für Vaterland, Kunst, Wissenschaft und geselliges Leben. N edigirt von vr. Johann Hladnik. «H/? ^^t. Samstag den 3. Nouembcr. FDUA. Franz Grillparzer. Viogravhischc Skizzl. ^Vrillparzer wurde am ! 5. Jänner l791 zu Wien geboren, vollendete 18ll seine Nechtsstudien, trat bei der k. k. allgemeinen Hofkammer im Jahre l8!3 i„ Staatsdienste, wurde im Jahre l824 Hofconcipist und ist seit 1833 Archivdirector der Hofkammer (jetzt Finanzministerium). Der Dichter der »Sappho" blieb und ist uuverehelichr, hat aber seine Jugendliebe im »Otrokar", in de,n Bürgermädchen Katharina Fröhlich verewigt. Wer daS eben so geist-als gemüthvolle Original kannte, wird bekennen muffen: »Sie war des Dichters werch!" In seinem fünfundzwan-zigsten Jahre ^l8!6) trat er zuerst mit seiner Schicksalstragödie »die Ahn fr au" hervor, die im Theater an der Wien mit ungeheurem Erfolge in die Scene ging. War diese Phantasie- und glutvolle Dichtung auch mehr oder minder ein Echo der damals sieghaften Schicksalsideeu, die in Werner, Müllner, Houwal'd ic. ihre glänzende, aber bald gebrochene Spiße fauden, so war doch die Manifestation eines großen, zukunftve,heißenden Talentes im Bereiche dcr dramatischen Literatur zu glorreich und zündend, um nicht alle Hoffnungen des kunstsinnigen Wiener Publicums in dem edlen Geiste Grillparzer'S zu concenrriren. Es ist damals und soäter viel Tolles und Gelehrtes, Absurdes u>»d Schönes über das erste Werk unseres Landsmannes aller Orten geschrieben worden. — Eins steht fest, »die Ahnfrau" des Dichters aus dem »Phaakenlande" hat sich >'" ganz Deutschland eingebürgert, Jedermann kennt sie (auch Jene, die sie nicht kennen wollen), selbst der mystische Norden, das verstandesklare Schweden hat diese süddeutsche Dichtung liebgewonnen, und jetzt »och wandelt das seelcnbannende Gespenst an den Ufern des Mälar über die weltbedeutenden Breter, indeß sich im schauerlosen Italien die brennende Seele einer reizenden Venetianerin in die ungewöhnten und unbekannten Gefühle der schwärmenlchen V er th a versenkt. Und bald wäre dieses hochpoetische Werk für immer, der Verfasser desselben aber vielleicht für lange noch dcr Welt fremd geblieben, wenn nicht das Auge des rechte,, Mannes beide fast zufällig erkannt hätte. Dieser Mann war der treffliche Dramaturg des kaiserlichen Hofburgtheateis Ios. Schreyvogel (Pseudonym: Thomas und C. A. West), dessen Namen und Wirksamkeit die Kunstgeschichte bleibend bewahren wird. Schrcyvoa. el bcschaitigte sich eben damals mit einer Bearbeitung des Ca ld e r o ,,'sche» Schauspieles: »Das Leben — ein Traun,," als ihm ein Amtsgenosse, ebenfalls Literat uud als dramatischer Schriftsteller nicht unbekannt, bemerkte, das; ein ihm verwandter junger Mann gleichzeitig an jenem Meistcrwcrke Calde-ron's sich versuche. Schreyvogel, durch die mitgeche'lten Proben freudig überrascht, ließ den schüchterinn jungen Mann — es war Grillparzer — sich rol stelle» und fragte ihn, ob er denn nicht vielleichr' ein Original-Product in seinem Pulte verschlossen habe. Der schüchterne Jüngling wollte Anfangs mir der Sprache nicht heraus, endlich abcr gestand er, das; er wohl ein Stück geschrieben und auch