114124 Die und die Südbahn Als Manuscript gedruckt. Laibach, 186». Druck von Jgn. v. Kleinmayr und F. Bamberg. 114124 kann gemeinhin nicht Aufgabe eines Geschäftsmannes sein, dessen Zeit ohnedem durch die Sorge um sein eigenes Geschäft mehr als zur Genüge in Anspruch genommen ist, in die Öffentlichkeit zu treten, um sich an einer Polemik über mehr oder minder wichtige, die allge¬ meine Wohlfahrt berührende Angelegenheiten zu betheiligen. Nicht allein, daß ihm die nöthige Zeit, sondern auch die geistige Disposition gebricht, die er sich nur durch Entfernung vom Geschäfte erwerben könnte, hält ihn häufig die Scheu, mit der eigenen Persönlichkeit vorzntretcn, nicht selten aber die gegründete Besorgniß, dem eigenen Geschäfte Nachtheil zu bringen, davon ab, wenn einem Mächtigem gegenüber rücksichtslos für die Wahrheit in die Schranken getreten werden soll. Diese Erwägungen liegen zweifellos der Errichtung der Handels¬ kammern und der verschiedenen Vereine für industrielle und gewerbliche Interessen mit zu Grunde. — Der Industrielle oder Gewerbetreibende hat seine Beobachtungen, Beschwerden, Rathschläge den Mitgliedern jener mitzutheilen, die sie der nöthigen geistigen Verarbeitung durch ihre Hilssorgane unterziehen, und durch ihre Beschlüsse zum Ausdrucke der Gesamintheit der Interessenten erheben, wobei die einzelne etwa anre¬ gende Persönlichkeit im Hintergründe bleibt. Oft aber treten auch im gewerblichen und industriellen Leben, wie im politischen und religiösen, Fragen von höchster Bedeutung auf, an deren Lösung das Wohl und Wehe der Gesamintheit eines Reiches theilnimmt, au deren Verschleppung oder unrichtiger Lösung oftmals Mächtige aus reinen oder unreinen Motiven arbeiten. In Zeiten allgemeiner Gefahr ist es Pflicht jedes Bürgers, mit seiner Person eiuzustehen, um sie zu bekämpfen; und nachdem ich bis jetzt Hin¬ durch die Handelskammer, durch angesehene Personen einiger Vereine und der Regierung auf glückliche Lösung der, die industrielle und 1* 4 gewerbliche Welt Oesterreich's tief bewegenden Frage — nämlich der Frachttarife auf den Eisenbahnen — mittelst Beibringung von Mate¬ rialien und Aufklärungen hiuzuwirkeu suchte, - — fühle ich mich, in dem Augenblicke, wo eine Entscheidung kaum mehr verschoben werden kann, und nachdem die Tariffrage bisher zu wenig mit Rücksicht auf die österr. Südbahn öffentlich behandelt wurde, gedrängt, meinen Erfahrungen und Ueberzeuguugen öffentlichen Ausdruck zu geben. Die Besprechung der Tariffragc ist übrigens gegenwärtig schon sehr erleichtert, da sic von allen berufenen Corporationcn erörtert worden ist, einzelne hierauf influirende Prinzipien als unumstößlich richtig anerkannt sind, und es sich jetzt vornehmlich nur darum handelt, denselben in Oesterreich praktische Geltung zn verschaffen. In Verfol¬ gung dieser Angelegenheit kann ich mich vor Allem au den Artikel „Unsere Kohlcntarife", der Zeitschrift „Wiener KaufmaunShalle", — dann an den Artikel „Znr Kohlcntariffragc" in der Beilage zu dir. 129 der „Presse", die ich wegen ihrer Bedeutung und der leichtern lieber- sicht halber im Anhänge beidruckcn ließ, halten. Beide Artikel beweisen aus den ökonomischen Resultaten ausländischer Bahnen, daß der s. g. Pfennigtarif *) bei Kohlcutrausportcn nicht zu einer Schmälerung der *) Der sogenannte Psenniglarif in Nord - Deutschland besteht darin, daß für einen Zoll - Centner Kohle pr. Meile 1 Pfennig und ftir jede 100 Centner eine Speditions - Gebühr von 2 Thaler , ohne Unterschied der Entfernung, entrichtet wird. Ans österr. Währung reducirt, ergibt sich folgender Tarif für 1 Zoll - Centner Kohle: Auf 1 Meile 3-416 kr. „ 5 „ 1016 „ „ 10 „ 0-716 „ „ 20 „ 0-566 „ „ 25-5 „ 0-534 „ (Dieß ist die Entfernung von Sagor nach Triest. Gegenwärtig werden 0-961 kr., d. i. nm 0-427 kr. mehr gezahlt, was den Centner ftir die ganze Strecke uni 10-888 kr. vertheuert.) Ans 53 Meilen 0-473 kr. (Dieß ist die Entfernung von Sagor bis Wien. Gegenwärtig werden 0-900 kr., d. i. um 0-427 kr. mehr gezahlt, was den Zentner für die ganze Strecke nm 22-631 kr. vertheuert.) Ans diesen Beispielen ist ersichtlich, daß die norddeutschen Bahnen beson¬ ders Beförderungen auf lange Distanzen begünstigen. — Die Südbahn hat für Kohlen den Tarif von 1-5 kr., von 1-0 kr. und von 0-9 kr. über 30 Meilen. Da die südstcier. und krainischcn Kohlenwcrke insbesondere ans den Handels- 5 Dividende der Bahnunternehmungen, sondern zu einer Erhöhung der¬ selben führte. — Indem also die österreichische Industrie um Herab¬ setzung der Tarife von ihrer gegenwärtigen enormen Höhe petitionirt, und von Seite der Bcchngescllschafteu diesem Verlangen beharrlicher Widerstand entgegengesetzt wird, zeigt sich sofort die schiefe Stellung, in der sich dieselben befinden. „Niedere Tarife für Kohle und für alle „specifisch schweren Rohprodukte und Materialien befördern die Industrie „und sind den Eisenbahn-Instituten selbst nützlich." Dieser Satz ist als ein Axiom von der gesummten industriellen Intelligenz ebenso angenommen, als gegenwärtig Niemand mehr zweifelt, daß niederes Postporto die Bricfbcwcgnng mehrt und das Postrcgale im Erträgnisse erhöht. Wenn dieser Satz bisher in Oesterreich noch nicht zur Geltung kam und bislang sehr wenig geschah, um ihn zur Geltung zu bringen, so muß allerdings ans die ansnahmsweiscn Geldverhältnisse billige Rücksicht genommen werden, welche die bisherigen Tarife erträglich machten, gerade so, wie der durch das Agio geschaffene indirekte Schutz¬ zoll manchen Industriezweigen enorme Gewinne verschaffte. Dann auch muß wohl bedacht werden, daß das ganze Eisenbahn-System Oester- rcich's in überwiegendsten Maßen erst während der Agio-Zeit geschaffen worden ist. So wie aber dieser Ausnahmsznstand der Geldentwer- thnng als beseitigt zu betrachten ist, und wie cs auch begreiflich ist, daß durch das Sinken des Agio manche Fabrik und manche Werkstatt in Stillstand kam, ebenso ist es unausweichlich, daß die Tarife der Eisenbahnen einer gründlichen Revision unterzogen werden, wenn die industrielle und gewerbliche Thätigkcit nicht ganz aufhörcn soll. — Warum sollten dann die auf Erfahrungen der Eisenbahnen anderer Länder beruhenden Tarifsätze nicht auch in Oesterreich Platz greifen, platz Triest angewiesen sind, so wisst der mindeste Tarif von 0 9 kr. nnr die Werke, die in Cilli verladen. Markt Tiiffcr nimmt an diesem niedersten Satz nicht mehr Theil. Die Handelskammer in Triest hat darum mit Recht ans die nicht zn rechtfertigende Begünstignng der Werke in Cilli aufmerksam gemacht, und verlangt, daß der Miuimal-Satz auf 20 oder höchstens 25 Meilen herab¬ gesetzt werde. Auch ist zu bemerken, daß dieser Kohlentarif zu einer Zeit gegeben wurde, als das Agio 40 stand, und er noch immer derselbe ist, obgleich das Agio auf 10"/« gewichen ist, die Möglichkeit der Ausfuhr über See also um 30 °/„ abgenommen hat! 6 da sie ja nicht zum Nachtheile, sondern zum Vortheile des Staates, seiner Bewohner und der Eisenbahnen selbst dienlich sind? Warum sollte das, was in andern Ländern wahr, vernünftig und für alle Betheiligtcn vorthcilhaft ist, nicht auch in Oesterreich wahr, vernünftig und vortheilhaft sein? Es fehlt nicht im Auslande sowohl als im Jnlande an höhnischen Bemerkungen über Oesterreich und seine Bevölkerung, die sich so wenig gebildet und kräftig erweise, und am meisten selbst Schuld trage, daß das Reich sich vielfältig noch in primitiven Zuständen befinde. Dieser Vorwurf ist ungerecht, denn selbst in das Ausland ist schon, wenngleich noch im matten Schimmer die Neberzeugnng gedrungen, daß die Bevölkerung Ocsterrcich's nicht müssig die Hände in den Schooß lege, sondern in allen Sphären des materiellen und geistigen Lebens tüchtig zu arbeiten verstehe. Es gilt jetzt nur, uns von allen Fesseln, die unsere Thätigkcit hemmen, zu befreien, und wir werden uns bald ebenbürtig an die Seite manchen Volkes stellen können, das berechtigt oder unberechtigt sich selbst zum Muster für Andere hinstellt. Man weiset auf England und Belgien hin, und blickt achselzuckend ans uns, die wir mit demselben Umfange an Rcichthümern von der gütigen Natur ansgcstattct sind, und eine so geringe Rolle in der Welt spielen. Da cs unzweifelhaft ist, daß in beiden Ländern eben die außerordent¬ liche Entwicklung der Communications-Mittel im Allgemeinen und des Eisenbahn-Systems insbesondere zu dem weltbeherrschenden Auf¬ schwung der industriellen Thätigkcit beitrug, so möge man bei Oester¬ reich vor Allem bedenken, daß wir hier unter dem Drucke des umfang¬ reichsten Monopols schmachten, das mit den Eisenbahnen über uns geworfen wurde. — „Abschaffung aller Monopole — " ist der oberste Grundsatz der National-Ockonomie. In Oesterreich, das neuester Zeit in dieser Richtung sehr viel gcthan hat, ist mit dem Schwinden des Agio auch die Zeit gekommen, an die Eisenbahnen die „ordnende Hand" zu legen. Man spricht allgemein von einem Zollanschlnß an Deutschland. - Kein erleuchteter Industrielle wird cs wagcn, sich gcgcn diese Maßregel prinzipiell auszusprcchcn, wenngleich Jedem zu wohl bekannt ist, daß damit eine Allianz mit einem industriellen Riesen eingcgangen werden will. Aber ist es denn nicht dringend nothwendig, unserer schwächlichen Industrie noch während der Zeit, als sie den Schutzzoll genießt, durch 7 schnelle Beschaffung aller derjenigen Mittel, durch welche die nach¬ barliche groß geworden ist, zur Hilfe zu eilen, damit sie erstarke und zu dem Kampfe gerüstet sei, den sie nach Fallen der Zollschranken zu bestehen haben wird!? Unter diesen Mitteln ist die Gleichstellung der Tarifsätze für Rohproducte und Materialien — also auch der Kohlen das erste! — So dankcnswerth nun der Artikel in der Beilage Nr. 129 zur „Presse" im Sinne der Herabsetzung der Tarife für Kohle bis auf '2 kr. pr. Zoll-Ccntuer und Meile, und zwar ohne jeden Differenzial- Tarif, Garantie und Nebcugcbührcu, spricht, — welcher Satz den Pfennigtarif der norddeutschen Bahnen auf größere Entfernungen noch nicht erreicht, — so sonderbar muß die weitere Ausführung der darin entwickelten Ansichten klingen, daß „unsere Bahnen noch nicht in der „Lage sind, dem Publikum jene billige Fracht in vollem Umfange zu „gewähren, weil dieselben unter wesentlich schwierigem Bedingungen „als im Auslande arbeiten." Der Herr Verfasser dieses Artikels v. I>. gibt hiebei zu, daß „die durch Betrieb etwa erhöhten Selbstkosten nicht „in Rücksicht zil ziehen seien, weil mau hierin oft schwer unterscheiden „kann, was der Ungunst der Verhältnisse und was mangelnder Befähi¬ gung zugcschricbcn werden muß"; aber er findet erwähnungswerth, „die durch unnatürliche Verhältnisse hcrvorgcrnfcue Höhe der Anlage- Kosten doppelt drückend durch die Schwierigkeit ihrer Beschaffung und „die starke Besteuerung des Staates." Nun scheint mir aber der Widerspruch dieses Satzes mit den Prämissen zweifellos. Denn ist cs wahr, daß der Pfennigsatz „die „Interessen der Bahnen nicht beeinträchtigt, sondern" — um nur ein Beispiel hcrvorznhebcn — „die Einnahmen der preußischen Bahnen „seit 1857 (also in nicht vortheilhaftcn Zeitvcrhältnisscn) um 9 Mill. „Thaler gestiegen sind, die durchschnittliche Verzinsung des Anlage¬ kapitals zugcnoinmcn hat, während sich die Einnahme auf Ccntner „und Meile verminderte, und diese Resultate, trotz der sich mehrenden „Concurrcnz neuer Linien erzielt wurden" — so ist unmöglich zu erkennen, warum bei höherem Anlage-Capital nicht ebenso günstige Resultate erzielt werden sollten, resp. warum ein höheres Anlags- Capital ein Gegner niederer Fracht sein sollte!? — Und was die Besteuerung anbelangt, dürfte diese ja eben leichter zu erschwingen sein, je höher das Erträgniß einer Bahn ist, welches eben, wie Hr. v. U. 8 unwiderleglich beweiset, durch niedere Tarife für Rohprodukte und insbesondere Kohlen erreicht werden kann. In der That sehen wir anch, daß, trotz der Agitation für den Pfennigtarif, der endlich doch in's Leben geführt werden wird, und trotz des bestehenden Gebühren- Gcsetzcö die Anmeldungen nm Bahn-Concessionen sich mehren in den¬ jenigen Theilen Oesterrcich's , wo das Terrain hiefür durch kein Privilegium gesperrt ist! — Es ist anzunehmen, daß Herr^.v.U., der „aus eigener Anschauung „die großen Schwierigkeiten kennt, mit denen die österr. Eisenbahnen „zu kämpfen haben", in seinem Aufsatz mit den wenigen — alle Gründe erschöpft hat, die gegen die Einführung des Pfcnnigtarifes sprechen. Ihm ist zu glauben, denn er will den Bahnen nicht wehe thun; doch da, wie gezeigt, sie durchaus nicht stichhältig