109836 ? Lm Tag, em Mr im Leben cleslkaisers »I« versaht von kucl. 6. tzeerz l>. lr. pri»1rl'svr in Liiibn»li KM MlS 20 k Lsidscb IS04 Um verlnge lies Ikrnlnischon Lekrervereinos _ Ein Tag, ein Jahr im leben des Kaisers. verfaßt von Rud. E. Peer;, i. k. Professor in Laibach. Preis 20 Peiler. Das Reinerträgnis ist für das «Lehrerheim iin Süden» gewidmet. Lail,ach 1904. Im Vertage des Kr klinischen Lehr er» er ein es. Buchdrurkerei Fg. v. Kleinmayr L Fed. Bamberg. /'v? 1V9836, An die Kleinen: Wohl jedes von euch besitzt in einem fernen Orte einen tenern Verwandten oder einen lieben Kameraden. Welche Freude erfüllt euch da, wenn eines Tages von dem guten Onkel ein Brieflein angeflogen kommt! Wie mag es ihm gehen, was mag er den ganzen Tag tun? So habt ihr euch gewiß schon oft gefragt. Und nun sollt ihr es erfahren. Der Vater liest das Brieflein vor und die Kinder hören aufmerksam zu, als erzählte er ihnen die schönste Geschichte. Der Onkel ist ja ihr lieber Freund. Nie ist er mit leeren Taschen zu ihnen gekommen; immer war er dar¬ auf bedacht, ihnen Vergnügen zu bereiten. Wer wollte da nicht begierig sein zu erfahren, was er schreibt? Der Onkel ist ein guter Mann. Doch er sorgt nur für wenige Ich kenne aber einen Mann, dessen Herz für tausend und aber¬ tausend Kinder schlägt. Auch euch umfaßt seine 6 Liebe und Sorge Wie gerne würdet ihr von diesem, euerem besten Freunde ein Brieflein be¬ kommen? Allein, wie kann er all den tausend Kindern schreiben! Zudem ist er der Herr eines großen Reiches und hat nicht nur für euch, son¬ dern noch für Millionen von Menschen zu sorgen. Und doch möchtet ihr gerne wissen, wie es ihm ergeht und was er den ganzen Tag macht. Werl er aber das nicht selbst berichten kann, so will ich euch heute alles genau erzählen. Doch wer ist der liebe Freund in der Ferne? Ihr habt es gewiß schon erraten: — unser Kaiser! Der Tag. Wenn der Morgen grant nnd ihr noch in euerem warmen Bettlein schlafet, glimmt aus dem Nebel, der über dem Häusermeere der Reichs- Hauptstadt Wien lagert, dort, wo des Kaisers Burg steht, ein schwaches Flämmchen. Wir schweben im Geiste den Strahlen nach und forschen, woher sie kommen. Wo sind Nur? Am Fenster eines kleinen Zimmers. Drinnen sitzt beim Scheine der Lampe der Kaiser nnd schreibt. Die Sorge nm sein geliebtes Volk hat ihn aus dem Schlummer geweckt. Er liest dies und liest jenes, prüft alles genau und merkt bei den Schriften, die ihm von seinen Beamten vorgelegt werden, an, ob er mit den Vorschlägen einverstanden sei oder nicht. Da bittet z. B. ein alter Krieger um eine Gabe, weil ihn Ungemach betroffen. Der Kaiser ersieht aus den Schriften, daß der Arme einst für ihn und das Vaterland gekämpft hat, nnd schreibt unter das Gesuch, daß die Bitte erfüllt werde. — Ein zweites Papier enthält das Todesurteil über Verbrecher. Während andere Menschen einem schönen Morgen ins Antlitz sehen 8 und sich all dem Glanze der erstell Sonnenstrahlen erfreuen, muß der Herrscher in die Finsternis des Verderbens blicken. Wie schmerzt es ihn, daß es in seinem Reiche auch Leute gibt, die deu Weg des Lasters wandeln! Nun soll sie die verdiente Strafe treffen. Ein Federstrich von der Hand des oberstell Richters und ihr Leben zählt nurmehr nach Stunden. Oft hat dieser Gedanke dem Monarchen eine Träne ans dem Ange gepreßt. Während er¬ sieh sinnend über das Todesurteil beugte, war sie auf das