sei- > nem Verwandten, seim-m einzigen Vertrauten lind Berather, es gezeigt, allein aus dessc» Muude das niederschlagende Urtheil rcrnommeu habe: »Franz, laß' das gut seyn, — Du bist kein Dichter!" — Schre y oo g el's ermunternde Zuspräche überwand G rillp a rz e r's Schüchtcrnheil; dieser brachte ihm sein Manuscript; es war die »Ahn frau," in der ursprünglichen Form. Schreyvogel war außer sich voi Freuden über diesen glücklichen Fund. Das Stück ent» hielt, trotz bedeutender Mangel, trotz mancher abenteuerlicher Auswüchse, bizarrer Grellheiten, untheacralischer Langen und Mißgriffe, dennoch einen solchen Fond von wahrer Poesie und echtem dramatischen Leben, daß cr es für seine angenehme Pflicht hielt, dem Dichter mit Rath uud That an die Hand zu gehen, um sein Erstlingsproduct, das den Stämpel der Genialität so unv.'i'kcnubai' an der Stirne trug, zur Darstellung zu biiugen. Mit ficudestrahlendem Gesichts übergab er dem ängstlich einem zweiten Verdam-mungsurtheile entgegenharrenden Poeten sein Werk zur Ueber-arbeitung mit den Worten: »Junger Freund, wär' i'ch Ihr Verwandter, so würde ich zu Ihuen sagen: Franz, fahre so fort, — denn bei Goct! Du bist ein Dichter!" — Von __ 330 ---- diesem Augenblicke an blieb Schreyvogel dein edlen Gril l-parzer ein liebevoller Lehrer, Freund und Macen im rein, ften Sinne des Wortes. Als erste reifere Frucht dieser geistigen Berührung erschien im Jahre l8>8 das Tranerspiel »Sappho," das im Hoftheater einen beispiellosen Succeß erlebte. Grill-p arger's Genius entfaltete in di>sem poetischen Mysterium des Liebe- und Rnhme)lebens seine schwanenweißen Fittige und knüpfte das fabelhafte Hellas an die wirkliche Welt des Herzens an, — des Geistesschmerzes, der allewigen Großheit erhabener Naturen, seyen sie nun vor tausend Jahren in der lebensfrohen Hellas oder an den Ufern unserer heimischen Ströme zu Hanse gewesen. Der Vorwurf, den die gelehrte und übergelehrte Critik dieser inhaltschweren und formschönen Dichtung zu machen sich herausnahm, dürfte in seiner Tragweite sehr nahe an die Gränze streifen, wo Unmögliches und Lächerliches sich berühren. Man nannte die Denk- und Sprechweise der »Sappho" zu modern; etwa weil die griechische Dichterin liebte, wie ein Weib liebt, well sie zu schön sprach, etwa weil sie sogar — deutsch sprach. — Eines jedoch steht fest: daß die »Sappho" den Ruhm des Dichters so recht eigentlich begründete: und was auch norddeutsche "Schulweisheit daran mäkeln mochre, um diese reine, schöne dramatische Dichtung nicht für rühm-fähig erklären zu dürfen, — die norddeutsche dramatische Poesie der lebten 40 Jahre hat kein ähnliches Drama aufzuweisen, das diesem an innerem Gehalle und wahrer Form» schönheit gleich käme. Ein Jahr darauf (l 819) w.'llfahrtete der Dichter nach dem Sehnsuchcslande aller Dichter und Künstler: nach dem herrlichen Italien. Das Taschenbuch »Aglaja" brachte manche der schönen, lyrischen Blüthen, die er auf dieser Sangersahrl gepflückt hat. Das eben so erhabener als poetischer Gedanken volle Gedicht »die Ruinen des l^mpo Vaccino" erweckte die größte Sensation in der ganzen gebildeten Welt, dagegen aber mehrseitiges Mißfallen