sind, steht der sofortigen Einführung desselben nicht das Geringste im Wege. — Speciell bei der südl. k. k. priv. Staatseisenbahn fallen die beiden Einwendungen des Herrn v. I,. gänzlich weg, denn wir wissen — zu unserm Schmerz — daß der ganze so theuer erbaute und nicht minder theuer erkaufte Eiscnbahn-Complcx an diese fremdländische Ge¬ sellschaft um einen Spottpreis verkauft wurde, und sie durch 10 Jahre cinkommensteuerfrei ist. Dagegen wird die Südbahn zuverlässig den theueren Betrieb anführcn und auf den Semmering und Karst Hin¬ weisen; — wogegen zu bemerken ist, daß beim Handelsministerium die Ergebnisse der Selbstkosten liegen, welche darthun, daß diese unter dem Pfennigtarif bleiben, somit die Südbahn keinen Schaden zu leiden Hütte. Weiter aber werden ohnedem über den Semmering wegen höherer Betriebskosten nm 2'/? Meilen mehr als die wirkliche Distanz beträgt berechnet. Ueber den Karst führen dann so viel Win¬ dungen, daß sie die Strecke von Laibach bis Triest nngcmcin verlängern. Auf der Poststraße beträgt die Entfernung 13, — auf der Eisenbahn 19'/z Meilen. Die Nöthigung, eine um 50A längere Strecke zu befahren, ist schon ein Vorthcil für eine Eisenbahn-Unternehmung und eine Last für die Industrie. Wenn uns der geehrte Verfasser des Artikels in der „Presse", dem die Industriellen Oesterreichs für die unumstößliche, aus Erfah¬ rungen hergeleitete Beweisführung nie genug werden danken können, ermahnt „sein Vertrauen auf das — Talent, welches den commer- „ciellen Verkehr der Südbahn ordnet", zu theilen, so beklage ich 9 anderer Meinung sein zu müssen. Ich weiß nicht, wen Herr v. I,. unter dem „Talent" meint, aber bekannt ist Jedermann, daß die gegenwärtige Gesellschaft bisher nichts gcthan hat, als die Frachten zu erhöhen, und alle Wiedcrstnuigkciten der Warcn-Classification und des Tarifes bestehen ließ, wie sic dieselben vom Acrar überkam.*) Das vcrräth wenig guten Willen, wenn die Einsicht wirklich vorhanden ist; — darum wird besser sein, wir halten uns au die Vernunft Mäßigkeit unserer Bestrebungen und suchen unsere hohen Staatsorgane freiinüthig über den Sachverhalt aufznklarcn. Freilich wäre „die Er¬ mäßigung der Tarife die beste Antwort auf die Angriffe deö steiri¬ schen Landtages" — aber noch viel besser wäre gewesen, wenn die Südbahn-Gesellschaft nie Grund zu solchen Angriffen gegeben, früher den Wünschen des Publikums uud den Bedürfnissen der Industrie Rechnung getragen, ein rationelles Vcrfrachtungösystem angenommen, und in ihrem Geschäftsbetriebe ein solches Verfahren beobachtet hätte, welches in der Geschäftswelt als „honett" bezeichnet zu werden pflegt. Ich bin in der Lage, Beweise zu liefern, daß die Südbahn- Direetion noch in der neuesten Zeit nichts weniger als nach den Grundsätzen handelt , die Herr v. ll. als die richtigen anfstellt und sie bei dem „Talente" voranssetzt. In dem Artikel der „Presse" Nr. 129 heißt cs: „Wenn die „Hauptbahn kein Geld hat, nm Flügelbahncn zu bauen, so sollte sie „wenigstens jene Gruben, welche noch Chansseö - Frachten zu tragen „haben, durch Bonificatioucn in die Lage setzen, an der Concurrenz „Theil zu nehmen." — Wie hat sich nun die Südbahn-Dircction in einem solchen Falle benommen!? Die Gewerkschaft, die ich vertrete, die eines der bedeutendsten Kohlcnwcrke im Süden Oesterreichs besitzt, hat beschlossen, das Pferde¬ fuhrwerk, mit dem sie sich auf einer schlechten Straße abmartcrt, zu beseitige», und eine Flügelbahn von ihrem Werke zur Station Sagor zu bauen. Weil aber die hohen Bahntarifc den Umkreis für den Kohlcnabsatz sehr verengen, sich dcßhalb die Kohlcnwcrke von Graz abwärts so ziemlich ganz in den Händen der Südbahn befinden, nachdem diese der stärkste, man könnte fast sagen, der alleinige Kohlen Eonsnment ^Beispielsweise zahlt bei ganzen Wagenladungen Thon, Bruchsteine eben¬ soviel als Hohlglas! I! 10 ist, hielt die Gewerkschaft für nothwendig, sich mit diesem Institut in's Einvernehmen zu setzen. Sie setzte damals, wie Herr v. U. in das „leitende Talent" der Südbahn volles Vertrauen, und hoffte, daß dasselbe sich nicht der Einsicht entschlagcn werde, daß Flügelbahnen nicht allein dem Inhaber derselben, sondern mehr der Hauptbahn zu Gute kommen. — Um doch einigermaßen mit Zuversicht an's Werk gehen zu können, daß ihr der Kvhlcnabsatz nicht ganz abgeschnitten werde, proponirte die Gewerkschaft einen dreijährigen Lieferungs- Vertrag nämlich pro 1863, 64, 65, vermöge dessen sie sich verpflichtet hätte, an die Bahn das Quantum von 48—72.000 Zoll-Ctr. monatlich um den Preis von 22 kr. abzustellen. Dabei war für die Bahn die Begünstigung beigclcgt, daß sie nach nur 14 Tage vorgängiger Ansage innerhalb des Minimums und Maximums obiger Quantitäten wählen konnte. Der Preis im Jahre 1862 betrug 23 kr. — Da die Ge¬ werkschaft die Flügelbahn im Fahre 1863 zu bauen gewillt war und der Bau ziemlich das ganze Jahr gedauert hätte, so ist klar, daß die Gewerkschaft nur 2 Jahre mit diesem Vertrag die Flügelbahn ausbeutcn konnte, — im ersten Jahre aber sich noch größere Opfer auferlegte, da sic nm den gleichen Preis liefern wollte, und ihr voraussichtlich das Fuhrwerk durch den Bau noch mehr vertheucrt worden wäre. Als Antwort auf diese Proposition bot die Südbahn — obgleich sie früher ausdrücklich einen gleichmäßigen Preis für alle 3 Jahre als Bedingung der Unterhandlung festsetzte — ein Quantum von 60 bis 100.000 Ctr. um den Preis von 21 1? kr. für die ersten zwei Jahre und gar von 20'^ kr. für das dritte Jahr an. Dieß wäre freilich mir als ein ganz begreifliches Bestreben, die Kohlenpreise möglichst her- abzndrückcn, anzusehen; — aber der wahre Geist dieses Gegenvor¬ schlages kömmt dann zum Vorschein, sobald man vernimmt, das die Südbahn zu gleicher Zeit mit einem benachbarten Werke, das die Flügelbahn schon hat, ans zwei Jahre, nämlich pro 1863, 64, um denselben Preis von 22 kr. ein Quantum von 70—100.000 Ctr. abschloß, mit diesem Contracte aber der Bedarf noch nicht bedeckt war, sondern mit der Gewerkschaft, die ich vertrete, doch noch eine Lieferung von 60—80.000 Ctr. für ein Jahr abzuschließen bemüssigt war. Der Anbot der Gewerkschaft enthielt also nicht die geringste Unbilligkeit; — doch der Südbahn beliebte cs nicht nnd so mußte der projectirte Bau unterbleiben, da bei gegenwärtigem Tarif ein vermehrter Absatz undenkbar ist. 11 Das nennt dann die Direktion der Südbahn in ihrer versuchten Nechtfertigungsschrift (in der „Presse" Nr. 60) „das Aufblühen, die „selbstständige Entwicklung der Kohlcnindnstric." Herr v. I,. weiß eben nicht, wie bei der Südbahn Wort und That im Widerspruche stehen; — er weiß nicht, daß Inspektoren der Südbahn ganz nnver- holen erklären: „die Bahn dürfe die Tarife nicht herabsctzen, weil sie „sich sonst die Kohlen selbst vertheuern würde." — Solche Aeußerungen können natürlich als von hiezu unberechtigten Personen ausgehend immer dcsavouirt werden, — aber wie kann ein „Talent" (ich gehe nämlich von der Ansicht aus, daß diese so bezeichnete Person der Rechtfertigungs-Schrift in der „Presse" nicht fern ist) cs nur wagen, das Aufblühen der Kohlen-Industrie in den Mund zu nehmen und hohe Tarife zu halten. Angenommen, es wäre möglich, die Kohlen noch billiger als nm 22 kr. zu liefern, so kann cs sich dabei nur um sehr wenige Kreuzer handeln, während vernunftgemäße Tarife einen Preisunterschied von 10, 20 und mehr Kreuzer ergeben. Das gibt den Ausschlag! — Wie aber ist es möglich, billig Kohlen zu erzeugen, wenn man nicht große Quantitäten erzeugen kann, und wie kann man diese erzeugen, wenn die hohen Tarife die Möglichkeit eines Absatzes verschließen. Die Tarife sind cs, die eiserne Reifen nm unfern Körper geschmiedet haben, die uns nicht wachsen lassen und uns erdrücken! Dieß ist der Punkt, an welchem sich die Industrie erholen kann, dessen Berührung die Südbahn aber sorgfältig ausweicht. Sie ladet alle Schuld der hohen Kohlenprcisc den Kohlenwcrkeru auf und meint, daß diese unsinnige Gewinne aus ihren Geschäften ziehen, daß sie selbst aber die Kohlen in eigener Regie nm 15 bis 16 kr. zu erzeugen im Stande sein würde. Nun diese Vorwürfe scheinen mir eben nur wieder das schiefe unnatürliche Verhältnis) zu beweisen, in dem sich die Industrie und die Südbahn-Verwaltung befinden. Was einerseits kann es die Südbahn-Direktion kümmern, ob oder wie viel die Kohlenwerke Ge¬ winn ziehen, oder ob sie bei ihrem Geschäfte verlieren; — und an¬ derseits wie konnte man — bei natürlichen, vernunftgemäßen Verhält¬ nissen — die Bahu-Directionen zu verhalten suchen, daß sic von diesem oder jenem Werke um diese oder jene Preise kaufen. Die Lösung dieses Zwiespaltes liegt aber eben wieder im Tarife. Man gebe uns die Tarife, die anderwärts als „vernunftgemäß" erkannt worden sind, — man mache unsere Kohlenwerke von dem Drucke der Südbahn frei, 12 — und diese möge sich ein beliebiges Kohlenwcrk erwerben. Es wäre ja thöricht, billige Tarife zu verlangen und die Bahnen verhindern zu wollen, daß sie sich billigstes Brennmaterial verschaffen. *) Gelingt cs ihr, die Kohlcn-Prcisc auf 15 oder 16 kr. hcrabznbringcn und über den eigenen Bedarf noch zu verkaufen, so wird sie sich gewiß hohen Dank von Seite der Gesamnit-Jndustrie Südöstcrreichs erwerben; — ich selbst werde nicht neidisch auf den Gewinn blicken, der dadurch den Aetionärcn zugcwcndct wird (die „Armen", sie werden ihn noch brauchen!), — ja vielmehr zu lernen und diesem guten Beispiele nachzneiferu suchen. — Gut wäre aber, wenn dann die Staats-Verwaltung etwas genauer nach den Zinsen des Capitals sähe, das eine solche Seitcn- Unternehmung erfordern wird. Doch das ist bei unserem Herrn Finanz- miiiistcr nicht anders zu denken. Ein zweiter Fall, der cs, wie bei dem Kohlcutarife mindestens zweifelhaft läßt, ob die Südbahn-Dircction wirklich nur die Hebung der Industrie und das Gedeihen des Unternehmens, dem sic Vorsicht, im Auge hat, ob das „Talent" im Sinne der vom Herrn v. 1^. den Eisenbahnen zugcwicscne Aufgabe: „sic sollte die Geschäfte suchen „und nicht erst warten, bis sie ihr in den Mund gelaufen kommen" — handelt, betrifft den Tarif für hidraulischen Cement. Daß von diesem Materiale in Wien ein immenser Verbrauch stattfiudet, daß *) I» dcr Erwiderung der Dircctiou der Südbahn in der „Presse" Nr. 60 heißt cs auch, daß „dcr Vorthcil dcr aus der Vcrwenduug dcr stcicrischcn „Kohle auf den venetiancr Linien für die Gesellschaft fließt, mindestens zwei¬ felhaft sei." Zur Untersuchung dieser Behauptung führe ich folgendes an: Die steierische Kohle, die im Venctianischen verwendet wird, kommt von Hrastuigg und die Punkte, wo sie mit eugl. Kohle in Conflict kommen könnte, sind Triest und Venedig, eigentlich Mestre. Loco Station Hrastnigg kostet die Kohle 22 kr. Zoll-Ctr.. Die Fracht der eigenen Kohle berechnet die Süd- bahn pr. Zoll-Ctr. und Meile mit 0.45 kr. Von Hrastnigg nach Triest sind 26.5 Meilen, nach Mestre 50 Meilen. Also kostet 1 Ctr. Hrastniggcr Kohle im Bahnhofe Triest 34 kr. oder die englische Tonne st. 6.80 kr., — im Bahnhofe Mestre 44'5 kr. oder pr. engl. Tonne st. 8.90 kr. Die Tonne engl. Kohl kostet noch gegenwärtig bei 10°/„ Agio fl. 12, — loco Bord im Hafen und die Brennkraft der Hrastniggcr Kohle zur engl. auf beiderseits hiezu ein¬ gerichteten Röster (wie dieß die Locomotive der Südbahn sind) ist 4:3, daher in Triest 4 X st- 6.80 lr. -- fl. 27.20 kr. entsprechen 3 X fl- 12 ----- fl. 36. — In Mestre 4 X fl- 8.90 --- fl. 35.60 kr. entsprechen 3 X fl- 12 --- fl. 36. So steht es mit den Anführungen der Südbahn! 