Die Vitaminversorgung der Truppe mmm^mm 'g .h ■■. ■ J- i - - Die Vitaminversorgung der Truppe. • . - .- - Die Vitaminversorgung der Truppe Vorträge gehalten anläßlich der Arbeitstagang am 30. September 1942 im Institut für Ernährung und Heilpflanzenkunde in Dachau vor Vertretern des Heeres, der Reichsgesundheitsführung und der Waffen-ff. 124433 Eröffnungsansprache von ^-Obergruppenführer Pohl, Meine Herren! Ich eröffne die heutige Arbeitstagung „Die Vitapmn Versorgung der Truppe7* und heiße Sie alle herzlich willkommen. Der Reichsführer fö. der an dieser Frage persönlich stärksten Anteil nimmt und ihr immer wieder seinen eigenen Impuls verliehen hat, hat mich beauftragt. Ihnen allen seine herzlichen Grüße zu übermitteln. Reichsleiter. Reichsschatzmeister Schwarz j und der Reichsgesundheitsführer. Staatssekretär Dr. Conti, welche beide ihre Teilnahme fest zugesagt hatten, haben diese in letzter Stunde zurückziehen müssen, weil sie zu Führerbesprechungen in Berlin befohlen worden sind. Leider ist auch der Chef des Verwaltungsamtes im OKII, Generalleutnant Osterkam p. am Erscheinen verhindert. Meine Herren, ich danke Ihnen allen, daß Sie unsere Anregung, uns zu einer Besprechung über das Tagungsthema einmal: an einen Tisch zusammenzusetzen, so bereitwillig Gehör geschenkt haben. Wenn die Einladung hierzu von der Schutzstaffel ergangen ist als dem zahlenmäßig schwächsten Teil tler Gesamt Wehrmacht, so sollte damit kein Führungsanspruch erhoben werden. Es soll vielmehr lediglich unsere Bereitwilligkeit offenbar werden, zu dieser für die Ernährung der Truppe so außerordentlich wichtigen Frage einen Beitrag zu geben. Denn auch wir. die Waffen-^ und die eingesetzten Verbände der Polizei, sind Truppe. Zu diesem Beitrag allerdings halten wir uns berechtigt und verpflichtet. Wir sind ja auf unseren Weg gewiesen worden, nicht durch ein offenkundiges Versagen berufener Organisationen, sondern weil diese Frage zu den Grundproblemen überhaupt gehört.'"mit denen die Schutzstaffel infolge ihrer eigenen Einstellung zu allen Dingen des Lebens sich in ihrer Art von je her auseinanderzusetzen pflegt. o Wir glauben nicht, daß wir mit unseren Arbeiten, über welche im Laufe der Tagung der Ernährungsinspekteur der Waf-fen-^, #-Sturmbannführer Prof. Dr. Dr. Schenck, und die wissenschaftliche Mitarbeiterin, Apothekerin Frl. Friedrich, berichten werden, das Optimum gefunden haben. Wir sind aber stolz-und glücklich, daß wir imstande waren, aus eigener Kraft aus unseren Kräutergärten unserer Truppe in den letzten harten Wintern fühlbare Erleichterung in der vitaminarmen Ernährung gebracht zu haben. So hoffe ich, daß wir uns heute durch den Austausch unserer Erfahrungen gegenseitig bereichern und einander unterstützen können, in der Vitaminversorgung der Truppe die beste Lösung für alle bald zu finden. 6 hfy-Sturmbannführer Prof. Dr. Dr. Schenck Ernährungsinspekteur der Wäffen-ff. Erfahrungen über die Vitaminversorgung der Feldtruppe. Maßnahmen der Reichsführung \\ zur Sicherstellung ausreichender Vitaminmengen. ••iV . ... . . < . ..... . | ■ ■ Wenn man die Ernährung und Verpflegung der Truppe an der Front richtig beurteilen will, dann muß man von der Tatsache ausgehen, daß der jeweilige Gesundhcits- und Ernährungszustand des Soldaten sich ergibt aus dem Zusammenwirken einer ganzen Reihe von Faktoren, die erst im Felde ihre besondere Bedeutung erhalten. Im Frieden sind in den Garnisonen diese sekundären Faktoren wie z. B. ungünstige hygienische Verhältnisse weitgehend ausgeschaltet oder wie die körperlichen Leistungen auf Grund langjähriger Tradition bekannt und werden bei der Verpflegungszuteilung bereits berücksichtigt. Man kann also von der Verwaltungsseite her ver-pflegungs technisch, von der ärztlichen Seite her ernährungs-und stoffwechselphysiologisch die Probleme der Soldatenernährung bearbeiten und lösen, wie das ja auch geschehen ist. — Im Kriege stehen wir aber vor weitgehend geänderten Verhältnissen. Schon die Verpflegungszuteilung, die in der Garnison störungsfrei abläuft. kann im Felde so sehr erschwert sein, daß die zustehenden Portionen längere Zeit hindurch nicht zur Ausgabe kommen können und sich die Verpflegung des Soldaten deshalb anders gestaltet, als dies die zentrale Planung vorsieht. Unter solchen Verhältnissen stimmen aber die ernährungsphysiologischen Voraussetzungen nicht, und sie tun dies noch weniger, wenn man sieht, daß die körperlichen Leistungen während des Einsatzes stoffwechselphysiologisch gar nicht zu fassen sind. Als weitere Belastungen kommen dann noch hinzu: klimatische Einflüsse wie Hitze und Kälte. Lichtmangel. Verschmutzung und Ungeziefer: Infektionen, die. wenn sie den Magen-Darmkanal betreffen, die Ausnützung der Nahrung im Darm wesentlich verschlechtern, und wenn sie allgemeiner Natur sind, den Bedarf z. B. an Nahrungseiweiß oder Vitamin verändern können. Die feld-zugsbedingte Austrocknung verändert nicht nur den Wasserhaushalt und -bedarf, sondern auch den Mineral- und Fettstoff-Wechsel des Körpers. Die Dauer des Lebens unter diesen außergewöhnlichen Verhältnissen führt zu Anpassungen, die uns in ihren stofflichen Auswirkungen noch gar nicht genügend bekannt sind, uns aber doch immer wieder überraschen. Und schließlich sind es die seelischen Kräfte, die häufig alle Stoff-wechselgesetze außer Wirkung zu setzen scheinen und zu Leistungen führen, die vom Standpunkt des Phvsiologen nicht möglich erscheinen. Ich möchte also sagen, daß wir unseren Beurteilungen die wirklich herrschenden Zustände zu Grunde legen müssen und 9 das Fragengebiet, das uns heute hier in erster Linie interessiert, nämlich Ernährungszustand, Leistungsfälligkeit und Vitaminversorgung nicht allein vom ernährungsphysiologischen und Versorgungsstandpunkt betrachten dürfen, sondern in den Gesamtrahmen der kriegsbedingten Verhältnisse hineinstellen müssen. Ich hatte in besonderem Maße Gelegenheit zum Studium] dieser Verhältnisse, da ich auf Wunsch von ^-Obergruppenführer Pohl vom Reichsarzt #-Gruppenführer Prof. Dr. Grawitz, zum W.-V.-Hauptamt kommandiert und zum Ernährungsinspekteur der Waffen-# ernannt, neben der Schulung und Erziehung auf dem Ernährungsgebiete den Auftrag erhielt: 1. Die ärztlich-wissenschaftlichen Erkenntnisse auf dem Ernährungsgebiet unmittelbar an ^-Obergruppenfülirex-Pohl und das ihm unterstehende Hauptamt zur Durchführung weiter zuleiten. 2. Weitere wissenschaftliche Arbeiten auf dem Gebiete der Truppenernährung und -Verpflegung durchzuführen, was z. gr. T. in diesem Institut erfolgt. 3. Gleichsam als Sonde der Reichsführung fö die wirklichen Ernährungsverhältnisse im Felde zu studieren, damit die gewonnenen Erfahrungen unmittelbar für die Versorgung unserer Einheiten ausgewertet werden könnten. Ich konnte somit in dieser Verbindungsstellung als Arzt und als V-Führer eingesetzt, die Erfahrungen beider Sektoren bisher auf fast allen Kriegsschauplätzen sammeln. Bei der Durchführung meines Auftrages war ich mir bewußt, daß wir gerade hinsichtlich der Truppenernährung einer Summe von Fehlbeurteilungen ausgesetzt sind. Die Ansichten der Kommandeure über die Zusammensetzung des Essens stehen oft denen der Ärzte und Verpflegungsoffiziere diametral gegenüber*, und auch letztere zwei Gruppen verstehen sich häufig nicht, weil der Arzt die Verpflegung nach stoffwechselphysiologischen Maßstäben beurteilt, während der Verpflegungsoffizier sich nach den Nachschub Verhältnissen, dem Angebot von Verpflegungsmitteln richten muß. Dazu kommen, um die Vielfalt des Bildes ganz deutlich zu mächen, die traditionellen Vorurteile des Soldaten in Bezug auf sein Essen und die mehr oder weniger guten Leistungen der Truppenköche und Fouriere. 10 Nur eine eingehende, kritisch-wissenschaftliche Prüfung innerhalb der Truppe sowie eine objektive Analyse der Veränderungen des eigenen Zustandes bei gleichzeitiger Beobachtung einer größeren Anzahl von Männern kann zu einer richtigen Meinungsbildung führen. Auf Grund meiner Beobachtungen möchte ich Ihnen nun berichten: 1. über die Ernährungs- und Gesundheitsverhältnisse der Leibstandarte ^ AH im Laufe eines Einsatzjahres im Osten. Ich glaube, daß diese meine Beobachtungen allgemein gültig sind mindestens für die Teile der Südarmee, die in gleicher Weise wie wir im Winter fern dem einzigen Versorgungsstrang lagen und deswegen zeitweise völlig abgeschnitten waren, und 2. möchte ich Emen aus einem Teilgebiet unserer hiesigen Arbeit von der Erzeugung eines Teiles der für die Verpflegung der Truppe erforderlichen Vitamine natürlicher Herkunft im Überblick berichten. 1. Beim Abmarsch aus dem Auffrischungsraum in den Osten war die Truppe durchweg körperlich in bester Verfassung. Alle Anstrengungen des Südosteinsatzes waren auch in ihren Auswirkungen (Magen-Darmkatarrhe, Ruhrerkrankungen, erste Fälle von Gelbsucht) überstanden. In der Zeit der Auffrischung waren die Ernährungsverhältnisse so günstig, daß ein jeder Mann sich in seinem Körper die erforderlichen Nahrungsrcserven angelegt hatte. Insbesondere war ein Vitaminmangel irgendwelcher Art nicht nachzuweisen. Die Versorgung mit Frischgemüsen, Obst, Zitronen, Apfelsinen usw. war vom V-Amt her oder infolge Selbstbeschaffung durch die Einheiten glänzend. Es trat — vom ärztlichen Standpunkt aus gesehen — eine äußerst leistungsfähige Truppe zum Kampf an. Während des Osteinsatzes selbst war der Gesundhcits- und Ernährungszustand der Truppe im ganzen gesehen bis Ende Oktober weiterhin gleichbleibend gut, wenn auch die Zahl der Infektionen dauernd stieg und nach und nach wohl jeder Führer und Mann an einem kurzdauernden Magen-Darm-Katarrh (meist leichte Ruhr) oder einem Infekt erkrankt war. Eine schwere Ruhr-epidemie trat nicht auf: nur wenige Männer mußten in Kriegs-lazarette zurückverlegt werden. Die meisten erholten sich wäh- 11 reiid der Ruhetage, bei einem Aufenthalt im Troß oder Feldlazarett schnell und blieben — trotz häufig bestehenbleibender nachhaltiger Verdauungsstörungen — voll einsatzfähig. Wesentlich hierfür war die ausgezeichnete Ernährungslage. Die Ukraine bot pflanzliche und tierische Nahrungsmittel in Hülle und Fülle, so daß die zusätzliche, von den Einheiten und Männern selbst besorgte Kost die empfangene Verpflegung, über welche ich nachher zusammenfassend berichten werde, an Menge und Reichhaltigkeit übertraf. An Verpflegungsgütern wurden so laufend in ausreichender Menge entnommen: an Getreide: Weizen, Roggen, Hirse, Mais, Hafer und Gerste, Buchweizen, an Fleisch praktisch alle Arten, dazu viele Fisch -arten und auch Krebse, von anderen Eiweißträgern wurden in großen Mengen angeboten: Eier, Weißkäse, Milch. Fette standen in Form von Butter, Schweinefett, Rindertalg, Sonnenblumen-, Raps- und in geringer Menge in dem ausgezeichneten Aprikosenöl zur Verfügung. Honig konnte fast überall ebenfalls erhalten werden. Die großen mit Gemüse bebauten Flächen erlaubten jederzeit die ausreichende Versorgung aller durchziehenden Einheiten mit Kartoffeln, Kraut, Möhren, Spinat, Erbsen, Bohnen, Gurken, Tomaten, Auberginen. Paprika, jungen Maiskolben und Zwiebeln, ferner mit Gemüsen wie Dill, Petersilie, Bohnenkraut. An Obst standen Kirschen, Aprikosen, Apfel, Pflaumen, Weintrauben, Zucker- und Wassermelonen in den jeweiligen Reifemonaten ausreichend zur Verfügung. In den genommenen Städten wurden in Vcrpflegungslagern erbeutet und sichergestellt: Getreide, Fette, Fleischwareri, Zucker und verschiedene Sorten russischer Konserven (Eier in Kanistern, Mischkonserven, verschiedene Fleisch arten mit verschiedenen Gemüsen, Gemüsekonserven in Gläsern: z. B. Möhren, Tomaten und Paprika zusammen und primitive Obstkonserven, z. B. Aprikosensaft). Es ist selbstverständlich, (hiß bei diesen ausgezeichneten Versorgungsmöglichkeiten nicht nur die Küchen triumphierten, sondern sich auch die einzelnen kleinen Selbstversorgungsgemein-Ichaften, die sich ja immer bilden, in der Herstellung von Salaten. Spießbraten usw. gegenseitig zu überbieten versuchten. 12 Auch die Getränkeversorgung, die in Frankreich und Griechenland Schwierigkeiten machte, regelte sich in dem Maße, als die einzelnen Einheiten die ausgezeichneten russ. mot. Feldküchen erbeuteten und nun genügende Wassermengen mitnehmen konnten. Die Wassermelonen trugen dazu ebenfalls erheblich bei. -In dieser bis Mitte Oktober 41 dauernden günstigen Versorgungsperiode "stieß die Standarte, nachdem sie Anfang Juli sehr schwere Abwehrkämpfe westlich Kiew an der Rollbahn Nord durchstanden hatte, den ostWärtigen Rand des Kessels von ßinari bildend, nach Süden im Inguleztal bis nach Nikola-jew und- Chersson. durch, wurde zur Auffrischung nördlich nach Bobrinez hinaufgezogen, brach dann bei Berislaw über den Dnjepr, säuberte in mehreren Kampfgruppen die nogaische Steppe, riegelte die Meerengen zur Krim ab, schloß einige russische* Durchbrüche im Räume südlich Nikopol und brach dann. ostwärts durch den Kessel von Berdjansk mitten hindurch nach Mariupol und Taganrog vor, welche beide Städte sie überraschend und deshalb fast unzerstört nahm. — Bei diesen gewaltigen Vormarschwegen hatte der Nachschub natürlich die größten Schwierigkeiten, die zeitweise infolge der sommerlichen Gewitter und Regengüsse unüberwindlich wurden. Die günstige Versorgungsperiode hörte Ende Oktober auf: sie wurde abgelöst durch eine absolut ungünstige, in welcher: Nachschub und Versorgung aus dem Lande in gleicher Weise bei steigender Beanspruchung der Truppe unzureichend wurde. Es begann nämlich eine anhaltende Regenperiode mit feucht-kalten Ost- und Südostwinden, an welche sich eine strenge Frostperiode vorerst ohne starken Schneefall anschloß. Dieser folgte Anfang Dezember wiederum eine wärmere Regenperiode. um Weihnachten mäßiges Frostweiter mit starkem Schneefall bei kältesten Ostwind. Diese Perioden wiederholten sich bis April. Zu Anfang dieses Monats ging dann der Winter mit einer Schlamm- und Dreckperiode zu Ende, die die Straßen 3 Wochen lang selbst für die stärksten Raupenschlepper unpassierbar machte. Die Leibstandarte führte in dieser Zeit noch im November nach mehrwöchentlichem Liegenbleiben vor der Stadt den Angriff auf Rostow durch, das sie nach einer Woche wieder aufgeben mußte, um sich Anfang Dezember auf den Sambeckab-schnitt unmittelbar ostwärts Taganrog zurückzuziehen. Dieser Abschnitt wurde dann den ganzen Winter über gegen starke 13 russische Angriffe gehalten. Die Nachschubverhältnissc waren infolge der Wetterlage, der Abnutzung der Fahrzeuge, und als Folge des Benzinmangels äußerst schwierig. Wohl lag Ta-ganrog an der Eisenbahnstrecke Stalino—Rostow, aber diese war nördlich der Stadt in 20 km Länge in Händen der Russeni, so daß die Nachschubgüter in einer Entfernung von 90 km von der Endstation Uspenskaia mit LKW. abgeholt werden mußten. Ich habe selbst solche Versorgungsfahrten mitgemacht, bei welchen nur knapp ein Viertel der Fahrzeuge nach Tagen wieder zurückkamen. Die Nachschubfahrer haben in dieser Zeit Außergewöhnliches geleistet. Von 100 Panjewagen kamen einmal nur 30 zurück. Zudem war auch der Transport auf dem Eisenbahnwege äußerst erschwert. Die ganze Südarmee hing an der einen Linie, die über Dnjepropetrowsk lief. Ich bin selbst Anfang Januar in der Eisenbahn 2 Wochen lang in das Reich und im Februar 3 Wochen lang wieder hinuntergefahren und habe die Leistungen der Eisenbahner bewundert, die von 20 bis 25 geforderten Zügen doch täglich nur 8 durchbringen konnten. Unter diesen Verhältnissen konnte natürlich ein ausreichender Verpflegungsnachschub nicht erfolgen. Munition war ja auch wichtiger als Essen. Die Selbstversorgung aus dem Lande hörte mit den ersten Frösten auf, hinzu kam, daß wir gerade in einem ausgesprochenen menschenarmen Steppengebiet lagen. Kartoffeln gab es seit Anfang November nicht mehr; bis Ende des Monats noch ab und zu Kohl und im Laufe des Winters konnten vereinzelte Einheiten, die ihre Stellungen in Dörfern hatten, noch ab und zu Korn, eingemachte Gurken, Tomaten oder ein paar Kartoffeln ausgraben. Ein Glück für alle im Raum von Taganrog liegenden Einheiten war, daß Korn in ausreichender Menge erbeutet war und daß auch Hirse zur Verfügung stand. So konnte den ganzen Winter über die Brot-portioii durchgehalten werden. Vieh mußte 60—70 km weit herangetrieben werden; es war schon vorher fast verhungert und kam -auf dem Wege noch mehr herunter, so daß 30—40% liegen blieb und beim Rest im Schlachthof zu Taganrog die amerikanische Enthäulungsmaschine buchstäblich das Fell von den Rippen zog. Die angesetzten Fleischportionen wurden deshalb vielfach nicht erreicht. Immerhin wurde alles versucht, um die erreichbaren Bestände so gut wie möglich auszuwerten. Unter der Leitung eines Stabszahlmeisters der Armee und Abstellung von Fachkräften von der Leibstandarte wurden in Taganrog die 14 Mühlen. Teigwarenfabriken, Großbäckereien. Hirseschälerei, Schlachthof, Wursterei wieder instand gesetzt und in Betrieb genommen. Trotzdem verschlechterte sich der Ernährungszustand aller Truppen, die wir beobachteten — es waren damals 7 Divisionen — erheblich. Die Männer magerten sehr stark ab. — Ich möchte zu dem Kapitel Abmagerung sagen, daß die Männer der Kampfeinheiten schon in den ersten Einsatzmonateu erheblich an Gewicht abnahmen. Diese Abnahme beruht einmal auf dem Verschwinden des überschüssigen Fettpolsters, wie das bei körperlich stark beschäftigten Menschen durchaus normal ist, dann aber auf einer gewissen, wünschenswerten Aus-trocknung, die den Menschen leistungsfähiger, härter und widerstandsfälliger macht und die wir auch vom Bauern während der Erntezeit und aus den Beobachtungen der Expedition am Kant-scbindschanga im Himalaja kennen, bei welcher bis zu 35% Gewichtsverlust festgestellt wurden. — Im Gegensatz hierzu waren die ab November 41 beobachteten Gewichtsabnahmen unserer Männer nun aber durchaus Ausdruck einer zunehmenden Unterernährung bei. schwerster allseitiger körperlicher Belastung. Dazu kam eine enorme Verringerung der Widerstandsfähigkeit gegen Krankheiten, die sich in ständig wachsenden Ausfällen durch Krankheiten (meist Gelbsucht, Lungenentzündungen und Diphtherie) äußerte und Anfang Januar 1942 alarmierende Symptome annahm. Damals stellte ich fest: Die Verpflegung der Truppe reicht nicht aus. Die notwendigen Mengen Eiweiß, Fett und Kohlehydrate und damit die erforderliche Kalorienzahl wird nicht verabreicht. Die Vitaminversorgung ist ebenfalls unzureichend. Der Vitamin-B-Komplex wird mit dem Brot in ausreichender Menge zugeführt, aber ein Mangel an A- und C-Vitamin ist aus den krankhaften Erscheinungen abzulesen und aus dem Speisezettel zu errechnen. Der Ernährungszustand ist, wie nach einer 8—10wöchentlichen Unterernährung nicht anders zu erwarten, Schlecht. Die Abmagerung ist bei den einzelnen Männern außerordentlich stark. Das Körperfett ist überall fast völlig verschwunden. Bei Operationen waren die Fettanhänge an den Därmen häufig völlig fettfrei. Es besteht u. a. bereits eine» echte Eiweißunterernährung, der Körper zehrt beträchtlich von seiner Substanz, d. h. infolge der unzureichenden Fett- und 15 Kohlehydratzufuhr muß das Körpereiweiß selbst in größerem Umfange zur Energielieferung herangezogen werden. Beim Vergleich der Angehörigen der L^AH mit- solchen anderer Wehrmachtsteile ergab sich, daß diese hinsichtlich ihrer Verpflegung genau gleichgestellt waren wie die der L#AH und die gleichen krankhaften Erscheinungen zeigten. Da diese Einheiten aber altersmäßig uneinheitlicher zusammengesetzt waren wie die L^AIi. d. h. viele ältere Männer aufwiesen wie die L^AH mit ihren z. gr. T. noch im Wachstumsalter von 17 bis 21 Jahren befindlichen Männern, waren bei diesen die Erscheinungen nicht so augenscheinlich und erschreckend. Die Frage, ob durch die ungünstigen Ernährungsverhältnisse die Schlagkraft und Leistungsfähigkeit ernstlich in Frage gestellt würde, wurde Anfang Januar 42 dahingehend beantwortet, daß, wenn es gelänge,, die Verpflegung wenigstens auf dem gleichen Stand zu halten, es voraussichtlich zwar ständig zu einer höheren Krankenzahl, aber nicht zu einer allgemeinen schweren Beeinträchtigung kommen würde. Auch der höhere Krankenstand würde sich im Ganzen gesehen nicht ungünstig auswirken, wenn es gelänge, die Erkrankten im Feldlazarett zu halten und sie von dort wieder zur Truppe zurückzuführen, anstatt sie den Anstrengungen eines Abtransportes in die rückwärtigen Sanitäts-einrichtungen auszusetzen. Diese Beurteilung des Zustandes erwies sich als richtig. 1. Die Zahl der Intern-Kranken hielt sich zwischen 300 und 200. 2. Sehr niedrige Vit.-A- und -C-Werte wurden in meinem Blut im Januar 42 anläßlich eines Aufenthaltes im Reich festgestellt, während der B-Spiegel normal war. Der Zustand Mitte April 42 wurde in einem Bericht wie folgt festgelegt: Seit Januar gleichbleibender Zustand, Verpflegung im Februar besser, besonders infolge reichlicher Butter -zu Lei hingen, im März und April infolge des ungünstigen Wetters wieder schlechter. — Grad der Unterernährung und Vitaminhaushalt etwa so wie im Januar. Abnahme der Häufigkeit einzelner Erkrankungen (Gelbsucht, Pyodermie) deuten auf eine Besserung, Erhöhung der Zwischenfälle nach Operationen und Verwundungen, vermehrtes Auftreten von Nierenentzündungen auf tiefergreifende krankhafte Störungen, mindestens bei einzelnen Männern. 16 Ausdruck des schlechten Gesundheits- und Ernährungszustandes ist: a) eine erhöhte allgemeine Krankheitsbereitschaft (Diphtherie-epidemie, gehäufte akute Infekte. Gelbsucht. Nierenentzündungen mit Oedemen. Blutdrucksteigerungen). b) verringerte Widerstandsfähigkeit gegenüber Verwundungen und Operationen, erhöhte Neigung zu Eiterungen. c) gehäufte Pyodermien an den Unterschenkeln, d) Anaemien mit Durchblutungsstörungen, e) Kreislaufstörungen, einmal infolge der Anaemien, dann aber einwandfrei als Folgen von Herzmuskel-Schädigungen mit Cyanose und Pulsirregularitäten, f) vereinzelte Fälle von Nachtblindheit, g) C-Hypovitaminosen — aber bei der Truppe kein einwandfreier Skorbut. (Bei der Bevölkerung dagegen, die fast völlig auf Weizen angewiesen war, sah ich zahlreiche Fälle schwersten Skorbuts und schwere allgemeine Mangelkrankheiten), h) psychische Veränderungen im Sinne einer erheblich vergrößerten Gleichgültigkeit und Schwerfälligkeit. Die krankhaften Erscheinungen der Gruppen a), b), d), e) wurden als Warnungssignale angesehen, die auf tief ergreif ende Störungen schließen ließen. Dies umsomehr. da immer ganz zufällig wieder Männer mit Störungen dieser Art gefunden wurden, in der Truppe also latent noch eine größere Anzahl von Kranken sein mußte. Auch in diesem Bericht wurde eindringlich darauf hingewiesen, daß man den schlechten Ernährungs- und Gesundheitszustand der Truppe- nicht allein aus einer .unzureichenden Ernährung ableiten dürfe, sondern stets eine weitere Reihe von Ursachen mit anschuldigen müsse. a) Die enormen körperlichen Leistungen im Sommer und vor allem beim Stellungsbau im Winter, b) die dauernde starke psychische Belastung, da die L0ÄH praktisch seit April 41 dauernd im Kampf stand, c) die zahlreichen Infektionen des Magen-Darmkanals, die die Ausnutzung der Nahrung beeinflussen. 17 cl) die klimatischen Einflüsse (Kälte, Wind, Lichtmangel). e) die Unmöglichkeit einer ausreichenden Körperpflege, f) unzureichende Winterbekleidung (dies galt für die L^AH nur bis Mitte Dezember). Auf Grund dieser Beobachtungen war bereits im Januar zur Besserung der Verhältnisse, da eine ausreichende VoIIernäh-rung infolge der Naolischublage nicht möglich war, empfohlen worden, wenigstens Vitaminpräparate heranzuscliaffen, da diese die Transportmittel weniger belasten. Dies wurde dann durch Führer-Befehl veranlaßt. / Ferner wurde für die zu erwartende Auffrischungsperiode ein sorgfältiges Verpflegungs- und Trainingsprogramm empfohlen, da zu erwarten stand, daß bei einer plötzlichen starken körperlichen Belastung die latenten Kreislauf- und Nierenschädigungen zu einem Uberhandnehmen von Erkrankungen mit schweren Komplikationen führen würden. Dies zeigte sich in der Tat bei einem aus den besten Männern des Bataillons bestehenden Unterführerlehrgang, von welchem ständig 10—20% im Lazarett lagen. Nach Beendigung der Dreck- und Schlammperiode und Wiederherstellung der Naolischublage besserte sich im Frühlingssonnenschein schnell der gesamte Zustand. Das Gewicht stieg * und die Neuerkrankungen nahmen stark ab. Zusammenfassend läßt sich sagen, daß der Gesundheitszustand und die Leistungsfähigkeit der Truppe und der einzelnen Männer im Laufe des Winters 41/42 im Osteinsatz erheblich gelitten hatte. Diese Schädigung war aber keine dauernde, sondern sie war nach 4—6 Wochen normaler Verpflegung bei Beachtung gewisser Vorsichtsmaßnahmen beseitigt. Genaue Angaben über die Verpflegungszuteilungen gibt Ihnen die folgende Tabelle, die der Truppenarzt des VrAmtes als Doktorarbeit nach Genehmigung des V-Amt-Leiters ^-Sturmbannführer BJu d au zusammenstellte und die die täglichen Durchschnittsmengen der einzelnen vom A. V. L. zugeteilten Lebensmittel. ferner auf Eiweiß, Fett, Kohlelivdrat und Kaloriengehalt berechnet, prozentual im Verhältnis zu den Soll-Sätzen des OKH., die tatsächlich gelieferten Nahrungsmengen enthält. 18 19 2. jn großen Zügen habe ich Ihnen ein Bild von den Er-nährungsverhältnissen einer Truppe gegeben, die dauernd eingesetzt war. Sie ersehen daraus, welche, Abweichungen von . den Planungen der zentralen Stellen infolge der feldzugsbedingten Verhältnisse vorkamen, Abweichungen von einem Ausmaß, wie sie nur — ohne daß eine mangelnde Voraussicht vorläge — die Weite des Ostraumes und seine klimatischen und geologischen Verhältnisse erzwingen konnten. Die Peripherie, d. h. die einzelnen Einheiten, haben die Störungen durch selbständiges Handeln auszugleichen versucht und sich ständig an die jeweiligen Verhältnisse angepaßt. Ich habe eine Reihe von diesbezüglichen Beobachtungen, die ich machen konnte, in einem Leitfaden kritisch von meinem halb ärztlichen, halb verwaltungsmäßigen Standpunkt aus zusammengefaßt und zur Diskussion gestellt. Ich möchte als Übergang zur Besprechung der Vitamin-versorguiig nun ganz kurz diejenigen Punkte aus diesem Gebiet anführen, welche mir in diesem Zusammenhang wichtig erscheinen. Ziel der Truppen Verpflegung ist es, eine in jeder Hinsicht (Rohstoffe, Verarbeitung und Zubereitung, Verabreichung) vollkommene Ernährung zu schaffen, wobei hinsichtlich der V i t a rn ine der Gedanke leitet, diese unmerklich zuzuführen. Diese vollkommene Ernährung enthält in der Summe der verabreichten Nahrungsbestandteile alle notwendigen Stoffe in richtiger Menge und Verteilung, darunter auch die heute erst zu vermutenden weiteren Ergänzungsstoffe vollständig dank einer milden, nicht zerstörenden Zubereitungstechnik. 1. Alle zur Zeit verwendeten Vitaminpräparate und Konzentrate, soweit sie nicht als hochwertige neue Nahrungsmittel in die zukünftige Ernährung hinkinbezogen werden, stellen deshalb lediglich einen Behelf dar. 2. Man muß alles vermeiden, was die Ernährung zu einem Medikament stempelt und soll deshalb bei einzelnen Nahrungsbestandteilen nicht darauf hinweisen, daß sie gegen diese und jene Krankheit wirken. Das ist in den wenigsten Fällen erwiesen und dann ist für die nahrungsbedingte Förderung und Erhaltung der Gesundheit lediglich die Gesamternährung maßgebend und nicht Einzelbestandteile derselben. Das ist auch bei der Truppenverpflegung zu beachten. 20 3. Es muß alles darangesetzt werden, daß ausreichende Vitamin Versorgung zu einer Selbstverständlichkeit wird. 4. In der Truppenernährung besonders zu berücksichtigen sind z. Zt. hauptsächlich im Winter die Vitamine C. A und weniger die des B-Komplexes. Die anderen bisher näher erforschten Vitamine kann man nach den derzeitigen Kriegserfahrungen in der Truppen Verpflegung vernachlässigen. Sie werden ohne weiteres in ausreichender Menge verabreicht. 5. Der Vitaminbedarf ist eine nach Leistung. Stoffwechsel. Umwelt schwankende Größe. Beim Vitamin C reichen nach den Erfahrungen täglich etwa 50—70 mg aus; diese müssen im Sommer vollständig in der Truppen-verpi'lcgung verabreicht werden. In den Wintermonaten und zwar von Dezember bis ApriL resp. im Norden von November bis einschließlich Mai, ist mit Hilfe von - Vitamin-C-Präparaten eine Zufuhr von 30—50 mg täglich erforderlich. Unter bestimmten Verhältnissen kann der Bedarf auch auf das Mehrfache steigen. 