in den Allerhöchsten Kreisen, wo man das geniale Product von einem anderen Standpnncte ans, als dem poet,schen, beurtheilen zu müssen glaubte. Grillparzer hacre für das »Kreuz uuf dem Colosseum" lange Zeit das Kreuz der Ungnade zu tragen, bis — (gewissermaßen als Ersatz) — er in neuester Zeit (l849) ein anderes Kreuz erhielt: das Ritterkreuz des kais. Leopold-Ordens, gleich ehrenvoll durch den Anlaß, bei dem, als durch die anerkennende Weise, wie es ihm geboie» wurde. Im Jahre 1822 erschien seine dramatische Trilogie „Das goldene Vließ," die bekannte Geschichte der Me-dea behandelnd. Die Gediegenheit dieser großartigen Dich' tung , durch die geniale Darstellung der unvergeßlichen Sophie Schröder wie eine zündende Flamme in's Leben hinausgeschleuderr, flocht neue Lorbern um das Haupt des edlen, dem Großen und Erhabenen zugewendeten Dichters, der mit diesem Werke völlig mündig geworden, eine Bewältigung des Stoffes, eine psychologische Tiefe der Charakteri- stik, eine Erhabenheit der Ideen und namentlich in den vier ersten Acten der Medea eine classische Vollendung mani-festiit, wie sie nur den größcen Dramatikern eigen ist. Mit dem historischen Trauerspiele »König Otto-kar's Glück und Ende" betrat Grillparzer im Jahre l824 den Boden der vaterländischen Geschichte, auf dem ihm die unvergänglichsten Lorbe-n geblüht hätten, wenn nicht das mimosengleiche Gemüth des besten der Menschen von Einflüssen nnfrenndlicher und schwer zu besprechender Art sich in die Einsamkeit seiner inneien Welt, leidend und liebend, verzeihend und grollend, denkend und schweigend znrückgezogen und den ehernen Griffel der Geschichte, wie Moses die Gesetztafeln am Sinai, im Angesichts der Kalbsanbeter hinweggeschleudert hätte. Viel — sehr viel wurde über Ottokar geschl'ieben; die Einen, »die da gekauert sitzen im verjährten Wust", sch^.,, Z^l- über Ver-letzung der historischen Wahrheit und über parteiische Charakteristik; die schon damals ainidynastische Secte österreichischer Ultra's protestute gegen die Vortrefflichkeic des guten Grafen von Habsburg und wollre duichaus keine poetische, keine historische Verherrlichung des deutschen Kaisers von «tmn so und so anerkennen; Grillparzer aber »dachte sich sein Theil und ließ die Andern reden," obwohl dießmal die beiden ertremen Partelen sich dar.'n vereinigten, daß sie dem für Recht und Wahrheit begeisterten Dichter gemeinschaftlich grollten. »Jerusalem! die Du steinigest Deine Propheten!" Nach vierjähriger Pause brachte das Hofburgtheater G r i l l p a l z e r's neues Tranerspiel: »Ein treuer Di e-ner seines Herr»." Dieses, durch seinen wiede!haarigen Sioff nicht allgemein zugängliche Drama, dessen herrliche Einzelnheiten und virtuose Mache von der Bühne herab große Wirkung hervorbrachten, konnte sich für län' ger auf den Bretern nichc behaupten; das selbst gutmüthige Wiener Pudlicum wollte sich mit der, auf die Spitze gestellten Gntmüthigkeit des treuen Bai, cban nicht zufrieden stelle» lassen. Auch anderwärts hat diese edle dramatische Dichtung von der Bühne herab keinen bleibenden Erfolg errungen. (Bcl, luß folgt.) Volksbrauche nnd Fe^nglauben im mittäglichen l,ud