13 die Nachfrage in der Bausaison nie befriedigt werden kann, ist eine bekannte Thatsache. Um die Sache kurz zu machen, erzähle ich bloß, daß schon im Frühjahre 1862 eine Ermäßigung des Tarifes hiefür von Seite der Südbahn eingeführt wurde, doch war sie so unbedeutend, daß sie, wie vorauszusehen war, gar nichts nützte. Nachtheilig auf die Eoncnrrenz wirkt insbesondere der Umstand, daß die Cemente fast durchgehends auf der Donau nach Wien geschafft werden können. Die Westbahn aber hat sich in ganz richtiger Würdi¬ gung dieses Artikels durch Herabsetzung des Tarifes auf kr. pr. Ctr. und Meile bemächtigt, und besiegt so den Wassertransport. Ich habe nun im März unter Vorstellung dieses übrigens der Südbahn ganz wohl bekannte» Verhältnisses um gleichmäßige Tarifbehand¬ lung dieses Artikels augcsucht, dieß Ansuchen urgirt, aber bis zur Stunde nicht eine Antwort erhalten. Nicht selten hört man als einen der Gründe gegen die Tarif¬ herabsetzung im Allgemeinen anführen: cs sei nicht gewiß, daß die Verkehrs-Mehrung mit der Ermäßigung gleichen Schritt halten werde. Doch liegt bei Cement diese Mehrung sicher da. Es sind im südlichen Steiermark und in Kram 4 derlei Fabriken, von denen jede gewiß die halbe Erzeugungsfähigkeit znr Disposition hat, und in Wien ist der Bedarf nicht zu bedecken. Nur eine gleiche Behandlung mit der Westbahn wird angestrcbt und überdieß hat die Gewerkschaft den sofor¬ tigen Ban einer neuen Fabrik zugesichert, — doch nein! die Fabriken müssen stehen und die eigenen Waggons werden zn Hnnderteu leer hin- und hergeführt. Consument, Producent — und die Südbahn selbst leidet darunter, — aber die Direktion derselben spricht von „offenkundigen Bemühungen, die Interessen des Publikums im Allge¬ meinen aus ihrem Gebiete nach besten Kräften zu fördern." Die zuverlässige Mehrung des Kohlentrnusportes bei Herabsetzung des Tarifes spcciell zu entwickeln, halte ich für überflüssig, da Jeder¬ mann weiß, daß Krain an das Triestiner Gebiet und an das brenn- stosfarmc Italien gränzt. Wenn bei einer Actien-Gesellschaft der Geschäftsgang gut geordnet ist, und Jedermann den Platz ansfüllt, zn dem er berufen ist, ins¬ besondere aber die Controlls-Abtheiluug, d. i. der VerwaltungSrath seiner Pflicht genau obliegt, so ist bei so flagranten Verletzungen der gesellschaftlichen Interessen immer zu hoffen, daß dieser thätlich und 14 abhilflich eingreift. Was ist aber von dem Verwaltungsrathe der Südbahn zu erwarten, den selbst die eigenen Inspectoren in Gegen¬ ständen, die unzweifelhaft in sein Ressort gehören, ignorircn! So nur ist cs erklärlich, daß die Dircctorcn cs wagen können, nngescheut selbst unehrenhafte Mittel zn gebrauchen, wenn sic sonst nicht ihre Absichten durchzusetzen vermögen. *) Was kann der Süden Oesterreichs von einer solchen Leitung der Eisenbahn erwarten!? Man hat Recht, wenn man von einer „em¬ pörten öffentlichen Meinung" spricht, und hohes Verdienst für uns hat sich der steirische Landtag erworben, daß er diese ausländische Anstalt in's Auge gefaßt hat, — wenn auch in einigen Einzelnheiten über's Ziel geschossen worden sein mag. Es scheint aber doch, daß die dort erhobenen Beschuldigungen durch die Wirklichkeit noch über¬ troffen werden. So ist mir z. B. durch einen zuverlässigen Herrn, der mir dicß wiederholt als ganz bestimmt bestätigte, mitgctheilt worden, daß die Südbahn „Einzelnen" im Geheimen Tarif-Ermäßigungen ge¬ währe- Obgleich ich darauf aufmerksam machte, daß dicß dem Z. 41 der Concessions-Urkunde zuwiderlaufe und eine solche Ucbertretung denn doch kaum denkbar sei, beharrte mein Gewährsmann doch bei der Behauptung. Sollte das Handels-Ministerium diese Angabe für wichtig genug halten, um eine Untersuchung cinzulciten, so bin ich bereit, nähere Andeutungen zu geben, wo die Uebcrcinkunft hierüber zn finden wäre. Das Mißtrauen gegen die Südbahu - Gesellschaft ist unendlich groß, und cs scheint nicht so gar abstrus, wenu mau dieser von Paris protegirten und durch ausländische Dircctorcn, — die dem Vcrwal- tungsrath gegenüber factisch die oberste Gewalt haben, — geleiteten Unternehmung nicht die reinsten Absichten unterlegt. Man gedenke nur des unvollendeten Zustandes der italienischen Bahnen im Jahre 1859, und nicht zur unrechten Zeit und am unrechten Platze dürfte die Erinnerung an Dr. Binglcr, früheren Generalsecretär der lomb.-- venet. Eisenbahn sein. Ich glaube nicht, daß in Frankreich z. B. irgend ein Ausländer, der noch mit einem Cocon-Faden an seinem *) Ich gebrauche hier keinen Ausdruck, den ich nicht auch zu vertreten im Stande wäre. Uebrigens ist er nicht bloß in meinen Erfahrungen gerechtfertigt; — auch andere Geschäftsmänner, die mit der Südbahn zu thun haben, könnten mit ähnlichen Angaben austreten. 15 Stammlande hängt zu einer bedeutenden Stellung gelangen würde. Aus natürlichen Gründen; — denn sind Staatsbürgerthum, Vaterland, Vaterlandsliebe rc. nicht hohle Worte, so ist das Ueberantworten hoher Staatsstellungen in „fremde" Hände mindestens unklug. Die öffent¬ lichen Eisenbahnen aber sind die Adern, durch welche das Blut des Staatskörpers rollt. — Freilich heißt es dann, die ausländischen Beamten sind auch den österreichischen Gesetzen unterworfen, — aber es kann Dienstleistungen geben, die den Ausländer rehabilitiren, sobald er die Grenzen des Reiches überschritten hat. Uebrigens was haben denn die ausländischen Gesellschaften mit ihren ausländischen Directoren geleistet? — Die Staatsbahn mit ihren prachtvollen Objecten aller Art steht am Rande der Staatssub- vcntion, -— und 7Vü"'o Dividende, wie sie die Südbahn auszahlt, die nicht minder herrliche Objecte um einen Spottpreis in die Hand bekommen hat, sind denn doch ganz und gar nicht Beweise für geniale Leistungen, und lassen nach der bedeutenden Minderung der Einnahmen von 1,300.000 st. bis Ende Mai d. I. für das Jahr 1863 Aehnliches wie bei der Staatsbahn besorgen. Wahrlich die Verhältnisse der Ei¬ senbahnen sind unter die nicht geringen Uebelstände zu zählen, an denen unser Vaterland leidet. Eine Reform ihrer Verwaltungen ist dringend nöthig, — und wenn man sic nur haben will, wird man im Jnlande genug ebenso intelligente als patriotische Männer finden, die die Leitung derselben zu übernehmen im Stande sind. Hat man doch gezweifelt, ob in Oesterreich-Minister zu haben seien, — und man hat sie, zuverlässig nicht zum Nachtheile des Reiches, gefunden! Die Industrie Südösterreich's, speciell die Eisen - und Kohlen- werkc Kärnten's, der südl. Steiermark und Krain's, verdienen in diesen Bestrebungen nach nicdern Tarifen besondere Berücksichtigung aus vier Gründen: 1. Weil dieser Theil Oesterreichs im Verhältnisse zum Norden noch sehr arm an Industrie ist, diese gehoben, vielfältig erst geschaffen werden muß. 2. Ist es die Nähe des Meeres, das die Concurreuz aller seefahrenden Nationen weckt. 3. Ist die Kohle von Graz abwärts durchgehends nur Braun¬ kohle, Mittlern oder jüngsten Alters, also weniger brennkräftig und daher ihrer Natur nach weniger geeignet, hohe Frachtsätze zu ertragen. M „Da billige Kohlen und billiges Eisen gleichbedeutend sind mit guter „Kohle und gutem Eisen, so muß eben ein billiger Frachtsatz diesem „Mangel abhelfen." 4. Es ist nicht zu verkennen, daß der Norden Oesterreichs in seinen Eisenbahnverhältnissen viel mehr die Bedingungen zur Selbst¬ hilfe in sie trägt, als der Süden. Allerdings sind dort die Kohlcn- tarife noch illiberaler, als hier, aber da die Kohle dort fast durchweg sehr edel ist, verträgt sie auch höhere Transportkosten — und es ist möglich, daß dort neue Bahnen durch neue Gesellschaften entstehen, die die abnormen Tarif-Auswüchse der Monopolisten be¬ schneiden werden. Bekannt ist schon der mit der Nord - und Staats¬ bahn concurrirende Einfluß der böhmischen West-, der bairischen Ost- und der österreichischen Westbahn, die es möglich machen, daß Kohle aus der Nähe Prags auf diesem enormen Umwege nach Wien trans- portirt werden kann. *) Wo kann aber dem Süden Oesterreichs ein solcher Erlöser erstehen? Nicht allein, daß terestrischc Hindernisse der Anlage einer Eoncurreuz - Bahn entgegenstehen, ist cs wieder das lei¬ dige Privilegium, das alle Selbsthilfe abschneidct. Nicht dcßhalb, daß die Südbahn verkauft wurde, traf den Süden Oesterrcich's so empfindlich, sondern deßhalb weil ein so ungeheueres Terrain in eine Hand gelegt wurde, wurde die Axt an die Wurzel unserer Thätigkcit gelegt; — und sic wird zuverlässig vernichtet, wenn nicht rechtzeitig d. i. schnell abgewehrt wird. Herr -4. v. U. meint, wir sollen warten bis in den General¬ versammlungen der Eisenbahnen die Aktien - Besitzer anfstehen, und „Revision der Kohlcntarifc fordern;" — und man erkennt nicht genau, ob es Ironie ist, wenn Herr v. ll. früher bemerkt: „es werde „dieß hoffentlich zu einer Zeit geschehen, wo die Industrie Oestcr- „reich's noch Kraft genug hat, jenen Aufschwung wieder zu ge¬ winnen, welcher sie befähiget, das Vaterland groß und glücklich zu „machen." — „Wieder zu gewinnen" — liegt sie also schon dar¬ nieder. — Beweisen denn die bedeutenden Minder-Einnahmen der Eisenbahnen selbst und der Südbahn insbesondere trotzdem, daß letztere ihre Strecken vermehrt hat, nicht schon zur Genüge, daß Production und Handel stocken ? Sind die massenhaften Arbeits-Entlassungen ver- *) Diese Bahn hatte dabei den Tarif von 0'68 kr. Pr. Zoll-Ctr. und Meile, also nm 0-22 kr. weniger als die Siidbahn. 17 schiedener Eisen-und Kohlenwerke nicht bekannt? Worauf wartet man also noch? — Im steierischen Landtage sagte man der Südbahn nach, „daß sic die österreichische Industrie zu Grunde richten wolle." Die General - Direktion der Südbahn findet dieß lächerlich; — auch ich glaube es nicht. — Die Industrie will die französische Süobahn nicht zu Grunde richten; das scheint mir sicher, — diese nicht — aber viel mehr Wahres dürfte die Vermuthnng heben, daß die gegen¬ wärtigen Iugaber derselben rmnirt uns gezwungen werden sollen, ihre Etablissements zu verkaufen. — Dann wird man den „Beweis" als hcrgestellt betrachten, daß die Industrie mit diesen Tarifen nicht bestehen kann, und dann wird man sie zu Nutz und Frommen — „Anderer" abändcrn; — früher nicht, wenn die hohen Staatsorgane uns nicht schon jetzt zu Hilfe kommen. Eine andere Aussicht haben wir nicht, — denn wollten die Ei¬ senbahn-Verwaltungen freiwillig zum Bessern sich wenden, so hatten sic hiezu Zeit genug. Ihre eigenen verminderten Einnahmen datircn nicht vom Jahre 1863, sondern sind wie die magern Dividenden be¬ weisen, viel älter. Herr J. v. ll. billigt das Einschreiten der Staats¬ behörde gegen die Eisenbahn-Verwaltungen nicht, aber vielleicht bloß deßhalb, weil er das österr. Eisenbahn - Bcrhältniß, insbesondere das der Südbahn von einem falschen Standpunkte betrachtet, etwa so wie das englische oder belgische Verhültniß anzusehcn ist, wo Eisenbahnen mit Eisenbahnen nach allen Richtungen der Windrose concurrircn und häufig sogar schiffbare Flüsse und Kanäle an ihrer Seite laufen. Da kann sich füglich der Staat eine Beeinflussung ersparen; — wir aber ringe» mit „„Privilegien."" Die Cvncessioncn sind gegeben, das ist wahr, und müssen heilig gehalten werden, wie jedes Eigenthum. Aber- Eisenbahnen sind in erster Linie Staats - Institute, wie Ncichsstraßen, Poft, Flußschiffahrt re. — Die Conccssionen sind gegeben unter der selbstverständlichen Voraussetzung, daß die Verwaltungen derselben nach rationellen Principien — nicht sich selbst, d. i. den Aktionären und Andern zum Nachtheile Vorgehen; — sie sind gegeben zur Förderung, nicht zur Vernichtung des allgemeinen Besten, — sie sind gegeben unter der selbstverständlichen Voraussetzung, daß „die in den Gesetzen „zur Erhaltung und Beförderung des allgemeinen Wohles vorgeschrie- „benen Einschränkungen nicht übertreten werden"; — und es ist selbst¬ verständlich, daß, so wie jedes Mitglied des Staates auch die Eisen- 2 18 „bahnen gegen eine angemessene Schadloshaltung selbst das „volle Eigenthum einer Sache abtreten müssen, wenn cs das allge- „gemeine Beste erheischt." Auf Grund dieses Principes ist weiland die Thurn und Taxis'sche Postanstalt abgclösct worden, ist die gro߬ artige Grundablösung dnrchgcführt worden rc. rc. re. und werden sehr wahrscheinlich wie in der Schweiz seiner Zeit, alle Eisenbahnen in die Hände des Staats übergehen, wie cs die Reichsstraßen sind. Sehr wahrscheinlich im Geiste dieses Principes wurde der Südbahn derselbe Zoll-Erlaß für die Einfuhr von Eisenbahn-Artikeln bewilligt, ohne daß man sich um den Schaden der inländischen Fabriken be¬ kümmerte, die sich auf Grundlage des neuen Zoll-Tarifes eingerichtet haben. Auf Grund desselben Principes wurden in Preußen die Pfennig-Tarife octroirt, und der Veranlasser dieser Maßregel, Minister v. d. Heidt, wird trotz politischer Gegnerschaft als ein Mitbegründer der preußischen industriellen Macht von Consumente», Producente» und — von den Eisenbahn-Gesellschaften hoch geehrt. — Das Recht, ja die Pflicht der Staatsbehörde hier einzugreifcn, wo nur Mangel an Einsicht oder übler Wille der Wohlfahrt des Reiches entgegcnsteht, ist zweifellos. — Genau genommen, bestreitet Herr v. ll. dicß auch nicht; nur „„opportun"" findet er den Eingriff nicht, „um das Ca- „pital dem Eiscnbahnbau günstig zu erhalten." Da erscheint aber wieder der Widerspruch, in dem sich Herr v. I,. bewegt. — Weil man also etwas Vernünftiges verlangt, weil man „richtige Kohlen- Tarife", eine „verständige Tarifspolitik" anstrcbt, sollte das Capital vor den Eisenbahnen