6. Es besteht zur Zeit allenthalben die Neigung, die Versorgung einzelner Menschengruppen mit Vitaminen in die Höhe zu treiben. Deshalb sei betont, daß eine über das Optimum des Bedarfs hinausgehende Versorgung. die im allgemeinen den Berechnungen ja schon zu Grunde gelegt wird, keine weitere Besserung oder Festigung des Gesundheitszustandes bewirkt. Mehr hilft hier nicht mehr. — Ausnahmen sind nur zulässig bei schweren Mangelerscheinungen infolge besonders ungünstiger Lebens- und Ernährungsverhältnisse einzelner Einheiten oder in Einzelfällen nach schweren Erkrankungen. 7. Die Erfahrungen bei der Truppe während des Einsatzes unter ungünstigen klimatischen Bedingungen ergeben, daß man mit der Verabreichung zusätzlicher Vitaminpräparate etwa ab Dezember eines jeden Jahres zu beginnen hat. Erst dann zeigen sich erste Anzeichen einer ungenügenden Versorgung. Ein späterer Beginn der Versorgung, etwa erst im Februar und März, der aus technischen Gründen erwünscht wäre, ist unrationell, weil bis dahin schon Schäden eingetreten sein können und eine wesentlich höhere Zufuhr notwendig wäre. Ende der Zuteilung etwa im April oder Mai, je nach den klimatischen Verhältnissen. 21 Wie aus den vorstehenden Bemerkungen hervorgeht, streben wir bei der Gestaltung unserer Truppenernährung eine in jeder Hinsieht ausreichende Versorgung allein durch die Verpflegungsmittel an. Die Versorgung mit synthetischen Vitaminpräparaten oder Konzentraten stellt nur ein Notbehelf dar, der freilich während des Krieges zur Notwendigkeit wurde. — In dieser Hinsicht sind sich heute wohl alle einig, die auf dem Gebiete der Ernährung arbeiten und forschen. — Wir nehmen unter den derzeitigen Verhältnissen also natürlich die synthetische Ascorbinsäure zur Deckung des Vit.-C-Bedarfs und bestätigen, daß es auf diesem Gebiete ohne Vorarbeiten des Heeres und die Leistung der Industrie unmöglich wäre, eine geregelte Versorgung des Heeres und darüber hinaus des Volkes durchzuführen, aber wir arbeiten gleichzeitig an der Durchführung eines Befehls des Reichsführers der eine bestimmte Frist setzte, nach welcher nur natürlich vorkommende Vitamine und zwar in ausreichender Menge verabreicht werden dürfen. Wir wissen sehr wohl, daß die Erzeugung von synthetischem Vitamin C die mehrtausendfache Menge dessen beträgt, was in hochwertigen Naturpräparaten hergestellt werden kann, aber wir glauben doch auf Grund verschiedener Erfahrungen, daß die Kombination von Vitamin C mit anderen z. T. noch unbekannten! ergänzenden Wirkstoffen in den Pflanzen dieses wirksamer und somit wertvoller macht. Und ich glaube, daß die endgültige Lösung des Problems „Vitaminbedarf", dessen Variabilität entsprechend den Stoffwechselverhältnissen man in den Vordergrund stellen muß, auch hiervon abhängt. über unsere Arbeiten auf dem Gebiete der Erzeugung natürlicher Vitaminpräparate, die Erfolge. Mißerfolge und die daraus gezogenen Lehren möchte ich Ihnen jetzt einen kurzen Überblick geben, nachdem wir seit Kriegsbeginn trotz enormer Schwierigkeiten hier in Dachau daran gearbeitet haben, über Einzelheiten ihrer Arbeiten wird Ihnen heute nachmittag in der Aussprache Frl. Friedrich hier vom Institut berichten. Wir entschlossen uns im Herbst 1939- die Gladiole als einen der wertvollsten Vitaminspender auf dem Dachauer Gelände anzubauen, um aus ihrem Saft ein Vit.-C-Konzentrat herzustellen. Der Boden, der uns hier zur Verfügung steht, ist nicht gerade der geeignetste, da die Gladiole am besten auf schwerem Lehmboden gedeiht, während hier nur leichter Moorboden vorkommt. Außerdem ist das Klima etwas rauh. Immer- 22 hin wurden im Frühjahr 1940 gegen 1 Million Zwiebein gesteckt und, nachdem durch laufende Verfolgung des Vit.-C-Spiegels im Pflanzensaft der Höchstgehalt festgestellt. worden war, die Blätter zur Zeit der beginnenden Blüte geschnitten, stabilisiert und ausgepreßt. Die Verarbeitung des Saftes machte uns 1940, da noch keine VakuumeindampfVorrichtungen und erst recht, keine Trockentürme hier zur Verfügung standen, die allergrößten Schwierigkeiten: denn wir mußten den Saft von hier nach München in das Kühlhaus und von dort dann nach1 Frankfurt zum Konzentrieren und Eintrocknen fahren, wobei der beste Zusatz zum Trockengut auch erst herausgefunden werden mußte. Es ist einleuchtend, daß das Trockenpulver, welches wir in diesem ersten Arbeits jähr erhielten, in keiner Weise ideal war. Es war etwas hygroskopisch und schmeckte nach Saponin — Untersuchungen ergaben aber, daß es sich um ein völlig ungültiges Saponin handelte — und enthielt nur etwa 2—3% Ascorbinsäure, die ziemlich schnell weiter abnahm. Es war also bei dem umständlichen Verarbeitungsverfahren ein ganz erheblicher! Vit.-C-Verlust eingetreten, wenn man bedenkt, daß der frische Preßsaft der Blätter je nach Arten zwischen 0,2 bis 1,2%, im Durchschnitt 0.8% enthält und beim Trocknen auf den 10. Teil konzentriert wird. Die Untersuchungen von Fräulein Friedrich zeigten, daß bei 24stündigem Stehenlassen des Saftes schon 30% des Vitamin C zersetzt sind. — Die Verarbeitung im Jahre 1941 zeitigte bedeutend bessere Ergebnisse vor allem dadurch, daß die Verarbeitung des Gladi-olenpreßsaftes zum Konzentrat jetzt im Institut selbst durchgeführt werden konnte und daß die Eintrocknung in einem Krauseturm in Frankfurt, bei der „Lurgi55, für deren Mithilfe ich hier danken will, auf Grund der Erfahrungen des vergangenen Jahres besser verlief. Das im vergangenen Jahr gewonnene Pulver enthielt 5% Ascorbinsäure, war und blieb auch an der Luft staubtrocken und zeigte eine recht beträchtliche Stabilität des Vit.-C-Gehaltes (nach 3 Monaten noch 100%, nach 8 Monaten noch 92,4% des ursprünglichen Gehaltes. Das Gewürz-pulver nach 6 Monaten noch 100%). Saponine waren nicht mehr nachweisbar; einen Eigengeschmack wies es kaum auf. — Die diesjährige Ernte ist gerade im Gang. Ich erwarte, daß das Produkt, weil durch größere Apparate inzwischen die VerT arbeitung weiter verbessert werden konnte, noch besser wird wie das vorjährige und vielleicht schon einen Gehalt von 8% Ascorbinsäure hat, den wir uns vorerst als Ziel gesetzt haben. 23 Die Produktion von 4 ha Land im Ganzen bringt noch nicht sehr viel kg Aseorbinsäure: freilich bin ich davon überzeugt. daß wir auf günstigerem Boden günstigere Ergebnisse haben würden. Entsprechend unserem Vorsatz, der Truppe Vitamine mit der Nahrung möglichst unmerklich zuzuführen, haben wir das Gladiolenpulver mit verschiedenen anderen deutschen Gewürzen iiiid Kochsalz zu einem Vit.-C-Gewürzpulver weiter verarbeitet. Das Rezept hierzu arbeitete Pg. Reinhardt aus. Wir haben dieses Gewürz so eingestellt, daß 10 g des Pulvers eine Tagesdosis Vitamiä|G&=50 mg enthält und an Würzkraft für etwa 1 Mittagsportion genügt. Ich habe eine Verwendungsvorschrift für die Feldküche ausgearbeitet und im Felde bei der Truppe erfolgreiche Versuche gemacht. Das Gewürz wurde daraufhin ausgegeben. Sie erhalten ein kleines Muster — leider noch aus der vorjährigen Ernte — und ich bitte Sie. es sich etwa als Bouillon oder Nudeln usw. anzurichten, aber richtig abzuschmecken, da das geübt sein will. — Die wissenschaftliche biologische Erforschung der Gladiole ging der präparativen Herstellung des Trockenpulvers parallel, wurde jedoch zeitweise erheblich erschwert. Sie erstreckte sich auf eine ganze Reihe von Fragen, z. B. auf die Beziehung zwischen Pflanzengröße und Vit.-C-Gehalt des Saftes zwecks Errechnung der Optimal-Erträge je ha, auf die Abhängigkeit des Vit.-C-Gehaltes im Saft von Boden, Klima, Düngung. Sorte, Art und Blütezeit, auf die Verschiedenheit des Gehaltes in Zwiebeln, Blättern. Blütenstengeln, wo sie nur ca. 10% des der Blätter beträgt. Endlich wurden von Frl. Friedrich umfassendste Untersuchungen den Verschiedenheiten des Ascorbinsäuregehaltes bei den verschiedenen Gladiolenarten gewidmet. Bisher wurden ca. 200 Gladiolenzuchtsorten — alle erreichbaren — untersucht: Sie finden die verschiedenen Blüten draußen in Herbarium und in den hier aufgestellten Bildern. Es zeigte sich ganz deutlich, daß für die Höhe des Vit.-C-Gehaltes in erster Linie die Sortenangehörigkeit maßgebend ist. dal! eine Gladiole mit niedrigem \ it.-C-Gchalt auch unter besten Wachsbedingungen niedrige Werte behält und umgekehrt. Während es zuerst so schien, als ob die Blütenfarbe mit dem Vit.-C-Gehalt in Beziehung gesetzt wrerden könnte, in- sofern als rote Blüten auf einen höheren Yit.-C-Gehalt deuteten, ergibt sich doch jetzt bei weiterem Ausbau der Untersuchungen, daß die hoch-, wie die niedrigwertigen Gladiolenarten je auf eine Urform zurückgeführt werden können, Gladiolen vom Pri-mulinus-Typ einerseits, vom Gandavensis-Tvp andererseits. Letztere zeigt hohen AVuchs, Saftreichtum, Blütenfülle, große Blüten, die andere ist zierlich, klein mit relativ schmalen Blättern. — / Die Gladiole gleicht also darin völlig der Hagebutte, deren Yit.-C-Gehalt ja nach den neueren Untersuchungen ebenfalls mit bestimmten Formenkreisen oder Gruppen von bot. Arten in Beziehung zu setzen ist. So ergeben sich von beiden Seiten her interessanteste biologische Fragestellungen und ich glaube, daß üns die Gladiole eher wie die Heckenrose Antwort geben wird, weil sie in kürzeren Rhythmen für solche Untersuchungen greifbar ist. — Der Hagebutte haben wir natürlich ebenfalls unser Interesse zugewandt, aber wir haben hier Material und Arbeit von Prof. Wirz übernommen, sind also nur sekundär tätig: deshalb möchte ich auf diesem Gebiet auch Prof. Wirz das Wort nicht vorweg nehmen. Soviel sei bemerkt, daß ich nach Ausarbeitung eines Merkblattes Hagebuttenpulver an der Front in verschiedenster Weise im Brot verbacken, in der Marmelade aufgeweicht, in der Gulaschtunke, im Pudding, also in salzigen wie in süßen Speisen ausprobiert und es stets ausgezeichnet ohne jede Präparierimg verwendbar fand. — Ausgegeben haben wir auch die von Prof. Wirz und der Fa. Suchard entwickelten Hagcbutten-Traubenmalzwürfel, welche je 100 g 50 mg Vitamin C enthalten und durch ihren Traubenzuckergehalt für körperlich angestrengte Menschen wertvoll sind. — Über den 3. Konkurrenten in diesem Kreise höchstwertiger Vitamin-C-Spender, die Sanddornbeere, kann ich aus eigener Erfahrung nur ein vorläufiges Urteil abgeben, das ich nicht als endgültige Festlegung angesehen wissen möchte. Mich stört der hohe Fettgehalt sowohl des frischen Preßsaftes, als auch des Konzentrates, sowie das Vorhandensein freier Fettsäuren wie' der Buttersäure. Ich glaube, daß man hier in der Verarbeitung noch weiter kommen kann. \ ielleicht ist das Fett vom Saft abtrennbar und kann anderweitig verwertet werden. Wenn ich die betrachteten 3 Pflanzen vergleichend nebeneinanderstelle, dann würde ich bei kritischer Würdigung des 25 ganzen Fragenkomplexes zu der Ansieht kommen, daß voraussichtlich einzig die Hagebutte — natürlich nur bei Beachtung aller Verarbeitungsvorschriften — auch nach dem Kriege in den Schatz unserer Nahrungsstoffe für die Dauer aufgenommen werden wird. Die Verwertung der Sanddornbeere halte ich nur für Kriegsdauer für gerechtfertigt, und in gewissem Sinne jauch die der Gladiole, . trotz des guten Produktes, das sie liefert. Demi diese hat den folgenden großen Nachteil, daß wir nicht, wie bei den anderen Pflanzen, die Früchte ernten, sondern in jedem Jahr von der Substanz nehmen. Wir schneiden der Pflanze in der Zeit ihres größten Saftreichtums die Blätter ab, infolgedessen kümmern die Zwiebeln, sie bleiben klein und bringen im folgenden Jahre nur geringere Blattmengen. Dazu kommt, daß das Legen der Zwiebeln im Frühjahr, das Herausnehmen im Herbst und das Ernten der Blätter 3 langwierige Arbeitsgänge darstellen, deren Kosten in Friedenszeiten voraussichtlich durch den Ertrag nicht zu decken sein werden. Wir haben uns deswegen bereits nach anderen hochwertigen Vitamin trägem umgesehen und unser Interesse wieder den Nachtschattengewächsen zugewandt, deren Siegeslauf mit der Einbürgerung der Kartoffel begann, zu Anfang dieses Jahrhunderts die Tomate ergriff und nun in den letzten Jahren dank Züchtungsforschung und Vitamin G den Paprika in den Vordergrund schiebt. In konsequenter Durchführung unseres Leitgedankens interessieren wir uns für die Züchtungen des Doz. Dr. Schuplian in Berlin, der vitaminreiche Obstpaprikasorten mit großem Erfolge züchtete. Ich stelle hier jedem der Herren eine Frucht „Popoffs Obstpaprika" und einige Exemplare der entkernten — die Samen sind sehr wertvoll — neuen Züchtung Dr. Scliu-phans „Großbeeren*1 zur Verfügung. Der Ascorbin-säuregchalt beträgt je 100 g 200 mg^ das 4fache der Zitrone. — Die Pflanzen haben den Vorteil, daß sie auf Niederungsmoor ohne Glashaus usw. gut wachsen, hart gegen Witterungsumschläge sind und daß die Früchte haltbar, derb, gut verpackbar sind und leicht eingefroren werden können. Sie können roh gegessen werden und ich glaube nicht, daß man sich sehr an den Geschmack gewöhnen muß; der eigenartige Paprikageschmack ist weitgehend weggezüchtet. Freilich ist die Schale derb. Diesen geringen Nachteil hat die Züchtung „Großbeeren" nicht mehr. Wir werden im nächsten Jahre, da Dr. Schuplian uns 26 die Hauptmenge der z. Zt. erhältlichen Samen überläßt, mit dem Großanbau von „Popoffs Obstpaprika" und 1944, wenn davon Saatgut in größerer Menge zur Verfügung steht, mit dem von „Großbeeren"" beginnen. Ich bin überzeugt, daß diese Früchte halten, was sie jetzt versprechen, und wir werden uns dann bemühen, in kürzester Zeit unermeßliche Mengen von Samen hervorzubringen, so daß jeder Bedarf gedeckt werden kann. Meine Herren! Es ist der Vorteil unseres kleinen Kreises, daß der Gärtner und Bauer, der Verwaltungsführer und der Arzt untereinander und mit allen zwischen ihnen stehenden Berufen in engstem Kontakt arbeiten und daß sich alle Fragestellungen deshalb stets in lebendiger Auseinandersetzung entwickeln und den vordringlichen Bedürfnissen gemäß umgestalten. Und ich bitte Sie, von diesem Blickpunkte aus, auch das Werk Dachau anzusehen. Es entstand unter der steten aktiven Förderung und auf Veranlassung von ^-Obergruppenführer Pohl in einer Kameradschaftsarbeit, die alle neu hinzukommenden Mitarbeiter immer wieder hineinbezog. — Wir haben hier auf dem Gebiet der Heilpflanzenkunde vom Boden und vom Samenkorn angefangen bis zum Krankenbett in einem großen Krankenhaus alles unter einheitliche Gedankengänge gebracht. Un i wir machen dasselbe in einem viel größeren Rahmen auf-Befehl des Reichsführers # nun auch mit der Ernährung der ^-Angehörigen und den Einheiten unserer Waffen-^. ■ . s - , ' ... • r • - £ - Prof. Dr. F. G. M. Wirz Ernährungsbeauftragter des Reichsgesundheitsführers. Die Hagebutte als hochwertiger Vitaminspender, ihre Sammlung, Verarbeitung und Verwendung. - - si ■ ? ■ 1 . - "> ÄS" - - - V -' E ■ - Nur 25 Jahre sind seit Beginn des ersten Weltkrieges 1914 bis zum Ausbruch des jetzigen neuen Weltkrieges vergangen, eine knappe Spanne Zeit, aber diese hat genügt, um der Ernährungslehre ein völlig neues Gesicht zu geben. Herrschte noch bis zum ersten Weltkrieg die Kalorienlehre allein vor, d. h. die Beiechnung und die Bewertung der Ernährung gemäß der Brennwerte der Nahrungsmittel, so fand diese durch neue wissenschaftliche Forschungen, an denen vor allem deutsche Forscher größten Anteil hatten — wie zum Beispiel der auch bei der Tagung hier anwesende Professor Stepp — eine wertvolle Ergänzung und Bereicherung durch die sogenannte Wirkstoff lehre. Insoweit fand die Vorsorge für die Ernährung zu Beginn des jetzigen Krieges' 1939 eine wesentlich bessere Ausgangsstellung vor als es 1914 möglich war. Die Planung und die Durchführung der Kriegsernährung konnte ganz anders in Angriff genommen werden. Was das bedeutet, mögen Sie nur aus der Tatsache ermessen, daß bis zum Jahre 1870, wie letzthin der Leiter des italienischen Gesundheitswesens Professor Petragnani in unserer Zeitschrift ,,Die Gesundheitsführung" dargelegt hat, jeder Krieg nicht unmittelbar durch Waffengewalt, sondern durch Krankheiten aller Art, vor allem Seuchen und insbesondere durch1 Hunger entschieden worden ist. Solange die Kalorienlehrc die Ernährungswissenschaft beherrschte, galt die Ernährung als eine reine Bedarfsdeckungsfräge, und zwar nicht etwa im strengen ernährungsphysiologischen Sinne der Bedarfsdeckung, sondern fast im wirtschaftlichen Sinne einer Bedarfsdeckung. Jedenfalls aber überragte bei der Regelung aller praktischen Ernährungsfragen unvi bei der Lösung theoretischer Ernährungsprobleme die Mengenfrage. Die neue Wirkstoff lehre löste diese Einstellung zu den Problemen weitgehend ab und setzte an die Stelle der Mengenfrage die der Wertigkeit. Die Wertigkeitsfrage aber knüpfte* bewußt an den Zweck der Ernährung, nämlich an die Leistungsfähigkeit und an die Gesundheit des Menschen an. Praktisch be-^ deutete dies die Forderung nach einer Ernährung, die nicht nur mengenmäßig genügend Fett, Eiweiß und Kohlehydrate aufzuweisen hatte, sondern die auch alle jene Wirkstoffe, vor allem Vitamine und Mineralsalze enthalten muß, welche zu der optimalen Sicherung von Gesundheit und Leistungsfähigkeit notwendig sind. Wenn es daher bald nach der Machtübernahme das Bestreben der Reichsgesundheitsfülirung gewesen war, die gesamte Volksernährung in diesem Siime auszurichten und zu verbessern, 31 so war es selbstverständlich, daß die erheblich verbesserten Erkenntnisse auch für die Kriegsernährung nutzbar gemacht werden mußten. Natürlich fanden sie auch bei der Rationierung der Lebensmittel ihren Niederschlag. Erinnert sei an die schon Jahre vor dem Kriege in die Wege geleitete Vollkornbrotaktion, weiterhin an die Aufwertung der Margarine durch Beigabe von A-Vitamin, an die Rachitis-Prophylaxe. und schließlich an die 1937 auf dem Partei-Kongreß in Nürnberg ausgesprochene Parole: Mehr Obst, Gemüse, Kartoffeln und Vollkornbrot in der Volksernährung. Ganz besondere Bedeutung kam hierbei dem C-Vitamin zu, wenn auch seit der Einführung der Kartoffel in Deutschland, die Ö ' bei richtiger Zubereitung dem Körper erhebliche Mengen C-Vitamin zuführt, der Skorbut als Massenerkrankung. wie dies früher ' O' immer wieder zu beobachten gewesen war. kaum noch in Er-scheinung getreten war. Es handelt sich jedoch nicht allein darum, den schwersten Mangelzustand an C-Vitamin in der Form des Skorbuts zu vermeiden, sondern es geht darum, dem Körper durch eine zum mindesten genügende, wenn nicht gar reichliche C-Vitaminzufuhr größere Leistungsfähigkeit und eine bessere Gesundheit durch Beeinflussung verschiedenster Organe und Funktionen des Körpers zu verleihen. So leitete der Reichsgesundheitsführer bereits im ersten Kriegswinter die bekannten C-Vitamin-Aktionen für Schulkinder, werdende und stillende Mütter und andere besonders belastete Bevölkerungsgruppen ein. Diese Aktionen wurden mit einem synthetischen Erzeugnis von Ascorbinsäure durchgeführt. Besonders eindrucksvoll war der Erfolg einer solchen C-Vitamin-Aktion im Bergbau. Durch Einsatz eines mobilen Laboratorium^ unter der Leitung von Dozent Dr. Dr. Hermann Schröder konnten zu Beginn und nach Beendigung einer dreimonatigen winterlichen C-Vitamin-Aktion von den Zechen im Aachener Revier bis zu jenen in Schlesien Blutuntersuchungen angestellt werden, welche, eine günstige Beeinflussung der Blutwerte an C-Vitamin ergaben. Während diese vor der Aktion entsprechend der herabgesetzten Leistungsfähigkeit der Bergarbeiter sehr niedrig lagen und vom ärztlichen Standpunkte aus gesehen nicht gutzuheißen waren, lagen die Werte später auf Grund einer täglichen Darreichung von 30 mg C-Vitamin um ein Vielfaches höher und zwar im Bereich des Normalen, während Leistungsfähigkeit und Gesundheitszustand gehoben wurden. Es war dies der erste mit genauen Analysen durchgeführte Großversuch und er ist, 32 soviel mir bekannt, auch bis heute der einzige in seiner Art geblieben. Was die Steigerung der Leistungsfähigkeit gerade im Beigbau für den Ablauf eines Krieges bedeutet, brauche ich nicht besonders zu betonen. Abhold jener vergangenen unnatürlichen Zielsetzung einer Pillcnernährung und mißtrauisch gegenüber künstlichen chemischen Produkten, auch wenn sie zweifellos ihren Wert erwiesen haben, war es für mich als Leiter der Abteilung für naturgemäße Lebens- und Heilweise im Hauptamt für Yolksgesundlieit selbstverständlich, danach zu trachten, den synthetischen C-Vita- ? j j min-Präparaten solche mit natürlichem C-Vitamin an die Seite zu stellen. Die größte Vorarbeit auf diesem Gebiete hatte die« Firma M e r c k schon vor mehreren Jahren geleistet. Einige Dutzend Pflanzen, Beeren und sonstige Früchte waren systematisch auf ihren C-Vitamin-Gehalt untersucht worden und auf die Möglichkeit, aus natürlichen Bodenerzeugnissen den wertvollen C-Vitamin-Rohstoff zu gewinnen. Die von der Firma M erck hierbei gemachten überaus wertvollen Analysen fanden bisher jedoch keine größere praktische Verwendung, und zwar schon allein deshalb nicht, weil es zu unwirtschaftlich erschien, den C-Vitamin-Rohstoff aus den Naturerzeugnissen gegenüber synthetischen Herstellungen gewinnen zu wollen. Nach den Analysen von M erck und den auch von anderer Seite inzwischen gewonnenen Erkenntnissen standen so ziemlich die Gladiole und die Hagebutte aTs beste C-Vitaminträger an der Spitze. Meine Wahl fiel aus mehreren Gründen auf die Hagebutte. Zu allererst war für diese meine Wahl die Tatsache entscheidend, daß die Hagebutte nachweislich nicht nur seit Jahrhunderten, sondern tatsächlich seit Jahrtausenden, wie Schröder es in seinem kleinen Standardwerk über die Hagebutte beschrieben hat, eine Rolle in der Volksheilkunde aller Völker, bei denen die Hagebutte wächst, gespielt hat. Es ist töricht, an solchen Erfahrungstatsachen vorübergehen zu wollen, auch wenn man sie mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen seiner Zeit noch nicht deuten kann. Bei der Hagebutte ist aber eine wissenschaftliche Deutung schon weitgehend möglich. Danach steht fest, daß die Hagebutte keineswegs nur einseitig als Vitamiii-C-Träger anzuseilen ist, sondern daß sie eine natürliche Vergesellschaftung von mehreren Vitaminen darstellt, in der allerdings das C-Vitamin erheblich überwiegt. Störende Stoffe, wie sie in anderen natürlichen C-Vita-min-Trägern gefunden wurden, fehlen bei der Hagebutte ganz. 33 Nach eingehenden Untersuchungen von K u h n und Gerhard sind in 100 g Hagebutten enthalten I. an fettlöslichen Vitaminen: A: 5 mg ß-Karotin (Ilagebuttenmus) 5—6 mg in der Droge mit Kernen E: 47 mg et- und ß-Tocopherol in dem Kernöl K: 1000 Dam-Einheilen (frische Früchte): IL an wasserlöslichen Vitaminen: C: 500 mg (400—1000 mg) (frische Früchte) Bl: 100 y Gesamt-B 1 (Schalen. Droge) 90 y Gesamt-B 1 (Kerne) B2: 7 y (frische Früchte) P-P-Faktor: 400 Nikotinsäure (Droge mit Kernen); III. an wenig definierten Vitaminen: F. Diese Zusammensetzung an Vitaminen zeigt eine eigenartige Harmonie, wie sie bisher in anderen Naturerzeugnissen nicht zutage getreten ist. Stepp und seine Mitarbeiter-bei der Vitaminforschung haben nachgewiesen, daß ein isoliertes Vitamin nicht so gut wirkt wie Vitamingemische. So ist es erwiesen, daß C-Vitamin allein nicht vor Infektionen schützen kann. Jedoch wird es stark schutzwirkend, wenn gleichzeitig geringe Spuren von Vitamin A gegeben werden. Diese Erkenntnis entspricht einer alten Erfahrung auf pharmakologischem Gebiete, der gemäß manche Drogen komplex besser wirken als der eine oder andere aus der Droge isolierte Bestandteil. Die Vielheit der Vitaminbestandteile in, der Hagebutte stellt sie auch in dieser Beziehung an die Spitze aller ähnlichen natürlichen G-Vitaininträger. Dazu kommt aber noch, daß die Hagebutte auch über Farbstoffe verfügt. Mit den Farbstoffen hat es aber auch noch eine besondere Bewandtnis. So ist es in jüngster Zeit gelungen, das Geheimnis der schwarzen Beeren-Farbstoffe zu lösen. Nämlich ähnlich wie die Hagebutte so hat die schwarze Johannisbeere, die, Brombeere und die Holunderbeere in der Volksheilkunde und im Volksglauben stets eine große Rolle gespielt. Man hat alle drei Beerenarten insbesondere werdenden und stillenden Müttern gegeben, wenn irgendwelche Schwierigkeiten, sei es während der Schwangerschaft oder bei der Geburt und schließlich in der Stillzeit auftraten. Der Erfolg ist vielfach bestätigt worden, und so habe ich auch im zweiten Kriegsjahr dafür Sorge getragen, daß 34 große Mengen schwarze Johannisbeeren, die in Holland geerntet werden konnten, unseren deutschen Müttern zur Verfügung gestellt wurden. Es hat sich nun auf Grund der Arbeiten von Dr. Greif herausgestellt, daß das Wirksame des Farbstoffes auf einer bestimmten pharmakologischen Wirkung beruht. Der Farbstoff besitzt die Eigentümlichkeit, einen abnormen Blutzuckergehalt zu senken. Abnormer Blut Zuckergehalt ist aber häufig bei nicht gut verlaufenen Schwangerschaften anzutreffen. Im übrigen ist die Bedeutung der Farbstoffe in den natürlichen Erzeugnissen aber noch wenig erforscht. Es ist aber nicht nur möglich, sondern meiner Meinung nach sogar wahrscheinlich, daß auch dem Farbstoff in der Hagebutte noch eine andere Wirkung als die der optischen Sinnfälligkeit zukommt. Schließlich war für meine Entscheidung die Tatsache maßgeblich, daß die Hagebutte es ermöglichen würde, dem menschlichen Körper den wertvollen C-Vitamin-Rohstoff mit einem wenig veränderten Nahrungsmittel zuzuführen. Große Mengen mußten aber gesammelt und verarbeitet werden, um einen überhaupt ins Gewicht fallenden Einsatz des C-Vitamins auf diesem Weg sichern zu können. So fiel meine Wahl auf das befreundete Land Bulgarien, von dem ich wußte, daß es außergewöhnlich reich an Hagebutten ist. Durch Vermittlung der Hauptvereinigung der deutschen Gartenbauwirtschaft konnte ich für meine Pläne Reichswirtschaftsrichter Hermann Schnabel gewinnen, der vor vielen Jahren den Erdbeeranbau in Bulgarien zu Nutzen Deutschlands als erster Pionier in die Wege geleitet hatte. Pg,. Schnabel ging begeistert auf meine Pläne ein, obwohl diese zunächst nichts als ein großes Wagnis bedeu-dreien. Dieses Wagnis war in folgendem zu sehen: Es war von vornherein ausgeschlossen, die in Bulgarien gesammelten Hagebutten in frischem Zustande nach Deutschland zu schaffen, denn sie wären auf der langen Reise zu Schiff oder mit der Eisenbahn verdorben, zum mindesten aber wäre der G-Vitaminverlust zu groß gewesen, auch wäre der Transport der Frischfrüchte an sich infolge deren Wassergehaltes höchst unrationell und angesichts der Kriegsbelastung aller Transportmittel ein Unding gewesen. Es war aber auch nicht möglich, die Frisch-Hagebutten in Bulgarien etwa zu Mus oder Marmelade zu verarbeiten, denn dazu fehlten in Bulgarien die Einrichtungen. Die Hagebutte etwa zu pülpen, wie man das leider der Not der Zeit entsprechend noch mit anderen Früchten tun muß, kam bei meiner grundsätzlichen Ablehnung des Pülpeverfalirens 35 überhaupt nicht in Frage. So erschien es mir vorteilhaft, die Hagebutten zu trocknen, um sie zu konservieren und sie zu vermählen, um auf diese Weise ein handliches Verarbeitungserzeugnis zu bekommen, welches dann in Deutschland auf die verschiedenste Weise zu Enderzeugnissen hätte verwertet werden können. Nun sind auch in früheren Zeiten schon Hagebutten zumeist als ganze Früchte und zum Teil auch als Schalen getrocknet und als Drogen in den Handel gebracht worden. Der C-Vitamingehalt dieser Drogenerzeugnisse, die in der Hauptsache zu1* Teebereitung verwandt wurden, stand jedoch in gar keinem Verhältnis zu dem hohen C-Vitamingehalt der Frischfrucht. Es galt also, Trocknungsverfahren auszuarbeiten, welche wertesclio-nend waren, um einen möglichst hohen C-Vitamin-Gehalt zu erzielen. Hierzu hätten jedoch neue geeignete Apparaturen und große Anlagen gehört, die ebenfalls in Bulgarien nicht vorhanden waren. Solche auf Anhieb im ersten Jahr zu errichten, hätte jedoch auch insoweit ein großes Risiko bedeutet, als noch gar nicht erwiesen war, ob es möglich sein würde, so viel Hagebutten zu sammeln, um das ganze Unternehmen aus sich selbst' heraus wirtschaftlich tragfähig gestalten zu können. So konnte nur Schritt