44 JOURNAL OF CONTEMPORARY EDUCATIONAL STUDIES 3/2014 Franz Hamburger Ulrike Loch Bildungsabbrüche aus familialer Loyalität? Mehrgenerationenperspektive als professionelle Herausforderung der Kinder- und Jugendhilfe Abstrakt: Der Beitrag beschäftigt sich mit der Frage, wie es der Kinder- und Jugendhilfe gelingen kann, wiederkehrende Bildungs- und Hilfeabbrüche bei Kindern und Jugendlichen zu reduzieren. Empirische Basis des Beitrages ist meine ethnografische Studie zum Thema „Kinderschutz mit psychisch erkrankten Eltern". In dieser Forschung zeigte sich, welche herausragende Bedeutung das mehrgenerationelle Familiengeschehen in sozialpädagogischen Hilfeverläufen hat, wenn die Adressatinnen der Kinder- und Jugendhilfe aus Familien mit parentifizierenden Generationenbeziehungen kommen. Ausgehend von einem Fallbeispiel wird dargelegt, wie durch mehrgenerationales Fallverstehen die Auswirkungen destruktiver Eltern-Kind-Beziehungen auf Hilfeprozesse reduziert werden können und wie dies auf (formale) Bildungsprozesse zurückwirkt. Schlüsselwörter: (Soziale) Bildung, Kinder- und Jugendhilfe, Parentifizierung, Erziehung, Ethno-grafie, Kinderschutz, Mehrgenerationenperspektive, Sozialpädagogik UDK: 37.048.2 Wissenschaftlicher Artikel Dr. Ulrike Loch, Assoc. Prof., Institut für Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung, AlpenAdria-Universität Klagenfurt/Celovec, Universitätsstraße 65-67, 9020 Klagenfurt/Celovec, Österreich; e-mail: ulrike.loch@aau.at JOURNAL OF CONTEMPORARY EDUCATIONAL STUDIES 3/2014, 44-57 Bildungsabbrüche aus familialer Loyalität? Mehrgenerationenperspektive 45 Einleitung Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit der Frage, wie es Kinder-und Jugendhilfe gelingen kann, wiederkehrende Bildungs- und Hilfeabbrüche bei Kindern und Jugendhilfen zu reduzieren. Empirische Basis dieses Beitrages ist meine ethnografische Studie zum „Kinderschutz mit psychisch erkrankten Eltern" (Loch 2013; 2014). Im Rahmen meiner Studie begleitete ich Jugendamtsmitarbeiterinnen in insgesamt vier Jugendämtern, zwei in Österreich und zwei in Deutschland, ethnografisch bei der Bearbeitung von Kinderschutzfällen. Meine ethnografischen Beobachtungen orientierten sich an den für den jeweiligen Kinderschutzfall notwendigen professionellen Handlungsschritten. In dieser Forschung zeigte sich, welche herausragende Bedeutung das mehrgenerationelle Familiengeschehen in Hilfeverläufen hat, wenn die Adressatinnen der Kinder- und Jugendhilfe aus Familien mit dichten - man könnte auch sagen dicht verstrickten - Generationenbeziehungen kommen. Hierauf werde ich im Folgenden im Kontext der Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland und in Österreich eingehen. Familienorientierung als Auftrag der Kinder- und Jugendhilfe Die Kinder- und Jugendhilfe hat in Österreich wie auch in Deutschland den gesellschaftlichen Auftrag, Kinder und Jugendliche - bei Bedarf - im Kontext ihrer Lebenswelt zu unterstützen und zu fördern. Zu ihren Zielen gehören nach dem österreichischen Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz (2013) die „Stärkung der Erziehungskraft der Familien und Förderung des Bewusstseins der Eltern für ihre Aufgaben" (B-KJHG § 2 Abs. 2) sowie die „Förderung einer angemessenen Entfaltung und Entwicklung von Kindern und Jugendlichen sowie deren Verselbständigung" (B-KJHG § 2 Abs.3).1 Diese gesetzlichen Grundlagen implizieren den Auftrag an die Kinder- und Jugendhilfe, sowohl eine Elternperspektive als auch eine Kinderperspektive einzunehmen und diese Perspektiven im Kontext 1 Vergleichbare Formulierungen finden sich im deutschen Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG). 46 JOURNAL OF CONTEMPORARY EDUCATIONAL STUDIES 3/2014 Franz Hamburger des Sozialisationsfeldes Familie miteinander in Beziehung zu setzen. Unter Familien werden in der Kinder- und Jugendhilfe vorwiegend ElternKind-Familien verstanden, soweit sich dieses Familienideal angesichts von Patchwork- und Ein-Eltern-Familien in der Praxis Sozialer Arbeit realisieren lässt. Nicht zufällig stellt Stefan Köngeter (2009, S. 248) in seiner Studie über die Sozialpädagogische Familienhilfe zur Frage der Elternschaft fest: „Wer ein Elternteil ist, [ist] nicht eindeutig zu beantworten" (Köngeter 2009, S. 248; Hinzufügung UL). Das heißt, die Kinder- und Jugendhilfe arbeitet in den Hilfen zur Erziehung selten mit Familienkonstellationen, in denen Eltern und Kinder als Kernfamilie Unterstützung suchen und die familiale Problemkonstellation auf die Kleinfamilie beschränkt ist. Stefan Köngeter (2009, S. 248) wirft deshalb die Frage auf: „Was heißt Arbeit mit ,Eltern', wenn das, was Eltern