Erläuterung d er teutschen Reichsgeschichte n a ch d e s geheimen Justizrathes Pütter Grundriß der Skaatsveränderungeu des teutschen Reichs. Von Thomas Doll irrer, der Rechte Doctor und Professor des Lehn- rechts, teutschen Staatsrechts und der Reichs- Zweyte Auflage. ——— . >.. >. „ Wien bei Christian Friedrich Wappler und CompagniK. rzar. III. Band. Von Maximilian l. bis Leopold r. geschichtean der k. k. Theresianischen Rit¬ terakademie. Drittes Buch» Nemre Geschichte von Maximilian I. bis auf Franz IL vom Jahr »49z bis 1801.(328 Jahre.) Erste Abteilung bis auf den To- Ferdinands ui. voM I. 1493 bis 16Z/. (1'64 Jahre.) I. Hauptstück. Von Maximilian l. vom I» 1493 ^9- AUg« brs 1L19 i2. Jan- (26 Jahre.) Nis Quellen zur Geschichte Maximilians l. gibt un¬ ser Verfasser folgende ^Schriften an: ^uoo^mi(Mel- chior pfinzings) Geschichte des Ritters Theuerbank Nürnberg 1Z17 kvl.; ^ranc. llillo- ria ä' lealis vom I. 1494 bislZZÜ Voaet. 1561 koU; Ioh. Ioach. Müllers Reichstagsstaat von IA2O bis IZO8 Jena 1729' 4to und Reichstags, thrattum unter Maximilian l. vom 1,1486 bis 1522» Az. Jena , 4 Maximilian i. Ima l^!8 kol. Auch gehört hieher -er weiß Ru- nig, ernr Erzählung von den Thaten K. Maximilian I. von Marx Traulsaurwem auf dessen Angeben zu- sammengetrageck, nebst den von Hans Burgmaiern dazu verfertigten Holzschnitten, herausgegeben aus dem Manuscripte der k. k. Hofbibliothek Wien i?7Z kui. Als eine pragmatische Darstellung dieser Re¬ gierung ist zu betrachten D. Hegewisch Geschichte der Regierung K- Maximilians I. Hamburg und Ki§ 1782 8vo. §. 72. Erster Abschnitt in der Regierung Maximi¬ lians k. vvmJ. 1493bist50--. (14 Jahre) I. Politische Lage von./Europa bey Maxmilians I. Regie¬ rungsantritt. II. Maximilians zpveyte Vermählung nut Maria Blanca Sforza, Ihr Oheim Ludwig Morus wird Herzog von Mayland. III. Aus dessen Anstiften erobert Ä. Karl VIII. von Frankreich Neapel. Vind-- mß gegen letztern. IV. Maximilians erster.Reichstag zu Worms. Seine Prvpvsition. Begehren der Neichsstän- de. MaI. erfüllet «S. V. Karls Vlll. Vertreibung aus Neapel durch die Bundesgenossen. VI. Besorgnisse der Italiener wegen eines neuen Einfalls der Franzosen. Reichstag zu Lindau. Maxmilians fruchtloser Zug nach Italien. VII. WechselheUrath zwischen Maximi¬ lians und Ferdinands des Katholischen Änivern. Aussicht zur Thronfolge in Spanien für das Haus Oestereich. VIII. Reichstaee zu Worms Und Freyburg. Maximi¬ lians Anschlag auf da« HerzsgtbllM Burgund nach Karls Villa Tode. Vergleich mit Frankreich. IX Unglück¬ licher Krieg mit den Schweitzern und Fried zu Basel, X. Ludwig XI I. verbindet si» mit dem Papste Alexander VI. und drn Venmanern, erobert Mayland Md mmmtz dm Maximilian l. Z dm Herzog Ludwig Morus gefangen. XI. Reichstag zu Augsburg, Befriedigung der ständischen Wüulchc ohne gegenseitige Bewilligung einer Reichshülse. Ver¬ trag zu Trient zwischen Ludwig Xll. und Maximi¬ lian. XIII. Verzögerung der französischen Bclebnung mit Mayland. Schicksal d-S Königreichs Neapel. Tractat zu Blois. Endliche Belehnung Ludwigs Xll. mit May- land.Xlll.LudwigsTractatcnbruch ausEiftrsucht gegen das Haus Ocsterreich.Zwistigkciten zwischen demErzherzoge Phi¬ lipp und Ferdinand dem Katholischen wegen Besitznehmung von Castilien. Maximilians und des Papstes Julius II.Betragen bey diesen Gelegenheiten. Die politische -Lage von Europa hat seit ei- l. Niger Zeit eine grosse Veränderung erlitten, und es schien ihr noch eine größere bcvorznstehen. Die Tür¬ ken haben durch die Eroberung Constanttnspels ihre Macht in Europa befestiget, und es hatte das Anse¬ hen, daß sie den Entschluß gefaßt haben, dieselbe im¬ mer weiter gegen Westen auszubrciten. Sie machten beständige Einfälle in die benachbarten Länder. So streiften sie gleich bey Maximilians Regierungsantritt tief in die österreichischen Provinzen Stepermark und Krain hervor. Dieses mußte die Aufmerksamkeit Teutfchlanbs auf dieser Seite immer rege erhalten. Aber fast noch mehr, als das Vordringen der Türken, verdiente auf der andern Seite die anwachsende Macht Frankreichs von dem teutschcn Reiche beherziget zu werden. Die Könige von Frankreich haben bereits nicht nur dxn Engländern ihre französischen Besitzun¬ gen entrissen und die ansehnlichsten Provinzen des are- lgtischen Reichs an sich gezogen, sondern auch das .. Her- / s Maximilian i. Herzogthum Burgund und die wichtigsten Länder ih¬ rer grossen Rercbsvasallen unmittelbar mit der Krone vereiniget. Dadurch haben sie ihre Macht in kurzer Zeit außerordentlich vergrößert. Das Bedenklichste dabey aber war es, daß sie von ihrer grossen Macht auch einen ungehinderten Gebrauch machen konnten. Die übrigen Fürsten von ssmopa waren noch sehr beschränkt. Sie konnten ohne Einwilligung ihrer Stände nichts Wichtiges unternehmen. Die Könige von Frankreich hingegen haben es durch ihre sii?e P o¬ litik dahin gebracht, daß sie schon um Vies- als Souveraine handeln konnten. Nun ein Sonorrttn, der die Kräfte seines Staates nach Pe'ieden i> Be¬ wegung setzen kann, ist für die Nachbarn immer ge» fährlicher, als ein anderer von gleicher Macht, dem aber dieselbe nicht zu Gebote stehet. In Spanien wurde zwar durch die Vermählung des aragoni» schm Kronprinzen Ferdinand mit der castilischen Erb, prinzcssinn Isabelle (>469) und durch die Eroberung des von den Arabern bisher noch besessenen Königreichs Granada (14^1) dec Grund zur Vereinigung der ganzen Monarchie gelegt; doch mußten noch an¬ dere Umstände hinzukommen, unt diesem Reiche das Aebergewicht zu verschaffen, das es nachher über andere europäische Staaken bekam. In Italien war das König¬ reich Neapel 1458 an einen unä-hten Zweig des arago- Nischen Hauses gekommen Uebrigens spielten darin auch hie Päpste,die Herzoge von Mailand, die Venttianer und Maximilian i. 7 Ne Florentiner ihre Rollen. Alle diese Mächte beob¬ achteten einander mit den eifersüchtigsten Augen und Wandten alle möglichen Künste der Politik an, damit keine aus ihnen ein Uebergewicht über die ander» er¬ lange. Allein dadurch gertethen sie öfters in Gefahr, unter aus.värtige Botmäßigkeit zu kommen. Zuerst brachte Ludwig Morus Sforza sein Va- H. terland durch seine Ränke in diese Gefahr. Er war «in Bruder des vorigen Herzogs von Mayland Galeaz Maria Sforza undVormund der von diesem hinterlasse¬ nen Kinder, Johann Galeaz und Maria Blanca. Nicht genug, daß er Mayland im Nahmen seines Neffen fast unumschränkt beherrschte, er gieng auch mit dem Gedan¬ ken um, denselben ganz zu verdrängen und die Regierung sich selbst zuzueignen. Als daher der Neapolitanische Hof in ihn drang,, die Regierung des Herzogthums dem jungen Johann Galeaz, der sich mit einer neapolita¬ nischen Prinzessin» Isabelle vermählet hatte, abzutre¬ ten, weigerte er sich nicht nur beständig, dieses zu thun, sondern er suchte auch in Geheim von dem römischen Könige Maximilian die Belehnung über Mayland mit Ausschließung seines Neffen, den er für unfähig zur Regierung ausgab, zu erhalten. Um desto leichter zu seinem Zwecke zu gelangen, bot er dem verwittibten Maximilian seine Nichte Marta Blanca mit einem reichen Brautschatze znr Gemahlinn an. Maximilian, der Geld brauchte und sich durch diese Verbindung Aussichten zur Erwerbung eines TH-ileS der . K Maximilian i. der kombardie zu eröfnen hoffte, nahm den Antrag- an. Das Beylager wurde 1494 16. März zu In- sprnck vollzogen. Da der junge Johann Galeaz oh¬ nehin kein wahres Recht auf Mayland hakte, weil sem Daker Galeaz Maria und sein Großvater Franz Sforza dieses Herzogkhum, welches unstreitig ein Reichs^ lehn war, ohne kaiserliche Bewilligung besessen haben, so ließ lick nun Maximilian leicht verleiten, ihm sel- bigeö durch eine Urkunde vom Z. Sept. >494 abzu-- sprechen und dessen Oheim Ludwig Morus zum Her¬ zoge von Mayland zu erklären. Der verdrängte Prinz starb bald darauf (22. Oct-), worauf Maximilian Leu Ludwig Morus Cforza auf dem Reichstage zu Worms (A. April. 1495) ftyerlich mit Mayland be-- lehnte, jedoch nur für seine Person, und unter der Bedingung, daß nach dessen Tode das Herzogkhum an den Kaiser und das Reich zurückfallen sollte. W. Ludwig Morus hatte zu gleicher Zeit, als er auf die oben gedachte Art Maximilians Freundschaft zu erwerben suchte, sich noch auf eine andere Weise ge¬ gen den König von Neapel, der beständig die Heraus gäbe des Hcrzogthnms Mayland betrieb, in Sicherheit zu setzen getrachtet. Cr wollte nämlich demselben in seinem eigenen Lande eine Beschäftigung verschaffen, die ihn abhalten sollte, sich in die mayländischen An¬ gelegenheiten zu mischen. Als Werkzeuges zur Aus¬ führung seines Vorhabens bediente er sich des Königs Karls Vitt von Frankreich, den er anfmunttrte, dir . / kl> Maxmimiliani- 9 rcerbteu Einsprüche des Hauses Anjou auf das König¬ reich Neapel geltend zu machen s). Karl ließ sich da¬ zu bereit finden, und brach 14^4 mit einer Armee nach Italien auf. Der König von Neapel Alfons II., der seinen, ihm sehr abgeneigten, Unterkhanen nichts Gutes zutrauete, übergab bcy Annäherung der Franzosen die kaum angetretcne Regierung seinem mehr geliebten Sohne Ferdinand II. und gieng nach Sicilien. Al¬ lein auch Ferdinand mußte sich flüchten und Karl VIII» brachte mit Anfang des I. das Königreich Neapel fast ohne Widerstand in seine Gewalt. So aber hatte es Ludwig Morus nicht gemeint, als er die Franzosen nach Italien einlud. Seine Absicht war nicht, daß sich diese in Italien festsetzcn sollten. Auch glaubte er nicht, daß es ihnen gelingen würde, Nea^ pel zu erobern. Es war ihm nur darum zu thun, dem Könige von Neapel eine Beschäftigung zu geben, ' um a) Johanne II, , die letzte KLnigknn von Neapel aus dem Hause Anjou, hatte 14»" den König Alfons V. von Aragonien und Sicilien an Kindesstatt angenommen, um ihm die Nachfolge im Königreich Neapel zu verschaffen; sie war aber nachher mit ihm zerfallen und Hatte den Grafen Ludwig ll- von Anjou an Alfonsens Ekelte ge¬ setzt. Na d ihrem Tode ( ^?5) bemächtigte sich jedoch Ale fsns mtt Gewalt des ganzen Königreiche Neapel, und gab es 145s! mir Bewilligung des Papstes seinem natür¬ lichen ^','hn Ferdinand I. , der zu Anfang des I. 1494 se!m>> Enka Alfons !!. zum Nachfolger hakte Aber die Graten von A, wi, sichten chre Ansprüche auf Neapel fort, und einer derl'ch.n ,ra< selblae 14 r an den König Ludwig X' von /'raakreich ad von dem sie sein Sohn Karl Vlll- -rbt-. ' - r« Möximiliarr I. um vor ihm im Besitze Maylands sicher zu fepn. Nur» aber, da es den Franzosen geglückt hatte, Neapel- sich zu bemächtigen, sah er sich durch sie der nämlichen Gefahr ausgesetzt, der er durch ihre Einladung nach Italien entgehen wollte; denn es war voraus zu sehen, daß der nächste Nachfolger Karls VIII. in Frankreich her Herzog von Orleans scyn werde, der Ansprüche auf Mayland hatte und zu seiner Zeit nicht unterlassen werde, sie hervorzusuchen und auszuführen. Es war also dem Ludwig Mprus noch mehr, als andern ita¬ lienischen Mächten daran gelegen, die Franzosen wie¬ der aus Italien zu entfernen. Zu diesem Ende schloss sen er, der König Ferdinand der Katholische von Ara¬ gonien und Sicilien, der Papst Alexander VI. und die Venetianer am zr. März 1495 ein Bündniß mit einander. Der römische König Maximilian trat thetl- wegen der Schwägerschqft mit Ludwig Morus, theils weif es ihm als Könige von Italien nicht gleichgültig seyn konnte, daß die Franzosen den Meister in Ita¬ lien spielen sollten, diesem Bündnisse bcy. Durch eine Vundesarmee sollte Karl VIII. über die Alpen zurückgenöthiget werden. IV. Unterdessen hatte Maximilian mit feiner neuen Gemahltnn eine Reise nach den Niederlanden unter¬ nommen, um die Negierung derselben, die er bisher als Vormund verwaltet hatte, aber nun wegen der vielen Reichs-und erbländischen Geschäfte nicht wohl mehr führen konnte, seinem schon l6jährigen Sohne Phi- Maximilian i. r r Philipp zu übergeben. Nachdem dieses geschehen war, Sieng er nach Worms und eröffnete hier gegen das Ende des März 1495 seinen ersten Reichstag. Aufden- s lben gab er sich alle Mähe, die teutschen Reichsstände z,r Theilnahme an dem politischen System von Eu¬ ropa zu bewegen, so wie es die Ehre und der Nutzen Les teutschen Reichs zu erfordern schien. Er stellte den versammelten Ständen die Gefahr eines neuen Ein¬ bruchs der Türken vor, er machte sie auf die Vergrös¬ serung von Frankreich aufmerksam und suchte ihnen zu zeigen, wie sehr die politischen Grundsätze des Königs von Frankreich der Freyhett und Selbstständigkeit Leutschlands enrgegen feyen. Die burgundischen und österreichischen Lande, sagte er, seyen als die Vor¬ mauern oder Ciausen des teutschen Reichs anzusehen; wü.den diese einerseits von den Franzosen anderseits von den Türken etngestürzt, so gerterhe Teutschland in die größte Gefahr, unter fremdes Joch zu kommen. A ls diesen Gründen trug er darauf an, daß ihm die Stände Hülfe gegen die Türken und Franzosen, ha >plsäcklich aber gegen die letzteren, leisten sollten. Allein dir teutschen Reichsstände konnten sich in die Idee von einem politischen System von Euro¬ pa und in die zu befürchtenden Folgen des gestörten Staarengkichgewichtes noch nicht finden. Auch wa¬ ren sie mit sich selbst zu sehr beschäftiget, als daß sie sich in auswärtige Angelegenheiten hätten ein- laffen können. Sie verfolgten nur ihr Privatinteresse, be- rs Maximilian l. besonders suchten sie ihren mächtigen kandständen, durch die sie sehr beschränkt waren und die ihnen vor Errichtung des Landfriedens sogar mit den Waffen in dec Hand trotzen konnten, etwas abzugewinnen. Zudem fehlte es ihnen immer am Gelbe. Ihre Kam- mergüter wollten nicht mehr hinreichen, die zu Un¬ ternehmungen nöthigcn Bcpträge daraus zu bestrei- senzihre Unterthanen aber konnten sie ohne Einwilli¬ gung der Landsiände zu keinen Beyträgen anhalten. Wie es also schon unter Friedrich I V. zur Mode ge¬ worden war, Klagen über den Verfall des Iusiitz- wesens anzusiimmen, wenn eine zum Besten des Reichs zu machende Auflage in Vorschlag kam, so rhaten die Reichsstände fetzt zu Maximilians Antrag ein Gleiches. Sie erklärten gleich Anfangs: „Weil die Rothdurft erheische, daß im heil. röm. Reiche bestän¬ dig Gericht , Recht und Friede gehandhabct, auch sonst Ordnung, wodurch man des Reichs Nokhdurft zu versehen, aufgerichtst werde, immaßcn ohne dieses die Stände die Hülfe zu leisten nicht im Stande; so möchten Königs Mas. von sothanen Reichsangelegen¬ heiten je eher je lieber handeln lassen, damit sodann, und wenn gleichsam der Friede innerlich stabilirk, von her Hülfe, mithin dem äußerlichen Frieden desto för¬ derlicher gerathfchlagt werden könne." Maximilian ließ sich's gefallen, diese Sachen zuerst vorzunehmen, MN desto gewisser und reichlicher die verlangte Hülfe erhalten. Es ward also ein Ausschuß nicdcrge» , ' . setzt. Müxmülian l. 13 setzt. Derselbe bestand zuförderst darauf: es seß Roth, Frieden und Einigkeit in allen teritschen Län- den zu machen und dermaßen zu versehen, daß sie beständig gehalten werden. In dieser Absicht sollts ein königliches Kammcrgericht angeordnet werden - welches in einer gelegenen Stadt des Reichs seinen Sitz und beständigen Fortgang haben sollte. Zugleich sollte an dem nämlichen Orte ein Reichsrath oder- wie er später genannt wurde, ein Rcichsregiment er¬ richtet werden, welches in der Abwesenheit des rö¬ mischen Königs" über die politischen Reichsgeschäftt sicy berathschlagcn und darin Schlüsse fassen- vor¬ züglich aber darauf bedacht ferm sollte- daß das Kammergericht fleißig und ordentlich gehalten, jedes don demselben gefällte Unheil richtig vollzogest und der Landfriede im Reiche gehandhabt werde- lieber alle diese drei) Gegenstände, den Landfrieden - das Kammcrgericht und den Neichsrath, wurden nmi von den Ständen die Ordnnngcn^entworftir und deck römischen Könige vorgelegt. Maximilian äußerte sich gleich darüber, daß er alles - „was zu Nutz, Ehrest und Handhabung des heil. Reichs fürgcnommen nnö , angestcllt würde, zulassen wolle, doch seiner konigli- chen Majestät Oberkeit hierin allzeit Vorbehalten unö ünvorgreiffentlich." Ei' legte alsdattn wirklich Hanb «n das Werk, saß darüber zwei) Tage von Morgens acht Uhr bis Abends zu derselben Stunde, nur düA darunter seine Mahlzeit »ahm, und „wollt auch «Mer? i4 Maximilian i. untersteen solchs weiter zu betrachtenllund in zwayett Tagen zu endend - wir sich die Louaitlornm JVormatienllum bey Datt und Müller ausdrür'eNj Durch diese Anstrengung Maximilians kam es nach einigen mit den Ständen gepflogenen Unierhandmn- gen und an den übergebenen Entwürfen gemachten Abänderungen dahin, daß die Ordnungen des ewigen allgemeinen Landfriedens und des Kammergerichts am 7. August 1495 gezeichnet und in öffentlicher Reichs- Versammlung publiciret wurden. Das Project der Reichsregimentsordnung aber fand Maximilian für die Rechte des ReichSvberhaupks von so bedenklichen Folgen, daß er sich jetzt nicht entschließen konnte, selbiges zu genehmigen. Doch kam nach einigen Jah¬ ren auch das Reichsregiment zu Stande. Alle diese Gegenstände erfordern eine weitläufigere Auseinander¬ setzung. Weil sie aber mit noch andern Einrichtun¬ gen , die ebenfalls unter Maximilian gemacht wurden, in genauer Verbindung stehen, so wollen wir sie bis an das Ende seiner Regierung verschieben, um sie dort im Zusammenhänge zu erörtern. Mit aller seiner Willfährigkeit konnte doch Ma¬ ximilian von den Reichsständen nur eine sehr kleine Hülfe zu seinen italienischen Angelegenheiten erhalten^ Alles, was man ihm zusagte, bestand in 150,002» Gulden, und auch diese Zusage erfüllten einige Stän¬ de, gar nickt, andere nur zum Theil. Maximilian konnte daher auch nicht mehr als 1200 Reuter mch Lvoo Maximilian i. Lvoo Mann zu Fuß für seinen Antheil zum italieni¬ schen Kriege sielten. Diese schickte er unter Friedrich Capell nach Italien. Damit wäre nun freplich we¬ nig gegen die Franzosen auszurichten gewesen. Allein die übrigen Bundsgenvssen haben indessen ein ansehn¬ liches Kriegsheer zusammen gebracht. Karl Vlil, befürchtete durch dasselbe von Frankreich abgeschnitten zu werden. Er legte daher in die fisten Plätze die nökhigen Besatzungen und verließ mit dem größten Theile seiner Truppen das Königreich Neapel, um noch sicher nach Hause zu kommen. Doch fand er bey Fornuovo im Pcumesanischen schon die Bundes- «rmce gegen sich, durch die er sich aber am 6. July 1495 noch ziemlich glücklich durchschlug. Nachdem er her¬ nach mit dem Herzoge Ludwig Morus den io. Octob. , einen besonder,! Frieden geschlossen hatte, kehrte er zu Ende desselben Monats nach Frankreich zurück. Unterdessen hatte der König Ferdinand II. von Nea¬ pel die zurückgelassenen französischen Besatzungen be¬ reits vertrieben und das väterliche Reich mit leichter Mühe wieder in Besitz genommen. So angenehm den Italienern die Vertreibung VI. der Franzosen aus Italien war, so waren sie doch k'egen derselben noch nicht ganz außer Sorgen. Sie sahen voraus, daß Kari Vlil, die durch seinen Nück- zt!g verlorne Ehre sobald möglich herzusiellen und ein Königreich, daß einmahl so leicht in seine Gewalt gebracht hatte yychmahls n srober» suchey würde. Maximilian l. Sie glaubten nichts anders, als daß er, nachdem er den Winter über sich erholt haben wird, gleich das folgende Jahr mit frischer Mannschaft nach Ita¬ lien aufbrecheu würde. Da sie sich aber allein zu schwach fühlten, sich seinen Unternehmungen zu wi^ versetzen, so ersuchten sie den römischen König Ma¬ ximilian recht angelegentlich nach Italien zu k-mmen und ihnen Beystand zu leisten. Niemand war dazu bereitwilliger, als Maximilian. Aber die Erfahrung hatte ihn schon hinlänglich belehret, wie wenig Un¬ terstützung er von den keütschen Reichsständen zu hoffen habe, wenn er es bei) einem blossen Aufgebote bewenden ließe. Er suchte daher diesem Zuge den Anstrich zu geben, als wenn es sein Römerzug seyn sollte; denn da es ein altherkömmlicher kehndtenst der Reichsstände war, ihren König zu seiner römischen Krönung mit einer ansehnlichen Macht zu begleiten, so rechnete ec darauf, daß die Reichsstände mehr Eifer bezeigen würden, einer so unstreitigen Verbind¬ lichkeit nachzukommen. Die Reichsstände nahmen die¬ se Sach- auf einem 1496 zu Lindau versammelten Reichstage in Berathschlagung. Allein Maximilian harrte vergehens auf die Erfüllung seines Wunsches. Die Reichsstände waren zu keiner Mitwirkung zu be¬ wegen. Maximilian mußte sich also entschließen, mit wenigen Leuten , die er auf eigene Kosten angeworben hatte, nach Italien zu gehen. Als er daselbst an- langtr, liefen zuverläßige Nachrichten ein, daß Jta- liry Maximilian l. r? lien tn diesem Jahre keinen Besuch voll den Fran- Losen zn besorgen habe. Nun wünschten die Italie¬ ner- daß sich auch der römische König wieder aus ihrem Lande entfernen möchte. Sie gaben ihm die¬ ses auf eine sehr schmeichelhafte Art zu verstehen. Aber Maximilian wollte nicht umsonst nach Italien gekommen seyn. Er faßte den Entschluß- die Flo¬ rentiner , die mit den Franzosen in Verbindung stan¬ den und sich noch durch die Unterjochung von Pisa vergrößern wollten- zu züchtigen und zu nöthigen, von dem Bündnisse mit Frankreich abzustehen. Zu diesem Ende machte man den Plan, Livorno zu ero¬ bern und es den Pisanern einzuräumen. Allein die Belagerung zur See vereitelte ein Sturm- und zn Lande wurde Maximilian von den Italienern nicht ihrem Versprechen gemäß unterstützt, besonders gien- gen die Venetianer sehr unredlich mit ihm um. Dar- ' über ward er äußerst unwillig, gab sein Vorhaben auf und kehrte zu Ende des Jahres 14^6 unverrich¬ teter Dinge über Pisa und Mapland nach Tprol zu¬ rück. Glücklicher war Maximilian um diese Zeit kn Vllr Bewirkung einer Wechselheurath, die in der Folge sür. Europa ungemein wichtig geworden ist. Er hat¬ te von seiner ersten Gemahlinn- der burgundischen Marie- einen Sohn- den Erzherzog Philipp- und rine Tochter, die Erzherzogin» Margarethe. Fer¬ dinand der Katholische König von Aragonien hatte B Mß r8 Maximilian l. mit feiner Gemahlin», der Königin» Isabelle von Ca¬ stilten, ebenfalls einen Sohn, den Jnfanten Johan»/ und eine noch unvermählte Tochter, die Infantin» Johanne. Zwischen diesen beyderseitigen Kindern wur¬ de nun eine Ehe zu Stande gebracht. Der Erzherzog Philipp vermählte sich mit der Infantin» Johanne, und der Jnfant Johann mit der Erzherzogen Mar¬ garethe. Wahrscheinlich dachte Maximilian bei) Stif¬ tung dieser Heurathen gar nicht darauf, seinem Hau¬ se eine Aussicht zur Thronfolge in Spanien zu ver¬ schaffen. Wenigstens war die Hoffnung dazu nur sehr entfernt. Allein wider alles Vermuthen kam dieser Fall in kurzer Zeit wirklich herbei). Alle Per¬ sonen, die der Prinzeffinn Johanne kn der Erbfolge vorgiengen, starben nach einander ab, ihr Bruder Johann den 4. Octob. 1497, ihre ältere an den König Emanuel von Portugal! vermählte Schwester Isabelle den 2z. April 1498, und der von letzterer hinterlassene einzige Prinz Michael im I. 1502. Hin¬ gegen ward die Ehe Philipps und der Johanne mit zwey Prinzen, Karl und Ferdinand, und mit vier Prinzessinnen, Eleonore, Isabelle, Marie und Catharine gesegnet, die nach dem Tode ihrer Mut¬ ter die natürlichen Erben der spanischen Monarchie waren, VIII. Während Maximilians Zuge nach Italien wur¬ de der Reichstag zu Lindau fortgesetzt, und nach fei¬ ner Rückkunft wurden noch Reichstage zu Worms !497 Maximilian k »9 ,497 ünd zu Freyburg int Breisgau 1498 gehal¬ ten, Man beschäftigte sich darauf hauptsächlich mit der Befestigung des ewigen Landfriedens und mit dec Aufrechchalrung des Kammergertchts. Auf dem letz¬ ten berakhschlagte man sich auch über die dem römische» Könige wider Frankreich zu leistende Reichshülfe ;denn unterdessen war der König Karl VUI. von Frankreich im April 1498 mit Tode abgegangen. Sein Nach¬ folger war Ludwig XU., bisheriger Herzog von Or¬ leans. Maximilian dachte diese Thronveränderung zu benützen, um die mütterlichen Ansprüche seines Sohnes Philipp auf das von dem Könige von Frank¬ reich nach Karls des Kühnen Tode in Besitz genommen«: HerzsgthUm Burgund geltend zu machen, und begehrte deßwegen von dem deutschen ReicheBeystand, Er wur¬ de aber an der Ausführung seines Vorhabens durch dis Schweitzer gehindert, welche von Frankreich bestochen, ihm unvermuthet ihre Dienste aufkündigten. Der Erz¬ herzog Philipp verglich sich hierauf mit Ludwig XU. , der ohnehin ganz andere Entwürfe im Kopfe hatte. Maxi¬ milian mußte sich diesen Vergleich, kraft dessen sein Sohn nur einige ebenfalls streitige Städte zurück er¬ hielt, das Herzogthum Burgund aber auf lebenslang in französischen Händen zu lassen versprach, gefallen lassen, weil er jetzt mit den Schweitzern in einen Krieg verwickelt wurde. Nebst der unzeitigen Aufkündigung ihres Sol- des gaben die Schweitzer dem römischen Könige Ma» B s ximi- 20 Maximilian l. ximilian noch mehrere andere Ursachen zum Unwillen. Sie wollten des öfter» Ansuchens ungeachtet mit ihm die alten Vertrage, die sie mit dem 1496 verstor¬ benen Erzherzoge Sigmund von Tyco! hatten, nicht erneuern, noch auch von dem mit Frankreich geschlos¬ senen. Hülfsbunde abstehen. Sie weigerten sich den Landfrieden auznnehmen, die Gerichtsbarkeit des Kam¬ mergerichts anzucrkennen, und dem schwäbischen Bun¬ de beyzntreten, wodurch sie deutlich ihre Absicht an den Tag legten, sich sogar von dem teutschcn Rei¬ che zu trennen. Die nächste Veranlassung aber zum Ausbruch des Krieges gaben einige Gränzstrcitigkeiten zwischen den Tyrolern und Graubündtttern. Die Ty- roler stolz darauf, den römischen König zu ihrem Lan- dcsherrn zu haben, und seines Schutzes versichert za seyn, betrugen sich bey diesen Streitigkeiten etwas za muthig. Die Graubündkner sahen sich dagegen auch um eine Stütze um. Sie traten in den Schweitzer- bvnd, und riefen die Eidgenossen um Hülfe an. Ma¬ ximilian aber forderte nun den schwäbischen Bund, dessen Mitglied er als Landesherr von Lyrol war, gegen die Schweitzer auf. Den schwäbischen Bun¬ desgenossen war diese Aufforderung sehr willkommen. Cie glaubten nun dir beste Gelegenheit gefunden zu haben, die Schweitzer entweder mit Gewalt in ihren Bund zu ziehm, oder sie doch wenigstens wegen ih¬ res hartnäckigen Weigerns, demselben beyzntreten, derb zu züchtigen. Es wurde daher in e.iner Versamm¬ lung Maximilian lung des schwäbischen Bundes zu Kostnitz den 2D. Jäner 14^^ den Schweitzern der Krieg angekündiget, aber so unglücklich geführt, daß Maximilian noch im nämlichen Jahre den 22. September zu Basel Frie¬ den schließen mußte. Durch denselben wurde das bis¬ her noch streitige Landgericht im Thurgau, welches Land schon zur Zeit des Kostnitzer Coneiltums an die Schweitzer gekommen ist, diesen, doch mit Borbe- halt der Einlösung, überlasten; übrigens aber alles Eroberte von beyden Seiten zurückgegeben, und die Hauptsache auf einen andcrweiten schiedsrichterlichen Ausspruch ausgesetzt. Der größte Vortheil, den die Schweitzer von diesem Kriege hatten, bestand unstrei¬ tig darin, baß ihr Puschen und Ruhm noch mehr stieg, und ihr Bund durch den Beitritt der Canto- m Basel und Schafhausen I ZOI und des Cantons Appenzell iZiz seitdem roch einen größern ZuMachs erhielt. Die Schweitzer bekümmerten sich feit dieser Zeit auch nicht mehr viel um das tentsche'Rsich, son¬ dern betrugen sich ganz unabhängig; jedoch wurde ihre Unabhängigkeit von Seite des teutschen Reichs erst tm westphälifchen Frieden anerkannt. Den Frieden mit den Schweitzern hatte der Herzog X-, vsn Mayland, Ludwig Morus Sforza, vermittelt, dem es lehr daran gelegen war, dem römischen Könige Ma¬ ximilian, dessen Hülfe er bedurfte, freyere Hände zu verschaffen; denn es brach nun das Ungewittrr über ihn los, das rr längst geahndet hatte. Kaum hatte Lud-- -L Maximilian r. Ludwig XU. den französischen Thron bestiegen, ss nahm er den Titel eines Herzogs von Mayland an, rmd gab dadurch deutlich zu verstehen, daß er die Ansprüche, die er von seiner Großmutter Valentine, einer Tochter des ersten mayländischen Herzogs Jo¬ hann Galeaz Visconti, auf das Herzogthum Mai¬ land zu haben glaubte, und mit denen das Haus Or¬ leans bisher hatte nachstehen müssen, auszuführen im Sinne habe. Um seinen Zweck desto sicherer zu er¬ reichen, sah er sich in Italien selbst nm mächtige Bun¬ desgenossen um. Zuerst gewann er den Papst Ale¬ xander VI. Dieser wegen seiner Politik und Sit¬ ten in einem gleich Übeln Rufe stehende Mann hatte keine angelegentlichere Sorge, als seinem Sohne Cä¬ sar Borgias ein ansehnliches Fürstcnthum oder gar ein Königreich zu verschaffen; dazu aber konnte ihm bep der Freundschaft des Königs von Frankreich der verwirrte Zustand von Italien viel leichter als der ruhige eine schickliche Gelegenheit an die Hand ge¬ ben- Er nahm daher keinen Anstand, sich mit Lud¬ wig XIl. in Verbindung einzulassen. Dann suchte Ludwig XU. auch die Benetianer in sein Interesse zu ziehen, und bey der Zwietracht, die zwischen ih¬ nen und dem Herzoge von Mayland herrschte, gelang ihm auch dieses- Die Venekia ner sannen schon seit geraumer Zeit auf nichts anders, als auf Vergrös- ftrungsprojecte. Sie lasen fleißig die Geschichtbü- cher ihres Landsmannes Livius, und nahmen sich die alt? Maximilian i. LZ M« römische Republik zum Muster. Besonders trachteten sie festen Fuß am mittelländischen Meere zu bekommen, um mit der Zeit die Oberherrschaft dar¬ über an sich zu reißen. Zu diesem Ende hatten sie gesucht, die Stadt Pisa an sich zu bringen. Da sich der Herzog von Mayland ihren Absichten widersetzt, und, um dieselben zu hintertreiben, sich sogar mit den Florentinern verbunden hatte, so waren sie nun äu¬ ßerst aufgebracht wider ihn. Diesen Haß wußte Ludwig Xis. noch mehr anzufeuern, und dann trug er de» Venetianern die Stadt Cremona und die Land¬ schaft Ghiara d' Adda an, wenn sie ihm zur Ero¬ berung des Herzogthums Mayland Veystand leisten wollten. Eine so schöne Gelegenheit, sich an ihrem Feinde zu rächen und zugleich wohlgelegene Landstriche zu erwerben, war für die stolzen und habsüchtigen Republikaner ungemein anlockend. Nur mußte ih¬ nen auf der andern Sette die künftige Nachbarschaft eines so mächtigen Königs, als der von Frankreich war, bedenklich scheinen, Allein da rechneten sie dar¬ auf, daß der König von Frankreich wegen der Ei¬ fersucht anderer Mächte in dem Besitze von Maylantz sich in die Länge nicht werde behaupten können, und daß bey den Verwirrungen, die daraus nothwendig in Italien entstehen würden, es wohl gar noch ihnen glücke» könnte, das ganze Hcrzogthum an sich zu ziehen, und so dem mittelländischen Meere immer nä¬ her zu kommen. Die gedachte Bedenklichkeit ward also S4 Maximilian 7, also bey Sette gefetzt, und der Bund mit Frankreich am !Z- April 1499 geschlossen. Nun bewirkte Lud¬ wig Xll. bey dem Herzoge von Savoyen auch dis Elaubniß eines fteyen Durchzuges für feine Trup¬ pen, und ließ dieselben noch im I. 1499 in das Mayländische einrücken. In kurzer Zeit war das gan¬ ze Herzogthum Mayland in französischen Hauben. Der Herzog Ludwig Morus entfloh nach Teutschland, Weil er aber sah, daß von hier aus noch nicht sobald Hülfe zu erwarten sey, warb er selbst einige Mann¬ schaft au, und wollte damit sein Glück versuchen. Schon war er wieder im Besitz fast seines ganzen Landes, als er durch die verrätherische Untreue der Schweitzer, die er in seinem Solde hatte, den io. April in französische Gefangenschaft gerieth, in der er hernach bis an sein Lebensende bleiben mußte. Den Franzosen kostete es nun keine Mühe, sich dsS ganzen Herzogkhums von neuem zu bemächtigen. Das Schicksal des Herzogs Ludwig Morus gieng dem römischen Könige Maximilian sehr zu Herzen. Auch der neue Zuwachs der französischen Macht, und zwar durch ein teutsches Reichslehn, das noch dazu seinen Erbländern so nahe lag, konnte ihm nichts weniger, als gleichgültig seyn. Gerne wäre er dem Herzoge in seinen Nöthen bcygesprungsn. Allein sei¬ ne Finanzen waren in keinem solchen Zustande, daß er auf eigene Kosten ein den Franzosen gewachsenes Heer Hätte ins Feld stellen können. Ec mußte also zu den MG,- Maximilian l. 25 Reichsständen seine Zuflucht nehmen, und hielt des¬ wegen IZ^s einen Reichstag zu Augsburg, Als die Stände Maximilians Antrag vernahmen, waren fle sogleich mit der schon gewöhnlichen Antwort fertig r .auswärtige Kriege seyen unmöglich, wo nicht vorher der innere Zustand des Reichs kräftigst verbessert wür¬ de. Maximilian merkte nun leicht, wie er daran sey; doch glaubte er durch die möglichste Befriedigung der ständischen Wünsche noch seinen Zweck zu erreichen« Er ließ sich daher zu allem, was die Stände zur Befestigung der innern Ruhe und Ordnung begehr- ien, sehr willig herbcy. Es wurde auf diesem Reichs¬ tage zu Augsburg nicht nur der Landfrieden in ei¬ nigen Artikeln erklärt und erweitert, für die Wie¬ derherstellung des im vorigen Jahre aus Mangel des Unterhalts eingegangenen Kammergerichts die nökhi- ge Sorge getragen und manches nützliche Polizeyge- setz gemacht, sondern auch das schon auf dem Reichs¬ tage zu Worms projectirte, aber bamahls von Ma¬ ximilian nicht genehmigte, Reichsregiment errichtet, und, um selbiges mit Beysitzern zu versehen, der größte Theil des teutschen Reichs in 6 Kreise ein- Sttheilt. Dessen ungeachtet konnte Maximilian von den Reichsständen keine Hülfe zu dem französisch-ita¬ lienische,, Feldzuge erhalten. Er fah sich also genö- thiget, mit Ludwig Xll, sich in Tractate einzulaffen, die vorzüglich der von Ludwig durch vortheilhaftt Anerbietungen gewonnene Erzherzog Philipp betrieb» Zuerst Maximilian s. 26 Zuerst kgm es zu einem Stillstände, und dann am iz. Dec. lZoi zu einem Vertrage zu Trient. In demselben wurde die schon von dem Erzherzoge Phi¬ lipp und dem Könige Ludwig verabredete Heurath zwi¬ schen des erstern Sohne Karl und des letzter» Toch¬ ter Claudia, der Ludwig das Hcrzogthnm Bretagne, oder wie andere sagen, Mayland zum Henrathsgut zugesagt hatte, bestätiget und eine neue Vermahlung zwischen dem künftigen Dauphin und einer von Phi¬ lipps Töchtern verabredet. Ludwig versprach dem römischen Könige Maximilian nicht nur Hülfe wider die Türken, sondern auch aste mögliche Unterstützung zu leisten, damit er oder seine Erben nach dem To¬ de des Königs Vladislav von Ungern- und Böhmen ;um Besitze dieser bcyden Königreiche, der Erzherzog Philipp aber oder dessen Nachkommen zur Nachfolge in den gesummten spanischen Ländern dereinst gelan¬ gen mögen. Maximilian hingegen verband sich , dem Könige Ludwig die Belehnung über das Herzog? thum Mayland zu erkheilen. Xil. Doch mit dieser Belehnung verzog cs sich noch lange. Ludwig XII. wollte für sich und alle seine Nachkommen mit Mayland belehnt sepn; Maximilian aber weigerte sich, die Belehnung auf Ludwigs gan¬ ze Nachkommenschaft zu erstrecken. Dazu kam noch ein neuer Zwist. Ludwig XII. hatte den oben ge¬ dachten Stillstand zu einer Unternehmung gegen Nea¬ pel benutzt. Er hatte sich mit dem Könige Ferdi¬ nand Maximilian l, L7 pand dem Katholischen von Aragonien und Sirilien einverstanden, daß sie den »nächten aragonischen Stamm, der in Neapel harschte, verdrängen und das König¬ reich mit einander theUen wollten. Diesen Plan ha¬ ben bepde Könige im I. rZOl ohne Schwierigkeit emsgcführt. Es entstanden aber zwischen ihnen bald Gräuzstreirigkeiten. Maximilian begünstigte dabey den König Ferdinand, dessen Truppen auch im I. IZO4 die Franzosen aus Neapel vertrieben und das ganze Königreich ihrem Herrn unterwarfen. Ludwig Xll. glaubte sich durch Maximilians Benehmen ge- kränft, und man besorgte schon einen abermahligen Bruch zwischen bcyden Monarchen. Doch gelang es »och dem Erzherzoge Philipp, die Sache zu neuen Tractaten einznleiten, welche 1504. 22. Sept, zu Blois geschloffen wurden. In denselben ward dem Könige Ludwig die Belehnung über Mayland für ihn und seine männlichen Nachkommen, in deren Ermang¬ lung aber für seine älteste Tochter Claudia und ihren künftigen Gemahl, den Erzherzog Karl,, und, wenn Claudia vor der Vermahlung sterben sollte, für eine andere Tochter Ludwigs, die den Erzherzog Karl oder einen von dessen Brüdern heurathen würde, endlich, wenn auch diese ohne Kinder mit Tode abgiengen, für Ludwigs männliche Erben, die sich sodann um die Belehnung melden würden, von dem Könige Maxi¬ milian zugesagt; von dem Könige Ludwig aber ver¬ sprochen, daß, wenn er ohne männliche Nachkommen¬ schaft Maximilian l 28 schäft stürbe, die Herzogthümer Burgund, Maplanb und Bretagne nebst einigen Grafschaften an den Erz¬ herzog Karl und dessen künftige Gemahiinn Claudia und die ans dieser Ehe zu erzeugenden Kinder fallen sollten. Würde allenfalls die Vollziehung dieser Ehe von Seite des Königs von Frankreich oder der Pein» zeffinn Claudia verhindert werden, so sollten nichts desto weniger die Herzogthümer Burgund und May- land nebst der Grafschaft Asti an den Erzherzog Karl abgetreten werden. Nachdem das gute Vernehmen zwischen Maximilian und Ludwig auf solche Art wieder hergesiellet war, gieng die Belehnung mit Moyland i -.Oz April zu Hagenau wirklich vor sich. Ludwigs Staatsminiffer, der Cardinal von Amboise, empfieng dieselbe im Nahmen seines Herrn. AIII. Dem Könige Ludwig Xll. scheint es mit die¬ sen Traktaten nie wahrer Ernst gewesen zu seyn. Es war ihm nur um die Belehnung über Mayland zu thein. Sobald er diese erhalten hatte, widerrief et auf einer Versammlung der f anzöstschen Stände dir zu Blois geschloßenen Verträge, und verlobte seine für den Erzherzog Karl bestimmte Tochter Gandia gn seinen Vetter , den Pnnzcn Frcwz von Angvule- nre. Der Beweggrund zu diesem Tractakenbruch war die Eifersucht gegen das Haus Oesterreich, welches ihm schon zu mächtig geworden zu seyn schien, als daß er durch Erfüllung der eingegangenen Verträge poch selbst zu dessen Vergrößerung etwas b?iftrageir soche^ Maximilian i. 29 sollte; beim im I. 1^04 war die Köuiginn Jsabelkr do» Castilien gestorben, und ihr Schwiegersohn, der Erzherzog Philipp, hatte nun das Königreich Ca¬ stilien wirklich in Besitz genommen. Derselbe hatte auch noch Hoffnung nach dem Tode seines Schwie¬ gervaters, Ferdinands des Katholischen, Aragonien und alle dazu gehörigen Länder zu bekommen. Was dem Könige von Frankreich noch mehr Muth machte, sich über sein gegebenes Wort hinwcgzusetzen, war der Umstand, daß der Erzherzog Philipp über die Besitznehmung von Castilien mit seinem Schwiegerva¬ ter Ferdinand, der die Verwaltung dieses Königreichs sich zneignen wollte, in Zwistigkeiten gerathcn war, welche so weit gierigen, daß Ferdinand mit Ludwig XII. in Verbindung trat, dessen Schwestertochter, Germana von Foix, zu seiner zweyten Gemahlin» nahm, und den Kindern aus dieser Ehe das König¬ reich Neapel zu hinterlassen versprach. Der Erzher¬ zog Phiiipp ward durch diesen Schritt seines Schwie¬ gervaters in keine geringe Verlegenheit versetzt. Er mußte befürchten, daß Ferdinand auch Aragonien, Sieilien und Sardinien b) den Kindern aus der zwey¬ ten ... , ..— . d) Im zwölften Aabrbunderte wurden dle Arader aus Sar¬ dinien durch die Pilancr und Genueser vertrieben, dir hernach lange mik einander über den Besitz der Insel strik¬ ten. Von diesen Streitigkeiten suchten bald die schwäbi¬ schen Kaiser, ba>d die Pabstc für sich Vorrhcil zu ziehen. Im I i-y5 schenkte Bomsay V sl. die Insel Sardi¬ nien dem Könige Jakob II. von Aragonien; aber dik Arsgonler konnien erst rzrb nach einem langen Kriege nur den Wanern und Genuesern zum Besitz der Instt kommen. Zs Maximilian I. ten Ehe zuzuwenden suchen werde. Doch diese Furcht gieng glücklich vorüber. Ferdinands Ehe mit Ger¬ mana von Foix blieb unftuchrbar. Als im Jahr tZc>6 der Erzherzog Philipp starb, übernahm der König Ferdinand die Regierung von Castilien im Rahmen feines Enkels Karl. Eigentlich Hütte die Regierung von Castilten schon nach Jsabeve> s Tode auf Philipps GemahiiUn Johanne fallen sollen. Al¬ lein diese war aus Liebe und Eifersucht gegen ihren schönen Gemahl seit einiger Zeit wahnimntg gewor¬ den. Sie eiferte noch gegen seinen Leichnam. Kei¬ ne Frauensperson durfte sich auch nur von weitem demselben nähern. Der römische König Maximilian fühlte zwar die Beleidigung, die ihm Ludwig Xll^ durch die einseitige Aufhebung der errichteten Verträ¬ ge angethan, sehr tief; aber die Umstände erlaubten es ihm nicht, sich deßwegen zu rächen. Die Klugheit riettz es ihm ein, den mit Frankreich verbundenen König Fer¬ dinand nicht noch mehr gegen sein Haus zu reizen. Der dazwischen gekommene Todfall feines Sohnes Philipp machte ihm vielfältige Sorgen,.und von an¬ dern europäischen Mächten war keine Hülfe zu er¬ warten; denn schon bamahls freuete sich alles auch über die widerrechtlichsten Handlungen, wodurch nur das Haus Oesterreich an ferneren Erwerbungen ge¬ hindert wurde. Der Papst Julius II. stattete deut Könige Ludwig XU. einen förmlichen Glückwunsch Mer Maximilian s. gr über scinen Tractatenbruch ab und sagte: es hätte ihm nichts angenehmeres und erwünschteres berichtet werben können. 8. 71« Zweyler Abschnitt in der Regierung Maxi¬ milians 1, vom Z. rzo7 bis 1515. (i2 Jahre.) I. LudtvigS XII. Zug nach Genua. Verdacht Maximi¬ lians, des Pasches und der Italiener darüber. Reichs¬ tag zu Äostnitz. Vergeblicher Römerzug. Maximi¬ lians Krieg und Stillstand mit Venedig. II» Ursprung und Bedeutung des Titels erwählter römischer Kaiser. Zusatz: König in Germanien. III. Ligue von Cambray. IV. Treuloses Betragen des P. Julins ll. Sieg der Franzosen bev Agnadello. Mutlosigkeit der Vene- tianer. Fortschritte des Kaisers. Äaltsinn der Bun¬ desgenossen. V. Abtritt des Papstes Julius und Fer¬ dinands des Katholischen von der Cambrayer Ligue. Entstehung der heiligen Ligue. VI. Engere Verbindung zwischen Ludwig XII. und dem Kaiser durch -inen Ver¬ trag zu Blois Pisaner Loneilium. VII. Fortsetzung LeS Krieges wider chie Venetianer. Stillstand des Kai¬ sers mit denselben. Glück der Franzosen bey Ravenna. Deren baldige Vertreibung aus Italien. Folgen da¬ von. Vsll Julius II. sucht den Frieden zwischen dem Kaiser und den Venetianern herzustelleu, und schließt mit ihm destwegen einen Vertrag. Maximilian will Papst werden. IX. Gesinnungen des P. Leo X» Friede Und Bündniß zwischen Frankreich und. Venedig Lud¬ wig XII- erobert und verliert eben sobald Mayland wieder. X. Bündniß zu Mecheln wider Frankreich. Einbruch der Schweitzer in Bourgogne und Heinrichs VII!. von England in Artois. Ludwig XII- vergleicht sich einzeln mit seinen Feinden. XI. K. Fran; I. von Frankreich erobert, ungeachtet eines ihm entgegengesetz¬ ten Bündnisses, abermahl Mayland. Fruchtlose Be» rrmhUsitz Z» Maximilian i. mühung Maximilians ihn wieder daraus zu vertreiben. Friede mit Frankreich und Venedig. XII. Wechsels heuratb zwischen Maximilians Nachkommen und den Kindern des Königs Vladislav von Ungern und Böh¬ men. XIII. Vorhaben eines Heerzugs wider die Tür¬ ken. Reichstag zu Augsburg ohne Erfolg. Verfehlte römische Königswahl Karls von Spanien. Maximilians Tod. XIV. Hein Charakter und Verdienst um Teutsch- lanv. XV. Ewiger Landfriede. Zusammenfluß günsti¬ ger Umstände, die ihn beförderten. XVI. Nothwens digkeit einer Verbesserung des Gerichtswesens. Er-und Einrichtung des Kammergerichts. Austräge. Falsche Meinung von der bey dieser Gelegenheit geschehenen Annahme des römischen Rechts. Erster Sitz des RcichS- kammcrgerichts. XVII. Gemeiner Pfenning. Unrich¬ tige Bezahlung desselben. Einfluß davon auf das Kam- mergericht. XVlll. Errichtung und Verfassung des Reichsregiments. Einteilung des Reichs in 6 Kresse, um Bensitzer zum Reichsregiment zu stellen. Ursachen der baldigen Auflösung des Reichsregimencs. Veybe- haltung der Eintheilung des Reichs in Kreise, um Bevsitzer zum Äammergericht zu präsentiren. Anwen¬ dung der Kreisverfassung auf die Handhabung des Land¬ friedens und Vollziehung kammergerichtlicher Urtheilt mit Hinzufügung vier neuer Kreise. XlX. Staatöein- richtungen Maximilians in seinen Erblanden. Beweg¬ grund zur Einrichtung des Hofraths. Dessen Wirkungs¬ kreis Beleuchtung der Meinung Pütters über den Ursprung des Rcichshofraths. XX. Ob und inwieweit nach Errichtung des Kammergerichtö und Organiflrung des kais. Hofrath« noch ein Fürstenrecht Platz fand? XXI. Nachahmung der Staatseinrichtungen Maximi¬ lians in einzelnen teutfchen Reichsländern. XXII. Rechtfertigung Maximilians gegen den Vorwurf, daß er zu den neuen Einrichtungen nur ungerne und wenig mitgewirkt habe Schwierigkeit dem Adel das Faust- recht abzugewöhnen. XXIII- Maximilians Verdienste um das Kriegswesen. Uebls Seite der veränderten Kriegsverfassung. XXIV. Ursprung der Vehmgerichte- Ihre M-ßbräuche. Maßregeln dagegen. XXV. Ma¬ ximilians Notariateordming. XXVI. Rohe Sitten. FlU- Maximilian l. zz Fluchen und Zutrinken. Polizeygesetze zur Aufnahme besserer Sitten. XXVII. Einfluss der erweiterte» Schiffahrt und Handlung, wie auch der wiederherge¬ stellten schönen Künste und Wissenschaften auf die Ver¬ besserung der Sitten. Wer und was hat zur Wieder¬ herstellung der letzter» am meisten beygetragen? XXVIII. Nutzen , Ursprung nnd Fortgang des Postwesens XXIX. Warum ist Maximilians I. Regierung als die Schei¬ dewand zwischen den mittleren und neuern Zeiten an¬ zusehen? XXX. Beschwerden der teutschen Nation wider den römischen Hof. Project einer pragmatischen Sanetion. Unorrmutheter Schritt zu einer Kirchenre» formation XXXI Anlaß dazu. Begriff vom Ablass. Mißbrauche Key Ausspendung desselben. XXXII. Leo'S X. Aolaß zur Bestreitung der Baukosten der St. Pe- terskirche, Luthers Streit mit dem Dominicaner Tezel, AblaßuntercommissariuS iu Sachsen. XXXIIIe Ver¬ halten des Papstes b-y dieser Sache. Luthers Verhör auf dem Reichstage zu Augsburg. Ausbreitung seiner Lehre unter dem Schuhe des sächsischen Meichsvicariats. XXXIV. Erhebung der Grafschaft Wirtemberg zu ei¬ nem Herzogthum« XXXV. Anfall der Grafschaft Gör; an Oesterreich. XXXVI. Pfalz-Bayerischer Erbfolgstceit wegen des erledigten landöhutischen An- theilö. Schon lange hatte Maximilian den König Lud- I. wig Xll. von Frankreich im Verdacht, daß er nach dem Kaiserthum strebe. Nun ward er auf einmahl durch die Nachricht aufgeschreckt, daß Ludwig wirk¬ lich im Begriff stehe, seine ehrgeizige Absicht aus- zuführen. Et kam im J. 1Z07 mit einem mäch¬ tigen Heere nach Genua, um einen daselbst entstan¬ denen Vvlksaufruhr zu stillen; denn auch Genua hatte sich nach der Eroberung von Mailand unter die Oberherrschaft von Frankreich schmiegen müssen. C In Z4 Maximilian i. In Italien verbreitete sich das Gerücht , seine grossen Anstalten zu diesem Zuge zielten dahin ab, nach Rom zu gehen, den Papst Julius ll. aufzuheben, seinen Minister, den Cardinal von Amboise, zum Papste zu machen, und sich von demselben die Kaisersone aufsctzen zu lassen. Der Papst Julius und dis sonst französisch gesinnten Venetianer selbst schrieben dieses nach Teukschland, und ersuchten den römischen König Ma¬ ximilian auf das inständigste, zur Rettung der Frei¬ heit Italiens und der Ehre des Reichs mit einer gewachsenen Macht- herbey zu eilen. Maximilian versammelte sogleich einen Reichstag zu Kostnitz, und stellte den Ständen die Nothwcndigkeit eines schleu¬ nigen Römerzuges so dringend vor, daß diese aller Gegenbemühungen französischer Cmiffarien ungeachtet ihm eine Reichshülfe von 9200 Mann zu Fuß und Z002 Mann zu Pferd bewilligten. Allein der Eifer der Reichsstände wurde durch französisches Geld, durch Ludwigs Erklärung, daß er nie Willens gewesen sey, etwas gegen das Reich zu unternehmen, und am meisten durch den nach Bezwingung von Genua er¬ folgten Rückzug der französischen Truppen über die Alpen bald wieder gedämpft. Auch der Papst, so¬ bald er von der Furcht befreyet war, änderte seine Gesinnungen und suchte den römischen König durch ei¬ nen an ihn abgeschickten Legaten zu bereden, anstatt nach Italien zu kommen, lieber einen Zug gegen die Türken zu unternehmen, Aber Maximilian wollte ' ' - - -sich ^Maximilian r. zs sich durch nichts von seinem Vorhaben abwendig ma¬ chen lassen. Obgleich nur wenige Reichstruppen zu¬ sammen gekommen waren, so rückte er doch mit diesen und seinen Haustruppen xu Anfangs bes I. iZog nach Trient vor; aber nun verweigerten ihm dir Ve- vertaner einen bewaffneten Durchzug. Maximilian entschloß sich, denselben mit Gewalt zu erzwingen. Allein die Venetianer von den Franzosen unterstützt, hielten die Pässe so gut beseht, daß er mit seiner geringen Mannschaft nicht durchdringen koünte. Zu¬ gleich fielen sie in das österreichische Friaul und Istrien ein, und eroberten darin mehrere wichtige Plätze. Da Maximilian von den Neichsständen keine weitere Hül¬ fe erhalten konnte, und sein kleines Kriegsheer von den Venetianern beynahr aufgerieben war, so mußte er die Fortsetzung des Römerzugs aufgeben, und mit den Venetianern einen Stillstand auf drei) Jah¬ re schließen, vermög dessen die Republik alle eroberten Städte unterdessen behalten durfte. Dieser unvollendete Römerzug ist am merkwür-II. digsten dadurch geworden, daß er zu einer veränderten Titulatur des Kaisers Anlaß gegeben hat. Seit lan¬ ger Zeit hat sich der in Teutschland gewählte König bis zur päpstlichen Krönung nur einen römischen Kö¬ nig, und erst nach empfangener Krönung zu Rom ei¬ nen römischen Kaiser geschrieben. Maximilian aber nahm, wahrscheinlich aufAnrathen des bey ihm befindli¬ chen päpstlichen Legaten, der ihn von Fortsetzung des C L Rö- Maximilian i. Nömerzuges zurückhalten sollte, ohne nach Rom ge¬ kommen zu seyn, zu Trient lZoZ den Titel erwähn¬ ter römischer Raiser an, und der Papst Julius II. bestätigte ihm die Führung dieses Titels gleich darauf durch ein besonderes Schreiben. Ungezweiftlk ist der Zu¬ satz erwählter ans dem canonischen Rechte herge- nommen. Gleichwie ein zu einem Bisthum gewähl¬ ter oder ernannter Prälat vor dec päpstlichen Bestä¬ tigung und erhaltener Consccrakion sich nicht scisttzchk, hin Bischof, sondern nur erwählter Bischof nennen darf, so sollte auch der' Zusatz erwählter bey dem Kaiser andenken, daß demselben noch die päpstliche Bestätigung und Krönung abgehe, als durch welche nach päpstlichen Grundsätzen erst die kaiserliche Wür¬ de verliehen wird. Karlu V. erlaubte der Papst gleich nach seiner Achnerkrönung den Gebrauch des Titels: erwählter römischer Kaiser, vermuthlich um seine Rechte zu verwahren, weil er befürchtete, Karl möch¬ te nach Maximilians Vorgänge den kaiserlichen Titel ohne päpstliche Bewilligung annehmen. Nach em¬ pfangener päpstlichen Krönung ließ jedoch Karl V. den Bepsatz erwählter weg. Seitdem ist kein Kai¬ ser mehr von dem Papste gekrönet worden, und doch führte jeder gleich nach seiner i-j Teutschland vollzo¬ genen Krönung auch ohne besondere Bewilligung des Papstes den Titel: erwählter römischer Kaiser. Man könnte indessen zu Folge der Constitution.Ludwigs des Bayern vom I. iZZ8 den Veysatz erwsshlter auch - v Lanz Maximilian i. 37 ganz weglassen, besonders da heut zu Tage an die xanonssche Bedeutung desselben Niemand mehr denkt. Maximilian hat bey der angezeigren Gelegenheit auch den Titel: Bönig in Germanien angenommen, der seitdem ebenfalls curialmäßig geworden ist. Vorher gebrauchte sich kein römischer König oder Kaiser dieses Titels, weil man nach den Grundsätzen des Mittel¬ alters glaubte, daß derselbe schon in dem Titel des Kaisers als Herrn der Welt enthalten sey. Der Triumph der Venetianer über den Kaiser ill. brachte eine völlige Veränderung der politischen Staatsverhaltnisse hervor, und zog der stolzen Re¬ publik beynahe ihren Untergang zu. Alle Nachbarn wurden über die Vergrößerung der Venetianer eifer¬ süchtig , und befürchteten, diese möchten mit der Zeit ganz Italien unter sich bringen. Die ansehnlichsten der benachbarten Mächte glaubten überdieß gegrün¬ dete Ansprüche auf die Besitzungen der Venetianer zu haben, oder wünschten wenigstens die Städte und Bezirke, welche die Venetianer von ihnen im Besitze Harken, bey einer guten Gelegenheit zurück zu bekom¬ men. Einige endlich wurden noch durch empfindliche Beleidigungen, die sich die Venetianer jüngst gegen sie haben zu Schulden kommen lassen, zur Rache an¬ gefeuert. Der Kaiser Maximilian war äußerst auf¬ gebracht, daß sie ihn an seinem Römerzuge gehindert und auf verschiedene Art beschimpft haben; dec Kö¬ nig Ludwig Xll. pon Frankreich, weil sie ganz ein- ftltig Z8 Maximilian I. seitig ohne seinen Beytritt und wider seinen Willen ihren letzten Stillstand mit dem Kaiser geschlossen ha¬ ben; der Papst Julius II., weil sie sich um seine Verordnungen wenig bekümmerten und das päpstli¬ che Ansehen zu verachten schienen. Bey diesen Um¬ ständen war es eine sehr natürliche Erscheinung, daß Mächte, die sonst in keinem guten Vernehmen mit einander standen, ihrer wechselseitigen Abneigung auf einige Zeit vergassen, und in einen Bund wider die Venetianer zusammen traten. Dieses Bündniß ist un¬ ter dem Nahmen der Liyue von Lambray bekannt, und ward von dem Kaiser Maximilian, dem Könige Ludwig XII. von Frankreich, dem Papste Julius II. und dem Könige Ferdinand dem Katholischen von Ara¬ gonien, Sicilien und Neapel lzoZ. io. Dec. ge¬ schlossen. Die Haupkabsicht desselben gieng dahin, den Venetianern alles, was sie von den Ländern der Verbundenen inne hatten, zu entreißen, und sich in diese Beute zu theilen. Kein Bundsgenosse sollte ohne Beystimmung aller übrigen mit der Republik einen einseitigen Frieden oder Stillstand machen. Wenn die verbundenen Mächte fest zusammen ge- halten hätten, so wäre es ohne Zweifel um den vene- tianischen Staat geschehen gewesen. Allein wie es bey grossen Bündnissen gemeiniglich zu geschehen pflegt, daß nämlich jeder Bundesgenosse ein eigenes Interesse hat, welches ihm wichtiger ist als das allgemeine, und dieses gerne aufopfert, wenn er Aussicht hat, je¬ nes Maximilian I. 39 nes zu erreichen, so gieng es auch hier. Dem Papste stiegen bald Bedenklichkeiten auf, der Kaiser und dec König v'on Frankreich dürften nach Unterdrückung dec Venctianer in Italien zu mächtig und dem römischen Stuhle zu gefährlich werden. Er entdeckte daher den Venekianern in Geheim den ganzen zu Cambray wider sie gefaßten Anschlag, und erbot sich, nicht nur selbst von der kigne abzutreten, sondern auch den Kaiser dazu zu bewegen, wenn sie ihm die entrissenen Städte Ri¬ mini und Faenza znrückgeben würden; denn um die Wiederherstellung der ehemahligen Gränzen des Kir¬ chenstaats war cs dem Papste bep der ganzen Sache hauptsächlich zu thnn. Als aber die Venctianer keine Antwort darauf ettheilken, mußte Julius II. , um seinen Zweck doch mit Hülfe der übrigen Bundesge¬ nossen zu erreichen, der getroffenen Verabredung ge¬ mäß zuerst losbrechen. Er publicirte lZoH 27. April eine Bannbulle wider die Venetianer, in der er ihnen unter andern vorwarf, daß sie nur dem Nahmen nach Christen sepen, in der That aber die Religion ver- laugneten , indem sie dem Papste fast gar keinen Ge¬ horsam leisteten. Zugleich setzte er sich mit lo,Äso Mann Truppen gegen sie in Bewegung. Unterdessen war auch der König von Frankreich mit einer grossen Armee schob über die Alpen gekommen. Er suchte so¬ gleich die Venetianer auf und lieferte ihnen am 14- Map 1509 ein Treffen bcp Agnadello in Ghiara d' Adda, Die Venetianer wurden aufs Haupt geschla¬ gen. 4o Maximilian s. gen, worauf sich Ludwig XII. in wenigen Tagen al¬ les dessen bemusterte, was chemahls von den venekia- nischen Besitzungen den Herzogen von Mayland gehö¬ ret hatte. Die grosse von den Franzosen erlittene Nie¬ derlage machte die Vmettaner so kleinmüthig, daß sie von freyen Stücken aus den Städten, welche in der Ltgue von Cambray den übrigen Bundesverwandten zu ihrem Antheil waren bestimmt worden, die Be¬ satzungen herauszogen und diese Plätze ihrem eigenen Schicksale überließen. Nun fiel es dem Papste und dem Könige Ferdinand leicht, mit ihren in Bereit¬ schaft stehenden Truppen alles das in Besitz zu nehmen, was ihnen in der Ltgue war zugedacht worden. Der Kaiser Maximilian aber, der das Meiste ju fordern hatte, konnte um diese Zeit noch nicht im Felde er¬ scheinen. Er war mit seinen Krtegsrüstungen noch nicht fertig geworden. Die Venetianer benutzten diese Verzögerung zu einem Versuche, ihn von der cam- brayer Ligue abzuziehen. Sie schickten einen Gesand¬ ten an ihn, der fußfällig um Gnade flehen und im Nahmen der Republik erklären mußte, daß sie bereit sey, alle an sich, gezogenen Besitzungen des Hauses Oesterreich zurückzngeben, alle übrigen Stücke aber, die ehedem zum Reiche gehörten, als teutsche Rcichs- lehn zu erkennen, überdieß dem Kaiser und allen sei¬ nen Nachfolgern jährlich eine Summe von Zo,O0o Dncaten zu bezahlen nnh allen feinen Befehlen und Gesetzen sich zu unterwerfe»; nur sollte er sie gegen den MaxLrEan I. 4! den König von Frankreich in Schutz nehme» und den Nahmen der Venetiancr nicht vertilgen lassen. Allein Maximilian als ein ehrlicher Teutfcher war nicht ge¬ wohnt, sein Work zu brechen. Er schlug das Aner¬ bieten der Venetianer aus und betrieb vielmehr seine Rüstungen mit allem Eifer. Obgleich er bcy den Reichssiänden auf einer Versammlung zu Worms ver¬ gebens um Beystand angesuchl hatte, so brachte ec doch auf eigene Kosten ein beträchtliches Heer zusam¬ men und führte es mit eingehendem Sommer nach Italien. Da die Venetianer den Städten ihres Gebiets freygestellet haben, sich zu vertheidigen oder nicht, so kostete es dem Kaiser wenig Muhe, sich nicht nur aller, von ihnen in Friaul und Istrien vormahls gemachten, Eroberungen, sondern auch ihrer so ge¬ nannten Terra Firma selbst zu bemächtigen. Dann wollte er sogar die Stadt Venedig angreifen. Allein er für sich hatte die dazu nöthigen Schiffe nicht; seine Bundesgenossen aber wollten von einer solchen Unter¬ nehmung nichts hören, unter dem Vorwande, daß in der Ligue von der Stadt Venedig selbst nichts enthal¬ ten scy. Im Gsgentheil der König von Frankreich gieng aus Eifersucht über Maximilians Fortschritte mit dem größten Theile seiner Truppen über die Al¬ pen zurück. Ferdinand der Katholische rührte sich oh¬ nehin nicht, seitdem er das Seinige zurück erhalten hatte, und der Papst war sogar in der Stille auf Mittel bedacht, die ganze cambrayer Ligue zu spren- gen 42 Maximilian !. gen und tine entgegen gefetzte zu Stande zu bringen, um mittelst derselben die Franzosen, vor deren Nach¬ barschaft und zunehmender Macht es ihm immer ban¬ ger ward, aus Italien zu vertreiben. Dieses flößte den Venetianern neuen Muth ein. Sie ergriffen die ihnen aus Bestürzung entfallenen Waffen wieder und nahmen mit Hülfe der Einwohner mehrere von dem Kaiser eroberten Plätze weg. Maximilian ward durch den herannahenden Winter gehindert, diesen Verlust gut zu machen und kehrte nach Teutschland zurück. Nun trat der Papst Julius H. ohne Scheu von der cambrayer kigue ab. Er sprach lAio 24. Febr. die Venetianer vom Banne los und schloß mit ihnen einen einseitigen Frieden, vermög dessen sie allen ih¬ ren Ansprüchen und Rechten auf die vormahls besesse¬ nen Städte des Kirchenstaates entsagten. Sein Be¬ tragen suchte er damit zu rechtfertigen, daß er als Statthalter Christi gegen die reumükhigen Venetianer nicht habe hartnäckig und unversöhnlich seyn können. Zu einer gleichen Sanfkmuth bemühcte er sich jetzt auch den Kaiser zu stimmen. Es wurden wirklich Un¬ terhandlungen zwischen Maximilian und den Venetia¬ nern angcfangen, aber bald wieder abgebrochen, weil sich diese wieder muthig gewordenen Republikaner durchaus zu keiner Abtretung von Ländern, sondern bloß zu einer Entschädigung im Gelde für die An¬ sprüche, die Maximilian darauf hätte, verstehen woll¬ ten. Glücklicher war Julius H. in Ansehung des , , Kö- Maximilian i. 4Z nlgs Ferdinand von Aragonien. Diesem konnte die Ausbreitung der Franzosen in Italien eben so wenig, als dem Papste gefallen, besonders weil sie ihre An¬ sprüche auf das Königreich Neapel noch nicht aufge- Leben haben. Dcßwegen hatte er auch zum Zwecke der cambraycr Ligue bisher weiter nichts gethan, als was unmittelbar sein besonderes Interesse «-heischte. Er ward daher ganz leicht für die Absichten des Pap¬ stes gewonnen, als ihm dieser noch dazu die aus¬ schließliche Belehnung über Neapel zusichcrte, und sein Gewissen durch die Loszählung von dem Eide, wo¬ durch er die cambrayer Ligue beschworen hatte, beru¬ higte. Auch die Schweitzer wußte der Papst durch einen Legaten zu bewegen, daß sie zur Beschützung der Kirche ein Corps Truppen in den päpstlichen Sold zu überlassen versprachen. So formtrte sich nach und nach zwischen dem Papste Julius II,, den Venetia- nern, dem Könige Ferdinand dem Katholischen von Aragonien und den Schweitzern die so genannte hei¬ lige Ligue, der IZI2 auch der König Heinrich VIII. von England beytrat. Der Hauptzweck dieser Ver¬ bindung war die gänzliche Entfernung der Franzosen "us Italien. Als Ludwig XII. die Absicht des Papstes merkte, VI. sucht« er sich um so enger mit dem Kaiser zu verbin¬ den, der allein noch an der cambrayer Ligue festhielt. Er schloß mit ihm iZio zu Blois einen Vertrag, wodurch die Ligue von Cambrap bestätiget und verab¬ redet 44 Maximilian i. redet wurde, de« Pabst an die Befolgung derselben zu erinnern, im Weigerungsfälle aber ein allgemeines Concilium zu veranstalten und nach den Schluffen des¬ selben gegen ihn zu verfahren. Da der Pabst bey seinen feindseligen Gesinnungen gegen Frankreich ver¬ harrte, so ward iZii durch einige von Ludwig XU. gewonnene Cardinäle das verabredete Concilium wirk¬ lich nach Pisa ausgeschrieben und von dem Kaiser und dem Könige von Frankreich durch öffentliche Edtcte ge¬ nehmiget. Allein der Pabst ließ sich dadurch nicht schre¬ cken. Er setzte dem Concilium zu Pisa ein anderes zu Nom im Lateran entgegen, und arbeitete so geschickt und glücklich gegen das erstere, daß auf demselben außer den französischen Prälaten fast keine andern er¬ schienen. Daher blieb auch das Pisaner Concilium ohne Ansehen und gierig, nachdem es 1512 Sicher- heits halber nach Mayland verlegt worden, baldaus- / einander, ohne vvn irgend einer Wirkung gewesen zu seyn. 'Vis. Unterdessen ward von dem Kaiser und dem Koni» ge Ludwig Xll. der Krieg gegen die Venetianer fort¬ geführt, aber zu keinem besondere» Vortheil des Kai¬ sers Der Papst that sein möglichstes, daß die Reichs- stände dem Kaiser die auf einem Reichstage zu Augs¬ burg iZio auf Zureden des französischen Gesandten bewilligte Hülfe nicht gehörig leisteten. Auch von den Franzosen selbst wurde der Kaiser nie mit Nachdruck unterstützt. Gemeiniglich fanden sie einen Dorwand, den Maximilian i. 4K Len Rückweg zu nehmen eben zu dec Zeit, als die wichtigsten Operationen sollten vvrgenommm werden. Dadurch geschah es, daß alles, was von Maximilian im Anfänge eines Feldzuges erobert wurde, zu Ende desselben wieder verloren gieng. Endlich fieng der Kai¬ ser an, einzufehen, daß die Franzosen nur für sich Progressen in Italien machen wollten. Erwarb daher lauer gegen sie. Diesen Zeitpunct benutzte der König Ferdinand von Aragonien, ihm recht nachdrücklich vorzustellen, wie sehr es ihrem bepderseikigen Interesse entgegen sey, zur Vergrößerung oder auch nur zur Erhaltung der Franzosen in Italien mitzuwirken, in¬ dem bey solchen Umständen ihr gemeinsamer Enkel Karl sich nie einen ruhigen Besitz des Königreichs Neapel versprechen könne. Auch dev Pabst verdoppelte jetzt feine Bemühungen, den Kaiser mit den Venetiancrn auszusöhnen. Alles dieses hakte endlich die Wirkung, daß Maximilian von dem Bündnisse mit Frankreich abtrat, und IZ!2 6. April einen Stillstand mit der Republik Venedig eingieng. Aber noch eher, als die mit den Franzosen vereinigten teutschen Truppen Befehl erhielten, sich von denselben zu trennen, er¬ focht der französische Feldherr Gaston de Foix IZI2 bei) Ravenna einen grossen Sieg über die päpstlichen und neapolitanischen Truppen, worauf sich mehrere päpstliche Städte an die Franzosen ergaben, und Rom selbst in die Gefahr gerieth, ihnen in die Hände zu fallen. Doch die Franzosen konnten ihren Steg nicht ver- 46 Maximilian i. verfolgen, sondern mußten vielmehr ihre Eroberungen im Kirchenstaate sogleich wieder verlassen; den» nun setzten sich die übrigen Mitglieder des heiligen Bun¬ des, nähmlich der König von England und die Schwei¬ tzer , in ernstliche Verfassung , nächstens gegen Ludwig XII. loszuschlagen. Ein Theil der französischen Ar¬ mee mußte daher aus Italien nach Frankreich zurück¬ eilen , um sich den Engländern zu widersetzen. Der andere Theil zog sich in das Herzogkhum Mayland, um selbiges wider die Schweitzer zu vertheidigen; konn¬ te sich aber auch hier nicht lange halten; denn die Schweitzer kamen jetzt, ohne sich vorher, wie es die Franzosen erwarteten, erst mit dem Schwerte in der Hand durch die wohl besetzten Pässe am Comersce de» Eingang nach Italien erkämpfen zu müssen, mit Er- laubniß des Kaisers durch Tyrol ganz ungehindert und unvermuthet bis nach Verona, wo sie sich mit den Venettanern vereinigten. Zu gleicher Zeit verließen die teutschen Truppen auf erhaltene Abberufungsschreiben des Kaisers die französische Armee, bei) der sie bisher noch gestanden waren. Dadurch wurden die Franzo¬ sen so überascht und geschwächt, daß sie bey Annähe¬ rung der Schweitzer das Herzogthum Mayland bis auf einige festen Plätze, worein sie Besatzungen legten, räu¬ men und über die Alpen zurückgehen mußten. Die Schweitzer überließen dann auf Antrag des Papstes und mit V-ystimmung deö Kaisers das eroberte Her- zogchum Mayland dem bisher in der Irre herumgegan- ge- Maximilian!. 