für Schritt vorgegangen werden, und die Zielsetzung der ersten deutsch-bulgarischen Hagebuttenaktion 1940 war daher, ein möglichst großes Sammelergebnis zu erzielen, weil hiervon die zukünftige Entwicklung des ganzen Unternehmens überhaupt abhing, wobei man sich damit abfinden mußte, bei der ersten deutsch-bulgarischen Hagebuttenaktion mit den in Bulgarien befindlichen primitiven Trocknungsmethoden das gesammelte Gut zu sichern. Ebenso mußte man sich damit abfinden, die getrockneten Hagebutten mit den dort befindlichen einfachen Wassermühlen zu mahlen, um ein bequem zu verpackendes und zu transportierendes Erzeugnis für die Verwendung in Deutschland erhalten zu können. Auch hierbei tauchten wieder neue Probleme und neue Wagnisse auf. Niemand hatte Erfahrungen darüber, ob das so in großen Mengen gewonnene Hagebutteimiehl selbst bei bester Verpackung haltbar sein würde, ob es auf Grund des Fettgehaltes der Hagebutte nicht ranzig werden würde und schließlich, ob nicht das Mehl durch Maden-befall geschädigt und sogar zerstört werden würde. Es würde zu weit gehen, auf alle die schweren mit diesem Problem verbundenen Gefahren, Sorgen und Schvvierigkeiten, die sich bei der Durchführung erst zeigten, im einzelnen einzugehen, und ich will 36 4 mich darauf beschränken, kurz die Durchführung selbst zu schildern. die das Wagnis belohnte. Gemeinsam mit der bulgarischen Genossenschaft Zadruga wurden im ganzen Lande über 200 Sammelstellen errichtet. Es wurden durch Presse. Rundfunk und durch Handzettel und Plakate weite Kreise der Bevölkerung gewonnen, sich für die Aktion zur Verfügung zu stellen, wobei der in Aussicht gestellte Sam-melpreis als starker Anreiz wirkte. Dann wurden in den Hauptsammeizentren des Landes einfache Schuppen zur Lufttrocknung errichtet oder vorhandene Trocknungsanlagen für die Trocknung der Hagebutten zweckentsprechend hergerichtet und umgestaltet. Es konnten mechanische Trockner eingesetzt werden, die bisher für die Trocknung von anderen Drogen oder Früchten oder z.u speziellen Zwecken, wie der Trocknung von Seidenkokons, erbaut worden waren. Das Sammelergebnis der ersten Aktion war über alles Erwarten groß. Es betrug 1,2 Millionen kg Frisch-Hage-butten. Als Vergleich diene die Angabe, daß im gleichen Jahr in Deutschland 180 000 kg gesammelt werden konnten. Dieses hohe Sammelergebnis machte es möglich, die zweite deutschbulgarische Hagebuttenaktion 1941 auf eine eigene großzügige wirtschaftliche Basis zu stellen. Es war selbstverständlich, daß trotz aller angewandten Vorsicht der C-Vitaininverlust auf Grund der primitiven Trocknung beträchtlich groß geworden war. Immerhin bedeutete das aus den 1,2 Millionen kg Frisch-Hagebutten gewonnene Hagebuttenmehl für die deutsche Volksernährung bereits im ersten Jahr einen erheblichen Zusatz an natürlichem C-Vitamin. Galt so die erste deutsch-bulgarische Hagebuttenaktion der organisatorischen und wirtschaftlichen Sicherung des Planes überhaupt, so konnte nach dessen Sicherung daran gegangen werden, alle jene, vor allem technischen Voraussetzungen zu schaffen, um nicht nur die mengenmäßige Ausbeute noch zu steigern, sondern vor allem, um einen möglichst großen C-Vitamingewinn zu erzielen. Die Erfahrungen des ersten Jalires, die noch niemand in dieser Art und in diesem Umfange hatte machen können, weil eben noch niemand eine solche große Aktion in die Wege geleitet hatte, erlaubten es, an die Errichtung eigener Verarbeitungswerke zu gehen. So entstanden in Bulgarien mehrere Verarbeitungswei'ke, von denen dem von Herrn B a g a r o f f in Karlowo und dann vor allem der Musteranlage in Zerkva der deutschen Gesell-ischaft Rex ganz besondere Bedeutung zukommt. Die Anlage in Zerkva enthält u. a. zwei 4-Bandtrockner und eine eigene 37 Mühle. Hier geht die Verarbeitung folgendermaßen vonstatten: Die Hagebutten werden auf laufenden^ . Band gewaschen, ausgelesen und dann durch die Quetsche geschickt. Von dort laufen sie über Schüttelsiebe, um den Hauptteil der Kerne und Härchen zu entfernen. Dann kommen sie auf den Bandtrockner, werden getrocknet, laufen von dort noch einmal über Schüttelsiebe, um die letzten Kerne zu entfernen, wobei gleichzeitig die restlichen Härchen abgesaugt werden. Das getrocknete Material wandert dann in die Mühle, welche mehrere Steine enthält und eine vielfache Siebvorrichtung, so daß das Material mehrmals automatisch durch die Steine läuft, bis das Mehl die gewünschte Siebgröße aufweist. Dann wird es in Sperrholzfässer, die ebenfalls in der Anlage selbst hergestellt werden, zum Transport verpackt. Die technische Verarbeitung wird dauernd mittels Analysen auf den C-Vitamingehalt kontrolliert. Sowohl das Werk in Karlovy o wie das Muster werk in Zerkva besitzen ein eigenes Laboratorium. Diese unterstehen wie ebenfalls ein weiteres großes Laboratorium in der Deutsch-Bulgarischen Handelskammer in Sofia der wissenschaftlichen Leitung meines Mitarbeiters Dozent Dr. Dr. Hermann Schröder, München. Im vorigen Jahre allein wurden hier 15 000 C-Vitamin-Analysen vorgenommen. Hierbei wurden außerordentlich wichtige Erfahrungen gesammelt. Es stellte sich heraus, daß nicht allein der Hitzegrad und diei Troclmungsdauer für den C-Vitamingehalt von Bedeutung ist, sondern auch der Feuchtigkeitsgrad des Hagebuttenmehles. Alle% diese Erfahrungen haben bereits beim Fabrikationsgang und auch in den Normativbestimmungen, die in diesem Jahre erlassen werden konnten, ihre praktische Verwertung gefunden. Die Normativbestimmungen verlangen ein Mindestgehalt von 700 mg% C-Vitamin für die Einfuhr, einen maximalen Feuchtigkeitsgehalt von 6%» Dcr Anteil an Härchen darf nicht mehr als 5%, der Anteil an Kernen nicht mehr als 5% betragen, der Feinheit» -grad des Pulvers muß dem Siebmaß Nr. 5 entsprechen. Weiterhin bestätigte sich, daß der Gehalt an C-Vitamin in den verschiedenen Früchten verschiedener Herkunft außerordentlich unterschieden war (100 bis über 1000). Von vornherein war geplant worden, auch die wissenschaftliche Seite des Problems grundlegend zu bearbeiten. So war u. a. der Botaniker und Pflanzenzüchter Dr. Kosaröff gewonnen worden. Nach seinen bisherigen Arbeiten kann man in Bulgarien mit ca. 200, Hebriden von Hagebutten rechnen. Diese sind aber den verschie- 38 densikn klimatischen Verhältnissen je nach Standort unterworfen. So finden sich Hagebuttensträucher in den Niederungen der Struma und der Maritza, wo Reis angebaut wird, und sie finden sich in den größten Höhen des Balkans und der Rodopen. Bekannt ist das sogenannte Rosental am südlichen Fuße des Balkans mit dem schon erwähnten Kariowa. Hier hatten schon die Türken Wildrosen in Feldern angebaut, um daraus Rosenöl zu gewinnen. So bedeutete auch für die Bulgaren die Rosenölgewinnung eine sehr große Verdienstmöglichkeit, bis plötzlich vor ein paar Jahren die Franzosen ein synthetisches Rosenparfüm erfanden. Absatzschwierigkeiten und Not waren die Folgen für die Bewohner des Rosentales. Aus diesem Grunde war gerade der ebenfalls schon erwähnte Herr Bagaroff, der dort den Namen ..Rosenölkönig*' führt, bereitwilligst auf meine Pläne der Hagebuttensammlung -und -Verwertung eingegangen. Am Fuße des 2000 m hohen Berges Wituscha, ganz in der Nähe von Sofia, wurden Versuchspflanzungen angelegt mit Pflanzen, die aus dem ganzen Lande mit Hilfe des Landwirtschafts-und Forstministeriums gesammelt worden waren. Hier werden nun sowohl von der botanischen Seite wie von der chemischen Seite fortlaufend und in von Jahr zu Jlalir erweitertem Maße Untersuchungen darüber angestellt, welches die beste bulgarische Hage-buttensorte auf Grund ihres Mengen-Ertrages und auf Grund des C-Vitamin-Gehaltes ist. Geplant ist, dementsprechend Pflanzungen vorzunehmen und die bisherigen Rosenfelder für das Rosenöl, deren Früchte einen geringen C-Vitamingehalt haben, nach und nach auszuwechseln. An die Stelle der Wildsammlung kann dann später, wenigstens zu einem gewissen Anteil, die Ernte aus den PflaxAZungen treten. Während das Ergebnis des ersten Jahres 1,2 Millionen kg betragen hatte, betrug das des zweiten Jahres bereits 3 Millionen kg Frisch-Hagebutten. Für das dritte Jahr (1942). war mit einem Ertrag von 5 Millionen gerechnet worden. Auf Grund der außergewöhnlichen Trockenheit seit dem Juni d. J. wird die Ernte leider erheblich schlechter werden als sie im Vorjahr war, so daß nur mit einem Bruchteil des bisherigen Ernteergebnisses zu rechnen ist. Hier wird sich nun erweisen, wie notwendig es war, von vornherein die wirtschaftliche Seite maßgeblichst zu berücksichtigen. Es wäre selbstverständlich unrationell gewesen, die eigens errichteten Werke einzig und allein auf die nur eine Reihe von Wochen betragende Verarbeitungszeit der Hagebutten abzustellen. So wurde von vornherein überlegt, was sonst noch an 39 hochwertigen C-Vitaminträgern in den anderen Zeiten und auch hei schlechter Hagebuttenernte verarbeitet werden könnte. Hierzu zählen insbesondere Paprika und Zwiebeln, an denen Bulgarien ebenfalls noch große unausgescliöpfte Möglichkeiten aufweist. Das trotz aller kriegsbedingten Transporterschwerungen in mehreren Eisenbahnzügen nach Deutschland gesandte Hagebuttenmehl fand nun hier seine Verwendung in verschiedenen Nahrungsmitteln. Es wurde in Kekse verbacken, es wurde mit Milch und Kakaopulver zu Getränkegrundstoffen verwertet, und es wurde vor allem einem ebenfalls in Bulgarien gewonnenem ernährungsphysiologisch besonders hochwertigem Traubenkonzentrat beigemengt, so daß dieses außer dem leicht resorbierbaren Traubenzucker noch das wertvolle C-Vitamin aufwies. Außerdem wurden Gebäck« und Bonbons verschiedener Art, ein mit ITagebuttenmehl-extralct angereicherter Apfelsaft, verschiedene Schokoladenerzeugnisse mit Hagebuttenmehlmasse sowie Würfel aus Hagebut-tenlraubenkonzentrat hergestellt. Nur ein kleiner Teil der gesamten Erzeugnisse, und zwar um Erfahrungen über die Aufnahme der Erzeugnisse bei dem Verbraucher sammeln zu können, wurde in den öffentlichen Verkauf geleitet. Weitaus das Meiste wurde den vordringlichsten Zwecken für die luftgefährdeten Gebiete und die dort tätigen Organisationen, für Krankenhäuser, für NSV- und HJ-Heime sowie für Wehrmacht-Heer, Marine. Luftwaffe und die Waffen-^ zugeführt. Schließlich wurde eine ansehnlijche Menge Hagebuttenmehl von ^-Sturmbannführer Dozent Dr. Dr. Sclienck nach Taganrog mitgenommen und dort für die Waffen-^ in das Brot verbacken. Bei allen Fertigerzeugnissen wurde danach getrachtet, in je 100 g des Lebensmittels 50 mg C-Vitamin einzubringen, so daß also mit 100 g von diesem oder jenem Lebensmittel der Tagesbedarf an C-Vitamin gedeckt werden konnte. Das war im zweiten Jahr der Aktion insoweit besser möglich als im ersten Jahr, als das im zweiten Jahr vor allem in der Musteranlage in Zerkva hergestellte Hagebutten -mehl durchschnittlich 700 bis 1000 mg% C-Vitamin aufwies, während das Hagebuttenmehl des ersten Jahres nur 400 bis 500 mg% im Durchschnitt aufgewiesen hatte. Die Hagebutte ist inzwischen auf Grund unserer Arbeit nicht nur in Deutschland selbst, sondern auch im Auslande und selbst in den Feindländern gewissermaßen modern geworden. Drei Tage bevor England die Beziehungen mit Bulgarien abbrach, versuchte ein Beauftragter der englischen Regierung unser eigenes Arbeitsergebnis in Bulgarien, d. h. das gesamte dort noch 40 lagernde Hagebuttenmehl uns vor der Nase wegzukaufen, was ihm allerdings nicht gelang. Die Engländer haben daraufhin eigene Werke errichtet. Die Russen verfügen nunmehr über eine eigene Verarbeitüngsstätte, und alle europäischen Länder möcln ten ihren C-Vitamin-Iiaushalt in der Ernährung durch Hagebuttenerzeugnisse aufbessern. Andererseits stehen- uns noch Reserven zur Verfügung, so in Ungarn wie in Rumänien und in der Slowakei. Insbesondere bin ich ungarischerseits gebeten worden, dort eine gleiche Aktion wie in Bulgarien in die Wege zu leiten. Bedenkt man die Bedeutung des C-Vitamins in der europäischen Ernährung einerseits und die Bilanz der Erzeugungs-möglichkeiten des natürlichen C-Vitamins andererseits, so erscheint es unzweifelhaft, daß die hier eingeleiteten Bestrebungen auch im Frieden ihren Wert behalten werden und damit auch an wirtschaftlicher Ausnutzung gewinnen werden. Mein Bestreben geht dahin, die Ausbeute an natürlichen C-Vitamin -Rohstoffen so zu verstärken, daß der Einsatz des synthetischen C-Vitamins zum mindesten eingeschränkt werden kann. Der Gewinn an natürlichem C-Vitamin aus der zweiten deutsch-bulgarischen Hagebuttenaktion bedeutet ziffernmäßig in diesem Zusammenhang gesehen rund 3% des deutschen Verbrauchs gleichen Jahres an synthetischem C-Vitamin. Das ist so gesehen eine außerordentlich bescheidene Zahl: aber es ist doch ein Hundertsatz, der in 2 Jahren aus dem Nichts entstanden ist. Diese Rechnung zeigt aber auch, daß das Problem der natürlichen C-Vitaminbeschaffung mit der Hagebutte allein keineswegs, soweit es Europa angeht, gelöst werden kaun. Gewiß werden wir im Frieden über mehr Obst, vor allen Dingen auch wieder über mehr Zitrusfrüchte verfügen. Aber das alles reicht nicht aus, um den optimalen Bedarf der ganzen Bevölkerung uncl hier vor allem der schwerarbeitenden Bevölkerung, deren Bedarf gröBer ist, in den Wintermonaten zu decken. Ganz abgesehen von den eingangs erwähnten grundsätzlichen Erwägungen ist aber deshalb das natürliche C-Vitamin dem synthetischen vorzuziehen, weil es vom Magen-Darm-Kanal besser aufgenommen und im Körper besser gespeichert wird als das künstliche. Schon insoweit kann es gar keine Konkurrenz zwischen der Hagebutte und anderen natürlichen C-Vitaminträ-gern geben. An der Spitze steht hier die Walnuß. Aufgabe unserer Laboratorien in Bulgarien wird es für das kommende Jahr sein, zu versuchen, auch das natürliche C-Vitamin aus den grünen Wal- 41 nuß-Schalen nutzbar zu machen, was bisher noch nicht gelungen ist. Was nun die vielfach diskutierte Sanddornbeere angeht, so muß ich auch hier wieder meine Bedenken wegen des ganz außerordentlich hohen Fettgehaltes der Sanddornbeere geltend machen. Dies ist die Ursache für das schnelle Ranzigwerden des Preßsaftes, der ihn dann vor allem für Kranke trotz der Konservierung ungenießbar macht. Hoffentlich wird es denen, die daran arbeiten, bald gelingen, eine Trennung zwischen den Fettbestandteilen und den wasserlöslichen Bestandteilen des Preß-saftes vorzunehmen: Weiterhin dient, wie dies ^-Sturmbannführer Dozent Dr. Dr. Schenck schon dargelegt hat, die Gladiole als natürlicher C-Vitaminträger, und deren großzügiger Anbau in Dachau hat gezeigt, was damit erreicht werden kann, immerhin bestehen auch noch einige Schwierigkeiten, und es ist fraglich, ob die Anbauflächen entsprechend vergrößert werden können. Ich beabsichtige daher, so bald als möglich Untersuchungen über den C-Vitamin-Gehalt bei Irisarten im Wildwuchs vorzunehmen, wofür Spanisch-Marokko das geeignetste Land ist. Hier finden sich, wilde Irisarten, wie mir berichtet wurde, in ungeheuerem Ausmaße, so daß man sie geradezu auf viele' Kilometer weite Strecken zweimal im Jahr mähen kann. Schließlich verfolge ich in Zusammenarbeit mit Dr. Krause den Plan, dem Preßsaft des Grases, das bei der Vortrocknung des Heus unbenutzt abfällt, den ihm anhaftenden unangenehmen bitteren Stoff zu nehmen, um auch diese Quelle für die natürliche C-Vitamingewinneng nutzbar zu machen. So hat uns der jetzige Krieg nicht nur gezwungen,' die wissenschaftlichen Erkenntnisse der modernen Ernährungslehre in die Tat umzusetzen, sondern er hat uns auch gezwungen, in einer Weise an der Verbesserung der Truppen- und der Volks-einährung ausgiebig mitzuarbeiten, wie sie unter Fortfall des eisernen Muß im Frieden niemals in so kurzer Zeit hätte verwirklicht werden können. * Der Vortragende zeigte dann insgesamt 28 Lichtbilder, welche den Entwicklungsgang der Verwertung der Hagebutte von ihrer Sammlung über die Verarbeitung bis zu ihrer Verwendung wiedergeben. Die Bilder zeigen anschaulich die Entwicklung von den ersten Anfängen des primitiven Luft-Trocknens und Verarbeitens in einer alten Wassermühle bis zu der Errichtung des Musterwerkes für die Verarbeitung und Gewinnung natürlicher C-Vitamin träger in Zerkvä. 42 Oberregierungsrat Dr. Wilhelm Ziegelmayer Oberkommando des Heeres. Maßnahmen der Heeresverwaltung zur Sicherung des Vitaminbedarfs und Erhaltung der Vitamine. Inhalt: I. Frischkost. Zusatzkost und Konzentrate. II. Erhaltung der Vitamine durch zweckmäßige Zubereitung der Kost. III. Zweckmäßige Verteilung der Vitamine durch zentrale Speisenpläne. IV. Natürliche Vitaminträger der Wehrmachtverpflegung. V. Die Vitaminerhaltung in den Dauerwaren. VI. Ausbau der technischen Vitamin-Gewinnungsverfahreii. VII. Pflegliche Behandlung des Vitamin-Gehaltes in den konservierten Gemüsen jeder Art bei der Lagerung in EVM:s und AVL's. VIII. Übersicht über den Verbrauch 1941 und 1942 von WTehr-machtverpflegungsmitteln, die natürliche und synthetische Vitamine enthalten. IX. Vitaminfragen bei fremden Heeren und Staaten. ■ — - - - " t .. . " iL -.':- 1 Si-, - .. • M. HL! Wenn ich hier im Rahmen dieser Tagung vor Ihnen über Maßnalimen des Heeresverwaltungsamtes zur Sicherung des Vitaminbedarfs und Erhaltung der Vitamine zu sprechen habe, so bin ich mir klar, daß ich eine Art Gesamtbericht darlegen muß über das, was das Heeresverwaltungsamt auf dem Gebiet der Soldatenernährung überhaupt seit Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht im Jahre 1935 geleistet hat. Betrachten wir kurz die Verpflegungsmittel, wie sie dem Heere damals zur Verfügmag standen. Ihre Auswahl beschränkte sich vornehmlich auf Fleisch, Hülsenfrüchte und Kartoffeln und Getreideerzeugnisse. Die Erkenntnisse der seit dem Weltkrieg betriebenen Ernährungsforschungen waren nur in geringem Umfange in die Soldaten Verpflegung übernommen worden. Wohl hatte schon zur Zeit des Hunderttausendmannlieeres das ..Lehrbuch für Militärhygiene" von Waldmann, Konrich und Walter gesagt, daß „Avitaminosen in der Soldatenernährung überhaupt nicht, im Krieg nur selten und nur unter ungünstigsten Umständen, beobachtet worden sind. Sie gingen hier unter der viel schwereren Erscheinung der Hungerkost vielfach unter". Aber der Erkenntnis, daß es zwischen der Avitaminose und einer ausreichenden Vitaminversorgung eine Anzahl von Zwischenstadien gibt, die als Hypovitaminosen bezeichnet werden, und die „infolge einer stark wechselnden Symptomatologie nur selten erkannt werden können*5, wurde praktisch in der Ernährung deä Soldaten und der Massen Verpflegung überhaupt nicht Rechnung getragen. Rechnet man nun hinzu, daß sehr häufig selbst da, wo aufgeklärte, „reformerische" Köche oder Vorgesetzte zusätzlich Gemüse und Grünkost in den Speisezettel einfügten, so sind diese gutgemeinten Gaben meistens durch schlechte küchentechnijche Zubereitung, wie sie früher nun einmal in jeder Massenverpflegung üblich war, restlos totgekocht worden. So liegt es auf der Hand, daß im-.Jahre 1935, als das deutsche Heer zu neuem Leben erwaclite und sich vor ungeheure Aufgaben für Frieden und Krieg gestellt sah, die Heeresverwaltung und die Heeres-Sanitätsinspektion unverzüglich eine Reform der Soldatenernährung ins Auge fassen mußten, besonders auch im Hinblick auf einen in naher Zukunft bevorstehenden Krieg mit seinen ungeheuren Lasten für Leib und Seele des Soldaten. Die Schwierigkeiten, denen sich bei Begimi seiner Aufbauarbeit die Heeresverwaltung gegenübersah, lagen oft genug iil der Unkenntnis und Ablehnung vieler beteiligter Stellen, auch 45 in den eigenen Reihen, die sich auf den Standpunkt stellten, daß „so ein moderner Ernährungskram" unsoldatisch und lächerlich sei und daß es früher auch ohne das gegangen sei! Viel ernster aber waren die Schwierigkeiten, die sich aus der Natur der Sache selbst ergaben. Sie lagen und liegen auch heute noch besonders in der zwangsläufigen Beschränkung der Auswahl der Lebensmittel, die für Großküchen und Feld-kücbenverwendung geeignet sind und bereitgestellt werden können, und diese Beschränkung füjirt scheinbar immer unvermeidlich die verhaßte und gefürchtete grausame Monotonie im Speisenzettel jeder Massenverpflegung im Gefolge. Das Heeresverwaltungsamt ist sich von vornherein darüber klar gewesen, daß es zur Behebung der Fehler in der Soldatenernährung nicht so sehr darauf ankam, die Auswahlliste der zur Verfügung gestellten Nahrungsmittel zu erweitern, sondern daß es durch Heranbildung von fachlich gründlich geschultem, geschicktem und von seiner Aufgabe begeistertem Küchenpersonal . die Möglichkeiten zur Belebung und Bereicherung des Speisenzettels schaffen mußte. Die Ziele unserer Arbeit sahen also zusammengefaßt so aus: 1. Die Behebung der in der Soldatenernährung teilweise naturbedingten Eintönigkeit und Gesundheitsgefährdung durch Beschaffung von Verpflegungsmitteln, die geeignet sind, die Soldatenkost einer normalen, gemischten, den modernen Ernährungsgrundsätzen entsprechenden Hausmannskost anzugleichen. 2. Die Ausbildung einer umfassenden geschulten Verpflegungsorganisation. Die eingehende Darlegung der Wege, die wir gegangen sind zur Erreichung unseres zweiten Zieles, gehört nicht direkt zum Thema unserer Tagung, es mögen Ihnen deshalb zwei nackte Zahlen zur Aufklärung genügen: Wir haben im Laufe der Jahre insgesamt ca. 160 000 Feldköche praktisch und theoretisch geschult, eine Zahl also, die ungefähr der Kriegsstärke von 10 Divisionen gleichkommt, und in zahlreichen knappgefaßten Erweiterungen des Feldkochbuches und in anderen Schriften setzen wir in theoretisch-praktischer Belehrung die Weiterbildung unseres auch im Einsatz stehenden Feldkochpersonals ständig fort. 46 Im Zuge der neuen Wege, die wir zu gehen bemüht waren, war es uns von vornherein klar, daß wir nun nicht einfach alles Alte kurzer Hand über Bord werfen und durch bisher in der Massenverpflegung mit ihren besonderen Bedingungen noch nicht restlos erprobte Neuerungen einfach ersetzen konnten. So mußten wir uns schon im Frieden für den Ernstfall vor Augen halten, daß in oft wochenlangen Kampfhandlungen die Kost aus Transportgründen naturgemäß fleischreich und gemüsearm sein muß, um wenigstens einen hohen Kaloriengehalt zu sichern. So war es uns ferner klar, daß wir auf die Verwendung der viel geschmähten Konserve nicht verzichten konnten, wie wir uns auch bewußt, sind, daß an vielen Tagen im Monat der Soldat im Einsatz sicher nur „totgekochte4'" Kost bekommen kann, weil Essenkochen und Kampfende oder Kampfpause eben nicht einfach aufeinander abgestimmt werden können. Und die Erfahrungen der Ostoperationen haben jetzt gezeigt, daß auch die Erhaltung gewisser Nährstoffe, besonders der Vitamine, nicht immer durchzuführen ist: die langen Wege, die vielfaches Umschlagen notwendig machen (oft 15 mal!), die Witterungsschwierigkeiten, Staub, Überschwemmungen, unerhörte Hitze- oder Kältegrade und anderes mehr wirken sich zerstörend auf die Nachschubgüter aus und stellen besondere Anforderungen an Konservierung und Verpackung. Eine geschlossene Lieferkette von der Erzeugung bis zum Verbrauch, dieses Ideal haben wir bisher noch riicÖit erreichen können, — und — diese Worte seien denjenigen gesagt, welche diese Schwierigkeiten nicht kennen: — ein Verpflegungszug, mit zweckmäßigen Vei pf legungsmitteln richtig zusammengestellt und richtig beladen und unter Erhaltung aller seiner ursprünglichen Nährstoffe am richtigen Zeitpunkt an der richtigen Stelle des alsbaldigen Verbrauchs eingesetzt, ist nicht nur das Ergebnis einer großen Vorarbeit, sondern beinahe ein Wunder Gottes. Unsere gesamte Arbeit also besteht darin, daß unter Berücksichtigung vieler Schwierigkeiten und höchster Anpassung an diese die richtige Zusammenstellung nach den Nährstoffen, Eiweiß, Fett und Kohlenhydraten, Vitaminen und sonstigen Wirk-und Weckstoffen zur dauernden und vorübergehenden Leistungssteigerung durchgeführt und die Nahrungsmittelgliederung so vorgenommen wird, daß, wenn die Versorgung aus dein Lande ausfällt, sowohl an Lebenshaltung als auch an Leistungsfähigkeit nicht ein Minimum, sondern ein Optimum an Nahrung und Nährwert sichergestellt wird. Wenn wir beispielsweise aus Nachschubgründen den Wasserballast entfernt haben bei 47 Trockenfleisch, Trockenkartoffeln, Trockengemüse, Trockensauerkraut; Tornatenp ul ver, Apfelpulver, Käsepulver, Volleipulver, Milchpulver, Gefriergemüse und -obst, gefrorenen Kartoffeln, gefrorenen Fleischziegeln, um Gewichtersparnisse, Haltbarkeit im Sommer, zur Vermeidung von Schimmelbildung oder Zersetzung, um Haltbarkeit im Winter durch Vermeidung von Frostschäden zu erreichen, so geschah dies deshalb, weil trotz industrieller Veränderung dieser Lebensmittel eine Schädigung der Nähr- und Wirkstoffe größtmöglichst ausgeschaltet werden konnte und wir uns eine Sicherung der Versorgung der Soldaten im Einsatz trotz langen Wegen dadurch versprechen. L Frischkost, Zusatzkost und Konzentrate. Ich darf nunmehr übergehen zur Behandlung der großen Maßnahmen, die wir im Laufe der Jahre getroffen haben zur Schaffung einer gesunden Soldatenkost, die den Forderungen der modernen Ernährungsforschungen Rechnung tragen: Die erste und wichtigste Aufgabe war die zwangsweise Einführung der Frischkost und der vitaminreichen Zukost in den Speisenzettel der Wehrmacht und in logischer Folge die Schaffung von vitaminverstärkten Nahrungsmitteln, besonders für die Spezialtruppen. Betrachten wir zunächst die Frischkost im RaJunen der So Ida ten ver pflegung: Wenn Sie die Heercsdruckvorschriften, die Merkblätter und Zeitschriften, die dem Feldkoch, den Verpflegungsbeamten und -Offizieren als Dienstvorschriften überreicht werden und für deren Befolgung durch ständige Kontrolle gesorgt wird, durchsehen. werden Sie finden, daß gerade auf die Verabreichung von Frischkost in unserer Ernährung der allergrößte Wert gelegt wird. Beachten Sie nur z. B. die fünf Gebote für den Koch 48 auf der Rückseite des Vitaminmerkblattes. wo gefordert wird, daß t ä g 1 i c Ii dem Essen Frischkost in Form von Gemüsen und Kräutern zugesetzt wird und möglichst oft Rohsalate zu verabfolgen sind. Oder sehen Sie das Feldkochbuch für warme. Länder oder das Feldkochbuch für Afrika oder das Feldkochbuch für Kaukasien sowie Don und unteres Wolgagebiet durch, in welchen alle nur brauchbaren einheimischen Pflanzen der betreffenden Gebiete behandelt und ihre Einsatzmöglichkeit in den Speisenzettel der Truppe gezeigt wird. Sodann sei Ihnen die von uns herausgegebene Zeitschrift „Die Gulaschkanone" zum Studium empfohlen, welche das Kapitel „Frischkost" ganz besonders intensiv und häufig behandelt. Die der Zeitschrift für die; gesamte Wehrmacht beigelegten farbigen Merkblätter empfehlen z. B. den in Nordrußland, Kardien, Lappland und Norwegen liegenden Truppen die einheimischen Heidelbeeren, Moosbeeren, Moltebeeren und Reimtier flechten, ja selbst isländisches Moos kann bei richtiger Bereitung seine Verwendung in der Feldkost finden. Oder vergleichen Sie die farbigen Merkblätter, die zum Einlegen in den Leitz-Ordner „Zubereitung der Kost" bestimmt sind und die 16 in Mittel- und Osteuropa vorkommende Wildpflanzen behandeln. Zuletzt sei in diesem Zusammenhang noch an den Anbau deutscher Gewürze auf den Kasernenliöfen der Heimat erinnert. Das Ersatzheer hat allein 1941 248 Millionen Portionen zusätzliche deutsche Gewürze, wie Majoran. Thymian, Estragon und Dill für Ersatz- und Feldheer bereitgestellt. Trotz aller Vorsorgen und Maßnahmen aber ist es nicht immer zu vermeiden, daß besonders bei Truppen im Einsatz oder im Vormarsch eine zeitweise Unter Versorgung mit Vitaminen vorhanden ist. In über 50 Wehrkreis 1 ehrküchen. in 5 Heereslehr-küchen und durch 108 Koclilehrstäbe tragen wir ständig dafür Sorge, daß der Feldkoch lernt, auch mit den einfachsten Mitteln unter erschwerten Bedingungen eine geschmacklich und nährstoff-haltig bestmögliche Kost zu schaffen. So lernen die Feldköche, daß die zwar kalorienreichen, aber vitaminarmen, im Einsatz aber zwangsläufig am meisten verabreichten Hülsenfrüchte. Graupen und Reis kurz vor der Essenausgabe durch Zusatz von rohem Sauerkraut, Tomatenmark. Tomatenpulver, von feingeschnittenen rohen Brennesseln, Raps-, Zuckerrüben- oder Meerrettichblättern, durch kleine Mengen von Gewürzkrautern oder durch Hefeextrakt aufgewertet und der Speisenzettel abwechslungsreicher gestaltet werden kann. 49 In der Erkenntnis, daß durch jeden Kochprozeß unvermeidlich ein Verlust an Vitaminen — besonders an Vitamin C — eintritt und auch der Tatsache, daß diese Verluste noch nicht durch die Forschung exakt ermittelt worden sind — Aufgaben, an deren Lösung das Kochinstitut in Frankfurt und die Forschungsstelle in München sowie die Militärärztliche Akademie arbeiten — wurden vom OKW. im letzten Jahr Verpflegungsmittel geschaffen, die mit Vitaminkonzentraten natürlichen Ursprungs angereichert sind und die ohne Zubereitung sofort genußfertig verabreicht werden können zur Auffüllung des Vitamindepots und zur Verhütung einer etwaigen Unterbilanz. Zu einer solchen Vitamin-Verstärkung eignen sich nach unseren bisherigen Erfahrungen hauptsächlich süße Brotaufstriche, wie Marmeladen und Kunsthonig, und zur Gewinnung der Konzentrate sind starke Vitaminträger, wie Sanddorn, Hagebutte, grüne Tomate und schwarze Johannisbeere, besonders geeignet. Diese Vitaminisierung der Marmelade mit 50—100 mg% Vitamin C kann natürlich noch nicht die Gesamtmenge der im Heere verbrauchten Marmelade umfassen, da uns bisher im eigenen Lande, wie später noch gezeigt werden wird, nur 6—10 to natürlichen Vitamins zur Verfügung stehen. Diese Marmeladen werden zunächst deshalb nur bei besonders beanspruchten Spezialtruppen verwendet werden. Rauen, seit 1941 kommandiert zur Firma Arrigoni u. Co., Leiter des dortigen Zentrallaboratoriums, hat Erzeugnisse aus Orangen- und Zitronenschalen hergestellt aufgrund der Erkenntnis, daß Orangenschalen einen drei- bis fünfmal höheren Vita-min-C-Gehalt haben als Orangensaft. Solch ein Schalenpulver wies einen Gesamt-Vitamin-C-Gelialt von 297 mg% auf? zum Teil sogar 367 mg%. Die Pulver besitzen eine hellgelbe Farbe, haben angenehmen, aromatischen Geruch und schmecken ein wenig bitter. Da es sich um ein besonders vitamin-C-reiches, vollkommen natürliches Produkt handelt, das sehr billig hergestellt wird und in großem Maße zur Verfügung steht, kann es bei der ausreichenden Versorgung der Truppe mit Vitamin C eine große Rolle spielen. Versuche, dieses Schalenpulver als Geschmacksund Vitaminträger mit Hagebutten zu einem Getränk zu verarbeiten, haben zu guten Ergebnissen geführt. Muster liegen in der Ausstellung aus. Das Pulver, von dem bereits 17 to bezogen worden sind, kann natürlich auch der Marmelade als Geschmacks - und Vitaminträger zugeführt werden. Die Vitaminisierung von Kunsthonig wurde von Scholler mit Kiefernnadelnextrakt versucht, der dem Kunsthonig einen leicht 50 harzigen, dem Wäldhonig ähnlichen Gesclnnack gibt. Nach Entfernung der Bitterstoffe werden auch die Kiefernnadelnextrakte aussichtsreich. Bei der finnischen Armee spielen sie bereits > eine Rolle. Versuche hierüber werden für unser Heer vom Heeresversuchs- und Lehrbetrieb für Nahrungsmittel in Mülheim/Ruhr angestellt. Versuche der Anreicherung von Kunsthonig mit natürlichen Fruchtsäften oder -pulvern, die sog. „Zuckade", sind bereits abgeschlossen und bedeuten einen neuen Weg. Da sowohl die gesamte deutsche Nahrung als auch die Feldverpflegung in den Monaten Oktober/Mai besonders arm an fettlöslichen Vitaminen ist, weil Fischnahrung, Leber, Milch, Butter und Eier jahreszeitlich bedingt selten sind, die Hefen mit Ausnahme der Hefeextrakte für Futterzwecke des Heeres benötigt werden.