naub^ug nach Kaarta, bei dem er von vielen geflüchteten und unzufriedenen Vimvrhnern Beistand erhielt. Da ein solcher Einfall nicht gefürchtet wurde, hatten sich viele Leute des Königs nach Ioko begeben, um das Land zu bestellen und das Vieh aus den Wäldern zurückzuholen. Alle diese Arbeiter nahm Sambo Sego gefangen, führte sie nach Kuniakerri, vereinigte sie dort 9. Kap.j Dscharra. 71 zu Karawanen und verkaufte sic den Franzosen in St. Louis a,n Senegal als Sclaven. Daisi rächte sich durch einen Einfall in Kassen. bei dem drei große Dörfer in der Nähe von Knniaterri überfalle,, nnd alle männlichen cnvachseüen Einwohner niedergehauen wurden. Jetzt hoffte Daisi ernstlich auf Frieden. Viele seiner unzufriedenen Unterthanen hatten sich unterworfen, die zerstörten Dörfer wnrden wiederhergestellt, und überdies war die Regenzeit nahe. Da kam ahmuals von einer andern Seite her eine Störung. Die Iohars, Kakarus nnd andere Einwohner, welche zu Anfang des Kriegs geflohen und später den Feinden hehilflich gewesen waren, wollten dem König nicht gehorchen. Schon an sich mächtig, verbanden sie sich mit den Mauren und überfielen ein großes Dorf, dessen Bewohner sie als Gefangene mit sich schleppten. Diese Beleidigung konnte Daisi nicht rächen, da die Iohars und alle sonst Vethciligten gegen Osten flohen. Dann trat die Regenzeit ein nnd macbte dem Kriege ein ssnde. Neuntes Kapitel. Dscharra — Die Mauren am Sndraudc der Sahara. — ?lli ertheilt Mnnao Parl Erlaubniß, durch Lndamar zu reisen. — Abreise von Dscharra imd Auknnft in Dina. — Miehandlnng durch Manveu. — ?le,!'c nach Sampala und Sam«, — Mun^o Park wird als Gefangeucr in das Lasier von Bcnann siesnhrt. Dscharra, eine Stadt von beträchtlicher Größe, besteht aus Häusern, deren Material'Stein und Thon ist. Der Thon vertritt die Stelle des Mörtels. Obgleich die Stadt in dem maurischen Königreiche Ludamar liegt bilden den zahlreichsten Theil der Einwohner doch Neger aus den angrenzenden Theilen des Südens, welche den Mauren lieber Tribut be--ahlen, als sich ihren unaufhörlichen Naubzügen aussetzen. Sie haben den unsichern Schutz, den man ihnen gewährt, theuer zu bezahlen und erwiedern die schneidende Verachtung, die ihnen von ihren maurischen Herren bewiesen wird. mit friechender Demuth lind Unterwürfigkeit. Die Mauren Ludamars und aller dieser Gebiete sind dm westindischen Mulatten in dem Grade ähnlich. daß mau sie von denselben kaum unterscheiden kann. 72 Dlc Mauren am Südraudc dcr Sahara. <9. Kap. In der Tbat scheint das jetzt lebende Geschlecht aus Mischlingen der eigentlichen Mauren im Norden nnd der Neger im Süden zn bestehen und die schlechtesten Eigenschaften l'eidcr Völker in sich zu vereinigen. Diese manriscken Stamme unterscheiden sick von den Bewohnern der Küste des Atlaslandes, von denen sie durch die große Wüste getrennt werden. Alles, was man von ihren, Ursprung weiß, findet sich in Leo Africanus, dcffen Erzählung ich abgekürzt wiedergeben will. Ehe die arabischen Eroberer in der Mitte des siebenten Iahrhun» derts einbrachen, wurde» alle Bewohner von Nordafrika, mochten sie nuu von den Nmuidieru, Phöniciern nnd Earthagincnser», oder von den Römern, Vandalen oder Oothcu abstammen, unter dem gemeinschaftlichen Namen der Maure» znsammengefaßt. Alle diese Völker wurdeu »ntcr der Herrschaft der Kalifen Mohamedaner. In den ersten Zeiten der arabischen Herrschaft, zogen viele wandernde nnmidische Stämme, welche von der Viehzucht lebte», durch die große Wüste, um ihren Feinden zu entgehen, und einer dieser Stämme, der von Zenhaga, entdeckte und unterjochte die Völkerschaften mit schwarzer Hant und wolligem Haar, welche an den User» des Nigers wohnen. Unter dem Niger verstehe man hier den Senegal, der vou deu Mandingo Basing oder der schwarze Fluß ge-uauut wird. Wie weit diese eiugedrungeuen Mauren sich in Afrika verbreitet haben, ist sckwcr zn sagen. Man darf jedoch mit Oniud annehmen, daß das ihrer Herrschast unterworfene Gebiet einen schmale» Streifen bildet, der in der Richtung von Westen gegen Osten, von der Mündung des Senegal bis zn den Greiizeu von Abvssinicn reicht.*) Diese Mauren sind ei» treuloses, listiges Volk u»d lasse» sich uie ciuc Gelegenheit entgehen, die einsacke» »»d leichtgläubigen Neger zu betrügen. Meine Erlebnisse unter ihnen werden ihre» Eharakter und ihre Sitte» i» ein helles Licht stellen. ') Die neuesten Reisen „»d Entdeckungen haben die von M»na,o Par? angeuoininenen Ansichten des alten Leo Nfncauns wesentlich bench, tigt. W habe» Einwanderungen p»n Norden her stattgefunden, die aber weder von numidische» 3täm>nen, iwch von dem Mischliügsvolk der Mauren, sondern von reinen Aiabein anfingen. Diese Einwanderer reden im äufm'stcii Ostc» das tadelloseste Arabisch, während im Westen ein eigener MDghn'biuischer (westlicher) Dialelt entstanden und in Marokko zur Schriftsprache veredelt worden ist. Diese Araber bilden auch feines- 3. Kap.) Die Mauren am Südiande der Sahara. 73 InDscharra wohnte ich bci Daman Iumma, eincniSclaveichändler, dcr mit dcm ßjambia veikchrtc. Dieser Mann schuldete dem i>. Laidlcy Geld, und der leidere hatte mir eine Anweisung auf den Werth von sechs wegs am Südraude der Sahara eine vl,'»i Seuegal bis „ach Habesch fortlauseude Bcoölkerungslette. Ihre westliche ?lbtheilung reicht nicht weiter als bis zu dcr Karawauenstraße. die von Timbuktu über die Oase Mabrnk in nordöstlicher Richtung nach Gardaia ander algierischcu Südgrenze führt. Wie wcit die östliche, v^n dieser ersten gänzlich gctreuute Arabergrnppc sich ausgedehnt bat. läßl nch nicht geuan'bestimmcu. Man weiß nnr. daß sie von den Oasen Siwah uud Udschila des Nordens etwa bis Kordofan nud Darfur wohut. Was Muugo Park über den ssbaraktcr dieser Manve» sagt, wird vou allen neueren Reisenden bestätigt. „Sie verbaltcu sich ,^»in Europäer wic dcr Tiger zur Hanskahe," sagt A. Naffeuel in seiuer Vo^a^o 6a,i^ I'^s,i,dllchcil Tuarik nie wl'Nia, nnd der Typus der Gcsichtsbildnug dcr Neger fehlt ihnen gänzlich Die' Berber siud uuglcich tapferer, als ihre arabischen Nachbarn, aber ebenso schlan, dabei nuznverlässig und im höcksteu Grade unreinlich. Die Tibbo, der dritte Urstamm dcr großen Wüste, wohut zwischen der Berberbcvölkcrung nnd dcr östlichen Arabcrgruppe. Sie siud am wenigsten bekannt, obgleich sie am weitesten nach Nordeu hinanf reichen, und namentlich ihre Sprache ist noch zn erforschen. (5iucr ihrer Stämme ist kupscrsarbig, die übrigen siud dunkelschwarz. Ist ihr Haar ebenfalls 74 Erlaubniß dnrch Lndamar zn reisen. su. Kap. Sclave,, mitgegeben. Die Schuld war eine alte, aber Daman erkannte sie auf der Stelle cm und versprach mir so viel Geld, als er auftreiben könne, wenn er auch vielleicht im Augenblicke nicht im Stande sei, mehr als den Werth von zwei Sclaven zn bezahlen. Ucberdies half er mir bei dem Umtausch meines Bernsteins nnd meiner Glasperlen gegen Gold, das ich vor den Mauren leichter verbergen konnte. Die Schwierigkeiten, mit denen wir bereits zu kämpfen gehabt hat. ten, der unruhige Zustand des Landes und mehr als Alles das freche und feindselige Benehmen der Mauren entmnthigtcn meine Lente in dem Grade, daß sie nur erklärten, ste wollten lieber ihren Ansprüchen auf Belohnung entsagen, als mich noch einen Schritt weiter begleiten. Ich konnte diesen Entschluß nicht misbilligen, denn in der That liefen sie angenfcheinlich Gefahr, von den Mauren überfallen und in die Sclaverei verkauft zn werden. Ich selbst beharrte auf der Weiterreise um so mehr, als mir der Rückweg dnrch den Krieg abgeschnitten worden war, und erbat mir von Ali, dem Häuptling oder König von Ludamar, freies Geleit dnrch sein Land. Da ein Geschenk unerläßlich war, so gab ich meinem Voten fünf baumwollene Kleider mit, die ich mir von Daman gegen meine ssugelsiinte eingetauscht hatte. Erst am 26. sscbruar stellte sich einer von Ali's Sclaven bei mir ein, nm mich nach Gnmba zu führen, wofür ich ihm ein blaues Kleid geben sollte. Ich traf nun meine Vor' bercitnngen, legte bei Daman die meisten meiner Sachen nieder, damit die Nanbsucht der Mauren uicht durch viel Gepäck gereizt werde, und überlieferte Johnson, der nach dem Gambia zurückkehrte, eine Abschrift meiner Papiere, sodaß die Nachrichten, welche ich gesammelt batte, nicht verloren gehen konnten, wenn mich auch ein Unfall traf. Als mein treuer Ncgerknabc sah, daß ich aufbrechen wolle, entschloß er stch, mich zn begleiten. Johnson hatte ihn verleitet, nnd zwar in der Ueberzeugung, daß ich, von allen meinen Leuten verlassen, umkehren werde. Außer dem Knaben konnte ich über einen von Damans Sclaven verfügen, den ich mir gemiethet hatte. Am 27. Februar verließen wir frans, wie bei den Negern, so finden in der Körperbildung dock bedeutende Unterschiede statt, namentlich sind die Lippen nicht wnlsti^, die Nasen nicht breit, Knöchel und Füße schön gebant. Was den Charakter betrifft, so gelten die Tibbo für mistranisch, boshaft und betrügerisch. 9. Kap.) " Beraubung. — Heuschrecken. 75 Dscharra und schliefen in einem kleinen durch eine Mauer geschützten Dorfe, in dem Neger und Maureu durch einauder wohnten. Von Quira, das wir am 28. erreichten, zogen wir am nächsten Tage mit vielen Beschwer« den durch Sandflächcn nach einem maurischen Wasscrplatze, und langte» am 1. März in Dina an. Diese große Stadt, welche dieselbe Bauart wie Dscharra bat, besitzt schou eine überwiegend maurische Bevölkerung. Kanin war ich in der Hütte eines Negers abgestiegen, so versammelten sich die Mauren, um mich auf jede Art zu beleidigen und zu beschimpfen. Sie gingen zuletzt so weit, mir ins Gesicht zu speien. Ich glaubte ihre Absicht, mich zu reizen und sich dadurch einen Vorwand zur Plünderung meines Gepäcks zu verschaffen, zu vereiteln, indem ich ruhig blieb, irrte mich aber sehr. Ich war ja ein Christ und mein Eigenthum mithin eine rechtmäßige Beute der wahren Gläubigen! Nicht lange, so wurde mein Gepäck geöffnet und Alles geraubt, was dem einen oder dem andern meiner Peiniger gefiel. Als meine beiden Leute diese Scene sahen, sprachen sie wieder von Rückkehr nach Dscharra und ließen sich durch feine meiner Vorstellungen umstimmen. Um ueucu Beleidigungen der fanatischen Mauren zu entgehen, verließ ich Dina am 2. März in der zweiten Morgenstunde. Der Mond schien hell, aber das Gebrüll der wilden Thiere. das ich rings um mich hörte, mahnte mich zur grösitcn Vorsicht. Ich mochte eine Viertelstunde weit geritten sein, als ich hinter mir rufen hörte. Als ich zurückblickte, sah ich meinen treuen Ncgerfnaben und hörte bald von ihm, das, Ali's Bote nach Bcnaun zurückgekehrt sei, Damaus Neger aber sich bestimmen lassen werde, mich zu begleiten. Ich versprach zu warteu, und iu der That führte mir der Knabe uach etwa einer Stunde den Neger zu. Nach einem anstrengenden Nitt über einen sandigen Boden, rastete ich am Mittag bei einigen verlassenen Hütten. Iu einiger Entfernung bemerkte ich Anzeichen vou Wasser nud schickte mcinen Knaben dahin, um eiueu Schlauch zu füllen. Dieser kehrte jedoch in höchster Eile zurück, da er das Brüllen eines Löwen gehört hatte, und so mußten wir unsern Durst ertragen, bis wir am Abend eine von Fulah bewohnte Stadt erreichten. Am nächsten Morgen sahen wir Alles mit Heuschrecken bedeckt. Die Bäume waren von diesen Thierm ganz schwarz, und klopfte ich an einen 76 Reise nach Sampaka. 19. Kap. Stamm, so erhob sich eine wahre Wolke dieser Insecten. Sie vernichten jede Pflanze, der sie begegnen, und berauben die größeren Gewächse im Nn aller Blätter. Ihre auf den Boden fallenden Absonderungen machen ein Geräusch, als ob es regnete. Da sie stets mit dem Winde fliegen und unterwegs Alles verwüsten, so müßten sie verhungern, wenn ein anderer ^uftstrom die Herrschast erhielte. Dies geschieht aber nickt, denn der Wind weht in dieser Jahreszeit stets aus Nordost. Um Zwei Uhr Nachmittags (4. März.), trafen wir in Sampaka ein. Diese große Stadt gehorte früher dem König von Bambarra und erwehrte sich drei Mal eines maurischen Angriffs. Später mußte der König dennoch Samvaka mit allen Städten bis Gnmba abtreten, da er auf keiue andere Art Frieden erlangen konnte. Ich wohnte hier bei einem Neger, welcher Schießpulver zu bereiten verstand. Den Salpeter gewann er in Menge aus Bodensenkungen, in denen sich während der Regenzeit Wasser sammelt und wo das Vieh sich häufig einstellt, umKüblnng gegen die Hitze des Tages zu sucben. Verdunstet das Waffer, so ist der Koth der Thiere mit einer weißen Masse umzogen, welcbe von den Eingeborenen gesammelt uud gereinigt wird. Dieser Talpeter ist sehr weiß, hat aber viel kleinere Krystalle, als der europäische. Den Schwefel briugen die Mauren vom Mittclmeer herbei. Die Vereitung des Pulvers geschieht einfach dun!' das Stamvfen der verscbiedenen Vestandtbeilc in einem hölzernen Mörser. Freilich sind die Körner von sehr ungleicher Größe, uud das Pulver hat, wie d.-r schwächere Knall der Flinten beweist, bei weitem nicht die Stärke des europäischen. Am 5. März verließen wir Sampaka mit Tagesanbruch. Gegen Mittag machten wir in dem Dorfe Dangali Halt. und am Abend erreichten wir Dalli, wo wir über Nacht blieben. Unterwegs sahen wir zwei große Heer« den weidender Kameele. Wenn die Mauren diese Thiere weiden lassen, binden sie ihnen einen Vorderfuß in die Höhe, um nc am Fortlaufen zu verhindern. Wir kamen in Dalli an einem Festtage an. Die Einwohner tankten vor dem Hause des Vorstehers, erfuhren aber kaum die Ankunft eines Weißen, als sie ihre Belustigung abbrachen und in gnter Ordnung, zwei und zwei, mit Mnsik voran, vor das Hans zogen, wo ich wohnte. Die Musiker spielten auf einer Art Flöte, deren Mundloch jedoch nicht an der 9. Kap.j Muugu Pail als Gefangener abgeführt. 77 Seite, sondern au der Spitze angebracht und mit einem Stückchen Holz halb verschlissen war. Dieses Instrument hat verschiedene Löcher, welche die Mnsikcr bald offen lassen, bald mit den Fingern schließen, um so verschiedene Töne hervorzubringeu. Mehrere Melodien, welche ich hörte, hatten einen höchst sanften und melancholischen Charakter. Man tanzte und sang bis um Mitternacht, und während dieser ganzen Zeit war ich von so vielen Neugierigen umgeben, daß ich meinen Platz nicht verlassen konnte. Die erste Hälfte des N.März verbrachte ich in Dalli, nm ans einige Personen zu warten, welche am nächsten Tage nach Gumba reisen wollten nnd mich zu begleiten wünschten. Um der Menge auszuweichen, welche sich am Abend zn versammeln pflegte, begab ich mich Nachmittags nach Samee, einem kleinen östlich von Dalli gelegenen Dorfe. Der gutmüthige Vorsteher empfing mich mit herzlicher Gastfreundschaft, ließ zum Zeicheu seiner Freude zwei schöne Schafe schlachten nnd veranstaltete ein kleines Fest, zu dem er seine Freunde einlud. Der gute Neger war so stolz darauf, einen Weißen zu beherbergen, daß er mich bat, auch morgen n'ährend der heißen Tageszeit bei ihm und seine» Freunden zu bleiben; Abends werde er mich selbst bis znm nächsten Dorfe führen. Da ich von Gumba blos noch zwei Tagereisen entfernt war, so fürchtete ich die Mauren nicht mehr und nahm die Einladnng meines Wirths an. Ich verlebte mit diesen gnten Leuten einen angenehmeil Nachmittag. Ihre Gesellschaft erfrente mich umsomehr, als ihre Ehrlichkeit nnd ihr Wohlwollen zn der Treulosigkeit und Grausamkeit der Mauren den schlagendsten Gegensatz bildeten. Ich trank hier wieder jenes aus Mais bereitete Bier, das ich bereits beschrieben habe, und mnß wiederholen, daß es in England kein besseres giebt. Ich war so froh nnd glaubte so fest, den Mauren entgangen zu sein. daß ich mich im Geiste an die Ufer des Nigers versetzte und mir die ent'ückenden Scenen ansmalte, die ich im innern Afrika sehen würde. Plötzlich wurde ich diesen schönen Träumen entrissen, indem ein Haufen der Krieger Ali's in die Hütte trat. Diese Lente sagten mir, es sei ihnen befohlen worden, mich in das Lager von Venaun zu führen. Gehorche ich willig, so habe ich nichts zu befürchten, weigere ich mich, so müßten sie freilich Gewalt brauchen. Eine Zeitlang war ich vor Schreck und /8 Ankunft in Düia. l9. Kap. Ueberraschuug stumm. Als die Mauren dies bemerkte!,, suchten sie mich durch neue Versicherungen, daß ick nichts zu fürchten habe, zu ermuthi-gen, und fügten hinzu, daß sie mich nur darum ins Lager führen sollten, weil Fatime, Ali's Kemablin, die noch nie einen sshristen gesehen habe, mich kennen zu lernen wünsche; habe diese Frau ihre Nengier befriedigt, so werde Ali mir ciu werthvolles Geschenk geben und mir einen Führer »ach Bambarra gcbeu. Ich sah wohl, daß Bitten und Widerstand vergebens sciu würden, nahm daher von meinem Wirth mit Betrübniß Abschied und begleitete die Mauren. Daman's Sclave war geflohen, sobald er sie erblickte, aber der treue Demba verließ micb nicht. In Dalli schliefen wir. von den Mauren sorgfaltig bewacht. Am tt. März folgten wir einem gewundenen Pfade, der durch die Wälder nach Dangali fübrte. Am nächsten Tage begegneten wir auf dem Wege uach Sampaka einem Trupp bewaffneter Mauren, welche nach ibrer Aussage einen entflohenen Sclaven verfolgten. In Sampaka hörten wir aber, daß am Morgen Mauren einen Versuch gemacht hätten, Vieh zu stehlen, und zurückgeschlagen worden seien. Nach der Beschreibung der Eingeborenen wareil die Räuber dieselben Mauren, welche wir gesehen hatten. Unser nächstes Reiseziel war Samaningkns. Wir trafen eine Frau mit zwei jungen Leuten nnd einem (5sel, welche uns erzählte, daß sie nach Bambarra habe gehen wolle, aber von Mauren ihrer Kleider wie ihres Geldes beraubt worden sei, und »ach Dina zurückkebrcn werde, um dort das Ende des Nhamadan-Monats abzuwarten. Am Abend sahen wir den Neumond aussteigen, welcher den Beginn der Fasten ankündigt. Sogleich zündete man in allen Theilen der Stadt große Feuer an und kochte mehr Speisen, als sonst gewöhnlich ist. Mit Tagesanbruch waren die Mauren zur Abreise bereit. Sie versicherten mich, daß sie, sli lange die Sonne am Himmel stehe, weder essen noch trinken würden. Ich meines Theils hatte in den vorigen Tagen durch Wassermangel zu sehr gelitten, und befahl daher meinem Neger, meinen Schlauch mit Wasser zu Men. Indessen war ich nicht der einzige, welchem diese Vorsicht Nutzen brachte. Die außerordentliche Hitze und der Staub besiegten die Gewissensbedenken der Mauren, lind alle sprachen meinem Schlauche mehr als einmal zu. Als wir in Dina ankamen, begab ich mich zu einem dort anwesen- 9. Kap.) Ankunft in Bcüau». 7g den Sohne Ali's, um ihm meine Ehrfurcht zu bezeige». Ich fand ihn in einer sehr niedrigen Hütte, wo fünf bis sechs Begleiter um ihn waren. Alle waren damit beschäftigt, Hände nnd Füße zn waschen. Mehrmals nahmen sie Waffer in den Mund, gurgelten sich und spieen es dann wieder ans. Ich hatte kaum Platz genommen, als Ali's Sohn mir eine Doppelflinte überreichte und mich aufforderte, den Schaft und eines der Schloffer ausznbcffern. Nur mit vieler Mühe machte ich ihm glaublich, daß ich von solchen Sachen nichts verstehe. „Wohl," rief er, „wenn Du meine Flinte nicht herstellen kannst, so gieb mir sogleich einige Messer und Scheeren." Mein Negcrknabe Demba, der zum Dolmetscher diente, antwortete, daß ich weder Messer noch Scheereu besitze. Augenblicklich ergriff Ali's Sohu eine Flinte, welche neben ihm lag, spannte den Hahn, setzte die Mündung dem Knabeu ans Ohr und würde ihm unfehlbar den Kopf zerschmettert haben, wenn die Mauren ihm das Gewehr nicht entrissen und uns Zeichen gegeben hätten, nns schleunig zu entfcrueu. Der arme Knabe war so erschrocken, daß er in der Nacht einen Fluchtversuch machte. Die Manren waren jedoch zu wachsam nnd führten ihn zurück. Sie schliefen stets auf der Schwelle der Hütte, in der wir eingeschloffen waren, und wachten daher ans, wenn Jemand hin-ansging. Als wir am nächsten Tage an einem Wasserplatze Halt machten, fanden wir so weilig Nasser, daß unsere Führer fest entschlossen waren, sich wieder südlich zu wenden. Wir gingeil endlich doch in der alte» Richtung weiter, nachdem wir unsern Schlauch gefüllt hatten. Die Gegend wurde sehr sandig nnd war mit kleinem Gebüsch bedeckt. Die Hitze erreichte einen so drückenden Grad, daß wir nils nach Mittag gezwungen sahen, Halt zn machen. Wir durften jedoch mir wenige Minuten rasten, denn wir hatten kein Wasser mehr. Während dieser Zeit sammelten wir etwas Gummi, welches das Waffer theilweise ersetzt, indem es den Mund anfeuchtet und die Qualen des Durstes lindert. Gegen Fünf Uhr Abends entdeckten wir Venann, Ali's Residenz. Das Lager der Mallren bestand alls einer großen Anzahl schmuzigerZclte, welche ohne Ordnnng auf einer weiten Ebene zerstreut waren, und zwischen denen große Hecrden von Kameclcn, Ochsen und Ziegen bemerkbar wurden. Wir trafen einige Augenblicke vor Sonnenunter- 80 Besuch deö Königs Ali. >9. Kap. gang im Lager cm, und erlangten nnr mit vieler Mühe ein wenig Wasser. Sobald meine Ankunft bekannt wnrde, warfen die Mauren, welche Wasser schöpften, ihre Gimer von sich. Alle, welche zwischen den Zelten waren, bestiegen ihre Pferde, nnd Männer, Frauen und Kinder eilten herbei. Ich war bald von so vielen Menschen dicht nmgeben, daß ich mich kaum bewegen konnte. Einer zupfte mich am Nocke, ein Zweiter nahm nur meinen Hut, ein Dritter hielt mich fest, um meine Westenknöpfe zu untersuchen, und ein Vierter rief: „Vs giebt nur einen Oott, uud Mohamcd ist sein Prophet!" indem er mich unter Drohungen aufforderte, diese Worte ^u wiederholen. (5ndlich gelangten wir an das Zelt des Königs, vor dem viele Männer nnd Francn versammelt waren. Ali saß ans einem Kissen von schwarzem Leder und beschäftigte sich damit, die zu langen Haare seiner Oberlippe zu stutzen, wobei eine Sclavin ihm einen Spiegel vorhielt. Vr war ein Greis von arabischer Abkunft, trug einen langen weißen Bart nnd sah finster nnd verdrießlich ans. Naä'dem er mich sebr aufmerksam betrachtet hatte, fragte er meine Führer, ob ich arabifch verstehe. Als sie die Frage verneinte», schien er sehr erstaunt zu sein nnd schwieg. Die Personen seiner Umgebnng solgten diesem Beispiel nicbt, am wenigsten die Franen. Sie überhäuften mich mit Frage», betrachteten alle Theile meiner Kleidung, wühlte» in meinen Tastbe» nnd nöthigte» mich, meine Weste auf' zuknöpfen, damit sie meine weiße Haut untersuchen könnten. Sie gingeil sogar so weit, meine Finger nnd gehen zu zählen, als ob sie bezweifelten, daß ich zum menschlichen Geschlecht gehöre. Ich war uoch nicht lange im Zelt, als ei» Priester das Abendgebet ankündigte. Ehe die Anwesenden sich entfernten, sagte mir der Maure, welcher den Dolmetscher machte, daß Ali mir etwas zn essen geben werde. Fast augenblicklich erschienen zwei ju»ge Leute, welche ciu wildes Schwein herbeischleppten uud au einer Zeltstange festbanden. Ali gab ihnen ein Zeichen, das Thier zn todten uud mir zum Abendessen zu bcreiteu. Obgleich ich großeu Hunger hatte, hielt ich es doch nicht sür klug, von eiuem Thier zu essen, welches von den Manrcn verabscheut wird, uud beeilte mich daher, dem Dolmetscher zu sagen, daß ich eine solche Speise nie berühren werde. Die beiden jungen Leute ließe» das Schwein nun 9. Kap.) Aufnahme mid Behandlung l'l'i den Maxren. 81 los. Sie hofften, daß dasselbe sogleich auf mich losstürzen werde, weil die Mauren sich einbilden, daß zwischen Schweinen und Christen cine große Feindschaft herrsche. Sie täuschten sich aber, denn kaum war das Thier in Freiheit, als es Alle, welche ihm in den Weg kamen, ohne Unterschied angriff und zuletzt unter dem Kissen des Königs eine Zuflucht suchte. Als die Zuschauer zum Gebet fortgegangen waren, führte man mich zum Zelte des ersten königlichen Sclaven, erlaubte mir aber weder einzutreten, noch etwas dazu Gehöriges zu berühren. Ich bat um etwas Speise, und nachdem man mich lange hatte warten lassen, brachte man mir in einer hölzernen Schüssel ein wenig Mais, der in Wasser und Salz gekocht worden war, nnd breitete dann vor dem Zelte eine Matte aus, ans der ich, von einer Menge Neugieriger unigeben, die Nacht zubrachte. Bei Sonnenaufgang erschien Ali vor dem Zelte seines ersten Sclaven, ssr war zu Pferde, und nur wenige Personen begleiteten ihn. Er sagte mir, daß er mir eine Wohnung habe bereiten lassen, in der ich vor der Sonne geschützt sein werde. In der That führte man mich dorthin zu ihr, und wenn ich sie mit dem Orte verglich, den icl, verließ, fand ich sie kühl und angenehm. Diese Hütte bildete ein Viereck, und ihre Wände bestanden aus aufrcchtstehendcn Maisstengeln. Das Dach hatte man aus demselben Stoff gemacht nnd mit zwei gabelförmigen Stangen gestützt. An eine derselben war das wilde Schwein gebunden, von dein ich eben gesprochen habe. Es war dies auf den ausdrücklichen Befehl Ali's geschehen, und sollte ohne Zweifel eine Verhöhnung des Christenthums sein. Ich muß gestehen, daß die Nachbarschaft mir sehr unangenehm war, denn eine große Anzahl von Kindern unterhielt sich damit, das Schwein zu necken und zu schlagen. Znletzt wurde das Thier so wüthend, daß es den Strick zerriß und mif der Flucht mit seinen Hauern mehrere Personen verletzte. Die Manren versammelten sich in Menge, um mich zu betrackten. Ihre Neugicr war mir im höchsten Grade lästig. Nicht genug, daß ich meiue Strümpfe ablegen mußte, damit sie meine Füße untersuchen könnten, mußte ich auch mit Nock und Weste dasselbe thun, damit sie sähen, wie ich mich aus - und ankleidete. Die Erfindung der Knöpft konnten sie mcht gcnng anstaunen, und vom Mittag bis zum Abeud hatte ich weiter nichts zu thun, als mich aus- und anzukleiden, auf« und zuzu» Mungo Park. H H2 Charakter der Maure!,. s9. Kap. knöpfen, denn diejenigen, welche diese Wunder sän'» gesehen hatten, nullte» anch ihre Freunde desselben Genusses theilhaftig werden lassen. - Um Acht Uhr Abends schickte mir Ali etwas Kouskous mit Salz und Wasser. Dieses Abendessen kam nur sehr gelegen, da ich seit dem Morgen nichte genossen hatte. In der Nacht hielten die Mauren an der Thür meiner Hütte fortwährend Wacke. Sie traten sogar von Zeit ;u Zeit lierein, um zu sehen, ob ich anch schlafe, und wenn es recht dunkel war, zündeten sie Strohbündel au. Gcgen Zwei Uhr Morgens schlich Jemand in meine Hütte, um mich ;n bestchlcn, vielleicht aucb um micb zu ermorden. Bein ltmhcrtappcn berührte er meine Schulter mit der Hand. Da solche Besuche mindestens höchst verdächtig sind, so fuhr ich rasch in die Höhe. Nun suchte der Fremde zu entkommen, stolperte dabei über meinen Ncgertnaben, fiel auf das wilde Schwein, das mau wie^ der an die Stange gebunden hatte, und erhielt von demselben zur ssrwi-dcrung einen Biß in den Arm. Das Geschrei, das der Verwundete ausstieß, beunruhigte die Wachen vordem Zelt des Königs. Sie glaubten, daß ich entflohen sei, und mehrere von ihnen bestiegen ihre Pferde, um mich zu verfolgen. Ich bemerkte bei dieser Gelegenheit, daß Ali nicht in seinem Zelt geschlafen habe, denn er trat aus einem andern kleinern, das in einiger Vutfcr-uuug stand. Dieser grausame und argwöhnische Monarch war gegen seine Umgebung so mistrauisch, daß sogar die Sclaven, welche ihu persönlich bedienten, nie wußten wo er schlafe. Er bestieg ein weißes Pferd und kam in vollem Jagen vor meine Hütte. Als die Mauren ihm die Ursache des Lärms erklärt hatten, entfernte er sich mit ihnen, und ich konnte nun bis zum Morgen ruhig schlafen. Am folgenden Tage kehrte die Menge zu meiner Hütte zurück und belästigte und mishandclte mich ebenso wie gestern. Die Kinder versammelten sich, um das Schwein zu schlagen, und die Männer und Fraueu, um den Christen zu quälen. Es ist mir unmöglich, das Betragen eines Volks zu schildern, welches die Bosheit wie eine Wissenschaft stndirt, und au den Leiden und dem Unglück anderer Menschen seine Freude hat. Ich will nur so viel sagen, daß meiue Gegeilwart den Mauren Gelegenheit gab, die Unverschämtheit, den Fanatismus, die Grausamkeit, in denm sie sich vor allen anderen Völkern auszeichnen, nach Gefallen zu bethätigen. 10. Kap.) Charakter der Maineu. 8g Ich war ein Frenider, ich war schutzlos und Christ. Jode dieser siigen-schafte,^ allein genügt, um jedes menschliche Gefühl aus dem Herben eines Manien zu entfernen. Wie mußte nun mein Schicksal sein, da ich alle drei Eigenschaften vereinigte und überdies beargwöhnt wurde, als Späher ins Land gekommen zu sein! Man wird mir leicht glauben, daß ich in meiner Lage Alles zu fürchten datte. Um den Mauren keinen Vorwand zu Mißhandlungen ^u geben und mir vielleicht ihr Wohlwollen ^u eriverben, that ich Alles, was sie mir befahlen, und ertrug ihre Beleidigungen geduldig. Aber nie wnrde mir die Zeit länger. Von dem Angenblickc an, wo die Sonne sich erhob, bis zu dem, wo sie unter den Horizont sank, war ick gezwungen, mit ruhiger Miene die Beschünpfnngen der rohcsten Barbaren der Vrde zu ertragen. ') Zehntes Kapitel. Vorgänge wahrend der Gefangenschaft Mungo Park's !!! Bcnann. — Ei»'Besuch maurischer Frauen. - (5iu Begräbnis, und ciuc Hmch^it. — Mungo Park wild von dcr Braut auf eine eigenthümliche Art beschnitt. - Audcrc Vor^au^c. wclche den Charakter uud die Sitte» der Mauren ftlnldcru. So überaus trag die Mauren selbst sind, so streng halten sie Alle, welche von ihnen abhängen, znr Arbeit an. Mein Negerknabe Demba mußte im Walde für Ali's Pferde dürres Gras sammeln, und nachdem man lange nachgesonnen batte, welches Geschäft mir übertragen werden könne, fand man endlich eins — das Haarscheeren. Der König wollte mich in seiner Gegenwart die erste Probe meiner Gcschicklichkeit ablegen *) Iu einer Zeit, wo ma» die Nmlehr der Wissenschaft predigt und in dcr <5»ltur ciue Art vm> zweite», Sündenfall Ncht, ist es vielleicht »ickt nnnnk, daran zu erinnern, dasi dac> fromme uud vou keiner Äuf-liärcrci gequälte Mittelalter äl'ulic!'c nud ssblimmere Eccueu gesehen l,at. Man denke sich ciuen Juden, der vor vierhundert Jahren anö fernen Landen, schutzlos und als Späher verdächtig, während der österlichen Fastcu in ein cln'istlich-germauisches Reich gckommcu wäre. Wurde ein solcher Unglücklicher nicht uech ganz Anderes zu erdulden gchal't haben, alö Mnugo Park uuter den Uled Amer? 6' 84 NMeit All's. lw. Kap. lassen ,md ertbeilte mir den Befehl, dei» jungen Prinzen von Lndamar den Kopf zu scheeren. Ich setzte mich also aus den Tand, und der Knabe nahm mit einigem Widerstreben neben mir Platz. Man übergab mir ein Nasirmesser von drei Zoll Länge und ich mußte beginnen. War es nun Ungeschick, oder war es die Form des Nasirmessers, genug ich hatte kaum angefan» gen als ich dem Knaben leicht in den Kopf scknitt. Als der König sah. wie ick mich benahm, wurde er der Ansicht, daß sein Sohn nicht in den besten Handen sei. Ich mußte das Messer niederlegen n»d das Zelt verlassen. Mir war dieser Ausgang erfreulich, denn ich sagte mir, daß ich nieine Freiheit am ehesten erlangen werde, wenn ich mich als ganz un-branchbar stelle. Am 18. März führten vier Manren meinen Dolmetscher Johnson ins Lager, der in Dscharra verhaftet worden war, ehe er meine eigene Gefangennahme erfahren hatte. Auch die Kleider, die ich bei Daman Iumma zurückgelassen hatte, brachten die Mauren mit. Iohusou wurde in Ali's Zelt geführt nnd verhört. Man öffnete das Kleiderpacket und rief mich herbei, damit ich den Gebrauch der ciuzelnen Oegcnständc erkläre. Ich erfuhr uun zn meiner Freude, daß Johnson meine Papiere einer der Frauen Damans übergeben habe. Als ich die Neugier Ali's hinsichtlich meiner Kleider befriedigt hatte, wurde das Packet wieder geschlossen und in cinen großen ledernen Tack gesteckt, der in einer Ecke des Zeltes lag. Noch an demselben Abend schickte Ali drei seiner Leute und ließ mir sagen, in der Umgegend gebe es viele Diebe, und damit ich nicht bestohlcn werde, wolle er meine Sachen in sein Zelt schaffen lassen. So wurden denn meine Kleider, meine Instrumente und alle meine anderen Sachen fortgetragen, und ich behielt blos die Kleider, welche ich gerade trng. So nöthig die Hitze nnd der Staub den Wechsel der Wäsche machten, gab man mir doch kein anderes Hemd. Ali staunte nicht wenig, als er die Menge Gold und Bernstein, auf die er gerechnet hatte, unter meinen Sachen nicht fand. Um zu erfahren, ob ich nichts bei mir versteckt habe, schickte er mir am andern Morgen abermals ftinc drei Boten, welche mich mit ihrer gewohnte» Nohhcit durchsuchten und mir nicht nur mein Gold und meinen Bernstein, sondern auch mcine Uhr und meinen Tascheucompaß nahmen. Glücklicher- IN. ssap.1 Mun^o Park's Erflär»»^ deö Compaßes. 85 »veise hatte ick meinen zweiten Compaß in der Nacht vorher im Sande versckarrt, uud dieses Instruinent war außer den Klcidcr», >velche ich gerade trug, Alles, was Ali mir ließ. Das tt^'ld und der Vernstein befriedigte» die maurische Habsucht, und der Compaß wurde bald der Gegenstand einer abergläubischen Ncu-gier. Ali wollte wissen weshalb die Nadel, die er „das fleine Stück Eisen" nannte, stets nach der Seite der großen Wüste gerichtet sei. Ich war etwas verlegen, wie ick diese Frage beantworten solle. Hätte ich gesagt, ick wüßte es nickt, so würde Ali argwöhnisch geworden sein, daß ich ibm die Wahrbeit verhehle. So sagte ick ibm denn, meine Mutter wohne weit jenseit des Sandes der Sahara, und so lange sie lebe, werde das kleine Stück Visen stets nack jener Seite gerichtet sein und mir den Weg zu il,r zeigen; sterbe meine Mutter, so werde die Nadel sich nach ihrem Grabe bin wenden. Bei diesen Worten verdoppelte sich Ali's Erstaunen. Er betrachtete den Eompaß von neuem und drehte ihn zwanzig Mal nach allen Seiten herum. Da er sah, daß die Nichtuug der Nadel stets dieselbe bleibe, so gab er mi»den Kompaß mit vieler Vorsicht zurück, indem er sagte, es stecke ein Zauber darin, und er werde sich wohl hüten, ein so gefäbrlickes Instrument zu bcbaltcn. Am 20. März versammelten sick die vornebmstcn Manrcn in Ali's Zelt, nm über mein Schicksal zu berathen Das Ergebniß, das mir nicht günstig war, hörte ich aus verschiedene Weise berichten. Einige behaupteten, daß meine Hinrichtung bcscklosscn sei, nack Anderen sollte ich blos die reckte Hand verlieren. Am wahrscheinlichsten lautete, was Ali's Sohn mir erzählte. Dieser Kuabe, der ungefähr zehn Jahr alt war. kam Abends in meine Hütte und sagte mir mit vieler Theilnahme: „Mein Oheim hat meinem Vater gerathen. Dich zu blenden, weil Du Katzenaugen hast, und alle Vusckrins sind damit einverstanden gewesen. Mein Vater will aber das Urtheil nickt vollziehen lassen, bevor die Königin Fatime, die gegenwärtig im Norden ist, Dich gesehen hat." In meiner Ungeduld, mein Schicksal kennen zu lernen, begab ich mich am andern Tage frühmorgens in das Zelt des Königs. Ich fand dort bereits mehrere Bufchrins versammelt. Der Augenblick war vielleicht günstig, ihre Absichten zu erfahren, uud ich benahm mich dabei auf folgende Weise. Ick begann mit der Bitte, nach Dscharra zurückkehren zu 86 Quälereien wäbrend der (?ef.in^enscl,aft. >w. Kap. dürfen, worauf Ali mit Nein antwortete, denn seine Gemahlin habe mich noch nicht gesehen, nnd bis zur Rückkehr derselben müsse ich warten; später fönnc ich ungehindert gehen, nnd dann solle mir anch mein Pferd zurückgegeben werden. Wie unbefriedigend diese Antwort auch war, ich mußte mich doch mit il>r begnügen. In der gegenwärtigen Jahreszeit konnte ich an Flncht nicht deuten, da die übermäßige Hitze nnd der Mangel an Straßen in deu Wäldern mir mmbersteiglichc Hindernisse in den Weg gelegt haben würden. Ich mußte dalier anfdas siintreten der Regenzeit warten, wenn nickt inzwischen besonders günstige Umstände eintraten. In einer solchen Lage wird das Herz krank. Diese ewigen Verzögerungen, die sich jeden Tag erneuerten, und die Aussicht, die Nigcrländer während der Regenzeit bereisen zu müssen, machten mich gau; tiefsinnig. Ich verlebte eine sehr unruhige Nacht und wurde am nächsten Morgen von einem heftige» Fieber befallen. Ich hüllte mich in meinen Mantel, um in Schweiß zu kommen, uud schlief ein. Während ich in diesem Zustande war, trat« mehrere Manren in meine Hütte, rissen mir mit ihrer gewöhnlichen Rohhcit den Mantel ab und weckten mich. Ich gab ihnen durch Zeichen zu verstehen, daß ich krank sei und sehr des Schlafs bedürfe. Das war vergeblich. Sie spotteten meiner Leiden und suchten ssc auf jede erdenkliche Weise zu erhöhen. Diese ausgesuchte und Iiochmütluge Bosheit der ich mich beständig ausgesetzt sah, war die bitterste Hefe in dem Kelche meiner Gefangenschaft und machte mir das Leben fast zu einer unerträglichen Last. In diesen peinlichen Augenblicken beneidete ich die schwarzeil Selaven um ihre Lage, denn sie konnten in ihrem Unglück wenigstens ungestört ihren Gedanken nachhängen, uud dieser Trost war mir versagt. Die fortwährenden Beleidigungen der in meine Hütte gedrungenen Maureu erbitterten mich in meiner Fieberaufregung in dem Grade, daß ich fürchtete, mein Zorn werde die Grenzen der Klugheit überschreiten imd mich zu irgend einer Handlung der Rache hinreißen, welche mciucu Tod znr Folge haben müsse. Um mich dieser Gefahr zu entziehen, ging ich hinaus uud legte mich im Schatten einiger Bänme in geringer Entfernung vom Lager nieder. Aber die Verfolgung hörte nicht auf; Ruhe war ja für einen Christen ein zu süßer Genuß! Ein Sohn Ali's sprengte, 10. ,ssav.^ E<» Nm'dwind. 8^ von mehreren Reitern begleitet, an mich heran nnd befahl mir anzustehen nnd ihm !,u folgen. Ich bat ihn. mich an diesem Orte, wenn anch mir ssir einige Stunden, rnben zu lassen. Meine Vitten machten anfdcn Printen nnd sein Gefolge wenig Eindruck, nnd nach vielen Drohnngcn zog einer von ihnen ans einem ledernen Säckcheu, das am Sattclknovfe befestigt war, eine Pistole und zielte nach mir. Zweimal drückte er ab, nnd immer versagte die Waffe, Er sah dabei so gleichgültig aus, daß ich die Pistole für nicht geladen hielt, allein er spannte den Hahn zum dritten Male nnd schlug mit einem Stückchen Stahl gegen den Flintenstem. Nnn bat ich ihn, mich zn schonen, und folgte den Reitern ins Lager. Als wir in Ali's Zelt traten, schien der Fürst im höchsten Grade zornig zu sein. Kr ließ sich von dem Mauren, der nach mir gezielt hatte, dessen Pistole geben. Mehrmals öffnete nnd schloß er die Pfanne, um zu scheu, ob sie sich leicht bewege, schüttete dann frisches Pnlver ans und wendete sich mit einigen arabischen Worten, die ich nicht verstand, gegen mich. Da ich meinen Negerknaben Demba vor dem Zelte sitzen sah, so beauftragte ich ihn, den König zn fragen, womit ich ihn beleidigt habe. Ich erfuhr jetzt, da ich das Lager ohne Erlaubniß verlassen habe, so glanbe Ali, daß ich entfliehen wolle, nnd habe befohlen, mich sogleich niederzuschießen, wenn ich draußen gesebcn werde. Am Nachmittage wurde der Horizont im Osten dnnkcl und dnnstig, uud die Mauren kündigten einen Nordwind an. In der That trat derselbe am nächsten Morgen ein und wehte mit geringeil Untcrbrcchnngen yvei Tage lang. Eigentlich heftig war dieser Wind nicht, sondern nnr das, was die Seeleute eine steife Brise nennen. Die Masse Sand und Stanb, die er mit sich führte, verdunkelte den Himmel. Die verdickte Luft strömte wie cm ungeheurer Fluß von Osten nach Westen nnd war Mveileu in dem Grade mit Staub beladen, daß man die nächsten Zelte nicht zu unterscheiden vermochte. Da die Manren unter freiem Himmel 'U kochen pflegen, fo fiel in ihren Kouskons viel Stanb. Anch an die Haut, die in dieser Jahreszeit immer feucht ist, hing sich viel Sand. und Jedermann wurde anf die wohlfeilste Art gepudert. Wenn dieser Nordwind weht, breiten die Manrcn ein leinenes Tuch über ihr Gesicht, um nicht Sand einzuathmen, und wenden sich immer so, daß ihre Augen verschont bleiben. 88 10. Kap. In dieser Zeit färbten allc Frauen des Lagers ihre Füße und ihre Fingerspitzen safrangelb. Ob dies aus religiösen Beweggründen geschah, oder ob die Frauen sicb blos schmücken wollten, vermochte ich nicht ;u erfahren. Die Zudringlichkeit dieser malirischen Dainen hatte mich seit meiner Ankunft in Benaun stark geplagt. Am Abend des 25. März trat eine ganze (Gesellschaft in meiuc Hütte. Mochten sie nun pon Jemand dazu veranlaßt worden sein, mochten sie von ihrer unbezähmbaren Neugier getrieben werden, oder wollten sie sich vielleicht nur belustigen, genug, sie gaben mir ;u verstehen, ibr Besuch babe den Zweck, sich zu überzeugen, ob das Gesetz, welches die Beschneidung vorschreibt, bei den Na^arencm eben so wie bei den Moliameoanern gelte. Man wird leicht begreifen, wie überrascht ich war, als ich merkte, was sie wollten. Uni mich der Untersuchung zu entziehen, mit der man mich bedrohte, stellte ich mich, als halte ich die Sache für einen Spaß. Ich antwortete den Damen, in Fällen dieser Art gelte in meinem Vatcrlande der Gebrauch, sich nick't vor einer solchen Menge hübscher Frauen ;u entblößen - wollten sie sich aber bis anfeine entfernen, so würde ich die Neugier dieser Schonen befriedigen. Zu gleicher Zeit zeigte ich auf die jüngste und schönste Frau der ganzen Gruppe. Die Damen verstanden den Scherz. Sie entfernten sich mit lautem Gelächter, und obgleich die junge Frau, der ich den Vorzug gegeben hatte, sich nicht darum zu bekümmern schien, war sie doch gegen meine Huldigung nicht unempfindlich und schickte mir Mehl und Milch. Nm 28. März trieb man eine zal'lreichc Vichhcerde ins Lager, die man im Osten aufgesucht hatte. (Nner der Treiber, dem Ali mein Vferd geliehen battc, kam in meine Hütte, um mir die Keule einer Antilope 'n schenken nnd mir zu sagen, daß mein Pferd vor dem Zclte des Königs stehe. Bald darauf schickte der letztere mir einen Selaven, um mich ;n benachrichtigen, daß er nach dem ssssen mit mir ausreiten werde, da einige seiner Frauen in ich zu sehen wünschten. Gegen vier Uhr Nachmittags erschien Ali mit sechs Begleitern vor meiner Hütte nnd gebot mir, ibm zu folgen. Ich gehorchte augenblicklich, aber nun entstand ein Bedenken. Die Mauren, welche an weite und bequeme Kleider gewöhnt sind, nahmen an meinen Nankingbcinklcidern Anstoß, von denen sie sagten, daß sie nicht nur geschmacklos, sondern auch W. kap.1 Reitlünstc dev Maxvcu. gg zu eug seien und dm Anstand verletzten. Da wir einen Besuch bei Damen machen sollten, so mnßte ich mich in den Mantel lMen, den ich seit mei» ner Ankunft in Beuauu stets getragen batte. Wir betraten die Zelte von vier verschiedenen Damen, und in jedem wurde mir eine Schale mit Milch und Wasser vorgesetzt. Alle diese Frauen waren übermäßig dick und also nach der in diesen Ländern herr< schendeu Ansicht außerordentlich schön. Sie stellten zahllose Fragen an mich und untersuchten mein Haar und meine Haut mit der größten Auf-merksamkeit. Dennoch gaben sie sich den Anschein. als sähen sie iu mir ein Wesen untergeordneter Art. und runzelten die Augeubraueu oder zuckten mit den Achseln, als sie sahen, wie weiß meiue Haut sei. An diesem Nachmittage belustigten meine Kleider und mein Bench» men Ali uud dessen Begleiter sehr. Sie jagten um mich her, wie un, ein wildes Thier, das man reiben will. Sie schwangen ihre Flinten um deu Kopf und cntwickcltcu die gauze Geschicklichkeit. welche den Mauren beim Leukcu ibrcr Pferde eigen ist, lim mir zu zeigen, wie sehr sie ihrem elenden Gefangenen überlegen seien. In der That sind die Mauren vortreffliche Reiter und besteigen furchtlos jedes Pferd. Ihre Sättel sind vorn und hinten so hoch. daß der Reiter ganz sicher sitzt, uud fallen sie ja einmal vom Pferde, fo tlnin sie sich selten Schaden, da ibr Land so sandig ist. Eine ihrer Hauptlxlustiguugen, bei der il'r Stolz so recht hervortritt, besteht darin, iu vollem Rennen dahin zu jagen nnd dann den Zügel so stark und plötzlich auzuzicbeu. daß das Pferd gau; auf die Hinterfüße -urücksiukt und vou der gewaltigen Erschütterung zuweilen büstlahm wird. Ali ritt gewöhnlich ein weißes Pferd, dessen Schweif rotl, gefärbt worden war. Er ging nur dann zu Fuß. weun er sich an den Ort be« qcben wollte, wo er sein Kebet verrichtete. In jeder Nacht standen in der Nähe semes Zeltes drei bis vier gesattelte Pferde bereit. Die Maureu legeu auf diese Thiere emeu sebr großen Werth. denn die Schnelligkeit derselbe» macht es ihnen leicht, verwüstende ssiufälle in die Länder der Schwarzen zu unternehmen. Sie füttern sie jeden Tag drei oder viermal und geben ihnen Abends gewöhnlich eine bedeutende Menge süßer Milch, welche diese Thiere sehr zu lieben scheinen. Am 3. April starb im nächsten Zelte ein Kind, und die Mutter und die anderen Verwaudtcu stimmten sogleich die Todtcnllagc an. Auf 90 Ein BcM'iusi. — Wirbelwinde. — Oine Hochzeit, sw. Kap. diese Töne eilten noch mehrere Weiber herbei, und das klägliche ssoueert wurde nun abscheulich. Das Begräbniß erfolgte in der Abenddämmening, und z,var wurde das Kiud. wie es stets geschieht, uur Wenige Schritte vom Zelte entfernt der ssrde übergeben. Auf das Grab pflanzt man ciueu gewissen Strauch, den Niemand eines Blattes berauben oder auch nur berühren darf. Die brennenden Sonnenstrahlen machten die Luft in diesem trocknen und sandigen Lande unerträglich beiß. Da Ali ineiu Thermometer geraubt battc, so kau» ich die Wärmegrade nicht genan angeben, aber sie müssen bedeutend gewesen sei», denn wenn i» der Mittagszeit die Wirkung der Sonnenstrahlen durch den glühenden Wind, der aus der Wüste wehte, noch verstärkt wurde, dann wurde der Boden oft so beisi, daß man ihn mit nacktem Fuße nicht betreten konnte. Selbst die Negcrftlaven wagten nicht, ohne Sandalen von einem Zelte zum andern zu laufen. In dieser Tageszeit legen sich die Mauren in ibrcu Zelten flach ans den Boden nieder, nnd schlafen entweder, oder vermeiden wenigstens jede Ve-wegung. Der Wind war oft so heiß, daß ich einen wirklichen Schmerz empfand, wenn ich meine Hand der Luft aussetzte, die durch die Spalten meiner Hütte eindrang. Am 7. April in der vierten Nacbmittagsstnnde erhob sich ein so heftiger Wirbelwind, daß die eine Seite meiner Hntte zerstört und drei Zelte umgeworfen wurden, Diese Wirbelwinde gehen von der Sahara ans und müssen in dieser Jahreszeit häufig sein, denn ich babc mehrere erlebt, und zuweilen fünf oder seebs zu gleicher Zeit. Sie heben den Sand bis zu eiuer bedeutenden Hohe empor, und cutstehcu mehrere Wirbel, so bieten sie den Anblick wandelnder Rauchsäulen dar. Am nächsten Tage ging der Wind nach Südwcsten berum, und in der Nacht fiel ein starker, von Donner nnd Blitz begleiteter Regen, Am 10. April kündigte die Tabala oder große Trommel, die sich in eiuem naben Zelte hören ließ, eine Hochzeit an. Viele Personen bei, derlei Geschlechts vereinigten sich, allein die heitere Freude, die bei einer Negerlwchzeit uie fehlt, herrschte nicht. Weder von Tanz noch von eigentlichem Oesang war die Rede, uud auch andere Belustigungen bemerkte ich nicht, als daß ein Weib die Panke schlng und die anderen Weiber eine Art Chor bildeten, indem sie von Zeit zu Zeit laut aufkreischten, wobei u. Kap.) Ein Vrautgcsche»f. 91 sic ihre Zungen mit wunderbarer Schnelligkeit von der einen Seite des Mnndes nach der andern warfen, Die Sache wurde mir bald langweilig, und ich Fing in meine Hütte zurück, wo ich fast eingeschlafen war, als eine alte Frau mit einer Schale eintrat nnd mir zu verstehen gab, daß sie ein Geschenk der Braut überbringe. Kanm hatte sie das gesagt, so goß sie mir den Inhalt der Schale ins Gesicht. Da es dieselbe Art von Weihwasser war, mit der die Priester der Hottentotten das Brautpaar besprengen sollen, so kam mir der Argwohn, daß die Alte mich beschimpfen wolle. Sie betheuerte jedoch, die Gabe komme von der Braut persönlich, und die jungen unverhcirathctcu Männer sä>)en in Dem, was mir eben widerfahren wäre, eine ausgezeichnete Gunst. Da die Sache so stand, trocknete ich mein Gesicht und ließ der Nenvermählten meinen besten Dank sagen. Die ganze Nacht lärmte die Hochzcitspaukc, sangen oder kreischten vielmehr die Weiber. Um Neun Uhr Morgens verließ die junge Frau das Zelt ihrer Mutter. Voran gingen ihre Freundinnen, welche das Zelt der Dame, ein Geschenk des Mannes, vollständig aufgeschlagen trugen, indem Einige die Zeltstangen in die Höhe hielten, Andere die Zettlet nen anspannten. Auf diese Art zogen sie uuter fortwährendem Geschrei bis an den Ort, der für das Zelt bestimmt war. Den jungen Ehemann, mit dem der Zug schloß, begleiteten mehrere Männer, welche vier Ochsen führten und an den Zcltpflöckcn festbanden. Als eines dieser Thiere geschlachtet nnd das Fletsch unter das Volk vertheilt worden war, hatten die Festlichkeiten ihr Ende erreicht. Giftes Kapitel. Weitere Vorfälle im Lager. — Einige Nachncktcn über Hausia und TimbüMi. - Bcschvcil'iiiia deö Wcgco vo» Maiotku u.ich Bcnaun, — Ali flicht nach dem Nmden — Das ncuc Vc^cr. - Vmstellnug bci dcr Königin Fatime. — Gn'ßcr Wassermangel. Ich war mm seit einem gan>en Monat Gefangener, und jeder Tag brachte mir neue Leiden. Ungeduldig beobachtete ich den langsamen Gang des Gestirns des Tages und segnete den Augenblick, wo seine Strahlen, im Begriff zu verschwinden, auf den sandigen Boden vor meiner Hütte 92 Weitere Vorfälle im Lagcr. III. Kap. blos iwch einen gelblichen Tckiinmcr warfen, denn herrschte Nachts anch ci»c erstickende Schwüle, so wurde ick, doch nicht belästigt nnd konnte ungestört nachdenken. (hegen Mitternacht pflegte man eine Schüssel mit Kouskous, Salz nnd Wasser in meine Hütte zn bringen. Johnson, Demba nnd ich asien znsammen, und die Schüssel war Alles, was man uns für den nächsten Tag gewährte. Es war Nhamadan, nnd die Manrcn, welche mit großer Strenge fasteten, hielten für angemessen, daß ich als sshrist ihr Gesetz ebenfalls beobachte. Ich gewöhnte mich übrigens mit der Zeit an diese Entbehrungen. Ich sah, daß ich Hunger lind Durst weit besser ertragen könne, als ich erwartet hatte. Nur die Zeit wurde mir eben so lang wie früher, und so suchte ich die trägen Stunden dadurch 511 verkürze», daß ich das Arabische lernte. Bald hatte ich von den Leuten, welche mich besuchten, die Buchstaben kennen gelernt nnd bemerkte zugleich, daß sie mir weniger lästig wurden, wenu ich auf diese Art ihre Aufmerksamkeit fesselte. So oft kl' also in de» Augen eines Mauren las, daß er eine Bosheit gegen mich ausüben wollte, beeilte ich mich. ihn zn bitten, daß er mir etwas in den Tand schreibe oder die Zeilen, an denen ich mich selbst versucht hatte, entziffere. Fast Jeder erfüllte meinen Wunsch, weil er stolz war, mir seine höhere Oeschicklichkcit zeigen zn können. Da die Königin Fatime am 14. April noch nicht angekommen war, so beschloß Ali, sie selbst aus dem Norden abzuholen. Man batte bis zn dem Orte, wo die Königin sich befand, zwei Tagereisen zn machen, nnd es mußten daher Lcbensmittel mitgenommen iverden. Der argwöhnische Ali fürchtete aber eine Vergiftung und aß nie eine Speise, die nicht vor seme» Angcn zubereitet war. Er ließ einen jungen Ochsen schlachten , dessen Fleisch in Streifen geschnitten nnd an der Sonne getrocknet wurde. Dieses Fleisch und zwei Säcke getrockneten Kouskons bildeten seinen gangen Neisevorrath. Vor seinem Aufbrnch erschienen, wie alljährlich um diese Zeit, die schwarte» Einwohner von Benaun, um ihren Tribut in .Nor» nnd Zcn' gen darzubringen und ihre Waffen mnstern zu lassen. Alle waren schlecht bewaffnet, Zweiundzwanzig mit Flinten, Vierzig bis Fünfzig mit Bogen nnd Pfeilen nnd etwa ebenso viele mit Specren. Sie stellten sich vor Ali's 11. Kap.) Nachrichten über Hausia und Timbuktu. 93 Zelte cms und lösten ihre Reihen nicht eher, als bis ihre Waffe« geprüft und einige kleine Streithändcl geschlichtet werden waren. Am !6. April um Mitternacht verließ Ali mit wenigen Begleitern in aller Stille Benaun. In neun oder zehn Tagen wollte er zurückkehren. Zwei Tage später kam ein Schcrif, der Salz und andere Waaren brachte, aus Walct. der Hauptstadt des Königreichs Birn, im Lager an. Da man ihm kein Zelt eingerichtet hatte, so wohnte er bei mir in meiner Hütte. Er Men sehr unterrichtet zu sein und konnte, da er sowohl das Arabische als die Sprache von Bambarra verstand, mit Lcicktigkcit und Sicherheit die verschiedenen Königreiche bereisen. Obgleich er gewöhnlich in Walct lebte, hatte er doch Hmißa besucht und in Timl'uttu mehrere Jahre gewohnt. Da er sah, daß ich nach der Entfernung Walets von Timbuktu sorgfältig forschte, so fragte er mich, ob ich icne l^ebiete bereisen wolle. Ich antwortete mit Ja. Er schüttelte nuu mit dem Kopfe und sagte, das sei nickt möglich, denn mail betrachte dort die Christen als Feinde des Propheten und als Kinder des Teufels. Später äußerte er gegen mich Folgendes: „Hanßa ist die größte Stadt, welche ich je gesehen habe. Walct ist größer als Timbuktu, wird aber viel weniger von Fremden besucht, weil es vom Niger entfernt liegt und in der Hauptsache blos mit Salz handelt. Von Benauu bis Walct hat man zcl'N Tagereisen. Unterwegs sieht man keinen bedeutenden Ort und muß sich von Milcl, nähre», die man von den Arabern kauft, deren Vieh an Orte» weidet, wo Brunnen oder Lachen in der Nähe sind. Zwei Tage lang reist man in einem sandigen Lande, wo es gar kein Wasser gicbt llm von Walet nach Timbuktu zu gelangen. brauckt man noch elf Tage. Auf diesem Wege, den man gewöhnlich auf Ochse» unncklegt, findet man weit mehr Wasser. I" Timbuktu steht man eine große Au. zahl Juden, welche sänimtliäi arabisch spreche» nud ibrc Webetc ganz so wie die Mauren halten." llm die Richtung anzudeuten, in der ich Timbuktu zu suchen habe, geigte der Scherif gegen «üdosten , oder richtiger „ach Osten mit einem Viertelstrich Süd. Ich ließ ihn diese Bezeichnung oft wiederholen, und er wiä, nie mehr als einen l'alben Windstrich ab, indem er in diesem Falle mehr nach Süden zeigte. Der Echcrif hatte früher einige Monate in Gibraltar verlebt und 94 Beschreibung des Weges von Maroklv nach Vena,,». sli. Kap. dort so viel englisch gelernt, daß wir uns nothdürstig verständlich machen Zimten. Seine Reise voil Santa (5ruz ilacb Bexann hatte füns Monate in Anspruch genommen, aber ein großer Theil dieser Zeit war nüt Handelsgeschäften vergangen. Die Länge des Wegs von Marokko bis Benann gab er nur ans fünfzig Tagereisen an. Die Reisenden verweilen gewöhnlich lange in Tischit, wo das Steinsalz gegraben wird, welches bei den Negern ein wichtiger Handelsartikel ist.") Meine Unterredungen mit dein Scherif nnd mit verscbiedencn Fremden , welche das Lager besnchten, ließen mir die Zeit schneller als früher vergehen. Auf der andern Seite darbte ich mehr denn je, da die Sclaven Ali's, über die ich keine Gewalt hatte, mich ganz nach Willkür mit Lebensmitteln verseben konnten. Zwei Abende hintereinander erhielt ich gar kein Essen zugeschickt nnd war auf Erdnüsse angewiesen, welche mein Negerknabe in einem kleinen Negcrdorfe unfern des Lagers erbettelt hatte und willig mit mir theilte. Im Ansang erregt der Hunger schmerzliche Empfindungen, an deren Stelle jedoch nach einiger Zeit eine große Schwäclie tritt. Trinkt man viel Wasser, so hören die unangenehmen Empfindungen einige Zeit anf, und man fühlt sich gestärkt. Johnson und Demba waren hinfälliger als ich. Sie streckten sich auf den Sand hin und lagen in einer Art von Betäubung, aus der icb sie, weun der Kons-kons gebracht wurde, mir mit Mühe erwecken tonnte. Diese Schlafsucht befiel mich nie, dagegen atlimete icb tief und krampfhaft, vor nieinen Augen wurde es dunkel, nnd wenn ich mich aufrichten wollte, kam eine Anwandlung von Ohnmacht. Diese Sumptomc dauerten, wenn ich gegesseil hatte, noch eine Zeitlang fort. Wir erwarteten täglich, daß Ali mit seiner l^emahlin Fatime ans dem Sahcl oder dem nördlichen Kebiete zurückkehren wcrde. Inzwiscben hatte Mansong, König von Vambarra, an die Uled Amer die, schon erwähnte ') Santa Cruz ist Agadcr, dessen voriicfflickcr HasV» dnrck das Aufblühen dm, Ml'gador sel?r gcütlcn liat. Hinsi.l'tlicl' der Straße scheint zwischen Mn».^' Park n»d dcm Schi'nf cin Aiiöol'rstiindniß ob-gcwaltct zn haben. Die fi'iüszni, Tagcrciscn stimmen gcmi» ;u der west-lichcren Karawaneustraßc, di>! i» M,ilam lim l'bcr» 2e»e^al inüüdct, die fiinf Monate aber cl'cn s» genau z,i dcv Zcit. wclcbe die Karawanen auf der östlicheren über Tischit führenden, viel weiteren Straße brauchen. Wahrscbciülich hat M»»g» Park anf eine Straße bezogen, was der Scherif v»n zweien sagte. Walet ist die Oase Ualaia. 11. Kap.) Ali flicht nach dem Norden. 