47 genen Maximilian Sforza, dessen Vater Ludwig Mo¬ rus sie ehedem so schändlich an die Franzosen verrathen haben; nur Parma und Piacenza, die bisher zu Mayland gehört haben, sollten einstweilen dem Papste als Pfand für die aufgewandten Kriegskosten bleiben. Der glückliche Fortgang, den die Sache der heiligen Ltgue durch die Schweitzer gewonnen hatte, machte den alten Papst Julius so schwtndlicht, daß er ganz nach Art eines Bonifaz VIII. den König Ludwig XII. in den Bann that und ihn der könig¬ lichen Würde für unwürdig erklärte. Die Vollziehung seiner Sentenz trug er dem Könige Ferdinand dem Katholischen von Aragonien auf. Ferdinand begehrte ju diesem Ende von dem Könige von Navarra, Jo¬ hann von Albret, den Durchzug durch sein Land. Jo¬ hann, der Ludwigs XII. Bundsgenvsse war, schlug ihm denselben ab. Nun griff Ferdinand den zaghaf¬ ten und unvorbereiteten König Johann selbst an, und nahm ihm noch im I. 1512 die Hälfte seines Reiches bis an die pyreneischen Gebirge ab. Dieser Theil von Navarra blieb seitdem Key Spanien. Um Italien nach Vertreibung der Franzosen vol- VIII. lends zu beruhigen, suchte der Papst auch den Kaiser Mit den Venetianern ganz auszusöhnen, und den zwi¬ schen ihnen bestehenden Stillstand in einen beständigen Frieden zu verwandeln. Allein die Venetianer weiger¬ ten sich den Frieden auf die vom Papste vorgeschla-ge- t>e» Bedingungen einzugehen, Sie bestanden härtnä- ckig 48 Maximilian i- ckig auf der Zurückstellung aller Eroberungen, die der Kaiser im Kriege gegen sie gemacht hatte. Der Papst kam dadurch in eine nicht geringe Verlegenheit. End¬ lich erklärte er sich für den Kaiser und schloß mit ihm IZI2 25. Nov. einen Vergleich, vermöge dessen ec sich anheischig machte, die Venetianer mit geistlichen und weltlichen Waffen so lange zu verfolgen , bis sie die Forderungendes Kaisers bewilliget haben würden; Maximilian aber entsagte dagegen dem pisanischen und trat dem lateranischen Concilium bey, bestätigte auch dem Papste den Besitz von Parma und Piacenza, je¬ doch dec Reichsrechke unbeschadet. Bey dieser Gele¬ genheit ließ zugleich Maximilian dem Papste einen Ge¬ danken eröffnen, mit dem er schon einige Zeit herum¬ gegangen war. Er wollte nämlich die Kaiserwürde an seinen Enkel Karl resigniren und Papst werden Ju¬ lius H. sollte ihn daher zu seinem Coadjntor annehmen, damit er ihm nach seinem Tode in dem Papsi- thum folgen könnte. Man weiß nicht, was der Papst zu diesem Sonderbaren Antrag gesagt habe; aber die Cardinäle scheinen wirklich gefürchtet zu haben, der gekrönte Candidat des Pontificats möchte doch zuletzt Mittel finden, einem aus ihnen Eintrag zu thun. Als daher Julius II. bald darauf (21. Febr. ) starb, eilten sie sehr mit der neuen Wahl, die auf den Cardinal Johann von Medicts ausfiel. IX. Leo X. (diesen Nahmen legte sich der neue Papst bey) war zwar kein so kriegerischer Ä'ann, als Julius ll,, der selbst Krtegsheere augeführt, Schlachten ge¬ lier* Maximilian k 49 liefert und Städte belagert hat; aber kn Ansehung der politischen Angelegenheiten von Italien handelte er doch nach den Grundsätzen seines Vorgängers. Er woll¬ te ebenfalls nicht leiden, daß der König von Frank¬ reich festen Fuß in Italien habe, und seinen Bemü¬ hungen ist es vorzüglich zuzuschreiben, baß der Plan Ludwigs XII., sich von neuem in M'ayland festzu- setzen, fehlschlug. Kaum hatten die Venetianer er¬ fahren, was in dem letzten Vertrag zwischen dem Kaiser" und Julius H. ausgemacht worden, so such¬ ten sie die Franzosen, mit denen allein sie noch im Kriege begriffen waren, sich zu Freunden zu machen. Sie schlossen mit Ludwig XII. lZiz 22. März nicht Nur Frieden, sondern auch ein Bündntß, worin sich bepde Mächte einen wechselseitigen Beystand zur Wie¬ dereroberung ihrer verlornen Besitzungen in Italien versprachen. Alstz Ludwig Xll. die Venetianer wie¬ der auf seiner Seite hatte, schickte er sogleich ein Kriegsherr über die Alpen> welches, da der neue mayländische Herzog Maximilian Sforza in keiner Verfassung stand, sich in kurzer Zeit des ganzen Herzogthums Mayland, bis auf Novara und Como, bemächtigte. Wahrscheinlich würde Maximilian Sfor- ja dem Schicksale seines Vaters nicht entgangen sepn, wenn ihm nicht Leo X. Hülfe verschaffet hätte. Schon war er in der Festung Novara von den Franzosen belagert und bestürmt, als auf Veranstaltung des Papstes ein kleines Herr Schweitzer zum Entsätze D er- -o Maximilian I» "schien unb- iZrz 6. Juny die weit überlegenen Franzosen in die Flucht schlug. Das Herzogthum Mayland ward nun von den Schweitzern eben so ge, schwind, als vorher von den Franzosen wieder er- obrrt. Letztere, die in der Schlacht bey Novara ihr ganzes Lager und Geschütz verloren hatten, kehr¬ ten nach Frankreich zurück, wo sie sogleich eine an¬ dere Beschäftigung fanden. X. Schon am z. April iZiz hatten der Kaiser Maximilian, der Papst Leo X., der König Ferdinand der Katholische von Aragonien und Heinrich VI!I. von England zu Mecheln einen neuen Bund gegen Frankreich errichtet. An vier Orten sollte Ludwig XII. zugleich angegriffen werden. Zu diesem Ende nahm der Kaiser rin Heer Schweitzer in Sold, wel- chrs in daS Herzogthum Burgund eindringen und selbiges für seinen Enkel Karl erobern sollte. Di« Schweitzer giengen im August iZlz geradezu auf dl« Hauptstadt Dijon los. Ungezwetfelt wäre die¬ selbe und mit ihr das ganze Herzogthum Burgund verloren gewesen, wenn nicht der französische Feldhert durch Bestechung und einen betrüglichen Vergleich di« Schweitzer zur Aufhebung dec Belagerung und zum Aückzug bewogen hätte. Zu gleicher Zeit setzte auch der König von England mit einer starken Armee nach Calais über und fiel in die Grafschaft Artois ein, Maximilian führte demselben in Person noch einige Tausend Mann niederländischer Truppen zu und er¬ klärt« Maximilian Zr klärte sich, daß er zur Vermeidung aller Collisionm als Freywilliger bey der englischen Armee dienen wol¬ le, Beyde Monarchen unternahmen dann in Gesell¬ schaft die Belagerung von Terouenne. Die Franzo- sen kamen zum Entsatz herbey; wurden aber 1/. Ang. bey Guincgate geschlagen, worauf sich Terouen- ne ergeben mußte. Nach einigen Wochen hatte Tour¬ nay ein gleiches Schicksal. Unterdessen fochten auch in Italien die Trupprn des Kaisers und des König- Ferdinand glücklich gegen die mit den Franzosen vrr- dundcnen Venetlaner, Ludwig XII. gerieth dadurch in eine ziemlich bedenkliche Lage; aber durch feine Po» litik half er sich sehr geschickt heraus« Er wußte fei¬ nt Feinde durch Anbietung von Privatvortheilen zu trennen und sich mit einzelnen in Particularverträgen zu setzen. Der erste, der sich von dem Bunde ab- zieheu-ließ, war wieder der Papst. Ludwig verwarf ihm zu Gefallen das zu Rom sehr gehäßigr Pisanee Concilium und erkannte das lateranische. So ward er mit Leo X. lZrz 6, Okt. ausgesöhnt. Dem Könige Ferdinand von Aragonien schlug er eine Ver¬ mählung seiner zwcyten Tochter Renate mit einem von Ferdinands Enkeln vor. Ferdinand nahm den An¬ trag unter der Bedingung au, daß Renate zum Hcu- tathsgut Mayland, Asti und Genua bekommen sollte« Zn dem darüber i§tZ i« Decemb. errichteten Ver. gleich entsagte zugleich Ludwig allen seinen Ansprü¬ chen ans bas Königreich Neapel. Diese Btdiiigun-! D s Len Z2 Maximilian r. gen schienen dem Kaiser für seine Enkeln so vorthcil- haft zn seyn , daß auch er 1514 IZ. März sich zu einem Waffenstillstand bequemte. Endlich 1514 7. August kam es auch mit dem Könige Heinrich Vlil, von England zum Frieden, vermög dessen Ludwig ei¬ ne Million Thaler an England zu zahlen und Hein¬ richs Schwester Marie zu heurathen versprach. Die¬ se letzte Vermählung ward nach zwei Monaten wirk¬ lich vollzogen, nie aber die erste. Zwischen dem Kaiser und den Venetianern konnte jedoch der Friede aller Versuche des Papstes ungeachtet noch immer nicht hergesiellt werden. Ludwig Xil. starb nach geschlossenem Frieden mit seinen zahlreichen Feinden iZlZ i. Jän. ohne männliche Nachkommen zu hinterlassen. Sein Vetter Franz l., ein Herr von vorzüglichen sowohl physischen als sittlichen Eigenschaften, folgte ihm auf dem fran¬ zösischen Throne. Dieser nahm sogleich den Titel ei¬ nes Herzogs von Mayland an, erneuerte mit den Venetianern die alten Verbindungen, und machte star¬ ke Zurüstungen zum Kriege. Sobald man seine wah¬ re Absicht merkte, verbanden sich der Kaiser, der König Ferdinand von Aragonien, die Schweitzer und der Herzog Maximilian Sforza, um das Herzog- thum Mayland nicht wieder in französische Hände kommen zu lassen. Diesem Bündnisse gesellte sich nachher auch der Papst Leo X. zu. Allein bevor sich noch die Bundesgenossen in gehörige Verfassung ge-- Maximilian i. 5z MsrZt hatten, erschien schon Franz I. an der Spitze eines mächtigen Heeres in Italien, schlug die ihm allein entgegen gekommenen Schweitzer in dem zwey- tägigen Treffen bey Marignano (lZ. 14. Sept. iZlZ.) und nökhigte hierauf den im Schlosse zu Mayland ohne Rettrmg eingeschlossenen Maximilian Sforza zur Abtretung aller seiner Rechte auf das Herzogkhum Mayland. Der Papst Leo erschrak über den schleunigen Fortgang der französischen Waffen. Um den Kirchenstaat keinem Angriffe auszusetzen, schloß er iZlZ IZ- Oct. mit dem Könige Franz einen Separatvertrag, wodurch er ihm nicht nur Parma und Piacenza überließ, sondern sogar Hülfe zur Ver- theidigung von Mayland versprach. Dieses hielt jedoch den Kaiser nicht ab, mit einem größtenteils aus Schweitzern geworbenen Heere 1516 nach Ita¬ lien aufzubrechen, um die Franzosen wieder daraus zu vertreiben. Er drang bis Mayland vor und sieng an die Stadt zu belagern. Indessen hatte auch der König Franz ein Corps Schweitzer zusammengebracht und seinen in Italien stehenden Truppen zu Hülfe geschickt. Die bey der kaiserlichen und französischen Armee befindlichen Schweitzer erklärten nun, daß sie gegen einander nicht fechten könnten, noch wollten. Zugleich riß bey dem Kaiser der Geldmangel ein, und ein ihm geflissentlich in die Hände gespielter Brief erregte bey ihm den Verdacht, daß die Schwei¬ tzer mit einer Verrätherey gegen ihn umgiengen. Er hob 54 Maximilian I. hob daher d!e Belagerung von Mayland auf und zog sich nach Tyrol zurück. Von dem Könige Fer¬ dinand von Aragonien hatte Maximilian bey diesem Feldzug« keinen Veystand erhalten können; denn er war iZl6 2Z. Jan. gestorben, Sein Enkel aber und Nachfolger in der nunmehr- vereinigten spanischen Monarchie, der Erzherzog Karl, hatte beym An» tritt der Regierung so weitläufiger Staaten Beweg» gründe genug, allen Krieg mit Frankreich zu vermei¬ den, und schloß iZi6 2Z. August zu Nonon einen Vergleich mit dem Könige Franz. Da auch die Schweitzer 1516 29. Nov. den so genannten ewigen Frieden mit Frankreich zu Freyburg errichteten, so war für den Kaiser vollends alle Hoffnung dahin, die Franzosen aus dem Besitze des Herzogthuws Muy- land wieder zu verdrängen, vielmehr geriet!) er in Gefahr, gegen die mit ihnen verbundenen Aenetia- ncr auch noch den geringen Nest feiner mühsamen Er¬ oberungen zu verlieren. Er ließ sich dayer durch die Vorstellungen seines.Enkels, des Königs Karl von Spanien, bewegen, den langwierigen Krieg mit Frankreich und Venedig zu endigen. Zuerst schloß er mit dem Könige von Frankreich zu Brüssel iAi6 !m Dccemb. einen Vertrag, worin ausgemacht wurde, daß der Kaiser die Stabt Verona durch die Zwischen- Hand der Franzosen gegen eine Summe von 2Qoc>ttcr Ducaten wieder den Denetiancrn eim äumen, übrigens Mr jeder Theil.das, was er erobert hatte, b<» HM Maximilian I, 55 halten und einen Stillstand so lange beobachten sollte, bis die Gränzstrettigkeiten zwischen dem Kaiser und Venedig von den Königen von Frankreich und Spa¬ nien entschieden seyn würden. Diesem Vertrage folg, te bald ein anderer zu Cambray IZI? n. März, worin der Kaiser, und die Könige von Spanien und Frankreich einander wechselseitig ihre Besitzungen ga- rantirten und die zwei) letztem es über sich nahmen, binnen 6 Monaten den völligen Frieden zwischen de« Kaiser und den Venetianern hrrzustellen. Dieser kam auch endlich im I. izig auf den Fuß des Brüsseler Wertrngs zu Stande. Die Ligue von Cambray und die dadurch prranlaßtrn Bündnisse haben also die Republik Venedig sicht zu Grunde gerichtet. Sie verlor am Ende nichts, als dir Städte Ro- voredo, Riva und das, w-s sie einst dem Kaiser in Istrien und Friaul abgenommen und dieser in dem Kriege zurück erobert hatte, Doch konnte sie seitdem ule wieder zu ihrem vorigen Ansehen gelangen,"son¬ dern sank immer tiefer in Verfall, woran theils die zunehmende Macht der Türken, die ihr sehr zusetzten, theils der von den Portugiesen um Afrika nach Ost¬ indien erfundene Weg, welcher dem venetianischen Handel einen grossen Stoß gab, Schuld waren. Für die grossen Kosten, die Maximilian fast XII. unnütz auf den Krieg gegen Venedig verwendet hatte, verschaffte er seinem Hause auf einer andern Seite die reichlichste Entschädigung, Er stiftete nämlich lZiA eine §6 Maximilian i. eine Wechselheurath, wodurch et seinen Nachkommen den Weg zur Nachfolge in Ungern und Böhmen bahn¬ te. Der König Vladislav von Ungern und Böhmen hatte nur einen Sohn Ludwig und eine Tochter Anne, die die Erben seiner Königreiche waren. Maximilian verlobte an den Prinzen Ludwig seine Enkelinn Ma¬ rie und an die Pnnzcssinn Anne seinen Enkel Ferdi¬ nand. Bep dieser Gelegenheit wurden auch die alten Erbverträge zwischen Ungern, Böhmen und Oester¬ reich mit Einwilligung der Stände erneuert. We¬ gen Minderjährigkeit Ludwigs und Ferdinands konnte jedoch diese doppelte Vermählung erst im I. IZ2I vollzogen werden, nachdem indessen der Prinz Ludwig schon tAi6 seinem Vater Vladislav in Ungern und Böhmen gefolgt war. Da Ludwig männliche Nach¬ kommen hinterlassen konnte, so war frepltch die Hoff¬ nung zur Nachfolge in Ungern und Böhmen für das Haus Oesterreich jetzt noch sehr entfernt; aber der Zufall machte es, daß sie schon im I. 1526 in Er¬ füllung gieng. Die Verabredung der angeführten Wert selheurach geschah zu Wien, wohin der Kaiser den König Vladislav eingeladen hatte. Vladislav ward von Maximilian sv gut bewirthet, dast er ihm den Antrag machte, er möchte selbst die Prinzessinn Anne heurathen. Allein Maximilian lehnte den gut gemeinten Antrag mit einem Scherze ab, indem er sagte, er habe oft von seinem Vater gehört, es gebe kein höflicheres Mittel, einen alten Mann ins.Grab zu Maximilian l. Z7 M bringen, als wenn man ihn beredet, ein junges frisches Mädchen zu ehelichen. Der friedliche Zustand, in dem sich nunmehr HH die christlichen Staaten befanden, bot dem unter¬ nehmenden Kaiser die längst gewünschte Muße dar, seine Lhaten durch einen Heerzug wider die Türken gleichsam zu krönen. Er brachte selbst diese Sache bey dem Papste in Anregung. Leo X. ließ sich die¬ selbe angelegen seyn. Um Hülfe von den Reichsstän- den zu erhalten, schrieb der Kaiser iZiZ einen Reichs¬ tag nach Augsburg aus. Der Papst schickte den Car¬ dinal Cajetan als Legaten dahin, um die Teutschen zu einem so heilsamen Unternehmen aufzumuntern. Der Legat hielt eine nachdrückliche Rede an die ver¬ sammelten Reichsstände; richtete aber damit nichts aus. Ein Mönch hat seit dem vorigen Jahre durch seine Reden und Schriften eine so grosse Verände¬ rung in den Gesinnungen der Teutschen hervorgebracht, daß bereits viele der anwesenden, besonders der nie¬ der» Stände, eine sonst ungewöhnliche Abneigung ge¬ gen den Papst an den Tag legten. Man sprach auf den, Reichstage sehr laut von römischen Gelderpres¬ sungen, von päpstlicher Verletzung der Concordaken, von übe!mäßiger Erhöhung und zweckwidriger Ver¬ wendung der Annaten. Es gieng sogar während des Reichstags eine Schrift in Augsburg herum, worin behauptet wurde, daß man den Papst mehr zu fürchten' habe, als die Türken; man sollte sich lieber. ge- K8 Maximilian s. gegen senen , als gegen diese vereinigen. Dey' einer solchen Gemüthsstimmung ist es nicht zu wundern, wenn die Antwort der Stände dahin ausfiel: sie könnten die Last eines Türkenkrieges nicht selbst tra¬ gen ; sie müßten die Sache mit ihren Landständen in Erwägung ziehen, um ;u sehen, wozu sich diese ver¬ stehen würden. Diese Antwort schien wenig Hoff¬ nung zu gewähren, daß der Lürkenzug zu Stande kommen werde. Doch wollte Maximilian sein Vor¬ haben nicht aufgeben. Cs wurde daher beschlossen, diese Sache auf dem nächsten Reichstage, den der Kaiser nach Worms anzusetzen versprach, in weiter» Berathschlagung zu ziehen. Noch ein anderes Pra- sect schlug dem Kaiser auf dem augsburger Reichs¬ tage fehl. Cr wollte daselbst seinen Enkel, den Kö¬ nig Karl von Spanien, zum römischen Könige wäh¬ len lassen. Der größere Theil dec Kurfürsten zeigt» sich bereitwillig dazu; aber der Papst und d»r Kö¬ nig von Frankreich suchten diese Wahl auf alle Art zu hindern, und auch der Kurfürst Friedrich der Weise von Sachsen setzte sich sehr ernstlich dagegen. Der Kaiser konnte also seine Absicht nicht erreichen, Doch dauerten die Unterhandlungen darüber auch nach geendigtem Reichstage noch fort, und vielleicht wür¬ de der Kaiser auf dem nächsten Reichstage zu W»rms die Sache durchgesetzt haben. Allein er starb noch vor Eröffnung desselben auf der Rückreise, die ec von Augsburg über Juspruck nach Oesterreich nahm, Maximilian r. 5z zu'Wels 'M Lande ob der Ens lLly n. Januar im 60 Jahre seines Alters. Der Tod kam ihm nicht unerwarrek. Er hatte schon seit einigen Jahren den Earg sich nachführen lassen, der seinen Leichnam auf- uchmen sollte. Er liegt zu Wienerisch - Neustadt un¬ ter dem Altar der Schloßcapelle begraben. Maximilian hatte von der Natur die trefflichsten XIV» z Anlagen zu abem , was groß und edel genannt werden kann , empfangen. Keiner von seinen Zeitgenossen kann ihm in Rücksicht der persönlichen Eigenschaften an die Seit gesetzt werden. Mit der größten persönlichen Tapferkeit und einer außerordentlichen Geschicklichkeit in den ritterlichen llebungen verband er eine ausneh¬ mende Liebe zu den Künsten und Wissenschaften. Er ward gewissermassen selbst Geschichtschreiber ; denn auf sein Angeben wurden seine Thaten im Theuerdank.und in weiße» Kunig beschrieben. Seine ritte, liche Bravour gränzte beynahe an das Romanhafte. Nur eine Bei¬ spiel davon. Auf den Reichstag zu Worms l49§ kam ein französischer Ritter, der im Rufe der Unü- l'erwindlichkcit stand. Er hatte die Kühnheit, alle teutschen Ritter herauszufodern. Keiner getraute sich , - iu n, iu"; in ^rcviucü; äictari, gui ob lgnnviam » irni? notitia s legibus sxcul'anttir." /2 Maximilian k. »rdnung verglichen und einstweilen zehn Beysttzer jtr»- sammengebracht hatte, begab sich Maximilian selbst nach Frankfurt, wo das Kammergericht seinen Sitz haben sollte, und eröffnete es in eigener Person den Zi. Oct. 149Z. Cr nahm den zum ersten Kammer« lichter ernannten Grafen Eitel Friedrich von Zollern nebst deti anwesenden Deysihern in Pflicht und über, gab ihm den Scepter oder Gerichtsstab, der noch bey dem Kammergertchte aufbewahrt wird. XVIl, Zu gleicher Zeit mit dem Landfrieden und der Kammergerichtsordnung wurde auf dem Reichstage zu Worms auch die Ordnung wegen -cs genrei«- Yen Pfennings publicirt. Der gemeine Pfenning war eine außerordentliche Auflage, die größtentheils in einer Vermögensteuer, zum Theil aber auch in einer Kopfsteuer bestand und von allen Angehörigen hes Reichs, unmittelbaren und mittelbaren, theils zur Dertheidigung des Reichs wider auswärtige Feinde, theils zur Unterhaltung des Kammergerichts durch, vier Jahre bezahlt werden sollte. Jeder Neichsun- terthan ohne Unterschied des Standes und Geschlechts, der 520 fl. im Vermögen hätte, sollte einen halben, der 1022 fl. besäße, einen ganzen Gulden, dessen Vermögen 1222 fl. überstieg«, nach Belieben etwas mehr als einen Gulden, Hessin Habe aber sich nicht einmahl auf Z22 fl. beliefe, den 24ten Theil eines Gulden, jeder Jude endlich, Kopf für Kopf, ohne. Unterschied des Geschlechts und Alters, einen Gul¬ den Maximilian 7Z den zährlich szahlen. Die geistlichen und weltlichen Fürsten, die Prälaten, Grafen, Frepherrn und Ge¬ meinden sollten etwas mehr als andere beytragen. Sie¬ ben bestellte Schatzmeister sollten zu Frankfurt den ein¬ gehenden gemeinen Pfenning in Empfang nehmen und den Ständen jährliche Rechnung legen. Dieser ge¬ meine Pfenning hätte viel eintragen können, wenn er gehörig entrichtet worden wäre. Allein die Teut- schen konnten sich noch nicht darein finden, Steuern zu bezahlen, besonders sträubte sich die Reichscttter- schäft dagegen, der ohnehin an dem Landfrieden und Kammergericht nicht viel gelegen war. Sie hielt es für eine unerhörte Neuerung und einen widerrechtli¬ chen Eingriff in ihre Freyheit, daß man ihr, die mit ihrem Blute dem Vaterlande gedienet hätte und noch zu dienen bereit wäre, Geldentrichtungen zumutheke. Da das Kammergericht zum Theil aus dem gemei¬ nen Pfenning hätte unterhalten werden sollen, dieser aber schlecht eir/gieng; so gerieth das Kammergericht schon mit Ablauf des ersten Jahres nach seiner Er¬ öffnung ins Stecken, und konnte erst nach weitläufi¬ gen Berathschlagungen, die über dessen Wiederherstel¬ lung auf den Reichstägen zu Lindau und Worms !497 gepflogen wurden, wieder auf einige Feit in Tätigkeit gebracht werden. Es ist sehr betrübt, le¬ sen zu müssen, wie die Reichsstände zu Lindau von den Kammergerichtsbeysitzern angegangen wurden, ih- uen die vom ersten Jahre an ihrer Besoldung rückstärr- dl- 74 Maximilian i. digrzi 2SSQ Gulden zu bezahlen, und wie die Vä¬ ter des Vaterlandes mit allem Deliberiren kein Mit¬ tel ausfindig zu machen wußten, sie über diese kleine Summe zu befriedigen. XVIIl, Zur Unterstützung des Landfriedens und des Kammergerichts hatten die Reichsstände auf dem Reichstage zu Worms I4YZ auch noch auf die Errich» tuny eines beständigen Reichsraths oder Reichs- regimenrs angetrageu; aber Maximilian versagte da- mahls aus Besorgniß einer zu grossen Schmälerung der kaiserlichen Rechte ihrem Vorschläge seine Geneh¬ migung. Doch fünf Jahre nachher gab er arch in diesem Stücke den Wünschen der Stände nach und errichtete auf dem Reichstage zu Augsburg 1500 das verlangte Neichsregiment. Da dasselbe nich: mehr be¬ stehet , so wird ein kurzer Begriff davon hrnreichen» Die Bestimmung des Reichsregiments war, über den Landfrieden und das Kammergericht zu wachen, vor¬ züglich aber für die Vollziehung der kammergerichtii- chen Urtheile in Landfriedensbruchssachen Sorge zu , kragen auch di- politischen R-ichsgeschäfte ohne Rück¬ frage an den Kaistr und das Reust , cs st>) dann, die Wichtigkeit der Sache würde selbige erfodern, ab- ziithun. Es sollte aus einem kaiserlichen Statthalter als Vorsitzer und 20 Besitzern bestehen. Diese soll¬ ten auf folgende Art zusammen gebracht werden. Ein Kurfürst, zwei) Fürsten , «in Prälat und ein Graf sollten immer in Person auf ein Viertelsahr gegenwär¬ tig Maximilian, k 7S klg ftyn. Die Z abwesenden Kurfürsten aber sollten jeder einen, acht benannte Reichsstädte von Viertel zu Viertel» fahr abwechselnd zwcy, und die Besitzer der österreichi« schen und burgundischen Lande auch zwcy Beysitzer er¬ nennen. Die übrigen Stande wurden in 6 Kreise «ingerheilt, deren jeder ebenfalls einen Beysitzer zu stellen haben sollte. So gab die Bestellung der Reichs- kegimcntöbcysitzer zur ersten EintheilunF des Reich» in Rreise Anlaß. Diese sogenannten sechs alten Kreise waren Franken , Bayern, Schwaben, Oberrhcin, Nie¬ derrhein oder Westphalen und Sachsen. Die Kur, fürst-!uthümer und die österreichischen und burgundischen Lande waren in der gemachten Krciseinlheilung nicht begriffen, weil die Kurfürsten und die Herzoge von Desterreich und Burgund schon für sich Beysitzer zum Äeichsrcgiment ernennen konnten. Das Reichsregi- went erhielt seinen Sitz zu Nürnberg; gicug aber fchon im I. 1502 wieder auseinander. Kein Kur¬ fürst oder Fürst hakte Lust, durch ein ganzes Vier, tchahr zu Nürnberg zu sitzen und den Reichsgeschäf- Een, wovon er keinen unmittelbaren Nutzen zog, ob, ^siegen. Ueberhaupt hatte das Reichsreglmcnt, weil stch die dazu verordneten Fürsten und Stände nicht in bkr bestimmten Anzahl zu Nürnberg einfanden, nur ^inig Ansehen. Wmn es etwas beschloß, so wollte ! Niemand daran gebunden seyn. Der Kaiser selbst hat- keine Ursache, sich um die Fortdauer des Retchsre- ^wents zu bekümmern; denn er merkte bald, daß man bep 76 Maximilian i. bey Errichtung desselben mehr die Beschränkung seiner Gewalt, als die Beförderung des allgemeinen Beste» des Reichs, zur Absicht gehabt habe. Am meiste» aber trug zur Auflösung des Neichsrcgiments das Aus¬ bleiben der Besoldung bey, die man den Besitzern mit Ausnahme der Fürsten ausgeworfen hatte. Umsonst wollte und konnte Niemand dienen. Mit dem Aufhö- rcn des Reichsregiments fiel zwar auch dec Zweck der Eintheilung des Reichs in 6 Kreise weg; doch behielt man diese Eintheilnng bey und wandte sie auf dem Reichstage zu Kostnih 1^07 zu einer fast ähnliche» Absicht an. Es sollten nähmlich die 16 Beysitzer des Kammergerichts nicht mehr nachMaßgabe der wormsische» Kammergerichtsordnung von dem Kaiser mit Einvcr- siändniß der versammelte» Reichsstände erkiesen, son¬ dern zwey derselben sollten von den Herzogen von Oe¬ sterreich und Burgund, sechs von den 6 Kurfürsten und achtvvnden6 Kreisen präsenkirt werden. ungefähr so, wie es mit Bestellung des größer» Theils der Regi¬ mentsruthe gehalten worden. Diese Art, die Beysitzer- stellen am Kammergerichte zu besetzen, war in det That schicklicher und zweckmäßiger als die alte ; den»! so konnte man hoffen, daß Männer aus allen Gegen¬ den Teutschlands zusammen kommen würden, die mit dck yöthigen Kenntniß der verschiedenen, in den besonder» teut schen Staaten geltenden, Rechte, wornach das Ka»>' mergericht sprechen sollte, versehen wären. Im 9' iZl2 auf einem Reichstage zu Co ln wurde der Zweö der Eintheilung des Reichs in Kreise auch auf die E^' Hal- Maximilian i. 77 Haltung des Landfriedens und auf die VollztefMngder kammergerichtlichen Urtheile erweitert, und zu diesem Ende ganz Deutschland in io Kreise eingethcitet. Als man den Landfrieden und das Kammergericht errich¬ te, hat man wenig Bedacht darauf genommen, wie Befehdungen, die etwa trotz dem allgemeinen Ver¬ bot zum Ausbruch kommen sollten, schnell gedämpft und wie die vom Kammergerichte gefällten Urtheils- sprüche zur Vollstreckung gebracht werden könnten. Wenn sich der Fall ereignete, daß zu einem oder dem andern Endzwecke eine bewaffneteMachtnokhwendig war, so ersuchte man den schwäbischen Bund , die Execution zu übernehmen. Man fieng aber mit der Zeit an, ein- jusehen, daß cs nicht lange so gehen könne und wer¬ be , indem der schwäbische Bund selbst keine ewige Dauer versprach. Also mußte man auf eine ordentliche Exe- rutionsordnung bedacht seyn, und verfiel endlich auf das, was schon unter Albrecht H. in gleicher Absicht in Vorschlag gebracht worden war. Ganz Teutschland sollte nämlich in Kreise eingerheilt werden. Jeder Kreis sollte eine Kriegsmacht halten und sich einen Hauptmann wählen, der auf die Handhabung des Landfriedens Acht zu geben, die Landfriedensbrecher zu verfolgen und aufAnsuchcn des Kammergerichts die Kreismilitz dorthin zu führen hätte, wo ein kammer- gerichtliches Urtheil zu vollstrecken wäre. Da die bis¬ herige Eintheilung in Kreise nicht alle Reichsstände umfaßte; so thar man zu den 6 alten Kreisen noch ' vier 78 Maximilian i. vier neue dazul ) den österreichischen , den die sämmts lichen österreichischen, 2) den burgundischen, den die gesamnucn burgundischen Länder ausmachen sollten , z) den kurrheinischen, der aus den Ländern der 4 rheini¬ schen Kurfürsten von Maynz, Trier, Cöln und Pfalz bestehen sollte, und 4) den kur - oder obersüchsischen, wozu die Knrfürstenthümer Sachsen und Brandenburg mit einigen benachbarten Territorien, die bisher zu deN nunmehr so genannten niedersächsischen Kreise gehörten, gezogen wurden. Das Königreich Böhmen ward zu keinem Kreise gerechnet, weil es fast außer aller Ver* bindung mit dem keuschen Reiche war. Doch es hielt noch lange, bis diese Anstalt in eine zwecimäßigt Ordnung kam. XIX. Für seine Erblande errichtete Maximilian lZol eine Landesregierung, ein Hofgericht und eine Hof¬ kammer , und über alle diese Collrgicn bestellte er noch einen Hofrath. Diese neuen Staatseinrichtune gen machte Maximilian durch die, zu Nürnberg am Mittwochen nach dem Sonntage Quasimodogeniti (2l April) izal erlassene, so genannte Publikation -es Regiments Anstellung und Verwaltung -er nie- -erösterreichischen Lgn-e cl). Den Beweggrund zur Errichtung des Hofraths gicbt Maximilian selbst mit folgenden Worten an: „Ferner, damit die jetzt ge- Urk. !XIrv. 1-7 S. 42z , und in der van d- bandvelie des ErtbepzogthumsKärnkbeo. »dtv fsl- Maximilian r. 79 gemeldeten Ordnungen unseres Landregiments, auch Hofgerichts, Hof- und Hauscammer desto ^stattlicher gehandelt und regiert werden, und im behändigen Wesen, auch wir des ungestümen Nachlaufens, sa> uns bisher von unfern Unterthanen begegnet ist, und dadurch wir zu Zeiten in andern trefflichen Händeln verhindert worden seyn, desgleichen dieselben des schwe¬ ren Kosten, den ste mit Nachreifen gelitten haben, vertragen bleiben; haben wir einen Hofrath aufgerich- tet und geordnet rc." Dieser Hofrath sollte zu Wien ilber die übrigen Landcscollegia die Oberaufsicht füh¬ ren, in wichtigen Sachen, und wenn Jemand Gna¬ den, Aemter oder Benesicia begehrte, dem Regenten Mik Rath und schriftlichen Gutachten an die Hand gehen und auch Belehnungen ertheilen. Dieses Hof- rathscolleginm, sagt unser Verfasser „enthält eigent¬ lich die erste Grundlage des jetzige» Reichshofraths; doch wollten die Stände nicht zugeben, daß auch Rechtssachen daselbst vorgenommen werden könnten, wozu nach ihrer Meinung jetzt nur das Kammerge¬ richt bestimmt war. Der Hofrath war eigentlich Mir für die österreichischen Erblande errichtet; ward "ber bald auch in Rejchsfachen und selbst in reichs- ständischen Rechtshändeln gebraucht. Darüber schrie¬ ben die Stände schon lZor bey Gelegenheit einer vom K. Max. erlassenen Ladung an Kurcöln, um Abschaffung neuerlichen Gerichts, so ihre Ma¬ iestat allein anxefiellt, mit Begehren es be? ver- Sli- 8s Maxllmllan !. glichener L. G. O. zu lassen. Diese Fragt ist aber seitdem noch in weit stärkere Bewegung gekom¬ men, dck gedachter Hofrath zuletzt bloß in Reichssa¬ chen gebraucht, daher auch Reichshofcath genannt worden, und thcils eine concurrente Gerichtsbarkeit mit dem Kammergerichte, theils andere Gerechtsamen aus- grübet, wobep ehedem Kur-und Fürsten als pures curise waren zugezogen worben." Diese Darstellung des Ursprungs des Neichshofraths ist äußerst einsei¬ tig und mit offenbaren Unrichtigkeiten überladen. Die Wichtigkeit des Gegenstandes fordert von uns eine genauere Erörterung. Von scher stand es den teut- schen Reichsbürgern frei) , ihre Rechtssachen unmit¬ telbar an den kaiserlichen Hof zu bringen. Erst spät wurde diese Freiheit in Ansehung der Mittelbaren durch die den Ständen verliehenen privilc^in 6e non evocanäo beschränkt. War die an den kaiser¬ lichen Hcff gebrachte Sache von keiner besonder» Er¬ heblichkeit, so warb sie von dem Hofpfalzgrafen, ao dessen Stelle in der Folge der Hofrichter trat,abge- lhan. War sie hingegen wichtiger, oder schlug sie ln die kaiserlichen Reservatfälle ein, so ordnete der Kaiser entweder ein förmliches Fürstenrecht in einer ge¬ legenen Mallstadt an, oder er untersuchte sie mit sei¬ nen Räthen, die er zur Behandlung der politische» Geschäfte um sich hatte, und mit Zuziehung einiget eben am kaiserlichen Hofe anwesenden Fürsten, Gra¬ fen und Herren. Es gab also schon von jeher eine» kai- Maximilian r. 8r kaiserlichen Hofrath, der sich nicht nur mit politi¬ schen, sondern auch mit gerichtlichen Sache» beschäf¬ tigte. Der vierte Paragraph des eilften Artikels der goldenen Bulle Karls IV. redet mit deutlichen Wor¬ ten von dein kaiserlichen Hofrathe und Hofgerichke als zwey Gerichtsstellen am kaiserlichen Hofe und läßt dem Kläger die Wahl, an welche von bspden er sich wenden will, wenn ihm von einem kurfürstlichen Ge¬ richte die Justitz verzögert oder versagt wird c). Dieser kaiserliche Hofrath blieb auch nach Errichtung des Kammergerichts in seinem Wesen. Maximilian hatte bep Anordnung des Kammergerichks im Reiche nie die Absicht, sich aller Verwaltung der Gerichts¬ barkeit an seinem Hofe zu begeben, sondern er behielt sich seine oberstkichterliche Gewalt ausdrücklich vor. Die Reichsstände waren ebenfalls weit entfernt, dem Kaiser alle Ausübung der Gerichtsbarkeit an seinem Hofe entziehen zu wollen, vielmehr ersuchten sie selbst den Kaiser auf dem Reichstage zu Worms , er möch¬ te seinen Hof mit tapfer» und geschickten Rächen ver¬ sehen, damit dir gerichtlichen Mißbräuche, über die Man sich bisher beschwert hatte, vermieden würden. Welches Maximilian den Ständen auch gnädigst zu- § sagte. e'» In clekectu vero juiliriD prreclictts omnibus sä im^ perislem ciuncaxac curisi» Lr kribuual, lcu juilicu-' innnecli-us in Imperiali curia prLticicnci» suNieMism. . ./dir, guibus Neaex«!» kueric juttici«, Kusse SS- psUare. 82 Maximiliar! I. sagte. Im I. 1^96 erkannte das Reichskammerges richt selbst die concurrente Gerichtsbarkeit bes kaiser¬ lichen Hofraths an, indem es bey Gelegenheit eines zuerst am kaiserlichen Hofe verhandelten, dann aber an das Kammerg'ertcht gebrachten Protestes des Bi¬ schofs von Worms mit der Stadt Worms der einen Parthey durch Urtheil zn beweisen auftrug, daß die andere sich erboten habe, vor dem römischen Kaiser oder vor dem Kammergerichte Rechts zu pflegen. Die¬ ser kaiserliche Hofrath bestand jedoch immer nur aus zufälligen Beysitzern. Der Kaiser zog zur Untersu¬ chung jedes einzelnen Falles von seinen Rächen und andern eben gegenwärtigen Fürsten, Grafen und Her¬ ren diejenigen bey„ auf die er ein besonderes Ver¬ trauen setzte. Erst im I. 1501 gab Maximilian sei¬ nen! Hofrathr durch die oben angeführte Verordnung eine collegialische Verfassung, indem er acht Perso¬ nen, die theils Grafen und Ritter, theils Gelehrte waren, zu beständigen Hofrächen ernannte. Wenn man den Beweggrund zu dieser neuen Einrichtung des Hofraths, wie ihn Maximilian selbst angiebt, liest; so scheint es freilich, dieser Hofrath ftp bloß für österreichische Sachen angeordnct worden. Ueberlegt man aber die allgemeinen Ausdrücke, wodurch Maxi¬ milian dem Hofrath seinen Wirkungskreis anszeichnek, und vergleicht man noch damit die später« Thatsa- chen; so überzeugt man sich leicht, Maximilians Ab¬ sicht sch schon Bich Anfangs gewesen, sich dieses neu Maximilian l- 83 neu vrganisirten Hofraths auch in kaiserlichen^ Rt- servatfällen und andern Neichssachen zu bedienen. Wirklich ergieng schon im I. 1502 an den Kur¬ fürsten von Cöln ein Mandat, daß er sich entweder in Person oder durch Bevollmächtigte am kaiserlichen Hofe zum gütlichen oder rechtlichen Austtag seiner Streitigkeiten mit der Stadt Cöln stellen sollte. Allein der Kurfürst von Cöln, welcher glaubte, daß eine solche unmittelbare Vorladung an den kaiserlichen Hof der Kammergerichksordnung entgegen sey, wandte sich an seine' Mitkurfürsten und bewog diese ein kurfürst¬ liches Collegialschreiben an den Kaiser zu schicken, worin sie ihn ersuchten, daß er die ergangene Ladung abstellen und beyden Theilen den in der Kammerge¬ richtsordnung festgesetzten Weg Rechtens zu gebrau¬ chen verfiatten möchte. Im ganzen Schreiben kommt kein Wort von Abstellung des Hofrakhs oder von ei¬ ner Beschwerde gegen die Gerichtsbarkeit desselben in Reichssachen vor, und im Grunde wollen die Kur¬ fürsten nichts anders, als daß die Sache in erster In, stanz vor den, dem Kurfürsten von Cöln zuständigen, Austrägen, wie es die Kammergerichtsordnung mit sich bringt, untersucht und entschieden werden sollte. Dieses Schreiben findet man bei) Londorp ^.ct. pu- k>lic. 'ist. 1. cap. III. Beplage l^ro. Z. 20. Unser Verfasser bedient sich hier eines Mittels, das, ich weis nicht wie, entschuldiget werden kann, um zu beweisens daß die Reichsstände gleich Anfangs F 2 von 84 Maximilian k. von der Gerichtsbarkeit des neu organ'rfirten Hof- raths in ihren Rechtssachen nichts hären wollten. Er führt statt eines kurzen Inhalts des gedachten kur¬ fürstlichen Collegialschreibens die Rubrik der bey Lon- dorp nächst folgenden Urkunde I§ro. 4. an, die mit der kölnischen Sache in gar keiner Verbindung stehet und den von Maximilian errichteten Hofrath gar nicht angehet. In dieser wird zwar auf die von Pütter angeführte Art auf die Abschaffung des neuer¬ lichen Gerichts, so ihre Majestät allein angestellt, ge¬ drungen und verlanget, daß der Kaiser es bey dec verglichenen Kammergerichtsordnung bleiben lasse; aber diese Urkunde ist kein kurfürstliches Collegialschreiben, sondern eine Vorstellung, welche die Kurfürsten und Fürsten durch ihre Räche bey einer ganz andern Ge¬ legenheit im I. iZoz wegen des damahligen Kam¬ mergerichts an Maximilian erlassen haben. Es war nämlich das auf dem Reichstage zu Augsburg lAoo wieder hergestellte Kammergericht zugleich mit dem Reichsregimcnt im I. 1502 aus Mangel des Un¬ terhalts von neuem auseinander gegangen. Maxi¬ milian fest überzeugt, daß ohne dasselbe die Aufcecht- haltung des Landfriedens unmöglich und die Rückkehr des Faustrechts unvermeidlich seyj hatte es im I- iHoz, nachdem er die Kurfürsten öfters vergebens deßwegen angegangen, aus eigenem Ansehen und mit einigen Abänderungen zu Regensburg wieder aufgc- richtel: unter andern hatte er, da er das Kammerge- richt Maximilian I. 8s richt jetzt ganz allein unterhalten mußte, die tey dem¬ selben seit einiger Zeit aufgehobenen Sporteln wieder tu nehmen erlaubt. Wider dieses Verfahren Maxi¬ milians und das von ihm angeordncte Kammergc- richt beschwerten sich die Kurfürsten und Fürsten in der angeführten Urkunde und begehrten von Maximi¬ lian , daß er sich an die verglichene Kammergerichts» vrdnung halten sollte. Die Sache ist aus dieser stän¬ dischen Vorstellung selbst und Maximilians darauf «rtheilter Antwort 5) s» deutlich , daß nicht der ge¬ ringste Widerspruch dagegen erreget werden kann. Ge¬ gen den von Maximilian zu Wien bestellten Hofrath und dessen Gerichtsbarkeit in Reichssachen findet man um diese Zeiten keine solche Beschwerden der Reichs- siänbe; vielmehr nahm dieses Collegium sowohl an Thätigkeit, als Ansehen immer zu, da sich die rech' tenden Partheyen ans dem Reiche häufig mit ihren Klagen an den kaiserlichen Hof wandten. Nur das scheint den Reichsständen, obschon gleichzeitige Nach¬ richten davon schweigen, nicht gefallen zu haben, daß der Hofrath auS lauter österreichischen Herren und Doctorrn bestand, und folglich sie nicht von ihres Gleichen gerichtet wurden. Daher kommt es wahr¬ scheinlich , daß Maximilian auf dem Reichstage zu Kostnitz 1507 den Ständen versprach „einen ehrba¬ ren t) In M ü ü esrp Reicht«,«staat II. B. T--P. *6 S. ;55> 86 Maximilian l. ren Hofrath zu verordnen, fo daß er hoffe, die Stän« de und Jedermann sollte daran keinen Mangel haben." Auf dem Reichstage zu Cöln lAi2 verlangte Maxi¬ milian von den Reichsständen acht Räche zu Bcy- sitzern in seinem Hofrathe, um sich ihrer Hülfe nicht nur in politischen Reichsangelegenheiten, sondern auch in reichsständischen, bei) ihm angebrachten, Rechtssa¬ chen zu gebrauchen. Die Reichsstände nahmen Ma¬ ximilians Antrag sehr gerne an, und schickten die verlangten Räche an den kaiserlichen Hof. So kam «in aus österreichischen und Reichsbepsitzern zusammen¬ gesetzter Hofrath zu Stande, Doch wurde diese Ein¬ richtung nur auf 6 jJahre beliebt. Nach Verlauf derselben 1518 besetzte zwar der Kaiser wieder seinen Hofrath ohne Mitwirken der Stände; er erklärte sich aber, daß er fünf Beysitzec aus dem Reiche dazu neh¬ men wolle. Allein sein dazwischen gekommener Tod hinderte ihn an der Ausführung seines Vorhabens. Der folgende Kaiser Karl V. bestellte seinen Hofrath nach Belieben und ließ durch denselben ebenfalls so¬ wohl Reichs - als erbländische Sachen besorgen, Was unter Ferdinand I. in diesem Stücke für eine Verän¬ derung vor sich gegangen und wie daraus endlich der heutige Neichshofrath entstanden sei) , werden wir am gehörigen Orte zu bemerken nicht unterlassen. Ans dieser kurzen Geschichte ergtebt sich klar, daß die Ab¬ sicht der Reichsstände keineswegs, wie unser .Verfas¬ ser behauptet/ dahin gegangen sey, die Rechtssachen aus- Maximilian I. 87 ausschließcnd dem Kammergerichte zu übergeben und dadurch alle Rechtspflege am kaiserlichen Hefe aufzu¬ heben ; vielmehr zeigt die Geschichte, daß der Kaiser auch nach Errichtung des Kammergerichts mit Wis¬ sen und Willen der Reichsstände fortfnhr, durch sei¬ nen Hofrath die Gerichtsbarkeit auszuüben. Erst in der Folge, als die Religionstrennung die Teut- schen immer mehr entzweyete, fiengcn die Protestanten an, die concurrente Gerichtsbarkeit des Neichshoftaths mit dem Kammergerichte zu bestreiten, weil derselbe ihre interessirten . eigenmächtigen und gewalrthätigen Schritte nicht für rechtmäßig erkennen wollte, sondern Vielmehr diejenigen, die dadurch gekränkt wurden, zu schützen suchte. So viele Mühe sich unser Verfasser einerseits XX. giebt, den Ursprung des Reichshofraths in ein gehäs¬ siges Licht zu setzen und dessen Gewalt in Rechts¬ sachen als eine, aus blossen Anmaßungen wider den Willen der Reichsstände erwachsene, Gerichtsbarkeit dar- justcllen; eben so sehr ist er andererseits besorgt, ne¬ ben dem Kammergerichte noch einem feyerlichen Für- sienrechte besonders in wichtigen Fürstensachen Platz zu machen. Nicht nur erinnert er in der oben ange¬ führten Stelle, daß in dergleichen Fällen ehedem Kur- rmd Fürsten, als ?ares curiw zugezogen wurden, sondern er setzt auch hinzu, daß die Stände ungeach¬ tet des für Iustitzsachen bestimmten KammergertchtS Nichts da»wder hatten, wenn etwa besonders wichtige §8 Maximilian l. Fürstensachen noch an ein feierliches Fürstenrecht ge¬ bracht würden. Wir haben nichts dagegen, wenn man dieses so verstehet, daß es dem Kaiser such nach Errichtung des Kammergerichts und Organisirung de§ Hofraths noch frey blieb, fürstliche Rechtssachen von grosser Wichtigkeit mit Zuziehung einiger unpartheyt- schen Standxsgenossen in Person zu untersuchen und zu entscheiden, wie dann Maximilian selbst im I. IZO4 in einer Succeffionsstreitigkeit zwischen den Häusern Pfalz und Bayern über den erledigten Un- theil von Bayern - Landshut jnit mchrern Kurfürsten und Ständen noch in Person zu Gerichte saß. Aber wenn man die Abstcht hat, durch solche Bemerkungen die Gerichtsbarkeit hes Reichshofraths in Fürstensa¬ chen als incompetent darzustellen, oder dem Kaiser die Zusammenberufung eines Fürstenrechts in gewissen Fällen zur Pflicht zu machen, oder in Ermangelung desselben gar die Nothwendigkeit und Rechtmäßigkeit eines Rekurses an den Reichstag zu begründen, sy können wir damit nicht einverstanden seyn-, XXI. Die neuen Einrichtungen Maximilians im Reichs- justitzwesen und in der österreichischen Landesverwal- t»ng waren das Model zu ähnlichen Einrichtungen in den einzelnen Deutschen Reichsländern. So wie nun im Reiche ein Kammergericht und in Oesterreich ein Hofgcricht für blosse Rechtsgeschäfte angeordnet war, so legte auch jeder Reichsstand, der eine frü¬ her, behändere später, zu gleichem Zwecke in seinem Lande Maximilian l. 8- §ande rin Hofgericht an, und schrieb demselben eine Hofgerichfsordnuli.il vor. Das Kammergericht und die Hofgerichte hatten die größte Aehnlichkeit mit einander. Viele Hofgerichtsordnungen sind wörtlich nach der Ordnung des Kammergerichts copirt, das man sich als das vollkommenste Muster in seiner Art vorstellte. So wie das Kammergericht gewissermas¬ sen als die erste Instanz für die Reichsstände und als die Appellationsstclle von den höchsten reichsstän- difchen Gerichten anzusehen war; so waren auch dit Hofgerichte eigentlich zur ersten Instanz für die Land¬ stände und zur Appellation von allen nieder» Landes- gerichten, die über Bürger und Bauern zu urtheilen hatten, bestimmt. Nach dem Beispiele des von Ma¬ ximilian errichteten Hofraths und der österreichischen Regierung und Kammer fiengen auch die übrigen Landeshcrrn an, in ihren Ländern für politische Ge¬ schäfte Hofraths - oder Regierungscollegien und für Finanzsachen Kammern zu errichten. Zwischen den Hofgerichten und den Hvfraths-oder Regierungscol- lcgikn jn den besonder» teutschen Staaten bildete sich öeyläufig eben das Vcrhälkniß aus , welches im Rei¬ che zwischen dem Kammergerichte und dem Reichs- hofrathe statt hat. So wie der Reichshofrath neben den politischen Reichsgeschäften auch.einige dem Kai¬ ser Vorbehalten« Justitzsachen mit Ausschließung des Kammergerichts abzuthun hat und sonst mit dem Kam- Mergerichke in Ausübung der Gerichtsbarkeit concur- rirk; 9v Maximilian i. rirt; so suchten auch die Hoftathscollegien ober Re¬ gierungen in den Ländern nach und nach gewisse Rechtssachen als dem Landesherrn vorbehaltene Fälle ausschließend an sich zu ziehen, in Ansehung der übri¬ gen aber sich, wo möglich, mit den Hofgerichten in Concurrenz zu setzen. - Ungezweifelt hat Maximilian durch d-e bisher aus einander gesetzten Anstalten sich ein bleibendes Verdienst um Teutschland erworben. Allein unser Ver¬ fasser sucht dasselbe ganz auf die Rechnung der Rcichs- siände zu schreiben, und will dem guten Kaiser Ma¬ ximilian kaum einigen Anthcil daran zugcstehcn. Die¬ se Darstellung stößt offenbar gegen die historische Treue an. Wir haben gesehen, mit welcher Bereitwilligkeit und mit welchem thätigen Eifer Maximilian auf den Reichstage» zu Worms und Augsburg bei) Errichtung des Landfriedens, Kammcrgesschrs und Rcichsregi- ments zu Werke gieng. Selbst protestantische Ge¬ schichtschreiber können nicht umhin, seinen guten Wil¬ len und seine Thätigkeit zu lohen und zu bekennen, baß ohne diese die Realisirung jener für Teutschland so heilsamen Anstalten noch lange nicht zu hoffen ge¬ wesen wäre. Aber fteylich mußte es ihm mißfallen, daß die Stände immer die nöthige Verbesserung des inner» Zustandes des Reichs zum Vorwande nahmen, ihm die begehrte Reichshülfe zu seinen auswärtigen Unternehmungen, bieder Nutzen und die Würde des Reichs ebenfalls dringend erheischte, zu versagen. Auch glaubte Maximilian i. 9r glaubte er, baß man sich mit den neuen Einrichtun¬ gen nicht übereilen, alles vorher reif überlegen und erst nach gehörigen Vorbereitungen zur Ausführung schreiten sollte. Daß Maximilian hierin weise und slug gedacht habe, hat der Erfolg hinlänglich be¬ stätiget, Wie oft ist das Kammergcricht ins Stecken Lkrathen, weil man vorläufig keinen festen und hin¬ reichenden Fond zu dessen Unterhalte ausfindig ge¬ macht hat? Wie lange konnte sich hauptsächlich we¬ gen eben dieses Versehens das Reichsregiment erhal¬ len? Und wie äußerst schwer es hielt, das so tief angewurzelte Faustrecht und- die damit verbundenen ählen Sitten dem Adel zu entwöhnen, erkennt selbst r>nser Verfasser. Fürwahr, wenn noch im I. 1620 «in Mitglied der Reichsritterschaft sich mit Wehmuth ^klagte, daß „die alten redlichen Fehden, die ehedem bas beste gerhan, etlicher Misbränche halber oder vielmehr aci ssmulatorum urtificiolas inlisntias burch den Landfrieden aufgehoben seyen"; wie schwer bwßte es zu Maximilians Zeiten einem Adel, de "dch alle Annehmlichkeiten, die das Fqustrecht für ro¬ be Leute mit sich führte, gekostet hat, die Beobach- E"ng eines ewigen und allgemeinen Landfriedens an- ka>nmen? Sehr natürlich war es , daß rüstige Edel- I«!>te auch nach Kundmachung des Landfriedens auS Besitze ihres alten Rechts sich nicht wollten brin¬ ja lassen, sondern zur Behauptung ihrer vermeint- stcherr Ansprüche oder zur Rächung der ihnen vorgeb¬ lich 9» Maximilian i. lich zugefügten Beleidigungen bey jeder schicklichen Gelegenheit Fehden anfiengen. Das größte Aufse¬ hen in diesem Stücke machten unter Maximilian I. und Karl V. Franz von Stckingen und Götz von Berlichingen mit dec eisernen Hand, zwey kühn« und tapfere Reichscavaliere. Vom letztem ist 1731 zu Nürnberg eine kebensbeschreidung erschienen, die zur besten Probe dienen kann, was für einen Unfug man sich ungeachtet der strengen Landfriedensgehote erlaub¬ te. Ja es kam jetzt sogar ein Umstand hinzu, der die Fehden bedenklicher und gefährlicher machte, als sie vorher waren. So lang das Fanffrecht noch nicht abgesckmft war, kündigte man die Fehde seinem . Gegner vorher an, und befehdete dann öffentlich. Aber nun, da wegen des verkündigten Landfriedens der öffentliche Befehden nicht mehr angieng, suchte man sich mit dem heimlichen schadlos zu halten. Man fieng in Geheim die Lente auf, überfiel nach Art der Diebe Häuser und Schlößer, mordete ban¬ ditenmäßig und inordbrennte bey dunkler Nacht. So klagt der Reichsabschied vom I. 1512 ,,wie tM heil. Reiche jetzo etwas hoch beschwerliche, unehr¬ liche und unerhörte That und Mißhandlung einbre¬ chen, also daß einer den andern heimlich fahrt, ver¬ blendet, hinwegführet, zu Zeiten für sich selbst in, seinem Gefängniß heimlich enthält, zu Zeiten andern verkauft oder übergiebt, oder in andere Hände fahrt/ etliche heimlich msrdbrennen, auch dergleichen Zuschuß yiit Maximilian i. w!t heimlichen Absteigen Schlößer und Häuser üben, etliche morden und sonst viele dergleichen Uebelthaten begangen werden." Außer den Verdiensten um die teutsche Staats» XXIII. Verfassung hat Maximilian noch viele andere. Er ist eigentlich als der Urheber der heutigen R-riegsverfasi- sung anzusihen. Wir haben gehört,daß zuerst die Schwei-- her'mit einem wohl disciplinirken und tapfer« Fuß- Volke, dem selbst die beste teutsche Renterey nicht wi¬ derstehen konnte, im Felde erschienen, und daß spä¬ ter in den hussitischen Unruhen auch die Böhmen, von denen noch andere gute Einrichtungen im Kriegswesen z.B. die Wagenburgen herrühren, mit gleichem Glü¬ cke vom Fußvolk Gebrauch machten. Dieses veran¬ laßte auch die Teutsche«, mehr Rücksicht auf das Fußvolk zu nehmen. Doch bestand das teutsche Fu߬ volk bisher nur aus Leuten, die für jeden Feldzug aufgeboten oder geworben, und nach Endigung des¬ selben wieder entlassen wurden. Solche Fußknechte konn¬ te« natürlicher Weise nur wenig geübt sei)« und mu߬ te« den Schweitzern und Böhmen weit nachstehe«. Al« lein Maximilians kriegerisches Genie bildete sie durch verschiedene angebrachte Verbesserungen in kurzer Zeit iu einem furchtbaren Kriegsvolk aus. Er schuf sie zu einer stehenden Miliz um, die wenigstens eine ganze ^riegszeit hindurch im Solde blieb, versah sie nach den, Beispiele der Schweitzer mit langen Picken oder ^«zen, von denen sie wahrscheinlich den Nahmen der Lanz- 94 Maximilian I. Lanzknechte bekamen , theilte sie in Regimenter, diese in Fähnlein oder Compagnien rind letztere wieder i» Schwadronen und Rotten ein, und setzte über jede dieser Abtheifimgen besondere einander Untergeordnet« Ober-und Unterofficiere. Um seine Lanzknechte auf¬ zumuntern und ihnen ihr Leben angenehmer zu machen/ führte er Trommeln und Pfeifen bei) den Regimenter» ein, und um sie in Zucht und Ordnung zu erhalten/ schrieb er ihnen ein Kriegsrrcht vor. Seine Heerfüh-" rer hielt er an, Plane zu entwerfen und nach densefi ben die Kriegsuntecnehmungen auszuführen. Somach« te er die Kriegskunst, die bisher nur handwerksmäßiS getrieben wurde, zu einer Wissenschaft. Er verbesser¬ te das Fuhrwesen und ersann eine vortheilhaftere Ar« die Wagenburg zu schlagen. Auch im Artilleriewesen/ welches von Jugend auf sein vorzüglichstes Vergnüge» war, that sich Maximilian durch Verbesserungen und eigene Erfindungen hervor. Er ließCononenröhre, die man bisher mit dem Hammer zusammen schmiedete, aus ganzem Eisen bohren, wodurch sie viel dauerhaft^ und besser wurden. Er brachte die Kartaunen, die man hisher nur auf der Erde liegend hatte, auf L»« vetten, um sie leichter fortzuschaffcn und zu richt«»' Er erfand verschiedene neue Arten von Feuergewelss und schwerem Geschütz zu Belagerungen und andere^ Kriegsgebrauch. Wenn gleich ungeachtet dieser uns anderer Verbesserungen die Kriegskunst noch weit v§» ihrer heutigen Vollkommenheit entfernt blieb; so ward doch Maximilian l- 95 doch dadurch ein guter Anfang zur Vervollkommnung derselben gemacht und einstweilen soviel bewirkt, daß die teutsche Miliz bald in einen außerordentlichen Ruf kam. Selbst auswärtige Mächte bestrebten sich, teut- lches Kriegsvolk in ihre Dienste zu bekommen. Die französischen Könige hatten oft einige Corps teutscher Eanzknechte im Solde, und diese waren es eigentlich, die als französische Söldner 1515 die bis dahin un¬ überwundenen Schweitzer bey Marignano schlugen. Zu dedauren ist es, daß der entschiedene Nutzen dieser im Kriegswesen getroffenen Veländeruugcn von manchen dachtheiligen Folgen untrennbar war. Die Kriege wur¬ den dadurch kostspieliger, mithin für die Länder drü¬ ckender, und ihre Wirkungen verheerender als vorher. Die im Kriege gebrauchten Soldkruppen wurden mit Ende desselben größtentheils abgedankt, weil die Für- ßen nicht im Stande waren, sie auch in Friedenszel- Een zu unterhalten. Daraus entstand noch ein ande- dttes sehr grosses Ungemach. Die Leute, welche durch «ine längere Zeit die Lanze getragen haben, wollten "icht mehr zur Arbeit zurückkehren, um sich ihr Brod damit zu verdienen. Dieses war wider ihr ?oiur Iroiureur, welches durch die Entwöhnung von der Arbeit und das im Kriege erlernte Geheimniß, auf ei- "e gemächlichere Art einen bessern Unterhalt zu finden, Nwiß trefflich genährt und befördert wurde. Sie rot¬ ten sich also zusammen und lebten vom Rauben und Morden. Die damahligen Schriftsteller schildern uns der- 96 Maximilian r, dergleichen Lanzknechte als eine der größten LanbeSpla- gen ihrer Zeit. Sebastian Frank handelt in einem ei¬ genen Capitel seiner Chronik davon, dessen Ueberschrift uns schon hinlänglich belehren kann, wiemandamahls auf die Lanzknechte zu sprechen war. Diese Ueberschrift lautet so: "Ankunft zweyer Plagen in Teutschland, nämlich der grausamen Krankheit, so man dieF... .n nennt, und der verderblichen Lanzknechte.,, Die darauf folgende Beschreibung ist sehr arg, aber zu weitläufig, als daß man sie hier anführen könnte. XXIV. Ein anderes Verdienst um Teutschland erwarb sich Maximilian dadurch, daß er dem schrecklichen Unwesen der heimlichen westfälischen Gerichte, oder der so ge¬ nannten vehmyerichte, grossentherls steuerte. Der Ursprung dieses fürchterlichen Criminalgerichts-Insti¬ tuts ist sehr dunkel. Wahrscheinlich fällt er in die Zeit nach der Achtserklärung Heinrichs des Löwen; denn als nach derselben das Herzogthum Sachsen zertrüm¬ mert wurde, so übertrug der Kaiser die peinliche Ge¬ richtsbarkeit, die der Herzog in den Gegenden West¬ phalens gehabt hatte, dem Erzbischöfe von Cöln , ei¬ nigen dortigen Bischöfen und etlichen weltlichen Stän¬ den. Einen solchen peinlichen Gerichtszwang nannte man einen Frepstuhl. Die Inhaber der Freystühle setz¬ ten sich mit der Zeit zur bessern Handhabung ihrer Ge¬ richtsbarkeit gleichsam in einen geheimen Orden zusam¬ men, dessen Haupt der Erzbischof von Cöln war. Sie «ahmen neue Mitglieder auf, denen sie die Ausübung der Maximilian l. 97 der Gerichtsbarkeit überließen. Jeder Besitzer eines Freystuhls setzte an seine Stelle einen Freygrafen, der den Vorsitz im Gerichte führte. Diesem wurden Bey- sitzer gegeben, die man Frenschöffen oder Wissende nann¬ te. Die Mitglieder hielten allgemeine Versammlun¬ gen oder Capitel zu Dortmund. Sie hatten zu ih¬ rer Richtschnur unter kaiserlichem Ansehen entworfene Vchmgertchtsordtmngen, die aber sehr geheim gehal¬ ten wurden» Lange Zeit schränkten sich die Vehmge- richte bloß aus Westphalen ein. Im I4tcn Jahr¬ hundert aber fiengen sie an, ihre Gerichtsbarkeit auch in andere Reichslander auszudehnen, und trieben es damit so wett, daß zuletzt alle Gegenden Teutschlands von heimlichen Richtern voll waren. Zugleich schli- chen sich so grobe Mißbrauche in das Verfahren der Dehmgerichte ein, daß selbige der persönlichen Si¬ cherheit der Bürger äußerst gefährlich wurden. Sie Entlehnten ihren Proceß von den Ketzerinquisitioncn. Sie warteten daher nicht erst auf eine Anklage, son¬ dern verfuhren von AmkswegeN nach geheimen Anzei¬ gen und Privatwissetischafti Die Mitglieder der Ge¬ dichte kannte Man nicht; nur sie selbst waren einan¬ der nach gewissen Zeichen und Losungen kennbar. Sie waren Ankläger, Richter und Scharfrichter zugleich» Wenn Jemand von einem Freyschöffen wegen eines j"r heimlichen Acht geeignete» Verbrechens eidlich dennncirt wurde, so ward ihm heimlicher Weift eine dreymahlige Ladung an die Thüre geheftet. Erschien G «r yS Maximilian 1. er auf diese nichts so-würde in einer ftherlicheii Si¬ tzung des Gerichts das Todesurthci! über ihn ge¬ sprochen. Er ward alsdann noch einmahl vorgela- dcn, und, wenn er auch jetzt keine Folge leistete, den Freyschöffen preisgegebem Jeder Freyjchöffe, der ihn zuerst antraf, konnte ihn nun auf den nächsten Ba^m aufhenken. Im Fall eines Widerstandes hatte ec das Recht, ihn vorher nisderzustoss n. Diese und andere Mißbrauche der Vehmgeriehte erregten im iz. Jahrhundert grosse Beschwerden wider sie. Der rö¬ mische König Ruprecht, der Kaiser Sigmund und der König Albrecht 11. suchten denselben abzuhelfen, aber ohne Erfolg. Friedrich IV. publicirte auf dem Reichs¬ tage zu Frankfurt 1442 wirklich eine Reformation der westphälischen Gerichte. Allein die Freygrafcn und Freyschöffen kehrten sich so wenig daran, daß sie sogar die Kühnheit hatten, den Kaiser selbst zur Verantwortung vorzufodern. Friedrich ergriff nun ein anderes Mittel, den Uebermuth der Vchmgertchke zu beugen und sie wieder in die gehörigen Schranken zü weisen. Er eximirte aste Reichsländer, deren Be¬ sitzer ihn darum ersuchten, von der Gerichtsbarkeit der westphälischen Freystühle.' Dadurch bewirkte er wenigstens so viel, daß ihr Gerichtszwang außerhalb Westphalen allmähiig aufhörte. Aber in Westphalen trieben sie ihr Wesen noch immer fort. Gleich ans Maximilians erstem Reichstage zu Worms wurden wieder verschiedene Klagen gegen sie vorgebracht. Maximilian 99 xiMiliast erneuerte daher auf eben gedachtem Reichs¬ tage nicht nur die von seinem Vater ehemals ergan¬ gene Reformation, sondern gab auch derselben durch den Zusatz neuer Straftlauseln einen großem Nach¬ druck, und auf dem Reichstage zu Cöln lLi2 nö- khigte er den Erzbischof von Cöln zu einer noch er¬ giebigem Reformation der westphälischen Gerichte, indem er widrigenfalls sich entschlossen zeigte, diesel¬ ben gänzlich aufzuheben. Durch diese Maffegeln, durch die Wachsamkeit des Kammergerichts und durch die erregte Eifersucht der Reichssiände, die keiner fremden Gerichtsbarkeit den Eingang in ihre kän- der Mehr gestatteten, ward dem langwierigen Unfug der Vehmgrrichte größtenkheils vorgebeugt» Als end¬ lich unter Kml V. das ganze peinliche Recht durch die Halsgerichtsordnnng eine andere Gestalt bekam, verlor sich nach nnd nach sogar der Nähme der heim¬ lichen Gerichte, welches gewiß noch früher geschehen feyn würde, wenn die gemeine Ordnung, wie man in Criminalfällen verfahren sollte, wozu der Freybur¬ ger Reichsabschied vom I. 1498 Hoffnung machte, noch unter Maximilians I- Negierung zu Stande ge¬ bracht wotden wäre. So wie durch die Ausartung der Nehmgerichte XXV. die Sicherheit der Personen empfindlich angegriffen wurde, so kam auch fast zu gleicher Zeit durch die btzy Bestellung der öffentlichen Notarien cingcrissenen Mißbräuche die Sicherheit des Eigenthums in keine .«r G L gerin- Maximilian i ioc» geringe Gefahr- Die vornehmste Beschäftigung dir öffentlichen Notarien war, über verbindliche Hand¬ lungen der Bürger schriftliche Aufsätze zu verfassen, und Copten schon vorhandener Instrumente zu beglau¬ bigen. Außerdem wurden sie häufig zur Besorgung gerichtlicher Geschäfte gebraucht. Das Recht sie zu bestellen stand eigentlich dem Kaiser zu» Allein die Kaiser pflegten schon von uralten Zeiten her die Aus¬ übung gewisser Nestrvatrechke, und darunter nah- mentlich die Ernennung öffentlicher Notarien andern um sie wohl verdienten Personen, die man kaiserliche Hofpfalzgrafcn nannte, durch so genannte Comtkive oder Aufträge, die bisweilen sogar erblich waren, zu überlasse». Cs konnte nicht fehlen, daß sich mit der Zeit Hofpfalzgrafen fanden, die Entweder aus Begierde, von ihren Comitivcn den möglichsten Vor- theil zu ziehen, oder aus andern Beweggründen Leu¬ ten, die zu nichts weniger als zu öffentlichen Nota¬ rien geschickt waren, NotariatsdiplvMe verliehen» So klagte man schon auf dem Reichstage zu Augs¬ burg iZOcs, daß so viele unwissende, säumige und sogar übel berüchtigte Leute zu Notarien gemacht würden. Wie sehr die Bürger bey dergleichen No¬ tariell Gefahr liefen, in ihren wichtigsten Angelegen¬ heiten unersetzlichen Schaden zu leiden, läßt sich leicht denken. Maximilian verschaffte auch in diesem Stü¬ cke den teutschen Reichsbürgern Sicherheit. Er half auf dem Reichstage zu Cöln 1512 den Gebrechen der Maximilian!. roi der Notarien durch die Errichtung der noch heut zu Tage gültigen /NotarratsordnuriF ab. Darin be¬ stimmte er genau die Eigenschaften, welche die öffent¬ lichen Notariell haben, und die Feyerlichkciten, die sie bcy Ausfertigung und Authentisirnng öffentlicher In¬ strumente beobachten sollten. Bey Abfassung der letzwilligen Anordnungen wies Maximilian die No¬ tariell an die Fcyerlichkeiten des römisch - justiniani¬ schen Gesetzbuches an. Dieses hatte die noch) setzt sichtbare Folge, daß im teutschen Reiche in der Ma¬ terie der Testamente das justinianische Recht dem canonischcn dorgehet, obschon sonst in der Collision beyder Rechte das letztere den Vorzug vor dem er¬ stem behauptet. Die Sitten waren bisher ein von der Gesetz- XXVI» gebung beynahe ganz übersehener Gegenstand. Mau kann sich daher leicht vorstellen, was es mit densel¬ ben für eine Bewandtniß hatte. Wenn es richtig ist, daß die Rohheit der Sitten nach der Härte der Strafen, womit man die Verbrecher zu belegen ent¬ weder für nöthig findet, oder für nicht unmenschlich hält, abgemessen werden kann, wie mußten die Sit¬ ten des eingehenden i6ten Jahrhunderts beschaffen seyn, wo es noch gewöhnliche Strafen waren, leben¬ dig zu begraben, lebendig in Oel zu sieden, die Au- Sen auszustechen, durch die Backen zu brennen ec., »der wo noch ein Herzog Ulrich von Wirtemberg cknen seiner Näthe aus einer sehr ansehnlichen Fami¬ lie MaxirnLliair l. ros lie bey einem Kohlenfeuer a>> Armen und Beinen bra¬ ten, den Leib mit Brantrvein überziehen und so an¬ zünden ließ? Wie auch die Sitten des Adels insbe¬ sondere durch das Fausirecht verwildert waren, ha¬ ben wir schon oben gesehen. Die vorzüglichsten Ge¬ fährten dieser allgemeinen Rohheit waren außer dem Hange zu Gewaltthätigkeiten ein schreckliches Fluchen und Gotteslästern und ein viehisches Vollsaufen. Ein völliger Schauer muß den Leser befallen, wenn ec mit einem flüchtigen Auge nur das durchgehet, was in den Reichsgesetzen des l6ten Jahrhunderts von Gotteslästerungen, Flüchen und Schwüren vorkommt. Es werden darin sogar besondere Abheilungen dieses Lasters gemacht, als von Flüchen und Schwärendes Adels, der reisigen Knechte ec. Das stark- Trinken war zwar schon ein uralter Nationalfehler der Teuk- schen, aber zu Ende des i Zten Jahrhunde, ts erreich¬ te derselbe seine höchste Stnffe, Cs kam um duesr Zeit das Zutri'iken auf. Nach den Gesetzen desselben ward derjenige für einen Helden gehalten, der noch auf den Beinen st.hur konnte, da die übrigen, mit denen er im Saufen 'n die Wette sinkt, schon vcr- nunftlos und halbtodt zu Boden gefallen waren. Ei¬ nes solchen Sauftriumphes rnhmke man sich eben so sehr, als eines über die Feinde erfochtenen Sieges. Es was gewiß einmahl Zeit, darauf bedacht zu ftyn, wie diesen wiloen Ausschweifungen, welche die teut- sche Nation in den Angel der Musländcc herabwüce- dig- MüMükran l. roz digken, Einhalt gethau^ werden konnte. Maximilian der für seine Person ein Muster guter Lebensart war, fühlte diese Nothwendigkeit sehr lebhaft, und ent» schloß sich gleich bey Antritt seiner Regierung dem krebsartigen moralischen Uebel entgegen zu arbeiten,. Er ließ daher während seiner Regierung kaum einen Reichstag vorbei) gehen, auf dem er nicht einigr Polizeyyesstze zur Aufnahme besserer Sitten ge¬ wacht hätte. So wurde auf verschiedene» Reichs» lägen bas Gotteslästern, das freventliche Schwören Und das Zutrinken verholen, und den Reichsständen bey Androhung fiscalischer Procesft aufgctragen, diese Laster in ihren Landern abzustellen und diejenigen, die sich dieselben noch würden zu Schulden kommen lassen, gebührend zu bestrafen. Auch wurden wegen der Spielleuts, Schalksnarren, Zigeuner rc., die eben¬ falls der Moralität nicht wenig schadeten, zu wie¬ derholten Mahlen nützliche Verordnungen erlassen. Doch es hielt schwer, veraltete Gewohnheiten auszurotten; besonders mußte in den nördlichen Gegenden von Teutschland, die man die alten Trinkländer nannte, j. B. in Sachsen, in der Mark, in Mecklenburg und Pommern, mit dem Adel, der sich mit Gewalt das verjährte Recht zum Dollsanfen nicht würde habek nehmen lassen, in Ansehung des Znttinkens sehr be¬ hutsam verfahren werden. Noch ss r-24 mach¬ ten einige weltliche und qech - Z y ¬ sten in einer besonde-m " > / >. r - ' : -ch Maximilian r. lc>4 sich zwar für ihre eigene Personen des Zutrinkens ganz oder halb zu enthalten; ihre Ritterschaft aber fleißig zu bitten, ein gleiches zu thun, ja auch sie selbst sollten, wenn sie in alte Trinkländer kämen, und sich durch fleißiges Weigern des Zutrinkens nicht er¬ wehren könnten, vermög eines hinzugefügten Artikels an diese Ordnung nicht gebunden seyn, sondern gleich¬ wohl auch mit zutrinken dürfen. XXV II. Mehr als Maximilians Polizeygesetze scheinen zur Verbesserung der Sitten die Erweiterung öer Schifffahrt und Handlung, und die Aufnahme der schonen Ärmste und Wissenschaften beygetra- gen zu haben. Die Teutschen fuhren zwar noch nicht unmittelbar nach dem neu entdeckten America und um das Vorgebirge der guten Hoffnung nach Ostindien; sie besuchten aber doch die Häfen und Handelsplätze derjenigen Nationen, die sich des Handels nach den Heyden Indien bemächtiget haben. Von dannen brach¬ ten sie neue Maaren nach Teutschland und machten ihre Landsleute mit neuen Bedürfnissen bekannt, die -notwendig auf die Veränderung der Lebensart einen Einfluß hatten. Auch mußte sich durch die mittelst des Handels vergrößerte Gemeinschaft und Bekannt¬ schaft mit cultivittern Ausländern nach und nach et¬ was von den mildern Sitten derselben den Teutschen mittheilen. Ueberhaupt bringt die Handlung schon dadurch eine vorteilhafte Wirkung für die Sitten hervor, daß sie die Beschäftigungen vermehrt, dest Mä- Maximilian i. ic-5 Müßiggang beschränkt und den Menschen mehrere We- Ze, sich den Unterhalt zu verschaffen, öffnet. Der Handlung folgten die schönen Künste und Wissen¬ schaften auf dem Fusse nach, und wirkten noch mehr, als alles übrige auf die Sitten. Sie verbesserten den Geschmack der Teukschen, flößten ihnen sanftere Ge¬ fühle ein und machten sie mit feiner» Vergnügungen bekannt. Man fieng an, sich der bisherigen Rohheit ju schämen, und bestrebte sich, so gut man konnte, dieselbe abzulegen und zu verdrängen. Durch Kunst- lleiß zeichnete sich hauptsächtlich die Reichsstadt Nürn¬ berg aus. Die Werke ihrer Künstler wurden sogar von Ausländern gesucht. Männer, die sich durch rine gute Kenntniß der alten griechischen und römischenLit- tc'-arur hervorthaten, und die Wiederherstellung der schö¬ ben Künste und Wissenschaften mit Eifer betrieben, waren sclion durch ganz Tentschland zerstreuet. Dieberühmtesten, bic hier genannt zu werden verdienen, waren Johann Neictiin, Konrad Ceites, Konrad peutinger, Johann von Dalberg, Johann Trtrhcmius, Johann Aventin, Deside- klus Erasmus rc. Die Verbreitung der Wissenschaften hatte man vorzüglich der Buchdruckerkunst, die jetzt schon tu voller Thätigkeit war, zu danken. Man konnte nun sowohl correcte Exemplarien der alten Klassik;!-, als auch die besten Werke der neuern um *^en mäßigen Preis leicht bekommen. Dadurch wur- ben mehrere Leute, die bisher in der Seltenheit und Kostbarkeit der Bücher uuübersteigliche Hindernisse fan¬ den , MaxrMllai fosgern in der Monarchie entstandenen Verwirrungen zauz in Verfall gerathen. Durch das ganze Mittel¬ alter hindurch bedienten sich Könige und Fürsten, wenn sie an entlegene Orte im Lande oder auswärts et¬ was zu berichten oder zu schicken hatten, der Frohn- Nenste ihrer Unrerthanen, die jur Fortbringung des¬ jenigen, welcher mit den öffentlichen Aufträgen be¬ laden war > eine Art von Vorspann leisten mußten; Privatleute aber hatten zur Versendung ihrer Briefe und Sachen Anfangs kein anderes Mittel, als entweder eigene Boten zu diesem Ende aufzunehmen, oder das zu Ueberschickende reisenden Handelsleuten oder Metzgern, die Vieh einzuhagdeln gierigen, mit¬ zugeben, bis nach dec Zeit einige Städte beständi¬ ge, zu gewissen Zeiten an einen bestimmten Ort ab¬ gehende , Boten zu unterhalte» anfingen. Alle diese Anstalten waren jedoch thcils sehr kostbar, theils un¬ sicher, und überhaupt zu beschränkt. Weit schicklicher sind zur Beförderung der Comunication die Posten, wozu in Frankreich der erste Grund gelegt wurde, da der König Ludwig X. 146z Boten zu Pferde, die irr verfchicdeiieStationenverthetletwar«»,und die Pferde wech- Maximilian r. rc>9 wechselten, einführte, nm von den Bewegungen Karls Kes Kühnen Herzogs von Burgund schleunige Nach- Achten zu erhalten. In Teutschland hat zuerst der Kaiser Maximilian, der als vormundschaftlicher Re- gent der Niederlande eine bequeme Communicatio« Wit seinen österreichischen Erblanden zu haben wünsch¬ te, auf Vorschlag und durch Hülfe des Franz vs« Taxis, den er zu seinem Postmeister ernannte, iZr6 Une reitende Post von Brüssel nach Wien anlegen las¬ sen. Dieses nützliche Institut würde jedoch schwerlich t'vii Dauer gewesen sepn, wenn cs nicht durch die er¬ haltene Erlanbniß, auch Briefschaften der Privatleute Mitzunehmen, ein Mittel an die Hand bekommen hat¬ te , die grossen Unterhaltungskosten wieder einzubriugen. ^em Franz von Taxis folgte iZiZ seines Bruders ^ohn Johann Baptist indem Postmeisteramte, der das¬ selbe auch unter Karl V. fortführte. Dessen Lohn, Leonhard von Taxis, warb vom K. Karl V. l 54.Z iUm Generalpostmeistcr ernannt, und darüber mit einem kaiserlichen Bestallungsbriefe versehen. Er errichtete 'ine neue reitende Post aus den Niederlanden nach Jta- 'len. Diese Posten wurden von den Kaisern Maxi¬ milian I. und Karl V. aus der niederländischen Cassr Verhalten. Als nach Karls V. Abdankung und Tod der Besitzer der Niederlande nicht mehr die näm- 'che Person mit dem Kaiser war, scheint Leonhard von "^xis bep Durchführung der Posten durch das Reich tidigr Anstände gehabt und besorgt zu haben, sein Ge- no Maximilian l. Eeneralpostmetsteramt möchte im Reiche nicht mehr er¬ kannt und also bloß auf die Niederlande beschränkt werden. Er bewarb sich daher bep dem K. Ferdinand l. um die Bestätigung und Crneuerung des von Karl V. erhaltenen Bestallungsbriefts, besonders in Ansehung der durch bas Reich gehenden Posten. Die¬ selbe ward ihm auch 1563 in bester Form crkheilet. Da aber doch die Posten noch immer auf Kosten u»v Rechnung des Königs von Spanien - als Besitzers dec Niederlande/ durch das Reich fortgeführet wurden, so ward es den ttutschen Reicbsständen je länger st banger, Teutschland möchte zuletzt mit einer spanische" Servitut belegt werden» Sie begehrten daher rZ/o vom Kaiser Maximilian II., er sollte das Postwe¬ sen als eines römischen Kaisers sondere Hoheit und Regal beym Reiche erhalten, und es nicht seinen Nach¬ fahren zum Präjudiz in fremde Hände kommen lasse". Diesen Wünschen der Neichsstände that K, Nüdoll kl. Genüge, indem er sich lZ^Z mit dem Könilst von Spanien wegen der Posten im Reiche vergliche das Postwesen in Teutschland für ein kaiserliches gal erklärte, und den nunmehr in den Freyherrnsta"^ erhobenen Leonhard von Tapis zum kaiserlichen Ge"^ ralobersiposimeister im heiligen römischen Reiche be¬ stellte. Der Kaiser Mathias belehnte i6iz bc" Freyherrn Lamoral von Lapis, Leonhards Soh"^ auf sein Ansuchen mit dem Generaloberstpostmeistec' amt über die Posten lm Reiche, als mit einem ve" neuen) Maximilian i. m -enem' angesetzten kaiserlichen Regal, für sich und seine ^männlichen Erben- und verschaffte attf solche Art der tonischen Familie durch die teutsche Grundvct- saffung selbst alle mögliche Sicherheit über ihr durch Verdienste ciworbencs Recht ans die Rcichsposten. Von Ferdinand II. wurde 1621 die Erblichkeit des tauschen Reichspostlchns nach Abgang des männli¬ chen Stammes auch auf die weiblichen Nachkommen erstreckt, und »6zo Lamoral Freyherr von Taxis in den Grafenstand erhoben. Unterdessen hakten die Taxis durch Unterstützung der Kaiser und unter kai¬ serlichem Ansehen noch mehrere Pvstrouten nach ver¬ schiedenen Gegenden von Teutschland angelegt, und fuhren in diesem Eifer rühmlich fort ; stiegen ab;r da¬ für auch in ihren Einkünften und in Würden immer höher. Allein eben die Einträglichkeit des taxischen Postregals erregte die Eifersucht der teutschcn Reichs¬ stände. Sie fiengen an, zu behaupten, daß cs jedem kandeshetrn znkomme, in seinem Lande Posten zu et- richten. Der Kurfürst von Brandenburg machte 16^2 Mit Errichtung landesherrlicher Posten den Anfang, Und die Häuser Hessen-Eassel, Braunschweig und Sach¬ sen folgten ihm nach. Sie beriefen sich auf das Bey- fpiel von Oesterreich, wo auch Landcsposten vorhan¬ den und die Freyherrn von Paar 1624 von Ferdi¬ nand II. mit dem crblandischen Obcrsthofpostmcister- ÜNlte belehnet woeden waren; sie vergassen aber da, hech zu btdcnliN, büß Vie Ka scr in ihren österreichi¬ schen UL Maximilian i. xxix. scheu ErbländerN gleich bepm Entstehen desPostwefens/ da noch kein kaiserliches Postregal gegründet war - mithin demselben kein Abbruch geschehen konnte, ans landesherrlicher Macht und auf eigne Kosten, wie cs damahls jeder andere Reichsstand hätte thun können, Posten errichteten und so immerfort unterhielten; daß eben diese Kaiser bey allen nachherigen Verleihungen und Belehnungen, die sie dem toxischen Hause ertheilten, iinmer in Ansehung ihrer erbländischen Posten eine aus¬ drückliche Ausnahme machten; daß endlich überhaupt von den Herzogen von Oesterreich, die schon von Fried¬ rich l. das außerordentliche Privilegium erhalten ha¬ ben , daß alle von ihnen in ihren Ländern getroffenen AnordnNngen Nicht einmahl vom Kaiser sollten uMgc- stossen werden können- auf die übrigen Reichüstänve/ von denen Niemand eine so grosse Freyheit aufzuwci- sen hat, kein Schluß gemacht werden könne, besonders nachdem letztere die Posten im Reiche bereits vielfäl¬ tig, theils stillschweigend, thcils ausdrücklich, für ein kaiserliches Regal anerkannt haben, Die neuen Einrichtungen, die unter Maximi¬ lian getroffen wurden, und die Erfindungen, die zwar schon einige Zeit vorher gemacht worden waren, abet doch erst unter Maximilian eine größere VervoükonE nung und bessere Anwendung erhielten, waren g" wiß dazu geeignet, Veränderungen hervorzubringM die dem ganzen Europa, besonders aber dem teut- sehen Reiche, eine andere Gestalt geben mußten. stel- Maximilian t. tls skclle sich vor, was bcy aller unserer heutigen Cultur in kurzer Zett aus uns werden müßte, wenn durch einen Iauberschlag nur die Buchdruckerkunst, das Pul- ber und Geschütz und das Postwesen vernichtet und das Faustrecht in seine eiserne Herrschaft wieder eingesetzt würde; so wird man sich leicht einen Begriff machen können, wie es in Europa und hauptsächlich in un¬ serem Teutschlaud ausgesehcn haben müsse, da man auf eine Buchdruckerei) noch gar nicht dächte, da man noch kein Pulver Und keine Canonen hätte, da die Menschen aus Abgang der Postanstalten gleichsam iso- lirt lebten, da der Landfrieden mehr dem Nahmen nach als in der Ausübung bekannt war und tausend ande¬ re Dinge fehlten, die zu unserer jetzigen Bildung und Lebensart wesentlich beytragen. Mit Recht kann mast daher die Negierung Maximilians, während der ss diele Werkzeuge zum Sturze der Barbarei) theils neu er¬ kunden , thcils verbessert wurden, als die Scheidewand Zwischen dem mittleren Zeitalter und den neuern Zeiten Ansehen. Wenn gleich mehrere Sachen, die unter ihm ins Werk kamen, so lang er lebte, noch in einer ge¬ wissen Unvollkommenheit blieben, und ihre Folgen erst später recht sichtbar wurden; ss muß man doch geste¬ hen , daß Maximilians Regierung im Ganzen die frohe¬ sten Aussichten für die Zukunft- eröffnete. Allein un- Llücklichcr Weise wurden dieselben eben aufderwichtig¬ ste Seite noch auf lange Zeit durch theologische Srrei- k'gkeiten unterbrochen, die zwar noch, in den letzten wahren Maximilians den Anfckng nahmen, aber doch H erst Maximttiün l. !l4 erst unter seinem Nachfolger so grosse Revolutionen nach sich zogen, daß selbst darin ein neuer Grund liegt > vo» Karl V. eine neue Epoche der Geschichte anzufaitgen. XXX, Mx haben gehört, was für eine Mühe man sich auf dem Concilium zu Kostnitz und Basel gege¬ ben habe, die Mißbräuche, die sich in die Kirche ein- geschiichen hatten, zu verbessern, und wie geschickt He Päpste den erwünschten Erfolg dieser Bemühun¬ gen durch Concordaten größtenthcils zu vereiteln ge¬ wußt hüben. Das letzte mit Nicolaus V. zu Wien für die tentfche Nation geschlossene Concordat war besonders vorteilhaft für den römischen Hof, und doch begnügte man sich zu Nom nicht damit, sondern handelte demselben nach Belieben entgegen. Schon unter Kaiser Friedrich i V. entstanden darüber laute Klagen. Dem Kaiser Maximilian übergaben die deut¬ schen Reichsstände auf dem Reichstage zu Augsburg tZio zehen Hauptbeschwerden gegen den römische» Hof, welche vornehmlich die päpstlichen Reservatio, nen und Exspectakiven, die Annaten, Zchenden , Ab¬ läße und andere Gelderpressungen der römischen Curie, wie auch die schlechte Besetzung der geistlichen Pfrün¬ den betrafen. In Ansehung des letzten Pnncks heißt es unter andern: ,,Cccic.