* die Bierhefe in den Hefeextrakt geht und das Vitamin C nur zum Teil zur Verfügung steht, ist es notwendig, insbesondere bei den schwierigen Verhältnissen des Ostfeldzuges die Wehrmachtverpflegung soweit als möglich biologisch vollwertig zu gestalten durch die- genannten Zusatz- und Aufwertungskonzentrate, die uns der deutsche Boden liefert. ^ Aber auch das übrige Europa und hierbei besonders die Südostgebiete und Italien erzeugen große Mengen von vitaminreichen Pflanzen- und Nahrungs-Rohstoffen, die von der Landwirtschaft. Nahrungsmittel- und Veredelungsindustrie zu hochwertigen Vitamin-Konzentraten umgeformt und zur Ergänzung der deutschen Ernährung zur Verfügung gestellt werden können. Letzten Endes war bei Gründung des Syndikats der deutschen Gefrier firmen, den Gründungen in Norwegen, Italien, Spanien und im Südosten oder der Gründung der Gesellschaft für Nährwerterhaltung m. b. H. durch das Oberkommando des Heeres auch hier der Hauptgrund, Frischkost und vitaminreiche Zusatzkost, wie Tomatenmark und Tomatenpulver, Karottenpulver, Obst- und Beerenfrucht-Konzentrate und -Säfte der Wehrmachtverpflegung zu schaffen. Unsere Bestrebungen zur Gewinnung von Getreidekeimen liegen in derselben Richtung, desgleichen die Beschaffung der Vitamin-A-Stoffe aus den skandinavischen Ländern. Die vitaminverstärkten Lebensmittel, die in der Wehrmacht- -Verpflegung eingeführt sind resp. die zur Einführung vorgeschlagen sind oder vor deren Einführung wir stehen, sind heute in einer Ausstellung noch einmal zusammengefaßt. 51 IL Erhaltung der Vitamine durch zweckmäßige Zubereitung der Kost. Als die zweite, wichtige Maßnahme zur Erhaltung der Nährund Wirkstoffe der Wehrmachtverpflegung war die Belehrung unserer Köche über schonendste Art und Weise der Zubereitung der Speisen notwendig. Immer wieder wird in den Lehrgängen den Köchen eingehämmert, daß selbst das vitaminreichste Nahrungsmittel bei unsachgemäßer Behandlung in der Küche und im Kochtopf „totgekocht" und wertlos gemacht werden kann. Ich kann mir auf diesem-Gebiet wohl längere Ausführungen ersparen. Wenn Sie das Feldkochbuch durchlesen, werden Sie auf Schritt und Tritt bemerken, daß oberstes Gesetz für die Zubereitung der Speisen die Erhaltung der von der Natur gegebenen Lebens- tmd Wirkstoffe ist, und Sie werden finden, daß die Erkenntnisse der modernen Kochwissenschaft und Kochtechnik aufgenommen und ihre Befolgung zur dienstlichen Pflicht gemacht worden ist. So finden Sie z. B. überall Vorschriften über schonendste Behandlung vor, während und nach dem Kochen, finden Angaben über verschiedene, zweckentsprechende Garmachungsmethoden und Garzeiten. und in unseren Lehrgängen wird gerade diesem Kapitel immer wieder eine Mehrzahl von Stunden gewidmet. III. Zweckmäßige Verteilung der Vitamine durch zentrale Speisenpläne. Wenden wir uns jetzt der dritten Maßnahme, die der Erreichung unseres Zieles dient, der Besprechung der zentral geleiteten Speisenpläne, zu. Die Bedeutung des Speisenplanes im allgemeinen und seine besondere Bedeutung für die Verteilung der Nährwerte und Vitamine für die Truppen- und Gemeinschaftsverpflegung ist in dem gedruckt vorliegenden Band 1 der ..Wehrmachtverpflegung", 1. Tagungsbericht der Arbeitsgemeinschaft „Ernährung der Wehrmacht" von dem Vortragenden selbst von Seite 89—218 eindring lich dargestellt worden. Die Feldkostzusammenstellung und Speisenzusammenstellung als zentral geleitete Speisenpläne sind in ihrer nährwertigen Zusammensetzung so reichhaltig, daß die Ernährung des Soldaten in jeder Hinsicht nach den neuesten Erkenntnissen der ernährungswissenschaftlichen Forschung gewährleistet ist. Die Feldkostzusammenstellungen behandeln in erster Linie Gemüse und Zutaten, also die Vitaminträger, denn die 52 Flcischgabe richtet sich jeweils nach der Vorrats läge. Es wird den verantwortlichen Persönlichkeiten des Nachschubes und darüber hinaus den Kommandeuren und Einheitsführern immer wieder eindringlich zur Pflicht gemacht, daß in ihrem Befehlsbereich die Verpflegungsoffiziere, Truppenärzte, Truppenzahlmeister, Verpflegungsbeamte, Verpflegungsunteroffiziere, Feld-kochunteroffiziere und Feldköche sich nach den Vorschrifteil und Merkblättern zu richten haben, um das Beste für die Truppe herauszuholen und damit die Kampfkraft zu erhalteli. Diese zentralen Speisenpläne werden auf ihre Voll Wertigkeit überprüft. Als Beispiel darf der in Band 1 „Wehrmacht-Verpflegung" veröffentlichte Vortrag von Prof. Dr. Wachholder gelten, "der sämtliche Nährstoffe sowie den Geschmacks- und Genußwert der Speisenpläne für den Osten im Jahre 1941 kontrolliert hat und auch noch laufend kontrolliert. Er hat festgestellt, daß die zentralen Speisenpläne des Oberkommandos des Heeres eine nach allen Seiten hin wohlabgewogene, gute Verpflegungsleistung darstellen, daß der Vitamin-A-Gehalt gesichert ist, daß Vitamin Bx allein durch Brot ungefähr mit 1 mg pro Tag gedeckt wird, daß Sojamehl sowie Bratlingspulver weitere Quellen sind und Fleisch, Graupen, Reis usw. viele kleine Beiträge liefern. Die Versorgung mit Vitamin C war in der 4. Feldkostzusammenstellung durch die Nährstoffe mit 20—25 mg C täglich allein durch die Kartoffel bis in den März hinein sichergestellt. Die Verwendung von Gewürzkräutern, die Aktion Pellkartoffel und die Zusatzkost haben in der Mehrzahl der Feldkostzusammenstellungen unter Abzug der bei der Zubereitung verlorengegangenen Mengen an Vitamin C immerhin noch zwischen 30 und 50 mg°/0 C gebracht. Wenn alle Verpflegungsdienststellen die Anordnungen der Feldkost- und Speisenzusammenstellungen befolgen (und daran besteht kein Zweifel, weil ihnen nur die dort genannten Lebensmittel zur Verfügung gestellt bzw. nachgeschoben werden), dann ist schon von der Zentralstelle aus alles getan, daß wenigstens ein Mindestgehalt an Vitamin A, B und C gesichert und Mangelerscheinungen weit-möglichst verhütet werden. IV. Natürliche Vitaminträger in der Welirmachtsverpflcgung. Die Kartoffel als natürliche Vitamin-C-Quelle. Nach dem Brot ist die Kartoffel das wichtigste Nahrungsmittel des Soldaten, da es im Durchschnitt 40% der Gesamtnah- 53 rung des Soldaten deckt,- während die Kartoffel bei einem Tagesverbrauch von durchschnittlich etwa 500 g den Eiweißbedarf des Soldaten mit 7V2%j den Kohlenhydratbedarf mit 12% sichert. Der Gesamtverbrauch an Kartoffeln beläuft sich bei der Wehrmacht auf 2 Millionen to. Bezeichnet man den mittleren4 Durch-schnittsgehalt das gesamte Jahr über an Vitamin C mit 5 mg% (siehe Tabelle 34 Ziegelmayer: Veränderungen unserer Lebensmittel), so steht eine Gesamtmenge von 3,2 Einheiten in 2 Millionen to Kartoffeln zur Verfügung, das sind ungefähr 300 Tagesportionen zu 30 mg für das gesamte Feld- und Heimatheer sowie die angeschlossenen Verbände. Das allerdings bei der rohen Kartoffel! Voraussetzung für Erhaltung eines Teiles dieser Menge ist also eine einwandfreie küchentechnische Zubereitung. Da das Vitamin C in den schalennahen Partien angehäuft ist, muß dem Schälprozeß die größte Beachtung geschenkt werden, ebenfalls der Zeit, die 'für das Schälen zur Verfügung steht. Auch die Lagerung der Kartoffel, ihre Wässerung und ihre Auslaugung bei der Herrichtung, Kochzeit usw. spielen eine aus-" seil laggebende Rolle. Aus diesem Grunde hat das OKH. zur Verteilung bis in die unterste Einheit, der Kompanie, eine Schrift herausgegeben „Die Kartoffel in der Soldatenernährung", in der ihre Behandlung insbesondere im Winter, in der Ernte, Lagerung, Nachschub, Verbrauch und industrielle Herstellung von Trocken-urid Gefrierkartoffeln unter höchstmöglicher Schonung der Kartoffel dargestellt wird. Diese Schrift wird wie die anderen Druckschriften des Heeres überreicht. Hagebutten. Hagebutten als hohe Vitaminträger sind bisher verwandt worden in Form von Hagebuttenkeks, Hagebuttensüßmost, Hagebuttenmarmelade und Hagebuttenmark. Die Hagebuttenmarmelade als Brotaufstrich war in ihrer Qualität und Vitaminmenge sehr verschieden. Nach Untersuchungen von Prof. Diemaier im Uni-veisitätsinstitut für Nahrungsmittelchemie und im Institut für Kochwissenschaft in Frankfurt schwanken die Vitamin-C-Werte hei den einzelnen Erzeugnissen zwischen 258 und 38,60 mg%. Deshalb sind für das Jahr 1942 besondere Maßnahmen für die Verarbeitung der Hagebutten zu Marmelade und zu Hage-buttengetränken ergriffen worden. Die Hauptvereinigung der deutschen Gartenbauwirtschaft hat mit den Herstellern die Verhandlungen geführt. Zur Erhaltung des Vitainin-C-Gehaltes der 54 Hagebutte ist es am zweckmäßigsten, sie sofort nach der neuen Ernte zu Mus zu verarbeiten, das möglichst nur in Weißblechdosen konserviert werden soll. Auf die Sammelaktionen soll hier nicht näher eingegangen werden. Nach eingehenden Untersuchungen durch Prof. Dr. Zimmermann, Hohenheim, und den Heeres-veisuchs- und Lehrbetrieb für Nahrungsmittel, Mülheim/Ruhr, sind zwei Hagebuttenkonzentrate (Sirupe) hergestellt worden, die zuckerhaltig sind. Sie scheinen der beste Weg, die Brotaufstriche mit C zu vitaminisieren, indem sie der handelsüblichen Marmelade zugesetzt werden. Die Konzentrate enthalten etwa Vö des Gesamtgehalts der Frischware von 400—500 mg%. Auch getrocknete Ware kann zu Sirup verarbeitet werden. Grüne Tomaten. Sehr aussichtsreich ist die vom Oberkommando des Heeres eingeleitete und unterstützte Herstellung von Marmeladen aus grünen Tomaten. Es bestanden zunächst Bedenken wegen des So-laningehaltes in grünen Tomaten; ein eingehendes Gutachten der Militär ärztlichen Akademie räumt diese Bedenken aber aus dem Wege. Es ist schon vom volkswirtschaftlichen Standpunkt aus bei der augenblicklichen Obstarmut sehr zu begrüßen, wenn anstelle der fehlenden Äpfel grüne Tomaten genommen werden können, die außerdem eine außerordentlich hohe Vitamin-C-Quelle darstellen. In der vor Ihnen aufgebauten kleinen Ausstellung sind Marmeladen aus grünen (unreifen) Tomaten mit und ohne Molkenzusatz zu sehen. Die Ag V III/OKH war selbstverständlich auch bemüht, die hohen Vitamin-C-Träger Apfelsinen und Orangen als Frischkost in die Heeres Verpflegung einzusetzen. So sind beispielsweise im Winter 1940/41 vom Februar bis April an jeden Soldat en 7 kg Apfelsinen ausgegeben worden. Diese entsprechen _ etwa 70 Portionen zu 50 mg Vitamin C. Das fliegende Personal"" erhielt 8 500 g, also 85 Portionen. Außerdem führte eine monatliche Menge von 2 Zitronen jedem Verpflegungsteilnehmer noch 2 Portionen Vitamin C in Höhe von 50 mg zu. Das Afrikakorps empfängt natürlich mehr. Fruchtsäfte. Seit Jahren bemüht man sich, über die verschiedensten Wege die wichtigsten Vitaminquellen, frische Früchte und Gemüse, in / r* r* oo eleu wenigen Monaten cles Jahres so auszunützen, daß auch für die übrigen Monate die VitaminVersorgung zum Teil oder ganz sichergestellt ist. Sterilisation, Zusätze von Konservierungsmitteln und Filtration sind Wege, die entweder das Vitamin zerstören resp. zum Teil schädigen oder aber die Geschmacks werte der Gemüse- und Obstsäfte stark herabsetzen. Auch das sog. Tynda-lisieren, eine fraktionierte Sterilisation, hat zu keinem vollen Erfolg geführt. Das Vitaborn-Verfahren, ein „elektrisches Ent-keimungsverfahren", hat Produkte gezeitigt, die außerordentlich hoch im Vitamingehalt und auch geschmacklich gut waren. Doch sind bis heute eine Reihe von Schwierigkeiten mit diesem Verfahren verbunden, so daß es noch nicht in die Großpraxis übergeführt werden konnte. Bei der Produktion von alkoholfreien und vitaminhaltigen Volksgetränken, mit denen sich eine Reihe Industrien, z. B. auch die Brau Industrie, befassen, hat bis heute nur das Kaltverfahren einen praktischen Erfolg gezeitigt. Ausfrierung oder Tiefkühlung werden bei der Konservierung von Obst- und Gemüsesäften eine große Rolle spielen. Die Ausfrierungsanlagen von Krause, die. neuen Wege der Firma Neuerburg Pankofer und auch diejenigen der Solo Feinfrost haben Verfahren gezeitigt, welche so. hochwertige Produkte ergeben, daß sie in Bezug auf Vitamine, Aroma und Nährstoffe frischen Früchten nicht nachstehen. Selbstverständlich können diese Früchte auch mit Milch kombiniert werden. Das Oberkommando des Heeres hat die verschiedenen Verfahren durch Zurverfügungstellung von S-Keimziffern, Freigabe von Arbeitskräften usw. so weit als möglich unterstützt, so daß eine rechtzeitige Produktionsaufnahme der Obst- und Gemüsesaft^-Fabrikationsanlagen bei den verschiedenen Verfahren gesichert ist. Bei der Münchner Firma können etwa 3 Millionen Liter Säfte produziert werden, eine Zahl, die, wenn die S-Einstufung sichergestellt ist, im kommenden Jahr verdoppelt wird. Die Rohwarenverhältnisse in Deutschland stehen natürlich der Durchführung dieser Pläne im Wege. Aus diesem Grunde hat das Oberkommando des Heeres die verschiedenen Erzeugerfirmen in Stand gesetzt, in Frankreich (Apfel Überschuß gebiet), Italien usw. Betriebsstätten für die Herstellung von Säften auszubauen, ein Verfahren, das umsomehr begrüßt werden kann, da die zweite Wahl der Früchte und Gemüse, welche für die Tiefkühlung ungeeignet sind, dann noch verwertet werden kann. Es ist zu hoffen, daß besonders in denjenigen Ländern, in denen heute noch dio Obstsaftkonzentrate auf chemischem Wege hergestellt werden. 56 diese Umstellung dafür Sorge tragen wird, daß uns eine Reihe von Vitaminmengen C, die sonst verlorengehen, erhalten bleiben. Das Oberkommando des Heeres wird alles tun. auch in den Ländern des Südostens durch eine Zusammenarbeit mit den bestehenden Industrien die besseren Verfahren einzuführen, zumal Deutschland aufgrund seiner schon ausgebauten Kühlkette die Führung auch auf diesem Gebiet hat. Auch an den Ausbau im Osten ist hierbei zu denken. Beim Oberkommando des Heeres liegen seit Jahren eine 3 Reihe von Vorschlägen vor, natürlich extraliiertes Vitamin C auch auf anderen Wegen zu gewinnen, Extrakte als reine biologische Produkte herzustellen. Bisher sind wohl Präparate von hohem Vitamin-C-Gehalt vorgelegt worden, doch sind sie über den Zustand der Anfangsentwicklung bisher nicht hinausgekommen. In der Aufstellung der vitaminreichen Lebensmittel der Wehrmachtsverpflegung ist Hefeextrakt, ein nahezu reines Vitamin Bl5 mit 768 to für 1942 zu nennen. Diese reiche Vitamin-quelle bedarf noch eines weiteren Ausbaues. Die Hauptbedeutung der vom OKH. seit 1936 besonders geförderten Hefe für die menschliche Ernährung liegt im hohen Eiweiß- und Vitamin- und Kaloriengehalt. Darum ist sie vor allem in Kriegszeiten, in denen die Eiweißzufuhr herabgesetzt ist und die Gesamtkalorienver-sorgung auf Schwierigkeiten stößt, so außerordentlich wichtig. Eine zusätzliche Bi-Zufuhr über liefe kann nur begrüßt werden, zumal im Kriege der Anteil der Kohlenhydrate in der Nahrung besonders groß ist, denn bekanntlich ist der Bedarf an Bx um so größer, je höher sich die Zufuhr an Kohlenhydraten stellt. Dabei kommt es aber nicht auf die absolute Höhe der Kohlenhydrat-zufuhr an, sondern auch auf den Anteil, den die Kohlenhydrate an den gesamten Kalorien ausmachen, auf das Verhältnis der Kohlen-hvdrate zu den anderen Nährstoffen. Die Arbeitsgemeinschaft „Ernährung der Wehrmacht" hat in ihrem 4. Sitzungsbericht vom 12. 12. 41 eine eingehende Würdigung der Hefe auch auf dem Vitamingebiet (siehe ferner auch den Vortrag „Adynamie bei Ernährungsstörungen"* von Dietrich) gebracht. Die Erzeugung der Hefe, der Aufbau und Ausbau der Hele-fabriken waren lange ein Schmerzenskind. Das Kind ist wohl allmählich besser voran gekommen, seitdem das OKH. sich bereits vor dein Kriege mit dem Aus- und Aufbau der Hefefabriken stärker befaßte. OKH. war bei Kriegsausbruch vor die Frage gestellt, wie der für die Heeresfutterkonserve benötigte Futter-Hefe- 57 anteil und die für den Hefeextrakt der Gemeinschaftsverpflegung benötigte Hefe beschafft werden konnten, da die Bierhefe in ihrer Produktion immer weiter zurückging, während der Bedarf dauernd stieg. Neue Quellen wurden erschlossen, Holz wurde nach Ber-gius und Scholler aufgeschlossen. Nach Bergius arbeiten in Mannheim-Rheinau die Bergin A. G. für Holzzellulose, in Regens-bueg sollte das Werk der Holzverzuckerungswerke A. G. arbeiten. (Erstere 1 800 to liefe, während für Regensburg eine Kapazität von 12 000 to im Jahr vorgesehen war). Nach dem Scholl er-Verfahren arbeiten die Holzzuckerwerke in Dessau, Holzminden und * Tormesch. Unter Mitwirkung des OKII. sind von der Zells toff-fabrik Mannheim-Waldhof 3 Anlagen in Mannheim, Kehlheim und Kostheim mit einer Gesamtkapazität von 12 000 Jahrestonnen vorgesehen worden. Die I. G. Farbenindustrie bemühte sich, in ihrem Werk in Wolfen die Herstellung von Hefe aus Buchen-holzsulfitablauge mit dem Schollersehen Gärungsautomaten zu entwickeln. Nach den Vorarbeiten beschlossen auch die Feld-mühle, die A schaf fenburger Zellstoff werke und die Schwäbischen Zellstoff werke den Ausbau von Fabrikationsbetrieben für Hefeerzeugung. Nachdem das größte Schmerzenskind des OKH., die Werke in Regensburg, 1941 sich endlich fügten und seinen Vätern Freude machten, wurden neue Quellen erschlossen zur Gewinnung von Hefe aus Stroh und Tannenholz durch Vorhydrolyse in den Phrixwerken A. G. in Wittenberge, Küstrin und Hirschberg. Die Lage ist augenblicklich folgende: Die Fabriken können im ganzen 88 300 jato herstellen. Hergestellt werden aber nach dem derzeitigen Stande nur: in Regensburg 4 800 jato in Rheinau 1800 » jj in Tormesch 1500 „ in den Spiritusmelassebrennereien 150 „ in Mannheim-Waldhof 850 „ 9 100 jato Dazu treten an Bierhefe noch etwa 1 440 „ im ganzen: 10 540 jato Aus dieser Diskrepanz zwischen Können und Wirklichkeit haben sich mit Rücksicht auf die Ernährungslage in der Heimat zwingende Gründe für den Ausbau der Hefefabriken ergeben, der nach Ansicht des OKH. schleunigst in Angriff genommen werden muß. 58 * * Natürliches Vitamin A. Von dem Herrn Reichsgesundheitsführer ist kürzlich angefragt worden, ob und wieweit zur Vitaminversorgung der Truppe von der Ausgabe von Lebertran abgesehen und an dessen Stelle andere geeignete Vitaminträger gesetzt werden können. Als Antwort ist darauf hingewiesen worden, daß sich sehr wohl auch die vitamirihaltigen Arzneimittel wie Vikotrat, Vogan, A-Vitamin Degewop-Vigantol, Ergosterol. Galen u. a., soweit es sich nur um die reine Vitaminwirkung handelt, zur Verwendung anstelle von Lebertran eignen. Eine allgemeine Abgabe dieser Arzneimittel an die Truppe zur Prophylaxe ist z. Zt. leider nicht möglich, da die zur Verfügung stehenden Mengen kaum für therapeutische Zwecke ausreichen. Einer Produktionssteigerung dieser Mittel stehen größte Schwierigkeiten entgegen, da z. B. die. Vitamin-A-Präparate meist aus Lebertran von Dorsch und anderen Fischen hergestellt werden. Die auf Veranlassung des Oberkommandos des Heeres durchgeführten Kostversuche mit Fischkonserven mit Lebertran haben ergeben, daß es nicht zweckmäßig ist, an den Soldaten derartige Fischkonserven als Verpflegungsportion zwecks Vitamin-A-Zuführung auszugeben. Die verteilten Kostproben wurden teils schlecht, teils gut beurteilt. In einigen Fällen wurde der Lebertran vor Genuß entfernt. In diesem Zusammenhang wird bemerkt, daß vor dem Weltkrieg durch das Reichsgesundheitsamt gleiche Versuche mit — soweit es den Geschmack betrifft — gutem Ergebnis durchgeführt worden sind. Der Lebertran wurde jedoch zumeist nicht genossen. Nach Mitteilung des Heeresintendanten im Oberkommando des Heeres konnten die Erfahrungen des Winters 1940/41 bei der Verwendung von Lebertran auch im Winter 1941/42 von den im Norden eingesetzten Armeen bestätigt werden. Er wurde unter genauer Kontrolle während der Mahlzeiten ausgegeben; Mißbrauch ist bisher nicht bekannt geworden. Der Bedarf an Lebertran für die Ost- und Nordfront sowie für die Heeressanitätsinspektion für den Winter 1942/43 beträgt 1250 to. Unter Berücksichtigung der besonderen klimatischen Verhältnisse wurde den im Osten und Finnland eingesetzten Teilen des Feldheeres zur Deckung des Bedarfs an den Vitaminen A und D während der Wintermonate Lebertran zu einem Portionssatz von 14 g je Kopf und Woche bis einschließlich 31. 3. 43 gewährt. 59 ** ' I ß ff" Die Verteilung wird zweckmäßig" so durchgeführt, daß wöchentlich ein Eßlöffel (15 g) voll an jeden Verpflegungsteik«, nehmej: unter Aufsicht ausgegeben wird, damit sichergestellt isl§% daß jeder Soldat den Lebertran wirklich einnimmt. Durch die Truppenärzte wird auf die Notwendigkeit dieser Maßnahme in einer Kurzen Belehrung hingewiesen. Neben dem Dorschlebertran sind in den letzten Jahren auch noch andere Rohstoffe zur Vitamin-A-Beschaffung herangezogen worden. Z. B. 2 300 kg Carotin-Konzentrat mit einem Vitamingehalt von 131 E. A. je Gramm und weitere 2 400 kg sind im Jahre 1941 verbraucht worden. Kontrakte -für 1942 auf 39 000 kg sind abgeschlossen worden. Auch Fischleberkonzentrate aus der Türkei und aus Italien sind von deutschen Firmen auf A verarbeitet worden. V. Die Vitaminerhaltunff in den Dauerwaren. o Als logische Fortführung unserer Betrachtung der Versuche des OKH. zur Sicherung und Erhaltung der Vitamine in der Truppenversorgung wenden wir jetzt unser Augenmerk auf die Verbesserung der Herstellungstechnik aller konservierten Lebensmittel. Wir brauchen uns in diesem Kreise nicht mehr lange über die Tatsache zu unterhalten, daß bis in unsere neueste Zeit hinein Konserven jeder Art nicht gerade als hohe Vitaminträger angesprochen werden konnten. Lagen die Ursachen nun entweder an mangelhafter Pflege der verwendeten Ware oder in schädigenden Koch- und anderen Behandlungsmethoden oder in der Verwendung von ungeeigneten und zerstörend wirkenden Metallen oder auch in allen diesen Fehlerquellen zusammen, das mag dahingestellt bleiben, wichtig ist nur die Feststellung, daß die Konserve nicht den. modernen Anforderungen an ein vollwertiges Nahrungsmittel gerecht wurde. Da sie aber in der Massenveipflegung immer eine bedeutende Rolle spielen wird, war es für das OKH. oberste Pflicht, an ihrer Verbesserung maßgebend mitzuwirken. So sind die Einführung des Tiefkühlverfahrens in Deutschland durch das OKH. und die Gründung des Syndikats der deutschen Tiefkühlgcsellsehaften unter dem Vorsitz des OKIi., der Auf- und Ausbau der modernen Trocknungsverfahren wie Sprühtrocknung und verfeinerte Walzentrocknung, die Grün- 60 dl lag des Instituts für Lebensmittelforschung in München, als Maßnahmen anzusehen, die das Oberkommando ergriff, um auch die Konserve zu einem hochqualifizierten Vitaminträger zu machen. Das Institut in München wird den wissenschaftlichen Unterbau liefern für die Entwicklung weiterer neuer schonender Behandlungsmethoden und wird Verpackungs-, Lagerungs- und Transportprobleme untersuchen. Die Vitaminuntersuchungen von Heiß und seinen Mitarbeitern bei gewöhnlicher Lagerung, beim Trocknen, bei der Dosenkonservierung, beim Einfrieren und bei dem gesamten Behälterund Kühlbehälterverkehr haben bereits heute eine Reihe von Schlußfolgerungen gezeitigt, die für die Wehrmachtversorgung von Wichtigkeit sind. So ist gefunden worden, daß die Vitamin-C-Verluste bei der einjährig gelagerten Dosenkonserve 50% im Durchschnitt betragen und daß die Ursache für einen größeren Verlust eine zu lange Lagerung der Rohware bei der Umgebungstemperatur im Betriebe, ungeeignetem Blanchieren in Kupferkesseln u. dergl. ist. Dies betrifft in gleicher Hinsicht auch Gefrier- und Trockengemüse. Forderung: Einsatz von Kühlräumen in Konservenfabriken zur Lagerung der Roh- und Fertigware, Erzeugung von Gefrierpülpe, Kühllagerung des Trockengemüses im E. V. Ml, insbesondere der Preßpackungen. Die Heeresverwaltung wird später dazu übergehen, Quali-täts- und Preisgruppen aufzustellen, in welchen der Vitamin-C-Gehalt eine Hauptgrundlage spielt. Dies wäre von erheblich erzieherischem Wert für manche in der Kons er venindustrie und von Bedeutung für die Qualität der Soldatenernährung. Mit dem viel bekämpften Trockengemüse, dem verhaßten Drahtverhau aus dem vorigen Kriege, haben sich die verschiedensten Institute des Heeres ganz besonders eingehend beschäftigt. Die Werte von in- und ausländischen Trockengemüsen schwanken außerordentlich. Es liegen eine Fülle von Untersuchungen von Trockengemüseproben durch die Militär-ärztliche Akademie vor, die, mit dem entsprechenden Frisch-gemusc verglichen, stellenweise einen hohen Vitamin-G-Gehalt neben ihrem hervorragenden Aussehen und guten Quellungsvermögen besitzen. Somit sind sie wertvolle Reserven zur Deckung des Vitamin-C-Bedarfs in an Frischgemüsen armen Monaten. Werna; dann noch die Zubereitung von Trockengemüsen schonend vorgenommen wird, ist es ein wichtiges Nahrungsmittel der Soldaten- und Gemeinschaftsverpflegung. Kochen ohne vor- 61 heriges Einweichen ist günstiger als Kochen mit vorhergehender Quellung. Die Untersuchungen hierüber sind noch nicht abgeschlossen, besonders" nicht die Versuche über die zweckmäßigsten Zubereitungs arten und Vorbereitungsform für die Feldküche, für die stationäre Truppenküche und die Gemeinschaftsverpflegungsküchen. Die von der Gesellschaft für Nährwerlerhaltung m. b. H. hergestellten Trockengemüse, auch gewisse unter Leitung von deutschen Chemikern in Italien hergestellte, haben sich nach dem Gutachten des Instituts füi Wehrpharmazie der Militärärztlichen Akademie vom 20. März 1941 als „sehr schonend bereitete, hervorragende Erzeugnisse herausgestellt von leuchtender Farbe und guter Quellfähigkeit bei meist sehr guter Vitaminerhaltung." So beträgt der Vitamin-C-Gehalt bei frischen Tomaten im Mittel 25 mg%, in der Trockensubstanz also 418 mg%, stellenweise sind bei den obengenannten Erzeugnissen nur 25% Verluste eingetreten. Der Kaloriengehalt ist nahezu ganz erhalten geblieben. Auch bei Apfelpulver, Aprikosenpulver, Karotten usw. sind gute Kocheigenschaften und hoher Nährstoffgehalt festgestellt worden. Derselbe hohe Gehalt und das hervorragende Aroma werden auch bei Kohl und Porree festgestellt. Bei Wirsing mit 42 mg% ist der Vitamingehalt mit „erstaunlich hoch" bezeichnet. Es folgt als Beispiel eine Liste des Vitamingelialtes der Trockenerzeugnisse der Gesellschaft für Nährwerterhaltung: Zwiebeln: Porree: Carotin As corb insäure Ges. Vit. C 0 .