bedeutet, sich auf so viele unterschiedliche Personen verteilt?" Für diesen Artikel möchte ich die Frage folgendermaßen reduzieren: Was bedeutet es für die Arbeit der Kinder- und Jugendhilfe, wenn sich Elternhandeln und Elternverantwortung erst im Kontext der Mehrgenerationenfamilie erschließen? Großeltern und andere Familienangehörige werden von den Jugendämtern in Deutschland und in Österreich in (Kinder- und Jugend-)Hilfeprozesse einbezogen, wenn sie als Ressource für Eltern und/oder Kinder verstanden und als Unterstützung für die Arbeit der Kinder- und Jugendhilfe interpretiert werden. Dies traf in meiner Forschung insbesondere auf Familienkonstellationen zu, in denen Großeltern (partiell) Elternfunktionen übernahmen und/oder die Familien bei der Alltagsstrukturierung unterstützten. Den Jugendämtern kommt in diesen Konstellationen die Aufgabe zu, die Auswirkungen des Einbeziehens der Großeltern in den Hilfeprozess auf das Kind und die Eltern einzuschätzen. Während meiner ethnografischen Beobachtungen formulierte eine Jugendamtsmitarbeiterin in einem Hilfegespräch diese Elternorientierung als Grundlage der Zusammenarbeit von Jugendamt und Großfamilie wie folgt: „Ich arbeite nicht mit den Großeltern. Wenn die Großeltern herkommen und sich als Ressource herausstellen, dann kann man gucken, ob man die mit einbindet in die Hilfeplanung, aber prinzipiell arbeite ich ja mit der Mutter und (...) dem Vater".Ä Diese Elternorientierung wird in der Kinder- und Jugendhilfe u. a. durch das Fördern von Eltern in ihrer Erziehungskompetenz realisiert.2 Die Kinder- und Jugendhilfe hat des Weiteren einen Kinderschutzauftrag. Aus Kinderschutzgründen können die Elternrechte relativiert bzw. eingeschränkt werden. Die Kinder- und Jugendhilfe bewegt sich im Aufgabenfeld der Hilfen zur Erziehung somit zwischen den ,Grundpfeilern' Interessenvertretung und Schutz der Kinder, „der Achtung des Elternrechts und der Förderung der Familie als Sozialisationsfeld" (Richter 2013, S. 32). Dieser gesetzliche Auftrag der Förderung von Eltern, Kind und Familie gilt auch im Kinderschutz. Diesen 2 Als Hilfegespräche werden Gespräche zwischen Jugendamtsmitarbeiterinnen und Adressatinnen bezeichnet. An dem zitierten Hilfegespräch nahmen auf Initiative der Familie neben den Eltern auch die Großeltern teil. Aufseiten des Jugendamtes bestanden Zweifel an den Erziehungskompetenzen der Großeltern aufgrund der Problemlagen in der Elterngeneration. Bildungsabbrüche aus familialer Loyalität? Mehrgenerationenperspektive 47 Perspektivenwechsel hin zum verstärkten Einbeziehen der Eltern in die Hilfen zur Erziehung dokumentiert in Deutschland eindrücklich die Verdopplung der bewilligten Sozialpädagogischen Familienhilfen in den Jahren zwischen 2000 und 2011 bei einer gleichzeitigen moderaten Steigerung der Fremdunterbringungen um 13%.3 In diesen Daten spiegelt sich die Ausrichtung der Hilfen zur Erziehung in Deutschland am „Konzept der Lebensweltorientierung" (vgl. Thiersch 1992) wider.Ä Dieses impliziert u. a., „Familien im Kontext ihrer Lebenslage in ihrer sozialen Situation zu sehen" (Woog 2004, S. 87), was der originären Aufgabe der Sozialpädagogischen Familienhilfe spricht. Faktisch hat dies zu einer stärkeren Elternorientierung insbesondere in den Hilfesettings geführt. Martina Richter (2013, S. 21) bezeichnet diese Entwicklung in den Hilfen zur Erziehung als „Familialisierung in Gestalt einer Elternorientierung in der Jugendhilfe". Der im Kinder- und Jugendhilfegesetz enthaltene Auftrag zur Stärkung der Erziehungskraft der Familien enthält jedoch nicht nur den Auftrag zur Stärkung der Elternorientierung. Er enthält ebenso den Möglichkeitsraum, sozialpädagogisches Fallverstehen um die Mehrgenerationenperspektive zu erweitern und gegebenenfalls professionelles Handeln auf die Großfamilie auszudehnen, soweit dies fachlich zur Förderung und zum Schutz von Kindern und Jugendlichen indiziert ist. Aus meiner empirisch basierten Perspektive eröffnet die Erweiterung des pädagogischen Fallverstehens von der Elternorientierung hin zur Mehrgenerationenperspektive eine weitere Möglichkeit, die Reproduktion von belastenden Familiendynamiken in Jugendhilfeverläufen zu unterbrechen. Hierüber können Hilfe- und Bildungsabbrüche bei Kindern und jungen Menschen reduziert werden, wie ich im Folgenden darstellen werde. Mehrgenerationenperspektive Der Begriff Mehrgenerationenperspektive wurde in der systemischen Familientherapie geprägt. Im Zentrum des systemischen Familienzugangs steht die Familiendynamik. In der systemischen Familienforschung wird davon ausgegangen, dass jede Familie über - sozial und zeithistorisch geprägte -Familienthemen, Beziehungsmuster und innerfamiliale Aufgabenverteilungen verfügt. Familienthemen können beispielsweise Krankheiten, Verlust von Kindern, Gewalt und Verfolgung, Sprachverlust, Bildungserfolg, Weitergabe von Familienunternehmen oder Erfahrungen mit Hilfesystemen sein. Transgenerationell wiederkehrende Beziehungsmuster sind beispielsweise Vater-Tochter- oder Großmutter-Enkel-Allianzen. Zur familialen Aufgabenverteilung gehören beispielsweise Fragen wie: Wie wird Elternverantwortung innerhalb einer Familie geregelt? Wer ist Trägerin von Familiengeheimnissen? Oder bedarf es 3 Diese Elternorientierung in der Kinder- und Jugendhilfe geht auf den gesellschaftlichen Auftrag ,Schutz der Familie' zurück, welcher sich aus den jeweiligen Verfassungen ableitet. Dieser Auftrag ist in Deutschland explizit im Grundgesetz verankert, in Österreich lässt sich dieser Schutzauftrag ebenfalls aus der Verfassung ableiten, wie Wolfgang Mazal (2011) im Auftrag des Österreichischen Instituts für Familienforschung herausarbeitete. 48 JOURNAL OF CONTEMPORARY EDUCATIONAL STUDIES 3/2014 Franz Hamburger der sogenannten Sündenbockfunktion, und wenn ja, weshalb? Familienthemen, Aufgabenverteilung und Beziehungsmuster werden von Generation zu Generation bearbeitet und weitergegeben. Dieser Transmissionsprozess sichert das Bestehen von Familien. Dieser transgenerationale Prozess ermöglicht u. a., familiale Belastungen wie die Modifikation von exkludierenden Interaktionsmustern auf unterschiedliche Generationen zur Bearbeitung zu /verteilen'. „Jede Generation liefert einen Teilbetrag, den die nächste übernehmen und weiterführen kann. Keiner Generation wird eine Gesamtlösung abverlangt, jede bereitet den Weg für die Lösungsversuche der ihr nachfolgenden" (Ritscher 2002; 2013, S. 147). Bei der transgenerationellen Weitergabe werden Familienthemen, Aufgabenverteilung und Beziehungsmuster entsprechend den jeweiligen sozial konstituierten Anforderungen modifiziert, wenn die Familiendynamik ausreichend flexibel organisiert ist. Familiale Flexibilität sichert die soziale Anpassung und Weiterentwicklung von Familie! So sind die gegenwärtigen sozialen Erwartungen an familiale Kindererziehung u. a. durch die im deutschsprachigen Raum zunehmende Berufstätigkeit von Frauen, die sich verändernden Erwartungen an Vaterschaft und die zur Verfügung stehenden Kinderbetreuungsangebote für die heutigen Eltern andere als beispielsweise für die Elterngeneration vor 30 Jahren. Auf die veränderten gesellschaftlichen Anforderungen reagieren einzelne Familienangehörige sowie die Familie als System auf Basis ihrer Familiendynamik. Wolf Ritscher (2002; 2013, S. 146) spricht von einer „Dialektik von Beharrung und Veränderung", in welcher von Generation zu Generation die Auseinandersetzung mit Familienthemen und Beziehungsmustern geschieht. Dieses Aushandeln von Modifikation und Konstanz dient der Funktionalität von Familien als Sozialisations-, Erziehungs- und Bildungsort. Mit der Mehrgenerationenperspektive richtet sich in der Sozialen Arbeit in der Regel die Aufmerksamkeit auf das Familiengeschehen der lebenden Generationen, jedoch mindestens auf drei Generationen. Dies betrifft in der Kinder- und Jugendhilfe vor allem Kinder, Eltern und Großeltern. Das Erweitern des Blickes von der Eltern-Kind-Familie auf die Großfamilie zeigt die Zirkularität familialer Realitäten auf (vgl. Ritscher 2002; 2013). Intention bzw. Gewinn des mehrgenerationellen Fallverstehens in der Kinder- und Jugendhilfe ist aus meiner Perspektive, - wiederkehrende Familienthemen, Aufgabenverteilungen und Bindungsmuster innerhalb von Familien zu erkennen, - die Bedingungen ihrer Reproduktion und Transformation nachzuvollziehen sowie - die aktuellen Auswirkungen auf die Kinder und Jugendlichen - als Adressatinnen der Kinder- und Jugendhilfe - und ihre Eltern zu verstehen, um Kinder und Eltern bei der Modifikation belastender Familiendynamiken wirkungsvoll und nachhaltig - auch im Alltag - zu unterstützen. Zusammengefasst bedeutet das bisher Gesagte: Zirkularität in Familien ist ein mehrgenerationelles Familiengeschehen, über welches Familien ihre Bildungsabbrüche aus familialer Loyalität? Mehrgenerationenperspektive 49 Kontinuität sichern und Prozesse sozialer Anpassung durchlaufen, ohne ihre Eigenheiten zu verlieren. Veränderungen, die in die Zirkularität familialer Realitäten hineinwirken und schließlich zur Modifikation der Familiendynamik führen, können ausschließlich aus der Familie heraus gestaltet werden. Kinder- und Jugendhilfe kann Kinder und Eltern in diesem Prozess wertschätzend begleiten und unterstützen. Die Zirkularität von Familien