>liarum reAimirra miirru. eliAn'ui committuntur, qui nci mulo^ quam Iiomines puscenäo-, L rezoncios tckHnt iäonsi," Diesen Beschwerden waren einige Dor- schlä- Marinu'lian i. nz schlüge beygefügt, wie denselben abgeholftu werben könnte. Dem Kaiser Maximilian, der eben damahls mit dem Papste Julius II. wegen dessen Rücktritt von der cambrayer Ligue in keinem guten Vernehmen stand, war die von den Reichsstünden gemachte An-- rrgung ehr willkommen. Um dem Papste wehe zn thun und zugleich die Freyheiten der teutschen Kirche wieder herznstcllen, dachte er eine pragma ische Sanc-- tion für Leutschland zu errichten. Jacob Wimphe- ling, ein berühmter Theolog von Straßburg, mußte ihm einen Entwurf hierzu verfertigen, und dabcy die ehedem von dem Könige Karl VII. von Frank¬ reich publicirte pragmatische Sanction zum Grunde legen. Die Arbeit war beynahe schon ganz fertig, als Maximilian auf einmahl, ich weiß nicht wie und von wem- auf den Gedanken gebracht worden zu seyn scheint, daß in solchen Dingen, wie er sich selbst in einem Schreiben an die Stadt Gelnhausen aus¬ drückt- ohne ein allgemeines Concilium nichts Frucht- barliches gehandelt werden kann. Ec ließ daher das Project der pragmatischen Snnction liegen und be¬ schloß auf dem mit dein Könige von Frankreich ver¬ abredeten Concilium zu Pisa in das unordentliche Wesen der Kirche zu sehen und löbliche Ordnung im geistlichen Stande zu machen. Wie aber auch daS Pisanec Concilium ein ^änz fruchtloses Ende nahm, -so schien es, der römische Hof werde nun wieder auf lange Zeit die Früchte seiner Politik in ungestörter H L Rühe 116 Maximilian ft Ruhe genießen können. Allein wider alles Vermu- then ward noch unter Maximilians Negierung von- einer Seite her, von der man es am wenigsten er¬ wartet hätte, der erste Schritt zu einer so genannten Rirchenreformacion gerhan, die freylich dem rö¬ mischen Hofe in der Folge eine weit tiefere Wunde, als es selbst durch das freieste Concilium je geschehen sepn wurde, schlng; aber leider auch Teukschland in unübersehbare theologische Dispute verwickelte und auf mehr als ein Jahrhundert um seine innere Ruhe brachte. XXXI. Den Anlaß zu diesen grossen Bewegungen gab der Ablaßhandel. Wenn wir uns einen wahren Begriff von den Abläßen machen wollen, so müssen wir in die Kirchengeschichte zurückgehen. Die erste und vornehmste Pflicht, welche die alte christliche Kir¬ che ihren Mitgliedern anflegkc, war strenge Mora« lität und «»geheuchelte Tugend- Wer diese Pflicht eines Christen durch Begehung eines groben Verbre¬ chens zum Aergerniß Anderer übertrat, ward nicht Mehr für würdig geachtet, an den Rechten der christ¬ lichen Gesellschaft Antheil zu nehmen. Wollte er derselben allmählig wieder thcilhaftig werden, so Mu߬ te er sich einer öffentlichen Busse, Vie viele Jahrelang, bisweilen bis an das Ende des Lebens dauerte, un¬ terwerfen. Doch wurde bald eingeführt, daß Sün¬ dern, die noch vor Ablauf dieser Jahre durch ihre Handlungen ungezweiftite Zeichen der Besserung von sich Maximilian l. H7 sich gaben, auf Fürbitte irgend eines Märtyrers oder «tiier ganzen christlichen Gemeinde die übrigen Bu߬ lahre nachgelassen werden konnten. In dieser Erlas¬ sung eines Theils der von den alten Canonen auf die Verbrechen festgesetzten Kirchenbusse bestanden ur» sprünglich die Abläße. Später fieng man an, auch ohne Fürbitte und für Handlungen, die an sich eben keine Besserung anzeigten, Abläße zu ercheilen. So waren das Fasten, die Erlegung einer Geldsumme zur Auslösung der Gefangenen, zum Unterhalte der Prie¬ ster oder zum Allmosen für die Armen, das Absingen einiger Psalmen, die Verrichtung gewisser Gebete, die Besuchung heiliger Orte, die Erbauung einer neuen Kirche, die Stiftung eines neuen Altars, die Mitmachung eines Krcutzzuges, oder blosse Grldbey' träge zum Behuf dieser Endzwecke, endlich wohl gar auch die Ergreifung der Waffen gegen einen vom Papste eprommunicirten Fürsten lauter Handlungen, durch die man Ablaß gewinnen konnte. Unterdessen aber, als diese Arten, sich des Ablasses zu versichern, nach unv nach aufgekommen waren, hatte sich das Pte Institut der öffentlichen Kirchcnbusse allmahlig verloren, und nun war man einigermassen in Verle¬ genheit, zu bestimmen, worin denn eigentlich die Abläße bestehen. Einige sagten, daß durch die Ablä¬ ße die Strafen , welche in diese n Leben auf die Sünden in fügen pstegen, z. V. Krankheiten , Acmurh, Verach¬ tung ec-, abgewendet werden, so wie andere religiöse Hand- Maximilian i. I!8 Handlungen zur Abwendung verschiedener zeitlichen Unglücksfälle, z. B. des Mißwuchses, des Hügels, der Dürre, der Pest rc. dienten. Allein diesen Be¬ griff mußte man bald fahren lassen, well die Erfah¬ rung zu deutlich lehrte, daß den natürlichen Folgen gewisser Vergehungen durch keine Abläße ausgewichen werden könne. Dir meisten Theologen nahmen daher «inen anderen, mit der alten Kirchcnlehre zusammen¬ hängenderen und fester haltenden, Begriff an. Die Kirchenväter bezeugen, daß Gott, wenn er auch die Schuld der Sünde durch den Beichtvater erläßt, sich doch immer noch zur Genugthuung einige zeitlichen, Strafen Vorbehalte, die, wenn sie nicht in diesem Le¬ ben gebüßt würden, erst im andern Leben gebüßt wer¬ den müßten. Diese Lehre auf die Abläße angewandt, konicke kein natürlicheres Resultat geben, als daß durch die Abläße die zeitlichen Strafen, durch welche der Sünder, auch nach erlangter Lossprechung von, der Sünde und ewigen Strafe, der göttlichen Gerech¬ tigkeit entweder hier auf Erden, oder dort im Feg¬ feuer Genugthuung zu leisten schuldig ist, nachgelas¬ sen werden. Mit Hülfe der scholastischen Theologie entwickelte sich nun nach und nach folgendes System: Christus habe zur Versöhnung der Menschen mit Gott unendlich mehr gethan, als es nothwendig gewesen wäre. Dadurch habe er für seine Kirche einen un¬ erschöpflichen Schatz von Verdiensten angelegt, der rwch immerfort durch hie darein fallenden überflüßt- gey Maximilian l. HI Zen Verdienste der Heiligen vermehret werbe. Dir »berste Verwaltung dieses geistlichen Schatzes stehe dem Papste, als Christi Statthalter auf Erden, zu: er könne also von den vorräthigen Verdiensten jedem Menschen zur Nachlassung der von Gott nach erlasse¬ ner Sundenschuld noch vorbehaltenen Strafen soviel Mheilen, als er wolle. Von diesem System, bessert Sätze Clemens VI. I Z42 durch eine Bulle für Glau¬ bensartikel erklärte, suchte die römische Curie soviel Nutzen zu ziehen, als möglich war. Sie machte den Ablaß zu einer Finanzquelle. Wenn man zu Rom Geld brauchte, so eröffneten die Päpste ihren geistli¬ chen Schatz. Bey dieser Bestimmung der Abläße ist es nicht zn wundern, wenn sich dabey von Tag zu Tag größere Mißbräuche einschlichen. Die ausge¬ schickten Ablaßprcdiger, um ihre Ablaßscheine desto dichter an Mann zu bringen, erzählten dem gemeinen Manne die widersinnigsten Dinge von den grossen Wirkungen des Ablasses. Unter andern erhielten und bestärkten sie bas Volk in dem Wahne,, daß durch den Ablaß die Vergebung der Sündenschuld selbst er¬ halten werde. Ein so bequemes Mittel, sich der Sündenlast zu entledigen, mußte natürlich vielen Bey- fall finden. Die Ablaßscheine fanden immer größorn Absatz. Die Päpste unterließen auch nicht, durch von Zeit zu Zeit angebrachte Raffinements den Handel noch ergiebiger zu machen. So fiengen sie um di.t Mitte des tZ. Jahrhunderts an , den Ablass pacht- wei- Maximilian i. l2D weise gewissen Commissarien zu überlassen; denn sie sahen ein, daß sich das Vcrpachkungsfpstem sehr gut anwcndcn lasse, nm dein Ablaß hinlänglich zu benu¬ tzen, wie es überhaupt vortheilhaft ist, wenn dec Herr zu weit entfernt ist und seine Einkünfte nicht genau übersehen kann. Die Hauptpächtcc übernah¬ men ganze Provinzen. Sie stellten für kleinere Be¬ zirke Unterpacht«!- an, und diese nahmen wieder Lenke auf, die ihnen die Ablaßbriefe feil zu bieten halsen, gber dabey auch für ihren eigenen Beutel, so gut sie konnten, sorgten. Solche Lente liefen dann über¬ all tm Lande herum, priesen auf alle erdenkliche Art den.Werth des Ablaßes, und drangen denselben oft sogar mit Gewalt oder List auch der ärmsten Volks- classe auf. Den weltlichen Regenten waren freplich dergleichen Brandschatzungen ihrer Länder nicht an¬ genehm ; allein theils wagten sie es nicht, sich zu widersetzen, theils wußte man sie durch die Bewilli¬ gung eines Antheils an den Ablaßgeldern zum Still¬ schweigen zu bewegen; denn da es ihnen bei) der da- mahligen Steuerve-fassung auch in den dringendsten Bedürfnissen schwer fiel, Geldbeiträge von ihren Land- schäften durch eigenes Ansehen zu erhallen, so mu߬ ten sie oft froh ftpn, auf solche Art etwas zu be¬ kommen tz). Un- Siebe Jos peyeks o. L. t'chrcrs des Klrchenrechts a" " der hohen Schule zu Freyburg jni Breisgau Untersuch»"?, ob der ckirchenaelao ,nc lprachlalsung der göttlich-^ Dtraff scy w. Freyburg tm Breisgau. 1788- Maximilian l. I2l Unter Maximilians Negierung hatte der Pabst XXXH. Julius II. den Bau der prächtigen St. Peterskirche d" Rom unternommen. Sein Nachfolger keo X. setz¬ te den Bau fort. Da er aber ein sehr verschwenderi¬ scher H^rr war, so gieng ihm das von seinem Vorfah¬ ren zu diesem Ende gesammelte Geld bald aus. Er versuchte Anfangs die nvthigen Kosten durch Erhe¬ bung eines allgemeinen Zehcnds von den geistlichen Gütern herbeyzuschaffen; allein dieser gezwungenen Ab¬ gabe setzten sich unübersteigliche Schwierigkeiten entge- L"i. Er nahm daher seine Zuflucht zu den Abläßen, bie einen bessern Erfolg zu versprechen schienen, weil s>e eine fteywillige und noch dazu mit einem nicht zu berechnenden geistlichen Gewinn verbundene Abgabe wa¬ ren. Unterbeut tchten September rsi/ erschien die päpstliche Bulle, die den neuen Ablaß der Welt ver¬ kündigte. Zum Obercommissarius des Ablasses in ei- t'nu grossen Theile von Teutschland ward von Leo X, der Kurfürst Allbrecht von Maynz ans dem Hause Bran¬ denburg , der zugleich Erzbischof von Magdeburg und Administrator desBiskhums Halberstadt war, ernannt, dieser wühlte zu seinem Untercomissarius für die säch¬ sischen Lande den Dominicaner Johann Tezel, einen ^iann, der sichbcreils vorher durch seine Ablaßpredig- t*n sehr hervorgethan halte. Tezel säumte nicht, sein Ablassqcwerbe in Sachsen mit der schon gewohnten Thätigkeit auzofrngen. Auf der neu errichteten Uni¬ versität zu Wittenberg stand damahls ein Augnstiner- Hvnch, Doctor Martin Luther, als Lehrer der Theo- lo, 122 Maximilian i. logie, ein offener, feueriger und unternehmender Man», ter mit einer groffen biblischen Gelehrsamkeit eine noch größere Abneigung gegen die Scholastik verband. Als Tezel in Betreibung seines Ablaßgeschastes in die NW von Wittenberg kam, und auch hier dem gemeint» Manne von der Kraft und Wirkung feines Ablasses allerhand untheologische Begriffe beyzubringen sucht«» die bei) ihrer allgemeiner» Verbreitung der Moralität rind Tugend gefährlich werden konnten, hielt es btt Theologe Luther für seine Pflicht, die Leute vor der¬ gleichen Irrthümern zu warnen. Sobald Tezel dieses erfuhr, verschrie er Lnthern als einen Ketzer, und be- drohetc alle mit dem Scheiterhaufen, die sich unter¬ fangen würden, seine Ablaßbriefe herabzuwürdigeid Hierauf schlug Luther am Allerheiligen Abend iZl/' 95 Thcfts über den Ablaß an die Schloßktrche Z" Wittenberg an, und erbot sich, dieselben gegen Jeder¬ mann sowohl mündlich als schriftlich zu vcrtheidigcK- Te;cl war dadurch noch mehr aufgebracht. Er hi«'t öffentliche Predigten wider Luthers Sätze, verbrann¬ te dieselben eigenmächtig als eine ketzerische Schrift, l>^ schlug dagegen zu Frankfurt an der Ober andere SE an, worin er aus unbesonnenem Widerspruchsgeist^ auffallende Ungereimtheiten vortrug. Aber Luther Lin besserer Prediger und Schriftsteller als Tezek Sein Sermon vom Ablaß, seine Erkläung der sl«W Bußpsalmen und seinsAuslegung des Vaterunser, rW- in er nun nach einander die Begriffe des Volkes Wl den Maximilian i. I2Z Ablaß zu berichtigen suchte, ohne seinen Gegner "dch nahmentlich anzugreisen, machten wetz mehr Ein- ^'»ck, als Tczels Declamationen und Gegensätze. Da- i» trug vieles bei), daß die Schriften Luthers in der Sprache des gemeinen ManneS und in einem faßlichen eindringsndcn Styl geschrieben waren, und durch damahls schon schr verbreiteten Duchdruckereyen ^gleich einer Menge von Leuten, in die Hände gespickt wurden. Um diesem Streite ein Endezu machen, gab Luthe > XXXIII. ^^e lateinische Erörterung und Vertheidigung seiner qZ ^kcitsätze heraus, und schickte sie mit einem schr ^terbiekigen Schreiben dem Pabste selbst zu , in der Hoffnung, sich dadurch bei) demselben gegen seine ä'iinde zn rechtfertigen, und eine Abstellung der gro. ^>1 Mißbräuche der Ablaßhändle r zu bewirken. Allein 'Nom war man nicht gewohnt, Leute, diesich dem harsche,wen Systeme nicht blindlings fügen wollren ^cht zu geben, oder sie gar in Schutz zu nehmen ' '"d noch viel weniger einmahlin Gang gebrachte ein. ^gliche Mißbräuche abzusiellen. Zu dem unterließen ^el «ud seine Ordensbrüder nichts, umLuthern in förmlichen Kctzerproceß zn verwickeln. Auf ihr "Mmmms Anhalten ward also zu Rom ei n gcist- ches Beruht niedergesetzt,und im Julius iA-8 eine ^"ng an kuthern erlassen, sich vor demselben binnen Tagen zur Verantwortung zu stellen. Luther ge- darüber in grosse Verlegenheit. Doch der Kur¬ fürst 124 Maximilian s. fürst Friedrich der Weise von Sachsen nahm sich sei¬ nes Professors an, und wollte dessen Evocation nach Rom nicht gestatten, wahrscheinlich aus der nicht un- gegründeten Furcht, den wichtigen Mann, der feint geliebte Universität von Wittenberg in so kurzer Zeit in einen außerordentlichen Ruf gebracht hatte, zuM größten Nachtheil derselben auf immer zu verlieren. Er leitete daher die Sache so ein, daß Luther i« Deutschland verhört werden sollte. Den Auftrag hier« zu erhielt von Leo X. der Cardinal Cajetan (eigent¬ lich Thomas de Vio von Cascka), der sich eben da- mahls auf dem wegen des bevorstehenden Türkenzu- geS angesctzren Reichstage zu Augsburg als päpstli¬ cher Legat befand. Gegen das Ende des Reichstags kam Luther zu Augsburg wirklich an. Der Cardi¬ nal wollte die Sache mit ihm ganz kurz ausmachen. Er forderte von Luthern einen unbedingten Widerruf feiner Jrrthümer; Luther aber wollte sich dazu nicht verstehen, sondern begehrte, man sollte ihn vorher aus der Schrift eines Irrthums überweisen. Nu« bezeichnete der Cardinal ein Paar von Luthers Sä¬ tzen, die er für ketzerisch ausgab; allein Luther ver- theidigte dieselben mit einer solchen Gewandtheit, daß der Cardinal mit seinen Einwendungen nicht zum Zielt kommen konnte. Sich in ein weitläufiges Disputi- ren einzulassen, hatte der Cardinal keine Lust. Ec rmtecsagte also Luther» allen weitern Zutritt zu sich/ es Maximilian I. fey dann, um zu widerrufen Ir). Luther konnte zu einem Widerruf gegen seine Ueberzcugung nicht ^schließen, und begab sist) auf den Nach fei' er Freun- de, welche befürchteten, der Cardinal möchte ihn ge¬ fangen setzen lassen, von Augsburg wieder nach Hau¬ fe, mit Hinterlassung einer Appellation an den Papst, d" nach seiner Abreise öffentlich zu Augsburg angc- lchlagca wurde. Der Cardinal ergriff nun ein an¬ deres Mittel, um der Sache ein kurzes Ende zu mr- Hen. Er erließ an den Ku,fürsten von Sachsen, Lu- thers kandrsherrn, ein sehr dringendes und sogar drohendes Ermahnuugsschrciben, den Bruder Martin <"tiveder nach Rom zu liefern oder wenigstens auS dem Lande zu jagen. Allein der Kurfürst schlug ihm dchdes ab , weil Luther noch keines Jrrtbnms über¬ führt wäre, und die neu gestiftete Universität zu Wit- Anberg durch dessen Entfernung viel verlieren würde, dieser Schritt des Kurfürsten verrieth viel Entschloss f^heit, Luthers Sache zu vcrkhcidigen, weil er ge- idan worden war, ung^chtet indessen eine am y, ^op. iZiZ ansgefertigte päpstliche Bulle alle von Nutzern angefochtenen Sätze der Ablaßlehre auf Las ästigste bestätiget, und Luther durch eine dagegen griffen« Appellation vom Papste an ei» allgemeines Con- "olo aninli'18, sagte Enjekan zu einem Anne- cnm besrjA loHur; eni'.n ^io1'uutit>L Ocnlox A miradilcs specutnrionss r» erpitS üio." M/- eoettu- IIist. retvrmac. p. ^z, i2§ MuxmüliM I. Coucilium sich zu Rom noch mehr verhaßt gemacht hatte. Ohne Zweifel würde nach diesen mißlungene» Versuchen und bedenklichen Ereignissen der römisilst Hof sein Bestreben vorzüglich dahin gerichtet haben, dem Kaiser Maximilian die Verfolgung Luthers j">» angelegentlichsten Geschäfte zu machen; aber der bald darauf erfolgte Tod des Kaisers vereitelte den mern auch diese Aussicht; denn nun trat ein Irrtet reguum ein. Während desselben führte der Luthes geneigte Kurfürst von Sachsen das Reichsvicariatr Unter dessen Schutze konnte Luther ungehindert seine» Anhang vermehren und seine Lehre immer weiter ans- breitem Sd warb der erste Grund zu der wichtig^ Revolution gelegt, die unter dem Nahmen der Re¬ formation bekannt ist, und sowohl in Rücksicht det Kirche als auch des Staates Folgen gehabt hat, a"f die ihr Urheber gewiß nicht gedacht hat i). XXXIV. Non den Veränderungen, die einzelne tenls^ss Reichsiänder betreffen, verdienen unter MaMülia^ 1; Regierung angemerkt zu werden. I. Lio Erhebung der j) Zu der hiermit angehenden Reformation^',efchkchte gH- rcn vorzüglich folger,de Merke: I,.iul. »i' Noire ein QurkerrMismo kuiis iSIo II. 'I'om. 8^ Vir. I^uck. !> conimsuturius iiistvricl^H upoiogecicr^ cis l.ucbochnirmo L reformuriouv rLi>lst"f nis nUueriüs I,uä. Vlriiuidiu »ium dhrnrot L >j688 4w. 1692. koi. , ins deutsche übersetzt von Elt« Frick, Leipzig 1714. Po. Valent. LSili-r-.. vollständig Reckrinations - Zers und elocumeur» . Leipzig 1720. E' ' Gort. Iac. Planks Geschichte des procestonrffchen Lc!)>^ grW Leipzig 1781 — r7»8- l V. D. 8vo! Maximilian s. 127 öeb Grafschaft Wirtcmbery zu einem Herzog-- chrlm. Die Grafen von Wirtemberg gehörten schon I«nge unter die ansehnlichsten von ihrem Stande. Der Graf Eberhard der Bärtige oder der Heitere hob sich knter den übrigen tcutschcu Grafen noch mehr empor> da ex durch verschiedene mir seinem Vetter, dem Grafen Eberhard dem Jüngern, eingcgangene Verträge die Tisammtcn wirtembergischen Lande an sich brachte unv ^rin Untheiibarkeit und Primogenitur cinführke. Zu- lsieich war er wegen seiner Klugheit, acht teutschcr Biederkeit und anderer guten Eigenschaften im Nci» He allgemein beliebt, und von dem römischen Könige Maximilian selbst eines besonder« Vertrauens gewür- ^iger. Ais er iche-A auf dem Reichstage zu Worms ^schien, trug ihm Maximilian von freycn Stücken ^ir herzogliche Würde an. Nach einiger Bedenkzeit ^ß sich Eberhard den Antrag gefallen, worauf ec "vch auf dem Reichstage zu Worms tchyZ seperlich Herzog erklärt und mit dem neuen Herzogthum wirtemberg belehnt wurde. Für den Fall, wenn neue Herzogthum nach Aussterben des Manns» ^n,ms als ein eröffnetes Lehn dem Reiche hcimsie- ward zwischeii Maximilian und Eberhard das Übereinkommen getroffen, daß die Negierungsadmi- ^iiration in demselben als in einer nicht wieder zu ^leihenden Neichsdomaine vom Kaiser oder einem ^'äsidenten, und 12 Rächen aus den Prälaten, Nit- und Städten des Landes geführet werden sollte. Au.- 128 Maximilian i. Außerdem erhiilt der neue Herzog Eberhard noch ei¬ ne besondere Belehnung mit der Reichssturmfahne/ woraus die Herzoge von Wirtcmberg in der Fol¬ ge a»f das Rcichserzpannerheiruamt Anspruch mach¬ ten. XXXV. II. Der Anfall -er gefürsteten Grafschaft Gorz an Oesterreich. Der Graf Mainhard dec III. von Görz hatte um das Jahr I2ZZ nach den» Tode des Grafen Albrechts von Tyrol, dem auf eine kurze Zeit die Länder der ausgrstorbenen Herzoge von Meran an der Etsch und dem Inn zugefallcn waren/ auch die dadurch sehr ansehnlich gewordene Grafschaft Tyrol rheils durch Erbschaft, theils durch Kauf an sich gebracht. Seine Sohne Albrecht und Mainhard VI. theilten 1271 die väterlichen Länder. Jener bekam Görz, dieser Tprol. Des letzten Sohn Hein¬ rich hinterließ nur eine einzige Tochter, die bekannte Margarethe Maultasch, welche nach dem Abstrichen ihres mit Ludwig dem Acltern, Herzoge von Bayern und Markgrafen von Brandenburg, erzeugten Soh¬ nes Mainhard die Grafschaft Tyrol an das Hans Oesterreich abtrat. Die görzische Linie dauerte in¬ dessen fort und erlosch erst nur dem Grafen Leonhard im Jahr izoo. Nun nahm Maximilian I. kraft alter, von den Grafen von Görz mit den Herzogen von Oesterreich geschlossenen, Erbvertrage die Graft schaft Görz in Besitz. II l. D-r Maximilian I. "9 III. Der pfalz-bayerische Erbfolgftreit rve-XXXVi» tzen deö erledigten lündohntischen Antheils. In dem Hause Bayern waren zu Maximilians I- Zei¬ len noch zwey Linien vorhanden, die eine zu Mün¬ chen, die andere zu Landshut. Der Mannsstamm der landshutischen Linie gieng iZ2z mit Georg dem Reichen aus, dessen einzige Tochter Elisabeth an den Pfalzgrafen Ruprecht, des Kurfürsten Philipps von der Pfalz zwcytcn Sohn, vermählt war. Der Her¬ zog Georg hatte in einem bereits 149k) gemachten Testamente seine Tochter Elisabeth und deren Gemahl Ruprecht mit Vorbeygehung feiner Agnaten aus der Münchner Linie, der Herzoge Albrechts kV', und Wolf- Zangs > zu Erben in seinem Landesankheile ernannt? und nachher auch schon zum Theil in Besitz gesetzt. Als er aber, ohne seinen Zweck noch völlig erreicht ju haben, 152z ».December starb , so entstand we, Zen der Erbfolge in seinem Lande zuerst ein rechtli¬ ches Verfahren» Der Kaiser Maximilian entschied, wie es die bayerischen Erbvertrage deutlich mir sich brachten, 1524 22. April zu Augsburg nach dein Rath der anwesenden Fürsten und Stände den Streik für die Herzoge von Bayern Albrecht l V^. und Wolf¬ gang, von denen dec erste seine Schwester Kunigunde iur Gemahlin» hatte. Allein der Pfalzgraf Ruprecht Und ftjne Gemahlinn wollten dem kaiserlichen Ans¬ prüche nicht gehorchen, sondern suchten vielmehr sich Hit Gewalt der ganzen laudshutischen Erbschaft zu ^eichsgesch. III. Thl. I be- Maximilian I. IZ» bemeistern. Darüber wurden der Pfalzgraf Ruprecht und sein Vater, der Kurfürst Philipp, in die Acht erklärt und die pfälzischen und landshutischen Lande von dem Kaiser Maximilian selbst, von den Herzogen von Bayern und von den Executionsvölkern verschie¬ dener Reichsstände auf allen Seiten angefallen. Der Pfalzgraf Ludwig und seine rüstige Gemahlinn Eli¬ sabeth setzten sich zwar tapfer zur Wehre; aber bey- de starben bald nach einander noch während des er¬ sten Kriegsjahrs 1524, und hinterließen zwey un¬ mündige Prinzen, Otto Heinrich und Philipp. Ihr Großvater und Vormünder Philipp suchte nun um Gnade bey dem Kaiser an und versprach, sich dessen Vrthcile zu unterwerfen. Dieses erfolgte mit Zn^ Ziehung unparthcyischer Kurfürsten, Fürsten und Stän¬ de auf dem Reichstage zu Cäln 1Z0Z, und bahnte den Weg zu dem endlichen Vergleich, der auf dem Reichstage zu Kostnitz 1Z07 zu Stande kam und dahin gieng, daß mit Ausnahme der Stadt Neu¬ burg au der Donau und eines bestimmten angrän- .zenbeu Bezirkes, der den pfälzischen Prinzen Otto Heinrich und Philipp überlassen wurde, und settdeiu die junge Pfalz oder Pfalzneuburg hieß, die übrigt Verlassenschaft des Herzogs Georgs von Landshut dem Herzoge Albrecht IV., dem indessen sein unver¬ mählter Bruder Wolfgang alle seine Rechte darauf abgetreten hatte, bleiben sollte; nur wurden noch beu Fürsten, die an diesem Pfalz - bayerischen Kriege An- theil Maximilian I. theil genommen hatten, verschiedene Stücke theilsvon den pfälzischen, thetls von den bayerischen Landen^ zur Entschädigung zuerkannt. So bekam der Kaiser Maximilian die Städte Kufstein, Kützbüchel, Neu» bürg am Inn und einige andere Herrschaften und Ortschaften wegen aufgewandtee Kriegslasten und alter Ansprüche, die er darauf hatte- Sogar die Reichsstadt Nürnberg, die sich bey der Execution besonders thätig bewiesen hatte, gicng nicht leer aus. Eie erhielt einige nahmhafte Orte an den Gränzen ihres Gebiets; mußte aber wegen derselben öftere Anfechtungen leiden, und erst vor wenigen Jahren hat man kurpfälzischer Seits sich eigenmächtige und -ewaltthätige Schritte deßwegen erlaubt. I - u. Haupt- *2* —.. > 2«-«-—--.-.-^^- II. Hauptstilck. Karl V. vom Fahr 1L19 -8. Funy bis iLL8 9. März. (29 Fahre.) Unter der Menge Schriftsteller von dieser Regierung gehören neben dem oben angeführten Seckendorfischen Wecke vorzüglich hieher L/erc/a»e (Historio¬ graphen der schmalkaldischen TundeSverwandten, seit 1A42 Professors der Rechte zu Straßburg) com- inenlarioium 6e statu reli^iouis L rei^ublicss parolo V. (lseibre libri 26. ^r^entorati lZzL 1'ol. 1^56 Kvo.z Friedrich ^ortlebers (weimari- schen Hofrachs gest. 1640) Handlungen und Aus¬ schreiben rc. von den Ursachen des tcutschcn Krieges K. Karls V» wider die schmalkaldischen Bundsver- wandten, Frankfurt l6l/ Fol. und der zwepte Theil unter dem Titel: von Rechtmäßigkeit, Anfang, Fork- »nd Ausgang des teulschen Krieges rc. bis IZS8- Frankfurt i6k8 Fol. Bepde Lheilr sind hernach mit Kupferstichen versehen, theils geändert, theils vermehrt von neuem herausgegcben worden durch Zach- prüefchenk, Hortleders Eidam, Gotha 1645. Fol.; .lob. 6enes. (königlich spanischen Chro¬ nographen) cie rebus Aeltis Laroli V. lin;). «l^e^i» üifz). lib. XXX. in Ojerum eins l. Karl V. i33 II. Natniti 1780.4to.; krudencio de Vida Iieckoz de Hmper^dor L-rrlos V. Ud. XXXIII. ?. II. Valladolid .604. I^ol. Ei-- ne pragmatische Geschichte dieser Regierung lieferte Wilhelm Robertson in seiner laillor/ ok tks rei^ia vs (llrarles V. 176^ ins Deutsche übersetzt Braun- fchnlGig »770. z Bände. 8vo. §. 72. Erster Abschnitt in der Regierung Karls > V. von seiner Wahl bis zum Madri- ter Frieden vom F. 1^19. bis 1L26. I. Throneandidaten nach Maximilians I. Lod. Gesin¬ nungen der Kurfürsten. Päpstliche Politik in Ansehung der Wahl. II. Wahltag. Streit wegen des böhmischen Kurrecht«. Bemühungen der französischen und chpani, scheu Gesandten. Reden der Kurfürsten von Maynz und Trier. Antrag an den Kurfürsten v»n Sachsen. Wahl Karl« Königs von Spanien. III Beweggrün» de der Kurfürsten, Karln eine Wahlcapitulation vorzu- legen. Berichtigung dieser ersten förmlichen Wahlca- pitulation. Unterschied zwischen derselben und den al¬ tern Cgpitulationen, IV. Inhalt der Wahlcapitu- lation. V- Karls Annahme der Wahl, Gleise nach Teutschland, Krönung zu Achen und Titulatur. VI. Landfriedensbrvch Ulrichs von Wirtemberg. Folgen da¬ von. VII. Spittlers Gründe , daß der schwäbisch« Bund weder die Absicht gehabt habe, noch haben kann, te, das Hepzogthum Wirtemberg an Oesterreich zu ver¬ kaufen. VIII. Widerlegung derselben. IX- Hildes- heimische Unruhen. X- Reichstag zu Worms 1521. Wiederherstellung des Reichsrrgiments. Wiedererbstnung des Kammergerichts, Verdefserung der Äammekgericht«» vH» IZ4 Karl V. vrdnung. Befestigung des Landfriedens. XI. Bewil- ligyng einer Reichshülfe zum Nomerzuge. Reichsma- trikcl. Wie diese hernach die Grundlage des altern Reichskriegösusses und des heutigen Reichssteuerfusses ward? Unvollkommenheit der Besteuerungsart nach Rö- mermonaten Aufkommen der Charitativsubsidien der Reichscitterschaft. XIl Päpstliche Mäßigung in de« lutherischen Sache. Luthers Disputation mit Eck. Päpstliche Verdammungsdulle. Deren Schicksal. Lu¬ thers weitere Schritte, Vorladung auf den Reichstag und Erscheinung zu Worms. Wormser Edict. XIII. Luthers Aufenthalt und Beschäftigung auf der Wart¬ burg. Verbreitung seiner Lehren und Schriften Trotz dem Wormser Edict. XIV. Erster Krieg mit Frank¬ reich. Ursachen davon. Bundesgenossen des Kaisers. Fortgang des Kriegs in den Niederlanden, an den Gränzen von Spanien und besonders in Italien, mit Ver¬ treibung der Franzosen aus Mayland, deren Niederlage Lev Bicoca und Romagnano, Belagerung von Mar¬ seille und Gefangennehmung des Königs Franz bey Pa¬ via. Madriter Frieden. XV. Erneuerung des schwä- bllchen Bundes Zwcy Reichstage zu Nürnberg 1522 vorzüglich wegen der Tückenhülfe nach der Einnahme von Belgrad und we°en der lutherischen Sache. Ha¬ drians VI. redliche Bemühungen in dieser Hinsicht mit schlechtem Erfolg. Mißvergnügen der Romer wide« ibn. XVI. Dritter Reichstag zu Nürnberg 1524. Fruchtloses Bestreben des Papstes Clemens VII , di« Vollziehung des Wormser Edikts durchzusetzcn. ReichS- tagSschlufi. Unzufriedenheit beyder Religionspartheyen, wie auch des Papstes und Kaisers mit demselben. XVII. Natürliche Ursachen der schnellen Verbreitung der lutherischen Lehre. XVIIl. Schwärmereyen dt wurde. Daraus wird leicht begreiflich, daß es nöthig sey, den Inhalt dieser ersten wahlcapitulation ausführlich anzuzeigen. Karl verband sich vermöge derselben i) die Christenheit, den Stuhl zu Rom, den Papst und die Kirche, als derselben Advocat, zn schützen; 2) die goldene Bulle, den Landfrieden und alle andere Reichsgesetze und Ordnungen zu bestätigen und nöthigen Falls mit Rath der Reichsstänbe zu ver¬ bessern ; Z) rin Reichsregiment von verständigen und redlichen Personen deutscher Nation mit Zuziehung ei¬ niger Kurfürsten und Fürsten, jedoch ohne Nachcherl der beyden Reichsvicarien, wieder aufznrichten; 4) alle Stände bep ihren hergebrachten Hoheiten, Mu»- den, Karl V. dur, Regalien, Freyhciten, Pfandschaften und Ge¬ rechtigkeiten ungestört zu lassen und sie dabey zu hand¬ haben; 5) den Kurfürsten zu gestatten, sich vermöge der goldenen Bulle wegen ihrer und des Reichs An¬ gelegenheiten zu versammeln und zu berathschlagen, hingegen 6) alle uttziem'-tche Verbindungen des Adels und der Unterchanea wider die Kurfürsten, Fürsten und Andere abzuschaffen und zu verbieten; für sich selbst, als römischer König, in des Reichs Han¬ deln keine Bündnisse mit Fremden, oder sonst im Reiche, ohne Einwilligung der Kurfürsten zu schlie¬ ßen; 8) einem jeden R-ichsstandr zu dem, was ihm oder seinen Vorfahren widerrechtlich entzogen wor¬ den , wieder zu verhelfen und ihn dabey zu schützen; 9) vom Ntiche ohne Einwilligung der sämmtltchcn Kurfürsten nichts zu verpfänden oder auf was im¬ mer für Art zu veräußern, sondern vielmehr das da¬ von Abgckommen« nach Möglichkeit wieder herbeyzn» dringen; ja sogar io) wenn er selbst oder die Sei^ nige» etwas dem Reiche Gehöriges unrechtmäßig be¬ säßen , selbiges auf Verlangen der Kurfürsten heraus jll geben; H) ohne Rath und Bewilligung der Reichsstände, besonders der Kurfürsten, keinen Reichs^ krieg auzufangeu, noch auch fremdes Kriegsvolk in das Reich zu führen, doch ohne gehindert zu scpn, sich aller Hülfe zu bedienen, wenn er wegen des Reichs oder das Reich selbst angegriffen würde; ts) die Rcichestände mit Reichstagen, Kanzlepgeldern, Naey- Heichögesch. lll, Thl. K rü- 146 Karl reisen, Auflagen oder Steuern ohne Noch und red¬ liche Ursache nicht zu beschweren, noch in zugelassenen nothdürftigen Fällen die Steuern und Reichstage ohne Wissen und Willen der Kurfürsten anzusetzen, insonderheik aber keinen Reichstag außerhalb des teutschen Reichs auszuschreiben; IZ) die Reichs-und Hofämker bloß mit gebornen Teutschen von gutem Herkommen zu be¬ setzen und diesen Aemtern an ihren Ehren, Rechten und Einkünften nichts zu entziehen; 14) in Schrif¬ ten und Handlungen des Reichs keine andere, als die teutsche oder lateinische Sprache gebrauchen zu lassen; IA) die Stände und Unterthanen des Reichs vor kein Gericht außer dem Reich zu fordern m); 16) alles, was der römische Hof wider die Con- cordaken der teutschen Nation unternommen, mit dec Reichsstände Rath abzustellen und darauf zu sehen, daß diese Concordaten gehalten würden; 17) die grossen Gesellschaften der Kaufleute, die bisher mit ihrem Gelbe regiert, ihres eigenen Willens gehan¬ delt und durch Theuerung merklichen Schaden gerl-an^ mit m) Diese letzter» vier Arritet hatten ihren Grund in dec Ecfrrgniß der Kurfürsten, Karl als Beherrscher mehrerer ausidärtigen Reiche möchte etwa einen Reichstag in seinen spanischen oder italienischen Erblanden ausschreiben, die Reichs - und Hofämtcr mir Spaniern ober Italienern der setzen, die spanische oder italienische Sprache in den Der- Handlungen des Reich« cinführcn, und die Rcichsständ« oder andere Reichsunrerriiancn an seinen Hof in Spanieti oter Italien zur Schlichtung ihrer Rechtsgeschäft« v»b tsden. Karl V. 147 mit der Reichsstände Rath gänzlich anfzuheben n) 18) ohne Rath und Willen der Kurfürsten keine neuen Zölle zu ertheilen, noch die alten zu erhöhen; 19) die rheinischen Kurfürsten mit Zollbefreyungen, durch Förderungsbriefe und andere Wege wider chre Fccyheit und das Herkommen nicht zu beschweren; 20) den Streitigkeiten der Stände unter einander Über ihre Regalien, Frepheiten und Rechte den oi> deutlichen Lauf Rechtens zu lassen; 21) auch, wenri «r selbst eine Forderung an dieselben hätte, sie durch Ken Weg Rechtens zu suchen; 22) keinen Reichs» stand ohne Ursache und «»verhört in die Acht oder Oberacht zu erklären, sondern hierin ordentlichen und den Reichssatzrkgen gemäßen Proceß zu halten; 2z) die Retchssteuei der Städte und andere Gefälle, die bhne der Kurfürsten Bewilligung an fremde Perso¬ nen gekommen, wieder zum Reich zu bringen; 24) die dem Reiche heimfallendcn Lehn, so etwas merk^ liches betragen, nicht wieder zu verleihen; sondern jur Unterhaltung des Reichs und der Kaiser einzu- jiehen 0); 25) alles, was er mit Rath und Hülfe K 2 der Vs Diese Gesellschaften der Kaufleute waren ebne Zweifel der Ausbreitung des teulschcn Handels sehr beförderlich; aber den Fürsten gchäßkg, weil sie den kam der Handel, 'an auswärtige Nationen, von denen Deutschland in der Folge weil mehr gedrucki wurde, als vorher von diesen leulfchen Hand- lungsgesellschafkcn. v) Durch diese »wen Puncte wollte man dem Kaiser wieder' Einkünfte verschaffen. Allein die Reichsstcuern in der» <8käi>t»n und andere kaiserliche Gefälle waren vsü beö 148 Karl V. ' der Stände gewinnen würde, dem Reich zuzmven- den, und auch, wenn er ohne der Stände Wisse» und Willen etwas unternähme, das Eroberte, wo¬ fern es dem Reich zugehötte, demselben wieder zu- justellen; 26) alles, was die Reichsvicaricn wäh¬ rend, der Vacan; des Reichs den Neichgesetzen ge¬ mäß gehandelt haben, genehm zu halten und zu be¬ stätigen; 27)den Münzgebrechen mit Hülfe der Reichs¬ stände abzuhelfen und das Reichsmünzwesen in be¬ ständige gute Ordnung zu bringen; 28) sich keines Erbrechts auf das römische Reich anzumassen, son¬ dern die Kurfürsten bey ihrer ftepen Wahl zu las¬ sen; 29) seinen ersten Hof, dem alten Herkommen gemäß, nach Nürnberg auszuschreiben; zo) sobald als möglich nach Teutschland zu kommen, um die römisch-königliche Krönung, und nachher zu gelege¬ ner Zeit die kaiserliche zu Rom zu empfangen, auch seine Residenz und Hofhaltung mcistentheils in Teutsch¬ land zu haben; Zi) alles dieses fest und unverbrüch* lich zu halten und nicht zuzulassen, daß von Jemand da¬ vorigen Kaisern «leistens entweder rechtmäßig verpfändet oder verkauft. Lurch dieselben konnte also der kaiserliche Atscus keinen Zuffufi erhalten. Auch di« Einziehung der erledigten Reichslehn konnte nie zu Stande kommen; den" entweder harten andere Häuser Anwartschaften daraus oder stc traten mit andern Ansprüchen auf selbige vor, oder es entstanden Kriege, die man dadurch l'sy- zulegcn suchte, daß mat> das Jmerreffe der kriegführc^ den Machte durch die Micderverlcibuna keimgefallener Reichslehn ausglich. Endlich fanden die Kurfürsten selbu wieder für gut, dem Kaisc die Wicdervrrzebung eiledi^ «er Reichslehn von neuem z« erlauben. Karl v. 149 dagegen gehandelt würde; zr) auch den Nelchsge, fetzen zuwider nichts ausgehen zu lassen; ZZ) wür¬ de jedoch etwas diesen Artikeln entgegen unternom¬ men, so sollte es völlig kraftlos und ungültig seyn, Nachdem die Wahlcapitulation berichtiget und von einem spanischen Bevollmächtigten unterschrieben worden, ward der Pfalzgraf Friedrich mit dem Wahl- decrct und einem Schreiben der Kurfürsten, worin sie Karin die aufrhn ausgefallene Wahl bekannt mach¬ ten und ihn sobald als möglich nach Teutschland zu kommen ersuchten, nach Spanien abgeschickt. Karl, obgleich erst ein Jüngling von zwanzig Jahren, vernahm die Nachricht von seiner Wahl mit männli¬ cher Gelassenheit. Keine Aeußerungen jugendlicher Wonne über dieses glückliche Ereigniß waren an ihm sichtbar. Die einzige Veränderung, die er jetzt vor¬ nahm , war, daß er sich nunmehr den Titel Majestät bcylegte, der damahls noch dem Kaiser allein eigen war. Den Pfalzgrafen Friedrich entließ er reichlich beschenkt mit einem Danksagungsfchreiben an die Kur¬ fürsten und mit der Versicherung, daß er ihrer Ein¬ ladung ehestens folgen werde, nach Hause. Er mach¬ te auch sofort die nöthigen Anstalten zu seiner Ab¬ reise nach Teutschland, die er im May lS2o zu Schisse wirklich antrat. Unterwegs besuchte er den König Heinrich VIII. von England, an dessen Freund¬ schaft ihm viel gelegen war. Bald nach seiner An- sanft in den Niederlanden meldete er den beydm Neichs- Karl V. Reicksvlcarien durch ein Schreiben, daß er nun selbst sich der Reichsregierung unterziehen wolle. Dieses hhat er dadurch, daß er zu Mastrichk seinen Hofrach eröffnete. Von dannen begab er sich nach Achen, und ward daselbst am 2Z. Oct,, nachdem er persön¬ lich die Wahlcapitulakion beschworen hatte, von dem Erzbischöfe von Cöln mit einer außerordentlichen Pracht zum römischen Könige gekrönt. Nickt lange darauf übe,brachte ihm eine päpstliche Gesandtschaft die un¬ gesuchte Erlaubniß, sich sogleich einen erwählten rö¬ mischen Kaiser nennen zu dürfen, wovon er in sei¬ ner Titulatur auch sogleich Gebrauch machte. Von nun an widmete sich Karl mit größter Lhättgkcit den Reichsgeschäften, woran es während ftiner gan¬ zen Regierung gewiß nicht fehlte. ^1, Gleich hey Antritt der Regierung?fand Karl Süd-und Nordteutschland durch bedenkliche Un¬ ruhen, die im Awischenreich nach Maximilians Tod ausgebrochen waren, sehr zerrüttet. Das südliche Teutschlaud harte der Herzog Ulrich von HLirtembcrg durch einen kandfriedensbruch in Bewegung gesetzt. Ein Bürger der Reichsstadt Reutlingen war hon den herzoglichen Forsibedienten auf einer wirtembergischen Wilobahn betreten und umgebracht worden. Um sich dafür zu rächen, hatten zu Anfang des I. l ly ei- nige Einwohner von Reutlingen in einem Wirthsbaust ihrer Stadt einen he, zoglick - wirtembergischen Wald- yyg.t todtgeschlagen. Der Herzog Ulrich, ein auf¬ brau» Karl v. brausender und unbesonnener Kopf, überfiel hierüber mitten im Winter die ihm ohnehin verhaßte Reichs¬ stadt Reutlingen mit bewaffneter Macht, und zwang ste zur Uebergabe und Huldigung; er zog sich aber dadurch selbst ein grosses Unglück zu. Die Stadt Reutlingen stand tm schwäbischen Bunde, dessen Mit¬ glieder sich der Herzog Ulrich aus verschiedenen Ursa¬ chen zu Feinden gemacht hatte. Der schwäbische Bund war daher gegen seine sonstige Gewohnheit sehr bald einig und bereit, einen Heerzug wider den kandfrke- densbrecher zu unternehmen. In kurzer Zeit ward durch die Bundesarmee nicht nur die wirtembergische Besatzung ans Reutlingen verjagt, sondern auch das ganze Herzogthum Wirtemberg selbst erobert. Als hernach die Bugdestruppen meistens auseinander gien- gen, gelang es zwar dem indessen entflohenen Ulrich sich des größten Theiles seines Landes wieder zu be¬ mächtigen ; er wurde aber durch eine neue Bundesar-- Mee eben so bald wieder daraus vertrieben. Da die wirtembergischen Landstände selbst unter die drückende Und grausame Regierung Ulrichs nie mehr zu komme« wünschten, das Herzogthum sehr verschuldet war, di* ungeduldigen Gläubiger auf die Bezahlung drangen, der schwäbische Bund aber die Schulden zu überneh¬ men keine Lust hatte, sondern vielmehr selbst wegen ber aufgewandten Kriegskosten grosse Forderungen Machte, auch wohl voraussah, daß Ulrich nichts un¬ versucht lassen würde, um sich wieder in den Besitz sei¬ nes rZr Karl V. ms Herzogtums zu setze» - welches den Bund bestän» big in Waffen zu bleiben nöthigen und ihm mehr Auslagen verursachen würde, als das Land ertrüge; so beschlossen die sr w b scheu Bundesverwandten das eroberte Herzogthum Wirkemberg an einen Mächtigen ju verhandeln, der cs durch eigene Kräfte schützen, dem entsetzten Ulrich die Rückkehr in dass lbe unmög¬ lich machen, und die Forderungen sowohl des Bun¬ des als der Gläubiger befriedigen könnte. Niemand schien dazu geschickter zu seyn, als der neu gewählte römische König Karl, der als das Haupt des öster¬ reichischen Hauses in Ansehung der ryroliscl.en Lande selbst ein Mitglied des schwäbischen Bundes war, Der Bund ließ sich daher mit den dabei) augesteliten österreichischen Rächen, noch ehe Karl nach Leutsch- sand kam, in Unterhandlungen ein, und am 6. Fcbr. IA2O ward zu Augsburg der Vertrag bereits ge¬ schloffen. Nach, cm Karl denselben gurgeheißen hatte, »rahmen die österreichischen Commissarien feierlich Be? sitz von dem H-rzogthum W.rtemberg. Nur die Stadt und das Amt Tübingen rind das Schloß Ne»" fen sollten Ulrichs vierjährigem, mit der bayerischen Prinzessrnn Sabine erzeugten, Sohne Christoph blei¬ ben , bis sie gegen andere Reichsgüter ausgetauscht würden, Dec Herzog Ulrich hatte nun wenig Hoff" uung zur Restitution und auch diese entfernte er durch ftin Betragen im ner mehr. Ersann, ungeachtet dec ihm angedroheten Reichsachc, von der Schweitz aus- Karl V. »ZA wo er sich aufhielt, immerfort auf einen gewalkthäti- 8>n Einfall in sein verlornes Land, weigerte sich, auch Unter sichrem Geleit, auf Karls ersten Reichstag nach Worms zu kommen, und, als man ihm hernach die Persönliche Erscheinung nicht mehr gestattete, wollte g auch keinen Bevollmächtigten schicken. Darüber ward er rZ2k 5. Juni) als ein Friedensstörer in die Acht erklärt. Der Herr Professor Spittler hat 1789 in ei- VH- >!em Aufsatze des göttingisch - historischen Magazins k) zu erweisen gesucht, daß das Herzogthum Wir- tcmberg dem Hause Oesterreich von dem schwäbischen Bunde nicht als Eigenthnm verkauft, sondern bloß als ein Pfand, das sich dieser für die Kriegskosten selbst genommen ha'te, gegen Erstattung dieser Kriegs¬ lasten über lassen worden sey. Er führte folgende Gründe an: der schwäbische Bund habe weder die Ab¬ sicht gehabt, noch haben können, das Herzogthum Wntemlerg als sein Eigcnthum anzusehen, und sel¬ iges entweder auf immer zu behalten, oder an einen a-dern zu verkaufen; nicht gehabt; denn der Herzog Wilhelm von Bayern, der oberster Hauptmann des Bundes war, habe gewiß den Sohn seiner Schwe¬ sig Sabine, den Prinzen Christoph, seines väterlichen ^>bes nicht berauben wollen; der Bund selbst habe kie ein Cigenthumsrecht auf Wirtemberg angespro¬ chen, k) IV. Se. von dem österreiEcken AnwaNschaftt- rechef auf das sterjcgchum Ldirierub^g S. Z77- ss Vlil. -S4 Karl V. chen, sondern das Herzogthum bloß als eln Pfand, als ein Depositumsstück für die schuldigen Executions- kosten betrachtet; in der Urkunde, wodurch er dieses kand an Oesterreich überließ, werde die ganze Hand« lung nicht Kauf und Verkauf, sondern bloß Zustel¬ lung und Ueberantwortung genannt; endlich wären L2O,O0c) Gulden, die das Haus Oesterreich dnN Bunde gab, kein Preis für ein so schönes Land gewe¬ sen, als Wirtemberg ist; nicht haben können, weil der Bund selbst nicht fortdauernd, und bey seiner Auf¬ lösung die Vertheilung des Landes unter so viele Bun¬ desgenossen nicht wohl möglich war; weil des Her¬ zogs Ulrich schuldlosem Sohne Christoph zind unschul- digem Bruder Georg das Land doch von Rechtsweges nicht entzogen werden konnte; weil dem Reiche, des¬ sen Domaine Wirtemberg vermöge eines unter Maxi? milian I. gemachten Neichsschlusses im Erledtgungs- falle werden sollte, und den wirtembergischen Land¬ ständen, die für diesen Fast zu Regierungsadmini¬ stratoren bestimmt worden sind, ihr wohl erworbenes Recht nicht benommen werden konnte. Eine weitläufige und documentirke Widerlegung dieser Gründe findet sich in dem historisch - politisches Journal von Hamburg q). Wir werden sie da¬ her so kurz als möglich, abfertigen. Herr Spittler hätte nicht bloß sagen, sondern auch beweisen sollen- , daß «I- i?yo. IV. Jabrgang VII. B. r. und Et. S. und rzo. u. f. Karl v. NS bast der Herzog Wilhelm von Bayern gewiß nie Wil¬ lms gewelen scy, seinen Gchwestersohn Christoph um lein angestammtes Fürffenthum zu bringen. Wenn der erLitkerte Herzog Ulrich nach Herrn Spittler selbst lieber den ewigen Verlust des schönen Fürstenthums für leine ganze Familie wagen, als durch eine feyerliche Verzicht ruhig zugeben wollte, daß noch bey seinen kegelten dec Prinz Christoph, den ihm stine verhaßte Gemohlinn Sabine gegeben hatte, regierender Lan- deefstrsi kenn sollte, konnte es nicht auf eine weit leichtere und natürlichere Art geschehen, daß der Her¬ ing Wilhelm das Beste seines Neffen, dessen Vater ke aus gerechten Ursachen herzlich haßte, Pergaß, be» Inders da nach Spittlers eigenem Geständnisse zu be¬ lichten war, daß, wenn der Prinz Christoph die Regierung anträte, das Herzogkhum wieder in seines Vaters Ulrichs Hände gerathe, der doch nach Wil¬ helms Plane nie mehr regierender Landesherr werden sollte? Der Herzog Wilhelm wußte wohl, was für *ie Strafe auf den Landfrtcdensbruch gesetzt sey, und 'vie wenig die Reichsgesetze für die Kinder eines deß- ^egen in die Acht Verfallenen besorgt seyen. Hätte also seinem Neffen das Herzogthum Wirtemberg er¬ halten wollen, so würde er wenigstens in dem ent- lcheidenden Augenblicke, da selbiges an den mächtigen ^arl überlassen wurde, das Reckt des Prinzen Chrt- ssvph auf die Nachfolge in demselben gewiß verwahret haben. Aber in der ganzen Ueberlassungsurkunde ste¬ hlt Karl V. r§6 het kein Wort davon , daß der Prinz Christoph einst zur Regierung in Wirteinberg kommen sollte, viel- mehr wird darin Karin die Erlaubniß gegeben, so' Zar Tübingen und Neusen, die sich doch unter der Be¬ dingung , daß sie dem Prinzen Christoph bleiben soll? tcn, an den Bund ergeben haben, an sich zu bringen, und dem Prinzen dafür andere Güter anzuweisen. Ue- berhaupt har der Herzog von Bayern bey dieser Sacht in vollkommenstem Einverständnisse mit den übrige» Mitgliedern des schwäbischen Bundes gehandelt, und wäre, da er doch nur eine Stimme bey dem Bunde hatte, auch wenn er gewollt hätte, schwerlich in» Stande gewesen, gegen den Willen aller übrigen Bun¬ desverwandten etwas zum Dortheile seines Nesse» durchzusetzen. Woher Professor Spittler wisse, daß der schwäbische Bund das Herzogthurn Wirtemberg bloß als ein nutzbares Pfandstück, bloß als ein Depo' fltum für die Executionskosten zu sich gencmmen und sich kein Eigenthumsrecht darauf angcmaßt habe, hat es ihm anzuzeigen nicht beliebt. Vermöge des eni' gen Landfriedens vom I. 1495 verfällt derjenige, der denselben bricht, durch die That selbst in die Aclit und macht sich aller seiner Lehngüter, Rechte rc. ver' lustig, Diese werden einem jeden preis gegeben. Ma" hat es damit bisher und auch nachher so gehalten, daß die eroberten Gäter des Aechters denjenigen , die den Landfrieden auf ihre Kosten hergestellt haben, ei' gen blieben. So behielten 1507 bey Gelegenheit des pfD Karl V. rZ7 Pfälzisch - bayerischen Ehecutionskrlcges der Herzog Ulrich von Wirtcmberg selbst, und viele andere Stände bie pfälzischen und bayerischen Städte, Schlößer und Flecken, die sie dein geächteten Pfalzgrafen Ruprecht übgenommen haben, als Eigenthum. C o haben eben vm die Zeit der wirtembergischen Händel die Herzoge dvn Braunschweig den größten Th eil des Bisthums Hildesheim, den sie bey Vollstreckung der Acht gegen den landfricdensbrüchigen Bischof Johann erobert hat» ten, sich zugeeignet, obschon das Verbrechen des Bi¬ schofs dem Stifte selbst nach den Gesetzen nicht ein- Wahl schaden sollte. So sah man auch später die Städte Kostnitz und Donauwerth ins Cigenthum der Vollstrecker der Acht gegen dieselben übergehen. Sollte ^twa der schwäbische Bund, dessen Unwillen der Her¬ zog Ulrich schon mehr denn bey einer Gelegenheit vor¬ her gerecht, dessen Hauptpersonen er sich längst zu Tvdtfeinden gemacht hatte, so mitleidig oder großmü¬ tig gewesen seyn , daß er von dem Rechte, das ihm die Neichsgesetze und das Herkommen gaben, keinen Gebrauch machen wollte? Die Handlungen und Schrif¬ ten der Bundesverwandten zeigten durchaus das Ge- kenkheil. Sic erklärten oft mit Berufung auf den Landfrieden, daß sie Wirtcmberg für ein verwirktes Land ansehen, das sie „durch betrangte Gegen¬ wehr in offenbarem RricF Mit dem Schwerte zu tren fanden erobert und gebracht haben." Ein ^>f solche Art erworbenes Land ist mau doch gewöhn- Uch lA8 Karl v. lich nicht gesinnt zurückzugeben, sondern sucht er? als eigen zu behalten. Der schwäbische Bund har auch diese Absicht so deutlich an den Tag gelegt, daß es völlig unbegreiflich ist, wie man darüber noch Zwei-» fel erregen kann. Gleich nach der Einnahme des Lan¬ des mußten die wirtembergtschen Landsiäude uno Ein¬ wohner, wie das Huldigungsformular selbst lautet, „den Vundesstanden, ihren Erben und Nach' kommen als rechten Erbherrn eine rechte Erb- Huldigung thun." Die Bundesgenossen nannten Wirtemberg „des gemei' en Bundes Zursienthum^ Sie unterließen die Theilung ocsselben, die öfters zur Sprache kam, nur aus Gefühl der grossen damit ver¬ bundenen Schwierigkeiten, und überantworteten das Herzogthum Karlu V. „und seiner kön-'g-ichen Ma¬ jestät Erben in allermaffen und mit dem Titel, auch Gerechtigkeit, wie gemeinen Lundes Stande das erobert, und bis auf diesen Tag inne gehabt haben, es inne zu haben, zu besitzen und zu ge¬ brauchen, und damit nach willen und Gefallest zu handeln, als die geineldten Lundevstande vot solcher Anstellung damit hatten thun sollen und mögen.." Hier haben wir die vollständigste Defini¬ tion des Eigcnthums. Der schwäbische Bund bekannt also selbst, und zwar in der Uebergabsurkunde, daß er das Herzogrhum Wirtemberg als Eigenthum tnnt gehabt, und als Eigenthum an Oesterreich übertragt habe. In dem Schreiben an das Land Wirtemberg, wo* Karl v. 159 wodurch demselben von den schwäbischen Bundesver- ^andren befohlen wirb, dem Hause Oesterreich zu hul¬ digen , heißt es: „demnach so weisen wir euch — an, -em löblichen Haus Oesterreich als euet rech¬ ten Herrschaft Pflicht und Eid zu thun, yetteu, gehorsam und yewssrtiy zu seyn „ Karl V4 nannte Dstneniberg sein §ürstenthum und nahm den Titel Herzoy von wirtembery an. Der schwäbische Bund widersprach nicht, und bekräftigte dadurch, daß Karl sich Nicht wider des Bundes Willen als Eigenthämer dvn Wirtemberg betrage. Wenn nun, wie gezeigt , worden, der schwäbische Bund das Herzogtum Wirs j iemberg als eigen an Oesterreich überlassen- Oester¬ teich aber- wie nicht widersprochen wird, demselben ^für eine bestimmte Summe Geldes zu zahlen ver¬ sprochen hat, so kann der Vertrag, wodurch dieses geschehen ist, doch kein anderer, als ein Kauf und ^erkauf gewesen scyn. Es hat nichts zu bedeuten, dieser Nähme in der Urkunde selbst nicht vor- kommt. Dieses ist ja nicht nothwenbig. Genug', daß die wesentlichen Erfordernisse eines Kaufs und Ver¬ rufs vorhanden find. Karl V. und Ferdinand I. ^nannten öfters den Vertrag mit seinem wahren Nah¬ men, ohne daß man sich daran gestossen hätje. Je- "w sagte z, B. dem Reiche: „die Stande unsere» ^iserl. Lundes haben uns solch Fürstenthum krch einen Rauftitel Zttyestellt,,; dieser aber ant- ^ttttr gufM Klagen des Herzogs Ulrich und Land- Karl V, r6o grafen Philipp von Hessen: „daß es offenbar utt- unwi-ersprechlich sep/ -aß die römisch kais. ^a- jestat solch Fürstenthum — durch einen ordentli¬ chen, aufrichtigen. re-lichenRaufum eine Summe Gelds an sich gebracht.,, Natürlich ist es , daß ia der Ueberlaffnngsurkunde von einer Zustellung »ad Ueberantwortung Me'dung geschieht; denn die ver- kaufte Sache muß ja zugestcllt und überautwoitck werden, Aber der Kauftet Ging, lagt man > ist iin Verhältniß zu dem Werche des Landes zu gering- Freylich, wenn man bloß die 220 222 Gulden da¬ für annimmt. Aber man muß auch in Anschlag bringen i) den Antheil an Kriegskosten und Satis- factionsgeldern, den das Hans Oesterreich als ei" vorzügliches Glied des schwäbischen Bundes zu for¬ dern hatte, und der rechältnißmäßig einer der grö߬ ten sepn mußte; 2) die auf dem Lande haftenden Schulden, die Oesterreich sämmtlich übernahm / und die sich nach Herrn Spittler auf 802,226 Gulden beliefen; z) die versprochene Schadloshal¬ tung des Prinzen Christoph für Tübingen und Neu¬ sen; 4) den Unterhalt des Herzogs Georg, der nn" auf Oesterreich fiel; A) die Versorgung und Befrie¬ digung der Ansprüche mehrerer von verstorbenen Her¬ zogen hinterlassenen Wittwen, wozu sich Oesterreiäl anheischig machte; H) das Ulrichs Schwester no^ ausständige Heurathsgut, welches Karl ihlem mahl, dem Herzoge Heinrich von Braunschweig / i" be- Karl V. Ilssn bezahlen sich verpflichtete; endlich 7) den Werth des im Lande vorgefundenen Geschützes und Kriegsvor- r«thes, die Oesterreich gänzlich den schwäbischen Bun- desverwandten überlassen mußte. Alles dieses zusam¬ men genommen macht gewiß eine Summe aus, um die ein Land, wie Wirtemberg, bisher noch schwer¬ lich verkauft worden. Wenigstens beträgt es weit über eine Million, und eine Million war doch, wie Spittler sich ausdrückt, für dies« Zeiten und für dieß Land eine unermeßliche Summe. Wie in der bloß Periodischen Dauer des schwäbischen Bundes und in der Beschwerlichkeit, Wirtemberg zu theilen, ein Grund liegen sollte, warum der Bund keine Absicht haben konnte, dieses Land als sein Eigenthum zu betrach¬ ten und an Oesterreich zu verkaufen, läßt sich gar nicht begreifen. Kann denn eine Gesellschaft, die Nur auf eine gewisse Zeit bestehet, keine Absicht ha¬ ben, Eigenthum zu erwerben, das, was sie an sich bringt, für sein anzusehen, es, wenn gleich nicht auf immer, doch solang es die Umstände zulasten und sie fortdauert, als eigen zu behalten, und, wenn sie für gut findet, oder wenn sie aus einander ge¬ het, und eine Theilung des Erworbenen Schwierig¬ keiten unterworfen ist, an einen andern zu verkaufen? Ich dächte, das sey doch die gewöhnliche Absicht aller temporären Gesellschaften in Ansehung ihrer Errun« Senschaften, und daß auch der schwäbische Bund die¬ selbe in Rücksicht des erworbenen HerzogthuMs Wir« Reichsgesch. IH. Thl. k tem- -6? Karl v. temberg gehabt habe, bestätigen, wie wir gesehen haben, die gleichzeitigen historischen Denkmähler. Das Daftpn des Prinzen Christoph konnte der Absicht des Bundes nicht im Wege stehen; denn noch heut zu Tage ist es eine Streitfrage, ob die Söhne eines in die Acht Verfallenen ein Recht zur Nachfolge in das von ihrem Vater verwirkte Land haben. Nach dem dcimahligcn Staatsrechte wurde auf die Kinder keine Rücksicht genommen. So folgte der Sohn des ge¬ ächteten Kurfürsten Johann Friedrich von Sachse» feinem Vater nicht. Auch für die unschuldigen Agna¬ ten hat erst die Wahlcapitulation Karls VI. gesorgt, die für Karl V. und den schwäbischen Bund keine Richtschnur seyn konnte. Zur Zeit des Kostnitzec Conciliums verlor dec Herzog Friedrich IV. von Oesterreich wegen einer geringfügigen Ursache durch die Acht einen grossen Theil der alten österreichische» Skammländer, ohne daß die Rechte seiner schuldlose» Agnaten respectiret wurden. Die im I. 1495 ge¬ machte Bestimmung, daß Wirtemberg, wenn der her¬ zogliche Mannsstamm erlösche, für eine unveräußer¬ liche Reichsdomainr angesehen und durch einen Aus¬ schuß der Landstände verwaltet werden sollte, ist kein Reichsschluß, wie uns Herr Spittler gerne be¬ reden möchte, sondern ein blosses, dem Herzoasbric- fe eingeschaltetes, Uebereinkommen zwischen dem Kai¬ ser Maximilian und dem neuen Herzoge Eberha^ von Wirtemberg. Die Rcichsschlüsse muß man doch i» in den Reichsabschicden suchen. In dem wormstschen Reichsabschiede vom I. 1495 findet man aber die angeführte Bestimmung nicht. Bey Reichsschlüssen werden Fremde nicht zugezogen; der wirtembergische Herzogsbrief aber ist ausgefertiget in Gegenwart des Königs von Hispanien, Neapolis, und der Herr¬ schaft von Venedig und anderer trefflicher Per¬ sonen, Fürsten rc. Diese waren Zeugen der feyer- iichen Handlung. Falsch ist es, daß die Kurfürsten den Herzogsbrief unterschrieben haben. Feyerliche Urkunden pflegten zu Maximilians l. Zeiten nur von dem Kaiser und dem teutscheu Erzkanzler unterzeich¬ net zu werden, und so ist auch wirklich der wirtem¬ bergische Erhöhungsbrief von dem Kurfürsten von Maynz allein unterschrieben. Ein Vertrag kann durch blosse Einwilligung der Paciscenten wieder abgeän» dert werden. So ward auch die oben gedachte ver¬ tragsmäßige Bestimmung in Ansehung des Herzog- thums Wirtemberg schon 1498 abgeänvert, da der -Herzog Ulrich für sich , seine Vettern und Ey- den — und die Landhofmeister, Regenten und Verwalter -es Fürstenthums im Nahmen und . von gemeiner Landschaft wegen ihren Gunst und Willen gegeben haben, daß -er Raiser oder seine Nachkommen am Reiche, nach Abgang des Stam¬ mes und Nahmen« von wirtemberg, das Für* stenthum seiner königlichen Majestät Söhnen, «der derselben ehrlichen männlichen Leibserben L « v«r< Karl V. verleihe, ober Regierung stelle, ober ihnen -urin einig andere Gnade beweise." Die EiNwilli» gung des Reichs brauchte man nicht dazu; denn das Reich war kein Mitpaciscenk und ohnehin ist es kraft alter, dem Hanse Oesterreich zukommeudcn, Privilegien Jedermann erlaubt, demselben Reichsgüter z» verkaufen, oder wie immer zu geben, ohne daß es Jemand zu hindern berechtiget wäre. Aus eben die- sen Gründen wär« auch die Einwilligung der wirtem- bergischen kandstände, die überdieß ohnehin nut ein bedingtes Recht, wenn Wirtemberg eine Reichsbo- maine würde, auf die Landesalministratton hatten, zur Abänderung des zwischen K. Maximilian und dem ersten Herzoge Eberhard getroffenen Uebereinkommens keineswegs nürhig gewesen; sie haben aber zuM Ueber- fluß dieselbe doch ertheilt, wie aus den oben ange¬ führten Worten der im historisch - politischen Journal aus der Urschrift abgedruckten llrkunde erhellet. Seit dem I. 1498 stand also weder dem Reiche ein An¬ spruch auf Wirtemberg als eint künftige Neichsdo- maine, noch den'wtrkcmbergischen Landständen ein Recht auf dir Verwaltung des Landes zu. Ihre Reckte wurden daher keineswegs gekränkt, da der schwäbi¬ sche Bund Wirtemberg an Oesterreich käuflich überließ« Endlich muß man noch bemerke», daß der schwäbische Bund, wenn er das Herzogthum Wirtemberg auch bloß als ein Pfand für die Äriegskosten bek>ack"t hätte, doch selbiges zu verkaufen befugt war, in¬ dem Karl v. dem ja nach den Rechten der Pfandgläubiger zum Verkauf des Pfandes schreiten kann, wenn er dir Absicht, warum er dasselbe genommen, wie mit Wirtemberg brr Fall war, nicht anders erreichen kann. Noch heftiger als die wirtembergischen Händel IX. im Süden von Teutschland waren in Nordteutschland die hildesheimischen Unruhen. Der Bischof Johann von Hildesheim, ein geborner Herzog von Sachsen¬ kauenburg, zerfiel mit zwei) Brüdern von Saldern, weil er einige, ihnen von seinen Vorfahren verpfän¬ dete, Stiftsgüter einlösete. Die zwey Brüder von Saldern giengen hierüber aus dem Lande, und fan¬ den Schutz be>) den Herzogen von Braunschweig, Erich I- zu Kalenberg und dessen Bruderssöhnen, Heinrich dem Jüngern zu Wolfenbüttel und Franz, der seit i Zo8 Bischof zu Minden war. Nebst ihnen traten bald noch mehrere mißvergnügte hildesheimi- sche Edclleute mit den gedachten Herzogen von Braun¬ schweig in einen förmlichen Bund zusammen. Da¬ gegen verband sich aber auch der Bischof Johann von Hildesheim mit dem Herzoge Heinrich dem Mittlern von Lüneburg, mit den Grafen Anton und Johan» von Schaumburg, Simon von der Lippe, Friedrich von Diepholz und Jobst von Hoya. Da die von Saldern auS dem Stifte Minden bereits einige Strei¬ ferepen in das Hildesheimische gethan hatten, so fie¬ sen die hildeSheimischen Bundesgenossen r-ly im Aprit i66 -Aälss V. April in das Stift Minden cin, jagten den unvor¬ bereiteten Bischof Franz ans dem Lande, und bra¬ chen dann, weil sich die Herzoge Erich und Heinrich der Jüngere von Braunschweig ihres vertriebenen An¬ verwandten annahmen, auch in das Kalenbergifchs ein. Dagegen unterließen aber auch die letzter» nicht, den Krieg in das Htldesheimische und Lüneburgische j» spielen. Von beyden Theilcn wurde nach Faust- rechts Sitte in des Feindes Landen wacker geplün¬ dert und gesengt. Die kursächsischen Vicariatsbefehle vermochten den Feindseligkeiten eben so wenig Ein¬ halt zu thun , als die Mandate der wegen des Wahl¬ geschäftes zu Frankfurt versammelten Kurfürsten; vielmehr kam es eben am Karls Wahltage (2b Jnny iZiy.) auf der Soltauer Heide im Lünebur- gischen zu einem sehr blutigen Treffen, worin dec Bischof von Hildesheim mit seinen Bundesgenossen einen vollkommenen Sieg über seine Feinde davon trug Karl V. lud beyde Partheyen auf seinen er- sten Reichstag nach Worms vor, wo er ihnen unter dem 27. May ls2i bey Strafe der Acht und bey Verlust aller Regalien und Reichslehn befahl, alles einander Abgenommene innerhalb Monatsfrist in die Hände des Kaisers zu stellen, die beyderseits gemach¬ ten Gefangenen loszulassen und diese bis zur Entschei¬ dung der Sache, wozu eine kaiserliche Commission er¬ nannt ward, wegen des kösegeldes nicht anzugehen, Da btk Bischof Johann von Hildesheim diesen Ver* srh? Karl v. 467 vrdnungen nicht nachlebte, so ward er am 24. Jul. lZ2l zu Kent vom Kaiser in die Acht erklärt, und deren Vollziehung den Herzogen von Braunschweig aufgetragen, die sich noch im nämlichen Jahre der gelammten Stiftslande, bis auf die Stadt Hildes¬ heim und drey Aentter, bemächtigten. Durch einen !Z2Z zwischen dem Domcapitel von Hildesheim und den Herzogen von Baunschweig zu Quedlinburg ge¬ schlossenen Vergleich behielten die letzten, ihre Erobe¬ rungen ; dem Stifte blieb nichts als die Stadt Hift desheim und die drey nicht eroberten Aemter, die nachher das kleine Stift genannt wurden. Doch auch jum Besitz dieses kleinen Restes kam der Bischof Jo¬ hann wegen fernes fortdauernden Ungehorsams nie wieder, sondern er starb nach abgelegter bischöflichen Würde IZH? im Exil zu Lübeck. Während des dreyßigjährigen Krieges gelang es jedoch den Bischö¬ fen von Hildesheim, durch ein günstiges Kammergt- richtsurtheil einen grossen Thcil der verlornen Stists- lande zurück zu erhalten. Seinen ersten Reichstag, von dem wir schon X. öfters geredet haben, hatte Karl V. auf den Drey, königstag lA2l nach Worms ausgeschrieben, weil ihn ansteckende Krankheiten hinderten, denselben der goldenen Bulle und der Wahlcapitulation gemäß zu Nürnberg zu halten. Die Geschäfte, die auf die» sem Reichstag verhandelt wurden, waren manchfältig. Wir wollen nur bcy den wichtiger» etwas länger vrr» wei- i6s Karl v. weilen. Unter Maximilian I, war «in ReichSregi» ment errichtet worden; aber bald wieder eingegangen. Weil man voraussah, daß Karl V,, als König meh- rerer auswärtigen Reiche / sich nicht immer in Teutsch- land anfhalcen werde, um die Reichsregierung per» sönlich zu führen, so schien es nöthig, bey Zeiten eine Vorsehung zu treffen, damit in seiner Abwe- senheit die Reichsangelegenheiten gehörig besorgt wür- den. Die Kurfürsten verbanden daher Karln schon in der Wahlcapttulation zur Wiederherstellung HeS Reichsregimenty. Sie mochten dabey auch die Absicht gehabt haben, der kaiserlichen Gewalt, die ihnen in den Händen des mächtigen Karls bedenk» lieh vorkam, durch Anordnung dieses politischen Col- legiums ein Gegengewicht zu geben. Karl nahm ans dem Reichstage zu Worms »ach dem Wunsche der Stände die Sache vor; ließ sich aber seiner In» gend ungeachtet an seinem kaiserlichen Ansehen we¬ niger Abbruch thun, als sein Großvater Maximi¬ lian. Das Reichsregiment ward mehr nach deM Entwürfe des Kaisers, als der Stände wieder her¬ gestellt. Es sollte aus 22 Beysitzern oder Räche" bestehen, die ungefähr auf die nämliche Art, wie unter dem Kaiser Maximilian, zu bestellen wäre"/ nur daß jetzt auch dem Kaiser als Kaiser zugestan¬ den wurde, zwey Deysitzer zu ernennen. Zu sei¬ nem Statthalter bey dem Reichsregtment bestimm" tzer Kaiser seinen Bruder, den Erzherzog Ferdinand, Da- Karl v. 169 Das wieder aufgertchtete Reichsregiment dauerte dann bis zum I. lAzv fort, da ihm mehrere zusammen wirkende Ursachen, als die Unzufriedenheit der Reichs- stände, die Eifersucht der Retchsvicarien, die immer weiter gehende Reltgionstrcnnung und der Mangel eines gesicherten Unterhalts von neuem den Unter¬ gang zuzogen. Ohnehin war es jetzt nicht mehr so nothwendig, weil um diese Zeit Karls Bruder Fer¬ dinand zum römischen Könige gewählet wurde, und als solcher in Abwesenheit des Kaisers die Reichsge¬ schäfte besorgen konnte. Das Kammergericht war bald nach der Wahl Karls V. auf einige Zeit beur¬ laubet worden, wozu thcils die zu Worms, wo es damahls seinen Sitz hatte, eingertssnen Krankheiten, »Heils die zwischen.dem Kurfürsten von Mapnj, als Erzkanzler, und dem Kurfürsten von der Pfalz, als damahligen Reichsvicarius, über die kammergericht¬ liche Kanzley entstandenen Zwistigkeiten die Ursache gegeben hatten. Ueberhaupt war die Einrichtung dieses höchsten Reichsgerichts in vielen Stücken noch immer mangelhaft. Die Wiedereröffnung des Rum- Mergerichts und die Verbesserung der Rammek- Serichtcordnuny waren daher ebenfalls Gegenstän¬ de , über die auf dem Reichstage zu Worms berath- schlaget wurde. Beydt Dinge kamen ohne viele Schwie¬ rigkeiten glücklich zu Stande. Zn der neuen Kam- »uergerichtsordnung wurden unter andern einige Ab¬ änderungen in Ansehung der Austräge gemacht. Nach der 1/0 Karl v. der ersten Kammergerichtsordnung vom Jahr I^9Z hakten die Prälaten, Grafen, Herren und unmittel¬ baren Reichsritter in ihren Streitigkeiten unter sich gar keine, in Streitigkeiten aber mit einem Kur¬ fürsten, Fürsten oder Fürstenmäßigen nur eine Art der Austräge; jetzt aber wurden ihnen auch in jenen Austräge zugestauden und in diesen, um ihnen gegen Mächtigere leichter zu ihrem Rechte zu verhelfen, acht Arten bestjjpmt, aus denen sie eine wählen kos¬ ten. Auch die Befestigung -es Lan-frie-ens ge¬ hörte zu den Äerathfchlagungöpuneren des.wounst- schen Reichstages und gieng eben so leicht, als die vorigen Pnncte. durch. Mau erneuerte den Landfrie¬ den, erweiterte ihn, und suchte dessen Handhabung durch verschiedene Verordnungen zu sichern. Xl. Mehrere Schwierigkeiten waren nach rem, was bisher immer zu geschehen pflegte, von Seite der versammelten Reichsstände bch einem vierten Punctt zu besorgen, der doch Karln vielleicht am meisten ain Herzen lag. Dieser war die Bewilligung einer beträchtlichen Reichshülfe Zu dem Römerzuge und zur Wiedereroberung der dem Reiche entzogene" Länder. Allein Karl wußte durch den Vortrag- wodurch er dieses sein Verlangen an den Reichstag stellte, die Reichsstände so in Begeisterung zu bli"" gen, daß er auch hierin seine Absicht erreichte. wurden ihm zum vorgedachten Endzweck 24,0öS Mann, 40 )0 Mann zu Pferde und qo,ooo Mai'Z Karl v. 17 L ?u Fuß bewilliget, mit dem Zusat;, daß einem Reu¬ ter monatlich nicht über zehn, und einem Fußknecht nicht über vier Gulden gegeben und die bewilligten Hülfstruppen zu keinem andern, als dem bestimmten Endzwecke verwendet werden solle»/ Um die bewil¬ ligte Mannschaft unter die gelammten Reichsstände vertheilcn, wurde auf diesem Reichstage zu Worms eine sogenannte Matrikel entworfen, worin festge¬ letzt ward, wie viel Mann zu Roß und Fuß jeder '^eichsstand stellen sollte. Daraus konnte zugleich ein jeder leicht sehen, wie viel Geld er zur Unter¬ haltung des auf ihn fallenden Anschlags brauchen würde. Diese Wormser Matrikel vom Jahr lZ2I, vbschon sic'nur zu einem vorübergehenden Gebrauch, "änilich zu einem Regulativ des ständischen Mann- schaftscvntingents zu Karls V. Römerzuge und zu der dabey vorgchabten Wiedereroberung einiger vom Reiche abgekoiumcnen Länder, wahrscheinlich des Her- iogthums Manland, verfaßt worden zu seyn scheint, hat doch in der Folge nicht nur zur Grundlage des ^urschen Reichskriegsfusses durch eine lange Zeit ge¬ bient, sondern sie ist auch, was noch sonderbarer ist, statt der vorher üblichen Besteuerungsart nach dem gemeinen Pfenning, zum Reichssteuerfuffe angenom¬ men worden und erhält sich in dieser letzten Eigen¬ schaft noch bis auf den heutigen Tag im Gebrauch. Beydes gieng indessen sehr natürlich zu. Karl un- terließ seinen Nömerzug zu machen; er brauchte aber in Karl v. den folgenden Jahren öfters eine Reichshülfe, bald gegen die Türken, bald gegen die Franzosen, bald gegen dle Wiedertäufer in Münster. Da man sich picht leicht über ein anderes Regulativ der ständi¬ schen Beyträge vergleichen konnte, so ward man je- desmahl einig, dieselben nach der schon vorhandene» Matrikel vom Jahr 1521 einzurichten. Es wur¬ de bald ein oder anderthalb Viertel, bald die Hälft te, bald der ganze Betrag der eZ2l zum Römer- Zuge bestimmten Hülfe, entweder in Mannschaft oder in Geld bewilliget. So gewöhnten sich die Reichs- stände unvermerkt, sowohl in Stellung der Mann¬ schaft , als in Entrichtung der Geldbeyträge die Wormser Matrikel zum Maßstabe zu nehmen. Wen» gleich in derselben nur die Mannschaftscontingente dec einzelnen Stände verzeichnet waren, so fiel cs hoch nicht schwer, darnach auch ihre Geldbeyträge perhältnißmäßig zu regniiren; denn daaufdem Reichs¬ tage zu Worms iZ2i die monatliche Unterhaltung eines Reuters auf IO und eines Fußknechts auf 4 Gulhen angesetzt worden, so durfte, wenn z. V. die ganze Matrieularhülfe im Gelde auf einen Monat bewilliget wurde, jeder Reichsstqnd bloß seinen An¬ schlag an Mannschaft in der Matrikel Nachsehen »nd so vtelmahl lc> und 4 Gulhen zahlen, als er nach derselben Mann zu Roß und zu Fuß zum RäuM znge zu stellen gehabt hätte. Einen ganzen monat¬ lichen Matticularhetrag in Geld pflegte man nach der Karl v. der Zeit einen Romermonat zu nennen, von denl Römerzuge, der zu dieser neuen Art- die Reichsstän¬ de zu taxirest, die erste Veranlassung gegeben hakte. Wurde der ganze Mitricularanschlag auf mehrere Mo¬ nate, oder wurden, wie man später zu sprechen an^ Heng, mehrere Römermonate bewilliget, so mußte "ach Anzahl derselben von jedem Reichssiande die obeti gedachte Geldsumme vervielfältiget werden. Die Stellung der Mannschaft nach der Matrikel voM Äahr rZ2l hat zwat aufgchört, weil auf solchi ei» gar zu unregelmäßiges Kriegsheer zusammest ^a>n, und sich noch allerhand andere Schwierigkeiten t dem Regensburger Reichsabschtcde vom Iaht *Z4l die monatliche Unterhaltung eines Reuters auf ^2 Gulden berechnet. Wenn von Reichswegen Geld- biykräge zu machen sind, so werden auf dem Reichs¬ tage einige RömermoNate ausgeschrieben- Ein Nö- "iernrvnat beträgt nach der heutigen Verfassung, weust "lies richtig cingehet/ beyläufig zo 002 Gulden. eine Million zusainimn zu bristgen, müßten also So Römcrmonate brwilliget werden. V0rmahls'be- Euig er viel mehr; aber seit der Zeit haben sich ^osse Veränderungen ereignet, dlc den Betrag setze ^Minderten. Viele Stände sind von dem teutschest Rei- Karl v. 174 Reiche ganz abgerissen worden. Mehrere hat das Schicksal