% 20,5 mg"/« 28;4 > Carotin Ascorbinsäure Ges. Vit. C 1050 Vo 35,4 mg% 41,0 „ Blumenkohl: — Weißkohl: Carotin Ascorbinsäure Ges. Vit. C Gar zeit 200 % 320 mg% 334 „ 40 Min. Carotin Ascorbinsäure Ges. Vit. C Gar zeit 500 % 89 mg0/o 104 „ 1 Std. Wirsing: Schnittbohnen: Carotin Ascorbinsäure Ges. Vit. C Gar zeit 700 % 132 mg% 161 „ 27o Std. Carotin Ascorbinsäure Ges. Vit. C Garzeit 1500 o/o 29,1 mgo/o 47,9 „ 1V2 Std. 62 Prinzeßbohnen • ■ Apfelpulver: Carotin 2500 % Carotin 100 % Ascorbinsäure 33.9 mg% Ascorbinsäure 20,4 mg% Ges. Vit. C 56.4 „• Ges. Vit. C — Gar zeit 27, Std. Gar zeit 1/2 Std. Waclisprinzeßbohncn: Aprikosenpulver: Carotin 800 o/0 Carotin 1900 % Ascorbinsäure 22,8 mg% Ascorbinsäure 18,6 mg% Ges. Vit. C 37.2 „ Ges. Vit. C 32,0 „ Gar zeit 2 Std. Gar zeit 1/2 Std. Spinat: Tomaten, gekörnt: Carotin 32 000 °/0 Carotin 17 500 °/0 Ascorbinsäure 41,0 mg0/0 Ascorbinsäure 124,2 mg% Ges. Vit. C 60,3 „ Ges. Vit. C 182,7 „ Kochprobe: zu wenig Material Garzeit V2 Std. Karotten: Tomaten, bulgar.: Carotin 24 000 % Carotin 13 000 % Ascorbinsäure 24,3 mgfo Ascorbinsäure 243,9 mg% Ges. Vit. C 46,1 „ Ges. Vit. C 312,2 mg0/o Gar zeit 2 Std. Garzeit . 1/.2 Std. Nach den Untersuchungen von Lauersen (1940, noch nicht publiziert) beträgt der Verlust beim Trocknen etwa durchschnittlich 50%- Dasselbe stellt Heiß fest. Lagern in Kühlräumen erhält diesen Vitamingehalt nahezu vollständig. Z. Zt. stellen Diemaicr am Institut für Kochwissenschaft und Lauersen an der Forschungsstelle in München sowie Diller an der Militärärztlichen Akademie, Institut für Wehrpharmazie. weitere Untersuchungen über den Koch ver lust an. 8 / Vit am in- G^ Schutz durch Trockeneis bei der Herstellung von Trockcngemüse und Trockenkartoffeln. Im Rahmen seiner Sorge um die Sicherung und Erhaltung des Vitaminstandards in der Soldatenernährung ist das OKH. im letzten Jahre auf ein Verfahren aufmerksam geworden, das scheinbar in der Großtechnik besonders gute Aussichten besitzt. Die I. G. Farben haben unter der Leitung von Link 63 in zahlreichen Versuchen festgestellt, daß das Vitamin C auch heim Kochen, Dämpfen und Trocknen bis zu '80—90% erhalten bleibt, wenn vor und während der Wärmebehandlung die Luft durch ein Gas verdrängt wird, das geringen oder keinen freien Sauerstoff enthält. Versuche in der Heeres-lehrküche II in München bestätigen, daß sogar bei der küchenmäßigen Verarbeitung die Verwendung fester Kohlensäure in Gestalt von Trockeneis diesen Schutz garantiert. Für das gesamte großtechnische Trockenverfahren bei Gemüse, Obst und Kartoffeln dagegen müßte zur 'Erzielung der Wirtschaftlichkeit das Schutzgas in den Kreislauf eingeführt und die Apparatur den Erfordernissen dieses Gaskreislaufs angepaßt werden. Die bisherigen Beobachtungen führen zu dem Schluß, daß der Erfolg noch bedeutender sein muß, wenn man diese Schutzmaßnahmen auf Trocknungsverfahren anwendet, bei denen immer noch weit größere Luftmengen mit dem zu trocknenden Gut bei erhöhter Temperatur in Berührung gebracht werden. Die Großversuche werden z. Zt. fortgesetzt. VI. Ausbau cler technischen Vitamin-Gewinnungsverfahren. Dieses Kapitel ist s'o wichtig, daß am Nachmittag hierfür ein kurzer Vortrag des Wehrwirtschaftsführers Schmitz-Schöll über die Ergebnisse der bisherigen Arbeit und weitere Maßnahmen vorgesehen ist. VII. Ich komme jetzt zur pfleglichen Behandlung des Vitamin-Gehaltes in den konservierten Gemüsen jeder Art bei der Lagerung in E. V. M.s und A. V. L.s. über die pflegliche Behandlung zur Erhaltung der Vitamine .sind vom Oberkommando des Heeres vor Jahren schon als H. Dv.s. die Warenkunde und die Lagerkunde herausgegeben worden, so daß auf diese Frage- im einzelnen nicht eingegangen zu werden braucht. Hier sei nur eine Feststellung der Militärärztlichen Akademie über das unterschiedliche Verhalten von natürlichem und synthetischem Vitamin C bei der Lagerung mitgeteilt: 64 ..Das Lagern von Vitamin C enthaltenden Naturprodukten bei Zimmer- und Kellertemperatur ist. wenn die Naturprodukte in an sich lagerfähige Dauerwaren übergeführt werden, besonders bei Luftgegenwart mit einer Vitaminzerstörung verschiedenen Ausmaßes verbunden. Besser haltbar ist Vitamin C in bestimmten künstlichen Zubereitungen aus synthetischer Ascorbinsäure. Bei deren Herstellung ist der Ausschluß der die Zerstörung des Vitamin C fördernden Faktoren, wie zu große Feuchtigkeit des Materials, oxydierend wirkende Fermente, Metallspuren, leichter möglich, als bei der Verarbeitung von pflanzlichem Material zu Dauerware. Sachgemäß hergestellte Bonbons, Puddingmehl u. dgl. sind daher für längere Lagerung besonders geeignete Vitamin-C-h alt ige Dauerwaren." Zur Frage der Erhaltung der Vitaminhöhe bei der Lagerung ist ferner noch zu berichten, daß unsere Arbeiten auf diesem Gebiet noch nicht zu Ende geführt sind, wir glauben aber schon jetzt sagen zu dürfen, daß der Stabilisator, den wir im Sanddorn gefunden zu haben glauben, uns hervorragende Dienste leisten wird. VIIT. Übersicht über den Verbrauch 1941 und 1942 an Wehr-machtverpflegungsmitteln, die natürliche oder synthetische Vitamine enthalten. Meine Herren! Bei der Betrachtung der folgenden Liste von vitaminhaltigen oder vitaminreichen Wehrmachtsverpflegungsmit-teln bedenken Sie bitte, daß es für uns nicht nur galt, diese Verpflegungsmittel zu beschaffen — also einfach einzukaufen —, sondern, daß in vielen Fällen erst auf Anregung des OKH. oder mit Unterstützung des OKH. die Verfahren entwickelt und die Fabrikation errichtet oder ausgebaut werden mußten! (Fleisch, innere Organe, wie Leber, Leber- und Blutwurst, wurden hier nicht berücksichtigt.) 1941 in to Gcfiicrfleiscli 3 500 Klippfisch 2 585 Fisehvol Ikonserven 26 548 Fischpaste 1 109 Salzgcmüsc 7 350 1942 y0/° y0/o mg0/o in to Vit. A Vit. B Vit. C 12 000 — — 42 030 400 0 16 500 3 000 750 12 980 — -(2000 Carotin) 0 2 65 1941 1942 y0/° y0/° mgo/° ■ -?. • : in to in to Vit. A Vit. B Vit. C Trockengemüse 14150 18 424 0 0 40—70 getr. Sauerkraut 76 700 10 170 15-40 getr. Kartoffeln 5 479 30 000 3 200 2—10 Back- und Mischobst 7 715 jed. an f. Menge 0 0 0(da gebl. Tiefgefr. Gemüse 12 000 29 160 — — — Tiefgefr. Obst 3 000 5 950 — — — Hafergrütze u. -flocken 9 324 8 625 — — Vollkornroggensuppen- konserven 6 379 28 000 100 500 3 Milei 7 300 0 400 0 Volleipulver 20 700 2 000 500 0 Vollsoja 4 725 17 500 27 103 — Höfeextrakt 425 768 — 10—15 000 0 (Holz 4 000) Bratlingspulver , 16 499 50 000 — — — Gurken 4 705 15 919 0 40 0 getr. Zwiebeln 1544 1200 ■ — — 5—20 Paprikapulver 121 48 600 0 0 Tomatenmark, doppelt einged. 3 512 10 800 5 000 60 20 Tomatenpulver (Nälirw.j 150 600 1000 100 80 Butter in Dosen 41 291 129 000 2 000 0 0 • (2000 Carotin) Marmel adepulver — 2 000 — —- — - Marmelade (Hagebutten) ^ Marmelade (Erdbeer) usw. j 2 559 6 000 700 200(50) 10 Apfel pjulver 100 600 — — — Brot: Dauerbrot als Vollkornbrot 11299 108 200 0 170 0 Knäckebrot 10 500 15 830 0 300 0 V-Drops in Rollen und Beuteln 2 000 4 000. — — 50 Weinsäurezucker 337 700 — — 50 getr. Früchte 902 960 3 000 0 10—15 Neben diesen natürlichen Vitaminträgern ist zusätzlich die Ascorbinsäure. zu deren Herstellung für die Wehrmacht die Vorarbeiten 1936 begonnen wurden, 1939 eingeführt worden. Grob geschätzt, betrüge der jährliche Vitamin-C-Bedarf der deutschen 66 Wehrmacht 200 to reine Ascorbinsäure. Als natürliches Vitamin würde diese Menge bei vorsichtiger Schätzung in 40—60 000 to Hagebutten, 40 000 to Sanddornbeeren, 200 000 to Maiskörnern (nach der Keimung) enthalten sein. Es ist aber z. Zt. völlig * ausgeschlossen, mit Hilfe dieser in obiger Aufstellung gebrachten Mengen den Vitamin-C-Bedarf garantiert sicherzustellen. Bisher haben wir 1942 bei aller Anstrengung ca. 6—10 to zusätzliche natürliche Ascorbinsäure gesichert. Auch das war ein Grund, sich mit dem synthetischen Vitamin C zu befassen. Bereits im Jahre 1936 fanden erste Vorverhandlungen mit einer der größten Herstellerfirmen statt, die 1938 zum Abschluß gelangt sind. Von da ab setzte mit Unterstützung des OKH. der Ausbau der Fabriken für synthetische Ascorbinsäure ein. Ohne weiteren Ausbau der bisherigen Herstellerfirmen können z. Zt. (vom 1. 6. 42 — 31. 5. 43) geliefert werden: Fa. Merck monatlich 10 000 kg = 120 000 kg Fa. Hoffman-La Roche „ 3 000 kg = 36 000 kg Fa. I. G. Farben-Industrie „ 1 000 kg = 12 000 kg Einfuhr aus Basel „ 1500 kg = 18 000 kg 186 000 kg ab Zivilbedarf 86 000 kg bleiben also zunächst angemeldeter Wehrmachtbedarf 100 000 kg Mit diesen 100 000 kg können 9 Millionen Menschen auf 10 Monate mit einer Tagesgabe von 47 mg Vitamin-C-Versor-guug rechnen. 5 Millionen Mann würden in 10 Monaten täglich 67 mg erhalten. Der Ausbau der beiden Firmen Merck und Hoffmann-La Roche und die weitere Zuteilung von chemischen Rohstoffen durch OKH. wäre . bei einer Tagesgabe von 25 mg nicht erforderlich. soweit es den Wehrmachtbedarf angeht. ' o Im Zuge der bisher auftragsgemäß verfolgten Steigerung der Ascorbinsäureproduktion sind folgende Produktionsausweitungen für Zivil und Wehrmacht vorgesehen: 1. Firma Merck, Darmstadt, von 10 000 kg auf 15 000 kg je Monat = 60 000 kg je Jahr. Genehmigung des Ausbaues ist vom Reichsamt für Wirtschaftsaufbau erfolgt. 67 2. Firma Hoffmann-La Roche kann die Produktion steigern a) durch Ausbau der Gäranlage von 3 000 kg auf 5 500 kg je Monat = 30 000 kg je Jahr, b) durch Ausbau eines anderen Fabrikraumes von 5 500 kg auf 11 000 kg je Monat M 66 000 kg je Jahr. Die Produktionserweiterungen zu 2. werden durch OKH. unterstützt. Nach neuerer Feststellung kann die Fertigstellung der Ausbauten zu 1. und 2. jedoch nicht vor dem 1, 3. 43 erfolgen. Von Oberstarzt Dr. Schreiber, von mir und dem Wehrwirtschaftsführer Schmitz-Schöll vom Heeresversuclis- und Lehrbetrieb für Nahrungsmittel sind bereits vor Beginn des Krieges Wege gesucht worden, um diese Ascorbinsäure in eine Verbrauchsform zu bringen, die die Aufnahme durch den Soldaten garantiert. Wehrwirtschaftsführer Schmitz-Schöll schlug im Jahre 1937 die Süßware vor. während der wehrwirtschaftliche Sachverständige Crampc mit der Firma Gebr. Hiller bereits einige Zeit vorher Kom-primate empfahl. Es sind dann später beide Wege gegangen worden, und zwar die Dropsform und die Komprimatform. Es werden in erster Linie aber Bonbons hergestellt, die in 50 g Masse 50 mg Ascorbinsäure enthalten. Das Einzelgewicht der Bonbons, welche Form auch" aus volkswirtschaftlichen Gründen (in der Form des Zucker Verzehrs) gewählt wurde, schwankt zwischen 3 und 5.5 g. so daß im allgemeinen etwa 10( Bonbons verzehrt wrerden müssen, um 50 mg Ascorbinsäure aufzunehmen. Während der laufenden Versorgungsperiode 1941/42 wurde die Ausgabe von V-Drops in den einzelnen Kriegsgebieten verschiedentlich geändert. Diese richtete sich jeweils nach der auf Grund der vorhandenen Ascorbinsäure möglichen Herstellung an V-Drops. Z. Zt. werden nunmehr in Afrika monatlich 12 Portionen, im Osten und Norden monatlich 7 Portionen mit je 100 mg Vitamin C ausgegeben. Dies entspricht einer täglichen Ausgabe an Vitamin C von 40 mg in Afrika und 23 mg im Osten •und Norden. Westheer und Heimat erhalten nichts. Weiter sind auch Vitamin-A- und -C-Bonbons. etwa 90 to. / ✓ für Afrika hergestellt worden. Dies hat folgende Bewandtnis: Die Erkenntnis der Notwendigkeit zur Verabreichung von Vitamin A an Truppen in bestimmten Operationsgebieten wie z.B. in Afrika und in Norwegen, zum Teil auch an der russischen Front, führte dazu, daß den Soldaten reiner Lebertran und aus 68 Lebertran hergestellte Konzentrate in Gelatinekapsehi (wie z. B. Vieotrat-Perlen) verabreicht wurden. Eine gewisse Abneigung gegen die Einnahme von reinem Xebertran bei den Soldaten ist bekannt. Auch liegen bei den Truppen in Afrika und in Norwegen bereits Erfahrungen vor. daß das Einnehmen von Vitamin A in Kapsel- oder Perlenform oft deshalb abgelehnt wird, weil die Kapseln oder Perlen sich häufig im Munde auflösen oder zerdrückt werden und dadurch der unangenehme Trangeschmack für lange Zeit im Munde erhalten bleibt und der Soldat sich dadurch in seinem Wohlbefinden beeinflußt fühlt. Aus diesen Tatsachen heraus hat die Firma Ächenwall in Verbindung mit Herrn Prof. Scheunert eine lange Reihe von Fa-brikationsversuchen für die Verarbeitung von Vitamin A in Bonbons unternommen. Es ist gelungen. Vitamin A allein in einer bestimmten Dosierung in Bonbons zu bringen und nachgewiesenermaßen auch festzuhalten. Der Trangeschmack des Vitamin A wird dabei nach einem besonderen Fabrikationsverfahren überdeckt, so daß diese Vitamin-A-Bonbons afs Zitrone- oder Orange-Drops angesprochen werden können. Darüber hinaus ist die Firma zur Kombination von Vitamin A -;- C in Bonbons übergegangen. Wir gehen davon aus, daß die Tagesportion an Bonbons für einen Soldaten 50 g beträgt (ca. 8 Stück), die ca. 1 600 A. E}. Vitamin A und 50 mg Vitamin C (1-Ascorbinsäure) enthalten. Selbstverständlich kann jede Dosierung innerhalb der von der Wissenschaft festgelegten Grenze gewählt werden. Das zur Verarbeitung gelangte Vitamin A wurde von der Firma Heyl Co., Berlin, bezogen, die das Konzentrat aus Dorschleber gewinnt. Obgleich in verschiedenen Kreisen der Wissenschaft die Annahme vertreten wird, daß die beiden Vitamine A und C Antagonisten sind, konnte diese Annahme durch fünfmonatige Lagerungsversuche nicht bestätigt werden. Die Befunde von Prof. Scheunert, Leipzig, und vom Institut für Vorratspflege der Universität Berlin haben ergeben, daß auch nach fünfmonatiger Lagerung ein Abfall an Vitamin A und C nicht eintritt. Die Versuche werden im übrigen fortgesetzt. Wir verweisen dabei auch auf die bereits im Jahre 1940 erschienene Veröffentlichung von Prof. Scheunert über den Antagonismus der Vitamine, in der er feststellt, daß keine Wechselwirkungen zwischen den Vitaminen bestehen. 69 Es soll aber trotzdem nicht verschwiegen werden, daß die Vitamin-A-Werte bisher Schwankungen gezeigt haben, die in der Hauptsache auf die ungleichmäßige Beschaffenheit des gelieferten Vitamin - A-Konzentrates sowie auf die Schwierigkeiten einer gleichmäßigen Verteilung des Vitamin-A-Konzentrates in der Zuckermasse beruhen dürften. Verbesserungen auf diesem Gebiete befinden sich in erfolgreichem Versuchsstadium, so daß ein befriedigendes Ergebnis in Kürze erwartet werden darf. Die von einer Seite erhobenen Bedenken, daß das Vitamin A in der vorliegenden Verbindung mit Vitamin C vom Körper nicht resorbiert wird, treffen nach Auffassung von Prof. Scheunert nicht zu. zumal in der Natur zahlreiche Stoffe vorhanden sind, in / * denen Vitamin A und C, ja darüber hinaus andere Vitamine dem Körper geschlossen zugeführt werden und trotzdem einwandfreie Resorption aller Vitamine erfolgt. IX. Vitaminisierungsfragen bei fremden Heeren und Staaten. Schon Frau Randoin (siehe die Denkschrift „Empfehlung der französischen Landeshauptstellen, als Grundlage für eine Verbesserung der Ernährung der französischen Wehrmacht"', Wehrmachtverpflegung Bd. 1, 1942) hat empfohlen, die Frage der künstlichen Vitam inisierung von natürlichen Nährmitteln als eine vordringliche Wichtigkeit anzusehen und ein oder zwei der gewöhnlichen von der Wehrmacht verbrauchten Lebensmittel anzureichern. Amerika und England haben durch ihr Kriegsdepartement bzw. durch das Kriegsministerium bekanntgegeben, daß, da frisches Fleisch, Gemüse und gleiche Produkte nicht mehr in der genügenden Menge zur Verfügung stehen, aufgrund von Gutachten der Allgemeinen Ärztekammer die Ausgabe von Vitamin-Tabletten oder -Kapseln für jeden Soldaten vorzunehmen ist, insbesondere für solche Soldaten, die in der arktischen Region stehen. (Wir haben bereits 1940 eine Art Cebion-Tablette bei den Engländern vorgefunden.) Nach einer aus der Schweiz zugegangenen brieflichen Mitteilung erhält die gesamte amerikanische Bevölkerung täglich Gaben von Kalk. Eisen und A itamin A. Bx und B2, C und D. Die Gaben richten sich nach der Höhe des Bedarfs an Calcium und Eiweißmengen. Sie werden in Tablettenform hergestellt und die Tabletten den Bäckern zur Verfügung gestellt, die diese dem Brot beigeben. Ein Plus an Zugabe wird einkalku- 70 liert, um Verluste zu vermeiden. Im folgenden wird eine Übersicht gegeben, die vor allen Dingen das Verhältnis Eiweiß und Kalorien zu den Vitamingaben, wie es aufgrund der neuesten • amerikanischen Forschung, festgestellt ist, darstellt. Wenn wir uns auch nicht mit solchen Maßnahmen einverstanden erklären. j Vitamintabletten ins Brot zu backen, so ist die Liste vom rein wissenschaftlichen Standpunkt wegen der Höhe der Gaben bei Männern, arbeitenden Männern, Frauen und Kindern interessant beim Vitamin C und seinem Verhältnis zum Gesamteiweiß und den Gesamtkalorien. 71 * ö o cc o 1—! 3 r» CC 3 r» c h* w r* r-i *—i 3 M« r— Cß Mi - • w ff r- X m* X • t— ? Man of 154 Ibs: Moderatly active Yery active Sedcntary Woman of 123 Ibs: Moderatly active Very active Sedentary Pregnancy Lactation Cbildren: Under 1 year 1 3 years 4 () yeafs 7—9 years 10—12 year« Girl«: 13—15 years 16 20 years Boys: 13 15 years 16-—20 ycars W W lO to to lo |— i ^ LM LO W M LO ^ CO CC to -i- CC yi Q Cv lv3 2 O Ca t—' o cn cn cn ® O O O O OOO O-^r OOOOO OOO OO OO O 'Ö O O rr OOOOO OOO Calories t—' — — r- ;--H- to-—'OOO OOO — cl; tooooo o cn cc cc cc cccccc 9 fca» u Calcium — p— — — 1»—■ — 1—; f—J J—1 H H » h-» H—' %jn to cn to c ^ c: cc - 3 er cn to to to to to to 3 CR Iron 5,0001.U. 5,000 5,000 5,000 5,000 5,000 6,000 8,000 1,500 2,000 2,500 3,500 -1,500 5,000 5,000 5,000 6,000 Vitamin A to — — i—1 — —^OOO mhhhh h m h 0 er lo t-i C c: C-. CO cc to CO Ca Cn Co CS M S — CR Tbia-min Cc to — to — — — 0 0 cc 10 — to to to co to '0 cc 0 CO C « to VC O O cn CC to to CO --0 3 Ribo-f lavin to 1—' t— }—1 — ' fi ^ H H H <— 1—' O M W C Ä W CO M CC on ui W CO 3 CR Nicot. Acid O vo CO CO >J CN ÜI W W Ol C Nl K] -J-O-O OO OO Cn O O O-« O OOOOO On Cn üi H p Vitamin C o o o o o o ** ** * * * * 1 *** CC CC CC Vitamin D ZJi 1—i O cc C^ O —J —4 O CO -J CO Ü' 4- ii OCIOOO OOO o oi cn o o o o o gq q W 3 Proteins M« C i-> er* cc _ Cß C) S; Q 2 ° S 3 SS O CD ® O OB >1 » i o ft cc 5T , cc i—5k" DD £ S ® o 2 TJ •-j p«» tc* M« c- cc 3 CC QT3 ft CD sr « ST 5 S? OD D- » cc ö- >-i n: < | s 2. S' 5. ® cw B _ C? r» 3 2 3 " B «CR CD ^ H- B wl?! S'P" 8 cc « & m CC M !5 P H 5 O W er cc 3 = 3 0 r* cc cc cc 2 €b cc «-< i^-c cc ® - •-» es: SP® O r^ i-J 55 2- P g W =11 n B •• i-rs CC ÖS CS g C CD cc 2 cc p cc £ g § 72 53 &! OD o jj j£ m r—I . r-< cd 4J c bß tj JCÖ 03 & bß 03 S s* O > U 03 43 03 l-H I—I CD cö H bß CO 3 CO 'H 03 "Ö Ö O CO 03 43 U 2 a 5 03 . es tj a ö 03 £ 43 _ 03 t—i 03 SP Ö 03 > HS © © fe u 03 TJ g oj 4-J • iH > Q 03 TJ O n

a 03 TJ u 03 43 a 03 bß 03 bß 03 43 03 i—I 43 CÖ N CD a cö 03 03 (—< i—t cö s 03 •(H TJ £ ^ a a 03 S Jh o £ a 03 03 H M cö JH 03 bß a 03 43 bß :0 « 43 -Sa § 03 bß a Jh -H O <1 Q SS 03 CO bß 03 £ 43 C3 Lactating women • P • F.D.A. Persona over 12 ys. Ü [f.d.a. Children 6—12 N. R. C. F.D.A. Children 1—6 • u F.D.A. Infants under 1 yr. Ü K F.D.A. c o es PQ H CS O Q O o o CO of o co CO O} o LO o o co o o o ö c of LO O LO O T- CO o o o o ezr LO co of co co" CO Ol o o LO r» CO o w 03 CD t4 — lO I I © LO M LO i> o •o o o CO o o tc b£ CJ <-l •fH a • r* bß O 03 cq C CD > c c o u S Jö rH ^Q CS Ii =3 TZ CD > 3 C ~ 63 s ^ O ^ * r" M es ri H u ü tn o tE C3 p ro CO CO er. o £ CS 8 rt ■—I ü CD ü iß CS o c: U .>1 e ü ü G C3 CS tL tn £ E- LO ü t— Ü CD 'S jjw • l-< u s 03 .3 B C rt es ^^ C3 § C VH CS s ü £ ^ S - CG H »■ C rH t. <53 tL CS CD 63 fcJj CD rvi t J • Meine Herren! Wir stehen am Schluß. Die Wege, die zu unserem Ziele der Angleichung unserer Wehrmacht Verpflegung an die Forderungen der modernen Ernährungsforschung und die Beschaffung der dazu geeigneten Ver-pflegungsmittel führen, sind zwar immer sehr gradlinig und natürlich. nicht aber einfach und ohne Mühsal gewesen. Wir mußten — ähnlich wie unsere Soldaten gegen den Feind — auf unseren Wegen kämpfend voranschreiten, kämpfend gegen die Ewig-Gestrigen und oft unüberwindbar sachliche Hindernisse! Wenn wir heute rückwärtsschauend die Entwicklung betrachten, so wird sich Vieles, was von uns in verbissener Kleinarbeit hat geschaffen werden müssen, so selbstverständlich und leicht anschauen, daß es beinahe nicht mehr der Mühe Wert erscheint, darüber noch groß zu sprechen. Aber jeder, der nur ein einziges Mal an verantwortlicher Stelle längere Zeit eine größere Anzahl von Menschen im vollen Bewußtsein seiner Verantwortung zu verpflegen hatte, wird ermessen können, was es bedeutet hat. zunächst erst einmal die Voraussetzungen für eine den modernen Ernährungsforderungen angeglichene Soldatenverpflegung zu schaffen und dann ein Millionenheer, das seit 3 Jahren im schwersten Feindeinsatz stellt, vom Standpunkt der Ernährung her gesund und leistungsfähig zu erhalten und seine Schlagkraft in allen Klimazonen immer wieder erneut zu stärken. 74 Oberstarzt Dozent Dr. Schreiber, Abteilungs-Chef im Oberkommando des Heeres, Heeres-Sanitätsinspektion. ' % Vitaminversorgung der Truppe. In den beiden letzten Jahren vor Beginn dieses Krieges sind in den Instituten für Allgemeine und Wehrhygiene und für Wehrchemie der Militär ärztlichen Akademie umfangreiche Untersuchungen über den Vitamingehalt der Soldatenkost durchgeführt werden. Veranlassung zu diesen Untersuchungen hat dem damaligen Heeres-Sanitätsinspekteur eine bestimmte, immer stärker hervortretende Richtung im medizinisch-wissenschaftli-chen Schrifttum gegeben, die sich mit den Mangelkrankheiten befaßte und die besondere Form der durch relativen Vitaminmangel bedingten Erkrankungen herausstellte. Voller Sorge haben wir damals unsere Soldatenernährung immer wieder kritischen Betrachtungen unterzogen, ob sie wohl geeignet sein könnte, die Schlagfertigkeit des Heeres auch unter den schwierigen Verhältnissen eines langen Krieges sicherzustellen. Die äußerst wertvollen Ergebnisse jener wissenschaftlichen Arbeiten lagen zunächst einmal darin, daß festgefügte Bestimmungen über die Zubereitung der Soldatenkost entstanden. Auf die Art und Weise, wie bei der Zubereitung und beim Kochen vorgegangen werden sollte, wurde besonders geachtet. Das Heeres-Verwaltungsamt riehte|e Uehrküchen ein, bildete Truppenköche aus und legte so die erste Grundlage zu der jetzt vorhandenen Laufbahn des Truppenkochs. Auf das engste wurde zwischen dem Heeres-Verwaltungsamt und der Heeres-Sanitätsinspektion zusammengearbeitet. Durch geeignete Fachärzte, Hygieniker aus den Wehrkreisen und besonders ausgewählte Truppenärzte wurde der ärztlich wahrzunehmende Teil des Unterrichtes bestritten. Die Wehrmacht war nun aber bei Beginn des Krieges zu jung und die Zeit war zu kurz gewesen, als daß alle für die Arbeit des Truppenkochs in Frage kommenden Soldaten damals schon eine volle Ausbildung erfahren konnten. Bei den Reservisten, auf die wir ja in einem etwaigen Kriege in gewaltiger Zahl angewiesen waren, war diese Ausbildung vor dem Kriege noch nicht möglich gewesen, Als die militärischen Operationen dann begannen, gingen wir — auf diesem Gebiet wenigstens — recht sorgenvoll in die Zukunft hinein. Im Polenfeldzug mit seiner schnellen Bewegung der Armeen war zunächst eine weitere Ausbildung nicht möglich. Als aber das Feldheer am Oberrhein lag. da setzten ununterbrochen die Lehrgänge für die inzwischen neugebildeten Kochlehrstäbe ein, die in München und Frankfurt a./Main geschult wurden und lehrten, welche Wirkstoffe wasserlöslich, wekbe nicht hitzebeständig waren und worauf beim Kochen geachtet werden mußte, damit sie nicht vergeudet wurden. Diese 77 Lehrstäbe gingen bald hinaus an alle Fronten. Immer wieder wurden sie in Fortbildungslehrgängen geschult und überholt. Seit Jahren kann man sie überall bei ihrer Arbeit antreffen,' in Norwegen und in Nordafrika, an der Biskaya und im sowjetischen Raum. Wo und wann es irgend ging, wurde so belehrt und gesteuert. Was irgend erreicht werden konnte, das wurde schon erreicht, aber es ist nun einmal im Kriege so\ daß in schwierigen taktischen Lagen mancher gute Vorsatz auf diesem Gebiet zunichte gemacht wird und manche. Ausbildung sich nicht auswirken kann. Dafür-seien einige Beispiele angeführt: Bei der Zusammenstellung der Verpflegungstransporte für das Feldheer war durch entsprechende Anordnungen sichergestellt. daß die Vitaminträger unter den Nahrungsmitteln in genügender Menge und richtig verteilt nachgeschoben wurden. Wie wurde es aber, wenn für die Panzerarmee Afrika eine Reihe von Verpflegungsschiffen ihr Ziel nie erreichten oder wenn im russischen Winter der Transport der Kartoffel zur Unmöglichkeit wurde? Vorher hatte die Kartoffel wegen der schnell und sehr weiträumig verlaufenden Operationen nicht in genügender Menge geerntet und eingebracht werden können. Dann gab es Zeiten, in welchen das Vitaminangebot bei der Truppe absank und weit unter den Sätzen blieb, die als notwendig galten. G/anzz besonders schwierig wurden die Verhältnisse in den schweren Abwehrkämpfen vor Moskau im Dezember bis Februar des vergangenen Winters. Für solche Fälle war von vornherein die Zufuhr synthetischer Ascorbinsäure vorgesehen, aber auch die V-Drops haben in jener Zeit nicht immer ihr Ziel erreichen können. Gerade in diesen kritischen Zeiten hat der deutsche Soldat in monatelangen furchtbaren Kämpfen die höchste kämpferische Leistung gezeigt. Die Unterbringungs Verhältnisse der Truppe waren ganz besonders schlecht-, eng zusammengepfercht hausten die Soldaten in elenden Hütten, viele schliefen Wochen hindurch nur im Sitzen. Die Läuseplage stieg, an eine systematische Entlausung war bei den Fronttruppen überhaupt nicht zu denken, weil dafür kein Brennmaterial zur Verfügung stand und die Soldaten sich wegen der Dürftigkeit und des Raummangels in den Unterkünften im Freien hätten waschen müssen. Wegen der ungewöhnlichen Kälte konnten sie das nicht. Selbst die Körperreinigung primitivster Art war also unmöglich. Es gab keine Ablösung, damit fehlte auch schon die Zeit für die Durchführung der Körperreinigung. Bei zahlreichen Soldaten sank das Körpergewicht gewaltig ab und wir waren froh und 78 glücklich, wenn die Grundnährstoffe, Eiweiß, Fett und Kohlehydrate wenigstens einigermaßen ausreichend nach vorn kamen. Damals sprach kein Mensch mehr vom Zahnfleischbluten. Lieber als Vitamindrops oder -tabletten nahm der Soldat ein Stück Pferdefleisch und groß war die Sehnsucht nach einem Kattoffelgericht. Das sind sehr ernste Zeiten gewesen, das Fleckfieber brach in die Truppe ein, bedingt durch die elenden, engen Unterkünfte und durch die unvermeidliche enge Berührung mit der sowjetischen Zivilbevölkerung und den Kriegsgefangenen. Trotz allem sind in diesem Kriege bei der deutschen Wehrmacht bisher keine Erkrankungen aufgetreten, die man bei kritischer Beurteilung als Folgeerscheinungen eines zu geringen Angebots an Vitaminen auffassen könnte. Es bleibt somit also nichts anderes übrig, als anzunehmen, daß vor diesen kritischen Zeiten die Ernährung so gut war, auch hinsichtlich des Vitaminangebots, daß die verschiedenen Vitaminspiegel für längere Zeit ausreichten, oder aber anzunehmen, daß die Gefahren der sogenannten relativen Mangelkrankheiten doch nicht so groß sind, wie wir immer angenommen haben. Sehr müde waren die Soldaten von der Front damals wohl alle, das war aber keine Frühjahrsmüdigkeit; katarrhalische Erkrankungen des Magen-Darm-kanals, weniger der Luftwege, gab es auch reichlich. Für ihr Zustandekommen gab es aber natürlichere Erklärungen, als daß man eine hypovitaminotische Komponente mit Ernst annehmen könnte. Die Zahnkaries trat nicht stärker auf als vorher auch. Infektionsmöglichkeiten gab es in Hülle und Fülle und die Ruhr, die verhältnismäßig leicht auftretend, im Sommer 1941 das Ostheer befallen hatte, war auch in den kalten Wintermonaten nie völlig zum Erlöschen gekommen, wenn sie auch seit dem September stark zurückgegangen war. In jener Zeit liegt auf dem Gebiete der Soldatenernährung eine Kraft- und Leistungsprobe allerersten Ranges, wie sie in diesem Ausmaß und in diesem Ernst wohl noch niemals vorher angestellt wurde. Aus dem Ablauf der Zugangskurven aller beim Feldheer aufgetretenen Krankheiten, soweit sie nach den geltenden Anschauungen in irgendeiner Hinsicht als mit Mangel an Vitaminen in ursächlichem Zusammenhang stehen kömiten, oder mit Resistenz Verminderung als Folge eines etwaigen Vitaminmangels in Zusammenhang gebracht werden, ist zu ersehen, daß diese Kurven fast alle hinter denen des ersten Weltkrieges zurück- 79 bleiben. Nur. das Fleckfieber macht eine Ausnahme; für diese Krankheit gab es im jetzigen Kriege schon hinsichtlich des Einsatzraumes unseres Heeres ganz andere und weit stärkere lnfek-tionsmöglichkeiten als im ersten Weltkrieg. Es gab nicht die Ruhe in der Winterstellung, die zur gründlichen Entlausung notwendig ist. Ich gebe nun einen kurzen Überblick über die Ernährungslage beim Ostheer im Winter 1941/42 nach den Berichten der Armeen, also der Armeeärzte. 