95 Aufforderung erlassen, ihn bei seinem Angriff auf Gedinguma mit einer Neiterschaar zu unterstützen. Ali hatte das Gesuch nicht blos abgewiesen, sondern den Boten auch mit hochmüthiger Verachtung behandelt. Mansong gab nun die Velagenmg auf, um sich an Ali zu rächen. So standen die Dinge, als am 29. April ein Reiter im Lager meldete, daß das Heer von Bambarra gegen die Grenzen von Ludamar heranziehe. Alles gerieth in Ausregung, uameutlich als Ali's Sohn am Nachmittage mit zwanzig Reitern erschien und den Befehl gab, das Vieh wegzutreiben, die Zelte abzubrechen und Alles in Bereitschaft zu setze», damit man folgenden Tags nach Norden ziehen könne. Am 30. April war das ganze Lager mit Tagesanbruch in Bewegung. Das ganze Gepäck wurde auf Ochsen gelegt, und zwar so, daß man die Stangen und sonstigen Hölzer, die zu einem Zelt gehören, auf beiden Seiteil des Thieres vertheilte und das Zelt selbst als Decke darüber breitete. Oben auf nahmen zwei oder drei Frauen Platz, denn das weibliche Geschlecht ist bei den Maureu weuig au Beweguug gewöhnt. Ali's Frauen bestiegen Kamcelc, deren Sättel auf eine eigenthümliche Art eingerichtet waren, und schützten sich mit Schirmen gegen die Sonne, Wir bewegten uns genau gegcu Nordeil, llm Mittag schickte Ali's Sohn die ganze Karawane in ein lichtes und niedriges Gehölz rechts vom Wege. Blos zwei Zelte, bei dencu ich mich befand, wurden ausgenommen und mußten nach der Ncgerstadt Faraui vorausgehe». Als wir dort angelangt waren, errichteten wir unsere Zelte alls einem ganz offeilen Platze iu der Nähe des Ortes. Der Aufbruch aus dem Lager war so schnell und mit solcher Unordnung erfolgt, daß die Sclaven das Kochen vergesseil hatten. Um die trockenen - Lebcusmittcl zu schonen, die für den Marsch, dessen Dalier Niemand kannte, vielleicht nicht ausreichten, ließen sie mich fasten. Auch am nächsten Morgen gab man mir nichts, und es blieb mir nun uichts übrig, als in Faraui zu betteln. Der freundliche Vorsteher bescheuktc mich freigebig und sagte zugleich, daß ich an jedem Tage. so lauge wir an diesem Orte verweilten, in sein Haus kommen tonne. Wie grausam diese smmdlicheu Leute von den Maureu behandelt werden, sah ich an diesem Morgeu. Zwei von Ali's Haussclaveu, eiu Manu u»d eiue Frau. welche die Zelte begleitet hatten, führten die Last- 96 Die Königin Fatime. sii. Kap. thicrc nach deui Dorsbrnnilen, in dem das Wasser bereits sehr zli mangeln anfing. Als die Negerinnen das Vieh herankommen sahen, flohen sie eilig mit ihren Eimern nach dem Dorfe. Aber die beiden Sclaven holten sie ein, führten sie nach dem Bruunen znrück und zwange» sie, für ihre Ochsen Wasser zn schöpfen. Die Negerinnen mußten damit so lange fortfabren, bis alles Vieh getränkt worden war, nnd dabei wurden ciner von ihnen, weil sie nicht schnell genug schöpfte, von der Sclavin zwei Eimer auf dem Kopfe zerschlagen. Am 3. Mai verließen wir Farani, folgten einmi gewundenen Wege durch einen Wald nnd erreichten am Nachmittage Ali's Lager. Dieses war größer als das von Bcnaun, lag mitten in einem großen Gehölz nnd war von einer Negerstadt Namens Bnbakcr etwa eine Ttnnde weit entfernt. So wie ich im Lager ankam, begab ich mich in Ali's Zelt, nm der Königin Fatime, welche mit ihm aus dem Säbel gekommen war, meine Ehrfurcht zu bezeigen. Ali schien sehr erfreut, mich zu sehen, reichte mir die Hand nnd sagte der Königin, ich sei der Christ, von dem er gesprochen habe. Fatimc war von arabischem Stamm und zeichnete sich dnrch lange schwarze Haare und einen außerordentlichen Umfang aus. Im Anfange schien sie sich in der Nahe eines Christen nicht wohl zn fühlen. Dennoch unterhielt sie sich mit mir mittelst eines jungen Negers, der sowohl die arabische als die Mandingo Sprache verstand, und als ich alle ihre Fragen über die Lander der Christen beantwortet hatte, wnrde sie freundlicher nnd reichte mir eine Schale Milch, worin ich ein günstiges Vorzeichen sah. Die Hitze hatte jetzt einen fast unerträglichen Grad erreicht, und die ganze Natur schien ihr zu erliegen. Das Land weit und breit bot dem Auge eine ungehellrc Sandflächc dar, in der hie und da einige verkrüppelte Baume lind einige Dorngrsträuche wuchsen. Die Kameele und Ziegen weideten die wenigen Blätter dieser Bäume nnd Sträucher ab, während die Ochsen ihren Hunger an dem verdorrten Grase zn stillen suchten. Der Wassermangel war entsetzlich. Tag und Nacht drängten sich die Thiere nm die Brunnen nnd suchtensich brüllend und mit einander kämpfcnd zu dem Wasser Bahn zn brechen. Viele dieser Thiere wnrden vor Qnal wüthend, andere schlangen den ganzen Koth hinab, den das alls den Trögen verschüttete Wasser erzeugte, und thaten sich dadnrch häufig Schaden. 11. Kap.1 Der Wassermangel erreicht den höchsten Grad. 97 Jedermann litt durch dicscn Wassermaugel, und ich am meisten. Obgleich Fatime mir zuweilen etwas Wasser schickte und Ali mir einen Schlauch geben ließ. damit ich mir Wasser schöpfen lassen könne, Me mich der Fanatismus der Mauren den härtesten Entbehrungen aus. Erschien mein Ncgerknabe an dein Brunnen, um den Schlauch zu füllen, so wurde er gewöhnlich fortgeprügelt, denn es galt sür eine Vermcssen-heit, daß der Sclave eines Christen mit wahre» Gläubigen aus einer Quelle schöpfen wolle. Demba wurde dadurch so eingeschüchtert, daß er lieber verschmachtet wäre, ehe er au dem Brunnen eineu neuen Versuch gemacht hatte. Er bettelte von nun au bei den anderen Negcrknaben Wasser und ich folgte seinem Beispiel, jedoch mit wenig Glück: deuu obgleich ich keiue Gelegenheit versäumte und an Mauren und Neger die dringendsteil Bitten stellte, erhielt ich doch so wenig Wasser, daß ich in mancher Nacht Tantalusqualen litt. Schlief ich ein, so führte mich ein Traum zu den Bächen und Flüssen meines Vaterlandes, von deren grünen Ufern ich mit Entzücken auf den blinkenden Wasserspiegel schaute. Wie froh beugte ich mich nieder, um mich zu erquicken, und wie traurig wurde ich dann, wenn ich erwachte und meiner Lage als einsamer in den Wüsten Afrita's vor Durst verschmachtender Gefangener mir bewußt wurde! In einer Nacht hatte ich im ganzen Lager vergebens um Wasser gebettelt u»d fühlte ein solches Fieber in mir glühen, daß ich mein Glück bei den Brunnen, die nicht viel über fünf Minuten entfernt warm, zu versuchen beschloß. Das Brüllen des Viehs zeigte mir den Weg nach dem Orte, wo ich die Mauren eifrig mit dem Aufziehen vou Wasser beschäftigt sah. Ich bat um einen Trunk, wurde aber mit argen Schimps-worten abgewiesen. Indem ich von ciuem Brunnen zum andern ging, kam ich zuletzt au einen, wo eiu alter Mann und zwei Knaben schöpften. Auch hier bat ich und der Mann zog sogleich einen Eimer Wasser herauf; als er sieh erinnerte, daß ich ein Christ sei, goß er das Wasser in den Trog und hieß mich trinken, denn meiue Lippen würden den Eimer unrein gemacht habcu. Schon drei Kühe standen an dem kleinen Wasserbehälter, aber ich zwängte meinen Kopf zwischen ihnen hindurch uud schlürfte unt Gier, bis die Thiere um die letzte Neige zu kämpfen ansingen. Auf diese Weise verging der Monat Mai, der in diesem Theile von 98 Aussichten >inf eine günstigere Lage. sil. Kav. Afrika so erstickend heiß ist, ohne daß in meiner Lage eine Veränderung vorging. Ali sah in mir noch immer seinen rechtmäßigen Gefangenen und Fatime schickte mir wohl mehr Lcbensmittcl, als ich in Bcnann erhalten hatte, sagte aber von meiner Freilassnng kein Wort, Inzwischen kamen in dem häufigen Umsetzen des Windes, in den Wolken, die sich am Himmel sammelten, in den Blitzen, die am Horizont züngelten, Allzeichen, daß die Regenzeit herannahe. In dieser Periode pflegen die Mauren sich von den Ländern der Neger zurückzuziehen und ihre Zelte an der Kreuze der großen Wüste ausznschlageu. Da ich wnßte, daß mein Schicksal sich nun bald entscheiden muffe, so beschloß ich den Aufbrnch nach Norden zu erwarten, ohne die geringste Ungeduld zu verrathe«. Es traten jedoch Ereignisse ein, welche mein Schicksal schneller als kl» erwarten konnte, günstig gestalteten. Als die in Ludamar verweilenden MMingc aus Kaarta, von denen ich bereits gesprochen habe, sahen, daß die Mauren sie im Stich lassen wollten, begannen sie den Zorn des Königs Daisi zu fürchten, den sie aus so schmachvolle Weise verrathen batteu, und baten Ali um zweihundert Reiter, mit deren Hilfe sie Gedingnma erobern wollten. Sie sagten sich nämlich, daß sie weder in ihr Vaterland zurückkehren, noch in den benachbarten Reichen in Sicherheit leben könnten, wenn sie diesen Fürsten nicht vollständig besiegten. Ali wies den Antrag nicht von der Hand. weil er von den Flüchtlingen Geld erpressen wollte. Er ließ einen seiner Sohne nach Dscharra abgehen und versprach binnen wenigen Tagen nach>nsolgen. Diese Gelegenheit war zu güustig, als das ich nicht hätte einen Vcrsuck machen sollen, sie zu benutze». Da ich erkannt hatte, daß Fatimc die Hanptleiterin aller Angelegenheiten sei, so bat ich sie, daß sie mir von Ali die Erlaubniß verschaffen möge. ihn nach Dscharra begleiten zu dürsen. Sie nahm mein Gesuch nach einigen Schwankungen günstig auf. Ihre Blicke wnrden mild, und sie schien Mitleid für mich zu empfinden. Meine Sachen wnrden aus dem großen ledernen Sacke, in den man sie gesteckt hatte, hervorgeholt, lind ich mußte ihr den Gebrauch der verschiedenen Artikel erklären, dann aber auch zeigen, wie mau Strümpfe, Schuhe und Anderes mehr anziehe. Ich erfüllte ihre Wüusche mit der größten Bereitwilligkeit, und sie sagte mir darauf, daß ich in wenigen Tagen die Erlaubniß zur Abreise erhalten werde. 12. Kap.) Sitten und Ebarakter der Mauren. 99 Zwölftes Kapitel. Sitten und^Nharakter der Maureu. - Ihre Sclmlen. — Eii, ^c>e!>rtcr Priester. — Das weibliche (Geschlecht. — Beschäftigung der Fraue,,. — Krankl^iteu. — Nechtspflege und Verf»iss»uq. — Die'Krieger. — Die Sahara und ihr Tlncrlebcn. — Wauderuugeu der Maure,!, Die Mauren dieses Theils von Afrika theilen sick in mehrere unabhängige Stämme. Dem »ach, was ich an Ort und Stelle crfabrcn habe, sind die furchtbarsten die Trasart und II-Braken, welche das Nordufer des Senegals bewohnen. Die Stämme von Gidnma, Iafnn n»d Lnda-mar sind, wenn auch nicht so zahlreich wie die ebcngenannten, doch mächtig nnd kriegerisch. Jeder Stamm hat einen Häuptling oder König, der mit unumschränkter Gewalt regiert. Die Mauren sind Hirten und beschäftigen sich in Friedenszeiten hauptsächlich mit der Pflege ihrer Heerden. Sie nähren sich von dem Fleisch derselben und gehen abwechselnd von Gefräßigkeit zu Enthaltsam-feit über. Durch die häufigen und strengen Fasten, welche ihr Glaube ihnen vorschreibt, und durch die anstrengenden Reisen, die sie mitten durch die Wüste machen, erlangen sie die Fähigkeit, Hunger und Durst mit bewunderungswürdigem Muth zn ertragen. Zeigt sich aber eine Gelegenheit, den Hnnger zu stillen, so dürste es unter ihnen kanm Einen geben, der nicht in einer einzigen Mahlzeit mehr als drei Europäer zu sich nehmen könnte. Mit dem Ackerbau beschäftigen sie sich wenig. Sie graben in der Wüste Steinsalz und tauschen dafür von den Negern Korn, baumwollene Zeuge und andere nothwendige Gegenstände ein. Das Land der Mauren ist so unfruchtbar, daß es weuige Erzeugnisse liefert welche einer weitem Bearbeitung fähig wären. Indessen verstehen die Mauren aus Ziegenhaaren, welche von ihren Frauen gesponneil werden, einen sehr starken Stoff zu weben, mit dem sie ihre Zelte bedecken. Die Franen bereiten auch das Leder, aus dem nian Sättel, Zäume, Taschen und verschiedene andere Gegenstände fertigt. So viel Geschick besitzen die Manren, um das inländische Eisen, das ihnen von den Negern geliefert wird, zu Speeren, Messern nnd sogar zu Kochtöpfen zn verarbeiten, aber ihre Säbel, ihre Flinten und ihren Schicßbcdarf kaufen sie von den Europäern und bezahlen mit Negersclaven, welche sie aus den bmach- 7" 100 Ihre Schule». — Ei» gelchi'ttr Pvicstcr. l!'-'- Kav. barten Königreichen rallbcn. I" dieser Beziehung verkehren sie besonders mit den Franzosen, welche die Ufer des Senegals besuchen. Die Mauren sind strenge Modamedaner und besitzen nicht blos die Frömmelei und den Aberglauben, sondern anch die ganze Unduldsamkeit ihrer Sccte. Eine Moschee giebt es in Benaun nickt, und man verrichtet die ttA'ete in einem oben offenen, mit Matten eingehegten Nauin. Der Priester, welcher diescAndachtM'ungen leitet, ist zugleich Scbullehrer. Die Schüler versammeln sich jeden Abend vor seinem Zelte, nm sich bei dem Scheine eines großen Feuers, das mit Strauchwerk nud Kubmist unterhalten wird, in Koran sprnchen nnd den Vorschriften des Glaubens unterrichten zu lassen. Das maurische Alphabet weicht von dem in Nichardsons Sprachlehre wenig ab, nnd die Vocal^eichen werden beim Schreiben stets beigesetzt. Die maurischen Priester geben sich das Anseben, als t'ennten sie die fremde Literatur. Der von Benann versicherte mich, daß er die Schriften der Elmsten lesent'önne. Erzeigte mir verschiedene barbarische Schristzeieben, welche das römische Abc sein sollten, Ändere nichtweniger unverständliche gab er fürKalam il indi d. h. für Persisch, aus. Seine Bücher bestanden in nenn Quartbänden, die ich für Neligionsbücher hielt, da der Name Mohameds, mit rothen Buchstaben geschrieben, fast auf jeder Seite zu lesen war. Seine Schüler schrieben ihre Aufgabe» auf dünne Bretter, denn das Papier ist in Benann viel zu thener, als daß mau es nicht zu schonen sneben sollte. Es schien diesen Knaben weder au Thätigkeit noch an Elngciz zu fehlen. Selbst wenn sie ihre täglichen Beschäftigungen erledigten, trngen sie ihr Brettchen stets an einer Schnur auf dem Rücken. Wenn ein junger Mensch einige Gebete auswendig gelernt hat nud gewisse Koranstellcn zn lesen nnd zu schreiben versteht, gilt er schon für hinlänglich unterrichtet und zählt mit diesem dürftigen Wissensschatz nicht mehr zu den Kindern. Auf seine Kenntnisse stolz, blickt er auf die ungebildeten Neger mit Verachtung herab nnd benutzt jede Veranlassung, denjenigen seiner Landsleutc, welche weniger alö er wissen, seine lteberlegen-heit zu zeigen. Die Erziehung der maurischen Mädchen wird gänzlich vernachlässigt. Um geistige Vorzüge kümmern sich die Frauen dieses Volks nicht im Entferntesten, und der Mangel derselben gilt bei den Männern für leinen 12. Kap.I Das weibliche Geschlecht. 101 Fehler. Die letzteren sehen in ihren Franen ein untergeordnetes Geschlecht, blos dazn bestimmt, die Begierden nnd Lannen des Gebieters zu erfüllen. Daher gilt sinnliches Feuer ssir ihre Haupttugend und ein knechtischer Gehorsam für die erste und unentbehrlichste aller ihrer Pflichten. Von der weiblichen Schönheit haben die Mauren ganz eigenthümliche Begriffe. Auf einen schlanken Wucks, auf ciueu schwebenden Gang, auf ausdrucksvolle Züge legen sie nicht das geringste Gewicht. Wohlbe-lcibtheit uud Schönheit sind ihnen gleichbedeutend. Wenn eine Frau beim Gehen blos von zwei Sclaven unterstützt zu werden braucht, so kanu sie nnr mäßige Ansprüche machen. Eine vollkommene Schönheit ist erst die, welche eine ganze Kameellast ansmacht. Dieser Geschmack der Mauren für schwer ins Gewicht fallende Schönen hat die Folge, daß die Frauen sich von frühester Zeit an große Mühe geben, dick zu werden. Die Mütter zwingen ihre Töchter jeden Morgen, eine ungeheure Menge Kouskous zu essen und eine große Schüssel Kamcelmilch zu trinken. Ob die Tochter Hunger hat oder nicht, darauf kommt nichts an, Kouskous und Milch müssen verzehrt werden, nnd nickt selten wird das rebellische Kind mit Schlägen dcn.n gezwungen.- Ich habe ein armes Mädchen gesehen, das mit der Schüssel am Munde wohl eine Stunde weinend dasaß, während die Mutter mit einem Stock über ihr stand und ohne Erbarmen zuschlug, weun in dem Verschwinden des Kouskous und der Milch eine Stockung eintrat. Merkwürdigerweise erzeugt dieser Gebrauch weder Krankheiten, noch eine schwache Verdauung, und verschasst den jungen Geschöpfen im Gegentheil jenen Grad von Fülle, welcher in den Augen eines Mauren die Vollkommenheit selbst ist, Ihre sämmtlichen Kleidungsstücke kaufen die Mauren von den Negern, und ihre Frauen müssen daher in ihrem Anzüge sehr sparsam seiu. Gewöhnlich tragen sie blos ein breites baumwollenes Tuch, das um die Hüften geschlungen wird und wie ein Unterrock bis zur Erde hinabreicht. Oben an dieses Tuch uäht mau hinten und vorn zwei viereckige Stücke, die beide auf der Schulter befestigt wcrdeu. Der Kopfputz der maurischen Frauen besteht meistens aus einer baumwollenen Binde, die an einer Stelle breiter ist und hier dazu dient, das Gesicht gegen die Sonne zu 102 Die Beschäftigungen der Frane». sl2. Kap. schützen. Zuweilen gehen dic Frauen aber auch nicht anders aus, als vom Kopf bis zu den Füßen verschleiert. Die Beschäftigungen der Frauen sind je nach dem größer,, oder geringern Wohlstände der Männer verschieden. Die Königin Fatime und einige andere machen es gerade so wie die großen Damen inssnropa. Sie verbringen ihre Tage damit, daß sie Besuche machen oder empfangen, beten und vor einem Spiegel ihre Neize bewundern. Die geringeren Frauen besorgen ihren Haushalt. Sie sind ebenso eitel als geschwätzig, und wenn sie übler Laune sind, so haben ihre Sclavinnen, die mit der größten Willkür und Grausamkeit behandelt werden, böse Stunden. Ich muß bei dieser Gelegenheit bemerken, daß die Lage dieser armen Negerinnen höchst beklagenswert!) ist. Beim Aubruch des Tages müssen sie in großen Schläuchen, den sogenannten Giroas, Wasser holen. Nicht blos für die Mensche», auch für die Pferde müssen sie sorgen, denn die Mauren erlauben selten, daß man diese Thiere zur Tränke führt. Ist genug Wasser zugeführt worden, so stampfen die Negerinnen den Mais und bereiten ihn zum Essen. Da dies unter freiem Himmel geschiebt, so sind sie der dreifachen Hitze der Sonne, des Feuers und des Sandes ausgesetzt. In den Zwischenzeiten zwischen diesen Arbeiten reinigen sie das Zelt, Magen den Nahm zu Nutter nnd verrichten alle sonst noch vorkommenden Geschäfte. Dabei werden sie schlecht genährt und grausam gezüchtigt. Die Klciduug der Mauren unterscheidet sich von jener der Neger, welche ich bereits beschrieben habe, wenig anders als darin, daß die Ulcd Amer das charakteristische Kennzeichen derMohamedaner tragen, den Turban, der bei ihnen stets aus weißem baumwollenen Zcnge besteht. Wer einen langen Bart hat. ist auf dieses Zeichen arabischer Abkunft in hohem Grade stolz. Ali, der König von Ludamar, konnte sich eines solchen Bartes rühmen. Die übrigen Mauren haben gewöhnlich kurze, krause und tiesschwarze Haare. Der Bart gilt bei ihnen so viel, daß der meinige, weil er sehr lang geworden war, ihnen zuletzt eine weniger schlechte Meinung von mir beibrachte. Sie betrachteten ihn stets mit Achtung oder mit Neid, und ich bin fest überzeugt, daß alle insgeheim dachten, der Bart sei für einen Christen viel zu gut. Die einzigen Krankheiten, welche bei den Mauren von Ludamar 1.'. Kap.) Krankheiten. — Rechtepflege nnd Verfassung. 10H häufig vorzukommen pflegen, sind das Wechselsieber und die .)luhr. Die alten Frauen besitzen Hansmittel, von denen ,na>l .znwcilcn Gcbralich macht, doch im Allgemeinen überläßt man den Kranken der Natur. Während ich in Lndamar Gefangener war. sah ick nicht ein Beispiel von den Plattern. Man sagte mir indessen, daß diese Tenchc von Zeit zu Zeit furchtbar wüthe, uud Dr. Laidley bestätigte, daß sie aus den Län« dern der Mauren Hanna, zu dell Negern im Tüden übergehe. Derselbe Doctor machte mir die Mittheilung, daß die Neger an dm Ufern des Gambia das Impfen ausübe». To viel ich in Lndamar bemerken tonnte, war die Rechtspflege in peinlichen Fällen eine rasche und strenge. Für Privatrechte herrschte wenig Achtung, aber das Bedürfniß. durch die Bestrafung von Verbrechern warnende Beispiel zu geben, fühlte man denn doch. Bei solche» Gelegenheiten wurde der Schuldige vor Ali geführt, der das Urtheil nach seiner Laune sprach. Die Todesstrafe wurde, wie ich hörte, blos an Negern vollzogen. Obgleich der Reichtlnun der Mauren hauptsächlich in ihren zahlreichen Heerden besteht und die Pflege derselben ihr eigentliches Geschäft ist, so nimmt dasselbe sie doch nicht immer in Anspruch. Im Gegentheil gehen die meisten von ihnen fast immer müßig nnd verbringen ihr Leben mit nnmchen und kindischen Gesprächen über ihre Pferde oder mit Berathungen, wie Naubzüge gegen die Dörfer der benachbarten Neger auszuführen seien. Die Müßigen begeben sich gewöhnlich in das Zelt des Königs. Unter einander sprechen sie dort mit großer Freimüthigkeit, aber gegen den Fürsten sind sie um so kriechender. Sie loben ihn mit einem Munde, sie singen lm l'hor Lieder auf ihn und in diesen Gesängen kommen derartige Lobeserhebungen vor, daß man ein manrischer Despot fein muß, um sie ohne (Wochen anhören zu können. Der König kleidet sich stets in schönere Ztone. als die anderen Man-m, Bald trägt er die blauen baumwollenen Zengc, die von Timbuktu kommen, bald dao weiße Leinen oder den Musselin, der von Morokko ein« geführt wird. Er hat auch eiu größeres Zelt als seine Unterthanen, das sich überdies durch seine weiße Decke auszeichnet. Im Uebrigen vergißt er den Nangunterschied. der Mischen ihm nnd dem Volk besteht, häufig. Es geschieht nicht selten, daß er mit Anderen alls derselben Tchü,stl ißt 104 Die Krieger. I^. K^. und i» der Mittagshi!.;c ans einer Matte neben seiuein Kaineeltveiber Ruhe sneht. Um die Regicningskosten und den Unterhalt der Seinigen ;n be-streiten, erhebt der König verschiedene Stenern. Die in seinen Thaten wobncnden Neger muffen eine Abgabe bezahlen, welche in Korn, Baumwolle und Goldstaub besteht. Eine zweite Abgabe ruht auf den Plätzen, wu man Wasser schöpft, nnd wird gewöhnlich in Schlachtvieh entrichtet. Alle Waaren, welche durch das Königreich gehen, sind einem Zoll unterworfen, der ebenfalls in Naturalien bcstebt. Der größte Tbeil der königlichen ssi,M„ftc stammt jedoch von Erpressungen und Raubzügen. Die Neger, welche Lndamar bewolmm, und die Kaufleute, welche das Land bereisen, zittern bei dem (bedanken, für reich gehalten zu werden. Ali unterl'ält in allen Tbeilen seines Reiches Späher, welche ihm über das Vermögen seiner Unterthanen berichten müssen, nnd benntzt häufig den nichtigsten Vorwand, um reiche Leute zu plündern und sie den übrigen gleich zu machen. Die Zabl der Mauren, wclebc »nter Ali's Negierung leben, mit Menanigkeit anzugeben, ist mir unmöglich. Die eigentliche Stärke von Ludamar liegt in seiner Reiterei, welche gut beritten ist und zu Neckereieil nnd lieberfällen selir geeignet zu sein scbeint. IederReitcr hat Psevd ui^d Waffen selbst zn stellen. Die letzteren bestehen in einem großen Säbel, einer Doppelflinte, einer Kngeltasthe von rothem Leder und einem Pnlver-born, das an cmcm Riemen hängt. Sold nnd Belohnungen giebt es niebt, der Reiter hat nnr das, was er sich ans den Naubzngen selbst erbeutet. Die Zahl dieser Kcrntrnppcn ist nicht groß, denn als Ali mit Vambarra Krieg sührte, bestaild sein Heer, wie ich erfuhr, aus nicht mehr als 20U0 Reitern. Mau sagte mir aber zugleich, daß diese Reiterei nur einen ganz kleinen Tbeil der Mauren von Lndamar ausmache. Die Pferde der Maureu sind außerordentlich schön, und man schätzt sie so hoch, daß die Ncgcrfürsten nicht selten zwölf bis vierzehn Sclaven für eines geben. Im Norden gicn^t Ludamar an die große Wüste Sahara. Darf ich den Nachrichten glauben, welche ieb über dieses Sandmeer, das im Norden von Afrika einen so großen Raum einnimmt, eingezogen habe, so ist es säst ganz unbewohnt. Es giebt eine sehr kleine Zahl von Stellen, 12. Kap.) Die Wüste Sahara mid ihr Thicrlcbeil. 105 wo ei>, leichter Anflug von Pflanzcnwuchs die arniscligen Stämme der wandernden Araber lockt, ihre Heerden herzuführen, nnd an anderen Plätzen, wo etwas mehr Weide und Nasser vorhanden ist. haben kleine maurische Völkerschaften ihren Wohnsitz ausgeschlagen. Sie leben dort in Armnth, aber in Unabhängigkeit, und brauchen die Tyrannen der Atlasländer nicht 5» fürchten. Da die übrige Wüste ganz von Waffer entblößt ist, so sieht sie keine andere menschliche Wesen als einige Kaufleute, deren Ka» rawcmen die peinliche und gefahrvolle Reise durch die Sahara von Zeit zu Zeit wagen. In einigen Theilen dieser unermeßlichen Kiuöde ist der Sand mit vertrüvpeltcm Strauchwerk bedeckt, welches den Karawanen zeigt, wo sie Halt zu machen habe», und ihren Kamcclcn eine dürftige Nahrung darbietet. An andern Orten dagegen sieht der bangende Reisende rings um sich nichts, als den Himmel und eine endlose Handfläche. In diesen traurig unfruchtbaren Gebieten sucht das Auge vergebens nach einem Gegenstände, auf dem es ausruhen könne, und die Seele beschäftigt sich unaufhörlich mit dem traurigen Bilde des Verschmachtcns. „In der schrecklichen Ocde, die ihn umgiebt, stößt der Reisende zuweilen auf die todten Körper von Vögeln. Der Stnrm bat diese armen Thierchen aus glücklicheren Zonen hiehcr verschlagen, und sie sind verhungert. Bedenkt der Reisende die furchtbare Länge des Wegs, den er noch :u durchwandern hat, so erfüllt das Geheul des tobenden Sturms, des einzigen Tons, welcher die feierliche Stille der Wüste unterbricht, sein Herz mit Entsetzen." (Verhandlungen der afrikanischen Gesellschaft.) Die Antilope und der Strauß sind die einzigen Thiere, welche diese traurigen Gegenden bewohnen. Die Schnelligkeit ihres Laufs erlaubt ihnen, sich leicht in ferne Gebiete zu versetzen, wo Wasser vorhanden ist. An den Grenzen der Wüste, wo es bereits mehr Wasser giebt, sieht man Löwen. Panther, wilde Schweine und Elephanten. Das einzige Hansthier, welches die Mühen einer Reise durch die Wüste zu ertragen vermag, ist das Kamecl. Sein Magen ist so eigenthümlich geformt, daß er eine Wasscrmenge, welche für zehn bis zwölf Tage hinreicht, aufzunehmen im Stande ist. Sein breiter nnd biegsamer Fuß eignet sich für cineu sandigen Boden, und die eigenthümliche Bewegung seiner Oberlippe erlaubt ihm, die Dorngcsträuche. welche es findet, selbst der tlciusten Blätter zu entkleiden. Das Kamecl ist daher das ein- 106 Die Wust,,' Sahara und ihr Tlmllcbeu. ^12, Kap. zige Lastthicr der Karawane», welche von dm Küsten des Mittclmeeres in verschiedenen Richtungen durch die Wüste ziehen, um Senegambien und die Negcrlander mit Waaren zu versorgen, Dieses ebenso nützliche als gelehrige Thier ist von zu vielen Schriftstellern geschildert worden, als daß ich bei seinen guten Eigenschaften länger zu verweilen brauchte. Ich will blos hinzufügen, das; sein Fleisch, das für mich trocken und unschmackhaft war, von den Mauren jeder andern Art von Nahrung vorgelogen wird, und daß die Milch des Weibchens nach dem ttrtbeil Aller, welche sic gekostet haben, lüsi, angeuehn« und in bohem Krade nährend ist. Ich habe bereits bemerkt, dasi die Mauren in ihrer Farbe und in ihren Zügen dcn westindischen Mulatten gleichen. Sie haben jedoch in ihrem Gesichtsausdruck etwas Unangenehmes, was den Mulatten fehlt. Ich glaube in den Zügen der meisten eine Neigung zur Treulosigkeit und Grausamkeit bemerkt zu haben, und jedes Mal, wenn ich einen von ihnen aufmerksam betrachtete, konnte ich mich einer großen Unruhe nicht erwehren. In il,ren Augen liegt etwas so Irres und Wildes, daß ein Fremder sie auf den ersten Anblick für ein Volk von Verrückten halten könnte. Der verrätberischc und bosbafte Charakter der Mauren verräth sich in den Diebstäl'len und Räubereien, welche sie unaufhörlich in den Dörfern der Neger begehen. Ohne irgend beleidigt worden zn sein, bemächtigen sie sich plötzlich — und zuweilen unter Frcundschastsversichcrungcn — des Schlachtviehs der Neger, oder fülnen diese Unglücklichen selbst in Gefangenschaft. Die Neger nehmen selten dafür Rache. Der kühne Muth der Maliren, ihre Kenntniß des Landes und hauptsächlich die Schnelligkeit ihrer Pferde machen sie zu sehr gefährlichen Feinden, und die yin-wohncr der angrenzenden kleinen Ncgerkönigreiche leben in beständigem Schrecken, während die maurischen Stämme am Naude der Wüste recht gut wissen, wie sehr sie gefürchtet werden, und sich dnrch keine Be-sorgniß vor einem kräftigen Widerstände zügeln lassen. Gleich den wandernden Arabern, wechselt anch der Maure in jeder Jahreszeit seineil Aufenthalt, um seine Hecrden an Stellen zu führen, wo er Weide zu finden hoffen kann. Nenn im Monat Februar die sengende Sonne alle Pflanzen der Wüste vernichtet, bricht der Maure seine Zelte ab und wendet sich nach Süden, wo er in der Nähe der Ncgcrstaatcn so lange verweilt, bis der Iuliregm beginnt. Nachdem er von den Schwär- 12. Kap.^ Wanderungen dcr Mauren. 1^7 zcu Korn und andere Lebensbedürfnisse empfangen und ihnen dafür Salt gegeben hat, kehrt er nach Norden in die Wüste zurück, wo er so lange bleibt, bis die Negeu aufgehört haben nnd die Gcgcud wo er lagert unbewohnbar wird. Die Nothwendigkeit, ein Wanderleben zu führen, gewöhnt die Mauren mcht blos an Mühen und Entbehrungen, sondern zieht auch die Kreise ihrer kleinen Gesellschaften enger, und flößt ihnen gegen Fremde ein fast unüberwindliches Mistrauen ein. Da sie zn gebildeten Völkern durchaus keine Beziehung haben und hoch über den Negern zu stehen glauben weil sie, wenn auä, iu sehr bescheidenem Grade, Literaturkenntnisse besitzen, so sind sie die eitelsten, stolzesten, wildesten und unduldsamsten aller Menschen. Zugleich vereinigen sie den blinden Aberglauben des Negers mit dcr Treulosigkeit uud wilden Grausamkeit des Arabers. Vor meiner Anknnft in Beuauu hatten die weißen Mauren wahrscheinlich me einen Weißen geseheu, aber alle hatte mau gelehrt, den Namen eines Christen aufs Höchste zu verabscheuen. Nach ihrer Mciunug war ein Europäer blos eiu Hund. den mau unbedenklich todten darf. Das beklagenswerthe Schicksal des Majors Houghtou uud die Mishand-luugeu, die ich in Ludamar zu ertrageu hatte, werden hoffentlich jedeu Reisenden bcstimmcu, von min an dieses uugastliche Volk zu vermcidcu. Vielleicht hat man hier eine ausführlichere und eingehendere Schildc-rnna der Sitten, Gebräuche uud Vorurthcile dcr Mauren erwartet. Man vergesse jedoch nicht, daß ich mich unter ihnen in einer Lage befand, welche mir mcht gestattete, sie uach Gefallen zu beobachten. Einige Züge könnte ich allerdings noch hinzufügen, doch da dieselben bei den Negern, deren Heimat die südlich an die Mauren angrenzenden Gebiete sind, ebenfalls vorkommen, so werde ich sie später mittheilen, wenn ich von diesen Schwarzen zu berichten habe. 108 Demba wild zum Sclaven gemacht. sl3. Kap. Dreizehntes Kapitel. M,!»'N' Par? darf Ali nach Dssharra begleiten. — Dev trene Demba ivird ^»,!i Sclaven gemacht. — ?Ili kcbrt nacl, dem Easier ziiilick, Mnngo Park l'il'il't in Dscharra. — Anmarsch deö Heers von Kaarta. — Mnngo Pa,k begleitet die fliehenden Einwohner. — Er cntfc'mmt den Mauren. Man wird sich erinnern, daß mir erlaubt worden war, Ali bis Dscharra zu begleiten. Als ich von der Königin Fatiine Abschied nahm, empfing sie mich artig nnd war so höflich, mir einen Theil meiner Kleider zurückgeben >;u laffen. Am Abend vor der Abreise schickte Ali mir auch mein Pferd mit allem Kcstbirr zurück. Am 26. Mai verließen wir das Lager von Vnbeker in früher Stunde. Meine beiden Diener, Iol'nson niid Demba, nnd mehrere berittene Mauren begleiteten mich; Ali war schon in der Nacht mit fünfzig Reitern abgegangen. An, Mittag rasteten wir in Farani, wo ^wöls auf Kamcelen reitende Mauren zn uns stießen. Eie bezogen die niedrigen Zelte mehrerer Hirten, die neben den Brunnen aufgeschlagen waren. Da wir zn zahlreich waren, mn alle nnter den Zelten Plak zn finden, so befahl man mir, draußen nnd mitten im Lager zu schlafen, wo der gan^e Haufe meine Bewegungen überwachen konnte. In der Nacht beobachtete icb in Nordost ein starkes Wetterleuchten, nnd bei Sonnenaufgang crbob sieb ein heftiger Sandwind, der bis zur vierten Morgenstunde fortdauerte. Während dieser Zeit muß eine nngehcnrc Menge Sand gegen Westen getrieben worden sein. Zuweilen tonnte man die Augen nicbt aufschlagen, nnd die Thiere wnrden von dem Sande, der in alle Oeffnungen des Kopfs eindrang, so gepeinigt, daß sie wie rasend umherliefen. Ich schwebte beständig in Kefahr. von ihnen zu Tode getreteil ;u werden. Am 28. sattelten die Mauren ihre Pferde frühzeitig, und ich erhielt die Weisung, bereit zu seiu. Einen Augenblick später kehrte derselbe Vote zurück, faßte meinen armen Demba am Arm lind sagte ihm in der Mandingosvracbc, daß Ali von nun an sein Herr sei. Indem der Sclave Ali's sich dann gegen mich wendete, setzte er hinzn: „Die Sache ist jetzt entschieden. Der Neger nnd Alles, was Dein ist. kclnt mit Aus- 13. Kap.1 Domba wird zum Sclaven gemacht. 109 nähme dos Pferdes nach Vnbeker zurück; den alten Narren kannst Dn init nach Dscharra nehmen." Unter dem alteil Narren hatte ich meinen Dolmetscher Johnson zu verstehen. Ich gab dem Sclaven keine Antwort. Da mich aber der Gedanke, meinen trenen Dcmba zn verlieren, mehr betrübte, als ich mit Worten ausznsprechen vermag, so eilte ich zn Ali, der, von mehreren Dienern um-geben. vor seinem Zelte frühstückte. Ich sagte ihm vielleicht mit zn vieler Hitze: „Welche Unvorsichtigkeit ich damit anch begangen haben mag, daß ich in Deine Staaten kam, so glaube ich doch genug gestraft zu sein, da man mich so lange zurückgehalten und mir meine Sacyen geraubt hat. Dies Alles ist aber nichts im Vergleich zu dem, was jetzt geschehen soll. Der Neger, den man mir genommen hat, ist kein Sclave und hat sich keines Verbrechens schuldig gemacht. Er ist mein Diener, nnd seine Treue, seine Dienste habeil ihm die Freiheit verschafft. Seine Anhänglichkeit hat ihn bestimmt, meine Gefangenschast zu theilen, lind da er dar, auf gerechnet hat, daß ich ihn vertheidigen würde, so kann ich nicht sehen, daß man ihm die Freiheit ranbt, ohne mich gegen eine so nngerechte nnd grausame Handlung aufzulehnen." Mich selbst würdigte Ali keiner Antwort, aber gegen seinen Dolmetscher änßertc er mit hochmnthiger Miene und einem boshaften Vächeln. wenn ich nicht sofort zu Pferde steige, so werde er mich mit meinem Neger ins Lagcr zurückschicken. In dem Anblick der Tyranneil liegt em ^twas, bei dem das Herz sich empört. Ich konnte den Unwillen, den Ali's Benehmen iil mir hervorrief, nicht unterdrücken, lind wünschte lebhaft, die Welt von einem solchen Ungeheuer befreien ;n können. Der unglückliche Demba war ebenso bewegt, wie ich. Er liebte mich sehr, und seine Heiterkeit hatte mir manche traurige Stunde meiner Gefangenschaft verkürzt. Da er die Sprache von Pambarra erlernt hatte, so würde er mir anf meiner Rückreise sehr nützlich gewesen sein. Aber wie hätte ich bei einem Volke, dem jedes Gefühl der Menschenliebe fremd ist, aus Mitleid rechneil dürfen! Ich drückte also dem armen Knaben die Hand, weinte mit ihm nnd gab ihm beim Abschiede das Versprechen, daß ich mein Möglichstes thun werde, ihn loszukaufen. Ich hatte noch den Kummer, ihn von drei Sclaven nach dem Lager von Bnbcker zurückführen zu schcn. 110 Ali kehrt „ach dcm Lager zurück, s!,^, Kap. Die Mauren stiegen zu Pferde, und ick mußte ilmeu folgeil. Der Tag war heiß und unser Ritt durch die Wälder ermüdete uns sehr. Bei einem Dorfe, wo wir am Nachmittag rasteten, verweilten wir auch die folgenden beiden Tage, da Ali anf die Ankunft einiger Reiter ans dem Norden wartete. Am 1. Juni brachen wir nach Dscharra aus. Wir bildeten jcht einen stattlichen Zug von 200 Mann, lanter Reitern, denn Fußvolk verwenden die Maure» bei ihren Kriegen nicht. Meine Begleiter waren offenbar im höchsten Grade abgehärtet, aber an Ordnung dachten sie so wenig, daß ich einer englischen Fuchsjagd und nicht dem Marsche eines Heeres beizuwohnen glanbte. In Dscharra wohnte ich wieder bei nicinem alten Freunde Daman Iumma, dem ich Alles erzählte, was mir bei den Mauren begegnet war. Ich bat ihn inständig, sein ganzes Ansehen bei Ali zum Loskanf Demba's zu bemchen, uud versprach ihm, daß ich ihm in dem Augenblicke, wo man meinen Negcrki^abcn nach Dscharra zurückführe, eine Anweisung an Dr. Laid-ley auf den Werth von zwei Selaveu geben werde. Daman Iumma übernahm die Ordnung dieser Angelegenheit mit wahrem Eifer. Ali sah aber in Demba einen cigentliehcn Dolmetscher und wollte ihn nicht freigeben, weil er fürchtete, daß er wieder in meinen Dienst treten und mir das Eindringen in Bambarra erleichtern werde. Er verschob die Sache daher von Tag zu Tag, um doch endlich zn erklären, wenn Daman den Knaben bei sich behalten wolle, so solle er ihn zu dem gewöhnlichen Sclavenpreisc erhalten. Daman nahm diese Bedingung an uud versprach, das Oeld zu zahlen, sobald Ali den Unglücklichen schicke. Den eigentlichen Zweck, der Ali nach Dscharra fübrte, habe ich bereits mitgetheilt. Die 200 Reiter, die ihn begleiteten, repräscntirten genau die Zahl der Hilfstruvpe». welche die Flüchtlinge ans Kaarta forderten. Zn dem Angriff auf Kedin^nma, den diese ^eute im Schilde führten, war die Zeit sehr passend. Das HcerDaisi's hatte im Kriege große Einbußen gehabt, und litt jetzt durch den Mangel an Lebensmitteln. Oriff man den König von Kaarta an, ehe er Verstärkungen an sich gezogen hatte, so war ein güustigcr Erfolg wahrscheiulich. Aber Ali wollte vou semen Buudesgeiwfscn blos Geld erpressen. Er stellte daher die Ve« dingung der Vorausbezahlung für seine Hilft und forderte vorläufig vier- l3. Kap.) Mungo Park blcil't in Dschan-a. HI hnndcrt Ochsen, zweihundert Anzüge von blauer Vaum,vollc und eine große Menge Glasperlen und ähnlicher Schmucksachcn. Die Flüchtlinge aus Kaarta kamen durch diese Forderungen in einige Verlegenheit. Sie stellten dein König vor, daß sie augenblicklich eine solche Menge Vieh nicht besaßen, und empfahlen als Auskunftsmittel, daß Ali den Einwohnern von Dscharra die Hälfte jener Stückzahl nehme, wogegen sie sich verpflichteten, in kurzer Zeit Ersatz zu leisten. Dieser Vorschlag war nach Ali's Geschmack. Noch an demselben Abend ging der Ausrufer mit der Trommel durch die Stadt und machte bekannt, daß Jeder, welcher sein Vieh am nächsten Morgen in den Wald schicke, der Plünderung feines Hauses und der Wegnahme aller seiner Sclaven gewärtig zu sein habe. Ungehorsam durfte Niemand sein, und am nächsten Tage wurden zweihundert der besten Ochsen ausgesucht und den Maliren übergeben. Später wurden auch noch die andern zweihundert auf eine ebenso willkürliche und ungerechte Art herbeigeschafft. Am Nachmittage des 8. Inni ließ mir Ali durch einen Sclaven sagen, daß er im Begriff sei, nach Bubeker aufzubrechen, aber dort nur wenige Tage verweilen werde, um ein Fest zu begehen und mir daher erlauben wolle, bis zu seiner Rückkehr in Dscharra bei Daman Iumma zu bleibe»,. Diese Nachricht war für mich eine so erfreuliche, daß ick, nachdem ich so viel Unglück erlebt hatte und in so manchen Hoffnungen getäuscht worden war, nicht eher an sie glaubte, als bis Johnson mir mittheilte, daß Ali mit einem Theil seiner Truppen Dscharra verlassen habe, und daß die übrigen am nächsten Tage nachfolgen würden. Wirklich brachen am 9. Juni früh Morgens alle maurischen Reiter auf, welche noch in Dscharra waren. Sie hatten ihren Aufenthalt durch verschiedene Räubereien bezeichnet und verübten noch an diesem Tage die Frechheit, sich dreier jungen Mädchen, welche Wasser geholt hatten, zn bemächtigen, und sie zu Sclavinncn zn machen. Dasselbe Fest (Vanna Sali), das Ali in Äubcker beging, wurde auch in Dscharra gefeiert. Die Sclaven trugen an diesem Tage ihre besten Meider, und die Hauscigenthümcr überboten sich in der Herbeischaffung reichlicher Lcbcnsmittel, welche gemeinschaftlich verzehrt wurden. Der Hunger war ans der Stadt verbannt, Freie und Sclaven, Kinder und Greise, Männer und Frauen, alle schwelgten im Neberfluß. 112 Nimiai'sch dcS Hcercs vm! Kaavta. 1/13. Kap. Am 12. Juni sand man in den Wäldern bei einem Wafferplatze zwei Schwerverwundete. Der eine starb sogleich, der andere lel te ii,'l,'b, als mail ihn »ach Dscharra brachte. AIs dieser Unglückliche wieder ;nm Vcwllßtscin gekommen >var, berichtete er. daß er. aus Kaffou entflohen sei, weil Daisi gcge» Sambo. den Konig des Landes, Krieg führe und drei Städte erstürmt und die sämmtlicheil Einwohner niedergehauen habe. Er konnte viele Freunde der Einwohner von Dsel'arra nennen, welche sämmtlich ihr Leben verloren hatten. Aus diese Trauerbotschaft erhob Alles die Todtentlage lind setzte sie zwei Tage lang fort. Dieser schlimmen Nachricht folgte bald eine zweite. Am 14. errcich-te» einige entlaufene Sclaven ans Kaarta den Oit und meldeten, daß Daisi von dem Bündniß seiner flüchtigen Unterthanen mit den Mauren Nachricht erhalten habe und Dscharra angreifen werde. Die Flüchtlinge verlangten mm die AX) Reiter, deren Hilfe ihnen versprochen worden war, aber Ali antwortete ans die dringendsten Vorstellungen ausweichend und erklärte endlich geradezu, er habe für seincLeute anderwärts zu thun. Aus diese Weise auf sich selbst angewiesen, ermannten sich die Flüchtlinge zu einein Angriff aus Kaarta. Das Schicksal der drei Städte in Kaffon sagte ihnen, daß sie keine Schonung zu erwarten haben würden. Am Abend de? 1k. Juni bracben sie ^00 Mann start anf, von derHoffnung beseelt, daß Daisi noch immer keine Lebensmittel habe und deshalb kein starkes Heer sammeln könne. Am Morgen des 19. Inni setzte der Wind nach Südwcsten um. In der zweiten Mittagsstunde brach ein heftiger Sturm los und brachte erquickenden Regen mit. nach dem die erstochene Natur lechzte. Die Hitze wich nun einer angenehmen Kühle. Dieser Negeu war seit mehreren Monaten der erste, welcher siel. Alle meine Bemühungen, meinen Negerknabcn loszukansen, waren vergeblich gewesen, und es hatte ganz den Anschein, als ob der Arme seine Freiheit nicht erlangen werde, so lange ich in Dscharra bliebe. Ich mußte an meine eigene Sicherheit denken und zu fliehen suchen, ehe die Regenzeit vollständig eingetreten war. Außerdem ließ mein Wirth Daman, der nicht sah, wie er die Kosten, welche ich ihm verursachte, ersetzt bekommen würde, den Wunsch merken, daß ich sein Haus verlassen möge. Ich befand mich in großerVerlegcnheit, denn mein Dolmetscher Johnson weigerte 13. Kap.) Mungo Park beschließt die Flucht. Hg sich entschieden, mich noch weiter ins innere Afrika zn begleiten. Blieb ich wn ich war, so wurde ich ohne Zweifel ein Opfer der Barbarei der Mauren, und reiste ich allein weiter, so mnßte ich voraussichtlich auf die größten Schwierigkeiten stoßen, einmal weil es mir an Mitteln fehlte, auch nur die nothwendigsteil Lebensmittcl zu kaufen, und dann, weil ich mich nicht verständlich machen tonnte. Aber nach England znrückzlikehren, ohne den Zweck meiner Sendung erfüllt zu habeu, galt mir für das größte Unglück von allen. So beschloß ich denn, nicht blos die erste günstige Gelegenheit zur Flucht zu benutzen, sondern mich auch sogleich nach Vambarra zu begebe», wenn so viel Negen gefallen sein werde, daß ich in den Waldern alls Waffer rechnen könne. Dieser Plan stand in mir fest, als ich am Abend des 24. Juni ganz nahe bei der Stadt einige Flintenschüsse falleil hörte. Ich fragte, was das bedeute, und hörte nun, daß die Tnippcn von Dscharra aus Kaarta zurückkehrten lind Frcudenschüffe abfeuerten. Als aber die vornehmsten Einwohner sich versammelten und die Vorgänge in Kaarta hörten, wurden sie von ihrer Furcht vor Daisi keineswegs befreit. Da die trenlosen Mauren, nachdem sie in den Besitz der bedungenen Vortheile gekommen waren, ihrerseits den Vertrag nicht erfüllt hatten, so waren die Rebellen, ihren eigenen Krästen überlassen, muthlos geworden. Ueber-dies fanden sie Daisi nicht etwa mit wenigen Kriegern hinter den Maliern von Medinguma, sondern begegneten ihm bei Ioka im freien Felde und an der Spitze eines zahlreichen Heeres, welches sie nicht anzugreifen wagten. Sie dachten jetzt blos noch daran, sich durch die Ausplünderung der kleinen Ortschaften der Umgegend für ihre Kriegskosten schadlos zu halten, überfielen zwei derselben lind führten die sämmtlichen Einwohner mit sich fort. Dann kam ihnen plötzlich die Furcht, daß Daisi Nachricht erhalteil und ihnen den Rückzug abschneiden werde. Sie warfen sich nun Nachts in die Wälder und eilten mit ihren ttjcsangencn und dem geraubten Schlachtvieh nach Dscharra. Am 26. Juni Nachmittags meldete ein Späher, der aus Kaarta zurückkehrte, daß Daisi am Morgen Simbing eingenommen habe und am nächsten Tage in Dscharra sein werde. Sogleich stellte man Posten auf die Gipsel der Felsen, welche die Stadt umgeben, und au alle Wege, um aus der Stelle Nachricht zu haben, wenn Daisi vorgehe. Zugleich 114 Mimgl, Park bcglcitet die flickenden Einwohner. ^<3. Kap. wurden die Franen angehalten, alle nöthigen Vorkehrungen zu treffen, daß man die Stadt so schnell als möglich verlassen könne. Die ganze Nacht wnrdc Korn gedroschen und das Gepäck in Stand gesetzt, worauf am nächsten Morgen bei Tagesanbruch säst die Halste der Einwohner den Weg nach Dina einschlug, um sich aus das Gebiet von Bambarra zu begeben. Der Anfbruch war ein bockst trauriges Schauspiel. Die Männer waren düster und niedergeschlagen, die Granen und Kinder weinten. Alle konnten sich von ihrer Vaterstadt kaum trennen und blickten oft zurück, um noch einmal die Häuser, die Brunnen, die Felsen zu sehen, bei denen sie ruhige Tage zu verleben gehofft batten und von denen sie sich nun entfernen mußten, um unter fremden Menschen eine Zufluchtsstätte zu suchen. Am 27. Inni in der elften Morgenstunde meldeten die Posten, daß Daist gegen Dscharra im Anzüge wäre, und daß die Truppen der Nebellen die Flucht ergriffen hätten, ohne einen Schuß abzufeuern. Der Schreck, den diese Nachricht in der Stadt hervorrief, läßt sich ummöglich schildern. Das Geschrei der Frauen und Kinder, die überall herrschende Verwirrung und bie Hast, mit der jeder sich zu retten suchte, mußte deu Glauben erwecken, daß der Feind bereits vor den Thoren stehe. Nun hatte Daisi mich bei meiner Neise durch Kemmu mit vieler Güte behandelt, aber dem Gutdünken seiner Krieger mochte ich mich doch nicht überlassen, denn wie leicht konnte es geschehen, daß ich in den ersten Augenblicken voll Unordnung, die bei dem Eindringen in eine Stadt immer entstehen, für einen Mauren gehalten ivnrde. Ich stieg dal,er zu Pferde, nahm einen großeil Sack mit Mais vor mich und folgte langsam den fliehenden Einwohnern. Bald machten wir am Fuße eines felsigen Berges Halt, wo ich abstieg und mein Pferd vor mir hintrieb. Auf dem Gipfel blieb ich stehen, um auf die Stadt Dscharra und dic umliegenden Felder zurückzublicken. Alles war mit Flüchtlingen bedeckt, welche ihre Kühe, Schafe und Ziegen mit sich nahmen und einige Kleider nnd öebensmittel trugen. Das Schicksal dieser Unglücklichen trieb mir die Thränen in die Angen. Mehrere befanden sich in der höchsten Noth, denn sie mußten Kranke, Kinder oder Greise tragen, die man nicht zurück lasseu durfte, weil der Feind sie uiedergemchelt haben würde. l3, Kap.1 Mungo Pavk von nexer Gefangenschaft bedroht. 115 siegen nmf Uhr Nachmittags crreicbten wir ein kleines Landgut, wo ich Daman und Johnen damit beschäftigt fand, große Sacke mit Korn zu füllen und auf Ochsen zu ladeil. Daman bestimmte dieses Korn zur Ernährung seiner Familie auf der Neise. Am 28. Inni verließen wir das Gut mit Tagesanbruch. Bei Trnngumba zogen wir olme Aufenthalt vorüber und langten am Nachmittag in Qucira an. Hier verweilte ich Mi Tage. um meinem Pferde, das bei den Manrcn ganz hernntergckommen war, Erholung zu gönnen und cms die Ankunft einiger Mandingo zu warten, die nach Bambarra gehen wollten. Am Nachmittage des 1. Inli ließ ich mein Pferd auf den Feldern weiden, als der Liel'lingssclave Ali's mit vier Manren in Queira ankam uud das Haus des Vorstehers bezog. Mein Dolmetscher Johnson, dessen Argwohn dieser Besucb rege machte, beauftragte zwei kleine Knaben, die Unterredung der Mauren zu behorchen, und erhielt bald die Gewißheit, daß sie gekommen seien, um mich zu ergreifen und nach Vnbeker zurückzuführen. Am Adcnd besichtigten zwei dieser Manren insgebeiin mein Pferd, und einer machte den Vorschlag, mich zum Vorstel'er zu führen, aber der andere antwortete, diese Vorsicht sei unnütz, denn mit einer solchen Mähre dürfe ich keinen Fluchtversuch wagen. Tie sragteu dann nocb, wo ich schlaft, und gingen zu ihren Gefährten zurück. Als man nur dieses Alles erzählte, war ich wie vom Donner getroffen. Nicbts fürcbtetc ich mehr, als eine neue Gefangenschaft bei den Mauren, von deren Barbarei ich blos den Tod zu erwarten hatte. Ich beschloß daher, ohne Zeitverlust nach Vambarra aufzubrechen. Nur auf diese Weise glanl'te ich mein Leben retten und den Zweck meiner Scn-duug erreichen zn können. Als ich Johnson meine Absicht mittheilte, billigte er dieselbe, erfüllte aber die Hoffnung, welche ich noch immer nährte, daß er mich begleiten werde, so wenig, daß er mir im Gegentheil feierlich erklärte, lieber verliere er den zugesagten Lohn, als daß er noch weiter gehe. Er sagte mir, Daman habe ihm den halben Werth eines Sclaven versprochen, wenn er eine Anzahl Sclaven nach dem Gambia begleite, und er sei fest entschlossen, diese Gelegenheit zu bmutzen, um zu seiner Frau und zu seiner Familie zurückzukehren. Da ich die Hoffnung, daß ich ihn noch überreden köuuc, aufgeben mußte, so entschloß ich mich, allein aufzubrechen. Gegen Mitternacht 8' W 116 Eine neue Gefahr. Il3. Kap. packte ich melne Sachen, die aus zwei Hemden, zwei Paar langen Beinkleidern, zwei Taschentücher!,, eiiiem Rock, einer Weste, einein Hut und einem Mantel bestanden, zusammen. Das war meine ganze Ausrüstung und ich hatte weder Glasperlen, noch sonst Sachen von einigem Werth, um Lebensmittel für mich und Mais zur Fütterung meines Pferdes anzukaufen. Johnson, der die Mauren die ganze Nacht beobachtet hatte, sagte mir gegen Tagesanbruch ganz leise: „Sie schlafen!" Der Augenblick einer furchtbaren Entscheidung war gekommen. Jetzt mußten die Würfel fallen, ob ich das kostbare Gut der Freiheit wiedererlangen, oder den Nest meiner Tage als Gefangener verleben solle. Als ich mir diese schreckliche Alternative dachte, fühlte ich, wie ein kalter Schweiß meine Stirn bedeckte. Giebt cs einen ernsteren Augenblick, als den, welcher über das Schicksal eines ganzen Lebens entscheidet? Doch ich durfte nicht überlegen, wenn ich nicht die Gelegenheit zur Flucht unfehlbar verlieren wollte. Ich ergriff alfo mein Gepäck, schritt behutsam über die Neger hinweg, die vor der Thür schliefen, bestieg mein Pferd und nalun von Johnson Abschied, indem ich ihm zugleich empfahl, die Papiere, die ich ihm anvertraut hatte, zu besorgen und meinen Freunden zu sagen, daß ich der besten Gesundheit genieße und im begriff sei, nach Bambarra aufzubrechen. Ich verfolgte meinen Weg mit der größten Vorsicht, indem ich den kleinsten Busch untersuchte und oft horchte oder zurückblickte, um mich zu überzeugen, ob ich verfolgt werde, (stwa eine halbe Stunde vor der Stadt sah ich mich unerwartet neben einem Wasserplatze, welcher den Mauren gehörte. Die Hirten, die dort mit ihren Heerden verweilten, verfolgten mich wohl dreißig Minuten weit, indem sie mich verhöhnten und mit Steinen nach mir warfen. Als ich ihnen aus dem Gesicht war und schon gerettet zu sein glaubte, wurde ich aufs neue beunruhigt, da ich hinter mir rufen hörte. Ich wendete mich und sah drei Maureu, welche ihre Doppelflinten über dem Kopf schwingend in vollem Jagen nahe kamen. Da ich einsah, daß ich meineil Verfolgern unmöglich entkommen könne, so wendete ich mein Pferd und ritt ihnen entgegen. Als sie mich erreichten, griffen zwei von ihnen, jeder an einer Seite, nach meinen Zügeln, und der Dritte hielt mir die Mündung seiner Flinte entgegen, indem 13. Kap.j Mimgl,' Park entkommt den Mauren. 11? er ,nir befahl, ihnen zu Ali zu folge,,. Wenn die menschliche Seele eine Zeitlang, von der quälendste!! Ungewißheit gefoltert, zwischen Hoffnung und Furcht geschwebt hat und unaufhörlich von einer Besorgnis« uir andern übergegangen ist. so empfindet sic cine Art von Erleichterung, wenn sie endlich das ganze Unglück, das ihr bevorsteht, flar überblickt. In die ser Stimmung befand ich mich. Neberdruß am Leben und an allen seinen Genüssen hatte meine übrigen Empfindungen völlig betäubt, und ich folgte den Mauren mit der Miene der größten Gleichgültigkeit. Meine Lage sollte sich indessen rascher andern, als ich lwssen durste. Als wir an eine Stelle kamen, wo viel Gesträuch stand, befahl mir einer der Mauren, mein Gepäck zu öffnen und ihm zu zeigen, was es enthalte. Ich gehorchte. Meine Führer durchsuchten Alles genau, fanden aber nichts, was ihnen znsagte, meinen Mantel ausgenommen, den mir einer von de» Schultern riß, nm sich selbst hineinzuhüllcn. Dieser Mantel war mir außerordentlich nützlich, da er mich am Tage gegen den Regen und in der Nacht gegen die Moskitos schützte. Ich bat daher den Mauren inständigst, ihn mir zu lassen, und folgte ihm sogar eine Strecke weit, damit er mir seinen Raub wiedererstatte. <3r achtete jedoch auf meine Bitten nicht und sprengte mit einem seiner Gefährten davon. Als der Dritte sah, daß ich jenen beiden nacheilen wollte, versetzte er meinem Pferde einen Schlag vor den Kopf, zielte mit der Flinte nach mir und untersagte mir, einen Schritt weiter zu reiten. Jetzt erkannte ich, daß die Mauren nicht den Auftrag hätten, mir nachzusetzeil »nd mich gefangen zu nehmen, fondern nur nur gefolgt waren, um mich zu bestehlcu. Der Dritte schlug bald denselben Weg ein, ans dem die beiden ersten sich entfernt hatten, und ich wendete den Kopf meines Pferdes abermals gegen Osten, indem ich mir Glück wünschte, daß die Barbaren blos meinen Mantel, dessen Verlust mir allerdings höchst schmerzlich war, genommen hatten. Ich hatte die Mauren nicht sobald aus dem Gesicht verloren, als ich in den Wald hineinritt, wo ich gegen Verfolgungen verhältnißmäßig gesichert war. Ich beschleunigte den Schritt meines Pferdes, bis ich in die Nähe einiger hoher Felsen kam, die ich ans dein Wege von Queira nach Dina gesehen zu haben mich erinnerte. Nun schlug ich eine mehr nördliche Richtung ein und sand glücklicherweise einen betretenen Pfad. 118 Mnugo Par? wcudet sich gegen Endostcn. >l4. Kav. Vierzehntes Kapitel. Muu^o Park wendet sick, gegen Süd^sten. - Der Durst bringt ihn dein Tode »alie. — Rettung dlircb einen Gewitterregen. — Ei» Dorf dcr F»>ah. — Fortsetzung der Reise durch die Wilduis,. — (Astfreie Anfnabmc bei eiuem Hirte». — Mnng» Park erreicht die Ncgerstadt Wawra. Meine Frendc, als ich llm micb blickte und mich außer Gefabr sah, ist nicht zu beschreiben. Ich hatte die (fmpfindnngen eines Menschen, der nach langer Krankheit die ersten Anzeichen der Gcnefnng begrüßt. Ich athmete leicbter, meine Glieder leisteteil mir williger ihre Dienste, selbst die Wüste hatte ihre Schrecken verloren, und nnr der eine Gedanke be« unruhigte mich noch, daß ich streifenden Manrcn begegnen könne, welche mich in das Land der Diebe nnd Mörder, dem ich entronnen war, zurückführten. Indessen fühlte ich bald, daß mejne Lage eine beklagenswerthe sei, da ich nicht die Mittel besaß, mir Lebensmittel zu verschaffen, lind nicht einmal mit Gcwis^eit darauf rechnen konnte, daß ich Waffer finden werde. Gegen Neun Uhr Morgens sah ich in der Ferne eine Ziegenheerde, welche dicht am Wege weidete. Sogleich bog ich zur Seite, um nicht von den Hirten entdeckt zu werden. Ich versenkte mich immer tiefer in die Wüste, indem icb micb ron meinem Compaß leiten ließ nnd fast schnür» gerade die Richtung gegen Ostsüdost einhielt, aus der ick irgend ein Dorf oder eine Stadt des Königreichs Vambarra am schnellsten zu erreichen hoffte. sstwas nacl, Mittag theilten die Sonnenstrahlen, die vom Sande abprallten, der Luft eine wahre Glut mit, und die fernen Bergketten schienen, durch den aufsteigenden Dunst gesehen, wie Meereswcllcn zu schwanken. Der Durst maebtc mich ganz schwach, und ich erstieg einen Baum, um aufsteigenden Rauch oder irgend ein anderes Zeichen einer menschlichen Wohnung zu erspähen. Meine Anstrengung war vergeblich gewesen; ich sah nichts als dichtes Gestrüpp und kleine Berge weißen Sandes. Um Vier Uhr Nachmittags erblickte ich plötzlich neben mir eine große Ziegenbcerde. Ich trieb mein Pferd ins Gebüsch, um mich zu überzeugen, l4. Kap.1 V.un^o Park vor Dmst dein Tode nahe. 119 ob die Hirten Neger oder Mauren seien. Kurze Zeit darnach zeigten sich zwei Maurenknaben, welche anfänglich, als ich auf sie zuritt, große Scheu verriethen, aber mir endlich mittheilten, daß die Ziegen, welche sie hüteten, dem König Ali gehörten, und daß sie nach Dina gingen, wo das Wasser nicht so selten sei, weshalb sie dort so lange bleiben wollten, bis der Negen die Lachen der Wüste gefüllt habe. Sie zeigten mir ihre leeren Schläuche und versicherten, daß in den Wäldern nirgends Wasser zu finden sei. Dies Alles klang wenig tröstlich, aber es wäre nnmch gewesen, meine Flncht zu berencn. Ich ritt weiter und ließ die Hoffnung nicht fallen, daß ich bis zur Nacht einen Platz finden werde, wo es Wasser gebe. Mein Durst hatte jetzt einen unerträglichen Grad erreicht. Mein Mund war trocken nnd entzündet, häusig verdunkelten sich meine Angcn plötzlich, und meine Kräfte schwanden rasch dahin. Mein Pferd war ermattet, und ich begann zu fürchten, daß ich verschmachten müsse. Um meinen Mund und ineinen brennenden Schlund zu crqnickcn, versuchte ich die Blätter verschiedener Gesträuche zu tauen, aber sie waren sämmtlich bitter lind verschafften mir feine Erleichterung. Etwas vor Sonnenuntergang erreichte ich die Höhe eines kleinen Hügels und erkletterte abermals einen hohen Baum, von dessen Spitze meine düstern Blicke über die Wüste schweiften, ohne etwas zu entdecken, was mir eine menschliche Wohnung andeutete. Auf allen Seiten starrte mir dieselbe gräßliche Eintönigkeit entgegen, überall sah ich nichts als Sand und Gesträuch und einen Horizont gleich dem des Meeres. Als ich von dem Baume hinab stieg, sah ich mein Pferd die kleinen Zweige der Sträucher begierig abweiden. Da ich nicht mehr die Kraft fühlte zu gehen, und da mein Pferd zu schwach war um mich tragen zu können, so hielt ich es für meine Pflicht, eine Handlung der Menschlichkeit zn begehen — vielleicht die letzte meines Lebens! — bemannen Thiere die Zügel abzunehmen und es sich selbst zu überlassen. Während dieser Zeit empfand ich Schwindel und die äußerste Schwäche. fiel auf den Sand nieder und glaubte dem Tode nahe zu seiu. Meine Anstrcn-gnngen, mich zn erheben, waren fruchtlos. „Also hier," sagte ich mir in Gedanken, „werden alle meine Hoffnungen, einst nützlich zu sein, untergehen! Also hier werden die kurzen Tage meines Lebens enden! Ich 120 Nettung durch cim-n lAewittcne^cii. ^14. Kap. warf auf die Umgebung mim Blick, den ich für dm letzten hielt, der von meinen Augen ausgehen lvcrde, und während ich über die furchtbare Veränderung nachdachte, die sich in mir zu vollziehen schien, verschwanden die Welt und ihre Freuden aus meinen Gedanken. Indessen erwachte ick noch einmal. Als ick, den Gebrauch meiner Sinne wieder bekam, fühlte ich. daß ich anf dein Sande lag und die Zügel meines Pferdes noch immer in der Hand hielt. Die Sonne verschwand hinter den Bäumen. Ich raffte meinen ganzen Muth zusammen und beschloß eine letzte Anstrengung znr Verlängerung meiner Tage zn machen. Da der Abend ein wenig frisch war, so entschied ich mich dafür, so weit als möglich ^u ssuß weiter zu gehen und das Wasser ;» sn-cheu, von dein meine Rettung allein abhing. Ich legte meinem Pferde die Zügel wieder an und trieb es langsam vor mir hin. Etwa eine Stunde mochte ich gegangen sei», als ich im Nordosten Blitze am Himmel ansflammcn sah. Dieser Anblick war mir ein köstlicher, denn er versprach mir Regen. Die Dunkelheit und die Blitze nahmen rasch zn, und in weniger als einer Stunde rauschte der Wind in den Büschen. Ich hatte bereits den Mund geöffnet um die erquickenden Tropfen anzunehmen, anf die ich hoffte, als ick von einer Sandwolke bedeckt wnrde, die der Wind mit solcher Heftigkeit vor sich hintrieb, daß ich im Gesicht und an den Armen einen peinlichen Schmerz empfand nnd genöthigt war, zu Pferde ;n stci< gen und hinter Bäumen Schutz zn suchen, damit ich nicbt erstickt werde. Eine Stunde lang wirbelte eine unermeßliche Menge Sand durch die Lust, woraus ich weiter ging, obgleich ich mich nur mit großer Mühe bewegen konnte, ssüdlick, gegen Zehn Uhr Abmds sielen nach einigen sehr lebhasten Blitzen einige große Wassertropfen. Wenige Augenblicke später hörte das Sandtreiben anf. Ich stieg nun vom Pferde und breitete meine ganze Wäfche auf der Orde aus. um den Regen aufzufangen, den ich jetzt mit ziemlicher Gewißheit erwartete. In der That regnete es eine Stunde lang reichlich, und ich stillte meinen Durst, indem ich mein Leincntuch rang nnd anssog. Da der Mond nicht schien, so war die Nacht außerordentlich finster. Ich führte mein Pferd am Zügel, denn es blitzte noch zuweilen , und in solchen Augenblicken konnte ich meinen Compaß zn Rathe ziehen und l4. Kap.) Entdcclimg vox Froschtcichn: 12l weiter gehen. Auf diese Art kam ich bis Mitternacht mit ziemlicher Me-schwindigkcit vorwärts. Nnn wurden die blitze seltener, und ich mußte mich vonvärts tasten, wobei meine Hände nnd mcine Augen in manche Gefahr gcricthen. Gegen Zwei Uhr Morgens stutzte mein Pferd plötzlich. IH sah um mich, was wohl die Ursache sein möge, nnd war nicht wenig überrascht, als ich in nicht großer Ferne zwischen den Bänmcn ein Licht schimmern sah. I„ der Meinnng, daß dort ein Dorf liegen werde, tastete ich auf dem Boden nach Wurzeln von Mais und Baumwollenstauden, oder nach einem andern Anzeichen von Anbau umher, fand aber nichts. Als ich aus das Licht zuschritt, das ich entdeckt hatte, lenchtctcn mir noch von an» dem Seiten Feuer cutgegen. Ich begann zu fürchte», daß ich mitten nil» ter streifende Mauren geraiheu könne. Dennoch ging ich weiter, um mich zu überzeugen, falls dies ohnc Gefahr möglich sei. Ich führte mein Pferd mit vieler Vorsicht dem Licht näher und hörte bald das Brüllen von Vieh und die lauten Stimmen der Hirten, woraus ich erkannte, daß dort Brunnen oder Lachen sein müßten, welche wahrscheinlich den Mauren gehörteu. So anlockend der Ton der menschlichen Stimme für mich klang, wäre ich doch lieber in die Wälder zurückgekehrt und dort Huugcrs gestorben, ehe ich nüch von den Manren hätte gefangennehmen lassen. Da ich aber noch immer Durst hatte und die furchtbare Hitze des Tages fürchtete, so hielt ich es für klug, ehe ich mich entfernte, die Lage der Brunnen ^u ermitteln, von denen ich annahm, daß sie nicht weit entfernt sein könnten. Indem ich suchte, gcricth ich durcl, Unvorsichtigkeit so nal,e an eines der Zelte, daß eine Frau mich bemerkte und sogleich zu schreien anfing. Zwei Männer, welche aus einem andern Zelte traten, um der schreienden Frau zu Hilfe zu kommen, gingen so nahe an mir vorbei, daß es mir unbegreiflich ist. wie sie mich nicht gesehen haben können. Ich eilte in den Wald zurück. Eine halbe Stunde weiter hörte ich rechts vom Wege ein vieltönendes Ge-ränsch und erkannte bald, daß es Froschgequak sei. Diese Töne klangen mir in diesem Augenblicke wie die entzückendste Musik. Ich ging auf sie zu und gelangte mit Tagesanbruch zu einigen sehr flachen Teichen, welche ein schlammiges Wasser hatten und so mit Fröschen gefüllt waren, daß 122 Em Dorf der Fulah. ^14. Kap. man das Wasser kaum sah. Das Geräusch, das die Thiere machten, erschreckte mein Pferd dergestalt, daß ich, so lange es trank, das Wasser mit einem Baumzweig schlagen mußte, um die Frösche zum Schweigen zubringen. Nachdem ich meinen Durst gelöscht hatte, stieg ich auf einen Baum. Die Luft war ruhig und ich sah den Nauch der Zelte, bei denen ich in der Nacht vorbeigekommen war. Im Ostsüdost stieg noch eine andere Rauchsäule mif. Nach dieser Seite wendete ich micb und gelangte etwas vor Elf Uhr zu bebauten Feldern, wo mehrere Neger beschäftigt waren, Mais zu pflanzen. Ich fragte sie »ach dem Namen des nahen Dorfes und hörte, daß es Schrilla heiße, von Fulah l'ewohut werde und unter Ali's Herrschaft stehe. Der Name Ali machte mich eine Zeit lang unschlüssig, ob ich das Dorf betreten solle. Allein meiu Pferd war sehr ermüdet, die Hitze begann übermäßig zn werden, und der Hunger ließ micb viel leiden, so daß ich Alles zu wagen beschloß. Ich begab mich geraden Wegs zur Hütte des Vorstehers, wurde aber abgewiesen. Zögernden Schrittes entfernte ich mich von dieser ungastlichen Wohnung und verließ das Dorf. Nußer-halb der Mauern standen einige zerstreute Hütten lind diesen näherte ich mich, da mir in diesem Augenblicke einfiel, daß die Wohlthätigkeit in Afrika wie in Europa nicht immer l'ei den Reichen ihren Wohnsitz genommen hat An der Thür einer der Hütten saß eine alte Frau und spann Baumwolle. Ich gab ihr durch Zeichen zu verstehen, daß ich Hunger habe, uud ftagte anf dieselbe Weise, ob ihre Hütte etwas Eßbares enthalte. Sogleich legte sie den Spinnrocken weg und bat mich in arabischer Sprache, bei ihr einzutreten. Als ich Platz genommen hatte, stellte sie eine Schüssel Konskous vor mich hin, die vom vorigen Tage übriggeblieben war und mir ein vortreffliches Mahl gewährte. Ich schenkte der gnten Alten eins meiner Taschentücher und erbat mir von ihr etwas Mais für mein Pferd. Sie brachte mir denselben anf der Stelle. In meincm Entzücken, auf eine so glückliche Art gerettet worden zu sein, erhob ich meine Augen gen Himmel. indem ich dankerfüllten Herzens zu dem gütigen und allmächtigen Wesen betete, das mich in so vielen Gefahren unterstützt uud mir nun auch in der Wüste einen Tisch bereitet hatte. Wahrend mein Pferd fraß, begannen die Leute des Dorfes sich zu versammeln, und ich hörte . wie einer von ilmen meiner Wirthin einige 14. Kap.) Fottschiuig dcr Ncisc durch die Wildnisi. 