getroffen, unter die Landeshoheit ihrer Mitstände zu kommen, ohne daß diese ihre Lasten übernommen hatten. Einige endlich haben Moder rationell ihrer Anschläge erhalten. Dieses erforderte wirklich bisweilen die Billigkeit; denn die Matri¬ kel war gar nicht in der Absicht gemacht worden, einen beständigen Steuerfuß abzugebe " rn nur, nm für einen bestimmten Fall ein Normativ der stän¬ dischen Mannschaftscontigcnte zu haben. Man hatte es daher auch nicht so genau genommen, wie ei» Reichsstand gegen den andern in Ansehung seine* Macht und Einkünfte stehe. Für einmahl macht* sich Niemand etwas daraus, wenn er auch in Ver¬ gleichung mit einem andern zu hoch angesetzt wor¬ den. Aber als die Taxation nach dieser Matrik öfters wiederholet wurde, und es zuletzt gar das Ansehen bekam, dieselbe werde ein immerwährender Maßstab bleiben, ward manchem Reichsstande sei»* Ucberhaltung zu beschwerlich. Mancher kam noäl dazu in seinen Vermögensumständen durch widrig* Vorfälle sehr herunter. Verschiedene Reichsstä»^* fiengen daher an, sich gegen ihren Matrikularanschl^ zu beschweren und um Moderationen zu bitten. ^i- nige fanden Gehör, anderer Gesuche liegen noch erledigt. Ucberhaupt ist diese tcutsche Besteuerung^ art sehr unvollkommen; aber der gegenwärtige stand des Reichs läßt wenig Hoffnung übrig, jr Karl v. -75 je eine bessere werde eingeführk werden. Die unmittel¬ bare Reichsritterschaft, die kein Reichsstand ist, war in der Rcichsmatcikcl nicht begriffen. Eie weigerte stch auch die ihr etwa zngemnrheten Geldbeiträge zu einem Netchskriege zu übernehmen, indem sie vorschützte, baß sich ihre Mitglieder mit persönlichen Diensten ih¬ rer Schuldigkeit gegen dasReich entledigten. AberKarl V. brachte cs doch dahin, daß sie sich von Zelt zu Zeit jur Bezahlung sogenannter Eharltatwsubsrdien herbey- iicß , nur mußte ihr jederzeit ein Revers ausgestellet wer¬ den, daß dieses nicht aus Schuldigkeit geschehe. Das Wichtigste endlich, was auf dem Reichs- XII. tage zu Worms vorkam , war Luthers Sache. Lu¬ ther hatte nach dem Tode des Kaisers Maximilian un¬ ter dem Schutze des langwierigen kursächsischen Reichs- bicariats Zeit und Gelegenheit genug gehabt, seine Lehre durch Predigten und Schriften zu verbreiten. Fast in ganz Leutschland fand er eine unglaubliche Menge eifriger Anhänger. Der Papst Leo X. beob¬ achtete lange eine seltene Mäßigung. Er khat weiter nichts zur Sache, als daß er durch seinen Kammerherrn, Karl von Miltitz, den er als Gesandten nach Sachsen lchickte, den Kurfürsten Friedrich den Weisen von Lu¬ ther» abzuziehen und letztem selbst in Güte zum Wi¬ derruf zu bewegen suchte, vhpe jedoch in einem oder dem andern Stücke zu seinem Zwecke zu gelangen. Dr- - iio heftigere Gegner standen in Leutschland wider Lu- thern auf. Einer der vorzüglichsten war der Doktor Jv- Karl v. Johann Eck, Professor der Theologie zu Ingolstadt, ein wegen seiner Disputirkunst allgemein bersthinter und gefürchteter' Mann. Ec glaubte Luthern durch eine öffentliche Disputation wieder auf den rechten Weg zurück zu bringen, DteDtsputation wurde imIuny iZlH zukeip- zig gehalten Allein Luther wollte sich nicht für besiegt bekennen, und in einem hierauf über die Disputirsätze entstandenen Schriftwechsel zeigte Luthers Parthey Ecken offenbar ihre Ueberlegenheit. Aufgebracht wegen des verfehlten Triumphs begab sich Eck nach Rom und ar¬ beitete hier mit allem Eifer an Luthers feperlicher Ver¬ dammung. Seinen Bemühungen ist es hauptsächlich zuzuschreiben, daß endlich am IZ. Juny t Z20 eint weitläufige päpstliche Bulle erschien, worin 41 aus Luthers Schriften gezogene Sätze theils als ketzerisch- theils als irrig, theils als ärgerlich und verführerisch Verdammt wurden, mit dem Beysatze, daß Luther/ wenn er binnen 6cr Tagen seinen öffentlichen Widerrat Nicht nach Rom schicken oder selbst überbringen würde, so fort in den Bann gethan und in die Strafen der Ketze¬ rei) verfallen seyn sollte. Auch ward darin sehr nach¬ drücklich besohlen , Luthers Schriften überall öffentlich zu verbrennen und ihm und seinen Anhängern nirgend einen Schuh angedeihen zu lassen. Nun glaubte Eck seinen Gegner auf eine leichte Art völlig zu erdrücke"' Allein Luther hatte durch eine Schrift, die er unt ebclt diese Zeit unter dem Titel: an -en christlichen A-el teutscher Nation herausgab, der päpstlichen eben nicht die beste Aufnahme bey den Teutschen vor- hse Kärl V; i-- breitet. Zwar wurden nach dem zu Nom gegebenen Äeyspiele auch in Leutfchland zu Löwen, Cöln und ^aynz Luthers Schriften öffentlich verbrannt; aber der Kurfürst von Sachsen, dem nicht ohne Ursache vor allen andern eine gleichmäßige Vollziehung der päpst¬ lichen Bulle zugemulhet wurde, wollte^ durch den berühmten Erasmus von Rotterdam in seinen günsti¬ gen Gesinnungen gegen Luthern bestätkt, sich daM nicht bequemen. Auch in andern Ländern wurde die Publi-- cation der Bulle entweder gar nicht - oder e^st sput gestattet, wozu vieles bsytrug, daß der Papst die Kundmachung derselben dem verhaßten Doctvr Cck auf- getragen hatte. Dieses machte den ohnehin mnthigen kuther so kühn, daß er nicht nur mit unuöthiger Hef¬ tigkeit von dem Päpste nochmahls äst ein ällgemeiues EonciliuM appellirte, ssndern auch noch heftiger, als juvör, wider den Papst Und gegen die Lehrsätze der rö¬ mischen Kirche schrieb. Besönders zeichnen sich durch Bitterkeit und Verwegenheit seine nunmehrigen Schrif¬ ten von -er babplottischett Gefangenschaft -er Rir- He und wi-dr -ie Lulle -es Antichrists aus Ja er Lieng in seiner Kühnheit Und Rachsucht so weit, daß 1520 tc>. Decembt das corpüs juri; canonici Mmmt der päpstlichen Derdammnngsbulle zu Witten¬ berg öffentlich verbrannte. Auf dem Reichstage zu Borins gab sich der an Kärln abgeschickte päpstliche ^egat Aleander alle Mühe, zu bewirken, daß wider Ochern und dessen Schriften »hne weiters der päpst- ichen Bulle gemäß verfahren würde/, um so Mehr, dg H-ich»sesch III. Thl. M Lu- r?8 Kätl V. Luther die ihm zum Widerruf zugestandene Zeit stüchr- los hätte verstreichen lassen , und nun durch eine neu?! Pulle vom z. Jän. iZ2r als ein hartnäckiger Ke¬ tzer bereits förmlich in den Bann gethan worden wäre- Der Kaiser war nicht ungeneigt, dem Legaten zu willfahren. Allein die Retchsstände, welche diesen Handel als eine schickliche Gelegenheit betrachteten- ihrer Beschwerden gegen den römischen Hof, deren sie eben setzt über hundert in ein Verzeichnis brachten und dem Kaiser übergaben , los zu werden, bestanden dar¬ auf, daß. Luther nicht ungehört verdammt werden könnte. Er ward also , nicht wie unser Verfasser sagt, äuf Betrieb des päpstlichen Botschafters, ( denn die" ser setzte sich vielmehr aus allen Kräften entgegen, und wollte durchaus nicht, daß dasjenige, was be¬ reits der Papst entschieden ; wie immer auf einer Reichs Versammlung noch einmahl untersucht würde), son¬ dern auf Verlangen der teutschen/Reichsstände von» Kaiser unter dem 6. März 1521 mit sicherem Gelei¬ te nach Worms vorgeladen, wo er auch ungeachtet der Vorstellung seiner Freunde- daß ihm Hussens Schick¬ sal bevorstehe, den 16. April ganz unerschrocken er¬ schien. Gleich den folgenden Tag mußte ec sich vor dem Kaiser und der Neichsversammlung stellen. Ma» befragte ihn , ob erdieBüchir- die ihmzugeschrtebcn würden, für die seinigen erkenne, und ob er den Inhalt derselben widerrufen wolle? Die erste Frage bejahr¬ te er sogleich ; die zweyte aber verneinte er nach einer ihnt auf einen Tag vernMigken Bedenkzeit, und gal^ Kürl v. L79 Zugleich die Ursachen davon rin. Alle Mittel, die man Nachher noch einige Tage hindurch anwandte, uni ihn ju bewegen, daß er sich nicht gegen dis allgemeine kehre empören möchte, halfen nichts. Luther verharr¬ te hartnäckig auf seinen Gesinnungen. Cr ward da¬ her am 26. Asiril unter kaiserlichem Geleite, das noch 21 Tage dauern sollte, wieder von Worms entlassen. Einen Monat nach seiner Abreise (26. May) wurde vom Kaiser das in der Folge so oft /zur Sprache gekont- Mene Wormser Eöict bekannt gemacht , wodurch Lu¬ ther mkt allen seinen Anhängen und künftigen Beschü¬ tzern in die Reichsacht erklärt, seine Schriften zu le¬ sen und Neuerungen in der Religion einzuführen auf Has strengste verboten, und allen Obrigkeiten anbefoh- len ward, seine Bücher zu vertilgen und feiner Person sich zu bemächtigen. Allein Luther befand sich um diese Zeit schon iri Xlll. voller Sicherheit- Del Kurfürst Friedrich von Sach» sen sah voraus, daß Luthers Benehmen zu Worms nächstens dessen Achisekklärung zur Folge haben werbe. diesen Umständen hielt er für bedenklich, ihmvffent» ^chen Schutz zu gewähren. Er traf daher die Anstalt, daß Luther auf der Rückreise von Worms zurNachts- Zeit von einigen verkleideten Personen aufgehoben und vürch einen Wald auf das Schloß Wartburg bei) Ei- lenach gebracht wurde, wo er unbekannt s» lange ver- hlciben sollte, als es räthlich seyn würde, l Zehn gan- se Monate war die Wartburg Luthers geheimer Aufent¬ haltsort, aus dem er jedoch durch Schriften, die er unah- M'a tätig E« Karl V. käßig kn die Welt fliegen ließ, sehr thätlg zum Zwecki der nunmehr bey ihm planmäßig gewordenen Kir-- chenreformation wirkte. Unter andern wandte ee die Zett zu einer deutschen Uebersrtzung des neu¬ en Testaments an, um dieselbe dem Volk in die Hände zu geben und es.selbst urthcilen zu lassen, ob seine Lehre °,in der Bibel gegründet sey oder nicht. Während dem machten die Augustknermönche zu Wit- remberg bereits den Anfang, die Privatmeffen abzu- fchaffen und das Abendmahl unter beyden Gestal¬ ten auszutheilen, und viele ändert breiteten Luthers Lehren ungescheuet in Städten, Ländern und an Hö¬ fen aus. Üeberhaupt gteng es noch eher, als Lu« rher wieder zum Vorschein kam, so zu, als wen» gar kein Wormser Edict erschienen wäre. Selbst zu Worms wurden noch vor des Kaisers Abzüge CxeM- plaricn von Luthers esten verbrannten Schriften öffent¬ lich zum Verkauf herumgetragen. Die Reichsstände hat¬ ten eine zu grosse Abneigung zögen den römischen Hofe als daß sie sich seinetwegen mit der Vollziehung des Wormser Edicks hätten belasten mögen, und der Kai¬ ser selbst hatte keine Zeit, sich damit abzugeben, in¬ dem er jetzt in einen Weir aussehsnden Krieg mit Frank¬ reich verwickelt wnrde^ XkV« Das Haus Oesterreich hatte schon seit der Et- Werbung der Niederlande an Frankreich einen natür¬ lichen Feind. Karl V. bekam an dem ehrsüchtig^ und durch die Zurücksetzung bey der Kaiserwahl cB* pfintz- Karl V. !8» pfindlichst gekränkten Könige Franz I. einen unver¬ söhnlichen. Jede Gelegenheit war Franzen willkom¬ men, sich feindlich gegen Karln zu bezeigen. Doch Wollte er nicht gerade zu mit ihm brechen, sondern er steckte sich hinter andere, die er heimlich gegen Karln N'chte und unterstützte. Ein solcher war der junge König Heinrich d'Alb.ret von Navarra, dem er zu dem Theile von Navarra jenseits der pyrenäischen Gebirge, der seinem Vater Johann d'Albcet von Karls mütterlichem Großvater, Ferdinand dem Ka¬ tholischen, im Jahr IZl2 aus Veranlassung einer päpstlichen Excommnnicakion war entrissen worden, wieder zu verhelfen suchte. Der Zeitpunkts hierzu War sehr gut gewählt. Die Spanier waren schon lange mißvergnügt, daß sich Karl bloß der Nie¬ derländer zur Regierung ihres Reiches bediente. Die¬ ses Mißvergnügen wurde durch das geldgierige und hochmüthige Betragen der Niederländer ungemein vermehrt und endlich auf den höchsten Grad gebracht, als Karl die ihm angetragene Kaiserkrone annahm und nach Teutschland gieng; denn nun glaubten die Spanier, er werde seine Residenz in Teutschland Aufschlagen, das spanische Geld dort verschwenden Und Spanien nur als eine Nebenprovinz regieren. Kaum war Karl nach Teutschland abgerciset, so brach das Mißvergnügen in eine förmliche Empörung aus. Km dieselbe zu stillen, wurden die Besatzungen auL den ruhtgern Gränzproviuzen in das Innere des Kö¬ nigreichs gezogen- Nun befand sich Navarra ohne N- dnrch die Unterhandlungen seines Gesandten zu mit Karl V. ^8Z Pik dem Papste Leo X., der nichts sehnlicher wünsch¬ te, qls bas von seinem Vorfahren Julius H. er¬ worbene, aber von dem Könige Franz von neuem iu dem Herzogtum Mayland gezogene Parma und Piacenza wieder zum römischen Stuhle zu bringen, einen Bund, um die Franzosen aus Italien zu ver¬ treiben. Der Krieg gegen Frankreich fieng dann Koch im nämlichen Jahre sowohl in den Niederlan¬ den, als in Italien an. In den Niederlanden, wohin Karl selbst nach geendigtem Reichstage von Worms gegangen war, wurde zwar dieses Jahr -richt viel ausgerichtet. Man hoffte aber in der Fol¬ ge bessere Fortschritte zu machen, weil Karl IZ?» 24. Nov. zu Brüssel auch mit dem Könige Hein¬ rich VIII. von England ein Bünbniß schloß, wo¬ durch sich Heinrich verband, mit 40,020 Mann don Seite der Picardie die Kriegsunternehmungen P unterstützen. Doch geschah auch in den folgenden Äahren hier nichts Erhebliches, weil die Franzosen, durch die Erfahrung vergangener Zeiten belehrt , sich dloß vertheidigungswrise hielten und dadurch sehr ^schickt die Anschläge ihrer Feinde zu vereiteln wu߬ ten. Eben so wenig wollte der Krieg an den Grän¬ en pan Spanien, -wo er erst nach Karls Rückkunft "us den Niederlanden im Jqhr izaa den Anfang !Phm, reche von statten gehen. Desto glücklicher Zugegen wurde er in Italien geführt. Noch im I. iZ-l verloren Pie Franzosen ihre meisten Besitzun¬ gen -84 Karl v. gen in Italien und mußten sich mit dem Reste ihres Truppen in Las Vmekianische ziehen. Der Papst Leo X. erhielt Pama und Piacenza zurück, wor¬ über er, wie man sagt, por lauter Freuden am i.Dec. starö. Sein Nachfolger war dec Cardinal Hadrian von Utrecht, ehemals Professor der Thcplogte zu Löwen, dann Ka >S V. Lehrmeister und jetzt dessen Minister in Spanien. Ec nannte sich nlit Deybehal- tling seines vorherigen NahmcnS Hadrian V!. und setzte daS von seinem Vorgänger mit dem Kaiser ge¬ schlossene Dündfliß fort, um die Franzosen gänzlich aus Italien zu entfernen- Diese hatten sich indessess wahrend deS Winters durch ein ansehnliches Corps Schweitzer verstärkt und rückten im Frühjahr IAL2 wieder vor; sie wurden aber am 22. Aprjl von den Kaiserlichen bey Dicoca init grossem Verluste geschla¬ gen, worauf der Kaiser dem Franz Sforza, eineiu Sohne deS Ludwig Morus Sforza, das größfentheils eroberte Herzogthum Mayland einraumen ließ. In* I. l Z2Z wollte der König Franz in eigener Person seine Sachen in Italien wieder Herstellen. i^choN war er mit einem starken Heere auf dem Marsche dahin begriffen, als ihm hinterbracht wurde, daß, sobald er jenseits der Alpen seyn würde, der Herzog Karl von Bourbon, Connetable von Frankreich, aus Rach, gegen seine Verfolgerin»!, Franzens Muttes Louise von Savoyen, eine gefährliche Empörung erregen gedenke. Der Connetable entflöhe zwar, als sei- Maximilian I. »8L feine Verschwörung verrachen war, nach Spanien und trat in kaiserliche Dienstez aber Franz wagte es doch nicht, das Königreich zu verlassen, weil er in seiner Abwesenheit von dem Anhänge des Conneta- ble Unruhen befürchtete. Er begnügte sich daher, den Admiral Bonuivet mit dem größten Theile der Armee nach Italien zu schicken, rim das Herzogthun; Ma, land wieder zu erobern. Allein Bonntvet war kein Änegsheld. Er blieb lange Zeit unthätig, ließ sich durch kleinere Gefechte schwächen, und erlitt, als er bey einreißendem Geldmangel eben nach Frankreich iurückkehren wollte, 1524 14. April bey Nomagna.- no eine beträchtliche Niederlage, worauf er nur um so Mehr eilte, den französischen Boden wieder zu gewin» neu. Nun fiel nicht nur alles, was die Franzosen bisher noch in Italien besessen hatten, den Kaiserli¬ chen in die Hände, sondern diese drangen auch unter Anführung des übergetretenen Herzogs Karl von Bour¬ bon in die Provence ein und unternahmen die Bela¬ gerung von Marseille. Allein wähknd dem sich die Besatzung standhaft vertheidigte, versammelte der König Franz «in mächtiges Heer, schnitt den Kaiserlichen bie Zufuhr ab, und brach zu Anfang des Herbstes 1524 plötzlich in Person nach Italien auf. Um Uicht ganz abgeschnitten zu werden, mußten die Kai¬ serlichen die Belagerung vyn Marseille aufheben und Hren Rückzug nach Italien beschleunigen. Es glück- s«n ihnen zwar, durch fvrcirte. Märsche den Franze- -H sen »ochjuvorzukommen; aber sie waren so geschwächt, haß sie sich weder im Felde halten, noch alle Plätzß des Herzogthums Mailand gehörig besehen konnten- In dieser Verlegenheit warfen sie eine starke Besa¬ tzung in Pavia und zogen sich vor der französischen Ilebermacht zurück. Franz sieng sogleich Pavia jU belagern an; aber der Commendant Anton von Leyva leistete den tapersten und hartnäckigsten Widerstand. Unterdessen erhielt das kaiserliche Heer Verstärkung aus Teutschland, und rächte zum Entsatz der schon auf das äußerste gebrachten Festung an. Am 24 Februar 1.525 kam es zu der berühmten Schlacht bei) Pavia. Die Kaiserlichen erfochten den vollkommensten Sieg, erbeuteten das ganz« Lager und Gsschütz der Franzo¬ sen und nahmen, was das wichtigste 'war, selb'? ihren König Franz gefangen. Damit hatte Karls erster Krieg mit Frankreich ein Ende; denn Karl ver¬ bot gleich nach empfangener Nachricht von dem glück* lichen Vorfälle bey Pavia alle weitern Feindseligkei¬ ten. Der gefangne König Franz wurde nach eini¬ ger Zett auf sein Verlangen nach Madrit abgeführt. Um wieder auf freycn Fuß zu kommen, mußte er sich nach langem Weigern 14. Jäner entschlie¬ ßen, den harten Madriter Frieden zu unterzeichnen. Die vornehmsten Bedingungen dieses merkwürdigen Friedens waren; Franz sollte i) das Herzogtums Burgund, worauf das Haus Oesterreich, als auf ech Stück der burgundischen Erbschaft, einen alkest , Am- Karl v. Rnipruch machte, an den Kaiser und seine Nachkom¬ men abtrcten; 2) allen Ansprüchen auf Neapel, May-- ?and und Genua entsagen; z) sich der Lehnherrltch- krit über Artois und Flandern begehen; 4) dem Hau- se d'Albret zur Wiedcreroberung von Navarra keine Hülfe leisten; A) seine beyden ältesten Söhne, dm Dauphin und Herzog von Orleans, dis zur Voll- slehnng des Friedens an seiner Stepe als Geiseln überliefern, und 6) wenn die Rückgabe des Her- sogrhums Burgund binnen 6 Monaten nicht er¬ folgen würde, sich wieder in die Gefangenschaft Hellen, Das keutschs Reich hat an diesen Unternehm»»- 8m Karls keinen Antheil genommen. Karl hinge- 8M hat auch in seiner Ahwesenhest unter seinen wich¬ tigsten Beschäftigungen die deutschen Angelegenheiten ^ckt außer Acht gelassen; besonders hat er für die ^Haltung der inner» Ruhe in Teutsckland immer^ lhtt die größte Porge getragen. Als der schwäbi- fche Puud, die bisherige Hauptstütze des Landfrie¬ dens, mit dem Jahre 1Z22 sich seinem Ende na? ^"e, brachte es Karl ungeachtet des Weigerns der Städte, Grafen und Herrn, dyrch seine Commissa- -M dahin, daß der Bund auf einer Versammlung Ulm auf eilf Jahre verlängert wurde. Da das ^reiswesen, dessen vyrzüglichsie Bestimmung seit de;» -mhre die Handhabung der innern Ruhe seyn ^te, sich noch immer nickt in der gehörigen Ord¬ nung 188 Karl v. Mttg befand; so publicirte das Kaiserliche Reichst- Ziment im J. eine so genannte Erklärung des Landfriedens oder eine Exccutioirsordnung, und er- ließ zugleich im Nahmen des Kaisers an zwei) Füc- Pen etries jeden Kreises ein Ctrsularfchreiben, daß sie ihre Krcissiände zur Vostzichnng der vorgcdachten E.recutiolisordnllirz und zur Wahl eines Kreishaupt- manns an einen bestimmten Ort zusammen berufe" sollten, wodurch endlich, zum grossen Vorkheil der öffentlichen Sicherheit, nicht nur die gesetzmäßige Kreiseinrichtung zu Stande kam, sondern auch der Grund zu den nachherigen Kreisausschrcibämkern ge- legt wurde. In nämlichen Jahre (1Z22) hielt das ReichSrcgiment im Nahmen des Kaisers nach ein¬ ander zwey Retchstäge zu Nürnberg, worauf eben¬ falls in der Absichf, die öffentliche Ruhe zu sichern,, über die zur Unterhaltung des Kammergerichts, M Vollziehung der kammergertchtiichen Urtheile und zut Handhabung des Landfriedens erforderlichen Koste" Verschiedenes gergthschlaget wurde. Die Hauptpunk¬ te der Berathschlagung aber betrafen die Türkeuhülfs und die lutherische Sache. Dec türkische Sultan Eolyman ll. hatte im I- iAri die ungerische Grcnj- festung Belgrad eingenommen. Da man dies« siung als die Vormauer der Christenheit ansahe,»«» sich vorstcllen konnte, daß nun die Türken leicht bis an die Gränzen Teutschlauds Vordringen würden, so gerieth darüber allts in Bestürzung. Man hat^ um Karl v. 189 stin si> mehr Ursache betroffen zti seyn, da zu gleicher Zeit die Religionsangelegenheiten in Teutschland immek verwirrter und bedenklicher wurden. Auf dem er¬ sten Reichstage geschah jedoch weiter nichts, als baß Man beschloß, die dem Kaiser zu seinem Römerzuge bewilligte Mannschaft entweder ganz oder zum Theil wider die Türken ins Fe'd zu stellen. Es blieb ober bey dem blossen Entschluß. Die Reichssiände waren schon längst gewohnt, das Versprochene nicht !u halten. Auf dem zweyten Reichstage erschien ein vom Papste Hadrian VI; abgcschickker Legat, UM theils die Türkenhülfe, theils die Vollziehung bes Wormser Edicts zu betreiben. In der ersterj Absicht hielt er in öffentlicher Versammlung eine Re¬ be, halber mit so geringem Erfolg, daß mir 4000 Nann nebst ioo Centnern Pulver auf 6 Monate bewilliget und zuletzt auch die weitern Berathschla- Zungen darüber Noch auf dem nächsten Reichstag Miögesetzt wurden. In der zweyten Absicht aber über- Sab er den versammelten Reichsständen ein päpstli¬ ches Breve und machte ihnen sogar dir ihm mit- gegebene Instruction bekannt. Zu beyden diese» Schriften hatte der Papst Hadrian, der, als ein deutscher von Geburt, es von Herzen gut mit sei« uen Landesleuten meinte, alle möglichen Gründe zu- 'lommen gesucht, um die Stände zu überzeugen, wie Uvthwendig es sei), di« Neuerungen Luthers bey Zeiten zu unterdrücken. In der Instruction des Le- Lyo Karl V. Legaten hakte er unter andern auch einstigen lassen / daß er die Mißbräuche, die bcy der Geistlichkeit und besonders bey dem römischen Hofe herrschten, nicht verkenne, die öftern EingUffe seiner Vorgänger in lie Concordaten her teutschen Nation mißbillige und fest entschlossen seh, sowohl den manchfältigen Ge- brechen der Kirche, als dkn wiederholten Beschwer¬ den der Teukscren wider den römischen Stuhl abzu¬ helfen ; nur dürfe man sich dab'ey nicht zu sehr über¬ eilen, damit nicht alles unter einander geworfen wer¬ be, wenn man alles auf einmahl reformiren wollte« Cs ist kein Zweifel, daß es dem grunbehrkichen Ha¬ drian mit dieser sffcnherjigen Erklärung Ernst gewe¬ sen sep, er mag sich auch die beste Wirkung davon versprochen haben. Allcln hierin täuschte er sich sehr« Die teutschen Reichsstände fanden in seinem aufrich¬ tigen Geständnisse der Gebrechen des römischen Ho¬ fes und des geistlichen Standes gewissermassen einen Grund, die Nichtvollziehung des Wormser Ebicts zu rechtfertigen, und in seinem zuvorkommenden Ver¬ sprechen einer Kirchenreformakion und der Abstellung ihrer Nationalbeschwerden chic Veranlassung, ein frey- rs Conciliüm in einer gelegenen Stadt von Teutsch- land zll begehren und ein Verzeichniß von hundert Beschwerden, die ungesäumt abzustellen wären,'nach Rom j» schicken. Dergleichen Dinge konnten den Römern unmöglich gefallen. Sie waren mit Ha¬ drians Betragen höchst unzufrieden, und schälten iss" er- McGmttiüN l. ^9^ ^nen lKchwachkopf, der nicht zu regieren wisse, in- dem er die Mängel seines Hofes, die doch feder Re- Zenk vor den Augen des Volkes sorgfältig zu verber¬ gen suchen müsse, den Nationen aufgedeckt hätte« Hadrian würde gewiß einen harren Stand gehabt haben, wenn ihn nicht der Tod schon lA2Z 14 bepr. sowohl den ferneren Instanzen der Leutschenf als den weitern Vorwürfen der Romer entzogen hätte. Hadrians Nachfolger war Clemens VH., der xvi. in Regierungssachen gleich besser nach dem Sinne der Römer zu machen wußte. Als im I. 1524 ^egen verschiedener, zur Befestigung der öffentlichen ^uhe und Sicherheit abzweckcnden, Anstalten tick Zitter Reichstag zu Nürnberg gehalten wurde, schick- -e Clemens Vli. den feinsten Prälaten seines Hofes, den Cardinal Camprgi, als seinen Legaten dahin, das nämliche that der Erzherzog Ferdinand, der als kaiserlicher Statthalter dem Reichstage beywohntt» Dieses hatte die Folge, daß endlich durch die Mehr¬ heit der Stimmen beschlossen wurde, dem Wormser Edicke, so viel möglich, nachzuleb'rn, und die Ver¬ breitung der Schmähschriften und Schandgcmäbld« zu verhindern; damit jedoch das Gute neben dem Bö¬ sen nicht unterdrücket und einmal)! festgesetzet werde, woran nian sich für die Ankunft halten sollte, den Antrag wegen baldiger Ansetzung eines allgemeinen Conciliums in Leutschland bey dem Papste zu wie¬ derholen. Unterdessen sollte jeder Reichsstanv in nem Lande die Bücher der neuen Lehre untersucht lassen und Auszüge daraus dem künftigen Reichsta¬ ge vorlrgen, damit hernach auf dem Concilium dest§ ungehinderter fortgeschritten werden könne. Diesig Reichsschluß war ein Werk der Verlegenheit, in wel¬ che die Retchsstände durch die Einmischung des Kai' fers versetzt wurden > und daher keiner Arrth anständig. Den Anhängern der alten Lehre es, daß dadurch die Vollstreckung des Wormser Edit ttS !) ga"» mißl^ Karl V. »9Z gewiffermaffen bis zum künftigen Concilio suspen- Kirk, oder doch dem Eigendünkel eines jeden überlas¬ en ward. Oer Parthcy Luthers hingegen war es dicht recht, daß darin nur eine Meldung von dem verhaßte«! Wormser Edikte gemacht wurde. Am we¬ nigsten war man zu Rom damit zufrieden. Der ^mische Hof sah Luthers Sache schon längst für ^"schieden Kn, und wollte keine weiteren Verhand¬ lungen darüber gestattend Ern allgemeines Conci- lium besonders in Leurschland war schon seit der Zett¬ els mair zu Constan; und Basel bloß einige Miß- Bäuche des Papstlhums abzuschaffen versucht hatte , lOas unüngenehmsts Ding für die Römer, um so ^chr jetzt, da das Papsttyum selbst von Luthern an- ^fochten wurde und der Untersuchung und Entschei¬ dung deS Concilluins unterworfen werden sollte. Der Papst Clemens VI«. beschwerte sich daher über daS ^nehmen der telltschen Rcichsstönbe beh dem Kat- und suchte ihm den vorgedachten Reichsschluß als größte Kränkung des kaiserlichen Ansehens, als *'Ue offenbare Verspottung seiner Befehle darzustel- Dürch diese , Kunstgriff bewog er den ohnehin schon schwierigen Kaiser leicht, daß er von Spanten «Vs ein scharfes Mandat nach Teutschland schickte, borili er die gena leste Befolgung des Wormser Edicrs bly Strafe der beleidigten Majestät und der Reichs- ^cht nochmahls befahl. Allein dieses Mandat blieb so kraftlos, als das Wormser Edikt selbst- Ncichsyefch. HI. Lhl. N Dkk 194 Karl v. XVII; Die Reformation Luthers gewann, währen^ hem sich Karl mit dem Kriege gegen den König vo" Frankreich beschäftigte und nur in seiner Abwesen¬ heit Reichstage halten ließ, immer weitern Fortgang- Eifrige Protestanten halten die so schnelle Verbreit tüng der lutherischen Lehre für ein Werk Gottes, sind behaupten, daß die Vorsehung sichtbar mitge- wirkt habe. Allein wir habest nicht nöthig, zu über¬ natürlichen Ursachen die Zuflucht zu nehmen, wen» sich das Phänomen aus natürlichen leicht erklären läßt. ;Die Wünsche nach einer Reformation der Kir¬ che waren schon Jahrhunderte alt, oft laut genug geäußert, aber immer wieder erstickt. Die Mißbräu- cht und Bedrückungen nahmen indessest nicht ab^ fe¬ dern vielmehr zü. Die Sitten der Geistlichkeit, wen" sie nicht gar schlechter wurden, bessertest sich nicht oder nur unmerklich, und dienten zu rlneÄ desto größer" Steine des Anstosses,', da sich mit den Fortschritten t" den Wissenschaften bey der Nation crllmähltg ein fei¬ nerer Geschmack und Mehrere Einsichten verbreitete"- Unter dem gemeinen Volke waren schon seit dem Hus¬ sitenkriege, da Teutsche'nach Böhmen kamen, und bock hussitische Lehrsätze kennen lernten, Ideen im Umlalch die eine gewisse Gährung gegen die verdorbene Geist¬ lichkeit unterhalten. Was Wunder also, daß Le¬ ihet, dck er sich als Reformator ankündigte, «inen beträchtlichen Anhang bekam? Diesen wußte ck Nrch sehr schickliche Mittel ju vergrößern. Er si^g an/ Karl V. LA5. ön, den Leuten dir Lesung der Bibel zu empfehl» len. Um diese Lectür zu erleichtern und allgemeine iu machen, unternahm er die Uebersetzung der Bibel id die teutsche Sprache. Zuerst erschien 1522 das auf der Wartburg ausgearbeikete neue Testament im Druck, hernach vom alten Testamente ein Stück nach dem andern, bis im J. IZZ4 die erste AuSgab« von der ganzen Bibel b'ey Hans Luft zu Wittenberg ge¬ druckt ward. Das Volk griff nun M Begierde Nach dem göttlichen Buche, und glaubte wirklich das darin zu finden, was ihm die neuen Lehrer vorpre- digten. Luther sorgte auch bep Zeiten dafür, daß der gemeine Mann nicht leicht etwas anders in der Bibel finden könnte. Er gab schon im Jahr e Z2I Bitten kleinen Cachechismus ünttr dem Titel ein Lert- uud Lesbüchleiri, gedruckt heraus. Diese kurze Und faßliche Uebersicht des neuen ReltglonssystemS wägten flch die Bürger uns Ba'uerN leicht in den ^vpf ei,, und lasen dann mit den vorgefaßten Be¬ kiffen die Bibel, in der fie nun ganz natürlich die dämlichste Bestätigung alles dessen fanden, was in dem Ca'thechisMus enthalten war. Ueberdieß führ- Et Luther start der unverstäniichen lateinischen die keuk- sche Liturgie ein, verfaßte teutsche Gesäugt für den Gottesdienst und verschaffte auf solche Art deni Volke "'ihr Theilnahme an demselben. Schon durch diese '^fachen Mittel brachte er eint ansteckende Schwär- Eereg unter den geringem VoikStlassen hervor; noch N L mehr t96 Karl V. * . ' ' ' - mehr aber wirkten vielleicht auf dieselben seine Frey-' heitsdeclamationen, Nichts kam in seinen Schriften häufiger vor , als das Wort Freiheit. Luther ver¬ stand nun freplich nur die Religionsfcepheit darunter, die er mit dem Nahmen der christlichen oder evangeli¬ schen Freiheit belegte; allein das gemeine Volk, das davon keinen rechten Begriff hakte und sehr gedrückt war, Nahm es für die politische Freyheit, und hoffte durch die Äekennung des reinen Evangeliums, wie es ihm schr christlich schien, die Beftepung von Abgaben, Steuern und Frohndiensten zu erlangen. Der gross? Zulauf der Bürger Und Bauern zu Luthers Parthei) isi also seht begreiflich- Auch ein grosser Ttzeil de6 nieder» Adels schlug sich frühzeitig und Mit Enthusias¬ mus zu derselben, theils aus Schwärmern), wozu der Adel durch den noch nicht erloschenen Rittergcist oh¬ nehin gestimmt und. durch Luthers Losungswort Frei¬ heit und dessen cindringende Schriften" noch mehr ge¬ reiht ward, theils in der Hoffnung, an der neuen Religionsparthel) eine güte Stütze gegen die Fürsten, die ihm seit dem Landfrieden die Reichsunmittclbar- keit streitig, die Landsäßigkeit fühlbarer zu machen suchten, zu erhalten und bep Gelegenheit der entstan¬ denen Bewegung seinem durch Aufhebung des Faust¬ rechts sehr gesunkenen Ansehen auf irgend eine Art wieder aufzuhelfen. Die Fürsten besannen st^ länger, ehe sie sich laut für die neue Lehre erklärtes Nur der Kurfürst von Sachsen nahm gleich Anfang Lu- Karl V. »97 F Äthern in Schutz ; denn cs war ihm daran gelegen, sinen Mann zu erhalten, der Hine neu gestiftete Uni¬ versität zu Wittenberg auf einmahl in einen außeror- tätlichen Ruf gebracht hatte. Aber nach der Zeit, gls sich Luthers System mehr entwickelte, konnte es demselben an eifrigen Anhängern auch aus dem Für- frenstande nicht mehr fehlen. Luther wollte keine Klö- lftr und überhaupt keine vermögltche Geistlichkeit ha- hen. Er fodsrte die Fürsten auf, jene aufzuheben, dies« auf einen staudesmäßigen Unterhalt zu fetzen. Durch die Annahme der lutherischen Grundsätze konn¬ ten sich also die Fürsten auf die leichteste Art berei¬ chern. Die geistliche Gerichtsbarkeit, wie sie damahls von den Erzbischöfen uud Bischöfen ausgeübt wurde, war schon längst eine ungemein lästige Sache für die Länder der weltlichen Fürsten, in welche sie sich er¬ weckte. Durch den Ucbertritt zur Lehre Luthers konnte sich ein Fürst auf einmahl von dieser sehr be¬ schwerlichen geistlichen Servitut losmachen. Gewiß lchr anziehende Reitze für die Fürsten! In der Folge Manien noch Aussichten auf wohl gelegen« Bisthümer k'w Reichsabteyen hinzu. Sogar ein grosser Theil wr Geistlichkeit fand das neue Religionssystem sehr annehmlich ; denn Luther lehrte , daß die Gelübdenicht verbinden, und daß die Geistlichen heyrathen können, 2um ermunternden Beyspiele nahm er selbst i Zweifle ^usgespr,ingene Nonne, Katharine von Bora, zur ^cknahlinn. Die geriilgeren Geistlichen, denen es be¬ der ,98 Karl V. der Hamahligen Art, die Pfründen zu besetzen, äst- Herst schwer fiel, sich höher zu schwingen, hatten noch «inen andern Beweggrund, sich zur Lehre Luthers zu bekennen; denn dadurch konnten sie guf einisiahl zu besi fern Pfründen gelangen und angesehene Männer wer» den. Endlich gieng es auch sehr natürlich zu, daß selbst die denkenden Köpfe dxr Nation entweder öffent» lich Luchern zuficlen, oder ihm wenigstens nichts in den MtS legten. Die sogenannten Humanisten, das ist, diejenigen Gelehrten, die sich mit der Rassischen Literatur abgaben, waren gleichsam dazu gezwyr,gen. Schon lange hatte die größte Erbitterung zwischen ih¬ nen und den scholastischen Theologeg geherrscht. Luther erklärte sich ebenfalls gegen di; Scholastiker und em¬ pfahl das Studium der alten Sprachen, als ein un¬ entbehrliches Hilfsmittel zuG richtigen Verstände dec Bibel. Sogleich ward er von den Scholastikern für sin¬ nen Humanisten ausgeschrien, und die ganze Schuld feiner Neuerungen den Sprachen und schönen Wissen¬ schaften zugeschrieben. Die Humanisten, die nichts anderes glaubten/, als daß man ihnen und den schönt Wissenschaften, wie Luther», den Untergang zuberci- te, mußten nun ihrer eigenen Erhaltung wegen mit kuthern gemeine Sache machen, oder doch sich hüten, etwas zu khun, was derselben schaden könnte. Ueber< dieß war die Kirche damahls mit einer Menge so gro¬ ber Mißbräuche überladen, daß jeder denkende Kopf und rechtschaffene Mann darüber seufzte und «ineAb- stel- Karl v. ,yZ sttllung derselben vom Grunde seines Herzens wün¬ schen mußte. Luther hat in seinem System viele die¬ ser Mißbräuche abgeschafft. Wenn also dasselbe gleich dicht ganz mit der Ueberzeugung Heller Köpfe überein? Ginnte, so war ihnen doch das Gute daran willkom¬ men. Sie konnten sich mit der Hoffnung trösten, das Bessere werde sich mit der Zeit von selbst geben, wenn dur einmahl die Haupthindernisse aus dem Weg Fe» sind. So bekam Luther eine beträchtliche An- iahl pon Leuten unter seine Fahne, die ihm durch ih¬ re Einsichten und Schriften die wichtigsten Dienste leisten konnten. Er würde auch gewiß noch mehrere Köpfe von dieser Classe an sich gezogen habsn, wenn tr nicht ein so hitziger und eigensinniger Mann ge¬ wesen wäre. Er vergaß in seinem Eifer allen Anstand Legen seine Gegner, er führte immer das Evangeliunz sind die Gewissensftepheit im Munde, und wollte doch dicht zulassen, daß Wn etwas anderes , als seine Er¬ klärung für das Evangelium hast?. Aus dieser Ur¬ sache hat sich der berühmte Erasmus, der Anfangs sehr günstig von Luthers Sache geurtheilet hatte, bald gänzlich zurückgezogen. DasReichsregtment hätte zwap diesem Hange aller Stände zu Luthers Lehre durch po¬ litische Anstalten entgegen arbeiten können, es hätte durch ernstliche Mittel die Vollziehung des Wormser Edicts von Amts wegen betreiben sollen. Allein selbst diesem Retchsrathe fassen mehrere Freunde Luthers, die xviii. gos V. die anstatt dessen kehre zu unterdrücken, vielmehr LM selbe begünstigten. Bey diesen Umständen würde die Reformatio!? Luthers wahrscheinlich einen noch Niel rascher» Fort' gang gehabt haben, wenn sich nicht unterdessen schon Austritte ereignet hätten, die auch denjenigen, die sonst Lutbern nicht ungeneigt waren, Bedenklichkeiten tinflößen mußten. Ein schwärmerischer Kopf, Tockor Kmlstadr zu Wittenberg, war mit den Aenderungen, die bereits die Augustiner Mönche zu Wittenberg in dem öffentlichen Gottesdienste vorgenommen haben, noch bey weitem nicht zufrieden. Er wollte auf ein» mahl alle päpstlichen Mißbräuche, wie er sie nannte in demselben abgeschafft wissen. Durch seine schwärmerischen, Predigten erhitzt und von ihm angeführt, stürmte das Volk zu Wittenberg mitten in den Wei mchtsseyertä- gen ls2l die Kirche :, warf die Bil e ZerauS, zerstörte die Altäre und gab dem öffen'lichen Gottes¬ dienst« eine ganz neue Gestalt. Zu eben der Zeit dro- heten in einer andern sächsischen Stadt , zu Zwickau, noch bedenklichere Unruhen ausrubrechrn. Ein Tuch¬ macher, Niclas Stg'-ch. ein fana.'ischer Weltgeistli" cker, Thomas Münzer, und a ndere von gleichem Ge¬ lichter fingen in ihrem Cifer für die Kirchenrefonua- tisn an, unmittelbare Offenbarungen von Gott zu er¬ halten und zu lehren, daß man durch Vernunft »nb Untersuchung in Re'luionssochen nicht weiter komniess köune, daß nian Religsons Wahrheiten nur durch göttliche Erleuchtung zu erlennen im Stand« sey, und UM die- KarL V. 20 L diesser theilhaftig zu werden , eine ganz andere Lebens- grt einführcn müsse. Sie träumten von Herstellung tiner Gleichheit unter den Menschen, von Einführung ftner Geyreinscl aft der Güter, von Msetziing der dö¬ sen und Einsetzung ganz heftiger Obrigkeiten, kurz von der Annäherung eines weltlichen Reichs Christi auf Erd«», das aus lauter Gerechten bestehen sollte. Zu- Zleich erklärten sie die Kinderkaufe für ungültig/ und behaupteten, daß diejenigen , die in ihrer Kindheit ge¬ saust werden, wenn sie zu reifcrn Jahren komm-m, von Neuem getauft werden müßten. Davon erhielt ihr Anhang ^tN Nahmen der Wiedertäufer Daß dergleichen Grundsäs sätze hey dem Pähel Eingang gefunden hoben, ist leicht iu erachten. Ohne Zweifel würde es bald zu stürmi¬ schen Auftritten gekommen ftyn, wenn nicht die gcist- ^che und weltliche Obrigkeit zu Zwickau denselben durch Nachdrückliche Maßregeln vorgebeugt, hätte. Einige dieser- Schwärmer zogen sich dann nach Wittenberg, 'ind verbanden sich hier mit der Parrhey des Doctor ^grlstadt. Die Unordnungen zu Wittenberg nahmen 'sun noch mehr über Hand. Um denselben abzuhrlfen ^ftließ Luther wider den Willen.des Kurfürsten von wachsen seinen bisherigen Anfenhaltsort , die Wart- „nd erschien am 6. März IA22 wieder öffent ^ch zu Wittenberg. Durch Predigte«, dir er acht T"ge nach einander hielt, glückte es ihm, das Volk ^lrzlich zu beruhigen. Die Schwärmer entfernten s'ch dyn Wittenberg. Münzet durchwandert« verschiede ltUtsche Provinzen, und setzte sich endlich in Thürin¬ gen M. so-? Ftzrl gen fesi, wo ;r unausgesetzt an seinen heillosen Ent? würfest brütete. Fast um eben diese Zeit machten die stch'ingischen tzanbol Vies Aufsehen im Reich«. Franz vch Sickin- gen, Ner vergrößettW Abgaben und andere Bedrückungen den Gründ zum Mißvergnügen der Bauern wider ihre dürsten und Gutsherrn gelegt. Nun wurden die Köpf« der Bauern, Mch die Freyheitsideen, die Lu- fher auf eine sehr unvorsichtige Mise in Umlauf brach¬ te, auf einmahl erhitzt. Die Bauern verstanden un¬ ter der evangelischen Freyhett, die Luther sp laut pre¬ digte, die Befirpung von dem, was' sie drückte, und unter den Tyrannen und Unterdrückern der evangelischen Wahrheit, wider die Luther so ungestümm losdonner- dachten sie sich ihre Herren, welche sie noch in dec ^klaverey halten wollten, von der sie doch durch den Hckland erlöset zu seyn glaubten. Bald kamen noch fanatische Betrüger lsinzu, welche den Bauern systems- ^ttseaus der Bibel die Notwendigkeit und Rechtmä- ^gkett einer Aeudrrung im Politischen vordemonstrir- ten, Lc>4 Jarl V- ten , und si« förmlich zur Empörung wider ihre rigk-tten aufreihten. Unter diese Aufwiegler gehöre» vorzüglich die aus Sachsen entwichenen Schwärmer, Thomas Münzer und Dockor Karlstadt, die seitdem verschiedene Gegenden von Teutschland durchliefen , über¬ all ihre verderblichen Grundsätze ausstreuetcn und sich «ine Menge Anhänger verschafften. Der Aufruhrbrach 4524 zuerst in Schwaben aus, wo das Landvolk von den vielen kleinem Herren an» härtesten gedrückt wak- Es wurden hier zwölf Artikel aufgesetzt, welche die Bauern als Grundlage ihres künftigen Zustandes an¬ genommen wissen wollten. In denselben begehrt» sie das Recht ihre Prediger selbst zu wählen, die ih¬ nen das Wort Gottes rein ohne Vermischung inensch" licher Satzungen vortragen sollcen; die völlige Be-' freyung von kleinem Jehend, und die Verwendung dis grosse» zu andern Endzwecken; die Aushebung der Leib¬ eigenschaft, die ihnen, wie sie sagten, gegen alle Billigkeit genommene Jagd-und Fischgerechtigkeit; die Freyheit in den nicht an Privatpersonen verkauf¬ ten Wäldern Holz zu ihrer Nothdurft unentgeltlich schlagen ; die Verminderung der Frohndienste und an¬ derer Entrichtungen; mehr Billigkeit und Unparthey- kichkeit bep Strafen; die Zurückstellung der den Ge¬ meinden entrissenen Güter und die gänzliche Abschaffung des sogenannten Todfalls. Doch setzten sie Hinz», daß, wenn einer oder der andere dieser Artikel! dM Worte Gottes nicht gemäß wäre, sie sogleich davon ab- Kurl v. «östehcn wollten. So wie diese Artikel weiter ver¬ breitet wurden , griff auch bas Feuer der Empörung «llenthalben um sich. In kurzer Zeit breitete es sich in den Länderii am Rhein, an der Donau, in Fran¬ ken , Thüringen und Sachsen aus. Allein da die ver¬ schiedenen Haufen der Bauern in keinem rechten Zu¬ sammenhänge standen, keine geschickten Anführrr hal¬ ten, und überhaupt schlecht bewaffnet und ungeübt Ovaren, so wurden sie von den Truppen des schwäbi¬ schen Bundes und einiger Fürsten überall geschlagen; Zuletzt traf das Loos auch den Haupträdelsführer, Thomas Münzer. Er hatte sich mit einer Rotte voll "iiche Tausend Bauern bcy Frankenhausen in Thüringen gelägcrt» Eine vereinigte Macht von Sach¬ au , Braunschweig und Hessen rückte gegen ihn anr tz-'r versprach den Scinigen Sieg und Wunder vom Himmel; wurde aber gänzlich geschlagen, selbst ge¬ sungen genommen und Mit mehreren seiner Gesellen t'uhauptet. So endigte sich der unselige Bauernkrieg, zwar kaum ein volles Jahr gedauert, aber doch ^ie schrecklichsten Verheerungen in Teukschland ange- tichket hatte. Die Bauern wükhcten gegen Edelleuce- Mönche, Schlößer und Klöster. Mord, Brand, Plün- ^rung und Verwüstung folgten ihren Schritten. Aber r^ch grausamer verfuhren die Fürsten und Ebelleute ^>t den Bauern. Mehrere Tausende derselben wurden, Nachdem sie sich schon ergeben harten, entweder auf der stelle niedergemacht, oder nachher öffentlich enthauptet. Gan- Karl v. Ganze Flecken und Dörfer wurden aus Rache in de» Brand gesteckt. Am unmenschlichsten bewiesen sich die geistlichen Fürsten. Der Erzbischof von Trier soll meh¬ rere schon entwaffnete Bauern mit eigener Hand er^ stochen haben. Der Bischof von Würzburg ritt, da bereits alles beruhiget war, von Schar.frtchtern begleitet, seist ganzes Land aus, ließ sich von neuem huldigen und einigen Hunderten die Köpfe abschlagen- Ueberali wurde den Bauern das Joch, das sie abzu- werfen versucht hatten- seitdem noch mehr erschwert XXI. Diese Vorfälle waren freylich nur Auswüchse von Luthers System. Luther hatte keinen Thest daran genommen- vielmehr war er dagegen gewesen- Münzern erklärte er für einen Besessenen , falschen Propheten und Apostel des Satan; bekam abir öd" ihm alle diese Titeln zurück, und noch dazu den Nah¬ men eines niedrigen Heuchlers und elenden Fürsten¬ sklaven. Als die Gährung untet dem Landvolk ent¬ stand, ermahnte er es schriftlich zum Frieden u"d zum Gehorsam gegen die Obrigkeiten. Wie aber diese Vorstellungen fruchtlos waren/ forderte et i" einer andern sehr heftigen Schrift nicht nur alle Obrig¬ keiten zu einem förmlichen Kreuzzug wider die Bau¬ ern auf, sondern Machte es äuch allen Menschen zur Pflicht, wider selbige die Waffen zu ergreifen, und sie wie tolle Hunde todt zu schlagen. Den ganze" Bauernaufruhr schrieb er übrigens dem Teufel , der daS aufbrechendr Licht der Wahrheit nicht vertra¬ gen Karl 207 gen könne , und dasselbe durch Leute die sich zum Evangelium bekennten, verhaßt zu machen suche. Aber bey allem dem konnte es tiefer sehenden Leuten nicht entgehen, daß wenigstens die mittelbare Ursache dieser Auftritte, Und insbesondere des Aufstandes der Bauern in den von Luthern angefangenen Neuerungen und in seinen Deklamationen von der christlichen Freyheit liege. Die Bauern hatten sich bey ihrtm Unfug aus¬ drücklich auf Luthern berufen. Luthek hatte den Satz aufgestellet, daß Jeder selbst die Bibel lesen und die Wahrheit seiner Lehre prüfen soll. Bey einem sol¬ chen Untersuchungsgeiste war es nicht möglich, eine Einförmigkeit ju erhalten. Wir Hasen gesehen - wie rin ähnlicher Prüfungsgeist unter dest Hussiten Tren- irüngen veranlaßt hat. Wie konnte man jetzt hoffen, daß alle, denen die Bibel in die Hände kam , den nämliches Sinn als Luther darin finden und bey sei¬ ner Lehre stehen bleiben würden? Wer eine Refor¬ mation eigenmächtig anfängt, muß kckrüer erwarten, daß andere aufstehen werden, die sich eben das Recht jd reformirell zueigntn und noch weiter, als er, ge¬ hen würden^ Doch bald wurden auch mit Rath und Gutheißen Luthers selbst Schritte gethän, die jedem ^Wenden die Augen öffittn mußten, wohin endlich duthtrs Neuerungen führen werden. Im Jahr IZ2Z A, Mai) starb' der Kurfürst HH» Friedrich der Weise von Sachsen. Sekri Bruder Jo¬ hann der Standhafte folgte ihm in der sächsischen Kur- würdr. Rod Karl v. würde: Nem gieirg gleich entschlossener in der -Re¬ formation za Werke. In allen kursächsischen Län¬ dern ward das Vermögen der Klöster etngezogen, die Messe abgeschafft, bey dem Gottesdienste der Gebrauch dec tentschest Sprache befohlen, eine neue Kircheik- ordnnng abgefaßt und zuletzt ein eigenes Consistorium von geistlichen und weltlkcheN RätlM errichtet, wel¬ ches künftig alles das besorgen sollte, was vorher von den Blschöfest- Erzbischöfen lind dem Papste abhieng- Gleiche Veränderungen wurden !Z26 auch von dem Landgrafen Philipp von Hessen - der sich das Jahr vorher öffentlich für die Rcfo mation erkläret hakte, kN seinem Laiche vorgenommeN, »ur ntit deni Unter¬ schiebe , daß in Hessen den Mönchen und Rönnen - welche ihre Klöster noch inne harten, erst föunlich aufgekündiget werden mußte, da hingegen in Sachstä die Klöster entweder schon von den unruhigen Bauern zerstöret oder von den Mönchen freywillig verlassen waren. Doch wurdest die Güter der Klöster in Hes¬ sen viel besser verwendet als in Sachsen. Hier ei¬ gnete sich dieselben der Kurfürst zu, ungeachtet Püt¬ ter versichert, daß kein Gedanke davon wär. Vie¬ les wurde auch eine Beute des habsüchtigen Adels- Zn Hesstn aber ward ein Theil der Klostergüter jät Unterhaltung der Universität von Marburg, ein an¬ derer Theil zum Baue und Stiftung neuer Hospitä¬ ler ausgesetzt. Dem übrigen behielt sich der Land¬ graf vor eine solche? .Bestimmung zu geben, wie es das Karl v. S0A das Beste des Landes und die Nothdurft in den be¬ vorstehenden gefahrvollen Zeiten erfordern würde. Ob Nicht in der Folge an die Stelle des erster» bisweilen das Beste der landgräfltchen Kammer getreten, oder die letztere in der Bestreitung der Kosten zum schmal» kaldischen Kriege bestanden sep, läßt man dahin gestellt seyn. Nock auffallender als das, wqs in Sachfen und XXIII. Hessen vorgieng, war die Sacularisation von Preu¬ ßen. Ostpreußen war «in geistliches, dem teutschen Orden zuständiges, Land. Der Orden sollte dassel¬ be vermöge des Lhorner Friedens vom Jahr 1467 als rin polnisches Lehn anerkennen; weigerte sich aber in der Folge die Lehnpflicht zu leisten und hielt sich "°ch immer zum teutschen Reicht. Um mehr Unter- Etrstützung gegen die Polen zu finden, wählte der Or- ben immer" Prinzen aus mäedktgen Häusern zu Hoch- Zistern. Jetzt war der Markgraf Albrecht von Bran- bendurg Hochmeister des teutschen Ordens in Preu¬ ßen. Ec lag wegen des Lehnbandes mit dem KÜ- aige von Polen schon seit mehrer» Jahren im Kriege. Luther riech ihm bey Gelegenheit einer persönlichen ^»tecredung, das Ordenskletb auszuziehen, sich eine ^au z» nehmen und Ostpreußen in ein weltliches ^'bfürstenthum ju verwandeln. Albrecht ließ sich beseit Rath gefallen, verglich sich 1A25 mit dem Könige von Polen zu Krakau und empfieng von dem¬ selben das bisherige Ordensland Ostpreußen für sich Reich-gesch. M. Thl. O und Lio Karl V. und seine Erben, in deren Ermangelung aber für seine Brüder und deren Nachkommenschaft als welt¬ liches Herzogthum zu Lehn. Bald darauf bekannte er sich öffentlich zur lutherischen kehre, und vermähl¬ te sich mit des Königs Friedrichs I. von Dänemark Tochter Dorothee. Dieser ganzen Sache widersprach zwar gleich damahls der damahltge Teutschmeister, Dietrich von Cleen, und nach dessen Resignation r ahm sein Nachfolger, Walther von Cronberg, 1527 den Titel eines Administrators des Hochmeisterrhums in Preußen an, erhielt iZzo von Karl V. darüber die Belehnung, und rückte am Reichstage an die Stelle des Hochmeisters gleich nach den Erzbischöfen ein. Auch bewirkte er bey dem Kaiser die Zernichtung des von dem ehemaligen Hochmeister Albrecht mit Polen über die Eibbelehnung geschlossenen Vertrags, und bei¬ den» Kammergerichte eine Achrserklärung des Herzogs Albrecht. Aber durch alles dieses konnte die Sacht nicht mehr abgeändert werden. Ostpreußen blieb als ein weltliches Herzogthum bei- der Familie dec Mark¬ grafen von Brandenburg. Doch hat der teutsche Or¬ den seinen Rechten auf Preußen noch bis auf den heu¬ tigen Tag nicht entsagt. Dec Teutschmeister führt noch immer den Titel eines Administrators des Hock? meisterthums in Preußen, und vermeidet alle Gele¬ genheit einen Herzog, oder nunmehr einen König von Preußen öffentlich'anzuerkennen, wovon man noch dey der Wahl Leopolds H. ein Beispiel gesehen hat/ d» Kürt V. «ii bä bep Gesandte des Kurfürsten von Cöln, der jetzt fi'-gleich Teutschmeister ist, über den gemachten Vor¬ schlag , denjenigen Kurfürsten, die Könige sind, ist der Wahlcapitnlation den Titel Majestät zu geben, seyerlichst protestirte. Durch alle diese Vorfälle wurde die katholische XXIV« Parthey ndthwendiger Weift sehr aufmerksam gemacht. Die' Säcularisation von Preußen war ein äußerst be¬ denkliches Beyspielt Es war zu besorgen, daß es in den teutschen Hochstistern mehrere Nachfolger finden würde. Die größten Besorgnisse für die Zukunft aber erregte bey den katholischen Ständen der Bauernauf- tuhr» Die Dauern hakten unter andern auch das Cvangeliuni zum Vorwand ihrer Empörung genoM-- tnen. Sie haben nun freyiich die traurige Erfahrung gemacht, daß es mit dem Evangelium nach ihrem Sin, iw nicht fortgehe, sondern höchstens nur nach dem Sin¬ ke der Fürsten, die sich zu Luthers Lehre bekannten, Aber eben dadurch ward ein VereinigunspNnct zwi¬ schen den Bauern und den lutherisch gesinnten Fürsten hergestellt. Wer komite gut dafür stehen, daß nicht kiit der Zeit beyde gemeine Sache mit einander machen würden, um das Evangelium nach dem Sinne dec lehtern auch wider den Willen katholischer Landes¬ herren überall durchzusetzen? Was für eine schöne Ge- ^genheit bot sich hiebey den lutherischen Fürsten an, " h>e katholischen unter dem Vorwande des Evangeli- h>Ns mit Hülfe ihrer eigenen Unttrthanen sogar von O « Karl V. Land und Leuten zu jagen? Diese Betrachtungen bewo¬ gen die katholischen Reichsstände der Ausbreitung der lutherischen kehre in ihren Ländern mit allein Ernste entgegen zu arbeiten und auf ihre Sicherheit zu den¬ ken. In dieser Absicht hatten sie schon zu Anfang der Bauernbewegungol 1524 auf den Rath des päpstli¬ chen Legaten Campegt eine Zusammenkunft zu Regens¬ burg gehalten und sich vereiniget, das Wormser Edikt und dir bepden letzten Nürnberger Reichsabschiede i» ihren Ländern gehorsamst zu vollziehen, ihre dagegen handelnden Unterthemen ernstlich zu strafen, und, wenn wegen dieses christlichen Vornehmens ein Aufruhr oder Widerstand von Seite ihrer Unterthemen entste¬ hen sollte, demselben stattlich zu begegnen. Don offensiven Absichten oder auch nur von einem Defrnsivbündntffe gegen die lutherisch gesinnten Iletchsstände kommt in dieser Vereinigung nicht dir geringste Spur vor. Nach gedämpfter Empörung der Bauern kamen wieder einige katholische Fürsten, be¬ sonders solche, denen es wegen der Nachbarschaft mehrerer Anhänger Luthers am meisten bange war, ju Leipzig zusammen. Eie beschlossen, dem Kaiser die gefahrvolle Lage, in der sie sich befinden, vvrzustellenx zugleich gingen sie miteinander darüber zu Rathe, wtt sie sich in der Zukunft in ähnlichen Fällen zu betragt hätten. Eine andere Zusammenkunft sollen nach Se¬ ckendorfs Bericht die Kurfürsten Albrecht von Mah'^ und dessen Bruder Joachim I. von Brandenburg, die Karl v. die Herzoge von Braunschweig, Heinrich der Jüngt- tt zu Woifenbüttel und Erich zu Kalenberg, im Jahr 152A zu Dessau gehalten haben. Diese Zusammen« lünfte der Katholischen erregten Argwohn bey den Lu¬ therischen. Es wurde ausgestreuet, die geistliche» Fürsten hätten ein Bündniß wider die Evangelischen «-schlossen, und wollten die lutherische Lehre, deren Verbreitung sie das ganze Unheil des Bauernaufstan¬ des zuschriebcn, mit der Wurzel ausrotten. Pütter verwandelt dieses Gerücht in eine wirkliche Thatsa- che. Er weiß sogar, daß das Bündniß zu Dessau Erschlossen worden und «in Offenfivbündniß gewesen siy. Allein aus den bisher bekannt gewordenen hi» storischrn Quellen läßt sich die Thatsache eines solche» Bündnisses nicht erweisen r), wie nun selbst unpar- thcyische und kaltblütige protestantische Geschichtschrei¬ ber eingestehen. Auch zu Dessau lief alles auf blö¬ de Unterhandlungen und Berathschlagnngen hinaus. Der Verdacht der Evangelischen ward noch vermehrt, als der Kaiser in verschiedenen, um diese Zeit erlasst- den, Schreiben sehr ernstlich auf die Vollziehung deS Wormser EdictS drang, und die katholischen Stände vlcht nur zur Beharrlichkeit im alten Glauben, son- ^trn auch jlmr Widerstande aufmuntertr, falls sie von den H Siebe van Recum (Frank) einzelne Betrachtu»- Aen aus der Geschichte von Tenkschiand S- und t»lg Maynj 178s- Karl V. »14 lutherisch Gesinnten zu ihrer Lehre genöthiget würr den. Die Besorgnisse der lutherischen Fürsten stiegen endlich aufs höchste, als es verlautete, der Kaiser werde.selbst, nachdem er sich durch den geschlossenen. Madriter Frieden den Rücken frey gemacht hat, nach Deutschland kommen, um die zweckdienlichsten tel gegen bas iftbel anzuwenden, das aus Luthers Lehre entstanden sey. Die Evangelischen fiengen da¬ her auch an, Zusammenkünfte mit einander zu haft sen- Am geschäftigsten bewies sich dabey der Land¬ graf Philipp von Hessen, ein hastiger und untec- pchmendex Mann, Er gab sich alle Mühe, den Kur¬ fürsten Johann von Sachsen von der Wirklichkeit ei- pes von den geistlichen Fürsten zur Unterdrückung der lutherischen Lchre geschlossenen Bündnisses und von der Nothwcndigkeit ernsthafter DerkheidigungsaiistaltcnjU überzeugen § und ruhete nicht eher, als bis er densel¬ ben bewog, imt ihm nm 4. May 1526 ein Bünd- ntß zu Torgau eiyzugehen, das dem vorgeblichen Bündnisse der Katholischen das Gegengewicht halten sollte. Das Torgauer Bündniß wurde bald darauf (12. und 14. Juny) auf einer Versammlung jN Magdeburg durch den Bcytrikt der Herzoge von Lü¬ neburg mir/ Mecklenburg, des Fürsten von Anhalt« der Grafen von Mansfeld und dec Stadt Magdeburg verstärkt. Einige Monate nachher (29. Sept.) Dost sich an dieses Bündniß auch der Ephochmeister des teutschen Ordens und nunmehrige Herzog Albrecht yv" Preu- Karl v. srL Preußen an, weil er vorsahe, daß der ganze teutsche Drden Bewegungen gegen die eigenmächtige Perwand- st>ng eines Ordenslandes in ein erbliches,FürstenthttM wachen werde. T>as erste Bündniß eines Religions- lheils wider den andern liegt also nicht den KachoU» Men, sondern den Evangelischen zur Last. Freylich war es nur ein Defensivbündntß und grenz bloß da- .hln: ihre Uuterthanen vor unbilligem Krieg zu schü¬ fen und einander beyzustchen, im Falle sie, der Re¬ gion und deren anhängigen Sachen halber -angegrif¬ fen werden sollten. Aber das Mißtrauen zwischen den beydcn Religionspartheyen ward doch dadurch Ungemein vergrößert. Jeder Theil beobachtete feih- dem die Schritte des andern auf das argwöhnische¬ ste, und glaubte in jedem derselben nichts als Anschlä¬ ge zu seiner Unterdrückung zu sehen. Mit dieser Stimmung der Gcmüther ward r Z26 XXV. ein Rrichötüy zu Speyer gehalten, der schon das Jahr vorher nach Augsburg ausgeschrieben war, aber weil sich daselbst nicht eine hinlängliche Anzahl von. Bränden eingefundrn hatte, verschoben und verlegt, werden mußte. Der vornehmste Gegenstand der Be- ^khschlag,ingen war die Vollziehung des Wormser ^dicts Es zeigte sich aber bald, daß es jetzt noch weniger, als auf den vorigen Reichstagen möglich sth, dieselbe durchzusetzen. Die evangelischen Für¬ sten widersprachen iin Gefühl, ihrer Bnndeskräfte dte- Anträge mit Entschlossenheit. Durch Zwey eben em- Karl v. »i6 getroffen« Nachrichten bekamen sie noch mehr Muth. Die eine mar, daß Ungern von den Dirken mit ei¬ nem großen Heere überzogen morden sey; die ande¬ re, daß die italienischen Mächte mit dem Könige von Frankreich ein Bändniß geschlossen hätten, und mit gesammter Macht auf den Kaiser losgiengeN' Durch die erste mard die Aufmerksamkeit der katho¬ lischen Rrichsstände zum Thetl anderswo gezogen; durch die zweyte aber wurden die lutherischen außer Furcht vor einer baldigen Ankunft des Kaisers nach Teutschland gesetzt. Es kam auf dem Reichstage so weit, daß bereits alle Berakhschlagungen abgebrochen wurden. Um eine förmliche Trennung zu verhüten, mußte man katholischer Seits nachgeben. Es ward daher im Reichsabschiede weiter nichts beschlossen, als zur Vereinigung der Religion binnen Jahres¬ frist ein freycs General »oder wenigstens Narional- concilium in Teutschland anzustcllen; „mittelst aber, dis auf ein solch Concilium, sollte rin jeder mit sei¬ nen Uiiterkhanen in Sachen, so das wormstsche Edikt belangten, für sich also leben, regie-en und halten, wie er solches gegen Gott und kaiserliche Majestät zu verantworten hoffte." Diesen Schluß legten n»n die Evangelischen ganz zu ihrem Vortheil« aus- b sagten: wer sollte es sich nicht zu verantworten trauen, daß er das reine Evangelium predigen lasse? würde er sich nicht vielmehr durch Unterdrückung des¬ selben verantwortlich machen? Die Reformatio» Lri- «Hers Karl v. -r/ thers breitete sich auch seitdem immer weiter und ka- scher aus, und-zwar oft durch Mittel, dir mit der öevriesenrn Religtonsfreyheit nicht am besien überein- siimmren. Die Anhänger der neuen Lehre wurden, als sie sich ihrer Kräfte bewußt waren, intolerant. Wenn rin Landesherr sich zur Reformation bekannte, so wurde der katholische Gottesdienst im ganzen kan- de abgeschafft und den Unterthanen verboten, densel¬ ben auszuüben; denn die lutherischen Prediger stell¬ ten die gottesdienstlichen Gebräuche der Katholiken als einen Götzendienst dar, den keine Obrigkeit ihren Un¬ tergebenen zu treiven gestatten könnte. Die Unter¬ thanen in einem solchen Lande mußten daher entwe¬ der auch wider ihren Willen nach LutherS Art in dec Religion frey sryn, oder alles öffentlichen Gottes¬ dienstes entbehren. Wenn sich die Katholischen über diesen Religionszwang beschwerten, so war die Ant¬ wort der Evangelischen: „Man würde ihr Gewissen verstricken, wenn man verlangte, daß bey ihnen das ^ergerniß solcher Mißbräuche gleichwohl bleiben soll¬ et- Ihre Obern könnten es Mit Gewissen nicht ver¬ antworten, sondern seyen vor Gott schuldig, unrech¬ ten Gottesdienst niederzulegen. — Zu der Propbe- Zeiten seyen alle Könige und Obern Juda und Mirakel hefriglich von Gott gescholten und gestraft Morden, daß sie nicht abgestellt und niedergeworfen d?u vermeinten Gottesdienst, so nicht nach seinem H^ort, sonder» durch Mensche» Erfindung aufgerich-- trt 218 . Karl V. tet gewesen." So lang nicht olle dergleichen Aen» gerungen, Verisote und Tausend Jntoleranzhandlnn- gen, deren sich die evangelischen Obrigkeiten gege" ihre eigenen Unkerkhanen schuldig gemacht haben, ans den historischen Denkmählern vertilgt seyn werdens wird man wrhl Allstand nehmen dürfen, dem Herr" geheimen Justitzrath Pütter auf sein Wort zu glau¬ ben, daß die Information durchgehends und über^ nicht Bcfchlsweise von Landesfürsten und Obrigks'- ten, sondern auf dringendes Verlangen und eige»^ Betrieb der Unkerrhancn in Gang gebracht wordr" sey- Warum will man hoch der Geschichte nicht tre" bleiben und geradezu gestehen, daß es bey der Re¬ formation eben so, wie^bey einer jeden andern Re¬ volution ,von jeher zugegangen sey. Wenn das ueu^ System einmahi irgendwo einen Anhang hat selbst die öffentliche Macht jur Stütze- bekommt, muß alles , cs mag wollen oder nicht, sich «ntwedsl demselben fügen, oder der Verfolgung gewärtig sey"' Die wahre Neligionsfreyheit ist die Frucht einer ru¬ higen Philosophie, von der man in den Zeiten Reformation himmelweit entfernt war. Z- 7Z>. Zweyter Abschnitt in der Regierung Karls v. vom Madritcr Frieöcn b»is E dritten Kriege mit Frankreich voN iL26 hiš ILZL. s. Verbindung der italienischen Mächte wider den s«r- Beytrirt des Königs Franz zu deiselbeiu r« Krieg mit Frar.ercich. Pie Kaiserlichen "E ViiY' Karl V. 2i<- Mayland und Rom. Die Franzosen belagern Neapel. Kettung dieser Stadt durch Andreas Doria. Schick¬ sal d,er Franzosen. Friede mit dem Papste zu Barce¬ lona und Dawentractat mit Frankreich zu Cambray. H. Niederlage und Tod des Königs Ludwig von Un- Sern. Ungerischer Krvnstreit zwischen dem Erzherzog« Ferdinand und Johann von Zapolia. Türkische Be¬ lagerung von Wien. III. Gefahr eines innerlichen Krieges in T-utschland wegen der Poetischen Händel. Beylegung derselben. IV. Reichstag zu Speyer >529. P.rvtestation der Evangelischen wider den ReichStags- lchluß, wovon sie den Nahmen der Protestanten er¬ hielten. V. Ungünstig« Ausnahme der protestantischen Gesandtschaft von Seite des Kais^S. Vollziehung des Earecloner Friedens in Italien. Karls Kaiserkrönung Und Verweilung mit dem Papste zu Bologna. Seine Kris« nach Deutschland. VI. Convente der Protestan¬ tu. Trennung zwischen ihnen wegen der AbendmahlS- lehre. Religionsgespräch zu Marburg. Unentsckloffen- beit der Protestanten zum Kriege. Torgauer Artikel, ^il. Reichstag zu Augsburg Kaiserliche Pro- kvsition. Augsburgische Confession. Absicht der Pzs- srstanten bey Ueberreichung derselben. Verschieden« versuche des Kaisers, die Evangelischen mit der Kirch« nieder zu vereinigen, ohne Harke Behandlung des Land¬ grafen von Hessen und des Kurfürsten von Sachsen. Keichsabschied. Vili- Oonfesllo reli upolirnuu. D«S Kaisers Bescheid darauf. IX. Theilung des öster-.eichi- lchch Hauses in die spanische und tcutsche Linie. Fey? 'rlich< Belehnung des Erzherzogs Ferdinands zu Wel- tnburg in Burgau. X. Einladung der Kurfürsten zur v^ahl eines römischen Königs nach Cöln. llngcgrün- °"er Widerspruch des sächsischen Kurprinzen im Nah- seines Vaters. Wahl und Krönung Ferdinands römischen König. XI. Besorgnisse der Protostan» 'n wegen eines Angriff« von Seite des Kaiser«. Be- ^khschlagung Über di« Vertbeidigungsanstulten auf «i- ''"n Convente zu Schmalkalden. Schließung des schmal ^ldischen Bundes auf einem andern Convente ebenda- tlbfl. Häupter des Bundes. XII.. Vergleichsbandlun- -wischen den Katholischen und Protestanten cinges bneitet durch die Kurfürsten von Ma»nz und Pfalz. Erster Religionsfrrede zu Nürnberg. XIII. Reichstag Karl V. srs pr R«g«nsburq l^2. Peinliche HalSgekichtSirdui«»«' SleAerion über deren Anwendbarkeiten heut tu Tagt- XIV. Bewilligung einer Reichshülf« wider di« Tu»' ken. Widerstand d«s Städtchen Günz. Rückzug der Türken. XV. Unterredung de« Kaiser« mit Clement VII zu Bologna wegen des TonciliumS. Apsstucht Les Papstes. Dessen verstellte Unterhandlungen mit d-a Protestanten und dem Könige von Frankreich. TinM der Verzögerung des TonciliumS auf die Ausbreitung der lutherischen Lehre. XVI. Streitigkeiten über Sinn des Nürnberger Religionsfriedens. Protestantin sch« Recufation des KammergerichtS in Religionssacht^ XVII. Gewaltsame Wiedereinsetzung Ulrichs von Wirt temberg in sein Herzogthum nach der Trennung schwäbischen Bundes. Anschein eines allgemeinen Krit' g«S in Teutschland. XVIII. Fried« zu Cadan. der Kurfürst von Sachsen die Hauptperson dab«y n>u^ d» ? XIX. Ob Wirtemberg mit voller RechtSkra" Afterlehn von Oesterreich war? Ob Oesterreich noch AawartschaftSrecht aufWirtemberg habe? XX. U»e^ hen der Wiedertäufer zu Münster« Tragische» En" derselben. Das grosse Glück, bas Karls Waffen tn ersten Kriege mit Frankreich begleitete, machte ba^ all« seine Freunde von ihm abwendig. Den ehrsä^ tigrn König Heinrich VIII, von England beleidig" es sehr, daß sich Karl einen so grossen Ruhm worben hat. Der Papst Clemens VII. glaubte, daß der mächtige Kaiser ehestens nach Rom koMlM" und dort die alten kaiserlichen Rechte wieder geltet machen werde. Die Venetianer waren sich bewußt verschiedene zum Reich gehörige Stücke im Bestp haben. Sie befürchteten, der Kaiser werde selb^ wir er in der Wahlcapitulation versprochen, Karl v. SLI drris zurückfordcrn. Auch die für ihre Freyheit sehr wachsamen Florentiner konnten bey der grossen Macht des Kaisers keineswegs gleichgültig seyn. Sogar dir Herzog von Mayland, Frqnz Sforza, der doch «kles dem Kaiser zu danfen hqste, war gegen ihn, be? Inders weil Kari einige Orte, die er Key Ueberlas- sung des Herzoglhums an ihn zur Sicherheit fich Vorbehalten hatte, npch nicht Herausgeber, wollte, überhaupt besorgten all? italienischen Mächte das schlimmste Kon der Uebrrmachk des Kaisers und stimm¬ en j» dem Wunsch« überein, d?r gehässigen Aas¬ ender je eher, je lieber los zu werden. Es entstand daher «ine geheime Verbindung unter ihnen, die zum Zwecke hatte, Karin alle seine Besitzungen ip Italien iu rnkreißen. Kaum war der König Franz von Frank- wich gegen Ueberljeferung seiner zwep Söhne qus der Gefangenschaft nach Hause gekommen, so suchte er Hit den verschwornen italienischen Mächt?n iu Ver¬ ödung zu treten; denn es war ihm nie Ernst gr¬ asen , den Madrtter Frieden, besonders in Anse¬ hung Burgunds, zu erfüllen. Kurz vor her Be¬ schwörung desselben hatte er in Geheim «ine Prote¬ ktion aufsetzen lassen, des Inhalts, daß seine Ein¬ willigung für erzwungen und daher für nichtig gr¬ ölten werden sollte. Nach seiner Defreyung äußrr- w sich, daß «r die Einwilligung seiner Stände zur Abtretung von Burgund nicht hab? erhalten können f *ud ließ sich vom Papst« hi« schyn v?rhr? zugrstchrrt« tos- 222 Karl V. Lossprechung von der Verbindlichkeit des MabrM Friedens ertheilen. Bald nachher (22 May 1526) schloß er zu Coignac mit dem Papste Clemens VH^ mit den Venettanern, mit dem Herzoge Franz Sftk- za von Mayland und mit den Florentinern ein Dün^ ntß wider den Kaiser. Der König Heinrich von England ward von den Verbundenen ersucht, dck Protektor dieser so genannten heiligen Ligue zu sch^ welche Rolle er auch übernahm, und deßwegen ve^ fchiedene wider den Kaiser gerichtete Verträge Frankreich eingicng. lieber diese Treulosigkeit Königs Franz war Karl V. äußerst entrüstet. kam zwischen beyden zu einem heftigen Briefwechsel und sogar zu Herausforderungen. Aber Franz, an dem, vom Kaiser zum Fweykampf bestimmten t Orte zu erscheinen, hatte für gut gefunden, lieb^ eine Armee nach Italien zu schicken, wo feine desgenossen bereits im größten Gedränge waren- denn der Kaiser hakte den Plan seiner verbundene" Feinde Nicht zur Reift kommen lassen, sondern ft"^ zeitig den Anführern seiner Truppen in Italien de» Befehl gegeben, die schwächer« Glieder der Heists" Ligue über beit Haufen zu werfen, bevor sie noch Kräfte vereinigen und aus Frankreich Unterstützung^ halten könnten. Diesem Befehle zu Folge ward 1Z26 das Herzogthum Mayland von den Kaiser!'^ erobert und Franz Sforza sich zu flüchten gczwuns^' Das folgende Jahr gieng es wider den Papst los«. sie- Karl v. LZZ lUgreich;, sbrr mit dem äußersten Geld t und Provi« ^kinangel ringende, kaiserliche Armee ließ sich durch deine Vorstellungen ihrer Officiere abhaltench gerade;» Nvm zu ziehen, wo sie ihrer Noch am besten ab-- d'^fen zu können glaubte. Die Stadt ward sogleich (6. Mai) 1527) gestürmt, mit Uttgcstümm ettt- Lenvmmen und schrecklich geplündert. Der Pabst schloß sich mit i.A Cardinälen in die Engelsburg ein, ""b wurde darin so lange gcängstiget, bis er ver¬ mach, kaiserlichen Armee den rückständigen Sotd bezahlen. Aber statt Wort zu halten, cnrfloh " heimlich aus Rom, und gab dadurch die ungiück- 1'che Stadt einer zweiten noch ärgern Plünderung der ""bändigen und rachgierigen Soldaten preis. Der ^"'scr, welcher vorsah, daß man ihn wegen dieses Schalls überall gehäßig zu machen suchen würde, alles, um der Welt zu zeigen , daß er daran kei- Theil hakte. Unterdessen war der französische Ge- "rral Laukrec mit einer ansehnlichen Macht in Italien ^"gedrungen, hatte Genua, Alessandria und Pavia ^°bert, und näherte sich den Gränzen des König- ^>s Neapel, das er anzugreifen den Auftrag hatte. .mußte der Ueberrest des durch Schwelgerey und ^'ckheiken sehr geschwächten kaiserlichen Kriegshee- leinen achtmonatlichen Tummelplatz, Rom, vers um wenigstens die Hauptstadt Neapel gegen Franzosen zu vertheidigen. Diese schlossen bald r»< andere französische Armee, dir Franz unter dem Gra¬ fen von St. Pol nach der Lombardir geschicket Hatz¬ um seinen verfallenen Sachen wieder aufzuhelfen. b behielt der Kaiser zuletzt wieder überall die Hand. Seine Feinde sehnten sich daher nach Frieden. Zurrst (29. Juny 1529) kam derselbe dem Papste zu Barcellvna zu Stande. Clemens versprach dem Kaiser die Belehnung über das Kölüö" reich Kürl v. LLZ ^kch Neapel gegen ble blosse Entrichtung des gewöhnli¬ chen Zelters zu ertheileu, ihm die Ernennung zu 24 Neapolitanischen Btsthümern zu lassen, und ihn nach her- gestellter Ruhe zum Kaiser zu krönen. Karl V. hin¬ gegen verband sich, das Haus Medicis in seine Rechte ^ Florenz wieder einzufttzen s) und dem Franz Skor¬ ij wenn er von unpartheyischen Richtern für schuld¬ es erkannt würbe, das abgenommene Herzogthum ^ayland zurückzustellen. Auch die Venetianer sollten diesen Frieden eingeschlossen seyn, wenn sie alle im Kirchenstaate und im Königreich Neapel weggenomme» ^n Stücke herausgeben würden. Nicht lange nach- her ( Z. Ang. 1Z29) wurde auch zwischen dem Kal- und dem Könige Franz I. von Frankreich durch des Astern Vatersschwester Margarethe, verwittibte Her- i°ginn von Savoyen und Goubernantinn der Nieder¬ er , und durch des letzter» Mutter Louise, verwit- tibkr Die Mediceer waren unsprünglich blosse Kaufleute in Flo¬ renz, gelangten aber seil dem Ende des r° ten Jahrhunderts durch ikre Reichrhümer und durch Unterstützung der Päb- tle, deren niedrere au« dieser Familie waren, zu einer Ar« von Oberherrschaft in dieser sonst freuen Stadt- Als wah¬ rend des lctziern Krieges Clemens VII., der ebenfalls aus dem mediccischen Geschlechte abstamm c, in eine so mißlt- lt)e Sage gerielh, benutzten die Florentiner diest Gelegenheit, Verbannten das mediceische Haus aus ihrem Gebiete und stell- , die alte republikanische Verfassung wieder her Allein ^arl V. zwang ste i^zo, seinem zu Barcelona geinachten versprechen gemäß, afle^ wieder in den Stand zu sehen, wie es vor Vertreibung der Mediceer gewesen war, und gab mnen den Alexander von Medicis zum Obtrhaupke, so daß diese Mürde ben dem ganzen «nediceischen Geschlechte erb- ''chverbleiben sollte. ^eichsxesch. lll. Thl. P II. 226 Karl V. tibte Herzogin» von Engoulesme, der sogenannte mentrackat (Irmte äes Dame«) zu Cambray ge¬ schloffen. Vermöge desselben müßte Franz I. seiiü beyden als Geisel zu Madrit befindlichen Söhne mit zwep Millionen Kronenthaler lösen; im übrigen aber es bey dem Mahdriter Frieden bewenden lassen; lü^ auf die Abtretung des Herzogthums Burgund verspracll Karl V. für jetzt nicht zu dringen , jedoch mit Vor¬ behalt seiner Rechte und Ansprüche, die er daraufhät-' te. Am nämlichen Tage und Orte wurde auch das gute Vernehmen zwischen dem Kaiser und dem Köni¬ ge Heinrich VIII. von England durch einen Freund- schaftstractak wieder hergestellet. Der siegreiche Kaiser hat zu diesen, ihm sonderlich vortheilhaften, Friedensschlüssen gerne dit Hand geboten, weil er seinem Bruder Ferdinand dem unyerischen Rronstreite und wider die gefährd chen Fortschritte der Türken beyzustehen wünsch^' Der türkische Sultan Solpman II. war im Jahr mit einer grossen Macht in Ungern eingefallen. junge König Ludwig von Ungern und Böhmen in der Eile ein Heer von ungefähr Zo,ooo Mann sammen, um dem Nordringeü der Türken, die berci Peterwardetn und Mehrere Schlößer erobert hat^ Einhalt zu thun. Bey Mohacz, unweit von kirchen, kam es am 2y. August zu einer mörderi^ Schlacht. Die den Feinden keineswegs gewachst Ungern erlitten eine gänzliche Niederlage/ Kö- Karl V. 227 König Ludwig selbst büßte auf der Flucht iu einem Noraste, wo in er mit dem Pferde stecken blieb , sein Leben ein. Solpman durchstreifte hierauf ungehin- Lerr das Königreich bis nach Raab , zog stch jedoch ge¬ gen das Ende des Jahres, ohne einen Platz besetzt ju lassen > mit seiner Armee nach Constantinopel zurück. Durch den unbeerbten Tod des 'Königs Ludwig waren die Königreiche Böhmen und Ungern erlediget. Auf deyde hatte der Erzherzog Ferdinand sowohl wegen seiner Gemahlin» Anne, Ludwigs einziger Schwester, als auch vermöge alter Erbverträge den gegründesten Anspruch. In Böhmen wurden auch seine Rechte dhne Schwierigkeiten anerkannt; nur mußte er einen Revers von sich geben, daß er durch die freye Wahl der Stände zum Besitz des Königreichs gekommen sey. Aber in Ungern fand er einen Gegner an Johann von Zapolia, Grafen von §ips und Woiwoden von Sie¬ benbürgen, der sich von einem Anhänge zum König aüs- rufen und krönen ließ. Nach einigen fruchtlosen Un¬ terhandlungen griff Ferdinand 1L27 zu den Waffen, und nöthigte durch einige glückliche Gefechte seinen Gegner nach Polen zu fliehen. Dieser begab sich nun Uus Verzweiflung in den türkischen Schutz. Solpman ss. versprach und leistete ihm Beystaud. Er drang im Jahr 1 LLs) an der Spitze einer starken Armee in Un- öern ein. Da er fast nirgends einen Widerstand an- d>af, so kam er mit Eingang des Herbstes bis vor VKen. Ein Glück war es, daß er kein schweres Ge¬ schütz beh sich hatte; sonst wäre es um diese Haupt- P2 ' stadt 228 Karl V. stadt höchst wahrscheinlich geschehen gewesen. Er wo!?