Schriftstück herabgefallen und hatte die Unterschrift verlöscht. Was hat der Kaiser¬ in einem solchen Falle wohl getan? Ihr wißt es ja alle: Er hat das Papier beiseite gelegt und dem Verbrecher das Leben geschenkt. — Noch lagert der Ernst im Gesichte des Herrschers, aus dessen Antlitze sonst nur Milde blickt, da greift er nach einem dritten Papiere. Er entfaltet es und plötzlich fliegt ein froher Hauch über seine Miene. Was mag das Schriftstück enthalten? Es schildert die Arbeit eines Beamten, der für seinen Fleiß den Lohn erhalten soll. Da säumt der Kaiser nicht: Ohne Zaudern bestätigt er durch seine Unterschrift die Würdigkeit und freut sich bei dem Gedanken, dem Manne einen frohen Lebensabend zu bereiten. 9 So vergehen die Stunden und schon ladet das Glöcklern znr Morgenmesse ein. Der Kaiser erhebt sich nnd solgt dem Rufe. Bald hat er die Bnrgkapelle erreicht und kniet nun auf dem Balkone, tief im Gebete versunken, indes unten im Kirchenraume der Priester die Messe liest. Ist der Gottesdienst zu Ende, so kehrt der fromme Herrscher in feine Gemächer zurück, wo seiner schon der oberste Hansbearnte harrt, um über die verschiedensten Vorkommnisse zu berichten, die sich seit den: vorigen Tage ereignet haben. Aufmerksam hört der Kaiser zu nnd gibt dann seine Anordnungen. Was erzählt der hohe Diener? Er berichtet, daß ans fernen Ländern Leute gekommen seien, die den Kaiser nm etwas bitten wollen, — daß über eine Gegend des großen Reiches ei» Unglück hereingebrochen ist, — daß viele, denen der Kaiser Gutes erwiesen hat, sich nun bei ihm bedanken möchten. Allen soll der Wunsch erfüllt werden. Zuerst denkt der Vater seiner Völker jener Untertanen, die Opfer des Ungemaches geworden sind. Sogleich ordnet er an, daß man ihnen Geld senden nnd andere Hilfe bieten möge. Wir in Laibach wissen es wohl am besten, wie rasch dort des Kaisers Gnade waltet, wo die Not hereingebrochen ist. 10 Als vor neun Jahren unsere Stadt von einem heftigen Erdbeben erschüttert wurde, half als erster — unser guter Kaiser. — Ist der Un¬ glücklichen gedacht worden, dann läßt der Kaiser die Türe öffnen — den Bittenden und den Dankenden. Wer ist der Herr in dem schwarzen Rocke, den alle so ehrfurchtsvoll begrüßte»? Es ist's des Kaisers oberster Beamter, seiu Minister. Er kommt, um dem Herrscher mitzuteilen, was die Völker wünschen und wie es mit der Ordnung im Reiche bestellt ist. Wie ein Frennd sitzt der Kaiser vor ihm und verfolgt aufmerksam seine Rede. Dann reicht er ihm die Hand und dankt sür all die Mühe nnd Sorge. Der hohe Herr hat sich verabschiedet nnd »weder öffnet sich die Tür. — Eine Schar von Bauern hat schon mit pochendem Herzen dieses Augenblicks geharrt. Zaghaft treten die Landleute ein, denn sie sollen nun mit dem Kaiser, dein höchsten Herrn des Reiches, sprechen. Doch, wie schnell ist die Furcht gewichen, da der Monarch ihnen freundlich entgegenkommt und sie recht herzlich begrüßt! Nun haben sie Mut gefaßt uud bringen ihre Bitte vor. Der Kaiser hat „Ja" gesagt. . . Freudig eilen die Glücklichen Heun, den Nachbarn 11 die frohe Botschaft za oerkäadea. — Wer ist mittlerweile vor den Herrscher getreten? Eia altes Mütterlein steht vor ihm. Ihr Sohn ist Soldat geworden und kann sie nicht mehr unterstützen. Nnr der Kaiser vermag da zn Helsen. Wiewohl er Soldaten braucht, nm sein Reich gegen die Feinde zn schützen, so erfüllt er doch die Bitte