zurückschrecken? Es ist kein Grund vorhanden, das „Capital" für so befangen zu halten. -- Besser man räume die Sattdbarren weg, die den freien Ausfluß des Stroms der Einnahme in das Meer (die Actionäre) verhindern, und außerhalb desselben Seen bilden. Mit dem aus den Erfahrungen anderer Bahnen erwie¬ senen Satze, daß „Pfennigtarife die Interessen der Eisenbahnen nicht „b e e inträchti g e U, s o n d e rn för d e rn " wären alle Maßnahmen der Staatsbehörden hinlänglich gerechtfertigt, und es würde den Ei¬ senbahnen schwer werden, einen „Schaden" nachzuweisen. Möglich wohl, daß im ersten Jahre ein Ausfall zum Nachtheile der Bahnen zum Vorschein käme, aber desto rapider wäre das Steigen der Ein¬ nahmen in den folgenden Jahren. Wir sind „am Wendepunkte" — „die Situation ist unerträglich" und das „Maß unserer Geduld ist erschöpft"; — aber wir sind ge¬ trost, daß unsere hohen Staatsorgane sümmtlich diese Frage mit dem Ernst, — der Gründlichkeit und der Ausdauer iu Verhandlung sichen werden, die sie verdient. Es handelt sich um die Existenz der zahl¬ reichen Menschenrasse, welche von der „Arbeit" lebt, es handelt sich um viele Millionen des National - Vermögens. — Nach einer guten Justiz ist die Begründung einer festen materiellen Grundlage die erste Bedingung eines wohlorgauisirten Staates. Beide gehen allen andern Fragen weit vor; — jene ist die sicherste Stütze der Freiheit im Innern, diese gibt die Kraft des Staates nach Außen *). Sagor am 8. Juni 1863. Friedrich Langer, Werksdirector der Gewerkschaft am Savestrome. *) Während des Druckes dieses Promemorias erfahre ich auf privatem Wege, daß die Siidbahii den Frachtsatz fiir Cement auf 1 Nkr. pr. Zoll - Ctr. und Meile herabgesetzt habe. — Ein neuer Beweis, daß man sich mit fruchtlose» Scheinmaßregeln begnügen zu können glaubt! — (Aus der „Wiener Kaufmannshalle" äe anno 1863.) Unsere Kohlen-Tarife. „Kohlen und Eisen haben England groß gemacht, haben ihm sein Uebcrgewicht über die continentale Industrie errungen", dieser Satz ist schon unzählige Male unter Stoßseufzern und national¬ neidischen Seitenblicken dicßscits des Canals geschrieben worden; selten aber hat man ihn fruchtbar verwerthet, d. h. selten hat man die beherzigenSwerthe Lehre aus ihm gezogen, die er enthält, wenigstens — bei uns in Oesterreich nicht. Daß man Eisen und Kohlen, als Geschenke der Natur, nicht schaffen, daß man ihre Quantitäten nie, und ihre Qualitäten (durch ein vervollkommnetes Betricbsverfahrcn beim Eisen) nur bis zu einem gewissen Grade erhöhen könne, das weiß Jedermann. Aber auf eine ihrer Eigenschaften, welche der Qualität völlig die Wage hält, kann die menschliche Arbeit und Geschicklichkeit einwirkcn, auf den Preis. Billige Kohlen und billiges Eisen ist gerade so viel Werth, wie gute Kohlen und gutes Eisen! Hat man bei uns diese triviale Wahrheit schon überall begriffen, namentlich an den Stellen, die es allein in der Hand haben, dieselbe zur praktischen Thatsache werden zn lassen? Wir wissen es Alle, Nein! Der Preis der Kohlen und des Eisens ist nicht bloß von ihren Herstellungskosten am Orte der Erzeugung, er ist auch sehr wesentlich von den Kosten der Verfrachtung abhängig, und diese spielen verhültnißmäßig eine um so größere Rolle, je niedriger der ursprüng¬ liche Herstellungspreis und je weiter die Entfernung ist, in welcher das Material verführt werden soll. Hier sind cs nun vornehmlich unsere Eisenbahnen, diese allgemeinen Landes- und Volks - Verkehrs-- austaltcn, denen die Aufgabe zufällt, die etwaige Ungunst der natür- 21 lichen Lage auszngleichen und der Landes-Industrie unter die Arme zu greifen. Daß unsere österreichischen Bahnen diese Aufgabe bisher noch nicht begriffen, wenigstens aber Nichts gcthan haben, zu ihrer Erfüllung Hand anzulegcn, ist leider eine nicht zu bestreitende That- sachc. Lediglich unter dem Unverstände oder dein üblen Willen unserer Bahnverwaltungen leiden sämintlichc, ans Kohlen und Eisen angewie¬ senen österreichischen Industriellen; jene allein verschulden es, wenn sie erfolglos sich abwüheu und die Concurrenz des Auslandes ungeschützt auf keinem Markte zu bestehen vermögen; jenen zum großen Theile ist cs zuzuschreiben, daß die Abschlicßung von Zoll- und Handels¬ verträgen auf denjenigen Grundlagen, welche die vorgeschrittene außer- österreichische Industrie mit Fug und Recht fordern kann, für Oester¬ reich noch lange eine Chimäre bleiben wird! Mit dem oft gehörten Einwande, daß eine Herabsetzung der Frachttarife, namentlich der für Kohlen und Eisen, im Interesse der Bahnen selbst nicht ausführbar sei, daß diese dabei nicht bestehen und ihren Actionären dann nicht mehr die gewünschten Dividenden aus- zahlcn könnten, dürfen sie nicht mehr kommen; die seit lange sorg¬ fältig gesammelten Erfahrungen auf allen Bahnen der Welt beweisen ihnen das Gegentheil. Es sei ein einziges, aber entscheidendes Bei¬ spiel in den preußischen Bahnen, die bekanntlich den Pfennigtarif für Kohlen, nnd überall bedeutend ermäßigte Tarife für Eisen angenommen haben, angeführt. Obwohl nämlich auf den preußischen Bahnen seit 1844 die Gütcrfrequenz sich versechsfacht, die Güter - Frachtcinnahme pr. Meile Bahnlänge aber nur auf das Dreieinhalbfache und die Brutto- Einnahmen pr. Meile Bahnlänge kaum auf das Doppelte gestiegen, obwohl die Betriebs-Einnahmen pr. Ccntner Gut nnd Meile auf weniger als die Hälfte herabgcgangcn, die Betriebs-Ausgaben pr. Nutz¬ meile dagegen um circa 22 Procent gestiegen sind; — trotz alledem hat sich das Verhältniß der Betriebs-Ausgaben zu den Betriebs-Ein¬ nahmen gegen 1844 um 2 Procent günstiger gestellt und der reine Uebcrschuß hat sich von 5 ans 5^ Procent des gesummten Anlagc-Capitals erhöht, ein augenfälliger Beweis, „daß in wirth- schaftlichen Dingen eine Division der Preise zur Multiplikation der Erträge führen kann." Mit diesem Einwande ist cs also Nichts! Welche Erfolge aber jene Herabsetzungen für die national-ökonomischen Verhältnisse Preu- 22 ßen's herbeigesührt, das ergibt sich, um bei Kohle und Eisen stehen zu bleiben, daraus, daß, obwohl der Pfennigtarif für Kohlen auf den rmßerprenßischen Bahnen noch nicht überall eingeführt ist, obwohl der Transport noch mit manchen Schwierigkeiten zu kämpfen hat, dennoch schlesische Kohlen nach Stettin gehen, westphälische nach Bremen und Rotterdam, um dort die englischen mehr und mehr zu verdrängen; daß ans den Ost- und Nordscemärktcn schlesisches und rheinisch-west- phälisches Eisen — gegen englisches und schwedisches allerdings noch immer geschützt, wenn der Zoll gegen früher auch bereits herabgesetzt ist, — mehr und mehr erscheint und diesen erfolgreich Concurrenz zu machen beginnt. Was haben mm wir, deren natürliche Productions-Bcdingnngcn für beide Artikel zum Theil noch günstiger sind, wie die der preußischen Gebiete, solchen Erfolgen anders entgegenzusetzcn, als das beschämende Geständniß, daß dem ausbeutenden Monopol unserer Eisenbahnen gegenüber Capital und Arbeitskraft nutzlos verschwendet, vergebens sich abmühen, den einheimischen Bedarf ausreichend zu befriedigen, geschweige denn im Stande sind, ans dem ausländischen Markte mit Erfolg auf¬ zutreten. Solchem Zustande ein Ende zu machen, ist wahrlich endlich Zeit! — (Aus der Beilage zu Nr. 129 der „Presse" sts g. 1863.) Zur Klihlcntaris-Fragt. (Aus dem Biireau des „Bereins der österreichischen Industriellen.") v. ll. Den Industriellen geht eö oft wie den Staatsmännern : sie brauchen zur Lösung der dringendsten Fragen die ineiste Zeit. In der Politik gibt es Situationen, die unerträglich für alle Thcilc sind, und die doch Niemand zu beendigen wagt. In der In¬ dustrie ist das Nämliche der Fall. Aber auf beiden Gebieten tritt un¬ widerruflich eine Entscheidung ein, wenn das Maß der Geduld auf einer Seite erschöpft ist. Dort spricht die Gewalt der Waffen, hier die Gewalt der materiellen Interessen das letzte Wort. Ein solcher Wendepunkt scheint in diesem Augenblick bezüglich einer Frage gekommen zu sein, welche für die österreichische Industrie von höchster Bedeutung ist. Wir nennen sic: die Aufstellung rich¬ tiger Kohlenfrachtstarife auf dcu heimischen Eisenbahnen. Was die Handelskammer-Berichte aller Kronländer seit Jahren begehren, was die Industriellen aller Zweige als das wichtigste Mo¬ ment ihrer Concurrcnzfähigkcit mit dem Auslände hervorgehoben haben, soll nicht mehr als „schätzbares Material" in Registraturen vermodern, sondern im freien und lebendigen Austausch der Gesinnungen mit jenen Männern verwcrthct werden, welche unser vaterländisches Eisenbahn¬ wesen beeinflussen. Unter diesen Umständen schien cs eine lohnende Aufgabe, sich mit dem Studium dieser Frage zu beschäftigen, und durch die Ver¬ öffentlichung der gewonnenen Resultate jenen Körperschaften die Wege zu ebnen, welche sie als Repräsentanten der Industrie zu wandeln be¬ rufen sein werden. Der Verfasser weiß, daß ähnliche Aufgaben in 24 industriellen Kreisen zu den populärsten gehören; ober er verhehlt sich hiebei auch die Schwierigkeit nicht, den Gegenstand in diesem mächtigen Blatte überzeugend und erschöpfend zu behandeln. Zwei Dinge haben ihn hiebei getröstet: Erstens wird ertrotz der Fülle des nicdergelegtcn statistischen Materials jede Ziffer auf eine möglichst reine Quelle zurückführen, und etwaige Fehler immer durch die Wandelbarkeit entschuldigen können, der die Statistik bei dem un¬ aufhaltsamen Aufschwünge des Verkehrs ausgesetzt ist. Zweitens beruhigt cs ihn, daß er keinen Kampf mit den öster¬ reichischen Eisenbahnen beginnen will; der Verfasser kennt aus eigener Anschauung die großen Schwierigkeiten, mit denen sie zu kämpfen haben, und er fühlt im allgemeinen eine hohe Achtung vor den Kenntnissen und der Solidität unserer vaterländischen Bahnvcrwaltungen und Di¬ rektionen. Wenn er in diesen Aufsätzen des Auslandes oft mit Anerkennung gedenken wird, so geschieht es mit dem Wunsche, daß Oesterreich, welches auf dem Gebiete des Eisenbahnb au cs so unendlich viel ge¬ leistet hat, endlich auch einmal zur Ausübung einer verständigen Tarifspolitik gelangen möge. Das Eine aber glauben wir an die Spitze dieser Aufsätze stellen zu müssen: die Eisenbahnen sind unsere natürlichen Verbündeten, und nur in Gemeinschaft werden wir Industrielle bald zweckmäßige und billige Kohlcnfrachtcn erhalten. Die Wichtigkeit der Kohle braucht den Bürgern des neunzehnten Jahrhunderts wohl nicht mit vielen Worten geschildert zu werden; mit Recht nannte sie ein englischer Staatsmann die Trägerin der Cultur; mit Recht kann man sagen, daß die Gewinnung der Kohle jenem Jahr¬ hundert Vorbehalten wurde, welches man das Jahrhundert des Fort¬ schrittes nennt. Wenn die Welt heute jährlich 3000 Millionen Ccntncr Kohlen braucht und die Erzeugung des entsprechenden Quantums Holz der Landwirthschaft ein Areal von 35.000 Quadratmeilen entziehen würde, so ist damit nicht allein gesagt, daß wir ohne Kohle nicht mehr Brod genug hätten, uns zu ernähren, und nicht mehr Material, um nns zu wärmen, sondern die Natnr gab nns auch gleich eine solche Menge dieses kostbaren Materials, daß wir behaupten können, der größere Verbrauch desselben gehe mit der Veredlung unseres körperlichen und 25 geistigen Wohles Hand in Hand. Fast jede nene Erfindung steht mit der Kohle in irgend welcher Verbindung, und so macht sie sich der Industrie, wie der Landwirthschaft und den Wissenschaften gleich dienstbar. Auch auf Oesterreich hat die Kohle einen sehr nachhaltigen Ein¬ fluß geübt. Wenn dem Gebrauch derselben auch im Anfänge, bis¬ weilen selbst noch heute, ein gewisses Vorurthcil begegnet, so lehrt uns doch ein Blick auf das österreichische Eisenbahnnetz, welches gegen¬ wärtig bereits 746 Meilen umfaßt, welchen Werth dieses wichtige Brennmaterial für uns besitzt. Auch die Benützung der Kohle zur Stubenbcheizung wächst in erstaunlichem Maße, und wenn auch das Holz unter den Heizmate¬ rialien wahrscheinlicher Weise noch lange nicht verdrängt sein wird, so sehen wir doch ans einer uns vorliegenden statistischen Uebersicht, daß von 25 Hauptstädten aller Kronländer der Monarchie in achtzehn der¬ selben die Kohle bereits neben dem Holz einen lohnenden Markt ge¬ funden hat; die trotzdem steigenden Holzpreise tragen das Ihrige dazu bei, und es geht daraus klar hervor, daß in Zukunft namentlich bei vermehrten Communicationen und verbesserten Oefen, die Kohle berufen ist, jener unsinnigen Verschwendung eine Ende zu machen, welche in Oesterreich thcilweise mit dem Holzgebrauch getrieben wird; denn so lange cs in Oesterreich noch Kreise gibt, wie der zu Tarnopal, wo man aus dem Miste des Viehes Ziegel formt und sie verbrennt, an¬ statt sie zur Düngung zu benützen, so lange es noch Männer gibt, die den Gebrauch der Kohle bei Jndustrialwerken verdammen, weil sonst die Staatsforsten niedrigere Holzprcise im Bezirke erzielen würden, so lange noch das köstliche Product des steierischen Erzberges bei Holz- kohlen-Fenerung auch nur mit einem Ceutncr zu gewöhnlichen Stab- risensorten verwandelt wird, so lange kann man sagen, steht der Ge¬ brauch der Kohle in Oesterreich auf einer fast kindlichen Stufe der Entwicklung. Trotzdem ist unser Bergbau auf Kohle, der beim Beginnen der Zwanziger-Jahre kaum drei Millionen Ecntncr betrug, bis heute um das Fünfundzwanzigfache, nämlich: auf circa 75 Millionen Ecntncr, gestiegen. So groß diese Vermehrung aber auch scheint, so klein ist sie doch im Vergleich zu Großbritannien, welches gegenwärtig 1500 Millionen Centner, und zu Preußen, welches nahe an 300 Millionen Centner 26 producirt, und noch trauriger erscheint uns das Vcrhältniß, wenn wir Friese auch in dem Abschnitt seiner trefflichen Arbeit glauben dürfen, wo er uns berechnet, daß auf einen Kopf der Bevölkerung zu Gro߬ britannien eine Production von 5040 Pfd. auf Preußen „ „ „ . 