-' re zwar dieselbe durch Untergraben der Mauern und durch mehrere heftige Stürme bezwingen: aber die tap¬ fere Besatzung unter Comniando des Grafen Niclas vo Gulden für die Kriegskosten zu erle¬ gen. So ward dem Ausbruche eines innxrn Reli- glonskriegcs für dießmahl noch glücklich vorgebeugt. Als der Kaiser vernommen hatte, was fstr Be- IV". Wegungen In Teutschland der Religion wegen bey der drohendsten Türkengefahr geschähen, schrieb ec noch von Spanien aus einen neuen Reichstag auf das I. *529 nach Speyer aus. In der Ueberzeugung, daß zur Beruhigung von Teutschland nöthig sei), der Ausbreitung der lutherischen Reformation Gränzen zu setzen, befahl er seinem Bruder, dem Könige Ferdi¬ nand , Karl v. «z» nand, den er zum ersten Kommissarius bey dem Reichs- tage ernannte, in der Präposition auf die Aufhebung des letzten speyerischen Reichsschlusses anzutragen, dessen willkührliche Auslegung bisher zu vielen Unord¬ nungen Anlaß gegeben hatte. Auf dem Reichstage wurde ein Ausschuß von Ständen aus allen drey Reichs« collegien niedergesetzk, um über diese Sache zu be- rathschlagen. Dieser Ausschuß faßte ein, den Wün- schen des Kaisers ganz angemessenes, Gutachten ab und legte es dem Reichstage vor. Die evangelische» Fürsten suchten zwar die Annahme desselben durch al¬ lerhand Vorstellungen zu Hintertreiben; nichts desto« weniger fiel der Reichsschluß durch die Mehrheit dec Stimmen dahin aus: „Wo bisher das wormsiM Edick gehalten worden, da sollte ferner Niemand Lu¬ thers kehre annehmen. Wo sie aber schon eingcführt/ und ohne Aufruhr nicht abgewandt werden möchte; sollte man sich doch hlnführo aller weitern Neuerungen enthalten, und die Messe nicht, verbieten." Die evan¬ gelischen Stände wußten sich nicht anders zu Helse»/ als daß sie wider diesen Neichsschluß eine förmliche Protestation einlegken, die von dem Kurfürsten Jo¬ hann von Sachsen, dem Markgrafen Georg von Bran¬ denburg, Anspach, dem Landgrafen Philipp von Hal¬ fen, den Herzogen Ernst und Franz von Lüneburg- dem Fürsten Wolfgang von Anhalt und von ^Reichs¬ städten unterschrieben war. Sie beschlossen auch bic selbe dem Kaiser durch eine eigene Gesandtschaft M"' schi- Karl v. «ZA schicken. Die Gründe, womit sie die Rechtskraft des vvrgedachten Reichsschluffes bestritten, sind sehr merk¬ würdig. Sie stellten bcy dieser Gelegenheit zum er- ßenmahl deu Satz auf, daß in Religionssachen die Mehrheit der Stimmen nicht entscheiden könne. Ei? sagten, baß sie in ihren Ländern unmöglich einen zwey- fachen Gottesdienst gestatten und ihren Unterthanen Massen könnten, in die, bey ihnen ein für allemahl abgeschaffte. Messe zu gehen, weil daraus ein schlech¬ tes Bepspiel und unzählige Streitigkeiten entstehen würden, Sie wunderten sich gar sehr, daß man ih¬ nen vorschreiben wolle, was sie in ihren Ländern für Gesetze machen sollten. Aber es verfloß keine lange Zeit, so wurde von eben denjenigen, die jetzt eine solche Sprache führten, den katholischen Landesherren ^e Befolgung ganz anderer Grundsätze zugemuthct. Diese sollten in ihren Ländern durchaus die freye Ausübung der evangelischen Religion dulden, und von den evangelischen Retchsständen Vorschriften an- vehmen, wie sie sich in Ansehung ihrer Untcrtrhanen betragen hätten. Uebrigens ist die vorerwähnte ^rvtestation wider den speyerischen Neichsabschied v, 1529 noch darum wohl zu merken, weil davon i" der Folge die Evangelischen den Unterfcheidungs- iwhnien der Protestanten bekommen haben, der ih- 'wn von dem päpstlichen Bothschafter, dem Cardinal ^ontareni, zuerst bcy dem Colloquium zu Negens- im I. 1541 beygelegt wurde. Un- -54 Karl v. V, Unterdessen war der Kaiser, nachdem er mir dem .Papste den Frieden zu Barcelona geschlossen hatte, pach Italien aufgebrochen, um denselben in Vollzie¬ hung zu bringen. Zu Piacenza kamen die von den evangelischen Ständen abgeschicltcn Gesandten zu ihm, und überreichten ihm die Protcstqtion wider den speye- rischen Retchsabschied; sie erhielten aber den ungün¬ stigen Bescheid darauf: die Evangelischen sollten ihre Protestation zurücknchmen und sich dem, vom größer» Theile der Stünde gefaßten, Schlüsse fügen, Äls hierauf die Gesandten auch mit einer ihnen mikgege- benen Appellation an ein frcpes Concilium hervor, rückten, ward ihnen sogar der Arrest angekündigct, aus dem sie jedoch theils bald entlassen wurden, theil^ entflohen. Von Piacenza eilte der Kaiser nach Bö* logna, wohin sich auch der Papst Clemens VII. be? geben hatte. Hier setzte er auf Fürbitte des Pap¬ stes zuerst den zu ihm gekommenen Franz Sforza oh¬ ne alle Untersuchung wieder in den Besitz des Herzog- thums Mayland ein, söhnte sich mit den Venetianer» auf die Bedingungen des Barceloncr Friedens voll¬ kommen aus, und machte zum Vorkhetl der Mediceer dir schon oben angeführte Regierungsverändcrung Florenz; dann ließ er sich am 22. Febr. izzo vo»i Papste die italienische und zwei) Tage darauf (24' Febr.) die Kaiserkrone aufsetzen. Diese Kaiser^ nung wurde also nicht an ihrem gewöhnlichen Ort^ zu Rom, vollzogen, vcrmuthlich weil der Papfl Kai- Karl v. Kaiser den Anblick einer erst vor Kurzem von seinen Truppen verwüsteten Stadt und die Vorwürfe der ge¬ plünderten Einwohner ersparten wollte- Auch ist sie Hie letzte in der Geschichte; denn seitdem wurde kein Kaiser mehr vom Papste gekrönt. Da der Kaiser und der Papst zu Bologna unter einem Dache wohnten, so war es sehr natürlich, daß auch die temschen Re- ligionsangelegenheiicn zwischen ihnen häufig zur Spra¬ che kamen; aber weder der Inhalt, noch das Resul¬ tat dieser mündlichen Unterredungen läßt sich mit Zu- verläßigkeit angeben. Soviel ist cs jedoch höchst wahrscheinlich, daß sich der Kaiser alle Mühe gege¬ ben habe, den Papst zur Haltung eines, auf allen bisherigen Reichsversammlungcn einstimmig begehrten, allgemeinen Conciliums zu bereden; der Papst hinge- Sen alle Kunstgriffe angewandt habe, dem Kaiser das Concilium auszureden und ihn zur gewaltsamen Aus¬ rottung dec lutherischen Secte zu bewegen. Allein, dem Erfolge nach zu urtheilen, scheint keiner bey dem andern seinen Zweck erreichet zu haben. Clemens Vil. vermied immerfort sorgfältig ein Concilium; Karl V. aber erschöpfte in der Folge alle gelindem Mittel, bevor er zur Gewalt wider die Evangelischen schritt. Nachdem sich Karl bis in den fünften Mo¬ nat mit dem Papste sehr freundschaftlich zu Bologna unterhalten hatte, weichte er sich endlich auf den Weg "ach Teutschland, um dem Reichstage persönlich bey- »uwohnen, den er schon nm 2!. Iäner ^53^ auf den VI. ?L6 Karl v. de» 8- April nach Augsburg mit der Erklärung aus» geschrieben hatte, daß er auf demselben eines jeden Meinung der Religion halben in Liebe und Güte hä¬ ren und alle zu einer einigen christlichen Wahrheit jlt vereinigen bemühet seyn wolle. Die prokestirenden Stände, welche befürchteten, der Kaiser werde keine günstigen Gesinnungen für ih' re Sache nach Teutschland mitbringen, suchten wäh¬ rend dieser Zeit auf jeden Fall sich in Verfassung zu setzen. Sie hielten deßwegen noch im Jahr 1529 zu Rodach, Schwabach und Schmalkalden, und zu Anfang des folgenden Jahres zu Nürnberg Versamm¬ lungen mit einander. Allein bey dieser Gelegenheit äußerte sich schon eine Trennung zwischen ihnen, dis in der Folge immer größer wurde. Bereits seit dcM Jahre 1524 war zwischen Luther» und Zwingli, ei¬ nem evangelischen Prediger zu Zürch in dec Schwettz, «ine zwiespältige Meinung vom heiligen Abendmahl entstanden. Beyde verwarfen zwar die katholische Lehre von der Transsubstantiakion des Brods »ud Weins in den Leib und das Blut Christi; aber Lu¬ ther nahm doch die reäle Gegenwart Christi in dem Brod und Wein des Abendmahls an, da hingegeu Zwingli behauptete, das Brod und der Wein sil) bloß als eine Vorstellung des Leibs und Bluts Chri¬ sti anzusehen. Von der Schweitz aus verbreitete sich die zwinglische Lehre in verschiedene elsäsische und schwäbische Reichsstädte. Luther und dis sächsisch^ Theo- Karl v. -Z? Ehevlogert , die jede Abweichung von ihren Meinun¬ gen für Ketzere») hielten, wollten keine Gemeinschaft Wit den zwingltsch Gesinnten haben. Ihren Abscheu vor der zwinglischen Lehre brachten sie auch dem Kur¬ fürsten von Sachsen, auf den sie den größten Einfluß hatten, bey, und widerriethen ihm sehr eindringend alle Verbindung mit den ketzerischen Städten. Det Kurfürst Johann zog dann auch andere Stände auf seine Seite. Der Landgraf Philipp von Hessen fühl¬ te zwar sehr lebhaft, wie unzeitig dergleichen theolo¬ gische Scrupeln bey drohender Gefahr scyen;aber alle seine Vorstellungen vermochten nichts bey dem Kur¬ fürsten. Der Landgraf machte daher einen Versuch irischen den Häuptern der Parthcyen selbst eine Vereini¬ gung über die streitige Lehre vom Abendmahl zu ver, dritteln. Er veranstaltete 1A29 vom i. bis 4. Oct. iu Marburg ein Rrligionsgefpräch zwischen Luther Und Oecolampadius, Melanchton und Zwirigli. Das Kolloquium hatte aber keine andere Wirkung, als daß der Haß zwischen Lutheranern und Zwinglianern scik- dern in Erbitterung übergieng. Diese Spaltung un- *er den Protestanten war die vornehmste Ursache, daß Wan auf den vorgedachten Conventen über die zu tref- fenden Vertheidigungsanstalten nicht einig werden sonnte. Eine andere Ursache lag in der Abneigung Wittenberger Theologen vor dem Kriege. Man kW es Luchsen und Melanchton zum Ruhme nach- ^Seri, daß sie ihrem Kurfürsten beständig vom Krie¬ ge Karl v. ge Und von allem, was dazu führen konnte, abrt^ then. Eine Folge dieser Mäßigung war, daß die aus dem Convente zu Nürnberg aufgeworfene Frage! ob es erlaubt sep , sich dem Kaiser mit Gewalt zu wi¬ dersetzen, wenn er den Evangelischen der Religion wegen Zwang anrhun sollte? von den Metsten noch ver¬ neinet wurde. Ucbrigens hat die durch Zwingli her¬ vorgebrachte Trennung die erste Veranlassung zu dein Gedanken gegeben, die Hauptstücke der evangelische" Lehre in ein System zu bringen; denn, um mit keine" Ketzern in Verbindung zu kommen, hätte der Kur¬ fürst von Sachsen auf Vorschlag seiner Theologen v°" allen denjenigen, die sich zu, Schwabach zur Schließ«^ eines Bündnisses versammelt hatten, die Unterschrift gewisser, vermuthlich von Lurhern selbst aufgesetzte"' Artikel gefedert. Diese Schwabacher Artikel ließ er nachher noch verbessern, um sie dem Kaiser selbst auf dem bevorstehenden Reichstage zu Augsburg vor- zulcgen, damit man den Evangelischen nicht mehr- wie es bisher geschehen, den Vorwurf sollte mache" können, daß sie kein festes Glaubensspstem hätten > so"" dern jeder das glaubte, was er selbst wollte. Daraus entstanden die so genannten Torgauer Artikel, die ih' ren Nahmen von dem Orte führen, wo sie dem K^' , fürsten überreichet wurden. VlI. Der Reichstag zu Augsburg wurde wegen ver¬ späteter Ankunft des Kaisers erst den 20. Iuny ^5^ eröffnet Der Kaiser trug in seiner Proposicion dM' auf Karl V- an, daß jeder Theil sein Gutdünken und seine Meinung der Religionsirrung halben schriftlich Überantworten sollte, damit diese Irrung desto besser vernommen und erwogen, auch zu einem ein- lnürhigen christlichen ÄLesen desto schleuniger verglichen werden möge. Die Evangelischen hielten diese Erklä¬ rung , verbunden mit dem Inhalt des kaiserlichen Ausschreibens, für eine Auffordrung btpder Religions- thcile dem Kaiser einen Innbegriff ihrer Glaubens¬ lehren in einem schriftlichen Aufsatze vorzulegen. Allein die Katholischen glaubten , von ihrer Seite sey die tieberreichung eitles solchest Aufsatzes ganz überflüßig, indem ihre Lehre keine andere , als die alte,, und oh¬ nehin Jedermann bekannt wäre; die Protestanten Hin- Segen ergriffen mit Feeude die ihnen an die Hand ge¬ gebene Gelegenheit, ihr schon in Bereitschaft gchal, tenes Glaubensbekenntniß , nachdem sie die Er, laubniß halten hatten, dasselbevorher öffentlich ablesen in lassen, dem Kaiser am 2Z. Juni) feierlich zu Überreichen. Der Verfasser davon war Melanchton. Vey Abfastung hatte er die Torgauer Artikel zum Grunde gelegt, aber wahrscheinlich auch Rücksicht Suf die kehrentwürfe genommen, welche die Theolo¬ gen anderer evangelischen Reichssiände nach Augs¬ burg mitgebracht hatten- Von dem Orte, wo die bleberreichung dieses Glaubensbekenntnisses geschah, erhielt es den Nahmen der augsburgischen Lonfes- !>ou, und die Evangelischen selbst wurden davon die arrgs- Karl V. L 42 aüAsburglfchen Lonfesstosverwaudten genannt Man kann nicht behaupten, daß die Protestanten bey dieser Handlung die Absicht hakten, die augs- burgische Confcssion zu einer unveränderlichen Glau- bensnorni zu machen. Dieses wäre ihren Grundsä- tzen geradezu entgegen gewesen, hätte die evangelische Freyheit, die sie immer predigten, ganz zernichtet, das freye Untersuchungsrecht in Religionssachen, das sie als ein Kleinod ihres Religionssystems betrachte¬ ten, aufgehoben, und sie wieder in den Fall gesetzt, Menschensatzungen, vor welchen sie den größten Ab¬ scheu hatten, falls sie mit der Zeit Ucberbleibsel da¬ von in dem Lehrsystem ihrer ersten Theologen finde» sollten, huldigen zu mässen. Ihre Absicht gieng / wie sie selbst sagten, nur dahin, dem Kaiser und det Welt zu zeigen, daß bey ihnen keine unchristlicht Lehre getrieben werde. Cie erklärten daher auch/ als sie der Kaiser befragen ließ, ob die übergebet Konfession ein vollständiges Verzeichniß ihrer Neß- gionslehre enthalte , oder ob sie noch mehr Artikel j" übergeben gesonnen sepen? sehr vorsichtig, daß zwar in der Kirche noch mehr zu verbessernde Mi߬ bräuche gebe, als in ihrer Schrift angezogen wäre»/ und daß in der äberantwo-teten Csnfcssom nur un¬ gefährlich alle die keh-e verfasse scy , so f'/nel'Ml^ jum Seelenheil nützlich bey ihnen gepredlget würde, haß sie jedoch, um die gütlichen Unterba >dlu"^u wegen der Religion nicht zu erschweren, fü , Karl V- 24s, nicht mehr Artikel einzubringen gedächten. Nach dürchgeschener Confession beschloß der Kaiser mit Rath der Katholischen zuerst einen Versuch zu machen, oh es nicht möglich sey, die Evangelischen durch Ueber- zeügnng mit der Kirche wieder zu vereinigen. Er über- ßab daher die augsburgische Confession einigen katho¬ lischen Theologen zur Widerlegung. Sobald diese fertig geworben war , würde sie den Protestanten öf¬ fentlich vorgelcscn, mit dem Tmsatze, der Kaiser ho st c, sie wurden nun, da sie den Ungrnnd ihrer Leh¬ den cinsehen, in den Schvß der Ktrche znrüc? kehren« Allein die Evangelischen fanden, wie es in solchen Fällen insintr zu geschehen pflegt, ihre Lehrsätze Nichts weniger als widerlegt- und verlangten eine Abschrift der Tonsntatrosi. »m dieselbe gehörig beantworten in können: Der Kaiser iah wvhl ein, daß ans sol¬ che Art der Federkrieg nie ein Erde nehmen würde. Er wollte daher den Protestanten die verlangte Co- pie der Widerlegung nicht anders zusammen lassen, als wenn sie versprächen, sich alles ferner» Schrift¬ wechsels zn enthalten. Dirse Bedingung aber stand ihnen nicht an. Cie ließen lieber bloß nach dem, was sie während der Ablesung von dem Inhalte der Eonfutakion mit flüchtiger. Feder ausgezeichnet und -m Gedächtnisse behalten hatten, eine Apologie dec El. L. aufsetzen, die sie nachher auch wirklich , wie¬ wohl vergebens, dem Kaiser einzuhändigen suchttn. Als alle Hoffnung verschwunden war, auf dem We^> Heichssesch. UI, Thl. Q gi Karl < «4L ge der lleberzeugung zum Ziele zu kommen, schlstS man einen andern ein. Es wurden mit Bewilligung des Kaisers Anfangs durch eilrcn größer», heriulch durch einen engem Ausschuß von beyden Parkhepe« gütliche Vergleichshandlungen gepflogen; aber auch durch diese war aller angewandten Mühe ungeachtet über einen gewissen Punet hinaus keine Annäherung der einen Parkhey zur andern zu bewirken. Ler Kai- ser glaubte nun Ernfl zeigen zu müssen. Er ließ ei¬ nen Entwurf des künftigen Reichsabschiedes in Be¬ treff der Religionssache verfassen und suchte die pr»- kestirendcn Stände durch verschiedene Schreckmittel Zs bewegen, denselben anzunehmen; aber alle seine Be¬ mühungen liefen fruchtlos ab. Unser Verfasser sagt/ daß „auch übrigens dem Landgrafen Philipp von Hel- sen und dem Kurfürsten Johann von Sachsen zuletzt hart begegnet wurde." Allein der Landgraf hatte j» nicht dis zuletzt auf dem Reichstage ausgehalten, so"' dem war schon den dritten Tag nach vorgelese^ner Ei- derlegung der A. E. (6. Aug.) in Geheim von Aug^ bürg abgereifet, und die harte Behandlung des Kur- fürsten von Sachsen wird doch nicht darin bestände" sehn, daß der Kaiser, als er ihm bcym Weggeh^ (2z. Sept.) die Hand bot, ganz leise zu ihm sag" ' „Ohem, Ohcm, das hätte ich mir zu Euer Liede nit versehen." Mit dem Kurfürsten von Sachse« ver¬ ließen auch dke übrigen evangelischen Fürsten Augs¬ burg. Als mit ihren noch zurückgebliebene» Närhe^ eben- Karl v. --4Z ebenfalls auf keine Weise etwas ausgerichtet werden konnte, erfolgte endlich am ly. Növ. der Schluß des Reichstages mittelst förmlicher Publikation des von dem Kaiser mit den katholischen Ständen allein gemachten Reichsabschiedes. Daria ward die katho- Usche Religion als die einzige Reichsreliqion bestätig gtt und verboten, dagegen zu predigen und zu schiM- pfen; den Evangelischen aber ward noch biszum iS. April lfZr Bedenkzeit gestattet, ob ste sich mit des katholischen Kirche vereinigen wollten oder nicht. Unter¬ dessen sollten sie sich ruhig betrage», keine fremde Un^ kerehanen zu ihrer Secte ziehen, ihre eigenen Untere thanen in der Ausübung des katholischen Gottesdien¬ stes nicht hindern- keine weitern Neuerungen anfan¬ gen, die eingezogenen Klöster und geistlichen Güter zu» tückgeben, oder - wo sie bereits verkauft worden, in ihrem gebührlichen Werthe erstatten, und die verkrie» denen Geistlichen wieder etnsetzcN. Um die in der Kir¬ che bisher eingeriffenen Glaubensirrthümer- Mißbrau¬ che und Beschwerden zu heben - wolle der Kaiser sein Möglichstes bey dem Papste thun, damit längstens binnen anderthalb Jahren ein allgemeines Concilium Eröffnet werde. Uebrigens sagten der Kaiser und die katholischen Reichsstände einander in dem Abschiede noch zu, daß keiner den andern der Religion Halden vergewaltigen, oder dessen Unkerthanen wider ihre Obrigkeit in Schutz nehmen wolle. Ls Dir 244 Karl v. vin. Die schon oben erwähnte Spaltung der ProkkZ stanken zeigte sich auf dem Reichstage zu Augsburg noch offenbarte als vorher. Zwar hatte sich der Land¬ graf Philipp von Hessen gleich nach seiner Ankunft zu Augsburg wieder Muhe gegeben, die lutherischen und die zwiuglischen Theologen in Güte mit einander zu ver¬ tragen; aber die erstem wollten durchaus nichts mit den letztem zu khnn haben. Sie gienge» in ihrer Intoleranz so weit, daß sie die vier zwiuglischen Reichs- städte Straßburg, Kostnitz, Memmingen und Lindau, ungeachtet sie nur in dem Artikel vom Abendmahl um rin Paar Worte von ihnen abwichen, an der luthe¬ rischen Confeffion auf keine Weise-Thcil nehmen ließen» Die vier Städte übergaben daher für sich eine eigens Confeffion dem Kaiser, die unter dem Nahmen Eou- LeMo NetrÄpolttÄUu vorkommt, aber nicht das Glück hatte, auf dem Reichstage öffentlich vorgelcsen zu werden. Der Kaiser stellte sie zwei) katholischen Theo- Logen zu, »m sie zu widerlegen. Die Confutation wurde den benannten Städten am 17, Octob. in öf¬ fentlicher Reichsversammlung vorgelesen, und mit dec Ermahnung beschlossen: sie sollte nun ihre gefährli¬ chen Jrtthümcr verlassen und zur alten Religion z«- rückkchren; sonst würde der Kaiser fein Amt gegen sik zu handeln wissen. Diese Handlung wurde dann auch in den Reichsabschied eingerückt. IX. Während des Reichstags hatte sich Karl K» auf eine kurze Zeit von Augsburg entfernt, um Dru- Karl v. ?4L Bruder Ferdinand die Belehnung über die sämmtlichsn teittschen Staaten des Hauses Oesterreich zu crtheilen. Diese Länder waren ein gemeinschaftliches Erbe Karls vnd Ferdinands von ihrem Großvater Maximilian her. Im I. iZ2l schlossen die beyden Brüder zu Worms darüber einen Thcilungsvertrag, vermöge dessen Fer? Linand die Herzogthümer Oesterreich, Steyermark, Kärnthen und Kraiu, Karl aber alles übrige bekanw Allein schon im folgenden Jahre wurden zwcy ncpe Verträge errichtet, wodurch Karl seinen ganzen An¬ teil an den teutschen Erbländeru nebst dem vom schwä¬ bischen Bunde erkauften Herzogthum Wirtemberg dem Erzherzoge Ferdinand überließ; die förmliche Uchcrggbe davon sollte sedoch erst nach 6 Jahren ge¬ schehen. Sie gieng aber schon im I. 1525 vor sich, nur noch mit dem. Vorbehalt, daß Elsaß,. Sund¬ gau , Breisgau, und die Grafschaft Pfirt nach Fer¬ dinands Tode an den Kaiser und dessen Erben zu- tüclfallen sollftn, wovon es aber in der Folge auch abkam. Seitdem theilte sich das Haus Oesterreich ui zwey Linien, die spanische und die tcutsche. Je¬ ne , deren Stifter Karl V. war, besaß die König¬ reiche Spanien, Neapel, Sicilien, Sardinien und die gesamnsten Niederlande; diese hingegen, die von Ferdinand gegründet wurde, nebst den ihr bald dar¬ auf zngefallenen Königreichen Ungern und Böhmen die sämmtlichen österreichischen Erblande in Tcmich- schrd. lieber letztere wollte nun Ferdinand im I. i5Za -46 Karl V. iKzo die Belehnung nehmen. Da die österreichi- sehen Privilegien es mit sich bringen, daß ein Her¬ zog von Oesterreich in seinem eigenen Lande vom Kai¬ ser helehnt werden müsse, so begab sich Karl von Augs¬ burg nach Wellenburg in der österreichischen Mark¬ grafschaft Burgau, wo die Belehnung mit allen durch das Privilegium Friedrichs I. vorgeschriebenen Feier¬ lichkeiten porgenoinmen wurde. Dieses ist das letzte Beispiel einer feierlichen österreichischen Belehnung- Bald nach geendigtem Reichstage von Augsburg wurden die Kurfürsten sowohl durch den Kaiser selbst, als durch den Kurfürsten von Maynz, und zwar von letzterem ausdrücklich zu dem Ende, um der Wahl eines römischen Rönigs bepzuwohnen, auf de» 2i. Dec. nach Cöln eingeladen. Alle erschienen in Per¬ son ; nur der Kurfürst von Dachsen schickte seinen Kur¬ prinzen Johann Friedrich. Auch der Kaiser fand sich persönlich zu Cöln ein, und ließ nach einer voraus- geschickten Vorstellung, wie nothwendig es bep der gegenwärtigen unruh- und gefahrvollen Lage des Reichs für die Wohlfahrt desselben sey, daß in seiner Abwesen¬ heit Vie Reichsgeschäfke statt des bisher nicht genug respectirtcn Retchsregiments von einem wachsamen, erfahrnen, friedliebenden, mit Macht und Ansehe" ausgerüsteten, römischen Könige besorgt würden, sei¬ nen Bruder Ferdinand als de« tauglichsten dazu den , versammelten Kurfürsten Vorschlägen. Die anwesen¬ den Kurfürsten, welche die Nochwendigkeit einer su¬ chen Karl V. 247 chen Wahl einsahen, machten nicht viele Schwierig¬ keiten, besonders da die meisten ans ihnen schon auf dem Reichstage zu Augsburg von dem Kaiser dazu waren vorbereitet worden. Nur Ker sächsische Kur¬ prinz setztt sich im Nahmen seines Vaters, der in Ab¬ wesenheit des Kaisers freiere Hände zur Begründung und Ausbreitung der lutherischen Reformation zu ha¬ ben wünschte, der Wahl Ferdinands heftig entgegen. Er sagte, es laufe gegen die goldene Bulle, daß bey dicht erledigtem Reiche ein römischer König gewählt werde; die Wahl könne nicht frei) lseyn, weil der Kaiser die Person, welche gewählt werden sollte, be¬ stimmet habe. Allein in der goldenen Büste stehet kein Wort von der Wahl eines Nachfolgers im Rei¬ che Key Lebzeiten des Kaisers. Wie kann also die¬ selbe der goldenen Bulle entgegen sepn? Auch nach gcmachrem Vorschläge des Kaisers stehet es den Kur- sürsten noch immer frei), die vorgefchlagcne Person zu wählen ober nicht. Wie soll also durch den Vorschlag bes Kaisers die Wahlfreyheit gekränket werden? Sieht Wan auf die bisherige Observanz, so spricht sie nicht nur der Wahl eines römischen Königs, sondern auch bem kaiserlichen Vorschlag offenbar das Work. Dec ll'hebci der goldeneN*Balle, Karl IV. selbst, hat sei» »en Sohn Wenzel, und später Friedrich IV. seinen ^ohu Maximilian zum römischen Könige vorgeschla- ö§n, und die Kurfürsten haben keinen Anstand gefun- beyde beh Lebzeiten ihrer Wter zu wählen. Es S5- -4.8 Karl v. geschah also ganz consiitutionsmäßig , daß die Fürsten jetzt keine Rücksicht auf die Einwendungen des sächsischen Kurprinzen und die von ihm zuletzt einge¬ legte Protestation nahmen, sondern am Z.Jäner 15 Ak rinmülhig den ihnen vom Kaiser vorgeschlagene» Kö>- ziig Ferdinand zum römischen Könige ernannten. Zwezj Tage darauf beschwor Ferdinand die für ihn entwor¬ fene Wahlcapitulatipn, und am n. Jän. wurde ck von dem Kurfürsten von Cöln zu Achen sicherlich ge¬ krönt. Hierauf gicrzg der Kaiser nach den Niederlan¬ den , die er schon lange nicht gesehen hatte. Obschon die katholischen Fürsten auf dem Reichs¬ tage zu Augsburg gegen dir Evangelischen sich hin¬ länglich erkläret hatten, daß sie mit dem Kaiser keine Maßregeln zur gewaltsamen Unterdrückung der lutheri¬ schen Lehre und ihrer Bekenner verabredet haben, ob¬ gleich der Kaiser selbst bey der nämlichen Gelege,nhrik dieses bestätiget hatte, unb seitdem keine Miene mach¬ te, den augsburgifchen Rei.chsabschied mit Gewalt vollstrecken zu wollen; so träumten doch die Prote¬ stanten seit ihrer Rückkunft von dem, Reichstage be¬ ständig von einem ihnen nächstens bevorstehenden An¬ griffe, und hie hitzigsten aus ihnen betrugen sich s^< als wenn sie den Ausbruch des-KEegcs kaum erwar¬ ten könnten, und ehestens von ihrer Seche das Sig'^l dazu geben wollten. Selbst Luther und die übrige Theologen, die sonst nichts von einem Kriege hvrUl wollten, besannen sich jetzt eines andern, und erlaub¬ ten Karl V. 249 srn ihrrn Anhängern wenigstens einen Vertheidigungs- Erreg zu fahren, wenn sie der Religion wegen vom ^«iser angegriffen würden. Noch mehr Gährnng be¬ merkte man unter den Evangelischen, als sie erfuh» "n, daß der Kaiser dami/ umgehe, feinen Bruder Ferdinand zum römischen Könige wählen zu lassen. Der Kurfürst von Sachfen schrieb sogleich eine Ver- lanimlung der evangelischen Stände auf den 22. Dec. nach Schmalkalden aus. Hier sollte ein all¬ gemeines Bündniß unter allen Gliedern der evangeli- schen Parthey errichtet und der zu befolgende Opera- tionsplan entworfen werden. Allein obschon die Re- !>gionsschwärmerey die moralischen Grundsätze nach und stach zu ändern pflegt, so war doch der Vorschlag, bch gegen den Kaiser in Rüstung zu setzen, für die Zutsche Redlichkeit noch immer zu ne», als daß er k°n allen so rasch, als es die Häupter wünschten, an, Ltrivinmen worden wäre. Insonderheit bebten die wegen ihrer Treue gegen den Kaiser von Alters her rühmlich bekannten Reichsstädte vor einem solchen Schrit- zurück. Das projectirte Bündniß konnte also dicß- ^stohl nicht j» Stande kommen. > Es wurde bloß b?- schlosseu, den Kaiser um Einstellung der, wider^die ^vaugelischen wegen der Religion am Kammergcrich- erhobenen, Fiscalkiagen zu ersuchen t), eine Appel¬ le!-- ch Nenn stete ein Fürst zur lutherischen Lehre bekannte, so N'gchre er «leistens dginil den Anfang der Reformation, er die Klöster und andere geistliche Güter einzvg. dergleichen vertriebene und beraubte Mönche und Geiste Karl V. «L o lationsschrift wider den letzten Reichsabschied und ei? ne förmliche Apologie ihres ganzen Betragens in der Religionssache herauszugeben, itzit Frankreich, Eng¬ land und Dänemark wegen einer Unterstützung l" Unterhandlungen zu treten, und Ferdinands Wahl zum römischen Könige auf alle mögliche Weise Z" hintertreiben. Als aber diese aster GegenbemühuN» gen ungeachtet bald darauf doch erfolgt war, hielte" die evangelischen Stände im Febr. lAzi einen neu<" Convent zu Schmalkalden, und schloffen am 27. Fe^' wirklich den nachher so berühmt gewordenen schmal' kal-ischen Bund auf sechs Jahre mit einander. Ver¬ möge desselben verbanden sie sich , einander ohne Ver¬ zug und nach asten Ihren Kräften beyzustehen nicht anders als gemeinschaftlich Friede oder Stillst«!^ mit den Feinden zu machen, wenn einer von oder ihren vnrerthanen wegen der Religion oder eisi^ damit verwandten Sache halben bekrieget oder vergc- waitiget werden sollte. Mit den auswärtigen Mäch¬ ten konnten sie scboch noch nicht znin Schluffe komme"' Dem schmalkaldjscheii Bunde, in dem Anfangs 7 Fürsten, L Grafen und l z Städte begriffen ' ren, stche wandten sich an das ^nnrmcrgericht, und der stwal sieche zu ihren Gunsten Svolientlagen „sit Resormnrvren an; diete aber bedeckten ihr Verfahre,' „ deni -Aantel der Religion, urd begehrten nun Kaiser, «r möchte dem Reichsfiscal besetzten, st- des sigion wegen unangesochkcn zu lasten- Karl v. »LI "n, traten in der Folge noch mehrere Stände bey. Auf einer Dersammlnng zu Frankfurt zu Ende des Jahres i Zz i wurden der Kurfürst von Sachsen und Landgraf von Hessen zu Häuptern des Bundes "wählt. , Die drohende Stellung, die nun die Protestan-- ZUl- 'en annahmen, die Leichtigkeit bep ihrer Denkungsart Vorwand einer Vergewaltigung in Religionssa- chen zu finden, und die bekannte Hitze des kandgra- lea von Hessen schienen fetzt gewisser als femahls den "ahen Ausbruch eines innerlichen Krieges in TeGsch- laad zu verkündigen. Diese Gefahr gieng den fried- ^benden Kurfürsten Albrecht von -Mapnz und Lud¬ wig von der ^falz ungemein zu Herzen. Um das fürchterliche Ungewitker, wo mäglich, von ihrem Wa- ^rlande abzuwendcn, baten sie den Kaiser um Ec- ^ubnjß, nochmahls einen VerglciclDbersuch mit den Protestanten anzuflellen. Der Kaiser, der eben so ^"dfertig gesinnt war, und einen Bürgerkrieg auf al-- Weise zu vermeiden suchte, ercheiltc gerne seine Ein- ^^igung dazu, zumahl da eben die Türken außeror- ^iklich starke Zurüstungen machten, um seine und sei- "Es Bruders Länder zugleich anzufallen, und keiife '^ossnung vorhanden war, von Len Protestanten ei- Beystand zu erhalten, so lang man katholischer ^"ts mit ihnen auf dem dcrmahiigen Fusse stünde, ^icht so bereitwillig zeigten sich die Protestanten zu ihnen augedotenen FricdcnshanLlungenz doch lis- SL2 Kayl v. Ken sie sich , nachdem Ihnen, der Kaiser das, was st' vorläufig verlangten, bewilliget hatte, dazu bervtt gen. Nach langen und mühsamen, schon abgebe^ chenen und wieder angefangenen, Unterhandlungen Schmalkalden und Schweinfurt gelang es endlich b!" bcyden vermittelnden Kurfürsten, am 2Z. Jul. iZZ? den ersten ReslFronofrlcöen zu Nürnberg zu Stan¬ de zu bringen. Dieser Rcligionsvergleich war s^' genden Inhalts: „Vis auf ein zu veranstaltet Concilium sollte kein Stand den andern des Glaubt unsauberer Ursachen halben wie immer beunruhigt Der Kaiser sollte alle Mühe anwenden, daß das§o^ cilium innerhalb 6 Monaten ausgeschrieben und st' dann in Jahresfrist eröffnet würde; tonnte aber d'^ , scs nicht geschehen, so sollte dann auf einem Reit tage bei akhschlaget werden, was weiter in der Sa^ zu thnn sty. Gis dahin sollten alle Kammergerich^' proccffe in erlaubens->und Rcligionssachen wider Evangelischen eingestellt sey.u." Die Protestanten stillen bey den Unterhandlungen auch ein, daß der Friede nur auf die gegenwärtigen Mitglieder d-l er an gel> sch en Parthep erstrecken sollte. Die ,von "" strem Verfasser hinzngesetzren Punčke, „daß inzwUt" über die .'A, C. keine weitern Neuerungen vorgen^' men; hingegen auch evangelische Näthc am Ka""""' geeichte nicht ausgeschlossen werden sollen, ;>oar bei) den Tractaten in die Frage gekommen; t kann/ sie aber nicht wohl unter die verglicht'"." di!" Karl v. «LZ ^gungen rechnen. Der Kaiser rakisicirte den Nürn- karger Reiigionsfrieden bald darauf zu Regensburg - er eben einen Reichstag geendiget hatte. Der Reichstag zu Regensburg wurde zu Anfang des Jahres lZZ2 vorzüglich der Türkenhül. fe wegen eröffnet. Doch beschäftigte man sich dar¬ auf auch noch mit andern wichtigen Gegenständen , wor- u»ter die Einrichtung einer peinlichen Halsgerichts- "rdnrmg insbesondere angemerkt zu werden verdient ^ach und nach hatten sich in das peinliche Versah¬ en der Teutschen so viele Mängel und Gebrechen ein- ^schlichen,daß man schon unter Maximilian I. auf deni Reichstage zu Freyburg 1498 das Bedürfniß fühlte, ^selben durch eine allgemeine Criminalgerichtsordnnng ^»helfen; aber diese konnte, ungeachtet seitdem fast ^'f einem fetzen Reichstage Vorschläge darüber Ze¬ ichen, bisher nicht zu Stande gebracht werden, dessen hakte der Bischof Georg von Bamberg 150? sune Stifslande eine eigene Halsgerichtsordnung ^kannt machen lassen, die nachher auch von denMark- ^"sin von Brandenburg in ihren Landen angenom- "'fn wurde. Nach dem Muster derselben wurde nun ^^lich auch für ganz Teutschland auf dem Reichsta¬ ge iu Regensburg 1AZ2 eine peinliche Halsgerichts- ^dnung errichtet und publicirt. Sie sollte jedoch ein Gesetz zur Aushülfe seyn, wenn es in einem ^be an löblichen Statuten und Gewohnheiten in ^lerrr Stücke fehlte; denn Karl ^.wollte durch die- sel« 234 Karl V. selbe nur den bisherigen Mißbräuchen imTrimknalwe^ steuern, nicht aber, wie es in der Vorrede selbst heißt' den Ständen an ihren alten, wohlhergebrachten, rechtmäßigen und billigen Gebräuchen etwas benon^ men haben. Wenn man die Zeitumstände, in denell diese Halsgerichtsordnnng erschien, betrachtet, so fi"' bet man die darin herrschende Strenge ganz natürlich' denn niemahlslttt die bürgerliche Sicherheit soviel, eben damahls. Man hat bereits angefangen- zah^ reiche Kriegsheere in das Feld zu stellen; aber nicht nur allein nach geendigtem Kriege, sondern fast nach jedem Feldzuge wurde der grüßte Theil davon wi<^ abgedankt. Dergleichen entlassene Söldner, zuM beiten zu faul und auch zu stolz, setzten nach ihktl Entlassung meistens das Rauben und Plündern f^t' dessen sie sich im Felde angewühnet hatten. Solch^ Leuten konnte nun freylich nicht leicht anders alsd"^ das Henken Einhalt gclhan werden- Aber muß sich nicht wundern, daß die nämliche Halsgerichts»^' nung noch heut zu Tage in Teutschland gilt? dann z. B. noch jetzt nach dem Buchstaben der rolina der Diebstahl von 2Z fl. Mit dem Strange straft werden, da vielleicht ss. einen gering^ Werth haben, als zu Karls V. Zeiten 2Z? Ma" das Ungeräuntte davon längst ein, man ist überzogt' daß kein Gesetz so sehr als ein peinliches nach Wechsel der Umstände einer Abänderung bedarf; der teutfche Reichstag würde Jahrhunderte !a"^ delis Karl V. 2ZZ h-liöeriren halben , um über eine neue Criminalgerichts- Ordnung einig zu werden. Die Verbesserung des peinlichen Rechts ist also nur von der landesherrli¬ chen Gesetzgebung für einzelne känder zu erwarten. Da man aber in manchen Territorien sich mit neuen Verordnungen nicht übereilt, so suchen, indessen die Juristen durch vernünsiige Interpretationen die Sa.- He gut zu machen. Es bleibt jedoch immer sehr trau- rlg, daß es bei) Todesstrafen auf Auslegungen an.- ^mmt, und man erst erwarten muß, welche ausmeh? r-rn Interpretationen dem Richter gefasten werde. Es wird auf solche Art bey dem wichtigsten Geschäfte Zn- diel der Willkühr des Richters eingeräumt. " Auch die Verakhschlagungen über die Türken? XlV. hülfe hatten einen erwünschten Erfolg, den man Haupt- sächlich dem indessen zu Nürnberg geschloffenen Äeli- Sionsfrieden zufchreibcn muß. Sowohl die Katholi« als die Protestanten bewilligten dem Kaiser eine ^sehnliche Reichshülfe zum Tvrkenkrrege, und lri- ^tten dieselbe geschwinder und richtiger, als jcmahls. Die Ndth war aber auch äußerst dringend. Schoch War der türkische Sliltan Solpman mit einem unge- heuern Heere gegen die Granzen Oesterreichs im An? öäIe, als sich der Kaiser noch zu Regensburg befand. Eln Glstch war es, daß die eben sehr stark angeschwol? l^e Donau den Türken ihren Transport von Muni- "vn, Proviant und Artillerie, den sie zu Schiff- her- führten, ungemein erschwerte. Dadurch gewan¬ nen Karl V. vrn.die christlichen Truppen Zeit sich zn sammelt Der Kaiser begab sich selbst nach geendigtem Reichs tage von Regensburg nach Linz , um von hier aus die Kriegsvpcrakioiien zu leiten. Durch Besetz""- einer Insel bep Preßburg hinderte er die türkische Transportflotte, weiter herauf zu gehen. Dieses veranlaßte die türkische Armee sich von der Dona" mehr landeinwärts zu wenden, um nach Wien Zit kommen. Auf dem Wege stieß ihr sehr ansehnlich^ Vortrab auf das unbedeutende Städtchen Günz, »uö wollte es wegnchmen. Allein der herzhafte Comma"- baut Iurischitz v.crlheidigte sich so tapfer, daß die Türken nach einer fünfzchntägigen Belagerung verrichteter Dinge abzogen. Der unerwartete Wide^ stand eines so unbeträchtlichen Platzes benahm vesti Sultan SolyMan dmMurh, gegen das stark befestig¬ te , wohl besetzte und durch ein in der Nähe stehendes Kriegsheer gedeckte Wien vorzurücken. Er zog sich g"^' in der Stillt durch Ungern über Belgrad in seine St""- ken zurück, nachdem er vorher, um den Rückzug i" verhehlen, ein Corps von 12,020 Reutern nach Oe¬ sterreich abgeschickt hatte, welches zwar das Land durch¬ streifte, überall die schrecklichsten Ausschweifungen gieng, aber auch größthcntheils aufgerieben wm^' Der Kaiser wünschte, daß man zum Vortheile Bruders Ferdinand jetzt noch eine Expedition lischt gern gegen den Johann von Zapolia, der noch den größten Theil des Königreichs im Besitze vor-' Karl V. 257 vornehmen möchte; er ließ sich aber bald Mrch die Vorstellungen seiner Feld,obersten von seinem Vorhaben Ebringen, und die Armee aus einander gehen. Nach einem kurjen Aufenthalte zu Wien eilte der ' Kaiser »ach Italien, tim seinem Versprechen gemäß den Papst zur Ausschreibung eines Conctliums ju be¬ legen. Clemens kam selbst gegen das Ende des Jahres !ZZ2 zu ihm nach Bologna, und suchte ßch das Ansehen zu geben, als wenn ihm ebenfalls bas Concilium sehr am Herzen läge; in der Thak aber hatte er die größte Abneigung davor; denn er befürch¬ te, daß auf demselben sogar die Katholischen einige» Mässen gegen ihn seyn würden, weil ans den letztest Reichstagen zu Augsburg und Regensburg 'wieder dkL e sich «icht in ihr System fügen wollten, zu vekfol- Zen. Diese nahmen ihre Zuflucht zum Kammergertcht, welches, da es keine neu? Ordnung hatte, nach den drundsätzen des Landfriedens Mandate gegen die sp ver¬ ehrenden evangelischen Stände erließ; letztere aberbe- riefen sich auf den zu Nürnberg geschlossenen Neli- Sivngfrieden, worin die kammergerichtlichen Processe in Zachen, die sich auf die Religion beziehen, gegen die Protestanten qufgehoben worden seyen. Allein bas Kam- Hergericht glaubte vielmehr, der Religionsfriede brin¬ ge es mit sich, daß der katholischen Geistlichkeit das ihrige gelassen q-erden müßte, weil vermöge kdeffei- ben Niemand den andern wegen der Religion verge- wnikjgen sollte. Von der Suspension der Processe, die in ^"'er besondern geheimen Erklärung des Kaisers ent¬ ölten war, hatte das Kammergericht keine legale No- und, als es dieselbe durch ein Schreiben desKai- ^ls von Mantua aus erhielt, zweifelte es noch immer, "b der Kaiser auch die Processe wegen eingezogArer ^'rchengüttr, vorenthaltener Renten und spoliirte« Röster habe rinstellen wollen. Es ersuchte daher den Agiler um eine Erläutekuyg der Worte seines Schrei- „j,, Sachen die Religion betreffend. " Allein der ^niser hielt eine neue Erklärung für unnöthig, weil dle Worte des Friedens deutlich sich allein auf Reii- gions- L62 Äapk V. givns - und Glanbenssachen erstreckten. Die KatholH ken und Protestanten stritten nun heftig darüber, oh unter den' Religions-und Glaubenssachen auch die geistlichen Güter begriffen sepen. Das Kammergericht gerirth dadurch in die größte Verlegenheit. Aufjeden Fall mußte es eine der bey den Partheyen beleidigen. Als es Anstand nahm, sich nach der ausgedehnten Inter¬ pretation der Protestanten zu richten, suchten diese es aufalle njögliche Weise Herunterzusetzen , und recusirteil es endlich im I. i ZZp gänzlich. XVH« Zu diesem für Deutschlands künftige Ruhe schon an sich äußerst bedenklichen Handel gesellte sich ein an¬ derer unter der Hand vorbereiteter Auftritt so eben zur rechten Zeit, als wenn es Absicht gewesen wäre, den schleunigem Ausbruch eines allgemeinen Krieges da- hurch zu erzwingen. Es war die gewaltsame wic-ek' einsetzung Ulrichs von U)irtembcrA in sein verlor¬ nes Herzogthnm. Der Herzog Ulrich hatte sich nach seiner Vertreibung zur Reformation bekannt, und da¬ durch die Protestanten auf seine Seite gezogen. Vor¬ züglich nahm sich seiner der Landgraf Philipp von Hes¬ sen an, bey dem' sich Ulrich seil 1526 fast beständig aufhielt. Philipp machte sich anheischig, ihm, wen» es nicht anders gehen sollte, mit Gewalt zur Wieder¬ erlangung seiner Länder zu Helfen. Schon lange lauer¬ te er auf eine günstige Gelegenheit zur Ausführung dieses Vorhabens. Jetzt schien sie gekommen zu ftb"' Der Kaiser war in Spanien abwesend, der römis^ König Ferdinand in Ungern mit dem Johann po« .Za- Karl v. 26 s Fapotta hinreichend beschäftiget. Der König von Frank, "ich und die ganze protestantische Parrhey wünschten Ulrichs Restitution. Man konnte nökhigen Falls auf ihren Beystand rechnen. Und, was das wichtigst? war, der schwäbische Bund, von dem wegen seines eigenen, Mit dem wirtcmbergischcn Handel verflochtenen, In¬ teresse noch einiger Widerstand zu besorgen gewesen wäre, ward jetzt aufgelöst; denn mit dem Jahre rZZH lsteng die eilfjährige Frist , auf die er 1Z22 war ver¬ längert worden , zu Ende. Der Kaiser hatte sich zwar auf verschiedenen Bundestagen des letzten Jahres durch seine Commissarten viele Mühe gegeben, daß der Bund Noch auf einige Jüt erstrecket würde, aber vergebens. Die Dundcsverwandten bezeigten keine Lust dazu. Die ^aupkursache dieser Abneigung ist in der Religion^ Trennung, welche unter den Mitgliedern selbst aller- ha»d Zwistigkeiten verursachte, zu suchen. Zudem lag ckneiu grossen Thcile der Verbündeten jetzt ein änderet Bund naher am Herzen, nämlich der schmalkaldische' Ker mit dem schwäbischen nicht wohl verträglich war, Weil der letztere die Haupkgegner des erstcrn, den Kat- s", seinen Bruder Ferdina«d und viele katholisch« Bischöfe und Aebte zu Mitgliedern hatte. Sobald der kondgiaf von Hessen nicht mehr zweifelte, daß der schwäbische Bund auseinander gehen würde, machte er, ^urch französische Eubsidiengclder unterstützt, Anstal- zum Kriege« Im May iflZ d rückte er mit dem ^"zoge Ulrich an der Spitze eines ansehnlichen Her- ' retj - 264 Karl v. res in das Wirtembergische ein. Der römische Köniz Ferdinand hatte den Landfriedensbrechern nichts am ders, als kammergerichtlicht Pönalmandate und einigt in der Eile znsammengeraffte Völker entgegen zu ft- tzcn. Allein auf jene nicht za achten waren Philipp und Ulrich schon gewohnt, und diese wurden von üh- nen am iz. May bey Laufen geschlagen, wpraufiu kurzer Jett das ganze Hcrzogthum Wirtemberg ohnr Mühe «robrrt wurde. Jedermann glaubte, baß ei¬ nerseits der Kaiser und sein Bruder Ferdinand siebet bas Aeußerste wagen, als den Verlust eines theuer genug erkauften, und wegen der Verbindung ryit den übrigen vorderösterreichischm Besitzungen ihnen unge¬ mein wichtigen Landes leiden; andererseits aber dft Protestanten, die wegen der gegen st? fortwährenden Kammergerichtsprocesse ohnehin sehr schwierig wäre», eher gemeinschaftlich die Wqffen ergreifen, als die terdrüchung des Herzogs Ulrich und des Landgrafen zugeben würden. Man stand daher fast durchgehends in der bangen Erwartung eines allgemeinen Krieges- Allein die Friedensliebe und Mäßigung der österretchft scheu Fürsten wandte auch dießmahl das drohende kl^ gewitker von Teutschland ab. Wider alles Vermuthen bot Ferdinand hieH^ de zu dem 8rieL>en zu Laban, machen von Seite der Protestanten vornehmlich der Kurfürst Johann drich von Sachsen schloß, ungeachtet er bisher an deni wirtembergischen Handel noch keinen unmittelbare" An- Karl V. 26L Scherl genommen hatte. Zu dieser. Ehre gelangte der Kurfürst durch folgenden Zusammenfluß von Umstärr- den. Schon lange war es der Wunsch des Kaisers Sewesen, den von Seite der schmalkalbischen Bundes^ Tenvssen noch immer fortgesetzten Widerspruch gegen d>e römische Königswahi Ferdinands einmahl gehoben Aschen. JmJ. iZZ4 unterzogen sich der Kurfürst von Maynz und der Herzog Georg von Sachsen dem Geschäfte, den Kurfürsten Johann Friedrich von Sach¬ en, auf den es vorzüglich ankam, zur Anerkennung Ferdinands als römischen Königs zu bewegen. Sie hielten deßwegen mit ihm eine Zusammenkunft zu An- !>aberg; merkte» aber bald, daß es ihnen unmöglich seyn würde, bcy dem Kurfürsten ihre Absicht zu erret¬ ten, solang nicht die wirtembergtsche Sache, die eben dcnrrahls das größte Aufsehen erregte, bcpgelegt wäre, ^ie beschlossen daher, über beyde Streitigkeiten zu- Aleich sich ja Tractaten einzulassen, um, wo möglich, durch billiges Nachgeben in der einen desto leichter zum ge¬ wünschten Ziele in der andern zu kommen und auf solche Ast einen allgemeinen Frieden zu sichern. Wirklich zeig- sich auf diesem Wege eine günstige Aussicht zur völli- Ausgleichung der streitigen Puncte. Der Kurfürst Sachsen ersuchte nun selbst den Landgrafen und den H^iog Ulrich, die nach überwältigtem Herzogthum ^irtemberg Miene machten, sogar in die österreichi- schen Lande in Schwaben einzubrcchen, mit dem wet- ^"1 Vordringen etnruhalten und de» Ausgang der Un¬ tere -66 K^rl V, terhandlungen abzuwarten; die beiden verrpittlent^ Fürsten aber begaben sich, »m den Tractaren etn^ schneller» Fortgang zu verschaffen, zum römische" Könige Ferdinand selbst nach Cadan in Böhmen, wo sie zwischen ihm und dem Kurfürsten von Sachse"/ der zugleich von dem Landgrafen und dem Herzogs Ulrich bevollmächtiget war, schon am 29. JunprZzH glücklich folgenden Vergleich zu Stande brachten. Dee Nürnberger Religionssiiede sollte genau gehalten wer¬ den; weil aber darüber Mißverstand vorgefallen, sollte der römische König Ferdinand beydem Kaiser bet wirken, daß wider die in jenem Frieden eiugeschloffenc" Protestanten mit allen Processen am Kammergericlss siillgesianden werde. Auch sollte sich Ferdinand bH dem Kaiser treulichst verwenden , daß vom demselben dt§ Kurfürsten Johann Friedrichs Henrathsvertrag ^be¬ stätiget würde. Dagegen sollte der Kürfürst von Sas¬ sen sammtseinenBundesverwandten dieProtestation wid^ Ferdinands Wahl fallen lassen, und ihn für einenkö- mischen König erkennen. Der Herzog Ulrich solltet"? sein wieder erobertes Land behalten; aber dasselbe so^ künftig , solang der wirkembergische Mannsstamm da"' *rn würde, ein österreichiscl-es Afterlehn seyn, Loch ohne Abbruch der Neichsunmittelbarkcit und Reiüi^ stand« n) Johann Friedrich war seit i5»7 mit des Herzogs lli. von Jülich und Cleve Tochter Svhilla vermübNt^^ deni Edevertrage war ausgemacht worden, daß naw sterl'cn des jülich - clevischen Mannsstammes die stdn auf Snbillen und ihren Gemahl und deren mcnschaft faSen s»ßte. Karl v. «6? ^ndfchast der Herzoge. Ueberdieß sollten der Herzog Ulrich und der Landgraf Philipp dem Kaiser wegen ber vergangenen Handlung Abbitte th»n. Der Kai- genehmigte den cadanischen Vergleich von Spanien P>s ohne allen Anstand. Auch der Landgraf Phi- i'PP war damit zufrieden. Nur der Herzog Ulrich sträubte sich »och einige Zeit gegen die Bedingung dec Derrcichischen Afterlchnfchaft, ließ sich aber endlich *5Zz auch bereden, den Vergleich, wie er war, zu ^tificiren, und von Ferdinand, als Erzherzoge von Österreich , die Belehnung über bqs Herzogthum Wir- lemberg zu Wien in Person zu nehmen. Auch dir Agenden Herzoge, Ulrichs Sohn Christoph und En- Ludwig, haben die österreichische Afterlchnfchaft khne Widerrede anerkannt. Doch behauptet Hr. Spittler, daß Wirtem« XlX- ^tg eigentlich mit voller Rechtskraft nie Afterlehn >°n Oesterreich war? weil das Reich, dem Wirtem- nach Abgang des wirtcmbergischen MannSsiamms ^ls Krondomainx zufallen sollte, nie in diese ihm nach¬ teilige A„Znd„ungtingewilligtt, die wirtembergi- f^en Landstände, deren Rechten eS hier wegen der t"en zugesicherten künftigen Regierungsadministration besonders galt, nie ihre Bcystimmung gegeben, Ulrichs Bruder der Herzog Georg förmlich wi- ^'spkochen hatte. Allein wir haben schon oben ge- f^en, daß bereits im I. 1498 alles Recht des Reichs Wirtemberg als designirte Krondomaine und brr tittembergischen Landstände auf die künftige Regie-- rungs 'M Aqrs v. riingsadministration gänzlich erloschen fey. Auch der Herzog Georg hat durch den nun erneuerten Lande fried-nsbruch seines Bruders Ulrich nach der Strengt damahUger Gesetze und Gewohnheiten sein Recht aus Wirtemberg verloren. Es war also weder die Ein¬ willigung des Reichs, noch der wirtembergischen Land¬ stände, noch des Herzogs Georg nothwendig, M bas reichslehnbare Herzogrhum Wirtemberg in ein österreichisches Afterlehn zu verwandeln. Gesetzt aber auch, daß durch Ulrichs doppelten Landfriedensbruch seinem Bruder Georg, wie es Hr. Spittler ohne al- len Beweis annimmt, nichts von seinen Rechten auf Wirtemberg entgangen wäre, so konnte doch sei" Widerspruch gegen die österreichische Afterlehnschaft nur für seinen eigenen StaiM, wenn derselbe einst zur Regierung kommen würde, von Wirkung ftr/- Für Ulriche» und dessen Nachkommenschaft war M Bedingung verbindlich, unter der er das verwirkte Herzogthum zurückerhalten hatte, sein Bruder Georg mag in dieselbe erngewilliget haben oder nicht. Aus seine und seiner Nachkommen Lebenszeit konnte dev restituirtr Herzog Mich nach den Lehngesetzen ohne- Georgs Beystimmmig Wirtemberg wie mit einer jed^ andern Bürde, so auch mit einer Afterlehnschaft gültig, beschweren, und um so mehr noch unter der Bedin¬ gung der letzter» das gesetzmäßig verlorne Herzogih"^ wieder annehmen. Jin schlimmsten Faste ist Ulrichs Anerkennung der österreichischen Asterlehnschaft als rst Mn stillschweigende Auftragung zu betrachten, dir Nach drm Lchnrechte auch ohne Beystimmung der Agnaten i>as aufgetragene Lehn so lang rechtskräftig zu einem Werlehn macht, als der Mannsstamm des Austrä¬ gers dauert. Also auch angenommen, daß Ulrichs Friedensbräche und Acht seinem Bruder Georg nicht geschadet haben, war doch WirtcMberg eigentlich und Wit voller Rechtskraft wenigstens so lange Afterlehn den Oesterreich, als Ultichs MannsstamM dauerte - dbschön der Herzog Georg dieser Aflcrlehnschckft förm¬ lich widersprochen hatte. Als aber Ulrichs männliche Nachkommenschaft mit dessen Enkel Ludwig ausgieng, knd die Succession in Wirtemberg auf Georgs Sohu Friedrich kam, Wander Kaiser Rudolf II. selbst so billig, kn eineni i Zy') zu Prag geschloßenen Ver¬ trage die Afterlehstfchaft aüfzugeben und für die For¬ derungen , die das Haus Oesterreich an WirtcMberg ödttc , sich bloß ein Anwartfchaftsrechk auf Wirkem» berg nckch Abgang des wirtembergischen Mannsstamm Wes vorzubehalten. Allein auch dieses österreichische Hnwartschaftsrecht auf Wirtemberg will Hr. Spitt- nicht für gegründet ansehen, weil nach seiner- Be¬ hauptung dem Pragervertrage von rZM eine zur Begründung dieses grossen Rechtis unentbehrliche ^anction fehlt. Er gestehet zwar selbst, daß dieser ^ertrag vom Stammvater des ganzen setzt blühen¬ den wirtembergischen Hauses errichtet war, daß sdir wirtembergischen Landstände denselben genehmiget und Ur ^7'v Karl ' - die drsy geistlichen Kurfürsten ihre Einwilligung dajS gegeben haben. „Aber, fetzt er hinzu, Kurbranden- bürg verweigerte feinen Co'nsens; in Dresden wak kein Willebrjef zu erhalten , und am stärksten war da¬ gegen Kurfürst Friedrich IV. von der Pfalz. — Dst weltlicher; Kurfürsten haben den Prager Vertrag nichl nur nicht anerkannt/ sondern auch, da ihre Anerken- nnng gesucht wurde, -- dieselbe feyerlichst verwei¬ gert. Kein Zeitpunkt findet sich, daß sie je einmal)" nach dieser ersten Verweigerung endlich doch nackge- geben hätten« .Man hat es österreichischer Seits ver- säumt, diese Einwilligung weiterhin zu suchen". WE sollte dieser, mit soviel Zuversicht ugd Bestimmtheit gegebenen Versicherung eines göttingischen Professors- der, mit feinern historischen Notizen und Tjetailkemss- niß ausgerüstet, es eigens übernimmt, Fürsten, Mi¬ nister und Räkhe über das österreichische Anwart- schaftsrechk auf das Herzogthum Wirtemberg aus¬ führlich zu belehren , und sich selbst ermahnt, nie M ermüden, für Wahrheit und Recht zu sprechen, nict)^ den Vollesten Glauben beymeffen ? Kein Wunder, chalf selbst der würdige Geschichtschreiber, Hr. Hofcath Heinrich zu Jena, der gewiß Wahrheit liebt sti^ sucht, sich verleiten ließ, Spittlers Behauptung Wahrheit anzunehmen. Und doch ist sie feine Wahr¬ heit. Die Einwilligung der weltlichen,Kurfürsten dem Prager Vertrag fehlet nicht. Die Originals ihrer Willebriefe ^stnd noch vorhanden, und in ^sterisch, politischen Journal von Hamburg !^. Jahr- Sang vil. B. 2. St. S. 14z. und folg. I790 ab- ßednickt zu lesen. Dec Prager Vertrag ist also zur Begründung des österreichischen Änwartschaftsrechts 6uf Wirtemberg vollgültig. Nachdem Hr. Spittler den Knotcii dec Hauptfrage so kühn, als immer ei» Alexander, zerhauen hatte, ist es bey ihm nur eine ^benfrage: ob auch eine österreichische Tochter kraft ^s pragischen Vertrags ein Eppectanzrecht auf Wir- keinberg gehabt habe? das heißt, wie Pütter gezie¬ mender und bestimmter fragt: 'ob die dem Hause Oesterreich e A99 zugesicherte Anwartschaft auf Wir- kenrberg nach Erlöschung des österreichischen Manns» stänunes mit Karl VI. auch auf die weibliche öster¬ reichische Nachkommenschaft übergehe? Die Auflösung ^eser Frage wird Hr. Spittler, alles übrige der ^rzs halber bey Seite gesetzt, weit richtiger in dem' galten Priv'ilegio Friedrichs 1. Äs' in unbeweisbaren historischkn Hypothesen und Schmähungen wider Mi- '^lrr und Räthe flnden. Gedachtes Privilegium fl* ^ert her Tochter eines Herzogs von Oesterreich die Abfolge zu, und dieses Vorrecht gehet laut des näm- 1,icheil Privilegiums sammt allen übrigen darin euthal- ^"^ vornehmensten Räkhen gefangen. Das Schicksal die¬ ser Hohen Gefangenen kann man sich leicht bcukeM Nach Ausstchung einer martervostcn Todesstrafe den ihre Körper in eisernen Käfigen auf einem h"^ Thurme aufgehängt. So vergieng dir Hettl^^ Karl v. , 27L bes Neuen Königsreich Zion. Die Geschichte der Wiedertäufer zu Münster ist übrigens eines der be¬ lehrendsten Beispiele, wie leicht Unwissenheit, Aber¬ glauben und Religionsschwärmerey des Volkes von Betrügern zur Stiftung der größten bürgerlichen Un¬ ordnungen benützt werde» könne. - Z. 74» Dritter Abschnitt in der Regierung Karls V, vom dritten Kriege mir Frankreich bis zum Ausbruch des vierten vom F. ILZL bis 1L42. - l» Kars« Plan die Türken ans Europa zu'vertreiben. Gegensnstalren SvlymanS II. durch Haradin Barba-- rvssa. Karls erster Zug nach Asrica. Eroberung von Tunis, ss. König Franz sucht neue Gelegenheit zu Feindseligkeiten, um sich Manlands wieder zu bemu¬ stern. Lod vcü Herzogs F^anz Sforza. Dritter Krieg Wit Frankreich. Stillstand zu Nizza. III. Türken» gefahr nach Johanns von Zapolia Tod und der tür¬ kischen Besitznehmung von Ofen. Veränderte Gemüths- stimmung der Ungern". Karls unglücklicher Seezug ge¬ gen Algier. Reichstag zu Spener tsgs wegen der Türkenhülfe. Merkwürdiger Schluß desselben. Frucht¬ loser Feldzug der Reichsarmee in Ungern. Stillstand Wit den Türken. IV. Verlängerung und Erweiterung des schmalkaldilchen Bundes. Bundesverfassung. V. Fertigung eines neuen Lehrbegriffs der evangelischen Religion und eines Aufsatzes über die evangelische ^irchenverfasiung oder der sogenannten schmalkaldischcn Artikel auf Veranlassung eines von Paul ist. nach Mantua eingesetzten Copctliums- Protestantische Ver» ^"faag dieses Conciliums. Vs. Fortgang der Re- torinativn in verschiedenen teutschen Landern und Hau» lkrn, sogar iu Biskbümern. Vll. VertheidigungSbünd« der Katholischen zu Nürnberg wider den Wtlleir Sdss «76 K M'v.' Les Kaisers von Lessen Neichsvirrkanzler veranlaßt« vili. Vorfall mit dein braunschweigischen Secretär Schmidt. Gefahr eines innerlichen Krieges. Sonder¬ barer Schriftwechsel. IX. Neue Unterhandlungen mit den Protestanten unter Vermittlung des Kurfürsten Joa¬ chim II. von Brandenburg Frankfurter ReligivnSan- stand. Verhalten der katholischen Reichsstande , L«S Äammergerichtö, Papstes und Kaisers in Ansehung des¬ selben. X. Reise des Kaisers aus Spanien durch Frankreich nach den Niederlanden. Neligionsaespräch zu Hagenau und Worms. Xl. Reichstag zu Regens¬ burg 1541- Gute, jedoch wieder vereitelte Aussicht zu einer ReligionSvereiniguno mittelst eines Colloquiums. Reichstagöfchluß. Deelaration des Kaisers für di< Evangelischen. Ungrund der Behauptung Pütters, daß der Kaiser widpigs Gesinnungen gegen die Protestanten geäußert habe. X!ck. Bestätigung der bisherigen Re¬ ligionsverträge und der kaiserlichen Deelaration auf dem Reichstage zu Speyer 1542. Was zu diesen Friedstän- Len das Meiste beygetragen ? Xlll. Zwist zwischen de» Lenden Linien des sächsischen Hauses wegen der Türken¬ steuer zu Wurzen. Versuche und Schwierigkeiten, di« Reformation in den 'Hochstiftrrn Naumburg und Eoin einzuführen. X!V. Vertreibung des Herzogs Hein¬ richs Les Jüngern »an Braunschweig aus seinem Lande durch die schmalkaldischen Bundeshänptcr. Protestanti¬ sche Recusarisn des Kammergerichts auch in Prosan- sachen. l. Während des letzten, vom Sultan Solyman II. tm I. lZZ2 nach Ungern unternommenen, Fcld- zuges hatte der Kaiser durch seinen Admiral Andreas Doria eine Landung in Morea veranstaltet, welche fd glücklich ablief, baß im Angesichte der türkischen tr die Stadt Corone erobert wurde. Dieses Unter¬ nehmen , welches den Türken die Ueberlegenhcit der christlichen Seemacht fühlbar machte, ärgerte de^ hoch- Karl V. 277 hvchmüthigen Sultan ungemein, und fetzte ihn zugleich wegen seiner europäischen Besitzungen in Sorgen. Wirk¬ lich hatte Karl V. den Plan, mit Hülfe anderer christlichen Mächte und der Griechen, die auf eine gu¬ te Gelegenheit, sich vom türkischen Joche loszuma- chcn, längst mit Sehnsucht warteten, die Türken gänz¬ lich aus Europa zu vertreiben. Allein die übrigen europäischen Mächte wollten nicht Mitwirken, und der König Franz von Frankreich stand sogar im gehei¬ men Verständnisse mit den Türken j für sich allein aber war Karl zur Ausführung des grossen Planes nicht Mächtig genug. Indessen glaubte doch Eolyman da¬ gegen Anstalten machen zu müssen. Er bediente sich lstcrzu des bekannten Seeräubers Haradin Barbaros¬ sa. Dieser unternehmende Mann hatte bisher den Christen durch seine Lapereyen unsäglichen Schaden zugefügt, und es so weit gebracht, daß er sich an der nördlichen Küste v-lt Ascica ein eigenes Reich 8-ündete, zu dessen Sitze er die eroberte Stadt Al- ilier bestimmte. Er hauchte dann seinen Raubgeist der ganzen, am mittelländischen Meere gelegenen, Küste von Africa ein, und legte auf solche Art den Keim zu dem Ucbel, das noch heutiges Tages die handelnden Nationen von Europa, die keine grosse Seemacht haben, empfindlich drückt. Nun bestellte ihn Colyman zum Oberbefehlshaber seiner ganzen Flot- , in der Hossnung durch ihn nicht nur den Christen jup See die Spitze bieten, sondern auch einen Weg, ' in s/8 Karl v. in Karls spanische und italienische Erbstaaten sich bahnen zu können. Haradin beunruhigte seitdem durch Landungen beständig die Küsten von Spanien rind Italien. Zugleich wandte er den Zuwachs sei¬ ner Kriegsmacht da^u an, sein Reich in Africa zu er¬ weitern. Er vertrieb den König Miste») Haffen von Tunis, und eignete sich dessen ganzes Gebiet zu. Ma¬ ley Haffen nahm seine Zuflucht zu dem Kaiser Karl. Diesem schien cs ohnehin schon hohe Zeil zu scyn, der anwachsenden Macht des Haradin Barbarossa Gräuzen zu setze« , und -seinen Erbländern Sicherheit zu verschaffen. Er war daher leicht zu bewegen, in Person einen Zug nach Africa zu unternehmen. Die zu dieser Expedition nökhigen Schiffe und Truppe« sammelten sich zu Cagliari in Sardinien, und vo« hier aus setzte Karl in der Mitte des Junius lZZA nach Africa über. Hein Bcyspiel half alle Beschwer¬ lichkeiten der Ünternehmung überwinden. Er trotzte ln eigener Person den grünten Gefahren, und wollte für nch keine grüßen» Bequemlichkeiten haben, als dec gemeinste Mann unter seinen Soldaten. Dadurch entstammte er seine säm ntlichen Truppen zum Helden- mnthe. Haradins Kri^gtheec wurde in die Flucht geschlagen, der Hafen oon Tunis und die Stadt ftldH M t Sturm erobert, im erstern die ganze feindlich Flotte erbeutet, in de letzter» eine ungeheuere Men¬ ge christlicher Sklaoj i hefreyet. Hierauf fetzte K«cl den vrrtri.denen Maley Hassen unter gewissen, f"" die Karl V. --79 die Krv'" Spanien und die Christenheit sehr vortheil- hafrer Bedingungen wieder zum König ein; behielt aber das feste Schloß Golctta, das den Hafen von Tunis beherrschet, für sich, um immer einen sichern Landungsplatz zu haben, und nöthigen Falles selbst über Tunis gebieten zu können. Das folgende Jahr batte Karl im Sinne, mit Algier auf die nämliche Art zu verfahren ; fand aber bey seiner Rückkehr nach Italien bald eine andere Beschäftigung. Der König Franz von Frankreich suchte schon H« Ült dem Frieden von Camknmy immer Vorwand zu schein neuen Kriege mit dem Kaiser, um gelegenheit- bch des Herzogthums Mayland, das er nie verschmer- konnte, sich wieder zu bemustern. Bereits im Ist IZZ4 drohekc er loszubrechen, weil der Herzog Aranz Sforza von Mayland einen französischen Kund¬ schafter Maraviglia, von dessen Leuten, und, wie es hieß, aus dessen Befehl einer von den Hofleuten des Herzogs war ermordet worden, hatte enthaupten las¬ se», und dafür mit Gutheißen des Kaisers dem Kö¬ nige Franz, der den Maraviglia für feinen Gesand¬ te» ausgab, keine Genugthuung leisten wollte. Al¬ lein der unvermuthete Tod des ihm sehr ergebenen Papstes Clemens VIl. hielt ihn dieses Jahr von der Ausführung seines Vorhabens noch zurück. Desto Wthr eilte er das folgende Jahr die Abwesenheit des in Aftica zu benutzen. Da jedoch auf schien dguechasttn Besitz des H '"'land 28o Karl V. rechnen konnte, so lang nicht eine freye kommunic«' tion zwischen Frankreich und Moyland hergcsiellt wä' re; so überfiel er aus nichtigen Ursachen zuerst de» Herzog Karl III. von Savoyen, seiner Mutter Bru» der und des Kaisers Schwager, und bemächtigte sich mit leichter Mühe des größten Theiles seiner Staa¬ ten. Zu gleicher Zeit machten sich die Genfer von der bisherigen Verbindung mit Savoyen los, und ihre Bundesgenossen, die Berner, nahmen dem Her¬ zoge Karl die Landschaft Waat (puls clo Vauci) weg. Mitten unter diesen Bewegungen (iZZL 24. Oct) ereignete sich der unbeerbte Tobtfast des Herzogs FraUj Sforza von Mayland. Der eben aus Africa zuruck' gekommene Kaiser ließ sogleich das Herzvgthum als «in erledigtes Reichslehn in Besitz nehmen; zeigte sich jedoch sehr bereitwillig, selbiges dem drittgeborne" Sohne des Königs Franz zu verleihen. Allein Frani begehrte es entweder für sich, oder für einen scin^ zwey ältern Prinzen. Dazu konnte und wollte sich der Kaiser nicht verstehen, weil er voraussah, baß Manland alsdann den Franzosen zum Werkzeuge bitt nen würde, die Ruhe und Sicherheit aller übrige» italienischen Staaten beständig zu stören, Ein brit' ter Rriess mit Frankreich war also unvermeidlich' Karl machte sich dazu aufs beste gefaßt; dagegen trat Frau; mit dem türkischen Eui'an Solyman nun i» ein förmliches Bündniß. Im I. 1A76 drang s löst von Italien aus mit einer Armee in die P'^ vence Karl V. L8r vencr ein, und unternahm die Belagerung von Mar¬ seille; von den Niederlanden aus aber ließ er die Grafen von Nassau und Croy in die Picardie ein» brechen. Allein weder auf der einen, noch auf der andern Seite gieng die Sache nach Wunsch von siat- ken. Der Kaiser selbst wurde durch Mangel an Le» bensmitteln und eingerissene Krankheiten genöthiget, die Belagerung von Marseille aufzuheben, und seine Truppen nach Italien zurüclführen. In der Picar¬ die konnten seine Feldyerrn die Stadt Peronne nicht k'vbern, und mußten sich beym Anzüge eines franzö¬ sisch en Kriegsheeres nach Artois zurückziehen. Auch i folgenden Feldzuge fiel nichts Entscheidendes vor. Indessen wurden beyde kriegführenden Machte erschöpft, ""d man schritt wieder zu Unterhandlungen. Allein da son ohl Kar! als Franz bei ihren vorigen Gesin¬ nungen in Ansehung des Herzogthums Mayland ver¬ irrten, so konnte kein förmlicher Friede zu Stande Anurien. Nur mit grosser Mühe konnte der neue Pupst Paul III. endlich (lAz8 '8- Juny) zu Nizza Oiien Stillstand auf zehn Jahre vermitteln, vermöge dessen jeder Lheil das behalten sollte, was er wirk¬ lich inne hatte. Zur Annahme dieses Stillstandes wurde der m. ^'Uftr vorzüglich durch die drohende Tnrkcngefahr be- ^chgen. Der römische König Ferdinand hatte zwar *dir seinem Gegner Johann von Zapolia, der sich noch iu-wer in einem grossen Theile des Königreichs Ungern br-' 282 Karl V. behauptete, iZz8 24. Febr. zu Großwardein einen Frieden dahin geschlossen, daß Johann von Zapolia den königlichen Titel, Siebenbürgen »nb denjenigen Theil von Ungern, den er im Besitz hatte, auf ke- benszeit behalten, dagegen aber allen Bündnissen wi- der das Hans Oesterreich, und allem Rechte, seine» Titel und sein Gebiet auf seine Nachkommen zu ver¬ erben, zum Dortheilc Ferdinands entsagen sollte. Al¬ lein Johann scheint nie den ernstlichen Misten gehabt zu haben, diesen Frieden zu halten. Es war ihm nur um die Anerkennung seiner königlichen Würde zu chun, damit er des Königs Sigmund von Pole» Tochter Isabelle zur Ehe bekommen könnte. Sobald er diesen Endzweck erreicht hatte, trat er wieder M feine alte Verbindung mit de» Türken zurück. Saltz' man nistete sich uu» stärker als jemahls zu einem neuen Feldzuge nach Ungern gegen den römischen Kö¬ nig Ferdinand, und ließ auch durch den Haradin B»' barossa die Küsten von Neapel ununterbrochen beäug' siigen. Die Gefahr verschwand nicht, sondern nahm vielmehr zu, als Johann von Zapolia lZz.0 2l- Jul. mit Hinterlassung eines igtägigen Sohnes I"' Hann Sigmund starb. Vermöge des vorgedacht^ Friedens hätte nun das ganze Land, was Joha'M besessen hatte, mit Ausnahme der Grafschaft «nd der zapolischen Erbgüter an Ferdinanden festen. Allein Johanns Wiktwe Jsabeste '"ck Vormünder ihres Sohnes,, an deren Spitze Georg M"" ti- Karl v. s 8Z ^mrzzi , Bischof bon Eroßwardein, stand, dachten an "iciits weniger, als an die Erfüllung der gerechten Forderungen Ferdinands, Sie wandten sich an den bnllan Solyman, und baten ihn, er möchte den fun- 8tn Prinzen Johann Sigmund in Schutz nehmen und Hm das väterliche Reich erhalten. Solyman wollte dwßmükhig scheinen. Er kam im I. 1541 selbst mit «Imm grossen Kriegsheere nach Ungern, schlug Ferdi- iiands Truppen, welche Ofen belagerten , in die Flucht, na? m denselben Pcstb, Stuhlweissenburg , Vice' 8chd und anderer Ortewieder weg, von denen sie sich Greils Meister gemacl t hatten. Allein fetzt legte er ^>ne Masgue ab- Er setzte sich durch List in den ^ksitz der Stadt Ofen, erklärte, daß er selbige für s'H behalten wolle, versah sie mit einer starken Besa- tz'mg unrer einem Pascha, und gteng nach Constanki- ^'pel zurück. Die Königinn Isabelle mußte mit ih- unmündigen Prinzen nach Siebenbürgen wandern, ihnen nebst einem Theile von Ungern von dem trcu- °sen Sultan noch gelassen wurde. Oie türkische Be- ^"ehmung der Hauptstadt des ungerischen Reichs, »iek!ersch!agen- sie auch war und seyn mußte, gab ^och den Sachen Ferdinands in Ungern eine günstige Endung, die sonst nicht leicht zu erwarten gewesen Ein großer Theil der Ungern war bieder dem ^'ss)g>,se Destereich entgegen gewesen, in der Hoffnung, König aus einer einheimischen Familie zu bckom- Da sie aber nun diese Hoffnung bereitest sa¬ hen , 284 Karl v. hen, schlossen sie sich von selbst an Ferdinanden an, um durch dessen Hülfe das, was sie von ihrem La»bt noch übrig hatten, gegen die Türken zu retten. Unterbeist» als dieses in Ungern vorgieng, verbreitete Haradin Dar« baroffa durch feinen Statthalter zu Algier Furcht und Schrecken an den Küsten vonSpanien, und auf dem ganst» mittelländischen Meere. Um diesem Unwesen einmahle>» Ende, und zugleich den Türken eine Diversion zu mache»' unternahm der Kaiser selbst von Italien und Spaiste» aus noch im Herbste des Jahres 1541 wider de» Rath seines erfahrnen Admirals Andreas Doria de» schon lange beschlossenen Seezug gegen Algier. lein diese kühne Expedition lief höchst ungücklich Die Flotte litt durch wiederholte Stürme sehr viel,"»^ eben deßwsgen konnte auch die Landarmee, die kck» Proviant zugeführt bekam, durch Regenwetter gepl»^ und auf allen Seiten von Türken und Mauern aNjss" fallen wurde, nichts ausrichten. Karl ward genöthiri^' zu Ende Novembers unverichtcter Dinge mit einem trächtlichcn Verlust an Schiffen und Mannschaft den spanischen Küsten zurückzusegeln. Der ganze diente blos dazu, der Welt Karls grosse Eigenschaft»' auf einer Seite seine Unerschrockenheit und Stqndh»^ tigkeit der Seele, auf der andern seine Menschliche^ und Güte des Herzens, in einem desto helleren zu zeigen, je größer die Gefahren und Mühst'l^ ketten waren , die er mit seinen Truppen unverdrost^ tyeilte. Gleich nach seiner Rückkunft aus Afric" der v 28F Kaiser darauf bedacht, seinem Bruder Ferdinand wider die, ihm so nahe gekommenen und so fürchter¬ lich gewordenen, Türken eine ergiebige Reichshülfezu ^schaffen. Er schrieb zu diesem Ende einen Reichs- E"g nach Speyer aus , der im Februar rZ42 von dem ^Mischen Königs Ferdinand in Person eröffnet wurde, ^üch langem Streiten nnd Unterhandeln wurde end¬ lich nach dem Fuß des im I. iZ2l zum Römerzug ^'Machten Wormser Anschlages eine beträchtliche An- icchl Kriegsvolks und eine angemessene Geldhülfe be¬ williget , wodurch man in den Stand gesetzt zu wer- hoffte, nicht nur die Türken in einer Feldschlacht ^bcsigen und das Königreich Ungern sammt derHaupt- ^bt Ofen wider zu erobern, sondern auch die augrän- Mden türkischen Lande mit Hülfe der noch grossentheils Mißlichen Einwohner von dem muhamedanischen Joche befteyenö Um das Geld desto leichter und sicherer i'ssamrnenznbringen wurde den Reichsständen, dis bis- iler dergleichen Beyträge ans ihren eigenen Kammer- ^Wern -u bezahlen pssegten, jetzt zum erstenmah! er- selbige von ihren Unterthanen zu erheben. Die ^berbefehlshaberssiellc über die ganze Armee ward dem ^fürsten Joachim II. von Brandenburg aufgetra- Auch der Papst versprach durch feinen anweftn-- ^"^«gaken Moroni, ein Corps Italiener zu derselben ^isen zu lassen. Allein diesen guten Anordnungen ch'-ke es leider! bloß an einer ordentlichen und genau» Vollstreckung. Die 'bewilligten Gelder giengen sehr un- 285 Karl V. unrichtig ein, und auch die Truppen kamen aufihtttll allgemeinen Sammelplätze bei) Wien nur langsam »aöl und nach zusammen. Erst im Herbste konnte bas verein nigte Kriegsheer sich nach Ungern in Bewegung setze»? und fieng an, die Stadt Pesth zu belagern. All"» als ein Sturm/ den die Italiener wagten, verunglück- te, beschloß die Reichsgeneralität, die Belagerung auf- zuhcben, und nach Teutschland zmückzukchren, wcl- ches auch unverzüglich ins Werk gesetzt wurde x) I" den folgenden zwei) Jahren (i Z4Z und 1544) breite¬ ten sich die Türken bnrch neue Eroberungen immer wei¬ ter in Ungern aus. Da vom Reiche wegen Wider¬ setzlichkeit der Protestanten keine neue Hülfe zu erlan¬ gen, Ferdinand aber mit seiner eignen Kriegsmaöl' der türkischen nicht gewachsen war; so mußte er f>'^ sci)n, daß Sultan Soli-man sich noch bewegen ließ- IZ4Z mit ihm vorerst einen Stillstand auf ein J^' einzugeheir, dem nachher ein anderer auf 5 folgte. Wäh- x) Sebastian Scbürklin , ein bcfübmter Kriegsmann dan'abl ger Zeiten, beschreibt diesen Feldzug ganztur, auf 1"?