nördlichen Frankreich. (Aus der »Wiener Z>'ilu!,.,«,) Gleich den celtischeu Priestermen beschwören die »Blan-quettes" in der Provence die Stürme, wechseln nach Willkür die Gestalt, tanzen wie die Jungfrauen der Edda im Mondschein, wobei unter jedem ihrer Tü'tce ein Büschel Fenchel wachst, und stehen dem Loose jedes Menschen in der Weise der antiken Schicksalsqöttinei, vor. In der Neujahrsnacht betreten sie jedes Haus. Die Hausfrau deckt, beoor sie schlafen geht, in einem abgelegenen Gemach einen Tisch, legt das feinste weiße Tnch darauf, ein dreipfündiges Brot, ein Messer mit weißem Hefte, fügt etwas Wein hinzu, eitl 331 Glas und eine geweihte Kerze, die sie mit einem vom Io-hannisfemr bewahrten Lavendelzweig, anzündet, schließt dann die Thüre und schleicht davon, »» pu« lw l-ftllui'tl" wie man zn sagen pflegt ("im Fuchsschrist"). Beim letzten Schlage der Mitternacht erscheinen die Blaliquettes, glänzend und flüchtig wie Sonnenstrahlen; jede trägt zwei Kinder, das eine auf dem rechten Arme ist mit Nosen bekränzt und singt gleich einer Orgel: das ist das Glück, das andere auf den, linken Arme ist mit Hauslaub*) b> kränzt, das vor der Blüthe von den Dächern gerissen, und weint Thränen so dick wie Perlen: das ist das Unglück. Je nachdem die BlanPiettes vergnügt oder unzufrieden sind über die zu ih'.'em Empfange getroffenen Anstalten, setzen sie für einen Augenblick das eine oder andere Kind auf den Tisch, und entscheiden so über das Geschick des Hauses während des gangen Jahres. Am folgenden Morgen eilt die Familie «das Gedecke-der Blanquettes" zu untersuchen; wenn alles in Ordnung ist, schließt man daraus, das; sie. im Frieden ab,o-gen; der Aelteste nimmt das Brot, blicht es und vertheilt es, nachdem er es in den Wein getaucht, unter den Anwesenden, „um das Glück uncer sich zu theilen " Dann erst wünscht man sich glückseliges Neujahr und freudenreiches Paradies. »Der »Sauriinonde" ist ein Spuckgeist, der sich in die Gestalt eines kleinen Mägdleins hüllt und von einer Fami-lie an Kindesstart annehmen läßt, welche der heilige Sta-pinus mit mehr Olivenbäumen und Weinstöcken als mit Verstand gesegnet hat. Die angebliche Waise wächst schön heran. Zuerst macht man einl6tl6l'6) bei aUe» Tänzen der großen »Roumeirages," den Kirchweihfesten des Süden, bei welchem die Slräußlerin den Reigen eröffnet Zuletzt begehrt der Sohn des Hauses ihre Hand, imd glaubt, wenn er auf ihre Schürze niedergekniet ist, alle sieb.»!! Cardinaltuaenden geheirachet ^u habe»; aber da schneidet schon am nächsten Morgen, wie mau zu sagen pfi>'gl, die Neuvermählte »alle Blumen im Gait.n ab." ^*) S-'e wird allein Herrin im Hause und nchtet alles so wohl ei:i, das; nichts gelingt. Das Bret, welches sie in der Betwoche vor Himmelfahrt backen läßt, ist das ganze Jahr schimme-' lig; Ne bringt die Schlingen für das Wild ans Feuer, das; l" nichtZ mehr als Kröten fangen können; sie brennt Hol' lundei-holz, ^,mc die Hühner nicht mehr legen, und zieht den Fluch auf das Haus, weil sie die Schwalbennester zerstört. Der Main, hat gut den »Pary" rufen, den ländlichen Hexenmeister, um an den vier Ecken des Hauses die *) Man liält nämlich das Hauslaub (semi"^'»'"'" tcotorum) im mittägliche Frankreich für rine schützmdc Pflanze, und eS bringt Unheil, sie von den Dächcrn zu reißen. **) Wenn in den Baucrnhäuscrn dcS mittäglichen FramrcichS das Familienhaupt stirbt, schneidet man alle Blumen im Garten^ ab. Daher dieser Ausdruck, um anzudeuten, daß man sich tiues Hanfes bemächtiget, als ob dessen Herr wdt wäre oder man es von ihm geerbt hätte. Beschwörungen vorzunehmen, welche den Fuchs vertreiben; der Hühnerstall bleibt doch jede Nacht leer; vergebens hängt er in seineu Ställen die »ps^rn» lis ziii5s)ton den Antiquaren unter dem Namen »celtische Aexte" gekannt) auf, seine Schafe sterben eins nach dem andern; endlich kommt der Nuin und mit ihm die Gerichtsleute. Sodann fußt die schöne Frau, die sich hat einen Contract schreiben laisen, der ihr eine große Morgengabe sichert, auf ihren Rechten, ordnet den Verkauf an und macht sich aus dem Staube. Dieser Saurimonde scheint Geschwisterkind mit dem „Prownie" der Schotten, der im Nothfall kein minder verführerischer, und genau ein eben so gefährlicher Kobold ist, vor dem man nur am Vorabende von Allerheiligen Schutz findet, dem Feste »Hallowen," währeud dem die Zwischcngeister dein Menschen nicht zu schaden vermögen. Im Süden Frankreichs hat mau diesen Goltesfrieden nicht, aber am Vorabende vom Dreikönigstage geht man mit eisernen Töpfen und Glöckchen zum Hause hinaus um mit dem Geräusche die Nachcgespenster zu vertreiben; hier haben wir auch wieder eine Reminiscenz an das römische Fest der Le-mlü'cn. Die Poltergeister in der Provence heißen »Fassili?» res;" ihr König, Tambouiinet, hat, gleich mittelalterlichen Fülsien, einen Narren im Gefolge, Drak genannt, vor dem man sich besondeis hüten mnß, Wehe dem Wanderer, der vergißt, einige Krümchen seines Males für den Elien im Gras zurückzulassen oder ihm eine Libanon zu weihen, bevor man von der Quelle trinkt! Drak schnallt den Sattelgurt des Pferdes los, läßt den Reisenden in den ersten Sumpf fallen und verfolgt ihn mit tausend Plagen. Wir wenden uns jetzt zu den nördlichen Feen, zunächst in die Umgegend von Dieppe. Bei dem Dorfe Puys wird die Messe der »Stadt Limes" gehalten, wo die „weiften Frauen" Zauberkrauter feil bieren, in Ringe gefaßte Sonnenstrahlen und wie Linnen von Laval aufgerollten Mondschein. Sie laden Dich so artig zum Handel ein wie die Spitzenverkäuferinnen von Caen, und wenn Du Dich nahst, schleudern sie Dich in's Meer. Schon mancher hübsche Bm> sche ward zerschmettert am Fuße der Klippen gefunden. Der Ritter von Argouges bei Bayeur begegnete auf der Jagd zwanzig holden Jungfrauen, die auf „moudfarbenen" Rossen ritten, an ihrer Spitze ein noch schöneres Weib, das ihre Königin schien. Er verliebte sich so hefcig in diese, daß er sie mit auf sein Schloß nahm und ehelichte. Sie genossen lange das größte Erden^lück zusammen; aber die Ilnbe-kannte war die Fee, welche über das Leben herrscht, und als einst ihr Gemahl vor ihr das Wort »Tod" aussprach, stieß sie einen Schrei aus und verschwand, nachdem sie die Spur ihrer Hand dem Thore des Schlosses eingedrückt hatte, als schmerzliches Symbol aller irdischen Freuden, die vor einein Worte