des Banernweibes und gibt ihr den Sohn zurück. Warum hat der Diener nicht zuerst die vornehme Dame hereingelassen, die hinter dem Mütterlein stand? Vor dem Kaiser sind alle gleich: Wer früher kommt, kann ihn früher sehen — ob arm oder reich. Was mag die Dame wollen? Ihr Gemahl, ein wackrer Kapitän, ist im fernen Osten gestorben und hat sie und die Kinder im Elende zurück¬ gelassen. Der gute Kaiser soll nun den Waisen ein Vater sein; er sorgt für sie und die arme Fran. — So treten noch viele ein, Hilfe suchend und Hilfe findend. Mit bekümmerter Miene kamen sie vordem die Treppe herauf; mit der Freude im Antlitze gehen sie von dannen und mit einem Dankgebete ans den Lippen, daß Gott den Schützer der Armen noch recht lange erhalte. Der Zeiger ist gegen Mittag vorgerückt. Ihr seid aus der Schule heimgekvmmen und schlürft 12 das Süpplein hinab; der Kaiser jedoch fitzt bei der Arbeit. Nun schlägt es Eins! Da, mit einem- male hört man von weitem Trompetengeschmetter: die Bürgin usik zieht heran, hinter ihr strömt eine bnnte Menge von Menschen: Soldaten, Arbeiter, hohe Herren, Leute aus seruen Läuderu, alle im gleichen Schritt. Alsbald ist auch der Kaiser am Feuster erschienen, den frohen Weisen zn lauschen. Mit zufriedenem Lächeln blickt er herab, sich freuend mit dem Volke, das die Feier¬ stunde benützt hat, ihn zu begrüßen. — Die letzten Töne sind verklungen und nun kommt der Diener mit Speise nnd Trank. Nach dem bescheidenen Mittagmahle pflegt der Monarch der Ruhe. Einsam sitzt er in seinem Zimmer und blättert in den verschiedenen Zeitungen. Hat er durch sie die Kunde von einem traurigen Ereignisse vernommen, so nimmt er den roten Stift zur Hand und streicht die Stelle an. Was der Strich zu bedeuten hat, weiß des Kaisers Schatzmeister genau und er beeilt sich, den Befehl des Herrschers anszuführen. Liest der Kaiser von einem Feste, so ordnet er an, daß man seine Glückwünsche bekannt gebe. So ist er eins mit seinem Volke in Leiden und Freud en. 13 Die Sonne steht tief am westlichen Himmel; ein schöner Tag lacht znm Fenster herein; die Kinder gehen gerade aus der Schule heim. Da staut sich iu der breiteu Gasse die Meuge. Eiu leichtes Gefährte taucht dort in der Ferne ans. Es kommt näher und näher und ehrfurchtsvoll tritt jeder zur Seite. Entblößten Hauptes stehen die Männer da, es jauchzen vor Freude die Kinder, denn der Kaiser sitzt in dem Wagen. Er fährt in sein prächtiges Schloß Schönbrunn. Dort ist ein wunderschöner Park, in dem der Herrscher nach den Mähen des Tages Erholung sucht. Wie lieb ist ihm jedes Bäumchen, jedes Blümchen! Er neigt sich herab und erquickt sich au seinem Dufte. Kommt daun der Gärtner des Weges, so redet ihn der Kaiser freundlich an, erkundigt sich nach dem Gedeihen der Pflanzen und lobt den fleißigen Mann, der den großen Garten so sorgsam pflegt. Überall prüft der Blick des gütigen Hausvaters, ob alles in Ordnung ist; überall waltet seine Liebe und Sorge. Der Abend bricht herein und der Monarch kehrt wieder in die Stadt zurück. Oft ist es schon vorgekommen, daß diesen Zeitpunkt ein Hilfesuchender benützt hat, seine Bitte vor¬ zubringen. Und, glaubt ihr, der Kaiser wäre 14 vvrübergefahreu, wen» mitten auf der Straße ei» Bäuerlein sein Gesuch in die Höhe hielt und es ihm reichen wollte? Gewiß nicht! Sofort hatte er befohlen zu halten und das Gesuch entgegen- znuehmen. Und daß die Bitte erhört