1550 „ auf Oesterreich eine „ „ .180 „ kommt, so daß unter den civilisirten Staaten nur noch Baiern, welches bekanntlich sehr wenig Kohle besitzt, mit 110 Pfd. und Rußland mit 2 Pfd. hinter Oesterreich rangircn. Die Production ist allerdings keine Norm für den Berbrauch, sie wird in Oesterreich jedoch ein sehr wichtiger Anhaltspunkt, nachdem die Ausfuhr die Einfuhr um circa 1,000.000 Ctr. übersteigt. Wenn man den Steinkohlcnverbrauch eines Landes als den Grad¬ messer seiner Cultur betrachtet, so wäre selbst diese unsere geringe Aus¬ fuhr ein ungünstiges Symptom für uns, denn England führt von seinem Ueberfluß doch nur den elften Thcil der Förderung aus, und Frankreich, welches per Kopf noch immer 410 C. selbst producirt, führt noch gegen 45 Pcrcent fremder Kohle ein, nm seiner einheimischen Consumtion zu genügen. Auch im Zollverein werden, wenn man Einfuhr von Ausfuhr abzicht, nur fünf Percent der Production cxportirt, im Verhältniß zur Production per Kopf in Oesterreich noch immer weniger. Wir lassen nun aber diese Ausfuhr, welche bei uns ohuedicß wahrscheinlich nur eine Folge des Agios war, ganz beiseite, und be¬ schäftigen uns mit dem geringen Verbrauch in Oesterreich selbst. Nach einer uns vorliegenden Notiz calcnlirte sich der Gruben¬ preis österreichischer Schwarzkohle in 1861 mit 18^ kr-, der der Braun¬ kohle auf 12.2 kr. In England würde das gleiche Maß trotz einer seit mehreren Jahren sehr bedeutenden Erhöhung auf 13 kr., in Prenßcn auf 3 Sgr. oder circa 15 kr. zu stehen kommen. Es ist nun allerdings sehr schwer für uns zu ermitteln gewesen, wie der Durchschnitts-Verkaufspreis sich in den verschiedenen Thcilen der englischen und preußischen Monarchie stellte; man wird im Großen und Ganzen aber nicht fchlgehen, wenn man ihn auf das Doppelte des Grubenpreises beziffert; dagegen weist eine uns vorliegende sorgfältige Zusammenstellung nach, daß sich der Verkaufspreis der österreichischen Steinkohle 27 an 23 Orten aller Kronländer der Monarchie dnrch- s chnittlich mit 96.g„, der der Braunkohle mit53"/,zkr. c a l c u l i r t. Diese Preise sind also das Fünffache des Grubenwerthcs, und wenn sie auch auf eine unbedingte Richtigkeit keineswegs Anspruch machen, so zeigen sie doch in erschreckender Weise, wie drückend hohe Kohlcn- preise wir haben. Glücklicherweise wissen wir aber, daß der Boden Oesterreichs mit Kohlen unendlich reich gesegnet ist; fast jedes einzelne Kronland besitzt nachgewicsene Kohlenfelder von großem Umfange. Bei Schluß 1859 waren bereits 174 Millionen Grnbenmaßeu auf Kohlen belehnt, wovon Böhmen, Mähren und Siebenbürgen Kohlenlager enthalten, die sich den Kohlcnwerken anderer Staaten un¬ bedingt ebenbürtig an die Seite stellen können; auch in ihrer Beschaf¬ fenheit, nnd namentlich in der Heizkraft, haben wir ganz vorzügliche Kohlen aufzuwciscn, die oft nur von englischer Cardiff-Kohle über¬ troffen wird. Wo die Qualität eine geringere ist, wie dieß bei dem in Oesterreich bestehenden Borkommen aller Altersstufen nicht anders möglich, da sind die Selbstkosten bedeutend geringer, und nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge sollten die Preise weitaus für die man¬ gelnde Qualität entschädigen. Wenn nun trotz dieses KohlenreichthnmS die Kohle an der Grube bereits thcurer als in anderen Ländern ist, und sich ihr Werth fünf Mal erhöhen muß, ehe wir sie verbrennen, so mögen die Ursachen dieses National-Unglücks wohl in manchen trau¬ rigen Zuständen des Reiches liegen, der Hauptgrund aber wird immer in der theureu und unrichtig geregelten Verfrachtung der Kohle gesucht werden müssen. Sehr geistreich hat der Statistiker Dr. Engel einmal berechnet, daß der Chausscetransport von einem Ccntucr Silber im Wcrthe von 3000 Thlr. per deutsche Meile etwa Pereent, der von einem Ccntucr Steinkohle im Werthe von 3*2 Sgr. aber 28 Pereent des Werthes absorbircu würde; einen Centncr Silber könnte man fünf Mal um die Erde auf Chausseen fahren, ehe sein Werth Verfahren würde, einen Centncr Kohle nur 3'^ Meilen weit. Ohne b i l l i g c F r a ch t e n gibt es also keine b i l l i g e K o h l e , n n d folgerichtig auch keine blühende J n d n st r ie; aber nicht der billige Frachtsatz allein ist cs, der uns fehlt, es ist vielmehr der Mangel eines richtigen nnd verständigen Princips, der die 28 Kohlentarife unserer Eisenbahnen so unendlich drückend für uns er¬ scheinen läßt. Unzweifelhaft sollte cs der erste Grundsatz einer Bahn- vcrwaltnng sein, das Wohl des Landes für ihr eigenes Wohl zu halten. Um nun das Befinden des Landes kennen zu lernen, namentlich um seinen Handel und Verkehr richtig zu beurthcilcu und sich ihm an¬ zupassen, dazu gehört ein tiefes, fleißiges Studium und ein immer o s s e n c S O hr für K l a g c n und Wünsche der Bevölke¬ rung, dazu gehört, daß eine Eisenbahn-Verwaltung, wie jeder andere Kaufmann oder Spediteur, ans eigenem Trieb die Strömungen des Verkehrs aufspüre, die in Folge veränderter Conjunctur bald nach dieser, bald nach jener Seite gehen, und so kann man dann in kurzem die Aufgabe der Eisenbahnen mit dem praktischen Worte bezeichnen: „sie soll die Geschäfte suchen, und nicht erst warten, bis sie ihr in den Mund gelaufen kommen." Die Anwendung dieses Grundsatzes wird einen verständigen Tarif zur Folge haben. Was geschieht hicgegcn nieiftentheils bei uns: Ist eine Eisenbahn ferckig gebaut, so legen die Directionen ihren Ver- waltungsräthcn einen Tarif vor, wobei die Kohlenfrachtcn allerdings meistentheils ermäßigten Frachtsätzen angehörten, die Ermäßigung sicht aber so aus, daß auf kleine Strecken das Frachtfuhrwcrk noch lustig neben der Bahn cinhertraben kann; für diese kleinen Entfernungen bis zu fünf Meilen variiren die Kohlenfrachtcr der österreichischen Eisen¬ bahnen zwischen 1 bis 1l kr., belaufen sich aber meistentheils über 2 kr. für den Centncr per Meile. Ein zweiter Satz beginnt in der Regel bei 10 Meilen, und variirt zwischen 1 und 1 '/zkr., während endlich noch ein dritter Fracht¬ satz ans einzelnen Bahnen platzgegriffcn hat, der unseres Wissens am billigsten auf der Kaiserin Elisabethbahn mit O.,« kr. für böhmische Kohle normirt wurde, weil die Kohle, um nach Wien zu gelangen, einen großen Thcil der Wcstbahn durchlaufen muß. Solche Ermäßigungs-Vorschläge erfreuen sich aber der Billigung der respectiven Verwaltung oft nicht, denn man vermißt die Garantie, daß der durch ermäßigte Sätze hervorgerufene Ausfall durch ver¬ größerten Verkehr gedeckt werden würde. Dieser Aengstlichkeit verdanken wir den ersten Tarif auf der böhmischen Westbahn, der nunmehr glücklich beseitigt ist. Die Folgen 29 desselben waren, daß die Gruben des Pilsener Reviers sich nicht ent¬ wickeln konnten, und der Transport auf der neuen Eisenbahn abnahm, anstatt zuzunehmen. Bei Verfassung des neuesten, nunmehr vom 1. April giltigen Specialtarifs hat eine bedeutend verständigere Politik gewaltet; zu bedauern bleibt dabei nur, daß die Frachtsätze innerhalb 5 Meilen so ungebührlich hoch gegriffen sind; es ist doch gerade inner¬ halb des Pilsener und Rüdnitzer Reviers zu wünschen, daß sich eine lebhafte Industrie entwickle. Es ist ferner an diesem Tarif zu bemän¬ geln, daß für alle Kohlcusortcu ein Frachtsatz angenommen ist; be¬ kanntlich ist der Gries- und Kleinkohlcnfall auf den Pilsener Gruben ein nngemcin großer, und dieselben kommen daher in die Lage, für diese keinen Kohlen eine geringere Fracht beanspruchen zu müssen, wenn sic überhaupt an fremden Märkten concurriren wollen. Dies müssen sie aber, weil sie sonst die Klcinkohle auf die Halde stürzen, und ab¬ gesehen von der Feuergefährlichkeit so viel an Zinsen und Generalko¬ sten verlieren, daß sie über kurz oder lang auch mit den Steinkohlen nicht mehr coucurrenzfähig sein werden. Hier zeigt sich so recht, daß die Industrie sich nicht den Bahnen, sondern die Bahnen der Indu¬ strie sich anpassen sollen. Man wird uns da einwenden, daß bei einem verschiedenen Tarif der Abnehmer künftighin gar keine Stückkohle mehr kaufen wird, und daß die verschiedenen Tarife überdies das Bahupersoual nur zu Unter¬ schleifen verleiten. Der erste Uebclstaud findet bei der wesentlichen Differenz zwischen Pilsener Stück- und Pilsener Klcinkohle keine An¬ wendung; der letzterer wird nur ein Sporn sein, für redliche Beamte zu sorgen, woran noch kein Mangel ist, und wobei auch das Publicum ain Ende aller Dinge immer am besten fahren wird. Von den Klagen, die uns überdies aus dem Pilsener Revier zugekommcn, heben wir nur noch hervor, daß der Specialtarif Nr. 1. wenigstens eine Ladung von 200 Ccntnern verlangt, während die Köln- Mindener und ObcrschlcsischeBahn nur bereu IM, und die baierische Staatsbahu nur 80 Ccntner fordert. Ferner klagt man über die Ein¬ hebung einer Aufnahmsgcbühr, eines Auf- und Abladegeldcs und einer Versichermigsgebühr von 60 kr., die zu hoch normirt ist, und somit die Versicherung mit Unrecht zu einer Einnahmsquclle für die Bahn werden läßt. Die Aufrechnung einer doppelten Stempclmarke fällt mehr dem unglücklichen Gebührcugesetz, als der Bahn zur Last, wenn¬ gleich jeder andere Spediteur sie selbst tragen würde. 30 Der neue Tarif der böhmischen Westbahn setzt für Entfernungen über 5 Meilen einen Satz von 1 bis 1 ' , kr. fest, nnd macht da¬ bei keinen Unterschied, ob die Kohle nach Prag oder nach Baiern zu geht; cs ist dich wahrscheinlich aus den Wunsch der Prager Handels¬ kammer geschehen. Wir werden später Gelegenheit haben, zu zeigen daß Pilsener und Radnitzcr Kohle naturgemäß nur insolange nach Prag zu kommen trachten wird, als cs sich um die Deckung des häuslichen Bedarfs von Prag handelt. Was darüber hinausacht, bckibt dem Consum von Baiern, Oberösterreich und allenfalls Wien Vorbehalten. Folgerecht wäre demgemäß: die Begünstigung der Strecke Chrast-Fnrth, nnd es ist als ein hoher volkswirthschastlichcr Fortschritt zu betrachten, wenn jener gemeinschaftliche Ausnahmctarif zur Wirklichkeit gelangt, nach welchem böhmische Kohle von Radnitz bis Wien um 66 kr. ver¬ frachtet werden wird. Zn wünschen wäre nur, daß der Berfrachtungs- tarif auf dem Radnitzcr Flügel bei dieser Convention in das richtige Verhältniß trete. Wäre die böhmische Westbahn eine etwas vermögendere Gesell¬ schaft, so könnte man hieran noch den frommen Wunsch schließen, daß dieselbe aus eigenen Mitteln jene Verbindungsbahnen baue, welche zu den einzelnen Kohlenschichten führen sollen. Beinahe alle Bcrgbaue des Pilsener Revieres sind in der Lage, solcher Verbindungen zu bedürfen, und einzelne Gruben haben ohne diese Bahnen jetzt bisweilen für eine halbe Meile per Centner 8 kr. zu zahlen, eine Summe, die allein schon jede Concurrenz unmöglich machen muß. In anderen Ländern bauen nun die Hauptbahnen jene Flügel- strccken, und lassen sie von den Gewerken dadurch amortisircn, daß sie Zinsen nnd Amortisation in erhöhte Fracht umrechnen. Bei uns werden zwar auch sehr hohe Frachten auf diesen Flügel- bahnen erhoben, aber der Ban wird den Kohlengewerken überlassen, die eine solche Geldausgabe unendlich drückt. Das sind freilich traurige Verhältnisse, und unsere glücklichen Nachbarn in Oberschlesien — wir citircn beispielsweise nur die mäch¬ tige Gewerkschaft der Louiscnglücksgrube — haben vorderhand noch keine Angst zu empfinden vor der Concurrenz böhmischer Kohle aus dem Wiener Markte. 