zerflattern und oft nichts zurücklassen zum Andenken als ein herbes Stigma am Eingänge zum Herzen. »Die Fades" (Feen), erzählt die alte Spinnerin dem Wandersmann, »haben eine stolze Seele und zeigen sich 332 nur dem, der m!t Herzensvertrauen nach ihnen ruft; und weil man nicht mehr a» sie glaubte, haben die meisten mit ihren Männern, den Farfadets, da) Land verlassen. »Wenn mein Kobold," fährt sie lachend fort, »übler Laune war, wenn er Asche auf den Beden streure oder Strohhalme in die Milch warf, sagte ich kein Wort nnd er wurde wieder gut. Mir den Farfadets ist's wie mic den Ehemännern. Man muß das Gewölk vorbeiziehen lassen. Ist der Regenguß aus, dann sind sie in sich gegangen nnd raufen uns jeden Tropfen mit drei Sonnenstrahlen ab." Die alte Spinnerin warnc auch vor der Gefahr, den Hauselfeu zu erzürnen. Die Magd, die ihn beleidigt hat, laßt alles aus ihren Handen gleiten und zerbrechen; nie weckc sie mehr der Hahn bei Tagesanbruch; das trockenste Holz brennt ihr nicht an; stecs erhält sie Schelte vom Herrn bis sie zuletzt a»s dem Hanse gejagt wird. Goube-lino heißt ein »F«," der zum Vorzeichen dient. Man sieht ihn die Form wechseln, je nachdem er Verkündigungen zu machen hat. Er durchstreift die Felder, auf einer Fischotter reitend, wenn er Nebel schweinmuugen, auf einem Schimmel, wenn er Schnee nud Kalte anzumeld.n hac; auf emem Leichenwagen, wenn Krankheiten die Gegend bedrohen; zu Fuß, den Bettelsack auf der Schuller, wenn Hungersnoth naht. Dein Arzte von Achy erschien er an einem Seitenwege, schwarz gekleidet, eine Schaufel in der Hand, und noch am nämlichen Tage ertrank der Doccor, als er durch die Schwemme bei Herbouval reiten wollte. Einmal verlangte der Gou-beliuo, als Bettler vermummt, eine Handvoll Salz von einem Salzhändler, und als der ihm drei gab i'.n Namen der Dreieinigkeit, berührte jener die Glöckleiu des Haupt-Maulthieres, die sich augenblicklich in goldene velwaudelteu. Im Sauct Bennos-Traum, in der Nacht vor dem Christfeste, sieht das Madchen ihren künftigen Eheherrn, »vcnn sie, nachdem sie das Licht ausgelöscht, einen Reim gesprochen und sich zu Bette gelegt hat, ohne an etwas anderes zn denken. Allein sie darf weder Fee noch Geist wider sich haben, sonst bricht es den Ban». Wer »das Huhn Goc-tes" (die Schwalbe) aus dein Neste vertreibt oder den »Cri-Cri" im Kamm (die Grille) zertritt, nimmt ein böses Ende. Dein Reisenden, wenn er Glück habcn soll, muß ein Kreuz am Wege begegnen, und eine Krähe, welche ihm zur Rechten fliegt. »Vor Zeiten," sagt die greise Spinnfrau, »ging keiner aus dein Hause, ohne ein Blatt geweihten Lorber aus dem Geschirre mitzunehmen. Mein Vater hat eine ganze Hecke im Baumgarten gepflanzt; aber unsere Leute haben eS ausgeiiffcn, um das Feld für den Futterklee zn vergrößern , denn jetzc macht man alle T^ge des lieben Gottes Theil kleiner." Feuilleton. Das Spcctakelstück »3lo,n" in Paris. — Im Pariser Theater »Porte ^c. Martin" erregte ein neues Speccakelstück »Rom" großes Aufsehen. Am 30. Vept. fand dessen erste Aufführung Statt. Srine Heiligkeit >n eigener Person bildet die Hauptperson und trat im ersten Acte al5 Soldat, im zweiten als