konstituiert sich interaktionell. Jutta Ecarius (2010, S. 22ff.) schreibt auf Basis ihrer Studie über Erziehung im Drei-GenerationenKontext: „In diesen Interaktionen erfahren Kinder (...) etablierte Alltagspraxen, Muster der Bindung und der Loslösung und vorgegebene Entwicklungsräume von Selbstständigkeit und Selbstvertrauen." Interaktionen sind somit grundlegend für die Selbstregulation von Familien. Über Interaktionen konstituieren sich Familien auch transgenerationell. Ferner sind Interaktionen Orte der Aushandlung von Verselbstständigung und Veränderung für einzelne Mitglieder. Aushandlung bedeutet in diesem interaktionistischen Verständnis explizit nicht, dass alle familial bedeutsamen Entwicklungen auf der Basis bewusster oder manifester Kommunikation stattfinden. Insbesondere die Arbeiten von Evan Imber-Black (1993) und Gabriele Rosenthal (1997; 1998) zeigen, - wie wirksam Familiengeheimnisse, Tabus und nicht verbalisierbare Erfahrungen in familiale Interaktionen hineinwirken und - wie sie in ihrer Latenz die Entwicklung von Familien im Sinne der Anpassung an gesellschaftlichen Fortgang nachhaltig blockieren können. Das bedeutet pointiert, Familieninteraktionen vermitteln familiale Regeln, Muster sozialer Anpassung sowie familiale Loyalitäten, welche den (einzelnen) Familienangehörigen unterschiedliche Freiräume für Verselbstständigung wie z. B. Zugang zu Bildung ermöglichen oder Autonomieprozesse beschränken (können). Die Kinder- und Jugendhilfe arbeitet vielfach mit Familien, in denen (einzelne) Kinder und Jugendliche - zur Aufrechterhaltung ihrer Familien - Loyalitätsverpflichtungen und Aufträge erhalten, die mit ihren entwicklungsspezifischen Aufgaben sowie mit gesellschaftlich an sie herangetragenen Anforderungen (z. B. in Kita oder Schule) im Konflikt stehen. Dies möchte ich im Folgenden anhand eines ethnografisch begleiteten Kinder- und Jugendhilfefalls skizzieren, in dem Mutter und Kind in einem parentifzierendes Beziehungsmuster miteinander verstrickt sind. Parentifizierung wird an dieser Stelle zunächst verkürzt als Rollenumkehr in der Eltern-Kind-Beziehung bzw. Interaktion definiert. Fallbeispiel Florian Titzan4 wuchs als Säugling bei einer alleinerziehenden Mutter auf, 4 Die Sozialpädagogische Familienhilfe ist eine ambulante Hilfe zur Erziehung. Sie hat den Auftrag, Familien in komplexen Problemlagen in ihrer Lebenswelt ressourcenorientiert beim Bewältigen ihres Alltags zu unterstützen. Hierin spiegelt sich ein partizipativer Handlungsansatz (vgl. hierzu z. 50 JOURNAL OF CONTEMPORARY EDUCATIONAL STUDIES 3/2014 Franz Hamburger die sich über die Mutter-Kind-Beziehung psychisch stabilisierte. In den Jahren zuvor übernahmen Schul- und Berufsausbildung diese stützende Funktion für Frau Titzan. Seit der Schwangerschaft drängten eigene Kindheitserinnerungen zunehmend in Frau Titzans Bewusstsein. Frau Titzan war als Kind u. a. aufgrund von Partnerschaftsgewalt des Vaters gegen die Mutter und Gewalt des Vaters gegen die Kinder mehrmals mit ihrer Mutter und ihren Geschwistern in ein Frauenhaus geflüchtet. Nach der Geburt des Kindes erhielt Frau Titzan zunächst Unterstützung von ihrer Familie, ehe sie mit dem Säugling um Aufnahme in eine Psychiatrie bat. Im Kontext der Entlassung der Mutter aus der Erwachsenenpsychiatrie erging eine Kindeswohlgefährdungsmeldung an das zuständige Jugendamt. Zeitgleich suchte die Mutter um Hilfe beim Jugendamt an. In der Folgezeit wurde die Mutter nach der Klinikentlassung durch unterschiedliche ambulante Maßnahmen seitens der Kinder und Jugendhilfe unterstützt, ehe Frau Titzan aufgrund von Überforderung im Alltag um die Betreuung des Kindes in einer Pflegefamilie ansuchte. Intention der Mutter war, die Versorgung des Kindes zu sichern und gleichzeitig für sich eine bessere Vereinbarkeit von Elternschaft, Berufsausbildung und psychischer Stabilität zu erreichen. Nach Florians Unterbringung in der Pflegefamilie machte das Kind große Entwicklungsfortschritte. Frau Titzan reagierte auf Florians Entwicklung zunächst erfreut. Zugleich lösten die in kindlichen Fortschritten enthaltene Autonomie Verlustängste bei der Mutter aus. In der Folgezeit weinte Florian viel, insbesondere im Kontakt mit seiner Mutter. Wie die Fallrekonstruktion zeigt, brachten die Entwicklungsfortschritte den dreijährigen Jungen in einen Loyalitätskonflikt zwischen seinem Wohlergehen in der Pflegefamilie und ,seiner' Verantwortung für das emotionale Wohlergehen der Mutter. In Florians Weinen zeigte sich die Parentifizierung des Kindes sowie seine daraus resultierende emotionale Belastung. Mit Florians Entwicklung zum sogenannten Schreikind und ihren eigenen