31 Wenn nun aber die Hauptbahn einmal kein Geld hat, um Flügelbahnen zu bauen, so sollte sie wenig« sie ns jene Gruben, welche noch CHaussefrachten zu tragen h a b c n , d n rch B o n i s i c a ti o n e n i n d i c L a g e s e tz en, an der Concurrcnz th e i lzu n e h m en. Diese Bonifikationen, o!me Verheimlichung crthcilt, werden die Grubenbesitzer noch nicht cinschläfcrn, und sie müssen so gestellt sein, daß cS schon wegen der Regelmäßigkeit des Verkehrs noch immer vor- theilhafter bleibt, Verbindungsbahnen zu bauen. Die böhmische Westbahu möge ein wachsames Auge auf den baierischen Markt haben, auf den die böhmische Kohle des Pilsener und Rüdnitzer Beckens doch eben hauptsächlich angewiesen bleibt, so lange die Linie Cham-Straubing nicht gebaut ist. Baiern ist nicht gar so kohlenarm, als mau es immer hinstellt, und die Zwickauer Kohle genießt auf den sächsischen und baierischen Staatsbahnen jetzt einen Tarif, der hart an den Pfennigsatz streift. Das macht uns in Nürnberg beinahe den Garaus und mahnt uns an eine erneute, unermüdliche Thätigkcit. Wir treten nun der Staatseisenbahn-Gesellschaft und ihren An¬ schlußbahnen, und zwar zunächst auf der nördlichen Strecke, etwas näher. Die Tarife derselben sind, einige Fehler, die wir sogleich be¬ sprechen, ausgenommen, ganz rationell entworfen, und wir verdanken diese Wohlthat wahrscheinlich zumeist dem Umstande, daß die Bahn an der Strecke eigene Kohleuwcrke besitzt, und somit selbst gelernt hat, daß jede Grube bei unvernünftigen Tarifen schwer leidet, oft aber zu Grunde geht. Die nördliche Staatsbahn berührt zwei Kohlenbassins, daö Busch¬ tiehrader und das sogenannte Teplitzer. Ihrem Tarife liegt die rich¬ tige Idee zn Grunde, daß die schöne Kohle von Kladno-Buschtiehrad und Brandeisl in der Nähe von Prag für diese Stadt, und die Sta¬ tionen der Staatsbahnstreckc bis Brünn und der Reichenberger Strecke bis Reichcnberg bestimmt seien; dagegen inclinirt die mindere, aber billige Braunkohle von Teplitz, hart an der Grenze gelegen und nahe an der schiffbaren Elbe, für den Export, und scheint nach einer uns vorliegenden Consumtions - Karte bereits im Jahre 1860 mit 3 Mil¬ lionen Centnern nach Magdeburg, Wittenberg, selbst bis Hamburg, 3K andererseits aber tief in die thüringischen Staaten befördert worben zu sein. Auf diesen Grundsatz fußend, streift der Tarif von Aussig bis auf mittlere Entfernungen nach Prag noch immer an 2 kr., während der Tarif nach Brünn zu vom Buschtichrader Reviere aus schon mit 6.z Meilen auf 1.,? kr. fällt, in Pardubitz nur noch 1.„z kr. beträgt und in Brünn zum ermäßigtsten Satze auf 0.? kr. sinkt. Außerdem gibt die Staatsbahu, um die Verführung von Klad- noer Kohle nach Rcichenberg zu erleichtern, eine Bonifikation für große Quantitäten, die den Satz bis Pardubitz auf 0.^ kr. stellt. So auerkennungswerth diese Bestrebungen der Staatsbahn sind, so macht sie sich doch in der stritten Befolgung ihrer Grundsätze zweier Fehler schuldig. Der eine ist die Vernachlässigung jener industriellen Gegend in einer Entfernung von 7 Meilen um das Teplitzer Kohlenbecken, wohin vor allem Bodenbach zu zählen ist. Für die zahlreichen Fabriken jener Gegend ist es hart, daß sie, dicht an der Kohle gelegen, so thcuere Frachten zahlen müssen, so daß ihnen die Kohle, trotz des niedrigen Verkaufspreises von circa 6 kr. und des für eine kurze Bahn aner- kennungswerth billigen Frachtsatzes von 1.„g kr. ans der Aussig-Tep¬ litzer Bahn, noch immer viel zu theucr kommt. Ein zweiter Fehler ist im Tarif geschehen, indem man die Sta¬ tionen Bvhmisch-Trübau und der Bahn nach Qlmütz zu wenig berück¬ sichtigte , da der Tarif von 1 kr. per Centner und Meile der dortigen sehr zahlreichen Industrie von Grulich, Nothwasser, Schömberg, Wie¬ senberg, Hannsdorf, Zöptau', Stephanen: nicht angemessen erscheint. Sollen sich die Zeiten nicht wiederholen, wo man auf erbärmlichen Wegen die Glatzer Kohle 14 Meilen weit per Axe hcranholcn mußte, oder seine Zuflucht auf furchtbaren Umwegen zn Oberschlesien nehmen, so wird ein sehr niedriger Tarif angesetzt werden müssen. Das Beste freilich bliebe immer ein Anschluß der schlesischen Gebirgsbahn bei Wildenschwert, oder eine directe Verbindung mit dem Ostrauer Kohlenrevier. Leider wird die Staatsbahn in ihrer lobcnswcrthen Absicht, den Kohlenbezug zu erleichtern, von zwei ihrer Anschlußbahnen, der Busch- tiehradcr und der Reichenberg - Pardnbitzcr, sehr wenig unterstützt. 33 Wer wie wir die Schmerzensgeschichte und die gedrückte Lage der meisten österreichischen Bahnen kennt, bei dem sind fast alle Ver¬ waltungen für ihre traurigen Tarife mindestens zum Theil entschuldigt; aber offen muß man gestehen, daß jemand, der ohne diese geschicht¬ liche Kenntniß die Tarife der Bnschtiehrader und der Reichcnbergcr Bahn stndirtc, gar merkwürdige Betrachtungen darüber anstellen müßte. Mit Fng nnd Recht aber können wir behaupten, daß ein we¬ sentlicher Theil jener Klagen, die sich alljährlich von Prag und Rci- chcnbcrg über hohe Kohlenpreise vernehmen lassen, an die Adresse jener Bahnen gerichtet sein sollten. Die Buschtiehrader Bahn erhebt für drei Meilen 9.g? kc., ihr niedrigster Tarif ist 1^ kr. Bei Verfrachtungen nach Böhmisch- Brvd fährt die Staatseisenbahn beispielsweise l^mal billiger als die Seitenbahn. Dabei concurriren denn eine Masse Fuhrwerke ganz gc- müthlich, und es ist nur zu hoffen, daß, wenn einmal die Pferde¬ bahn in eine Locomotivbahn umgewandelt, der Kvhlenvcrein, der jetzt auch in Anbetracht des häuslichen Bedarfs, mit der Radnitzer Kohle zu kämpfen haben wird, von der Bnschtiehrader Bahn mehr unter¬ stützt werde. Der Tarif der Reichcnbergcr Eisenbahn normirt für Kladuocr Kohle auf drei Meile» noch mit 2^ kr. und kommt auf weiteste Entfernung auf l'/i, kr. Wären diese hohen Sätze gemacht, um die an der eigenen Strecke gelegene Schwadowitzcr Kohle zu begünstigen, nnd diese zu ganz niedrigen Sätzen nach Reichenberg zu bringen, so ließe sich da¬ gegen nichts einwendcn, aber wir können dieß leider nicht sagen. Beinahe möchte man cs für einen Druckfehler halten *), daß ans diesem Localtarif Kohlen sogar nicht einmal in die ermäßigtste Classe, sondern in die Classc L für Wagenladungen gestellt würden. Dadurch bezahlte denn ab Schwadowitz, dem Sitze des Kohlenvor¬ kommens : Die Station Skalitz -» ... » li¬ mit Spinnerei j s"r 3., Mellen 8.., k. „ „ Josephstadt „ 5 „ 10 „ „ „ Reichenbcrg „ 12.§ „ 23.„ „ *) Schulz' Gittertarifbuch. 3 34 Da konnte denn neulich die Berliner Börsenzeitnng das lustige Histörchen erzählen, daß eine Ladung Steinkohle von 45 Tonnen, die von Kattowitz über Görlitz nach Reichcnberg expedirt 64 st. kosten aus Versehen über Olmütz, Oderberg und Pardubitz gesendet worden sei und 176 gekostet habe. Diese Entfernungen aber sind nicht sehr verschieden. Möge die Pardubitzer Bahnverwaltung, die den Wackern Mann in sich schließt, der mit Offenheit gegen alle unbegründeten Bedenken für die Verbindung des Schwadowitzer Flügels mit Waldenburg kämpft, auch jetzt schon die Revision des Kohlentarifes vornehmen, wenn die Gunst des Schicksals und des Kriegsdepartements einstweilen jener Verbindungsbahn auch noch nicht hold ist. Indem wir zur Besprechung der Wiener Marktverhältnisse eilen, berühren wir noch eine kleine Bahn, welche, von Brünn nach Segen Gottes gehend, durch Berührung des Rossitzer Kohlenbeckens berufen wäre, Brünn und selbst die Stationen nach Wien zu mit billiger Kohle zu versorgen. Daß dieß schwer ist, wird man aus nachfolgendem (Schulz' Gütertarifbnch entnommenem) Tarife ersehen. Es zahlen Kohlen und Coaks: Von Segen Gottes nach Rossitz V, Meile, 3.,2 kr. p. Zollctr. » Tetschitz, /2 „ 4.H8 „ „ „ „ Biünn, 3 „ 14.zg „ „ „ Das sind schon keine Eisenbahntarife mehr, das sind hohe Löhne für Frachtfuhrleute *). Wir kommen nun zu dem traurigsten Capitel unserer Betrach¬ tungen , zu den Wiener Marktverhälnissen, deren Lage folgende That- sache mit kurzen Worten schildert: Die Fabriken Wiens arbeiten mit 1 fl. oder 20 Sgr. für den Centner besserer Kohle, und Berlin mit circa 10 Sgr. für den Wiener Centner. Das oberschlesische Kohlenbecken, welches beide Städte mit den besten Qualitäten versieht, ist von Berlin 75, von Wien 50 Meilen entfernt. In diesen wenigen Worten liegt ein Stück Geschichte. *) Die Staatsbahn, in deren Besitz die Rossitzer Bahn gelangen dürfte, wird wohl eine gründliche Revision der Tarife vornehmen. Um die Versorgung des Brennmaterial-Bedarfs von Wien und Umgegend concurriren: Die K a i s e r - F e r d i n a n d s - N o r d b a h n für oberschlesische, Ostrauer, Javorznocr und Rossitzer Kohle zu Tarifen von 1.,? kr., l.z kr., kr. und 1..g kr., je nach der Entfernung per Centner und Meile. Die Kaiserin Elisab cthbahn für böhmische Steinkohle und Traunthaler Braunkohle zu l.z kr., 1 kr. und kr. Die Süd bahn für Brennberger, Leobner, Glogguitzer und Köflacher Steinkohle für Tarife von 1.§ kr. , 1 kr, endlich über 30 Meilen O.g kr. Stückkohlenpreis Brennkraft. Da nun die drei letzten Kohlen der jüngern Formation angehören, so genügt wohl ein Blick auf die vorliegenden Ziffern, um zu er¬ kennen, daß cs eben unbedingt die Tarife der Nordbahn sind, welche die hohen Brennmaterials-Preise in Wien Hervorrufen, Preise, die um so ängstlicher sind, weil sie nach unserer Ansicht auf einem voll¬ kommenen zu Recht bestehenden Privilegium beruhen, auf einem Pri¬ vilegium , dem die drei für Wien hauptsächlich bestimmten Steinkohlen- bassius nntcrthänig sein müssen, und gegen welches ein viertes bei einer Entfernung von 81 Meilen wenigstens nicht erfolgreich genug ankämpfen kann. Wir haben geglaubt, diese Ansicht gleich von vornherein aus¬ sprechen zu müssen, weil wir nicht zu jenen Leuten zählen, die die Nordbahn - Verwaltung dadurch zu bessern glauben, daß sie ihr die Staatsbehörde als drohendes Gespenst vorführen, welches jederzeit ein gegebenes Privilegium brechen, und mit Gewalt erzwingen könne, was das öffentliche Beste erheischt. Achten wir fremde Rechte, damit unsere Rechte einst auch geachtet werden. 36 Das Privilegium der Nordbahn, ddo. 4. März 1836, spricht ausdrücklich keine Beschränkung für die Tarife aus, und diebeiUeber- lasfung der Krakauer Staatsbahnstreckc erlassene Concessiou, ddo. 26. Juni 1858, fordert nur eine Ermäßigung für solche Kohlen, die von Szczakowa nach Krakau gehen, welche Ermäßigungen auch stattge¬ funden haben. Diese beiden Urkunden sind aber die einzige Richtschnur, welche die Nordbahn innezuhaltcn braucht, und weder das Concessionsgesctz vom Jahre 1838 und die Betriebsordnung vom 16. November 1851, noch das Gesetz vom Jahre 1854 sind maßgebend für die Tarifsätze der Nordbahn, weil sie mit dem Privilegium im Widerspruch stehen, und dieser Widerspruch nur von einem Theile sanctionirt wurde. Deductionen, welche, wie Michaelis sagt, den Boden des Ei- genthums verlassen, und die in den Eisenbahnen angelegten Capitalieu einer Staatsallmacht unterwerfen, welche die Ziele des CommuniSmns durchführen — sie sind wahrhaftig nicht angethan, der Industrie anf- zuhelfen. Sie sind es namentlich in Oesterreich nicht, welches bestrebt sein muß, Capitalien für die Eisenbahnen h er anz u z i eh en. Freuen wir uns vielmehr, daß die Nordbahn, wie Herr v. Maniel ihr nachrechnet, sich durchschnittlich mit 18.g? Percent ver¬ zinst habe. Aber sagen wir ihrer Verwaltung gleichzeitig, daß diese Ver¬ zinsung im eigenen und fremden Interesse ihr die Verpflichtung auf- crlegc, den Forderungen der Zeit gerecht zu werden. Hat sich die Nordbahn denn noch nicht klargemacht, daß es ein unrichtiges Verhältniß ist, wenn Kohle denselben Frachtsatz genießt, wie etwa Bauholz oder Galmei, der auf der Strecke gar nicht vorkommt? — Weiß sie nicht, daß ihre Kohlen - Tarifsätze mit Ausnahme der Zweigbahnen die höchsten sind, die auf Kohlenbahneu existircu, und daß Wien die theucrste Kohle des ContinentS brennt? Ist sie sich nicht bewußt, daß ein solcher Zustand der Dinge unhaltbar ist gegenüber einem jungen Oesterreich, und daß auch die Zeit der Eisenbahn-Dividende vorüber sein wird, wenn die In¬ dustrien des Landes zu Grunde gegangen sein werden? Vielleicht erhält sie bald hievon den traurigen Beweis. 