123 Worte sagte, welche mich mit Schreck erfüllten. Obgleich ich die Sprache der Fnlah >mr nothdürftig kannte, ft' verstand ich dock,, daß die Tä'war-zen »nich verhaften und in Ali's Lager führen wallten, wo sie anf eine gute Belohnung hofften. Sogleich raffte ich den Mais znsammen, den die Alte mir gegeben hatte, machte mich, von allen Kindern des Dorfes begleitet, anf den Weg lind schlng eine nördliche Richtung ein, damit man nicht argwöhnen möge, daß ich den Manrcn entronnen sei. Als ich etwa eine Stnnde entfernt nnd von meinem lästigen Gefolge befreit war, wendete ich mich in die Wälder und snchtc nnter einem großen Banine Schutz. Ich bednrstc dcr Ruhe; ein Vimdcl Zweige war mein Bett und mein Sattel mein Kopfkissen. Gegen Zwei Uhr Nachmittags wurde ich von drei Fulah geweckt, welche mich für einen Mauren hielten, mir die Sonne zeigteil nnd mich aufmerksam machten, daß es Zeit zum Gebet sei. Ohne mich mit ihnen in ein Gespräch einzulassen, sattelte ich mein Pferd und ritt fort. Ich kam jetzt in ein flaches Land, welches fruchtbarer war, als ich seit langer Zeit eines gesehen hatte. Am Abend stieß ich auf einen nach Süden führenden Pfad nnd folgte ihm. Gegen Mitternacht erreichte ich einen kleinen Teich, den das Rcgenwasser gebildet haite, und beschloß dort zn übernachten, weil der Ort ein offener war. Nachdem ich meinem Pferde den übrigen Mais gegeben hatte, bereitete ich nur auf dieselbe Weise wie am Mittag, unter einem großen Baume mein Lager. Aber die Mücke» und Moskitos des Teichs hinderten mich lange am Schlafen, und später wurde ich noch zweimal dnrch wilde Thiere geweckt, welche mir ganz nahe kamen und durch ihr Gebrüll mein Pferd in beständiger Furcht erhielten. Am 4. Illli bestieg ich mein Pferd, so wie der Tag sich zeigte, und verfolgte meinen Weg dnrch die Wälder. Mehrmals sah ich Rudel von Antilopcu, auch wilde Schweine und Strauße. Die Gegend war weniger flach 'und frnchtbar, als die welche ich am Tage vorher gefehen hatte. Gegen Elf Uhr erreichte ich eine Höhe, wo ich einen Baum bestieg und in einer Entfernung von etwa zwei Meilen eine Ebene sah, die an verschiedenen Stellen rothe Flecken hatte, in denen ich bebautes Land vermuthete, ^n dcr Richtung dieser Ebene ritt ich weiter und gelangte nach einer Stunde an einen Teich. Alles schien anzudeuten, daß diese Gegend von Fulah bewohnt werde, l24 Gastftcic Aufnahme l,«?i cine», Hiltcn. ^14. Kap. beidcncilichans cine bessere Aufnahme hoffte, als ich sit im Haufe des Vorstehers von Schrilla gefunden l,atte. Ich täuschte mick nickt. Als ich aufciuige Hirten traf, lud mich einer derselben ein, in sein Zcltzn treten nnd einige Datteln mit ihm zn theilen. Die Zelte der Fulah sind so niedrig, daß man in ihnen nicht einmal bequem sitzen kann, und die Bewohner pressen sich neben ihrem Geräth so dicht aneinander, wie Waaren in einer Kiste. Als ich auf Händen nnd Füßen in die bescheidene Wohnnng des Hirten gekrochen war, sah ick, daß sie eine Frau nnd drei Kinder enthielt, welche mit dem Wirth nnd mir den gan;en Umfang des Zeltes einnahmen. Man setzte mir eine Schüssel mit gekochtem Mais nnd Datteln vor. Der Hirt kostete als Oberhaupt der Familie die Speisen zuerst, wie es in diesen Gegenden die Sitte will, nnd lud mich dann ein seinem Beispiel zn folgen. Während ich aß, verließen die Augen der Kinder mich keinen An-gcnblick. Auf einmal sprach der Hirt das Wort: Na;arani und sogleich singen sic an zu weinen und folgten ihrer Mutter, die sich auf Hände und Füße warf und wie ein Windspiel aus der Hütte sprang. Der bloße Name eines Christen flößte ihnen einen solchen Schrecken ein, daß keine Bitten sie vermochten, dem Zelt etwas näher zu kommen. Ich kaufte für mein Pferd etwas Mais, den ich mit einigen Metall-knövfen bemahlte. Nachdem ich darauf dem Hirten meinen Dank gesagt hatte, vertiefte ich mich wieder in die Wälder. Beim Untergang der Sonne befand ich mich auf einem Wege, der genau in der Nicktung auf das Königreich Bambarra fortlief. Ich beschloß ihn die Nacht hindurch zu verfolgen, aber nm Acht Uhr hörte ich Leute, welche von Süden kamen, und glaubte mich in einem dickten Oebüsch, das nicht weit entfernt war, verbergen zu müssen. Da diese Büsche gewöhnlich wilde Thiere beherbergen, so war meine Lage eine höchst unangenehme. Ick setzte mich an einen finstern Ort »nd l,iclt meinem Pferde, damit sein Wicbcrn mick nickt verrathe, mit beide» Handen das Maul zn. Ich fürcktetc mich vor den Thieren die im Gebüsch waren, und vor den Menschen, die draußen vorbeizogen, gleichsebr. Meine Besorgnisse wurden indessen bald zerstreut. Die Reisenden blickten allerdings in meiner Nähe rings um sich, sahen aber nichts und setzten ihren Weg fort. Ich beeilte mich, eine offene Stelle zu erreichen. i5. Kap.1 Mnngo Park erreicht dir Negerstadt Wawra. 125 und ritt genau nach Ostsüdost zu weiter. Nach Mitternacht bestimmte mich das willkommene Qnaken von Groschen, zur Seite zu biegen, um meinen Durst zu stillen. Ich fand einen großen, mit iltegenivasscr gefüllten Teich, trank, und suchte mir dann eine Stelle, auf der ein großer Baum stand, zum Nachtlager aus. Gegen Morgen wurde ich von Wölfen aufgeweckt, und dies bestimmte mich, noch vor Sonnenaufgang weiter zu reiten. Ohne Anfentdalt reiste ich bei dem kleinen Dorfe Wassalita vorbei und erreichte gegen Zehn Uhr die Ncgerstadt Wawra, die eigentlich zu Kaarta gehört, aber in diesem Augenblicke dem König Mansong von Vambarra zinspflichtig war. Funhehntes Kapitel. Abreise nach Warfibo. — Mungo Park wird vm, Flüchtlingen aus Naarla l'caleitct. — Entdeckung des Nigers. — ^ego. die Hanpt-sladt von Baml'arra. — Dcr König Maiüong weigert sich. Mungo Park ni empfangen, schickt ihm aber ein Mctthcnl. — Gro^c Ua,l,ienud° schast ciner Negcrin< Wawra ist eine kleine, von hohcn Mauern umgebene Stadt, in dcr Mandingo und Fulah neben einander wohnen. Die Bevölkerung beschäftigt sich mit dem Anban von Mais, für den sie bei den Mauren Salz eintauscht. Da ich jetzt vor den Uled ?lmer sicher und in hoben, Grade ermüdet war, so wollte ich ruhen. Dcr Vorsteher nahm mich sehr gut auf und wies mir mein Lager auf ciner Oä'scnhaut an. wo ich zwei Stunden lang vortrefflich schlief. Länger ließ mich die Nengicr der Anwohner nicht ruhen. Die guten Leute hatten meinen Zaum und meinen Sattel gesehen und waren in großer Zahl herbeigeeilt, um zu erfahren, wer ich sei und woher ich tomme, Einige hielten mich für einen Araber, nach Anderen war ich ein manrischer Sultan. Sie erörterten diese Streit, stage mit solcher Wärme, daß der Lärm ihrer Unterredung mich erweckte. Endlich schritt der Vorsteher, der früher am Gambia gewesen war, zu meinen Gunsten ein, indem er die Versicherung gab, daß ich gewiß und wahrhaftig ein Weißer sci. Mein Aeußeres. setzte er hiuzu, überzeuge ihn jedoch, daß ich sehr arm sein müsse. 126 Wissensdrang eincs Fülah. !<',. Kap. Im Laufe des Tages erschienen mehrere Frauen, welcke gehört bat-tei^ daß ick nach Sego gehe, und baten mick daß ich mich beim König Mansong erkundigen möge. was aus ihren Kindern geworden sei. (5ine sagte mir, ihr Sohn sei kein Heide, sondern bete jede» Morgen und Abend zn Gott. Vor etwa drei Jahren sei er fnr das Heer aufgehoben worden, seit dieserZeit habe sie nie wieder von ihm gehört. Sie fügte hinzu, sie tränme oft von ihm. uud bat mich, wenn ich ihn in Bambarra oder, in meiuem Vaterlaüde sähe, so möge ich ihm sagen, daß seine Mutter uud seine Schwester noch am Leben seien. Am Nachmittage prüfte der Vorsteher den Inhalt des ledernen Sacks, in dem sich meine Kleider befanden, fand aber nichts, was des Nehmens werth war, und gab mir das Ganze zurück, iudcm er mich zugleich aufforderte, am nächsten Tage weiter zn reisen. Am 6. Juli regnete es in der Nacht sehr viel. Bei Tagesanbruch ritt ich mit einem Neger fort, der in Dingyce Korn holen wollte. Wir hatten jedoch kaum eine halbe Ttnnde zurückgelegt, als mein Begleiter von seinem lW abgeworfen wnrde und auf der Stelle umkehrte, so daß ich allein weiter reisen mußte. Gegen Mittag erreichte ich Dingyce. Der Vorsteher und die meisten Einwohner wareil auf dein Felde, um zu pflanzen, nnd ick glaubte schon, daß ich kein Obdach finden werde, als ein alter Fulah, der mich umherirren sah, mich in seine Hütte einlud und gastfrei bewirthete. Inzwischen kehrte der Vorsteher zurück und sckickte mirLebeusmittcl wie Futter für mein Pferd. Ganz uneigennützig war der alte Fulah bei seiner Gastfreundschaft doch nicht gewesen. Als ich am nächsten Morgen von ihm Abschied nahm, bat er mich um eine Locke meines Haars. Natürlich fragte ich nach dem Grunde dieses seltsamen Wunsches uud horte nun. dieHaare eines Weißen seien ei,i kostbarer Zauber, dessen Besitzer dieselben Kenntnisse erlange, welche ein Weißer habe. Obgleich dieses einfache Mittel, zu Wissen zn gelangen, mir uoch nicht bekannt war. erfüllte ich doch die Bitte ohne Zandern. Der Alte schien die Gelehrsamkeit sehr hoch zu schätzen, wenigstens schnitt er so viele Haare ab, daß die eine Seite meines Kopses beinahe kahl wurde. Damit die andere Seite nicht dasselbe Schicksal habe, setzte ich meinen Hut aus uud erklärte dem Fulah. daß ich 15>. Kap.) Mungo Park von Flüchtlingen aus Kaarta begleitet. 127 cine» Tbeil niciner kostbaren Haare für eine andere st^elegenheit aufzubewahren wünsche. Gegen Mittag kan» ich in der kleinen Stadt Wassibu an. Ich mußte hier so lange bleiben, bis ich mir einen Führer nach Satile verschaffen konnte. Die Entfernung beträgt allerdings nur einen starken Tagemarsch, aber man muß durch Wälder reisen, wo es nirgends einen gebahnten Weg giebt. Ich nahm daher im Hause des Vorstehers Wohnung und blieb dort vier Tage. Während dieser Zeit unterhielt ich mich damit, daß ieb die Hausbewohner, wenn sie arbeiteten, anf das Feld begleitete. Der Ackerbau wird hier sehr stark betrieben, und die Einwohner kennen daher, wie sie sich rühmen, keinen Hunger. Je drei Selaven bearbeiten ein Feld, das ihnen der Herr mit dem Schaft des Speeres zumißt, und die gesammten Fluren werden auf diese Weise in gleiche Theile getheilt. Die kriegerische Form der Vermessung kann in einer Gegend, deren Einwohner, um sich gegen die Mauren zu schützen. il,re Waffen auf das Feld mitzunehmen, nicht auffallen. Männer und maneuver, richten die landwirthschastlichcn Arbeiten gemeinschaftlich uud bedienen sich dabei eines großen scharfe» Spatens, mit dem dasselbe Werkzeug, wie man es am Gambia steht, keinen Vergleich aushalten kaun. Am Abend des II. kamen acht der Flüchtlinge alls Kaarta an. Die Tyrannei der Manren war ihnen unerträglich geworden, und sie wollten sich nun dem König von Vambarra unterwerfen. Sie boten mir an. mich nach Satile zu führeu, uud man kann leicht denken, daß ich diesen Vovftl'lag annahm. Am nächsten Morgen brachen wir bei früher Stunde anf. Wir reisten bis Sonnenuntergang mit solcher Eile, daß wir nur zweimal Halt machteil, das eine Mal im Walde bei einem Wasserplatzc, und das andere Mal bei den Trümmern einer Stadt, wcläie früher zu Kaarta gehörte und Illa Eompe, Kornstadt, genannt wurde. Als wir in die Nähe von Satile kamen, ergriffen alle Leute, welche auf dem Felde mit dem Pflanzen von Mais beschäftigt waren, lautschreiend die Flucht, weil sie uns für strcifeudc Mauren hielten. Die gauze Stadt geriet!) in Aufruhr, und wir sal,en überall Sclaven, welche die Pferde und das Hornvieh dem Thor zutrieben. Daß einer von uuscrer Gesellschaft voran sprengte, um die Leute über uns aufzuklären, vermehrte 128 Ncisc nach Scgo. l>5- Kap. den Schrecken noch. Als wir die Stadt erreichten, waren die Tbore geschloffen, und die Einwohner standen nnter den Waffen, Nach langen Verhandlungen wurde nils endlich der Zutritt gestattet, nnd da augenscheinlich ein heftiger Sturm drohte, nabinnns der Vorsteher in seine Hütte auf und versah icden mit einer Ochsenbaut. Als wir am nächsten Tage in der Frülie fortritten, fanden wir die Wege schmutzig und schlüpfrig. Das Land war dagegen sehr schön und von mehreren kleinen Bächen durchschnitten, die sich in Folge des Regens in reißende Ströme verwandelt hatten. Gegen Zehn Uhr befanden wir uns bei den Trümmern eines Dorfes das im lrtzten Kriege, ungefähr vor sechs Monaten, zerstört worden war. Um den Wiederaufbau des Orts zu verhindern, hatte man den Bentang, bei dem die Einwohner ihre Tage hinzubringen pflegten, verbrannt, die Vrnnncn verschüttet und außerdem noch Alles, was diescu Aufenthalt bequem nnd angenelmi machen konnte, ganzlich zerstört. Am Mittag nahm die Ermüdung meines Pferdes so zu, daß ich mit meinen Reisegefährten nicht mehr Schritt halten konnte. Ich stieg daher ab und ließ sie weiter reisen, um ihnen zn folgen, sobald mein Pferd durch Nnbe wieder einige Kräfte erlangt hätte. Die guten Leute wollten mich aber nicht allein laffcn, nnd Einer von ihnen blieb bei mir zurück, während die Anderen nach Galln weiter reisten, um eine Wohnung und für die Pferde trockenes Gras zu snchen. Wie sie mir sagten, gab es in der (Hegend viele Löwen, wclcbe einen einzelnen Menschen angreifen, aber vor zweien Furcbt haben. Mit Hilfe des zurückgebliebenen Negers trieb ich mein Pferd bis Gallu, einer bedeutenden Stadt, die in einem frucht« baren und schönen, vou Felsen umgebenen Thale liegt. Die Flüchtlinge ans Kaarta wollten sich in dieser Gegend niederlassen, und dieser Umstand verschaffte uns i?ie beste Aufnahme. Der Vorsteher schenkte ihnen ein schönes Schaf, und ich erhielt für mein Pferd Gras im Ueberfluß. Wie in Kemmu, kündigt man auch hier das Abendgebet durch Blasen ans ausgehöhlten Elephantenzähnen an. Wir verließen Gallu am andern Morgen früh, nachdem wir unserm Wirth für seine freundliche Aufnahme gedankt und meine Gefährten zu Gott gebetet hatten, daß er den freigebigen Mann nie Mangel leiden 15. Kap.I Mungo Park entkeinnit den Mauren. 1yy lassen möge. In der dritten Mittagsstunde kainen n'iv in Murscha ^) an. Diese Stadt ist groß nnd besi^t in dem Handel mit Salz, welches die Mauren Hieher bringen, um es gegen Korn und baumwollene Zeuge auszutauschen , eine reiche Quelle des Wohlstands. Da die Einwohner fast alle Mohamedancr sind, so treten sie gegen die Kafirs sehr unduldsam auf. Die letztereu dürfeu nur in gewissen Hausern Bier trinken, das hier Neodollo oder Korngcist genannt wird. Ich trat in ein solches Haus ,md sah zwanzig Neger um große Gefäße voll Vier sipeu. Gü herrschte eine laute Fröhlichkeit, uud mehrere ^eute warcu betruukcn. Der Ucber-fluß, in dem man zu Murscha lebt, macht die Eiuwohncr gegen Fremde höel'st freigebig. Man sebickte uns so viel Korn nnd Milch, daß wir genug gel>abt hatteu, uud n'ärcn wir uoeh dreimal so zahlreich gewcscu. Obgleich wir zwei Tage verweilten, machte sich doch keine Verminderung der Gastfreuudlichkeit bemerkbar. AIs wir am Morgen des 16. abreisten, begleitete uns ein Kaufmann, der auf vierzehn Eseln Salz nach Sansading führte. So romantisch die Straße war, die zwischen zwei Fclscnbergcn hinführt, waren wir doch froh, als wir das freie Feld erreichten, denn in den Engpässe liegen oft Mauren im Hinterhalt, nm die Reisenden zu plüuderu. Diese gefährliche Stelle hatte deu Kaufmann vermocht, mit uns zn reisen, nud in srcicm Felde verließ er mis. Die Tonne stand tief am Himmel, als wir in Datlibu aufamen. Die Nacht schickte uns einen fürchterlichen Orkan. Der Ncgen drang durch das flache Dach in Strömen zu uns herein, löschte unser Feuer aus uud verwandelte den Fußboden in emeu Tumps, in den wir bis au die Kuöchel versaukeu. Wir verbrachten die Nacht in einer Ecke auf einigen Bündeln Reisig. Nm uachste» Morgen begegneten wir einer großen Karawane, welche mit Spaten, Matten und anderm Hausgcräth von Sego zurückkehrte. In einem großen Dorfe, wo wir übernachten wollten, weigerte sick der. Vorsteher uns aufzunehmen. Die Weiterreise wurde mir beschwerlich da mein Pferd so entkräftet war, daß ich es treiben mnßtc. In dem nächsten *) Mungo Park schrc'll't Marjee. Wann wird die chaotische Ver-wirnmsi, i» der Rschtschreioxug fremder, namentlich asiatischer und afrikanischer Ortsnamen, enölicl, aufhören! In der neuesten Zeit scheint sie noch zuznuchmcu; besonders die Engländer sündigen darin sehr stark. Mui^u P,ul. a 130 Ein 3clave»transp0lt. ^15. Kap. Dorfe hörte der Vorsteher nicht sobald, daß ich cm Weißer sci, als er drei alte Flinten zum Vorschein brachte nnd nicht wenig erstaunte, daß ich sie nicht auszubessern verstehe. Ausnahme sanden wir an diesem Orte, aber sonst war es mit der Gastfreundschaft so schlecht bestellt, daß wir am nächsten Morgen hungrig aufbrechen mußten. In einem zweiten Dorfe gab man uns keinen Mais. Die Städte siud hier sehr häufig und besitzen außer dem Ackerlande auch Weiden für das zahlreiche Vieh. Daß die Vinwobner so ungastlich sind. ist der großen Anzahl von Reisenden zuzuschreiben, welche die Handelsstraße nacb Sego benutzen. Mein Pferd war so entkräftet, daß es mir keinen Nntzcn mehr brachte. Da ich es au diesem ganzen Tage nicht besteigen konnte, so erreichte ich Geosorro erst in der ackten Abendstunde. Ich fand meine Gefährten im Streit Mit dem Vorsteher, der ihnen Lcbensmittel verweigert batte. Nir hatten seit vicrundzwanzig Stunden nichts gegessen und waren ill unseren Bitten sehr dringend, aber man gab uns nichts. Ich war ermüdet eingeschlafen, als um Mitternacht der willkommene Nuf: Kinne nata! (das Essen ist da) mich erweckte. Gestärkt traten wir am »äcksten Morgen uuserc Weiterreise an, doch mußte ich wegen meines müden Pferdes abermals zurückbleiben. Unterwegs begegnete mir ein Zug von siebenzig Sclaven, die von Scgo kamen. Je sieben dieser Unglücklichen waren mit ledernen Riemen zusammengebunden, nnd bei jeder solchen Gruppe befand sich ein Aufseher mit einer Flinte. Manche dieser Sclaven, namentlich Weiber, befanden sich in einem sehr leidenden Zustande. Den Beschluß macbte der Diener meines Scberifs Tidi Moha-med aus Marokko, dessen ich mich vom Lager bei Venau» her erinnerte. Auch er erkannte mich auf der Stelle und sagte mir, daß diese Sclaven über Lndamar durch die Sal'ara nach Marokko gesührt werden sollten. Am Nachmittage begegnete ich den Herren der Sclaven, zwanzig berittenen und wohlbewaffncten Mauren. Sie fragten mich sebr neugierig ans, behandelten mich aber höflicher als früher ihre Landslcnte. Ich erfuhr von ihnen, daß Sidi Mohamcd nicht in Sego sei, sondern sieh in Kankaba befinde, um dort Goldstaub einzukaufen. Die nächste Stadt hatten meine Reisegefährten bereits verlassen, als ick dort ankam, aber mein Pferd war zu ermüdet, als daß ich ihnen hätte folgen können. Der Vorsteher gab mir einen Trunk Wasser, worin man ge> 15. Kav.^ Ein Gastmahl. — Verhöhnung. 131 wohnlich ein Anzeichen fernerer Gastfreundschaft sieht, nnd ich zweifelte keinen Augenblick, daß ein gntes Abendessen nnd ein ruhiger Tclilaf meinen müden Körper stärken würden. Leider wurde mir beides nicht ;u Theil. Der Vorsteher ließ es bei dem Trunk Wasser bewenden, und in der Nacht ranbtc mir Sturm nnd Regen die Nuhe. Am Morgen wendete ich bei dem Vorsteher mit gleich schlechtem Erfolg Bitten nnd Drohungen an. Sogar bei einer Sclavin, welche am Brunnen Mais wusch, bettelte ich um Nahrung nnd erlebte die Demüthigung, eine abschlagige Antwort zu erhalten. Zuletzt schenkte mir die Hausfrau, als ihr Manu aufs Feld gegangen war, etwas Mehl, das, mit Wasser angerührt, mein Frühstück ausmachte. Um Acht Uhr verließ ich den Ort nnd bekam bei einem Wasserplatze, wo iä, rastete von den Fnlahhirten Milch. Ich traf hier zwei Neger, welche nach Sego gingen, und schloß mich an sie an. Im nächsten Dorfe fand eine Art von öffentlichem Gastmahl statt, zn dem wir eingeladen wnrden. Ein ungewöhnlicher Anstand herrschte, und auch die Frauen, die man in Afrika überall ausschließt, nahmen Theil an dem Feste. Man trug ein Gericht auf, das aus Meh.l und saurer Milch besteht, nud theilte mit großer Freigebigkeit Bier ans. Die Gäste trankeil einander zn, und wenn einer die Kalebasse niedersetzte, sagte er gewöhnlich: Berka (ich danke Dir)! Sowohl die Männer als die Franen schieneil etwas betrunken zu sein, aber nie entstand Zank. In mehreren großen Dörfern, dnrch die wir reisten, hielt man mich für einen Mauren und verhöhnte mich. Wie ich mein Pferd vor mir hcrtricb. mochte ich ei»e traurige Figur spielen. „Er kommt von Mekka." rief der Eine, „man siedt es an seinen Kleidern!" Ein Zweiter fragte, ob mein Pferd krank sei. ein Dritter erkundigte sich nach dem Kaufpreise. Ich glaube, die beiden Neger schämten sich, in meiner Gesellschaft zn reisen. Knrz vor dem Einbruch der Nacht machten wir in einem kleinen Dorfe Halt. wo ich mir für einen Metattknopf einige Nahrungsmittel, für mich lind etwas Mais für mein Pferd verschaffte. Man sagte mir, daß ich in der Frühe des nächsten Tags den Niger sehen würde, welchen die Schwarzen Miba oder das große Wasser nennen. Es giebt hier so viele Löwen, daß man Nachts die Thore schließt und Niemand mehr die Ortschaften zn verlassen wagt. Der Gedanke, daß ich morgen den Niger sehen 9' 13' Der Niger. — Die Hauptstadt Sego. ^15. Kap. ivcrde, mid das lästige Summen der Moskitos ließeil mich keinen Augenblick schlafe», Lange vor Tageöailbruch hatte ich mein Pferd gesattelt und war znr Abreise bereit, mußte aber so lange warten, bis die Einwohner, welche noch schliefen, die Thore geöffnet hatten. In Sego war Markt, und die Wege wimmelten von Leuten welche Waaren zum Verkauf dorthin trngen. Wir kamen durch vier große Dörfer und sal>c» am Mittag den Nauch ans Sego aufsteigen. Als wir uns der Stadt näherten, holte ick die Flüchtlinge aus Kaarta ein, die mich so wohlwollend behandelt hatten. Tie erboten sick, meine Vorstellung bei dem König zu bewirken. Wir schritten aus einem sumpfige» Boden dahin, und ich sah mich »ach dem Flusse um, als plötzlich einer meiner Gefährten ausrief: ,/Aco affili,, (Seht das Wasser)! Ich blickte auf und sah mit unendlichem Entzücke» den großen stjegenstand meiner Sendung, den majestätischen Niger, den ich seit so langer Zeit suchte. Breit wie die Themse östlich von Westminster, funkelte er in den Sonne»-strahlen und strömte langsam gegc» Osten. Ich eilte an das Ufer, trank von dem Waffer und hob meine Hände gen Himmel, um dem Lenker aller Dinge inbrünstig zu dankeil, daß er meine Anstrengungen mit einem so vollständigeil Erfolg gekrönt habe. Die Wahrnehmung, daß der Niger gegen Osten n»d die a» diese Richtung angrenzenden Punkte strömc, überraschte mich keineswegs. Wenn ich auch bei meiner Abreise aus Europa in dieser Beziehung starke Zweifel hegte, fo hatte ich doch im Lause meiner Ncise so viele Frageil hinsichtlich des Flusses gestellt und von den Neger» der verschiedensten Stämme so oft u»d so bestimmt versichern hören, daß sein Lauf die all« gemeine Richtung »ach Osten einschlage, daß mir i» diesem Punkte um so weniger eine Ungewißheit blieb, als ich wnßtc, daß der Major Hough-ton auf dieselbe Weise ähnliche Nachrichten eingezogen habe. Sego, die Hauptstadt vo» Vambarra, die ich nun betrat, besteht eigentlich aus vier besonderen Städten. Zwei derselbe» liege» auf dem nördliche» Ufer des Flusses und heißen Sego Korro und Sego V». Die beiden anderen liegeil auf dem südliche» Ufer und werden Sego Sn Korro und Sego Si Korro gcnannt. Um alle ziehen sich hohe Erdmaumi. Die Häliscr sind von Lehm ausgeführt, vo» Gestalt viereckig und mit flachen Dächern versehen. Einige habe» zwei Stockwerke, und hie und 15. Kap.) Eego »nd seine Einwohner. 13^ da sieht man einen weißen Anivurf. Außer diesen Oebäudcn giebt es in allon Stadtvierteln maurische Moscheen. Die Straßen sind trotz ihrer singe breit genug, »in in einem Lande, wo Nädcrfnhrwerkc gänzlich nnbe-kanntsind, allen Bedürfnissen zn genügen. Nach allen Mittheilungen, die ich mir verschafft habe, glanbe ich mit Wrnnd annehmen zu dürfen, daß Scgo in allen seinen vier Städten 39,000 Einwohner enthalt. Der König von Bambarra, dessen beständige Nesideoz Scgo ist, beschäftigt eine große Anzahl von Selaven mit dem Hernberschaffen von Reisenden und Geschäftsleuten von einem Ufer znm andern. Das Fabrgcld beträgt nickt mel't als zehn Kauris für den Kopf. und verschasst dem König den» noch im Laufe des Jahres eine beträchtliche Einnahme. Die Fahrzeuge, deren man sich bedient, haben eine sonderbare Bauart. Jedes bestel't ans zwei ausgehöhlten Baumstämmen, die aber nicht nebeneinander befestigt, sondern an den Enden zusammengefügt werden, sodaß ihr Vcr-bindungspunkt genau in der Mitte des Fabrzcngs liegt. Sie haben weder Verdeck, noch Mast, und sind im Verhältnis« zu il'rer Länge unverhältnismäßig schmal. aber doch ziemlich geräumig. Ich sah eines über den Fluß fahren, das neben mehreren Menschen vier Pferde anfgenoM' inen balle. Als ich den Fäbrftlatz erreichte, befanden sich dort bereits viele Menschen, welche auf das andere Ufer hinübcrgefchasst werden wollten. Alle betrachteten mich schweigend, und ich bemerkte nicht ohne Unruhe, daß mehrere Mauren nnter ihnen waren. Man schiffte sich an drei verschiedenen Punkten eiu, und die Fährlcntc arbeiteten rasch und fleißig. Die Menge war aber zu groß, als daß icb aus der Stelle hätte zur Uebcr< fahrt gelangen können, und so setzte ich mich auf das Ufer, um emen günstigeren Augenblick abzuwarten. Die große Stadt, die sich vor mir entfaltete, die zahlreichen Fahrzeuge, die den Mß bedeckten, die thätigen Einwohner, die bebanten Ländcreien, die sich bis in weite Fernen hinzogen, zeigten mir ein Bild von Wohlstand und Civilisation, das ich im Innern von Afrika zu erlVicken uielit erwartet hatte. Ich wartete länger als zwei Stunden, ohne daß sich mir ein Mittel darbot, über den Fluß zu gelangen. Während dieser Zeit hatten die Leute, die vor mir das andere User erreicht hatten, den König Mansong benachrichtigt, daß ein Weißer auf die Ueberfahrt warte und sich ihm vor- 134 Wohlthäligleil einer Negerin. l<5< Kap. stellen lassen wolle. Mansong schickte mir ans der Stelle einen seiner ersten Diener, um nur sagen zu lassen, daß er mich nicht eher sehen könne, als bis ich ihm Ausschluß ertheilt habe, was mich in sein Land fübre. Ohne die Erlaubniß des Königs, fügte der Bote hinzn, dürfe ich »licht über den Fluß gehen. C'r rieth mir, iu einem nahen Dorfe, auf das er mit der Hand zeigte, ei» Nachtquartier zn suchen, und schloß mit den Worten, daß er mir am nächsten Morgen ucueAnweisungen bringen werde, was ich ;u tlmn habe, Diese Vereitelung meiner Wünsche war mir unangenehm, doch cs gab keine Abhilfe, und ich begab mich daher in das Dors, wo ich die Demüthigung hatte, daß Niemand mich in seinem Hause aufnehmen wollte. Jeder betrachtete mich mit Erstaunen und Bcsorg-niß, und ich saß den gau.en Tag unter einem Baume, ohne daß ich Le-beusmittel erhielt. Die Nacht schien noch unangenehmer werden zu müsscu, denn es hatte sich ein Sturm erhobeu, und Alles deutete auf eine» starken Regen hin. Ueberdies giebt es in dieser legend so viele wilde Thiere, daß ich genöthigt gewesen sein würde, einen Baum zu ersteigen und in dessen Gezweige zu schlafen. Schon bereitete ich mich gegen Sonnenuntergang vor, die Nacht aus diese Weise zuzubringen, und hatte eben meinem Pferd die Freiheit gegeben, damit es nach Gefallen weiden könne, als eine Frau, die ans dem Felde von der Arbeit heimkehrte, stehen l'lieb nnd mich betrachtete. Da sie meine Niedergeschlagenheit und Ermattung sah, so erkundigte sie sich nach meiner Lage. die ich ihr mit wenigen Worten auseinandersetzte, worauf sie mit dem Ausdruck des tiefsten Mitgefühls in den Zügen meinen Sattel und Zaum ergriff und mich aufforderte, ihr zu folgen. Nachdem sie mich in ihre Hütte geführt hatte, zündete sie eine Lampe an, breitete eine Matte auf den Voden und sagte mir, daß ich dort während der Nacht ruhen tonne. Sie bemerkte nicht sohald, daß ich Hunger habe, als sie mir Speise zn verschaffen versprach. In der That ging sie hinaus und kam in kurzer Zeit mit cmem sehr schonen Fische zurück, den sie ausKohlen hall' gar briet und mirzum Abendessen vorsetzte. Nachdem meine würdige Wohlthäterin auf diese Weise alle Pflichten der Gastfreundschaft erfüllt hatte, wies sie anf meine Matte, wo ich ohne Furcht ruhen könne. Ihrer Aufforderung zufolge nahmen nun die Weiber ihres Hausstandes, die mich während dieser ganzen Zeit unaufhörlich bc- !'>. Kav.^j Ein Nc^crlied. — Schlimme Nachrichten. 1^5 trachtet hatten, ihre Arbeit, welche im Spinnen von Baumwolle bestand, wieder ans. Sie beschäftigten sich mit derselben während eines großen Theils der Nacht. Um die Langeweile zu verscheuchen, stimmten sie Lieder an, von denen eines ans der Stelle entstanden sein mnßtc, denn ich war der Gegenstand desselben. Eine der Frauen sang es, und die übrigen sielen in ZwiDenräumen als Chor ein. Die Melodie war sanft und klagend, nnd die Worte lauteten in buchstäblicher Ucbersctzung: „Die Winde heulten und der Regen rauschte nieder. „Der arme weiße Mann fam schwach nnd erschöpft uud sehte sich nntcr unsern Baum. „Er hat feine Mutter, die ihm Milch brächte, er hat keine Fran, die ihm sein Korn mabltc." Chor: „Laßt uns mit dem armen weißen Manne Mitleid haben, er hat keine Mutter, die ilnn Milch brächte, er bat keine Frau, die ihm sein Korn mahlte." Diese C'inzell'eilm erscheinen dem Leser vielleicht unbedeutend, aber in der Lage, in der icb mich befand, rührten sie mich außerordentlich. Von einer l^üte, die iä, so wenig erwartet batte, bis zu Thränen bewegt, vermochte ich »licht zu schlafen. Am Morgen gab ich meiner cdclmiithigen Wirthin zwei von den vier Knöpfen, die an meiner Weste noch übrig waren. Cs war dies das einzige Geschenk, durch das ich ihr einen Beweis meiner Dankbarkeit zu geben im Staude war. Am 2l. Juli blieb ich den ganzen Tag im Dorfe und unterhielt mich mit den Einwohnern, welche haufenweise herbeiströmten, um mich zu seben. Am Abend wurde ich etwas unruhig, daß ich noch keine Botschaft vom König erhalten batte, und zwar um so mehr. als ich die Leute um mich her sagen hörte, daß Mansong von den Mauren und Sclavenhänd-lcrn. welche in Sego wohnten, sehr Ungünstiges über mich vernommen habe. Die Sache l,atte nichts Unwahrscheinliches, denn es waren mir bereits Beweise gegeben worden, mit welchem Mistrauen diese Menschen meine Neise betrachteten und welche Beweggründe sie mir unterschoben. Ich hörte, daß der König wiederholt mit ilmen berathen habe, was mit mir zu beginnen sei. Einige Einwohner des Dorfs sagten mir geradezu, ich habe viele Feinde und dürfe aus keine Gunst hoffen. 1Z6 ssdelmuih des ,5o»!>is vo» Pambarra. sl5. Kap. Am 32. Juli, in der Elften Ttnnde, erschien ein Bote des Königs, der mir jedoch wenig Beruhigung verschaffte. Dieser Mann wollte vor allen Dingen wissen, welcbe ft^esckenke ich dem König mitgebracht habe, und war sehr betroffen, als ich ihm sagte, daß dic Manren mir Alles geraubt hätten. Als ich mich erhob, um ihn zn begleiten, bcschied cr mich, daß ich bis zum Nachmittag warten müsse, zn welcher Zeit ein neuer Vote zu mir kommen werde. Dieser zweite Bote erschien erst am 23. Juli mit einem Beutel in der Hand. Er sagte mir. der König befehle, daß ich augenblicklich von Sego abreise, wolle aber einem Weißen, der sich im Elend befinde, Unterstützung gewahren, u»d schicke mir daher fünftausend Kauris *), damit ich mir Lebensmittel kaufen und meine Noise fortsetzen könne. Habe ich wirklich die Absickt, nach Dschinnie zu gehen, fügte der Bote hinzu, so habe er Befehl, mich als Führer bis Sansading zu begleiten. Anfangs wußte ich nicht, was ich von diesem Benebmen des Königs halten solle, als ich aber mit dem Boten noch weiter gesprochen hatte, kam ich auf den Gedanken, daß Mamsong mich gern in Scgo vor sich gelassen haben würde, wenn er nicht gefürchtet hätte, mich gegen den Haß und die Bosheit der maurischen Bewohner nicht schützen zu können. Er handelte mithin zugleich klug und edelmüthig. Die Umstände, welche meine Ankunft in Sego begleiteten, waren ohne Widerrede der Art, daß der König in den Argwohn verfallen konnte, ich wüusche den wirklichen Beweggrund meiner Ncisc zu verheimlichen. Er dachte wahrscheinlich eben so wie mein Führer. Als ich diesem erzählte, nur deshalb babe ich die weite, weite Neisc gemacht und tausend Gefahren getrotzt, um dcn Dscholiba zn sehen, fragte er mich, ob es nicht auch in meinem Vaterlande Flüsse gebe. nnd ob nicht ei» Fluß wie der andere aussehe. Ohne sich von dem Argwohn und der niedrigen Eifcr- *) Ich babe diese kleiüen Muscheln, welche in mehreien Theilen Ostindiens und Afrika's als Zchcidennniie im Umlauf sind, bereits erwähnt. In Baml'arra und de» ankreuzenden Mel'iete», wo die uuthwcndiaLen Bedürfnisse sehr wohlfei! sind, braml'tc ich gewöhnlich nicbt mchi' als Inin-dert Kauris, lim mir Lebensrnittel „nd meinem Pferde Mais ,;„ kaufen. Nach meiner Tchähung entsprechen ^0 H^nms etwa einem Schilling. Mnngo Parl. l6- Kap., Abreise von 3ego. suebt der Mal.reu beirren zu lasseu, sagte sich dieser edle Fürst cs reiche lnu, daß ein Weißer im äußerste,, M»d in seinem Könia-reiche angekommen ,ei, um diesem Manne cm Anrecht auf stinc Güte zu geben. Sechszchntes Kapitel. Abreise von Sego uud Aukiiüft iu Klibl'a. — Besckreibun.i des ^^,is, oder Vntterbaumcs.-A>,l>,uft i» 3ausadi,,g. - Noue Misbandlunaeu durch Mauren. — Mungo P.nl dringt noch weitergegenOsten vor -. ^,,s gäüge aiifdcrRcisc. - Anknnft zu Madibn. — Mungo Park muß sciuPseVd zuriicklassen. — ss^hit a»f dem Ni^cr. - Tilia. ' — ss»t,'ch,uß einem wcitern Vordringen gegeu Osten zu cntsaaeu. — Einige Nachrichten vom Niger uud von den Etädleu. die im Osteu des Flusses liege». — An. hang des Ueberscherö: Der Niger uud die Ni.zcrrei'seu^ Ich sah mich also gcMmgcu, Ecgo zu verlassen, und wurde Nl'ch an demselben Abend nacl, einenl östlich gelegene» niebt ganz zwei Meilen entfernten Dorfe geführt, wo mein Führer einige Einwohner kannte, bei denen wir eine gute Aufuabme fandcu. ^) Dieser Manu beualnu sich freundschaftlich und war sehr mittheilend. Der Kastfreil'cit seiner Lauds-leute hielt er große Lobreden, sagte mir aber, wenn Dschinnie wirklich der Ort meiner Vestiuimuug sei — er hatte also bis jekt daran gezweifelt! — so habe ich ein gefährlicheres Unternehmeil begonnen, als ich zn glauben scheine, denn obgleich Dschiunie dem Namen nach zn den Besitzungen des Königs von Bambarra gehöre, so sei es doch eine maurische Stadt. Der größte Theil der Einwohner bestehe aus Vuschrins, und auch der Statthalter gehöre, obgleich er von Mansong ernannt worden sei, zu dieser Sccte. Ich war demuach iu Oefabr, zum zweiten Male Leuten in die Hände zn fallen, die. wenn sie mich tödtcten, nicht blos eine verzeihliche, sondern selbst eine verdienstliche Handlnng zu begehen glaubten. Meine Betrachtungen ualnncu eine noch düsterere Färbung an, als ich mir sagte, daß die Ocsahr in dem Maße, als ich weiter vordringe, zunehmen *) Ich H5ttc schuu frul'er bemerlen sollen, daß die Müwohucr vou Bambarra ein vcrdorl'ence Mandingo srreclicu. Nach ciuigcr Uebuua verstand ich diese Sprache uud konutc sie selbst rcdeu. Muu'go Park. ' 138 Ankunft in Kal'ba. — Dcr Viittclbanm. — Vcinsadiiig. I>6. Kap. werde, denn ich erfuhr, daß die Städte jenseits Dschinnie noch mehr unter dem Einflüsse der Mauren ständen, als jener Ort, und daß Timbuktu, der Hanptgegenstand meiner Forschungen, ganz im Besitz dieses barbarischen Volkes sei, welches keinem Ehristcn gestatte, dort zu wohnen. Ich war jedoch zu weit vorgedrungen, um mich ans so unbestimmte Angaben hin zur Nückkcbr entschließen zu können, und beharrte dabei meine Neisc fortzusetzen. Stets von meinem Führer begleitet, verließ ich am Morgen des 24. das Dorf. Gegen Acht Uhr ritten wir dnrch eine große Stadt, welche Kabba beißt und mitten in einer schönen vorzüglich gut bebauten Ebene liegt, welche mehr den englischen Binnenlandschasten gleicht, als dem Innern von Afrika, wie ich es mir vorgestellt hatte. Die Einwohner beschäftigten sich aller Orten mit dem Einsammeln der Früchte des Sehihbaumcs, aus denen die Pflanzeubutter bereitet wird, von der ich bereits gesprochen habe. Dieser Baum wächst in diesem ganzen Theile von Vambarra in Menge. Gepflanzt wird er übrigens nicht, da er wild in den Wäldern wäcbst, Wenn man Rodungen unternimmt, um ein Stück Land urbar zu machen, so fällt man alle Stämme, aber die Schihbäume läßt man stehen. . Der Baum gleicht sehr der amerikanischen Eiche, und die Frucht, aus der man, indem man sie in der Sonne trocknet und in Wasser kocht, die Pflanzenbntter bereitet, hat eine schwache Aehnlichkeit mit der spanischen Olive. Den Kern umschließt ein Fleisch von süßem Geschmack, das von einer dünnen grünen Schale bedeckt wird. Die Bntter, die man ans diese Weise gewinnt, hat nicht blos den Vorzug, sich ein ganzes Jahr lang ohne Salz zu halten, sondern ist auck sester, weißer und nach meinem Geschmack angenehmer, als die beste Milchbntter, die ich jemals gegessen habe. Das Einsammeln und Bereiten dieser kostbaren Waare scheint sowohl im Königreich Vambarra als in den angrenzenden Ländern einen Hauptgegenstand des afrikanischen Gcwcrbfleißes zu bilden, wie denn die Schihbutter selbst einen der vorzüglichsten Handelsartikel oes Binnenverkehrs iil diesen Gebieten abgiebt. Wir berübrten im Laufe dieses Tages mehrere große Dörfer, welche hauptsächlich von Fischern bewohnt werden. Gegen Fünf Uhr Abends erreichten wir Sansading, eine sehr beträchtliche Stadt, von der man mir sagte, daß sie 8 — 10,000 Einwohner enthalte. Dieser Ort wird stark l. Kap. mit ibrer gewöhnliche» Ailiuaßung die Neger bei Seite zu treten. Sie begannen mit Fragen über meinen Glauben, wobei sie entdeckten, daß ich das Arabische nickt verstehe. Sie ließen nun zwei Männer holen, welcke sie Ilhuidi (Juden) nannten, und von denen sie hofften, daß ick mit ihnen würde reden können. Diese Juden gleichen den Mauren im Acußern und in der Kleidung sehr. Obgleich sie sich dem Islam in dem Grade anschließen, daß sie die im Koran vorgeschriebenen Gebete öffentlich halten, werden sie doch von den Negern nur wenig geachtet. Die Mauren gestanden selbst, wenn ick auch blos ei» Christ sei, so stebe ich doch »iel bölier, als ein Jude. Sie bebauptcten indessen. daß auck ich, gleich den Juden, ihrem Klauben mich sügen und die mohamedanischen Gebete wiederholen müsse, und als ich diese Forderung-,u umgeben suchte, indem ich vorschützte, dasi ich das Arabische nicht versiebe, erhob sich einer von ihnen, ein Scherif alls Tuab in der großen Wüste, und schwor beim Propheten, daß er mich zur Moschee schleisen lassen werde, wenn ich nickt freiwillig mitgehe. Diese Drohung würde ohne Zweifel auf der Stelle ausgeführt worden sein, wenn mein Wirth sich nicht eingemischt hätte. Er sagte den Mauren, ich sei ein Gast seines Königs und stehe mithin unter dem Schutze desselben, so daß er mich nickt mishandeln lassen dürfe, Er forderte meine Gegner auf, mich an diesem Abend in Nuhe zu lassen, wogegen er ihnen versprach, daß er mich am näcksten Morgen fort^ schicken werde. Obgleich das Geschrei der Mauren etwas nackließ, zwangen sie mich dock. nahe bei der Thür der Moschee auf einen erhabenen Sitz zu steigen, damit Jedermann mich seben könne. Die Menge war nämlick jetzt so zahlreich geworden, dasi sie sich nickt länger zurückhalteu ließ. Es ging so zu, wie in England bei einer öffentlicken Hinrichtung: Menschen stie-gen auf die Hänser und ssiner kletterte über den Andern. Ich mußte bis zum Untergang der Sonne anf meinem Sitze bleiben. Endlich führte man mich in eine ziemlich reinliche Hütte, und der Vorsteber bewies mir so viel Rücksicht, daß er den vorliegende» kleinen Hof verscklosi, damit Niemand mich belästigen könne. Die Maliren ließen sich durch diese Maßregel jedoch nicht abhalten. Sie kletterten in Menge über die Erdmaucr lind drangen in den Hof, um, wie sie sagteil, zu sehen, wie ich mein Abendgebet halte und Eier esse. In der erster» Beziehung ihre Neugier W. Kap.) Mungo Park dringt wcitcr nach Ostcil vor. 141 zu befriedigen, hielt ich nicht für schicklich, aber ich sagte ihnen, Eier würde ich essen, wenn sie mir welche brächten. Mein Wirth holte auf der Stelle sieben Hühnereier herbei und war sehr crstannt, als ich mich weigerte, sie roh zu essen. Unter den Negern des Innern herrscht nämlich der allgemeine Glaube, daß die Europäer säst ausschließlich von rohen Eiern leben. Als ich den guten Mann endlich überredet hatte, daß diese Meinung alls einem Irrthum beruhe, und daß ich keine Speise zurückweisen werde, die er mir schicke, ließ er ein Schaf todten nnd sehte mir einen Theil davon zum Abendessen vor. Als die Mauren gegen Mitternacht fortgegangen waren, machte er mir einen Besuch nnd bat mich dringend, daß ich ihm einen Saphi schreiben möge. „Wenn schon der Savhi eines Mauren gnt ist," sagte der gastfreundliche Greis, „so nuiß der eines Weißen unbedingt uoch besser sein." Ich schrieb ihm gern ein solches Amulet, welche alle wirksamen Eigenschaften enthielt, die ich hineinzulegen Vermochte, da ich das Gebet des Herrn dai ans schrieb. Mem Papier war ein dünnes Brcttchen, meine Feder bestand aus einem zngespitzten Stück Nohr, nnd aus etwas Kohle und Gnmmiwasser bereitete ick mir eine erträgliche Dinte. Am 25. Inli brach ich in früher Stunde von Sansading auf, ehe die Mauren in Bewegung waren. Abends schlief ich in der kleinen Stadt Sibili, nnd am nächsten Tage erreichte ichNyara, eine große, in geringer Entfernung vom Niger gelegene Stadt. Dort rastete ich während des 27. Uni mein ^einenzeng zu waschen und mein Pferd ausruhen zu lassen. Der Vorsteher besaß ein zweistöckiges sehr bequemes Hauö mit einem flachen Dache. Er zeigte mir etwas selbstbereitetcs Schießpulver nnd einen kleinen braunen Assen. Dieses Thier, das an einem Pfosten in der Nähe der Thür festgebunden war, sollte eine sehr große Merkwürdigkeit nnd aus einem sehr entfernten Lande, dem mein Wirth den Namen ttong gab, hergeführt worden sein. Am 28. Juli verließ ich Nyara und kam gegen Mittag in Nyami an. Diese Stadt wird hauptsächlich von Fulah aus dem Königreich Massima bewohnt. Der Vorsteher verweigerte mir aus irgend einem Grunde die Anfnahme, war aber doch so höflich, mir seinen Sohn als berittenen Führer mitzugeben. Mein Ziel war Madibn, das nicht weit entfernt sein sollte. Mein 142 Ein ^'öwe. — Ankunft in Madibu. l«. Kap. Führer durchschritt die Wälder fast in gerader Linie, war aber dock sehr vorsichtig, indem er häusig vom Pferde stieg nnd unter das Gebüsch blickte. Auf meine Frage, weshalb er das thue, erfuhr ich, daß in dicier Gegend viele Löwen wären, welche oft die Reisenden anfielen. Cr redete noch, als »nein Pferd stutzte, und als ich nmherspähte, bemerkte ick ein großes Thier vom Geschlecht der Kameloparden, das unweit von uns stand. Hals und Vorderbeine waren sehr lang, der Kopf war mit zwei kurzen, schwarzen, zurückgebogencn Hörnern geschmückt, der Schwanz, der bis ans das Gelenk der Hinterbeine hinabhing, lief in cine» Haarbüschel aus. Die Farbe des Thieres war mauscfahl. Als es uus erblickte, trabte es schwerfällig weiter, indem es den Kopf beständig von einer Seite znr andern wendete, um zu sehen, ob wir es verfolgten. Bald nachher gelangte» wir anfeine großeC>'i>ne, die bis aus einige zerstreute Gebüsche offen war. Mein Wegweiser war voransgcritten, wars aber plötzlich fein Pferd herum, und rief mir in der Fulah - Sprache einige Worte zn, welche ich nicht verstand. Als ich ihn in derMandingo-Svrackc fragte, was er meine, antwortete er: „Wara billi billi!" (ein sehr großer Löwe) und winkte mir, die Flucht zu ergreifen. Mit meinem ermüdeten Pscrdc war keine Schnelligkeit möglich, und wir mußte» langsam an dem Busche vorüber reite», i» welckem der Löwe sein sollte. Da ick nichts sah, bielt ich die Sache bereits für einen blinden Lärm, als mein Führer plötzlich voll Angst ausrief: „Snba an allhabi!" (Gott stehe uns bei.) Wie erschrak ich, als ich in geringer Entfernung vor dein Ge-büsch einen großen Löwen von rother Farbe erblickte der lang ausgestreckt, mit dem Kopf zwischen den Tatzen dalag! Ich glanbte nicht anders, als daß das Naubtl'ier sofort gegen mich einspringen werde, nnd zog instinktartig die Füße aus dcn Steigbügeln nm mich ans die Erde werfen und mein Pferd als Opfer preisgeben zu könuen. Der Löwe mochte jedoch keine» Hnnger haben, denn er ließ uns rubig vorbeireite», obgleich er n»s hätte leicht erreichen können. Unwillkürlich hefteten sich meine Blicke so fest auf den König der Thiere, daß ich meine Augen nicht eher von ihm abzuwenden vermochte, als bis wir ci»e bedeutende Strecke entfernt waren. Wir machten nun einen weiten Umweg durch ei»e sumpfige Gegend, um einer zweiten derartigen Begegnung auszuweichen. Als die Sonne unterging, kamen wir in Madibu an. Dieses aller- >'l!(imc>! nicl't weiiizV Aei'wiinmg >^'km»men. A»ch Hallst ist lvine ^tadt, slmdovii cm lin'icl,. Miii^» Paik wird Kascl'oa nicinen, desscn Hafcüvl^ß B»t» zwölf Ttnüdcn wcitcr südlicl, ani Niger liegt. Der Hcrcuiog. U'. Kap.) Nachrichten iibcr im Osten des Nigers gelegene Städte. 149 Dschinilie ein. Die Kähne luden mm die Lcbensmittel ans nnd ilab-mcn dafür Krieger ein. Da man in der Stadt von der Nahe des Feindes keine Ahnung battc, st' gelang die Erstürmung noch in derselben Nacht. Der König von Bambarra wurde durch diesen energischen Angriff so in Schrecken gesetzt, daß er Frieden schloß, alles iNe-raubtc zurückerstattete nnd jährlich einen Tribut, in einer gewissen Zahl von Sclaven bestehend, entrichtete. Mussch kehrte im Trinmph in seine Heimat!) zurück, wo er zum König gewäblt wurde und in der nach ihm benannten Hauptstadt (Mussibdu) seinen Wohnsitz nahm. Westlich von Gotto liegt das Königreich Vaedu. Früher unabhängig, wurde es von dein jetzigen König vonBamwrra vor sieben Jahren erobert und ist seitdem tributpflichtig geblieben. Im Westen von Vacdu liegt ein Ncich, Miniaua genannt, dessen Einwohner nach übereinstimmenden Berichten zuverlässiger Leute Überalls grausam und wild sind. In ilnen Kriegen verschollen sie den wehrlosen und kampfunfähig gewordeneu Feind nie und verzehren sogar sein Fleisch. Ich wein recht gut, daß man Alles, was ein Neger von seinem Feinde sagt, mit Vorsicht ausuehmeu muß. Ich habe aber in so vielen Ländern und voll so vielen Personen, deren Wahrheitsliebe zu bezweifeln ich nicht die entfernteste Nrsaä,e habe, stets dieselben Angaben über Miniaua erdalten, dasi ich der Sache einigen Olauben scheuten muß. Die Einwoh' ner von Bambarra hatten in einem laugen und blutigen Kriege Gelegenheit genug gehabt, die Thatsache keimen zu lerneu. Daß die Behauptung nicht grundlos sei, scheint mir auch dadurch bewiesen zu wer-dm, daß die Eimvohner von Miuiana, uud nur sie, Madummolo oder Menschenfresser genannt werden. *) ') Mollien bat ebenfalls v»li diesen Menschcnftesiern gehört. Die Sache unterliegt jed^l, erblichem Zweifel, da in Afnfa me!e Tagen ^'» meuschennesseudl'n Elämmen verdreittt >md nocl^unimr als saltt!) üach^'wicsc» wm'dcu sind. selbst die Einopaer !n>d im Inner» aloKauni^ l'alcn dargestellt wm'dci,! Die Verl. M^'natol'elichic von l852 2, ^88 s,^. l'riügen eine Znsammenstellmiq über die Mensche»ftesser <» Inner-Aftika. Der Herauög. 150 Der Niger mid die Nigerreiscn. ^16. Kap. Anhang des Neb ersetze rs. Der Niqcr und die Niqerreisen. Der Niger ist Jahrhunderte lang das große afrikanische Räthsel der Geographen gewesen. War bei dem Nil blos die Quelle unbekannt, so wußte man vom Niger weder, wo er entspringe, noch welche allgemeine Richtung er in seinem Laufe uehme, noch wo er münde. Vei Nennell (Anhang zu Mungo Park) kann man nachlesen, wie man den Niger bald für einen Zweigarm des Nils hielt. bald ihn mit dem Senegal oder dem Gambia verwechselte, seine Quelle bald in dem See Maberia, dessen Lage nicht genau bestimmt werden könne, bald weit östlich im Lande Bornu suchte, um ihn uach einem Laufe, der einmal nördlich und dann wieder westlich sein sollte, im Mittelmeer, im Atlantischen Ocean, den kapverdischen Inseln gegenüber, münden oder auch in einem Binnensee der Wüste verschwinden zu lasseu. Trotz dieser vieleu Widersprüche war der Niger von Reisenden bereits besucht worden. Abgesehen von den Alten Molomäus uud Pliuius), deren Beschreibungen keinen Zweifel lasseu, daß ibnen der Fluß durch ein Vordringen Einzelner bis an seine Ufer bekannt war, hatten zwei Geographen des Mittelaltcrs gewisse Punkte des Flusses persönlich erreick't - der Marokkaner Alfasen uud der Berber Ebu Va-tuta. Der Letztere reiste im Ialnc 1352 von Fez nach der Wüstenstadt Teghaza und errcicbte im folgenden Jahre den Niger. Er besuchte Dschinnie, Kabara, den Hafenort von Timbuktu, und schiffte in einem kleinen Boote, das aus einem einzigen Baumstamme bestand, den Niger noch weiter abwärts. Alfaseu oder Leo Africauus, wie er seit seiuer Taufe durch Leo X. gewöhnlich heißt, besuchte Timbuktu und den Niger um das Jahr 1510 zweimal. In seinen Berichten findet sick, manches Irrthumliche, aber einzelne seiner Angaben sind durch die neucsteu deutschen Reisenden auf eine überraschende Art bestätigt worden. So hat Varth die alte Hauptstadt Gao oder Gogo (auch Garo und Gago ge-schriebm) wieder gefunden, von der Leo Afrieauus sagt, daß sie 400 Miglieu vou Timbuktu liege und sich durch Reichthum wie durch Größe auszeichne, die aber bis auf unsern berühmten Laudsmann von keinem Reisenden wieder erwähnt worden ist. 16. Kap.I Der Niger und die Nigerlciseu. 151 Die Entdeckung von Amerika hatte dem Forschung7'trieb inzwischen ganz andere Bahnen angen'iesen. Ueberdies konnten die Eifersucht, uiit der die Portugiesen ihre Entdeckungen an dor Westküste bewachten, und das wüste Treiben, zu Neisen nicht ermnntern. Erst die Gesellschaft zur Erforschung des innern Afrika, die sich 1788 in England gebildet hatte, munterte zu neuen Untcrneh-mnngen auf. Die beiden ersten Reisen, die ans ihren Antrieb unternommen wurden, hatten gar kein Resultat, Ledyard starb schon in Kairo, der zweite Reisende der Gesellschaft, Lucas, der von Tripolis nach dem Gambia vordringen wollte, erreichte nicht einmal Fczzan. Nach diesen beiden wnrde der Major Houghton ausgeschickt, dessen trauriges Schicksal uns durch Mungo Park bereits bekannt geworden ist. Unser muthiger, bescheidener Reisender war der erste Europäer, der den Niger in dessen oberein Laufe sah. Anf seiner zweiten Reise wurde Mungo Park ennordet. Hornemann, der nur bis Murzuk kam, starb an: Fieber. Mungo Parks Entdeckungen hatten unn über den wahren Lauf dcs Nigers insoweit aufgeklärt, daß man feine Mündnng südlich im Atlantischen Oeean suchte. Zwei Expeditionen, welche im Jahre 1811 abgingen. sollten darüber Gewißheit geben. Die eine folgte dem von Mungo Park aufgefundenen Wege, die zweite fnhr den Congo hinauf, iu dem man den Unterlauf des Nigers vcrmnthete. Man hoffte, daß beide Reisezüge sich treffen würden. Das tonnte natürlich nicht geschehen, und der ganze Erfolg der Unternehmnng war gleich Null. Einen neuen Aufschwung nahmen die Nigerrcisen durch die Ent-decknngen, zn denen Elapperton lind Denham gelangten. Man lernte nun Bornn, den Tschadsee und Hanßa genau kennen. Der üble Ruf des afrikanischen ,Mima's wurde durch diese Neisen abermals bestätigt. Elappcrtons beide Naturforscher, I),. Oudney uud vi-. Morrison, starben, und er selbst wurde iu Sokoto (Sakkatn) so schnell dahingerafft (1827), daß man an eine Vergiftung glanbte. Dieselben traurigen Erfahrungeil machte Denham, indem seine beiden jugeudlicheu Reisegefährten, die Lientenants Toolc und Tbyrwit, bald nach ihrer Ankunft in Bornu erlagen. Denham fand, daß die Regenzeit ancl, auf die Einheimischen verderblich wirke, ja daß sie selbst Thieren, die nicht im Lande geboren worden sind, den Untergang bringe. Er verlor in Vornu r.ach kurzem Aufenthalt alle seine aus Tripolis mitgebrachten Pferde und Maulesel. 