° d- Arc: „In diesen, Jahre Haldas Romi, che Reich dkr "a ' Mas 4ooL« zu Fub und , oo ,u Roß zugcfandt, ilr . Kurfürst von Brandenburg oberster Aeldhanxrmann WW§ semid lange bcv Wien INI Wald gelegen, Hal der TW , keiner Macht iomnien wosten, tennd sie erst anfden H" H gx- abgezogen, für Pesth stch gclaqert, überschau, k , lW g deutlich gestürmt, und inir Epott der ganzen EbristcnW^ Nachcheil abgezogen, über enoso Mann von guten »erlohren, da» Geld unnützlich verschivendek." Karl V. 887 Während dieser Kriege, die K. Karl V, bald mit' IV. Algier, bald mik Frankreich , der römische König Ferdi¬ nand aber mit den Türken zu führen hatte, wurde» die Fdlgcn der Reformation im deutschen Reiche immer bedeutender. In die Reihe derselben gehört zuerst dir Erweiterung öes schmalkaldischen Lundes. Die¬ ter Bund sollte im Februar 15Z7 zu Ende gehen, weil " nur auf sechs Jahre geschlossen worden war. Al- tetn ein eben so grundloses als lächerliches Gerücht, daß der auswärts über Hals und Kopf beschäftigte Kaiser mit einem Kriege gegen die Protestanten um- Sehe, gab diesen Anlaß, oder diente ihnen vielmehr Vorwand, im I. IZZ6 29. Sept, ihren Bund vorläufig aufzehn Jahre zu verlängern; und durch Auf- "ahme neuer Mitglieder noch zu verstärken. So traten jetzt der Herzog Ulrich von Wirtcmbcrg, die Herzoge Barnim und Philipp von Pommer» , bie Fürste» Johann, Georg und Joachim von Anhalt, bst Städte Augsburg, Frankfurt, Kempten, Ha«- dvver, Hamburg und Minden dem Echmalkalder Bunde von neuem bei). Die Städte Eßlingen , Braunschweig, Goslar, Göttingen und Eindeck sind schon einige Zeit vorher zu Bundesgliedern aufgenommen worden. Auch verglich man sich jetzt über eine neue Bundesordnung. Vermöge derselben würbe die Kriegsverfassung des Bun-, Vs auf 2ovo Mann zu Pferde und ro, ooo Mann ö" Fuß gefetzt, wozu monatlich 170,222 mcistnischr Gulden erfordert wurden. Das oberste Regiment ward orm Kurfürsten von Sachsen und dem Landgrafen von Heft 288 Karl V. Hessenkassel als Bundeshauptlcuten'jedes halbe Jahr wechselweise aufgetragen. Alles dieses solltejedoch laut der Dundesordnung nur ein Defensivbündniß seyn. Als eine andere wichtige Folge der Refornlatios kann man ansehen , daß im J. r AZ^ ein neuer Lehr- begriff der evangelischen Religion nebst gewisses Grundsätzen von der evangelischen Kirchenverfassung ge- fertiget wurde. Die Veranlassung dazu gab das Conci- lium, welches Papst P ml III. imJ. iZz6 auf des Maymonat des folgenden Jahres nah Mantua angesetzt hatte, obschon bep dem damahligen kriegeri¬ schen Zustande Italiens nicht wohl eines zusamgren kom¬ men konnte. Da die Theologen und Juristen zu Wit¬ tenberg , die der Kurfürst von Sachsen um ihr Gutach¬ ten befragte, wie man sich protestantischrr Seits bey dieser, Sache' zu benehmen hätte, der Meinung wa¬ ren, daß man das Conciltum beschicken sollte; so be¬ fahl der Kurfürst den Theologen, einen neuen Jub^ griff der evangelischen Lehre aufzusetzen, um sich Seiten der augsburgischen Confessionsverwandtengesa^ zu halten, worin man allenfalls den Katholischen nach¬ gebenkönnte, und worauf man schlechterdings besteht müßte. Luther selbst übernahm die Arbeit, und fai^ die verlangten Lehrartikel ab. Diese wurden dann auf einem im Jan. und Febr. gehaltenen Conve»^ zu Schmalkalden den versammelten protestantischen'^" den vorgclegt, von denselben einhellig angenom'"^ und unterschrieben, wovon sie nunmehr den Nab>^ der schmalk«löischen Artikel bekamen. Auf ves KM »89 des Kurfürsten von Sachsen mußte Melanchthon noch kinen besoudern Aufsatz von-er Gewalt un- Obrig¬ keit -es Papstes und von der Bischöfe Gewalt und Jurisdiction verfertigen, worin die Grundsätze von i>er evangelischen Drchenverfassung enthalten waren. Die¬ ser Aufsatz wurde den schmalkaldischen Artikeln bcyge- fügt. Aus beyden eben genannten Schriften, welche die Protestanten unter ihre symbolischen Bücher zäh¬ len, war leicht zu ersehen, daß die Vereinigung der katholischen und evangelischen Religionsparkhey auch Mittelst eines Conciliums beynahe unmöglich scy. Die Protestanten waren von dieser Unmöglichkeit selbst so überzeugt, daß sie von der nach Mantua ausgeschrie¬ bnen Kirchenvetfammlung nun nichts mehr wissen woll¬ en. Sie äußerten sich auf dem gedachten Convente ö» Schmalkalden, worauf der vom Kaiser abgeschtck- leReichsvicckanzler Doctor Held und ein päpstlicher Legat ^orstius erschienen waren, um Mit ihnen wegen ^s Mantüa.-ier Conciliunts zu handeln, ganz trocken dnd bestimmt, daß sie ein Concilium keineswegs be¬ schicken könnten, das wider den klaren Inhalt der vork- Lni Retchsfchlüsse nicht in eine teutsche Stadt ausge¬ schrieben worben sey, und kein freyes christliches Con- cliium , auf das sie immer mit Bedacht gedrungen hät- ftyn würbe, indem der Papstschon in der Con- ^takionsbulle sich die Gewalt eines Richters auf dem- ^lben anmasse, und von ihren Lehren alS von neuen ^eichsgesch. 111. Thl. T Ketze- VI. «9» Karl v. Ketzereyen spreche. So verschwand wieder alle Hoss» nuilg zum Concilium. Die Reformation gewann indessen in verschiede nen teutschen Landern und Häusern immer neuen Fort¬ gang. In WLrtembery hat der Herzog Ulrich, so¬ bald er sich in dem Besitze seines Landes wieder ga>ss gesichert sähe, IZZZ und lZZb die Reformation mit Einziehung der vielen , in seinem Lande befindliche" Klöster, eingcfnhrek. Unser Verfasser rechtfertiget die» ses auf folgende Art: „Dem Herzog Ulrich von Wir» temberg," sagt er, „war im cadantschen Frieden nur so viel vorgeschrieben , daß er die unmittelbare" Abteyen selbiger Gegend in ihrer Religion und Gü¬ tern ungestört lassen sollte. Also hakte er srepe H""- de, hie Reformation in seinem Lande einzuführcn, vermöge derselben auch dir mittelbaren Klöster se>"^ Landes in andern Stand zu fetzen." Man will es ei¬ nes jeden eigener Beurthcilung heimstcllcn, ob diese Recht¬ fertigung gegründet sey. Die Stelle des cadanisch^ Friedens lautet so : „Herzog Ulrich soll auch eine« so¬ den in-und ausserhalb -es Hürstenehums zusa"^ den Aebbten, die im Lande gesessen, und die il)^ sonderliche Negalia haben, fimd zum Fürstenth"^ nicht gehören, mit samt ihren Unterkhanen Leuten dey ihrem Glauben und Religion bleiben/ ihnen auch ihre Rente und Zinse folgen , und dar"" ungehindert lassen." In Pommern faßten die H^^ ge Barnim und Philipp auf einem im Dec. '53^^ halreuen, kandtagejden Schluß, die Reformatio""" dem Kakl 291 bem Beyspiele von Kurfachsen vorzunehme», so auch >5Z-; durch Beyhülft Johann Bugenhagcns mittelst ab» gefaßter Kirchenordnung und vorgenommener Visitation bewerkstelliget wurde- In Brandenburg, war dem Kurfürsten Joachim l. '535 stem Sohn Joachim ls. gefolgt, der sich schon seit iZZ2 der Reformation günstig erwiesen hakte, sich iZZ» öffentlich zu derselben bekannte, und ihr in seinem ganzen Lande freyen Lauf ließ. In Holstern fand die evangelische Lehre ihre Be- sorderMig an den drey dänischen Prinzen Christian, Johann und Adolph, die lLZZ nach dem Tsde ihres Vaters, des Königs Friedrichs I» von Dänemark, , Schleswig und Holstein erbten, und sich hernach 1ZL4 förmlich in diese Länder kheiiren. Im Hause Sachsen Albrechtischer Linie starb .Zzr- n. Apr. der Herzog Georg, der bisher der Reformation am meisten zuwi¬ der gewesen war. Da seine Söhne bereits vor ihm ver¬ storben waren , so bekam er zum Nachfolger in seinen kieißmschen und thüringischen Landen seinen , schon längst der Reformation zugethanen, Bruder Heinrich. Die¬ ster setzte hierauf mit Beystand des Kurfürsten Johann Friedrich die Reformation in Meiße/i und Thüringen durch; starb jedoch schon tZchl. '8- Aug., und hinterließ zwei) evangelisch erzogene Söhne Moritz und August, wovon der ältere Moritz Noch kurz vor des Va« kers Tod« die Regierung übernommen hatte, und, ob- stchon er mit dem Kurfürsten Johann Friedrich nicht in 8>eich gutem Vernehmen blieb, und sich nicht bewegen T» Ueß, 292 Karl V. ließ, demschmalkaldischen Bunde beyzutretsn, doch das Seinige zur Fortpflanzung der Reformation beykrug. In derPfalz blieb zwar derKurfürst Ludwig V. katholisch; bezeigte sich jedoch der Ausbreitung der lutherische" Lehre in seinem Lande nicht hinderlich. Seines Bru¬ ders Sohn Otto Heinrich aber führte in seinem Ancheile, der sogenannten jungen Pfalz oder Pfalz¬ neuburg, vermittelst eines unter dem 22. JunpiA42 erlassenen Edicts die Reformation öffentlich ein. Ebe" so trat auch der Pfalzgraf Wolfgang von Zwepbrü- cken den augsburgischm Confessronsverwandten öffent¬ lich bei). Sogar in geistlichen Ländern fieng die Re¬ formation an Fuß zu fassen. Im Bisthum Lübc Zeus, daß der Herzog dem Zeitpuncte eines förmli¬ chen Bruches Mit den Protestanten nicht ohne Seh"* sucht entgegen sah. Alles dieses wurde sogleich be¬ kanntgemacht. Die ohnehin äußerst mißtrauische" kestanten glaubten darin die gefährlichsten Anschiß wider sich zu erblichen, .und Mengen.schon an ernstlich Kärl V. «9S E eiander zu berathtschlagen, ob man denselben nichf durch einen Ängriff zuvorkoniMeu sollte. Doch eine Krankheit des Landgrafen, der durch Mißwachs erzeug¬ te Mangel an Lebensmitteln, und vielleicht auch dir Hoffnung zu einem Vergleich, wegen dessen man eben fetzt in neuen Unterhandlungen stand, hielten sie noch zurück. Der Landgraf von Hessen und der Herzog Heinrich suchten indessen wegen des Vorgefallenen sich »u rechtfertigen. Da-der -Herzog in seiner Vertheidh- gung auch den Kurfürsten Johann Friedrich von Sach« sen feindseliger Gesinnungen gegen sich beschuldigte, sp nahm auch dieser Aulheif au einem sonderbaren Schrift¬ wechsel , der nun zwischen beyden Theilen entstand, über zwei) Jahre dauerte, und zuletzt in die pöbelhaftesten Echimpfungen ausartete /). Der wechselseitige Haß der Häupter des schmalkaldischen und heiligen Bundes wurde dadurch noch größer. Die vorgedachtr Hoffnung zu einem Vergleich ;x,. zwischen den Katholischen und augeburgischen Confes- sionsverwandttn berührte auf einer Vermittlung, wo» ju K) So nannte dcrHcrsogHeinrich vonBraunschweig in einerSchrist den Kurfürsten J-chnim Friedrich von Sachsen einen „Kever , Abtrünnigen, Rebellen, Monstrum, Knin , Nabal un» Trunkenbold. " Langen erschien „Churf. Jvbann Frie¬ drichs Verantwortung wider des verstockten, gottlosen ver¬ maledeiten , verfluchte» Ehr-nschänders, bösibärigen Bar- rabas, auch hurensLchtjgen HolofcrneS voy Brauitschweig>, so sich H. Heinrich den Jüngern nennt, unverschämt. kalpburnisch Schänd - und Lugenbuch rc. Wittenberg »541- " Von diesem Titrel tann man auf den Jnhalr schließe n- 296 Karl v. zu sich km J. 1ZZ8 der Kurfürst Joachim II. vost Brandenburg, derzwar seiner Religion nach ein Protk- staut, aber kein schmalkaltischer Bundesgenosse war, aus Liebe zum Frieven gegen den römischen König Ferdinand erboten batte. Ferdinanden , der eben da- Mahls von den Türken alles zu befürchten hatte, war dieser Antrag sehr willkommen , und auch der davon be¬ nachrichtige Kaiser gab gerne seine Einwilligung zM Eröffnung der Unterhandlungen." Der bald darauf er¬ folgte Auftritt mit dem braunschweigischen Secretär schien zwar das ganze Friedcnswerk neuen Schwierigkei¬ ten auszusetzen. Allein da die Gefahr eines Bürger¬ krieges jetzt noch größer wurde, so verdoppelte auch der Kurfürst Joachim seinen Eifer, und brachte end- lieb 539 April auf einem zu Frankfurt gehalte¬ nen Convente einen friedlichen Anstand auf 15 Mo¬ nate unter folgenden Bedingungen zu Stande: Während dieser Zeit, oder, wenn binnen derselben die Religi¬ onsvereinigung nicht zu Stande käme, bis zum näch¬ sten Reichstag sollte der Nürnberger Reiigionsfricde unversetzt bleiben. Deyde Theile sollten die Kriegs«'- stiingen einstellen , und Niemanden weiter in ihren Bund aufnehmen. Das Verfahren des Kammergerichts gegen die Evangelischen in Religionssachen sollte wäh¬ rend des Stillstandes suspendirt seyn. Die Prote¬ stanten sollten de» katholischen Geistlichen ihre Einkünf¬ te nicht vorentbalten, und zur Türkenhülfe gleich an¬ dern Ständen beotragen. Au einer bestimmten Alt sollte rin Neligionsgespräch schalten werden, um ci- ' ne Karl V. 297 trr Vereinigung in der Religion zu versuchen. Die¬ le ganze Sache wurde unter Vermittlung des Kurfür? sten von Brandenburg bloß zwischen den Commiffarien des Kaisers und des römischen Königs und den Pro¬ testanten verhandelt. Die katholischen Stände hakten leinen Antheil daran genommen. Sie äußerten viel- Nlehx ihr Mißvergnügen über den Inhalt des geschlos¬ senen Vergleichs , besonders weil dadurch die nach Reche schmachtenden katholischen Partheyen wieder auf l Z Mo, Kate zurückgeleht seyn sollten. Auch das Kammergericht sollte von dem Frankfurter Anstande nichts wissen. meisten aber war der Papst damit unzufriedeu. Hey diesen Umständen getraute sich der Kaiser nicht, die Frankfurter Handlungen förmlich zu ratificiren, sondern ließ den Protestanten, die ihn darum ersuch¬ en, unter Versicherung seiner friedfertigen Gesinnun¬ gen bedeuten, daß er nächstens aus Spanien nach den Niederlanden kommen und von da alles in .die besten etnleiten würde. Die Abreise des Kaisers aus Spanien nach den X,.' Niederlanden ward durch eine Empörung der Stadt Hem beschleuniget. Auf freundschaftliche Einladung Königs Franz nahm er gegen das Ende des Iah- >5Z) seine» Weg durch Frankreich. Seine Mi¬ nister waren zwar dagegen; allein Karl, der schon vorigen Jahre, als er von Nizza nach Spanien auf dem Schlosse zu Aigues Mortes an der ^üstevon kanguedoc sich Franzen anvertrauet und die beste Auf- -98 Karl V. Aufnahme gefunden hatte, verließ sich auch disßmah auf die Ehrliebe seines Gegners, und betrog sich nicht. Er wurde überall, wo er dnrchreisrte, mit allen er¬ denklichen Ehrenbezeugungen empfangen. Das wec^ selseitige betragen dec beyden Monarchen macht ihrem Charakter Ehrs. Als der Kaiser' in den Niederlanden angekommen war, verfügte sich auch der römische Kö- nig Ferdi na li d dahin , um ihn von der wahren Lagt der keutschen Angelegenheiten zu unterrichten. Die ftie!^ kiche Denkungsart des Kaisers veroffeiibarke sich bald- Er ließ auf Ansuchender Protestanten Anstalten zu dein im Frankfurter Anstande versprochenen - Religionsg^ spräche Machen. Dasselbe wurde »540 anfangs^ Hagenau , dann nach einiger Unterbrechung zu WorN^ gehalten. Allein es zeigte sich jedesmahl nur garst' deutlich, daß die Theologen allein sich über die st^ tigen Religionspuncte nie vergleichen würden- Kaiser fand'daher für gut, die Fortsetzung des Reb' glonsgesprächs anfden Reichstag, den er indessen Regensburg ausgeschrieben hatte , zu verschieben. Fi. Der Reichstag zu Regensburg wurde im iZchi eröffnet. Der Anfang desselben ward mit de>" zu Worms abgebrochenen Neligionsgespräche, nach einem neuen , vom Kaiser selbst vorgclegten, gemacht. Diese Art der Verhandlung und die Geists wart des Kaisers und mehrerer Reichsfürsten ssirkt^ so viel, daß die zum Colloquium ernannten beydersi^ gen Theologen iu kurzer Zeit über einige wichttsieK^ ar- Karl V. d, artikel einig wurden und in mehrern andern so nahe kamen, daß eine Voltige Religionsvereinigung aller¬ dings zu hoffen war. Allein die katholischen Reichs- stände waren mit der Nachgiebigkeit ihrer Theologen Pflug und Gropper nicht ganz zufrieden; die äußerst argwöhnischen Protestanten hingegen glaubten, man habe katholischer Seits keine andere Absicht, als fir durch verstellte Nachgiebigkeit ju einem für sie nachlheiii- gen Vergleich zu überlisten. Ihre Theologen, selbst der biedere Melanchthvn nicht ausgenommen, fiengen daher auf höhere Weisung an, sich sehr unnachgiebig zu bezelgen, und. zuletzt so unbillige Forderungen zu machen, daß wieder alle Hoffnung zu einer Reli¬ gionsvereinigung verschwand. Das Religionsgespräch ward darüber abgebrochen. Man bergthschlagte nun auf dem Reichstage, was weiter in der Sache zu thun sey. Endlich ward beschlossen, daß der Kaiser den Papst zu bewegen suchen sollte, ein allgemeines Con- cilium in Teurfchland zu halten; widrigenfalls sollte ein eignes Nationalconcilium veranstaltet, oder wenig¬ stens auf einem anderwciten Reichstage vondersRelt- , Lion gehandelt werden. Bis dahjn sollte der Nürn¬ berger Neligionsfrtede in allen.Puncten genau beobach¬ tet werden, .sv zwar, daß sogar diejenigen, gegen dir Protestanten am Kammergerichte anhängigen, Pro¬ teste , worüber bisher ein Streit gewesen, ob sie im Nürnberger Frieden begriffen seyen oder nicht, aus kaiserlicher Machtvollkommenheit spspendirt seyn soll¬ ten. Karl V. trn. Der Kaiser gieng in ftiner Mäßigung gegen die Protestanten noch weiter. Er stellte denselben zu ih¬ rer Beruhigung ohne Vsrwissen der katholischen Stän¬ de eine Declaration aus, worin er nicht nur mehre¬ re, hier der Kurze wegen nicht berührte Artikel dieses Rekchsäbschiedes , zu Gunsten der Protestanten milder- ti, sondern auch zugab , daß deraugsburgische Rcichs- abfchied vom I. r-Zzo, in wie fern er die Religion beträfe , aufgehoben seyn, kein von den Protestanten präsentirttr Kammergerichtsbeysitzer seiner Religion wegen ausgeschlossen und bey dem Kammergcrichte der gegenwärtige Rcichsabschied sammt der kaiserlichen Declaration zur Richtschnur genommen werden sollte. Der Kaiser scheint dadurch wirklich mehr uachgcgeben zu haben, als in seiner Gewalt stand. Doch sagt Püt¬ ter von diesem Reichstage, daß die verschiedentlich geäußerten Gesinnungen des Kaisers den augsburgischen Conftssionsverwandten nichts Gutes hoffen ließen, und daß der, freplich keine Spur dieser widrigen Ge¬ sinnungen enthaltende, Reichstagsschluß nur den Um¬ ständen zuzuschreiben war, da der Kaiser Türkenhülfe brauchte. Allein wo findet man historische Beweist für dergleichen Behauptungen ? Alle sowohl öffentliche Erklärungen, als geheime Unterredungen des Kaisers zeigen durchaus, daß er von Ergreifung gewaltsamer Maßregeln gegen die Protestanten immer weit entfernt/ und daß die Erhaltung des Friedens in Deutschland beständig fein sehnlichster Wunsch gewesen ftp. wol- Karl v. ZVL wollen nur ein Beyfpiel davon anführen. Als auf dem gegenwärtigem Reichstage die Herzoge von Bay¬ ern und der Kurfürst von Maynz bey einer geheimen Audienz den Kaiser durch alle mögliche Vorstellungen ju überzeugen sich bestrebten, daß in den jetzigen Um¬ ständen kein anderes Mittel, als Gewalt übrig sty; erklärte er ihnen, ungeachtet er hier nicht die ge¬ ringste Ursache sich zu verstellen hatte, doch gera¬ dezu , daß er keinen Krieg in Teutschland führen wolle, Wit Beysctzung dieses merkwürdigen Grundes: wür¬ de man auch allenfalls den Sieg davon tragen, so wä- ke doch keine Hoffnung, daß die Protestanten von stirer Lehre abgehcn würden. Auf dem folgenden Reichstage, den der Kaiser, XU. wie wir schon oben gehört haben, dec Türkcnhülfe we¬ gen iZ42 durch seinen Bruder Ferdinand zu Speyer halten ließ, blieb es bey der Versicherung der bishe¬ rigen Religionsverrräge. Es wurde nehmlich in dem speyerischeu Rcichsabschiede der auf dem Reichstage iu Regensburg errichtete Friedstand fammt der Suspen¬ sion der Kammergerichtsprocesse auf fünf Jahre er¬ weckt , die von Ausgang des jetzt beschlossenen Tür- Anzuges an gerechnet werden sollten. Ucbcrdieß stell- te der römische König Ferdinand im Nahmen des Kat- sors den Protestanten noch eine besondere Erklärung ans, dwmög welcher die kaiserliche Declaration vom vorigen -bahre auch für die Zeit des verlängerten Friedstandcs > ^iten sollte. Wenn man die auf den zwey letzten Reichs» Z6r Karl Reichstagen immer höher getriebenen FordetUnzB der Protestanten, die nothwendjg die gange Aufmerk-' samkeit der Katholischen erregen und die Spannung zwischen beydcn Partheyen vermehren mußten, in Ee» trachtimg ziehet, so muß man sich wundern, wie noch solche Friedstände, als der regensburgische und speyerische waren, zu Stande gebracht werden konn¬ ten. Zu dem letztem scheint die drohende Türken- gefahr, die allen einleuchkett Mußte, zu dem ersten aber die persönliche Gegenwart des Kaisers und so vieler Fürsten von beyden Religionen das Meiste bey- getragen zu haben. Zwar sagt der evangelische Theo- log Bucer, der auf dem Reichstage zu Regensburg mit einer von den CollocutSren war, daß auf d-n ReichstägcN nicht viel Gutes ausgerichrer werden kön¬ ne, weil die Fürsten die ganze Zeit mit Banqueti- ren, Zusaufen und Spielen verschwenden. Met" Hr. Hofrath Schmidt macht dagegen die treffe"^ Bemerkung, daß ohne diese altteutsche Sitte des'DaN- guetirens und Zusaufens die Partheyen einander g^ wiß viel früher in die Haare gekommen seyn wur¬ den. Eben bey den Banqueten und dem Zusaufe" fanden einander die teutschen Fürsten wieder, wen" zu Hause Ihre Prediger dem einen Theile den ander" nur unter den gehäßigen Gestalten von Ketzern oder -Götzendienern zeigten. Sie lernten einsehen, bol? ungeachtet ihrer verschiedenen Meinungen über Relt- gioNs- Karl v. ZOZ Zionssachen sie doch noch immer Tentfche und einan¬ der wie zuvor ähnlich seyeru So zufrieden die Protestanten mit den Resul- taten der zwen letzten Reichstogsverhandlungen fehl! konnten, so unangenehm waren ihnen einige andere Ereignisse dieser Zeiten. Der Kurfürst Johann Fried¬ rich von Sachsen zerfiel mit seinem Vetter, dem Her¬ zoge Moritz von Sachsen , über die Tückeusteuer, welche ersterer in der, zmn Stifts Meissen gehörr- gen, aber unter dem gemeinschaftlichen Schutze brr beyden Linien des sächsischen Hauses stehenden, Stadt Wurzen eigenmächtig ausgeschrieben hakte. Die Es¬ che kam so weit, daß im März i Z42 schon von beyden Seiten Völker in das Feld rückten« Jedoch der Landgraf Philipp von Hissen legte sich noch bey Zeiten inS Mittel und beugte den weitern Tätlichkei¬ ten durch einen Vergleich vor; aber immer blieb noch zwischen den vorgenannten Häuptern der ernestische» Und albrechtisichen Linie des Hauses Sachsen «in heim¬ licher Groll zurück, der für das Interesse des evan¬ gelischen Rcligionskheiles keine guten Folgen zu ver¬ sprechen schien. Auch die der Reformation des Hoch- siifts Naumburg und des Erzstifts Cöln in Weg ge¬ legten Schwierigkeiten beschränkten die günstigen Aus¬ sichten der Protestanten. Als 154t 6. Jan. der bisherige Administrator des Bisthums Naumburg, Pfalzgraf Philipp, der zugleich Bischof zu Freyfin- Len war, mit Tode abgieng, wählte daS Domeapi- tti Z04 Karl V. tel einen sächsischen Edelmann Julius Pflug - der zwttk katholischer Religion und Domprobst zu Zeiz, abek doch von einer sehr aufgeklärten, gemäßigten und duld¬ samen Denkungsart war, zum Bischöfe. Allein der Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen, der Schu߬ herr des Bisrhums Naumburg war, und sich sogar eine Landeshoheit über dasselbe anmaßte, hatte eine Reformation des Stiftes beschlossen. Er erklärte da¬ her die ohne sein Vorwissen und seine Einwilligung vorgenvmmene Wahl für ungültig, und suchte das Eapitel zur Wahl eines evangelischen Bischofs zu ver¬ mögen. Als ihm aber das Eapitel kein Gehör gab- ließ er 1A42 den magdrburgischen Superintendenten Niclas Amsdorf herbeprufen und mit Gewalt in de» Besitz des Bisthums setzen. Der Kaiser, der Papst und die katholischen Reichsstände nahmen sich zwar dcS verdrängten Julius Pflug an; allein der Kurfürst beharrte aller Abmahnungen ungeachtet so fest bep seinem Vorsatze, daß noch ganz ander? Umstände ein¬ treten mußten, bis Pflug sein Recht durchsetzen konn¬ te. In dem Erzstifte Cöln gieng der Erzbischof Her? mann, ein geborner Graf von Wied, schon seit dent I. IZZ6 mit Rekormationsgedanken um. Seine Rathschlägr kamen endlich öffentlich zum Ausbruch - da er 1542 nach der augsburgischen Confession srep predigen ließ, und 'A4Z seinen Rcformationsplan so¬ gar in öffentlichen Schriften darlegte. Die schrnak- kaldtschcn Bundesgenossen bestärkte» und unterstützt ih"' Karl v. ihn in seinem Vorhaben. Allein das Domcapittl und Nr Stadt Cöln setzten sich den Absichten ihres Crzbi- schofts muthig entgegen. Mit Hülfe des Kaiser- Und Papstes wurden selbige zuletzt auch glücklich ver¬ eitelt, wie wir später hören werden. Für diese Unannehmlichkeiten wußten aber di« Xl^„ Protestanten auf einer andern Seite sich zu entschädig gen. Der Herzog Heinrich der Jüngere von Braun¬ schweig hatte schon feit mehrer» Jahren einen Proceß Nit dec Reichsstadt Goslar. Im I. 1542 ward die Reichsstadt von dem Kammergerichte in die Acht «klärt und die Vollziehung derselben dem Herzoge Heinrich aufgetragesi. Die Ächt wurde jedoch nach¬ her sowohl von deck Kaiser, als dem römischen Kö¬ nige Ferdinand suspendirt. Allein dec Herzog Hein¬ rich bchcmptete, daß die Suspension der «tnmahl er¬ nannten Acht ohne Kränkung feines Rechts und Etn- willrgung des Reichs nicht habe geschehen können« Er fuhr däher fort, Goslar als eine geächtete Stadt in behandeln und Uns verschiedene Art zu bedrängen, vhne sich durch wiederholte Ermahnungen des Kai¬ sers und des römischen Königs da'svn abwendig ma¬ chen zu lassen. Er zog sich aber dadurch selbst den Untergang zu. Die Stadt Goslar war ein Mitglied ^es schmalkaldischen Bundes. Der Herzog Heinrich hatte sich ickmer alS den größten Antagonisten dieses Bundes gezeigt und jüngst die Oberhäupter desselben ^irch den heftigen Schriftwechsel, den er seit der Ge- ^eichögefch. Hl. Thl. U Karl V. L«6 fangennehmung fernes Secretärs mit ihnen führte^ äußerst wider sich aufgebracht. Der Kaiser und sei» Bruder Ferdinand waren eben anderwärts stark be¬ schäftiget. Die schmaikaldischen Bundeshäupter hat¬ ten also die schönste Gelegenheit, ihre Rachgier im vollesten Maße zu befriedigen. Sie sammelten iZ4^ ein wohlgeordnetes Kriegsherr von 4200 Mann z» Pferde und iZooo Mann zu Fuß, überfielen mit demselben den Herzog Heinrich von zwey Seiten, und bemächtigten sich in kurzer Zeit seines ganzen Landes sammt der Hauptstadt Wolfenbättefi Der Herzog entfloh mit seinem ältesten Sohne nach Bayern und wandte sich an das Kammergerichk. Don die¬ sem ergieng ein mit Androhung der Acht geschärftes Mandat, daß dem Herzoge das entrissene Land zu? rüügestellt werden sollte- Allein dleß brachte keine andere Wirkung hervor, als daß die Protestanten das Kammergericht nun auch in Profansachen recrp sirten, wie sie es schon vorher in Religionssachen ge- than hatten. Der Kurfürst von Sachsen und der Landgraf von Hessen blieben im Besitz des eroberten Landes und führten darin die Reformation ein. S» verlor die katholische Parthey auch die einzige Stütze, die sie seit dem Tode des Herzogs Georg von Sach¬ sen noch in Niederteukschland hatte. Kart v. Zd? Z- 7F. vierter Abschnitt in der Regierung Karls Vom Ausbruch des vierten französi¬ schen bis zu Ende des schmalkaldischen Krieges vom F. ^4« bis iL47. I. Vierter Krieg mit Frankreich. Beweggrund und Vor¬ wand des Königs Franz dazu. Seine Bundesgenossen. Französischer Angriff auf fünf Seiten zugleich. Glück des Kaisers. Reichstag zu Speyer 1544 und Reichs- Hülse. Friede zu Crespy. II. Wiederholte päpstliche Ansetzung des ConciliuMs nach Trient. Ursachen da¬ von. sss. Reichstag zu Wormü e.545. Weigerung Ser Protestanten oaö Concilium zu beschicken. Erklä¬ rung des Kaisers. IV. Ernst des Kaisers in der naum» bUrgischen und c'ölnischen Reformatisnssache. Braun¬ schweigische und Pfalzneubürgische Händel. V. Aus¬ losung des ÄammergrrichtS. VI. Colloquium zu Re¬ gensburg. Des Kaisers Zusackmenkunst mit dem Land¬ grafen von Hessen. Reichstag zu.Regensburg 1546. Entgegengesetzte Gutachten der Katholischen und der Protestanten in Ansehung der ReligissnSsache. VII. Der Kaiser entschließt sich zum Kriege wider dir Pro« testanten. Anstalten dazu. Antrag« her Evangelischen und Antwort des Kaisers. VIIl. Schmalkaldischer Krieg« Einnahme der Ehrenberger Claus« durch die oberteut- Ichen Bundeöstände. Manifest und Aufbruch der Bun-> deshäuptcr. Ihre AchlSerklärUng. Bedenkliche Lage d«S Kaisers. Untkätigkeik der schmalkaldischen Bundesge¬ nossen Verstärkung und Vorrückung des Kaisers. Tr«:p- dung dec Buc.desarmee, vorzüglich durch dir dem Kur¬ fürsten von Sachsen in seinem eigenen Lande gem chte Diversion IX. Unterwerfung der meisten Bundesstän- Glück des Kurfürsten von Sachsen gegen seinen Bet« Moriz. Sein« Anschläge wider Böhmen. Zug des Kaisers gegen ibn. Seine Nicderlag« und Gefangen- ^hmung bey Müolbirg. Wittenberger Laprtuiation. X. Unterwerfung des Landgrafen ' vdn Hessen. Dessen ^'tangenhaltung. Leriheidigung des Kaisers gegen de» U 2 Vor- Los Karl VvrMmf gebrauchte? Arglist. Ob di« GefangentzaltaG xMtisch grror-srn? Xl. Wvhlthatige Folg« des Sa'i'«» lichrn GieKes über den schmalkaldischen Bund, für das LkkLsch« Reich überhaupt und die beyd«n ReligionMei- Le insbesondere. Verfügungen des Kaisers in der braun» schMiigischiw-kölnischen und naumburgischen Sacke. Xll- Lnth«ü Tod noch vor dem Kriege. Tolerante Lenkung»» «rt de« Kaisers auch nach dem Siege. k. Äer mitten in Teütschländ zwischen den hitzig» sten Mitgliedern zweyer einander entgegensteheudr» Parcheyru ausgebrochene Krieg hätte von viel be» denklickitru Folgen sehn können, als er wirklich war,' Fa zu derselben Zeit der römische König Ferdinand koch immer mit den Türken zu kämpfen hatte; der Kaiser aber eben in einen vierten Reieg mit 8r«nk» »eich verwickelt wurde. Der König FrUnz hatte seit dem SMstande vvU Nizza bey allen seinen Handln^» gen das HerjsgkhuM Moyland imMerfort im Gesteh» ke behalten. Mein auf die Bedingungen, wie er es babe» wollte / konnte sich der Kaiser rite entschließ«^ es ihm zu geben. Alle deßwegcn arlgefangenen kl"' eerhantztungen zerschlugen sich zuletzt. Franz beschiß . «rlso, das Herzogthum gelegenheitlich Mit Gewalt l'' ttchmei!. Cs ereignete sich auch büld iin Bökfakl der ihm einen scheinbaten VS; wand aiibok, den Still» siand von Rizzo zu brechen. Ein in französische Dien» sie übergetretener Spanier, Anton Rincon, und ein von der, in seiner Vaterstadt herrschenden, kaise^s eben Parthey «Mirter Genueser, Cäsar Fregoft, Franz abschickte, um die Türken und Vcnctianer bck Karl v. her den Kaiser aufzuhetzen, wurden, als sie 154» sm ftul. heimlich und unerkannt sich durch das May- ländische nach Venedig schleichen wollten, angchalten, und, da sie sich zur Wehr setzten, umgebracht. Franz schrie sogleich über verletztes Völker - und Gesandt¬ schaftsrecht, forderte Geiiugkhuyng vom Kaiser, und bewarb sich unter der Hand um Bundesgenossen. Au¬ ßer den Türken, seinen alten Freunden, brwpg ex zur Beystandszusicherung auch noch den Herzog Wilhelm von Cleve, der als ein egmondischer Erbe auf die niederländischen Provinzen Geldern und Zütphen An¬ sprüche machte, und die Könige Christian lll. von Dänemark und Gustav Wasa von Schweden, die dem Kaiser, als einem Schwager des vertriebenen Königs der brey gordischen Reiche, Christians II., keine guten Gesinnungen gegen sich zumuthrten. Als Noch dazu her Kaiser durch den verunglückten Zug wi¬ der Algier sich ehen sehr erschöpft zu habW schien, erfolgte im Frühjahr IZ42 die Kriegsankündigung und bald darauf her Angriff von fünf Seiten zu¬ gleich. Wit einer Armee griff der Dauphin die Fe¬ stung Perpignan an. Mit einer andern fiel der Her" zog von Orleans in das Luxemburgische ein. Eine dritte in Pie»rront commandirte. Wilhelm von Langrye «m damit gegen Mayland vorzurücken. Ein vier¬ tes Heer rückte unter dem Herzoge von Vendome in Artois ein, und mit einem fünften that der Herzog von Clev- einen Einfall in Brabant, in der Absicht, Axt- FM V. Antwerpen wegzuuehmen. Ueberdkeß sollte eine tür- ktsche Flotte unter Barbarossa die Küsten von Spa¬ nien und Italien beunruhigen, um die Aufmerksam¬ keit des Kaisers zu zerstreuen, welches jedoch dieses Jahr noch unterblieb. Ungeachtet auf solche Art der Kaiser fast noch unvorbereitet auf allen Seiten ein¬ gefallen wurde, so behielt er doch schon zu End« des ersten Feldzuges beynahe überall die Oberhand, Im folgenden Jahre verband ec sich mit dem König« Heinrich VIII. von England, und gieng aus Spa¬ nten nach Deutschland, mit dem Vorsatze, zuerst den schwächsten seiner Feinde, den Herzog von Cleve, über den Haufen zu werfen. Er zog mit einem star¬ ken Kriegsheere wider denselben los, eroberte in kur¬ zer Zeit das Herzogthum Jülich, und zwang den Herzog, im Frieden zu Venlo 154z iF, Sept, dem Bündnisse mit Frankreich und seinen Ansprüchen auf Geldern und Zütphen zu entsagen. Zu gleicher Zeit Vertrieb der kaiserliche Statthalter in Moyland, Mar¬ chese del Basto, die Türken und Franzosen aus Niz- za, das Haradi» Barbarossa mit einer, zu Toulon vereinigten, türkisch-französischen Flotte, jedoch oh¬ ne die Citadelle, eingenommen hatte. Im I. iZ44 hielt Karl einen Reichstag zu Npeper, und begehr¬ te für sich Hülfe wider die Franzosen; für feinen Bruder aber wider die Türken. Ec stellte den Reichs- ständen vor, daß die Türken von den Franzosen auf» gewiegelt und bewaffnet würden, folglich diese eben so Karl v. Z" ss gut, wie jene, für gemeine Neichsfeinde, wider welche ihm die Stände Beystand leisten müßten, an- «usehen wären. Allein die Protestanten erklärten sich, daß sie keine Hülfe leisten könnten, bevor sie nicht ei¬ nes beständigen Friedens und gleichmäßigen Rechtes Mit den Katholischen gesichert wären. Nach langem Streiten und Unterhandeln wurden endlich die bisher errichteten Frtedstände bis zur völligen Vergleichung der Religion auf einem neuen Reichstage, oder auf einem allgemeinen oder Nationalconcilium erstreckt, die Kammergerichtsbeysitzer angewiesen, einem jeden ohne Rücksicht der Religion gleichmäßig Recht zu sprechen, und dem Kaiser 24,200 Mann zu Fuß und 4222 Mann zu Pferde nebst der nöthigen Geld- hülfe wider die Franzosen und Türken auf sechs Mo¬ nate bewilliget. Auf eben diesem Reichstage zu Speyer glückte es dem Kaiser, den König von Dä¬ nemark durch einen, am rz. May geschlossenen Frie- den.svertrag, dem nachher auch der König von Schwe¬ den beytrat, vvn dem Bündnisie mit Frankreich ab- iuzichen. So war Karl schon dreyer Feinde los. Nun beschloß er mit seiner ganzen Macht auf den König von Frankreich loszugehen, Durch Reichs- Völker verstärkt und durch ein englisches Hülfscorps Unterstützt, drang er an der Spitze der Armee von Dietz durch Champagne bis zwey Tagretsen von Pa, cks vor. Alles gerieth in dieser Hauptstadt des fron- jösischen Reichs in Schrecken. Der König Franz er¬ bot -Karl V. bl t sich kn der Angst zu Unterhandlungen. DreEsol- ge davon war der Friede zu Lrespy, geschloW am l8- ^ept. !Z41-. In demselben hlieb es in der Hauptsache hey dem Iraks äs« vamss. Franz muß-' te die vorigen Verzichte wiederholen. Beyde Theile gaben einander die feit dem Stillstände zu Nizza ge¬ machten Eroberungen heraus. Um den alten Streif wegen Machland zu heben, sollte des Königs zweyter Sohn, der Herzog von Orleans, entweder des Kai¬ sers älteste Tochter Marie, yder seines Bruders Fer¬ dinands zweyte Prlnzesiinn Anne heurathen, und iM ersten Falle die Niederlande, im zweiten das Herzog* thum ÄKayland zum Heurathsgut bekommen. Allein her Bräutigam starb noch vor der Vermählung, uni» so fiel di? bedungene Abtretung Moylands oder der Niederlande von selbst weg. Das folgende Jahr ent¬ ledigte sich auch der römische König Ferdinand des beschwerlichen Tckrkenlriegs durch einen auf ein Jahr eingegangenen Stillstand , der IZ47 auf fünf Jahre verlängert wurde- wie schon oben angezeigt wor¬ den. - tl. Nun konnte der Kaiser ungehinderter sein Au¬ genmerk auf die teutfchen Religtanofachen richten- Schon lange hatte er zur Beylegüng dieser Streitig¬ keiten ein allgemeines Concilium bey dem Papste ich- trieben. Allein da er in feinen Erwartungen durch die Politik des römischen Hofes sich Immer getäuscht sah, so fischte er zuletzt die AeligionSpergleichung »nh Karl V. V- Uirchenverbesserung in Teutschland ohne Zuziehung hes Papstes auf einem Reichstage zu bewerkstelligen, Diese Anstalten bewogen endlich den Papst, das ver¬ langte Concilium durch eine am 22. May 4Z42 aus- Zefertigte, aber erst am 29. Juny publicirte Bulle in eine halb teutsche, halb italienische Stadt, nach Trient im wälschen Lyrol, auszuschreiben. Mein der unterdessen schon ausgebrochene französische Krieg Zab demselben sogleich wieder einen scheinbaren Vor¬ wand, die Eröffnung des Conciliums, welche am i. Uov. hätte geschehen sollen, aufzuschieben. Als ich folgenden Jahre der Kaiser durch Italien nach Teutsch¬ land reifete, und bep einer persönlichen Zusammen¬ kunft mit dem Papste zu Pusseto die Conciliensache wieder in Anregung brachte, gab ihm Paul III. zu verstehen, daß daraus nur dann etwas werden könn» ft, wenn Karl als Kaiser und dermahliger Inhaber des Herzogthums Mayland dem Peter Aloys Farnese den Besitz der, vormahls zu dem Hetzogthume Map- land gehörigen, dann aber unter Julius H. und Leo X. an die römische Kirche gekommenen uich vor kur¬ jem von Paul IH. an seinen eben gedachten natür¬ lichen Sohn überlassenen, Städte Parma und Pia¬ cenza bestätigen würde. Dq der Kaiser dem päpst¬ lichen Ansuchen kein Gehör gab, so rief der Papst seine nach Trient abgeschickten Legaten zurück, und fs hatte alles Ansehen, daß man zu Rom von frepen Stücken nicht mehr so bald an et» Concilium den¬ ke» 2" ken werde; aber der Erfolg zeigte, daß man andere Grundsätze anzunehmen für gut gefunden habe. Die fürchterliche Idee von einer allgemeinen Ktrchenver- sammlung hatte sich am römischen Hofe allmMg verloren. Die Curialisten sahen ein, daß die Väter des Conctliums Beschäftigung genug finden würden, die dogmatischen Jrrthüiner der Protestanten zu un- kersuchen und zu verdammen; daß folglich eine Re- fvrmation der Kirche in Haupt und Gliedern entwe¬ der gar nicht mehr in die ,Frage kommen, oder doch seicht abzulehncn seyn würde. Sie waren überzeugt, daß die Protestanten das Concilium nicht anerkennen und dessen Entscheidungen sich nicht unterwerfen wer¬ den. Sie hofften also, daß der Kaiser, wenn ec sein ganzes Ansehen nicht werde sinken lassen wollen, sich genöthiget sehen werde, Gewalt zu brauchen- Und dteß war der schon lange gehegte Wunsch des rö¬ mischen Hofes. Dazu kam noch nach hergesteMM Frieden zwischen dem Kaiser und dem Könige von Frankreich die Furcht, daß nun die beyden MonarclM den Papst zur Eröffnung des ausgeschriebenen Con- ciliums zwingen dürften. Wider alles Vermuthen erschien daher 1544 19. Nov. eine päpstliche Bulle, wodurch die Eröffnung des Conciliums von Trient auf den zA. März des folgenden Jahres festgesetzt ward. IH. Die Eilfertigkeit, womit der Papst jetzt die Eröffnung des Eonciliums zu betreiben schien , hra^ den Kari, v. Z-L den Kaistr in einige Verlegenheit, Weil er noch keine Vorbereitungen dazu, besonders in Ansehung der Pro¬ vianten, gemacht hakte, Um keinem Vorwurfe, das heilsame Werk auf irgend eine Weise verzögert zu Ha¬ ben, ausgesetzt zu seyn, schrieb er sogleich einen Reichs- tag nach Worms aus, Auf demselben gab sich An¬ fangs der römische König Ferdinand, der den Reichs-- lag 24. März eröffnete, und nachher auch ber Kaiser, der wegen übler Gesundheitsumstände erst später ankam, die größte Mühe, die Protestanten zur Hnnehmmig und Beschickung des Conciliums von Orient zu bewegen, Allein alle Bitten, Vorstellung Ken und Drohungen liefen fruchtlos ab. Die Pro¬ testanten sagten, daß sie dieses Coneilium unmöglich für ein solches halten könnten, als ihnen in den vo¬ rigen Reichsabschieden versprochen worden ftp; sie hätten immer ein frepes Coneilium begehrt, worauf auch ihre Lehrer Sitz und Stimme hätten; hier aber ^scheine der Papst als Beklagter und Richter zugleich ; bie Bischöfe, hie darauf kämen, stünden in des Pap- Pflichten rc. Da mit den Protestanten nichts auszurichken war, und ohnehin nur wenige Stände H' Person sich auf dem Reichstage eingefunden hat- so entließ der Kaiser denselben mit der Erklärung, er zur gütlichen Beplegung der Religionsspal- ^ng noch einen Versuch durch ein neues, zu Regens- ^'g zu veranstaltendes, Colloquium machen wollte. Usich Endigung desselben sollte ebendort der gegen« , wär-- AI 6 Kalll wärtige Reichstag fortgesetzt werden. Jnzwischs» sollten all« Friedstände und Abschiede, wie solche von den Ständen allenthalben angenommen , oder von dem Kaiser bis daher verordnet worden sind, gsnari beobachtet werden. LV. Mehrern Ernst zeigte der Kaiser in andern, nist der Religionssache in Verbindung stehenden, Angeld genheiten. In der naumburgifthen Sache erließ von Brüssel aus, wohin er von Worms gegangen war, ein ernstliches Mandat an den Kurfürsten vd» Sachsen, basser den gewählten Julius Pflug an bff Besitznehmung seines Bisthums nicht ferner hindert und sich des Nicolaus Amsdorf gänzlich cntschlage" sollte. Gegen den r^formirenden Erzbischof Herma»" von Cöln nahm er die Anklagen des Domcapitt^ öffentlich an, sicherte der cölnischen Geistlichkeit gege». Jedermann, der sie in ihrer Religion, iry BeM ihrer Güter und in der Ausübung ihrer Rechte st^ ren würde , seinen Schutz zu, bedrohet« den Ecjb^ schof mit der Entsetzung und befahl ihm , binnen 5^ Tagen zur Perantwyrtung vor ihm zu erscheint indessen aber all« Neuerungen ein - und abzustelle»' Wichtige Gründe bestimmten den Kaiser, mit Na^ druck in dieser Sache zu verfahren. ' Durch de« Hrbe^. rritt des Kurfürsten von Eöln zur evangelischen P^' they würden die Protestanten in dem kmfürMä^ Collegto die Mehrheit der Stimmen erhalten habt»' Die Reformation des Erzsttfks Cöm konnte anck dje Käkt v: Ar? ^ie niederländischen Provinzen des Kaisers, die mit der Stadt Cöln im starken Verkehr und zum Lheil sogar unter der geistlichen Gerichtsbarkeit des dorti¬ gen Crzbischvfes standen, Einflstß haben. Endlich >var zu besorgen, daß, wenn es dem Erzbischöfe ein¬ fallen I und gelingen sollte, sein Land nach dem Bei¬ spiele des Hochmeisters von Preußen in ein weltli» ches Erbländ zu verwandeln, er bald in mehren, geist¬ lichen Fürstenthümern Nachahmer finden würde. Zn Betreff der braunschweigischen HM-el hatte der Kaiser schon auf dem Reichstage zu Speper 1544. darauf gedrungen, baß ihm die von dem Landgrafen von Hessen und dein Kurfürsten von Sachsen occu- pirten Länder des Herzogs Heinrichs des Jüngern von Braunschweig bis zum gütlichen oder rechtlichen Austrag dir Sache zur Sequestration übergeben wer¬ den sollten. Ans dem Reichstage zu Worms kam chit Einwilligung dir beiden besitzenden Fürsten dir Sequestration in Richtigkeit. Allein der Herzog Hein¬ rich war deimit höchst unzufrieden, und suchte sich selbst mit gewaffnetrr Hand wieder in den Besitz sei¬ nes Landes zu setzen ; er wurde aber von dem Land¬ grafen, dem Kurfürsten Johann Friedrich und dem Herzoge Moriz von Sachsen Mit überlegener Macht Non neuem überfallen, und so in die Enge getrieben, daß rr sich mit seinem ältesten Sohne Karl Victor 1*545 2«. Oct. an den Landgrafen ergeben mußte, ött ste gefangen Nach Ziegenhain abführen ließ. Das Land Ai8 Karl v. Land des Herzogs mußte dem Landgrafen von nettB huldigen. Der Kaiser konnte, da sich der Herzog Heinrich vieles hatte zu Schulden kommen lassen, in der Sache nichts anders thun, als daß er den Land¬ grafen ermahnte, sich feines Sieges mit Mäßigung zu bedienen, die gefangenen Fürsten anständig zu be¬ handeln, und die ganze Sache einer gütlichen oder rechtlichen Untersuchung zu überlassen. Um die näm¬ liche Zeit gab der Herzog von Bayern ein Gegenstück zur braunschweigischen Geschichte, indem er den Pfalz- gtafen Okto Heinrich aus dem Neuburgischen ver¬ drängte, weil derselbe seit einigen Jahren die Rt- formation darin einzuführen beflissen war, Püttek möchte diesen Vorfall gerne auf die Rechnung des Kaisers schreiben. . Unter diesen bedenklichen Umstanden gieng auch das Kammergericht auseinander. Es hakte keinen Unterhalt mehr, und auf dem Reichstage zu Worms wurde dafür nicht gesorgt. Die Protestanten hatte» ohnehin dasselbe ill Religionssachen schon oft, und zuletzt auch sogar in Profausachen recusirt. Gis wollten von einem bloß aus katholischen Beysttzern be¬ stehenden Kammergsrichte, das sie für partheyisch und feindselig gegen sie gesinnt hielten, nichts wissen. Die Katholischen hingegen wollten in die Aufstellung evan¬ gelischer Beysitzer, die ihrer Meinung nach vermög der alten Gesetze nicht einmahl als Kläger vor Ge¬ richt zugelassen werden könnten, keineswegs einwil¬ ligen. Karl V. ZrH ^gcn. Auch verloren sie alles Zuträueii zu einem Berichte, bey welchem den beraubten und vertriebenen Parlhepen kein Recht gesprochen werden sollte, so- bald es den Protestanten einfiele, mit der Cinwei" bung aufzutreten, daß die Sache mit der Religion iusammenhänge» Selbst die Beysitzer, die von allen Zeiten angefochten und verschrien wurden, für sich keine Macht hatten, die alten Gesetze ab-und umzu- schaffen, und weder vom Kaiser- noch vom Reiche deutliche und bestimmte Vorschriften für die jetzige La¬ ue erhalten konnten, wollten nicht länger beysammen Reiben. So ward das wichtigste Band der bisheri- Uen Reichsverfassung aufgeloset, und fast das einzige "vch übrige Mittel, Ordnung im Reiche zu rrhal- außer Wirksamkeit gesetzt. DaS neue Colloquium zu Regensburg ward Mit VI. h^ter Mühe und mit Widerwillen der Katholischen ^gen das Ende Jäners 1546 zu Stande gebracht. Niemand versprach sich etwas Gutes davon- Wirk» konnte man nicht einmahl über die Art und Wei- K der Verhandlung recht einig werden. Hierüber ^chte der Kurfürst von Sachsen durch Abrufung der ^'vtestantischen Theologen dem ganzen Gespräche ein ^de. Bald darauf (28. März) hielt der Kaiser seiner Reise aus den Niederlanden ins Reich «i- "e Zusammenkunft mit dem Landgrafen von Hessen zu Speyer, um ihn und durch ihn andere protestantische ^sten zur persönlichen Erscheinung auf dem bevor* sic» Fs» Karl v. stehenden Reichstage zu Regensburg zu bewegt» Aber der Landgraf weigerte sich durchaus , in dielM Stücke dem Kaiser j» willfahren. Alles Zurede" der kaiserlichen Minister und das wiederholte Ansu- chen des Kaisers selbst vermochten nicht, seinen Starr» sinn zu brechen. Ais Karl hierauf nach Regensburg kam, traf er daselbst noch keinen einzigen Fürste" und nur sehr wenige Gesandte ast, ungeachtet er j" Worms die Stände um die persönlich« Besu'chung dieses regensburgtschen Reichstages dringend ersucht und schon den Tag der heiligen drey Könige zur Er¬ öffnung desselben bestimmt hatte. Nachdem er durch neue Ausschreiben endlich vier protestantische und mehr rere katholische Fürsten nebst einer grössten Anžah' von beiderseitigen Gesandten znsammengeßracht haktck so begehrte tr am L- Juny in seinem Vortrage vö" den Ständen ein räthliches Bedenken , was nach viele» fruchtlosen Versuchen wegen Vergleichung del streitigen Religion ferner vörzunehinen sei). Bep darüber angestellten Berathschlagung sonderten sich Katholischen von den Protestanten ab, und jeder Thcl übergab dem Kaiser rin besonderes Gutachten. Katholischen riechen in dem ihrige», die Religio"^ fache dem bereits eröffneten Conciltum von Trie" ganz Helmzustellen, und baten, der Kaiser möch die Protestanten ernstlich anweisen, dasselbe zu E" chest, und sich dessen Decreten zu unterwerfen. Protestanten hingegen verwarfen schlechterdings d" Trten- Kurl V. Zs L Erkenter Concilium, und schlugen als düs beste Mik¬ kel , zur Einigkeit zu gelangen, entweder ein tcut- sches Nationalcsncilium oder eine Reichsversamm- lung vör. Diese einander gerade entgegengesetzten Gutachten Vll^ drückten alle Hoffnung zu einem gütlichen Religions- Vergleiche darnieder. Zwey in solchem Widerspruch befangene Parkheyen zu vereinigen war eine platte Un¬ möglichkeit, Nun aber war auch die Langmukh des Kai¬ sers erschöpft. Das Ausbleiben der protestantischen Fürsten, besonders der Häupter des fchmalkaldischrn Bundes, die Karl so angelegentlich ersucht und ermah- btt hatte, auf den Reichstag zu kommen, verrieth L'ttrön vorsetzlichen Ungehorsam und eine beschimpfende Verachtung der kaiserlichen Majestät. Die Auflösung des Kammergerichts, dieser vorzüglichsten Stütze der idnern Ruhe, bedroheke Teukschland mit einer gänzli¬ chen Anarchie und mit einem noch ärgern Faustrechte, üls das des Mittelalters war, weil sich jetzt zu den» Mißtrauen dec Fürsten gegen einander auch der Fanal Usmns gesellte. Dec Reformationsversuch des Erz¬ bischofs von Cöln, das Benehmen des Kurfürsten von ^achftn in Ansehung des Bisthums Naumburg unk» ganze Betragen der Protestanten schienen der ka-> äolischen Religion in Teutschland den völligen Unter- ^"3 zu verkündigen. Karl war für seine Ehre zu ^hlbar, als daß er sich dereinst in der Geschichte hätte schlagen lassen wollen, daß unter einer Regierung bas kaiserliche Ansehen vernichtet, dasbishttigrReihSs Herchogefch.M.THt, K lp Karl v. H22 system umgestürzek, und die katholische Rellgion vM teutschen Boden verdrängt worden sey. Kein anderes Mitte!, diesem Vorwurfe zu entgehen, schien mehr übrig zu seyn, als Gewalt. Karl entschloß sich also zu den Waffen zu greifen. Zu diesem Ende schickte er sogleich Ofsiciereauf Werbungen aus, und verschrieb Volk aus Italien und den Niederlanden. Am 19. Juni) schloß er mit dem HerzogeMoriz von Sachsen, der mit seinem Vetter, dem Kurfürsten Johann Friedrich noch immer in Zwistigkeiten lebte, ein geheimes Bündniß. Bald darauf (26. Jnny) kam auch mit dem Papste das von diesem schon längst angeborene Bündniß zu Stan¬ de, wodurch sich Paul III. zu einer ansehnlichen Huff fe an Mannschaft und Geld verband. Den Protestan¬ ten konnten die geräuschvollen Zurüstungen des Kai¬ sers nicht unbekannt bleiben. Sie fragten sich beh ihm an, was selbige zu bedeuten hätten. Der Kai¬ ser ließ ihnen durch seinen Vicekanzler Naves die bt- denkliche Antwort ertheileu: er sey vom Anfänge feiner Regierung darauf bedacht gewesen, und sep es noch jetzt, wie ein aufrichtiger Vergleich zwischen den Stän¬ den gestiftet und Ruhe im Reich erhalten werden möch¬ te: diejenigen, die ihm hierin gehorsam seyn würden, sollten einen gnädigen und väterlichen Willen an ihnr finden; gegen die Ungehorsamen aber würde er sich sei¬ ner Auctorität gemäß nach Gebühr betragen. Der Kaiser gab sowohl seinen Kriegsanstalten'als Absichten geflissentlich eine sonst ungewöhnliche Oesft^- iichkett, in der Hoffnung, die schmalkaldischen BM" des- I Karl v. ZN hesgenossen würden , wenn sie Ernst sähen, is viel¬ leicht doch nicht auf das Aeußerste ankommen lassen.' Allein diese scheinen vielmehr den Augenblick mit Unge¬ duld erwartet zu haben, wo sie sich mit dem Kaisee würden messen können. Sir hatten sich längst in gu¬ te Verfassung gesetzt, und glaubten im Stande zu seyn, dem Kaiser auf eine entscheidende Art zuvorzu- kommen. Sie riefen ihre Abgeordnete vom Regens¬ burger Reichstage zurück, und machten selbst den An¬ fang zu dem von ihnen so benannten schmalkalöischen Rrlege. Zuerst erschienen dir oberkeutschen Vundes- stände, an deren Spitze der Herzog Ulrich von Wir- temberg war, mit lA tausend Mann im Felde. Ei¬ ne Abtheilung davon ward unter Anführung des be¬ kannten Sebastian Schartlin nach Tyrol abgeschickk, Nm durch Besetzung der dortigen Pässe den päpstlichen und kaiserlichen Truppen den Weg aus Italien tnS Reich zu versperren. Schärtlin nahm i 546 ry. Ju¬ li) die Ehrenberger Elausecin, und stand im Begriff, Weiter vorzudringen und sich auch der übrigen Pässe iu bemächtigen. Aber auf Befehl der zu Ulm versam- Wellen Bundesräthe muhte er sich an- die Donau zu- rückjiehen, wo die oberteutsche Bundesarmee die An¬ kunft des Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen Und des Landgrafen Philipp von Hessen erwarten wollte. Diese Oberhäupter des schmalkaldtschen Bundes ließen »Nkerm 4. Juli ein Schreiben an den Kaiser, und üm rz. Jult ein gedrucktes Manifest vorangehen X L wor-- Z 24 Karl v. worin sie dir Beschuldigung des Ungehorsams von sich abzulehnen und darzukhun suchten, daß die Kriegsrü- siungen des Kaisers bloß die Unterdrückung der evan¬ gelischen Religion zum Zwecke haben; dann setzten auch sie sich mit einem mächtigen Heere, das Pütter auf Zo tausend Mann zn Fuß, yvoo Mann zu Pferde und über los Stück schweren Geschützes angibt, durch Fran¬ ken und Sch waben gegen die Donau zu in Bewegung, und vereinigten sich zuAnfang Augusts bey Donauwerth mit -cm oberländischen Bundeshecre. DerKaiser erklärte statt einer Antwort auf die Schriften des Kurfürsten nnd Landgrafen am 20. Juli, bepde Bundeshäupter in die Acht. Indessen befand er sich doch in einer sehr be¬ denklichen Lage. Er hatte noch kaum 8720 Man» Truppen zu Regensburg bepsammen. Von den katho* ltschen Fürsten, deren Sache zu verkhetdigen er eigent¬ lich übernommen hatte, rührte sich keiner. Da ec nicht zweifelte, daß die schmalkaldischen EundeSvec- wandten gleich nach ihrer Vereinigung auf ihn losge¬ hen würden, so zog er sich noch vor derselben von Re¬ gensburg in ein festes Lager Key Landshut zurück. Hier stießen am IZ Aug. 12 tausend Mann päpstlich" Truppen unter Octavius Fanese und bald darauf noch 6000 Spanier aus Mayland und Neapel zu ihn" Sobald er diese Verstärkung erhalten hatte, so rück" «r wieder nach Regensburg und von da am 26. Aug« nach Ingolstadt vor, wo er sich unter den Canonen der Siadt zu verschanzen anfieng. Sowohl hier als iin Karl v. 32.5 im Lager bey Landshut schickten ihm zwar die schmal« kaldischen Bundeshäupter Fehdrbriefe zu, in deren ti^ riem sie ihn nur „den Fürsten Karl, der sich den fünf¬ ten römischen Kaiser nennt," betitelten; sie versäum¬ ten aber die beste Gelegenheit-, die sich ihnen bisher immer angeboten hatte, ihn anzugreiftn. Die Ursa¬ che davon lag in der Uneinigkeit -zwischen den beyden Bundeshäuptern, von denen jeder die Sache besser ver< stehen wollte, als der andere, und in'der Verschieden¬ heit der Rarhschläge, die von den Kciegsräthen und sogar von Unterfeidherren ertheilet wurden. So ge¬ wann der Kaiser Zeit, sich durch starke Verschanzun¬ gen gegen einen Angriff sicher zu stellen, und konnte - bann gelassen noch die Ankunft von 2o tausend Mann Niederländischer Truppen, die der Graf Maximilian »on Büren herbepführte, abwarten. Die Verbunde¬ nen suchten zwar die Vereinigung dieser Truppen mit dem Kaiser zu hindern; aber der Graf wußte ihr Be¬ streben durch täuschende Wendungen so geschickt zu ver- riteln, daß er seine Mannschaft in dec Mitte Septembers ohne den geringsten Verlust in das kaiserliche Lager brach¬ te. Sobald dieses geschehen war, verwandelte dec Kaiser den bisherigenVertheidigungs - in einen Angriffs¬ krieg. Er brach mit seinem Heere von Ingolstadt auf, trieb, ohne zu schlagen, die überlegene Armee der Bundrsverwandten vor sich her, machte sich Meister von brr Donau, erschwerte dadurch den Verbundenen bie Zufuhr, und bedrohete auf einmahl mehrere im Karl v. Z2§ im Bunde begriffene Reichsstädte. Indessen nahe- te dec -Winker heran. Krankheiten rissen in dem Heere der Bundesgenossen ein. Geld und Proviant begann ihnen zu mangeln. Alles dieses beförderte die Desertion ihrer Truppen, die zuletzt sehr beträchtlich ward. Unter solchen Umständen beschlossen die Bun- beshäupter im Nov., sich nach ihren eigenen Ländern zurückzuziehen. Die Ausführung dieses Entschlusses wurde durch eine Diversion, die jetzt dem Kurfürsten von Sachsen in seinem eigenen Lande gemacht wurde, noch beschleuniget. Der Kaiser hatte die Vollziehung der wider den Karfürsten-verhängten Acht dem Herzo¬ ge Moriz von,Hachsen , seinem heimlichen Bundesge- nossen, und dem römischen Könige Ferdinand aufge- tragen. Zu Ende Octobers drangen.Ferdinands Trup¬ pen in die kursächsischen Lande ein. Sogleich rückte auch der Herzog Moriz mit den seinigey nach, unter dem Vorwande , zu verhindern, daß seines Vetters Lande nicht in fremde Hände fielen. Allein Nun ar¬ beiteten bcyde auf den nämlichen Endzweck los, und i in kurzer Zeit befand sich ganz Kursachfen, drey Stadt« ausgenommen, in Morizens Gewalt. Als der Kur¬ fürst dieses erfuhr, eilte er, ohne sich zurückhalten zu lassen, zur Rettung seines Landes nach Hause. Seine Vundesverwandten überließen ihm einen ansehnlichen Lheil ihrer Truppen hierzu; der Rest derselben gieng auseinander. So ward die grosse Bundesarmee fas! ohne Schwertstreich getrennt. Di« Karl v. LT/. Die Trennung des ganzen schmalkaldischenBun-- ix ipes war eine Folge davon. Während des Winters zwang der Kaiser einen evangelischen Reichsstand nach dem andern zur Unterwerfung und Abtretung vom Bun¬ de. Der Kurfürst Friedrich von der Pfalz, der kein Mitglied des Bundes war, sondern nur dem Herzoge von Wirtemberg vermöge alter Verträge Hülfsvöiker ziigeschickt hakte, erhielt an; leichtesten Verzeihung. Er wurde sobald er zum Kaiser kam, zu Gnaden aus¬ genommen. Härter hielt es mit dem Herzoge Ulrich von Wirtemberg, der wirklich im Bunde stand. Er mu߬ te als Preis der Aussöhnung nicht nur alles in seinem Lande zurückgelassene Geschütz der Bundesgenossen dem Kaiser ausliefern, sondern auch zur Versicherung fei¬ ster Treue einige Städte und Schlößer demselben ein¬ räumen und binnen einer gewissen Zeit zoo tausend, Gulden zu zahlen versprechen. Die im Bunde begriffe- sten Reichsstädte mußten, ihr Vergehen meistens durch Bezahlung beträchtlicher Geldsummen und Auslieferung eines Theiles ihres Geschützes büßen. Nachdem der Kaiser die oberteutfchen Bundesstände in Derson, die, ts'estphälifchen aber durch ein fliegendes Corps unter Jobst von Kruiningen zum Gehorsam gebracht hatte- -lichtete er sein Augenmerk auch auf die Bezwingung und Demüthtgung der beyden Bundeshäupter. Es kau; ihm hiebey gut zu statten , daß seine zwey alten Ne» henbuhler, die Könige Heinrich VHI. von England Ud Franz I. von Frankreich, von denen die BuH- Karl v. Z28 deshäupter Unterstützung wenigstens durch Geld oder' Ränke erwarteten, um eben diese Zeit, jener am 28 Ian., dieser am Zl.März >547, mit Tode abgien- gen. Wichtige Gründe bestimmten den Kaiser, zuerst auf den Kurfürsten von Sachsen loszugehen. Dieser hat nach seiner Rückkunft aus Schwaben nicht nur sein kand noch geschwinder, als er es verloren hatte, wieder erobert, sondern auch fast das ganze Land des Herzogs Moriz bis auf Dresden und Leipzig, wel¬ ches letztere er im Jan. 1A47 vergeblich belagerte, noch in eben dem Winker eingenommen, nachdem «r den unvorsichtigen Markgrafen Albrecht von Branden¬ burg-Cnimbach, der vom Kaiser dem Herzoge Mo¬ riz zu Hülfe geschickt wurde, am 2. März bcy Noch' litz überfallen, geschlagen und gefangen bekomme» hatte. Ueberdteß fchmidete er die gefährlichsten An¬ schläge wider die Sicherheit des Königreichs Böhmen» Die groffentheils lutherisch gesinnte» böhmischen Stän¬ de waren nämlich über den Zug ihres Königs Ferdi¬ nand nach Sachsen schwierig geworden. Sie riefe» die böhmischen Truppen eigenmächtig zurück, errichte¬ ten unter sich eine Conföderation, und stellten unter demObercommando des Caspar von Pflug, den einigt sogar zum König ausriefen, eine eigene Armee z»r Dertheidigung der Freyheit des Vaterlandes auf die Deine. Der Kurfürst Johann Friedrich nährte die¬ sen Cmpörungsgeist, ^und schickte schon ein starkes Truppencorps q» die Gränze von Böhmen, um fl^h mit Karl v. 329 mit den Aufrührernzu vereinigen. Der Herzog Mo¬ riz und der römische König Ferdinand suchten bey dem Kaiser dringend um Beystand an. Es war hohe Zeit, ihnen denselben zu leisten; sonst konnte das Glück des Kurfürsten von Sachsen den niedergeschlagenen schmal- kaldischen Bundesverwandten Muth einflößen, sich von Neuem zu regen. Der Kaiser brach daher zu Ende des Monats März lZ47 in aller Eile aus Oberteutschland auf, zog Zu Eger Ferdinands und Morizens Trupperi an sich, und erschien ganz unvermuchet mit einem Hee¬ re von ZZ tausend Mann in Meissen. Der Kurfürst lagerte sich mit etwa 10 tausend Mann, die er dort beysammen hatte, zu sicher bey Mühlberg hinter der Elbe. Der Kaiser setzte ohne Zeitverlust am 24. April (dem Sonntage milsricorstiuz Oomiiu) im Angesich¬ te der Sachsen über die Elbe. Nun ergriff zwar der Kurfürst mit den Seinigen die Flucht gegen Witte»- berg zu; allein die kaiserliche Reuterey verfolgte ihn Mit der größten Schnelligkeit, erreichte seine Truppen brey Meilen von Mühlberg, griff selbige mit Unge- stümm an, schlug sie aufs Haupt und nahm den Kurfürsten selbst gefangen. Nach der Schlacht bey Mühlberg rückte der Kaiser vor Wittenberg, welche Stadt wegen ihrer Festigkeit noch Widerstand zu thun lm Stande war. Da er kein grobes Geschütz zur Belagerung bey sich hatte, und doch bald Meister don der Stadt zu werden wünschte, so wandte er ei- Kunstgriff qn, der ihn ohne Weitläuftigkeiterz zum ZZy. Kart V. zum Ziele führte. Cr ließ dem gefangenen Kursus sten, als einem geachteten Rebellen, am IQ. Map bas Todesurkheil ankündigen, aber selbiges durch Bett' Sattlung des Kurfürsten Joachim von Brandenburg am i8- Map in eine Capikulation verwandeln, vett möge welcher die Festung Wittenberg an den Kaiser übergeben, der Markgraf Albrecht von Brandenburg» Calmbach ohne Lösegeld auf frepen Fuß gestellt, biß sächsische Kur fammt den Kurlanden von der ernsti' fchen Linie, aus welcher der bisherige Kurfürst wM ail den Herzog Moriz von der albrechtischen Linie übertragen, und Johann Friedrich bis auf weitere Verordnung in kaiserlicher Gefangenschaft zu bleiben verbunden wurde. Auui anständigen Unterhalt feinet Kinder ward ein jährliches Einkommen vyn Zo tgiss send Gulden ausgesetzt, wozu ihnen der neue Ku»' fürst Moriz gewisse Aentter, Städte und Schlößer«- als Weimar, Eisenach, Jena rc. anweisen mnD- A, Rach Ueberwältignng des Kurfürsten von Sach¬ sen machte der Kaiser Anstalt, auch den Landgraftst Philipp von Hessen in stimm Lande heimzusuchen° Diesem gefährlichen Besuche kam zwar der Landgraf durch Vermittlung seines Schwiegersohnes, des nun» mehrigen Kurfürsten Moriz von Sachsen, und des Kurfürsten Joachim!l. von Brandenburg mittelst ei¬ ner am r8- Junp 1^47 zu Halle unterzeichn^^" Kapitulation noch zuvor; aber er mußte sich in de» sichen M Ergebung auf Gnade und Ungnade,-E Karl v. Z3- lönlicher Abbitte, Schleifung seiner Festungen, Aus- ^cftrung seines Geschützes, Bezahlung pon iZotau- send Gulden und zü noch mehre-n, andern Bedin¬ gungen verpflichten. Zur Unterzeichnung dieser har¬ ten Capitulatton ließ sich der Landgraf hauptsächlich dadurch bewegen, daß ihm die bepden vermittelnden Kurfürsten unter der Hand eine Versicherung gegen alle gefängliche Anhaltung gaben und sich sogar mit ihren Personen für die Sicherheit der seinigen ver¬ bürgten. Man kann sich daher leicht denken, wie be¬ soffen der Landgraf da stand, als er am Abend des Tages seiner persönlichen Unterwerfung vernahm, daß ebenfalls als Gefangener dem Kaiser folgen muß- w» Er erinnerte die vermittelnden Kurfürsten an die ihm gegebene Versicherung. Diese betheuertcn red¬ lich mit ihm gehandelt zu haben, giengen gleich den Agenden Morgen zum Kaiser und zeigten demsel¬ ben an, was sie dem Landgrafen zugesagt hätten ^er Kaiser, der vorher nichts davon wußte, ant¬ wortete: er habe weiter nichts versprochen, als baß bcr Landgraf nicht mit ewigem Gefängnisse belegt werden solle; dieses Hcy immer seine Meinung ge¬ wesen. Selbige hat er auch wirklich erst den Tag iuvor in seiner Antwort auf die Abbitte des Land- lwafen, ohne daß es Jemanden ausgefallen wäre, mit den nämlichen Worten auf das deutlichste ^äußert. Die Zusage der Kurfürsten war» so sehr klUin Gesinnungen entgegen, daß er sich erklärte, er wolle, ZZ2 Karl v. wolle, wenn sie glaubten, daß er den Landgrafen mit Recht nicht habe gefänglich «»halten können, die gan¬ ze Capitulation zurückgehen lassen, um nur seinerseits wieder freye Hände zu haben. Es lag nun offenbar am Tage, daß bei) den Unterhandlungen irgend eine Irrung vorgegangen sey. Die protestantischen Ge¬ schichtschreiber beschuldigen den Kaiser und seine Mi¬ nister einer gebrauchten Arglist, und berufen sich Beweise auf eine, während der Unterhandlungen von den kaiserlichen Ministern den vermittelnden Kurfür¬ sten übergebene Erklärung, in welcher angeblich ge¬ schrieben stand oder doch die Vermittler zu lesen glaub¬ ten, daß die Ergebung auf Gnade und Ungnade dee ihm die Freiheit seiner Person zugcsichert hätten. Nicht einwahl in der Folge, «!s der Kurfürst Mo- dij selbst sich wider den Kaiser aufiehnte und alles hervorsuchte, um ihn gehäßtg zu machen, siel es ihm ^n, demselben eine Unredlichkeit überhaupt, oder eine, Täuschung durch die Worte einiger und ewiger ins- deiondere vorzuwerfen, sondern er und seine damah- iigrn Bundesgenossen, worunter auch des kandgra» ^N Philipp Erbprinz Wilh.lm sich befand, sagten vielmehr in ihrem bekannten Manifeste vom I- *552 geradezu: „sie müßten bekennen, daß. sie dem Kaiser dieser Sach«/ weder vorher, noch jetzo etwas zur Last Karl v ZZ4 Last legen, oder ihn beschuldigen könnten, daß keß ihm an der Vollziehung der abgeredten Capitiilatios ein Mangel gewesen". Es läuft auch wider alle Wahrscheinlichkeit, daß es dem Kaiser und seinem, bey diesem Geschäfte vorzüglich gebrauchten, Minister dem süngern Granvella, die beyde in der teutsche" Sprache nicht hinlänglich bewandert waren, es n»r in den Sinn gekommen seyn sollte, teutsche Fürsten , in einem teukschen Aufsätze durch Verwechslung zwei) tertt sch er Worte täuschen zu wollen. Das wahrschein¬ lichste an der ganzen Sache ist also wohl dieses, daß die Vermittler, die eben so wenig französisch oder spanisch, als Granvella und andere kaiserliche MinlM tcuksch verstanden, im kaufe der Unterhandlungen et- was Erwünschtes gehört zu haben glaubten und es dem Landgrafen zu voreilig bekannt machten. Dar¬ auf scheint Moriz in dem eben erwähnten Manifeste selbst hlnzudeuten, da er in seinem und seiner Ver¬ bündeten Nahmen sagte: ,,es wären in dieser Sach^ allerhand Bey - und Nebenhändel vorgefallen . - - Da könnte es nun wohl sich zugetragen haben, daß aus Mangel und Unkunde der Sprache mit den kai^ serlicden Rächen allerhand Mißverstand vorgesallG seyn möchte, worüber sie sich setzt in einige DisP^ kation nicht einlaffen wollten". Eine andere Fral^ ist es, ob der Kaiser politisch gehandelt habe, daß er den Landgrafen, nachdem sich der Irrthum gezet¬ tet hat, nicht freyließ. Es war immer hart, th" Karl v. Zzz 2as Opfer eines fremden Fehlers seyn zu lassen. Das Nikleiden- welches ein grosser Theil der Nation deß- hegen mit seinem Schicksale trüg, erregte natürli¬ cher Weise eine Abneigung gegen den Kaiser, von dessen Willkühr die Äenderung desselben abhieng. Am heissen wurden die vermittelnden Kurfürsten zum Un¬ willen gereiöt, weil sie sich an ihrer Ehre gekränkt Ahlten, da sie dem Landgrafen daS gegebene Wort dicht halten konnten. Durch eine Handlung der Großmuth wurde der Kaiser nicht nur diesen Folgen dorgebeugt, sondern auch die Besorgnisse, die sein grosses Glück bey den Völkern erweckte, vermindert und vielleicht manches Herz dem Mißtrauen, das die Eifersucht feiner Feinde über seine weikausschenden Absichten zu verbreiten suchte, verschlossen haben. Allein ^Url hatte einmahl den Entschluß gefaßt, den Land- Atafrn, dessen unruhigen und unternehmenden Geist h kannte, so lange bep sich zu behalten, bis er in Deutschland alles nach seinem Plane in Ordnung ge¬ macht hätte, und von diesem Entschlüsse konnten ihn weder Vorstellungen, noch Fürbitten abwendig mä¬ hen. Dem Siege des Käisers über den schmalkaldi- 'hen Bund hat Teutschland die Erhaltung seines al- - Skaatssystems, der evangelische Reichstheil we-- Elstens den Vorthei!, daß seine Religion nicht noch ^chr verwirret worden ist, und der katholische seine ^stcnz zu verdanken. Selbst der protestantisch? Fort- ' Karl Forksetzer des vom schmalkaldischen Bunde besoldet^ Geschichtschreibers Schleidan läugnet es nicht, daß, wenn die Bundesgenossen den Kaiser überwältiget hat- tcn, die ganze tcutsche Verfassung umgcstürzt wok- den wäre, und die evangelische Religion in eine noch größere Verwirrung gerathen sepn würde. Auch dec einsichtsvolle Melanchton gtebt uns darüber ein un- verwerfliches Zeugniß, indem er an den Kurfürsten Moriz schreibt: „Ewr. kurfürstlichen Gnaden wollen bedenken, was für eine Confusion gefolgt wäre, sn der Kaiser in dem neulichen Krieg gefallen, und die beyden Herren hernach einander hatten fressen müsset und hat ein jeder seinen Anhang gehabt, und wärt» 'hernach mehr Parthepen, Secten und Spaltungen iN der Religion worden." Noch weniger kann man an der völligen Unterdrückung der Katholischen zweifeln, wenn man das unermüdete Bestreben der Protestant ten, ihre Religion auszubreiken, ihre Begierde, Bi^ thümer, Abteyen und geistliche Güter an sich zu reis¬ sen, und den Erfolg, den ihre Bemühungen bisl)C gehabt haben, in Betrachtung ziehet. Es ist dahek sehr begreiflich, daß der Kaiser die bedenklichsten Schelt te, die in dieser Sache seit einiger Zeit geschehen wa¬ ren, sobald er die Oberhand erhalten hakte, rückgän¬ gig zu machen suchte, und in der braunschweigischen, kölnischen und uaumburgischen Sache alles in ein anderes Geleis b achte. Der, von dem ehemalig^ Kurfürsten von Sachsen und dem Landgrafen von Hes^ Karl V. ZZ7 ftn gefangene, eifrig katholische Herzog Heinrich der Jüngere von Braunschweig ward vermöge ausdrück¬ licher, den beyden Bnndeshäuprcrn vorgelchricbener, Eapitulatisnsartikel wieder auf freycn Fuß gestellt, rind in sein Land eingesetzt. Der Erzbischof Hermann von Cöln, der weder auf die kaiserliche Vorladung erschienen war, noch auch auf einen ergangenen päpst¬ lichen Befehl sich zu Rom gestellt hatte, würbe von dem Papste abgesetzt und durch eine kaiserliche Com¬ mission genöthiget, sein Erzstift zu räumen, und es an den bisherigen Coadjutor, Grafen Adolf von Schauenburg, zu überlassen. Eben so mußte im Bis- thum Naumburg der, von dem Kurfürsten Johann Friedrich ungeachtet aller kaiserlichen Mandate bioy.r Noch immer geschützte, Niclas Amsdorf nun dem ka¬ tholischen Bischöfe Julius von Pflug Platz machen. Luther, dessen Neuerungen wider seinen Willen den schmalkaldischen Krieg herbcpgeführt hatten, hat den Ausbruch desselben nicht erlebt. Er war iZss.6 *8» Febr. gestorben. Seinen Charakter schildert tref¬ fend Hr. Hofrath Schmidt N. Gesch. I. V. S. 86. Als der Kaiser 1Z47 nach Wittenberg kam, besah er unter anoern Merkwürdigkeiten der Stadt auch Luthers Grabmal. Einige Zeloten riechen ihm, diesen Erzketzer ausgraben zu lassen. Allein Karl antwortete: er führe Krieg mit den Lebendigen und dicht mit den Tobten. Er war sogar ungehalten , baß die Wittenberger bep seiner Gegenwart ihren k«ich«sesch.1II.THl. V Got- Karl V. LZ 8 Gottesdienst eingestellet haben. „Ich Habe / sagte er bey dieser Gelegenheit, in den obertcntschen Landen in der Religion nichts geändert, warum sollte ich es zu Wittenberg thun? " Schon diese Zuge allein widerlegen die Vorwürfe von Intoleranz, die man ihm macht, und die Beschuldigung, daß er die evan¬ gelische Religion mit Gewalt ganz Habs ausrotten wollen. Sein Plan gicng immer dahin, eine gütli- che Religionsvereiiiigung zwischen den Protestanten und den Katholischen zu stiften, oder wenn dieses uli- möglich wäre, die Protestanten auf eine andere Art zu den alten Glaubenssätzen zurückzufuhren; die Kir¬ chenzucht hingegen mit Bcybehaltung der Hierarchie durch eine ergiebige Reformation nach den, von la»- gcr Zeit her geäußerten, Meinungen und Wünschen zu verbessern. Die folgende Geschichte wird lehren« Daß er diesem Plane auch als Sieger noch treu ge- blieben sey. §. 