wnrde, dessen konnte der Mann sicher sein. Die Sonne ist längst hinter die Berge ver¬ schwunden und die Nacht senkt sich hernieder. Die große, herrliche Stadt Wien erscheint in ein Flammenmeer getaucht. Allmählich jedoch erlischt ein Licht nach dem andern; nnr droben am Himmel blitzen noch tausend Lichtlein nnd dnrch das Fenster, auf dessen Rand uns zuvor der Geist getragen hat, glimmt ein schwaches Flämmchen. Wir blicken wieder verstohlen in das Zimmer: Der Kaiser sitzt am Arbeitstische und — schreibt. Gute Nacht, du guter Kaiser! Wir kriechen in unser Bettlein, während dn für uns dich mühst. Gute Nacht! — Gute Nacht! — — — Das Jahr. Wenn der rauhe Herbstwiud pfeift und die letzten Blatter von den Bäumen schüttelt, zieht der Weidmann hinaus in den öden Wald, die Spur des Wildes zu verfolgen. Da heißt es flink sein und kühn, denn Reh' nnd Hirsche haben gar schnelle Beine und springen über Fels nnd Klüfte. Wir verfolgen die Jagd. Alles ist still; nur ab nnd zu raschelt der Wind in den dürren Zweigen. Da, ans einmal knackt es im Geäst: Ein stolzer Hirsch stürzt geängstigt hervor; er will gerade über eine Felsspalte setzen. Doch in diesem Augenblicke ertönt ein Knall und das Tier liegt, zum Tode getroffen, ans dem Boden. Mit lantem Gekläff laufen die Hunde heran, nnd tun, als hätten sie die Bente erlegt. Indes ist der Schütze erschienen. Ein grüner Hut, nut einem Gemsbarte geziert, bedeckt sein Haupt; sein Bart ist weiß — nnd doch ist er dein Wilde über Stock und Stein gefolgt; ein dicker Lodenrvck schützt ihn vor dem scharfen Hauch des Herbstes lind die hohen Strümpfe deuten an, daß er auch den Schnee nicht scheut. Mit zufriedenem Lächeln Iv sicht er zu dem Wilde herab nnd geht dann langsam von dannen. Wir folgen ihm. Dort bei einer Almhütte hält er an. Die Lente treten znr Seite nnd Verbengen sich in Ehrfurcht. Wer mag es wohl sein? linier Kaiser. — Der anstren¬ genden Arbeit müde, ist er hinaus in die Berge gezogen, um sich in Gottes schöner Natur zu erfrischen nnd an der Jagd zu vergnügen. Doch nicht lange ist ihm die Erholung ge¬ gönnt. Bald rufen ihn die Regiernngsgeschäfte wieder nach Wien oder nach der Hauptstadt des Ungarlandes. Da fährt denn der Monarch bei Nacht nnd Wetter im Eisenbahnznge dahin nnd schreibt drinnen, in dem engen Stnblein, während draußen die Schneeflocken znr Erde wirbeln nnd der Wind fein schauriges Lied singt. Wenn dann der Tag anbricht, trifft der Hofzng in der schönen Stadt Pest ein und alsbald steht der Kaiser mitten unter den hohen Herren, mit denen er über die Ordnung in seinem Königreiche Ungarn spricht. Wohl entzückt ihn der Glanz, der ihn überall umgibt; doch bald kehrt er wieder zurück nach seinem lieben Wien, um vielleicht in den: schönen Heim einen teuer« Freund zu emp¬ fangen. Lauter Jubel erschallt, wenn die Herrscher durch die Straßen fahren nnd als unzertrennliche — 17 — Freunde sich dem Volke zeigen. In solchen Tagen beweist Wien, wie es den Kaiser liebt und seinen Gast. Von hohen Masten flattern die Fahnen und Kanonenschüsse verkünden die Freude der Stadt. Der Freund ist geschieden und der greise Herrscher schreitet wieder zur Arbeit. Es ist nm Nikolo. Euch pocht das Herz, wenn ihr am Morgen nachsehet, was der gute Bischof auf den Teller gelegt hat. Wie freut ihr euch seiner Gaben! Auch dem Kaiser hat er eine Bescherung gebracht: Die Wünsche und Bitten von Tausenden, die