152 Der Niger und die Nigcncistn. ^16. Kap. Etiva in dieselbe Zeit mit Denhams und sslappertons Entdeckun« gen fallen die Reise» des englischen Majors Laing. Gr war der erste Europäer, der von Norden her, qner dnrch die große Sahara, nach Timbnktli gelangte. Wir verdanken ihm die erste astronomische Bestim-mung der beiden wichtigen Punkte Ghadamaes undEnsala's, des Hauptorts der großen Oase Tnat. Schon südlich von Tnat von Tuarcgs überfallen niid so mit Wunden bedeckt, daß er für todt auf dem Platze liegen blieb, wurde er doch so ziemlich wiederhergestellt und verweilte in Timbuktu vier Wochen, bis ;um 22. September 1826. Die Eifersucht der Eingeborenen auf die wachsende Macht der Engländer vertrieb ihn von dort, nud er wollte nun in westlicher Richtung über Zego an die Küste vordringen, Aber auf dem Wege dahin wurde er von fanatischen Arabern, einem Hanplstamm der Berabisches, die in der Nähe vou Timbuktu angesessen siud, eingeholt und, da er znm Islam überzutreten verweigerte, mit seinem Turban erwürgt. Nicht lange nach dieser Schand-that kam Rene Caillie, der vom Senegal ans nach Timbuktu vorgedrungen war, an der Stelle vorbei, wo Laiug sein Leben ausgehaucht hatte. Von Elappcrtons zweiter Reise war Niemand als ein Diener, Mi-chard Lander, zurückgekehrt. Dieser Mann, der allerdings weder große Talente, noch Schulbildung besaß, aber dafür mit llnerschrockenheit und einer unerschütterlichen Beharrlichkeit begabt war, brachte die Papiere seines Herrn zurück. Durch diese wurde unsere Kenntnis, des Nigers abermals bereichert. Der nnglückliche Reisende war von Badagri an der Küste von Qbcrguinea nach Bussa am Niger und von dort nach Sokoto gegangen, Elapperton und Richard Lander hatten den Niger in Bussa in südlicher Richtung weiterströmcn sehen, und dies führte zu der Annahme, daß der Fluß in den Meerbusen vou Venin münden müsse. Richard Lander erbot sich, dieses Verhältniß zu erforschen, das, wenn rs sich als richtig envies, einen Weg ins innere Afrika und neue Handelsverbindungen eröffnete. Von der englische» Regierung mit Rcisemitteln versehen, begab er sich mit seinem Prüder John, einem gebildeteren, aber auch schwächlicheren Mauue, zum zweiten Male nach Badagri nnd von dort nach Bussa. Nachdem sie in der Stadt und deren Umgegend fast drei Monate geblieben waren, schifften sie sich in einem offenen Boote, durch Regenschirme nothdürftig gegen die Sonne geschützt, auf dem Niger ein. Bald gelangten sie zn einer Stelle, wo der Niger wieder eine !<>. Kap.) Dcr Niger und die Nigcrreiscn. 153 östliche Richtung nimmt, lind sahen in der Nähe von Funda die Mündung eines großen Zuflusses. Unterhalb der genannten Stadt wurden sie von Kriegsbooten verfolgt nnd gefangen genommen. Dieses anscheinend unglückliche Abenteuer hatte die gnten Folgen, daß die Reisenden in sicherer Hut zur Mündung des Nigers gelangten und vor dem Schicksale bewahrt wurden, auf ihrem offenen Boote durch einen der vielen Flußarme hülflos ins Meer hinauszutreiben. An der Mündung wurden sie losgekauft und erhielten so ihre Freiheit wieder. Sie selbst gelangten auf dem Mü>:dungsarm, dcr den Namen Nun führt, ins Meer, nnd einer ihrer schwarzen Diener, der in seine Heimath zurückkehren wollte, aber in dem Nasscruetzc des untern Nigerlanfs seinen Weg verfehlte, entdeckte in Folge dieses Zufalls, daß dcr Ncn-Nalabar ebenfalls ein Mündungsarm ist. Die beiden Lander entwarfen so lockende Schilderungen von dem Elfenbein-Reichthum, den sie am Niger wahrgenommen hatten, und von dem industriellen Sinn, der in der Landschaft Nyffi (Nyfe) herrsche, daß Kaufleute von Liverpool sick veranlaßt fühlten, eine Handelser.vedi-tion auszurüsten. Die Vervollkommnung der Dampfschissfahrt schien ein Mittel darzubieten, rasch und sicher auf dem Niger ins Innere einzudringen. Man wählte daher zu der eigentlichen l?ntdeckungsre:se zwei Dampfschiffe, den Quorra und den Alburkah, welcher letztere ganz aus Eisen bestand. Ein Segelschiff, die Eolombine, sollte an der Nigermündung Station nehmen und die beiden Dampfer nach Bedürfniß mit Kohlen und Waaren versehen. M'Gregor Laird, der Sohn eines dcr Livcrpooler Kaufleute, von denen die Reise ausging, übernahm mit Richard Lander die Oberleitung. Der Schissslieutenant Allen schiffte sich im Auftrage der Admiralität mit den besten mathematischen Instrumenten aller Art ein, der Naturforscher Oldfield ging als Arzt mit. Die noch mangelhafte Kenntniß des Nigers führte gleich im Be-ginn Widerwärtigkeiten herbei. Die Schiffe trafen in ciuer Zeit. wo das Wasser bereits im Abnehmen ist. an der Mündung ein, und emes gerieth weiter aufwärts so fest anf den ftwmd. daß es erst in der Regenzeit des nächsten Jahres (1833) flott gemacht werden konnte. Die Krankheiten, welche sich bald einstellten, wütheten so furchtbar, daß von 4? Mann Besatzung nnr 8 am Leben blieben. Laird erkrankte ebenfalls uud 154 Der Niger und die Nigen'ciscn. >ltt. Kap. kehrte mit der Eolombinc nach Europa zurück. Richard Lander und Oldsield wurden durch dieses Alles nicht entmuthigt. Oldficld ging mit dcmAlburkah noch einmal den Niger binauf, Lander fübrte in einem offenen Kahn Güter nach. Jetzt ereilte den mnthigen Entdecker der Nigermündung das Fatum der afrikanischen Neiseudcn. Im Nigcrdclta wurde er von den Eingeborenen angegriffen und erhielt eine Schußwunde in den Schenkel, an der er in Fernadopo starb. Nun entsagte Oldsicld ferneren Unternehmungen. Am glücklichsten war Allen gewesen, denu er hatte den Niger bis Nabba aufwärts verfolgt und aufgenommen, auch den von Lander nuterhalb Funda's bemerkten großen Flusi, in dem jetzt der Tschadda erkannt wurde, Manzig deutsche Meilen weit aufwärts befahren. Im 1.1833 wurde in England dieAufhelmng der Sclavcrei ausgesprochen. Der abscheuliche Menschcnbaudel au der afrikanischen Westküste dauerte inzwischen fort, und die lleberwachuugsmaßrcgcln der englischen Regierung vermehrten seine Schrecken noch, indem die Sclavenbändler kleinere, schnellsegelnde Schiffe wählten uud sie mit menschlicher Waare vollpfropften, die Verkäufer an der Küste aber, wenn die englischen Krcli-zcr den Handel anf längere Zeit störten, ibre Sclaven, deren Unterhalt ihnen zn kostspielig wurde, häusig in Masse niedermetzelten. Diesen ' mtseklichen Zuständen ließ sich ein Ende machen, wenn man den Königen der Küste den thatsächlichen Beweis lieferte, daß der Austausch ihrer Landcserzengniffe gegen europäische Waaren für sie vortheilhafter als der Menschenhandel sei, nud sie »veiter vermochte, in Verträgen der Ausführung von Sclaven zn entsagen. Dieser doppelte Zweck war es hauptsächlich, der im Jahre 1841 eine neue Nigcrer,pedition hervorrief. Allen und Trotter waren die Befehlshaber, drei Dampfschiffe — -Wilberforee. Albert und Sudan — nnd ein Lastschiff, die Amelia, wurden mit allem Notlügen und anch mit manchem Unnöthigen, z. V. mit einem schwerfälligen Ventilationsavparat, verseben. Beeroft, der seit länger als zehn Iahreu dem ungesunden Klima der Nigcrmnnduna, getrotzt batte, schloß sich mit seinem Schiffe, der Acthiope, an. Man lies in den Nun ein, nud in den nächsten zwei Wochen blieb der Oefundbeitszn-stand vortrefflich. Wie es scheint, haben die Miasmen der Nigcrmündnng, die wie ein dicker, beklemmender Dampf aus den Manggrovesümpscn anfstcigen uud joaar dem (Neruchssinn widerlich auffallen, die Eigenthiim- !ss. Kav.j Der Niger und die Nigerreisen. 155 lichkeit. ihre verderblichen Wirkungen erst nach sechzehn Tagen zn äußern. Diese traurige Erfahrung hatte die Expedition von 1832 gemacht, und auch der von 1841 blieb sie nicht erspart. Der Sudan und der Wil-berforce mußten zurückkehren, weil fast ihre ganze Mannschaft krank war, und der Albert, dessen sämmtliche Matrosen arbeitsunfähig geworden wa< ren, würde verloren gewesen sein, wenn Becroft ihn nicht ins Schlepptau genommen hätte. Weniger litt die Amelia, die eine Anzahl von Colonisten an das Nigernser, der Mündung des Tschadda gegenüber, geführt hatte, wo eine Mnstcrwirtbschaft, zur Belehrung der Schwarzen bestimmt, angelegt werden sollte. Leider ging diese Wirthschaft in Folge der Unordnungen und Leidenschaften der Kolonisten und am Klima zu Grunde. Ihr Vorsteher Larr ist im Nigerdclta spurlos verschollen; wahrscheinlich haben die Eingeborenen ihn ermordet. DicEolonisten hat Lieutenant Webb zurück geholt. Vei dieser Neisc verloren dreiundfnnfzig Menschen ihr Leben, ohne daß man mir so weit wie ftüher Lander nnd Allen vorwärts kam. Nach so vielen traurigen Ersahrungen war zu befürchten, daß man das Klima des uutern Nigers für uubcdiugt tödtlich halten und von ferneren Ver-snchen der Vefahrnng des Flusses abstehen werde. Zu rechter Zeit lieferte Vecroft den Beweis, daß die große Sterblichkeit der Mannschaften, die man bisher zu beklagen gehabt hatte, keine unvermeidliche Begleiterin jeder Nigcrfa'hrt sei. Veerost gelangte fast ohne Einbuße von Menschenleben über den Endpunkt der ersten Expedition hinaus bis zu dcu Strom-klivveu unterhalb Bussa's (1844). Der mittlere Lauf des Nigers uud der wahre Eharakter des Tschadda, dieses interessantesten seiner Zuflüsse, blieben nach diesen Ncisen noch unbekannt. Diese Lücke ausgefüllt und an die Stelle des tiefen Dunkels, das Iahrhuudcrte lang über dem „Nil der Schwarzen" lag. das hellste Licht gesetzt zu haben, ist das unsterbliche Verdienst unserer beiden Landslcnte Barth uud Vogel, deren gleich achtungswerthcr Genosse, Overwcg. seinen Forschungstricb mit dem Tode bezahlt hat. An den, Tschadsce angelangt, mit dessen Erforschnng Overweg sich beschäftigte, verließ Barth am 29, Mai 1851 Knka, um Adamaua, ein bisher nnr dem Namen nach bekanntes Land. zu besucheu. Auf dieser Ncise kam er an einen großen, mächtigen Strom, der gegen Weste,! floß. „Der wichtigste Tag." schreibt er über diese Entdeckung in einer Depesche 155 Der Niger und die Nisserreiscn. slss. Kap. an die englische Negierung, „der wichtigste Tag in allen nieinen langjährigen afrikanischen Wanderungen war der 18. Inni, an welchem Tage ich den Flnß Venue erreichte, an dem Punkte, wo sich ein anderer Fluß, der Faro, mit ihm vereinigte. Seit ich Guropa verlassen, habe ich keinen so großen und mächtigen Strom gesehen, denn der Venue, dessen Name „Mutter der Gewässer" bedeutet, ist eine halbe englische Meile breit nnd in der trockenen Jahreszeit nenn Fuß tief." Der Punkt, wo der Venne und der Faro sich vereinigen, liegt nach Varths Bestimmung nnter 5 Grad N. Vr, und 13 Grad 5 Min. O. Länge von Greenwich. Vogel hat sich dann spater mit dem Venne noch näher beschäftigt, während Overwcgs Studien mehr dem Schary gegolten haben. Für den mittleren Lanf des Nigers mußten bis zum Jahre 1852 vier Reiseberichte von Eingeborenen ausreichen, die von Europäern aufgezeichnet worden waren, aber nur trockene Namen enthielten nnd überdies nicht für zuverlässig gelten konnten. Da unternahm Varth am Knde des Jahres 1853 das Wagstück, von Kuka nach Timbuktu zu reisen, und setzte es glücklich durch. Der Weg ging durch Wüsten, es wüthete Kriege zwischen den Stämmen, einen ganzen Monat hielt sich die Hitze zwischen 105 Or. und 108 (Nr. F,, und doch erreichte Barth ungefährdet midnngeschwächtSat am Niger. Dort schiffte er über den Fluß nnd reiste ans dessen rechtem Ufer durch die Landschaften Gurma, 'öibthako nnd Dalla, die noch nie der Fnß eines Europäers betreten hatte, nack, Timbuktu. Dieser glücklichen Wahl des Weges verdanken wir feste Bestimmungen und zuverlässige Beobachtungen, die sich genau an die von frü-beren Reisenden gewonnenen Ergebnisse anschließen. Der von Varth erforschte Theil der mittleren Nigerlandschaftcn grenzt überall an Bezirke, die wir bereits rannten. Im Osten liegt Haiißa, über das s?,lap-perton berichtet bat, im Westen die von ssaillie nnd Mungo Park, im Süden die durch l5lavperton, Laird, Oldsield und die Gebrüder Lander erforschte Wegend, im Norden endlich Timbuktu, von dem sich Barth dnrch einen qnalvoll verlängerten Aufenthalt die genaueste Kenntniß verschafft bat. Als die ersten Briefe Barths über den Venue nach Onropa gelangten, erklärte A. Petermann, „es sei keinem Zweifel unterworfen, daß die« ser neu entdeckte Flnß Benue der obere Lanf des in den Knorra ab» 16. Kap.j Der Niger und die Nigcn'cise». I57 fließenden Tschadda-Flnsscs sein müsse, und daß er, vermöge seiner unzweifelhafte» Tchiffbarkcit, ei»e» natürlichen Pfad bilde, welcher das große Innere Afrika's der europäischen Civilisation nnd Gesittnng erschließen nnd znm ersten Male zugänglich machen würde." Derselbe berühmte Geograph brachte znerst in den englischen Blättern den Plan einer Dampfboot-EMdition in Vorschlag nnd hatte die Freude, daß M'Gregor Laird, von dessen Theilnahme an einer frühern Nigerexpcdi-tion oben die Rede war, den fruchtreichcn Gedanken auffaßte und daß das Parlament und die Negierung Gelder anwieseil. Nach Laird's Angaben wurde ein Dampfschiff für die Reise eigens gebant. Man benutzte bei der „Plejade" die Schraube, von der man hoffte, daß sich durch sie die wesentlichsten Uebclständc, welche die früheren Nigerreisen gehindert und vorzugsweise znm Fehlschlagen gc» bracht hatten, beseitigen lassen würden. Nie gewöhnlich wurde die Plejade anch zum Segeln eingerichtet und ihr Bau in der Art ausgeführt, daß ihr Tiefgang, der ft "2 Fuß betrug, bis aus 5 Fuß verringert werden konnte. Da man große zerlegbare Boote mitnahm, so konnte nian noch flachere Wasserstellen beschissen. Bccroft, jetzt ein sicbenzigjähriger Mann, sollte den Oberbefehl übernehmen, starb aber, noch ehe die Plejade Fcrnandopo erreichte. Er wnrde durch William Balfonr Baikie, einen Arzt und Naturforscher der königlichen Manne, ersetzt. Der deutsche Ethnograph Bleck aus Bonn mnßte wegen Kränklichkeit in Fernandopo zurückgelassen werde», doch wurde seine Stelle durch Erowther, eine» schwarzen Geistlichen, recht gut aufgefüllt. Im Ganzen befanden sich »ur dreizehn Europäer auf dem Schiffe. Der Nest der 66 Köpfe starken Tchiffömannschaft waren Neger verschiedener Stämme, namentlich Knimä»»er oder Bewohner der ,Nru>Küstc, die sich durch athletische Kraft, Abhärtung und Anhänglichkeit an die Europäer auszeichnen. Am 8. Juli ll-,54 segelte die Plejade von Fcrnandopo nach dem Niger ab. Am 1. Inli beginnen die Gewässer zu steigen und diese Zeit — sie hält 75 Tage an — welche nicht blos die Wasscrticfe erhöht, sondern anch die pesthauchenden Sumpfe und Vachen mit frisch strömendem Wasser bedeckt und daher für die gesündeste gilt, wollte man benutzen. Vo» Fcrnandopo hin nnd zurück dauerte die Fahrt 113 158 Der Niger mid die Nigcrreisei,. >l6. Kap. Tage, und die europäischen Reisenden waren am 3. Februar 1855, nach achtmonatlicher Abwesenheit, wieder in England. Man beging mehrere, zum Theil unbegreifliche Fehler, versah sich nicht mit guten Werkzeugen zum Holzspalteil, wodurch viel Aufenthalt entstand, ließ in Fernandovo die Segel zurück, welche später schmerzlich vermißt wnrden, nnd hatte sich weder mit einer hinreichenden Menge frischen Fleisches (in Blechbüchsen) noch mit geistigen (Netränken versehen. Die beiden letzten Unterlassnngs-fünden hatten die Folge, daß die Mannschaft sehr matt wurde nnd am Tcorbut zu leiden anfing. Dennoch verlor die Plejade während ihrer ganzen Fahrt nicht einen Mann durch den Tod. In geographischer Beziehung war das Hanptcrgebniß die Ermittelung der Identität des Tschadda mit dem Bcnuc. Obgleich die afrikanischen Ortsbestimmungen mit den von Barth angegebenen nicht ganz übereinstimmen, ist dieser Punkt, der wichtigste von allen, über jeden Zweifel hinaus festgestellt worden. Zu allem Uebcrfluß hat Vogel, wie er in seinen neuesten, nach Deutschland gelangten Briefen erzählt, einen Punkt besucht, an dem die Plcjade nach unzweideutigen Spuren Anker geworfen hatte. Die übrigen Ergebnisse der letzten Nigerreise hat Baikie in seinem amtlichen Berichte an die englische Regierung in folgende Pnnkte zusammengefaßt: Die C'Mdition ist noch 250 englisch-geographische Meilen <60—1" des Aequators) über den Punkt hinausgedrungen, welchen Oldfield lind Allen im Jahre 1833 auf dem Tschadda erreicht haben, und ist dem Vereinignngspunktc des Penue und dcsFaro bis ans ungefähr 50 Meilen nahegekommen. Tie hat ermittelt, daß der Fluß zur Regenzeit bis zum Endpunkte der Expedition, nnd augenscheinlich Nl'ch bedeutend weiter hinauf, vollkommen schiffbar ist. Sie hat eine ziemlich genaue ^arte des Nigers lind des Bcnne entworfen, das Steigen und Fallen des Wassers beobachtet, viele Aufschlüsse über neu entdeckte Landstriche gegeben und in ethnographischer Hinsicht Mönches ermittelt. Die freundliche Kefinnnng der Eingeborenen, die sich mit wenigen Ausnahmen überall bewährt hat, ist ein glückverheißendes Anzeichen. Die neuesten Entdeckungen im Nigerlandc. die mit Barth und Ovcrwcg's Sendung beginnen, sind die wichtigsten von allen, welche in unseren Tagen stattgefunden haben. Sucht man nach ebenbürtigen gco- 16. Kap.) Der Niger »ud die Nigcncisc». I59 graphischen Ereignisse», so wird der Geist unwillkürlich auf die Zeit geführt, in der die Konquistadoren, Columbus' Spuren folgend, in der neuen Welt von Küste zu Miste, von Reich zu Reich mit dem Kreuz nnd dem Schwert in der Hand vordrangen. Möchte doch die Gntdeckuug des neunzehnten Jahrhunderts dem abscheulichen Tclavcnwcscn der Westküste, das durch die Entdecknng des fünfzehnte» Jahrhunderts zu einer so furchtbaren Ausdehnung gelangt ist, recht bald ein Ende machen! Durch die Entdeckung des Oberlaufs des Venne ist der eigentliche Eingangsweg in das Innere von Centralafrika gefunden. Unbelästigt von den Beschwerden einer langen Wüstcnreise kann man anf einem Dampfschiffe ans dem Golf von Guinea in den Niger einfahren, um an wandern und Völkern vorbei, die keinen von europäischen Waaren überführten Markt haben, naä, sechs Wochen das Herz von Afrika zu erreichen. Das Geheimniß des Nigers ist entdeckt, und dieser sprödeste aller Ströme bietet sich entschleiert unseren Blicken dar. Sowohl mit seinem Ursprünge, als mit seiner Mündnng gehört der Niger Guinea an. Oestlich von Sierra Leona erhebt sich ein Bcrg-zug, der trotz seiner mäßigen Höhenvcrhältnissc die Wiege einiger der größten, nach den verschiedensten Richtnngen strömenden afrikanischen Flüsse ist. Hier entspringt der Comba, einer der bedeutendsten Zuflüsse des Gebagolfes, hier der Gambia, hier der Faleme und der Basing, die vorzüglich den Senegal speisen, nnd in dieser Gebirgslandschaft des Inneren wird auch der Niger unsern der Qnclle des Sale «Rokellc, Sicrra-Lcona-Flnß) dnrch die Vereinigung kleinerer Bäche nnd Flüsse gebildet. Für seinen wahreu Quellstrom gilt der Tcmba oder Timbi <;u deutsch: Wasser), dessen Ursprung in der Nähe von Fallaba, der Hauptstadt des Reichs Sulimana, am Verge Lomo in einer Höhe von 1500 englischen Fuß unter 9 Grad 18 Min. N. Br. aufgefnnden worden ist. Richtiger wird es sein, wenn man den Ahmar oder Fluß der Wilden, der unter 7 Grad 54 Min, N. Br. in dem an die Schneegrenze reichenden Berge östlich von Wcria seinen Ursprung nimmt, um sich als mächtigerer nnd längerer Fluß bei Koma mit dem Temba zu vereinigen, als den Qucllstrom des Nigers betrachtet. Durch Wälder, in denen das rothe Camholz, der afrikanische Mahagoni und der Tik-baum häufig sind nnd Elephantenhcerdm weiden, eilt der Niger, durch zahl- ! 160 Der Niger und die Nigcrieiscn. 116. Kap. reiche Zuflüsse verstärkt, den Abhang des Gebirgsrandcs hinab. Seine Richtung ist eine nordöstliche, und er bleibt ihr bis zum Rande dcr Sahara treu, um eine Strecke weit die südliche Grenze der unfruchtbaren Gegenden des Nordens zu bilde», dann aber Plötzlich eine Wendung gegen Südostcn zn machen und endlich mit einer südwestlichen Abbicgnng das Meer zu erreichen. Diese eigenthümliche doppelte Richtung seines Laufs hat zu den Irrthümern, die über den Niger verbreitet gewesen sind, nicht wenig beigetragen. Zwei an Nebenflüssen des obern Nigers gelegene Landschaften, Boure und Kankan, stehen bereits mit den großen Märkten des eigentlichen Nigerlandes i» Handelsverkehr. Bourc namentlich sülirt sein außerordentlich reines und hellgelbes Gold, über dessen Gewinnung die Einwohner alle audcren Beschäftigungen vernachlässigen, nach Bambarra. Einem großen Handelsverkehr in europäischer Weise wurde der Niger iil diesen Oegcnden übrigens geringen Nlchen bringen, denn er bewahrt seinen Charakter eines Vergstromes mit pfeilschnellem Lauf bis Dschabbe und bat zwischen Marrabu und Bammakn große Wirbel, welche den kleinen Kähnen der Eingeborenen gefährlich werden. Hinter den Ttrom-schnellen unterhalb Banunaku's wird der Strom ruhiger, und von Sego an, wo Mungo Park ihn so breit wie die Themse bei Westminster fand, wird er vom Handel außerordentlich belebt! Die am Niger gelegenen Orte Bambarra's. Dschabbe, Kulikorro, Yamina u. s. w. sind alle durch dm Handel blühend geworden. Dcr westliche Theil des Nigcrlandes und die Sahara sind gegenseitig von einander abhängig. Nie der Bewohner dcr nördlichen Wüste seine Lebensmittel aus dem Tel! der At-lasländcr beziehen muß, so befindet sich der des südlichen Tabaratheils dem Nigcrgebiet gegenüber in dechlben Nothwendigkeit. Dieses ist seinerseits von den Salzlagern der Wüste abhängig, denn es fehlt dem Nigerlande dergestalt an der unentbehrlichsten aller Würden, daß man dort einen reichen Mann nicht ausdrucksvoller zn bezeichnen weiß, als wenn man von ihm sagt: „Er kann sich in Salz satt essen." In Dore (14 Grad 28 Min. N. Vr. und 0 Grad 40 Min. O. Länge), einem äußerlich uugemein elenden, aber lebhaften Handelsorte Libthako's, war bei Barths Anwesenheit das Salz der Sahara der Hauptartikel. Außerdem bringen die Araber dorthin Gold, das aber nicht in Boure, sondern in 16. Kav^ Dcv Ni^cv mid die Ni^errciscn. Ißi den südlichen Bergen in der Nabe dos Kouggebirges gewannen >vird. Als weitere Handelsartikel erwäbnt Barth schöne Escl, breite Vanm-wollenstreifen. woblfeile scb,var^e Hemden und große ^urunüsse. lauter Erzeugnisse des Reichs Mosi (Muschi. Muscher), das an den »ördlickstcn Ausläufern des Kong uud innerhalb der großen Biegung des mittleren Nigers von Dschiunie und Timbuktu liegt. Die Preise der übrigen Waaren giebt Bartb nicht au, sechzig PfnndSalz wurden mit 5^6000 Vvanri', nach nnscnu ^elde mit etwa acht Tbalcrn. bczablt. Die Flußstrcckc von Tego bis Sansading »lnd Silla bat Mung^ Park genau beschrieben. Die flachen Ufer, die er meilenweit übersah, zwischen denen der Fluß. weidenreiche Inseln umsäumend, seinen Weg i» der Niebtung auf die Tahara fortsetzt, verwaudeln sich in der Regenzeit in Tnmpfe^ deren üppiger Pflanzenwuchs zahlreichen wilden Thieren Nabrnng und Obdach gewäbrt. Dschinuic hat in der nassen Zeit ganz den Charakter ciucs unterägvptischen Nilorts, so vollständig wird es von den aucgetreteneu Flutheu umgebcu. Das niedrige Gelände gestattet dem Niger, sich iu mebrerc Arme zu zertbeilen. t?be er den großcu, ^ 12—15 Husi tiefen schwarzen Tee bildet, empfängt er einen sehr bedeutenden Zufluß, den Bakimma. von dessen beiden Quellströmen einer, der Ualata östlich vom Niger in den Nebirgslaudscbafteu von sswlnea, der andere, Bagn oder weißer 5lnß genannt, im ttoug entspringt, wo auch ein Zu'ftnß des Bakiinma, der Kowara Ba, seilte» Ursprung hat. 57ba!eich der Niger in seinem weiteru ganz nach Norden gerichteten Laufe voil Dschinnic bio .Nabara noch einen großen Ttrmu, den von den Bergen der Oase Ualata l'erablommcnden Owzen Zair, aufnehmen soll. ver-ringert sich seine Wassermengc während der trockenen Jahreszeit doch außerordentlich. Die Nasservcrbindung zwischen Kabara und Timbuktu ist uur vier. höchstens ftnfMo»ate im Jahre möglich, wenn die Regen reichlich fallen. Barth fand den lvanal, der diese Verbindung herstellt, noch am (5ndc der Regenzeit so seicht, daß das Nasser den Bootsleuten nur bis au das Knie reichte. 0b die Abnahme des Wassers so stark sei, daß weiter unterhalb wäbrend der trockenen Jahreszeit die 5abrt zu Berg von Iauri bis Timbuktu unmöglich würde, bedarf trotz der Versicherungen der Eingeborenen noch weiterer Anfklänmg. Diese Bergfahrt wird wahrscheinlicher durch denselben Orund verhindert, der bei unserer Douau die Entscheidung MlMHU Pütt. 11 162 Der Niger und die Nigcneiscn. l>6. Kap, giebt — durch das starke Ocfäll des Flusses. No nämlich der Niger, nachdem er seine große Krümmung gegeil Norden vollendet hat, eine südliche Nichtung einschlägt, beginnt der Charakter seiner Uferland schaf-ten sich zu verändern. Gebirge treten an ihn Hera», selbst sein Bett mit Klippen besäend, und begleiten ihn ans eine beträchtliche Strecke. Man rechnet von Vutu, dem Hasen von Kaschna, bis Iauri zwanzig Tag-fcchrtcn, und sechs derselben kommen ans die sslnsiengen, n>o der Schiffer wegen des Ungestüms, mit dem der Flnß die Vebirgsschranke durchbricht, ungleich schneller fortgetrieben wird, als iu den freiere» nnd breiteren Theilen des Bettes. Jenseits Butu's tritt der Niger tn die Gegenden ein, die erst durch Barth bekannt geworden sind. Auf seinem östlichen oder linken Ufer empfängt er den Haüßafluß, der südöstlich vo» Katseua etwa unter 1l) Grad 20 Min. N. Br. entsteht, bei Wurno den Namen Nima oder Gnlbin Nima erhält, weiterhin auch noch die Namen KulbinKebbi und Gulbin Tokoto fuhrt nnd nnter dem l4. Breitengrade iu den . Niger fällt. Auf dem rechten oder westliche» Ufer ist der bedeutendste Zuflnß der Sirba, der allgemeiner Sai (Flnfti genannt wird. An der Stelle, wo Barth über denselben sehte, war der sslnß !2 Fuß tief, nnd der Uebergang mußte, da Boote gänzlich fehlten, mit Hülfe von zusaiw mcngebnndenen Binsenbimdeln bewerkstelligt werden. Von einem andern Wasser, ans dem Barth sich einschiffte, blieb es zweifelhaft, ob es ein Zu-fluß oder ein Arm des Nigers sei. Dasselbe war ungeachtet sciucr Breite nnd Schönheit viel mit PfKmzen überwachsen nnd stand mit einer Menge von ssanälen in Verbindung, die sich während der Ueber-schwemmung bildeil nnd das ^aud netzförmig durchziehen. Iauri, bis wohin die Schiffer von Timbuktu segeln, ist zugleich der Ort, von dem Enropäcr den Niger bis zn seiner Mündung befahren haben. Von Iauri bis Rabba zieht sich von Norden nach Süden eine Gebirgskette, zwischen der der Fluß strömt, lind von der er an mehreren Orten, namentlich bei Bussa, qner durchsetzt wird, so daß Klippeil und Stromschncllen entstehen. Bei Nabba öffnet sich ein weites und schönes Becken, durch dessen Südgrenzc, das Konggebirge, der Niger gezwnngen wird, eineu großen Bogen gegen Osten zu macheil. Ein enges und tiefes Seitenthal, dessen pittoreske Fclsenwändc eigentlich eine Schlucht 16, Kap.) Der Niger n»d die Nisscrreiseii. 1ßI bilocn, ennöglicht dem Fluß endlich dm Austritt aus dcm Binnenlande. In diesem schönen Flußbecken ist der Handelsverkehr ein ungemein lebhafter. Die Landschaft Nvffe liefert die werthellstcn der Waaren, zn deren Verbreitung der Niger benutzt wird. Dic Bewohner dieser Landschaft gehören zu den gewerbftcißigstcn Afrikanern und impouirten selbst einem Engländer (Oldsicld) so sehr, dasi er ihre hauptsächlichste ttiewerl" stadt, Zagoschic, das afrikanische Manchester nannte. Sie spinnen und weben die Baumwolle mit einer Meisterschaft, welche an europäische Fabriken erinnert. Ihre Gewänder (Turbans uud Tolxn) nnd ihre Oc-sichtsbinden werden weit uud breit gesucht. Dagegen zeichnet sich Kano, wohin viele der Nvffe-Stoffc gehen, dnrch'seine Fertigkeit im Färben aus. Der größte Znfluß des Nigers auf dieser Strecke, der wichtigste uud interessanteste, den er auf seiuem ganzen Lause empfängt, ist der Tschadda, den wir jetzt richt richtiger Bcnue nennen. Den Namen Tschadda scheinen die ersten Reisenden dem Flusse willkürlich beigelegt zu haben, da sie von der Annahme ausgingen, daß er ans dcm ihnen bereits bekannten Tschadsec komme. Sie waren zu dieser Annahme berechtigt, denn die Einw'ohncr behaupteten wiederholt eine Verbindung zwischen dem Strome nnd dem großen centralafritanischen Binnensee. Die beiden Lander, Oldficld nnd Allen, der deutsche Maubenobote Schön, berichteten übereinstimmend auf die Autorität der Uferbewohner hin, daß man zu Wasser auf dcm Tschadda nach Bornu und zum Tschadsee gelangen köunc, uud gegen Schön erboten sich sogar Schwarze, sein Boot dahin zu führen. Gegenwärtig wissen wir, daß der Tschadda kein Ab-flnß des See's ist, nach dem man ihn benannt hat, und daß der Schary, mit dem mau ihn verwechselt haben tönute, keiu Ansfluß, sondern ein Zufluß des großen Tschad ist. Möglich wäre es jedoch, daß zwischen dem oberen Schavv nnd dcm Bcnue in der Regenzeit eine periodische Verbindung stattfinde. Vogel hält das obere Mnsgo, wo er tertiäre Kalkablagerungen mit Tnßwasser-Mnscheln gefunden hat, für den Boden eines ungeheuren Süßwassersec's. von dem der jetzige Tschad einen verhältnißmäßig kleinen Theil bilde. Die Ebenheit dieser Landschaft ruft die sonderbare Erscheinung hervor, dasi unzählige seichte Wasscrpfühle entstehen, welche m der Regenzeit mit einander in Verbindung stehen und Bäche vom trag/ sten Lauf darstellen Einige der letzteren können iu dieser Zeit Boote 11* 164 Der Niger imd die Nigencisen. ^6. Kap. tragen. Auch die in dieser flachen liegend liegende Wasserscheide zwischen dem Schary und de,n Benuc ist so niedrig, daß Ovcrwcgs Bemerkung, „bei der eigenthümlichen Natnr des Landes, seiner Flachheit und ebenen Beschaffenheit, so wie hei der großen, in der Regenzeit herabfallenden Wassermassc wäre cs nicht auffallend, wenn zwischen Heiden Becken eine wirkliche, jedoch nur vielleicht für kleine Boote uutzhare Wasservei> bindung periodisch stattfände," keine unwahrscheinliche Annahme enthält. Von dem Senegal und Gaml'ia kennen wir eine solche periodische Verbindung, die sogar schon im Perglande stattfindet. (5in sumpf, der an der Kreuze von Fnta Torr und Boudu liegt, entsendet in der Regenzeit einen Theil seiner überfließenden Gewässer z»m Gambia, einen ander» zum Senegal. Bei Iddah, von wo der Niger in der maiestätischm Breite von 8200 Fuß in gerade südlicher Richtung nach Cbo strömt, wird die Userlandschaft freier. Die Stadt ist für den Schiffer noch etwa achtzig deutsche Meilen von der Mündung entfernt. Ihre Märkte sind stark besucht, und sie selbst bereitet lebhaft gefärbte, aber rohe Baumwollenzeuge, Lcder, Pfcrdegebisse, Stallgeräth und Waffen, die loegen der Wte des dortigen, mit Holzkohle geglühten siisens sehr geschätzt werden. (5'bo, eine Stadt von einiger Bedeutung, liegt am (Eingänge des Mündnngslandes, das seine Entstehung den Ablagerungen des Nigers verdankt. In der Nähe gabelt sich der Flnß zum ersten Male und diese Theilung seiner Arme setzt sich immer sort, wohci VerbindungMnale von einem Ast zum andern führen, so daß ein hundertfach dnrcbflossenes Delta entsteht. Die hydrographische» Verhältnisse dieses Fluß - und (5anal»etzes harren iwch einer genauen l>rft'rschung. Namentlich ist noch zu ermitteln, ob nicht mehrere der angeblichen Nigerinündnnge» selbständigen Flü„en angehören. Der Benin scheint die westlichste, der Bonny-fluß die östlichste Mündung z» ftin. Von diesen beiden Mündnngsströ-inen ist nur der Beilin für die Schifffahrt zn bcnuhen, denn der Bonny-fluß breitet sein Wasser zu »reit aus und soll außer der Regenzeit meistens ganz trocken liegen. Der mittlere Nigerarm, den wir den Nun „cit-nen, ist der für den Verkehr wichtigste. Am Cap Nun mündend, wird er von einer Sandbarrc verschlossen, über die man nur mit Hochwasser gelangen kann, und sein Fahrwasser ist an einer Stelle, im sogenannten l!i. Kav.^j Del Niger imd die Nigerrcisc,,. 1ß5 Ludwigseanal, st' schmal, daß cm Schiff auf ihm kaum wenden kann. Niesenhafte Adonsonien, Wollbänme und Oclpalmcn, durcl, zahllose Schlingpflanzen mit einander verbunden, bedecken die höhcrliegcnden Theile deo MündunaMnd^v Die Bevölkerung ist ein elendes, auch geistig verkommenes und durch den Verkehr mit den Europäern noch mehr verdorbenes (Geschlecht von siechem Ansehen, nnd wird viel von Hautkrankheiten heimgesucht. Die ethnographischen Verhältnisse des Nig^landes können nur oberflächlich berührt werden, da Bartl', der in Wurno sorgfältige geschichtliche Studien gemacht hat, mit seinem Reisebericht noch in: Rückstände ist. Auch das Ergebniß der ethnologischen Forschungen Crow-thcrs, des schwarzen Schiffsgeistlichcn der Plejade, ist noch abzuwarten. Seit Mungo Park Reise sind bedeutende Veränderungen eingetreten. Unsere alten Frennde, die Fnlah, die nur aus den Berichten des wackern Mannes als ein Hirtenvolk kennen, sind als gewaltige Eroberer aufgetreten. Sie sind es, die unter ihrem Sudannamcn Fellata oder Fellan in den berichten der neuesten Nigerreiscnden so oft erwähnt werden. Im Anfange dieses Jahrhunderts wurden sie von einem ihrer Priester, Fodic oder Danfodie. sanatisirt zum Kriege wider die Heiden. Sie folgten diesem Rufe willig, denn der Koran sagt: „Das Paradies liegt nnter dem Schatten der Schwerter, lind wer als heiliger Vlntzcuge in der Schlacht stirbt, dessen Wunden werden am Tage des Gerichts funkeln wie Rubinen nnd duften wie Mostbus." Ein Fellata-Sultan Bcllo. den sslappcrton nnd Denbam den Napoleon Centralafrika's nennen, breitete die Herrschaft seines Volk? im Nigerthale weit ans. Timbuktu war die nördlichste Eroberung der Man, im Süden sollen sie bis in die Nähe von Iddah vorgedrungen sein. Diese mächtige Bewegung der Fellan danert noch heute fort. Ihr Ergebniß sind blntige Kämpfe, welche die Verwnstuua, der schönsten Länder Ecutralafrika's in ihrem befolge haben. Als die Plejade den Venue kfnhr, war das rechte oder nördliche Ufer verödet, da die Bewohner, um den Einfällen der Fellan zn entgehen, auf die südliche Seite des Flusses geflüchtet waren. Ein fester Zustand, eine tücktige Htaatenbildung. die zu Ruhe und Ordnung führen müßte, kann durch diese Kämpfe nicht entstehen. Die Fellan. die nocb immer die stärkere Partei sind, wenn 166 Dcr Niger mid die Nigerreisen. 116. Kap. ihr Aufschwung auch matter geworden ist. denken nur an Selavenjagden uud befestigen i!ne Eroberungen nirgends. Vorwiegend ein Neitcrvolk, babcn sie die gebirgigen und waldigen Gegenden nicht unterwerfen können, und um diese unabhängigen Völkerinscln ihres Gebiets wogt ein unablässiger, entschcidungsloser Kampf. Von den Tuariks ließe sich am ersten erwarten, daß sie der Fellan-Herrschast ein Gide machen könnten. Von den verschiedenen Völkerschaften, die an den Iisern des Nigers wohnen, rührt die verwirrende Mannigfaltigkeit seiner Namen her. Die weniger bekannten Bezeichnungen, die er empfangt, find Majo, Issa (in Varths Briefen Iscka geschrieben) uud Gulbi». Nach dcu eben so gelehrten als scharfsinnigen Erörterungen unsers ausgezeichneten Geographen Gnmprecht «Zeitschrift für allgemeine Erdkunde, III. 68. V. 106 u. a. a. O.) siud alle diese Namen, wie auch die auderen, welche der Niger bei seinen Anwohnern fuhrt, mit „Waffer" gleichbedeutend. Daß namentlich Gulbi oder Gulbiu uichts Anderes bedeutet, wird durch die häufige Wiederkehr dieses Wortes als Zusatz zu Flußnamen, z. V. Gulbi Nima, Gulbi Naba. Gulbi Kebbi, Gulbi Sokoto, Gulbi Gindi, Gulbi Zoma. außer Zweisel gestellt. Mit Gulbi mag der Name Io-liba oder Dseboliba in Verbindung stehen, der nach Mungo Parks Neise in Yuropa fast allgeuiein für den Niger aufkam, oder er ist eine Zusammensetzung der Maudiugowörter Döcki (Wasser) uud Ba (groß). Durch sslapperton wurde bekannt, daß der mittlere nnd nntcre Niger Quorra heißt. In der Haußasprache, die eine große Verbreitung hat, ist das Wort fur Fluß Korama, und Qnorra wird eine Corrumpirung des» selben seiu. In einem einzigen Orte, zu Igbegbe am linken Benue-Uscr, hörte Crowthcr nicht weniger als sieben Sprachen. Cine vorwiegende Sprache — es ist die Haü'ßa-Sprache — giebt es am Niger, eine herrschende nicht. Ebenso eiMrt bis jetzt kein uuunterbrochener Handel, der von dem Punkte, wo der Niger schiffbar wird, bis zu der Mündung seine Verbindungsfädeu zöge. Die Vcwohucr der mittlern Landschaft oberhalb Sai hörten von Varth zum ersten Male, daß ihr Fluß in Gegenden die gegen Mittag lägen, seine Wellen mit dem Meere vermische. In nicht ferner Zeit wird ein unnntcrbrocheuer Verkehr bestehen. Neuuuudsunfzig Jahre liegcu zwischen Mungo Parks Rückkehr und der Fahrt der Ple- 17. Kap.! Mungo Patt wendet sich gegen Westen zurück. lmd Ucbcrschlvemmung. >!7. Kap. wünschenswert!), einen Führer zu erhalten. Verweilen konnte ick' an die -sem Orte nicht, denn nach Allem, was ich hörte, nmßte das Land in wenigen Tagen so hoch überschwemmt sein. daß an kein Fortkommen zu denken war. Ich bot zuletzt für einen Wegweiser zweihundert Kauris, und doch fand sich Niemand. Der Zufall fügte es so, daß am nächsten Tage (9. August) ein Manre mit seiner Frau ankam. Beide ritten ans Ochsen und wollten Salz nach Scgo führen. Ich pnes mich glücklich, daß sie einwilligten, mich mitzunehmen, sand aber bald, daß diese Leute den Weg so wenig wie ich selbst kannte». Der Sand ist das stlemcnt der Manren, und im Wasser spielen sie cine tranrige Nolle. Die Fran, die unsern Zug eröffnete, dachte nicht daran, den Boden zu prüsen, sondern ritt unbekümmert mitten in das Nasser hinein. Tie hatte noch nicht zweibundert Schritte zurückgelegt, als ihr Ochse in ein tiefes Loch stürzte nnd sowohl sie als die Ladung in das Schilf warf. Ihr Mann erschrak darüber so sehr, daß er wie versteinert auf seinem Thiere sitzen blieb, und seine Fran war halb ertrunken, als er ihr endlich Hülse brachte. Die Sonne ging eben unter, als wir in Sibiti ankamen. Der dortige Vorsteher empfing mich mit Kälte und verweigerte mir einen Wegweiser nach Sansading. „Meine Lentc haben mehr zu thun," war seine knrzc Antwort. Mein Nachtlager erhielt ich in einer alten Hütte, deren Feuchtigkeit eines Theils nnangenchm war, andern Theils mit Gefahren drohte. Wenn nämlich die Wände dieser Hütten viel Regen eingcsogen haben, so werden sie in diesem durchweichten Zustande zn schwach, die Last des Daches zu tragen. Sie stürzen dann häufig ein, und dies mußte ich für mein trauriges Obdach um so mehr besürä'ten, als ich in der Nacht drei Wohnungen einfallen hörte. Als ich am Morgen ausging, um etwas Oras für mein Pferd zu holen, zählte ich vierzehn Trümmerhausen, die iil der jetzigen Regenzeit ans diese Art entstanden waren. An diesem Tage war meineLage eine traurige. Der strömende Regen hielt mich fest, und der Vorsteher weigerte sich, mir ^cbeu^mittel zu versaufen. Etwas Mais erhielt ich indessen, nnd diesen theilte ich mit meinem Pferde. Wegeil des wahrhaft absckculicken Wetters würde ick auck »och den nächsten Tag geblieben sein, wenn der Vorsteher mich nicht fortgewiesen bätte. Was ich von Leuten hörte, die mich in Sibiti besuchten, erklärte mir das feindliebe Benehmen des Mannes. Man wnßte, daß Mansong l7. Kap.> Nachstellungen dcs Königs von Bambarra. 17 l mich nicht habe sehen »vollen, so daß kein Vorsteher verpflichtet war, mir Gastfreundschaft zu gewähren. Uclm'dies war ein Gerücbt verbreitet worden, daß ich als Späher in Bambarra uncherreise, und fand allgemeinen Glauben. Diese Nachrichten, die ich stets wiederholen hörte, machten mich wegen meiner Aufnahme iu Sansading nicht wenig besorgt. Ich konnte den Ort jedoch nicht umgehen, und so brach ich am 4. Nngust ans und tras in Sansading kurz vor Einbruch der Nacht ein. Meine Befürchtungen gingen vollständig in Erfüllung. Jedermann wich mir ans, und selbst Caunti Mamadi, der mir bei meinem letzten Besuche so viel Freundlichkeit bewiesen hatte, beachtete mich bei meiner Ankunft kaum. Kr wies mich von meiner Thür allerdings uicht fort, ließ mich aber bald durch einen Diener benachrichtigen, daß von Sego sehr nachthcilige Gerüchte über meine Person nach Sansading gedrungen seien, und daß er mich daher bitten müsse, sein Hans morgen in aller Frühe zu verlasseu. Daß er selbst es mit mir noch immer gut meinte, zeigte er am Abend. Er besuchte mich nämlich in der zehnten Stunde heimlich lind sagte mir: „Mansong will Dich gefangennehmen lassen und hat zu diesen, Zweck einen Kahn nach Dschinnic geschickt. Willst Du glücklich nach dem Westen zurückkommen, so verlaß Sansading vor Auf-gang der Sonne und vermeide es, in Diggani oder irgend einer andern Stadt nahe bei Sego zu verweilen." Natürlich folgte ich diesem Rath. Als ich am Nachmittag vor Kabba anlangte, staunte ich nicht wenig, vor dem Thore eine Menge Menschen zu sehen. Einer derselben lief mir entgegen, ergriff mein Pferd beim Zügel, führte mich um die Mauern der Stadt hcrnm und zeigte nach Westen, indem er mir fagte, daß ich das Schlimmste zu befürchten habe, wenn ich nicht jene Nichtnng einschlage. Ich stellte vor. wie leicht ich in den Wäldern von der Nacht überfallen werden könne, und daß ich dann allen Unbilden des Wetters wie den Anfällen der wilden Thiere ausgesetzt sein w'erde. „Schnell fort mit Dir!" war die ganze AnWort, und da inzwischen mehrere andere Leute herbei kamen und mir eben so ernste wie dringende Vorstellungen machten, so begann ich zu muthmaßen, daß Boten des Königs, die mich verhaften sollten, in der Stadt seien, und daß die guten Neger blos deshalb mich um die Stadt herumführten, damit ich nicht verhaftet werde. 172 Gastliche Aufnahme in einem Negcrdorfe. sN. Kap. Voll Besorgniß, daß ich die Nacht auf den Zweigen eines Baumes werde zubringen müssen, schlug ich den Wog nach Sego ein. Drei Viertelmeilen weiter kam ich zu einem kleinen Dorfe unfern der Straße, dessen Vorsteher am Thor Holzstäbe spaltete. Dieser Mann verweigerte mir die Aufnahme, und als ich dennoch in den Ort zu reiten versuchte, sprang er auf und drohte, daß er mich mit einem der Stäbe, die er eben gemacht hatte, vom Pferde schlagen werde, wenn ich nicht augenblicklich nmkehrc. In der Nähe dieses Dorfes bemerkte ich ein zweites, weiter im Felde liegendes. Da es von der besncbten Straße abseits lag, so hoffte ich, daß die Einwohner gastfreundlicher sein würden, »ränderte durch die Kornfelder und setzte mich in der Nahe der Häuser an einem Brnnncn nieder. Bald kamen zwei oder drei Frauen, um Wasser zu schöpfen, und sahen uicbt so bald, daß ich ein Fremder sei, als sie mich fragten, wohin ich gehe? Ich antwortete, Sego sei meine Bestimmung', die Nacht habe mich überfallen, ich wünsche, in ihrem Dorfe zu bleiben, nnd bitte sie daher, daß sie sich beim Vorsteher für meine Aufnahme verwenden möchten. Die Frauen gingen, nnd bald nachher ließ der Vorsteher mir sagen, daß er mir c>» Nacktlager angewiesen habe. (5s war eine Hütte, in der eine Dörre stand, aus welcher die Nüsse des Schihbaumes gedörrt wurden. Zn diesem Zwecke wnrde unter dem Gerüst, das etwa eine kalbe Nagenladnng dieser Früchte sassen mochte, beständig ein helles Holzfeuer unterhalte». Dieses Verfahren macht die Nüsse in drei Tagen zum Stampfen und Kochen fertig. Die auf diese Art bereitete Butter soll besser sein. als wenn man die Früchte einfach an der Sonne trocknen läßt. In der Regenzeit verdient die Dörre gewiß den Vorzug, weil die Sonne dann langsamer und schwächer wirkt. Am 13. August kam ich in der zehnten Morgenstunde in ein kleines Dorf, das nur eine halbe Stunde wn Sego entfernt liegt. Alle meine Bcmübuugen, mir Lebensrnittel zu verschaffen, waren fruchtlos. Alle Menschen wichen mir ans, nnd dieses Betragen wie die. Blicke, die man anf mich warf, sagten mir verständlich, daß sehr ungünstige Berichte über mich im Umlauf sein müßten. Ich hörte hier wieder, daß Man-song Leute ausgeschickt habe, die mich verhaften sollten, und der Sohn des Vorstehers drang in mich, keine Zeit zu verlieren, wenn ich die Grenze von Bambarra ungefährdet zu erreichen wünsche. Die Gefahren l?. Kap.1 Weiterreise au dem Ufcr des Nigers. 173 meiner ^age und die Nothwendigkeit, Sego zn umgcheu, wurden mir immer deutlicher. Ohne Verzug bestieg ich mein Pferd und ritt so schnell als dasselbe ausschreitcn tonnte, auf den» Wege nach Diggani fort, bis ich den Landleuten aus dem Gesicht war, worauf ich mich durch Sümpfe und üppige Wiese» gegen Westen wendete. Gegen Mittag machte ich unter einem Baume Halt, um meine Lage zu überdenken und einen Entschluß zu fassen. Daß die Maureu und die Slatis dem König Argwohn eingeflößt hatten und daß man mich suche, um mich als Gefangenen nach Sego zu führen, darüber konnte ich nach allen Vorgängen der letzten Tage nicht in Zweifel sein. Welche Richtung sollte ich nun einschlagen? Zuerst tam mir der Gedanke, mit meinem Pferde durch den Niger zn schwimmen und gegen Süden bis zum Eap ssoast vorzudringen. Dieser Plan zeigte sich bei näherer Betrachtung als unausführbar. Ich hatte bis Kong zehn Tagereisen zu machen nnd mußte dann durch ein großes Gebiet reisen, bewohnt von verschiedenen Stämmen nnd Völkern, deren Titten und Sprachen mir gänzlich nnbekannt waren. Diesen Plan gab ich daher auf. Ich glaubte dem Zweck meiner Sendung besser zu entsprechen, wenn ich in westlicher Nichtnng am Niger fortreise und mich überzeuge, wie weit aufwärt? der 5luß schissbar sei. Nachdem ich diesen Entschluß gefaßt hatte, brach ich ails nnd erreichte Abends, als die Sonne noch am Himmel stand, ein von Fulah bewohntes Dorf, Namens Snbu, wo ich für zweihundert Kauris ein Nachtlager erhielt. Am 14. August durchreiste ich, immer dem Ufer des Nigers folgend, ein gut bebautes und stark bevölkertes Land. Die erste Stadt, dnrch die ich kam, hieß Kamalia*), nnd um Mittag sah ich eine zweite größere Stadt, Sami genannt, wo eben ein Markt gehalten wurde. Ich ritt mitten dnrch das Getümmel der Menschen, die ans einem freien Platze um Korn, Vieh, Zenge nnd andere Sachen handelten, und wurde kaum bemerkt. Wahrscheinlich hielt man mich für einen Manren. In Binni, einem kleinen Dorfe, erkaufte ich mir von dem Sohn des Vorstehers für huudcrt Kauris die Erlaubniß, bei ümi ^u übernachten. Als ') Weiter unten wcrdc ich von einer audcru Stadt desselben Na» menö freche», Mungo Park. 174 Ewe afrikanische Velagcning. sl7. Kap. aber der Vater heimkehrte, wies er mich barsch aus seiner Hütte fort und ohne die Bitten seiner Frau würde ich die Nacht unter freiem Himmel haben zubringen müssen. Die große Stadt Sai, durch die ich am folgenden Morgen um Nenn Ubr ritt, nahm meine Nengier in hohem Grade in Ansprnck. Rings nm die Stadtmauern ziehen sich in einer (wtfernnng von ungefähr zweihundert Men zwei sehr hohe Verschalungen, ans denen viele viereckige Thürme vertheilt sind, so daß der ganze Bau eine regelmäßige Befestigung bildet. Als ich nach der ssutstehung dieser auffallenden Werte fragte, erfuhr ick von zwei Bewohnern der Stadt folgende Oc-sehichte, die ich hier mittheile, weil sie, falls sie wahr ist, ein erschütterndes Bild der Grausamkeit darbietet, mit der die afrikanischen Kriege geführt zu werden vflegen. Vor etwa fünftel'» Jahren führte der Vater des jetzigen Königs von Bambarra gegen Miniana einen Vcrwüstungskrieg. In einer der Schlachten fielen zwei Töbne des Vorstehers von Sai, welche aus der Seite des Königs sockten. Der unglückliche Vater bel'ielt nock einen Sohn, den er nicht fortgehen ließ, als der König Verstärkungen und na-ineutlich diesen jungen Mann forderte. Darüber ergrimmte der tyran-niscke Neger so sebr, daß er, als er durck die eintretenden Regen zum Rückmarsch aus Miniana gezwungen wurde, vor Sai zog. Da die Gn-wol'ner sür ihren Vorsteher Partei nahmen, so belagerte er die Stadt und umgab sie mit den SckanM u»d Thürinen, die meine Aufmerksamkeit erregt hatten. Nach zweimonatlicker (Einschließung entstand in Sai eine Hungersnoth mit allen ihren Mreneln. Wahrend die Krieger des Königs in llcberfluß schwelgten, nagten die Belagerten Blätter und Rinde des Bentang-Baumes im Mittelpunkt der Stadt ab. Sie wollten aber lieber umkommen, als sick ergeben. Der König eröffnete nun verrätherischc Unterhandlungen. (5r versprach der Stadt seine volle Verzeihung, wenn sie il»n die Thore öffne nnd den Vorsteher ausliefere. Der alte wackere Mauu beschloß, sich für seine Mitbürger zu opfern und ging ins feindliche Lager, wo man ihn auf der Stelle Hinricktete. Sein Sohn sncktc zu entfliehen, wurde aber in einer Schande festgenommen und niedergehauen. Die Stadt ergab sich, aber dies milderte ihr Schicksal 17. Kap.) Mung" Par? von einem Löwen bedroht. 175 wenig. Alle Einwohner wurden fortgeführt uild an verschiedene Slatis als Sclaven verkauft. In einem Dorfe Kaimn, das am Ufer des ^lnsses liegt, machte ick Mittag. Der Mais, den ich in Sibili getaust hatte, warzn Ende gegangen, nnd ich snchte mir neue Verrathe zu verschaffen. Man sagte mir aber, das; es gegenwärtig im ganzen Lande sehr wenig Getreide gebe, und dem schien wirklich st' zn sein, denn obgleich ich für eine ganz geringe Menge snnfzig Kanris bot. wollte mir doch Niemand etwas verkaufen. Eben wollte ich fortreiten, als mir ein Einwohner einiges Korn zum Geschenk machte. Er hielt mich gewiß für einen maurischen Echeris, da er mich nm meinen Segen bat. Ich sprach einige englische segnende Worte und der Mann erschöpfte sich in Danksagungen. Dieses Geschenk lieferte mir ein Mittagsesfen. Es war dies der dritte Tag, an dem ich blos von rohem Mais lebte. In dem kleinen- Dorfe Song, das ich am Abend erreichte, verweigerten die unfreundlichen Einwohner mir nicht blos die Aufnahme in eine ihrer Hütten, fondern ließen mich niebt einmal ins Thor ein. In der Gegend gab es viele Löwen, wie ich am Tage an zahlreichen Spuren im Sande wahrgenommen hatte, nnd ich hielt es daher gerathen, in der Nähe des Dorfes zu bleiben. Als ich für mcin Pferd Gras gesammelt hatte, legte ich mich unfern des Thors nnter einem Baume nieder. Um zehn Mr horte ich ganz in der Nähe das fnrchtbare Brüllen eines Löwen nnd versuchte noch einmal, mir Einlaß ins Dorf zu verschaffe». Von innen wurde geantwortet, mail dürfe das Thor ohne die Erlaubniß des Vorstehers nicht öffnen. Ich bat nun, dem letztern anzuzeigen, daß ein Löwe herankomme, und daß ich in meiner Gefahr auf die Erlanbuisi. das Dorf betreten zu dürfen, hoffe. Zwei Stunden vergingen unter dem peinlichsten Harren. Der Löwe umschlich das Dorf fortwährend uud kam mir einmal so nahe, daß ich ihn im Grase rascheln hörte und mich auf einen Baum rettete. Um Mitternacht öffnete man cndlick das Thor nnd erlaubte mir den Eintritt. Er sei nun überzeugt, sagte der Vorsteher, das; ich kein Manre sei, denn sonst würde ich das Dorf gewiß verflucht haben. In der zehnten Morgenstunde des l tt. Augnst ritt ich durä, eine große Stadt, die nur als Dschabbe bezeichnet wurde und ill der ich eine 176 Die Stadl Lamina. — Nast 7. Kap. Moschee beinerkte. Dcr Boden erhebt sich hier zll Hügelil lind wird im Westen von hohe,, (Ncbirgeu eingefaßt. Da dcr Weg unten in der Ebcnc fortläuft und der Fluß seine flache» User ;u beiden Seiten weit lU'erschwemmt hatte, so hatte ich an diesem Tage so schlimmes leisen wie je. Bis zur Stadt (Nangu traf mich, obgleich ich wegen der trüben Farbe des Wassers dessen Tiefe nicht beurtheile» konnte, kein Unfall, allem jenseits gerieth mein Pserd an einer überschwemmten Stelle, wo ihm das Wasser bis an den Sattelgurt reichte, plötzlich in ein tiefes Loch und war halb ertrunken, ehe es die Bcinc aus dem zäbcn Lclnn losma» chen konnte. Wir beide, ich und mein Pferd, wurden so mit Schlamm überzogen, daß die Leute des nächsten Dorfes uns mit zwei Elephanten verglichen, die sich in einem Sumpf gewälzt habe». Iu dem zweiten Dorfe taufte ich etwas Korn nnd trocknete meine Kleider lind Papiere. Die nächste Stadt, Uamina, stellte siel, mir in dcr Ferne sehr stattlich dar. Sie hat fast dieselbe Größe wie Sansading, ist aber in ihrem Wohlstand bedeutend zurückgekommen. Vor etwa vier Jahren wurde sie nämlich von Daisi, König von Kaarta, geplüildert, und als ich sie besuchte, lag noch die Hälfte ihrer Hänser in Trümmern. Sie ist jedoch ein beträchtlicher Handelsort geblieben »nd wird viel von Mauren besucht. An einen längeren Anfcnthalt durste ich wegen dcr letztern nicht denken, wollte aber doch durch die Stadt reiten, lim mir ein Bild ihrer Größc und ihrcr Bevölkerung zu verschaffeil. Während meines Nittö durch die Straßen bemerkte ich in dcr That viele Mauren, die alif den Bcntaugs und andern öffentlichen Plätzen umbersaßen. Ich trieb mein Pferd an, und fo hatte Niemand Zeit, die Nengier, die ich sichtlich hervorrief, durch Fragen zu befriedigen. In dem ummauerten Dorfe Farra machte man nicht die geringste Schwierigkeit, mir ei» Nachtlager zu gewähren. Am nächsten Morgen (17. August) brach ich früh auf und war schon lim Acht Uhr in Balaba, einer bedeutenden Stadt. Jenseits derselben verläßt der Weg die Ebene, um längs der Hügel hinzulaufen. Ich gewann dadurch zuweilen einen Ueberblick über das Land, dcr aber wenig Einladendes hatte. Bis dicht an den Weg traten Büsche und hohes Gras heran, während die Ebene unten so überschwcmnlt war, daß sie wie eiu See anssah. An diesen: Tage kam ich au drei zerstörten Städten vorbei. Ihre Einwohner sind 17. Kap.j Nrbelgaug ubcr den Flusi Frina. 177 sämmtlich von Daisi an demselben Tage in die Selaverei geführt worden, an dem auch Damina gestürnit nnd geplündert wurde. Pel ciilem dieser Trümmerhausen erstieg ieb einen Tamarindenbaum, um mir cine Labung zu verschaffen, sah mich aber bitter getäuscht, denn die fruchte waren noch uureif und folglich sauer. Am Abend wurde ich in Kanika von dem Vorsteher, der vor seiner Hütte auf einer silepbantenhant saß, und mieb freundlich empfing, reichlich entschädigt. (5r setzte mir zum Abendessen Milch uud Mehl vor, uud das war für einen Mann in meiner ^,'agc ein wahrhaft üppiges Mahl. Am 18. August schlug ich ciueu falschen Weg ein, dem ich eine Meile weit folgte, bis ich auf einer Höhe meinen Irrthum daran wahrnahm, daß ich den Niger zu weit lint's von mir battc. Ich suebte micb dnrch hohes Gras und dickes Gebüsch zu dem Flusse hinzuarbeiten und glaubte ihm unter viele» Beschwerden gegen die zweite Mittagsstunde nahe gekommen zu sein. als ich mir dureb eineu vcrhältnißmäßig kleinen, aber reißende,! Flnß den Weg versperrt sah. Ich hielt ihn anfangs für einen Nigerarm. mußte mich indessen bei näherer Betrachtung überzeugen, daß er ein selbständiger Fluß sei. An der andern Seite sah ick die Fortsetzung des Wegs, auf dem ich miä, jetzt befand, und dieser lief folglich hindurch. Die Furth war jedoch gefährlich, denn die Ufer waren so mit Rohr uud Gebüsch bewachsen, daß ieb am andern Ufer nicht hätte landen können, wenn ich nicht genau die Stelle des Weges erreicht hätte, und diese Ausgabe war wegeil der reißenden Strömung keine leickte. Ich setzte mich daher am Ufer nieder, um auf einen Reisenden zn warten, der mir als Führer dienen könne. Nachdem ich lange gewartet hatte und kein Reisender erschien, während der Himmel mit Regen drohte, untersuchte ich am Flusse aufwärts die Büsche und das Gras, ,^il ich weiter oben übersetzen wollte, um nicht duVch die Strömnng bei der jenseitigen Landungsstclle vorbeige» trieben zu werdeu. Als ich eine schickliche Stelle gefunden hatte, band ich meine Kleider auf dem Sattel fest, zog mein Pferd, damit es folgen müsse, am Zügel mir nach, uud war schon bis an den Hals im Wasser, als ein Mann, der ganz zufällig an diese Stelle kam, mir laut und heftig zuschrie, ich solle sogleich ans Land zurückkommen, denn die Alligatoren würden mich und mein Pferd zerreißen, wenn ich meinen unsinnigen MlMHU Park, ^<> ^^ Uel'erga»^ über den Fluß Fiiua. l^!«. Kav. Vorsatz, durcb den ssluß zu schwimmen, ausführe, M ich das Waffer verlaffcn hatt,,', war der ^reinde, der noch nie einen Vuropaer gesebeil batte, im höchsten Grade erstaunt, (kr führte zweimal seine Hand an den Mund, indem er mit leiser Stimme wiederholte: „Gott beschütze mich, wer ist dieser Mann?" Als ick ihn aber in der Bambarra-Spraye anredete nnd ihm sagte, daß ich denselben Weg wie er babe, versprack er nur, daß er mich über den Fluß, den cr Frina nannte, schaffen wolle. Lr ging nun eine Strecke weit am Flusse fort nnd rief zum andern Ufer hinüber, worauf von dort eine Stimme antwortete. Nach kurzer Zeit schob sick ein Kahn aus dem Schilf heraus, der von zwei Knaben gerudert wurde. Diese erboten sich gegen fnnfzig Kanris, mich und mein Pferd über den Flnß zu rnder>!, nnd führten es mit Leichtigkeit aus. Am Abend erreichte ich Taffara, eine von Manern umgebene Stadt. Bei dem ersten Worte, welches ich sprecken horte, siel nur der bessere Dialekt ans. Die Sprache war von dem verdorbenen Mandingo, an das icb mich in Bambarra l'atte gewöhnen müssen, zum reinen übergegangen. Achtzehntes Kapitel. Ungastliche Aufnahme. — B^räl'uisi eiues juu^cu Sclave» zu Sul,^. — Mliu^o Parl reist »>ic>! ,ni,!ifmro und cinälirl sic!, diiiä» d.ic> Tchrei-l'cn vl,'i/Zapbil<. — Aükuusi in Marr^I'u. — Beschwerliche Ncisc uacl, B.nnmaku. — Ueberfall und Plinidciun^ durch Bänder. — Ei» llei-nes Mo^'s ist Mungo Parl'o Trost in dc'r höchsten Noth. - Olnckucl'e '.'!»k,i,völf Jahre» zurückkehrte. Der Mensch hatte den todten Körper an einem Hnß und einem Arm gepackt und warf ihn mit einer rohen Gleichgültigkeit, wie ich sie noch nie gesehen hatte, in die l^rnbe. Als er sirde über die Leiche schaufelte, murmelte der Vorsteher wiederholt vor sich hin: „Na-phula attiniata!" ^Weggeworfenes Geld!) Diese Worte verriethen mir, daß der Knabe sein Sclave gewesen sei. Ich verließ den Schauplatz diesem empoienden Auftritts nnd solgte dem Ufer des Fluffes. Als die Tonne unterging, war ich in der bedeutenden Stadt Kulikorro, die als Stapelort für den Salzhandel wichtig ist. Ich fand in dem Hause eines Bambarraners Aufnahme, der frü-her Selavc eines Mauren gewesen war und mit seinem Herrn Arau' an, Tindenui (Tandemn) und viele andere Oasen nnd Orte der großen Sahara hesncht hatte. Da er zum Islam ühergetreten war, so hatte er, als sein Herr in Dschinnie starh, die Freiheit erhalten und sich in Kulikorro niedergelasseil, ssr trieh hier mit Salz, baunnvollcucn Zeugen und anderen Waaren einen schwunghafte» Handel. Trotz seiner Weltkcnntniß war seine abergläubische Zuversicht zu Saphis und Zauberformeln, die er mit der Muttermilch eingesogen hatte, dieselbe geblieben. Er hörte nicht sobald, daß ich ein Khrist sei, als er in der Hoffnung, daß ich mich aus die Bereitung vou Saphis verstehe, sein Walha oder Tchreibebrett herbeibrachte und mir gekochten Ncio zum Abendessen versprach, wenn ich ihm einen Saphi schriebe, der ibn gegen schlechte Menschen schütze. Das Anerbieten batte für mich zu viel Werth, als daß ich den Antmg hätte ablehnen können. Ich beschrieb das gau^e Brett von oben bis unten aus bcidcn Seite», worüber mein Wirth höchst erfreut war. Damit die ganze Kraft unmittelbar in ibn übergehe, holte er eine Kürbisschale mit Wasser, wusch die Schrift vou dem Brctt ab, murmelte über das Wasser gebeugt einige Gebete und trank die Schale aus. Damit ihm von der Schrift nicht der kleinste Rest entgehe, leckte er dann das Brett noch sorgfältig ab. Daß ein fo wichtiger Mann wie eiu Savhi-Tchreiber im Orte sei, konnte unmöglich lange verborgen bleiben. Auch der Vorsteher hörte es uud schickte mir seinen Sohn mit einem halben Bogen Schreibvapier. l8. Kav.