37 Die Nordbahn — sagt ihre Direktion in einer Denkschrift — darf ohne unabweisbare Nothwendigkcit an ihren Tarifen keine Aende- rnng zulassen, weil sie nicht im voraus wissen kann, ob durch eine Ermäßigung der Preise der Verkehr sich in der Art vermehren würde, um eiue äquivalente Entschädigung zu gewähren. Wir fragen, wer hat der Nordbahn garantirt, daß sie nach vollendetem Baue mehr Frachtgüter verführen werde, als früher die Fuhrleute von Wien nach Oderberg per Achse brachten? Die billigen Tarife aber sind nichts anderes, als die Fortsetzung des Princips einer Eisenbahn-Anlage, des Princips nämlich, den Verkehr durch die Billigkeit der Fracht zn erhalten und zu erhöhen. Und wer hat der Schweizer Tclegraphen-Verwaltuug den Verkehr garantirt, als sic den Preis einer Depesche im ganzen Laude ans 1 Frank setzte? Und wer dem englischen Postregal, als es zum Entsetzen der Beamten eine sechsfache Ermäßigung des Portos eintreten ließ? Die Folge davon war, daß die Anzahl der Briefe von 1840 bis 1858 von 65 Millionen auf 430 Millionen stieg, nnd daß der ursprüngliche Reinertrag, indem die Verwaltungskosten sich nur verdreifachten, wieder gewonnen wurde. (Scheffler.) Nun, die Nordbahuverwaltung braucht nicht ihre Tarife auf den sechsten Tbeil hcrabzusetzen, und ist überdieß in der glücklichen Lage, sich die Garantien bestimmter Quantitäten geben zu lassen, wozu sich Preußische, Ostrauer und Rossitzer Gruben, ja selbst die böhmischen Werke gewiß mit Vergnügen bcreitfinden dürften. Man hat die Nordbahn auch wegen ihrer Differential - Tarife getadelt, aber wir finden keine Veranlassung, den nns massenhaft darüber vorliegenden Klagen Ausdruck zu geben Die Abstufungen der Sätze nach Meilen ist im ganzen richtig, nnd es gibt keinen falscher angebrachten Patriotismus, als die fremde Kohle darum zn benachtheiligcn, weil sic eben fremd und nicht österreichisch ist. — Billige Kohle, woher sie komme, ist unser Losungswort, und nur insofern müssen wir unsere einheimische Production schützen, als wir nicht zugeben dürfen, daß die fremden Bahnen die fremde Kohle zu Minimalsätzen an unsere Grenzen tragen, und unsere Eisen¬ bahnen in jenem Schneckengange verharren, den wir zu schildern Ge¬ legenheit nahmen. 38 Wenn die Nordbahn zum Beispiel in ihrem billigsten Kohleu- Tarifsatze noch nm über 100 Pcrcent thcnrcr ist, als eine preußische Eisenbahn, deren Kohlenfracht-Verhältnisse ganz analog sind, so gibt cs dafür eben gar keinen Grnnd mehr, und wir können dafür auch jene Entschuldigung der oben «»gezogenen Denkschrift nicht gelten lassen, nach der die Nordbahn durch den Umstand, daß von Wien nach Oder¬ berg zu für Kohlen keine Rückfrachten seien, zu den hohen Sätzen veranlaßt werde. Die vielen Klagen über die Getreide-Tarife der Nordbahn und die uns jüngst im Gewerbevcrcin gewordenen Mittheilungen, daß un¬ garisches Roheisen nach Ostran noch immer in bedeutender Menge per Achse verfrachtet werde, geben uns vielmehr auch in Bezug auf diese Rückfrachten gar Manches zu denken. Hoffen wir mm, daß die Nordbahn, wie sie selbst es verspricht, auch das Ihrige zur Regelung der Frachtpreise beitragen werde, nnd zwar in der Revision ihres öffentlichen Tarifs, nicht aber etwa durch die Gewährung von geheimen, nach Personen verschiedenen Bonifica- tionen und Transactioneu, die der Industrie und dem Consnm doch ohucdieß nie zugute kommen. Wir brauchen der Südbahn nur kurz zu gedenken, weil sie, sofern wir gut berichtet sind, eine Revision ihrer Kohlcntarife vor hat, und wir bei unserem großen Vertrauen auf das Talent, welches den conimcrziellcn Verkehr dieser Bahn ordnet, nicht anders glauben können, als daß cs auf Ermäßigung des Tarifs abgesehen sei. Bekanntlich hat die Südbahn-Gcsellschaft die Tarife der ehema¬ ligen Staatsverwaltung ganz beträchtlich erhöht, und da sie nunmehr den begangenen Fehler cinsicht, wird eine Ermäßigung die Folge sein. — Das wäre die beste Antwort auf die Angriffe des steierischen Landtages. Die Südbahnverwaltung hat, nm einige Specialitäten hervor- zuhebcn, unter anderm besondere Veranlassung, die Verfrachtung von Ostrauer Coaks zu begünstigen, weil Steiermark bekanntlich wenig backfühige Kohle besitzt, und beispielsweise Graz allein an Frachtkosten hiefür über 83 kr. zahlen mnß, während diese Stadt in gleicher Ent¬ fernung an einer Strecke des norddeutschen Verbandes gelegen circa 25 kr. zahlen würde. 39 Die Südbahn muß ferner die Köflacher Kohlen im internen steierischen Verkehr und nach Wien zu billiger verfrachten, und die südlich gelegenen Gruben gegen die Concurrenz englischer Kohlen in Triest und Venedig stärken, in welche Häfen noch ziemlich bedenkende Quantitäten ausgeladcn werden. Daß die Graz - Köflacher Bahn die Vermehrung des Consums leider nicht unterstützt, daß die Anlage von Zweigbahnen, wie z. B. nach Jvauec und Warasdin, bisher unterblieben, sind Fehler, die sich ändern lassen, daß aber so viel Geld zu Anlage und Betrieb des trotz aller Brochuren immer unglücklichen Grazer Walzwerkes, und nicht zum Bau einer Zweigbahn Bruck-Leoben benützt worden ist, das ist der schwerste Irrthum der sonst so umsichtigen Südbahn- Vcrwaltung. Sollte cs sich erweisen, daß Pilsener und Radnitzcr Kohle mit Erfolg über München hinaus concurriren können, so würde sich ein directer Tarif der Südbahn, und zwar ihrer Tiroler Linien mit der baierischcn Staatöbahn sehr empfehlen, derselbe schiene schon wegen der bäurischen sogenannten Miesbacher Kohle, und des Salzburger Tarifs opportun. Wir erwähnten vorhin schon der Elisabeth - Wcstbahn, und ge¬ dachten ihres Tarifes für böhmische Kohle, der uns zeigt, daß die Bahnverwaltung ihre Aufgabe richtig auffaßt. Zn hoffen bleibt nur, daß die Kohle, sobald sic Wels einmal überschritten hat, sowohl nach Salzburg als Wien zu, auf allen Stationen vcrhältnißmäßig dieselbe Begünstigung genießt, als im dircctcn Verkehr nach Wien. Bekanntlich brannte Linz kürzlich noch Holzgas, bekanntlich arbei¬ teten Budweiser Schmiede vor einigen Jahren noch mit obcrschlesischer Kohle, und bekanntlich wird in der gcwerbsrcichen Stadt Steyr das Holz immer thcnrer *). Die Aufgabe der Westbahn ist: böhmische Kohle nicht für Wien, sondern für Oberösterreich zugänglich zu machen. Dieser Tendenz bleibe sie treu, und lasse sich nicht durch Com- promisse mit der Donauschifffahrt einschläfcrn; diese bleibt doch immer ihr Coucurrent und wäre im Stande, im Einvcrständniß mit den *) Bei dem Umstande, daß fast der ganze Holzbesitz in Händen der Hanptgc- werkschast und des Fürsten Lamberg ist, kostet in Steyr schon jetzt die nieder¬ österreichische Klafter Holz 15 st. 40 baierischcn Ostbahnen , einen Kohlcntarif nach Wien herzustcllcn, der die Westbahn nöthigte, den norddeutschen Pfennigtaris vollkommen an¬ zunehmen. Die jüngsten Erfolge der letzteren, namentlich das Resultat, daß dieselben aus dem bisher gänzlich unbeachtet gelassenen Harburger Verkehr eine Einnahme von 80.000 fl. gezogen, lassen uns hoffen, daß die Westbahu auch vor einem weiteren Herabgeheu der Kohlen- tarise nicht zurückschreckcn werde. Fassen wir die Bahnen der östlichen Kronländer, und zwar zunächst die Karl-Ludwigbahn in's Auge, so mag für sie zwar der Gedanke verleitend gewesen sein, daß Galizien bei einem Areal von 378 Quadratmeileu Holz ein vorzugsweise Holz brennendes Land bleiben müsse. Nun ist aber nächst Getreide Holz der größte Ausfuhrartikel des Landes, und factisch gehören die uns mitgetheilteu Holzpreise von Lem¬ berg, Taruopol und Krakau durchaus nicht zu den billigen, und weit entfernt, die Concurrenz der Javorzuoer Kohle auszuschließeu, scheinen die Verhältnisse im Gcgcntheit zu einem recht belrächtlichcn Verbrauch angethan, wenn billigere Frachten und bessere Oefen ihn unterstützten. In dieser Beziehung müßten wenigstens von Krakau au die Stationen bis Rzeszow billigeres Brennmaterial haben, und cs scheint ein Frachtsatz (und dieser sogar nnr bei Kohlen, die über Krakau kommen), der bei 6 Meilen noch 2 kr. pr. Ccntner und Meile, und bei 12 Meilen noch 1^ kr. beträgt, namentlich deßwegcu unangemessen, da man diese Kohlenfrachten, bei dein vorwiegenden Exporte galizischer Landesproducte, als Rückfrachten betrachten kann. Bedenken wir, daß die Braunkohlen der Gottcs-Segcn-Gcwcrk- schaft in Ostgalizieu zum Preise von 44 kr. noch um 50 Percent billiger als das Holz in Lemberg cinsteheu, so muß mau diese Kohle wohl hauptsächlich für Lemberg bestimmt auscheu, während die Zlo- czowcr Gruben nur der Lemberg-Brodyer Bahn warten , um den Export nach Osten zu beginnen; für die Bukowina»' Gruben genügten schon bessere Straßen für den Export nach dem holzarmcu Rußland, während in dem österreichischen Radantz die Klafter weichen Holzes mit 3^ st. uotirt wird. Leider haben wir auch in Ungarn hohe Kohleupreise zu consta- tircn, was hei den großen Entfernungen der einzelnen Kohlenreviere 41 in den Frachtsätzen der Bahnen liegt, welche bei der Staatseisenbahn zwischen 1 kr. und 1., kr., bei der Theißbahn zwischen l.g und l.gg kr. schwanken. *) Daß hienach bei den großen Entfernungen der Kohlengebranch in Arad und Dcbrcczin sich nicht hebt, daß sogar in Debrcczin (nach der „Anstria") der höchste Kohlcnpreis der Monarchie mit 3 fl. gezahlt wird, — das sollte auch die Theißbahn daran erinnern, was in einem ungarischen Handclskammerbericht früher einmal schon richtig gesagt wurde: Ungarn sei zwar vorzugsweise ein Agriculturland, aber cs strebe, wie einst die Schweiz, sich alle fehlenden Bedingungen der Industrie zu verschaffen, damit diese den Schweiß des Laudinannes belohne. Billige Kohle aber ist die erste Bedingung. Es ist hier der Punkt auch jener längst ersehnten siebenbnrgischcn Bahn zu erwähnen, welche, wie immer geführt, jedenfalls in Ver¬ bindung mit einem der herrlichsten Kohlenlager der Welt, mit dem sogenannten Zsilthale gebracht werden wird. Diese Kohle, hart an der walachischen Grenze gelegen, ist nicht nur bestimmt, an der untern Donau mit großem Erfolge gegen ihre englische Rivalin, sondern über Piski nach Arad, und auf der Thei߬ bahn bis Szolnok und Pest, oder am Wasser bis Szcgedin und Semlin zu concurriren. Sie wird beispielsweise in Arad, wo sich beträchtliche Brennereien befinden, schon um 27 kr. billiger als die gegenwärtig gebrauchte Kohle kommen, selbst wenn man die Fracht auf der siebenbürgischen Bahn mit 1 kr. berechnet. Wie bedauerlich, daß die Industrie unter den politischen Anschauungen eines Landes leiden muß. Das Gemälde, welches wir in kurzen Zügen entworfen, ist leider ein Bild der Zustände, unter denen die Industrie des Kaiscr- staatcs seufzt, und zwar zu einer Zeit, wo sie zum Wettkampf mit einer Nation herausgefordert wird, welche, wie der Zollverein, bezüglich des Besitzes brauchbarer Kohle zwar nicht reicher gesegnet ist, als wir, der aber nicht, wie uns, das Unglück zu Theil wurde, am gefüllten Brotkörbe zu verhungern. *) Die Tarife für Kohle von Oravicza nach Pest, welche bis auf 0., kr. herab- gehen, helfen leider nicht viel, weil der Verbrauch an der Grübe zu stark ist, um bedeutend zu exportiren. Ueber Mohacz-Fünffkirchen aber schweigen wir lieber. 42 Der Zollverein , und zwar zunächst Preußen, ist durch die billi¬ gen Kohlenfrachtcn in einer so entschieden begünstigten Lage, daß bei unscrm Eintritt in den Zollverein zugleich die Revision unserer Kohlen¬ tarife geschehen sein mnß, wenn wir nicht gleich im ersten Jahre ohn¬ mächtig zu Grunde gehen sollen. Wenn wir mit Ausnahme weniger AusnahmSfrachten unsere niedrigsten Sätze mit 1 kr., unsere Durch¬ schnittssätze mit l.z kr., und unsere Tarife auf kürzeren Strecken mit mindestens 2 kr. beziffern, so fahren wir gegen die niedrigsten Tarife in Preußen um 100—160 und 300 Percent theurer, gegen die hohen Tarife des Zollvereins noch immer um fast 100 Percent höher, und daß ein solcher Zustand in unserer Zeit ferner nicht haltbar ist, ver¬ steht sich wohl von selbst bei demjenigen, der den Werth der Kohle für die Industrie kennt. Auch die zollvereinsländische Industrie hat einst gelitten, wie wir, und nur nach langem Kampfe hat sie cs vermocht, die Eisen¬ bahn-Verwaltungen zu den Grundsätzen zu bekehren, denen sie jetzt huldigen. Da hat die Noth Männer erweckt, wie Braun, Hammacher und Schierer, die, wie die Wanderprediger der Mäßigkeitsvcreinc, zumeist ohne eigenen materiellen Vortheil umhcrzogen und mit Wort und Schrift cinstandcn für die Richtigkeit ihrer wirthschaftlichcn Grundsätze. Und noch heute dauert dieser Kampf, dem über kurz oder lang alle Bahnen des Zollvereins nachgcbcn werden. Und der Blick jener Männer schweift auch nach Oesterreich, denn die wirthschaftlichcn Grundsätze kennen keine nationalen Differenzen. Vor uns liegt der in jenen Ländern heransgckommcne Steinkohlen - Katechismus mit den drei inhaltschwcren Sätzen: 1. Von der Niedrigkeit des Frachtsatzes hängt die Billigkeit und Verbreitung der Kohle ab. 2. Der Einpfennig-Tarif O.