Konflikten zur Pflegefamilie begründete Frau Titzan kurzentschlossen die Beendigung der Jugendhilfemaßnahme. Dieses Konfliktmuster wiederholte sich in der nachfolgenden Pflegefamilie, sodass Florian schließlich im Alter von vier Jahren in die dritte Pflegefamilie kam. Der Junge entwickelte - trotz zwischenzeitlicher Phasen der Stabilisierung - bis zum sechsten Lebensjahr so weitreichende Defizite in Motorik, sozialer Kompetenz und Sprachentwicklung, dass die Regelschule für ihn unerreichbar wurde. Mit einem individuumzentrierten Blick gilt Florian als verhaltensauffälliges und möglicherweise auch kinderpsychiatrisch auffälliges Kind. Mit einer systemischen Perspektive zeigt sich ein Kind, das mit seiner durch familiale Gewalt traumatisierten und psychisch erkrankten Mutter eng verbunden ist. Jeder seiner Autonomieversuche, wie z. B. die Integration in die Pflegefamilien, aktivierte bei der Mutter Verlustängste, welche sich u. a. in Konflikten der Mutter mit den Pflegefamilien zeigten. Gegenüber ihrem Sohn forderte Frau Titzan vermehrte Loyalitätsbekundungen ein, diesen Forderungen kam Florian durch lautes Schreien und Weinen in Trennungssituationen nach. Schließlich kam es seitens der Mutter mit Unterstützung ihrer Herkunftsfamilie zu wiederholten Versuchen, B. Helming u. a. 1999). Bildungsabbrüche aus familialer Loyalität? Mehrgenerationenperspektive 51 die Kleinfamilie (bestehend aus Mutter und Sohn) wiederherzustellen. Das heißt, in diesem Fallbeispiel zeigen sich mit Mutter und Sohn zwei Familienangehörige, die zwischen Verharren in vertrauten Bindungsmustern (Rückzug auf familiale Ressourcen, Festigung familialer Bindungen durch sozialen Rückzug) und Veränderung der Familiendynamik (Zulassen von Autonomie, individueller Weiterentwicklung und außerfamilialen Beziehungen) existenziell kämpfen. Dieser Kampf ist eingebunden in eine strukturell gleiche Auseinandersetzung zwischen Frau Titzan und ihrer Herkunftsfamilie, auf die ich aus Gründen der Reduzierung von Komplexität nicht weiter eingehen werde. Es geht dabei transgenerationell um die Frage: Dürfen neue Bindungen von Familienmitgliedern außerhalb der Familie entwickelt werden? Diese Frage ist nicht unerheblich. So gilt Bindungssicherheit „als frühe emotionale und kognitive Voraussetzung von Bildung" (Ziegenhain und Gloger-Tippelt 2013, S. 793). Verlässliche und kindgerechte soziale Interaktionen bilden die Grundlage für die kindliche Kommunikationsfähigkeit von Gedanken und Gefühlen sowie für die Entwicklung der kindlichen Strukturierungsfähigkeit (z. B. in Bezug auf altersspezifische Konflikte). Genau auf dieser Ebene lagen Florians Entwicklungsverzögerungen, nämlich im Bereich der sozialen Kompetenz, der Sprachentwicklung und der Motorik. Das Fallbeispiel Florian Titzan zeigt weiterhin, wie dieser familiale Loyalitätskonflikt nicht-intendiert in die Hilfegestaltung der Kinder- und Jugendhilfe hineinwirkte und u. a. zu wiederholten Wechseln der Pflegefamilien führte. Wenn Familienbeziehungen emotional so verstrickt sind wie die hier dargestellte Mutter-Kind-Beziehung, kann das Festhalten der AdressatInnen an vertrauten Familienbeziehungen Hilfeprozesse der Kinder- und Jugendhilfe dominieren und auch blockieren. Dies gilt ausdrücklich auch für Hilfefälle, in denen die AdressatInnen wie Frau Titzan (und auch ihre Mutter, Florian Großmutter) manifest im Jugendamt nach Unterstützung anfragen. Einen Ausweg aus dieser Situation eröffnet nach meinen Forschungsergebnissen die Reflexion der transgenerationellen Familiendynamik und ihrer Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche sowie auf den (pädagogischen) Hilfeverlauf. Parentifizierung als dreigenerationelles Beziehungsmuster Parentifizierung wird in der aktuellen Literatur zumeist als Rollenumkehr in der der Eltern-Kind-Beziehung. So schreiben Johanna Graf und Reiner Frank (2001, S. 317f.): „Parentifizierende Eltern geben ihre Elternfunktion auf. Sie (miss-)brauchen ihr Kind, um eigene ungestillte Bedürfnisse zu befriedigen. Sie vernachlässigen oder ignorieren die Bedürfnisse des Kindes. Damit weisen sie dem Kind eine nicht kindgerechte Rolle zu, die die Generationsgrenzen überschreitet." Parentifizierung wird somit auf die Generationsgrenzenüberschreitung innerhalb der Eltern-Kind-Beziehung reduziert. In dem Fallbeispiel Titzan zeigte sich jedoch, dass sowohl Mutter als auch Sohn mit einem familialen Bindungsmuster bzw. familialen Loyalitäten kämpfen, welche ihre formalen Bildungschancen (Ausbildung 52 JOURNAL OF CONTEMPORARY EDUCATIONAL STUDIES 3/2014 Franz Hamburger bei der Mutter und Zugang zur Regelschule bei dem Kind) sowie ihre Zugänge zu (gewünschter) Unterstützung durch die Kinder- und Jugendhilfe beschränken. In den ersten Studien - insbesondere in der systemischen Arbeit von Ivan Boszormenyi-Nagy und Geraldine Spark (1973) - wurde Parentifizierung als mindestens dreigenerationales Geschehen verstanden. Das Einbeziehen der Mehrgenerationenperspektive in den Prozess des sozialpädagogischen Fallverstehens erscheint mir auf Basis meiner empirischen Untersuchungen als sinnvoll in Jugendhilfefallen mit Familien, in denen die Generationsgrenzen verschwimmen. Mit einem mehrgenerationalen Fallverstehen lassen sich die Auswirkungen destruktiver familialer Beziehungsmuster auf professionelle Hilfesettings reduzieren. Dies gilt auf Basis meiner Studie für Familien, in denen Eltern chronifiziert unter (Kindheits-) Traumata leiden. Zumeist gingen die traumatischen Erfahrungen der Eltern auf Gewalt in der Familie zurück, welche die Eltern manifest nicht an ihre Kinder weitergeben wollen. Traumatisierte Eltern sind jedoch emotional so bedürftig, dass sie die Bedürfnisse ihrer Kinder - losgelöst von ihren eigenen Bedürfnissen - kaum wahrnehmen können, wie auch die Studie von Milena Noll (2013) zeigt. Dies gilt auch, wenn die Kinder Verhaltensauffalligkeiten, Entwicklungsverzögerungen und/ oder physische Symptome als Folge von Vernachlässigung entwickeln, die fachlich als Kindeswohlgefährdung eingeschätzt werden. In einem solchen Kinderschutzfall notierte die zuständige Jugendamtsmitarbeiterin in der Hilfeakte, die Mutter „beteuert immer wieder, dass ihr Kind doch alles habe, es sei gut versorgt (...), sie fördere ihr Kind, es könne alles, was es können sollte". Wenn Eltern fortgesetzt nicht in der Lage sind, die Bedürfnisse der Kinder wahrzunehmen, und dies keine andere Person in der Lebenswelt der Kinder übernimmt, dann bleibt Kindern kein anderer Ausweg, als emotional Verantwortung für ihre Eltern zu übernehmen, um in einer Bindungsbeziehung aufzuwachsen. Diese Rollenumkehr kann schon im Säuglingsalter zwischen Eltern und Kind etabliert werden, wie das Fallbeispiel Titzan sowie die klinischen Beobachtungen von Christiane Deneke (2005) zeigen. In der frühen Kindheit ist emotionale Parentifizierung zuverlässig ausschließlich über die Beobachtung von ElternKind-Interaktionen zu erkennen, da Familien sich - wie bereits dargelegt -interaktionell konstituieren und somit auch Transmissionsprozesse, familiale Aufgabenverteilungen und Bindungsmuster interaktionell vermittelt werden. Bei genauer Betrachtung der Familienkonstellation wird deutlich, dass Parentifizierung in den betroffenen Familien ein konstituierendes familiales Bindungsmuster ist, an dessen Etablierung mindestens drei Generationen beteiligt sind (vgl. Boszormenyi-Nagy und Spark 1973). Beteiligt an Parentifizierungsprozessen sind: a) Kinder, die, um die Eltern-Kind-Bindung aufrechtzuerhalten, in Elternverantwortung für die Eltern gehen und keine entwicklungsgerechte Reziprozität erfahren. b) Eltern, die Elternfunktion von ihren Kindern einfordern, um die innerhalb der Familie erlittene Traumatisierung zu kompensieren. Zugleich vermeiden die Bildungsabbrüche aus familialer Loyalität? Mehrgenerationenperspektive 53 Eltern eine Erwachsenenperspektive auf die eigenen Eltern (die Großeltern der Kinder). c) Großeltern, die die Elterngeneration - aus welchen Gründen auch immer -nicht schützten, die gewalttätig gegen die heutige Elterngeneration waren und/oder ihre Kinder ebenfalls parentifizierten. In der Regel sind diese Gewalthandlungen innerfamilial mit Schweigegeboten belegt, d. h., sie werden diffus über Interaktionen vermittelt. Zum Teil sind die Großeltern in Elternfunktionen für die Kinder (Enkel), ohne über ausreichende Ressourcen zu verfügen. Durch die interaktive Herstellung, die Schweigegebote und die Loyalitätsverstrickung über drei Generationen sind die Folgen von parentifizierenden Beziehungen für die betroffenen Familienangehörigen in der Regel reflexiv und sprachlich kaum zugänglich. Dies bedeutet, in den betroffenen Familien wiederholen sich transgenerationell Erfahrungen wie Schwierigkeiten mit Autonomieprozessen, Erleben mangelnder Selbstwirksamkeit, Bildungs- und/oder Beziehungsabbrüche, deren Zusammenhänge sich den Familien jedoch kaum bis gar nicht erschließen. Es sind jedoch gerade diese Symptome, die Familienangehörige nach Hilfe suchen und/oder die Kinder zu Kinderschutzfällen werden lassen. Für die Kinder- und Jugendhilfe bedeutet diese Problemkonstellation, dass sie mit Familien arbeitet, in denen Angehörige mehrerer Generationen hilfebedürftig sind und Hilfeanfragen an die Kinder- und Jugendhilfe adressieren. Gleichzeitig bedeutet