^z M»>,,^' Park ernührt sich als Baphi-Bchielbei. l81 Er wollte ein Saphula, das heißt einen Savhi, N'elcher seinen Besitzer zu einenl reichen Manne »lache. Sein Sohn übergab mir Mehl »nd Milch, und als ich den Saphi geschrieben hatte nnd die Formel ihm laut vorlas, war er mit meiner Leistung st' zufrieden, dasi er nur für den andern Morgen Milch znm Frühstück versprach. Nachdem ich »nein Abendessen von gekochtem Reis und Salz genoffen hatte, suchte ich nieine Ochsenhaut auf und versank bald iu eiueu erquickenden Schluunner, von dem ich erst am Morgen erwachte. Seit langer Zeit hatte ich zum ersten Male gut gegessen und gut geschlafen. Am 2l. August verließ ich Kulikorro mit Tagesanbruch. Unterwegs berührte ich zwei Dörfer und erreichte am Nachmittag Marrabu, ciue große Stadt, die ebenfalls einen bedeutenden Salzhandcl treibt. Man führte mich in das Haus eines Kaartaners, der znm Stamme der Iauern gehörte und mich wohlwollend aufnahm. Dieser Mann war durch den Sclavenhandel sehr reich geworden und bewies den Fremden eine solcbe lNastfreundschaft, das« mau ihm den Beinamen lNati ^Hast-wirth) gegeben batte. <^anz uneigennützig war er bei seiner Aufnahme von Fremden indessen nM. Diejenige», vou welchen er beim Abschiede ein reiches beschenk erwartete, wurden vortrefflich bedient. Die Anderen dagegen mnßten sich mit dem begnüge», was er ihuen zukommen zu lassen für gnt fand. Da ich zu der letztem Classe gehörte, so wurde ich mit sieben armen Reisenden, die in einem Kahn von Kankaba gekommen waren, <» einer Hütte untergebracht. Lebensmittcl ließ uuß der „(Aastwirth" übrigens znkommen. Am 22. August gab mir ein Diener meines Wirths eine Strecke weit das Geleit, um nur den Weg zu zeigen. Mochte dieser Mann nuu selbst irren, oder mochte er mir eine Verlegenheit bereiten wollen, genug er zeigte mir deu falschen Weg. Ich ritt auf diesen» fort uud bemerkte meinen Irrtlmm erst, als die Tonne ziemlich hoch am Himmel stand. An einein tiefen Flusse überlegte ich, ob ich nmtehren solle. Die Furcht, daß ich in diesem Fall Bammaku heute nicht erreichen werde, hielt mich davon ab. Meinen Uebergang über den Fluß führte ich in der Art ans, daß ich mein Pferd rückwärts hart an den abschüssigen Nferrand führte nnd es dort über Kovf ins Wasser stürzte. Ich sprang darauf nach, »ahm den >>ügel zwischen die Zälme und schwamm ans andere 1g2 Beschwerliche Ncisc nnch Vamm.if». sltt. Kap. Ufer. Dies war seit Scgo der dritte Flllß, über den ich alls diese Art setzte. Vor dein Naßwerden brauchte ich mich nicht zu fürchten, denn meine Kleider wurden vom Regen und von dem starken Than ohnedies immer feucht erhalten. Kin Flußbad war mir sogar wohlthätig, weil die Strasieu vou einem tiefen Schlamme bedeckt waren. Mein Tagebueb steckte in meinem Hute und war dort gut geschützt. Jenseit des Flusses traf ick aus keinen gebahnten Weg und mußte durcb das lwbe 6;ras reiten. Am Mittag erreichte ich den Niger, der sich hier mit gewaltigem Nauscheu und reißender Schnelligkeit zwischen Felsenufcrn fortbewegt. Die Kähne von Bambarra schissen über diese Stromschnellen binweg. Sie halten lick, bart am User und werden theils von den Schiffern mit Stangen fortgeschoben, theils vom Ufer ans an Stricken aufwärts gezogen. Ein europäisches Boot würde in dieser Jahreszeit den Fluß faum baben befabren können. Vom Niger wendete ich mich zu den Gebirgen und fand einen schmalen Fußpfad, der mieb zu dem Dorfe Frukabn, meinem beutigen Nachtquartier, fübrte. Am folgenden Nachmittage (3^. August) war ich iu Bammaku. Die Erwartungen, mit denen ich den Ort betrat, wurden im ersten Augenblicke sehr getäuscht. Ich glaubte einen große» Salzmarkt zu sehen und fand eine Stadt von mittelmäßigem Umfang, die noch lnnter Marrabu zurückstand. Ich hörte jedoch bald, daß Bammaku durch den Reichthum seiner Einwohner ersetzt, was ihm an l^röße fehlt. Die Stadt liegt aus der Straße, welckie von Kaarta nael, Bambarra fübrt und zum Salzhandel benutzt wird. Die Mauren, welche diesen betreiben, rasteil in Vammaku einige Tage, lind diese Frist benutzen die biesigen schwartn Händler, denen die Sal>preise in den verschiedenen legenden genau bekannt sind, um das Salz im Oroßen zu kaufen und es naebber in, Kleinen wieder abzusetzen. Ich wohnte in dem Hanse eines Serawoulli-Negcrs und erhielt viele Besuche von Mauren. Alle spracken stbr gnt Mandingo »nd behandelten mich freundlicher, als ich es von ihren Landslenten gewohnt war. Einer vou ihnen hatte den Nio grande besucht und äußerte sich über die Christen mit der größten Anerkennung. Am Abend schickte mir dieser Mann gekochten Reis und Milch. Ein Sclavcnhändlcr, der mehrere Jahre am Gambia gelebt hatte, l8. Kav-I Nug^'wißhcit i'ibcr den sortziü'cheüdc» We.v 183 gab mir Auskunft über den Wog, welchen ich einschlagen mußte, lim nach dem Westen zu gelangen. (>r nannte mir die Nanie» vieler Orte, die an der Ttrasie lägen, nnd n>ae!,te ancb über die ungefälne Entfernung einige Angaben. Seine übngen Mittheilungen lauteten nickte weniger als tröstlich. In dieser Jahreszeit, sagte er, seien die Wege ungangbar, und icb werde nicht weit kommen. Vei einer Stadt, die eine halbe Tagereise weit von Bammaku liege, führe die Ttrasie über den Niger. Da keiner der dort vorhandenen Käbne groß genug sei, um mein Pferd aufzunehmen, so müßte ich das /fallen des Wassers abwarten nnd darüber könnten einige Monate vergehen. So cntmuthigend diese Nachrichten klangen, mußte ich doch weiterreiten, da ich nicht so viel O^ld besaß, mn mich einige Tage lang zu erhalten. Konnte ich »lein Pferd wirklich nicht über den Fluß schaffen, so wollte ich es zurücklassen und ans jenseitige Ufer schwimmen. Ich überlegte die, ganze Nacht und fragte am Morgen den Wirth, ob ich den Niger umgehen könne. Ich hörte nun, daß es noch eine zweite Straße gebe, die freilich über das Gebirge führe nnd kaum für Pferde gangbar fei, der ich mich aber doch anvertrancn könne, wenn ich einen zuverlässigen Wegweiser babe', ich könne dann bis zur Stadt Sibidulu gelangen nnd von dort, wenn ick klug und vorsichtig sei. dnrch Manding reisen. Der Vorsteher konnte mir vielleicht eineil Wegweiser verschaffen, und in der That hörte ich von ihm, daß ein Sänger, der den Weg kenne, im Begriff sei, nach Sibiduln aufzubrechen. Als i h mit dem Sängerctwa eine balbe Meile weit in einem Felsm-thale aufwärts gegangen war, entdeckte er in der Nähe eines kleinen Dorfes, daß er den rechten Weg verfehlt habe. Kaltblütig theilte er mir mit, die Straße für Pferde laufe an den Bergen gegenüber hin, warf seine Trommel anf den Rücken nnd erkletterte die Felsen, auf die mein Pferd ihm natürlich nicht folgen konnte. Ich mochte mm seine Gewandtheit im Klettern bewundern nnd mir meinen Weg selbst suchen. Da ich nicht weiter vorwärts konnte, so ritt ich in die Ebene zurück, schlug dort eine rein östliche Richtung eil, und erreichte gegen Mittag ein anderes Thal, wo ich einen Weg fand, auf dem die Tvnren von Pferdehufen sichtbar waren. Ich folgte diesem Pfade und kam bald zu einigen Schäferhütten, wo man mir sagte, daß ich 'aus dem rcebten Wege jgH. Wastfremidllche Aufnabme in Kin»a. jl8. K,N'. sei, aber Sibidnlu schwerlich vor Einbruch der Nacht erreichen werde. Ein kurier Nitt fübrte mick, auf die Spitze des Hügels, die blos nut einer dünnen Erdschicht bedeckt war. Wo die Felsen zu Tage standen, unterschied ich Eisenstein und Thonschiefer mit eingesprengten Stücken weißen Quarzes. Ich konnte von dieser Stelle das Land weit überblicken. Gegeu Südosten erhoben sich in weiter Ferne dieselben Gebirge, die ich schon unweit Marrabu gesehen und von denen die dortigen Einwohner nur gesagt hatten, daß sie in dem großen Reiche Kong lagen, dessen König über ein viel größeres Heer als der Herrscher von Vam-barra gebiete. Die Tonne sank gegen den Horizont, als ich die Vergreihe ans der andern Seite hiuabritt. Scbon suchte ich mit den Augen einen dichtbelaubten Vaum unter dem iel, die Nacht zubringen könne, als iä, in einem reuende» Tl'ale zu einen, romantiseb gelegenen Dorse kam. Dieser Ort, der sich mir auf eine so unverhoffte Art zeigte, als ich bereits jede Hoffnung aufgegeben hatte, die Nacht unter Menschen zu verleben, heißt Kuma und ist rings von einer hohen Mauer umgeben. Er gehört einem Mandingo-K ausmann, der von dem letzten Kriege hiehcr vertrieben wurde. Durch die hohen Felsen ringsum gegen feindliche Angriffe gesichert, lebt er von dem Korn, das die umliegenden Felder im Ueber-flnß liefern, nnd von dem Ertrage seiner Heerdcn, die im ganzen Thale umherstrcifeu. Selten verirrt sich ein Reisender in diese reizende Einsamkeit, wo eine patriarchalische Gastfreundschaft herrscht. Die barm-» losen Bewohner hatten mich kanm gesehen, als sie mieb voll Theilnahme umringten. Sie stellte» tausend Fragen über mein Vaterland an mich u»d belol'nte» meine Mitteilungen, indem sie mir Mais und Milch für mich mio Gras für mci» Pferd gäbe». Ihre Aufmerksamkeit für mich giug so weit, daß sic i» der Hütte, wo ich schlafe» sollte, ein Feuer anzündete». Am 25. August verließ ich Kuma mit zwei Hirte», welche nach Sibidulu reise» wollten. Der Weg war steinig lind steil, und da mein Pferd sich auf dem Wege von Vammaku »ach dem romantischen Dorfe an den Füßen verwundet hatte, so kam ich nur langsam vorwärts. An vielen Stellen lief der steile Weg an tiefen Abgründen vorbei, so daß ich bet dein geringsten Fehltritt zerschmettert worden wäre. Die Hirten, 18. Kap.) NcbcvfaN und Plundcriuig din-ch Nmil'er. l.^5 die vor allen Dingen ibr Ziel so rasch wie möglich erreichen wollten, nahmen anf mich und mein Pferd keine Rücksicht und fingen stets in be-dcntendcr (?ntfernnng voraus. Meine Begleiter mochten eine !'albe Ttnnde von unr entfernt sein, und ich hielt eben bei einein kleinen Bache an, um meinen Dnrst zu löschen, als ich einige Leute einander zurufen und gleich darauf ein tNe« schrei wie von einem Menschen, der in großer Gefahr schwebt, hörte. In der Meinung, dasi ein Löwe einen Tchäfcr augegriffen habe, stieg ich zu Pferde, um genau zu erfahren, was eigentlich vorgefallen sei. Inzwischen hörte das Geschrei anf, uud als ich an dem Orte ankam, von dem es ausgegaugen war, erhielt ich aus mein lantes Zurufen keine Antwort. Bei genauerem Umschaueu sah ich einen Hirten unfern der Straße im hohen Grase liegen. Obgleich ich kein Vint an ihm wahrnahm, hielt ich ihn doch für todt. Ich näherte mich ihm nnd er flüsterte mir nun zu, daß ich nicht weiter reiten möge. Ein Haufe Bewaffneter, -erzählte er, habe seinen Gefährten mit sich fortgeschleppt nnd auf ihn selbst, als er die flucht ergriffen, zwei Pfeile abgeschossen. Ich hielt an, nm über den Entschluß, den ich zu sassen habe, nachzudenken, uud sah mit einem Male, als ick» zufällig nin miel, blickte, in geringer Entfernung einen Mann aus einem Baumstamm sitze». Auch die Köpfe von sechs bis sieben Anderen, welche in, Grase saßen und Musketen in der Hand hielten, vermochte ich zu unterscheiden. Ich sah, daß ich keine Hoffnung habe, ihnen zu entkommen, und beschloß gerade anf sie loszureiten. Vielleicht waren es (5'lcpbautenjäger, und in dieser Hoffnung knüpfte ich mit der Frage, ob sie etwas geschoffen hätten, eine Unterredung an. Ohne zu antworten, bcsadl nur einer der Leute, vom Pferde zu steigen. Plötzlich schien er sich an etwas zn erinnern und machte mir ein Zeichen, daß ich meine Reise fortsetzen möge. Ich ritt also weiter und war bereits nicht ohne Mühe über einen kleineu Bach gelangt, als ich mich rufen horte. Als ich znrückblickte, sah ich die vermeintlicheu (5lcpbante»jäger mir nachlaufen, nnd lwrte sie rufen, daß ich umkehren solle. Ich hielt, bis sie an mich herangekommen waren. Tie sagte» mir nun. der König der Nnlabdn habe sie beauftragt, mich und mein Pserd nebst allem meinen Eigenthum nach Fnlahdu zu führeil, nnd icb müsse folglich mit ihnen gehen. 186 Uebcrfali mid Plmidcning durcl, Näuber. ^l,8. Kap. Ich folgte den Bewaffneten owe Zaudern, und wir gingen etwa fünf Minuten weit ohne ein Wort zu sprechen. Als wir in ein dichtes Gebüsch traten, sagte einer zu seinen Gefährten in der Mandingo-Spracke: „Dieser Ort ist gut." Il>re Absichten blieben nicht länger zwei-fclbaft. Da ick, mir sagte, daß ick um so weniger sür mein Leben zn fürchten babe, je leichter ich es ilmen mache, mich ;n plündern, so duldete ich ohne Widerstand, das, sie in meine» Taschen wüblten nnd alle Theile meiner Kleider untersuchten. Tic thaten dies mit der gewissenhaftesten Genauigkeit und zogen mich schließlich nackt aus, damit ihnen nicht das Mindeste entgehe. Wäbrend sie die Früchte ihrer Thätigkeit betrachteten, bat ich sie inständigst, mir meinen Taschencompaß zurückzugeben. P'r lag auf der strde, und ich näherte mich ilmi, um ihn den Räubern zn geigen. Da spannte einer von ihnen, der wahrscheinlich glaubte, daß ich den Compäß an mich nehmen wolle, den Habn seines Gewehres nnd drohte mir unter Flüchen, daß er mich aus der Stelle niederschießen werde, wenn ich die Hand nach dem Dinge ausstrecke. sindlich fül'rten einige der Räuber mein Pferd fort uud die übn» gen, die noch znrückblieben, begannen ^u bcratl'en, ob sie mich in meiner Blöße verlassen, oder mir einige Sachen zurückgeben sollten, die mieb gegen die Strahlen der Sonne schützten. Kndlich siegte doch die Menschlichkeit in so weit, daß sie mir ein Paar weite dünne Beinkleider und das schlechteste meiner beide» Hemden zurückgaben. Meinen Hut mit dem Tagebnche glaubte ich schon verloren zn haben, aber im Weggehen warf einer der Räuber ihn mir zu. Vielleicht hielten sie den Hut für eine bloße Schachtel für die Papiere, mit denen sie nichts anzufangen wußten. Als die Räuber sich enfernt hatten, setzte ich mich anf die Vrde und blickte eine Zeitlang voll Schrecken und Verwirrung nmher. Wobin meine Gedanken sich auch wenden mochten, überall zeigten sich Schwierigkeiten nnd Gefahren. Ich sah mich entbloftt und allein mitten in einer unermeßlichen ssini'de, allen verderblichen (Einflüssen der Regenzeit preisgegeben, von wilde» Thieren und nicht minder barbarischen Menschen nmgeben, hundertundzwanzig Meilen von der nächsten cnroväischen Niederlassung entfernt. Alle diese traurigen Umstände drängten sich meine» Gedanken zugleich anf, und ich bekenne, daß mir der Muth zu sinken anfing. Mein Loos schien mir besiegelt zn sein, und ich glaubte, daß mir weiter nichts l». K.N'-I Trost in l'dcbster Noth.-- Ankunft in Ilbidulli. l87 zuthun übrig bleibe, als nncl, auf der t^rde ansznstreckeil und den Tod zu erwarten. Aber die Religion kau, mir zn Hülfe, und ihre bimmlischc Kraft hielt mick ausreckt. Ickbedackte, das; das Unglück, welckesanfmich hcrcingebrocl'en >oar, dnrck keine inenscklicke Klugl'eit, durck keine Vor« sicht abzuwenden gewesen sei. Aueb als Frcnldling, der in einem unbekannten Lande umherirrte, blieb ich nnter dein Sclnche des allgütigen Oottcs, der sich ia selbst ein i^relmd des Fremden genannt hat. So peinlich meine Lage war, fesselte doch die außerordentliche Schönheit eines kleinen, im Samen stehenden Mooses unwiderstehlich meine Blicke. Ich erwähne diesen Umstand, um zu zeigen, ails welchen geringfügigen Gegenständen die Seele Trost zn schöpfen vermag. Das ganze Pflänzchcn war nicht großer, als eine meiner Fingerspitzen, nnd doch konnte ich den zarten Bau der Wurzeln, Blätter und Samenkapseln nickt ohne Bewnndcrnng betrachten. „Wie wäre es möglick," sagte ich zn mir sell'st, „daß derselbe liebe lhott, der in einem entlegenen Winkel der Welt diese Pflanze, welche uns Menschen so geringsügig zn sein scheint, gepflanzt, getränkt und zur Reife gebracht hat, die Leiden eines Wesens, das er nack seinem Bilde gesonnt hat, nnbeacktet lassen konnte? Das -kann, das darf ick nickt glauben!" Bei diesem Opanken wich meine Verzweiflung. Ich sprang auf und Hunger und Müdigkeit verachtend wanderte ich in der Ueberzeugung weiter, daß die Hülfe nicht fern sei. Ick täuschte mich nickt. Bald kam ick in ein kleines Dorf, vor dessen Eingang ich mit meinen Reisegefährten von Hluma her, den beiden Hirten, znsammentras. Als sie mich sahen, wollten sie ilncn Angcn nickt trauen, denn sie waren, wie sie mir offen jagten, überzeugt gewesen, daft die Hulah mich tödtcu würden, nachdem sie mich geplündert hätten. Nach kurzer Rast verließen wir das Dors, überstiegen verschiedene felsige Bergrücken nnd erreichten in dem Augenblicke, als die Sonne unter dem Horizont verschwand, Sibidulu, die Grenzstadt dco Königreichs Manding. 188 Negieningsform'von Mandiua. I1^> Kap. Neunzehntes Kapitel. NesiieninM'orm uo» Mandinq. — Der Mansa von Sibidnl» verschafft Mungo Parl sein Pfcld und seine 5Neider wieder. — Abreise nach Wonda. — Eine Hnngercinoth und deren gräs^ichc Folgen. — Reise nach Kamaüa — Einige Nachricltten v»n'dieser Stadt. - Mnn^o Pars wird von einem Slati. Karfa Tanra, .lus stinem Elend gerettet. — Er beschließt, bis zur trocknen Iabreozeit in ,<>ama!ia zn bleibe,,, »m mit dem Slati nach dem Gambia reisen zn so»!,e». Sihidulu liegt iu einem fruchtbaren Thale, »in das rings Felscn-gsl'irgc nck' crhcbm. Die Ilinv^samfeit dieser Berge, i» dc»en Pferde Üuiü, >» bemitzen sind. hat dic gote ^'lge gel'.ü't. dasi die Ztadt in den häufigen-Knegeu, dic yviftlien Panibarra, den Flilal) und Mandiügo wütben. niemals vo» Feinde» gepl»»dert N'orden ist. Als ich m dic Stadt einrilt. vevsamniclte sich dae- Vl'lt n»i mich und ft'lgtc mir bis ;» dem öffentlichen Platzc. >vl' ieb dein Vorstchcr vorgestellt wurde. Die» ser Veanik heißt hier nicht mehr Duti. sl'ndcru führt dcu Titel Mansa. der in anderen Staaten ft'vicl alö .^önig hedentct. Iu Manding ist die Ncgieriingsform aber repuhlikanisch, und wenn jede Stadt auch ihren Mansa hat. ft' wird die höchste Staatsgewalt doeh von der Versammlung aller dreien anögenbt. Ich er-'ähltc dem Mansa. daß man mir mein Pferd nnd meine Kleider gerauht habe, und die Heiden Hirten hestätigteu die Wahrheit mciner Worte. Der Mansa rauchte während meiner (5^ählung weiter, als ich aber geredet hatte, nahm er die Pfeife aus den» Muude, streifte die Aermel seines Mantels in die Höhe und rief mit nnwilligen Vlicke»: „Setze Die!» nieder und sei guten Muthes. Du sollst Alles Zurückerhalte», ieh hahe ev< gesel'woren." Dann rief er einen Diener herbei, dem er sagte: „Reiche den, Fremde» einen Trunk Waffer. Morgen, wenn die Soime, aufgeht, begiebst Du Dich zum Vorsteher von Bammatn und sagst ihm. dasi ein armer weißer Maun, der Oast des Honigs von Baml'arra. von den Leuten de>> Königs von Fulahdu heraul't ivorde» ist." Ich hatte nicht gehofft, in meiner hülflose» Lage einen Mann ;u finden, der an meine» Leiden so viel Antheil nehme» werde. Ich sagte dem Mansa für feme Güte meiue» herzlichsten Daut u»d nahm seine Muladung, bis zur Rückkehr des Boten bei ihm zu bleiben, mit Freuden 19. Kap.) Aufeuthalt zu Wonda. 189 au. Man führte uüch in eine Hütte und schickte nur Lebensmittel. Eine Unannehuilickkeit hatte ich dock ^u ertragen, indem fortwährend Menschen kamen, die mich sehen, meine Unfälle von nur erfahren und die Hula!) verwunschen wollten. Diese Besuche hinderten mich bis um Mitternacht aul Schlafe. Ich wavtete zwei Tage, und immer kam von meinem Pferde nnd meinen «leidern keine Nachricht. Da in diesem ganzen Theile von Man-ding ein Mangel an Lebensnutteln herrschte, der einer Hungersnot!' nahe kam, so glaubte ich die st^istfrenndschaft dec Manfti nicht länger mis-brauchen ^u dürfen, nnd bat ihn nm Erlaubniß, »ach dem nächsten Dorfe abzureisen. Er antwortete nur, d^si ich bis zu der Stadt Wonda gehen könne, wo ich einige Tage bleiben möge, da er inzwischen über meine Sachen Nachrichten erhalten werde. Am nächsten Morgen (?tt. August» verlieft ich Sibidulu. Iu einem der kleinen Dörfer, wo ich nur Lebensmittel erbat, setzte man mir ein Gericht vor, das ich noch nie gesehen hatte. Es bestand aus den Blüthen oder vielmehr aus den Staubknollen der Maispftanzc, die in Wasser und Milch gekocht worden waren. Wo solche berichte gegessen werden, da muß der Mangel sehr groß sein. Am 3l). erreichte ich gegen Mittag Wonda, eine kleine, von einer hohen Mauer umgebene Stadt mit einer Moschee. Der Mansa, ein Mo-liamedaner, vereinigte iu seiner Person zwei wichtige Aemter, denn er war nicht nur die erste bürgerliche BeHorde, sondern ancb der Schullehrer der Stadt. Er l'ielt seine Schule iu einem offenen Schuppen, wo ich auch anf seine Einladung meine Wohnung ausschlug, bis ich von Sibidnlu etwas Bestimmtes über mein Pferd und meine Kleider hören wärde. Ich wartete auf diese Nachrichten schmerzlich. Das Pferd konnte mir freilich wenig Nntzcn bringen, aber um so uucutbehrlicher waren mir die Kleider. Was nur noch blieb, nm meinen Körper zu decken, schützte mich am Tage eben so wenig gegen die Strahlen der Sonne, wie in der Nacht gegen den Than nnd die Moskitos. Mein Hemd war durch de» langen Oebranch so dünne geworden, daß mau es für Musselin halten konnte. Außerdem war es auch so schmutzig, daß ich die jetzige Rast vor alleil Dingen dazu benutzte, es zu waschen. Nachdem ick dieses Geschäft verrichtet hatte, 190 ^llic Hlmgersnoth und dcrc» gräßliche Folgen. s.1'^. ^^V> breitete ich mein He>nd znm Trocknen über einen Stranch, nnd setzte mich inzwischen nackt in den Schatten, Teit dein Beginn der Regenzeit hatte meine l^csundheit säst mit jedem Tage mehr gelitten. Scbon oft batten sie!' leichte Fieberschauer eingestellt, nnd seit meiner Abreise von Vammaku waren diese Anfälle stärker geivorden. Während ich nnn entkleidet dasaß, kehrte das Fieber niit einer solchen Heftigkeit zurück, daß ich sehr besorgt nmrde. Jedes Heilmittel, mit dein ich die Fortschritte des Fiebers hätte hemmen können, fehlte mir, nnd wo hätte ich die sorgfältige Pflege >n finden vermocht, der ich ill meinem Znstandc bedürfte! Während der nenn Tage meines Aufenthaltes in Wonda stellte sich das Fieber regelmäßig jeden Tag ein. Ich suchte dem Wirth meine Krankheit zu verbergen, da ich wußte, wie ungern er mich in einer solchen Zeit des Mangels lange beberbergen würde. Obgleich ich aber manches Mal d?n ganzen Tag in einem Maisfeldc lag, um von Niemand gesehen zu werden, wurde ihm mein Znstand dennoch bekannt. Als ich mich eines Morgens stellte, als ob ick am Feuer schliefe, hörte ich ihn zn seinem Weibe sage»: „Dieser Weiße wird nns ein sebr lästiger und kostspieliger (Hast werden. Wir haben keine Wal,l, als ihn ;» bebalten, bis er entweder genesen oder gestorben ist, denn schicken wir ihn fort, so würde nni'cr guter Name leiden." Wie hoch die Hungersnot!) in dieser Zeit gestiegen war, wurde mir durch de» folgenden schrecklichen Vorgang klar. Ich sah jeden Abend fünf bis sechs Frauen im Hause des Mansa erscheinen, wo jeder eine gewisse Menge Mais ^»getheilt wurde. Da ieh wußte, wie theuer das Getreide in dieser Zeit der Noth war, so fragte ich den Vorsteher, ob er die Frauen ans Mitleid ernähre, oder ober ihnenblooVorschnßcmache, welche nach der (wite wieder ;n erstatten seien. „Betrachte jenen Knaben," antwortete er, indem er mit dem Finger ansein bübsches Kind von fünf Jahren zeigte. „Seine Mntter bat ihn mir als Telavcn überlassen, unter der Bedingung, daß ich sic nnd ihre Familie vierzig Tage lang mit ^ebcnsmitteln versorge. Unter derselbe» Bedingung habe icb nocb einen zweiten Knaben erworben." Welche Leiden mnß eine Mutter erduldet haben, sagte ich mir, ehe sie ihr eigenes Kind verkauft! Diese traurige Geschichte kam mir nicht aus den Gedanken, und als die Weiber am !!). Kap.) Mniigu Park erhalt Pferd uud Klcldcr wieder, 191 Mond wieder tainen, bat ich den Knaben, daft er »ür seine Mutter zeigeil möge. (5r that es, und ick sah eine / erwarten konnte, daß er es gut behandeln werde. Ich schent'te es also meinem Wirth, indem ich ihn zugleich bat, Zaum und Sattel dem Mansa vou Tibidulu zuzuschicken. Dies war der einzige Beweis von Dankbarkeit, welchen ick diesem Manne, der sich um die Wiedererlangung meines Pferdes und meiner Kleider so sehr bemüht hatte, zu geben im Stande war. Meine Krankheit dauerte sort, aber ich durste meinem Wirth nicht langer zur Last stille». Am Morgen des 8. Septembers sagte ich ihm Lebewohl und erhielt pon ihm znm Andenkeil zwei Geschenke: einen Speer, 192 Mungo Park ttidct .uu Fieber. Il9. Kap. und einen ledernen Mantelsack, in dei^ ich meine Kleider packte. Ick' ver-waodelte meine Halbstiefeln, dic sehr bescbädigt waren, in Sandale,: und konnte so leichter ausscbreiten. Die erste Nackt schlief ich in einem Dorfe Vallanti, die zweite in Nimaku. Der dortige Mansa ließ mich bei seinei» Abendessen den Zuscbauer maä'en. Am nächsten Morgen entschuldigte er sich mit dem Kornmangel, der ft' groß sei, daß er mieb nnmöglicb babe zu Gaste laden können. Vorwürfe konnte ich ihm nicht macben, denn die Leute schienen wirklich dein Verhungern ganz nal'e >n sein. Am K,X September fiel ein so heftiger Regen, das« sogar die Einwohner ihre Hütte» nicht zu verlassen wagten, Am Nacbmittag besuchte mich ein Kanfmanu, Madi ^emina Taura genai'.nt, der von meiner Noth unterrichtet sein mochte »nd mir einige ^cbeiivmittel bracl'tc. Cr versprach nnr zugleich, daß er mich am nächsten Tage nacb Kinyeto führen und dort in sein Haus aufnehmen werde. Am Abend des <1. Septembers erreichte ich den genannten Ort. Ich hatte mich au dem einen Fußknöchel verwundet, und dieser entzündete sich so heftig und schwoll so stark an, daß icl, am folgenden Morgen, wenn ich den ssus, nur anf dic Crde seyte die größten Schmerlen empfand, und daher unmöglich weiter reisen konnte. Mein Wirth bemerkte meinen Zustand nicdt sobald, al>? er miä> zuvorkommend einlud, einige Tage bei ihm zu verweilen. Am l4. >var icb so weit hergestellt, daß ich mit Hülfe eines Stockes gehen konnte. Nachdem ich «neinein Wirth fnr seine freundliche Pflege gedankt hatte, reiste ich ab. ('in junger Neger, der desselben Weges ging, begleitete miel, nach Dscherisang. Die wegend ist eben so schon wie sorgfältig angebaut, und ihr Mansa soll der machtigsteHauptling in ganz Maudiug sein. In Dosita, einer großen Stadt, wo mein Begleiter Geschäfte l'atte, mußte ich seinetwegen einen Tag verweilen. Mein Fieber kehrte lncr mit einer solchen Heftigkeit zurück, daß ich in der Nacht förmlich rasete. Das Ziel des folgenden Tages war Mansia, eine bedeutende Stadt, in deren Umgegend Gold, wenn auch mir in geringer Menge, gefnndcn wird. Meine Kräfte wareu iu dem Grade erscböpft, daß ich, als die Straße ciucn felsigen Hügel hiuaus führte, mich dreimal niederlegen mußte, weil ieb »lieb einer Ohnmacht nahe fühlte. (fs war Nachmittag, als wir i» Mansia ankamm. Der dortige l9. Kap., Nächtliches Abenteuer. - Aut'unft in Kamalia. igg Vorsteher war als ungastlich verrufen, und das Gerücht hatte nicht gelogen, sir schickte mir zwar Mais zum Abendessen, federte aber zugleich Bezahlung. Ich antwortete, daß ich ganz arm sei, und nun gerieth er in Wuth und drohte, daß meine weiße Haut mich nicht schützen solle, wenn ich ihn belogen habe. Er wies mir sodann eine Hütte zum Nachtlager a» und nahm im Weggehen meinen Speer mit. Am nächsten Tage, sagte er, solle ich die Waffe zurückerhalten. Dieses Benehmen nnd der üble Nuf, in dem der Manu stand, machten mir ilm verdächtig. Ich bat daher einen Einwohner, bei dem ich Bogen und Pfeile sah, daß er in der Hütte mit mir schlafen möge. Um Mitternacht nahten Schritte', und die Thür wurde geöffnet, was ick daran wahrnahm, daß das ^icht des Mondes Plötzlich in die Hütte schien. Ich sprang auf und sah eine Gestalt vorsichtig heranschleichen. Sogleich griff ich nach dem Bogen nnd den Pfeilen meines Schlafgen offen. Das Geräusch, welches dadurch entstand, verscheuchte den nächtlichen Gast, der fein anderer als derMansa selbst war. Wenigstens wollte mein Gefährte, der zur Thür hinaussah, diesen im Mondschein erkannt haben, und rieth mir, bis znm Anbruch des Tages wach zn bleiben. Ich schloß die Thür wieder, stemmte ein Stück Holz gegen dieselbe und sann nach, welche Absicht der unheimliche Fremde gehabt haben möge. Da kam er zurück. Dieses Mal verfuhr er offeucr und drückte so stark gegeil die Thür, daß mein Gefährte kaum im Stande war sie zuzuhalten. Als ich dem letztern al'cr zurief, daß er öffnen möge, lief der Angreifende abermals davon. Sobald der Tag angebrochen war, ging der Neger aus meine Bitten zum Hause des Manfa, um meinen Sftecr zu Holm. Er sagte mir bei seiner Rückkehr, daß der Maufa noch schlafe, uud daß ich gut thun werde, vor seinem Erwachen abzureisen, weil er sonst leicht Mittel finden werde, mich aufzuhalten. Ich folgte diesem Nath auf der Stelle uud gelangte unangefochten »ach Kamalia. Diese kleine Stadt liegt am Fuße von Felsenhügeln, m denen man viel Gold fiudet. Die eigentliche Stadt wir uur von Kafirs (Heiden) be-wohut. Die Buschrius (Mohamcdaner) fondern sich ab und wohnen in geringer Entfernung von Kamalia in gruppenweise vertheilten Hütten. Ein abseits liegender Platz, der zu dm gottesdienstlichen Handlungen bestimmt ist, führt den stolzen Namen Miffura oder Moschee. In Wahr- 194 Mungo Pmk beim Sl^ui Kcufa Taura. jl!». Kap. heit ist dich Moscbce »veiter nicbts als cm geebnetes Stück Land, das mit Baumstämmen eingehegt ist. Gegeil Osten hüt man dureb aufge-schüttetc lnde eine kleine Erhöhung gebildet, lind hiev steht der Priester, wem, er das Volk zum Gebete nist. Moschee» dieser Art sind bei den zum Islam bekehrte» Schwarzen sehr häufig. Da Dacl, und Mauern fehlen, ft können diese Platze natürlich nur bei schönem Wetter besucht werden. Bek Negenwctter halten dagegen die Bnschrins ihre Gebete in ihren Hütten. Bei meiner Ankunft i» .Namalia siidrtc man mich in das Haus eines Buschrius, der Karfa Taura hieß und ein Bruder dec< Mannes war, der mir in Kinyeto eine so edle Gastfreundschaft bewiesen l,atte. l5r beschäftigte sich eben damit, einen «Hang (bossle), ich sollte eigentlieb sagen, cine Heerde Selaven zusammenzubringen, die er, sobald die Regenzeit aufgehört habe, an den Gambia fübren und dort an die (Europäer ver-kailfen wollte. Als iä, ankam, saß er im Porhofe seiner Hütte, nmgeben von Slatis sSelavenhändlern), die il'm von il>rer Waare soviel wie möglich anfmschwatzcn suchten, l^r las diesen ans emem arabischen Buä'e vor und fragte mich lächelnd, ob ich ihn verstehe. Als ich die ^rage ver< neinte, bat er einen der Slatis, das kleine sonderbare Buch zu holen, das aus dem Westen hergebracht worden sei. Mau kann sich meine Uebcr-raschuug und Freude deuten, als ick das kleine Vueh öffnete nnd in ihm das allgemeine englische Gebetbuch (ku«k <»!' common i^ci>^l) erkannte. Karfa hatte mich durch dieses Buch alls die Probe stellen wollen. Die gelbe Farbe meiner Haut — eine Folge des Fiebers—mcinl anger Part, meine zerlumpten Kleider uud die übrigen Zeichen meiner gänzlichen Armuth hatten Zweifel erregt, ob ich wirklich ein ssuropaer sei. Aicle hielten mich für einen verkleideten Araber, und ilarfa freute sich nicht wenig, daft ich in dem Bücke lesen tonnte und dadurch die Wahrheit meiner P^äh-lung bewies, b'r versprach mir in gütigen Worten jeden Beistand, der in seineil Kräften stehe. (5r sügce sogleich hinzu, während der nächsten Monate sei an keine Reise durcb die Iallonta-Wildniß zn denken, da man über nicht weniger als acht reißende Flüße setzen müsse. Er werde selbst naeli den, Gambia rciseu, fuhr er fort, sobald der Wasserstaud der Flüsse niedrig genug sei, um Furchen zu bilden, und sobald das Gras verdorrt sei; warte iä, so lange, so könne ich ib» begleiten „Wenn selbst eine 19. Kap.) Muii^o Park durck Karfa Taura gerettet. 195 Karawane von Eingeborenen es unmöglich findet, das Land zu dnrch^ ziehen," schloß er, „so darf ein einzelner weißer Mann nicht daran denken, einen solchen Versuch zn wagen." Ich konnte daraus nnr entgegnen, daß ich selbst einen solchen Versuch für ein verzweifeltes Unternehmen halte, daß ich aber gezwungen sei, ihn zu machen. „Ich habe kein Gold, um mir Nahrungsmittel zu kaufen," sagte ich offen, „und ich muß mich entweder von Ort zu Ort weiter betteln oder vor Hunger umkommen." Karfa sah mich ernst an und fragte, ob es mir möglich sei, die im Lande üblichen Nahrungsmittel zu gcuießcn? Er stelle diese Frage, setzte er hinzu, weil er noch ine einen Weißen gesehen habe und die Lebensweise der Europäer nicht kenne. „Willst Du bei mir bleiben," snhr er fort, „bis die Regenzeit vorüber ist, so werde ich Dir eine Hütte znr Schlafstätte anweisen und Dich mit so viel Lebensmitteln versehen, als Dn bedarfst; habe ich Dich wohlbehalten an den Gambia geführt, so magst Dn Dich anf die Weise erkenntlich zeigen, welche Dir selbst genehm ist." Ich sragte, ob der Werth eines Sclaven der besten Art genügen werde? Karfa bejahte und ertheilte sogleich den Befehl, eine Hütte zn reinigen, damit ich sie beziehen könne. So war ich denn einem wirklich erbarmungswürdigen Zustande durch die freundliche Theilnahme dieses guten Negers entrissen worden. Wie trübe hatte ich noch eben in die Znknust geblickt! Von Krankheit und Hunger furchtbar bedrängt, hatte ich die traurige Wilduiß von Ial-lonka vor mir, in welcher der Reisende füns Tagc lang keine Wohnung von Menschen erblickt. Den reißenden Strom Kokoro hatte ich schon von fern gesehen und an seinen Ufern in Gedanken den Ort, wo der Tod mich ereilen müsse, gleichsam schon bestimmt, als die freundliche Hand eines Schwarzen sich ausstreckte und hart am Nande des Abgrunds mich rettend zurückzog. In der Hütte, die mir zur Wohnnng eingeräumt worden war, fand ich eine Matte, auf der ich schlafen konnte, ein irdenes Wassergcfäß und eine Kürbisschale, die mein Becher war. Ein Sclave versah mich mit Wasser und Brennstoff, und zweimal täglich wurde mir Essen geschickt. Aber weder die Beruhigung über mciu Schicksal, die ich Karfa's Güte verdankte, noch alle Pflege und Sorgsalt vermochten das hartnäckige Fieber zu verscheuchen, das mich täglich mehr entkräftete und beunruhigte. 13* 196 Zustand Mungo Parks in Kamalia. 119. Kav. So lange als möglich verbarg ich meinen Znstand, aber am dritten Tage. als ich mit Karfa einen seiner Frennde besuchte, übermannte mich meine Schwache. Ich tonnte mich kanm fortbewegen, nnd che wir unser Ziel erreichten, taumelte ich und stürzte in eine Lehmgrube, aus der mau den Stoff zum Bau einer Hütte entnommen hatte. Karfa tröstete mich, daß ich bald genesen werde; nur das Eine müsse ich vermeiden, im Regen auszugehen; dann werde meine Gesundheit bald zurückkehren. Iä, befolgte diesen Rath und hielt mich bei schlechtem Wetter stets in meiner Hütte. Dennoch fuhr das lieber fort, mich zu peinigen, und während der nächsten fünf Wochen blieb mein körperlicher Zustand ein scbr hinfälliger. Dann und wann schwankte ich ans meiner Hütte und setzte mich einige Stunden i» die freie Lust. Ost war ich aber unfähig, mich vom Lager zu erheben, nnd verlebte in meiner Einsamkeit sehr trübe und langweilige Stunden. Besuch hatte ich so gut wie gar nicht, mit Ausnahme meines Wirths, der auch darin sein gutes Herz bethätigte, daß er täglich kam und sich nach meiner Gesundheit erkundigte. Als die Regen seltener wurden nud das Land abzutrocknen anfing, verließ mich das Fieber endlich. Ich war jedoch immer noch so entkräftet, daß ich kaum mich aufrecht zu erhalten vermochte. Es kostete mich stets ciue große Anstrengung, wenn ich meine Matte in den Schatten eines nahen Tamarinden-Baumes trug, um den erquickenden Duft der Kornfelder einzuathmen uud mein Auge an dem heiteren Grün der Gegend zu erfreuen. Endlich begannen meine Kräfte zuzunehmen, nnd der Gcnnß, den mir die einfachen und harmlosen Sitten der Neger gewährten, wie fleißiges Lesen in Karfa's kleinem Buche beschleunigten meine Genesung sehr. Einige Störungen meines friedlichen Lebens blieben nicht aus. Mehrere Tlatis. die in Kamalia, nachdem sie ihr Vermögen verloren, ii'ren Wohnsitz genommen hatten und fast allein von Karfa's Gastfreundschaft lebten, betrachtete» micb mit »eidischen Augen und ersanden lächerliche und nichtige Mänben, um mich in Karfa's Achtung herabznschen. Ein Scrawoulli-Slati, der im Deecmbcr mit fünf Selaven von Scgo anlangte, gab sick ebenfalls die erdenklichste Mühe, verleumderische Gerüchte gegen mich auszusprengen. Karfa verachtete aber diese Redereien und begegnete mir nacb wie vor mit derselben ^üte. 19. Kap.1 Karfa reist »ach .Naufaba. l97 (fines Tages sprach ich mit den Sclaven, N'elche dieser Serau'oulli nutgebracht hatte, als einer derselben mich nm Lebeusnlittel bat. Ich antwortete, dasi ich ein Fremder sei, der nichts zu vergeben habe. Da sagte der Arme: „Ich gab D.K Lebensmittel, als Dich hungerte. Hast Dn den Manu vergessen, der Dir in Karrontalla Milch brachte. Ach," setzte er mit einem tiefen Seufzer hinzu, „damals wareu die Kisen noch nicht an meinen Knöcheln." Nun erinnerte ich mich seiner und erbat mir von Karsa eimge Erdnüsse, mit denen ich dem Manuc seine stühere Wohlthätigkeit vergalt. Ich hörte nun von ibm dasi die Pambarraner ihn am Tage nach dem Tressen von Ioka zniu befangenen gemacht nnd nach Scgo geschickt hätten. Dort sei er von seinem gegenwärtigen Herrn gekauft worden und solle nuu nach Kadschaaga geführt werden. Die anderen fünf Sclaven stammten aus Kaarta, ciuer aus Waßela, »nd alle waren Kriegsgefangene. Sie verweilten in Kamalia vier Tage uud wurden dann nach Bala geführt, wo ihr Herr so lauge bleibeil wollte, bis der Htotoro zu durchwaten uud das (Hras so dürr gewordeu sei, dasi nian es niederbrennen könne. Iu den ersten Tagen des Decembers dachte Karfa au Maßregeln, die, Zahl seiner Sclaven zu vervollständigen. Zu diesem Zwecke zog er alle Gelder ein, die man ihm schuldete, und brach am 19., von drei Slatis begleitet, »ach Kautaba auf. E5 ist dies eine große Stadt, die am Niger liegt und in Folge ihres start'besuchten Sclavenmarkts eine große Bedeutung besitzt. Die meisten Sclaven, welche dort verkauft werden, kommen aus Vambarra. Mansong will seine Kriegsgefangenen nicht alle in Sego behalten, weil das zu viel kosten uud auch Kefah-reu hervorrufen würde. Er schickt sic daher in kleineren Oruppcn auf die verschiedenen Sclaveumärkte, namentlich nach Kankaba, wo sich immer viele Kaufleute einfinden. Der Transport erfolgt in Kähnen auf dem Niger stroman. Karfa wollte in einem Monat zurückkehren. Während seiner Abwesenheit wnrde ich einem guten alten Vnschrin übergeben, der bei der Ingcnd des 5rts die Stelle eines Schullehrew versah. Die Muße, die mir iu Kamalia zu Theil wurde', bot mir eine willkommene Gelegenheit, meine bisherigen Beobachtungen über das 19ft Das Klima und die Jahreszeiten. ^20. Kap. Klima und die Erzeugnisse des Landes zu erweitern und nur genauere Nacbricbten über die Eiilgeborcneil zu verschaffen, als ich sie während nicincr schnellen, von Mühen lind Gefahren begleiteten Reise» durch das Land hatte sammeln können. Auch über die »richtigsten Gegenstände des afrikanischen Handels, über Gold, Elfenbein und Sclaven suchte ich Erkundigungen einzuziehen. Ich fand auf diese Weise eine anziehend". Beschäftigung und werde nun dem Leser die Ergebnisse meiner Nachforschungen mittheilen, indem ich, mn Wiederholungen zu vermeiden, Alles weglasse, was ich bereits bei der Erzählung meiner Reisen hie und da gelegentlich eiugcflochten habe. Zwanzigstes Kapitel. Das Klima und die Jahreszeiten. — Die herrschenden Winde. — Natürliche ,,»d fs,»st!iche sfrzeu^nissc des Bodens. — Die Mandinqo, ibr <5l,aratter, i!,re Sitten «nd (Newobnl'eite!!. ihre Heirathe» n. l. w. Sowobl bei der Hinreise als bei der Rückkehr bewegte ich mich stets zwischen 12 Grad nnd 15 Grad N. Vr., so daß ich kaum zu sagen brauche, daß ich an den meisten Orten eine außerordcntlicbc Hitze fand. Nirgends war mir aber die Temperatur so drückend, und nirgends brannte die Sonne so stark, wie in dein Lager von Benaun, worüber ich mich schon srüber ausgesprochen habe. An den Orten, wo sich der Boden zu Hügeln und Bergen erhebt, herrscht immer eine verhältnißmäßige Kühle. Ich will bei dieser Gelegenheit bemerken, d.^ß mein Weg mich nie durch ein eigentlich gebirgiges Land geführt hat. In der Mitte des Juni wird die heiße und schwüle Lust durch heftige Windstöße iil Bewegung gesetzt. Die Europäer nennen diese Stürme, welcbe stets mit Donner lind Negen auftreten, Tornados. Sie bezeichnen den Ansang der sogenannten Regenzcit, dic bis zum November fortdauert. Während dieser Zeit weht der Wind aus Südwesten lind es regnet täglich mit großer Heftigkeit. Auch das Ende der Regenzeit wird von furchtbaren Tornados begleitet. Nun wendet der Wind sich nach Nordosten und weht während des übrigen Jahres unabänderlich aus dieser Himmelsgegend. ^o. K.1P.1 Die ^-rlschcndl'il wi,lde. ' G^^^'räüdc. 199 Mit dein Eintritt des 1>i0ldest>vi!ldes zeigt sich ill dem Allsehn des Laildes einc wllnderbare Veränderung. Das Gras verliert seinen Saft lind verdorrt, die Flüsse fallen schnell, und viele Bäume werfe» ihre Blätter ab. In dieser Periode pflegt sich der Harmattan einzustellen, ebenfalls ein Nordostwiud, der sehr trocken ist und Alles ausdorrt. Eiu dicker Dunst, wie Rauch anzusehen, begleitet ihn, durch den die Sonne mit blaßrothcr Farbe hindurchschimmert. Die Trockenheit dieses Windes lind seine ausdörrende Kraft haben darin ihren Grund, daß er über die Sahara wegstreicht. Mau hält diesen Wind übrigens für gesund, lind die Europäer stellen sich über sein Eintreten, weil sie während stiller Herrschaft vou Fiebern frei sind. Auch ich empfand diese wohlthätige Wirkling, da der Harmattan mich sowohl von meinem ersten Fieber, das mich im Hanse des Dr. Laidlev befiel, als ill Kamalia herstellte. Ill der That besteht zwischen der Periode, in welcher der Har-mattau weht, und zwiftbeu der Regellzeit ein schneidender Gegensatz. Während der letztem ist die Luft iu der Art mit Feuchtigkeit geschwängert, daß Kleide)', Schuhe, Koffer, überhaupt alle (berathe, welche nicht unmittelbar am Feuer stehen, feucht werden und modern. Die Einwohner leben dann, wie mall ohne Uebertreibung sagen kaun, in einer Art von Dampfbade. Der Harmattau giebt den erschlafften Muskeln wieder Spannkraft, befördert dcu stockcudeu Umlauf des Bluts und erleichtert das Athmen. Mail fühlt sich freier uud heiterer. Ucbrigeus wirkt er auch insoferu nachtheilig, als die Lippen ausspringen uud bei vielen Menschen Augcneutzündungen entstehen. Ist das Gras in dieser Jahreszeit dürr geworden, so wird es von den Eingeborenen angezündet. In Ludamar und dcu übrigcu maurischen Landern herrscht dieser Gebrauch nicht, denn dort hat das Vieh bis zur Wiederkehr der Regenzeit teine andere Nahrung, als das trockne Gras. In Mallding verschaffte mir das Anzünden des Grases Schallspiele voll schauerlicher Erhabenheit. In der Nacht waren die Berge »nd die Ebenen von Feuerkreisen taghell erleuchtet, und der Wiederschein verbreitete sich l'ben so allgemein, daß Himmel und Erde ill Flammen zu stehen schienen. Am Tage erhoben sich überall Rauchsäulen, umkreist don Raubvögeln, welche in der Luft lauerten, um sich alls die Schlangen, Eidechsen und andere derartige Thiere hinab zu stürzen, 200 Natinlichc und künstliche Vl'dencrzsü^nifse. l'20. Kap. die sich vor dem Feuermeer zu retteil suchten. Diesem Verbrennen des Grases solgt bald ein frisches nnd liebliches Grün, und das Land gewinnt durch jenen Gettauch an Schönheit wie an Gesundheit. Die merkwürdigsten nnd wichtigsten Erzeugnisse des Pflanzenreichs, den Lotus- und Butterbaum habe ich bereits früher beschrieben. Sie bleiben in alleil Gegenden, die ich besucht habe, so ziemlich dieselben. Ich muß hier bemerken, daß ich in Afrika, wo doch die meisten der eßbaren Wnrzeln, dic wir von den westindischen Inseln her kennen, vorkommen, alls allen meinen Reisen weder das Zuckerrohr, noch den Kassee-baum, noch den Eacaostrauch gefunden und auch trotz aller meiner Nachforschungen keine Spur, daß sie den Eingeborenen bekannt seien, entdeckt habe. Die Ananas und viele andere der köstlichen Früchte, welche der Fleiß des Menschen, die Gaben der gütigen Natur veredelnd, in den tropischen Breiten von Amerika zur höchsten Vollkommenheit gcbracbt hat, sind in Afrika ebenfalls gänzlich unbekannt. Orangen nnd Bananen habe ich dagegen an der Mündung des Gambia gesehen. Ob sie aber einheimische Pflanzen sind, oder ob europäische Kaufleute sie angesiedelt haben, ist mir mit Sicherheit nicht bekannt geworden. Ich neige jedoch zu der Ansicht, daß die Portugiesen diese Bäume mit sich herübergebracht haben. Was das Grundeigcnthum betrifft, so glaube ich zu wissen, daß alles noch mit Urwald bestandene Land in den Gegenden, wo die monarchische Regierungsform besteht, dem König gehört und in den republikanischen Reichen für Eigenthum des Staates gilt. Wenn cm Privatmann freien Standes die Mittel hat, mehr Land zu bebauen, als er besitzt, so wendet er sich an den Vorsteher des Bezirks, und dieser weist ihm eine gewisse Bodenfläche an, wobei die Bedingung gilt. daß dieses Land, wenn es nicht innerhalb einer bestimmten Zeit in Cultur genommen wird. an den König oder an den Staat zurückfällt. Wird dicBedingung erfüllt, so gehen die gelichteten Bodenstrecken an den Besitzer über und werden von ihm, so viel ich weiß, ans seine Nachkommen vererbt. So ausgedehnt diese Gebiete sind, eineil so fruchtbaren Boden sie besitzen, und wie leicht die Erlangung von Grundbesitz gemacht wird, steht die Anzahl der Bevölkerung zu diesen Vortheilen doch in keinem Verhältniß. Große Striche des schönsten Landes sand ich ganz von Einwoh- 20. Kap.> Die M^xdiügl? »nd ihr sshavafter. ^>s)1 nern entblößt, und namentlich die Grenzcil der verschiedenen Rcube sind entN'edcr dünn bevölkert oder menschenleer. Viele Gegenden werden ferner deßhalb gemieden, weil sie der Gesundheit »achthcilig sind. Zn diesen gehörcu die sumpfigen Ufer des Gambia, des Senegal und anderer Flüsse nnftrn der Mündung. Die Vinnenlandschaften sind deshalb stärker bevölkert als die ungesunden Küstenstrecken. Einen andern Gnmd dieser Erscheinung kann ich mir nicht denken, da alle Negerstämme, die ich beobachtet habe, wenn sie sich auch in verschiedene kleine Reiche theilen, säst unter derselben Temperatur leben, sich ans dieselbe Weise nähren und ziemlich denselben Charakter haben. Was die Mandingo insbesondere betrifft, so sind sie ein höchst gutmüthiger Menschenschlag. Sie sind heiter, neugierig, leichtgläubig, einfach nnd lassen sich gern schmeicheln. Der hervorstechendste Fehler, den ich an ihnen bemerkte, war die unwiderstehliche Neigung, welche alle Klaffen verriethen, nnr mein geringes Eigenthum zn stehlen. In dieser Beziehung sind sie kaum zu rechtfertigen, da sie den Diebstahl als ein Verbrechen betrachten nnd sich desselben nnter einander in dcr Regel nicht schuldig machen. Dieser Umstand mildert in meinen Angen ihre Schuld, und ehe wir sie für ein Volk erklären, das schlechter als jedes andere sei, wollen wir nns fragen, ob die uuteru Classen der Gesellschaft in irgend einem europäischen Lande, sich gegen einen Fremden nnter denselben Umständen besser benehmen würden, als diese Neger es gegen mich thaten. Man vergesse vor allen Dingen nicht, daß die Gesetze des Landes mir leinen Schntz gewährten nnd dasi Jedermann ungestraft mich berauben konnte. Auch das behalte man im Auge, dasi unter meinen Sachen einige waren, welä'e den Negern eben so werth waren, wie nns Europäern Perlen und Diamanten etwa sind. Setzen wir nun den Fall, ein indischer Kaufmann habe Mittel gefunden, mit einem Kästchen voll Perlen und Diamanten auf dem Rücken, nach Europa zn gelangen, und bei den Gesetzen des Landes, in dem er verweile, finde er keinen Schutz. In diesem Falle würden wir nicht staunen, wenn ihm von seinem Schatze etwas gestohlen würde, wohl aber würden wir nns wundern, wenn der erste Dieb dein zweiten noä, eine einzige Perle oder den kleinsten Diamant übrig ließe. Das ist das Urtheil, welches ich mir bei rnhigcr Uebcrlcgung hinsichtlich der Neigung dcr Mandingo, mich zu bestchlcn, c,H2 Die Mandingo >i»d ihr Charakter. ^<). Kap, gebildet habe. Obgleich ich durch ibre diebischen Gewohnheiten in Verlegen häteilgckomnleii bin, will ich doch nicht behanpten, daß ihr sittliches Gefübl und il,r natürlicher Nechtssinn erloschen oder verdorben seien. Diese Gefühle wurden blos einen Augenblick lang durch eine Versuchung, deren Ueberwindung eine nicht gemeine Kraft erforderte, zurückgedrängt und erstickt. Will man diese lasterhafte Neigung als tief eingewurzelt betrachten, so beachte mau wenigstens il,r Gegengewicht. Ich meine die mitleidige Uneigennützigst, die zärtliche Theilnahme, welche diese guten Neger vom König von ^ego bis zn den armen Weibern abwärts, welche mich zu verschiedenen Malen halb sterbend in ihre Hütten aufnahmen uud mir Lebensrnittel reichten, gegen mich und nieine Leiden bewiesen. Dieses stböne Mitgefühl trat allerdings vorwiegend bei den Frauen aus. Die Männer haben mich wohl hie und da, wie der Leser sich erinnern wird, freundlich aufgenommen, bei anderen Gelegenheiten aber schlecht behandelt. Bei dem männlichen Geschlecht kam Alles aus den besonderen Charakter desjenigen an, nut welchem ich zu thun hatte. Einigen hatte der (heiz das Herz verhärtet, bei anderen litt der blinde Glaubcns-cifcr nickt, daß sie mir Mitleid bewiesen. Die Frauen gaben mir aber nicht ein einziges Mal Beweise von Gefühllosigkeit. Auf allen meinen . Reisen, und mochte ich im tiefsten Elend sein, sand ich sie gut uud voll Theilnahme, so daß ich ein Nccl't habe, die beredten Worte meines Vorgängers, Herrn Ledvard, zn wiederholen: „Ich habe mich nie ans eine anständige nnd freundliche Weise an eine Frau geweudct, ohne eine freundliche und anständige Antwort zu erhalten. Hungerte oder dürstete mich, war ich durchnäßt oder krank, fo zauderten wohl die Männer, aber nie die Frauen, mir die edelste Hülfe zu gewahren. Tie unterstützten mich so berewvillig, und so gütig, daß, wenn mich dürstete, der Trunk Wasser, den sie mir darboten, eine besondere Süßigkeit enthielt, und, wenn mich hnngcrtc, der elendeste Bissen aus ihrer Hand wie das köstlichste Gericht schmeckte." (5s ist mit Grund vorauszusetzen, daß dieses saufte nnd wohlthuende Mitgefühl, welches diese armen Leute in meinem Unglück gegen mich an den Tag legten, sich gelegentlich gegen ibre Landsleute und Nachbarn noch stärker äußern wird, und daß namentlich die Gegenstände ihrer A). Kap.^ Titten »ud lNcwohiiheiteu der Mandin^v. 3l)3 Liebe, welcbe durch Bande des Bluts nüt chum vereinigt sind, besondere Anrechte auf ihre Theilnahine besitzen müssen. Wirklich äußert sich die Mutterliebe, die hicr weder deu Zwang noch die Zerstreuungen dos ss.il-turlebcns kennt, bei diesen Völkern auf die rührendste Weist. Die Kinder belohnen dieses befühl durch die Wirtlichste Zuneigung. Ich habe bereits ein Beispiel angeführt. „Schlage mich," rief mein schwarzer Diener seinem Gegner zu, „aber schimpfe meine Mutter nicht." Diese selbe Gesinnung babe ich überall gefunden und in ganz Afrika bemerkt, daß man einem Schwarzen keinen größern Schimpf zufügen kann, als wenn man von der Frau, die ihn geboreil hat, nüt Verachtung spricht. Man darf sich nicht wundern, daß die kindliche Liebe der Neger weit mehr der Mntter als dem Vater gilt. Die Sitte der Vielweiberei, welche die väterliche Liebe schwächt, indem sie dieselbe auf die Kinder vertheilt, sammelt die eifersüchtige Zärtlichkeit der Mutter um einen Pnnkt: die Beschützung ihrer eigenen Sprößlinge. Ich habe auch mit wahrer Freude bemerkt, daß die mütterliche Sorgfalt sich nicht blos auf das Wachsen uud Gedeihen- des Körpers erstreckt, sondern bis zu cmem gewisse» Krade selbst die sittliche (Entwickelung des Kindes zum Ziele nimmt. Vine der ersten Lehren, welche die.Mandingo-Franm ihrer Nachkommenschaft cinscl'ärfen, ist Achtung vor der Wahrheit. Der Leser erinnert sich wohl noch der unglücklichen Mntter, deren Sohn in Fu-ningkcdi von manrischcn Viehdiebcn ermordet wurde. Iu ihrer äußersten Verzweiflung fand sie keinen andern Trost, als den, daß ihr armes Kind im Lause seines unschuldigen Lebens niemals eine Lüge gesagt habe. Dieses Lob, das eine liebende Mutter bei einer solchen (Gelegenheit aussprach, muß auf die jungen Leute, welche unter den Zuschauern standen, einen tiefen Mndrnck gemacht haben. (5s war zu gleicher Zeit ein ehren» des Zeugniß für den Todten und eine ermunternde Lehre für die Lebenden. Die Negerinnen säugen ihre Kinder so lange, bis dieselben ohne Beihülfe gehen können. Daß ein Kind drei Jahre lang an der Brust liegt, ist nichts Seltenes, nnd während dieser Zeit wendet der sshemann seine ganze Aufmerksamkeit seinen anderen Frauen zu. Das ist wahrscheinlich der Grund, weshalb eine Frau gewöhnlich wenige Kinder hat. Mehr als fünf oder sechs sieht man selten bei derselben Mutter. Sobald 204 Hen-athsgebrauche dei de» Älandin^o. j20 Kap. das Kind gehen kam,, gestattet mail ihm eine große Freiheit. - Es vor dem Fallen und vor andere» kleinen Unfällen zn hüten, damit beschäftigt sich die Mnttcr wenig. Die Gewohnheit lehrt das Kind in kurzer Zeit, sich selbst in Acht zu nehmen, und die Erfahrung dient ihm als Lehrmeisterin. Die Mädchen lernen, wenn sie heranwachsen, Baumwolle spinnen, Korn stampfen und andere häusliche Arbeiten verrichten. Die Knaben helfen bei den Feldarbeiten. Die Sitte der Beschneidung herrscht sowohl bei den Buschrins als bei den Kafirs, und beide Geschlechter werden ihr unterworfen, sobald sie das Alter der Mannbarkeit erreichen,') Bei den Kafirs hat diese schmerzbafte Operation keinen religiösen Grund, sondern gilt blos für einen nützlichen nnd bequemen Gebrauch. Es knüpft sich aber docl, an sie die abergläubische Meinung, daß sic die (Hen fruchtbarer mache. Ma» operirt immer mehrere junge ^ente zngleich nud befreit sie während der nächsten zwei Monate von allen Arbeiten. In dieser Zeit bilden die Beschnittenen eine Gesellschaft, welche Solimana genannt wird. Tie besuchen die nahen Städte uud Dörfer, wo sie tanzen und singen und von den Einwohnern gut bewirthet werden. Ich bin auf meinen Reisen oft sollen Gesellschaften begegnet, die jedoch stets nur aus jungen Mänuern bestanden. Kamalia war der einige Ort, wo ich auch ciue weibliche Solimana sah. Es geschieht während dieser Festlichkeiten oft, daß mehrere der jungen Mädchen sich vcrhcirathen. Findet ein junger Mann eine Schöne nach seinem Geschmack, so ist cs nicht nöthig, daß er sich zuerst an sie wende. Das Erste, was er ins Ange zu fassen hat. ist eine Verständigung mit den Eltern über die Entschädigung, welche er ihnen dafür geben muß, daß sie in Znknnft der Gesellschaft und der Dienste ihrer Tochter entbehren. Gewöhnlich wird diese Entschädigung auf dcu Werth von zwei Sclaven festgestellt, doch stehen Mädchen, welche für sehr hübsch gelten, höher im Preise. Ist der Werbende so reich nnd so verliebt, *) Näheres über diese, in Afnka schr verbreitete Sitte findet mau in der „Keilschrift für allgemeine Erdkunde", Iahr^auq <«56 l^I, 10! fg.) in einem interessanten Anfsatz von A. E. Brc'hm: „Chartnm und seine Bewohner/' Brehm schloß sich mit dem Baron v. Müller der ,,katholischen Mission znr Bekehrung der Heiden" au. der wir fnr viele dankeuswerthc Aufschlüsse nbcr die Länder am wcißeu und blauen Nil verpflichtet sind. 20. Kap.! HochzeitSgcbläuchc bci den Mandingo. ' 2()5 daß er die geforderte Suminc geben kann nnd will, st' inacht er dasMäd« chcn mit seinen Wünscheil bekannt. Ihre Einwilligung wird indessen nicht für unnmgänglich nothwendig gehalten, sobald die Eltern die Wer-bnng angeiwmmen haben nnd niit dein Liebhaber einige Kolla-Nüsse, die er ihnen als Handgeld darbietet, gegessen haben. Die junge Dame muß entweder den Mann. den die Eltern für sie ausgesucht haben, annehmen oder ewig Inugsran bleiben; einem Andern darf sie sich nicht verloben. Würden die Eltern ihre Zustimmung zu einer andern Heirath geben, so könnte der Abgewiesene ihre Tochter als seine Sclavin einfordern. Wenn der Hochzeitstag festgesetzt worden ist, ladet man eine Anzahl geachteter Gäste ein, der Festlichkeit beizuwohnen. Man schlachtet einen Widder oder Stier nnd bereitet eine Menge von Speisen. Sobald die Nacht angebrochen ist, führt man die Neuvermählte an eine Hütte, wo eine Gesellschaft älterer Fraueil ihr bchülflich ist. das Hochzeitskleid anbiegen. Dieses besteht immer ans weißer Vanmwollc nnd verhüllt den gangen Körper vom Kopf bio zu den Füßen. So geschmückt setzt sich die junge Fran mitten in der Hütte auf eine Matte nnd empfangt die Anweisungen der Matronen, welche einen Kreis nin sie bilden. Sie hört min weise Regeln, wie sie sich in Zukunft zu benehmen hat. Diese moralische Vorlesung wird oft durch die jungen Mädchen unterbrochen, welcbc die Gesellschaft durch Gesänge nnd Tän^c unterhalten, in denen mehr Ausgelassenheit als Anstand bemerkbar wird. Während die Vermählte in der Hütte bei den Frauen verweilt, beschäftigt sick ihr Mann dranßeu mit den männlichen nnd weiblichen toasten, die vor der Thür versammelt sind. Er macht ihnen mit Kolla-Nüssen kleine Geschenke, sorgt dafür, daß Jeder seinen Antheil an den yiberciteten Speisen bekomme, nnd trägt dadurch zu der allgemeinen Heiterkeit bei. Wenn das Essen vorbei ist, beginnt das Tanzen nnd Singen lind dauert die ganze Nacht hindurch fort. Erst mit Tagesanbruch trennt man sich. liegen Mitternacht führen die Matronen die junge Frau insgeheim ill die .vntte, die zn ihrer Wohnung bestimmt ist, und zugleich trennt sich der (5l)emann anf ein gegebenes Zeichen von der Gesellschaft. Gegen Morgen wird das jnnge Paar gewöhnlich von den Frauen gestört, die sich versammeln, nm das Ehebett (wie es anch bei den alten Hebräern nach den Erzählungen der Bibel gebrauchlich war) zu besichtigen und 20ß Häusliches Leben bei den Mandingo. s20. Kap. um dasselbe ;n tanken. Diese Ceremonie gilt für unumgänglich nötbig, und wenn man sic unterließe, so würde die (5he nicht als gültig anerkannt werden. Schon oft babe ich erwähnt, das! die Neger, mögen sie nun Heiden oder Moliamedaner sein, die Sitte der Vielweiberei angenommen baben. Die Heiden können so viele grauen nehmen, als sie wollen und zu cr-nabren im Stande sind, die Moliamedaner werden dnrch den Koran ans vier beschränkt. Da der Mann für jede Frau einen hohen Preis befahlt, so behandelt er seine Weiber mehr wie gemiethete Slcavinnen, denn al5 Lebensgefährtinnen. Die Leitung der hälislichen Angelegenheiten wird il'iien jedocl' übertragen. Jede ist der Reihe nach die Herrin deo Hansel, bereitet die Speisen und überwacht das weibliche Gesinde. So grose Gewalt die afrikanischen Ehemänner Wer ihre Fraueil anch besitzen, habe iä' im Allgemeinen doch leine barte Behandlung derselben bemerkt. Auch die niedrige (Eifersucht, welche bei den Mauren einen sehr hervortretenden sibarakterulg bildet, habe icb bei ihnen nie wahrgenommen. Eie gestatten ibren Frauen, an allen öffentlichen Belustigungen Theil zn nehmen, nnd mit dieser Freiheit wird selten Msbrauch getrieben. 