1. Die Menge: „Die Verpflegung war bei der kämpfenden Truppe mengenmäßig meist nicht ausreichend, teilweise sogar knapp, während sie von der Truppe im rückwärtigen Gebiet allgemein als ausreichend bezeichnet wurde. Verknappung im wesentlichen ist auf ungünstige Verkehrs-läge und schlechte Witterungsverhältnisse zurückzuführen. Bei den im Nordabschnitt eingesetzten Einheiten war Mangel an Lebensmitteln infolge der günstigeren Lage zur Versorgungsbasis weniger bemerkbar. Fast bei allen Truppenteilen wurde über das Fehlen von Kartoffeln geklagt. Der Mangel konnte teilweise durch Verwendung von Buchweizen, Hirse oder durch Erhöhung der Brotration ausgeglichen werden. Vielfach wurde auch Mangel an Brot, Fett, vor allem Zucker und Marmelade (Zuckerhunger) festgestellt. Diese Vorräte konnten nur vereinzelt im Lande selbst ergänzt werden. Fleisch war im allgemeinen mengenmäßig ausreichend, jedoch qualitativ geringwertig und fettarm (Pferdefleisch, schlecht genährtes Vieh). Der rechnerisch zu erwartende Vitaminmangel, bedingt durch Fehlen von Frischgemüse. Kartoffeln usw., konnte zwar nicht immer, aber doch sehr häufig durch Ausgabe von Lebertran, Vitamin-C-Drops und Vitamin-Tabletten ausgeglichen werden. 2. Die Güte: Hinsichtlich der Güte der Verpflegung wurden Beanstandungen kaum vorgebracht, verschiedentlich wurde sie sogar als hervorragend bezeichnet. 80 3. Der Ernährungszustand der Truppe: Der Ernährungszustand der einzelnen Truppenteile hing stark von der . jeweiligen Verpflegungslage ab. Sie schwankte zwischen sehr gut (AOK Lappland) und schlecht (AOK 2). Mangelkrankheiten (Skorbut) wurden auch hier nicht beobachtet. Die vielfach aufgetretenen Mund- und Zahnerkrankungen wurden nur zum geringen Teil als Vitaminmangelerscheinungen aufgefaßt und vielmehr auf mangelnde Mund- und Zahnpflege zurückgeführt. Der gefrorene Zustand der Verpflegung führte allgemein zu Magen- und Darmstörungen (Zusammentreffen mehrerer Faktoren: geschädigter Ruhrdarm, gefrorene Verpflegung und starke Abkühlung). 4. Die Kalorienmenge: Sie lag vielfach unter dem Soll und bewegte sich meist um 2 600 bis 2 800, sank stellenweise sogar auf 1800. 5. Das Körpergewicht: Abnahme des Körpergewichtes wurde allgemein festgestellt. Besonders bei den auf Luftversorgung angewiesenen Einheiten15.. , Es ist nun damals viel davon gesprochen worden, daß eine beobachtete Resistenz-Herabsetzung auf Vitaminmangel zurückzuführen sei. So sollten zum Beispiel die schwer auftretende und besonders tief lokalisierte Diphterie, die Bereitschaft zu Dekubi-r taigesellwüren bei Verwundeten, die schlechte Heilungstendenz von Schußbrüchen der Knochen alles Vitaminmangelfolgen sein. Wir wissen, daß die Ernährung quantitativ nicht ausreichte. Ich halte es für abwegig, unter diesen Umständen allein den Vitaminmangel für die oben beschriebenen Erscheinungen verantwortlich zu machen. Ganz besonders beeindruckt wurden wir aber, als wir im Sommer d. J. Gelegenheit bekamen, zahlreiche Skorbutkranke sowjetische Kriegsgefangene wissenschaftlich durchuntersuchen zu können. Als im Frühjahr d. J. die Schlacht auf der Halbinsel von Kertsch siegreich beendet wurde, fielen diese skorbutkranken, Kriegsgefangenen in linsere Hände. Wir haben 100 von ihnen 81 sofort nach Berlin bringen und hier nach allen Regeln der Wissenschaft untersuchen lassen. Ich kann den Untersuchern Einzelheiten nicht vorweg nehmen und will nur die wichtigsten Ergebnisse herausstellen: 1. Bei allen Skorbutkranken war das Blut vollkommen frei von Vitamin C. 2. Bei allen Skorbutkranken bestand keine erhöhte Blutungsbereitschaft der Capillaren. 3. Kleinste Mengen von Ascorbinsäure oder C-Vitamin haben die skorbutischen Erscheinungen in kürzester Zeit beseitigt und die Gesundheit rasch wieder hergestellt. 4. Die Zahnfleischveränderungen bei Skorbut sind ganz anders als die gewöhnlichen Stomatitiden und Zahnerkrankungen, wie wir sie im Osten und in Afrika sahen, vorher aber auch schon während des Frankreichfeldzuges gesehen hatten. Paradentose unH Karies waren bei den Kranken kaum vorhanden. Das sind Ergebnisse, die zwar auch nicht überbewertet und vor allem nicht ohne weiteres verallgemeinert werden dürfen, die aber doch den Hinweis geben, daß wir mit unserenj Auf-i fassungen von Skorbut und Präskorbut vorsichtig sein müssen. Umfassende Untersuchungen über die Aetiologie der Zahnfleisch-blutungen sind im Heer zur Zeit im Gange. Diese Erkrankungen scheinen auf jeden Fall mit Skorbut und Präskorbut nichts zu tun zu haben. Mit der Beurteilung der Wirkung der Vitamine, ist es zur Zeit ähnlich wie es immer mit der Beurteilung der Wirkung eines neuen Heilmittels ist. Bei vielen Ärzten bilden sich die positiven und negativen Urteile schnell und ohne Kritik. Sie sind im wesentlichen gefühlsmäßig unterbaut. Auch die Auffassung von der Notwendigkeit gesteigerter Zufuhr von Vitamin C ist bei vielen Truppenärzten, die eben nur ihren engen Arbeitskreis überblicken, gefühlsmäßig unterbaut. Aber auch die Truppenführer haben sich solche Gedankengänge zu eigen gemacht und nicht wenige von ihnen werten die Wichtigkeit der Vitaminzufuhr sehr hoch. Besonders auf die Vitamintabletten haben sie es nicht selten abgesehen. Wer in seiner Truppe von der Vitaminfrage in positivem Sinne spricht, wird kaum jemals bei der gegenwärtigen Lage der Dinge eine Ablehnung erfahren, alle geistigen Rezeptoren zur willigen Aufnahme dieser Erörterungen sind in überreichem Ausmaß vorhanden. Wenn dann gleichzeitig, wie das bei der seelisch und körperlich nun einmal schwer beanspruchten Truppe durchaus nicht ungewöhnlich ist, eine gesteigerte Ermüdbarkeit besteht oder ein paar Männer da sind, deren Zahnfleisch leicht blutet, so ist der Komplex „Hypovitaminose55 wegen angeblichen Vitamin-C-Mangels da und selbst der Autorität wird es dann schwer zu steuern. Besonderer Erörterung bedarf die Frage der Leistungssteigerung durch Vitamine. Der Einzelne, der sich für Vitaminfragen interessiert und gläubig den weit verbreiteten Lehren folgt, der mag wohl bei sich, wenn er die Tabletten nimmt, eine Steigerung -seines allgemeinen Wohlbefindens, ja seiner Leistung, beobachten, wir haben aber objektiv eine Leistungssteigerung niemals gesehen. Der Geist, in dem unser Volk, vor allem seine Jugend erzogen ist, das Herausstellen des Ehrbegriffs, das Erwek-ken des Ehrgeizes, der Ruf zur Pflicht, das sind die Faktoren* welche bei der Untersuchung, ob eine Leistungssteigerung vorliegt oder nicht, in erster Linie in Rechnung gesetzt werden müssen, kaum aber die Vitamine oder gar die Vitamintablette. Wie beim Vitamin C liegen die Dinge auch beim Vita* min A und B. Es wurde bei den Truppen in Nordafrika einmal B-Mangel vermutet, weil eine gewisse Bereitschaft zu Neuritiden zu bestehen schien. "Nachprüfungen, die sofort angestellt wurden, haben keine positiven Ergebnisse gehabt. Die außerordentlich starken Temperaturunterschiede — Tag und Nacht — dürften hierfür eine naheliegende Erklärung abgeben. Vom A-Mangel wurde gelegentlich im letzten Winter gesprochen, auch hier, ohne daß die Vermutungen bestätigt werden konnten. Die im Anschluß daran durchgeführten Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen. Um Leistung und Leistungssteigerung zu erzielen, müssen in erster Linie immer die nötigen Energien zugeführt werden, müssen Eiweiß und Fett neben den Kohlehydraten in ausreichender Menge geboten werden. Hier neue Wege zu finden, ist eine der wichtigsten Aufgabe unserer Tage. Was die Versorgung) der Truppe mit Vitaminen betrifft, so haben wir keine Veranlassung, sie zu ändern, vor allem nicht, sie zu vermehren. Das lehren uns die praktischen Erfahrungen dieses Krieges. Nach wie vor muß der Zubereitung der Kost größte Aufmerksamkeit gewidmet werden, damit Wirkstoffe nicht durch falsches Zubereitungsverfahren vergeudet werden. Nach wie vor müssen natürliche Vitaminträger in der Truppenverpflegung eingeschal- 83 tet werden. Es ist auch weiter notwendig, nach solchen Vitamin-trügern zu suchen. Bei der Konservenherstellung muß der Erhalt tung der Vitamine Rechnung getragen werden. Die Zufuhr synthetischer Vitamine muß immer ein Notbehelf bleiben, für Notzeiten aber immer vorsorglich bereitgestellt werden. Die V-Drops haben sich sehr bewährt. Sie sind, wenn sie wirklich genommen, und nicht nach Hause geschickt werden, geeignet, den Ascorbin-säurespiegel hochzuhalten. Sie wirken auch in einer Zeit der Vitaminmangelfurcht durchaus beruhigend. Darüber hinaus muß sich in der Hand der Ärzte immer ein Bestand an Ascorbinsäure befinden. Hefeextrakt und Vollkornbrot sind unsere Vita-miinxäger auf dem Gebiet der B-Gruppe. Das A-Vitamin und ebenso das Vitamin D könnten in mancher Kriegslage (schlechte Nachschubverhältnisse, langdauernder Aufenthalt im hohen Norden; knapp werden. Den im Osten eingesetzten Teilen des Feldheeres wird auch im Winter 1942/43 zur Erzielung einer Deckung des Bedarfs an diesen Wirkstoffen Lebertran gewährt werden, der unter Aufsicht ausgegeben wird. Durch die Truppenärzte wird auf die Notwendigkeit dieser Maßnahmen durch Belehrungen besonders hingewiesen. Es ist nach all diesen Erfahrungen des jetzigen Krieges die Frage, ob in einer Zeit, in der alles rationiert werden muß, um den Sieg zu erringen, in der alle Energien optimal eingesetzt werden müssen, nicht auch auf dem Gebiet der Vitaminversorgung eine Überprüfung stattfinden muß. Gehen wir hier rationell genug vor und können wir nicht vielleicht doch liier und do rt Abstriche machen, damit Rohstoff und Arbeitskraft zweckmäßiger und nützbringender für den Sieg eingesetzt werden können. 84 Oberfeldapotheker Dr. K. Gemeinhardt Leiter des Instituts für Wehrpharmazie und angeivandte Chemie der Militärärztlichen Akademie, Berlin, und Leiter des Vitamin-Ausschusses der Arbeits gern einschaft .Ernährung der Wehrmacht Yitaminkontrolle in der Wehrmacht. Allein schon die Bezeichnung „Vitaminköhtrolle" zeigt zur Genüge und vollständig eindeutig, daß es sich hierbei nicht tun etwas handelt, das auf dem so außerordentlich fruchtbaren Boden der Vitaminpsychose gewachsen ist, sondern um eine verantwortungsvolle Einrichtung, die den Zweck hat, die Sicherung der Ernährung der Wehrmacht unter den Gesichtspunkten! des modernen Krieges mit Riesenheeren in fast allen Zonen des Erdballs auch bezüglich der „Vitamine" genannten Stoffe sicher zu stellen. Diese Kontrolle gründet sich auf die feststehenden medizinischen Erkenntnisse über die Notwendigkeit dieser Stoffe überhaupt und die Mengen, die von jedem einzelnen von ihnen erforderlich sind, um den Menschen, also den Soldaten, gesund und leistungsfähig zu erhalten. Die großen Erkenntnisse zur Heilung der an sich seit langer Zeit bekannten Vitamin-Mangelkrankheiten wurden auf dem Wege des biologischen Versuchs erworben. Der biologische Versuch lieferte und liefert auch jetzt nur die zuverlässigsten Ergebnisse bei der Bewertung des .Gehaltes an Vitaminen in Heilmitteln. Lebensmitteln usw. Der große Nachteil des biologischen Versuchs, seiner langen Dauer, die große Menge des erforderlichen Materials, die große Anzahl der benötigten Versuchstiere, die mit ihrer Heranzucht und Wartung verbundene große Arbeit _ und hohe Kosten — und eine große Streuung der Ergebnisse ließen gerade auf" dem "Gebiete der Vitamin-Gehaltbestimmung das Bestreben wachsen, chemische und chemisch-physikalische Methoden zur Bestimmung des Gehaltes der wichtigsten Vitamine, vor allen Dingen in unseren Lebensmitteln, zu finden. Die Bestrebungen hatten. Erfolg, und es schien so, als ob' die durch unzählige Arbeiten geförderten und gestützten chemischen und physikalischen Methoden nicht* nur die äußerlichen .Nachteile der biologischen Methode (lange Zeit, großer Tier-vcrbrauch, größere Kosten) ausschalteten, sondern auch bezüglich der Genauigkeit immer zuverlässiger wurden. So konnte es nicht ausbleiben, daß' auch im Bereich der Wehrmacht diesen chemisch-physikalischen Methoden, die eine schnelle Vitaminbestimmung wenigstens der für die Ernährung des erwachsenen männlichen Menschen, also des Soldaten, bedeutungsvollsten Vitamine A, B und C zulassen, größte Beachtung geschenkt wurde. Die Notwendigkeit, sich bei der Versorgung der Wehrmacht im Kriege weitgehend auf konservierte und konzentrierte Nahrungsmittel einzurichten, zwang dazu, zu kon- '87 tro liieren, wie diese sich auch bzgl. ihres Gehaltes an den ge-genannten Vitaminen verhielten und wie man einer etwa festzustellenden Unter Wertigkeit begegnen könnte. So schuf sich die Wehrmacht schon vor dem Kriege Einrichtungen, in denen diese Fragen studiert werden sollten, wo auch die dringend notwendigen Fragen der Erhaltung der Vitamine bei der Zubereitung der Soldatenkost erforscht werden konnten, wie z. B. in der Heeresverwaltungsschule in München. Nicht zuletzt aber wurden die zum Bereich der für die Gesundheit der Soldaten in erster Linie verantwortlichen Heeres-Sanitätsinspektion gehörenden Chemischen Untersuchungsstellen der Wehrkreise, die von Heeresapothekern, die sämtlich auch staatlich geprüfte Le-bensn 1 ittelchemiker sind, geleitet werden, frühzeitig auf diese Aufgaben bei ihrer Zusammenarbeit mit den Verpflegungsdienststellen hingewiesen. Ganz besonders aber wurden die wissenschaftlichen Institute der Militärärztlichen Akademie vom ärztlichen und lebensmittelchemischen Standpunkt mit diesen Fragen * betraut. Vitamingehalllisten zur Ergänzung des Beiheftes zur IIDv 43 a, das die-Nährwerte der wichtigsten Nahrungsmittel in Kalorienangaben enthält, wurden aufgestellt aufgrund der Schrifttumsausgaben und ergänzt durch eigene Feststellungen. So war die Wehrmacht so gut. wie es der Stand der Wissenschaft zuließ, bei Ausbruch des Krieges mit diesen Fragen vertraut, und die „Vita-minkontrölle51 war nicht nur angelaufen, sondern hatte auch durch zahlreiche Untersuchungen, die auch in wissenschaftlichen Veröffentlichungen ihren Ausdruck fanden, zur Sicherung der weitschauend bereitgestellten Verpflegungsmittel im Hinblick auf den Vitaminbedarf beigetragen. Als dann der Herr Amtsgruppenchef Ag V III des OKH durch die weitere Ausdehnung der Kriegsschauplätze im Jahre 1940 in Gegenden, die besondere Anforderungen an den Verpflegungsnachschub und seine Art stellten, veranlaßt, die zusammenberufenen Fachleute der Verwaltung, des Sanitätsdienstes und der von ihm mit besonderen Aufgaben betrauten Lebensmittel-Industrie aufforderte, die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Truppe durch besondere Anstrengungen und Mitarbeit auf dem Gebiete der Ernährung zu sichern, wurde in der von ihm ins "Leben gerufenen Arbeitsgemeinschaft „Ernährung der Wehrmacht" auch ein Vitamin-Ausschuß eingesetzt. Die Leitung dieses Ausschusses wurde mir übertragen und als Mitglieder Arzte und Chemiker eingesetzt, die sich auf dem Gebiete der Vitaminkontrolle bereits mit Erfolg betätigt hatten« 88 Wer das freilich nur schwer zu übersehende Schrifttum über die Vitamine kennt, weiß, welche Fülle von Methoden und Varianten dieser allein auf dem Gebiete der chemisch-physikalischen Bestimmungsmethoden der Vitamine es gibt, die jede für sich die alleinige Richtigkeit in Anspruch nahm. Da es sich aber nur um solche bei der Durchführung einer schnell wirksam werdenden Kontrolle, besonders unter dem Druck des Krieges, handeln konnte, sah der Vitaminausschuß seine erste Aufgabe darin, einheitliche Untersuchungsmethoden festzulegen, die eine einheitliche, vergleichbare Kontrolle erst ermöglichen. Allen Mitgliedern des Vitamin-Ausschusses stehen Laboratorien oder Institute, den meisten auch geeignete Mitarbeiter zur Verfügung, so daß die in die Wege geleiteten Kontrollen der Verfahren bald zu einem Erfolg zu führen versprachen. Das mußte als erstes geschehen, denn die Praxis, d. h. die notwendige Kontrolle» der Nahrungsmittel im rohen und vor allen Dingen der aufbereiteten und der zubereiteten Nahrungsmittel mußte sofort einsetzen! So konnten schon auf der zweiten Tagung der Arbeitsgemeinschaft „Ernährung der Wehrmacht" dem Vitamin-Ausschuß Vorschläge zur Bestimmung der Vitamine A und Carotin, Bj und C vorgelegt werden, die auch angenommen wurden, und nach denen seitdem die Kontrollen in den verschiedenen Instituten und Untersuchungsstellen durchgeführt werden. Es braucht nicht betont zu werden, daß der Vitamin-Ausschuß alle Arbeiten und Veröffentlichungen anderer Stellen, besonders auch solcher außerhalb der Wehrmacht, sich nutzbar macht und alle Erkenntnisse im Interesse der Wehrmacht und somit der Allgemeinheit sorgfältigst bewertet. Gehören doch auch dem Vitaminausschuß eine Anzahl von Wissenschaftlern an, die Wehrmachtangehörige des Beurlaubtenstandes sind, und die Arbeiten des Reichsinstituts für Vitaminforschung bzw. des Herrn Prof. Scheunert und seiner Mitarbeiter, der Schule von Prof. Stepp, Prof. Fink und vieler anderer unterstützen nicht nur die Arbeiten der Mitglieder des Vitamin-Ausschusses, sondern geben ihnen meistens die Richtung. Ebenso zeugen andererseits zahlreiche wissenschaftliche Veröffentlichungen in medizinischen und chemischen Zeitschriften von Mitgliedern des Vitamin-Ausschusses — ich erwähne Wachholder, Ott, Lauersen, und die in dem von mir geleiteten Institut entstandenen Arbeiten von Sabalitschka und Mitarbeitern, Diller, Jeglinski und mir — von der erfolgreichen Tätigkeit zur För- 89 deiung der chemisch-physikalischen Vitamin-Kontrolle der Lebensmittel. Wenn wir z. Zt. also die Vitamin-A-Bestimmung allgemein nach der Methode von Carr Price im Stufenphotometer oder da, wo es möglich ist, mit Hilfe des Spektrographen durchführen, wenn wir das Carotin chromatographisch abtrennen und nach Eluieren im Stuplio messen, wenn wir zur Vitamin-BL-Bestimmung die Thiochrom-Fluorescenz-Methode benutzen, so wissen wir einmal, daß diesen Methoden mancherlei Mängel anhaften, zum anderen, aber bieten sie besonders bei solchen Stoffen, bei denen schon biologische Yergleichsuntersuchungen den Grad ihrer Zuverlässigkeit bestimmt haben, doch eine namentlich im Vergleich und Wettbewerb genügende Sicherheit für die durchzuführenden Kontrollen und Beurteilungen. Leider aber liegen die Dinge bekanntlich bei der chemischen Bestimmung des Vitamin C bzw. der Ascorbinsäure ganz andere. Bei frischen, nicht auf- oder zubereiteten Lebensmitteln und synthetischen Präparaten liefern die Methoden der chemischen Bestimmung, sei es die Titration mit Jod, sei es die mit Methylenblau oder sei es die mit Dichlorphenolindophenol Werte, die als richtig anzusehen sind. Freilich kommt es hier auch auf; die Art der Durchführung an. Wenn aber Scheunert und Reschke vor etwa Jahresfrisli auf Grund ihrer biologischen Vergleichsversuche davor warnten, die mit chemischen Methoden erhaltenen Werte für Vitamin C, bzw. Ascorbinsäure in getrockneten, konservierten oder irgendwie zubereiteten Lebensmitteln als richtig anzusehen, so bestätigt das nur das, was aus der starken Differenz der C-Be-stimmungen solcher Lebensmittel nach den verschiedenen Methoden spricht. Wir kennen leider noch nicht alle die Stoffe, die bei der; Zubereitung entstanden oder auch hineingekommen, etwa die Methylenblau- oder Tillmans Dichlorphenolindophenol-Titration nach der einen oder anderen Richtung beeinflussen. Wir wissen wohl schon, wie wir den einen oder anderen Stoff durch Zugabe gewisser anderer ausschalten können, aber wir haben noch keine Methode, die uns von allen Nebeneinwirkungen, d. h. einen Gehalt von Ascorbinsäure vortäuschenden Stoffen, frei macht! Wir haben noch keine spezifische chemische Reaktion auf Vitamin C, die in jedem Falle zuverlässig ist. Wir wissen nur, daß schon bei verhältnismäßig niedrigen Temperaturen z. B. beim Herstellen des Trockengemüses Stoffe 90 (Reduktone, Melanone) entstehen, die eine ebenso reduzierende Wirkung auf das Reagens ausüben, wie die Ascorbinsäure. Wir wissen andererseits, daß höhere Temperatur hei gleichzeitigem Sauerstoff zutritt die Ascorbinsäure sehr schnell zerstört. Wir haben früher gehofft, z. B. beim Trockengemüse aus einem so als vorhanden festgestellten Gehalt an Vitamin C auf die vorangegangene schonende Behandlung, also auf eine besonders gute Qualität schließen zu können! Diese Hoffnung mußten wir bis auf weiteres fahren lassen und müssen uns bei der e Klassifizierung solcher Produkte wieder mehr auf die anderen Wertzahlen, wie z. B. die Quellbarkeit, und den Allgemeinbefund (Aussehen, Nährwert usw.) verlassen. Zum Glück trifft diese Warnung bei einer Anzahl der wichtigsten Lebensmittel, wie z. B. Kartoffeln, oder auch bei Hagebutten u. a. nicht zu, bei einer weiteren Anzahl sind wir bereits in der Lage, die genannten Störungen auszuschalten, so daß die Vitamin-C-Kontrollen auch hier gute Erkenntnisse vermitteln. X Die Klärung dieser Frage wird noch viel Kleinarbeit fordern, wenn sich nicht bald eine der gesuchten oder vielleicht schon gefundenen Bestimmungsmethoden als vollständig hieb- und stichfest, also als spezifisch erweist. Bis dahin kann uns nur ein schon vor Jahren geprägter Grundsatz helfen. Die Nahrungsmittel und die fertig zubereitete Nahrung müssen so sorgfältig wie möglich behandelt und nach allen Regeln der modernen Kochkunst zubereitet werden. „Wenn die Nahrung als solche in Ordnung ist, dann werden auch die Vitamine in Ordnung sein", sagte Herr Oberstarzt Doz. Dr. Schreiber schon auf der ersten Tagung der Arbeitsgemeinschaft „Ernährung der Wehrmacht" am 1. August 1940! Dank der großartigen Vorbereitungen auf dem Ernährungs-gebiete der Wehrmacht, dank der guten Ausbildung der Soldatenköche und der Verwaltungsbeamten wird die Ernährung überall „in Ordnung" sein bis auf die beisonderen Kriegsschauplätze, bei denen selbst die Beschaffung und der Nachschub der notwendigen kleinen Mengen von frischen Vitaminträgerr* wie Frisphgemüsej Suppenkräutern, Frischobst oder an Butter nicht möglich ist, wie z. B-. im Winter der nordischen und östlichen Kriegsschauplätze, in Afrika usw. Hier wird der erforderliche Bedarf an den fehlenden Vitaminen durch besondere Zubereitungen oder Präparate gedeckt. 91 Als Vitamin-A-Quelle dient neben der Butter die vitami-nisicrte Margarine, über deren Haltbarkeit wir schon am 5. 9, 1940 abschließend günstig berichten konnten. Weiter werden namentlich in Norwegen Präparate mit Vitamin-A-Konzentraten verwendet, meist in Form von Gelatine-Perlen. Auch hier finden Kontrollen statt und zwar sowohl der Ausgangsstoffe als auch der Fertigpräparate. Eine große Bedeutung dürfte den mit Vitamin- A-reichen ölen, also Lebertranen, hergestellten Fischkonserven zukommen. Sie sind in jeder Beziehung, nach Aussehen und Geschmack, sowohl als auch nach Vitamin-Gehalt als aus-' gezeichnet anzusehen. Ja, auf Grund unserer Kontrollen konnten wir sogar vorschlagen, den Zusatz an Lebertran bzw. Vitamin A, der mit mehr als 150 i. EJ./g als unnötig hoch anzusehen ist, herabzusetzen. Da das Carotin z. B. der Mohrrüben in den Konserven als Provitamin gerade in der zubereiteten, gekochten Nahrung zur Schließung der Vitamin-A-Lücke dient, sind die Cärotin-bestimmungen in allen Konserven als wichtig durchzuführen. Wenn auch der Bedarf an B-Vitamin schon durch den Brotsatz des Soldaten fast vollständig gedeckt wird, so steht jetzt eine weitere Quelle für diese Vitamin-Gruppe in den bei der Wehrmacht eingeführten Hefepräparaten (Trockenhefe und Hefeextrakt) zur Verfügung, deren Hauptzweck zwar in der Hilfe zur Schließung einer Eiweißlücke liegt. Für Hefeextrakte konnten nach langer Kontrolltätigkeit Lieferbedingungen festgelegt werden, die u. a. einen Mindestgehalt an Eiweiß und am Vitamin Bt vorschreiben. ^Die leichte Zersetzlichkeit des Vitamin C (Ascorbinsäure) in allen feuchten Zubereitungen lassen die bekannten Vitamin-C-Drops als das zuverlässigste Präparat erscheinen, wenn man von Tabletten absieht. Sie enthalten 200 mg% Ascorbinsäure, so daß mit 5 bis 6 Stück etwa 50 mg Ascorbinsäure zugeführt werden. (Tagesbedarf wird im Sommer mit 30, im Winter mit 50 mg angenommen.) Der große Bedarf, die dadurch notwendigen vielen Hersteller erfordern ständig eine Kontrolle der Herstellungen, nachdem durch ausgedehnte Lagerversuche ein sicherer Überblick über die Haltbarkeit der Ascorbinsäure erlangt worden war. Diese wenigen Beispiele mögen für die Kontrolle der Vita-mÖlversorgung dienen. Sie beziehen sich namentlich bei Vitamin B und C nur auf pflanzliche Stoffe oder synthetische Präparate, da die tierischen Nahrungsmittel mit wenigen Ausnahmen für- 92 ♦ — die Versorgung mit diesen Vitaminen nur eine untergeordnete Rolle spielen. (Ausnahmen Butter. Käse, kondensierte Milch.) Wenn auch die Kontrollen in der Wehrmachtverp flegung bisher besonders auf die Vitamine A, B, C sich erstrecken, so wird doch auch den anderen, wie z. B. dem Vitamin D, K usw. die nötige Beachtung geschenkt. Die praktische Kontrolle wird durch laufende Untersuchungen der Fertigungen, der Lagerbestände der Verpflegungsämter und bei der Truppe selbst durch die hiermit beauftragten Chemischen Untersuchungsstellen durchgeführt. Andere Einrichtungen wie z. B. das Institut für Wehrpharmazie und angewandte Chemie der Militärärztlichen Akademie, die Heeresverwaltungsschule, das Institut für Kochwissenschaft, der Versuchs- und Lehrbetrieb in Mülheim, beschäftigen sich mit der Lösung von besonderen durch das OKH. auf dem Vitamingebiet gestellten Aufgaben, die Untersuchung neuer Erzeugnisse, diätetischer und therapeutischer Präparate usw. Der Vitamin-Ausschuß der Arbeitsgemeinschaft „Ernährung der Wehrmacht'5 aber verfolgt alle neuen Arbeiten auf dem Vitamingebiet, besonders, wie erwähnt, auf dem analytischen und stellt eingehende Versuche zur Festigung der chemisch-physikalischen Bestimmung der Vitamine an. In mündlichen Besprechungen. in lebhaftem schriftlichem Gedankenaustausch bemüht sich der Ausschuß und seine Mitglieder, die Verfahren zur Vitamin-Kontrolle in der Wehrmacht so auszubauen, daß diese in fortschreitendem Maße sich in der Ernährung des Soldaten, in der Erhaltung seiner geistigen und körperlichen Leistungsfähigkeit auswirkend, zum siegreichen Kriegsende beiträgt. » 93 96 Karl Schmitz-Sclioll Kriegsverwaltungsrat im OKH. Neue Wege zur Erschließung natürlicher Vitamin-C-Quellen. . -sj- 1 .