zur harten Winterszeit Not und Elend leiden. Auch der Kaiser freut sich der Gaben, ist doch Wohltnn ihm ein Vergnügen. Kaum hat er das letzte Gesuch beiseite gelegt, so klopft es leise an der Tür. Des Kaisers Minister haben sich versammelt, um über wichtige Dinge seinen Rat zu vernehmen. Wie ein Vater sitzt er nnter ihnen und lauscht, was jeder berichtet. Dann sinnt er und überlegt, wie er alles zum Besten des Volkes wenden könnte. Schließlich dankt er den Herren, die ihm so treu und opferwillig dienen, und kehrt zurück in seine Stube, ein einsamer Mann — mit der Sorge im Herzen. 18 Das liebe Weihnachtsfest naht. Womit werden die dankbaren Völker ihren Herrscher er¬ freuen können? Die Werke der Kunst und Wissen¬ schaft, die Zufriedenheit seiner Untertanen und der Fleiß des Kindes sind ihm die kostbarsten Gaben, die das Christkind unter seinen Weihnachts- banm legt. In der feierlichen Stunde, da ihr voll des Jubels unter dem Tannenbäumchen nach den Geschenken suchet, weilt der Kaiser im Kreise seiner Enkel und teilt die Freude mit ihnen, mit euch allen. — Ein neues Jahr bricht an, für das Kind ein Jahr der frohen Hoffnung, für den alten Kaiser ein Jahr der Mühen. Möge der Allmächtige dem Vater der Völker Kraft verleihen und seiner Arbeit Segen! Der Frühling hüpft durch das Land. Mit ihm sind Ostern gekommen. Während sich die Natur mit ihrem schönsten Kleide schmückt und die Vöglein jubilieren, denkt der Mensch an die Leiden des Erlösers. Wie der Herr des Himmels sich beugte, nm jedem der Apostel die Füße zu waschen, so neigt sich der Herr des mächtigen Kaisertums Österreich heute zu armen Greisen herab, deren Füße zu benetzen. Damit gibt er dem Volke ein Beispiel, das Alter zu ehren und auch den ärmsten Mann zu 19 achten. Welch ein Hochgefühl mögen die emp¬ finden, vor denen sich der Kaiser zur Fußwaschung gebeugt hat! Alle Leiden, die das Alter mit sich bringt, find dahin und der Gründonnerstag, an dem der Greis so geehrt wurde, bleibt ihm uud seinen Nachkommen unvergessen. Ostern, Pfingsten sind vorüber — es naht ein anderes Fest: Fronleichnam! Während ihr hinter der Fahne, mit Blumen behangen, durch die geschmückten Straßen zieht oder dem Heilande draußen ans der bunten Wiese ein Lob¬ lied singet, schreitet der Kaiser in den Gassen der prächtigen Reichshauptstadt hiuter dem Priester einher. — In dem Zeitpunkte, da Mil¬ lionen Augen voll Demut zum Aller¬ heiligsten emporblicken, ruht auch seiu Blick aus dem Leib des Herrn. Es betet der Kaiser mit seinem Volke in derselben Stunde zum Erlöser der Menschen — entweder in dem glänzenden Zuge der Stadt oder draußen unter biedern Landleuteu, die dem Herrn ein schlichtes Fest bereiten. Nicht die Pracht gilt ihm als Höchstes, sondern die aufrichtige Verehrung, der fromme Sinn. Welcher Stolz mag die Leute erfüllen, die in der Fronleichnamsprozession den höchsten Herrn 20 des Reiches sehen! Wie mögen da die Kinder den lieben Kaiser begrüßen und ihm sür die Ehre danken! Wie würdet ihr euch freuen, wenn er einmal in euerer Mitte erschiene! Doch er kann nicht überall sein. Denket, er weile bei euch uud bete mit euch znm Herrn der Schöpfung — und schließet ihn ein in die Bitte — den edlen Mann, bei dem euere Gedanken weilen! Der Sommer ist da; für die Kinder nahen die Ferien. Nun wird sich wohl der Kaiser auch Ruhe gönnen und in seinem großen Reiche ein schattiges Plätzchen