2o beiter und lebhast die afrikanischen Granen sind, neigen sie doch nicht zu Ausschweifungen. One Verletzung der ehelichen Treue wird nach meinen Beobachtungen selten vorkommen. (Entsteht unter den Franen einer Haushaltung ein Streit, wie dies unter den obwaltenden Verhältnissen häufig gescheben wird, so spricht der Mann die Entscheidung aus. Iu diesem Halle mnsi er zuweilen, um die Nnl,e herzustellen, ^n einer kleinen körperlicben Züchtigung seine Zuflucht nehmen. Führt eine der Fraueil bei dem Vorstcber der Stadt oder des Dorfes Klage, daß ihr Mann sie ungerecht bestrase und sür ein anderes seiner Weiber eine beleidigende Vorliebe verrathe, so wird die Sacbe öffentlich uutersucbt und abgeurteilt. Ich habe jedoch sagen hö-reu, daß das Ocricht (Palaver), das in der Regel aus verheirathcteu Männern besteht, die Klagen der Frauen nicht immer sehr ernst nehme. Statt Gerechtigkeit zu sinden, muß sich die Klägerin znweilcn selbst der Zanksucht uud der Störung des ehelichen Friedens beschuldigen lassen. Mnrrt sie gegen die Entscheidung des Gerichts, so macht der magische Stab des Mumbo Iumbo der Sacbe bald und nachdrücklich ein (5nde. ^0. Kap.) Das Fest Ding Kunli. 207 Die Kinder der Mandingo tragen nicht immer die Namen ihrer Cltern. Man benennt sie oft nach einem örtlichen oder persönlichen Umstände. So hieß mein Wirth in Kamalia Karfa oder Ersatz, weil er kurze Zeit' nach dem Tode eines seiner Brüder geboren worden war. Andere Namen denten gute oder schlimme ssigensebaften an, z. V. Modi (ein guter Mensch), Fadibba (Vater der Stadt) u. s. w. Sogar die Namen der Städte schließen eine Bedeutung in sich. Unter anderen heißt Sibidulü in wörtlicher Uebersetzuug „Stadt der Ciboa-Bäume," Keuncvetu „bier Lcbensmittel," Dosita „erhebe deinen Löffel." Andere Namen scheinen einen Vorwurs aussprccheu zu sollen. So bedeutet Bam-maku „wasche das Krokodil," Karrankalla „kein Becher nin zu trinken'," u. s. w. Wenn ein Kind sieben bis acht Tage alt ist, so erhält es einen Namen. Man verbindet damit eine förmliche Ceremonie, welche damit beginnt, daß man dem Kinde den Kopf scheert. Den Gästen wird ein Gericht, Dega genannt, vorgesetzt, das man aus saurer Milch und zer« stampftem Reis bereitet. Sind die Mern reicb, so fügen sie dieser Speise noch ein Schaf oder eine Ziege hinzu. Dieses Fest heißt Ding Kunli, „das Schceren des Kopfes des Kindes." Während meines Aufenthalts in Kamalia wohnte ich vier sollen Festen bei uud beobachtete stets dieselben Gebräuche, mockte das Kind nun einem Bustbrin oder einem Kasir gehören. Der Schnllehrer, der bei diesen Gelegenheiten als Priester auftritt uud stets ciu Buschrin ist, begann damit, über das Kind ein langes Gebet zu sprechen, währeud dessen jeder der Anwesenden seine rechte Hand auf den, Nande einer Cale-bassc ruhen licsi. ssr nahm das Kind darauf in seine Arme und sprach ein zweites Gebet, indem er den Segen Gottes auf das Kind nnd ans alle Anwesende herabrief. Nun murmelte er dem Kinde einige Worte ins Ohr. spie ihm dreimal ins Gesicht, sprach den Namen, den es fortan fübren sollte, mit lauter Stimme aus und gab es der Mutter zurück. Wenn dieser Tbeil der Ceremonie vollendet war, theilte der Vater das Festgerickt lDega) in verschiedene Kugeln und reicl'te jedem Gaste eine derselben. Man fragte nun, ob es in der Stadt einen Kranken gebe. War dies der Fall. so schickte man ihm eine große Schüssel voll Dega, 208 Segrnßilügcn der Maudingo. s21. Kap. Man glaubt nämlich, daß dieses Gericht, für cm solches Fest zubereitet, bedeutende Heilkräfte besitze. ^ Von den Negern hat Jedermann neben seinem eigentlichen Namen ,wch einen Kontong oder Beinamen, welcher die Familie oder den Stamm, zn dem er gehört, bezeichnet. Unter den Familien giebt es sehr zahlreiebc nud mächtige. Alle die verschiedenen Kontongs im Gedächtniß zu behalten, die es in den einzelnen Theilen des Landes giebt, würde nnmbgliel' sein. Mehrere derselben sich zu merken, ist jedem Reisenden anzurathen, denn jeder Neger ist aus die Wichtigkeit oder das Alter seines Stammes stolz, und es schmeichelt ihm niebt N'enig, wenn man ihn mit seinem Kontong anredet. Die Neger begrüßen sich stets mit einigen Warten, wenn sie einander begegnen. Bei de» Kafirs ist die gewölMebe Formel: „Abbe " ' ^ Licht angesehen, wem, es hell lenchtttc, nnd den ^cuno, wenn er vollging? Hat sich mein Herz heimlich bereden lassen, oaft meine Hand meiueu Mnnd li'issc'i Welches ist anch eine Missethat 1>il o,e dichter, denn dami! Hütte ich ve>leuqnet Gott vml oben," Mma» Patt. ^ .. 210 Geologische Bestnffe drr Mandingo. ftl. Kap. vorzunehmen, würde für sthr unheilvoll gelten. Eine Verfinsterung der Tonne oder des Mondes schreibt man der Zauberei zu. Die Sterne finden wenig Beachtung. Im Allgemeinen gilt das Studium der Astronomie bei diesen Völkern für eine uum'che Beschäftigung, welche blos Personen, die sich mit Zauberkünsten beschäftigen, anziehen könne. Von der Bildung der Erde baben die Schwarzen eben so beschränkte Ansichten. Sie halten unsern Planeten für eine Ebene von unermeßlicher Ausdehnung, deren Ende noch kein menschliches Auge gesehen habe, weil es in Wolken nnd finstere Nacht eingehüllt sei. Das Meer ist ihnen ein großer salziger Strom, an dessen Ufern das Land Tobaudo du (Land der Weißen) liege. In geringer Entfernung von Tobaudo dll liegt ein anderes Land. in dem Menschenfresser von riesenhaftem Wüchse, Kumi genannt, wohnen. Dieses Land heißt Jong sang du (das Land. wo die Sclaven verkauft werden). Ihr Land qilt ibncn für das beste aus der Erde nnd sie halten sich für das glücklichste Volt. Sie beklagen daher das Schicksal der anderen Völker, welche die Vorsehung in minder fruchtbare Gefilde und unter einen rauhcrn Himmel verwiesen hat. Einige Olaubeusmcimmgcn der Neger verdienen nnscrc Aufmerksamkeit, wenn sie auch von Aberglauben nicht frei sind und in einer lächerlichen Leichtgläubigkeit wnrzeln. Ich habe mit Schwarzen aller E.lasscn über Neligionssachen gesprochen nnd stehe nicht an, zu behanp-ten, daß der Glaube an einen G^tt wie an einen künftigen Znstand, in dem der Mensch Belohnungen oder Strafeil finden wird, bei ihnen allgemein herrscht. Um so auffallender ist es, daß die eingeborenen Heiden dem Allmächtigen, mit Ausnahme der sseremonicn. welche gelegentlich des Neumondes vorkommen, kmie Huldigungen darbringen. Sie halten es für unnütz, zu M'tt zu beten oder ihm Bitten vorzutragen. Sie nennen ihn den Schöpfer und Erhalter aller Dinge, aber sie betrachten ihn als so fern und so unendlich über uns erhaben, daß es Thorheit sei, anzunehmen, die Zudringlichkeit schwacher Sterblichen könne die Beschlüsse seiner unfehlbare» Weisheit ändern oder die unwandelbaren u oi-iei,-,n!li, anf glühende Kohlen wirft und den Leidenden, in ein großes baumwollenes Tuch gewickelt, oben darauf legt. Man besprengt nun die Zweige mit Wasser, das durcb die Zwischeuräume zu den glühenden Kohlen dringt und den Kranke» in eine Wolke von Dampf hüllt. In diesem Zustande läßt man ihn so lange verharren, bis die Kohlen erloschen sind. Dieses Verfahren ruft gewöhnlich einen reicblichen Schweiß hervor und bringt dem Kranken eine merkwürdige l5rleicbter»»g. Zur Heilung des Durchfalls bedient man sick der Rinde verschiedener Väumc, die zu Pulver zerstoßen und dein Kranken unter die Speisen gemischt wird. Diese Heilart nimmt aber gewöhnlich einen Übeln Ausgang, Die anderen Krankheiten, welche bei den Negern vorkommen, sind der Kinnbackenkrampf. die Elephantiasis und ein Aussatz der schlimmsten Gattung. Dieser letztere äußert sich anfänglich in scorbutischcn Flecken, welche an verschiedenen Körpertheilen erscheinen nnd sich endlich an den Händen und Füßen festsetzen. Nn diesen Gliedern trocknet die Haut aus und springt hier und da auf. Endlich schwellen die Fingerspitzen an und beginnen zu eitern. Ihre Absonderungen sind scharf und übelriechend; die Nägel fallen ab, die Fingcrknochcn werden angefressen und lösen sich in den Gelenken ab. Die Krankheit schreitet auf diese Weise immer fort und erreicht häufig einen solchen Grad, daß der Kranke alle Finger und Zehen verliert. Selbst seine Arme und Beine 21. Kap.1 <5lnl!l,M,e Geschicklichkcit de> Neger. 213 fallen zliN'eilcil ab, zerstört d»rch diese furchtbare Krankheit, die bei den Negern den Namen Balla jn (unheilbar) führt. An gewissen Stellen ist der Gmneawnrm, besonders zu Anfana der Regenzeit, sebr gewöhnlich. Die Neger schreiben diese Krankheit, die schon von verschiedenen Schriftstellern beschrieben worden ist, dem schlechten Wasser zu und behaupten, daß diejenigen, welche aus Brunnen trinken, ihr mehr unterworfen seien, als diejenigen, welche mit Flnßwafser ihren Durst löschen. Derselben Ursache geben sie das Anschwellen der Halsdrüsen Schnld, und ebenso den Kröpf, welcher in einigen Theilen von Bambarra eine sehr häufige Erscheinung bildet. Im Binnenlande habe ich verschiedene Fälle von Entzündung der Harnröhre wahrgenommen, aber nie die eigentliche We8 viih genannt, deren ich schon bei mehreren Gelegenheiten gc-dacht habe. Man findet in jeder Stadt eine» oder mehrere dieser Sänger. Sie dichten ans dem Stegreif Lieder zu Ehren ihrer Häuptlinge oder irgend anderer Personen, welche geneigt sind, eine leere Schmeichelei mit- einem tüchtigen Mittagseffen zu belohnen. Eine edlere Aufgabe ihres Berufs besteht darin, die geschichtlichen Ereignisse ihres Vaterlandes zu erzählen. Sie begleiten in einem Kampfe die Krieger ins Feld. um durch die Schilderungen der Großthaten ihrer Väter einen edlen Wetteifer in ihnen zu entzünden. Die zweite Classe der Dichter besteht aus begeisterten Moha-medanem, welche umherrciscn, um fromme Hymuen zu singen und durch die Vornahme von Glaubensceremonien die Gnade Gottes aus das Land zu lenken. Beide ?lnen von herumziehenden Dichtern, die weltlichen wie die frommen, werden von ihren Landslcutcn sehr geachtet nnd verehrt, mag es sich nun darum handeln, irgend ein Unglück abzuwenden oder den Erfolg eines großen Unternehmens zu fichcru. Man veranstaltet Sammlungen, um sie mit reichlicher Nahrung zu versehen. Die gewöhnliche Nahrung der Neger weicht in den verschiedenen Gebieten, welche ich besucht habe, etwas von einander ab. Gewöhnlich frühstücken die Freien mit Tagesanbruch, und zwar essen sie eine Mehlsuppe, der man ein wenig Tamarindensaft beimischt, um ihr einen säuerlichen Geschmack zu geben. Gegen Zwei Uhr Nachmittags wird in der Regel eine?lrt von Pudding genossen, den man mit Schihbutter bereitet. Das Hauptmahl ist das Abendessen, welebes selten vor Mitternacht anfgetragen wird. Es besteht hauptsächlich aus Kouskous, den man mit irgeud einer Flcischart oder auch blos mit Schihbutter vermischt. Die Kafirs wie die Mohamedancr bedienen sich beim Essen stets ausschließlich der rechten Hand. Die beidnischcn Neger trinken Vier und Meth. In dem Gennsi beider Gctränte gehen sie oft bis zur Ausschweifung. Diejenigen, welche sich zum Islam bekebrt I'aben. tnnt'en blos Wasser. Die Eingeborenen aller Classen schnnvfen »nd rauchen, Ihre Pfeifen bestehen aus Holz 2lss Beschäftig«>M» der Mandiilsso. >2>. Kap. und enden mit einem Köpft voll ziemlich sonderbarer Form. In den Gegenden des Innern ist Salz der gesuchteste Genuß. Gin Europäer würde sehr staunen, wenn er ein Kind an einem Stück Steinsalz sau« aen sähe, als wenn es Zucker wäre, und doch babc ich diesen Anblick oft gehabt. Nichtsdestoweniger findet die ärmste Classe in diesen Gegenden es so schwer, sich diesen kostbaren Artikel zu verschaffen, daß man, um einen reichen Mann zu bezeichnen, zn pflcgcu sagt: „Er würzt ''eine Speisen mit Salz." Icb stlbst babe durch die Seltenheit dieser Waare viel gelitten. Lebt man lange von Pflanzenkost, so sehnt man sich so sehr nach Salz, das, dieses Verlangen nut Worten nicht zu beschreiben ist. Die weißen Bewohner der Küste Pflegen die Neger lind vor allen die Mandingo als träge und faule Menschen zu schildern. Nach meiner Ansicht wird ihnen dieser Vorwurs mit Unrecht gemacht. Allerdings ist das Klima einer großen Thätigkeit nicht günstig. Es ist jedoch un< billig, ein Volk trag zu uenne», welches nickt von den freiwilligen Gaben .der Natur, sondern von Dein lebt, was es dem Boden dnrch die Cultur abzwingt. Wenige Völker arbeiten angestrengter, als die Mandingo es thun, wenn die Umstände eine solcbe Tbätigkcit erfordern. Da sie aber wenig Gelegenheit haben, ans den überflüssigen Ergebnissen ihrer Arbeit Nutzen zu ziehen, so begnügen sie sich damit, so viel Land zn bebauen, als sie zu ihrem eigenen Unterhalt brauchen. Während der Regenzeit baben die Mandiugo in ihren Feldarbeiten eine hinreichende Beschäftigung. In der trockenen Jahreszeit machen sich die Eingeborenen, die in der Nähe großer Städte wolmen, viel mit dem Fischfang zn thun. Sie fangen die Thiere theils in geflocbtencu Körben, theils in kleinen baumwollenen Netzen. Um sie anfzubewabren, dörren sie die Fiscbe an der Sonne und bestreichen sie dann mit Schih-butter, damit sie nkbt wieder Feuchtigkeit an sich ziehen. Andere Neger beschäftigen sich mit der Jagd. Ihre Waffen bestehen in Bogen und Pfeilen, welche letztere man, wenn man Tbierc erlegeil will, nicht zu vergiften Pflegt.'") Sie sind so aufgezeichnete Schützen, daß sie aus merk- ') Von vergifteten Pfeile» macht man besoudero im Kriege Gebrauch. Das Mst soll auf der Stelle todten. Mau gewinnt eö von 2l. Kap.I Weberei »nd Färberei l'ei den Mandiu^o. 217 würdig weite» Entfcrnlingen eine Eidechse, die auf einem Baume lauert, oder irgend einen andern Gegenstand treffen, Sie schießen auch Guinea- (Pcrl)-Hühner, Rebhühner nnd Tauben. aber nie im Finge. Wahrend die Männer diesen Beschäftigungen nachgehen, bereiten die Franen mit großem Fleiß baumwollene Zeuge. Sie richten die Baumwolle so zum Spinne» vor, daß sie dieselbe in kleinen Mengen auf einen glatten Stein oder ein Stück Holz legen nnd durci, Rollen mit einer starken eisernen Walze die Samenkörner entfernen. Dann wird sie auf der Spindel gesponnen. Fein ist der Faden nicht, aber er giebt ein dauerhaftes Gewebe. Gine mittelmäßig fleißige Frau spinnt sechs bis neun Kleider jährlich, von denen jedes, je nachdem es mehr oder weniger fein ist, einen Verkanfswerth von anderthalb bis zwei Minkalis*) besitzt. Das Weben wird von den Männern besorgt. Ihr Webstuhl hat genan dieselben Gnmdzüge. wie der europäische, nur ist er so schmal und klein, daß das GeMe selten mehr als vier Zoll Breite Hai. Das Schiff l,at die gewöhnliche Form. da aber der Faden grob ist, so giebt man der Kammer etwas mehr Unifang, als bei den europäischen Webstühlen. Das Färbeu fällt wieder den Frauen zu. nnd sie verfahren auf folgende Weise, um dem Stoss eine dauerhafte blaue Farbe zu geben. Sie pflücken Indigoblätter, zerstampfen sie in einem hölzernen Mörser und lassen in einem großen irdenen Geschirr eine starke Lange von Holzasche auf sie wirkcu. In diese Miscknng wird das Gewebe getaucht und so lange darin gelassen, bis es die gewünschte Farbe erhalten hat. In Lndamar nnd Kaarta, wo der Indigo nicht hänfig vorkommt, sammelt man die Blätter und läßt sie in der Sonne trocknen. Will man sich dem Strauche Knua (einer Art Lelnw«). dm man in den Wäldern sehr .'aust^ snivel. Kockt mau die Blätter dieses Strauchs mit etwas Wasser, oenMtmau eine» dicke», schwarzen Saft. in den die Nea^cr einen banmwollc-lf^.' ,/" l""^'e>,. Diesen Faden wickeln sie so geschickt nm die eiserne ^.,,'5'^ ''l^'':"' "l" ^''l' wcn» er bis znm Wiederl.alen eina,e« a ete A'^"'^ ^''ausziehen kaun. ob»e die Eisenspitze mit dem verMeten Faden in der Wm,dc zurückzulassen. Mnnsso Park. '!> Maxdiiisio. ^21. Kap. ibrcr bedienen, ft zerstösit man soviel, als man bedarf, zu Pulver, und „lischt dasselbe mit der eben beschriebenen Lauge. Die Farbe, welche durch diese beiden Verfahmngsarten erzeugt ivird, spielt etwas ins Pnr-purue hinüber und steht, ft viel ich darüber zu urtheile,, vermag, dem schönsten indischen oder europäische,, Blau uicht nach. Mau zerschneidet das gefärbte Zeug iu Stücke vou verschiedener s^rößc uud uäht diese mit Nadelu. die im Lande selbst gefertigt werden, zu Kleidungsstücken zusammen Man lernt ft leicht weben, färben und näbcn. daß diejenigen, welche sich damit beschäftigen, in Afrika nicht für eigentliche Handwerker gelten. (5s giebt kaum einen Sclaven, der nicht zn webe,, verstände, und ft ziemlich jedes Kind näht. Die einzigen Handwerker, welche von den Negern als solche betrachtet werden und die sich Handwerker nennen, sind die Leder- und Eisenarbciler. Die ersteren heißen KaranN, oder wie man das Wort gewöhnlich aufsprechen hört, lyaungav. Sie sind säst in allen Städten verbreitet und durchreisen auch wohl das Land, um ihre Dienste anzubieten. Sie wissen das Leder sehr schnell zu gerben uud zum Gebrauch fertig zu machcu, indem sie die Haut in eine Mischung von Holzasche und Wasser legen, bis die Haare sich abgelöst haben, und sie dann mit den zerstobenen Blätter» des On-Vaumcs beizen. Sie bemühen sich sehr, die Haut möglichst weich nnd geschmeidig zu machen, reiben sie z» diesen, Behufe zwischen den Händen und klopfen sie auf eiuem Steine. Die Ochsenhäute verarbeitet man vorzugsweise zu Sandalen nnd behandelt sie daher nicht mit der Sorgfalt, welche den Schaf-»nd Ziegenbänten gewidmet wird. Diesc letzteren diene» zn Decken für die Köcher u»d Sapbis. ferner zu Wasser- nnd Degenscheiden, zn neinstl,astlich, ohile daß ein Rang« unterschied stattfindet. Bezahlte Arbeiter, das heißt freie Leute, die gegen einen bestimmten Lohn thätig sind, kennt man in Afrika nicht. Diese Bemerkung führt mich auf den Znstand der Sclaven und zu den verschiedenen Ursachen, welche den Neger in diese unglückliche Lage versetzen. Man findet in allen Gegenden dieses großen Landes Sclave», die zu einem ausgedehnten Handel sowohl mit den Atlasländern am Mittel-meer, als mit den europäischen Völkern Veranlassung geben. Zweiundjwanfigstes Kapitel. Der Zustand der Sclave» und die Quellen der Sclavcvei i» Afrika. In ieder (Gesellschaft, auf welcher Stufe der Bildung sie stehen möge, wird irgend eine Unterordnung und eine gewisse Ungleichheit vorkommen, (s'rreichcn diese Unterschiede einen solchen Grad. daß ein Theil der Einwohner über die Dienste uud Personen eines andern Theils willkürlich verfügen darf. so kaun man diesen Zustand der Dinge als Knechtschaft bezeichnen. In dieser Lage haben sich Millionen schwarzer Bewohner von Mika seit den fernsten Zeiten der Geschichte befunden, und diese Unglücklichen sind um so mehr zu beklagen, als die Sclaverei die einzige Erbschaft ist, welche sie ihren Kindern hinterlassen. Was die Zahl der Sclaven betrifft, so glaube ich, daß ihr Ver« hältnis, zu dcu frcieu Menschen wie drei zu eins ist. Sie verlangen für ihre Dienste keine andere Bezahlung als Kleidung nnd Nahrung, und werde» mit Sanftmut!) oder Härte behandelt, je nachdem der Charakter des Herrn, dem sie geboren, ein guter oder schlechter ist. Die Gewöhn« heit hat indessen hinsichtlich der Vehandlnng der Sclaven gewisse Regeln aufgestellt, deren Verletzung für schimpflich gilt. So werden die Haus-sclavcn. oder diejenigen, welche im Hause'des Herrn geboren worden sind, 222 Stelling der Sclave» zu ihren Herren. <^. Kap. besser behandelt, als diejenigen, welche der Eigenthümer für Geld gekauft bat. Mail wird sich aus meinen früheren Mittheilungeu erinueril, daß die Gewalt des Herrn über deu Hausselaven die Greuzen einer mäßigen Zi'Miguug nicht überschreitet. Der letztere kann nicht verkaust werden, wenu nicht ein Urtheil der Häupter des Orts vorliegt, welches diesen Schritt billigt.') Diese Beschränkungen der Gewalt des Herrn belieben sich aber weder auf die getauften Sclaven, noch ans diejenigen, welche Kriegsgefangene sind. Diese Unglücklichen gelten für Fremde, die auf den Schutz der Gesetze keinen Anspruch haben. Ihr (Eigenthümer lau» sie mit der größten Härte behandeln und sie nach Gefallen behalte» oder verkaufen. sis giebt bestimmte feste Markte, wobin man diese Art von Sela-ven führt, um sie zu veräußern. In den Augen des afrikanischen Käufers steigt der Werth eines Sclaven mit der Entfernung seines Vaterlandes. Dies hat seinen guten Grund, deun die Sclaven, welche wenige Tagcrciscu von dem Orte leben, wo sie geboren woidcu sind. pflegen zu entfliehe», biegen dagegen mehrere Reiche zwischen ihnen und ihrem Vaterlande, so schreckt die größere Schwierigkeit der Flucht sie ab, und sie gewohucu sich leichter an ihr Loos. Aus diesem Grunde läßt man die Armen aus einer Hand iu die andere übergehen, bis sie jede Hoffuuug verloren haben, jemals in ihr Vaterland zurückkehren zu ko'u-mn. Diejenige», welche von dcu Europäern an der Küste gekauft werden, befinden sich gewöhnlich in dieser Lage. Nur die wenigsten von ihneu haben iu dcu kleinen Kriegen iu der Nähe des Meeres, von denen noch die Rede sein wird, ihre Freiheit verloren. Die große Mehrzahl kommt in laugen Zügeu aus dem Innern, zuweilen aus Gegenden, welche den Europäern selbst dem Namen nach „nbekannt sind. , *) In Zeiteil der Himgersnoth wird es dem Herr» gestattet. eineu oder mehrere seiner Hanosclavcu zii verkaufen, um seiner'Familie Nahrung 5« verschaffen. Wird der Eigentbnmcr zabluugouufälng, so geschieht eo wohl, daß die Gläubiger auf seine »clavcn Beschlag legen. Kann er sie in diesem Falle nicht auslösen, so werden sie z»r 'Deckung seiner Schnldcu verkauft. So viel ich mich erinnere, sind dies die einzige» Fälle, in denen der Verkauf von Hanssclaven erlaubt ist, obne daß sie ihrerseits sich einco Vergehens schuldig gemacht baden. Mungo Park. 22. Kap^ Elitstchiin^oclttcil dcr Sclavcrei. 223 Diese Sclaven aus dem Binnenlande lassen sich in zwei Classen theilen. Die erste begnist dic, welche von einer Tclavin geboren werden nnd daher stets Sclaven gewesen sind; dic zweite die Freigeborencn, welche auf irgend eine Weise in Knechtschaft gerathen sind. Die erste Classe ist die bei weitem zahlreichste, denn z» ihr gehören in der Regel anch die Kriegsgefangenen, welche im Kriege oder doch bei den offnen und erklärten Feindseligleiten, die zwischen den einzelnen Königreichen vorfallen, gemacht werden. Wie wenig beträchtlich die Zahl der Freien im Verhältniß zu jener der Sclaven ist, habe ich bereite bemerkt, Ueberdies haben die freien Männer selbst im Kriege große Vortheile voraus. Sie sind in der Ncgcl besser bewaffnet nnd wohlbcritte», so daß sie sich leichter retten können, wenn sie im Kampfe unterliegen. Die Sclaven dagegen, welche blos Bogen und Speer führen und meistens mit Gepäck beladen sind, fallen dem Sieger als leichte Beute anheim. Deshalb konnte Mansoug König von Bambarra, i» dem Kriege gegen Kaarta, von dem ich in einem frühern Kapitel gesprochen habe, in einem einzigen Tage neunhundert Ocfa„ge»e machen, unter denen blos siebzig freie Männer waren. Ich weiß dies von Daman Inmma, der inKemmu dreißig Sclaven besaß, die sämmtlich von Mansong gefangen worden waren. beräth ein freier Mann in Kriegsgefangenschaft, so taufen seine Freunde ibn gewöhnlich los, oder tauschen ihn gegen zwei Sclaven ans. Fällt ein Sclave dem Feinde in die Hand, so hat er keine Hoffnung, auf diese Weise befreit zu werde». Zu allen diesen Vortheilen der Freien kommt »och der Umstand, daß die Slatis, wenn sie im Innern Sclaven kaufen, um sie den europäischen Schiffen an der Küste zuzuführen, stets solche vorziehen, welche von ihrer Kindheit an in Knechtschaft gelebt haben, weil sie wissen, daß diese an Hunger uud Mühen gewöhnt sind und daher die lange lind beschwerliche Reise eher ertragen, als ehemalig? Freie. Kommen diese Sclaven an die Küste, uud es findet sich keine Gelegenheit, sie mit Vortheil zu verkaufe», so giebt es immer Mittel, sie dnrch ihre Arbeit ihren Unterhalt sich selbst verdienen zulassen. Sie sind ferner viel welliger zur Flucht geneigt, als solche, welche die Süßigkeit der Freiheit bereits gekostet haben. Für die Selavcn der zweiten Classe giebt es folgende Entstchungs-arten ihres Elends. Kriegsgefangenschaft, Hungersnoth, ZahlunaMn- 324 Entstchuilgsartc» der 3claverei. — Kliegsarten. ft2. Kcp. fähigkeit, Verbrechen. Nach dein afrikanischen Herkommen darf cm freier Manu, wen» er in Kriegsgefangenschaft gcräth, zum Sclaven gemacht werden. Der Krieg ist die Quelle, welche die meisten Sclaven liefert, und ist auch wal,rscheinlich der llrsprnng der Sclaverei geivesen. sis ist eine natürliche Annahme, daß ein Volk, das mehr befangene „lachte, als es Kops gegen Kopf auszutauschen vermochte, seine menschliche Beute behielt und zur Arbeit z>va»g. Anfänglich mocl'tc inail diese (Nesangencn blos zu ihrem eigene» llnterhalt arbeite» lassen, bis der Sieger es bequem fand, sich selbst von ihnen ernähren zu lassen. Wie dem auch sei, so viel ist gewiß, das, in Afrika die Mefangene». die man im Kriege macht, stets die Sclaven des Siegers werden. Wenn der entkräftete oder überwundene Krieger das Mitleid seines siegreichen Feindos anftebt, so entsagt cr zu-glcich jedem Necht auf Freiheit und erkauft sein Leben um den Preis seiner Unabhängigkeit. In einem Lande, das in tausend kleinc nnabhängigc und aufeinander eifersüchtig,,' Staaten getlicilt ist, wo jeder srcie Mann an dc» Ge-branch der Waffen gewolmt ist, und wo jcdcr inngcr Burscke, der seit sei» ner Kii^dhcit Bogen und Spccr gchaildhabt hat, nichts schnlicbcr herbeiwünscht, alo eine Gelegenheit, seine Tapferkeit zu beweisen, muß häufig aus nichtigen Gründen Kricg entstä'cn. Ist ein Volk mächtiger als das andere, so ist ci» Vorwand. Feindseligkeiten zu beginnen, leicht gefunden. So wurde der Krieg der zwischen Kadscbaaga und Kasson entbrannte, durch die Weigerung, einen Sclaven auszuliefern, hervorgerufen, und , Bamdarra und Kaarta bekämpften sich wegen einiger Ochsen, die verlo» ren gegangcn waren. Andere Veranlassungen ähnlicher Art kommen nn-aushörlich vor, nnd die Thorheit oder Ehrsucht der Negerkonigc benutzt er, um die Brandfackel der Verwüstung in das ?and zu schlendern. Es giebt in Afrika zwei Arten von Kriegen, die man durch besondere Namen unterscheidet. Die eine Art hat mit nnseren europäischen Kriegen noch am meisten Achnlichkcit uud heißt Killi. Dieses Wort bedeutet „ausrufen," und erklärt sich daraus, daß der Krieg vorher angesagt und öffentlich bekannt gemacht wird. Die Kriege dieser Art werden in Afrika gewöhnlich mit einem einzigen Feldzugc abgemacht. Ist eine Schlacht geliefert worden und hat sich der Sieg entschieden, so denkt der Ucberwundenc selten daran, seine Ttreitkräste wieder zn sammeln. Alle 22. K.N'.^ Liebc del Neqer zu lhier Hcimath. 225 Eiinvolnier sind vou Schreck geläbmt, und der Sieger braucht an »veiter nichts zu deukeu, als die Gefaugeuen zu fesseln nnd seine sonstige Beute in Sicherheit zn bringen. Sind befangene vorhanden. die in Folge ihrer Schwache oder ihres Alters zn anstrengender Arbeit nicht tanglich und daher schwer verkäuflich sind, so betrachtet man sie als eine unnütze Last. Ich zweifle nickt daran, daß m>ui sie in den meisten Fallen todten wird. Dasselbe Loos erwartet in der Negel jeden Häuptling und jeden andern Gegner, der im kriege eine hervorragende Rolle gespielt hat. Ich muß hier einschalten, daß man nicht ohne Stauneu sehen kann, wie rasch troy dieses Vertilgungssvstems eiue afrikanische Stadt, die im Kriege zerstört worden ist, wieder aufgebaut wird und sich mit einer neuen Bevölkerung füllt. Der Onmd liegt wahrscheinlich darin, daß die Schlachten selten mörderiftl' sind. Der schwächere Theil ist sich seiner Lage bewußt uud sucht seiu Heil in der Flucht. Wenn der Feind das verwüstete Land uud die geplünderten Städte verläßt, so kehren die Einwohner, welche dem Tode uud der Telaverci cutgangen siud, vorsichtig in ihre früheren Wohnungen zurück. Ist doch allen Menschen der Wuusck augeboren, den Abend ihres Lebens au dem Orte, wo ihre Wiege gestanden hat, zuzubringen! Der arme Schwarze empfindet dieses Verlaugcu besonders stark. Ihm ist kein Wasser so süß. als das seines eigenen Brunnens, und kein Baum spendet ihm eiueu so kühlen Scbatteu. keiner ist ihm so theuer, als der Tabba*) seines Dorfes, unter dem er so geru den Abend ruht. Weuu ein Krieg ihn zwingt. de» ^rt zn verlassen, wo der Frühling seines Lebens verflossen ist, so bewegt sich seine ganze Unterhaltung um das Land seiner Väter, uud kaum ist der Friede hergestellt., st' verläßt er die Fremde, baut seine zu Boden geworfene Hütte neu auf und ist vor Freude außer sich, weuu wieder der erste Rauch aus seinem geliebten Dorfe aufsteigt. Die zweite Art afrikanischer Kriege !,eißt Tegria (Plündern, Stch-leu). Diese entsteht aus deu erblichen Fehden, welche die Bewohner verschiedener Länder oder Bezirke gegen einander führen. Diese Feindselig, keiten haben weder eine bestimmte Ursache, uoeb werden sie vorher ange- ') Ein sswsm- Baum mit waqcrecl'ten ^weiqen (cine Art von 8tei'. cul^. unttr dem gewöhnlich wird, ^, ' ' Mungo Parl. Mungo Pavl. " . 2?ß Uvsachcn dc, 3clavcrc«. s22. Kap. sagt. Diejenige», wclcht diese Zwistigkcite» nälnen. erspäheil jede Gelegenheit, den Gegenständen ihres Hasses durch Überfalle nnd Plünderungen zu schaden. Solche Einfälle werdeil sehr häufig gemacht, namentlich beim Peginn der trockenen Jahreszeit. Wenn die Prntearbeiten vorüber und Lebensmittel im lleberfluß vorhanden sind, dann brütet man über Nachcpläne. Der Häuptling siebt seine Krieger zablrcich und mn-thig. Sein Stolz erwacht, wenn sie bei den öffentlichen besten ihre Speere schwingen, nnd seiner Macl't sich bewnßt, richtet er seine gangen Gedanken aus Wiedcrvcrgcltnng für irgend eine Beleidigni^g. die ihm oder seinen Vorsabren von einem benachbarten Staate zugefügt worden ist. Kriege dieser Art werden gewöhnlich mit der größten Verschwiegenheit vorbereitet, ssine kleine Anzahl entschlossener Männer, an deren Spitze ein ttuger nnd muthiger Führer stcl't, schleicht schweigend durch die Wälder, überfällt in der Nacht irgendein wehrloses Dorf und ent' führt die Einwohner mit alle» werthvollc» Sachen, ebe die Nachbar» ihnen zu Hülse eilen können. Während meines Aufenthalts in Kamalia wurden wir eines Morgens alle dnrch einen solchen Kriegszug in Schreck versetzt. Der Sohn des Königs von Fulahdu erschien plötzlich mit fünfhnndert Reitern südlich von Kamalia. Sein heimlicher Marsch durch die Wälder galt den Städten, welche Madigai, einem mächtigen Häuptling in Iallonkadn, gehörten und ausgeplündert wnrden. Der glückliche ssrfolg dieses Einfalls crmnthigte den Statthalter von Vangasii, einen zweite» Zng gegen eine» ander» Tl'eil desselben Landes zu unternehmen. Nachdem er nngefähr zweihundert Mann gesammelt hatte, ging er in der Nacht über den Fluß Kokoro und führte eine große Anzahl von Oesa»genm mit sich flnt. Mehrere siimvohncr. welcbe diesen Uebersalle» entgaxgen wareil nnd in den Wäldern umherirrten oder i» entlegenen Thälern und auf steilen Höhen eine Zuflucht snchten, fielen später den Mandingo in die Hände. Solchen Handstreichen folgt in kurzer Zeit die Wiedervcrgeltung. Vermag der Feind zu diesen, Behuf keine zahlreiche Mannschaft aufzubringen, so vereinigen sich wenigstens einige Freunde, um in das andere Land einzudringen, zn plündern nnd Gefangene zu machen. Mail l,at 22. ssav.^ Ursachen der Sclaverei. !?27 schon gesehen, dasi ein einziger Mann Bogen und Köcher ergriffen bat und auf Abenteuer ausgegangen ist. In diesem Falle ist das Unternehmen ohne Zweifel eine Thorheit. Bedenkt man aber, daß dem Manne, der ein solches Wagstück unternimmt, vielleicht sein Kind oder irgend ein naher Verwandter entführt worden ist, so wird man ihn mehr beklagen als tadeln. Durch die Vatcrliebe und durch das Verlangen nach Nache fortgetrieben, verbirgt sich der Unglückliche in einem Gebüsch und wartet, bis er ein Ktnd oder eine Person ohne Waffen vorübergehen sieht. Nun wirft er sich wie ein Tiger auf seine Beute, schleppt seinen Gefangenen ins Gebüsch und führt ihn in der Nacht in seine Hcimath mit sich fort, lim ihn zu seinem Sclaven zu machen. Ist ein Neger auf eine solche Weise seinen Hemden in die Hände gefallen, so bleibt er entweder als Sclave im Hause des Siegers, oder wird nach irgend einem sernen Reiche verkanft. Wenn ein Neger einen Gegner einmal besiegt hat, so wird er ihm selten eine Möglichfeit lassen, wieder zu den Waffen ;u greife». Gowolmlicl, wird der Theil, für den sich das Glück erklärt hat. über seine Gefangenen in Gemäscheit des Ranges, den sie in ihrer Heimat!) bekleidet haben, verfügen. Doch auch den Cba° rakter berücksichtigt er. Diejenigen seiner neuen Sclaven, welche sanfter Gemüthsart zu sein scheinen, namentlich die jungen Frauen, bleiben in seinem Dienste. Diejenigen, welche Unzufriedenheit verratbcn, werden in die Ferne geschickt, die Freien und Sclaven aber, welche im Kriege eine Rolle gespielt haben, an die Slatis verkauft oder getodtet. Der Krieg ist mithin die gewöhnlichste wie die fruchtbarste aller Ursachen der Sclaverei, und die Verwüstungen, welche er hervorruft, erzeugen häufig, wenn anch nicht immer, die zweite Quelle der Knechtschaft: die Hungersnoth, die manchen Freien zwingt, seiner Unabhängigkeit ,zu entsagen. In den Augen eines Philosophen erscheint der Tod, mit dem Verlust der Freiheit verglichen, vielleicht als das geringere Uebel. Der arme schwarze, der sich von Hunger entkräftet fühlt, dcukt aber wie Gsau: „Ich stehe auf dem Puu?te,zu sterben, und was nützt mir da mein ftrst. geburtsrecht?" Es giebt viele Beispiele von Freien, welche freiwillig ihrer Unabhängigkeit entsagten, um ihr Leben zu retten. Als in den an den Gambia angrenzenden Gebieten drei Jahre lang Theuerung herrschte, l5' 228 Ursachen der Tclavere!. s22. Kav. wurdm viele freie bellte auf diese Weise ^n Sclaven. Der Doctor Laid-lev l,at mich versickert, in jener Zeit seien viele Hlliigerudc zu ihm gekommen, nm i!,n z» bitten, daß er sie unter seine Telavcn aufnehmen möge. Zahlreiche Familien werden zuerst in die tiefste Noth versetzt, und da der Vater mit fast unumschränkter Gewalt über seine Kinder herrscht, so ereignet es sich in allen Theilen von Afrika nicht selten, daß er einen Theil derselben vertauft, um für die übrige Familie Lebensnnttcl anschaffe» zu könncu. Als ich in Dscharra war, geigte Damau Iumma mir drei juuge Leute, welche ihm vom Vater in einer Zeit der Hungersnoth verkauft worden warm. Von einem zweiten Vcispielc, das ich in Wouda selbst erlebte, habe ich bereits gesprochen. Damals horte ich, daß dieser Kinderverkaus in Fulahdu etwas ganz Gewöhnliches sei. Die Zahlungsunfähigkeit ist die dritte Ursache der Sclaveret. Von allen Verbrechen, welche iu Afrika mit Vcrurtheilung zur Sclaverei bestraft werden, kommt dieses, wenn mau ihm deu Namen eines Verbrechens gebeil kann, am häufigsten vor. Der schwarze Händler macht, wenn er ei,« Speculation ausführen will, gewöhnlich Schulden. Sein Gläubiger ist bald ein Nachbar, von dem er sich Waaren geben laßt, die er auf einem fernen Markte mit Vortheil zu verkaufe» hofft, bald ein Europäer, der an der Küste Sclavenhaudcl treibt und von dem er Artikel mit dem Versprechen, in bestimmter Zeit Zahlung zu leisten, aus Credit entnommen hat. In beiden Fällen ist die Lage des Speculante» genau dieselbe. Ist er in seinem Geschäft glücklich, so behält er seine Freiheit, mislingt seiu Unternehmen, so muß er den Gläubiger »lit seiner Person und seinen Diensten bezahlen. In Afrika gilt nämlich das (besetz, daß nicht blos das Eigenthum, sondern auch die Person eines zahluugsuufahigeu Schuldners verkauft werde» darf, wenn die Gläubiger auf keine andere Weise befriedigt werden können,'» *) Kauft ei» Ne^ev v^'n ci»c,n Einopäer au dcr Ki'ist,- Waan>» auf Credit, so bat er, wenn die Zahlung nicht erfolgt, in Gcmäscheit der bcstclu-udl,'!! RechtsHewlünidcitcn schi aus^edehütc Rechte. Nicht bll'o de» Schüldnei ka»n er ,;»ni 3clavc» »lachcn. N'ndevu aucl», wenn dicscv nicht aufzufinden lst, irqend Iouand von dessen Familie, ja im änsis,-sten Fall so^al jede» l' c! i c l> lgc >i Einwohner desselben R e i ck o. Der verbaftete Stellvertrcler des Schnlduers wird sestgehattc,!. n>äbrend seine Freunde den letzteru auslucheu. Findet man diesen, so versammeln sich die Aeltesten des vrti», um ilni zu zwiu^-n. den Verhafteten dmch 22. Kav^ Ursachen der Scwucrci. 229 Als vierte Ursache der Sclaverei nann te ich oben gewisse Verbrechen welche nach den Nechtsgewohnheiten des Landes mit dem Verlust der Freiheit bestraft werden. Die einzigen Vergel'en dieser Art sind in Afrika Mord, Ehcbrncli und Zauberei. Ich freue uiicl, hinzusetzen zu könne» daß alle drei uach meinen Wahrnehmungen selten vorkommen. Wird ein Mord verübt, so hat der nächste Verwandte des Getödteten das Recht, wenn der Thäter überführt wird, denselben entweder mit eigener Hand zu todten, oder ihn in die Sclaverei zu verkaufen. Wird ein Ehebruch bc-gaugeu, so schätzt der beleidigte Theil entweder die Beschimpfung, welche ibm wicderfalm'n ist, in Gold ab nnd laßt sich von dem Ehebrecher auf diese Art entschädigen, oder er mactit denselben zum Sclaven. Unter Zauberei versteht man ciue angeblickt Magie, durch die das Leben oder die Gesundheit Anderer gefährdet wird. Wir nennen dieses Verbrechen Giftmischerei. Ein Fall dieser letztcrn Art ist mir während meines Aufenthalts in Afrika nicht bekannt geworden und ich glanbc daraus schließen zu dürfen, daß selten die Nothwendigkeit entstehe» wird, dieses Verbrechen zu bestrafen. Ist eiu freier Mann aus einer der aufführten 'Ursacben Sclave gewordeu. so bleibt er es gewöhnlich wahrend feiner ganzen Lebenszeit, und auch seine Kinder verfallen der Knechtschaft, wenn sie ihm von einer Sclaviu geboreu worden sind. Es giebt jedocb Veisvielc von Sclaven, welche mit Einwilligung ihres Herrn die Freiheit wiedererlangen, weil sie irgend einen wichtigen Dienst geleistet haben, oder weil sie an einem Kriege Tl'ci! nel'men sollen, oder »veil sic sich durch zwei andere Sclaven ans-lösen. Die gewöhnlichste Art der Freiwcrdung ist aber die Selbstbe-freiung durch Flucht. Hat ein Sclave einmal den Entschluß gefaßt, zu cutwcicheu, so erreicht er meistens sein Ziel. Mancher wartet ganze Jahre "»f eine günstige Gelegenheit und verräth während dieser Zeit nicht die geringste Unzufriedenheit. Man hat allgemein die Erfahrung gemacht. Erfüllung seiner Verbindlichkeit an^nlöscn ^st er dazu nicht im Stande. 1^ bemächtig,„an sich seiner i»,d schickt ilin auf der Stelle an dic^nste. 'Vein bisheriger Slellrertetcr wird »atnrlich in ssreil,eit geseltt. stuidet m^in den -chnldner dagegen nicht. s° >nnß der an seiner -tatt Verhas. tcte den döbelten Betta« der Echnld be«al'len, oder man verlaust ll,n ,n die Sclaverei. Man saqtc mir jedoch, daß der Gläubiger diefts, Necht nnr ni fthr ,eltsn>',> Fällen anwende Mungo Park. 2IY Der Moldstanb und die Goldwäschen. s23. Kap. daß Sclaven, welche in de» Gebirgen geboren und an Jagden und Reisen gewöhnt sind, mehr ans Flucht sinnen und ihr Vorhaben glücklicher ausführen, als Leute aus dem stachen Lande, deren Beschäftigung in Ackerbau bestanden hat. Das sind die Grundzügc des Sclaverci-Systems, das in Afrika herrscht. In seiner Natur und in seinem Umfange liegt der Beweis, daß es nicht neueren Ursprungs ist. Seine Entstehung reicht wahrscheinlich in die fernsten Zeiten zurück lind liegt jenseit der Periode, in welcher die Mobamcdaner sich einen Weg durch die Wüste nach Senegambien und den Niqerländern bahnteil. In welchem Grade dieser Zustand durch den Sklavenhandel, den die europäische» Völker seit zweihundert Jahren an dieser Küste treiben, aufrecht erhalten und befestigt wird, habe ich hier nicht zu untersuchen. Fragte mau mich, wie ich über den Einfluß lirtbcilc, den das Aufhören dieses Handels auf die afrikanischen Sitten ausüben wurde, so hätte ich ohne Zaudern die Antwort bereit, daß diese Maßregel in Folge der Unwissenheit, in der die hiesigen Einwohner leben, weder so wohlthätig noch so tief eingreifend wirken werde, als manche gutden-kcude Männer sich gern einreden möchten. DrmmdzwlMf'gstes Kapitel. Der lNoldstaub „nd die Goldwäschen. — Sein Werth in Afnla. — Das Elfenbein. —Die Ne.^r wissen es nicht z» sMhcn. —Die Elephan- ten^Iagde». — Bcmcrkim^cn nbei' die Vernachlässigung der natürlichen Vortheile deö Laüdcö und die mögliche» Fortschritte. Gold und Elfenbein, diese beiden kostbaren Waaren, von dene« ich noch sprcckcn muß, hat man wahrscheinlich feit den ersten Jahrhunderten der Welt in Afrika gefunden. Sie werden in den ältesten Berichte» über Afrika erwähnt und haben unter den Erzeugnissen dieser tropischen Gebiete stets den ersten Rang eingenommen. Man hat die Behauptung aufgestellt, daß das Gold selten oder nie in anderen als gebirgigen uud unfruchtbaren Länder» gefu»den werde. Die Natur, hat man gesagt, bietet durch den hohen Werth eines ihrer Erzeugnisse einen Ersatz für die allgemeine Fruchtbarkeit, welche sie vcr- 23. Kap.) Der Goldstaub und dir Goldwäschen. 231 sagt. Diese Bemerkung ist jedoch »licht ganz richtig. Mau findet Gold in beträchtlichen Mengen in ganz Manding, also in einem Lande, das allerdings Hügel hat, aber nicht eigentlich gebirgig nnd noch weniger unfrucht-bar ist. Anch in Iallonfad», besonders in der Umgegend von Buri, einer zweiten, ebenfalls nncbenen, allein nichts weniger als dürren Gegend , kommt sehr viel Gold vor. Es verdieilt erwähnt zu werden, daß Buri, welches ungefähr vier Tagereisen südwestlich vou Kamalia liegt, einen Salzmarki hat, der häufig zu gleicher Zeit mit Teesalz, das vom Nio grande kommt, nnd mit Steinsalz .ms der großen Sahara versorgt wird. Der Preis der beiden Satzarten ist in dieser Entfernung von den Gewinnungsortcn so ziemlich derselbe. Sowohl die Mauren, welche das Steinsalz des Nordens bringen, als die Neger, welche mit dem Seesalz des Südens kommen, werden von demselben Beweggründe nach Buri ge« führt. Beide wollen ihr Salz gegen Gold austauschen. So viel ich erfahren babe, findet man in Mandiug das Gold nie in einer Mutter oder Ader. Es kommt sämmtlich in der Form kleiner, fast gediegener Körner vor, deren Größe von dem Umfange eines Na-dclsknovss bis zu dein einer Erbse ansteigt. Diese Körner sind in ausgedehnte Sand- und Thonlagcr vertheilt. In diesem Zustande nennen die Mandingo das Gold Sann mmtto (Goldstanb). Nach dem, was ich über die Bildung des Bodens geHort habe, ist es wahrscheinlich, daß die meisten Goldköruer durch die stetige Einwirkung des Wassers, das in reißenden Strömen von den benachbarten Gebirgen niederstürzt, an ihren jetzigen Ort geführt worden sind. Die Art, wie man sie sammelt, ist folgende. Gegen den Anfang des Deeembcrs, wenn die Ernte beendet und das Wasser der Flüsse und Bcrgströmc tief gefallen ist, setzt der Mansa oder Vorsteher cincu Tag an, um das Sauutu oder Goldwäschen zu beginnen. Die Frauen müssen zu bestimmter Zeit alle Vorbereitungen beendet haben. Ein Spaten oder eine Schaufel, um den Sand ausznheben, zwei oder drei Kalebassen, um ihn zu waschcu, und einige Federkiele, um den Goldstaub aufzubewahren, sind die Werkzeuge, deren man zu der Ar< beit bedarf. Am Morgen des Aufbnchs tödtet man einen Oä',cn, dessen Fleisch am ersten Tage zu einem Festmahl dient, betet und nimmt eme Menge abergläubischer Gebräuche vor. um den Erfolg zu ,lchern. Patte man an diesen, erste» Tage kein Glück, so würde das für cm bo,es ^I Ustcil dci> Goldsammelns. 123. Kap. Vorzeichen gelten. Ich habe selbst erlebt, dasidcrMansavonKamalia und vierzehn ssinwobner den schlechien l5rsolg eines ersten Tages sich so zu Herzen nahmen. daß nnr wenige den Muth hatten, bei der Arbeit zu bleiben, und daß diejenigen, welche die Nachgrabungen fortsetzten, eine mittelmäßige Ausbeute erhielten. Die Sache hatte nichts Ueberraschendcs, denn statt „enen Sand aufzusuchen, arbeiteten'sie an einer Stelle, wo sie seit mehre» Jahren gewaschen »nd gegraben hatten, so daß mir sehr wenige größere Körner noch übrig sein konnten. Das Waschen des Flusssandes ist nnter allen Gewinnungsarten des Goldstaubes die einfachste. An den meisten Orten ist der Flnßsand aber so emsig untersucht worden, daß man nur kleine Goldmcngen findet, es sei denn, daß der Fluß seinen Lauf verändert habe. Nährend einige Personen der Gesellschaft den Sand unten im Flusse waschen, gehen andere an den Ufern bis zu den Platzen aufwärts, wo das schneller strömende Wasser allen Tand oder Thon mit sich fortgeführt und nnr kleine Kiesel zurückgelassen hat. Diese Steine zu durchsuchen, macht viel mehr Mühe, als das Saudwaschen. Ich habe Frauen gesehen, die sich bei dieser Arbeit die gan^e Haut von den Fingerspitzen weggeschunden hatten. Zuweilen werden die Arbeiter entschädigt, indem sie Stucke Gold — oder. wie sie sich ausdrücken, Sann birro (Goldsteinc) finden, welche ihnen ihre Mühe reichlich bezahlen. Gne Fran und ihre Tochter, die in Kama-lia wohnten, fanden eines Tags zwei Stücke dieser Art, von denen das eine drei und das andere fünf Drachmen wog. Die sicherste nnd vorthcilhafteste Methode, Gold zu waschen. wird zu der Zeit, wo die trockene Jahreszeit ihren Höhepunkt erreicht hat. auf folgende Art betrieben. Man gräbt am Fnße eines Verges, von dem man weiß, daß er Gold entl'ält. einen tiefen Brunnen. Vei dieser Arbeit bedient man sich kleiner Schaufeln und trägt die Erde. während die Arbeiter vorrücken, in großen Kalebassen fort. Von jeder Thon- oder Sandschicht, die man dnrchgräbt, wäscht mau eine oder zwei Kalebassen zur Probe und fährt damit so lange fort. bis man zu einer goldhaltigen Stelle gelangt oder durch Felsen oder Wasser am Weiterarbeiten gehindert wird. Im Allgemeinen kann man als Negel annehmen, daß die Arbeiter, wenn sie ans röthlichen Sand mit schwanen Flecken stoßen, mehr. oder weniger Gold finden. Haben sie eine solche Stelle erreicht, so schicken 23. Kap.I Das Goldwaschen. 233 sieden Sand in großen Kalebassen ihren Frauen, N'elche ihn waschen. Man mnß nämlich ,vissen. daß die Männer sich mir mil dem Gradeil beschäftigen , und das Waschen stets den Frauen anheimfällt. Die letzteren sind darin geübter, da sie von ihrer Kindheit an eine ähnliche Arbeit, das Trennen der Maishülsen von dem Korn, verrichtet haben. Da ich nie in einen solchen Brunnen hinabgestiegen bin, so kann ich nicht sagen, wie man bei dem Arbeiten nnter der (5rde verfährt. Die Lage, in der ich mich befand, machte mir die größte Vorsicht zur Pflicht, und namentlich dnrfte ich nicht zn genau nach den Reichthümern des Landes forschen, wenn ich bei den Eingeborenen nicht Argwohn erregen wollte. Das Goldwaschen habe ich aber oft gesehen und als eine höchst einsacke Arbeit erkannt. Diese Arbeit wird von den Frauen oft mitten in den Ortschaften verrichtet. Die Männer, welche in den Thälern nachgesucht hahcn, bringen gewöhnlich Abends eine oder zwei Kalebassen voll Sand mit und übergeben sie ihren Frauen. - Diese verfahren ans folgende Weise. Tie stbütten einen Theil Sand oder Thon oicht. so ftlnvcr wie eine Art schwarzer Vohnc, von denen sechs auf einen Minkalli gehen. Die Neger wiegen das Gold in kleinen Wagschaalen, welcke sie beständig bei sich führen. Sie machen hinsichtlich des Werths zwischen Gold-staub und verarbeitete,» Golde keinen Unterschied. Tanscht man Gold gegen eine andere Waare ans, so wiegt derjenige, »reicher das Metall empfängt, dasselbe mit seinem eigenen Tilikißi. Zuweilen geschieht, daß ein Betrüger diese Bohnen in Baumbuttcr legt, nm sie schwerer zn inachen, iiüd ich habe sogar einen Kiesel gesehen, dem man die Form eines Ti-likisn gegeben hatte. Diese Betrügereien kommen jedoch selten vor. Nachdem ich mm Alles mitgetheilt habe, was ich über die Art, wie die Neger ihr (Hold sammeln, und über den Wert!), den sie demselben beilegen, in meinem Gedächtniß beherberge, gehe ich zn dem zweiten Artikel, von dem ich sprechen zu wollen versprochen habe, znm Elfenbein, über. Nichts setzt die Schwarzen an der Küste mehr in Grstannen, als der ssiser, mit dem die europäischen Kanflcnte Elfenbein zn erlangen suchen. Der Gebrauch, den wir davon machen, läßt sich ihnen nur mit großer Mübe verdeutlichen. Selbst wenn man ihnen Messer mit elfenbeinernen Heften, oder Kämme und andere kleine Gegenstände zeigt, die aus diesem Ttoff gefertigt werden, und sie überzeugt, daß diese Sachen eiust Tlieile eines silcphantenzahnes waren, sind sie noch nicht znfrieden. Sie l'egen den Argwohn, daß man das Elfenbein in ssnropa in viel wichtigere Waaren verwandle, die man vor ihnen verberge, damit der Preis der Zähne keine Steigung erfahre. „Wir können uns nicht überzeugen," sagen sie, „daß man Schiffe baue lind Reisen nnternchme, nm sich eine Waare zu verschaffeil, aus der man Messcrhefte macht. Dazu wäre Holz eben so gut zu gebrauchen." Die Elephanten sind im innern Afrika sehr zahlreich, scheinen aber zu einer andern Art zu gehören, als diejenigen, welche man in Asien findet. In seinen Abbildungen natnrgeschichtlichcr Gegenstände hat Blumenbach gute Zeichnungen von den Kinnladen beider Arten mitgetheilt. Auch 23. Kap.) Das Elfenbein !i»d der afrikanische Elephant. 2I7 Euvier bat sick in seinen,' envelopädischen Marine über die zwischen beiden bestehenden llnterschiede sehr klar ausgesprochen. Da ich den asiatischen Elephanten nicht gesehen habe, ft beziebe ich mich lieber ans diese Schriftsteller, als daß ich eine eigene Meinung ül'er den Gegenstand aufspreche. Man hat gesagt, daß der afrikanische Elephant weniger gelehrig als der asiatische sei, und nicht gezalimt werden könne. Allerdings verstehen die heutigen Neger diese Kunst nicht, wen» man aber in Erwägung zieht, daß die Karthager in ibrcn Heeren stets Elephanten hatten und solche Thiere zur Zeit der pnnischen Kriege sogar nach Italien mit fül,r-ten, so wird man eher glauben, daß sie Mittel gefunden bade», ihre eigenen Elephanten zu zahmen, als zu der Annahme neigen, daß sie diese riesenhaften Thiere mit großen Kosten hätten aus Asien kommen lassen. Vielleicht hat der barbarische Webrauch, die Elephanten um ihrer Zähne willen zu jagen, sie wilder und unbezähmbarer gemacht, als sie es in den ersten Zeiten waren. Der größte Theil des Elfenbeins, das an den Flüssen Senegal und Gambia zum Verkauf gelangt, wird aus dem Innern dortlnn gesükrt. Die au die Küste angrenzenden Gebiete siud zu sumpfig lind werden zu sel»r von Flüssen und Backen dnrchschnitten. als daß ein so großes Thier, wie der Elepliant, diese Gegenden durchstreifen könnte, ohne entdeckt zu werden. Sobald die Eingeborenen seine Spur bemerken. greift unverzüglich das ganze Dors zu den Waffen Die Hoffnung. das Fleisch des Elephanten essen, ans seiner Haut Sandalen macken und seine Zähne an die Europäer verkaufen zu können, flößt Jedem Muth ein. Selten entgeht das Tbier seinen Verfolgern. In den Ebenen von Vam-barra nnd Kaarta nnd in den unermeßlichenEinöden derIallonka-Wild-niß sind die Elephanten dagegen sehr zahlreich, nnd da das Scyießpulver iu diesen Gegenden selten ist, so besitzen die Einwohner weniger Mittel, ihnen zu schaden. Man findet in den Wäldern hie nnd da Elephanteuzähne, nach denen die Reisenden sehr aufmerksam snchcn. Der Elephant hat die Ge-wohnheit, in den hohen und trockenen Theilen des Landes, wo die Wanzenerde leicht und wenig tief ist, seine Zähne unter die dort wachsenden Gesträuche und Büsche einzubohren. Er hebt diese Gesträuche ohne Mühe aus und näbrt sich von den Wurzeln, welche gewöhnlich zarter und saft» 233 Das Llfenbcl» und dc, afrikanische Elevhant. s23. Kap. reicher sind, als die trockne» Zweige niid scll'st als die Plätter. Sind die Zähne aber vom Alter morsch geworden, so breche,^ sie nicht selten ab. wenn der Strauch den gewaltigen Anstrengungen des Thieres Widerstand leistet. Ich sah in Kamalia zwei Zäbne, nnter ihnen einen sehr großen, die in den Wäldern gefunden worden lind augenscheinlich auf diese Weise abgebrochen waren. Es würde überdies schwer sein, die große Menge zerbrochenen Elfenbeins, die in die verschiedenen Faktoreien zum Verkauf gelangt, anders zu erklären, denn wenn ein Elephant auf der Jagd gc-tödtet worden ist, so bleiben seine Zähne uuversehrt, es sei denn, daß das Thier sich m einen Abgrund gestürzt und sie dadurch verletzt habe. Zu bestimmten Zeiten des Jahres versammeln sich die Elephanten und durchziehen in großen Heerdcn das Land, um Wasser und Nahrung aufzusuchen. Da nun die ganze legend nördlich vom Niger, sobald die Tümvfe in den Wäldern ausgetrocknet sind, kein Wasser besitzt, so nähern sich die Elephanten den Ufern des Flusses. Tie bleiben dort, bis im Juni oder Juli die Regenzeit beginnt, und werden während dieser Periode von allen (Einwohnern von Pambarra, welche Pulver besitzen, stark gejagt. Einzeln gehen die Elcvhautenjäger selten in den Wald, gewöhnlich sind ihrer viel oder fünf. Außer mit Pnlver und Blei, versteht sich jeder mit einem ledernen Sack, ill dem Maismehl auf fünf bis sechs Tage mit genommen wird. Die Jagdgesellschaft dringt in die cinsamsten Gegenden des Waldes ein lind nntersucht mit der größten Sorgsalt jedes Zeichen, das zur Entdeckung des Elephanten sichren kann, Trotz der Größe des Wildes fordert dieses Suchen doch die genaueste Aufmerksamkeit. Die abgebro» chencu Zweige, die umherliegende Losung des Thieres, seine Spureil werde,i sorgfältig beobachtet, und viele Jäger haben sich darin ein so sicheres Urtheil gebildet, daß sie, wenn sie die Fußstapfen eines Elephanten findeil, mit ziemlicher Gewißheit sage», wieviele Zeit vergangen ist, seit das Thier vorbeiging, u»d in welcher Entfernung man es finden wird. Erblicken die Jäger eine Elcphantenhecrde, so folgen sie ihr so lange in der Ferne, bis sie seheil, daß ciuer sich von ihr trennt und eine Stellung annimmt die einen guten Schuß erlaubt. In diesem Falle na, Hern sie sich, in» Grase schleichend, mit Vorsicht bis ans eine Nabe, in 23. Kap.j Elevkantenjagden. 2Ig der sie das .^iel nicht mehr verfehle». Alle sebießen auf ein Mal und werfen sich nach dem Schuß mit dem Besicht nach »nteu auf den Boden. Der verwundete Elephant reibt sich a» verschiedenen Bäumen oder betastet mit dem Rüssel, als wolle er die Kugeln herausziehen. Da er für seine Pein leine Linderung findet, so wird er wüthend und beginnt, seine Feinde suchend, im Walde umherzulaufen, bis er, müde und von Blutverlust erschöpft, deu Jägern zu einer zweiten Salve Gelegenheit giebt, die ihu gewöhnlich zu Boden wirft. Man zieht ihm nun die Haut ab und spannt sie am Boden mittelst Pflöcken aus, um sie zu trockneil. Die besten Stücke Fleisch werden in dünne Streifen ausgeschnitten und an der Sonne gedörrt, um bei Gelegenheit genossen zu werden. Die Zähne schlägt man mit einem kleinen Beile ans, das die Jäger stets bei sich tragen, mn sich desselben 5» diesem Belnif wie auch znm Fällen der Bäume, welche Honig enthalten, bedienen zu können. Diesen Honig brauchen sie oft sehr nothwendig, denn nehmen sie auch Lcbensmittel auf fünf oder secl's Tage mit. so bleiben sie dock häufig, wenn die Jagd cine glückliche ist, ganze Monate in den Wäldern. Während dieser Zeit nähren sie sich von Elephantenfieisch und wildem Honig. Die Jäger bringen in der Regel das Elfenbein, das sie auf ihren Jagden gewinnen, nicht selbst an die Küste, sondern verkaufe» es an umherziehende Händler vom Meercsstrande, die sich jährlich mit Was' sen und Schießbedarf einstellen, um diese kostbare Waare einzutauschen. Einige dieser Händler sammeln im Laufe eines halben Jahres so viel Elfenbein, daß sie vier bis funs Esel damit beladen können. Auch au>j dem Innern kommt viel Elfenbein, welches die Sclaven-Karawanen herbei« führen. Es giebt indessen einige Slatis mohamedamschen Glaubens, welche aus Gewissensbedenken weder mit Elfenbein handeln, noch das Fleisch des Elephanten essen, wenn der letztere nicht mit Lanzenstößen ge-tödtet worden ist. In diesem Tbeile von Afrika wird weniger Elfenbein gesammelt, und die Zähne sind kleiner, als in den an die Linie angrenzenden legenden. Wenige Zähne wiegen mehr als achtzehn bis zwanzig Pfund, und 240 Veilehr mit Enwpa. ^23. Kap. im Durchschnitt wird ein Stab europäischer Waaren dem Preise eines Pfundes Elfenbein eiltspreche». Nach den ausführlichen Mittheilungen dieses und der früheren Capitel wird man das Wesen und den Umfang der Handelsbeziehungen beurtheilen können, welche heut zu Tage zwischen den Ländern, die ich besucht habe, und den europäischen Völkern bestehen. Daß dicseVerbindu»-gen bereits vor geraumer Zeit angeknüpft werden sind, kann ich als bekannt voraussetzen. Wie man sieht, bestehe» die sämmtlichen zur Ausfuhr gelangenden Gegenstände in Sclaven, Gold, Elfenbein und einigen Ar-tikcln von denen ich zu Ansang meines Nerl^ gesprochen habe, nämlich in Honig, Wachs, Häuten, Gummi und Farbehölzer». Ich l,abe indessen auch noch andere Waaren als afrikanische Erzeugnisse genannt, namentlich Getreide verschiedener Art, Indigo, Tabak und Baumwolle. Von allen diesen Gegenständen, bei denen Sorgsamkeit und Arbeit erfordert werden, bauen die Neger aber nur so viel, als sie zu ihrem unmittelbaren Gebrauche notl'ig haben, und unter dem gegenwärtigen Regierungssvstem dieser Bänder, dem jetzigen Zustande ilircr Gesetze und Sitten kann man von ihnen nicht mehr erwarten. Dennoch unterliegt es keinem Zweifel, daß alle reichen Erzeugnisse Ostindiens und der Antillen in den Theilen dieses unermeßlichen Festlandes, welche in der Nähe des Acquators liegen, heimisch gemacht und znr höchsten Vollkommenbeit gebracht werden könnten. Dazu bedürfte es weiter nichts, als Beispiele, welche die Eingeborenen über ihren wahren Vortheil aufklärten, nnd einige Belelming, welche sie in ihrer Betriebsamkeit leitete. Als ich die wunderbare Arnchtbarkeit des Bodens bemerkte, als ich die unermeßlichen Hcerdcn sal), welche ihn bedecken, dieses Vieh, welches den Menschen nährt und zugleich für ihn arbeitet, als ich so manche andere dem Ackerbau und der Urbarmachung günstige Umstände beobachtete, und als ich zugleich erwog, welche Hülfsquellcn sich von selbst der Binnenschifffahrt darbieten, da konnte ich nur beklagen, daß eiu Laud, das von der Natur so freigebig bedacbt worden ist, in einem so wilden und verwahrlosten Zustand beharrt. Nicht weniger mußte ich bedauern, daß ein Volk, dessen Charakter so menschenfreundlich und dessen Sitten so sanft sind, entweder in einen wahrhaft lächerlichen und entwürdigenden Aberglauben versunken ist. oder sich, wenn es dieser Knechtschaft entftieheit 24.K.1P.1 Arabische Handschriften nnterden mohamedanischenNegern. 