• • •• - • • -. . .. I . v; - - V. Auf . Befehl des Herrn Generalstabs-Intendanten Geh. Regierungsrat Pieszczek habe ich Ihnen einen kurzen Teilbericht über neue Wege zur Erschließung und Konzentration natürlicher Vitamin - C-Quellen zu geben. Ich folge damit gleichzeitig einer Aufforderung des fä-Obergruppenführers Pohl. Es würde über den Ralmien des mir gestellten Themas und der mir zur Verfügung stehenden Sprechzeit hinausführen, wenn ich Ihnen alle technischen Einzelheiten vorführen oder die mit der Lösung der Probleme verbundenen Schwierigkeiten schildern wollte. Sie werden als Fachleute ohnehin Verständnis dafür haben, daß eine Reihe von Arbeiten noch nicht zu einem befriedigenden Abschluß geführt werden konnte. Meine Darstellung beschränkt sich daher auf einen Ausschnitt aus Arbeiten und Arbeitsmethoden, die teils der eigenen Initiative und der meiner Mitarbeiter entsprangen, teils vom OKH. unter "meine Leitung als Wehrwirtschaftsführer gestellt oder meiner Förderung empfohlen wurden. - Ich weise pflichtgemäß darauf hin. daß ich weder Arzt noch Chemiker bin. . Für die Durchführung meiner wehrwirtschaftlichen Arbeiten war und bin ich auf Beratung und Mithilfe zuständiger Fachleute angewiesen. Aus der Vielzahl der mir zuteilgewordenen Informationen nahm ich als allgemein gültige wissenschaftliche Grundlage für die Aufgabenlösung die nachfolgenden 5 Leitgedanken an. 1. Als Ausgangspunkt kommt es in der gesamten Ernährungswirtschaft, insbesondere in der Soldatenverpflegung, wesentlich darauf an, sich im weitestmöglichen Umfang nur auf natürlich gegebene Rohstoffe und allgemein als zulässig anerkannte Hilfsmittel zu stützen: ferner möglichst schonende Behandlungsmethoden für die zeitlich kurze oder lange Bereitstellung von Verpflegungsmitteln anzu- ^ wenden. Synthetische Nahrungsmittel oder Hilfsstoffe und denaturierende Techniken sollten grundsätzlich nur als Notbehelf in besonderen Fällen angesehen und bewertet werden. Für diese mir eindringlichst immer wieder aufgezeigte Richtlinie habe ich Herrn Oberstarzt Dr. Schreiber zu danken. 2. Eine Zerstörung des natürlichen Gehalts an Vitamin C in einem Ausgangsmaterial erfolgt — abgesehen von den natürlichen Fermenten — durch das gemeinsame Zu- 97 sammenwirken von Metallen, die die Oxydation beschleunigen, von Sauerstoff in Wasser und Luft und durch bestimmte Wärmegrade. Dabei ist das gleichzeitige Vorhandensein dieser Einwirkungen Voraussetzung für die Zerstörung. Eine andere als diese wohl als allgemein gültig anzusehende Erkenntnis ist mir bisher durch meine beratenden Chemiker nicht vermittelt worden. 3. Außer der Anwendung des langwierigen Tierversuchs gibt es noch keine einfache in jedem Einzelfall eindeutig zutreffende Bestimmungsmethodik für den Vitamin-C-Ge-halt eines Materials. Fehlschlüsse, insbesondere bei bearbeiteten Nahrungsmitteln sind noch möglich und kommen deshalb auch immer noch vor. Neue, endgültig Gewißheit gebende chemisch-physikalische Bestimmungsmethoden wurden mir als kurz vor der Veröffentlichung stehend in Aussicht gestellt. 4. Eine für den Menschen nach Körpergewicht, Alter, Leistungseinsatz, Ort, Außentemperatur usw. genau bestimmbare Norm der benötigten Vitamin-C - Zufuhr ist bisher noch nicht ermittelt. Die bis heute als notwendig angenommene Zufuhr stellt nur einen Wahrscheinlichkeitswert dar, dessen Correlation zu sonstiger Nährstoffzufuhr in Art und Ausmaß schwankt und noch stark umstritten ist. 30 mg pro Tag je Vollperson werden z. Zt. als wünschenswerte Mindestzufuhr im Durchschnitt angenommen. Diese Zufuhr ist jedoch in vielen Fällen aus der Normal Verpflegung, insbesondere aus der des Soldaten, nicht sicherzustellen. 5. Eine Unterversorgung mit Vitamin C führt zu Körperschädigungen. Grenzen für eine etwaige übermäßige Zufuhr sind gerade auch im Hinblick auf die eben angeführten Correlationen noch nicht einwandfrei festgestellt. Es ist aber außer Zweifel, daß durch eine über eine niedrige Norm hinweg gesteigerte Vitamin -C-Zufuhr in überaus vielen Fällen eine starke Hebung des Allgemeinbefindens und der Leistungsfähigkeit bewirkt werden kann, daß z. B. Gesundungsvorgänge beschleunigt werden und dgl. mehr. Die Zusammenfassung dieser 5 Hauptgesichtspunkte um-reißt die ganze Problematik aller wirtschaftlichen und technischen Arbeiten, die darauf abgestellt sind. Vitamin-C-Konzen-trate auf natürlicher Grundlage zu gewinnen. Unter wehrwirtschaftlicher Verpflichtung lautete somit die ursprüngliche Aufgabenstellung ganz allgemein: Es sind natürliche Vitamin-G-Träger oder Vitamin-C-Kon-zenträte mit den greifbaren Mitteln des technischen Einsatzes im größtmöglichen Bereich aus dem deutschen Rohstoffvorkommen bei niedrigsten Kosten der Rohstoffe und der Technik auch auf neuen Wegen ausfindig zu machen, und soweit als möglich in dem erteilten x4ufgabenbereich sicherzustellen. Hieraus ergaben sich 3 konkrete Zielsetzungen: I. Die Technik auf alle zweckdienlichen Einsatzmöglichkeiten zu untersuchen und diese auszuwerten. II. Die deutschen Rohstoff vorkommen zu überprüfen und die etwa zusätzlich verwendbaren heranzuziehen. III. Die geeigneten Kombinationen von Technik und Rohstoff auf wirtschaftlicher Grundlage zu prüfen und zu fördern. I. Faßt man einmal die einschlägigen Bemühungen von Wirtschaft und Technik zusammen, so laufen diese so ziemlich alle darauf hinaus, die Ein- oder und Ausschaltung von bestimmten relativen Wärmegraden in der Verarbeitung vorzunehmen, ferner oxydierende Metalle und die Einwirkungsmöglichkeit von Sauerstoff auszuschalten. Alle Bearbeitungsmethoden zielen darauf ab, dem vitamin-C-tragenden Ausgangsprodukt zur Erhaltung des Vitamin C eine Zustandsänderung oder eine neue Umgebung, damit also ein neues „Milieu" zu geben. Vor der eigentlichen Behandlung liegt in zahlreichen Fällen die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der Pasteurisierung und oder der Blanchierung mit dem Ziel der Sterilisierung und der Zerstörung der arteigenen oxydativen Fermente. Hieran schließen sich Arbeitsvorgänge an, die durch Einwirkung von Wärme, teils im Vakuum, oder von Kälte den ursprünglichen Wassergehalt einengen oder unwirksam machen sollen. Die künstliche chemische Konservierung bemüht man sich möglichst weitgehend auszuschalten. Angestrebt wird ein natürlicher Gleichgewichtszustand, gegebenenfalls unter Beigabe weiterer in der Lebensmittelbearbeitung üblicher 99 Rohstoffe, zwischen den vitamin-Glerhaltendeil Komponenten und dem Vitsünin C selbst im mehr oder weniger vorbehandelten Aus-gangsprodukt. Wenn man berücksichtigt, daß die angewandte Technik möglichst unkompliziert und wirtschaftlich bleiben soll, so ist auch hiermit wieder die Problematik aller Arbeitsvorhaben angedeutet. Die Arbeitsmöglichkeiten gliedern sich in ihrem Ablauf rein technisch ungefähr wie folgt: 1. Sterilisation und oder Blanchierung in einer Reihe von Fällen mit den üblichen technischen Hilfsmitteln. Hier- bei ist schon die Berührung des zu behandelnden Materials mit oxydationsfördernden Metallen möglichst auszuschließen, obgleich in dieser Phase der Verar-beitung noch am wenigsten Schädigungen des C-Gehaltes zu befürchten sind. Es werden auch Verfahren und Behandlungsmethoden zur Trocknung in Vorschlag gebracht, die ohne Vorbehandlung die Wasserentziehung z. B. über Silicagel aus dem nicht zerkleinerten Ausgangsmaterial bewirken sollen. 3. Abpressung und oder Zerkleinerung des Ausgangsmaterials. Hier setzt die erste Notwendigkeit der Beschaffung von Maschinen ein, die durch ihr Eigenmaterial oder durch ihren Wirkungsgrad nicht oxydations-fordernd sind. Nichtrostende Stähle waren schon vor dem Kriege nur beschränkt erhältlich. Derzeit stößt die Beschaffung auf fast unüberwindliche Schwierigkeiten. Es kann aber auf Teilbeschaffung in rostfreiem Stahl keinesfalls verzichtet werden, obwohl bei allen Apparateteilen, die keiner größeren mechanischen Beanspruchung ausgesetzt sind, auf Hilfsstoffe und Überzugs-materialien ausgewichen werden kann. Immerhin muß für jede Arbeitstechnik Verfahren und Maschine erst ermittelt und beschafft werden. 4. Um eine nachfolgende Trocknung wirtschaftlicher zu gestalten oder ein Konzentrat aus einem Saft zu gewinnen, soweit dieser nicht unmittelbar gefroren oder unter Beigabe anderer Substanzen für den Verzehr sicher- 100 gestellt wird, ist eine Eindickung mittels Vakuum-Verdampfung in vielen Fällen zweckdienlich. Auch hier müssen wieder die Metallvorschriften beachtet werden. Einen erheblichen Fortschritt in der Möglichkeit des Ausweichens auch auf Hilfsstoffe bietet offenbar die durch Dr. Paul Sutter angegebene Technik der Überziehung von Metallen mit einer Schutzschicht aus Metallogen. Daß auch Transportgefäße, Aufbewahrungsbehälter usw. in jedem Falle hinsichtlich ihrer Einwirkung auf das Vitamin-C neutral gehalten werden müssen, versteht sich von selbst, bedeutet aber in vielen Fällen eine neue technische Erschwernis. Immerhin bringt eine Vakuum-Eindickung den Vorteil der Einsparung von Behältern mit sich. 5. Soweit auf Walzen, Trockentürmen, Horden oder dergleichen getrocknet werden soll, ist wiederum oxyda-tionsförderndes Metall zu vermeiden. Diese Aufgabe ist im Krieg durch das Fehlen von geeigneten harten Materialien, vor allem für die Walzentrocknung, ein besonders schwieriges Problem geworden. Das Ausweichen auf Verchromung von Walzen erweist sich praktisch als zeitraubend und von kurzer Beständigkeit gegenüber der mechanischen Beanspruchung der verwendeten Walzen. 6. Die Beseitigung oder Einengung des Wassergehaltes mit Hilfe des Ausfrierverfahrens, z. B. nach Dr. G. A. Krause, machte ebenfalls wieder die Beschaffung größerer Mengen nicht oxydationsfördernder Metalle erforderlich und stieß demgemäß auf größte Schwierigkeiten. 7. Nur die Einfrierung von Ausgangsmaterialien ohne vorherigen Wasserentzug nach den bekannten verschiedenen Gefrierverfahren kann weitgehend auf die Verwendung von Spezialwerkstoffen verzichten und war insoweit leichter entwicklungsfähig. Die Produkte stellen allerdings niemals Vitaminkonzentrate als solche dar und sie benötigen für Nachschub und Einsatz, abgesehen von besonderen Fällen im Winterfeldzug, stets eine Kühlkette. Allen diesen Arbeitsmethoden haftet die Notwendigkeit eines im Kriege besonders erschwerten Einsatzes technischer ITilfs- 101 mittel an. Da alle Vitamin-C-Erhaltungsmethoden — wie ich schon bemerkte — darauf hinauslaufen, ein Vitämm-C-erhaltendes ..Milieu" zu schaffen mid einen bestimmten Gleichgewichtszustand zu erzielen, wird deshalb für ein Ausgangsmaterial in erster Linie auf Behandlungsmethoden zu zielen sein, die technisch unkompliziert sind und sich auf eine Beimengung anderer Sub-, stanzen stützen. Das gilt für alle vitamin-C-schützenden Verfahren, die den erwünschten Gleichgewichtszustand durch Einsäuerung und oder Einzuckerung herbeiführen. Hierbei sind allerdings ausgesprochene Vitamin-G-Konzentrate nur bei bestimmten Ausgangsmaterialien zu erreichen. Jedoch können und konnten beträchtliche Mengen vitamin-C-haltiger Rohstoffe auf diese Weise bereit gestellt werden. Die Behandlung der Rohstoffe ist hier jedenfalls einfach, nur Aufbewahrung und Nachschub bereiten gewisse Schwierigkeiten. Während die Einsäuerung längst ihre vielseitige Anwendung gefunden hat, jedoch zweifellos noch ausdehnungsfähig ist, ist die Einzuckerung z. B. für die Herstellung von Kalt-marmeliden noch erheblich steigerungsfähig. Hierauf ist noch zurückzukommen. Alle vitaminhaltigen Konserven, gleichviel mit welcher Technik sie geschaffen wurden, sind aber in der WehrmachtsVerpflegung nur insoweit fast unbeschränkt einsatzfähig, als ihr Wassergehalt eine von Fall zu Fall verschiedene Höchstgrenze nicht überschreitet. Unter dieser Voraussetzung wird die Wehrmacht der Trocknung immer größtes Interesse entgegenbringen. Es fiel nicht in meinen Aufgabenbereich, Trocknungsverfahren bisher allgemeinbekannter Art. angewandt auf schon üblicherweise getrocknete Rohstoffe, bearbeiten zu sollen. Ich wurde vielmehr auf Spezialprodukte und Spezialtrocknungsverfahren verwiesen, d. h. in diesem Fall besonders auf Walzen- und Zerstäubungstrocknung. Die Walzentrocknung ist im Vergleich zur Zerstäubungstrocknung im allgemeinen wirtschaftlicher. Die mit der Walzentrocknung besonderer Produkte beauftragte und vom OKH. ins Leben gerufene Gesellschaft für Nährwerterhaltung mbH., Berlin, hat sich daher zunächst und in erster Linie bei der Entwicklung neuer Methoden auf die Walzentrocknung beschränkt. Sie hat auf diesem Gebiet ansehnliche Leistungen erzielt, über deren Höhe zu berichten nicht meine Aufgabe ist. Dennoch wird der Zerstäubungstrocknung für die Erzeugung einer Reihe von Trockenprodukten den Vorzug gegeben. Ihre Anwendung bleibt jedoch beschränkt und schwierig. Sie benötigt einen höheren 102 Aufwand für Wärme und für ihre Apparate hohe Gebäude und große Räumlichkeiten. Außerdem soll die Trocknung auf Zerstäubungstrocknern gewisse Nachteile hinsichtlich der Erhaltung des Vitamin C besitzen. Es ist eine starke Zerkleinerung des zu zerstäubenden Materials vor dem Trocknungs vor gang erforderlich. Manche Fachleute vertreten die Ansicht, daß bei einer derartigen Zerkleinerung Vitamin-C-Schädigungen in nicht unerheblichem Ausmäße unvermeidbar sind. Hier zeigt sich jedoch wiederum ein Teil der Problematik des Vitamin-C-Komplexes insoweit, als Vitamin-C-Bestimmungen über durch Zerstäubung getrocknete Frucht- und Pflanzensubstanzen durchaus günstige Ergebnisse zeitigten. Trockenprodukte zeigten auch nach einjähriger, Lagerung noch gute Vitamin-C-Werte. Eine endgültige Klarstellung ist noch nicht erfolgt. Der mit Zerstäubungstrocknung arbeitende Fabrikant, der gleichzeitig hierbei die Gewinnung von Vitamin-C-Konzentra-ten anstrebt, läuft immerhin derzeit noch das Risiko, daß ilnn vielleicht einmal die Unzweckmäßigkeit seiner von ihm angewandten Technik nachgewiesen wird. Hieraus ergab sich, wie ich an dieser Stelle einschalten möchte, auch der Entschluß, die) Zerstäubungstrocknung, wie sie augenblicklich in Großversuchen ziii' Herstellung von Trockemnarmelade angewandt wird, nicht vorzeitig für gleiche oder ähnliche Zwecke auf Dritte zu übertragen und damit weiter auszubauen, solange dieses besondere Risiko nicht als ausgeschaltet betrachtet werden kann. Ich denke da-1 bei noch gar nicht einmal an die zahllosen Schwierigkeiten und Kinderkrankheiten, die sich bei der Übertragung von Anfangs-versuchen auf eine Großfabrikation ergaben. Bei der Herstellung von Trockenmarmeläden waren und sind sie jedenfalls technisch unerhört mannigfaltig. Sie können aber im Wesentlichen als überwunden gelten. Leider mußte übrigens die Auswertung einer betriebseigenen Erfindung aus dem Jahre 1938 — wenn auch nur zu Versuchszwecken — unterbleiben, die bestimmte Nachteile bekannter Trocknungs verfahren mit höchster Wahrscheinlichkeit beseitigt. Die Erfindung wurde kürzlich von der Wehrmacht im Interesse der LandesVerteidigung zum Geheimpatent erklärt. Die Auflage der Geheimhaltung ist so verpflichtend, daß eine praktische Weiterentwicklung der Erfindung nur im Rahmen einer noch nicht bewirkten Hilfestellung von Seiten der Wehrmacht durchführbar erscheint. Dies zur technischen Seite der Arbeiten. 103 II. Die Prüfung der deutschen Rohstoff vorkommen auf ihre Einsatzfähigkeit zu vitamin-C-haltigen Produkten war von vornherein ausgesprochen zweckgebunden. Es sollte nicht die Schaffung eines Sonderverpflegungsmittels oder irgendeines Heilmittels für besonderen Einsatz angestrebt werden. Vielmehr ging es darum, ein in der Normafverpflegung bereits auf breitester liasis eingesetztes Nahrungsmittel zu veredeln. Demgemäß bestand die Aufgabe darin. Brotaufstriche, insbesondere Marmeladen^ entweder auf vitamin-C-schonende Weise zu gewinnen oder diese mit zusätzlichen natürlichen Vitaminen anzureichern. Es ist ja im höchsten Maße bemerkenswert, daß bei einem derzeitigen Verbrauch von rund 320 000 t Marmelade in Deutschland, von denen ein stetig wachsender Aliteil in die Wehrmachtverpflegung geht, diese Menge praktisch vitamin-C-frei ist. Demnach könnte auf diesem Gebiet unbedingt mit großer Aussicht auf Erfolg eine Erhaltung des Vitamin-C oder auch eine Vitaminisierung bewirkt werden. Um hier zu einem positiven Ergebnis zu gelangen, ist aber eine gewaltige Umschaltung der bisher angewandten Arbeitsmethoden erforderlich. Aus dem Bearbeitungsbereich schied demzufolge alsbald alles aus, was nicht dem Zweck dienlich war, zu vitamin-C-haltigen Marmeladen zu gelangen. Am Anfang stand die Erkenntnis, daß die Mehrzahl aller Marmeladen im Wesentlichen aus 3 Gründen kein Vitamin C enthalten können: » 1. Als Basisgrundstoff dient für die Masse der Marmeladenfabrikation der Apfel. Der Apfel selbst enthält aber ohnehin schon wenig Vitamin C. Nach Dr. Ott sind sogar im Apfel verschiedene oxydationsfördernde Stoffe zu verfnuten. 2. Die Marmeladenfabrikation stützt sich im wesentlichen auf mit schwefliger Säure konservierte Pülpen. Die Art dieser Konservierung fördert den oxydativen Abbau des Vitamin C. 3. Die in der Marmeladenfabrikation eingesetzten Kochgeräte sind in den weitaus meisten Fällen aus Kupfer, wie auch die sonstigen benötigten Maschinen und Hilfsmittel nicht frei von oxydierenden Metallen sind. 104 Bis vor kurzem bestand nicht die Aussicht, die übliche Mar-meladenkochung alsbald derart umstellen zu können, daß nicht ohne die größten Schwierigkeiten die Technik der Herstellung mit den vorhandenen Hilfsmitteln verbesserungsfähig war. Die Aussicht hierzu ist vermutlich wesentlich günstiger geworden durch "die Schaffung der schon erwähnten' Überzugsstoffe für Kochgeräte. Die Umstellung der Vorbehandlungsmaschinen bietet dann die relativ kleinere Schwierigkeit. Die technische Umschaltung allein kann aber nichts nützen, wenn nicht gleichzeitig eine Verbesserung der Rohstoffkonservierung erfolgt. Die kritische Betrachtung der für die Marmeladenfabrikation üblicherweise eingesetzten Rohstoffe brachte das Ergebnis, daß eine Vielzahl dieser Rohstoffe einen nur sehr geringen Gehalt an Vitamin C ausgangsmäßig aufweisen. Der Gedanke war deshalb naheliegend, vollwertigen Einsatz des Ausgangsmaterials und einwandfreie technische Behandlung vorausgesetzt, den üblichen Marmeladen einen hoch vitamin-C-haltigen Rohstoff gewissermaßen „aufzupfropfen*5. Derartige Rohstoffe waren bekannterweise in den Hagebutten, der schwarzen Johannisbeere, der süßen Eberesche, wahrscheinlich auch der grünen Tomate u. mehr gegeben. Die Notwendigkeit mühseliger Einzelermittlungen und Materialzusammenstellungen wurde wesentlich vereinfacht nach dem Erscheinen der Arbeit von Dr. Hörmann „Unsere na-= türlichen Vitamin-C-Spender'1. Damit lag gewissermaßen ein Katalog über den Vitamin-C-Gehalt der einsatzmöglichen Rohstoffe vor. Gleichzeitig wurde dabei auf den bis dahin wenig beachteten Rohstoff Sanddorn verwiesen. Die frühzeitige Feststellung ging jedenfalls dahin, daß das Aufkommen der leicht beschaffungsfähigen hoch vitamin-C-haltigen Grundstoffe für die Herstellung großer Mengen vitamin-C-haltiger Marmeladen relativ klein war. Infolgedessen wurden Versuche eingeleitet, über natürliche Aus-gangsrohstoffe zu großen aufpfropfungsfähigen Mengen vitamin-C-haltiger Rohstoffe zu gelangen. / Nach einem Vorschlag von Dr. G. A. Krause, München, wurden unter größten Schwierigkeiten Versuche angestellt, aus pasteurisiertem Grassaft über Zerstäubungstrocknung ein Vitamin-C-Konzentrat zu gewinnen. Die Leidensgeschichte dieser Arbeiten, die schon bald auf Mangel an technischem Material und an geeigneten Fachkräften stießen, will ich IhAen nicht vortragen. Es ist bislang auch nicht gelungen, die angestrebte Desodorisierung des stark spinatartig schmeckenden Grassaftpulvers ohne Schädigung des Vitamin-C-Gehaltes herbeizufüllren. Die Ergebnisse waren 105 dennoch nicht restlos unbefriedigend. Es wurde ein erheblicher Vitamin-C-Gehalt in Fertigprodukt festgestellt. Allerdings zeigte sich gerade hier die Unsicherheit in der Vitamin-C-Bestimmungs-methodik. Es war jedenfalls außerordentlich hemmend, wenn man vor noch gar nicht langer Zeit über das gleiche Ausgangs-malerial die schärfstens von einander abweichenden Bestim-mungszahlen für den Vitamin-C-Gehalt übermittelt bekam. • Weitere Versuche waren darauf abgestellt, aus in einer spezifischen Nährsalzlösung angekeimten Körnerfrüchten Rohstoffe zu gewinnen, die einen guten Vitamin-C-Gehalt aufweisen und sich über den Weg schonender Weiterbehandlung zu beimischungsfähigen Säften oder sonstigen Konzentraten bearbeiten lassen. Ein derartiges Verfahren mußte selbstverständlich vor der Bekanntgabe sorgfältig geprüft werden. Labor-Versuche allein vermittelten kein abschließendes Bild. Es wurde daher bereits vor 2Vo Jahren eine Gefriereinengungsanlage nach Dr. Krause in Auftrag gegeben. Die Lieferung dieser Anlage ist aber gerade, nach Mitteilung aus der letzten Zeit nunmehr endgültig verzögert worden, da gleichartige Anlagen für die Gewinnung von Obst-saftkonzentraten auf ausländischer Rohstoffbasis in erheblichem Umfange vorgeschaltet wurden. Es ist also bis jetzt dabei ver-» blieben, die Marmeladenvitaminisierung nur durch Verbessei*ung der Verarbeitungsmethodik und über den Einsatz bisher übliche^ Rohstoffe anzustreben bei gleichzeitiger Hinzugabe bisher bekannter Vitamin-C-Hochkonzentrate. Es würde meines Erachtens genügen, weim es gelingen würde, schmackhafte Marmeladen zu schaffen, welche einen Anfangsgehalt von vorschlagsweise 50 mg% besitzen, der sich im Laufe eines Jahres nach der Herstellung der Marmelade nicht stärker absenkt als auf 25 mg%. Vielleicht genügt auch schon die Hälfte dieser Sätze. Der Verpflegungssatz bei der Wehrmacht für eine Marmeladen-Ausgabe beträgt bekanntlich 200 g. Mit dem Verzehr einer wie eben angegebenen vitaminhaltigen Marmelade würden also im ungünstigsten Falle immer noch 25 111g Vitamin-© zusätzlich verabfolgt, sofern es gelingt, die aufgestellte Forderung zu verwirklichen. Gesüßtes Hagebuttenmark, also ein vollein-satzfähiger Brotaufstrich, weist bei ordnungsmäßiger Herstellung einen so hohen Vitamin-C-Gehalt auf, daß die Verabfolgung von Portionen von 200 g eine Art Verschwendung im Vita-minverbratich bedeutet. Deswegen der Vorschlag, Hagebuttenmark zur Aufpfropfung zu verwenden. 106 Besondere Aufmerksamkeit müßte meines Erachtens deu kurz vor der Reife stehenden grünen Tomate als ablösendem Grundj stof£ für Äpfel geschenkt werden. Der C-Gehalt ist günstig, die grüne Tomate eignet sich für Marmeladeneinsatz. In manchen Gegenden Deutschlands wird die grüne Tomate für Mjar-1 meladc längst genommen, es ist jedoch noch klarzustellen, ob der Solaningehalt in grünen Tomaten bedenklich werden könnte. An sich könnte jedenfalls über die grüne Tomate sehr viel schneller ein hohes Grundstoffaufkommen für Marmelade erreicht werden als über den Anbau von Äpfeln. Im Frühjahr 1940 wurde mir dann weiter die Aufgabe gestellt, ein der Heeresverwaltung angebotenes Verfahren zur Herstellung von Trockenmarmelade parallel zu den Bemühungen um die Beschaffung vitaminhaltiger Marmeladen in Angriff zu nehmen. A41e einschlägigen Arbeiten haben in größtem Ausmaß unter Materialmangel, Menschenmangel und sonstigen Schwierigkeiten zu leiden gehabt. Die mögliche Hilfeleistung des Heeresverwaltungsamtes blieb dabei auf ein kleinstes Ausmaß beschränkt. Es kamen Fliegerscliäden-Brände und unerwartete technische Belastung hinzu, die insbesondere auch Prüfungen von früher hergestellten Kaltmarmeladen unmöglich machten. Auch die diesjährigen Versuche stehen unter dem Zeichen größter Erschwernisse. Benötigte Frischobstmengen in der geringfügigen Höhe von je 100 kg konnten trotz der durch die Hauptvereinigung Gartenbau bereitgestellten Zuteilungsscheine nicht für den Versuchsstand angeliefert werden. Da bei der Herstellung von Kaltmarmeladen, wie auch bei Trockenmarmelade die Pektinfrage ihre besondere Rolle spielt, die vielseitige Versuche erforderlich macht, ist die Verzögerung der Arbeiten um so unerfreulicher. Aus Zeitgründen ist es mir unmöglich, auf diese Zusammenhänge näher einzugehen. Mit besonderen Vorschlägen ode.i Ergebnissen an die Öffentlichkeit zu treten, ist jedenfalls nicht angängig, solange nicht bei den infragekommenden Produkten die Gewißheit der Vitamin-C-Erhaltung und der allgemeinen Haltbarkeit einwandfrei ermittelt ist. Bei vitaminhaltigen Erzeugnisse für die Wehrmachtsverpflegung muß eine bestimmte Haltbarkeit, wahrscheinlich mindestens für 1 Jahr, gefordert werden. • Es darf während der Lagerzeit nur ein ziemlich genau im voraus berechenbarer Vitamin-C-Schwund zugelassen werden. Es ist daher im höchsten Maße zu begrüßen, daß die Verordnung über vitaminisierte Lebensmittel vom "1. September 1942 die Möglichkeit 107 einschließt, vor der Freigabe von vitamin-C-reichen Produkten für den Verkehr auch die Haltbarkeit über einen längeren Zeitraum zu prüfen. Erfahrungsgemäß ist trotz aller Sorgfalt bei der Herstellung von C-Konzentraten nach längerer Aufbewahrung ein Schwinden des C-Gehaltes in mehr oder weniger hohem Umfang festzustellen. Vor allem bei der Weiterverarbeitung von länger gelagerten noch vitamin-C-haltigen Trockenprodukten für irgendeinen Kosteinsatz stellt sich häufig das alsbaldige totale Schwinden dieses C-Gehaltes heraus. In das Aufgabengebiet der Schaffung vitamin-C-konstanter Fertigprodukte mußte es daher fallen, auch nach den natürlich gegebenen Stabilisatoren für das Vitamin C zu suchen. Eine Reihe von Untersuchungsergebnissen spricht dafür, daß im Sanddorn ein derartiger Stabilisator hoher Wertigkeit vorhanden ist. Aus diesem Grunde hat die Heeresverwaltung»aucli den Anregungen des Dr. Hör mann unmittelbar stattgegeben, die erfaßbaren Sanddornvorkommen sicherzustellen und in jeder Form auf ihre Einsatzfähigkeit zu prüfen, über den Stand der Arbeiten auf diesem Gebiet gibt Ihnen ein Sonderbericht Aufschluß. III. Wenn die große Aufgabe praktisch gelöst werden soll, die deutsche Marmeladenerzeugung stufenweise über eine geeignete Koppelung von Rohstoffaufkommen und technischer Behandlungsmethodik auf die Gewinnung von vitamin-C-haltigen Marmeladen umzustellen, so wäre vorschlagsweise erforderlich: 1. Sämtliche einsatzl'ähigen und geeigneten Rohstoffe des innerdeutschen Vorkommens müssen möglichst vollständig erfaßt werden. Es ist dabei die Frage zu prüfen, ob nicht durch eine bessere Preisabstufung Anbau und Sammeltätigkeit verstärkt und damit eine Steigerung des Aufkommens erzielt werden kann. Neben die bisher übliche Bewertung nach Geschmackswert und Seltenheit des Vorkommens, müßte die Bewertung der Früchte nach der Abstufung des natürlichen Vitamin-C-Gehaltes treten. 2. Es müssen die Marmeladenfabriken ermittelt werden, die aufgrund ihrer vorhandenen technischen Einrich- 108 tungen ^chon jetzt in der Lage sind, aus zugewiesenen geeigneten Rohstoffen vitaminhaltige Marmeladen herzustellen. "Es müßte fernerhin festgelegt werden, in welcher planmäßigen Reihenfolge die Marmeladenfabriken umzustellen sind, die vorläufig noch nicht vita-min-C-schonend arbeiten können. 3. Es muß ein Grundkontingent an nichtrostendem Stahl bereit gestellt werden. Bei der ja zweifellos vorläufig eng begrenzten Höhe dieses Kontingentes wäre dafür! Sorge zu tragen, daß dieses Material nur dort und in solchen Maschinen zum Einsatz gelangt, bei denen mit Sicherheit der Höchsteffekt in der Herstellung vitamin-C-haltiger Produkte erwartet werden kann. 4. Da bis auf weiteres nur ein beschränktes Aufkommen an vitaminisierten Marmeladen zu erwarten ist, ist dieses aus dem Gesamtfabrikationsbereich bevorzugt für Wehrmacht und Waffen-^ herauszuziehen. Der Zivil- sektor erfährt dadurch keinen Schaden, weil ihm bis- j her ja ohnehin keine oder nur gelegentliche Zufallsmengen vitamin-C-haltiger Marmeladen aus dem Bereich der Großfabrikation zur Verfügung standen. Die vitamin-C-haltigen Marmeladen sind für besonderen Einsatzbereich Sonderverpf legung und für die vitamin-C-arrne Jahreszeit solange gesondert bereitzustellen, als nicht der Gesamt-Verbrauch von Wehrmacht und Wiaf-fen-^ auf vita m in - C-tragende Marmelade umgestellt ist. 5. Die Schaffung von vitamin-C-haltigen Produkten, insbesondere von Marmeladen, muß einer Gesamtplanung unterworfen werden. Es ist festzulegen, an welchen Standorten a) im Inland b) in den besetzten Gebieten * c) im Ausland die Errichtung der Anlagen erfolgen soll, welche zum Ziel haben, die bisher angewandten Verpülpungs- und Konservierungsmethoden von Obst auf im wesentlichen chemischer Grundlage durch neue technische Konservierung abzulösen. Man kann auch daran denken, an Ort und Stelle des Rohstoffaufkommens bereits Kalt- 109 marmeladcn herzustellen. Ich wiederhole auch mit Hartnäckigkeit meine Forderung, daß da, wo gefroren wird, auch getrocknet werden sollte und umgekehrt. Die Zusammenführung von schonend behandeltem Trok-kengut, von Pülpen, die durch Frostung oder von Säften, die durch Einengung im Gefrierverfahren gewonnen wurden, mit aufzupfropfenden Kaltmarmeladen und dgl. ist unter Rezepturzwang zu stellen. Dieser Rezepturzwang bezweckt die Sicherstellung eines bestimmten Vitamin-C-Gehaltes im Endprodukt, dessen Abbau von einem Wirtschaftsjahr zum anderen sich in im Voraus ermittelbaren Grenzen hält. Daß hierbei das Obstsaftgewinnungs- und Marmeladen-Programm aufeinander abgestimmt werden muß, betrachte ich als selbstverständlich. 