76. Fünfter und letzter Abschnitt in der Regie¬ rung Karls v. vom Ende des schmalkaldi- schen Krieges bis zu Ende dieser Re¬ gierung vom F. 1L47 bis ILFS. I. Reichstag zu Augsburg 1548. Hauptpunkte der kaist Proprsitwn. Was es mit den Grldforderungen d< Kaisers für Siewandniß hatte? II Verewbassimg Inhalt des burgundischen Vertrag«. Lothringv^ Vertrag. W. WiedrrhersteUung de« KammE"!^ - , Karl V. ZZ9 Kiit Aüsschließung protestantisch» Bsyfltzer. IV. Gang des Tonnliums von Trient. Dessen Verlegung nach Bologna. Fruchtloses Bestreben des Kaisers es wie» der nach Trient zu bringen. .V. Heimstellung derCon» riliümssache dem Kaiser. Ursprung und Inhalt des Interim. Begriff einer christlichen Reformation. VI. Unzufrievcnheit der Katholischen mit dem Interim. Be» wegungen unter den Protestanten wegen desselben. Schick¬ sal der Stavr Kostanz. Verlegenheit des Kaisers. Paul Ist. will ihm nicht daraus helfet,. Wiedereröffnung des Csnriliums zu Trient unter Juliüs !ll Neuer Reichstag zu Augsburg 1550. Projeetirte römisch« Konigswabl d s Znfantea Philipp. Vil Achtserklärung der Stadt Magdeburg. Auftrag zur AchtSsollziehung all den Kurfürsten Moriz von Sachsen. Dessen geheime Vor¬ kehrungen und Verstellungskünste. Krieg und Mani¬ fest gegen den Kaiser. Unterhandlungen zu Linz. Mo¬ riz überfällt den Kaiser zu Jnspruck. Waffenstillstand und Congreß zu Passau. Erneuerung der Feindselig¬ keiten. Passauer Vertrag. VIII. Schlechter Fortgang und abermahlige Trennung des Eonciliums von Trient. Eindruck davon auf den Kaiser. IX Unglücklicher Krieg Ferdinands mit den Türken, di« das ein ge¬ tauschte Siebenbürgen nicht in seinen Händen lassen wcllen. Einfluß dieses Kriegs auf die Schließung des Passauer Vertrags. Achtjähriger Stillstand mit den Türken. X. fünfter Krieg mit Frankreich. Acrger des Kaisers über die Ausstreuungen des Königs Hein¬ richs ll. ist mit ein Bestimmungsgrund zum Passauer Vertrag. Belagerung von Metz. Waffe'st llstand zu VaucelleS. Kleinmüthigkeit der Reichsstände bey dem Kriege des Kurfürsten Moriz wider den Kaiser. Beweggrund des Markgrafen Albrecht von Branden¬ burg - Culmbach zur Theilnehmung än diesem Kriege. Dessen wilde Raub-und Verbeerungssucht auch nach dem Passauer Vertrage. Vergleich des Kaisers mit ihm. Verdacht, det deßwegen auf den Karzer fiel. Versetzung des markgräflichen Krieges nach Niedersach* sen. Niederlage des Markgrafen bev Sieversbausen. Dessen AchtSerklärung, Flucht nach Frankreich un» Tod. Xll. Reichstag zu Augsburg 1555. RelZ»2 der bur» gundische Reichskreis erschaffen; aber dessen ungeach» tet weigerten sich die meisten dieser Landschaften etwas zu den Reiehsbedürfnissen bepzusteuern. Diesem Bep* spiele folgten auch die von Karl V. neu erworbene« niederländischen Provinzen Geldern, Zütphen und Un¬ recht , die vorher z»m westphälischen Kreise gerechnet wurden. Dagegen machten die Retchsstände auf mehreren RejchStägen ernstliche Vorstellungen. Als es jetzt zu Augsburg auf die Berichtigung der Reichs* Matrikel aukam, wiederholten sie dieselben, und ba* ten den Kaiser sehr dringend, seine Niederlande zur Entrichtung ihres Antheils an Reichsstiuern zu vek» binden. Kari ließ sich hierüber mit den Reichsstän* den in Unterhandlungen ein, deren Resultat der so¬ genannte burgundische Vertrag vvm26. Juny l A4^ war, wodurch die Verbindung der Niederlande mit dem teutscheu Reiche näher bestimmt wurde. Ver¬ möge dieses Vertrags sollten ») die gesummten bur¬ gundischen Ecblande zu ewigen Zeiten unter dem Schuß Wh Schirm des Kaisers mch Reichs stehen und aük Rechtt Karl V, 343 Rechte und Frryheiten des letzter» genießen. 2) Die Herzoge von Burgund sollten zu allen Neichsversamm- inngen berufen werden , uyd darauf Sitz und Skim- Me eines Erzherzogs von Oesterreich (das ist, wie es Nachher gehalten wurde, unmittelbar nach Oesterreich «nf der geistlichen Bank) haben, z) Zu den gemei¬ nen Reichsanfchlägen sollten die Herzoge soviel, als Lwep Kurfürsten, zu einem allgemeinen Lzlrkenzuge aber soviel, als drei) Kurfürsten beptraaen, doch soll¬ te ihnen freystehen, wenn sie ihre Mannschaft selbst brauchen, statt derselben Geld zu geben, ch) Die burgundischen Lande, wenn auch sonst einige davon andern Kreisen einverleibt gewesen feyn mögen, soll¬ ten künftig insgesammt nur einen Kreis, nämlich den burgundischen, ausmachen. Z) Würden.sie in Erle- öung der auf sie fallenden Reichssteuern säumig seyn, so sollten sie deßhalb vor dem Reichskammergerlchte belangt, und zur Zahlung angehalten werden können; tn allen andern Sachen aber sollren sie bey ihren Frey» heften, Rechten und Gerechtigkeiten ruhig gelassen werden, und von der Reichsgerichksbarkeit sowohl in tester als weiterer Instanz befrcyet bleiben. 6) Auch sollten sie an keine Reichsordnungen, Satzungen und Abschiede, nur mit Ausnahme des Landfriedens, gebun- ben seyn; wer jedoch diese» brechen würde, sollte nicht bor die Reichs-sondern bloß vor dl« burgundischen ^andesgerichte gezogen werde». 7) Ueberhaupk soll¬ en besagte Erblaude für ganz frcyr und unabhängig sr Z44 Karl V. ge Fürstenthümer vom Kaiser und Reich erkannt wer¬ den, dock so, daß diejenigen, welche reichslehnbar wären, diese Eigenschaft noch ferner beyzubehalten hätten. In diesem Verhältnisse zum tauschen Reiche blieb ein Lheil der Weder lande, den das Haus Oester¬ reich Key der holländischen Revolution.unter KarlS V. Sohne Philipp und bei) den vielen Kriegen mit Frankreich noch gerettet halte, bis auf die neuestes Zeiten. Einen ähnlichen Vertrag hat das teutscht Reich im 1.1542 mit dem Herzoge Anton von Loth¬ ringen geschlossen. In demselben ward zwar das Her- jogthum Lothringen (Horrume) für einen fceyen und nicht einverieibten Staat erklärt, aber doch unter den Schutz des Reichs gestellt, und der Herzog zur Ueber- pehmnng zweycr Driktheile eines Knrfürsteiianschlages und zur Anerkennung der Reichsgerichtsbarkeit in An¬ sehung dieses Anschlages, des Landfriedens und des sichern Geleits verpflichtet. m Von den Hauptpunkten der Reichstagsberath- fchiagung fand die Wiederherstellung des Kammerge¬ richts keine grossen Schwierigkeiten. Da dem Kai¬ ser an der baldigen Wiedereröffnung dieses Höchsts Reichsgerichts viel gelegen, und während des mehr- jährigen Stillstandes desselben die Anzahl der Rechts¬ sachen sehr anaewachsen war; so hatte er in sc>"^ Proposftion die Stände ersucht, für dießmahl ihm allein, jedoch ohne künftigen N rchtheil des ständischen PräscMrionsrech.es, die Ernennung der Bepsther zu ar- Karl V. . Z4L überlassen, und die gewöhnliche Anzahl derselben we¬ nigstens mit zehn außerordentlichen Beysitzern, die Nachher in die Stelle der abgehenden ordentlichen ein- rüclen könnten, zu vermehren. Die Stände willfuh« ren dem Ansuchen des Kaisers, übernahmen auch einst¬ weilen die ganze Unterhaltung des Kammcrgerichts, und begehrten nur, daß die Mängel der alten Kam- Mergecichtsordnung verbessert würden. Ihrem Ver¬ langen wurde noch während des Reichstags durch Abfassung einer neuen Kammergertchtsorduung Ge- uüge geleistet. Diese K. G. O. enthielt unter andern folgende von «nserm Verfasser eigens ausgehobene Stelle: „Insonderheit wollen wir, baß Kammerrich- ler und Beysitzer sämmtlich und sonderlich, so zu die¬ sem mal durch uns alleine, und hinführo durch uns, die Kurfürsten und Kreise jederzeit präsentirt und ge¬ ordnet werden, desgleichen alle andere Personen des Kammergerichts sich der Religion der gemeinen katho¬ lischen christlichen Kirche gemäß halten und sich keiner sondern Secken anhängig machen. Denn wo sie in dem ungehorsam erfunden würden, es wäre, wer es Molle „so soll unser Kammerrichter Befehl und Macht haben, den oder dieselben von seinem Amte zu erlau¬ ben und abzusetzen; dem auch unser Kammerrichter, basere Ungnade zu vermeiden, also strengltch Nachkom¬ men soll." . Größere Anstände äußerten sich in Ansehung der Mittel, wodurch der schädlichen Kirchenspaltung'ein Ende Z 46 Kart v. Ende gemacht werden sollte. Das Eoneikium do« Trient, auf das man so lange gewartet, hatte sekt feiner, lZHZ 2Z. Dec. endlich erfolgten, Eröffnung einen Gang genommen, daß sich davon wenig Frucht' Larltchc-s für die Religionsvereinigung erwarten ließ. Des Kaisers Meinung war gewesen, daß sich die Bätet zu Trient Anfangs bloß mit der Reformation dec kirchlichen Mißbräuche, die ohnehin die Hauptursacht der Religionsftaltung gewesen waren, beschäftigen, und erst dann auf die Glaubenssachen übergehen soll* ten, wenn er die Protestanten bewogen haben würde, auf dem Concilium zu erscheinen. Allein die präst- direnden Cardinäle und die römisch gesinnten Bätet bestanden darauf, daß man mit den Glaubenslehre" den Anfang machen müße. Der Glaube, sagten sie, fey die Erundfeste der Kirche; von dieser müffe nra" den Bau anfangen, nicht von dem Dache. Wen" eine Stadt vom Feinde belagert werde, müsse ma" diesen zuerst abzutretben suchen , nicht aber die eigene" Bürger , auf deren Treue und Tapferkeit dir Berthes bigung der Stadt beruhe, durch unbedachtsame ZüÄ« tigung zum Mißvergnügen reizen. Es sep ganz vek^ nunftwidrtg, daß man sich um die Heilung der kle^ neren Krankheiten bekümmere, und der Pest selbst unwiederbringlichem Verlust den freyen kauf lasse. wahre Ursache aber war, weil man zu Rom die formation des päpstlichen Hofes und die Erneuernd der Scenen befürchtet«, die vprmahls auf dem MM Karl v. A47 lium zu Tafel Statt gehabt hatten. Alle Borstel« langen des Kaisers waren daher nicht vermögend, die päpstlichen Legaten und die ihnen anhangenden Väter des Conciliums ans andere Gesinnungen zu brt»- Srn. Sie fiengen sogleich an, die Anzahl der kano¬ nischen Bücher zu bestimmen , und nahmen unter diesel¬ ben auch solche auf, die von den Protestanten als apvcryphifch verworfen wurden ; dann rüsteten sie sich, auch die protestantische Hauptlehre von der Rechtfer¬ tigung zu verdammen. Der Kaiser machte neue Vor¬ siellungen, daß man darüber bis zur Ankunft der Pro¬ testanten nichts entscheiden sollte. Allein die Cardt- nallegaten, statt ihm Gehör zu geben, betrieben viel¬ mehr die Entscheidung, um desto sicherer die Erschei¬ nung der Protestanten auf dem Concilium zu hindern. Zugleich suchten sie unter der Hand einen Vorwand tu bekommen, das Concilium von Trient ganz weg- tubringen; denn der Papst Paul III. war schon alt und immer kränklich. Sie fürchteten, daß, wenn bey seinem Absterben das Concilium noch versammelt Märe, und zwar außer Italien, es auf den Gedan» Ern gerathen möchte, die Papstwahl zum Nachthekl brr Rechte des Cardinalcollegiums durch Unterstützung bes Kaisers und der weltlichen Fürsten an sich zu jie- hrn, Beynahe hätte schon Schärtlins Einbruch in T'Ml den Legaten Gelegenheit verschaffet, Ihr Vor¬ baben auszuführen; aber die Gefahr gieng zu ge« switch vorüber. Si< fanden jedoch halb einen an- btty Z4S Karl v. der» Vorwand. Es äußerte sich zu Anfang Märj IZ4.7 eine epidemische Krankbeit zu Trient. Man schrie dieselbe gleich für eine Pest aus. Die päpst- liehen Legaten benutzten die Furcht der Väter, trnM auf die Verlegung des Conciliuw.s nach Bononten an, und setzten selbige ohne Schwierigkeil durch. Der Papst hätte zwar lieber gesehen, wenn man zu Trient tn Eile noch die übrigen Glaubenssachen entschieden und dam das Concilium ganz geschlossen hätte; in¬ dessen billigte er doch öffentlich die Verlegung, weil er sich davon den Vorrheil versprach, daß, solang noch irgendwo ein Schein eines allgemeinen Conci- liums bestünde, die Deutschen es nicht so leicht wa¬ gen würden, ein Nationalconcilium zu halten, oder gar auf einem Reichstage eigenmächtige Entschließun¬ gen in Religionssachen zu fassen. Der Kaiser, dck sich sonst außerordentlich zu mäßigen wußte, w»r über die Verlegung des Conciliums so sehr anfjss- bracht, daß er auf die davon erhaltene Nächtig seine Mütze zu Boden warf. In der That konntt ihm nichts uugelegcneres begegnen, als diese Ver¬ rückung zu einer Zeit, da er eines vollkommene" Sieges über die schmalkaldtschen Bundesgenossen bei/ nche schon grnz gewiß war, und hoffen konnte, selbige in Ansehung des bisher verabscheuet«» cili.ums bald biegsamer zu sehen. Er schickte k"' gleich seinem Gesandten zu Rom Befehle zu, Key dem Papste anzuwenben, um die Rückkehr der Le- Karl v. Z49 Legaten und Bischöfe von Bononien nach Trient zu bewirken. Aber die Antwort war: der größte Thetl öec Bischöfe habe die Verlegung beschlossen; man Hürde dir Freyhcit des Conrtliums kranken, wenn Han ihnen die Rückkehr zumuthen würde. Eben so wenig fruchteten die bedenklichen Drohungen, in die Kaiser gegen den, sich bey ihm aufhaltenden, päpstlichen Nuntius ausbrach. So stand es schon durch mehrere Monate mit V. dem Concilium, als auf dem Reichstage zn Augs¬ burg die Stände, und zwar dießmahl nicht alles» d>e katholischen, sondern auch die protestantischen, d°n fteyen Stücken dasselbe als Mittel, wieder zur Eintracht in Religionssachen zu gelangen, in Vor¬ schlag brachten. Aber freylich war es nothwendig, daß das Concilium, wenn es diesen Endzweck be¬ ordern sollte, nicht nur nach Trient zurüclverlegt werde , sondern auch eiiie andere Verfahrungsart ^nehme. Der Kaiser ersuchte die Stände, diese öauze Sache ihm heimzusiellen, mit dem Versxre- 4en, daß er alles in die besten Wege einleiten Herde. Nach einigen Unterhandlungen beschloß so- H°hl bas kurfürstliche als das fürstliche Collegium dein Gesuche des Kaisers zu willfahren. Die ^lchsstädte stimmten zwar mündlich dem Gutach- h'* der beyden höher» Collegten bey; suchten sr- in einem schriftlich überreichten Bedenken ge-- ein ConciiiUtN, das nicht nach Mein Sinne wäre, ZFo Karl V. wäre, sich zu verwahren. Der Käiser hielt sich bloß an die mündliche Erklärung des städtischen Collegiums, freuete sich sehr, die Sache einmahl so weit gebracht zu haben, und arbeitete nun vor allem sehr eifrig und ernstlich an der Zurückvetle-! gung des Conciliums nach Trient. Da aber bis zur Wiedereröffnung des Conciliums noch eine länge* re Zeit verstreichen konnte, so war Karl auf eint andere Vorsehung bedacht, um unterdessen beyde Re- ligionsparthcyen einander näher zu bringen und bis innere Ruhe herzusteüen. In dieser Absicht verlang¬ te er von den Reichsständen einen Entwurf einet Religionsvergleichung, die bis zur Entscheidung des Conciliums gelten sollte ; die Reichssiände aber über¬ ließen das ganze Geschäft dem Kaiser selbst^ Als dieser in der Mitte des wichtigen Werkes begriffen war, trug es sich zu, daß ihm einige Personen hohen Standes und Rahmens, wahrscheinlich di« friedliebenden Kurfürsten von Brandenburg und von der Pfalz, in der nämlichen Absicht einen Aufsatz über die Hauptpunkte der Glaubenslehre, des Gottes¬ dienstes und der Kirchenzucht einhändigten. Selbi¬ gen ließ nun der Kaiser durch einige katholische und evangelische Theologen prüfen und verbessern, dann unter den Reichsständen zur Einsicht herumgehen, und endlich am i s.'May 1Z48 als ein einstwei¬ liges Religionsnormativ publictren. So entstand das berühmte Interim, oder wie der eigentlich* Titel Karl V. 25 r Titel davon lautete, „der römischen kaiserlichen Ma. jestät Erklärung, wie es der Religion halben im heiligen Reich his zu Austrag des gemeinen Con- eilii gehalten werden soll." Die Glaubenslehren wurden darin meistens mit den gelindesten Ausdrü¬ cken, dis zur Noch jeder Lhcil auf sein System anwenden konnte, berührt. Für den äußern Got¬ tesdienst ward zwar die Beobachtung der hergebrach¬ ten Ccremonten vorgeschrieben ; aber in Ansehung der Kirchenzucht ward den Protestanten in so weit nachgegeben, daß diejenigen, die bisher das Abend¬ mahl unter beyden Gestalten empfangen haben, den Gebrauch des Kelchs, und die Geistlichen, die ver» heurathet wären, ihre Weiber behalten könnten, bis das Concilium etwas anderes verordnen würde, lleberdieß versprach der Kaiser im Eingänge des In¬ terims, daß er den Ständen noch während des Reichs¬ tags einen Begriff einer christlichen Reformation vorlegen werde. Er hielt auch sein Wort, und ldeß den geistlichen Reichsständen nach Verlauf eines Mo¬ nats einen Reformationsenkwurf, der in seiner Art vortrefflich war, zustellen. Dadurch wollte er den Protestanten einen überzeugenden Beweis geben, daß es ihm wirklich um die Kirchenverbesserung zu thun sey. Diese Reformation sollte indessen nur ein Vor¬ spiel jener vollständige» seyn, die Karl von dem Con¬ silium zu Trient erwartete. Die geistlichen Reichs» stände nahmen den MKelcHten Entwurf ohne Bi¬ lden- Karl V. vi. ZL2 denken an, und veranstalteten nachher mehrere Pro- vincial-und Diöcesanshnoden, auf denen ste für ihre Capitel und untergeordnete Geistlichkeit verschiedene nützliche Verordnungen irach dem Geiste des kaiserlichen Reformationsplanes erließen. Mik solcher Mäßigung und Billigkeit handelte der Sieger Karl auf einem Reichstage, von dem Pütter hämisch bemerkt, daß in und um Augsburg alles voll kaiserlichen Kriegs¬ volkes war. Obschon mehrere Umstände, welche die Bekannt¬ machung des Interims begleiteten, einen allgemeinen Beptritt der Reichsstände anzuzeigen schienen, so mu߬ te doch Karl bald erfahren, baß weder die Katho¬ lischen, noch die Protestanten mit demselben zufrieden wären. Die ganze Satzung enthielt zwar nichts ge¬ gen di-, Wesenheit der katholischen Religion, ja sie war nach der ausdrücklichen Erklärung des Kaisers für die Katholischen nicht einmahl verbindlich, und doch gab es Eiferer unter ihnen, denen sie schon deß- wegen höchst anstößig war, weil sie von einem welt¬ lichen Monarchen herkam. Sie äußerten sich, cs wäre schon ein Aergerniss, wenn ein Laye das Evan¬ gelium publtcirte; viel weniger könne der Kaiser ent¬ schuldiget werden, daß er sich angemaßt habe, Reli- gionsvorschriften zu erlassen; ihm gebühre nur die Ehre, das zu vollstrecken, was die Kirche Und der Papst anordnen. Andere lärmten, daß den Prote¬ stanten in so wichtigen Punkten, als der Cölibat und die Karl v. ZLZ Re Commmüon sind, nachgegeben worbest sey. Am meisten mißfiel es dec Geistlichkeit, daß Karl den Protestanten die Zurückstellung der Kirchengüter nicht jur Pflicht gemacht hatten Diesen hingegen war das noch viel zu wenig, was ihnen der Kaiser ver- williget hakte. Unter allen protestantischen Reichs- siänden erklärte, sich der Kurfürst Moriz von Sachsen, von dem es der Kaiser am wenigsten vcrwiithete, zuerst, daß er das Interim nicht annehmcn könne» Seinem Beispiele folgten mehrere andere Reichsfür- sien. Am häufigsten und stärksten stemmten sich die Reichsstädte dem Interim entgegen. Die Reichs» stadt Kostanz, die ohnehin noch vom fchmalkaidischeu Kriege her mit dem Kaiser nicht ausgesvhnt war, ge-> rieth darüber in die Acht; unterwarf sich aber aus Furcht schlimmerer Folgen dem römischen Könige Fer¬ dinand als Erzherzoge von Oesterreich und ward eine österreichische Landstadt. Um einem ähnlichen Schick¬ sale zu entgehen, bequemten sich nach und nach we¬ nigstens die Reichsstädte in Oberteutschland, wo des Kaisers Nähme noch mehr zu bedeuten hatte, zur Annahme des Interims, befolßten jedoch dasselbe so wenig, als es ihnen nur immer möglich war. Nicht einmahl in. den Ländern mächtiger Fürsten, die für ihre Person sehr bereitwillig waren, dem Interim Folge zu leisten, z. B. in Brandenburg konnte das¬ selbe gehörig vollzogen werden, weil di« evangelische ReichoSesch.lll. Thl. Z Geist- 254 Karl v. Geistlichkeit sich aus allen Kräften entgegensetzte, und durch Predigten und Schriften auch das Volk zur Widerspenstigkeit aufhetzte. Sogar die gleichgültig¬ sten Dinge fanden den heftigsten Widerstand. Ei¬ ne neue sächsische Kirchcnagende, die der Kurfürst Mo¬ riz auf einem Landtage zu Leipzig publiciren ließ, um nach wiederholten Ermahnungen des Kaisers doch ei¬ nigermassen sich dem Interim anzuschmiegen, schrieb zwar von dem Inhalte desselben weiter nichts vor, als die Beobachtung derjenigen katholischen Kirchen- gebräuche und gottesdienstlichen Ccrewsnien, die nach dem Gutachten der vornehmsten -Wittenberger und Leipziger Theologen als ^cliapirorm, das ist, als solche Dinge, die der reinen Lehre nichts schadeten, angesehen werden konnten; und doch gab es Zeloten rmker den sächsischen Predigern, die lieber ihr Amt verloren oder gar das Land räumten, als daß sie den Chorrock, den die Agende wieher cinführke, hatten aulegcn mögen. Diese Fanatiker schimpften dann aus den Schlupfwinkeln, in die sie sich verkrochen, mit der ärgerlichsten Unverschämtheit auf das so ge¬ nannte Leipziger Jntetsm, schrien diejenigen, die das¬ selbe angenommen haben, als Verrärher des Evan¬ geliums aus, und nannten sie Adiaphoristen, gleich¬ sam Leute, denen in Religionssacken alles gleichgül¬ tig sey. Die grossen Hindernisse, die der Vollzie¬ hung deS Interims auf allen Seiten in den We- ge- Karl v. Z5L gelegt wurden, brachten den Kaiser In keine geringe Verlegenheit. Sein Ansehen, seine Ehre litten un- gemein, wenn das Interim unvcllzogen blieb^ sollte es aber durcbgesetzt werden, so war ein neuer weit-? aussehendcr Krieg nothwendig, den das Herz deS Kaisers verabscheuet« und die Politik widerrteth. Der Papst allein konnte gewissermassen aus der Verlegen¬ heit helfen, wenn er unverzüglich das Concilium zu Trient wieder eröffnete und aus demselben entweder «ine Religionsvcreinignng oder doch eine andere Ent¬ scheidung nach Möglichkeit beschleunigte; denn im Fal¬ le sowohl der einen als der andern mußte das Inte¬ rim vermöge feiner Bestimmung von selbst aufhören. Allein der alte Paul der Hl. und sein Hof waren gegen die Fortsetzung des Conciliums von Trieiit so sehr eingenommen, daß sie durch keine Bitten , Vor¬ stellungen, Protestationen und Drohungen, die der Kaiser bisher angervandt hatte, bewogen werden konn¬ ten, in dieselbe einzuwilligcn. Doch Paul IH. starb endlich IZ49 io. Nov. Nun zeigten sich bessere Aussichten. Der neue Papst Julius Hl. gab gleich nach seiner Wahl (iLZo 7. F^br.) dem Kaiser die Versicherung, daß er dessen Wünsche in Ansehung des Trienter Conciliums befriedigen wolle. Der Kai¬ ser hielt dann (von 26. Jul. IZAQ bis 14. Febr. *550 einen neuen Reichstag zu Augsburg, auf dem btt Conciliums - und Jnterimssache den Hauptgcgen- Z L stanb Karl v. SL 6 stand der Berathschlagung ausmachte >2). Hier legtt er den Protestanten die päpstliche Convocationsbullr, worin die Wiedereröffnung des Conciliums auf den I. May -ZA! festgesetzt war, vor, sicherte ihnen seinen kräftigsten Schutz zu und beruhigte sie dadurch so, daß die meisten das Concilinm zu beschicken vcr- ; sprachen. Die Vollziehung des Interims betrieb er nicht mehr so stark, weil er jetzt seine ganze Hoffnung auf das Concilinm setzte. Dieses wurde zwar nach einer Verschiebung bis zum l. Sept, endlich wieder eröffnet; allein nicht lange nachher ereigneten sich neue, ganz unerwartete, Vorfälle, welche alle Plane And Hoffnungen des Kaisers völlig zerrütteten und vereitelten. Als r) Auf diesen Reichstag hatte der Kaiser auch seinen Sah» Philipp mitgcbracht, wahrscheinlich in der Absicht, uni demselben auf den Fall, wenn der bissige römische Kö- nig Ferdinand einmahl den Kaiserthron Ksteigcn würde, die römisch - königliche Würde zu versichern ; denn er glaub¬ te, das teutschc Reich würde sich wider so viele auswär¬ tige und innere Feinde nickt hinlänglich bedaupten können, wenn es nach seinem Tode auS aller Verbindung mit der spanischen Linie des Hauses Oesterreich käme, und diese kein Interesse mehr behielte, selbiges mit ihrer Macht z« schützen. Ferdinand willigte in das Proiccr des Kaisers «in; nur bedang er sich, daß auch seinem Sohne Mapi- miUan die Stelle eines römischen Königs für den Fall zugesagt werde, wenn dereinst Philipp zur kaiserlichen Re¬ gierung gelangen würde. Alles Hieng nun von dem guten Willen der Kurfürsten ab. Der Kaiser ließ sich deswegen mit denselben nach geendigtem Reichstage incknterbanvlungcn ein. Allein die yiißirauiscken Kurfürsten, welche in dcmAnlrage des Kaisers, wer weiß was für Plane zur Erblichmachung d« Kaiserldums in der österreichischen Familie und zur Untci^ grabung der keutschen Reichsfrenhelt sahen, wollten sich zn nichts verstehen. Der Kaiser mußte also feinen Plan fahren lassen. Niemand war darüber froher al« Philipp selbst, »er, ganz Spanier, »ur in Spanien seyn Karl v. N7 Als nach der Trennung deS schmalkaldischen vtt. Bundes alles eilte, sich dem siegende» Kaiser j» un¬ terwerfen, verharrte die einzige Reichsstadt Magde¬ burg trotzig in ihrem Ungehorsam. Sie weigerte sich auch nachher hartnäckig das Interim anzunehmen, und ward der Zufluchtsort aller Jnterimsscheuen Geist¬ lichen, die dort ungestraft ihren ganzen Muthwillen wider dasselbe ausließen. Dieser Ursachen halber wur¬ de die Stadt zweymahl (rZ47 und 1Z49) in die Reichsacht erklärt, die aber ohne Vollstreckung blieb. Endlich da die Frechheit der Magdeburger immer zu- uahm, wurde auf dem zweyten Reichstage zu Augs» bürg 1550 die Vollziehung der Acht dem Kurfürsten Moriz von Sachsen aufgetragcn. Nichts konnte die¬ sem erwünschter seyn, als ein solcher Auftrag. Schon lange nährte er wegen der noch immer fortdaurenben Gefangenhaltung seines Schwiegervaters, des Land¬ grafen Philipp von Hessen, einen geheimen Groll gegen den Kaiser in seinem Herzen. Die aufgetca- gene Achtsvollziehung verschaffte ihm die schönste Ge¬ legenheit, ohne alles Aufsehen ein ansehnliches Kriegs¬ herr auf die Beine zu stellen, das er bey günstigen Umständen wider den Kaiser selbst brauchen wollte, um von ihm nicht nur die Freylaffung des Landgra¬ fen zu erzwingen, sondern allenfalls auch seinen wei¬ tern Absichten in Ansehung der protestantischen Re» ltgionsparthey ein Ziel zu fetzen. Die Ausführung «ines so kühnen Vorhabens erforderte gut berechnete Au- AL 8 Karl v. Anstalten. Um zu denselben die nöthige Alk ge- Winnen, zog Moriz die Belagerung von Magdeburg, so lang er immer konnte, hinaus. Sie dauer»'vom 16. Sept. 1550 b April vor den Thoren von Augsburg, das sich nach drei) Tagen ergab. Unterwegs sireueten die Verbundenen Manifeste aus, Mrin sie die gewaltthatige Unter¬ drückung dec evangelischen Religion, die widerrechtli¬ che Gcfangenhaltung des Landgrafen Philippe uno bie sichtbaren Versuche des Kaisers, die Reichsver- sassung zu untergraben und die deutsche Freyheit zu vernichten, als Ursachen ihres gesetzwidrigen Unter¬ nehmens anführken, und alle Reichsangehörigcn zur Beförderung desselben mit dec Bedrohung, sie sonst Feinde des Vaterlandes zu behandeln^ auffoc- dcrten, Oer Kaiser würdigte die mit grundlosen, unge- Karl V. Z6o ungereimten und zum TheU kindischen Vorwürfen angefüllten Manifeste der aufrührischen Fürsten kei¬ ner Antwort, und sah, so unvorbereitet er auch war, mit der kaltblütigsten Unerschrockenheit dem heran, nahenden Ungewitter entgegen. Um so betroffener war ans weiter unten zu entwickelnden Gründen der römische König Ferdinand, der sich deßwegen auch alle Mühe gab, das auflodernde Feuer des innerli¬ chen Krieges noch in der Geburt zu ersticken. Seine Bemühungen hatten den guten Erfolg, daß der Kur- fürst Moriz in Person zu ihm nach kinz kam, um über einen Vergleich zu handeln. Dieser konnte zwar am besagten Orte nicht zu Stande gebracht werben, 'weil Moriz vorgab, daß er ohne Einwilligung sei¬ ner Bundesgenossen nichts beschließen könne; doch wurde am i. May soviel ausgemacht, daß am 26. des nämlichen Monats zur Fortsetzung der Unterhand¬ lungen eine neue Zusammenkunft zu Passau mit Zu¬ ziehung mehrerer Kurfürsten und Fürsten gehalten werden sollte. Diese kurze Zwischenzeit benutzte Mo¬ riz dazu, den in keiner Verfassung stehenden Kaiser anzugreifen. Ungeachtet einer mündlichen Zusage , daß er unterdessen von seinen Lagern nichts verrücken werde, eommandirte er doch seine Truppen nach Ty- rol, zerstreuet« am Fusse der Alpen ein kleines / Mei¬ ssens aus Landvolk bestehendes, Corps kaiserlicher Truppen, eroberte den 19. May die Ehrenberger fflause und zwang auf sylche Art den am Podagra har- Aarl V. darnieder liegenden Kaiser sammt dessen Bruder Fer- binand zur schleunigsien Flucht von Anspruch durch unwegsame Gebirge nach Villach in Karnthen. Den Tag vor derselben schenkte der Kaiser dem gefange¬ nen Johann Friedrich, ehemaligem Kurfürsten von Sachsen, die Frepheit, nur sollte er noch bis auf weitere Verordnung den Kaiser begleiten. Nachdem Moriz zu Jnspruck das hinterlassene Gepäck des kai¬ serlichen Hofes seinen Truppen zur Plünderung preis- gegeben hatte, liest er selbige aus Tyrol gar nach Franken zurückmarschtren; er selbst aber begab sich nach Passau zu dem bevorstehenden Congresse, mit dem zugleich ein von den Verbundenen schon vorher bewilligter Waffenstillstand anfieng. Außer dem rö¬ mischen Könige Ferdinand und dem Kurfürsten Mo¬ riz von Sachsen fanden sich auch einige Fürsten, und von allen übrigen Kurfürsten, wie auch von ver¬ schiedenen Fürsten Gesandte, als Mitunterhändler, zu Passau ein. Moriz machte die Erledigung der¬ jenigen Beschwerden, die er in seinem Manifeste aus¬ einander gesetzt hatte, zur Bedingung des Friedens. Allein der Kaiser wollte durchaus keine Bedingung eingehen, die seiner Ehre und Würde nachtheilig seyn könnte. Ersterer ließ sich zwar nachher eine Milde¬ rung seiner Forderungen gefallen; aber letzterer war doch noch nicht zu bewegen," in dieselben einzuwillt- Sen. Es kam so weit, daß Moriz den Waffenstill- Kand für abgelaufen erklärte, den Congreßort per, ließ, VIII. z6- Karl V. ließ, und die Feindseligkeiten mit Belagerung der Stadt Frankfurt, worin eine kaiserliche Besatzung lag, erneuerte. Unter diesen Umständen ritt der rö¬ mische König Ferdinand eiligst zum Kaiser naÄ) Vil¬ lach, um denselben zur Nachgiebigkeit zu stimmen. Er brachte auch von den vermittelnden Fürsten ein sehr dringendes Schreiben mir. Nach reifer Ueber- legung entschloß stch endlich dec Kaiser, die von den Unterhändlern entworfenen Puncte anzunehnien. Da¬ von wurde sogleich der Kurfürst Moriz im Lager vor Frankfurt benachrichtiget, der stch nach einigen Ein¬ wendungen ebenfalls zum Ziele legre, worauf dann am 2. August iZZ2 die förmlich: Unterzeichnung und Bekanntmachung des merkwürdigen Passauer Vertrags erfolgte. Vermöge desselben sollte der Land¬ graf Philipp von Hessen wieder in Freyheit gefetzt und innerhalb eines halben Jahres ein Reichstag gehalten werden, worauf man sowohl über die zur Hebung der Religionsspaltung dienlichen Mittel, als auch über die Erledigung der, vom Kurfürsten Mo¬ riz gegen den Kaiser geführten, politischen Beschwer¬ den handeln würde; mittlerweil aber sollte kein Reichs- stand von dem Kaiser, dem römischen Könige oder einem Mttstande der Religion halben bedrängt wer¬ den. Die Beweggründe, welche den Kaiser bestimm¬ ten, in die Schließung des Vertrags von Passau rinznwilligen , waren mannigfaltig. Nicht wenig trug Karl V. Z6z trug dazu der schachte Fortgang und die abermah- lige Trennung des Conciliums von Trient bey. Karl hatte gehofft, daß die Protestanten, wie sie es auf öffentlichen Reichstage versprochen haben, das wie¬ der eröffnete Concilium fleißig beschicken,und daß die Väter des Conciliums, wie er sie ohne Unterlaß er¬ suchen ließ, gegen dieselben die möglichste Nachgiebig¬ keit bezeugen würden. Allein nur sehr wenige pro- kstantische Reichsstände schickren Gesandte nach Trient, und noch diese, wenn man etwa den Kurfürsten Joa¬ chim von Brandenburg ausnimmt, mit der sichtbar¬ en Abneigung; die päpstlichen Legaten aber und die »brigen Bischöfe hatten so wenig Rücksicht auf die wünsche des Kaisers, daß sie mit den Gesandten der evangelischen Stände nicht Mmahl über das ih- Theologen zu ertheilende Sichergeleit recht über- chikommen konnten. Was für Schwierigkeiten wa- ^u erst bey Erörterung wichtigerer Fragen vsrzuse- ^u? Als nachher vollends Moriz wider den Kaiser chsschiiig, giengen die italienischen Bischöfe sogleich ^u Trient weg, als wenn ihnen die Feinde schon ^ui Nacken wären; die übrigen Väter aber faßten 28. April 1552, also zu einer Zeit, wo man gar nicht ahnen konnte, daß Moriz im Sinne ^c, einen Einfall in Tyrol zu thun, den vor;iii- ^u Schluß, daß das Concilium auf zwei) Jahre ^schoben seyn sollte. Diese Ereignisse brachten end- den Kaiser von dem bisher gehegten Gedanke» zu- Karl V. Z64 zurück, daß eine Religionsvere'mlgnng möglich und rin Concilium das Mittel hiezu sey. Er sah nun ein, daß, um einmahl Ruhe zu haben, nichts anderes Übrig bleibe, als Teutschland in Ansehung seiner Re- ligionsmelnungen dem Schielsale zu überlassen, und sich mit den Protestanten durch einen Vergleich zu setzen. IX. Noch mehr wirkte au^ Karls Gemüth die Vor¬ stellung der grossen Noth, in der sich eben damahls sein Bruder befand. Ferdinand hatte im I. iZZr mit Johannes von Zapolia hinterlassener Wittwe Isa¬ belle einen Vertrag g-schlossen, wodurch ihm diese Siebenbürgen abtrat, er hingegen dafür ihrem Sohne Johann Sigmund die schlesischen Fürsteuchümer Ra- tibor und Oppeln ttnräumte. Diesen Tausch woll¬ ten die Türien nicht leiden, und überzogen Ferdi¬ nanden von neuem mit Krieg. In demselben wat das folgende Jahr, da zugleich der innere Krieg b' Teutschland zum Ausbruche kam, lauter Unglück- Eine nngerische Festung gieng nach der andern ver¬ loren. Sollte der Krieg in Teutschland seinen Fort¬ gang haben, oder sich noch mehr ausbreiten, so hat" Ferdinand weder vom Kaiser, noch von dem teut- fchen Reicht einen Beystand zu erwarten, und mußte das Aeußerste von den Türken befürchten. Er ließ daher nichts unversucht, um seine» Bruder zur ba^ digen Aussöhnung mit dem Kurfürsten Moriz zu be¬ wegen, besonders da dieser sich unter der Hand et- bot. Karl v. ätz bot , seine Truppen nach hergestelltem Frieden auf Ferdinands Verlangen und Kosten wider die Türkerv, in schielen, welches nachher auch in dem Passauer Vertrage ausdrücklich bedungen wurde. Moriz be¬ gleitete dann seine zu Osnauwerth eingefchissten Trup¬ pen in Person nach Ungetn, blieb jedoch bey Raab unthätig stehen. Der Krieg gegen die Türken wur¬ de durch mehrere Jahre ohne Glück fortgeführk. Im I. 1556 kam der Prinz Johann Sigmund auf Einladung der Siebenbürger in das Land zurück, und behauptete sich mit türkischer Hülfe im Besitze dessel¬ ben. Ferdinand schloß endlich 1562 einen achtjäh¬ rigen Stillstand mit den Türken, vermöge dessen^ er ihnen die gemachten Eroberungen lassen mußte. Am meisten aber scheint das Benehmen des Kö- nigs von Frankreich die friedliche Entschließung des Kaisers befördert zu haben. Heinrich II. war, in Gefolge des Friedewalder Bündnisses, zur nämli¬ chen Zeit, als seine deutschen Bundesgenossen die Kriegsoperakionen angefangeu hatten, in Lothringen eingefallen, und hatte sich der Städte und unmittel¬ baren Bisthümer, Metz, Foul und Verdün bemäch¬ tiget; dann rückte er weiter gegen den Rhein vor, und bepnahe hätte er auch die Reichsstadt Straßburg überraschet. In einem Manifeste, bas er in Form eines Auöschreibens an alle teutschen Fürsten voraus- Leschickt hatte, stellte er den Kaiser als einen Unter¬ brücker , sich selbst aber als einen Retter der reut- schin z66 Karl v. schm Reichsfreyheit bqr. Zur Beglaubigung seiner guten Gesinnungen für reichsständische Freyhcit führ¬ ten die mit ihm verbundenen Reichsfürsten franzö¬ sische Feldzeichen im Kriege, und ließen hl» und wie¬ der das französische Wappen als Salvaguardia aus¬ schlagen. Nichts war Karin unerträglicher, als daß er selbst, der sich bewußt war, keinem Reichsstande unrechtmäßiger Weise etwas von dem Seinigen ent¬ zogen zu haben, für einen Unterdrücker, sein Gegner aber, der offenbar auf Kosten der Reichsfürsten durch Reichsländer sich zu vergrößern suchte, für einen Ver¬ fechter der Reichsfreyheit angesehen werden sollte. Um die Welk vom Gcgcnthetle zu überzeugen, be¬ schloß er, über die ihm von den keutschen Bundes- Verwandten zugefügten Beleidigungen sich großmürhig hinwegzusetzen, durch einen gütlichen Vergleich mit denselben Teutschland zu beruhigen und dann seine ganze Macht zur Befrepung der unterjochten Reichs- fürsten gegen Frankreich zu kehren. Er gedachte noch im I. 1552 Metz wieder in seine Gewalt zu bringen. Allein er konnte Anfangs wegen einer Krankheit der Belagerung nicht in Person beywoh- »en, nachher erschien er zwar selbst sogar in den Laufgräben, um die Soldaten aukzumuntern; aber die guten Vertheidigungsanstalten der Franzosen, der häufige Regen und Schnee, die darauf «ingetretcne Kälte, der zunehmende Proviantmangel und die un¬ ter dem Kriegsherr« eingerissenen Krankheiten setzten ihm Karl v. ihm so unüberwindliche Hindernisse kn den Weg, daß er am i. Jan. rzaz die Belagerung mit gros¬ sem Verluste aufheben mußte. Ec wandte sich von da nach den Niederlanden, und setzte von dieser Seite den Krieg nut Eifer aber ohne günstigen Erfolg, bis zvm I. lZLö fort, in welchem zuVau- celleS bey Cambray ein fünfjähriger Waffenstillstand Zu Stande kam, vermöge dessen alles in dem Zu¬ stande, wie cs war, folglich Frankreich im Besitz von Metz, Toul und Verdun blieb. Endlich giebt Karl selbst dieKleinmüthigkeit der Xs. Reichssiände als einen Grund an, warum er die Hand zum Passauer Vertrage bot. Sollte er den Krieg allein fortsetzen, da kein einziger Reichsstand Neigung sind Muth zeigte, mit ihm gemeinschaftli- che Sache zu wachen, sondern einer nach dem an¬ dern sicher die größten Mißhandlungen von den ver¬ bundenen Fürsten duldete? linker letztem zeichnete sich besonders der Markgraf Albrecht von Trandenbnrg- Lulmbach durch seine wilde Raub-und Verheerungs¬ sucht aus. Er hakte zwar in einem eigenen Ma¬ nifeste ebenfalls die Vertheidigung der Reichsfrei)- heit als den Hauptzweck des Krieges, den er in Gesellschaft des Kurfürsten Moriz gegen den Kaiser Unternahm, aufgestellt, aber der Erfolg bewies nicht undeutlich, daß es ihm hauptsächtlich darum zu thun ^ar, bey dieser Gelegenheit verschiedenen Irrungen, bie er mit seinen Nachbarn in Frauken hatte, durch die Z6s Karl v» die Gewalt brr Waffen eine vortheilhafte Entscheid düng zu geben. Er trennte sich bald von seinem Bundesgenossen, verwüstete während der Zeit, als Moriz zu Linz und Passau unterhandelte, das Ge¬ biet der Nürnberger und der Bischöfe von Bamberg und Würzburg, und drang ihnen die nachtheiligsten Verträge ab. Nachher stieß er zwar wieder zu dem Heere der Verbundenen vor Frankfurt; da er aber die Stadt wegen ihres Widerstandes nicht sogleich üusplündern konnte, setzte er über den Rhein, und suchte die Btsthümer Worms und Speyer durch Brandschatzungen und Verheerungen heim. Echos vorher hakte er bei) seinem Durchzuge das Erzstift Mayuz auf die nämliche Art mitgenommen. Nach Abschiictzung des Passauer Vertrags stand man ist der sichersten Erwartung, der Markgraf Albrecht werde nun, wie die übrigen Bundesvcrwandten, die Waffen niederlegen und sich zur Ruhe begcbem Allein wider alles Vermachen wollte er von diesem Vertrage nichts hören, und fuhr fort, in den Hoch- stiften, Speyer und Maynz, wo selbst der Kurfürst vor ihm floh, Brandschatzungen einzutreiben und Verwüstungen anzmichtenz daun gieng er unter be- ständigem Sengen und Plündern durch das TrierisW und Luxemburgische nach Lothringen, und wartekt hier, was ihm der König von Frankreich für An¬ träge machen würde. Bald darauf kam auch der Kaiser nach Lothringen, um Metz ju belagern. Ds «r Karl V. Zch er den unruhigen Geist des Markgrafen Albrecht unv dessen gefährliche Verbindungen mit andern teukschen Brausköpfen kannte, und überzeugt war, daß, wenn er sich mit ihm nicht aussöhnte, Teutschland dec Schauplatz noch größerer Verwirrungen und Kriegs¬ drangsalen, als die bisherigen waren, werde» mü߬ te ; so fand er in Ermanglung eines andern Ret- tungsmitkels für nörhig, mit ihm einen Vergleich einzugchen. In demselben versprach der Kaiser, die zwischen dem Markgrafen und den fränkischen Bischö¬ fen errichteten Verträgt bey Kräften zu lassen; Al¬ brecht hingegen verband sich, Mit seinen Truppen in des Kaisers Dienste zu treten, und leistete demselben nachher bey der Belagerung von Metz wirklich nütz¬ lichen Beystand. Nach Aufhebung derselben bekam kr seinen Abschied, und war nun darauf bedacht, die Mit den fränkischen Bischöfen geschloffenen Und vom Kaiser bestätigten Verträge in Vollziehung ju bringen. Oie Bischöfe, die keine Lust hatten, selbi¬ ge zu halten, wandten sich an das Kammergericht; aber Albrecht, der sich durch seinen Vergleich Mit dem Kaiser hinlänglich gedeckt zu ftyn glaubte, achtete nuf die kammergerichtlichen Mandate nicht, sondern sieng von neuem den Krieg in Franken an. Da der Kaiser selbst aus der Bestätigung der vorgedachte» Verträge kein Gcheimniß machte, und wegen des doch fortdauernden französischen Krieges den Gewalt- thäkigkeiten des.Markgrafen keinen andern Einhalt that, «eichYFcfch. Hl, Tbl. A K «lS A/o Karl als daß er der Justiz freyen kauf gegen ihn ließ; so entstand in Teutschland der Verdacht, er wolle sich des Marsgrafei! bedienen, um seinen Prinzen Philipp den Teutschcn mit Gewalt zum Nachfolger aufzudrin- Zen, oder an dem Kurfürsten Moriz Rache zu neh¬ men, oder, wer weiß, was für andere Prosecte aus¬ zuführen. Der Kaiser rechtfertigte sich zwar stand¬ haft wegen seines Betragens gegen den Markgrafen, und dieser selbst, obgleich ihm das Kammergericht immer stärker zusetztc, berief sich nie darauf, daß dec Kaiser sein Unternehmen billige oder ihn gar darin unterstütze; doch der etnmahl verbreitete Verdacht ei¬ ner geheimen Verbindung zwischen bcyden ward da¬ durch nicht gcttlgek, und der Kaiser gericth von Tag zu Tag in größere Gefahr, den Haß des ganzen Rei¬ ches auf sich zu laben. Um sich aus der Verlegenheit zu ziehen, suchte er auf zwei) zu Heidelberg und zu Frankfurt veranstalteten Zusammenkünften einen Ver¬ gleich zwischen dem Markgrafen und den fränkischen Bischöfen zu stiften; allein alle Bemühungen der Ver¬ mittler waren fruchtlos, weil Albrecht auf der buch¬ stäblichen Erfüllung der den Bischöfen abgenölhigten Verträge hartnäckig bestand. Indessen hatten ver¬ schiedene Reichssiände, die theiis vom Kammergerich¬ te aufgeboten wurden, den bedrängten Bischöfen Hül¬ fe zu leisten, theils von frepen Stücken mit diesen in ein Bündniß zu Eger getreten waren, eine so an¬ sehnliche Kriegsmacht zusammengebracht, daß der Mark¬ graf Karl V. graf Albttcht für räthlich hielt, Franken zu verlassen, Und den Krieg nach Niedersachsen zu fielen, wo er mit einigen mißvergnügten braunschweigischen Edelleu- ten Einverständnisse batte. Allein der Kurfürst Mo- riz von Sachsen und der Herzog Heinrich der Jün¬ gere von Braunschweig, die Mitglieder des egerschen Bündnisses waren, giengen ihm, als Albrecht die Weser passirke, mit vereinigten Kräften entgegen, und griffen ihn am 9. Jul. iZZZ bcy Sievershausen im Lüneburgischen an. Das Treffen war sehr hitzig. Gleich im Anfänge desselben blieben zwep braunschwei¬ gische Prinzen, Karl und Philipp, älteste Söhne des Herzogs Heinrich. Auch der Kurfürst Moriz erhielt eine tödtllche Wunde, an der er zwey Tage hernach starb u). Doch trugen die Verbundenen einen voll- kommenen Sieg davon. Der Markgraf Albrecht woll¬ te zwar dessen ungeachtet sich npch immer nicht zum Ziele legen; er beförderte aber dadurch nur fein Ver- A a 2 der- S) Moriz htnterlicsi keine Nachkommen. Sein Bruder Au¬ gust folgte ihm vermöge der 1548 erhaltenen Mitbelch- nung in der Kur Sachstn. Dagegen regte sich zwar de'-' vormabiuge Kurfürst Johann Friedrich, der nach dem Schluffe des Passauer Vertrages wieder seine völlige Frcy- hett erhalten harre; er gab aber, da ihm August^aufek den in dec Wittenberger Eapirularion ausgesetzten Srülken noch einige Acnrrcr und Städte bewilligte, 1 54 in dem Vertrage zu Naumburg nach und starb bald darauf am A. März des nämlichen Jahres mit Hinterlassung drcner Sobne, Johann Friedrichs kl- zu Gotha, Johann Wil¬ helms zu Weimar und Johann Friedrichs Hk-, brr ihSZ -mvermühlt verschied« XU. Z/L Karl v. derben. Das Kammergericht erklärte ihn auf Betrieb der Bischöfe von Bamberg und Würzburg als einen offenbaren Landfriedensbrecher in die Ächt, der Kaiser bestätigte dieselbe und der Herzog Heinrich vor Braunschweig vollzog sie Mit solcher Strenge, daß Äibrecht, nachdem er noch mehrere Niederlagen er¬ litten und sein ganzes Land verloren hatte, 1554 seine Zuflucht in Frankreich suchen mußte. Nach seinem Tode 1557 fiel das indessen von dem römi, schen Könige Ferdinand fequestrirte Fürstenthum Bay¬ reuth oder Culmbach an den Markgrafen Georg Fried¬ rich von Anspach als nächsten Stammsvetter. Diese von dem Markgrafen Albrecht fortgesetz¬ ten Unruhen und die Indolenz der Reichsstände wa¬ ren Ursache, daß der vermöge des Passauer Vertra¬ ges binnen rinem halben Jahre zu haltende Reichs¬ tag nach mehrern Prorogationen erst am Z. Fcbr. ILKA zu Augsburg eröffnet werden konnte. Der Kaiser konnte demselben theils wegen des noch fort¬ dauernden Krieges mit Frankreich, theils wegen seiner Lcibesgebrechltchkeiten in Person nicht beywohnen; er gab aber feinem Bruder Ferdinand freye Vollmacht, ohne Hinterbrtngen mit den Ständen abzuschließen. Ferdinand trug in seiner Proposition darauf an, daß' man vor allem den Religionszustand, als die Quelle alles bisherigen Elendes von Temschland, in Erwä¬ gung ziehen, und sich dabei) nicht soviel mit der Art und Weise, eine Religionsvereinigung zu Stande zu brin- Karl V. Z7Z bringen, als vielmehr mit den Mitteln, auch bey fort¬ währender Verschiedenheit der Religionsmeinungeu Friede und Ruhe im Reiche zu erhalten, beschäftigen sollte. Dieser Vorschlag gefiel den Ständen von bey- den Religionspartheyem Bey den Berathfchlagungen ließ sich auch Anfangs alles sehr gut an; aber in der Folge stieß man wieder auf ein Paar Schwie¬ rigkeiten, die das ganze Friedenswerk beynahe ver¬ eitelt hätten. Nur der außerordentlichen ThätigkeiL und Unverdrossenheit des römischen Königs Ferdi¬ nand hatte man es zu verdanken, daß endlich doch der Passauer Vertrag in einen förmlichen Religi- onsfrieden verwandelt wurde. Der Hauptinhalt da¬ von bestehet in folgenden Puncten: t) Die der augs- burglschen Cvnfessjon verwandten Stände des Reichs sollten von den katholischen und diese von jenen ohne Vergewaltigung, Beschädigung, oder sonstige Beschwe¬ rung nicht nur bey ihrer Religion und ihren Kirchen- gebräuchen, sondern auch bey ihrem Hab und Gut, kand und Leuten, Herrlichkeiten und Gerechtigkeiten ruhig und friedlich gelassen werden. 2) Alle Ande¬ ren, die weder der alten ^katholischen) Religion, noch der augsbnrgischen Confcffion zugethan sind, (also die Reformirten ober Calvinisten) sollten von diesem Frieden gänzlich ausgeschlossen ftyn. z) Würde ein Geistlicher von der alten Religion zur augsburgische» Konfession übergehen, so sollte er feine Pfründe, je¬ doch Z 74 Kar! V. doch seiner Ehreuunachtheilig , alsoglcich verlieren h). 4) Wegen der cingczogeneu geistlichen Güter, die nicht unmittelbaren Reichsständen zugehörig und in deren Besitze die Geistlichen zur Zeit des Passauer Vertrags und seither nicht gewesen sind, sollten die Stände, welche selbige elngezogen haben, weder vor noch außer Gericht angefochten werden können, s) Die Ausübung der geistlichen Gerichtsbarkeit wider der augsburgischen Confeffionsverwandten Religion, Glauben, Bestellung der Ministerien, Kirchengebräu- che, Ordnungen und Ceremonicn sollte bis zur end¬ lichen Vergleichung der Religion eingestellt bleiben. In andern Sachen und Fällen aber, welche die eben benannten Stücke der augsburgischen Confession nicht betreffen, salso z. B. in Ehe-und Zchentsachen) solle und möge die geistliche Jurisdiction durch Erzbischö¬ fe , Bischöfe und andere Prälaten dem bisherigen Herkommen und Besitzstand« gemäß noch ferner un- vcrhiudert ansgeübt werden. 6) Kein Stand soll¬ te den andern oder dessen Unterthemen zu seiner Re¬ ligion bringen, oder wider seine Obrigkeit in Schutz und Schirm nehmen. 7) Dagegen sollte den Un¬ terthemen sowohl der katholischen als evangelischen Reichs- d) Dieser Punce ist unter dem Nahmen des geistliche» Vorbehalts (> eiervacum ecolestntticum) bekannt wovon unten nach Anleitung des Verfassers ein Meh¬ reres. Karl v. z 75 Reichsstände, die der Religion wegen auswandern wollen, der Ab-und Zuzug, wie auch die Verkau- fung ihrer Güter gegen einen billigen Abtrag dec Leibeigenschaft und Nachsteuer freystehen. 8) Ju die¬ sem Frieden sollte auch die freye und unmittelbare Neichsritterschaft mitbegriffen scyn. 9) In den Reichsstädten, wo bisher bepde Religionen in Uebung waren, sollte es auch künftig ohne wechselseitige Störung so gehalten werden, ro) Dieser Fried- stand sollte, wenn auch keine endliche Rcligionsvcr- gleichung erfolgen würde, in allen seinen Puncten bei) Kräften bleiben, also ein beständiger, unbe¬ dingter und ewigwährcnder Friede seyn. Der Religionsfriede hatte nach unseres Ver- xlH. fassers Ausdruck an der glücklichen ReligionsFleich- hcid den Rurfürsten eine grosse Stütze. Vermöge der goldenen Bulle gab cs zwar sieben Kurfürsten; allein Böhmen war aus anderswo angeführten Ur¬ sachen schon seit langer Zeit nicht mehr im Be¬ sitz aller kurfürstlichen Vorrechte. Es erschien nur noch bey den Kaiserwahlen; nahm aber übrigens an den Berathschlagungen der Kurfürsten über an¬ dere Reichsangelegenheiten keinen Anthell. Die Reichs- gefttze selbst sprachen immer nur von sechs Kurfür¬ sten. Von diesen waren die drei) geistlichen Maynz, Trier und Cöln , katholisch; die drei) weltlichen aber, P'alz, Sachsen und Brandenburg, evangelisch. Also Metren die katholischen und evangelischen Stimmen im Z 76 Karl v. im kurfürstlichen Collegio einander völlig das Gleich¬ gewicht. Da zu gleicher Zeit im fürstlichen Colle¬ gio die Katholiken, im reichsstädtischen hingegen die Protestanten das Uebergewicht hatten, so war es nicht wohl möglich, in allen drey, oder auch nur n zwey Collegien einen, auf die Schmälexung der im Religionsfrieden gegründeten Rechte beyder Re- ligionspartheyen abzweckenden, Schluß durchzusetzen; denn bey einem solchen Versuche war zwischen dem fürstlichen und reichsstädtischen Collegium keine Ueber- einstimmung, in dem kurfürstlichen aber keine Mehr¬ heit der Stimmen, folglich nie ein zur kaiserlichen Ratification geeigneter Reichsschluß zu erwarten. XIV. Hingegen enthielt der Religionsfriede an dem geistlichen Vorbehalte einen Zunder zum neuen Streit, so wie auch die dem Religionsfrieden nicht einver- leibte Erklärung des römischen Königs Ferdinand über die Religionsfreiheit der Unterthemen einen Stoff zu fernerer Zwietracht lieferte. Die Protestanten hak¬ te» bey den Friedensnnterhandlungen eine allgemeine Fceystellung der Religion begehrt. Darüber kam man sehr natürlich auf die Frage: wie es in dem Falle, wenn ein Geistlicher von der alten Religion abtreten würde, mit dessen inne gehabter Prälatur oder Präbende gehalten werden sollte? Die Katholi¬ schen verlangten, daß ein solcher Geistliche durch die That selbst seines Stiftes oder seiner Pfründe entsetzt und das Capitel berechtiget seyn sollte, an dessen Stel¬ le Karl V. Z77 le eine andere Person von der alten Religion zu wäh¬ len. Sc! on die Natur der Sache sprach für diesen so genannten geistlichen Vorbehalt; denn die Präla¬ turen ui d Probenden sind wegen der geistlichen Aem- ter gestiftet worden. Wie sollte ein Protestant eine Pfründe besitzen, dec das damit verbundene Amt we¬ der ve sehen konnte, noch wollte? Noch mehr aber erheischte den geistlichen Vorbehalt das Interesse der katholischen Religionsparthey, deren ganze Existenz bepnahe davon abhieng; denn hätten die Geistlichen nach ihrer Religtonsveränderung ihre Pfründen be¬ halten dürfen, so würben höchst wahrscheinlich in einer nicht gar langen Zeit die meisten, wo nicht alle, geistlichen Stifter in Teutschland evangelisch gewor¬ den , folglich die katholischen Reichssiänbe auf eine sehr geringe Anzahl heruntergesunke» seyn. Es ist also kein Wunder, daß die Katholischen unabweich- lieh auf ihrer Forderung bestanden. Durch diese Stand¬ haftigkeit brachten sie es nach einem fast sechsmonat- kichen Streite endlich dahin, daß die Protestanten er¬ klärten , sie könnten dem römischen Könige kein Ziel "ud Maaß setzen, wenn er ihrer Vorstellung unge- ucl tet sich von dem Vorsätze nicht abwenden ließe, den geistlichen Vorbehalt kraft kaiserlicher Machtvoll¬ kommenheit in den Frieden einzurücken ;nur sollte dann Zugleich beygcsetzt werden, daß sich die Stände von ktyden Religionen über diesen Punct nicht haben ver¬ reichen können. Nach dieser letzten Antwort der Pro? Z/8 -KM v. testanten säumte Ferdinand nicht , den geistlichen Vor¬ behalt mit Beziehung ans die vom Kaiser erhaltene Vollmacht und Heimstellung und mit -dem eben an-/ gezeigten Beysatze in den Religionsfrieden einzuschal- ten. Aber nun drangen die Protestanten gleichsam zum Ersätze' dessen, was sie durch ihre, in Anse¬ hung des geistlichen Vorbehalts bezeigte, Nachgiebig¬ keit zu verlieren glaubten, um so stärker auf die Religionsfrepheit der evangelischen, unter katholi¬ scher Landeshoheit angesessenen, Mittelbaren. klm Frieden zu haben, ließen die Katholischen auf vieles Zureden des unermüdeten Unterhändlers Ferdinand endlich geschehen, daß dieser den Protestanten eine be¬ sondere, in den Religionsfrieden nicht einzurückende und ebenfalls mit der Bemerkung, daß sich die Stän¬ de über diesen Punct nicht haben vergleichen können, versehene Declaration ausstellke, worin er vermöge der ihm verliehenen kaiserlichen Vollmacht entschied, daß die den geistlichen Reichsständen unterworfenen Ritter, Städte und Gemeinden, die seit langer Zeit her die augsburgische Confession gehalten haben und noch hielten, von Niemanden wegen ihrer Religion, Kirchengebräuche und Ceremonien bedrängt werden sollten. Obschon auf solche Act auch die zwey schwie¬ rigsten Puncte berichtiget zu sepn schienen, so blieben sie doch bis zum westphäiifhen Frieden ein bestände ger Zankapfel der bepden Religionspartheyen- Die Protestanten wollten an den geistlichen Vorbehalt, kr Karl v. 379 der den Uebertritt katholischer Geistlichen zur evange- llschen Religion hinderte, nicht gebunden se»n; be« haupteten aber durchaus, daß die Declaration Fer¬ dinands über die Rcligionsfreyheit der Unterthanen für die Katholischen verbindlich sey. Diese hinge¬ gen vertheidigken die Gültigkeit des geistlichen Vor¬ behalts auf das eifrigste; bestritten aber die Rechts¬ kraft der ferdinandischen Declaration; ja sie zogen so¬ gar deren Aechtheit und Daseyn in Zweifel. Mik unpartheyischen Angen betrachtet, hatten der geistlich? Vorbehalt und Ferdinands Erklärung die nämlichen Gründe der Legalität und Illegalität für und wider sich; denn beyde waren eigentlich keine verglichenen A'iedensartikel, sondern blosse, aus kaiserlicher Macht¬ vollkommenheit gemachte, Entscheidungen; aber zu diesen war Ferdinand bey beyden von^ den intercssir- ken Parthcyen auf gleiche Weise authorisirt worden. Vlan hätte also, wenn man confequent hätte seyn Zollen, entweder beyde als gültig anerkennen, oder dchde als ungültig verwerfen sollen. Diese Streitigkeiten, sagt unser Verfasser, wuß- XV. E? insonderheit der um diese Zeit in Aufnahme ge- ^Mmene neue Iesuirerov-en' vortrefflich zu unter¬ sten. Der Stifter dieser Gesellschaft war ein sp»- ^icher Edelmann, Ignaz von Loyola, der am Hofe Königs Ferdinands! des Katholischen erzogen, dann in Kriegsdiensten bey der Belagerung von Pam-- ^llna iZri verwundet worden, seitdem einer be- son- Karl v. Z8a sondern Lebensart ergeben and seit dem I. lZZ4 mit Aufrichtung dieses neuen Ordens beschäftiget war» Im J. lAz-) wurde der Plan dazu dem Papste Paul III. vorgelegt und von selbigem vorerst nur uulndltch gebilligt; hernach aber durch schriftliche Bullen !Z4o 27. Sept, mit Einschränkung auf 6c? Personen, endlich »54z 14- März ohne alle Ein¬ schränkung genehmiget, worauf sich der Orden mit unglaublicher Geschwindigkeit durch alle katholischen Länder verbreitete. In Teutschland hat sich des Or¬ dens schon der Kurfürst Alhrecht von Maynz ange¬ nommen; dann fanden die Mitglieder IZ4H Eingang bey dem Herzoge Wilhelm IV. von Bayern. Haupt¬ sächlich aber machten sie zuerst ihr Glück bey dessen Sohne Albrecht V. von Bayern, der ihnen izZZ zu Ingolstadt und zu München herrliche Stif¬ tungen einräumte, die sich schon 1576 zu Ingol¬ stadt allein auf 70 Personen erstreckten. Die Mit¬ glieder dieser, aus lauter ausgesuchten Köpfen beste¬ henden, Gesellschaft Jesu zeichneten sich durch Sitt¬ lichkeit, Anstand und wissenschaftlichen Fleiß aus. Dadurch erwarben sie sich bald ein so allgemeines Zutrauen, daß ihnen in kurzer Zeit nicht nur der heynahe ausschließliche Unterricht der Jugend, sonder» auch die Kanzeln in den meisten wichtiger» Kirche" und die Beichtstühle regierender Herren und fast aller Personen vom Stande zu Theil wurden. Ueberdieß widmete» sie sich der Bekehrung der Ungläubige»/ vor- Karl v. ZM vornehmlich in außereuropäischen Staaken. Zur Unter¬ haltung ihrer Missionarien wurde ihnen durch päpst¬ liche Bullen erlaubt, Mit den Etngebornen einen Han¬ del zu treiben. In Europa und besonders in Teutsch- land gieng ihr Hauptbestrcben dahin, der weitern Ausbreitung der Reformation Gränzen zu setzen,)« wo möglich die Protestanten wieder zur katholischen Religion zurückzuführcn. Diesem Endzwecke gemäß richteten sie ihren ganzen Schulunterricht, und ihre Kanzelvorträge ein. Der nämliche Geist herrschte in allen ihren Schriften. Diesen angenommenen Grund¬ sätzen zu Folge mußten sie sich als entschlossene Ver¬ teidiger des geistlichen Vorbehalts und als eifrige Widersacher der Rcligionsfreyheit evangelischer Unr ierthancn unter katholischen Landesherrn zeigen, be^- fvnders da auch evangelische Landesherrn von einer ^eligionefreyheit katholischer Unkerthancn in ihren Ländern nichts hören wollten, und die Duldung dec Evangelischen in katholischen Ländern zu heftir bei: Unruhen Anlaß gab. Daraus wird es sehr be- breifllich, warum Pütter nicht gut auf sie zu spre¬ ten ist und ihnen alle Schuld der über die unver¬ blichenen Artikel des Religionsfriedens fortdauernden Streitigkeiten beymessen wist, zu deren Unterhaltung doch die Protestanten ihrerseits auch nicht wenig bcy- Sttragen haben. , Da durch den Religionsfrieden neben der katholi- XVI. ^chenReligion auch die angsburgische Confession das Bür¬ gen Karl v A82 gerecht im teukschen Reiche erhalten hat, so konnte nun die Anhänglichkeit an dieselbe nicht mehr als ein Grund zur Ausschließung bey Retchsansiellungell gelten. Es mußte daher auf dem gegenwärtige» Reichstage zu Augsburg die letzte Kammergerichts' ordnung vom I. 1,548 , worin festgesetzt worden war, daß keine andere als katholische Mitglieder am Kam- mergerichte gevnldet werden sollten, nach dem Verlan¬ gen der protestantischen Stände von neuem durchge- sehen, verbessert und unter andern die oben S. Z4" angeführte Stelle dahin abgeändert werden: „daß Kammerrichter vi-.d Beysitzer, tngleichen alle andere Personen des Kammergerichts von beyden Religionen, der alten und dann der augsburgischen Confessio»/ präsentirt und geordnet werden möchten, und deßwe- gen nicht auszuschließen wären rc." Zugleich wurde in dieser, noch mit andern nützlichen Zusätzen ver¬ mehrten , deswegen jetzt von neuem pcomulgirten und seitdem bis auf unsere Zeiten im Gebrauch gebliebe¬ nen , Kammergerichtsordnnng bestimmt, daß auch De¬ putiere der augsburgischen Confessionsverwandten zur Visitation des Kammergcrichks zugezogen werden soll¬ ten. Die jährliche Kammergerichtsvisitation ist scholl durch den Kostnitzer Reichsabschied vom I. iZo/ angeordnet und nachher durch den Regensburger Reichs¬ abschied vom J. IZZ2 besser eingerichtet, aber erst seit dem I. IZZZ in den ordentlichen Gang gebracht worden. Sie wurde durch eine kaiserliche Commtssioll und Karl v. L8I und eine ständisch« Deputation, wozu der Kurfürst von Mapnz, noch ein anderer Kurfürst, ein geistli- cher oder weltlicher Fürst, ein Prälat, ein Graf und eine Reichsstadt nach der Ordnung , wie sie auf dem Reichstage saßen, ihre subdelegirten Räche zu schicken hatten; ein geistlicher oder weltlicher Fürst aber ab¬ wechselnd in Person erscheinen mußte, jährlich mit Anfang des Maymonats vorgcnommen. Ihr ur¬ sprünglicher Zweck war die Untersuchung und Abstel¬ lung der bey dem Kammergerichte etngenffenen Män¬ gel und Gebrechen, wie auch die Durchsetzung der Rechnungen über die zum Unterhalte desselben bewil¬ ligten Gelder. In der Folge wurde zufälliger Wei¬ se noch eine andere Absicht damit verbunden. Eini¬ ge Partheyen, die sich durch kammergerichtliche Urthei- le beschwert zu seyn glaubten, gcriethen auf den Ge- danken, sich an die Visitatoren zu wenden, mit der Bitte, daß ihre Processe von denselben noch einmahl erörtert würden. Die Kammergenchtsbeysitzer ließen dieses gerne geschehen, um nicht nur den Partheyen ^n Ungrund ihrer Beschwerden, sondern auch dem Kaiser und Reich die Unpartheylichkeit des Gerichts Zeigen. So ward es zur Gewohnheit, daß die Visitation auch einzelne Rechtssachen , worin das Kam/ Vorgericht bereits gesprochen harte, auf Ansuchen der Partheyen revrdircn konnte. Dieses Recht wurde der Visitation nachher durch ausdrückliche Reichsgesetze bestätiget,. worin zugleich verschiedene bey der Revi¬ sion Z84 Karl v. slon zu beobachtenden, Erfordernisse vorgeschriebelt wurden. XVI!. Uebrigens kam auf dem Reichstage zu Augs¬ burg auch noch die neueste Epecutionsordnung und mit derselben eine vollkommenere Einrichtung der Kreis- Verfassung zu Stande. Dazu gaben die Unruhen An¬ laß, die der Markgraf Albrecht von Brandenburg- Culmbach nach dem Passauer Vertrage in mehrer» Kreisen nach einander erreget hatte. Man über¬ zeugte sich bey Gelegenheit derselben von der Unzu¬ länglichkeit der bisherigen Anstalten zur Handhabung des kandfrtedeus. Dieses bewog die vier Kreise, Kur-Rhein, Franken, Schwaben und Ober-Rhein, im August lAZg. einen Plan einer nähern Verbin¬ dung und bessern innerlichen Kriegsverfassung zu ma¬ chen, den im Nov. des nämlichen Jahres alle zehn Kreise auf einem allgemeinen Kreisconvente zu Frank¬ furt genehmigten. Das folgende Jahr wurde dieser, ursprünglich von dem Herzoge Christoph von Wir- temberg herrührende, Plan dem Reichstage zu Augs¬ burg vorgelcgt und auf demselben völlig berichtiget. So entstand die sogenannte Epccutionsordnung, die hernach sammt j dem Religionsfrieden dem Augsburgs Reichsabschiede vom I. IZAZ einverleibt ward. Sic enthält weitläufige Vorschriften, wie im Falle eines Landfriedensbruches, einer Empörung oder einer Wi¬ dersetzlichkeit gegen kammergerichtliche Erkenntnisse zu¬ erst die Stände eines jeden Kreises, dann, wenn die Macht Karl v. L8L Macht eines Kreises nicht hinreichen würde, mehre¬ re , endlich nöthigen Falles alle Kreise zusammenkreteu sollten, um die Unruhen zu stillen, oder die Kammer- gerichtsurtheile zur Vollziehung zu bringen» Mit dieser neuen Kreisver^affung kamen zugleich die Nah¬ men der kreisausschreibett-en Fürsten und der Ärer't»- obersten auf. Die Sache selbst aber ist etwas älter. Schon durch den Cöluer Reichsabschted vom I. lZ!2 war verordnet worden, daß jeder Kreis einen Kreis¬ hauptmann wählen sollte, der bey einer dem Kreist aufgetrageneil Lchecution die Krcismiliz ins Feld fuh¬ ren sollte. Allein diese Verordnung wurde damahls nicht vollzogen. Im J. > Z22 wiederholte das Reichs- regimekt dstselbe in einer so genannten Erklärung des Landfriedens, die eS in den neuern Kreisen, wo leicht zu bestimmen war, welcher der vornehmste Kreisstand sey, an diesen einzigen, z. B. im kurrheinischen Kreist an den Kurfürsten von Mapnz, in den ältern Kreisen aber, wo ein geistlicher und ein weltlicher Fürst um den Vorrang stritten, an diese beyde, z. B. im schwä¬ bischen Kreise an den Bischof von Kostniz und den Herzog von Wirtembcrg, zur weitern Kundmachung und Vollziehung zu schicken für gut fand. Dieft Fürsten beriefen dann die übrigen Mitglieder des Klei¬ sts zusammen und verhandelten mit ihnen das Nö- khige. Auf die nämliche Art wurde es in der Wlgx sti andern Sachen öfters gehalten. So bekamen je- Fürsten nach mehrern einzelnen Aufträgen unser- NeiHsxesep, Hl, Thl. B ö merkt 286 Karl V. 1 merkt ein fortwährendes Vorrecht, die Kreistage aus¬ zuschreiben, welches schon in dem speyerischen Reichs- Abschiede vom J. lZ44 deutlich anerkannt wurde, und ihnen nachher zuerst in dem Reichsabschiede vom 3« >555 ^e seitdem beybehaltene Benennung von kreisausschreibenden .Fürsten zuwege brachte. Mit dem Kreisausschrcibamte wurde ebenfalls durch das Herkommen bald auch bas Kreisdirectorium verbun¬ den. Doch sind in den Kreisen, wo es zwey kreis, ausschreibende Fürsten giebt, nicht immer beyde zu¬ gleich Rreisdirectoren. Es kam darauf an, ob auf Kreisversammluligeu Anfangs beyde mit glei¬ cher Thätigkeit sich der Geschäfte annahmen und dadurch die Leitung derselben gemeinschaftlich mach¬ ten, oder ob finer hierin sich viel thätiger als der andere bewies, und so die Direktion des Kreistages nach und nach auöschliessend an sich zog. So ist z. V. im schwäbischen Kreise der Herzog von W:r- teinberg allein Kreisdirector, obgleich der Bischof von Ksstniz auch mitkreisausschreibender Fürst ist. Di« kreisausschreibenden Fürsten und Kreisdirectoren ha¬ ben in der Folge das Amt der Kreisobersten, die vermögt der Executionsordnung vom I. IZZZ an die Stelle der ehemaligen Kreishauptlenke getreten waren, fast ganz außer Acrivität gesetzt und dessen Vorzüge meistens mit sich vereiniget. XVII!« Mit dem Augsburger Reichstage endiget sich die Regierung Karls V. Die wichtigste Regierung nahm Kart 28- Nahm rin ungewöhnliches Ende. Da es Karin iri seinem letzten Kriege mit Frankreich so widrig gieng, sagt unser Verfasser, so faßte er den Entschluß, die Regierung niederzulegen. Allein dieser Entschluß war schon lange vorher zu einer Zeit gefaßt, da Karl an den letzten ftanzösifchen Krieg noch gar nicht den¬ ken konnte, und auf dem höchsten Gipfel seines Glü¬ ckes und Ruhmes stäub. Bereits in den Jahren 154^ und IZ48 findet Man Spuren davon. Die wahre, durch eine Menge Tharsawen u d Umstände bestätig¬ te Ursache, die Karin bestimmte, seinen mehrerd Jahre hindurch genährten Vorsatz endlich zur AuS- führung jn bringen, gab er selbst an. Sie lag ist dem immer starker werdenden Gefühle der durch viels Arbeiten, Strapazen und Krankheiten beförderten Ab¬ nahme feiner Leibes, und Geisteskräfte, woraus Ueber- bruß der Geschäfte und Sehnsucht nach Ruhe und Einsamkeit entstand. Um dieser cinmahl theilhaftig ju werden, dankte er ein Reich nach dem andern alss Das Königreich Neapel hatte er seinem Sohne Phi¬ lipp schon im I. 1^54/ als er ihn mit der Köni- Sinn Marie von England vermahlte, überlassen. Das Jahr darauf am 2Z. Ockob» übergab er demselben !st einer feierlichen Versammlung der niederländischen Stände die sännutlichen Niederlande. Am lft. Jalu ^556 folgte die Abtretung der spanischen Monarchtes Zuletzt restgnirte er mittelst einer förmlichen, am Aug. an das kurfürstliche Collegium abgefer* Bba lig« Z88 Karl v. tigten Gesandtschaft auch die kaiserliche NegrerunF» Hierauf begab er sich aus den Niederlanden nach Spanien und bezog mit einigen Bedienten ein kleines Gebäude, daß ec sich schon vorher hart an dem Hie- ronymitenkloster St. Just unweit Placentia in Estre¬ madura hatte bauen lassen. Kein Fremder durfte die Schwelle dieser Ruhestätte betreten, es sei) dann, er kam mit Briefen von seinen Anverwandten, denen ec es angehen ließ, daß sie ihn in politischen Haupt¬ geschäften um Rath befragten, oder von ihrem Wohl¬ sein benachrichtigten. Seine Zeit brachte er theils mit Andachksübungen, theils mit mechanischen Kün¬ sten zu. Am liebsten beschäftigte er sich mit der Uhrmacherty. Hierbei) trug es zu, daß ihm das fruchtlose Bestreben, zwey vollkommen zusammcntrcft sende Uhren zu verfertigen, öfters auf die Betrach, tung führte, wie er sich dann während seiner ganzen kaiserlichen Negierung so grosse Müße habe geben können, so viele Köpfe in Religionssachen übcreia- siimmen zu machen. Unter solchen Beschäftigungen wurde er von einem Fieber befallen, woran er den 2i. Sept. 1ZZ8 im AHken Jahre seines Alters ver¬ starb. Man glaubt, er habe sich diese Krankheit durch Erhitzung der Phantasie bey Gelegenheit seines eigenen Leichenbegängnisses zugezozcn, das er drei) Wochen vor seinem Tode!u der Kirche seines Klo¬ sters sich soll haben halten lassen. Seit Karl v. § A Seit Karl dem Grossen hat kein Monarch so XIX, viel Eindruck auf sein Zeitalter gemacht, als Karl V. Seine grossen Eigenschaften, die nicht nur durch die Zeugnisse gleichzeitiger Schriftsteller, sondern auch durch seine Thatcn bewahrt werden, ein weitausse- hmder und viel umfassender Verstand, eine ungemei¬ ne Klugheit, eine besondere Kaltblütigkeit und Un¬ erschrockenheit in den größten Gefahren, ein fester und anhaltender Muth, eine unerschütterliche Beharrlich¬ keit bey Ausführung seiner Plane, und eine gewisse Größe in der Wahl der Mittel zu seinem Zwecke er-? warben ihm eine allgemeine Hochachtung. Sogar die teutschen Protestanten, denen er doch so stark ent¬ gegen handelte, konnten ihm ihr Lob nicht versagen. Melanchton konnte kaum Worte genug finden, um Karls vortrefflichen Charakter zn erheben. Luther, der Memand zu schonen gewohnt war, sprach mit Ehrfurcht von Karin. Nur die französischen Schrift» stellet, die eS nicht verschmerzen konnten, daß Karl ihrem Könige Franz den Rang abgelaufen hak, be- mühekcn sich die Thatsn dieses grossen Monarchen in «in gehäßiges Licht zu setzen. Alleinckn neuern Zei¬ ten wurde es auch unter den teutschen Geschichtschrei¬ bern herrschender Ton, auf Karl» V. mit französi¬ scher Derbheit zu schimpfen. Daher schrieb schon 1789 «in unpartheyischcr Geschichtforscher c): „Es ver¬ dien-- , c) (Frank) Einzeln- Betrachtungen arck tzjx Geschichte von Tcukschlanv E. 120. Ayc» diente einmahl eine Untersuch,! g der Ursachen, wsr- AM doch unsere heutige historische Schriftsteller sich fast so einhellig vcrst.'ben ooer a-rsschreiben, um Kaiser Karlu V. zn erniedrigen, so zn erniedrigen, daß man beynahe e,.,en allgemeinen Widerspruch be- fücchten muß, wenn mau ,u dessen Bertheidigung ein geschichttreueö Wort reden will." Herr von Mumelter 6) glaubt, es dürfte wohl nicht schwer fallen, einige diese' Ursachen anzugeben. „Karl, sagt er, stand zwischen zweyen heftigen Partheyen in der Mitten, und mußte eben dämm, weil er daS allgemeine Beste im Gesicht hatte, die besondern Ab¬ sichten beyder Partheyen durchkreutzen. So lange er noch lebte, pder feine Handlungen in frischem An¬ denken waren, konnte man die wahre Triebfeder sei¬ nes Betragens unmöglich verkennen: aber in der Fol¬ ge sahen die Protestanten in ihm bloß den Mann, welcher Teutschland gehindert hat, ganz protestantisch zu werden, und die Katholischen nahmen es übel, daß er ihre Religion nicht nachdrücklicher schützte. Die französischen Schriftsteller fanden also bey den erstem Eingang, ohne daß die letztem sich verpflichtet hielten, dessen Ehrenrettung zu übernehmen. Andern Schriftstellern mag es wohl zu mühsam gewesen seyn, MA Mau zu prüfen, und endlich gelang es einer Par- 6) Verdienste L st« r r, t ch i tch - r R-genttNl-m r> a o z, Ss e ich. E. 27». Wien 27,0. Karl V. Parthey, welche alles hervorsucht, um Oesterreich" Mäßig zu machen, diese einseitigen und zum Theil offenbar falschen Naisonemenks durch öftere Wieder¬ holung als eine historische Wahrheit in Umlauf zu bringen". Der Haupkvorwurf, den man Karin macht, ist, daß er die Absicht gehabt habe, die Reichsfrey- heit zu unterdrücken und sich zum unumschränkten Herrn in Leutschland zu machen. Dieser Vorwurf ist aus dem berufenen Manifeste des Kurfürsten Mo¬ riz von Sachsen hergcholt. Allein schon damahls haben die versammelten Reichsstänbe selbst den Kai¬ ser darüber gercchtfertiget; denn als vermöge des Passauer Vertrags auf dem Reichstage zu Augsburg im J. »5ZZ auch die von Moriz vorgebrachten po¬ litischen Beschwerden erörtert werden sollten, wollten die Reichsstände von denselben nichts wissen, und giengen zum größten Triumphe des Kaisers über diesen Punct ganz hinweg. Wahrlich hätte Karl solche Plane, als man ihm bepmißt, gehabt, so würde er gewiß die Gelegenheit, die sich ihm zur Ausführung derselben nach dec Schlacht bey Mühl¬ berg darbot, benützt hahen. Allein läßt sich wohl in seinen nachherigen Handlungen, wenn man sie mit vorurtheilsfceyen Augen betrachtet, auch nur ei¬ ne Spur solcher Gesinnungen entdecken? Sein gan¬ zes Bestreben gieng nach wie vor einzig dahin, eine -steligionsvereinigung in Leutschland zu bewirken; wie ihn aber diese, wenn sie auch zu Stande ge- kvM- XX. / 39° Karl V. kommen wäre, zum unumschränkten Herrn von Teursch- land hätte machen können, ist gar nicht zu begreifen. Es ist doch sehr sonderbar, daß die Schriftsteller eben desjenigen deutschen Landes, dessen einsichtsvol¬ ler Beherrscher in seinen Oeuvre« xakkumk!