341 will, zu einem widersinnigen und fanatischen Olaubenssystcm bekennen mnsi, welches das Herz herabwürdigt, ohne den Verstand aufbellen. Ich könnte über diesen Pnnkt viele Bemerkungen machen, doch der Leser wlrd wahrscheinlich denken, daß es der Abschweifungen nun genug sei, und so kehre ich zu der Lage zurück, in der ich mich zu Kamalia befand. liierundzwanzigstes Kapitel. Weitere Begebenheiten zu Kamalia. — Arabische Handschriften unter oen »whamcdanischon Neqern. — Die Erzichnug n»d Bcfchrii»^ der «tilder. — Karfa kel'r, znriick. - Del Ankanf nnd die Behandlnuq der ^cl^ven. — Die Nhaniadan-Fasten der Neger. — Abreise der Karawane. — Ve^el'enheitcn auf dem Wege nach Kinilatiiro. Der Schullehrer, dem Karfa nüch für die Dauer seiner Abwesenheit übergeben hatte, war ein sanfter und freundlicher Mann mit liebenswürdigem Vcnchmeu. Er hieß Fankuma. So streng er Mohameds Vor» Ichristen befolgte, war er doch gegen diejenigen, welche andere als er dachten, durchaus nicht unduldsam. Gr widmete dem Lesen viele Zeit, und der Unterricht der Jugend schien ihm nicht blos ein Geschäft, sondern auch ein Kcnuß zu sein. In seiner Schule befanden sich siebzehn Knaben, großtcntheils Söhne von Heiden, uud zwei Mädchen, darunter Karsa's Tochter. Die Mädchen empfingen ihren Unterricht am Tage, während für die Knabe» theils vor Aufgang der Sonne beim Schein eines großen Feuers, theils am Abend Schule gehalten wurde. Sie werden nämlich während der ganzen Schulzeit als Hausselaven des Lehrers betrachtet nnd beschäftigen sich den Tag über damit, für diesen Mais zu pflanzen, Holz zu tragen und die übrigen niedrigen Hausarbeiten zu verrichten. Außer dem Koran lind verschiedenen Erklärungen desselben besaß der Echullchrei noch einige arabische Handschriften, die er theils von umherziehenden maurischen Händlern erkauft, theils von Vnschrins der benachbarten Orte entliehen uud sorgfältig abgeschrieben hatte. Solche Hand,christe» hatte ich auf meiner Reise bereits an anderen Orten gesehen. Als ich den Inhalt derselben, so weit ick ibn oberflächlich kennen Mungo Part. ^. 242 Arabische Haudschriftcu imicr dc» molMin'danlschm Neger». >^4. Kap. gelernt hatte, nüt dem verglich, was mir in Kamalm gezeigt wurde. und den Schullchrcr über diescil (Gegenstand näher befragte, machte ich die Entdeckung, daß die Ncgcr unter andern eine Ucbertragung der füus Bücher Mosis besitzen, die von ihnen Taureta la M»sa genannt wird. Sie schätzen dieselbe so hoch, das, sie für eine Abschrift nicht selten den Preis eines Sclaven besserer Art bezahlen. Auch eine Ucberschung der Psalmen Davids (Zabora Dawidi) uud des Buches Iesaia (Lingili la Isa). anf das sie einen großen Werth legeil, habe ich bei ilmen gefunden. Nie ich vermuthe, sind in alle diese Bücher Sätze cingeschoben, die auf Moha-med's Lehren Bezug nehmen. Wenigstens habe iäi den Namen des Propheten an vielen Stellen entdeckt. Meine Kenntnis, der arabischen Sprache ist indessen so gering, daß ich nicht zu entscheide,, wage, ob dieser verdächtige Umstand nicht auf eine andere Weise zu erklären ist. Durch diese Bücher sind den Negern, die sich zum Islam bekennen, einige der merkwürdigsten Begebenheiten, von denen das alte Testament erzählt, bekannt geworden. Zu diesen gehören die Geschichte der ersten Menschen, der Tod Abels, die Sündflnth, das Leben Abrahams. Isaaks und Jakobs, die Erzählung von Joseph und seinen Brüdern, die Thaten Mosis, Davids und Salomons. Verschiedene Neger haben mir alle diese Erzählungen ziemlich geläufig in der Mandingo-Spracbc mitgetheilt, und wunderte ich mich, daß die Neger mit diesen Begebenheiten bekannt seien, so staunten sie noch mehr, daß ich von denselben bereits wisse. Denn obglcieb die Neger von unserer Macht und unserm Reichthum eine sehr hohe Meinung haben, so denken doch die Mohamedaner unter ihnen, wie ich leider bemerkt habe, von unserer Bekanntschaft mit Dingen des Glaubens sehr gering. Die europäischen Kaufleute bemühen sich nicht, dieses nachtheilige Vornrtheil zu entkräften. Sie verrichten ihre AndaäitsÜbungen anf ibren Zimmern und lassen ficl, selten herab, die Neger anf eine freundliche Art zu belehren. Ich kounte mich daher nicht wundern, daß diese harmlosen Leute, unter denen Mohameds Irrlehre höchstens einige schwache Strahlen von Bildung verbreitet, von dem kostbaren Licht des Christenthums gänzlich ausgeschlossen bleiben. Aber es ist doch traurig, daß man die Neger nie mit den Lehren nnscrs heiligen Glaubens bekannt gemacht l,at, obgleich die Küste von Guinea und Senegambien seit mehr als zwcihun- 24. Kav.^ Die Orzlebung und Vckehnmg der Kinder. 24^ dert Jahren von Europäern besucht wird. Wir sind ununterbrochen bemüht, die Schönheiten der orientalischen Literatur zu unserm Eigenthum zll machen nnd die geistigen Schätze des Alterthums ans dem Dunkel zn ziehen, aber während N'ir unsere Büchersammlnngm mit den Meister-werten der verschiedensten Länder bereichern, streuen wir den Samen der Glaubenswahrhcit unter den noch in der Finsterniß lebenden Völkern der Erde mit karger Hand alls. In dieser Hinsicht haben auch die Bewohner Asiens von unserm Umgang wenig Nutzen, und selbst den armen Afrikanern , die wir als Barbaren betrachten, erscheinen wir als ein Geschlecht furchtbarer, aber unwissender Heiden. Als ich am Gambia einigen Slatis Richardson's arabische Grammatik zeigte, war es ihnen unerklärlich, wie ein Europäer die heilige Sprache ihres Glaubens verstehen und schreiben könne. Anfänglich ver< mutbeten sie. daß ein Sclave, der von der Küste fortgeführt worden sei, das Buch geschrieben habe. Als sie dasselbe aber genauer betrachteten, überzeugten sie sich sofort, daß kein afrikanischer Vusänin das Arsche so schön schreiben könne. Sie hätten meinen Schatz mm gern getauft und einer von ihnen bot mir für die Grammatik einen E,el und stchzehn Stäbe Waaren. . Es wäre leicht möglich, daß eine kurze nnd faßliche Einführung ms Ehristcnthnm. wie man sie in unseren Katechismen für Kinder fmdet. wenn man sie ins Arabische übersetzte, mit einem gewissen Glanz druckte und an der Küste überall verbreitete, die segensreichste Wirkung übte. Die Kosten könnten nicbt groß sein. Die Nengier würde dem Buche Leser verschaffen, und überzeugte man sich. wie sehr es den gegenwärtigen Handschriften in Schönheit des Drucks und in Wohlfcilheit überlegen sei. so würde man i!,m einen Platz unter den afrikanischen Schulbüchern anweisen. Diese Bemerkungen drängten sich mir auf. als ich wncrtte, wie sehr man in Afrika die Bildnng. anf einer so niedrigen Stufe sie aucb steht, begünstigt nnd pflegt. Daß dies wirklich geschieht, davon wird man sich in den folgenden Zeilen überzeugen. In Kamalia waren die meisten Schüler Heiden, und die Eltern konnten mithin keine Vorliebe für den mohamcdanischen Glauben hege». Wenn sie ihre Kinder in die Tchnle schicken, so können sie nur die höhere Ausbildung derselben zum Zweck baben nnd wäre ihnen ein schöneres 16' 244 Die Erziehung und Bekehrung der Kinder. I?4. Kap. Olaubcussvstem bekannt, ft würden sic deinftlben wahrscheinlich den Vor-zua aebcn. ') Än Wetteifer und Chrgciz fehlt ec> den Kindern nicht, und der Lehrer bemüht sich auf jede Weise, diese Stimmung zu erhalten und zu steigern. Ist ein Schüler mit dem Lesen des Korans fertig und weiß er eine bestimmte Anzahl von Gebeten vorzutragen, so ordnet der Lehrer ein Fest an, bei dem der Knabe öffentlich geprüft wird, oder, wie man in England sagt. „seine r»»gen nicht den geringsten Werth hätten, begann die zweite Phase, über die Mungo Park seinen Tadel aufspricht. Man trie!,' Sclavcnhandel. lauste Gold, Elfenbein nnd Gnmmi nnd k»mmertc sich nm die geistigen Znsta'ude der ^lcgcr nicht. AI6 Mnngo Paik reiste und mit dnrch ihn bildete sich die Meinung cnio, daß der Sclavenhan-dcl das ^rbßte Hinderniß der Ansbreitnng dco chnstlichen Glanbeno sei. Es war dies eines der Motive, welche znr Änfhel'nna, dcö schändliche» Verkehrs trieben. Ieht hat der Eclave'.ihaudcl an diesem Theile der Ki'iHe, bis zn den vortngicsischeu Faktoreien im sndliche» ^enegambien anfgehört. nnd die Erfolge der Mission sind dennoch nnbcdentend geblieben. Katholischer Teits scheint man alle Hoffnung verloren zn haben, denn am Senegal herrschte noch ltt50 völlige Unthätigkeit. 2.) Protestantischer Scits sind'besondcrs die Methodisten thätig, doch hören wir von ihnen, die seit l^35 ans der Insel Vathnrst angesiedelt sind. wenig mehr, als daß sie sich ,.im z?a»dc der Fnlah anödchncn uud ihre Bibeln tief in das Innere von Afrika schicken." (V. Hoffman», die evangelische Missionsgcscllschaft zn Basel im Jahre 1«4^.) Dao Klima ist nicht das einzige Hindcrnist, mit dem die Missionäre zn kämpfen haben. Auch der Mohamedanismnö, den Mnngo Park so gering a»sieht, fällt schwer gegen sie ins Gewicht. To nnlengbar seine Weltstcllnng eine viel tiefere als die t^es Christenthums ist. scheint er doch gerade 'wegen scineö niedrigen Standpunktes besser geeignet zn sei», nnter den barbarische» Völkern Afrika's Propaganda zn machen. Tein Kinflilß hat i» 3enc-ganibien nnd den Nigellandern große Erschntternngen nnd Revolutionen hervorgerufen, Reiche gegrnndct nnd gestürzt, nud das Christenthum behauptet sich mnhsam an einigen entlegenen Knstcnpnnktcn, troh aller Ucberlegenheit seiner Vildnng gemieden und gehaßt, wenn nicht verachtet. Diese tranrige Anlwort hat die Erfahrung auf Mungo Park's Hoffnung gegeben, daß ein ins Arabische übersetzter Kinderkatcchismns eine Bresche u bezahlen. Da sie eifrige Mohamedaner waren, so wurdeu ihnen ;wci von Karfa's Hütten eingeräumt, nnd ilm Naaran verkauften sich selmell und mit großem Gewinn. Am 24. Januar kam Karsa mit mcl>reren Begleitern und mit dreizehn allsgesuchten Selaven, die sein Eigenthum geworden waren, nach Kamalia zurück. Er brachte auch ein jnngcs Mädchen mit, das er m Kankaba geheirathet oder richtiger von den Eltern für drei Sclaveu erster Güte eingehandelt hatte. Es war dies seine vierte Frau. Sie wurde von den anderen drei Frauen an der Thür des Vorhofs ftenndlich empfangen lind i>l eine dcr besten Hütten geführt, die man zuvor sorgfältig gereinigt und weiß angestrichen hatte/» *» Die Neger weißen ihreHiwen mit cmcr Mischnnq von Knochenasche und Wa„cr, die man mit mvas Gummi versetzt. 'Mungo Parl. 246 Der Ankauf und die Bchandlnna dcr 3clavcn. 1^24. Kap. Meine Kleider befanden sich in einem solchen Zustande, daß ich micl, Mmte, mei»e «ütte zu verlassen. Karsa war aber so großmüthig ,„ir am Tage nach seiner Ankunft ein Qbcrkleid und lange Beinkleider, wie man sie in, Lande allgemein trägt, zu schenken. Die Sclaven, die Karfa gekauft hatte, waren ohne Ausnahme Kriegsgefangene. Das Heer von Bambarra hatte sie in den Reichen Wassela und Kaarta gefangen und nach Sego gebracht, wo einige derselben seit drei Jahren in Visen geschmiedet gewesen waren. Von Sego hatte mail sic mit anderen Gefangenen in zwei großen Käl,-nen den Niger hinaufgeführt und in Mmina, Bammaku nnd Kan-taba zum Verkauf ausgeboten. In diesen drei Orten werden die meisten dieser Unglücklichen gegen Goldstanb eingetauscht, diejenigen aber, welche keine Käufer finden, nach Kankari weiter geschickt. Elf von den dreizehn gestanden mir, daß sie seit ihrer Kindheit Selaven gewesen waren. Die anderen beiden wollten sich über ihre frühere Lage uicbt aussprechen. Sie stellten sämmtlich eine Menge Fragen, obgleich sie mich im Anfang mit Abscheu betrachteten nnd wiederholt ihren Argwobn aussprachen, daß die Weißen Menschenfresser seien. Namentlich wollten sie wissen, was ans den Sclaven werde, wenn man sie über das Salzwasscr geführt habe? Meiue Antwort, daß man sie zu den Feldarbeiten verwende, wollten sie nicht gelten lassen, nnd einer von ihnen fragte naiv, indem er den Bodeu mit der Hand berührte! „Habt ihr wirklicb solche Erde wie diese, auf die mail den Fuß setzen kann?" Die Meinung, daß die Weißen schwarze Sclaven taufen um sie zu essen oder sie au Andere ;u demselben Zweck zu verkaufen, ist tief eingewurzelt. Die natürliche Folge ist, daß die Selavcn bei dem <^e-danken, an die Küste geführt zn werden, vor Schreck schaudern, und daß die Slatis sie stets fesseln und streng bewachen müssen, um Bc-frcinngsversuchc zu verhindern, Mau fesselt sie gewohnlich in der Art, daß man je zwei, den einen mit dem rechten, den andern mit dein linken Fuße, in dasselbe Eisen eiuschmicdet. Um gehen zu köuueu, müssen sie das Eisen mit eiuem Strick emporheben, und auch dann ist ihre Fortbewegung eine sehr langsame. Außerdem verbindet man je zwei Paar dieser zusammengcfcsselten Sclaven mittelst eines starken Stricks ^4. Kap.1 Der Ankauf und die Behandlung dcr Sclaven. !^47 von geflochtenen Lederstreifen, der am Halse anschließt. Selbst das ist den, Slati noch nicht genug, und er legt in der Nacht jedem Sclaven Handschellen an oder versichert sich seiner wohl noch durch eine leichte Kette, die an einen um den Hals gehenden Ring befestigt ist. Diejenigen, von denen man sich eines Fluchtversuchs versieht, müssen sich eine besondere Vorsichtsmaßregel gefallen lassen, Sie besteht in einem starken Stück Holz von drei Fuß Länge, in das man auf der einen Seite einen glatten Einschnitt macht. Dieser ist so groß, daß der Knöchel des Sclaven hincinvaßt und mittelst eines starken eisernen Reifs, der das Bein umschließt, darin festgcschmiedct werden kaun. Alle diese Fesseln und Reifen werden aus inländischem (viseu gefertigt. In dem gegeuwärtigen Falle legte der Sclnnicd sie den Sclaven sogleich nach ihrer Ankunft von Kaukaba an und nahm sie ihnen erst an dem Morgen des Allsbruchs der Karawane nach dem Gambia wieder ab. In jeder audern Veziclmng wurdeu die Sclaven während ihres Aufenthalts iu Kamalia weder hart uoch grausam behandelt. Man sührtc sie jeden Morgen in den Schatten eincr Tamarinde, wo man sie zn Spielen und Gesängen aufforderte, damit sie sich ihrer Schwermut!' nicht hingebeil möchten. Denn wenu ancl, einige ihr trauriges Schicksal mit wahrer Sceleustärke ertrugen, so wareil die meisten doch im höchsten Grade niedergeschlagen und saßen den ganzen Tag, die Augcu auf den Boden geheftet, schwermüthig da. Am Abend untersuchte mau ihre Fesseln, legte ihnen Handschellen an lind führte sie in zwei Hütten, wo sie während der Nacht von Karfa's Hausselaven bewacht wnrden. Trotz aller dieser Vorsichtsmaßregeln gelang es einem Sclaven, sich eine Woche uach seiner Ankunft ein kleines Messer zu verschaffen, mit dem er die Ringe seiner Fesseln öffnete, den Strick von Lederriemen durchschnitt und sich alls diese Weise aller Vcmdcu entledigte. Noch mehrere würden entkommen sein, wenn der Befreite ihnen Beistand geleistet hätte. Aber sein Werk war ihm nicht so bald gelungen, als er eilig entsprang, ohne seinen Gefährten bei dem Zerbrechen ihrer Ketten beimlflich zu sein, "Wt waren alle Slatis und Sclaven, die zn unserer Karawane gehörten, in Kamalia oder den nahen Dörfern versammelt, nnd ich erwartete daber, daß wir sogleich nach dem Gambia aufbrechen würden. 248 Die Nhamadan-Fastcn dlr Neger. l/" Ick wollte bei einer solchen Scene nicht gegenwärtig sein und ging der Karawane voran. Kaum war ich eine Viertclmcilc weit gegangen, so holte mich einer von Karfa's Hausstlaveu ein. Er trug das Kleid des unglücklichen Mädchens auf der Spitze seines Bogens und rief mir zu: „Nili assilita (Nili ist verloren!)" Ich fragte ihn, ob er den Henker gemacht und dafür von den Tlaüs das Kleid erhalten habe? Er antwortete, Karsa und der Schulmeister seien dagegen gewesen, daß mau Nili todte, und so habe man sie am Wege liegen lassen. Sie ist dort ohne Zweifel bald verschmachtet oder die Beute wilder Thiere geworden. Obgleich die ganze Karawane den Tod der armen Nili gefordert hatte, machte ihr trauriges Ende doch den allgemeinsten und tiefsten Eindruck. Der Schullchrer fastete wegen dieses Ereignisses während des ganzen nächsten Tages. Wir Alle beobachteten lange ein trübes Stillschweigen. Nach furzer Zeit gingen wir über den Fluß Fnrkuma. der etwa dieselbe Breite wie der Nonda hat. Die Selaven gingen jetzt ohne Befehl sehr schnell, denn jeder fürchtete, daß er dasselbe Schicksal wie die bedauernswürdige Nili haben werde. Ich konnte mit den Uebrigen kaum noch Schritt halten, obgleich ich meinen Speer und Alles, wao mir im Gehen hinderlich sein konnte, weggeworfen hatte. Gegen Mittag sahen wir eine große Hecrdc Elephanten, an der wir vorbeigingen, ohne daß die Thiere uns beachteten. Am Abend wollten wir bei einem Bambusdickicht Halt machen, sauden aber kein Wasser, so daß wir weiter gehen mußtet Eine Meile weiter trafen wir a»f eine» klemm Fluß, an 25. Kap.) Nast am Brnnncn ssullongqui. 259 dessen Ufer wir übernachtete!!. Ich bin überzeugt, daß wir an diesem Tage einen Weg von sechs und einer halben Meile gemacht hatten. Am Morgen des 26. klagten mehrere Schüler des Lehrers sehr über Schmerlen in den Beinen, und einer der Sclaven hinkte, da seine Füße stark entzündet und ganz mit Blasen bedeckt waren. Wir gingen dennoch weiter und mußten an diesem Tage einen Felsenbcrg, Boki-Koro genannt, übersteigen, der uns drei Stunden kostete. Dies war der schlimmste Weg, den wir noch betreten hatten, und meine Füße wurden dnrch Steine mehrfach verwundet. Kurze Zeit darauf kamen wir an einen ziemlich großen Flnß, welcher Boki hieß. Er floß hell und ruhig über Kieselsteine hin uud war so seicht, daß wir ihn ohne alle Schwierigkeit dnrchwaten konnten. Eine Viertelmcilc westlich von diesem Flusse kreuzten wir eine Straße, welche in nordwestlicher Richtung nach Gadu führte. In dem weichen Sande 'hatten sich die Hnfe von Pferden eingedrückt, und die Slatis zogen daraus den Schluß, daß hier eine Bande von Räubern vorübergezogen sei, um in Kadn irgend einen Qrt zu überfallen. Damit diese Leute bei il,rer Rückkehr nicht entdccken möchten, daß wir hier gewesen seien, mußte die Karawane sich zerstreuen. Jeder schlich einzeln dnrch das hohe Oias nnd Gestrüpp, indem er sich bemühte, keine Spuren zu hinterlassen. Nachdem wir eine Hügelreihc westlich vom Fluß Boki überstiegen hatten, befanden wir uns au dem Brunnen, wo wir die Nacht zubringen wollten. Dieser Vrnnnen wird Cullougqui oder Quelle des weißen Sandes genannt. Am 27. April verließen wir unser Nachtquartier in aller Frühe und reisten so schnell wie möglich, weil wir auf diese Weise noch vor der Nacht eine Stadt zu erreichen hofften. Am Morgen führte uus unser Weg dnrch große Dickichte von Bambusrohr. Um Zwei Uhr kamen wir an einen Fluß. der von den Schwarzen Nunkolo genannt wird uud in ihrem Aberglauben eine gewisse Nolle spielt. Hier macht jede Karawane Halt, und jeder Reisende erhält eine Handvoll Mehl, das er nicht eher essen darf als bis er etwas Wasser ans dem Flusse darauf gegossen bat. llm Vier Uhr Nachmittags erreichteil wir Susita, ein kleines Dors der Iallonka. l>s liegt in dem Bezirke Kullo, zu dem alles Land geHort, das sich am Basing oder schwarzen Flusse, einem Hauptarm des 17^ 2ßy Begebenheit im Dorfe Ensita. 125. Kap. Senegals, hinanfzielit. Es waren dies die ersten u,enschlichen Wohnungen, die wir sahen, seit wir das Dorf im Westeil von Mnikaturo verlassen hatten, und doch hatten wir in diesen letzten fünf Tagen mehr als fünfundzwanzig Meilen zurückgelegt. Wir mußten lange bitten, ehe man lins Hütten znm Nachtlager anwies. Lebensmittcl könne man uns nicht geben, wnrde uns geradezu erklärt, denn es herrsche in dieser Oegend großer Mangel. , Der Häuptling des Dorfs versicherte uns, dasi die (5'imvohner unmittelbar» vor der gegenwärtigen Ernte neunundzwan^ig Tage lang ohne Korn gelebt hätten. Sie behalfen sich während dieser langen Zeit mit dem gelben Mehl, das in den Hülsen einer Mimosen-Art, von den (Einwohnern Sitta genannt, enthalten ist, und mit dem Samen des Bambus-Nohrs, der ahnlich wie Neis schmeckt, wenn man ihn gehörig stampft und zubereitet. Da wir noch Lebensmittcl besaßen, so ließ Karfa eine tüchtige Menge Kouskous zum Abendessen bereiten und lud viele Dorfbewohner ein, unser Mahl zu theilen. Diese Freigebigkeit wurde von ihrer Seite übel vergolten. In der Nacht bemächtigten sie sich eines der Schüler des Lehrers, der unter dem Ventang-Baume eingeschlafen war, und schleppten ihn mit sich fort. Der Knabe schlief so fest, daß er erst vor dem Dorfe erwachte. Als er zu schreien anfing, hielten ihm die Räuber den Mund zu und liefen mit ihm in den Wald. Sie hörten aber bald, daß er dem Tchullchrer gehöre, dessen Wohnort blos drei Tagereisen weit entfernt vor. Wegen dieser Nähe von Freunden und Helfern des Bcstohlencn durften sie nicht darauf rechnen, ihre uurcchtmäßige Beute zu behalten, und gaben dem Knaben die Freiheit, nachdem sie ihn seiner Kleider beraubt hatten. Am nächsten Morgen (28. April) früh verließen wir Susita und kamen in der zehnten Stunde in eine Stadt ohne Mauern, die den Namen Manna führt. Die Einwohner beschäftigten sich mit dem Einsammeln der Früchte der Sitta-Mimose, welche in dieser (legend in großer Menge wächst. Die langen und dünnen Fruchtschalen dieses Baumes enthalten einige wenige Samenkörner, und diese werden von dem mehligen Stoff umschlossen, dessen ich oben erwähnte. Die Farbe des Mehls ist ein glänzendes Gelb, dem der Schwefelblüthe ähnlich, und der Geschmack ein schleimiger und süßer. Oenicßt man das Mebl ohne Zusatz, 25. Kap.) Eine eigenthümliche Vrückc. — Brückenzoll. 2H1 so ist es zähe, aber mit Milch lind Wasser gemischt, bildet es eine nicht blos nahrhafte, sondern anch wohlschiueckendc Speise. Die Einwohner von Manna rchen dieselbe Sprache, welche man überall in dcm großen Gebirgslande Iallonka hört. Einige Worter kommen der Mandingo-Tprachc sehr nahe, die Einwohner aber wollen von einer Aehnlichkeit der beiden Idiome nichts wissen. Sie hätten ihre eigene Sprache, sagen sie. Gleich den Mandingo stehen anch die Iallonka nntcr verschiedenen kleinen Häuptlingen, welche in der Regel von einander abhängig sind. Ein gemeinschaftlicher Oberhcrr fehlt, nnd die einzelnen Häuptlinge sind sich so wenig befreundet, daß sie in Kriegszcitcn jeden seinen Strauß allein ausfechtcn lassen. Ansuahmcn von dieser Regel kommen selten vor. Der Häuptling von Manna begleitete uns mit mehreren seiner Leute bis an die Ufer des Bafingö oder schwarzen Flusses. Wir gingen über diesen Hauptarm des Senegals ans einer Brücke so sonderbarer Art, daß sie eine nähere Beschreibung verdient. Der Fluß ist an dieser Stelle tics und fließt wegen seines geringen Oefälls langsam. Er ist so schmal, daß zwei große Bäume, wenn man sie mit ihren (Äpfeln verbindet, von eincm Ufer zum andern reichen. DicBrückc wird nunin der Art gebildet, daß man Bäume in den Flnß hiuabbiegt, doch so, daß ihrcWnr-zcln in dem Felscuuser haften bleiben, während ihrc Zweige im Wasser schwimmen. Mehrere Bänmc werden aus diese Weise behandelt und mit dünncm Bambusrohr bedeckt, so daß einc Art schwimmender Brücke entsteht. An jeden: Endpnnkte, oder da. wo die Bäume auf dein Felsen aufliegen, entsteht eine abschüssige Auffahrt. Diese Brücke wird in jedem Jahre während der Regenzeit von den geschwollenen Flnthcn weggerissen, aber die Einwohner von Manna stellen stets wieder einen neuen Uebergang her, weil die Reisenden ihnen einen Zoll entrichten müssen. Nm Nachmittag kamen wir bei mehreren Dorfern vorbei, konnten uns aber in keinem eiu Nachtlager verschaffen. In der Abenddämmerung wurden wir benachrichtigt, daß zweihundert Iallonka sich bei einer Stadt Melo versammelt hätten, lim nusere Karawane >u plündern. Wir wählten daher einen andern Weg, auf dem wir in aller Stille bis Mitternacht fortgingen. Um diese Zeit näherten wir uns einer Stadt, Koba 262 Die Kcuawauc wird l^ii Rmchciu bcdil'ht, ^5. Kiip. genannt. Ehe wir sic betraten, rief Karfa die Namen aller zur Kara^ ,va>le gehörenden Personell auf, wobei die Elltdeckling gemacht wurde, daß ein Freier und drci Sclave» fehlten. Wir vermutheten sogleich alle, daß die Sclaven den Freien ermordet und die Flucht ergriffe» hätten. Man verabredete nun, daß sechs Männer bis zum näckstcn Dorfe zurückgehen, die Leiche des Ermordeten aussuchen und sich nach den Entflohenen erkundigen sollten. So lange die sechs Männer abwesend waren, verbarg sich die Karawane in ein Banmwolle-Feld. in dessen Mitte eine große Sitta-Mimose stand, und Niemand durste laut sprechen. Oegcn Morgen kehrten die Suchenden zurück, ohue von dem angeblich ermordeten Freien und von den drci Sclaven Nachricht geben zn könncn.^ Keiner von n»s hatte in den lchte» viernndzwanzig Stunden etwas genoffen. Es wnrdc daher beschlossen, nach Koba hineinzugehen, wo wir vielleicht Lebensmittc! erhielten. Noch vor Tagesanbruch warm wir iu der Stadt, wo Karfa für drei Fäden Maskorallc» eine allsehnliche Menge Erdimffe erhielt, die wir uns rösteten und zum Frühstück verzehrten. Man räumte nils nun einige Hütten ein, in denen wir den Tag über blieben. Um Elf Uhr hatten wir die Freude und Ucbcrraschung, daß der Freie und die Sclaven, welche in der lehten Nacht vermißt waren, i» der Stadt ankamen. Wie es schien, hatte einer der Sclaven sich am Fuß beschädigt, und die andere» waren bei ihm zurückgeblieben. Da die Nacht sehr dunkel war, so verloren sie die Karawane sehr bald aus dem Oesicht. Der Freie sah sich nicht so bald allein, als er die Gefahr seiner Lage erkannte und sich anschickte, den Sclaven Fesseln anznlegcn. Die Sclaven wollten zuerst Widerstand leisten, als er aber drohte, daß er sie einen »ach dem a»der» »lit dein Speer niederstoßen werde, fügteil sie sich. Er verbrachte die Nacht mit ihnen im Gebüsch, entfessle sie darauf »»d schlug den Weg nach der Stadt ein, wo er zu erfahren hoffte, i» welcher Nichtullg die Karawane weitergegangen sei. An diesem Tage hörten wir die Nachricht bestätige», daß Iallonka unserer Karawane auflauerten. Wir waren gezwungen, bis zum Nachmittag des AO. zu verweile», den» es verging einige Zeit, bis Karfa so viele Lente miethen konnte, als er für nöthig hielt, um uus gegen die Räuber zu schützen. 25.Kap.^ Zilsa,»»n'!!tteffe>l des Schullchrero inil seinem Brudcr. 263 Am Nachinittag des ^0. verließell wir Koba und gingen dis zu dem kleinen Dorse Tinkingkang, A,n folgenden Tage überstiegen nnr einen hohen GebirgK-ncken, der das Gebiet des schwarzen Flusses im Westen begrenzt. Das Land war rauh und steinig und veränderte seinen Charakter auf der ganzen Strecke nicht, die wir bis zum Untergang der Sonne durchwanderten. Der Ort, in dem wir übernachteten, war Lingicotta, ein kleines Dorf im Lande Woradn. Hier nahmen wir die letzte Handvoll Mehl aus unsern Vorrathssäcken. Aus diesem Wege, wie auf dem Marsche vom schwarzen Flusse nach Koba, hatte keiner von uns einen Bissen genossen. Am 2. Mai verließen wir Lingieotta, l'amcn jedoch nicht weit, da die Sclaven so ermüdet waren, daß wir schon in einem Dorfe, das nicht ganz zwei Meilen westlich lag, übernachten mußten. Nur der Verwendung des Schul!ehrers hatten wir es zu verdanken, daß wir einige Lebennnittel erhielten. Von diesem Dorse schickte der fromme Mann einen Voten nach feinem Geburtsorte Malacotta, um seine Freunde zu benachrichtigen, daß er glücklich im Vaterlande angekommen sei, und sie zu bitten, daß sie so viele Lebensmittcl in Bereitschaft halten mochten, als zur Beköstigung der Karawane auf zwei oder drei Tage erforderlich seien. Am 3. Mai brachen wir nach Malacotta auf nnd kamen gegen Mittag in einem Dorfe an, das an einem bedeutenden, gegen Westen strömenden Flusse liegt. Wir beschlossen hier die Rückkehr des Boten abzuwarten, den der Schullehrcr nach seinein Geburtsorte geschickt hatte. Da die Einwohner mir die einstimmige Versicherung gaben, daß es hier keine Krokodile gebe, so gestattete ich mir den Genuß eines Bades. Ich machte die Bemerkung, daß die hiesigen Neger nicht schwimmen können, denn als ich im Begriff war, in den Strom zu gehen, liefen sie in großer Auzahl herbei und warnten mich, cs gebe in dem Flusse tiefe Stellen, wo das Wasser mir über dem Kopfe zusammenschlagen werde. Um Zwei Uhr kehrte der Bote ans Malacotta zurück, und uüt ihm kam der älteste Bruder des Tchullchrcrs, der voll Ungeduld, seinen geliebten Verwandten zu sehen, sich gleich mit auf den Weg gemacht hatte. Die Zusammenkunft der beiden Brüder, die sich seit neun Jahren mcht gesehen hatten, war eine wahrhaft rührende. Sie umarmten GewerbthäiiMt in Malacotta. s^av, sich lind konnten lange Zeit vor innrer Bewegung nicht spreä)en. Als der ^ämllehrer endlich etwas zu sich gekommen war. nahm cr seinen Bruder bei der Hand und sagte, indem er ihn zu Karfa führte: „Dies ist der Mann, der in Manding mein Vater gewesen ist. Ich hätte ihn Dir schon früher gezeigt, wenn mein Herz nicht zu voll gcwestn wäre." Am Abend trafen wir in Malacotta ein, wo die freundlichste Aufnahme unserer wartete. Dieser Ort unterscheidet sich von anderen Neger-städtcn dadurch, daß cr keine Mauern hat. Fast alle Hütten bestehen aus gespaltenen! Rohr, das man korbartig zusammenflicht uud mit Lehm bekleidet. Wir verweilten hier drei Tage und wurden vom Schullchrer täglich mit einem Ochsen bewirthet. Anch die übrigen Einwohner, die mir den Eindruck thätiger und gewerbfleißiger Leute machten, ließen sich unsere gute Verpflegung angelegen sein. In Malacotta wird eine vortreffliche Seife bereitet. Man kocht Erdnüsse in Wasser und schüttet Lauge hinzu, die aus Holzasche gewonnen wird. Auel, das Visen verarbeiten die Neger mit bestem Erfolg. Sie führen es nacb Bondu und tauschen dafür Salz ein. Vor kurzer Zeit waren Handelsleute aus Malacotta von einer solchen Neise zurückgekehrt. Sie erzählten uns von einem Kriege, den der NImami oder König Abdelkader von Futa-Toro gegen Dämel, König der Iolofs, geführt batte. Die Ereignisse dieses Kampfes wurden bald der Licblingsvorwurf der Säuger und gaben zu allen Unterhaltungen, die in den zwischen dem Gambia und dem Senegal liegenden Staaten geführt wurden, den Stoff her. Da diese Ereignisse eigenthümlicher Natur sind, so will ich sie mit kurzen Worten erzählen. Meine Leser werden sich erinnern, daß der König von Futa-Toro ein eifriger Mohamedaner, den Bewohnern des Reiches ssasson mit Krieg gedroht hatte, wenn sie seinen Glauben nicht annähmen.") Eine ähnliche Botschaft erhielt auch Dämel. Der Gesandte Abdclkadcrs erschien bei dieser Gelegenheit mit zwei der vornehmsten Buschrins, welche jeder eine lange Stange trugen, an deren Spitze ein Messer befestigt war. Als er beim König Zutritt erhalten und die Aufforderung seines Gebieters ') S. 52. 25. Kap.! ElneKriegserklänlng dcsKöüigs vonFilta-Toro. 365 mitgetheilt hatte, befahl er den beiden Buschrins, mit ihre» Stangen vorzutreten. Die beiden Messer wurden vor Dame! anf den Voden gelegt, und der Gesandte fuhr in seiner Rede mit folgenden Worten fort: „Dieses Messer hier ist bestimmt, die Herablassung meines Herrn zu beweisen, denn mit ihm wird Abdelkadcr eigenl'ändig Dämel das Haupt schecren. wenn Dame! zu Allah und dem Propheten betet. Mit diesem zweiten Messer wird Abdelkadcr Dämels Hals abschneiden. wenn Dämel bei sei» ncm Unglauben bcharrt. Nun wähle, Konig der Iolof!" Dämel antwortete dem Gesandten mit kalter Nnhc, daß er gar nickt Wahlen wolle. „Ich will ebensowenig." sagte er, „daß man mir den Kopf schecrt, als daß man mir den Hals abschneidet." Mit dieser Antwort wurde der Gesandte entlassen, doch behandelte man ihn Höftich und Niemand erlaubte sich gegen ihn eine Beleidigung. Abdclkader nalim seine Maßregeln, um die Drohung anszufnhreu. und fiel mit einem zahlreichen Heere in Daniels Land ein. In dem Maße, als er vorrückte, verließen die Einwohner der Dörfer und Städte ihre Wolmnngcn, nahmen ibre bewegliche Habe mit. vernichteten alle Lebcnsmittel und verschütteten die Brunnen. Abdclkadcr glaubte nicht, daß man aller Orten so handeln werde, und drang von Platz zu Platz, bis drei Tagemärsche zwischen ihm und der Grenze lagen. Widerstand wurde ihm während seines Vorrückens nicht geleistet, aber sein Heer hatte so stark durch den Wassermangel gelitten, daß bereits viele Krieger umgekommen waren. Endlich erreichte man Wälder, wo es an vielen Orten Wasser gab. Zu einem dieser Platze führte Abdclkader sein Heer nnd ließ seine Leute ihren Durst löschen. Alle tranken mit Gier nnd lagerten sich dann olme Ordnnng in die Büsche, wo sie sich, ihrc feigen feinde verachtend und von der Ermattung überwältigt, sorglos dem Schlaf überließen. In dieser Lage wurden sie von Dämel angegriffen und erlitten die vollständigste Niederlage. Viele wnrden noch im Schlaf von den Pferden der Iolof zertreten, andere ans der Flucht erschlagen und die meisten der übrigen zu Gefangenen geinacht. Unter den letzteren befand sich Abdelkadcr selbst. Dieser ehrgeizige oder vielmehr fanatische Fürst, der blos einen Monat früher seinem 2«« Edclnmtl) dcs Kl'ingo Dcimcl. >25. Kap. Gegner mit Tod oder Entehrung gedroht hatte, wurde min selbst als ohnmächtiger Gefangener vor Daniel geführt. Mit Recht suchen die afrikanischen Sänger nach den AnSdrückcn der höchsten Bewunderung, wenn sie schildern wolscn, wie sich Dämel bei dieser Gelegenheit benahm, ^n der That ist seine Handlungsweise für einen Fürsten der Schwarzen so außerordentlich, daß der Leser meiner Erzählung vielleicht keinen Glauben schenken wird. Als der gefangene König in Ketten vor ilm gefübrt nnd zu seinen Füßen niedergeworfen wurde, trat ilnu der cdelnlüthige Dämel nicht auf den Nacken, durchbohrte ihm nicht den Nucken mit dem Speer, wie sonst bei den afrikanischen Fürsten Titte ist, sondern redete il,n mit folgenden Worten an: „Abdelkader, icb babe eine Frage au Dich, lind die sollst Du mir beantworten. Wenn das Kriegsglück so entschieden hätte, daß ich in Deine Lage nnd Du iu die meinigc gekommen wärest, wie würdest Du mich dann behandelt haben?" „Ich hätte Dir meinen Speer ins Herz gestoßen," antwortete Nb-delkader unerschrocken, „und ich weiß, daß mich dasselbe Schicksal erwartet." „Du irrst," rief Dämel aus. „Iwar klebt das Blut Deiner Krieger, die ich iu der Schlacht getödtet habe, an meinem Speer, und ich könnte ihn noch dunkler färben, wenn ich ihn in Dein Blut tauchte. Würde Dein Tod aber die Mauern meiner Städte wieder aufrichte», oder die Tausende, die todt im Walde liegen, wieder znm Leben erwecken? Ich werde Dich daher nicht kalten Bluts todten, sondern Dich so lange als meinen Sclaven zurückbehalten, bis ich sehe, daß Deine Anwesenheit in Deinem eigenen Lande der Nuhc Deiner Nachbarn nicht mehr gefährlich sein wird. Dann werde ich überlegen, wie ich gegen Dich zn verfahren habe." Abdclkader blieb also in der Gefangenschaft und mußte drei Monate laug mit den Sclaven arbeiten. Während dieser Zeit bestürmten die Einwohner von Futa-Toro deu König Dämel fortwährend mit Bit< ten, daß er ihuen ihrm Herrscher zurückgeben möge, und nach jenen drei Monaten entließ Dämel feinen Gefangenen wirklich. So außer- 26. Kap.) Reist »ach Konkad». 267 ordentlich dieses Veuebme» ist, kann ich doch an der Wahrheit der ssr-zäbluug nicht zweifeln, Sie wurde unr au den verschiedensten Orten erzählt, in Malaeotta von den Ncgeru, später am Gambia vonEngläuderu und in Gorec von Franzosen. Endlich wurde sie ,mr von ucuu Sclaven bestätigt, welche mit Abdelkader an dem Waffervlahc in den Wäldern zu Gefangenen gemacht worden waren und sich alls dem Schiffe befanden, das mich nach Westindien führte. Sechsundfwanzigstes Napitel. Neisc »ach Konkadu und Uebergang nbcr den Flus; ssalenic. — Anknuft in Tambaconda. — Ereignisse auf der Reise. — Eine Frau mit zwei Männern. — Geographische Begrenzung des Buttevbaums. — Ankunft an den Ufern des Gambia. — Reise nach Medina und Iindcy. — Muna,o Park beliebt sich mit Karfa nach Pisania. — Vorgänge vor seiner Abreise von Afrika. — Reise auf einem amerikanischen Schiffe über Westindicu nach England. Am 7. Mai verließen wir Malacotta, gingen durch dm Bala oder Honigflusi, der eiu Ar>n des Senegals ist, und erreichten am Abend die von Mauern umgebene Stadt Vintingala, u< der wir zwei Tage verweilten. Von dort wanderten wir am folgenden Tage nach Dindiku, einer tleiueu Stadt, über der sich eine der hohen GebmMettm erhebt, denen dieses Gebiet den Namen .Uont'adu oder Bergland zn verdanken bat. In diesen Pergeil findet man viel Gold. Man zeigte uür einige Probe», die man vor kurzem gesammelt hatte. Die Goldkörner habcu die gewöhnliche Größe, waren aber flacher als die in Mandiug vorlommendeu. Sie siud in weißeu Quarz eiugesprengt, den mau mit dem Hammer in Stücke schlägt. Iu dieser Stadt sah ich einen Neger, dessen Haut und Haare eine mattweiße Farbe hatten. Gr gehörte zn der Gattung, welche man m Westiudien als Albinos oder weiße Neger bezeichnet. Die Haut hat eme Leichenfarbc und macht einen häßlichen Midruck. Die Neger »ehen iu dieser Farbe die Folgen einer Krankheit, und ich glaube, daß ne Recht haben. 2«ß Ucl'cr^anss über dcn F^Icme. ^26. Kap. Am l i. Mai brachen wir, so wie die Soimc sich erhob, von Din-diku aus u„^ erreichten nach einer sehr beschwerlichen Tagereise Satadn, dic Hauptstadt der Landschaft gleiches Namens. Die Stadt war früher sehr groß, wurde aber von vielen ihrer Einwohner verlassen, weil die Fulah der Nachbarschaft viele räuberische Einfälle machten. Diese gefährlichen Nachbarn schlichen häufig durch die Wälder heran und trieben ihre Frechheit so weit, aus den Kornfeldern und selbst vou den Brunnen in der unmittelbaren Nähe der Stadt Menschen wegzustehlen. Am 12. Nachmittags fetzten wir über dcnFaleme. den ich schon einmal ans meiner Reise ins Innere in Bondn überschritten hatte. In dieser Jahreszeit kann man den Fluß ohuc Oefahr durchwaten, da er nicht tiefer als zwei Fuß ist. Sein Wasser ist sehr hell und fließt rasch über Sand und Kiesel dahin. Unser Nachtlager nahmen wir in einem kleinem Dorfe, Medina genannt, dem alleinigen Eigeuthum eines Mandingo-Kaufmanns, der in einem langen Verkehr mit europäischen Kaufleuten einige unserer Oewohnheiten angenommen hat. Er ließ die Speisen in zinnernen Schüsseln auftragen, »nd sogar bei seiner Wohnung hatte er die Banart der englischen Häuser am Gambia znm Muster genommen. Am Morgen des 13. Mai schickten wir uns eben zur Abreise an, als wir einen Zug Sclaven, welche mehreren Kanflcutcn vom Scrawonlli-Stamm gehörten, dnrch den Flnß gehen sahen. Wir verabredeten mit den Eigenthümern, bis Bcniscrile gemeinschaftliche Sache zu machen. Diese Hauptstadt von Dcntila ist von dem Dorfe des Mandingo-Kaufmanns so weit entfernt, daß man sie kaum in einem Tage erreichen kann. Wegen der starken Tagereise, die wir vor uns hatten, nahmen wir den schnellsten Schritt an. Am Mittag warf ei» Selave der Serawonlli mitten im Walde seine Last vom Kovfe. Er wurde dafür grausam mit der Peitsche gezüchtigt und mußte die Bürde wieder aufnehmen, aber er war noch keine halbe Stnnde weit gegangen, als er sie abermals fortwarf. Er empfing dieselbe Züchtiguug wie früher und ging nun unter großen Schmerzen mit nns bis zu einem Wasserplatze, wo wir um Zwei Uhr Haltmachten, um uus von der außerordentlichen Hitze des Tages etwas zu erholen. Der arme Sclave war nnn so entkräftet, daß er ohne Regung alls dem Boden lag und durch seinen Herrn vom Strick losgelöst 26. Kap.) Aufenthalt in Vciiiscrilc. 369 werden mußte. Kin SerawouNi erbot sicb, bei ihm zu bleiben nnd ihn, weil» er sich erholt haben würde, in der Kühle der Nacht in die Stadt zu führen. Wir setzten inzwischen unsere Neise fort und kamen am Abend nach einer sehr ermüdenden Tagesreise in Benisenle an. Die Stadt war der Geburtsort eines unserer Slatis, der sie seit drei Jahren nicht gesehen hatte. Dieser Mann bot mir Gastfreundschaft an und führte mich in sein Haus, vor dessen Thür seine Freunde versammelt waren. Sie empfingen ihn mit vielen Hreudenbezeignngen, schüttelten ihm die Hände, umarmten ihn, sangen nnd tanzten. Sobald er vor der Schwelle auf einer Matte Platz genommen hatte, erschien ein junges Mädcben, seine Braut, mit einer Kalebasse, in der sich Waffer bcsand, kniete vor ihm nieder und bat ihn, daß er sich die Hände waschen möge. Als er dies gethan hatte, trank das Madchen mit Freudenthränen im Auge das Waffer aus. Diese Handlnng gilt sür den überzeugendsten Beweis von Liebe und Treue, den eine Braut ihrem künftigen Manne geben kann. Noch an demselhen Abend, in der achten Stunde, kam der Sera-woulli, der am Wafferplatze zurückgeblieben war, um für den ermüdeten Sclaven Sorge zu tragen, allein in der Stadt an und berichtete, daß sein Pflegling gestorben sei. Man war jedoch allgemein der Meinung, daß er ihn entweder ermordet oder sterbend am Wege zurückgelassen habe. Die Serawonlli stehen in dem Rufe, daß sie ihre Sclaven weit grau-- samer als die Mandingo behandeln. Wir blieben in Bemserile zwei Tage. nm Baumbntter, inländisches Eisen und andere Waare», die am Gambia mit Vortheil verkaust werden können, einzutauschen. Da die Nachricht eintraf, daß der Preis der Sclaven am Gambia eben ein sehr niedriger sei, so beschloß der Slati, der mich in sein Haus eingeladen hatte und, dem drei Sclaven unserer Karawane gehörten, hier zu bleiben und eine günstigere Zeit abzuwarten. Inzwischen wollte er sich mit seiner jnngen Vrant vcrhcirathen. Am 16. Mai brachen wir von Bcniserile auf und gingen bis zum Mittag durch dichte Wälder. Die Stadt Iulifunda sahen wir nur von fern, denn wir wollten nicht dort, sondern in einer, andern großen ^tadt, Kirwani genannt, übernachten. Wir kamen dort nm Vier Uhr Nachmittags an. Diese Stadt liegt in einem Thale, in dem man eine halbe «7^ Eln Sclaventaiisch. s26. Kap. Stunde i,u llmkreise alles Holz ausgerodet s,at. Die ssinwohncr scl'cinen sehr thätig und gewerbfleißig >u sein. Sie baden dte Umgegend vortrefflich angebaut und in der öandwirthschaft eine für Afrika höbe Stllfe erreicht. Sie sanlmeln nämlich während der trockenen Jahreszeit den Viehdüngcr nnd schichten ihn in großen Hansen auf, n,n das Land vor der Ginsaat damit zu befruchten. In keinem andern (Neblet von Afrika habe ich eine ähnliche Sorgsamteit wahrgenommen. Unfern der Stadt liegen mehrere Schmelzöfen, in denen die (5,'n-wolnier ein sehr gutes Eisen gewinnen. Sie formeil das Mtall mit Hämmern zu kleinen Stangen von etwa einem Fnß Länge nnd zwei Zoll Breite. Vine solche Stange liefert das Visen zu zwei Spaten, wie sie bei den Mandingo üblich sind. Am nächsteil Morgen nach unserer Ankunft bcsnchtc nns ein Slati des Orts uud theilte Karfa mit, daß er nntcr Sclaven, die er kürzlich erhandelt, cinen (Eingeborenen des Gebiets der Fulah entdeckt habe, den er. weil das Vaterland desselben so nahe sei, nickt zur Feldarbeit benutzen sonne, da er fürcltten müsse, daß der Sclave entlanfen werde. Der Slati wünschte daher seinen Sclaven gegen emen aus unserer Karawane zu vertauschen. Als er Karfa unschlüssig sah, legte er noch etwas Baumwollen-zeug und Banmbntter zn, woranf der Handel geschlossen wurde. Der Slati schickte nnn einen Knaben zn dem Fulahsclaven und ließ diesem befehlen, einige Erdnüsse herbeizubringcu. Der arme Mcnsck trat nach wenigen Angenblicken in den Hof, in dem wir saßen, str war ganz heiter, da er keinen Argwohn hegte, daß er vertauscht worden sei, bis sein Herr das Thor schließen ließ und ihm den Befehl gab, sich auf die Erde zu setzen. Nun ahnte er, was ihm bevorstehe, und das Thor war kanni geschlossen, als er seine Erdnüsse ans den Boden warf nnd über die Umzäunung sprang. Die Slatis begannen sogleich die Verfolgung, holten ihn ein und brachten ihn znrück, woranf er in Fesseln gelegt wnrde. Im Anfange war er sehr niedergeschlagen, aber nach wenigen Tagen verschwand seine Traurigkeit, und er wnrde nun so heiter, wie irgend einer seiner Schicksalsgenossen. Hinter Kirwani-beginnt die Tcnda-Nildniß, welche zwei Tagereise» breit ist. Sie besteht aus dichteil Wäldern, und der Boden fällt in ihr gegen Südwesten hin ab. Meich nach unserer Abreise von ,'lf Uhr die Fesseln abgenommen uud der Karawane der Be'ehl ertbeilt, dicht beisammen zu bleiben. Die Sclaven sollteu aus diese Weise am Fortlaufen verhiudcrt und die wilden Thiere ferngehalten werden. Wir gingen bis Sonnenaufgang mit der möglichsten Schnelligkeit. Plötzlich zeigte sich, daß während der Dunkelheit eiue Frau voll der Karawane abbanden gekommeil sei. Man rief ihren Name», bis die Wälder ringsum wiederhallten, allein es erfolgte kciue Antwort, und wir schloffen nun, daß sie sich entweder verirrt habe, oder unbemerkt von einem Löwen fortgetragen worden sei. Nach längerer Beratbmig wurde beschlossen, daß vier Leute bis zu einem kleinen Bach zurückgehen Men, bei dem einige Mitglieder der Gesellschaft, als wir in der Nacht hindurch gingen, längere 27«, Eine Frau mit zwei Männern. s26. Kav. Zeit verweilt hatte», um sich zu erquicken. Die Karawane sollte ihre Rückkehr erwarten. lf>ne Stunde verfloß uud die vier Leute kehrten mit der Frau zurück, die sie am Bache im tiefsten Schlafe gefunden hatten. Wir traten hierauf unsere Wanderung wieder an und kamen in der elften Stunde zu einer von vier Mauern eingefriedigten Stadt, Tam-baeonda genannt, wo man uns freundlich empfing. Hier verweilten wir vier Tage, um einem Palaver beizuwohnen, der sich mit den, folgen-den eigenthümlichen Rechtfälle beschäftige. Madi Lemma, einer der Slatis. die sich bei unserer Karawane befanden, hatte in dieser Stadt ftüher eine Frau gehcirathct und war durch sie Vater von zwei Kindern geworden. (5r begab sich dann nach Manding, wo er ael't Jahre blieb, ohne daß er während dieser Zeit daran dachte oder Oelegenhcit sand, seiner verlassenen Frau von sich Nachricht zu geben. Diese hatte drei Jahre gewartet und nach dieser Zeit. da sie den Tod ihres Mannes sir gewiß hielt, einen andern Neger ge-heirathct. Aus dieser zweiten Ehe waren wiederum zwei Kinder vor-Handen. Jetzt forderte Lcmina seine Frau zurück. Der zweite (Ehemann weigerte sich, sie abzutreten, indem er behauptete, nach den afrikanischen Oesctzcn stehe cs einer Frau frei, wieder m heiratben. wenn er drei Jahre lang abwesend sei und keine Nachricht gegeben habe. daß er noch lebe. Nachdem der Palaver oder die Versammlung der Äeltestcn den Fall reiflich erwogen hatte, wurde die Entscheidung der Frau überlassen. Sie sollte wählen und nach ihrem befallen entweder ihren jetzigen Main, behalten oder zu dem ersten zurückkehren dürfen. Das Urtheil war der schwarzen Dame ohne Frage günstig, aber es wnrde ihr schwer, einen (Entschluß zn fassen, nnd sie bat sich Zeit zum Ucberlegen aus. Icb glaubte jedoch zn bemerken, daß die erste Liebe den Sieg davon tragen werde. Lemma zählte allerdings einige Jahre mehr als sein Nebenbuhler, war aber bedeutend reicher. Welches Gewicht dieser Umstand zu seinen Gunsten in die Wagschale der Neigung der Frau geworfen haben mag, wage ich nicht zu entscheiden. Als wir am Morgen des 26. Tambaconda verließen, bemerkte Karfa gegen mich, daß der Schih- oder Butterbaum westlich von dieser Stadt nicht mehr vorkomme. Ich hatte in Manding Blätter uud Blüthen dieses Bamnes gesammelt, sie hatten aber anf der Reise sehr gelitten 26. Kap.) Geographische Begrenzung des Butterbaums. 273 ten, und ich pflückte mir daher hier „cue Proben. Nach dem Ansthn der Frucht gehört der Butterbaum in das Geschlecht der 8apolati, und hat mit dem Madhuca-Baum, von dem Lieutenant Hamilton in den ^gialie K68i!lii-cko8 Vol. I. uns eine Beschreibung entworfen hat, eine gewisse Aehnlichkcit. In der ersten Mittagsstunde sahen wir das Dorf Sibi Killin, um das sich eine Mauer zieht. Die (Einwohner stehen in dein Nuse, ungast» liche und diebische Gewohnheiten zu haben, weshalb wir draußen vordem Thore blieben. Wir gestatteten uns unter einem Baume eine kurze Rnhe und gingen dann weiter, bis wir gegen Abend einen kleinen Bach erreichten, der zu dem Gebiet des Gambia gehört nnd an dem wir über, nachtetcn. Am nächsten Tage führte uns unser Weg durch ein wildes und bewaldetes Land, das sich überall zu Bergen erhebt und von Affen und an-» deren wilden Thieren wimmelt. In den Bächen der Thäler sahen wir eine Menge von Fischen. An diesem Tage hatten wir wieder einen ermüdenden Marsch, und die Sonne war schon herabgesunken, als wir das Dorf Kumbu betraten, in dessen Nähe die Nninen einer großen Stadt liegen, welche vor Zeiten im Kriege zerstört worden ist. Die Einwohner von Kumbu stehen gleich denen von Sibi Killin in einem so schlechten Nufe, daß Reisende selten in ihrem Orte Quartier nehmen. Auch wir übernachteten im Felde, wo wir zn unserem Schutz Hütten von Baumzweigcn errichteten, da die Wolken sehr nach Negen aussahen. Am 28. Mai legten wir nicht ganz zwei Meilen zurück. Wir gin-gen gegen Westen und übernachteten in einer Stadt der Fulah, von der wir am nächsten Tage eine gut augebaute Gegend erreichten, durch die ein bedeutender Zufluß des Gambia fließt, der von den Eingeborenen Neola Koba genannt wird. Hier liegen mehrere Städte so nahe bei einander, daß der Blick sie alle zugleich umfaßt. Sie heißen sämmtlich Tenda und werden durch Beinamen unterschieden. In einer derselben, Koba-Tenda genannt, nahmen wir unser Nachtquartier, und verweilten auch noch den nächsten Tag, weil die Lebensmittel, die wir zu unserer Neise durch die Vimbani-Wälder brauchten, nicht sogleich herbeizuschaffen waren. Mungo Park. lg 274 Verwendm'ss der Zweige der sslboa-Palmc. >26. Kap. Am 30. gingen wir bis Dschallacotta. Dicse beträchtliche Stadt leidet sehr durch Fulah-Räubcr. welche von Bo„du aus durch die Wälder schleichen und Alles fortschleppen, dessen sie habhaft werden können. Einige Tage vor unserer Ankunft hatten diese Fulah zwanzig Stück Hornvieh gestohlen und machten während unserer Anwesenheit einen zweiten Naubversuch, wurden aber zurückgeschlagen uud verloren einen Gefangenen. Einer der Sclaven unserer Karawane, der in den letzten drei Tagen nur mit der größten Schwierigkeit fortzubringen gewesen war. tonnte uicht weiter gehen. Sein Herr, einer der sechs Sänger, tauschte ihn daher gegen ein Mädchen aus, das eiuem Einwohner der Stadt gehörte. Die junge Sclavin kannte ihr Schicksal nicht, bis am Morgen die Gc-päckbüudel geschnürt wurden und Alles zur Abreise bereit stand. Sie kam mit mehreren Freundinneu herbei, um die Abreise der Karawane an zusehen. Plötzlich nahm ihr Herr sie bei der Hand und führte sie dem Sänger zu. Ihr bisher heiteres Gesicht nahm den Ausdruck des tiefsten Schmerzes au. Der Schreck, den sie verrieth, als man ihr das Gepäck auf den Kopf legte und an ihrem Halse den Strick befestigte, und die Wehmuth, mit der sie ihren Gespielinnen Lebewohl sagte, zerrissen mir das Herz. Die Straße bog bald in eine große Ebene ein, in der viele Ciboa-Bäume wachsen, die zu den Palmen gehören. Der Neriko, ein Zufluß des Gambia, strömt durch diese Ebene. In dieser Jahreszeit war er wie ein Bach anzusehen, aber in der Regenzeit werden seiue Gewässer dem Reisenden gefährlich. Als wir diesen Fluß überschritten hatten, stimmten die Sänger mit überlauten Stimmen ein Lied ganz eigener Art an. Der Inhalt sprach ihre Freude aus, daß sie die westlichen Gebiete, oder nach ihrer Ausdrucksweise „das Laud der uutergch enden Souue" ungefährdet erreicht hätten. Diese Gegend ist sehr eben, und der Boden besteht aus einem Ge< misch von Lehm und Sand. Als am Nachmittag eiu starker Regeu fiel, nahmen wir zu dem gewöhnlichen Sonnenschirme der Neger uusere Zuflucht, d. h. zu einem großen Blatte der Ciboa-Palme. Hält man ein solches Blatt über den Kopf, so schützt es deu gauzen Körper vor dem Regen. 26. Kap.) Ankunft an den Ufern des Gambia. 275 An diesem Tage übernachteten wir unter einem großen Tabba-Baume, unfern der Ruinen eines Dorfes. Am folgenden Morgen wateten wir durch einen Strom, den: die Neger den Namen Nuliko gaben, und in der zweiten Nachmittagsstunde sah ich mich zu meiner Freude wieder au den Ufern des Gambia. An dieser Stelle fließt der Strom sanft und ist so tief, daß er mit Schiffen befahren werden könnte, aber er wird, wie man mir sagte, weiter unten wieder so seicht, daß die Karawanen häufig zu Fuß hindurchgehen. An dieser Stelle grenzt das südliche Ufer des Flusses an eine große Ebene mit Lehmboden, Tumbi-Vurila genannt, die von den Negern sehr gefürchtet wird. Die Ebene bildet eine Art von Moor, das eine Breite von mehr als einer Tagereise hat, und in dem schon oft Reisende ihr Leben verloren haben. Am Nachmittage begegneten wir einem Mann und zwei Weibern, welche Bündel von Baumwollenzcug auf den Köpfen trugen. Sie erzählten daß sie nach Dcntila gingen, um Eisen zu kaufen, weil sie am Gambia, wo diese Waare selten sei, sich dieselbe nicht verschaffen könnten. Kurz vor dem Einbrechen der Dunkelheit überschritten wir die Grenze des Königreichs Wonlli, in dessen erstem Dorfe, Sisn Kunda genannt, wir übernachteten. Unweit des Dorfes stehen viele Nitta-Mimo-' sen, von denen unsere Sclaven im Vorbeigehen große Fruchtbüschel pflückten. Die Einwohner waren aber so abergläubisch, daß sie keine der Früchte in ihr Dorf bringen lassen wollten. Es sei ihnen verkündet worden, sagten sie, daß ihren Ort ein Unglück treffen werde, sowie sie den Maisbau vernachlässigten und von den Früchten des Nitta-Baumcs lebten. Von Sisu Kunda führte uus unser Weg am 2. Juni durch viele Dörfer. In keinem derselben erhielt unsere Karawane die Erlaubniß, auszuruhen, obgleich die Leute uns die Ermüdung auschen mußten. Zum Glück erreichten wir Barraconda, wo wir einen Tag verweilen wollten, schon in der vierten Nachmittagsstundc. Am Morgen des 4. setzten wir unsere Reise fort und waren nach wenigen Stunden in Medina, der Hauptstadt von Woulli. Der Leser eriuuert sich wohl noch der freundlichen Aufnahme, die ich hier beim König fand, als ich zu Ansang Decembers 1795 meine Neise nach dem Osten antrat. Ich erkundigte mich sogleich nach dem Wohlsein des guten 18' «»« Reise nach Medina und Iindey. s2ß. Kap. alten Mannes und erfuhr zu meinem Kummer, daß er gefährlich erkrankt sei Da Karfa der Karawane keinen Aufenthalt gestatten wollte, so konnte ich dem König nickt persönlich danken. Ich ließ ihm aber durch den Beamten, der den Zoll von uns erhob, sagen, daß seine Gebete für meine glückliche Rückkehr erhört worden wären. Wir reisten noch bis Sonnenuntergang weiter und übernachteten in einem kleinen Dorfe, das etwas westlich von Kubakunda liegt. Am folgenden Morgen sah ich Iindey wieder, wo ich vor achtzehn Monaten von meinem Freunde Nr. Laidley Abschied genommen hatte. Während dieser ganzen langen Zeit hatte ich nicht ein Mal das Gesicht eines Christen gesehen, nicht ein Mal die entzückenden Laute meiner Muttersprache gehört. Von Pisania, wo ich meine Neise begonnen, trennte mich blos eine geringe Entfernung. Mein Freund Karfa erhielt hier die Nachricht, daß er keine Aussicht habe seiue Sclaven am Gambia so bald verkaufen zu können. Ich stellte ihm vor, daß es seinem Vortheil wahrscheinlich augemessen seiu werde, sie solange in Iindcy zn lassen bis er einen guten Markt für sie finde. Er pflichtete meiner Ansicht bei uud miethete vou dem Vorsteher der Stadt mehrere Hütten für sie, ebenso ein Stück Land, auf dem sie Korn wie andere Frückte bauen lind so die Mittel zn ihrem Lebensunterhalt gcwinncu konnte». Was ihn selbst betraf, so erklärte er, daß er mich vor meiner Abreise aus Afrika »licht verlassen werde. Am Morgen des 9. reiste ich ab, von Karsa und emem Fnlah, der zu unserer Karawane gehört hatte, begleitet. Obgleich ich jetzt dem Ende meiuer laugen uud mühevollen Neise nahe war und sicher darauf rechnen konnte, am nächsten Tage mit theuren Freunden und Landsleuten vereinigt zn sein, so empfand ich doch die lnnigsteRührung, als ich vou mci-neu unglücklichen Reisegefährten Abschied nahm, von denen ich wußte, daß sie in einem fernen Lande zu ewiger Gefangenschaft und Sclaverei verurtheilt seien. Während einer qualvollen Wanderuug von mehr als hundertundfünfundzwanzig Meilen, auf der wir den sengendeu Strahlen der tropischen Sonne ausgesetzt gewesen waren, hatten diese armen Sclaven, obgleich sie weit mehr litten als ich, nur stets das höchste Mitgefühl geschenkt. Ost hatten sie mir Wasser gebracht, ohne daß ich sie darum bat, oft Baumzweige und Laub gesammelt, um mir in der Wildniß ein 26. Kav.1 Mungo Part begiebt sich mit Karfa nacl, Pisanw. 