aufsucheu. Gewiß möchte er es gerne tun; allein vorher muß er nach Nach¬ schau halten, ob seine Soldaten tüchtig geschult sind und wacker schießen und fechten können. Daher reist er, allerorts festlich empfangen, in solche Gegenden, wo die Truppen aufeinander losrücken, als wollten sie sich bekriegen. Ein solches Kriegsspiel nennt man Manöver. Bei demselben muß jeder zeigen, wie er es machen würde, wenn er einmal im Ernst dem Feinde gegenüberstünde. Der Kaiser sitzt hoch zu Roß und späht nach allen Seiten, um zu sehen, wie sich die Truppen halten. Manchmal reitet er selbst mit — und wenn er dann gerade zu einem 21 Straßengraben kommt, so läßt er sich nicht ans¬ halten, sondern setzt kühn wie ein junger Husar hinüber. In solchen Augenblicken wird sich wohl schon mancher, der zaghaft war, geschämt haben, wenn er sah, wie der alte Kaiser dem Pferde die Sporen gab. So ist der oberste Kriegs¬ herr für seine Soldaten ein leuchtendes Beispiel der Ritterlichkeit im Kriege, im Frieden ein lieber Freund, ein Bater. Wie ost ist es schon vorgekommen, daß alte Krieger (Invaliden), von entfernten Orten hergereist sind, ihren Kaiser noch einmal zu sehen! Voll Rührung hat der gütige Herrscher jedesmal mit ihnen gesprochen und sie beschenkt, damit sie ihr Alter sorgenlos verleben konnten. Die Kanonen ans dem Manöverfelde sind verstummt und die Soldaten kehren ermüdet in ihre Heimat zurück. Nun muß auch der Kaiser der Rast gedenken. Dort, wo zwischen frischem Grün die Quellen rauschen und liebliche Seen wie glän¬ zende Augen aus dem Gebüsche schimmern, im schönen Salzkammergnte — zu Ischl — hat er sich ein einfaches Schloß bauen lassen, nm in dessen Räumen nach der Arbeit des Jahres Ruhe zu finden. Dort weilt er im Kreise seiner Töchter und Enkel und freut sich, wcun ihn die. 22 Kleinen nmhüpsen. — Am 18. Augnst ist des Kaisers Geburtstag. Da heißt es, dem lieben Großpapa alles Gnte wünschen nnd ihm ein Geschenk bieten. Lange schon warten die Kinder vor der Tür und lauschen. Da hören sie Tritte. Noch ehe sie ihr Sprüchlein wiederholen können, steht der Kaiser schon vor ihnen und küßt sie — die ersten Gratulanten. Damr geht er mit ihnen über die Treppe in den Garten nnd erzählt ihnen eine Geschichte, eine traurige Geschichte: Es war einmal eine hohe Fran. . . Nachwort. Ein Tag, ein Jahr im Leben des Kaisers ist an nnserm Ange vorübergezogen. Wie reich an Arbeit, wie reich an Mühen ist die kurze Spanne Zeit von 24 Stunden, wie reich erst jene von 365 Tagen! Und wem widmet der Herr des Reiches seine Liebe und seine Kraft? Dem Volke, das er sein Eigen nennt, uns allen. Wer etwas gibt, will helfen; wer empfängt, muß danken Wie soll das Kind dem Kaiser danken? Wenn es ihn lieb hat nnd wenn es sein Beispiel nachahmt. Wie der Kaiser jeden Tag mit Arbeit ausfüllt, so soll das Kind die Zeit wohl benützen; wie der Kaiser in jeder Stunde des Tages tätig ist, so muß das Kind den Augenblick schätzen und verwerten. Wenn der Morgen graut, wenn das Glvcklein ruft, wenn die Sonne emporsteigt, wenn sie nntergeht, wenn sich die Nacht herabsenkt: immer gedenket des lieben Vaters in Wien, immer strebt ihm nach und ein: in euer Abendgebet die Worte „(Kott erhalte den guten Kaiser!" MKODM II^I U^IIV5>?H7^6 Herzlichen Dank Herrn Ottomar Bamberg in Laibach für die kvstenlvse Drucklegung und der Papierfabrik Lepkain- Joscfstal, welche das Papier geschenkt hat!