« es Karim V. als einen politischen Fehler anrechuet, daß er die günstige Gelegenheit, Tcntschland zu unterjochen, unbenutzt gelassen habe, sich am geschäftigsten be¬ zeigen, ihm den vorgeblichen Untecdrückungsgeist an- zudichken. Da die Reformation Luthers unter Karl V. durch den Religionsfricden bereits «ine gewisse Con- sisienz erhalten hat, so wollen wir hier die Mei¬ nungen der Gelehrten über die wichtige Frage: was für einen Einfluß diese Reformation auf die Cultuc der Menschheit gehabt habe? in Kürze anzeigen. Die protestantischen Schriftsteller Teutschlands erhe¬ ben beynahe einhellig die Vortheilc der Reformation außerordentlich. Sie sehen dieselbe als die größt« Wohlthat an, die dem menschlichen Geschlechte wte- derfahren konnte. Ihr sollen wir unsere gereinig¬ ten« Religionsbcgriffe, unsere verbesserten Sitten, unsere Fortschritte in den Künsten und Wissenschaf¬ ten , kurz einen grosse» Thetl unsers heutigen Wohl, standes zu verdanken haben , weil sie die Fesseln, dir der Vernunft vorher angelegt waren, zerbrochen ha¬ bt, Ganz anders denkt über diesen Gegenstand drk br- Karl v. ' zyA berühmte englische Geschichtschreiber David Hume e). Er hält dafür, daß die religiöse und wissenschaftliche Eultur durch die Reformation vielmehr aufgchalten als befördert worden sei). ,,Man könnte gehofft ha¬ ben, schreibt er, daß Gelehrsamkeit und Erkenntniß, wie in alten Zeiten in Griechenland, sich nach und nach einschleicheil, die Augen der Menschen öffnen, und solche Mißbräuche der Kirchen bessern würden, welche die gröbsten und beschwerlichsten waren. Man hatte bemerkt, daß nach der Aufnahme dec Gelehr¬ samkeit in Italien sehr gute und erweiterte Begriffe von der Religion entstanden waren, und daß unter der Regierung des Leo dec Hof von Rom selbst, der das Muster dieses berühmten Papstes nachahmte, kei¬ nen Mangel an richtigen Gedanken von der Denk- und Cewissensfreyheit hatte. Aber als die erbitter¬ ten und fanatischen Glaubcnsvei Kessiner wider die päpstliche Hierarchie zu den Waffen griffen, und der Kirche auf einmahl alle Reichthümer und Gewalt ent¬ reißen wollten, so war es kein Wunder, daß sie, von einem gleichen Eifer und gleicher Hitze aufge¬ bracht , diese alten und unschätzbaren Eigenthums- rechte verlhcidigen wollte. In eben der Zeit, da sie Schwert und Feuer gegen die öffentlichen Feinde brauch- , s) 8» mrhrern Stellen seiner vortrefflichen Geschichte von England, besonder» aber V. B. p. »7 der teuischen Nritgabr in 4so. L94 ' KM v. brauchte, erstreckte sich auch ihre Eifersucht auf die Gelehrsamkeit und Weltweisheit, weiche sie vorher ihrer höchste» Sicherheit als unschädlich und un¬ schuldig übersehen hatte. Daher kam der harte Stoß, den die Wissenschaften in Italien empfiengen, daher ihre gänzliche Vertilgung in Spanien, und daher der langsame Fortgang, den sie in Deutschland, Frankreich und England machten. Die Gemüther der Studierenden wandten sich von der Dewiuck * aber suchten die Protestanten selbst den Kaiser zu et» genmächtigen Declarationen, die gegen die Reichs per» Karl v. Z97 Verfassung anstießen, zu bewegen, und wenn er sel¬ bige zu ihren Gunsten erließ, so vertheibigten sie dir Rechtmäßigkeit und Gültigkeit derselben. Luther selbst hatte sehr hohe Begriffe von der Macht des Kaisers, vnd wenn ganz Teutschland seine Lehre angenommen hätte, so würde es wohl eben so wenig, als in ähn¬ lichem Falle Dänemark und Schweden, eine Verän¬ derung in seinem politischen Systeme erlitten haben. Allein der Kaiser mit einem grossen Theile der Für¬ sten blieb katholisch. Die Katholiken und Protestan¬ ten lagen wegen der Religion mit einander in be¬ ständigen Streitigkeiten. Auswärtige Mächte, denen daran gelegen war, Teutschlands Staatskräfte zu lähmen, mischten sich darein; kaiserliche Diener be- Siengen im Kriege Vcrräthercyen , und vielleicht wur- den auch nicht immer die richtigsten Maßregeln ge- wählet. Co gelang es den eifersüchtigen Nachbarn, Beschenkungen der kaiserlichen Gewalt und andere Bestimmungen politischer Verhältnisse, wir es ihr -^akereffe erforderte, im westphälischen Frieden durch- iusetzcn.» Diese Umstände waren aber nicht nokhwcn- dlge Folgen der Reformation, sondern nur zufällig. Zuverlässiger ist es , daß die Landeshoheit p'roke, XXII. stantischer Fürsten durch die Reformation an Kraft Und Stärke gewonnen habe. Einmahl bekamen diese urch Einziehung der geistlichen Stiftungen viele Gü- , die ihnen theils als Fond zu nützlichen Anstal- z. B. zur Errichtung der Hospitäler, Schulen / ' und- 398 Karl v. und Universitäten dienten, thcils die Einkünfte ihr« Kümmern vermehrten. Dann befreycte die Reforma» tion ihre Länder von der Gerichtsbarkeit auswärti» grr Bischöfe und des Papstes, und spielte sogar den Fürsten selbst die bischöflichen Rechte in die Hände. Dadurch hörte der Ausfluß 'des Geldes ins Ausland auf. Alle Verwirrungen, Collisionen und Hinder¬ nisse , die aus der Ausübung fremder Gerichtsbarkeit im Lande beständig hervorwuchscn, sielen weg. Die evangelische Geistlichkeit wurde auf einen schmalen Un¬ terhalt herabgesetzt, und aus aller Verbindung mit einer mächtigen Korporation gebracht. So konnten protestantische Fürsten viel ungehinderter/ als die ka¬ tholischen, wirken. Anderer Vortheile nicht zu ge¬ denken, die aus der verbesserten Erziehung, der Ein¬ wanderung vieler Tausende fremder Unterthanen rc, flössen. Uebrigens bat unter Karls Regierung auch di« Landeshoheit sämmtlichrr Reichsstänbe durch das Recht, ihre Unterehünen zu besteuern, noch einen wichtigen Zuwachs erhalten. In ältern Zeiten behoben die kandesherrn ordentlicher Weise von ihren Landschaf¬ ten keine Steuern, sondern sie mußten nicht nur ihrt gewöhnlichen Ausgaben von dem Einkommen ihrer Kam- mergüter bestreiten, sondern daraus auch die Steuerst bezahlen, die auf einem Neis stage dem Kaiser be¬ williget wurden. Allein ungefähr seit dem Ende beö fünfzehnten Jahrhunderts haben dir veränderte Kriegs art/ Karl v. Ap9 «rt, die zu bezahlenden Landesbedken urigen und der zunehmende Hofstaat die Bedürfnisse der Fürsten so vergrößert, daß die Einkünfte der Kammergüter zu denselben nicht mehr zurcichen wollten. Sie mußten Schulden machen und ihre Kammergüter verpfänden. Nun aber waren sie noch weniger im Stande aus- iukommen; denn der Gläubiger nahm nach dem Ge¬ brauche dieser Zeiten daö ihm verpfändete Kammer- SM in Besitz, und zog die N- tzungen davon stakt der Zinsen. In solcher Noch giengen die Landessür- sten ihre Landsiände an, die Kammergüter auszulösen, wozu sich diese auch nach und, nach verstanden und tiue Repartition machten, nach welcher die landest herrlichen Schulden in einigen Jahren bezahlt wer. den sollten; jedoch behielten sich die Landstände daber) d'e Steuerfreiheit ihrer eigenen Güter bevor. Die Witter sagten, sie müßten persönliche Dienste dem Lande leisten. Die Prälaten beriefen sich auf ihre Seistljche,i Immunitäten. Die Städte schützten ihr« grosse Kosten für die Besorgung der Polizey bv>-. Also blieben nur die einzelnen Bürger in den E:äü- ten und dir Bauern übrig, die zur Tilgung der Schulden beytragen mußten. Da die Laudeshrrrir, dle noch vor Abtragung der alten Schuldenlast nicht selten sich in neue Schulden gestürzt hatten, mit der¬ gleichen Gesuchen öfters kamen, so fanden die Land¬ stände für gur, vorsichtig zu verfahren, und ließen stch über ihre Frephekten Siegel und Brief geben. wor- 460 Karl V. woraus die sogenannten Landschastsrecesse entstanden» Diese Arte» von Landcssteuern waren indessen noch immer nur frepwillige Steuern. Sie hiengcn von der jedesmahligen Bewilligung der Landstände ab, die in den LanLschaftsrecessen sich dieses ausdrücklich bedungen haben. Allein durch den Nürnberger Reichs- abschieb vom J. 1Z4.Z wurde der Grund zu noch- wendigen ^Landessteuern gelegt. Als nämlich auf dem damahligen Reichstage dem Kaiser eine Geldhül- fe zum Türkenki lege bewilligt wurde, und die Reichs- stände vorsiellken, daß es ihnen unmöglich fallen würde, dieselbe von ihren Kammergütcrn aufzubrin- gen; so ward ihnen von Reichswegen das Recht er- theilet, ihre Unterthanew, die sie sonst zu besteuern pflegten , mit einer Steuer zu belegen. Diese Steuer benchete nun nicht mehr auf dem fiepen Willen dec Lanbstände, sondern sie war Schuldigkeit für jedes Land. Dieses Verfahren wurde bald bei) smehrern Gelegenheiten wiederholt, und so bildete sich ein Reichs¬ herkommen, vermöge dessen jeder Landesherr die auf dem Reichstage bewilligten Steuern von seiner Land¬ schaft erheben kann. Die Reichsstände mißbrauchten aber sogleich die ihnen cingeräumte Befugniß. Sie forderten von ihren Unterthemen viel mehr, als der «mss sie ausfallende Antheil betrug. Dcßwegcn wur¬ de schon im Augsburger Reichsabschied vom I. r A4^ verordnet, daß die Unterthanen nicht hoher belegt/ noch weiter beschwert werden sollten, als sich eines j-' Karl V. 40 L jeden Uelchsstandcs Anschläge erstreckten» In der Folge würben noch andere Vorsichten gebraucht. Zu« Beschlüsse mässen wir noch einige unter XX>X dieser Regierung in Italien vorgefallenen Staatsoer* Änderungen bemerken. I. Das HerzvgthuM Nayland ließ nach dem unbeerbten Absterben des Herzogs Franz Sforza 1l. im I. lZzz der Kaiser Karl V. als Reichslehnherr in Besitz nehmen; jedoch zeigte er sich nicht ungenckgt, dasselbe an den König Franz I. von Frankreich, der alte Ansprüche darauf erneuerte, un¬ ter gewissen Bedingungen zu überlassen« Da abee die Unterhandlungen darüber sich in die Länge zogen, so fand Karl für gut, im I. r 540 vorsichtsweise für seinen Sohn Philipp einen Lehnbrief über May* land ausfertigen zu lassen, damit doch eine Anord¬ nung darüber vorhanden wäre, wenn ihn unver- muthet der Tod überfallen sollte. Als zuletzt we¬ gen veränderter Umstände aus der Ueberlassung Moy¬ lands an Frankreich nichts wurde, blieben die Kö¬ nige von Spanien aus dem österreichischen Haufe im Besitze des Herzogtums, bis ihr Stamm mit An¬ fang des i8ten Jahrhunderts erlosch. H. Die Städte ParMa Und Piacenza mit ihren Gebieten ge¬ hörten seit der Herrschaft der Visconti zu dem Her- iogthum Mayland. Als unter Maximilian i. iM I» rZiL die Franzosen durch die heilige Ltgue aus HeiHssesch.jil.Thl- E k May- 4os Karl v. Maplanb vertrieben wurden , zog der Papst IuliuS II. diese Städte an sich, unter dem Vorwande, daß sie vermöge alter kaiserlicher Schenkungen Theile deS Kirchenstaates wären. Allein der päpstliche Besitz wurde in der Folge öfters unterbrochen, bis Karl V. iHLl nach abermahligcr Vertreibung der Fran» zosen dem Papste Leo X. Parma und Piacenza wie¬ der einräumte, jedoch mit Boi behalt einer rechtlichen Untersuchung, ob der päpstliche Stuhl ein Recht dar¬ auf hab«. Paul HI. verlieh IZ4Z aus eigener Au- thorität seinem natürlichen Sohne Peter AloyS Far¬ nese dies« bepden Städte unter dem Titel eines Her- zogthumS zu Lehn. Allein Karl wollte den neuen Herzog nicht anerkennen, sondern ließ vielmehr nach dessen Tode »54/ durch seinen Statthalter von Map- land Piacenza besetzen z im Besitze von Parma be¬ hauptete sich jedoch Peters Sohn Octavius Farnese Dieser war mit Karls V. natürlicher Tochter Mar¬ garethe verheurathet, und erhielt lZZ6 von dem Könige Philipp II. von Spanien auch Piacenza, weil es Karl dtp Abdankung des Reiches so ange» "ordnet hatte. Seine Nachkommenschaft ist hernach dis zum I. »7zi,da sie ausstarb, im Besitz« von Parma und Piacenza verblieben. Hl. Die Insel Maleha wies Karl V. als König von Neapel lnl I. rZZ2 den durch Solyman II. aus der Insel LihoduS vertriebenen Johanniter-Rittern an, unter der Karl V, 4VL bet Bedingung, daß ste ihm in seinen Kriege» ge¬ gen dir Ungläubigen brystehen sollten. Das Groß- metsterthum von Mallha gehrt zwar daü reutsche Reich nichts an; allein der Malthefer - Orden hat auch in Teutschland Commrndrn, die unter dem Jo¬ hanniter - Meister stehen, der zu HetderShetm im Breisgau residirt und auf dem RrtchSka- Sitz und Srimme hak. C r s m. Haupt- i Ferdinand i. 404 in. Hauptstuck^ Von Ferdinand I./ Maximilian II und Rudolf Ib vom I.IL58 bis 1612 «o. Fan. (54 Fahre.) §- 77^ Ferdinand !. vom F. iLL8. 14. Marz bis rL64 2L. My (6 Fahre.) 1. Annahme der Resignation Aar!« V. Regierungsan¬ tritt Ferdinands nach Beschwörung einer neuen Wahl» «äpitulation. Erneuerung der Kurverrin. II. Wider¬ spruch des «Papstes gegen di« »srgegangene RegiernngS- veränderung hat keine andere Folge, als daß seitdem die kaiserliche Krönung zu Rom aus dem Gang kam. III. Fortwährendes Mißtrauen zwischen den Katholi¬ schen und Protestanten. Erste Beschwerde der Prote¬ stanten wegen Einschaltung des geistlichen Vorbehalts in den Religionsfrieden auf dem Reichstage zu RegenS- Lurg 1556 bleibt ohne Erfolg. Gegenseitige ReligionS- -eschwerden der Protestanten und Katholischen auf dem Reichstage zu Augsburg i>;y. Ferdinands Resolution darüber Neueste Reichsmünzordnung. Augsburger N«- tenablchied in Betreff Frankreichs und Lieflands. Ver¬ änderungen in Liefland. IV. Anlaß zur Absonderung des kaiierlichen HofratbS in den «rblänvischen und den MeichSbofrath. Erste ReicbshosrathSordnung^ V. An¬ erkennung Ferdinands als Kailerö und abermahlige An¬ sage d«S Trienter Conciliumö durch Pius IV. ans Veranlassung der Rrlisi»nöa»geltg«nheit«n in Frankreich- Ferdinand i. 405 VI. Streitigkeiten in der evangelischen Kirche. Naum» Lurger Couvent. Neue Unterschrift der augsburgischen Confeffwn. Verwerfung des ausgeschriebenen ConciliumS. VH. Dritte Eröffnung de« ConciliumS zu Trient. Wohlgemeinte, aher fruchtlose Rathschläge des Kaisers Trauriger Gang und Schluß des ConciliumS. VIII. Römische KönigSwahl Marrmiliantz Ift Publicistische Merkwürdigkeit dabey. Anstande des Papstes wegen Maximilians Anerkennung. Herbeylassung zu dem noch bis jetzt üblichen Ceremoniel. IX. Gesuch d«S Kai¬ sers zu Rom um die Verstattung des Kelchs und dex Priesterehc für seine Erblande. Bewilligung des erster» und Ver.veigerung der letztern. X- Ferdinands I. Tod ernd Charakter. XI. Oefierreichischt Familienverhgltniffe nach dem Tode Ferdinands I. Die Resignatiyn Karls V. war ein so neuer l. und ungewöhnlicher Fall, daß man sich in Teuksch- land lange nicht darein zu finden wußte. Es ver¬ stoß anderthalhes Jahr, bis die von Karln zur Ab¬ dankung der Katserwürde bevollmächtigten Gesandten ihren Auftrag ausrichten konnten. Dieses geschaht endlich auf einem, nicht ohne Mühe gegen das End« des Februars IZZ8 zu Stande gebrachten, kurfürst¬ lichen Collegialtage zu Frankfurt. Auf demselben wurde Karls Resignation von den versammelten Kur¬ fürsten nach einiger Weigerung angenommen und dann gm 14. März mit Uebertragung der kaiserlichen Re¬ gierung an den bisherigen römischen König Ferdi¬ nand feyerlich vollzogen, worauf dieser sogleich den Titel: erwählter römischer Raiser annahm. Fer¬ dinand hatte zwar schon iZZl bey seiner römischen Kck. , Ferdinand r. 4s§ Königswahl eine Wahlcapitulation unterschrteöen und beschworen; da aber dieselbe nicht auf den Abdan- kungs - sondern nur auf den Todesfall Karls V. lau¬ tet«, und seitdem auch manche neue Umstände einge- treten waren, so wurde sie jetzt vom kurfürstliche» Collegium revidirk und mit einigen Abänderungen und Zusätzen bey der Resignattonshandlung Ferdinanden zu abermahltger Unterschrift und Beschwörung vor- gelegt. Dieses wurde jedoch in der Folge, wenn rö¬ mische Könige zur Regierung gekommen find, nicht wieder beobachtet, sondern man ließ es jederzeit bei¬ der schon etnmahl von ihnen befchwornen Wahlca- pitulation ohne neue Eidesforderung bewenden. Bep Gelegenheit gedachter Zusammenkunft erneuerten die Kurfürsten auch ihre alte Kurverein, um das gegen¬ seitige Mißtrauen, das wegen der Reltgionstrennnng unter ihnen eingertffen war, zu heben. Diese, nach Erforderns der Umstände mit mehrer» Zusätzen ver¬ mehrte, Kurverein hat seitdem bis auf den heutige» Tag bey jeder Erneuerung zur Grundlage gedient. Sowohl in der revidieren Wahlcapitulation, als in der neuen Kurverein betraf gleich dec erste unter den Hinzugesehten Puncten dm Reltgionsfrieden, zu dessen Aufrechrhaltung die Kurfürsten de» neuen Kaiser und sich selbst unter einander verbanden. ll. Gleich nach der Frankfurter Handlung schickte Ferdinand einen Gesandten nach Rom, um dem Pap¬ ste die pyrgegangene Negrerungövecänderung anzu- zei- Ferdmand r. 4»7 zeigen« Mein Paul IV. untersagte de« Gesandten den Eintritt in die Stadt, und ließ ihm nach dem Gurachten seines Consistoriums bedeuten: die Resigna- tion der kaiserlichen Würde hätte in die Hände des Papstes qls Lehnherrn geschehen müsse»; Ferdinand habe das Kaiserthum ohne Varmissen und Elnwilli- gung des Papstes nicht annehmen können; die ganze Frankfurter Handlung sey daher ungültig. Ferdj, Naud sollte also den Papst um Vergebung bitten, allem, was zu Frankfurt vorgeggn-tn, entsagen, und das Fernere von dec Willkühr des Papstes erwarten, der allein die volle Gewalt habe, alle in dieser Sa¬ che untergelaufenen Mängel zu ersetzen. Diese über¬ triebenen und mit den gehässigsten Gründen unter¬ stützten Forderungen wollte Ferdinand, durch ein mu¬ tiges Gutachten seines Retchsvtcekanzlers Or. Selb gestärkt und von dem Beyfalle des ganzen Reichs virsichert, keineswegs eingchen; dagegen aber wollte ihn auch Paul IV« nicht als Kaiser erkennen. Al¬ lein die Gesinnungen der Teutschen waren schon so verändert, daß man darauf gar nicht mehr achtete, und seitdem die kaiserliche Krönung zu Rom ganz in Abgang kommen ließ. Sv war ein unbedacht¬ samer Schritt, den Paul IV. zur Erhaltung und Befestigung seines Ansehens gethan hatte, für daf- seibe von dem widrigsten Erfolge. Ferdinands Hauptbestreben gleng dahin, die III» öffentliche Ruhr in Teutschland zu erhalten, welches 4o8 Ferdinand i. kn den damaligen Umständen eben keine leichte Sa¬ che war; denn die Religionstrennung erhielt auch nach geschlossenem Religtonsfrieden ein wechselseitiges Mißtrauen zwischen den Katholischen und Protestan- Len, das sich von Tag zu Lag vergrößerte. Jeder Theil beobachtete argwöhnisch alle Schritte des an« bern, und was immer der eine von beyden Thcilen unternahm, erregte bey dem andern Aufsehen und Furcht. Wenn z. B. ein protestantischer Fürst nur einen Rittmeister in Bestallung nahm, so geneklM darüber schon die Katholischen, besonders die Geistli¬ chen ins Schrecken; so wie auch den Protestanten jede Bewegung eines Katholischen, jedes rauschende Blatt, wie sich Ferdinands Gesandter Dr. Zasins auSdrückt, Anlaß zum Verdachte und widerwärtigen Euspicionen gab. Daß es hey einer solcher Stim¬ mung der Eemüther an allerhand Irrungen zwischen beyden Parkheyen nicht fehlte, läßt sich leicht denken« Selbig« brachen sogar zwischen den Protestanten selbst aus, besonders seitdem die sogenannten ReformirtkN oder Calvinisten auch jn Teutschland immer zahlreichst wurden, und selbst der Kurfürst Friedrich Hl. von der Pfalz sich öffentlich zur reformirten Religion be¬ kannte. Eine Folge dieser Irrungen waren gegen¬ seitige Beschwerden, di« nun auf jedem Reichstag« und fast auf jeder andern ständischen Versammlung vorkamen. Schon auf dem Reichstage, den Ferdi¬ nand iZ^6 zu Regensburg noch im Nahmen Kql- Ferdinand l 409 Kaisers Karls Vt halten ließ, beschwerten sich die Protestanten wider die Einschaltung des geistlichen Vorbehalts in den Religionsfcieden, und drangen auf Abstellung desselben, weil sie sahen, daß dieses relervatum «cclelluüicum den Uebergang der katho¬ lischen Geistlichen zu ihrer Religion hindere. Allein Ferdinand wollte in einem, für die Erhaltung des katholischen Religionstheiles so wichtigen , Puncte keineswegs nachgeben, und zeigte den Protestanten aus dem ganzen Hergänge der Sachen, daß derselbe mit gutem Vorwissen und Willen der Reichsstände von beyden Religionen dem augsburgischen Reichs- abschicde eiuverleibt worden seh. Aus dem folgenden Reichstage, den Ferdinand schon als Kaiser nach Augsburg ausgeschrieben hatte, brachten die Protestanten noch mehrere Beschwerden vor. Sie beschuldigten öffentlich die Katholischen, daß sie in vielen Stucken den Religionsfrirden verletzten und denselben durch willkührliche Auslegungen gar zu un¬ tergraben suchten. Die Katholischen vergalten Glei¬ ches mit Gleichem, und fitzten ebenfalls ein langes Derzeichniß von Beschwerden auf, die ihnen von den Protestanten gegen die Worte und den Sinn des Re- klglonsfriedens angethan würden. Dieser Gehäßig- kelten ungeachtet blieb es doch noch bey dem Reli- Zlonsfricden. WaS die wechselseitigen Religionsbe» kchwerdrn betrifft, ertheilte der Kaiser seine Nesolu» An dahin: man sollte dieselben an das Kammer^- eicht Ferdinand r. 4»o> kickt weifen; wäre die Beschwerde offenbar, f« sollte das Kammergericht durch Mandate ungesäumt te Hülfe leisten; wäre sic aber zweifelhaft, so sollte r krte» aber Key dem Könige von Frankreich nichts aus. Liefland stand seit dem Ende des zwölften Jahrhunderts, da es von teutfchemAdel erobert wur* de, in Verbindung mit Leutschland, die jedoch ziem¬ lich schwach war. Zwischen dem Bischöfe von Riga Und dem reutschen Adel, woraus der Schwertträger» Orden errichtet wurde, entstanden bald wegen der Theiiung des Landes grosse Streitigkeiten. Um sich e Reich war bamahis nicht in der Verfassung, Ltefläudecn «tue ergiebige Hülfe angedelhen zu lass Ferdinand ll. 418 sen. Man konnte sich laut des vorgedachten Neben« Abschiedes zu nichts anderem entschließen, als daß der Kaiser den Czaaren um Einstellung her Feindselig« ketten und Herausgabe des Abgedrungenen ersuchen und daß den Liefiändern eine Summe von 2vo,c>ocr Gulden zur Unterstützung geschickt werden sollte; aber nicht einmahl dieser unbedeutende Geldbeitrag wurde je abgeführt. Da auch alle Vorstellungen, die der Kaiser theils schriftlich, theils durch eine« Abgesandten dem russischen Czaar machte, nichts fruch- teten, so fanden die täglich mehr ins Gedränge koM« inenden Liefländer zu ihrer Rettung für nckthig, sich 1561 der Krone Polen zu unterwerfen, wobey sich der Heermeistcr Gotthard Kettler einen Theil Lieflands unter dem Nahmen eines Herzoges von Kurland und Scmigallien als ein polnisches Lehn zum erblichen Be« sitz für sich und seine männliclZn Nachkommen ausbe-. düng. Auch mußte der König von Polen verspre¬ chen , Sorge zu tragen, daß diese Unterwerfung veitz Lande keine Verdrießlichkeiten von Seite des teussche" Reichs zuziehe. Allein diese Vorsorge war unnütz- Man bekümmerte sich in Teutfchlagd sehr wenig «n? den Verlust einer so entlegenen Reichsprovinz. Während des Augsburger Reichstages leg^ Ferdinand den Grund zu der heutigen Verfassung des Reichshosiathes. Es haste zwar schon Maximilian s, ein beständiges Hofrathscollegium errichtet; in demselben wurden nicht blosse Reichssqchen, der» Ferdinand l< 4lZ beli« auch Vie Angelegenheiten der österreichischen Erb¬ londe verhandelt. Eben so hatte auch sein Nachfol¬ ger Karl V. einen Hofrath - in welchem er nicht nur tcutschr, sondern auch niederländische-italienische und Wohl gar spanische Geschäfte abhandeln ließ. Da in demselben wegen dieser Verschiedenheit der Geschäfte größtentheils Ausländer als Räthe saßeU, so be¬ schwerten sich die teutschen Reichsstände darüber, und drangen sowohj bey den Passauer Friedenshandlun- grn, als auf dem Augsburger Reichstage Vock I- eZZZ darauf, daß der kaiserliche Hoftath Mit teut¬ schen, erfahrnen, geschickten und redlichen Personen - an deren Spitze ein ansehnlicher teutscher Präsident stehen sollte, besetzt wrrdti Allein da Karl V. bald darauf seine Negierung niederlegte, so konnte unter chm der Wunsch der Reichsständr nicht in Erfüllung lvnimen. Nun aber erfüllte ihn Kaiser Ferdinand ans eigener Bewegung. Er publicirte auf dem Augsburger Reichstage LA5Y die erste Reichshof« kathsordnung, wodurch) er den kaiserlichen Hofrath den dem ösierreichischM absvnberte Und diesem nur *tblä»dische, jenem aber bloß Arichssachen zuwies. kaiserliche Hofrakh bekam dcßwe^en schon in "ner Stelle der ihm vorgeschriebenen Ordnung die Benennung Reichshofperth, die nachher bald herr¬ schend wurde. Er hat nicht bloß über politische ' ^eichsangelegrnheiten zu berathschlagen und zu be¬ schließen, oder ein Gutachten an den Kaiser zu er- stat- 414 Ferdinand r. statt«», sondern auch über die, dem Kaiser befss- derö Vorbehalten«», Rechtssachen zu entscheiden und sonst entweder in erster oder weiterer Instanz eine eoncurrente Gerichtsbarkeit Mit dem Reichskammer« gertchte ausznüben. V. Indessen war der alte unbtegsame Papst Paul i8« Ang. gestorben. Sein Nachfolger Pius IV. machte keine Schwierigkeiten , Ferdinanden als römischen Kaiser anzuerkennen; ja er zeigte sich sogar zur Haltung eines Couctliums geneigt. Zu dieser Stimmung des neuen Papstes trugen die An¬ gelegenheiten Frankreichs vieles bey. Unter des kränk¬ lichen Königs Franj II. schwacher Regierung hatte sich in Frankreich die Zahl der Reformirten, die hier Hugenote» hießen, sehr vermehrt« Solang sie kein wichtiges Haupt hatten, waren fie nicht sonderlich bedenklich; aber bald bekamen sie eines. Der Prinz von Conds, ein Bruder des Königs Atitonius von Navarra aus dem Hause Bourbon, stellte sich an ih« re Spitze. Er war sammt den übrigen Prinzen deö königlichen Geblütes wegen der, unlängst aus Lotha¬ ringen nach Frankreich verpflanzten herzoglichen Zas¬ milit der Guise», die nebst der Königin» Muttere ebenfalls einer Ausländerin», an der Regierung des Reichs den größten Anlheil hatten, mit dem Hv^ sehr unzufrieden. Durch den Uebertrikt zu den formirten hoffte er nicht nur eine mächtige ParthH im Lande selbst, sondern auch Unterstützung von des Pro« Ferdinand I. 4^ Protestanten in Ttutschland ju finden, um seine Än- scl'iäg« auszuführett. Des Königs Räche schlugen vor, dieft Bewegungen, bey denen die Religion als kine Haupttriebfrdtr gebraucht wurde, durch eia Na- kivnalconciltum zu unterdrücken. Eine solche Versamm» Mng aber war dem römischen Hofe von jeher sehr Lchäßig. Dek Papst ließ daher dem Könige von Frankreich anstatt des Nationalconciltums ein allge¬ meines Concilium antragen. Der Kaiser wollte den Protestanten keinen Anlaß zu neuem Mißtrauen ge-- bkn, und beschloß das Coneilium weder zu hindern, ^ch viel zu betreiben. Da indessen die Gefahr we« Frankreichs, das schon mit Religionstolloquien ^Mgieng, täglich zunahm und auch der König von Spanien, der einen nahen Ausbruch von Religion^- Truhen in den Niederlanden besorgte, auf das Con» Milini drang, so säumte der Papst nicht länger, das- kibe auf Ostern »Ztri nach Trient anzusagen. Nun wurden päpstlichen Nuntien in alle europäischen Staa- abgeferkiget, um die Fürsten, auch die protesta». Aschen, zum Concilium einzuladen. Die nach Teukscha ^nd bestimmten kamen zuerst zum Kaiser, der ihnen ^kth, sta, nach Naumburg zu begeben, wo die evan- Zischen Fürsten im Jan. t^Se eben eine persönliche Zusammenkunft veranstaltet hatten. Dieser ÜaumburAer Eonvent hatte thetls die Herstellung der sehr erschütterten Eintracht unter den ^"restanten, thetls dir Bestimmung des von ihnen bey 4»6 Ferdinand I. bch dem bevorstehenden Concilium zu beobachtende-) Betragens zum Zwecke. Theologische Zänkcreyen hat» ten in der evangelischen Kirch« bereits eine Mengt Setten hervorgebracht. Die Protestanten zählten un» tkr sich Zwingltaner und Calvinisten, Osiandristen/ Majoristen, Adtaphoristen, Pelagianer, Synergisten/ Wiedertäufer, Schwenkfeldtaner und Enthusiasten» Ott eifrigen evangelischen Prediger donnerten von ihren Kanzeln hekab heftig wider alle diese Secten, Ihre Obrigkeiten, denen daran gelegen war, zusammen zu halten, «m eine mächtige Parchey gegen die Karho» lkschen zu formicen, verboten ihnen dergleichen, nut zur Erweiterung der Spaltung dienende, Ausfälle» Allein nun fiengen die Eiferer an, auch wider ihre Obrigkeiten zu declamiren. Sie sagten, man wolle durch solche Verbote das Wort Gottes gefangt» nehmen und dem heiligen Geiste sein Amt sperren- Die herzoglich , sächsischen Theologen geriethen den sonderbaren Gedanken, die Protestanen sollten e^ ne eigene Kirchenvcrsammlung, aber nur nicht untet dem Nahmen eines Lonctliums, sondern einer Ge«^ ralsynodc, halten, um darauf die unter ihnen en^ standenen Ketzer zu verdammen. Allein andere fürcht trten nicht ohne Grund, durch dieses Mittel möch^ das Uebel eher vergrößert, als vermindert werbt»' Es wurde daher auf Betrieb des Herzogs Christoph von Wirtemberg lieber der oben erwähnte Conv^ zu Naumburg verabredet« Auf demselben sollten bl^' die Eerdinanö i. tic Fürsten mit Ausschließung der Theologen erschei¬ nen und zum Zeichen ihrer Eintracht die augsbur» gische Confeffion von neuem unterschreiben: wer sich dazu verstehen würde, dör sollte ohne weiters als AeligivnSverwändter betrachtet werdin. Aber auch bsy diesem Auskunftsmittei fanden sich Schwierigkei¬ ten. Dem einen wollte die ungeänderte augsbur« gische Eonfession nicht recht behagen; der andere stieß sich an der neuen Vorrede, die Masi dazu machen Zollte oder weigerte sich neben solchen zu unter» schreiben, von denen er g'laubte, daß sie in einigen Brüchen sindtrS gesisint wärest. Zuletzt unterzeichne» Erst jedoch die meisten der Anwesenden, sogar der Kurfürst Friedrich vvst der Pfalz j obschön es ziem¬ lich offenbar war, dsiß Er in Ansehung des ^Abend- ch-ihls der Lehre Zwingels und Calvins beypflichle. ^anz einstimmig hingegen waten die versammelten dürsten in Verwerfung des vom Papste ausgeschrie¬ bnen Conciliums,' zu dessen Beschickung die ange- '°Mmeneii päpstlichen Nuntien sie zu bereden sachtem. Die Nuntien wurden unhöflich empfangen, und M einer beleidigenden Antwort abgewiesen. Das Concilium wurdi Ülso, ohne von den Evangelischen beschickt z« ftyn, nach einiger Zögerung »8. Jan. 1562 zum bciltcnmahl zu Trient er- Mch Dec Kaiser hatte stoch vor Ansagung des '^nciliums dem Papste mit seiner gewohnten Auf- ^Ächvgefth. Hl, Ths. Q d rich-- 4,8 Fetdmand l. richtigkeit die heilsamsten Nathfchläge ertheilet, wir das Concilium mit Nutzen gehalten, werden könnte. Allem selbige waren gar nicht nach dem Geschmacke des römischen Hofes. Man ließ sich's gleich An¬ fangs merken, daß das gegenwärtige Concilium nur eine Fortsetzung des schon zwepmähl abgebrochenen, den Protestanten sehr gehäßigen, Trientiner Conci- ltums seyn sollte, und man verschob nur auf drin¬ gendes Anhalten Ferdinands, der noch immer die Protestanten auf dasselbe zu bringen wünschte und hoffte, noch einige Zeit, es feierlich dafür zu erklä¬ ren. Es wurde nicht nach Nationen, sondern nach Köpfen gestimmet. Die Italiener, von denen alle Prälaten, die die Reise aushalten konnten, auf Be- fchl des Papstes nach Trient aufbrechen mißten, machten offenbar die Mehrheit aus. Päpstliche Legaten präsidirtcn dem Concilium und proponir- tcn nach Gefallen. In zweifelhaften Fällen frag¬ ten sie sich zu Rom an, und warteten bis von dort¬ her die nöthige Weisung ankam; denn zu Rom war immer ein kleines Nebenconcilium von Cardinälen und andern Curialisten versammelt. Der Kaiser riech und drang darauf, daß vor allem die so nokhwendige Re¬ formation der Kirche vorgenommen werde. Er über¬ gab selbst durch seine Gesandten den Legaten wichtige Neformativnsartikel, die er den Bedürfnissen Teutsch- lauds und seiner Erbstaaten angemessen fand. Allein die Legaten beschäftigten da» Concilium bepnahe nu» mit Ferdinand r. 419 Kit Glanbenssachen und suchten allerhand Ausflüchte, um von den kaiserlichen Artikeln so wenig, als im¬ mer thunlich war, zum Vortrag zu bringen. Ais auch andere Fürsten die Wünsche deö Kaisers nach einer Reformation der Kirche zu unterstützen anfien- gen, machten die Legaten sogar Miene, d«s Biatt umzuwenden, rind die weltlichen Mävts reformi-en zu wollen. Sie brachten Artikel zum Vorschein, die darauf abzweckten, den Regenten ihre bisherigen Rech¬ te in Ansehung der geistlichen Personen und Güter - wie auch des Kirchen - und Religionswescus ihrer Staaten entweder gänzlich zu nehmen oder doch nach Möglichkeit zu beschränken. Ja der Cardinal Ho- sius sagte sogar, man müsse das deutsche Reich und die übrigen Königreiche auf einen gewissen polnischen Auß setzen. Dieser traurige Gang des Concüinms Machte endlich den Kaiser kalisinniger gegen dasselbe. Sobald die Legaten dieses merkten, ersuchten sie ihn förmlich um seine Einwilligung zur Beendigung des Conciliums. Um dieselbe desto gewisser zu e halten, ließen sie ihm die Versicherung ertheilen,, daß der Papst bereit sei), nach geschlossenem Conciitum alles Zu bewilligen, was immer Ferdinand für seine Kö¬ nigreiche und Lande von ihm begehren werde. Der Kaiser setzte sich dem Gesuche der Legaten gar nia t entgegen, besonders weil sich nun, wie er selbst spricht, hi« Meinung seiner bemeistert hatte, daß, wenn das D d 2 Con- 42» Ferdinand r. Vlü- Concilium auch hundert Jahre auf die Art, wie es angefangen und fortgesetzt worden ist, dauern sollte/ es doch entweder gar keinen oder nur einen sehr ge¬ ringen Nutzen hervorbringen würde. Nun brachtest die Legaten .das Concilium in der größten Eile zrt seinem Schluffe, der am 4. Dec. IZ6^ erfolgte. Diese trientische Kirchenversammlung hat also die ge- wünschte Wiedervereinigung der Religion nicht be- wirkt, sondern die - zwischen der katholischen und evaru gelischeN Kirche schon durch die augsburgisch'e Con- f.ffion und andere symbolische Bücher der Protestan- rcn anfgerichtete, Schweidewand durch ihre densel¬ ben entgegengesetzten Decrete noch befestiget. Während des Trienter Contiliums hatkt derKas-l sek Ferdinand auf einem Kürfürstenrage zu Frankfurt 1562 24. Nov. die römische Königswahl seines äto testen Sohnes Maximilians II. der damsthls bereits rin Herr von ZZ Jahren war, glücklich zu Stande gebracht. Bey derselben ereignete sich der Fall, daß während der Berathschlaguugen über die ntue Wahl--? capirulakion die Nachricht einkicf, der Kurfürst Geb, Hard von Cöln - der wegen seiner gefährlichen Krank¬ heit nur eine Gesandtschaft nach Frch'kfurt geschickt harte / sey gestorben. Von nun an wurden die köl¬ nischen Gesandten nicht mehr zu den kurfürstlichen Couferenzen zu gelassen, sondern die Kurfürsten ließen mit Ferdinand i. 42 r mit Einwilligung des Kaisers dem Domkapitel zu Cölii bedeuten, daß es binnen 15 Tagen einen neuen Erzbischof wählen sollte. Has Capikel that cs, und der neue Erzbischof Friedrich, ein Graf von Wied, wohnte hernach in Person sowohl der wirklichen Wahl als auch der ebenfalls zu Frankfurt am Zo. Nov. vorgenommenen Krönung Maximilians It. bey. So wurde die Frage: ob das Domcapitsl eines teutfchen Erzstiftcs, auf dem die Kurwürde haftet, während der Sedisvacanz die Kurrechte ausüben könne, durch die That selbst verneinend entschieden. Maximili¬ ans erster Informator wqr ein gewisser Wolfgang Schiefer, der zu Wittenberg studieret hatte, gewesen. Man glaubte zu Rom, er habe dem Prinzen eine Neigung zur protestantische» Religion beygebracht, Ließ war wohl die Haupkursache, warum der Papst Pius IV. Schwierigkeiten machte, dm gewählcen Maximilian für einen römischen König zu erkennen, und sich nur dann erbot, seine Wahl zu bestätigen, wenn Maximilian ihn förmlich ersuchen würde, die bey derselben untergelaufenen Mängel aus päpstlicher Machtvollkommenheit zu ersetzen; wenn er einen Eid, den man ihm in Ansehung des Glaubens und des rö¬ mischen Stuhles vorlegen würde, abschwören und end¬ lich einen Gesandten zur Leistung der Obedienz nach Rom schicken wollte. Allein da Maximilian mit Beystimmung seines Vaters, des Kaisers, diese un¬ gewöhnlichen Bedingungen standhaft verwarf, so muß- -e 422 Ferdinand r. te der Papst bald nachgcben, und sich damit zuftlo- den lieben, baß ihm der ramsche König in einem höfliä,en Schreiben seines Wahl bekannt machte, und ei en Gesandten nach Rom schichte, der in seinem Nahmen den Papst um dasjenige, was die Päpste sonst nach geschehener Wahl zu thnn und zu bewilli¬ gen pflegten, ersuchte, und demselben in einer öffent¬ lichen Rede bey Gelegenheit der feierlichen Audienz alle Liehe., Ehrerbietung, Hochachtung mid Willfäh¬ rigkeit (amorem, rsvereutiam, oblervuntium L obla^uium, nicht aber obeclisutiam) zusagte. Die¬ ses Ceiemoniel wird seitdem nach vollzogenen Kaiser¬ oder römischen Königswahlen noch bis auf den heu¬ tigen Tag ungefähr eben so beobachtet. IX Bald nach geschlossenem Concilium von Trient wandte sich der Kaiser Ferdinand an den Papst, in der Hoffnung, nun von demselben, wie ihm öfters versprochen worden, dasjenige ganz leicht zu erhalten, was er bey dem Concilium vergebens gesucht hatte, nämlich die Coinmunion unter beyden Gestalten und die Prieste ehe für seine Erblande. Diese zwey Stü¬ cke hielt er nicht nur für nothwendig, um dem star¬ ken Hange seiner Unterthanen zur evangelischen Re¬ ligion zu steuern, sondern auch für höchst dienlich, um m hrere von denj.nigen, die bereits zu den Pro¬ testanten übergctreten waren, wieder zur katholischen Religion zurück zuführen. Allein der Papst bewillig¬ te Ferdümnd l. 42Z re bloß den Gebrauch des Kelches; verweigerte aber die Priesterehe, und ließ sich durch keine weitern Vor¬ stellungen zur Nachgiebigkeit bewegen. Ferdinand starb hierauf rZ^4 2Z. Iuly im X» 62 Jahre seines Alters, geliebt von feinen Unter- thanen und hochgeschätzt von Ausländern. In fei¬ nem Character vereinigte er die schönsten häuslichen und öffentlichen Tugenden; besonders aber zeichnete er sich durch eine ausnehmende Sanftmuth, grosse Redlichkeit, strenge Gerechtigkeitsltebe, seltene Fried¬ fertigkeit, tiefe Einsicht in Staatssachen und eine be¬ wunderungswürdige Unverdrossenheit in Regiernngs- geschästen aus. Er war ein Kenner und eifriger Beförderer der Künste und gelehrten Wissenschaften. Seine kieblinaslectüre war Cicero's Buch c!s nen. Unterlchndn^q derselben von den außerordentlichen. III. Lnrkenkrieg. R-ich^ tag zu Augsburg 15'06. Türkenbülft'. Soln-nws, >s. Lod. Achtjähriger Stillchand mit Le im is. F'rt'eAnnq des Kriegs durch den Fürsten Jodäaa "igmnno now Siebenbürgen. Friede mit ibm, t '/. H 'stnang Mari' Eli¬ ans zur polnischen Kron- für seine 1 S ha Krnst UaY^'Ü» fich. Stephan Bathoci kommt ibm ,u»-r. V. Römi- sche Königs,vahl RudolsS i i. Strei» zw'scher dcN welt¬ lichen und geistlichen Kurfürst n über die Declaration Ferdinands I. wegen der Religionsfreyheit der Unter- thanen in geistlichen Landern. Vl. Maximilians Tos lergnz gegen seine evangelischen Untertbanen, ohne da- bey die Sorgfalt für die Aufrechthaltung der katholi¬ schen Religion zu vernachläßigen. Schlechter Dan-, den er dafür von' seinen protestantischen Untertanen ein- arndtet. Mißliche Lage der katholischen Fürsten , d'« in diesen Zeiten evangelische Unterbauen hatten. V l. Maximilians Betragen bey den wrchselseitiqen Reli- gionsbeschiverden auf den Reichstagen. Verleiei>-it der Protestanten wtgrn des Kurfürsten Friedrichs lkl> »on Maximilian n. 427 »on der Pfalz auf dem Reichstage zu Augsburg. Zwist wegen der ferdinanv'scheu Declaration auf dem Reichs¬ tage zu Regensburg ,57 , V4! i. MarimiliansTsd und Charakter. Wahrscheinliche Einführung des Primoge¬ niturrechts im Hause Oesterreich unter seiner Regie¬ rung. IX. Ursprung des großherzoglichen Titels von Toscana. Nach Ferdinands Abste ben trat der bisherige römische König Maximilian II. ohne weitere Umstän¬ de die kaiserliche Regierung an. Unter derselben en¬ digten sich die Grumbachischerr ^ä'n-el, eine Sa¬ che, die schon unter der vorigen Regierung grosses Aufsehen im Reiche gemacht hakte. Wilhelm von Grumbach, ein fränkischer Rcichsritter und Vasall des Hochstifts Würzburg, hatte unter Karl V. mit dem unruhigen Markgrafen Albrecht von Branden¬ burg-Cnlmbach indessen verheerender Fehde gegen den Bischof von Würzburg zusammengehaltcn, und dar¬ über seine im würzburgischen Gebiete gelegenen Gü¬ ter verloren. Da er die Zurückstellung derselben we¬ der am Kammergerichte, noch am kaiserlichen Hofe, wohin ec sich wandte, bewirken konnte; so beschloß er, sich selbst zu helfen. Das schicklichste Mittel schien ihm d;e Aufhebung des' Bischofs von Würz- bu 'g , Melchiors von Zobel, zu scyn. Bey dem Versuche, diesen Anschlag auszuführen, wurde der Bi- schof I ZA8 April durch einen Schuß getödtet. Der Kaiser Ferdinand suchte auf dem Reichstage zu Augs- " Maximilian n. 4L« Augsburg rZKy den ganzen Handel behzulegen; konnq te aber wegen Widersetzlichkeit der würzburgischen Ge¬ sandten nichts ausrichten. Nun rennte Grumbach das ganze Heich aus, erneuerte seine alten Verbindungen mit Leuten, die ehemals unter dem Markgrafen Al¬ brecht gedient haben, stiftete neue mit mißvergnügt ten Edrlleuken, warb ein Corps Reuter an, überfiel damit die Stadt Würzburg, plünderte sie, und nöthigte dem Domcapitel und den bischöflichen Rächen einen harten Vergleich ab. Wegen dieser tandfciedenshrüchigen Unternehmungen und aus Be¬ sorgnis, es möchte wegen seiner gefährlichen Verbin¬ dungen mit den Edclleuten in ganz Teutschiand nach dem Beispiele des ehemaligen Bauernkrieges ein ast-, gemeiner Evelmannskrieg entstehest, wurde er nebst seinen vornehmsten Anhängern von dem Kaiser Fer¬ dinand in die Retchsacht erklärt. Allein er fand Ich- flucht bey dem Herzoge Johann Friedrich von Sach¬ sen, einem Sohne des unglücklichen Kurfürsten gleis ches Rahmens, den er durch das Versprechen, ihm mit Hülfe der Reichsritterschaft und französischer Sub¬ tilsten nicht nur wieder die Kur - sondern sogar auch die Kaiserwürde zu verschaffen, schon vorloer ganz eingenommen hatte. Wiederholte Abmahnungen, Be¬ fehle und Drohungen der Kaiser Ferdinands I. und Maximilians H. waren nicht vermögend, den ver¬ blendeten Herzog von dem geächteten Grumbach und »essen Entwürfen abzuziehen, wozu des Herzogs e^ Maximilian ti. 429 Lener Kanzler, Christian Brück, dest Crumbach ge¬ wonnen hakte, vieles behtrug. Auf Maximilians erstem Ruchstage zu Augsbürg 1Z66, wo derselbe die voii seinem Vater wider Erumbach und dessen Anhänger derhängle Reichsacht erneuerte utid schärf¬ te- wurde sogar eine ansehnliche Gesandtschaft vost Reichsfürsten an dest bemitleideten Herzog Johann Friedrich abgeordnet, um ihn auf bessere Gesinnun¬ gei, zst bringen. Allein er blieb taub gegen alle Bitten- Vorstellungen und HZarnüngen; denn Man hätte Unterdessen auch durch astrologische Eräume- leyen unb Erschelnungen tistes Engelschers feinest schwächen Verstand vollends bethörrkl Sä also kei¬ ne Ungewandten Mittel etwas fruchteten, so wart? die Acht auch Üuf ihn, als einen offenbaren Re- teptakor Und ungehorsamen Uektrtrrter det kaiserli¬ chen Mandate und der Reichssatzungen, ausgedehnt/ lind die Vollziehung derselben dem Kurfürsten Au» Lnst von Sachsen äufgetragen. Dieser rückte so» öleich im Dec. 156b vor die herz-oglkchr Residenz- stade Gotha, und erobert« sie nebst dem festen Schlos¬ se Grinimenstein den l§. April des folgenden Jah- res. Grumbach, der Kanzler Brück und ihre vor¬ nehmste,, Anhänge? fickeN in seine Hände. Die e'r- ^en zwey ließ er nach aUsgestaNdcner peinlichen Frä¬ ste lebendig viertheilen ; die übrigen aber kheiis hcn- seu, kheils enthaupten. Der unglückliche Johann Friedrich- der ebenfalls gefangen worden/ wurde' nach Maximilian n. 4Zv nach Oesterreich abgeführt und lebte noch 28 Iah- re tir der Gefangenschaft, bis er lZyZ zu Steyer tm Lande ob der Ens mit Tode abgieng 5). Durch die Vollziehung dieser Acht wurde die Ruhe tm Reiche wieder hcrgestellt, und mit Wilhelm Grum- bach wurde zugleich der alte Faustrechtsgeist des Nie¬ dern teutschen Adels zu Grabe getragen. H. Die grumbachtschen Händel gaben unter andern Anlaß, daß die ordentlichen Reichsdeputationen in den Gang kamen, wozu die Grundlage schon in der C^ecutionsordnung vom I. lzSZ gemacht wor¬ den war. Es war nämlich darin zur Handhabung des Landfriedens verordnet worden, baß in wichti¬ gen Landfriedensbruchsfallcn, wenn der Kreis, wor¬ in die Empörung ausbrach, und die benachbarten vier k) Seine Länder nahm gleich beym Anfänge der Execukion sein. Bruder, der Herzog Johann Wilhelm zu Weimar, i« Besitz; mußte aber davon die vier Aemter Weida, Arnshaug, Ziegenrück und Sachsenburg den, Kurfürsten August zur Schadloshaltung für die am 286216 Gulden berechneten Kriegskosten cinräuinen. Auf dem folgenden Reichstage zu Spcner i5?o wurden jedoch Johann Aried- richs minderjährige Sühne, Johann Casimir und Johann Ernst, in die väterlichen Länder wieder eingesetzt, und be¬ kamen vermöge einer neuen, mit ihrem Hheim Johann Wilhelm 1572 vorgenommenen, Thcilung die Städte und Aemter Gotha, Coburg, und Eisenach nebst andern Stü¬ cken zu ihrem Anchcile. Sie standen dann bis 1586 unter der Vormundschaft des Kurfürsten August, worauf sie ifyo zuerst eine Mukfchierung, 1596 aber eine erblich? Landeükheilung unter sich errichteten- Maximilian N» 43 r vier Kreise zur Herstellung der Ruhe nicht stark ge¬ nug wären, der Kurfürst von Mapnz im Nahmen des Kaisers einen Ausschuß der Stände, nämlich die sämmtlichcn Kurfürsten und noch einige andere benannte Rcichsstände, zusammen berufen sollte; was diese beschließen würden, sollte eben die Kraft ha¬ ben, a!S wenn es von dem ganzen Reichstage be¬ schlossen worden wäre. Als nun die grumbachischen Händel den F jeden im Reiche so sehr störten, so berief der Kru. fürst von Maynz auf Veranlassung des Kaisers Fe dir and l s6ss. wirklich eine solche Reissdeputation nach Worms, die noch einige Zeit unter Maximilians II. Regierung heysammrn blieb, Und sich mit Anstalten zur Vollziehung der grum- bachrschen Achcssentenz beschäftigte. Im I. 1569 Wurde ein anderer Reichsdeputationstag zu Frankfurt Wegen der Gewaltthätigkeiten des teutschen Kriegs¬ volks gehalten, das von Rcichsfürsten und andern fremde Kriegsdienste angeworben zu werden, oder bch wohl auch von freyen Stücken zusammen zu schlagen pflegte, und ganze Länder mit Versammlun¬ gen, Musterplätzen, Lagern, Durchzügen, Brandscha- Hungen und Plünderungen beunruhigte. Nachdem ^ese Reichsdeputationen cinmahl in den Gang ge¬ macht waren, fand man für gut, ihnen auch an¬ kere Geschäfte aufzutragen, die auf dem vollen Retchs- *age nicht leicht ausgemacht werden konnten. Eine deutliche Reichsdeputarton ist also eine Versamm- lung 4K6 Maximilian lil lung der Kurfürsten und noch einiger bestimisikeck Stände; die zum Zwecke hat, gewiss- Rekchsgeschäft te, die keinen Verzug leiden, öder von wenigerst Rcichsständtii zweckmäßiger als von der ganzen Reichs- Versammlung verhandelt werden können, im Nahmen, des gesummten Reichs öökzunehmest und unter Ge¬ nehmigung des Kaisers ödet seiner dabey gegenwär¬ tigen Commissarien abzuthuii. Ästfangs waren die Mitglieder dec Reichsd-pnkation nur für ihre PersM dazu gewählt worden; aber schön iiü I. IAZ-) ist dieses Recht dinglich gemacht, das hekßt, dergestalt mit gewissen Landern verbundeü wordin, daß die Besitzer daoön zu jeder ördentlichin Reichsdeputationi zugezogen werden müssen. Dadurch unterscheiden sich eben die ordentlichen Relchsdeputätioncn von den au-» Lerordentlichen, wözü die Mitglieder erst in vörkom- ckenden Fällen jedesmstzl durch eine freyc Wahl er¬ nannt werden'. Die litzterü sind älter als die erst-rn/ und werden bey verschledenen Gelegenheiten veranstal¬ tet- z. D. wenn im Nahmen des Reichs ein Frie¬ denskongreß zu beschicken, öder am Orte des Reichs¬ tags selbst im Nahmen der gejammten Reichsstände ein CereMonielatt zu verrichten ist. lll. Während der grümbachischen Unruhen wurde der Kaiser a'nch in einen Turkenkrieg verwickelt. Der Fürst von Siebenbürgen Johrknn Siegmund war zwar in dem achtjährigen Stillstanve, den Ferdinand k, sZÜrr Maximilian u. 4ZA mit den Türken geschlossen hatte, mitbegrif- sen; doch erneuerte er gleich nach Ferdinands Tode die Feindseligkeiten, weil er diesen Zeitpunct für ei¬ ne schickliche Gelegenheit hielt, seine noch immer fort¬ gesetzten Ansprüche auf das Königreich Ungern gel¬ tend zu machen. Allein der ihm entgegengesetzte kai¬ serliche Generäl Lazarus Schwendi trieb ihn bald so in die Enge, daß eS zum Frieden gekommen wäre, wenn nicht unterdessen Johann Sigmund Mittel ge¬ funden hätte, den türkischen Sultan Solyman II. zu bewegen, daß er sich seiner annahm und l A6§ ebenfalls den Stillstand brach. In diesen Umstän¬ den suchte der Kaiser Hülfe bey dem ttutschen Rei- che auf einem, im Frühjahr lA66 zu Augsburg er¬ öffneten, Reichstage, wo ihm auch ein beträchtli¬ cher Geldbeytrag bewilliget ward, so daß er ein an« sehnliches Kriegsherr von 80,006 Mann auf die Beine bringen konnte, das er selbst noch im nämli¬ chen Jahre wider die Türken anführte. Auch det 76jährige Sultan Solyman erschien persönlich tM Felde, gieng aber nicht auf den Kaiser, der ihn in , einem verschanzten Lager bey Naab erwartete, son¬ dern auf die Festung Sigcth los, and starb während ö«r Belagerung, die sich jedoch, obschon der Com- Mandant, Graf Niclas Zrini, den heldenmäßigsten Widerstand leistete, mit der Eroberung des Platzes Endigte. Eolymans Nachfolger, Selim H., dec wahrscheinlich schon damahls seine Expedition gegm Reichsgesa-. IH. Thl, E e M 4Z4 Maximilian 1!. dir venetianische Insel Cypern vorhatle, setzte dm Krieg nur nachläßig fort, Und schloß IZ68 mit dem Kaiser einen achtjährigen Stillstand, vermöge dessen beyde Theile die im Kriege gemachten Eroberungen behalten sollten. Dieser Stillstand wurde IL/6 auf Ächt andere Jahre verlängert, und war, wenn er nur von den Türke» besser gehalten worden wäre § für den Kaiser sehr vorthetlhaft, weil der tapfere General'Schwendi im J. 1^67 bep der damahligen Unthärigkeit der Türken eine grosse Strecke Landes zn Oberungern diesseits und jenseits der Theis ero¬ bert hatte. Aber eben deswegen wollte der Fürst Jo¬ hann Sigmund von Siebenbürgen den Stillstand nicht annehmen. Da er jedoch für sich dem Kaiser nickt gewachsen war, und eine Empörung, die er unter den ungerischen Magnaten zu seinem Vortheil anzuzetteln suchte, fehlschlug; so bequemte er sich end¬ lich 1570 zum beständigen Frieden, in welchem der Kaiser ihm, gegen Niederlegung des angenommene« Titels eines erwählten Königs von Ungern, das Füt- fienthum Siebenbürgen erblich überließ, und den sie- henbürgischen Ständen nach seinem allenfalls unbe¬ erbten Tode das Recht einräumte, sich selbst einen Fürsten zu wählen, der aber immer Vasall von Un¬ gern seyn sollte. Johann Sigmund starb bald dar- auf iL7i unvermählt. Nun wählten die Siebenbür¬ ger feinen Minister Stephan Bathori mit Geneh* rmgtt.ng des Kaisers zu ihrem Fürsten. Die, Maximilian u» Dieser neue Fürst stand einige Jahre nachher dem Kaiser Maximilian bei) der Aussicht, das Kö¬ nigreich Polen an sein Haus zu bringen, vorzüglich im Wege. Schon im I. 1572 nach dem Lode Sig¬ mund Augusts, des letzten Königs von Polen aus ldem jcigsllonischen Mannsstamme, hatte dec Kaiser stuige Hoffnung zur polnischen Krone für seinen zwept- gebornen Prinzen Ernst, dem ein Theil der polni¬ schen Stände sich sehr gewogen zeigte ; aber bei) der endlichen Wahl ,57z wurde doch Heinrich von Va¬ lois, ein Bruder des -Königs Karls IX. von Frank, reich, vorgezogen. Allein Heinrich, dem bald dar¬ auf der Todfall seines kinderlosen Bruders Karl die Nachfolge in Frankreich öffnete, eiikwich 1.574 heim¬ lich aus Polen, und rvollte nicht wieder kommen. E>er Kaiser beivarb sich nlrn abermahl für feinen Prinzen Ernst um den erledigten polnischen Thron. §!ls es tZ7Z im Dec. zur Wahl kam, theilkeu sich die Polen in zwey Partheyen. Die eine, die aus dem größten Theile der Magnaten bestand, wühlte Hegen alle Erwartung den Kaiser selbst zum Könige; die andere aber, wozu fast der ganze niedere Adel Hehörte, rief dell Fürsten Stephan Dathori von Siebenbürgen zum Könige aus, Ärapimilian, der die polnische Krone für sich nie gesucht hatte, zau¬ derte, die beschwerlichen Bedingungen, unter denen ihm angetragcn wurde, zu unterzeichnen. Es ihm daher Stephan Bathori zuvor, der sogleich E «ei "ach 4z6 Maximrlmn ir. nach Polen eilte, sich zu Krakau krönen ließ, und, da er zugleich des vorigen Königs Sigmund Augusts Schwester Anne heurathcte, bald die Oberhand ge¬ wann, die ihm der unterdessen gestorbene Kaiser nichf mehr streitig machen konnte. Glücklicher war der Kaiser in einem andern Ge¬ schäfte eben dieser Art. Er bewirkte cs. Oktober auf einem Kurfürstentage zu Regensburg die' Wahl seines ältesten Sohnes Rudolfs II. zum römi¬ schen Könige. Die Wahlcapituiatiön blieb dießmah! völlig unverändert. Zwar drangen die weltlichen Kurfürsten darauf, daß darin die Declaration Fer¬ dinands wegen der Religionsübung der evangeli» schen Ritterschaft, Städte und Communen in den geistlichen Ländern, oder der augsburgische Nebenan schied vom I. eZZZ, der auf eine unbegreifliche Art bisher ganz in Vergessenheit geblieben war , und erst kürzlich von den Protestanten hervorgezogen wur¬ de , bey Erwähnung des Religionsfriedens mit be¬ stätiget werden sollte. Allein die geistlichen Kurfür¬ sten widersetzten sich sehr eifrig diesem Ansinnen, mit der Versicherung, daß die gedachte Declaration eine ihnen ganz unbekannte Sache sey. Sie bezweifelten sogar die Aechtheik derselben, weil sich in ihren Ar¬ chiven keine Spur, und bep ihren Räthen keine Kennt- niß davon fand. Darüber geriethen die weltlichen und geistlichen Kurfürsten ln einen so heftigen Streit mir Maximilian ir. 4Z? E einander, daß der Wahlconvent in größter Ge» fahr stand, unverrichteter Dinge zerrissen zu werden. Doch zuletzt brachte der Kurfürst August von Sach¬ sen , Maximilians persönlicher Freund, durch die Vor? stcllung, wie unbilltg-eS wäre, die Folgen dec ent¬ standenen Irrung dem Kaiser, der daran keine Schuld hatte, entgelten zu lassen, es bey seinen weltlichen Collegen noch dahin, daß sie, unter Vorbehalt der Rechtskräftigkeit der ferdinandischen Declaration und einer auf dem nächsten Reichstage vorzunehmenden Erörterung des darüber ausgebrocheney Streites, sich entschlossen, mit den geistlichen Kurfürsten in dem Wahlgeschäfte, das sonst keiner andern Schwierigkeit unterlag, fortzufahren- Fünf Tage nach vollbrachter Wahl gieng ebenfalls zu Regensburg die' feyerliche Krönung Rudolfs II. vor sich. In Reltgionssachey bewies Maximilian II. ge- vi. gen seine Unterthanen noch größere Mäßigung als fein Vater. Er gestattete 1568 dem niedern-und nachher auch dem oberösterreichischen Herrn-und Rit¬ terstande die freye Uebung der evangelischen Religion nach der augsburgischen Confession vom I. iKzy in Ehren Häusern, auf ihren Schlößern und Gütern, und ließ durch den von Rostock berufenen David Chy- träus eine Kircheuagende aufsetzcn, nach welcher sich alle Protestanten in Oesterreich richten sollten, damit unter ihnen Einigkeit erhalten würde. Es machten ihm 4Z3 Maxllnman n. ihm zwar der Papst Pius V., der König Philipp !l. von Spanien, und die Bischöfe, deren Diöce» s«n sich über Oesterreich er'reckten, Vorstellungen da¬ gegen; aber Maximilian ließ sich dadurch von den Grundsätzen nicht abwendig machen, die er einmahl angenommen hatte. Er war ein Feind von gewalt¬ samen Maßregeln in Religionssachen, in welchen, nach seiner Meinung nur Unterricht und Uebcrzeugung statt haben sollte. Er glaubte aber, daß eine bloß stillschweigende Toleranz ohne gesetzmäßige Bestimmung wie es bereits die Erfahrung hinlänglich gclehret hatte, nicht nur die Ausbreitung verschiedener, anderer Eecten unter dem Nahmen des Protestantismus b«, günstigen, sondern mit der Zeit auch Verwirrungen, innere Unruhen und Empörungen zur Folge haben wurde. Er hielt daher eine öffentliche, aber durch Gesetze modisicirte Zulassung der augsburgischen Con¬ fessio« für das gelindeste und unschädlichste Mittel, diesen Nebeln vorzub^ugen, besonders da die augsbur- gische Confesswn am meisten mit der katholischen Leh¬ re übereinstimmte, und also noch Hoffnung übrig blieb, die Anhänger derselben elnmahl zur kathyli- scheu Religion znrückzuführen. Um jedoch der katho¬ lischen Religion, bey der er selbst standhaft zu ver¬ harren beschlossen hatte, in jedem Falle nicht" nur Sicherheit W verschaffen, sondern auch das Uebe>« gewicht zu versichern, setzte er schon bey der ersten Pecivilligung des Gebrauchs der augsburgischen Loyv fch. Maximilian u. 4Z9 ftfflon die nöthig scheinenden Beschränkungen fest, und ließ bep Erneuerung dieser sogenannten Religionsaf- securation im I. lZ/e) von den evangelischen Her; ren und Rittern sich noch einen eigenen Nevers aus- stcllen, daß sie die alte Religion nicht beschimpfen, der katholischen Geistlichkeit ihre Einkünfte nicht ent¬ ziehen, sich gegen ihre katholischen Mitstande freund¬ schaftlich betragen, und ihre Religionsübung nicht in die landcsfürstiichen Städte und Märkte ausdehnen wollten; denn in diesen, wo er selbst unmittelbarer Herr war, glaubte er über die Religion nach seinem v Gutdünken eben so anordnen zu können, wie er es dem begüterten Adel in seinen Gebieten zugrstqnden hatte. Wenn nun auf solche Art die Katholischen und ihre Religion geschützt, die landesfürstlichen Städ¬ te und Märkte vor dem Eindringen der evangeli¬ schen Religion bewahrt, und zugleich alle Pfarreyen, die dem Patronatsrechte des Landesherrn, der katho¬ lischen Herren und Ritter unk der Bischöfe und Prä¬ laten unterlagen, wie es ohnehin zu erwarten war, bloß mit katholischen Geistlichen besetzt würdenso hoffte Maximilian nicht besorgen zu dürfen, daß die Protestanten in seinen Ländern jemahls gefährlich werden könnten. Allein qus der folgenden Geschich¬ te werden wir sehen, daß dieser Plan für die dq, «ahligen Zetten eben nicht am besten berechnt war. Noch Maximilian selbst mußte für seine toleranten Gesinnungen statt Dank vielmehr Verdruß einärnd§ ttn, 44*> Maximilian H. ren. Die Protestanten in Oesterreich hatten noch keir ne Anstalten zur Bildung ihrer Lehrer im Lande. Sir mußten sich also mit Predigern behelfen, die sie aus fremden Ländern erhielten. Da Niemand gerne sein Vaterland verläßt, der sich darin sein Fortkommen verspricht; so geschah es, daß meistens Leute, die nicht viel Kenntnisse, aber viel ungestümen Eifer be¬ saßen, oder gar solche, die wegen ihres unruhigen Geistes oder üblen Betragens anderswo fortgejaget wurden, nach Oesterreich kamen. Prediger von die, syn Schlage glaubten eine ihrer ersten Amtspflichten zu erfüllen, wenn sie die heftigsten Ausfälle gegen hie katholische Religion und ihre Priester thaten, ynd dadurch die Gemächer ihrer Zuhörer gegsn die katholischen Einwohner erbitterten. Die evangelischen Landstande, statt dem Unfuge zu wehren, schienen vielmehr ihr Wohlgefallen daran zu haben. Eie selbst begnügten sich nicht mit der ihnen für ihre Per¬ sonen und Unterchanen zugestandenen Religionsfrei¬ heit, sondern suchten ihre Religionsähung auch in die lanb-öfärstlichen Städte und Märkte einzufähren. Obschon ihnen ihr Gesuch öfters abgeschlagen wor¬ den, so erschien doch nicht ohne ihr Vorwissen 1570 ein evangelischer Pre'iger in der Salvatorskirche zu Wien, der sich gleich durch Fanatislnus so sehr ans- zeichnete, daß der gewiß duldsame Maximilian ihm alle Ausübung dec Seelsorge in seinem Lande zu ver- für gut fand. Ist der Folge versuchten sie Maximilian II, 44» Lie landesherrlichen Befehle wenigstens dadurch zu umgehen, daß sie an dem Gottesdienste, den sie in ihren Häusern zu Wien und in andern Städten oder auf benachbarten Dörfern hielten, auch die Bürger Theil nehmen, oder ihre Prediger vom Lande in die Städte kommen ließen, um den Bürgern verschiede¬ ne Religionshandlungen zu verrichten- Zuletzt hat¬ ten sie sogar die Kühnheit, in dem Landhause zu Wir» eine Art von öffentlichem Gottesdienst aufzu- richten, wobei) sie einen berufenen Schwärmer Opitz als Prediger ansiellten. Dieses kränkte den Kaiser ungemein, und er unterschrieb noch auf seinem Tod¬ bette den Befehl zur Abschaffung OpitzenS. Ueber- haupt fanden sich damahls katholische Fürsten, wel¬ che protestantische Untcrthanen hatten, in einer sehr mißlichen Lage, auf die unsere heutigen Begriffe von Toleranz gar nicht anwendbar waren. In unser» Zeiten hat die Philosophie die Gegenstände so von einander abgesondert, daß die Religion der Unter- Chanen in gut organisirten Staaten wenig Einfluß mehr auf politische Verhältniffe hat. Allein ganz anders verhielt es sich in den Zetten, wovon hier die Rede ist. Da war eben die Religion die Achse, NM Ivelche lsich das ganze politische System herum- drehete. Tjn katholischer Landesherr hatte von pro- estantisehen Einwohnern gewöhnlicher Weise Unruhen Und die Verminderung seines Ansehens zu befürchten; denn alle Protestantey im Lande hielten nicht nur auf dqs 44- Maximilian n. das engste zusammen, und betrachteten alles, was auf sie einigen Bezug hatte, als eine gemeinschaftli¬ che Religionssache, sondern sie bestrebten sich auch aus eine-r Mischung von Religionseifer und Politik snabläßig, neue Proselyten anznwerben und sich im¬ mer weiter ansjubreiten. Auf solche Art hatte den Laudesfürsi eine sich stäts vergrößernde Parthey schon im Lande gegen sich; was aber noch bedenklicher war, diese Parthey stand mit ihren Glaubensgenossen ly auswärtigen Ländern beständig in Verbindung, und wurde von denselben in allen ihren Unternehmung gen eifrig unterstützt. Wenn ihr der Landesherr auch volle Religionsübung gestattete, so glaubte sie sich doch nicht gesichert, sondern verlangte eine Assecura- tisn, die meistens dghin ansgieng, daß die landes«. herrlichen Regierungsrechte beschränkt, oder geschmä¬ lert uyd so viel möglich in die Hände djeftc Parthey Übertragen werden sollten. Ein katholischer Fürst, der bey seiner Religion bleiben wollte und in dessen Lande sich evangelische Einwohner hervorchaten, muß- le also wohl überlegen , was in solchen Umständen zu ch.un fey. Hielt sich der größte Theil der Untertha» yen noch zur katholischen Religion, so war wohl das beste Mittel, die Ausbreitung der evangelischen Re¬ ligion im Lande auf alle Weise zu hindern. Die Herzoge von Bayern haben dasselbe ergriffen, unk Lande sind ruhig geblieben. Maximilian n. 44A Zm tentschen Reiche wußte Maximilian durch vil eiv unparthcyisches und leutseliges Betragen gegen heyde Rcligionspattheyen, dqs - er sich gleich Ans sqngs zum Grundsätze gemacht und bis an sein En¬ de beobachtet hatte, die Ruhe beständig zu erhal¬ ten , obschon es auch unter seiner Regierung an Be¬ schwerden der Protestanten und Gegenbeschwerden d?r Katholischen nicht gebrach. Schon quf seinem er¬ sten Reichstage zu Augsburg i^66 mußte er sel¬ bige anhören, und ertheilte thesls selbst Bescheid darauf, thefls versprach er durch die Reichsgerichte Abhülse zu verschaffen. Dee Grund tiefer wechsel¬ seitigen Beschwerden lag gr§ßtentheils in der un¬ gleichen Auslegung, die dem Neligionsfrieden von der einen and dec andern Parthep gegeben wurde. Die Protestanten begehrten daher eine Erklärung der streitigen Artikel des Religionsfriedens; aber der Kai¬ ser lehnte dieses Verlangen weislich ah, weil sonst gewiß die heftigsten Streitigkeiten auf dem Reichs¬ tage entstanden ser-n würden , und man sich doch zu¬ letzt über keine Entscheidung hätte vereinigen können. Zugleich betrieben die Protestanten die Abschaffung des geistlichen Reservats auS dem alten Grunde, daß sie nie in denselben eingewilltget hahen. Allein der Kaiser kehrte jetzt den nämlichen Grund gegen sie selbst, indem er sagte; auch die Katholischen hätten Yie in eine solche Frepstellung der Religion in Austs, hui!g ihrer Geistliche,! chMwllliget, daß diese rM 444 Maximilian n. Beybchaltung ihrer Pfründen zu der evangelischen soll¬ ten übertreten können, klebrigen- geriethen auf die¬ sem Reichstage die Protestanten wegen des Kurfür¬ sten Friedrichs Hl. von der Pfalz in eine nicht ge¬ ringe Verlegenheit. Er hatte in seinem Lande nach der calvinischen Lehre nformirt, und l§6z den soge¬ nannten Heidelberger Catechismus eingeführt. Ei¬ nige von ihnen weigerten sich deswegen auf Anstiften ihrer eifrigen Theologen mit ihm gemeinschaftliche Berqthschlagimge.n über Rrligionssachen zu pflegen. Dadurch wurde der Kaiser veranlaßt, die Prote¬ stanten anzugehen, daß sie sich erklären sollten, oh sie den Kurfürsten von der Pfalz für einen qugsbur- gischen Confeffionsverwandten hielten. Die Prote¬ stanten sahen wohl rin, worauf die Frage abzielte und wieviel ihnen an Gewicht entgehen würde, wenn sie einen so mächtigeu Fürsten von ihrer Parthey ausschlößeu. Sie suchten daher in ihrer Antwort der eigentlichen Frage so viel als möglich auszuwei, chen, damit der Kurfürst nicht außer dem Religt- vnsfrieden gesetzt und von ihrer Parthey getrennt würde. Der tolerante Kaiser gab sich auch endlich auf Vermittlung des Kurfürsten von Sachsen da¬ mit zufrieden, daß die augsburgtschen Conftsstsns- verwandten versprachen, den Kurfürsten auf einem hesondecn Convente über seine Religionsmetnungen durch das Wort Gottes zurecht zu weisen. Auf Maximilians letztem Reichstage zu Regensburg 1576 ka- Maximilian u> 44.5 kamen wieher gegenseitige Religionsbeschwerden vor. Ueberdieß brachten die Protestanten, wie die Kur¬ fürsten von ihrer Religion das Jahr vorher bey der römischen Königswahl sich ausbedüngen haben, die bekannte Declaration Ferdinands I. in Anregung, und verlangten, daß dieselbe bestätiget und dem Reichsabschiede einverleibt würde. Die Katholischen setzten sich aus allen Kräften entgegen und wollten keineswegs nachgebem Der Kaiser hakte die größte Mühe, die Protestanten durch verschiedene, den Umständen angemessene, Resolutionen nur in soweit ju beruhigen, baß der Reichstag nicht vollends zer¬ rissen wurde. Derselbe endigte, wie der erste, zu» letzt damit, daß die Beobachtung des Religionsfris- beüs eingeschärft wurde. Mit diesem Reichstage nahm auch MaximiÜ- 4ns II. Regierung ein Ende. Er starb zu Regens¬ burg an eben dem Tage, da der Reichsabschied pu- blicirt wurde, (12. Oct. iZ/6) in einem Alter von 49 Jahren, aufrichtig bedauert, wie er es verdien¬ te, von seinen Unterlhauen und Fremden, ohne Un¬ terschied der Länder, der Stände und der Religion. In Ansehung des Charakters glich er fast ganz sei¬ nem Vater, nur übertraf er diesen noch an Herzens- süte und Sauftmuth. Neyue enim rilo lNZeniü rrütius ullum rexais conliAit, sagt von ihm der berühmte Grotjus. Von seinen sechs, zfchon oben an- 446 Maximilian n. angezeigten - Söhnen folgten ihm nur der ältestes der römische König Rudolf kl., in Land und Leu- test, woraus es wahrscheinlich wird, baß Maximr» lian durch ei» Hausgesetz, das jedoch noch unbe¬ kannt ist, das Erstgeburtsrecht wenigstens für seine Linie und Scäaten eingeführet habe; denn vor ihm war es gewöhnlich, daß, wenn ein regierender Herr des Hauses Oesterreich mehrere Söhne hinterließ) diese, obschon sie jederzeit in dek Gemeinschaft des Cigcnkhuins blieben j doch eine Auszeichnung dec Län¬ der vornahntm, wovon jeder die Nutzungen ziehen und worin er die Regierung führen sollte; nur wurde vermöge eines alten Hausgesetzes der älteste immer als das Haupt der ganzen Familie angese¬ hen, und Vie übrigen mußten sich in wichtigen Es¬ chen nach seinem vorzüglichen Ansehen richtest. LX. In Italien ereignete sich unter dieser Regie¬ rung folgende Titelveränderung. Der Papst PiuS V. ließ sich bcyfallen > dem Herzoge Cosinus l. vost Florenz aus dem mediceischen Hanse den Titel eines Eroßherzsgs von Toscana zu ertheilen, um dem¬ selben den Vorrang vor dem Herzoge von Modena und Ferrara aus dem viel ältern fürstlichen Hause von Este zu verschaffen. Maximilian II. protestie¬ re über diesen Eingriff des Papstes in die kaiserli¬ chen Rechte, und wollte weder selbst den Herzog' Cosüttus üls Erößherzög erkennen) lisch gestattete eil Än- ) Maximilian n. 447 andern, ihm diksen Titel zu geben. Als aber Cos¬ inus starb, brachte rs sein Sohn und Nachfolger Franz I. bey dem Kaiser, mit dessen jüngster Schwe¬ ster Johanne er vermählt war, ohne grosse Schwie¬ rigkeit dahin, daß ihm dieser, mit Einwilligung der Kurfürsten und mit Vorbehalt der Reichsrechte über Toscana, iL/4 den großherzogltchen Titel vep- Mhc /