277 Lager zu bereiten. Wir trennten uns gegenseitig mit wahrer Betrübniß und unter Segenswünschen. Alles, was ich ihnen geben konnte, bestand in Wünschen und Gebeten für ihr Wohl, und ich fand einigen Trost darin, mir sagen zu können, daß sie wüßten, wie gern ich ihnen mehr geben würde, wenn ich mehr zu geben hätte. Ich war so ungeduldig. Pisania zu erreichen, daß ich mir und mei» nen Begleitern unterwegs keine Nast gestattete. Wir gingen so schnell, daß wir am Abend Tcndacuuda erreichten, wo wir in dem Hause einer alten schwarzen Frau sehr gastfreie Aufnahme fanden. Tic hieß Scnora Camilla, hatte viele Jahre in der englischen Faktorei gewohnt und ver» stand und redete unsere Sprache. Sie hatte mich kennen gelernt, ehe ich den Gambia verließ, um meine Reise ins Innere anzutreten, allein mein Gesicht und mein Anzug hatten jetzt so wenig Europäisches, daß ich ihr nicht zürnen konnte, als sie mich für einen Mauren hielt. Als ich ihr mein Vaterland und meinen Namen nannte, betrachtete sie mich mit sprachlosem Erstaunen und ließ mich einen Augenblick glauben, daß sie meine Behauptung für eine Erfindung balten werde. Sie erzählte mir, von den Kaufleuten am Gambia erwarte keiner mich wieder zu sehen; sckon vor langer Int habe man Nachrichten erhal» ten. daß ich gleich den. Major Houghton von den Mauren des Reiches Ludamar ermordet worden sei. Ich fragte nach meinen beiden Dienern. Johnson und Demba, und erfuhr zu meinem größten Bedauern, daß kei« ncr von beiden zurückgekommen sei. Karfa, welcher der ersten Nnterhal. tung in englischer Sprache beiwohnte, hörte mit gespannter Aufmerksam, keit zu. Alles was er sah erregte seine Bewunderung. Die Stühle, das andere Hausgcräth, uameutlich aber die Betten mit Mückcnnchen waren ihn, neu, und er legte mir tausend Fragen vor, wozu man diese Dinge bmupe und ob sie auch nothwendig wären. Es wurde mir nicht wenig schwer, ihm auf einige seiner Fragen befriedigende Antworten zu geben. Am Morgen des 10. erschien Herr Robert Ainslev. der von mei-nem Aufenthalt in Tendacunda gehört hatte und bot mir zuvorkommend sein Pferd an. Fr theilte mir mit, daß Nr. 3aidlev stine sämmtlichen Sachen nach Kave. einem Orte weiter am Flusse abwärts, geschafft habe, und eben jetzt mit seinem Schiffe nach Dumasansa gesegelt sei. um Reis ?78 Vorgänge vor Mungo Parks Abreist. s26. Kap. einzukaufen- man erwarte ihn jedoch in einem oder zwei Tagen zurück. Vr bat ,M). bis zur Rückkehr des Doctors bei ihm in Pisania zn wohnen ^ch »"hin diese Ginladnng an uud befaud mich um Zchn Uhr Abcnds'in der Gesellschaft meines Freundes Karfa am Ansgangspuukte meiner Reist. Bci Pisania lag Herrn Ainsley's Schooner vor Anker. Wenn Karfa etwas anstaunte, so war es dieses Schiff. Ich mußte ihm den Nuken der Masten, der Segel, des Tauwerks erklären, und er fand es uu begreiflich, wie die Gewalt des Windes im Stande sein könne, einen so großen Korper fortzubewegen. Die Art, wie man die Wände des Schiffs zusammengefügt und die Fugen so ausgestopft hatte, daß kein Wasser hindurchzudringen vermochte, erschien ihm räthstlhaft, und ich be« merkte, daß der Schooucr mit seinen Tanen und Ankern der Gegenstand der tiefen Betrachtungen sei, in die Karfa den größten Theil des Tages über versunken war. In der Mittagsstunde kehrte Dr. Laidley von Dmnascmsa zurück und hieß mich, den er wie einen von den Todten Auferstandenen betrachtete, mit warmer Herzlichkeit willkommen. Da die Sachen, die ich bei ihm zurückgelassen hatte, weder verkanft noch nach England geschickt worden waren. so legte ich ohne Zeitverlust wieder cuglische Kleider an uud beraubte meiu Kiun seines ehrwürdigen Schmucks. Meinen englischen Anzug betrachtete Karfa mit wahrhaftem Gntzückcu, daß ich aber meinen Bart abgeschoren hatte, konnte er nicht lebhast genug bedauern. „Du hast Dich aus einem Manne in einen Knaben verwandelt," sagte er. Die Schulden, die ich seit meiner Abreist von, Gambia gemacht hatte, bezahlte Dr. Laidlcy bereitwillig, und ich deckte ihn durch einen Wechsel, den ich an die afrikanische Gesellschaft ausstellte. Man wird sich erinnern, daß ich Karsa den Werth eines Sclaven erster Güte versprochen hatte. wenn er mich an den Gambia führe. Ehe wir Kamalia verließen, hatte ich ihm eine Anweisung an l)r. Laidley gegeben, da ich nicht wollte, daß er, dem ich so viele Wohlthaten verdankte, verliere, falls ich unterwegs sterben sollte. Der gute Karfa batte aber so theilnehmend für micb gesorgt, daß ich ihn noch immer unzureichend zu belohnen glaubte, als ich ihm sagte, daß er das Doppelte erhalten solle. Auch diese Schuld übernahm Dr. Laidley und gab Karfa die Versicherung, daß er 26. Kap.) Vorgänge vor Mungo Parks Abreise. 279 auf der Stelle Waaren zu dem genannten Betrage erhalten solle, sobald er danach schicke. Karfa gcricth über dieses unerwartete Zeichen meiner Dankbarkeit außer sich, und sein Entzücken erreichte den höchsten Grad. als er hörte, daß ich auch dem guten alten Schulmeister Frankuma zu Malakotta ein hübsches Geschenk schicken wolle. Er versprach, die Waare» zu übcrbrin» gen, und Dr. Laidley versprach ihm, daß er ihm helfen werde, seine Sclae ven vorthcilhaft zn verkaufen, sobald ein Sclavenschiff ankomme. Diese Beweise von Güte und Aufmerksamkeit, welche v,-. Laidley ibm gab, fielen bei Karfa auf einen fruchtbaren Boden. Oft wiederholte er gegen mich: „Diese Neisc ist für mich wahrhaft glücklich gewesen!" So oft er den vollkommncrcn Zustand unserer Waaren und unsere entschie« dene Ueberlcgenheit in allen Künsten und Handwerken wahrnahm, wurde er nachdenklich und rief wohl mit einem tiefen Seufzer aus: „Fato fing, inta feng (schwarze Leute sind nichts!)" Zu anderen Zeiten pflegte er in vollem Ernst die Frage an mich zu stellen, was mich, der ich kein Kaufmann sei, bewogen haben könne, in einen: so erbärmlichen Lande wie Afrika umhcrzurciscn? Er wollte damit sagen, nach Allein, was ich in meinem Vaterlandc kennen gelernt haben müsse, könne in Afrika nichts sein, was meine Aufmerksamkeit errege. Ich theile diese kleinen Eharakterzüge des würdigen Mannes nicht blos um seiner selbst willen, sondern anch darum mit, weil nach meiner An» sicht in ihnen der Beweis liegt, daß seine Seele über seinen Stand er< haben war. Diejenigen meiner Leser, welche gern bei den Verschiedenheiten der menschlichen Natur verweilen und sie aus allen den Stufen zu betrachten lieben, welche zwischen der Rohheit und der Verfeinerung liegen, werden die Mittheilungen, die ich über den armen Afrikaner gebe, nicht unwillkommen heißen. Monatelang vor meiner Rückkehr aus dem innern Afrika war kein europäisches Schiff in den Gambia eingelaufen. Da die Regenzeit begonnen hatte, so beredete ich Karfa. zu sciuen Leuten nach Iindey zurück, zukehren. Am 14. sagten wir uns bewegt Lebewohl, doch versprach ich ihm, da ich nicht daranf rechnen durste. Afrika noch in diesem Jahre verlassen zu können, daß ich ihn vor meiner Abreise noch einmal be-suchen werde. ycls) Mlmao Park reist auf einem amerikanischen ^6. Kap. ^ch würde mein Versprechen erfüllt haben, wenn ein Znsall, den ich einen glückliche!, nennen muß, es mir nicht unmöglich gemacht hätte. Meine Erzählung eilt nun zum Schlüsse, denn am 15. lief ein amerikanisches Schiff, die ssharlcstown nnter Kapitän, Karl Harris, in den Gambia ein. Dieses Schiff kam in der gewöhnlichen Absicht, welche die Weißen hiehcrführt: es wollte Sclaven einnehmen. Auf dem Rückwege sollte es Goree besuchen, um seine Ladung vollständig zu machen, und dann nach Südcarolina segeln. Da die europäischen Kaufleute am Gambia in dieser Zeit eiucn sehr großen Vorrath an Sclaven hatten, so konnte dcrssapitain sich bald mit ihnen verständigen. Sie übernahmen seine ganze Laduug, welche hauptsächlich in Rum und Tabak bestand, und verpflichteten sich. den Werth binnen zwei Tagen mit Sclaven zu bezahlen. Ich erhielt dadurch Gelegenheit, in mein Vaterland zurückkehren zn können, und durfte sie nicht vorübergehen lassen. Ich machte mir daher sogleich einen Platz auf der ssharlcstown ans. Nacbdcm ich von I)>-, Laidley, dessen Güte ich so viel zu verdanken hatte, und von meinen anderen Freunden am Gambia Abschied genommen halte, schiffte im mich am 27. Juni in Kaye ein. Unsere Fahrt auf dem Flusse abwärts bot viele Langeweile und Beschwerden dar. und das Wetter war so sencht, heiß nnd ungesnnd, daß wir vor unserer Ankunft in Gorc'e den Wundarzt, vier Matrosen nnd drei Sclaven an, Fieber verloren. In Gorc'e fanden wir es so schwierig, uns Lcbensmittel zn verschaffen, daß wir bis zu den ersten Tagen des Octobers verweilen mußten. Wir hatten am Gambia und in Goree hundertunddreißig Sclaven an Vord genommen. Fünfundzwanzig derselben waren in Afrika freie Leute gewesen und die meisten von ihnen verstanden etwas Arabisch, da sie sich znin Islam bekannten. Neun waren in dem Glaubenskriege zwischen Abdelkadcr und Dämel, von dem ich im.vorigen Kapitel gesprochen habe, in Gefangenschaft gcratben. Zwei der Anderen hatten mich auf meiner Reise durch Bondn gesehen und Vielen war ich vom Hörensagen bekannt. Ich schloß daraus, daß im Innern viel von mir gesprochen worden sein müßte. Daß ich mit ihnen in ihrer Muttersprache reden tonnte, war für sie ein großer Trost. Um ihnen diesen recht oft gewähren 26. Kap.) Schiffe i'iber Westindien nach England. 281 zu können, willigte ich ein, für den Nest der Neise an die Stelle des verstorbenen Wundarztes zu treten. Die armen Menschen bedurften des Trostes, den ich ihnen zu geben vermochte, in der That in hohem Grade. Allerdings könnte ich nicht sagen, daß der l^apitain oder die Matrosen besonders grausam gewesen wären. Aber die Art, wie »nan aus dm amerikanischen Schissen die Neger in Gewahrsam hält, um Befteiungsversuche zu verhindern, fügt diesen unglücklichen Geschöpfen außerordentliche Leiden zu. Die Schiffsmannschaft ist nämlich so wenig zahlreich, daß man die Sclaven in einem engen Raume eingesperrt halten muß. Auf englischen Schiffen braucht man sie nicht so streng und hart zu behandeln, da man mehr Matrosen hat. Unter unseren Negern rief der Mangel au Luft uud Bewegung eine allgemeine Krankheit hervor. Außer den drei Schwarzen, die am Gambia, und den sechs oder ackt, die in Gore'c starben, verloren wir noch elf auf dem Meere, uud von den Uebcrlcbeuden wurdeu viele sehr entkräftet und geriethen in den traurigsten Zustand, Jene Kraukheit herrschte bereits, als das Schiff drei Wochen nach unserm Auslaufen von Goroe in einem solchen Grade leck wurde, daß die Pumpen in unaufhörlicher Bewegung'sciu mußten. Der Capital» sah sich daher gezwungen, mehreren der stärksten Neger die Fesseln abzunehmen uud sie an die Pumpeu zu stellen. Das sslcnd nahm dadurch in einem nicht zu beschreibenden Grade zu, Indessen folgte die Prlösuug schneller, als wir hofften. Denn da allen Austrengungcu, das Schiff über Wasser zu halten, zum Trotz das Leck immer größer wurde, so bestanden die Matrosen darauf, daß wir nach Westindicn segelten, weil wir nur aus diese Weise dem Untergänge entfliehen konnten. Der ssavitain weigerte sich anfangs, aber zuletzt mußte er doch die Segel nach Antigua richten. Wir sahen die Insel sünfuuddreiß.g Tage nach unserer Abfahrt von Goree. Noch im Angesicht des Hafens drohte nns Verderben, denn indem wir uns dem nordwestlichen Ufer der Insel uäberten, liefen wir an die Diamant-Klirpe an und «reichten nur mit Mübe und Noth den Hafen St. John. Das -chm hate ,o star gelitten, daß es für seeuntüchtig erklärt wurde. Me lch nachher geHort habe, sind die Selavm auf Antigna für Rechnung der Ngenthumer ver-kauft worden. 282 Mungo Parks- Ankunft in London. l26. Kap. Ich blieb auf der Insel zehn Tage. Als das Pafetboot Chesterfield, das von den Inseln unter dem Winde »ach England segelte, St. John anlief, um das Felleisen von Antigua aufzunehmen, giug ich als Passa. qier au Bord. Am 24. November stachen wir in See und am 22. December liefen wir nach einer kurzen und sti'mnischen Fahrt in Falmouth ein, von wo ich mich auf der Stelle nach London begab. Meine Abwesenheit von England hatte zwei Jahre und sieben Monate gedauert. Mungo Parks zweite Reise. )m Iahrc 1805. Erstes Kapitel. Mungo Part in England. - Begeisterung für ihn und seme Zwecke. — Plan einer zweiten Reise. — Abfahrt und Ankunft in (Non'c. — Ecine Begleiter. — Die Regenzeit ist nahc. — Aufbruch von Kave inö Innere. — Der Silla. -^ To stellt werden st'lltcn. um dort gegen Waaren ausgetauscht zu werden. Schließlich bezahlte Mnngo Park beinahe nur den dritten Theil von dem. was eine Negerkarawane zu entrichten gehabt haben würde. Trotz dieser Verständigung wurden Isaaeo's Doppclflinte und Säbel nicht zurückgegeben. 294 Abreist vm, Taml'iko. — Rast am Blencubachc. >,. Kap. Nach der Abreise von Tambiko verbrachte die Kara>vane die erste Nacht in Dschcningalla in der Nähe von Vuffra. Hier eilte ci„ Neger bcrbci bei dein Mungo Park früher übernachtet hatte, um ihm eine Kalebasse nut Milch zu überreichen. Gin Fluß, auf dm man folgenden Tags stieß, war ebenfalls bis auf einige Wasserlachen ausgetrocknet, und auch hier wimmelten diese tieferen Stellen des Betts von Fischen. Nach einem Marsche von sieben Meilen nahm ein kleines Fulcch-Dorf die Ermüdeten auf. Am 24. Mai wurde in Mansafarra Halt gemacht. Dieser Ort besteht eigentlich aus drei aneinander stoßenden Dörfern, in deren Nahe sich ein großer Teich befindet. Hier wnrde ein Ochse und Getreide gekauft, (lin Sturm, der sich von Südosten ankündigte, und starke Blitze nöthigten die Reisenden, ihr Gepäck mit Gras zu bedecken. In der Nacht zerrissen wilde Thiere einen der besten Esel hundert Schritte von der Stelle, wo Mungo Park und Anderson schliefen. Am 23. wurde die Samakarra-Wildniß betreten und ein Flnß überschritten, der in den Gambia fallt. In dcrTageszcit, in welcher die Hitze abzunehmen beginnt, erstiegen die Reisenden die erste Gebirgskette, zu der ihr Weg sie führte, Einer der Berge erhielt wegen der weiten Aussicht, die man von seinein Gipfel l,at, den Namen des Panorama-Bergs. Hinter der Gebirgskette lag ein romantisches Thal, das eine Fülle von Nasser enthielt. Alle Lachen strotzten von Fischen, aber einen derselben zn fangen gelang nicht. Eines der dortigen kleinen Dörfer gilt für den besten Platz, Elephanten zu schießen. In der That zeigten sick neben dem Nasser Spuren von Fnß-stapfcn und die frischen Losungen einer großen Anzahl dieser Thiere. Am 26. Mai begegnete die Karawane einer andern, welche an den Gambia ging, um einen Mann loszukaufen, der wegen Schulden verhaftet worden war. Nach dem Gewohnheitsrecht dieser Länder hat ein solcher Schuldner eine Zahlungsfrist von einigen Monaten, nach deren Ablauf er als Sclave verkauft wird. Am Bicncnbachc, wo Halt gemacht wurde, geriethen einige Leute Isaaco's auf den unglücklichen Einfall, Honig zu suchen. Sie fanden Stöcke, aber sogleich siel ein unermeßlicher Bienenschwarm über Menschen und Thiere her. Zum Glück waren die meisten Esel nicht gekuppelt und konnten das Freie suchen, die Menschen und die Pferde wurden je- 1. Kap.) Ta-Kuro, der Stein deö Nelsciide». 295 doch empfindlich verletzt. Alles floh, und das zum Kochen angezündete Feuer griff um sich steckte das Bambusrohr in Brand nnd hätte anf ein Haar das gesammte Gepäck vernichtet. Eine Stnnde lang hatte es den Anschein, als ob dieser Angriff der Bienen der ganzen Reise ein Ende machen werde. Man vermißte mehrere Esel, Isaaco verlor sein Pferd, und die meisten Personen hatten Stiche im Gesicht und an den Händen. Am 27. Mai legte man bis Sibikillin eine Meile zurück. Ein großes steiniges Becken versieht die Stadt mit Waffer. Es beherbergte eine Menge von Fischeil, allein die Einwohner, welche nie ein Netz wer-scn, wollten auch den Reisenden das Fischen nicht erlauben, weil das Waffer dadurch trübe werde. Beim Hinabsteigen in ein Thal sah Mungo Park am nächsten Tage die ersten Schihbännie, deren Früchte übrigens noch nicht reif waren. Badu, der nächste Haltpnnkt, ist eine kleine, aus uugcfähr dreihundert Hütten bestehende Stadt. Etwas weiter im Norden liegt eine Stadt desselben Namens. Die Statthalter beider Orte lassen sich von den Karawanen einen bedeutenden Zoll bezahlen. Wird ihnen die Zah» lung verweigert, so vereinigen sie sich nnd plündern. Mnngo Park »nachte ihnen bedeutende Geschenke. Am 29. erreichte die Karawane Tambacnnda, das weiter östlich liegt, und hatte eine schöne Anssicht auf den Gambia, der in einiger Entfernung strömt. Er heißt an dieser Stelle Ba Nima, oder der Fluß, der immer ein Flnß ist, d. h. der nie austrocknet. Jenseits Tambacnnda's beginnen wieder ausgedehnte Wälder, in denen die Reisenden eine Wasserlache mit einem schmntzigen, grünlichen Waffer fanden Die Noth zwang sie, davon zu trinken. Am folgenden Tage gelaugten sie zn einem rnnden Quarzblocke, den die Eingeborenen Ta°Kuro oder den Stein des Reisenden nennen. Jeder Vorübergehende lüftet ihn nnd rollt ihn einmal im Kreise herum. Er ist dadurch ganz glatt geworden, uud in dein Felsen, auf dem er liegt, hat sich eine förmliche Rinne gebildet. Im Dorse Mambari ließ man die größte Hitze vorübergehen nnd durchschritt am Abend eine Meile weiter östlich das ausgetrocknete Bett eines Bergstroms. Da kein Wasser gefunden wurde, so gab es kein Abendessen. Am 1. Juli erreichte man Dschulifunda, eine Stadt mit 29^ Festlichkeit zu Ehren Mcmgö III. >l. Kap. ungefähr zweitausend Einwohnern. A.n Abend licß Mungo Park dem Statthalter, der dcn Titel Mansa Kussan führt und für einen der habsüchtigsten Männer des ganzen Gebiets l'is zum Niger galt, durch Isaaco Bernstein und rothes Tuch zum Geschenk machen. Am andern Moracn überschickte er eine neue Menge derselben Waaren und außerdem „och Korallen. Der Statthalter schien höchst zufrieden zu sein, denn er sandte einen Ochsen und licß sagen, daß er sür die Reisenden bete und Alles thun werde, was in seiner Macht stehe, ihrem Unternehmen einen glücklichen Ausgang zu sichern. Trotz dieser schönen Worte suchte er bei der Abreise Muugo Parks noch mehr Waaren zu erpressen und drohte, daß er ihn anhalten oder in den Wäldern überfallen werde. Die Festig, keit unsers Reisenden, der Gewalt mit Gewalt zurückweisen zu wollen erklärte, machte diesen Belästigungen ein Ende. Am 4. Iuui durchschritt man in der Nähe eines Dorfes einen prachtvollen Wald von Sitta-Mimosen, und machte in der ersten Nachmittagsstunde unter einem Baume Rast. Es war der Geburtstag Georgs Hl, und Mungo Park kaufte daher einen Ochsen und eine Kuh, deren Fleisch er uutcr seine Begleiter vertheilte, damit der Tag so festlich begangen werde, als die Umstände es gestatteten. Die zwei folgenden Tage wurden dazu verwendet, Reis zu kaufen, denn man hatte erfahren, daß es weiter im Osteil an diesem Artikel fehle. Hier erhielt man noch ein Pfund des besten Reises für ein Halsband von Glasperlen, das etwa zwei Pence werth war. In der Nacht des 6. erlwb sich ein Ttnrm, von Blitz und Regen begleitet, der fast bis zum Morgen anhielt. Einer der Zimmcrleute, der von einem früheren Unwohlsein ziemlich hergestellt war, wnrdc kränker, als er es je gewesen war. Dentila ist wegen seines Eisens berühmt. Um es in Fluß zu bringen, bedient man sich der Asche der Kino-Rinde. Die Karawane reiste am nächsten Morgen ab, uud ließ zwei Soldaten zur Pflege des Zimmermanns zurück. Sie gelangte bald an den Samako, der sich in den Faltmc ergießt und seinen Namen der ungeheuren Menge Elephanten verdankt, die in der Regenzeit seine Gewässer besuchen. Die Esel kamen nur langsam vorwärts, nnd man schrieb ihre Schwäche dein grünen Futter zu, das sie gefressen hatten. Zwei hatte man bereits zurücklassen müssen, und die anderen waren sämmtlich höchst ermaltet. Schon seit l. Kav.1 Erkrankungen in der Karawane. > 297 einiger Zeit hatte die Karawane den gebahnten Neg verlassen, da die ssingcboreuen dieses Laudestheils miteinander Krieg ssibrten, >md jetzt bog sic etwas nach Tilden ab, nm der Plünderung zu entgehen. Sie reiste in der Nacht, und damit sich Niemand in der Dunkelheit verirrte, wnrden von Zeit zu Zeit Flintenschüsse abgefeuert. In Madina stieß der Zimmermann wieder zu den Reisenden, allein in einem solchen Zustande, daß er fast sterbend zurückgelassen wurde. Der Soldat, welcher bei ihm blieb, kam nächsten Tags mit der Votschaft nach. daß der kranke verschieden sei. Bei Madina fließt der Faleme, der eine Menge von Fischen lxhcrbergt. Die Reisenden sahen einige, welche wohl sechszig Pfund wiegen mochten. Das nächste Ziel war Eatadu, eine halbe Stunde östlich vom Faleme. In der Nacht tobte eiu furchtbarer Orkan mit Donner und Blitz. Satadu ist von einer Mauer nmgeben und cntbält etwa dreilnm-dert Hütten. Mungo Park nahm hier einen Führer, der bis Schrondo mitgehen sollte. Wahrend der Nacht wurden mehreren Soldaten ihre Kochgeschirre gestohlen. Auf dem Wege nach Ecbrondo mußte man vier Esel in den Wäldern zurücklassen. Die Soldaten, die schon unwohl gewesen waren, erkrankten noch mehr. In einer Nacht erreichte der Or« fan eine solche Gewalt, daß mau sich gezwungen sah. an einem Orte Halt zu machen, wo der Voden einige Zoll hoch überschwemmt war. Mnngo Park bemerkt an dieser Stelle seines Tagebnchs, daß der erste Orkan, der ansbrach, auf seine Gefährten den tiefsten Kindruck machte. Mehreren sah man Rene an, sich an das Unternehmen angeschlossen zu haben. „Ich hatte mir geschmeichelt." setzt er hinzn, „den Niger mit einem geringen Verlust zu erreichen. Als aber die Regenzeit begann, da zitterte ich bei dem Gedanken, daß wir erst die Hälfte des Wegs zurückgelegt hätten." Cinige Soldaten litten an häufigem Erbrechen, andere wurden schläfrig und glichen betrunkenen. Während eines Sturms überkam anch Mnngo Pavk eine Neigung zum Schlafen, der er in Kürze erlag, so große Anstrengungen er anch machte, um sich munter zu erhaltend Die Soldaten streckten sich achtlos anf durchnäßte Waarenballen hin. Zwölf unter il'neu waren anßcr Stande, sofort aufzubrechen, uud dadurch entstand eine abermalige Zögcrnng. Mungo Patt benutzte dieselbe, um die Goldgruben der Umgegend «n«, Goldgruben und das Goldwäschen. si. Kap. zu besuchen. Gegen ein Geschenk erhielt er vom Vorsteher Erlaubniß dcm,. Von einer Frau begleitet, begab er sich cmf eine Wiese von fünf bis sechs Acker Umfang, wo er mchrere brnmienähnlichc Löcher sah, dc-rcn Tiefe zehn bis zwölf Fuß betrug. Jede war von Erde umgeben und mit Negenwasser gefüllt. Zwischen den Gruben erhoben sich Mes-hausen, und auf jedem lag ein weißer oder rother Stein, mit dem der Eigenthümer seinen Besitz bezeichnete. Mnngo Park bemerkte einige Kiesel etwa von der Größe der Tanbeneier. Die übrigen Vruchstückc von Steinarten bestanden in weißem und röthlichem Quarz, eiscnhalti' gem Stein und einem gelben Stein, d»r so weich nnd zerreiblich war, daß er zwischen den Fingern zerbröckelte, Auch Sand und gelbe Erde kamen in den Gruben in bedeutenden Mengen vor. Die Frau. welche die Führerin machte, sammelte etwa ein halbes Pfund Kies, schüttete ihn in eine kleine Kalebasse und gost aus eiucm andern Gesäß so viel Wasser zu, daß der Kies etwa einen Zoll hoch bedeckt war. Als der Inhalt sieb genug mit Wasser getränkt hatte, warf sie die größten Kiesel hinaus, wobei sie jedoch sorgfältig darauf achtete, daß nicht etwa eiu Ooldthcilchcu verloren gehe. Sie schüttelte nun den Rest mit solcher Geschwindigkeit, dasi ein Theil des Inhalts über die Ränder der Kalebasse hinausflog, während sie mit der linken Hand bei jeder Nmsehwingnng in der Mitte des Gefäßes Sand herausholte uud fortwarf. Nachdem auf diese Weise die Kies- und Sandmenge bedeutend vermindert worden war, goß sie neues Wasser iu die Kalebasse und gab der letztem eine schiefe Stellung, so daß die erdigen Theile nahe an den Rand traten. Sie ließ das Gefäß noch immer rasche Schwingungen machen, nnd Mnngo Park sah nnn eine gewisse Menge eines schwarzen Stoffes, den sie als den Nicdcrschlag von Gold bezeichnete. Bald holte sie ein gelbes Stück hervor und sagte: „Da ist Gold!" Dann kam ein Stück zum Vorschein, welches ungefähr einen Gran wog. Die Daner der Arbeit bctrng von dem Augenblicke, als die Frau Wasser in die Kalebasse schüttete, bis zu dem, wo sie das Gold hervorholte, nicht mehr als zwei Minuten. Sic wiederholte ihr Verfahren mit zwei Pfund Kies, welche dreizehn Goldstückcheu ergaben, unter denen freilich auch sehr kleine waren. In beiden Fälle» war die Menge des Sanmira oder des angeblichenGoldnicdersehlags mindestens vierzigmal beträchtlicher, als die I. Kap.1 Lieutciiaut Marty» erkrankt. 299 dcs Goldes. Die Frau versicherte ihren Begleiter, man finde häufig Stücken Gold, so groß wie ein Fuß. Auch hier dient die Tili-Kissi-Bohne, die auf einem hohen Baume wächst, als Goldgewicht. Man tauscht dieses Metall gegen Halsbänder und scharlachrothe Stoffe aus. Am 12. Inni brachen die Reisenden in früher Stunde auf und zogen langsam am Fnßc der Gebirge von Konkodu hin. Diese Berge bestehen aus Felsen, deren Höhe zwischen achtzig und dreihundert Fuß wechselt. Um Mittag erreichte man Dindiku, wo so plötzlich ein Orkan eintrat, daß man das Gepäck in die Hütten der Eingeborenen tragen mußte. Es war dies seit dem Aufbruch vou Gambia das erste Mal, daß die Karawane die Häuser einer Stadt benutzte. Die Goldgruben dieses Bezirks werden auf die oben beschriebene Art ausgebeutet. Das Gebirge, das an Dindiku angrenzt, wird bis zum Gipfel hinauf bestellt. An anderen Orten waren die Eingeborenen noch mit dem Umgrabeil dcs Bodcus beschäftigt, und hier stand das Korn bereits einen halben Fuß hoch. Die Dorfer liegcu iu romantischen Gc-1'irgsschlnchtcn, wo man das ganze Jahr hindurch Waldesgrnn und Wasser findet. Da sie mehr Vieh besitzen, als sie für sicl, selbst brauchen, so tauschen sie ihren Ueberfluß gegen kleine Lnr,usgegenstände aus. Der Lieutenant Martyn hatte hier einen Fieberanfall, und die Karawane kam mit der Fortsetzung ihrer Neisc in Verlegenheit, da die Re-scrvepferde und Esel bereits sämmtlich zur Fortschaffung der Kranren dienten. Der Esel, der das Teleskop und einige andere Sachen trug, wnrdc vermißt, und Anderson wollte scbon mit einigen'Leuten zurück-gehen, um ihn zn suchen, als der Vorsteher das Thier in dem Augenblicke, als sie den Ort verlassen wollten, zurückführte. Da die Lastthiere sich so bedeutend vermindert hatten, so ging Mnngo Parf zn Fuß weiter, ließ sein Pferd beladen und führte es am Zügel. Auf dem Wege nach Fankia blieben drei kranke Soldaten zurück; ihre Schwäche war so groß. daß fie sich uuter jedem Baume, bei dem man vorbeikam, niederlegen wollten. In Fankia verließ Muugo Park den Weg. welchem er aufsciner ersten Reise gefolgt war. gänzlich und uahm ibn erst nach seiner Ankunft am Niger wieder auf. Da er wußte, daß es in der Nähe ein sehr rauhes und schwer zu ersteigendes Gebirge gebe, so rastete er im Orte einen Tag, damit seine Leute sich erholen könn« I00 Mungo Parls Zusammentreffen »lit dcm Schullehrer, sl. Kap. ten. Er hatte selbst das Fieber und fühlte sich in dcr Nacht sehr unwohl. Er kaufte für die Krankn eine Menge Geflügel und für die Esel Mais. Am folgenden Mm gen zeigte sick, bei mehreren Leuten der Karawane im Augenblick des Aufbruchs ein Anflug vou Irrereden. Eine halbe Stunde von Fankia entfernt erheben sich die Gebirge von Tambaura, die von den Eingeborenen Tumbigena genannt werden. Man mußte einen Abhang ersteigen, der höher als dreihundert Fuß war, und die Esel erreichten nur mit d« größten Mühe den Gipfel. Da ihre Zahl die der Treiber bedeutend überstieg, so entstand eine furchtbare Unordnung. „Die beladcnen Esel," sagt Mungo Park, „stürzten bei jedem Schritte nieder, die kranken Soldaten konnten nicht allein gehen, und die Neger bestablcn uns von allen Seiten." Man überwand indessen alle Hindernisse, und kam, nachdem man noch eine halbe Meile weiter zurückgelegt hatte, in dem reizenden Dorfe Tumbin au, wo sich bei dcr Durch, sicht des Gepäcks zeigte, daß die Eingeborenen sieben Pistolen, zwei Anzüge, eineu Sack und noch mehreres Andere gestohlen hatten. Am 16. Juli erhielt Mungo Park einen Besuch des Schullehrers, den er auf der ersteu Neise iu Kamalia kennen gelernt hatte. Dcr alte Mann war die ganze Nacht gegangen, um seiucn Freund und Reisegefährten zu sehen. Nachdem er "die Karawane eine Strecke weit bcqleitet hatte, kehrte er nm. Mungo Park schenkte ibm einige Armbänder von Bernstein und eine arabische Ueberschung des Nenen Testaments. Folgenden Tags wurde Fedscbemma erreicht. Mungo Park entrichtete dem Vorsteher einen Zoll, der in 149 Stäben *) Halsbändern von Glasperlen bestand und schenkte ihm außerdem eine Flinte, ein Paar Pistolen, huudert Flintcusteine, einen Säbel und einen Anzug. Dcr Vor-' stcber verlangte noch vier Flaschen Pulver vom Esel, und diese mnßte ihm Mungo Park schon aus dem Grunde abschlagen, weil sein Schießbedarf dadurch zu sehr vermindert worden wäre. Zuletzt nahm der habsüchtige Neger Vernunft an. Die Zahl dcr Kranken nahm mit jedem Augenblicke zu, und als man im Begriff war, den Ort zu verlassen, fühlte auch Mungo Park ein solches Unwohlsein, daß er den Einkauf von *) Man wird sich aus dem zweiten H^N'itci der evsteu Gleise criu» ucrn, daß del Werth allcr Waaren iu Senegambien uach Stäben — ursprünglich nach Eisenstäben — berechnet wird. 1. Knp.) Die Reisenden weiden bestohlen. It)!,' Mais, Milch und Geflügel nicht zu überwachen vermochte. Noch leistete ein Abguß von Chinarinde. den er alle Tage einen jeden seiner Gefährten trinken ließ, gute Dienste. In Fcdschemma mußte übrigens ein Soldat, Namens Rowc, zurückbleiben. Eine halbe Stunde weiter mußte ein Fluß an einer Stelle überschritten werden, wo er sich, m seinem Lause von Felsen unterbrochen, in mehrere Wasserfalle theilt. Die Reisenden mußten ihr Gepäck auf dem Kopfe hindurchtragcn. Noch weit mehr Mühe machte ein kleiner schlammiger Fluß, der eine halbe Stünde weiter östlich in einem engen Bette floß und sehr tief war. Am Abend wurde in Dugikotta angehalten. Am folgenden Tage erklärte Wilhelm Robert, einer der Zimmcr-leute, daß er außer Stande sei, weiterzugehen, und bezeugte schriftlich, daß er freiwillig zurückgeblieben sei. Das schlechte Wetter hielt die Reisenden bis zur zehnteil Morgenstunde zurück. Sie folgten fast den ganzen Tag den hohen Usern eines Flusses und freuten sich der Aussicht anf den Kulalia, einen bohen, isolirten und fast unzugänglichen Felsen. Die Eingeborenen behaupten, daß es auf dem Gipsel einen See gebe, und erzählen, daß sie die Umgebung des Felsens oft durchsuchen, um die großen Schildkröten zu sammeln, die über den Rand des Sees hinausgerathen und sich im Fallen tödteu. Auf diesem Wege stahl mail den Reisenden einen Esel und etwa achtzig Pfund Flintenkngeln. Im Dorfe Gimbra bemerkten sie, daß Alles ein feindliches Ansehn annahm und viele Einwohner ihre Bogen ill Stand setzten. Der Grund dieser Bewegung war wie gewöhnlich das Gelüst, zu plüudcrn. Die Einwohner hatten sagen hören, die Fremden seien so trank nnd schwacb, daß sie ihre unermeßlichen Reichthümer nicht zu vertheidigen vermöchten, und wollten ihnen den Weg versperren, wenn die unverschämten Forderungen des Vorstehers nicht ersüllt würden. Sie gingen soweit, die Esel der Karawane zurückzutreiben, und einer griff dem Pferde eines Soldaten in die Zügel, ließ aber schnell los. als der Reiter seine Pistole spannte. Mungo Park ließ alle seine Leute laden, die Soldaten steckten dieBayonnete anf. und die Eingeborenen ttatm zurück. Die Esel wurdeu nun schnell in das Bett eines Fln„es getrieben, den inan zn überschreiten hatte. Der Vorsteher wollte die Kara- 302 Zuvorkommenheit des Vorstehers von Tekoba. s?. Kav. wane indessen uoch inoner niä't dllrchzicheil lassen und beantwortete alle Vorstellungen Mnngo Parts damit, daß er anf etwa dreißig Männer leiate, die mit Bogen ben'affnet waren. Muiigo Part fragte ihn lachend, ob er'wirklich glaube, nut solcken Renten siegen zn können, und forderte ibn auf, eine Probe zu macken-, uebme er nur einen einzigen Waaren-ballcn in Bcsel'lag, so werde der «ampf sogleicl' beginnen. Auf eine Probe mochte es der Vorsteher doeli nicht ankommen lassen und begnügte fich mit etwas Bernstein, den ev zum Meftbenk erhielt, Bei dem näcbsten Haltpnnkte Snllo siel da« Pferd des Lieutenants Martyn vor Mattigkeit. Auf der Stelle loarfen sich die Eingeborenen aus das Thier, zerlegten es wie einen Oebsen und kämpften beinahe um die einzelnen Stücke. So groß ist der Werth, den sie anf Pscrde-fieiscb legeil. Am folgenden Tage reiste die Karawane durch eine Gegend von wunderbarer Schönheit, deren Reiz besonders in Felsen von den mannig-saltigsten Formen lag. (5inige dieser Felsen glichen den Thürmen alter Schlösser, andere sahen wie Pyramiden aus. ssiner namentlich hatte so tänschend die Gestalt eines Klosters, daß die Reisenden sich lange nicht überzeuge» konnten, diese Nischen, Fenster nnd Trcppenruincn, welelie sie sahen, seien blos ein Naturspiel. Zweites Kapitel. Der Basing. — Mungo P,nl crl'Nclt dcn Niaer. — Karfa. — Unterhandlungen mit Mansinss, Kmiig von Bambarra. — Mungo P>nl wählt Tausading als Punkt seiner Einschiffung. In Sekoba war der Vorsteher mit den (^schenken, die man ihm machte, so zufrieden, daß er sich erbot, die Reisenden bis zum Basing zu begleiten nnd sie gegen die Betrügereien der Schiffer zu beschützen. Mungo Park blieb einen Tag in diesen, Orte, um seinen Kranken Rübe zn gönnen und sie mit Hühnern nnd Milcb zn pflegen. Zwei Meilen östlich von Sekoba liegt das Dorf.Nronkromo. wo die Zelte am Ufer des Bafings aufgeschlagen wurden. Der Tag neigte bereits zum Ende, als 2. Kap.) Uebergang über den Basing. I03 die Reisenden nach landen Unterhandlungen Boote erhielten. Neben jedem Fahrzenge schwammen zwei Esel nnd wnrdcn an den Ohren über dem Wasser gehalten. Bei diesem Uebergange über den Basing ertrank ein Mann in Folge des Umschlagens eines Kahns. Man ertappte einen der Führer ans Sckoba, als er einen Ballen, welcher die Arzneimittel enthielt, forttragen wollte. Man dnrste sich über diesen Versuch nicht wnndern, denn die Einwohner von Sekoba sind berüchtigte Diebe. In Kronkromo sah Mungo Park einen Goldschmied arbeiten. Isaaco wollte sich aus ciiicm Stückchen Gold, das er besaß, einen Ring anfertigen lassen, und der Goldschmied begann damit, daß er aus gewöhnlichem Thon einen Schmclzticgel knetete, in den er das Gold ohne ein Lösungsmittel und ohne irgend eine andere Beimischung legte. Uutm und oben schichtete er nun Kohlen ans nnd fachte das Feuer mit einem Blasebälge an, wodurch sich eine solche Gluth entwickelte, daß das Gold bald in Fluß gerieth. Der Goldschmied höhlte uuu im Tand eiue enge Nöhre aus, goß das Gold hinein und bildete so ein Stäbchen. Als dieses kalt geworden war, glühte er es abermals und gab ihm mit zwei kleinen Zangen die Gestalt eines Korkziehers, woraus er die beiden <5»den verband, ssin Ring rohestcr Form war fertig. In der Nacht wnrde der Schlummer der Reisenden häufig durch Flnßvferde unterbrochen, welche ganz nahe am Ufer schnoben und einen Pfeifenden Ton angstießen. Am folgenden Tage kamen sie an einem Felsen vorbei, den die Vingeboreuen Sankuri nennen. Er erhebt sich mitten in der sibene wie ein riesenhaftes Schloß nnd ist blos anf einer Seite zugänglich. Nicht weit davon sah man ein Fclsstück, welches genau die Form der schottischen ssairns hatte. Weiterhin mußte man Wälder dnrchschn'iten, in denen es keinen gebahnten Weg gab, nnd den Zurückbleibenden durch Schüsse Zeiche» geben, damit sich Niemand verirre. In dieser Wildniß starb einer der Kranken, Namens Walter, und Mungo Park und zwei Soldaten gruben ihm mit Säbeln und Vayon-neten ein Grab. Fast der ganze nächste Tag verging damit, daß man einige Soldaten suchte, welche znrückgebliebcn waren. Einen derselben hatten die Eingeborenen entführt. Einen zweiten Namens Bloore hoffte Mungo Park noch auffinden zu könuen. Er nahm drei Freiwillige mit sich und vcr- HH^ Isaaco in Lebensgefahr, 1^2. Kap. sah sich mit einem Vorrath Heu, von dem beständig cine Handvoll brennend erhalten wurde. Diese Maßregel hatte den doppelten Zweck, dem Verirrten ein Zeichen zu geben, nnd die Löwen, welche in dieser Wegend sehr zahlreich sind, fern zu halten. Als Mnngo Park zu dem Banm kam, unter dem Bloore zuletzt geruht hatte, folgte er dessen Fußstapfen auf eine»! engen Pfade, bis sie plötzlich aufhörten. <5r zündete eine Menge Heu an und rief, doch Niemand antwortete. Unter dem Baume, zu dem er zurückkehrte, waren weder Spuren eines wilden Tlncres noch Blut zu sehen. Von der Nutzlosigkeit seiner Bemühungen überzeugt, kehrte er mit seinen Begleitern zur Karawane zurück. Eine Antilope, die man tödtete, lieferte ein reichliches Abendessen. In dem Thale, wo man lagerte, gab es eine Menge Affen, die von den Gipfeln der Felsen neugierig herabblickten. Anderson lind Scott wurden vom Fieber befallen, uud zwei Soldaten hatten bald nachher dasselbe Schicksal. Zu Mungo Parks großem Bedauern gerieth ein alter Sol-dat, Mae Millan, in einen solche» Zustand von Raserei, daß er in dem Dorfe Sandschickotta zurückgelassen werden mußte. Iu Koina, wo ein wüthender Sturm die Reisenden zwang, ihr Feuer auszulöschen, hörteil sie die ganze Nacht m ihrer Nähe brüllen. Diese Töne gingen von einigen jungen Löwen aus, welche der Karawane ganz nahe kamen. Obgleich die Wachen melmnals feuerten, wurden die Thiere doch nicht eingeschüchtert, uud zwei von ihnen drängten sich so dicht an die Esel heran, die bei den Zelten angebunden waren, daß ein Soldat mit dein Säbel nach ihnen schlagen konnte. In dem Haltplatze Kombandi erfuhr Mungo Park, daß Mac Millan gestorben sei. Ein Matrose. Wilhelm Squirrel, tonnte sich uicht mehr auf dem Pferde halten und wurde mit eüm geladenen Pistole und einigen Patronen im Hut in den Wäldern zurückgelassen. Fonilla, wo die Karawane am nächsten Tage anhielt, ist ein von Mauern umgebenes kleines Dorf am Ufer des Wonda. Während Isaaco sich viele Mühe gab, die Lastthicre über den Fluß zu schaffen und die Fährleute in Ordnung zu halten, faßte ihn ein Krokodil am Beine und zog ihn in das Wasser. Mit seltener Geistesgegenwart klammerte er sich an den Kops des Thieres an, bohrte ihm seine Finger in die Augen und zwang es dadurch, ihn loszulassen, worauf er, nach einem Messer rufend, das Ufer zu 2. Kap^ Unredlichkeit der Einwohner von Maniokorro. 395 gewinnen suchte. Das Krokodil erneuerte seium Augriff uud tauchte dieses Mal mit ihm uuter, aber Isaaco gebrauchte wieder seine Finger und befreite sich auss neue von stiucm furchtbaren Gegner. Der letztere erschien oben auf dem Waffcr, wo er eine Zeit laug mit dem Schwaige um sich schlug, doch sich bald erholte und den Fluß hinab» schwamm. Isaaeo war leider so schwer verwundet, daß mau einige Tage für sein Leben fürchtete. In dieser Zeit war Mungo Park so schwach, daß er iu Ohnmacht fiel, wenn er längere Zeit gestanden hatte. Der Matrose, der im Walde zurückgeblieben war, kam beinalic nackt zurück; die Eingeborenen hatten ihn in der Nacht ausgeplündert; sein Gesundheitszustand war viel beffcr geworden. Zwei Tage spater erkrankten alle Mitglieder der Gesellschaft nnt Ausnahme eines einzigen, und Muugo Park ließ jeden Chinarinde, in Milch gekocht, trinken. Bei einigen Kranken, nicht bei allen, hatte dieses Getränk gute Wirkuugeu. Maniakorro ist eine ummauerte und auch sonst noch befestigte Stadt. Der Va Li strömt mit großer Schnelligkeit bei ihr vorüber und bildet mehrere Wasserfalle. Der dortige Vorsteher, der den Titel Mansa Numma führt, nahm das bedeutende Geschenk Mungo Parks nicht eher an, als bis man noch eine mit Silber ausgelegte Flinte hinzufügte. Alle Einwohner dieser Stadt sind vom ersten bis zum letzten ausgemachte Schurken. Nirgends waren unsere Reisenden mehr Unverschämtheiten und Unredlichkeiten ausgesetzt, als an diesem Orte. Selbst nach ihrer Abreise mußten sie noch auf ihrer Hut sein, da mehrere Einwohner sie einige Tage lang begleiteten. Unter diesen Dieben waren zwei Mitglieder der königlichen Familie. Man behandelte diese erlauchten Spitzbuben so schonend wie möglich, bis sie unerträglich wurden. Eines Tages verwickelte der eine Muugo Park in ein Gespräch, während der zweite mit einer Vogelfiiute davonlief. Während dieser verfolgt wurde, bemächtigte sich der erste eines Ucbcrrocks. Mungo Park gab nun Befehl, aus jeden Dieb zu feuern, und kaum waren ein Paar Schüsse gefallen, so versteckten sich die lästigen Begleiter zwischen den Felsen, an deren Ecken man sie uoch bisweilen lauern sah. Mungo Park. YH ^^ Unterredung mit Koniss Seri Numma. st. Kap. Die Ermattung der Reisenden machte den Ucbcrgang über den Ba Wulima einen Zufluß des Senegals, für sic zu einer schwierigen Aufgabe. Ein Floß, das sie zu bauen anfingen, brachten sie nicht fertig und mußten Neger zum Hinübcrschassen des Gepäcks miethen. Ans dem jenseitigen Ufer erklärteil Scott »nd Anderson, nicht weiter gehen zn können. Da Mungo Parks Pferd Gepäck trug nnd er selbst, wie gewöhnlich) einen Esel vor sich hertreibend zu Fuß ging, so konnte er seinen Gefährten keine Hülfe leisten. Von Mahina aus ließ er sie aber naä>. holen. Die Eingeborenen verhehlten ihre Freude über den hinfälligen Zustand der Fremden keinen Augenblick. Tie nannten dieselben Dum-mnla fong. Mit diesen Worten bezeichnet man cine Sache, welche Jedermann preisgegeben ist. In Mahina wurden auch fünf Esel gestohlen, aber drei am nächsten Tage zurückgestellt, weil die Diebe den Zorn ihres Königs fürchtete». Bangassi, wohin »nan vom Ba Wulima zog, ist ans dieselbe Weise wie Maniakorro befestigt, aber viermal beträchtlicher. Der König Seri Numma machte den Reisenden mit einem schönen Ochsen und zwei großen' Kalebassen voll süßer Milch ein willkommenes Geschenk. Mnngo Park wurde zn ihm beschiedcn nnd hatte eine lange Unterredung mit ihm. Er sagte dem König, er sei nicht nach Afrika gekommen, lim Geld zu holen, sondern um Geld auszugeben; er wüusche sein Ncich freundschaftlich zu durchreisen, um sich nach Vambarra zu begeben, und bitte ihn, die Geschenke anzunehmen, die er als Zeichen seiner Achtnng mitgebracht habe. Isaaco breitete nun diese Gescheute aus, welche in einer Flinte, einem Säbel, Pistolen, Kugelu, Flintenstcincn, Halsbändern, Spiegeln und anderen Sachen mehr bestanden. Der König nahm diese Gegenstände mit der Gleichgültigkeit an, welche die Neger stets zur Schau tragen, wenn man ihnen etwas zeigt, was sie noch nicht gesehen haben. Er ertheilte Mungo Park die Erlaubniß, durch seine Staaten zu reisen, nnd versprach ihm, daß sein Sohn ihn bis Sego begleiten solle. Während ihres Aufenthalts in Bangassi tranken die Reisenden möglichst viel Milch, um ihre Kräfte herzustellen, doch zeigte sich der Erfolg, dm sie wünschten, in geringem Grade. Einer, dessen Zustand 2. Kap.) Drangsale und Beschwerden dei Karawane. 307 ein verzweifelter war, ließ sich in geringer Entfernung von den Zelten unter einem Baum niederlegen. Als er einschlief, wäre er fast von Panthern zerrissen werden, die ihm bereits an den Füßen schnoberten. Er erwachte plötzlich, und der Schreck gab ihm eine solche Kraft, daß er schneller zu den Zelten lief, als die Schildwache ihm zu Hülfe kommen tonnte. Am nächsten Morgen warfen sich drei Soldaten unter eiuen Baum und weigerten sich, weiter mitzugehen. Mungo Park war so unwohl wie die übrigcu, aber seine Energie hielt seinen wankenden Körper aufrecht. Seine geistige Kraft erwachte, so oft seine Gedanken sich auf sein großes Ziel richteten. So schrieb er in sein Tagebuch: „Aus einer Höhe angekommen, von der ich einige weit entfernte Berge sah, überredete ich mich, daß der Niger ihren südlichen Fuß bespüle. Sogleich vergaß ich mein Fieber und dachte auf dem gauzen Wege blos daran, wie ich die blauen Gipfel dieser Berge ersteigen könne." In der folgenden Nacht wurde die Ruhe der Reisenden von einem Löwen unterbrochen, der den Zelten so nahe kam, daß die Schildwache auf ihn feuerte. Mehrere kranke Soldaten blieben zurück und wurden mit Mitteln versehen, an den Niger nachzureisen. Als man eine Meile von Num-mosulo entfernt war, machte man die Entdeckung, daß die sämmtlichen Esel von San Iago gefallen waren oder hatten zurückgelassen werden müssen. Es war dies der beste Beweis, daß man sich nicht mit einer genügenden Anzahl von Lastthieren versehen habe. In Battanding, wo man am 1. August ankam, konnten kaum die Zelte aufgeschlagen werden, weil ein heftiger Sturmrcgen losbrach, die Feuer auslöschte und die Reisenden zwang, ohne Abendessen zu Bett zu gehen. In Knliori ging es nicht besser. Der Regen strömte die ganze Nacht herab und hinderte nicht blos, die Feuer zu unterhalten, sondern war auch Ursache, daß die Panther wenige Schritte vor einem Busche, unter dem ein Neger schlief, einen Esel zerrissen. Von Bangassi an sah man überall Dörfer und Städte, welche in Trümmern lagen. Die Einwohner von Kulion litten so durch Hungcrs-noth, daß sie das Fleisch von Panthern begierig verschlangen. Von einem verschwundenen Soldaten glanbte man, daß die wildeil Thiere ihn getödtet hätten. Man hörte sie die ganze Nacht heulen. 20* ^„ Hinfälliger Zustand der Mannschaft. l2. Kap. Da der Reis abnahm, so mußte man lim so mehr eilen, die Grenze von Bambarra. von der man noch vier Meilen entfernt war, zu erreichen. Andersons Znstand verschlimmerte sich, und die Esel mußten von Negern beladen werden, da keiner von den Weißen »lehr so viel Kraft besaß, eine Last zu heben. Für Mungo Park war es keine geringe Aufgabe, seine» Schwager Anderson zu führen, ihn bald in den Schatten eines Baumes zu geleiten, bald wieder auf's Pferd zu heben. In einem Augenblicke, wo cr sehr beschäftigt war hörte er ein Gebell, wie das eines starken Huudcs. Wie erschrak cr, als er drei Löwen erblickte, welche brüllend gerade auf ihn zugingen. Kr wollte die gewaltigen Thiere nicht zu nahe kommen lassen, da seine Flinte versagen konnte, nnd schoß aus ziemlicher Entfernung. Obgleich er gefehlt zu haben glaubte, blieben doch alle drei Lö' wen stehen. Sie sahen sich an. blickten auch nach Mungo Park hin, machten Kehrt und entfernten sich mit langsamen Schritten. Einen Augenblick später hörte Muugo Park wieder einen von ihnen brüllen. Kr fürchtete, daß die drei Löwen ihm beständig folgen würden, nahm Andersons Pfeife nnd pfiff so stark wie möglich, worauf seine unangenehmen Begleiter nichts mehr von sich hören ließen. Gegen Abend verirrten sich die Neisenden in einem tiefen Thale. wo es so viele Abgründe gab, daß mau in der Dunkelheit keinen Schritt zu thun wagte. In Kumkuma blicbcu sie zwei Tage, um den Ausgang von Andersons Fieber abzuwarten. Am dritten Tage erreichten sie das vier Meilen entfernt liegende Dumbilla; hier sah Mungo Park seinen alten Freund Karfa Taura, der ihn auf seiner ersten Ncise an den Gambia zurückgclcitet hatte. Die Freude dieses Wiedersehens wurde dadurch ge' trübt, daß Scott in Kumkuma krank zurückgeblieben war. Der Karawane voraneilcnd, sah Mungo Park von dem Gipfel einer Gebirgskette abermals den Niger, wie er seine Wellen majestätisch durch die Ebene fortwälzte. So entzückend dieser Anblick für ihn war, schrieb er doch in sein Tagebuch: „Als ich mir sagte, daß wir auf unserer Reise drei Viertel unserer Soldaten verloren hätten und zu allem Unglüci keine Zimmcrlcute mehr besäßen, die uns Boote, auf denen wir zu neue» Entdeckungen eilen könnten. bauten. da umwölkte sich mir die Zukunft." Dennoch wüuschte er,sich Glück, daß er eine uicht unbedeutende Anzahl Europäer mit einem ungeheuren Gepäck 125 Meilen weit ins Innere 2. Kap.1 Mungu Pllik erlrankt. It)9 geführt habe, ohne daß von Seiten der Eingeborenen ernstliche Hindeniisse vorgekommen seien. Er schloß daraus, daß eine Karawane, welche die Reise in der trockenen Jahreszeit mache, höchstens von fnnfzig Menschen vier verlieren werde. Bei der Anknnft in Bammakn zeigte es sich, daß von den sünfund» dreißig Soldaten nnd vier Zimmcrlcuten, die bei der Karawane gewesen waren, blos sechs Soldaten nnd ein Zimmerman» die Ufer des Nigers erreicht hatten. Ein Och!a»iedaner 241. Mumbu ^u,nbo 25. Musik 2l4. Naincn der Neger 208. Namen deo Niger«? 166. Neriko (5lnsi, 30. Niger und Nigerrciscn 151. Pferde, wilde 68. Pisanla 4. Näuber 185. Nhainadan-Fasteu 248. Niugtampfc 26. Sahara, Kliina uud Thiere 105. Salz als ttuMsartikcl 216, 235. Säuger 253. Sausadiug 139, 313. Saphio oder Aninlcte 24. Schlhl'aum 134. Sclaverei und Sclaveuhandel 222. S^lavenftl'iffe 281. Schinelzöfen 219. Schulwesen der Mohamedaner 243. Sego 132. Serawoulliö 37. Slatis 16. Speisen 215. Stab (Werthmesscr) 17. "Tiblw 73. Tilirissi-^ichncn als Oolda.ewicht235. Tinil'nktn 93. 147. Tisih 49. Tornados 198. Tschadda-Bcnuc 168. VielwcU'erei 206. Vintaiil 3. Walli, Königreich 21. Winde 198. Lamina 176. .'Daurri 316. ^)o!of 10. Zeiteintheilung 209. Druck der Nicsschc» Buchdruckern! i» Leipzig. Besonders empfehlenslllerthe Werle theils für die Jugend, — theils für Erwachsene. Vri'Iüg imi G. Senf's Buchhandlung in Dipziss. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen. Ländergefchichte. Die Weltgeschichte in Biographien von 1>>. A. Oeisler' N Vände. Neue elegante Allsgabe. 18l»5. 2 Thaler. Dasselbe Wert in :t elegante Halbfrzdäilde gebunden 2 THIr- 20 Ngr. beschichte von Belgien. Von H cndrit bonscicncc. Mit Stahlstich: Egmont's Tod nacbdcHoV. Elegante Ausgabe. 1805. 1 Tbaler. Geschichte Dänemarks bis auf die neueste Zeit. Von F. A. Allen. Mit dem Portrait Christian's N' nach K. v. Mandern. Neue sehr elegante Ausgabe. 1805. i Thaler. Geschichte Norwegens. Von Andreas Faye. Mildem Portrait Pttcr Tordenskjold's nach Dcnner. Elegante Ausgabe. 1805. 1 Thlr. Geschichte ssrantreichs. Von E. dc Vonnechosc. Mit dem Portrait Richelieu's nack Phil. Champagne. Reue sehr elegante Allsgabe. 1805. I Thaler Geschichte Spaniens. Von Ascargorta. Mit dem Portrait Philipp's II. nach van der Werff. Elegante Ausgabe. 1865. 1 Thaler. Geschichte des russischen Neichs von I. H. Schnilzlcr. Deutsch Von Dr. Cd. Vurckhardt. Elegante Ausgabe, 1805. 1 Thaler. Geschichte des os«»anischen Vteiches von Poujou lat. Mit dem Portrait Abdul Mcdschid's nach Dussalllt. Neue sehr elegante Ausgabe. 1805. i Thaler. Geschichte der nordamerikauischen Freistaaten. Von E. Williards. Mit dem Portrait Washington's nach Longhi. Neue sehr elegante Ausgabe. 1805. i Thaler. Geschichte von Indien von Th. Keightlcy. Ucberseht und bis auf die neueste Heit fortgeführt von I, Scybt. Neue sehr elegante Ausgabe in 2 Bänden. 1865. Preis 1 Thlr. 10 Ngr. Geschichte einzelner Abschnitte. Ter Hansabund. Von 0>-. Gustav Gallois. Mit dem Portrait Jürgen Wullenwcbcr's von Milde. Neue sehr elegante Ausgabe. 1805. 1 Thaler. Geschichte der engl. Revolution bis zum Tode Karl's I. Von ssrmiz G uUot. Mit dem Portrait Karl's I. Neue sehr elegante Ausgabe. 1805. 1 Thaler. Geschichte Nich. Cromwell's und der Wiederherstellung des Königthums in England. Von Franz Guizot. Mit dem Portrait des Gcnerals Monk. Elegante Ausgabe. 1865. 1 Thaler. Geschichte Oliver Eromwell's und der englischen Republik. Von Franz Guizot. Mit dem Portrait Cromwcll's. Elegante 'Ausgabe. 1805. 1 Thaler. Geschichte der französischen Revolution. 1789-1813. Von F. A. Mignct. Mit dem Portrait Mirabcau's nach Naffct. Neue sehr elegante Ausgabe. 1805. l Thaler. 2 Geschichte mizclucr Abschnitte. "lns dem Feldlager in der Krim. Briefe dcö Tilncswrrespon-dcntcn " "" n s i c l l. Deutsch bearbeitet von Iul. Sc y bt. Neue eh! elegante Al.sgabe. 1805. 1 Thaler. l«escl,icl,te der Kalifen. Vom Tode Mohamcd's bis zum Cmnall in Spamcn. Von Washington Irving. Neue schr elegante Ausgabe. 1«". l Thaler. Garibaldi's sseldzug in beiden Sicilirn. Bericht eines Augen-Miqcn, Von (>ap. Forbes. Deutsch von I. Seybt. Neue elegante Ausgabe. V, Thaler. Das Türkische Reich in historisch-statistischen Schilderungen von Molbcch, Chcsncy und Michelicn. 18L5. 1 Thaler Biographie Attila und seine Nachfolger. Von A mcd^'e Thierry. Deutsch von l),-. (vd. Vurckhardt. ^lcuc schr elegante Ausgabe in 2 Vändcn. 18N5. 1 Thaler Kl Ngr. Geschichte Karl's des Großen. Von Johann ssricdr. Schröder. Mit dem Portrait Karl's des Großen nach Albrecht Dürer. Neue sebr elegante Ausgabe. l8C>.'i. 1 Thaler. Geschichte Kaiser Maximilian's I. Von Karl Haltaus, Mit dem Portrait Maximilian's nach Albrecht Di'ircr. Neue elegante Ausgabe. 1805. 1 Thaler. Johann ">uh und das Goncil zu Eostnitz. Von E. dc Nonnc- chosc. Mit dem Portrait Johann Huß'. Neue elegante Ausgabe 1865. 1 Thaler. Geschichte des Kaisers Karl V. Von Ludwig Storch Mit dem Portrait Karl's nach Tizian. Elegante Ausgabe. 1865. 1 Thaler. Geschichte Friedrich's des Groften. Von Franz Kuglcr, Mit dem Portrait Friedrich's nach Schadow. Äleue elegante Ausgabe 1805. l Thaler. Geschichte Kaiser Joseph's II. Von A. Groß-Hoffinger. Mit dem Portrait Joseph's. Neue schr elegante Ausgabe. 1805. 1 Thlr. Erzherzog Karl von Oesterreich. Von A. Groß-Hoffingcr. Mit de,n Portrait des Erzherzogs Karl. Neue elegante Ausgabe 1805. 1 Thaler. Geschichte Karl des Zwölften. Von Andr. Fryxell. Mit dem Portrait Karl's. Neue schr elcgantc Ausgabe, 1865. 1 Thaler Geschichte Gustav Adolph's. Von A n dr. Fry,rel l. Mit dem 'Pottrait Gustav Adolph's nach Anton van Dyk. Neue elegante Ausgabe. 1865. 1 Thaler. Geschichte des Herzogs von Marlborough und des spanischen Erbsolgetrieges. Von Alison. Mit Portrait. Ätcue elegante Auögabc. 1865. 1 Thaler. Geschichte der Königin Maria Ttuart. Von F. A. Mignct Mit d^'m Portrait Maria's nach ^mchari. ^lcuc schr elegante Ausg^.dc. 1805. 1 Thaler. Nelson «nd die Seekriege von »?i»:l - «8l:l. Von I. dc la Graviere, Mit dem Portrait Nelson's nach Abbott. Neue sebr elegante Ausgabe. 1865. 1 Thaler. Biographie. H Ges6,ichte des Kaisers Napoleon. Von P. M. Laurent Mit dcm Portraits Napok'on's nach Dclarochc. Neue sehr elegante Geschichte Peters des Grausamen von Castilien. «^on Prosper Mc-rim^c. Mit dcm Portrait Pctcr's nach A. Carniccro Ncue scbr cl.gantc Ausgabe. 1W5. I Thaler. ""mccro. Geschichte Franz Sforza's und der italienischen Eoudottieri. Von l)r. ssr. Steg er. Mit dcm Portrait Sforza's. Neue sehr elegante Ausgabe. 18«;.-). , Thaler. ' " Veben Lorenzo dc' Medici genannt der Prächtige. Von Will Noscoc. Deutsch Von Frdr. Spiclhagcn. Mit dcm Portrait Lorenzo's. Ncuc sehr elegante Ausgabe. 1805. Vz Thaler. Geschichte Peter's des Grotzen. ^on Eduard Pelz (Trcumuud Wclp». Mit dem Portrait Pctcr's nach Lc Noy. Ätcuc clcaantc Ausgabe. 1W5. 1 Thaler. Geschichte des Kaisers Nikolaus I. Vom Grafen dc Vcaumont-Vassy, Mit dem Portrait Nikolaus', gestochen von Wcgcr. Neue sehr cicgantc 3lusgabc. 18<>5. 1 Thaler. Der falsche Demetrius, ^on Prosper M«'rim<'c. Einc Episode aus der Geschichte Rußlands. Mcgante ^Ausgabe. 1805. 1 Thaler. Das ^'eben Mol,amed's. Von Washington Irving. Mit dcm Titelbild Mobamed's. Elegante Ausgabe. 1805. 1 Thaler. Die Begrülider der französischen Ttaatseinheit. — Dcr 9lbt Tugcr'. — Ludwig dcr Heilige. — Ludwig XI. — Heinrich IV. — Richelieu. — MaM'in. — Vom Grafen L. dc (5arn«. Dcutsch Von I. Seybt. Neue elegante 'slusgabe. 18lH. 1 Thaler. Länder- und Völkerkunde. Drei Reisen um die Welt. Von James Cook. Neu bearbeitet von ssr. Ttcgcr, Neue elegante Ausgabe. 1805. 1 Thaler. Eine Weltumseaeluna mit dcr schwedischen Kricgsfregatte „siugenic/' Von N. I. Andersson. Deutsch von Kanncgieszcr. Nclic elegante Ausgabe. 1805. 1 Thaler. Die Krim und Odessa. Ncm-Erinnerungen von Prof. vr. Karl Koch. Neue elegante Ausgabe. 1805. 1 Thaler. Süd-Nutzland und die Donauländer. Von L. Oliphant, Shirlcv Vrooks, Patrik O'Nricn und W. Smyth. Neue elegante Ausgabe. 1865. 1 Thaler. Neise-Erinnerungen aus Sibirien von Prof. Dr Christoph Hanstecn. Deutsch von 0>. H. Sebald. ?leue elegante Ausgabe. 1865. 1 Thaler. Die Kaukasischen Länder und Armenien. Von Curzon, Koch, Macintosh, Spencer und Nilbraham. Neue elegante Ausgabe. 1805. 1 Thaler. Wanderungen durch die Mongolei nach Thibet von Huc und Gabct. Deutsch ! von Karl Andrec. 1805. 1 Thaler. Wanderungen durch das chinesische Neich von H uc imd Gab ct. ^n deutscher Bearbeitung von K. Andrec. 1805. 1 Thaler. Munao Vart's Reisen in Afrika von dcr Westküste zum Äligcr. Ncu bcarbcittt v.^^^ Stegcr. Elegante Ausgabc. 1805. ,Thlr. ^ie afrikanische Wüste und das Land der Schwarzen am obe?n Nil. Vom d'^scayrac dc Lauturc. Ncue cicgantc Ausgabe, 1805. 1 Thaler. 4 Länder- und Völkerkunde. Z?,'l5«f^is« «nd Madagaskar geschildert durch die neuen Ent- "ckunas"i""en ^ Livingstone und Ellis. Neue elegante Allsgabe. 1«<". ^ Thaler. ^«-«.«n^ika Scinc Geschichte, seine Zustände und seine Aussichten. Elegante Ausübe, l^. l Thaler. <3>,- i-,k«^ und ihre Küstenländer. Geographisch, naturwissen- N. von Ehel. Neue elegant? Ausgabe. 18<>5. > Thaler 1l) Ngr. «v-isen im Nordpolmeere von F. Elisha Kent Kane. Uebers. von I Seybt. Neue elegante Ausgabe. 18l.5. 1 Thaler, ynanderunaen durch Texas und im mexikanischen Gren.^lande. Aus dem Englischen des F. ^. Ölmstcd. Elegante Ausgabe. 1805. ITHlr. jNuenos-Al,res und die Argentinischen Staaten. Nach den ncucskn Oucllcn, Herausgegeben von Karl Andrec. Neue elegante Ausgabe, 1^»',. l Thaler. t5entral-Amerika (Honduras, San Salvador und die Moskitoküstc.) ^on Squic r. Deutsch herausgegeben von K a r l A ndrc c. Neue elegante Ausgabe. !805. l Tl'alcr. Wanderungen durch Australien von Oberstlieutenant Charles Milndy. Deutsch bearbeitet von Friedrich Ger stacker. Neue elegante Ausgabe. I"<»5>. l Tftalcr. ^twei Neiseu in Peru. Gegenwärtiger Aufschwlmg l,nd Zukunft dieses Bandes nach den neuesten Entdeckungen geschildert von Clemens N. Markham. 18U5. Preis 1 Thaler. Naturkunde. Ter Geist in der Natur. Von H. E, Oersted, Deutsch von Prof. l),-. Kannegießer. Mit Portrait. Neue elegante Ausgabe in 2 Bänden. 18W. l Thaler W Ngr. Natnrschilderungen von I. F. Tck ouw. Deutsch von H. Zeise. Mit Biographie und Portrait des Verfassers. 1805. 1 Thaler. Chemische Bilder aus dem Alltagsleben. Nach d »n Englischen des IameS Johnston. Neue elegante Ausgabe. 1805. 1 Thaler. Die Witterungslehre zur Belehrung und Unterhaltung für alle Stände von l'r. G. A Iahn. Neue elegante Ausgabe. 1805. l Thlr. Naturlehre. Von N,-. E. (5. Brewer. Nach der 8. Aufl. des cngl. Originals v. Dr. O. Ma rba ch. Elegante Ausgabe. 1805. 1 Thaler. Clafsiker und Volksliteratur. Sophokles. Deutsch von O. Marback. Nebst einführender Abhandlung. Die griechische Tragödie und Sophokles mit erläuternden Einleitungen und Anmerkungen. Elegante Ausgabe. 1800. 1 Thaler. Das Nibelungenlied. Neuhochdeutsche Ucbcrsehung von Oswald Marbach. Nebst einführender Abhandlung. Das Nibelungenlied und die altgcrmanische Volkssage mit Anmerkungen und ausführlicher Inhaltsangabc. Neue elegante Ausgabe. l800. 1 Thaler. Westslawischer Märchenschah. Ein Charakterbild der Böhmen, Mährcr und Slowaken, in ihren Märchen, Sagen, Geschichten, Volksgesängcn und Sprichwörtern. Deutsch bearbeitet v. Wen zig. Mit Musikbcilagcn. Ncm elegante Ausgabe. 1800, 1 Thaler. Gsaias Tegubr's Dichterwerke. Inhalt: Die Frithjofssage. — Axel. — Die Nachtmahlskindcr. — Gedichte. — Deutsch von Edmund Lobcdanz. Mit Biographie und Portrait des Dichters. Neue elegante Ausgahe. 1800. 1 Thaler. Dnlck V0l! C, G. Naumauu ill 5!eipz<,<,