Bischof, dann al) Cardinal und endlich als Papst auf. Das Haus war überfüllt. Noch bevor der Vorhang aufgezogen wurde, belustigten nch die Blousen auf der Gallerie dauu'r, die Marseillaise uud andere patriotische Gesänge zu singen. Die ersten drei Acre gingen ziemlich ruhig vorüber. Im vierten Acce macht der Papst einige liberale Concessionen und garantirr seinein Volke eine Constitucion, aber das Volk fangt, anstatt dankbar zu seyn, eine Revolution an. Seine Heiligkeit begibt sich unter das'elbe und sagt: »Fremde sind eö, die Euch angestiftet, das zu thun." Bei dem Worce „Fremde" brach ein Lärm von unbeschreiblicher Wildheit aus. Es wurde geschrien, gewüthet, gepfiffen, man hörte einzelne Tacte der Marseillaise und wilde Ausrufungen: „(5Z lebe die französische Republik!" »Es leben die Römer"" " Der scheußliche und doch begeisterungscrunkene Lärm raste in den Räumen. Das Publicum im Parterre und i,n Orchester machieu vergebliche Opposition, indem sie den Worten des Papstes applaudirten, aber der Lä.m der Blousenmälmer war überwiegend. In, Zwischenacce sang und piüqelte mau sich in, Chorus. Aklf deu Gallerieu brüllte ma,i: IXn,,» 8l)!»m«8 t'i-lii-6»." Im nächsten Acte hielt Ma>zin'i eine pomphaste Rede, wie sehr es Noch thue, gegen die ^.an-zosen zu kämpfen. Jedes Wort desselben wurde nur übergroßem Beifalle begleitet. Die Blou!>m»amier bestanden darauf, daß ein Mann in einer Loge, der besonders viel Opposition gegen ihren Beifall machte, Falloux sey, und schrien uuaufhöllich- »5 I» poi-l«!" Garibaldi wuide v>>n einem Theile des Publicums mir großem Beifalle, von dem anderen mir großem Mißfallen aufgenommen. — Als die französische Fahne anf den Mauern Roms aufgepflanzt wurde, entstand ein höllisches Zischen und «Pfeifen, es durfte nichc ausgespielt werden uud das Publicum verließ daö Schauspielhaus. Telegraphen-Korrespondenz j« Preußen. — Auch auf der electro-magnetischen Telegraphenlinie zwischen Berlin und Stettin (die Entfernung beträgt !8 Meilen) werden jetzt Privatdeveschen befördert. Mau zahlt von l bis 20 Worce l fl. 30 kr. und bei Depeschen von größerem Umfange für je l0 Worte immer um ein Viertel des ersten Satzes mehr, so daß für eine Depesche von 9 l bis lt)0 Worcen 4 fl. 30 kr. C. M. zu entrichten kommen. Uebrigens gelten dieselben Bedingungen, die schon bei Ge> legenheit der Eröffnung der anderen preußischen Telegraphen linien mitgetheilt wurden. Gine neue Maschine. — Ein belgischer Ingenieur hat eine Maschine erfunden, die mit vollständiger Genauig» keir die Schnelligkeit angibt, mit der ein Eisenbahnzug sich bewegt. Sie gewährt den Vortheil, daß sie ebenso gut an einem Waggon, wie an einer Locomoiiue angebracht werden, und daher sowohl dem ersten Conducteur, als dem Locomoiivführer znr Richtschuur dienen kann. Durch die Anwendung dieser Maschine wird nichr nur die Sicherheit der Reisenden erhöht, sondern auch die Bahn und die Wägen vor allzu großer Abnützung geschützt, da sich der Zug mit mehr Regelmäßigkeit bewegen kann, uud uicht nöthig hat, mit allzu großer Geschwindigkeit zu fahren, um die durch laugsames Fahren versäumte Zeit einzuholen. (Boh.) Verleger: Ignaz Alois Kleinmayr.