^g kr. und per Zollccntner und Meile ist das für die Kohlen zu erstrebende Endziel. 3. Die bisherige Durchführung des Pfennigtarifs in Nord¬ deutschland hat die Discussion gegen diesen Tarif zu Schanden gemacht. In der That scheint nunmehr unter den meisten technischen und wirthschaftlich gebildeten Eiseubahnmännern sestzustehen, daß der Pfen- 43 uigtarif durchführbar ist, und die Selbstkosten mehr oder weniger übersteigt. Inwieweit, ist natürlich nicht gleich. Ein Fachmann zu Dortmund berechnete die Selbstkosten zu 0.,^ Pf. Wcidtmaun kommt zu dem Resultate von 0.. Pf., die treffliche Denkschrift des Baurathcs Scheffler zu O.g Pf. pr. Centucr nud Meile. Dem widerspricht zwar Garke in seinen comparativen Be- rechnungen, bleibt aber vereinzelt, nnd Hoffmann, eine sehr beachtens- werthe Autorität, gibt das Resultat sorgfältigster Forschungen mit 0.^ Pf. ohne Nebenkosten an, fordert aber in diesem Falte, daß die Regelmäßigkeit nnd volle Belastung der Züge garantirt werde, und daß diese letzteren die Bahn in einer Ausdehnung von 25 Meilen befahren. Mehr aber als solche theoretische Berechnungen hat die seit Jahren auf der KölmMindeuer, deu braunschweig'schen, hannover'schen und einem Theil der preußischen Bahnen Angeführte Pfennig - Tari- firung die Möglichkeit derselben bewiesen. Statt die Interessen der Bahnen zu beeinträchtigen, sind die Einnahmen der preußischen Bahnen seit 1857 (also in nicht vortheilhaften Zeitverhältnissen) um 9 Millionen Thaler gestiegen, die durchschnittliche Verzinsung des Anlage - Capitals hat um 1 Percent zugenommen, während sich die Einnahme ans Centner und Meile verminderte. Speciell die Köln- Mindener Bahn seit Einführung billiger Tarife gab 12 und 131'z Percent Dividende, die Oberschlesische gegen 8 Pcrcent. Und diese Resultate erzielt man trotz der sich mehrenden Concurrenz neuer Linien in Preußen. Zu denselben Resultaten führt das Tarif-System in England. Auf der Grcat-Northern-Midlauds und North-Western-Railway beträgt der Tarifsatz für Kohlen iz Penny per Ton nnd englische Meile, das macht per Centner und deutsche Meile circa 1 Pf- Das¬ selbe ist auf der Bahn von Newcastle nach London der Fall, und der Kohlentarifsatz der französischen Nordbahn ist den vorgenannten Bah¬ nen ebenfalls gleich. Auch die Elsässer, die schweizerische Central- und Nordostbahn weisen erfreuliche Resultate auf, und dürfen es lediglich ihren ermä¬ ßigten Tarifen zuschrciben, daß der Steinkohlcnconsum in großartiger Weise zugenommen, Holz und Torf aber gänzlich verdrängt, während 44 letzteres noch vor vier Jahren fast allein gebrannt wurde. Ueberall, besonders aber in Winterthur, zeigt cs sich so recht, wie Fracht-Er¬ mäßigungen der Eisenbahnen auch der Consumtion zn Gute kommen, denn dort gingen die Kohleuprcise bei zunehmender Fracht-Ermäßigung auf 1 Fr. 80 Cts. herab, während sie noch 1859 auf 2 Fr. 35 Cts. gestanden hatten. Wenn wir hiebei erwähnen, daß die Nordostbahn im Jahre 1859 350.000 Centuer Steinkohle verfrachtete, während sie im Jahre 1862 gegen 2^ Millionen verführte, so ist diese siebenfache Frachtznnahme wohl auch ein sprechender Beweis für unsere Be¬ hauptungen. Wenn wir nun von jenen Ländern wieder nach Hanse zurück¬ kehren, so können wir eben nicht sagen, daß unsere vaterländischen Eisenbahnen besonders glänzende Geschäfte mit so hohen Tarifen ma¬ chen. Die Monate Jänner und Februar d. I. weisen, mit Ausnahme der Elisabethbahn, fast für alle Bahnen ganz beträchtliche Minderein¬ nahmen aus, und »nährend sich d r a nß e n s e it e i n e m J a h re ein rapides Steigen fast allerBahncurse zeigt, kann n n s e r C n r s z e tt e l leider nichts« e r s r e u l i ch e R e s ul t a te anfweisen. Vielmehr sind die jungen Bahnen sämmtlich auf die Hilfe der Staatsgarantie angewiesen, und wenn alte Anstalten, wie z. B. die Nordbahn, noch immerhin beträchtliche Dividenden geben werden, kann man dreist sagen: diese werden klein sein im Hinblicke auf die Vorzüge ihrer privilcgirteu Stellung. Das Erkennen dieser Umstände wird über kurz oder lang nun auch bei uns zu einer Revision der Tarife auf allen Bahnen führen, und zwar hoffentlich zn einer Zeit, wo die Industrie Oesterreichs noch Kraft genug hat, jenen Aufschwung wieder zu gewinnen, welcher sie befähigt, das Vaterland groß und glücklich zn machen. Es handelt sich nur darum, wie weit die österreichischen Bahnen ihren Schwesteranstaltcn im Auslände folgen werden und folgen können. Es ist keine Frage, daß auch für uns der Satz von 1 Pf. pr. Centner und Meile, und zwar in runder Ziffer '/2 kr., ohne jeden Differential - Tarif, Garantie oder Nebengebühren, das Endziel des Strebens sein muß. Aber cS ist ebensowenig zweifelhaft, daß unsere Eisenbahnen noch nicht in der Lage sind, dem Publikum jene billige Fracht in vollem Umfange zu gewähren, weil dieselben unter wesentlich schwierigeren Bedingungen als im Auslande arbeiten. 45 Wir wollen die durch Betrieb etwa erhöhten Selbstkosten unbe¬ rührt lassen, weil man hierin oft schwer unterscheiden kann, was der Ungunst der Verhältnisse, und was mangelnder Befähigung zugc- schricben werden muß, aber erwähnen müssen wir doch der durch ganz unnatürliche Verhältnisse hervorgerufenen Höhe der Anlagekosten, doppelt drückend dnrch die Schwierigkeit ihrer Beschaffung und die starke Besteuerung seitens des Staates. Das Gebührengesetz, dessen Ende das ganze Land sehnsuchtsvoll erwartet, ist namentlich in Bezug auf neue Besteuerungen für Eisen¬ bahnen erfinderisch, und huldigt leider den längst verurtheilten Grund¬ sätzen , Steuern cinzutreiben, wo sich irgendwo bares Geld im Verkehr zeigt, natürlich so lange, bis es sich verkriecht, der Verkehr leidet und nichts mehr zu besteuern sein wird. Das Aequivalent, wodurch nach dem Gebührengesetz eine Eisenbahn-Gesellschaft alle 10 Jahre verkauft werden müßte, während immobile Besitze dieser Größe kaum alle 30 Jahre in andere Hände übergehen, und daher auch nur alle 30 Jahre Uebertragungssteucr zahlen — dieses sogenannte Aequivalent ist allein genügend, Capitalien von jedem Engagement in Eisenbahn-Anlagen abzuschrecken; es wird beispielsweise bei der böhmischen Westbahn '/,? kr. der Erhöhung ihrer Kohlcnfrachten entschuldigen. Unter diesen Verhältnissen und im Hinblicke auf die Schwierig¬ keiten eines vollständigen Umschwunges, können wir wohl sagen, daß eine durchgehende Herabsetzung unserer Kohlentarifc auf 1 kr., und zwar bei vollen Wagenladungen ohne Differenz pr. Ccntner und Meile, lediglich verbunden mit einer Vcrsicherungsgcbühr (für solche, die Ver¬ sicherung wünschen), vorderhand ein sehr großes und wichtiges Resultat zu nennen wäre. Diese Herabsetzung schließt nicht ans, daß für längere Strecken eine weitere Ermäßigung gewährt würde, namentlich wenn hingegen der Bahn gewisse Quantitäten des Transports garantirt werden. (Das Curiosum, daß cs in Oesterreich einmal eine Bahn gab, die solchen garantirenden Parteien eine billigere Fracht auf 300.000 Ctr. gewährte, und bei 3,000.000 Ctr. wieder höhere Preise cintreten ließ, wird sich ja doch nicht mehr wiederholen.) Diese Ermäßigung kann entweder durch Differential - Tarife oder Rcfractionen geschehen, aber dringend muß gewünscht werden, bei dieser Refraction ohne Ansehen der Per¬ sonen die strengste Gerechtigkeit walten zu lassen. M Die Größe des Quantums, wenn nöthig die Garantie durch Caution gedeckt, das ist das Einzige, was maßgebend ist für solche Refraction. Jede andere heimliche Bonification untergräbt die Con- currcnz. Wir wissen, indem wir der Differential - Tarife gedenken, daß sehr gewichtige Stimmen sich gegen dieselben ausgesprochen haben. In der That sind die Conscqucnzen dieser Tarife (deren Anwen¬ dung beispielsweise bewirkt, daß Frachten von Wien nach Breslau um 9 Pf. mehr kosten, als von Wien über Breslau nach Stettin) so nachtheilig für den Zwischeuverkehr und den Handel der Zwischen¬ stationen, daß auch die hierüber geführten Klagen mehrerer unserer Handelskammern nicht befremden können. — Aber wie die Bahnen unsere Fuhrleute und die Gasthäuser an der Landstraße beeinträchtigen, so führen sie mit sich im Gefolge die unmittelbare Annäherung wich¬ tiger Punkte, und schwächen dadurch die Bedeutung der Zwischen¬ stationen. Eine Klage kann bei wünschcnswerther freier Coucurrenz daher nicht gegen das Princip , sondern höchstens gegen die Höhe der Diffe¬ renzen entstehen. Sollte nun aber der Zeitpunkt noch nicht gekommen sein, in dem sich unsere Eisenbahnen entschließen können, den dringend gefühlten Wunsch zu erfülleu, welche Mittel bleiben uns übrig, dieselben auf die Aenderung ihrer Ansichten hinzuführen? Leider glauben so Viele dieses Mittel darin gefunden zu haben, daß sie die Staatsbehörde ersuchen, billige Tarife mit Gewalt zu octroyiren; auf solche Bitten soll dann der Minister als Polizei- Anwalt auftreten, und was er nicht mit Gewalt durchsetzen kann, im Wege des kleinen Krieges durch alle möglichen kleinen Chicanen er¬ zwingen. Dieser Plänklerkampf soll sich in Preußen sehr gut bewährt haben, und daß er sich bei uns, namentlich bei dem Ansprüche der Staatsgarantie, sehr vortheilhaft anwenden läßt — soll sogar die Er¬ fahrung gelehrt haben. Wir aber, die wir die freieste und ungebundenste Bewegung der Eisenbahnen für die segensreichste halten, nnd die wir überdieß mit allen Kräften danach trachten müssen, das Capital dem Eiscnbahnbau günstig zu erhalten, wir wünschen jene staatliche Beeinflussung der Tarife nicht, nnd erwarten nichts von ihr. Denn wohl dem Lande, , wo das Recht geachtet und ein gegebenes Wort gehalten wird. 47 Die Eisenbahn-Concessionen aber, ob Vortheilhaft oder schädlich, sind gegeben, nnd erst wenn die darin ausgestellten Anordnungen zum Nachtheile des Publicums unerfüllt bleiben oder überschritten werden, tritt die Action der Behörden ein. Eine solche Ueberschreitnng der Maximal-Tarifc aber hat unseres Wissens noch nicht stattgefnnden, nnd so lange ist jede andere directe Einflußnahme des Staates unnütz. Trotzdem wird gerade die Staatsverwaltung auf gesetzlichem Wege das Meiste zur allmäligen Herabsetzung der Frachtsätze bei¬ tragen können. Das Concessions-Gesetz vom Jahre 1854 gibt jeder Bahn nur das ausschließliche Privilegium zur Berbindung der Endpunkte, aber es läßt, ohne Parallelbahncn zu genehmigen, für den Bau von Eisen¬ bahnlinien in derselben Richtung der Spekulation freien Raum; diese Spekulation zu pflegen und sie zu erwecken, wo sie noch nicht da ist, bei Gewährung von Zinsgarantien für Kohlen und Erze den 1-Kreuzcr- Tarif vorzuschreibcn, die Anlage von Straßenbahnen durch Prämien zu begünstigen, die Concessionirung neuer Strecken in jeder Richtung hin zu erleichtern nnd den Betrieb von übermäßigen Lasten zu befreien, das sei Aufgabe der Regierung und unserer Vertretung im Reichsrathe. Die Negierung und die Volksvertretung aber hicfür zu bestimmen, und nicht müde hierin zu werden, das ist die Aufgabe der österreichi¬ schen Industriellen. Wir dürfen hoffen, daß die Industriellen Oesterreichs in der großen Kohlenfrage einig gefunden werden. So geeinigt, werden sie die Wichtigkeit für jeden speciellcn Bezirk, sei cs in Gruppen des Vereines der österreichischen Industriellen oder der gewerblichen Local¬ vereine, discntircn, und so wird sich vor allem das Material zusam- menstellen lassen, dessen Schichtung auch in anderen Ländern noth- wcndig wurde, ehe die Agitation begann. Arbeiten, ähnlich wie die Kohlen - Consumtions - Karten Frankreichs und Preußens werden die Folge sein. Und hcrangcbildet für das Verständniß dieser Frage, werden die geeinigten Industriellen eine Macht sein. Der G e ist, d c r n n s er Ministerium durchweht, kann unserer guten Sache nicht abhold sein; unsere Vertreter werden in den Häusern des Reichsrathes wirken, die Presse wird 48 die Sache erfassen, und vom Strom der öffentlichen Meinung ergriffen, werden bald auchin den General- Versammlungen der Eisenbahnen Acticn-Besitzer aufstehen und Revision der Kochlcntarife fordern. Wir sind am Schluß, und bitten nur uoch um Vergebung, wenn kleine Fehler in den Ziffern sich eingeschlichen haben sollten. Die Richtigkeit der Folgerungen wird darunter hoffentlich nir¬ gends gelitten haben, und nach unserem Wunsche auch durch diese Arbeit etwas zur Aufklärung in der wichtigen Frage geschehen sein. Möge sich die Industrie Oesterreichs derselben nun auch mit vollster Hingebung widmen!