dies, dass sich Interventionen der Kinder- und Jugendhilfe auf das interaktionelle Geschehen zwischen den (drei) Generationen auswirken, auch wenn sie ausschließlich an eine Generation adressiert werden. Dies gilt unabhängig, ob diese transgenerationelle Wirkung fachlich intendiert ist oder unreflektiert zustande kommt. Auswirkungen auf Kinder- und Jugendhilfefälle Für die Kinder- und Jugendhilfe bedeutet diese Problemkonstellation, dass sie mit Familien arbeitet, in denen Angehörige mehrerer Generationen (mindestens ein Elternteil und ein Kind) hilfebedürftig sind und Hilfeanfragen an die Kinder- und Jugendhilfe adressieren. Hinweise auf einen fallstrukturierenden mehrgenerationellen Hilfebedarf bzw. auf eine im Drei-Generationen-Geschehen mithervorgebrachte Problemkonstellation zeigen sich - in Eltern-Kind-Interaktionen, in denen Kinder ihre Aufmerksamkeit auf die Eltern fokussieren, um in zentraler Weise ihre Handlungen und Emotionen an den Eltern (und deren Wohlergehen) auszurichten. Die Kinder adressieren vergleichsweise wenig Erwartungen an ihre Eltern, zugleich können die Eltern die Not ihrer Kinder nicht sehen. - in Eltern-(Kind-)Fachkräfte-Interaktionen, in denen Eltern und Kinder um die Aufmerksamkeit der Fachkräfte konkurrieren, um basale emotionale 54 JOURNAL OF CONTEMPORARY EDUCATIONAL STUDIES 3/2014 Franz Hamburger Zuwendung zu erfahren. Die Fachkräfte fühlen sich oftmals hilflos zwischen Eltern und Kindern hin und hergerissen. D. h., sie erleben in der Arbeit mit Eltern und Kindern einen Loyalitätskonflikt, der auf die mit Traumatisierungen einhergehenden Spaltungsprozesse zurückgeht und der die familiale Loyalitätsverstrickung widerspiegelt. - (und gegebenenfalls) in Großeltern-Fachkräfte-Interaktionen, in denen Großeltern oder andere Familienmitglieder (im Auftrag der Großeltern) Unterstützungen anbieten, ohne über ausreichende Ressourcen zu verfügen. Intention der Angebote ist das Verlagern des Hilfegeschehens in die Herkunftsfamilie zur Aufrechterhaltung des Familiengeschehens und/oder der Wunsch, am Hilfesystem als Adressatinnen zu partizipieren. Wenn zwischen den Kinderschutzangeboten und dem dreigenerationellen Beziehungsgeflecht parentifizierender Familien kein ausreichendes Passungsverhältnis besteht, zeigt sich dies in stagnierenden Hilfen und in Hilfeabbrüchen. Diese Stagnation geht mit psychisch belastenden sowie zeit-und kostenintensiven Wiederholungen in den Jugendhilfeverläufen einher, wie das Fallbeispiel zeigt (Florian Titzan lebte innerhalb von zwei Jahren in drei Pflegefamilien). Zirkuläre Hilfeverläufe belasten nicht nur die Familien, sondern auch die Fachkräfte. Die fallzuständige Jugendamtsmitarbeiterin im Hilfefall Florian Titzan sprach von „Schleifen, die anstrengend waren". In manchen Familien ziehen sich die Wiederholungen - nicht nur aufgrund der Zirkularität familialer Reproduktion (vgl. Ritscher 2002/2013) - von einer Kindergeneration zur nächsten, dies bedeutet auch von einer Jugendhilfegeneration zur nächsten. Diese Wiederholungen in Kinder- und Jugendhilfeverläufen (mit parentifizierenden Eltern) stellen jedoch kein Naturgesetz dar, trotz der Zirkularität familialer Reproduktion. Transformationsprozesse konstituieren sich interaktionell, sie können folglich auch interaktionell unterstützend begleitet werden. Wiederholungen in den Hilfen zur Erziehung sind folglich reduzierbar durch Hilfen, a) die gleichberechtigt an den Bedürfnissen von Kindern und Eltern im Kontext der Mehrgenerationenfamilie ansetzen und b) die dabei - auch in ihrer zeitlichen Dimension - die Bedeutung alltäglicher Interaktionen zur Herstellung von Konstanz und Veränderung von Familie berücksichtigen und mit diesen arbeiten. Hierbei geht es zentral um sozialpädagogisch begleitete Prozesse der Beziehungs- und Alltagsgestaltung in der Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen, wie sie im Konzept der Lebensweltorientierung angelegt sind. Dieser Ansatz setzt (darüber hinaus) das Verstehen der jeweiligen Eltern-Kind-Interaktionen im Kontext der Mehrgenerationenperspektive voraus. Dies impliziert die interaktive Einbeziehung von Eltern und Kindern in den Hilfeprozess bzw. die Beobachtung der Eltern-Kind-Interaktionen im Kontext ihres sozialen Umfeldes. Ziel dieser Bildungsabbrüche aus familialer Loyalität? Mehrgenerationenperspektive 55 Perspektivenerweiterung im sozialpädagogischen Fallverstehen ist, familiale Transmissionsprozesse zu unterstützen, die Kindern und Eltern das Herausgehen aus unflexiblen Familienmustern und destruktiven familialen Bindungen erlauben, welche (in der Vergangenheit) zu Hilfe- und Bildungsabbrüchen führ(t) en. Mit der Transformation belastender Familienmuster werden individuelle Bildungsprozesse5 und soziale Teilhabe möglich, die zugleich wieder auf die Familienmuster zurückwirken. Literatur Boszormenyi-Nagy, I. und Spark, G. M. (1973). Invisible loyalities. Reciprocity in intergen- erational family therapy. New York: Harper & Row. Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz. (2013). In: Das Bundesgesetzblatt I Nr. 69/2013. Verfügbar unter: http://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/BgblAuth/BGBLA_2013_I_69/ BGBLA_2013_I _69.pdf (Aufruf am 01.01.2014). Deneke, C. (2005). Misshandlung und Vernachlässigung durch psychisch kranke Eltern. In: G. Deegener und W. Körner (Hrsg.). Kindesmisshandlung und Vernachlässigung. Ein Handbuch. Göttingen: Hogrefe, S. 141-154. Ecarius, J. (2010). Familieninteraktion - Identitätsbildung und Kultur - soziale Reproduktion. In: R.-H. Müller, J. Ecarius und H. Herzberg (Hrsg.). Familie, Generation und Bildung. Beiträge zur Erkundung eines informellen Lernfeldes. 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Klagenfurt: Alpen-Adria-Universität. Mazal, W. (2011). Familie und Verfassung in Österreich. Eine kurze Analyse der verfassungsrechtlichen Regelungen. Informationsdienst des Österreichischen Instituts für Familienforschung, H. 1, S.1-3. Verfügbar unter: http://www.oif.ac.at/fileadmin/OEIF/ beziehungsweise/2011/bzw_jaenner_ 2011.pdf (Aufruf am 06.01.2014). 5 In diesem Zeitraum wurde in Deutschland die Kinderschutzdebatte medial skandalisierend geführt. Der - auch im Kinderschutz - auf die Eltern, die Kinder und die Familie ausgerichtete Ansatz ist einer der Gründe, weshalb die Sozialpädagogische Familienhilfe sich in Deutschland quantitativ und qualitativ etablieren konnte. Für die sozialpädagogische Familienhilfe spricht auch ihre hohe Erfolgsquote in Deutschland. Im Jahr 2011 verliefen 62% der Sozialpädagogischen Familienhilfen erfolgreich, d. h., die im Hilfeplanverfahren erarbeiteten Hilfeziele wurden bis zur Beendigung der Maßnahme erreicht (vgl. Fendrich u. a. 2012). 56 JOURNAL OF CONTEMPORARY EDUCATIONAL STUDIES 3/2014 Franz Hamburger Noll, M. (2013). Sexualisierte Gewalt und Erziehung. Auswirkungen familialer Erfahrungen auf die Mutter-Kind-Beziehungen. Opladen: Budrich Unipress. Richter, M. (2013). Die Sichtbarmachung des Familialen. Gesprächspraktiken in der Sozialpädagogischen Familienhilfe. Weinheim: Beltz Juventa. Ritscher, W. (2013). Systemische Modelle für die Soziale Arbeit. Ein integratives Lehrbuch für Theorie und Praxis. Heidelberg: Carl-Auer-Systeme Verlag. Rosenthal, G. (Hrsg.). (1998). The Holocaust in three generations. Families of victims and perpetrators of Nazi regime. London: Cassell. Sting, S. (2011). Disziplin, meine Damen und Herren! In: M. Anastasiadis, A. Heimgartner, H. Kittl-Satran und M. Wrentschur (Hrsg.). Sozialpädagogisches Wirken. Wien: Lit, S. 36-55. Thiersch, H. (1992). Lebensweltorientierte Soziale Arbeit. Aufgaben der Praxis im sozialen Wandel. Weinheim: Juventa. Woog, A. (2004). Lebensweltorientierte Soziale Arbeit in Familien. In: K. Grunwald und H. Thiersch, (Hrsg.). Praxis lebensweltorientierter Sozialer Arbeit. Handlungszugänge und Methoden in unterschiedlichen Arbeitsfeldern. Weinheim: Juventa, S. 87-108. Ziegenhain, U. und Gloger-Tippelt, G. (2013). Bindung und Handlungssteuerung als frühe emotionale und kognitive Voraussetzungen von Bildung. Zeitschrift für Pädagogik, H. 6, S. 793-802. Bildungsabbrüche aus familialer Loyalität? Mehrgenerationenperspektive 57 Ulrike LOCH, Ph.D. (Alpen-Adria University, Klagenfurt, Austria) THE MULTI-GENERATION PERSPECTIVE AS A PROFESSIONAL CHALLENGE FOR CHILDREN'S AND YOUTH SERVICES Abstract: This paper deals with the question of how child- and youth welfare services can reduce recurring divisions in education and support for young people successfully. The empirical basis of the paper is my ethnographical study concerning "Child Protection with Mentally Ill Parents". This survey showed which multi-generation family-processes are preeminently relevant within social pedagogical support-processes, if recipients of child- and youth welfare descend from parented intergenerational relationships. Based on a case study, the paper demonstrates how the impact of destructive parent-child relationships can be reduced within support processes by multi-generational case-comprehension, and how this influences (formal) educational processes in turn. Keywords: social training, child and youth services, parenting, education, ethnography, child protection, multi-generation perspective, social pedagogy E-mail for correspondence: ulrike.loch@aau.at