6. Die Durchführung eines solchen Programms erfordert eine Konzentration der Kräfte. Es wird dalier die Bildung eines Arbeitsringes vorgeschlagen, der unter näher zu bestimmender Führung wiederum die Unterführung für die einzelnen zu bildenden Arbeitsgruppen zusammenfaßt. An Arbeitsgruppen wären erforderlich: eine solche, die alle Fragen der Reichsgesundheitsführung behandelt, eine solche, die die chemische Seite der Arbeiten fördert, eine solche, die die maschinentechnischen Fragen klärt, und schließlich eine solche, die die allgemeinen Fragen der Wirtschaftlichkeit, der Marktordnung, der Preisfestsetzung und dgl. mehr behandelt. Erwünscht wäre hierbei, den Personenkreis im Interesse der Arbeitsbeschleunigung nicht zu weit abzustecken. Arbeiten auf dem Gebiet der Sicherstellung natürlicher Vitamin-Vorkommen sind immer notwendigerweise langwierig. Frische Früchte fallen nur einmal jährlich an. Die Beobachtung der Fertigprodukte benötigt mindestens ein Jahr. Sobald sich technische Verarbeitungsmöglichkeit und Rohstoffvorkommen überschneiden, treten jeweils große Verzögerungen ein. Ich möchte daher am Schlüsse meiner Ausführungen nicht unterlassen, doch auch auf die Bedeutung der synthetischen Ascorbinsäure und gegebenenfalls auf die Notwendigkeit hinzuweisen,, diese auch in den jeweils anstehenden technischen Bearbeitungs- 110 b ereich mit ein zubeziehen. Hierbei ist insbesondere auch auf die Preiszusammenhänge hinzuweisen. Natürliche Vitamin-C-Konzen-träte oder C-haltige Produkte müssen einen gewissen Wirtschaftlichkeitsvergleich im Verhältnis zu solchen Erzeugnissen behalten, die mit synthetischem Vitamin-C versetzt werden. Die benötigte Menge an zusätzlichen Vitamin-C-Versör-gungsmitteln ist so hoch, daß vermutlich nicht in absehbarer, Zeit auf die synthetische Ascorbinsäure verzichtet werden kann. Ich möchte von Zahlengegenüberstellungen absehen, die meist einen hypothetischen Charakter tragen und nur Wahrscheinlichkeitswerte liefern. Aber jede Berechnung erweist die Notwendigkeit, die Ascorbinsäure-Aktionen beizubehalten oder sogar noch auszuweiten. Es wäre deshalb außerordentlich zu begrüßen, wenn durch die Wissenschaft eine endgültige Klärung herbeigeführt würde, ob die synthetische Ascorbinsäure der natürlichen gegenüber als vollwertig anzusehen ist, oder ob sie nur ein Vitaminoid darstellt. Gerade im Interesse der Verhütung wirtschaftlicher Abwegigkeiten und von Fehlinvestitionen wäre ein eindeutiger Marschbefehl erwünscht. Dabei erscheint es mir am zweckmäßigsten, das Vitaxniiiisierungsproblem gewissermaßen in die Zange zu nehmen und es von beiden Seiten anzufassen, d. h. von der Seite der natürlichen Vitamin -C-Konzentrate und der der syntheti-sehen Ascorbinsäure. Hier die Grenzen der gewünschten Entwicklung abzustecken, wäre ebenfalls Sache des vorgeschlagenen Arbeiterin eres. t> / ' - • Apothekerin Traute Friedrich Yitamin-C-Gewinnung aus Gladiolen. Eine der Hauptfragen des Institutes ist es. Vitamin C aus Gladiolen für die Truppe herzustellen. Ich will versuchen, Ilmen in einem kurzen Bericht das Wichtigste über die Gewinnung des Vitamin C zu sagen. Der hauptsächliche und wirkliche Vitamin-C-Spender ist der Saft. Obwohl es dahingestellt bleibt, ob nicht auch gebundene Ascorbinsäure in den Pflanzenzellen zu finden ist. wie man nach dem heutigen Stand der Wissenschaft annehmen kann. Der für uns also so wertvolle Saft wird durch Auspressen der Pflanzen gewonnen. Die allgemeine Konstitution der Gladiole ist an sich kein Kriterium für ihre Vitamin-C-Kapazität, ja, im Gegenteil, Konstitutionsmerkmale, welche der Gärtner sehr zu schätzen weiß, wie Farbe und dergleichen, sind fast immer minderwertig für unseren Standpunkt. Zur Konstitution der Pflanze gehören Höhe, Gewicht, Wuchstypus und besonders Saftreichtum der Gladiole. Um hier nun wissenschaftlich verwendbare Werte zu schaffen und auf Grund von Forschung und Beobachtung weiter aufbauen zu können, habe ich die Fornfulierung eines Wuchstypus für die Gladiole geschaffen. Die Merkmale dieses Typus umfassen alle Pflanzenteile in gegenseitiger Korrelation. Insgesamt sind im Verlauf von drei Jahren ungefähr 200 Zuchtsorten von unserem Standpunkt aus und nach den entwickelten Methoden einer eingehenden Beobachtung zugeführt worden. Und zwar: Im Jahre 1940 wurden 40 Zuchtsorten, im Jahre 1941 wurden 31 Zuchtsorten, im Jahre 1942 wurden 125 Zuchtsorten mit exaktem Ergebnis untersucht. Durchschnittlich wurden von einer Sorte 10—20 phänologische und 3—6 chemische Untersuchungen durchgeführt. Es hatften sich bei den phänologischen Beobachtungen folgende Typen und Werte ergeben: Zarter Wuchs = 20— 30, Mittelstarker Wuchs = 31— 56, Kräftiger Wuchs = 57—100, Robuster Wuchs = 101—200. Die gärtnerischen Zuchtsorten stammen in der Hauptsache von den südafrikanischen Arten Gladiolus gandavensis und Gla-diolus primulinus ab, während die mitteleuropäischen Arten Gla- % 115 diolus imbricatus und illyricus für gärtnerische Züchtung in unsern Breitegraden nicht geeignet sind. Die primulinus-Art ist zart, zierlich und nicht allzu breit, die gandavensis-Art stark, groß und scjir saftreich. Die Aufzucht der Gladiolenpflanze mit dem Ziel einer Vitamin-C-Gewinnung ist verschiedenen Einflüssen unterworfen. Selbstverständlich spielen Wettereinflüsse eine maßgebende Rolle und es bedingt große Trockenheit eine Saftverminderung, dessenungeachtet ah er keine Erhöhung des Vitamin-C-Gejialtes, wie" man vielleicht im Hinblick auf die stärkere Konzentration des Saftes meinen könnte. Starke Niederschläge haben einen hohen Saftgehalt zur Folge, bedingen aber eine Rostbereitschaft der Pflanze und eine effektive Zunahme an Rostbefall. Vom Standpunkt der Vitamin-C-Gewinnung wirkt sich daher am günstigsten sonniges Wetter, unterbrochen von reichlichen Niederschlägen, aus. Die Zuführung von anorganischen Düngemitteln und zwar von Kali und Phosphor, ließ eine deutliche Zunahme an Saft und Vitamin C erkennen. Die Zufuhr von Stickstoff zeigt wenig Auswirkung. In den Kulturen des Werkes Dachau wurden Gladiolen mit einer Anbaufläche von 29 518 qm angebaut. Hervorgehoben muß werden, daß die Gladiole in den einzelnen Pflanzenteilen einen verschieden hohen Yitamin-C-Gehalt aufweist. So komite bei der Knolle immer nur ein Gehalt von weniger als 100 mg% festgestellt werden, die Knolle stellt sonnt also kein Speicherorgan für Ascorbinsäure dar. Der Stengel weist Werte zwischen 50 und 250 mgj% an Gehalt auf. Das Blatt hingegen besitzt einen Gehalt von 300—1300 mg%, die Blüte jedoch einen solchen zwischen 90 und 350 nig%- den, Fruchten waren nur Spuren von Vitamin G feststell bar. Das Verhältnis der Werte an Gehalt von Knolle zu Stengel, Blatt, Blüte und Frucht beträgt somit 10 : 15 : 80 22 : 0 Diese Proportion zeigt, wir haben es bereits gesagt, daß das Blatt den höchsten Vitamin-C-Gehalt besitzt und der Stengel in Bezug auf den Blattgehalt ungefähr den sechsten Teil, die Blüte ungefähr den fünften Teil oder noch weniger. Die Erfahrung lehrt ferner, daß der Vitamin-C-Gehalt der Blätter bei den einzelnen Zuchtsorten stabil ist. Dies wurde 3 Jahre 116 lang beobachtet und immer der gleiche Blattgehalt festgestellt. Die Kapazität der Blüten und Stengel hingegen weist eine große Spannungsdifferenz auf: außerdem ist der Blüten- und Stcngelgehalt bei den verschiedenen Sorten gleich gering. - Die in Dachau gemachten Beobachtungen lehren, daß entgegen manchen Literaturangaben die Farbe der Blüte in keinerlei Zusammenhang zu dem Gehalt an Vitamin C der Pflanze steht. Auf Grund unserer Beobachtungen konnten folgende Ergebnisse gewonnen werden: % prozentualer Vitamin-C-Gehalt in Blättern, Blüten und Stengeln, 2. Saftmenge im Verhältnis zur ganzen Pflanze. Zu 1. ist zu bemerken, daß die chemischen Untersuchungen nach der Methode von Tillmans durchgeführt wurden, zugleich nach der erweiterten Methode von Emmerie und van Eekelen mit 2,6-Dichlorphenolindophenol. Bei Frischsaft hat sich eine Übereinstimmung beider Methoden ergeben. Zu 2. ist zu bemerken, daß die Saftmenge unbedingt festgestellt werden muß, denn sie kann bei einer zierlichen Pflanze relativ höher sein und eine gute Ausbeute geben, ebenso wie eine hohe Vitamin-C-Kapazität, eine relative Ausbeute bei einer geringeren Saftmenge haben kann. Um ein exaktes Urteil über die Ertragsverhältnisse in Bezug auf die Verwertbarkeit der Gladiolen zur Vitamin-C-Ernte zu erhalten, habe ich ähnlich wie bei der Errechnung der Wuchs -typuszahl einen absoluten Wert der Vitamin C-Kapazität erfaßt in dem Wert der Ascorbinsäurezahl, welche den prozentualen Wert an Vitamin C in Relation zur Saftmenge darstellt. Diese Ascorbinsäurezahl stellt also den absoluten Vitamin-C-Gehalt einer Pflanze dar und zwar vom Standpunkt der theoretischen Wertung. Ein anderer Wertungsbegriff muß jedoch geschaffen werden, wenn wir die Gewinnung des Vitamin C vom Gesichtspunkt der Ernteergebnisse aus betrachten. Eine von diesem Standpunkt geschaffene Werteinheit soll uns veranschaulichen, inwieweit wir einen bestimmten Pflanzentypus in Ansehung des großen Erntegutes optimal ausnutzen können. Diese Werteinheit habe ich die Wertzahl genannt und sie soll zeigen, welche Ergebnisse bei einem bestimmten hochwertigen Pflanzengut durch geringsten Aufwand an Arbeitsleistung (Schnei - 117 A/ame Golden West Feuer Regenbogen Watkvrc P/cardy Carly Orange (zloxinia Maria Stuart CfCrtjiberg r? | S $& $ \ % % ^ Ja/tmertgre /r? % V • I I I I_1_I_I_L_I 9» r,ci* J7 M3 den, Zerreißen, Dämpfen, Pressen) erreichbar sind. Diese Wertzahl errechnet sich aus dem Verhältnis der absoluten und relativen Vitamin-C-Menge zum Gewicht des verwendeten Pflanzenteiles. So wurden im Jahre 1942 diese Wertzahlen, betreffend 125 Zuchtsorten, sowohl für die "ranze Pflanze als auch für Blätter. ' O ' 118 ^ u n^ u n s u 11 Mxme QotdenÜ/est II II II II 1 MnifUn i i i Ii it I 1 i k ä $ U * i i i i i 5 * § Fever Regenbogen ZVafävre Picarety Carty Orange Gtoxfrva Maria Stvar/ J(riji6erg flscor6insd(/razaS?£ Z£/ertzaS?t Blüten und Stengel errechnet und es gelang auf diese Weise, wissenschaftliche und praktische Ergebnisse zu erarbeiten, welche nuninelir dem Problem ,,Vitamin-C-Gcwinnung aus Gladiolen ' zur Verfügung stehen. 119 Abnahme clcr £~ f/scorbinsäura des t/itamin ^-hattigen Ernfegvtes von /9W?0 ÖO 6(? 70 80 90 700% //bnahme in % o \- \\ \ ^O \ rpj> \ \ \ \ 2,8 r7 p.s p.s £30 \ \ \ \ . X 36C£> \ \ \ Lx- r <2 3 " 5 5 7 & 9 70 7/ 72 Jf&onafi ---79^0a - Jfonzcnlrat, ffnfangsgreha// = c/o ----7&4>o6 - Jfonzanfrat> Anfangsge/iai'6 - <9,29 % -79^7 «r Cfonzentrat> 'ffjpfiangsgc/?al& 5/«?% 120 flbndhma dar £~$scorbinsäurc das Vitamin C-haltigen &arvOrzpulvers von 19¥0u.J9W Hufbervahrung bei Zimmer Sempera /vr Abnahme, tn.% iswbo 70 cBO 30 so 60 7o 90 700% 7. 2. 3 M & 6 ? 8. S- 7t? // /2 Jr7or?a/ Abnahme. :n.% 19*7 6 o ---7S40 - /7nfcwgsgc/?atf = mg % - 79Wa.' flnfancfsgchatf = ^//S mg % ( auf bewahr/rn Schraub decfrafg/as Q --- tfnfangsgreha/f- mg % (- verpackt />? Ccttophar? Oevfc/ er Schwarz- «= Ölct7?oiosc ■) 121 Rbnahmi dar J2~ Ascorbinsäure dcsl/itam/n C-halligen £rnfegvtes von 79^vnd 79^7 ücrarbet ivng mit versth/eden/orozenfcgem Zusatz von Dryose o% 70 20 30 40 50 60 70 60 90 700% /?6nahm \ \ \ \ \ \ i \ !! \3S.P 1 SS.P 59,? 7. 3 f. 8 9 70. 77. 7£ Jr7or?a£ -/9W?a - Ponnsaft rr?ä 20% Dryosc, /?r?far?gsgcf?att -7,04'% -79W7& • JCo/->zcntr-a£ 7n// /*% £>ryasa > ///ifangsgcdaSt - P,32c/o 797*7 a ■ iJConzcnfratm/^0% Dryosc,//nfangsgc/?att' -79W6 - Jfonzenfrczf jt?// /S% Dryosc^ 122 Und nun einige Daten über die Verwertung der Gladiolen in den Erntejahren 1940 und 1941. Auf Grund der von mir schon dargelegten Ergebnisse über die Vitamin C-Kapazität der einzelnen Pflanzenteile scheint es ratsam, nur die Blätter zur Vitjgm in - C- Gewinnung zu ernten. Blüten und Stengel liefern wohl einen gewissen Ertrag, der eine Ernte vertreten läßt, jedoch muß hierbei der große Zeit- und Arbeitsaufwand berücksichtigt werden. In der laufenden Ernte 1942 allerdings finden nicht nur Blätter, sondern teilweise auch Blüten und Stengel Verwertung, um das Ernte- und Ausbeutematerial möglichst zu erhöhen. Über das Ernteverfahren in den Jahren 1940, 1941 und 1942 ist vor allein zu sagen, daß in jedem Jahr eine Vervollkommnung des Arbeitsprozesses erreicht werden konnte. Im Jahre 1940 wurde der gewonnene Saft im Tiefgefrier -verfahren zu Eis verarbeitet und dann auf einem Krause-Zerstäubungstrockner in Frankfurt a. M. zu Pulver getrocknet. Der aufgetaute Saft wurde mit Zusätzen (z. B. Dryose) versehen, um die Hygroskopizität herabzusetzen. Im Jahre 1941 wurde der stabilisierte Saft zu einem Konzentrat in einer Vakuum-Umlaufapparatur in einem Ausmaß von 323 I mit einem durchschnittlichen Vitamin-C-Gehalt von 3,2% verarbeitet. Dieses Konzentrat ist sodann wie 1940 auf dem Krause-Zerstäubungstrockner in Frankfurt a. M. zu Pulver verarbeitet worden. Das Pulver hatte einen durchschnittlichen Vitamin-C-Gehalt von 5% gegenüber dem Jahre 1940 von 3,4%. Ich habe früher die Stabilisierung des Gladiolensaftes erwähnt und möchte darauf hinweisen, daß die schonendere Herstellung des Gladiolenpulvers in der Ernte 1941 (Stabilisieren der Blätter, Vermeiden von Eisen und Kupfer und möglichst wenig Transport) gegenüber der vom Jahr 1940 eine 100%ige Konservierung des Vitamin-C-Gehaltes in den ersten drei Monaten erzielen konnte, da erst nach acht Monaten eine Abnahme um nur 7,6% eintrat, während im Jahre 1940 in derselben Zeitspanne eine Abnahme von 29% zu verzeichnen war. Uber die verlaufende Ernte 1942 ist zu sagen, daß sowohl ein quantitativ wie auch ein qualitativ höheres Ergebnis zu erwarten ist. Die Verarbeitung des Gladiolenpulvers zu einem Vitamin C-haltigen Gewürzpulver wurde in der Zusammensetzung so durchgeführt, daß bei einem täglichen Genuß von 2—3 Tassen o c 123 Brühe von diesem 'Gewürzpulver der tägliche Bedarf an Vitamin C sichergestellt ist. Die Stabilität des Gewürzpulvers von 1941 gegenüber 1940 war naturgemäß eine bedeutend bessere. Das letztere hatte nach einem Verlauf von 6 Monaten bei Aufbewahrung in gewöhnlichen Glasflaschen und ohne Überlagerung von Stickstoff oder Kohlensäure eine Gehaltsabnahme von 60%, während der Herstellungsprozeß des Pulvers aus der Ernte 1941 bei denselben Lagerungsbedingungen nach einem Verlauf von 6 Monaten eine 100%ige Stabilität erzielen konnte. Ich hoffe, daß meine Darlegungen ein halbwegs anschauliches Bild über die Gewinnung des Vitamin C aus der Gladiole, über die wissenschaftlichen Beobachtungen und Erfahrungen auf diesem Gebiete und auch über den Arbeitsprozeß in diesem Institut bringen konnten. 124 U-Obersturmbannführer Vogel Amtschef W 5. Die Anlagen der Deutschen Versuchsanstalt für Ernährung und Verpflegung in Dachau. 3 ■ Der RF tf regte aus seinem persönlichen Interesse für alle naturverbundenen Gebiete der Wissenschaft an, die in dem KL Dachau beschäftigten Häftlinge nicht nur in einem Garten für die Gemüseversorgimg schlechthin zu beschäftigen, sondern an dieser Stelle einmal die Pflanzen anzubauen, die noch im vorigen Jahrhundert in vielen deutschen Bauerngärten anzutreffen waren: die deutschen Heil- und Gewürzpflanzen. Der erste Garten entstand gleich hinter dem KL im Jahre 1933 und umfaßte ca 7,5 ha. Hier arbeiteten 10 Häftlinge-unter der Anleitung eines Gärtners, der in der Waffen-^ dientej. Sein Interesse an dem Anbau der Heilpflanzen war so groß,, daß er in der noch heute auf dem ensten Gelände stehenden Hölzhütte wohnte und schaffte. Im Frühjahr wurde die Deutsche Versuchs-Anstalt für Ernährung und Verpflegung gegründet und ihr als ein Teilauftrag der Aufbau der ^-Heilkräuter kulturen in Dachau übertragen. Nach Fertigung des Gesamtplanes und der Entwürfe für die Errichtung der Gebäude entstand zunächst unter den an dem Auftrag Beteiligten die Frage, ob die Planung nicht für ein so abgelegenes Gebiet zu groß und umfangreich sei. Es wurde aber nichts abgestrichen, sondern im Vorsommer 1939 mit den Bauarbeiten begonnen. Heute sind die Gebäude zu klein. Der Ausbruch des Krieges lähmte zunächst jegliche Arbeit. Militärische Maßnahmen machten für mehrere Monate die Verlegung der Häftlinge in ein anderes Lager notwendig. Dadurch entfielen alle Handlanger und nicht gelernten Arbeitskräfte am Bau. Er lag still. Im Frühjahr 1940 konnten die Arbeiten neu aufgenommen und im Laufe des Jahres dann so vorangebracht werden, daß Ende 1940 die Haupträume in Betrieb genommen wurden. Die beiden letzten Glashäuser sind 1941 bezogen worden. Die bebauten Flächen stiegen von 7.5 ha im Jahre 1938 auf 12 ha im Jahre 1939, auf 40 ha im Jahre 1940, auf 100 ha im Jahre 1941 und betragen 148 ha im Jahre 1942. In diesem Jahre verteilt sich der Anbau so, daß a) die Lehrkulturen mit ca 1000 verschiedenen Heilpflanzen 2 ha umfassen, 127 b) für das Reichssortenregister 0.75 ha benötigt werden, c) 4 ha die Anzucht der Jungpflanzen umfaßt, d) als reine Bienenweide wird 1 ha bepflanzt, e) auf 0,5 ha stehen Farbpflanzen, f) die Kompostanlage umfaßt 3 ha, g) 15 000 Sträucher der schwarzen Johannisbeere teilen, auf Dämme gepflanzt, das Gelände in einzelne Reviere. h) die 1,5 ha große Glasfläche enthält neben 6 Gewächshäusern 1 500 Fenster, i) 900 000 Knollen Gladiolen und 600 kg Gladiolenbrut wurden ausgelegt. Die in Dachau verfügbaren Flächen werden ergänzt durch die an der Berg- und Wein-Straße, im Raum von Aschersleben und in Südmähren gelegenen Anbaugebiete spezieller Gewürzpflanzen in einer Größe von 125 ha. Die Hauptarbeitsgebiete des Werkes Dachau sind: a) die Gärtnerei b) die Gewürzmühle c) das Institut für Ernährung und Heilpflanzenkunde. Neben dem Großanbau für Gewürzherstellung und der Zucht vieler Sorten Gewürz- und Heilpflanzen gehört zur Arbeit der Gärtnerei die sehr sorgsam angelegte und unterhaltene Lehrkultur und das Reichssortenregister. Die. Gärtnerei lieferte an die Gewürzmühle die Rohstoffe für das Pfeffergewürz und andere Gewürze. Sie gab an Interessenten ca. 1,5 Millionen Jungpflanzen und Stauden ab und verkaufte in kleinsten Mengen ca 1000 kg der verschiedensten Sämereien. Aus der Gewürzmiihlc gingen 100 000 kg des aus einheimischen Gewürzpflanzen hergestellten Pfeffergewürzes an die Truppe und die deutsche Bevölkerung. An anderen, frei bewirtschafteten deutschen Gewürzen gelangten 10 000 kg zum Verkauf. Die Verarbeitung der Heilpflanzen ergab einen Verkauf von 21 000 kg Drogen. Das Vitamingewürzpulver konnte in einer Menge von 2 600 kg unseren kämpfenden Kameraden zur Verfügung gestellt werden. Die Arbeit des Institutes für Ernährung und Heilpflanzen-, künde läßt sich in Zahlen nicht so ausdrücken. Das Schaffen, dieses Teiles des Gesamtwerkes ist wesentlich mit enthalten 128 in den züchterischen Arbeiten beim Gladiolenanbau, bei der Überprüfung der Drogenherstellung und der Gewürze. Schließlich trägt das Institut die Hauptarbeit und Verantwortung für die Schaffung des Vitamingewürzpulvers. Ein Teil der wissenschaftlichen Arbeit fand seinen Niederschlag in den im Nordlandverlag, Berlin, erschienenen Werken Der Kräutergarten Deutsche Gewürze Der Betriebskräutergarten Die Erhaltung leicht verderblicher Nahrungsmittel. Zu jeder gärtnerischen und pflanzenzüchterischen Arbeit sind umfangreiche Handarbeitskräfte notwendig. Ich sagte anfangs, daß ihr reichliches Vorhandensein in Dachau einer der Gründe für die Schaffung dieser Anlagen war. Die Zahl der Angestellten stieg vom Jahre 1938 mit 1 auf 57 heute. Während anno 1938 täglich 10 Häftlinge arbeiteten, beschäftigt das Werk Dachau der Deutschen Versuchsanstalt für Ernährung und Verpflegung 1942 durchschnittlich 1000 Häftlinge täglich. 129 Geheimrat Pieszczek, Generalstabsintendant. Zusammenfassung. r Meine Damen und Herren! Ich habe den Auftrag, die Auffassungen der Herren der Wehrmacht, die die Vorträge gehalten haben, zusammenzufassen. Gerade die heutige Besprechung hat uns das ganze Problem noch mehr vor Augen geführt. Als meine persönliche Auffassung möchte ich noch einige weitere Gedanken zum Schlüsse äußern; Ich bin ebenso wie Prof. Wirz der Auffassung, daß die Vitaminbilanz nicht unbedingt gesichert ist und daß alles geschehen muß, um vor allem auch beim Volk eine ausreichende Vitaminversorgung durchzuführen und herbeizuführen. Denn schließlich ist die Wehrmacht abhängig von den Soldaten, die das Volk uns stellt. Ich glaube daher sagen zu müssen, daß von vornherein jeder Mann, der bei uns eintritt, ausreichend mit Vitaminen versorgt sein muß, um unter Umständen über eine gewisse vitaminarme Zeit hinwegzukommen. Ich bin ferner der Auffassung, daß alle diejenigen Truppen, die zurückgezogen werden, um „aufgepäppelt55 zu werden, eine verstärkte Vitamin Versorgung erhalten müssen. Das ist ein neuer Gedanke, wie wir ihn bisher nicht durchgeführt haben,, der aber gerade unter dem Eindruck dieser Tagung bei mir entstanden ist. Weiter bin ich der Auffassung, daß besonders auf dem Gebiet der Vitamine verstärkt mit der Reichsgesundlieitsfühning zusammengearbeitet werden muß, um mit ilir zusammen die Vitaminversorgung zu planen und zu sichern. Auch ich bin wie Kriegsverwaltungsrat Schmitz-Scholl der Auffassung, daß der Preis einer Ware, bei der es auf Vitamine ankommt, unter Umständen erhöht werden muß, und zwar umso mehr, je stärker der Vitamingehalt ist. Das sind meines Erachtens wichtige Dinge, ohne die wir zu einer verstärkten Vitaminversorgung des Volkes nicht kommen können. Ich bin ferner für die spätere Zukunft der Auffassung — sowohl aus Friedens- als auch aus Kriegsrücksichten —, daß wir einen gewissen Vorrat an Vitaminkonzentraten niederlegen müssen, um mit diesen Beständen — auch unabhängig von der Ernte — in Zeiten, wo gewisse Kreise des Volkes, vor allem/ Rüstungsarbeiter, vitaminmäßig besonders versorgt werden müssen, rechnen, und die entsprechenden Maßnahmen auf diesem Gebiet treffen zu können. 133 Eines der Hauptprobleme der Vitamin Versorgung und -Sicherung aber ist meines Erachtens der Kampf gegen die Zerstörung der Vitamine. Ich bin der Auffassung, daß wir, ebenso wie wir einen Kampf gegen den Verderb haben, auch einen erheblichen, Kampf gegen die Zerstörung der Vitamine bei der industriellen Verarbeitung und Zubereitung der Kost durchführen müssen. Manche Gebiete stellen hierbei große Aufgaben; Vitamin A. Ich habe die größten Bedenken gegen den Schmelzkäse, da darin das Vitamin A zerstört wird. Andererseits kommen wir aber um den Schmelzkäse nicht hierum. Der größte Teil der Anwesenden wird ja wissen, daßf wir Schmelzkäse verwenden müssen. Vitamin B. Hier blicken wir gespannt den ganz großen Versuchen entgegen, die nur Vollkornschrot liefern. Wir werden das Vollkornschrot: außer zu Brot auch noch zu Getreidespeisen benutzen. Vitamin C. Hier bin ich der Auffassung, daß wir viel weitgehender zur Frage der Zerstörung Stellung nehmen müssen, als es bisher der Fall war. Ich gehe von der Kartoffel aus. Die neuen Untersuchungen bzgl. der Kartoffel haben ergeben, daß das Vitamin C im wesentlichen sich unter der Kartoffelschale befindet. Jedes Schälen hat natürlich zur Folge, daß nicht nur der Abfall vermehrt wird (ca. 40—50% durch Schälen), sondern auch der größte Teil des Vitamin C dabei in den Schweinetrog wandert. Es muß deshalb erreicht werden, daß die Kartoffel geschält werden kann, oder enthäutet wird, ohne daß ein zu großer Verlust an Vitamin C eintritt. Ich darf hier bemerken, daß wir uns mit diesem Problem außerordentlich stark beschäftigt haben und die Hoffnung besteht, in nicht allzulanger Zeit eine automatische Kartoffelenthäutungs-maschine herauszubringen (25 Exemplare sind zunächst: im Bau). Den ersten Versuch habe ich selbst besichtigt. Der Versuch scheint gelungen zu sein. (Behandlung der Kartoffeln erst mit Heißluft. Haut trennt sich von der Kartoffel. Dann kommen 134 die Kartoffeln in einen rotierenden Zylinder, der fließendes Wasser durchläßt. Durch das Reiben der Kartoffeln gegeneinander und durch das fließende Wasser werden dann die Restteile der Haut beseitigt. Es kommt eine Kartoffel heraus, dio C 3 etwa wie eine ..Marzipankartoffel", voll und weiß, aussieht). Wir haben große Hoffnung, auf diese Weise mehr Vitamine zu erhalten und weniger Abfall. Im übrigen sind die Wege der Zerstörung sein* ausreichend gezeigt worden. Ich brauche nicht weiter darauf einzugehen. Ich erinnere nur noch daran, daß als Vitamin-,C-Träg er auch Gemüse- und Obstsäfte in Betracht kommen. Es sind hier sehr starke Bestrebungen im Gange, den Saft zu konzentrieren und unter das Volk zu bringen. Wir werden auch diese Sache bei der Wehrmacht in jeder Beziehung unterstützen. Es kommt ferner in Betracht, daß die Zitronen- und Orangenschalen, in denen ja Vitamin C enthalten ist. getrocknet und verarbeitet werden. Sonst halte ich alle heute gezeigten Wege für gangbar — auch den Weg mit der Gladiole —. Es ist zweckmäßig, die notwendigen Vitamin-C-Mengen im eigenen Land zu produzieren. Deswegen der Wunsch, die Hagebutte bei uns anzupflanzen. Eines betone ich zum Schluß ausdrücklich: Unsere Ernährung wird nur dann verbessert werden können, wenn die Ernährung mehr und mehr der Rüstung gleichgestellt wird. Solange aber bei der Ernährung immer wieder gesagt wird, zunächst kommt die Rüstung, solange werden keine großen Fortschritte mehr erzielt werden. Ich betone ausdrücklich noch einmal den Wunsch der Wehrmacht, daß wir heute nicht auseinander gehen, ohne den Beschluß zu fassen, ein Gremium zu bilden. Obergruppenführer Pohl, ich wäre Ihnen sehr dankbar,, wenn Sie diese Sache in Verbindung mit dein Reichsgesundheitsführer in die Hand nehmen würden. Ich glaube dann auch in aller Sinn zu handeln, wenn ich Obergruppenführer Pohl unseren allerherzlichsten Dank dafür ausspreche, daß er uns heute hier zusammengeführt hat. Ich bin der Auffassung, daß diese Besprechung heute außerordentlich wertvoll gewesen ist und zu vielen Anregungen Anlaß gegeben hat. Vielleicht, meine Herren, wird sie sogar ein wichtiger Denkstein in der ganzen Ernährung sein, wenn wir in Zukunft in einem solchen Gremium zusammenarbeiten. 135 Inhaltsverzeichnis. Seite Eröffnungsansprache / ^-Obergruppenführer Pohl ... 5 Erfahrungen über die Vi tarn in Versorgung der Feldtruppe fö-Sturmbannführer Prof. Dr. Dr. Schenck .... 7 Die Hagebutte als hochwertiger Vitaminspender, ihre Sammlung, Verarbeitung und Verwendung Prof. Dr. F. G. M. Wirz..............29 Maßnahmen der Heeresverwaltung zur Sicherung des Vitaminbedarfs und Erhaltung der Vitamine Oberregierungsrat Dr. Wilhelm Ziegelmayer .... 43 Vitaminversorgung der Truppe / Oberstarzt Dozent Dr. Schreiber............... 75 Vitaminkontrolle in der Wehrmacht / Oberfeldapotheker Dr. K. Gemeinhardt............ 85 Neue Wege zur Erschließung natürlicher Vitamin-G- Quellen / Karl Schmitz-Schöll......... 95 Vitamin-C-Gewinnung aus Gladiolen / Apothekerin Traute Friedrich..................113 Die Anlagen der Deutschen Versuchsanstalt für Ernährung und Verpflegung in Dachau / ^-Obersturmbannführer Vogel .................125 Zusammenfassung / Geheimrat Pieszczek.......131 yü) Druck: Graphische Werkstätte des ^-Wirtschafts-Verwaltungshauptamtcs Berlin. 136