Vorläufiges Programm der k. k. Staats-Gewerbeschule ZU Klagenfurt. Höhere Gewerbeschule mechanisch-technischer Richtung, Maschinengewerbliche Fachschule, Fachliche Fortbildungsschulen, Spezialkurse, Handfertigkeitskurs, Öffentlicher Zeichensaal. •>e< KLAGENFURT. Verlag der k. k. Staatsgewerbeschule. 1911. Organisationsplan der k. k. Staatsgewerbeschule in Klagenfurt. In ihrer Gesamtheit dient diese technische Lehranstalt dem Zwecke, intelligente Kräfte mit fachtheoretischen Kenntnissen für die Industrie, sowie auch als selbständige Gewerbetreibende und Industrielle den Anforderungen der Neuzeit gemäß heranzubilden. Als Ziel der Schule gilt die Hebung der einheimischen Industrie bis auf die Stufe vollständiger geistiger Unabhängigkeit vom Auslande, die Kräftigung des technischen Gewerbes und dessen Befähigung zu selbstbewußtem, freiem Schaffen. Die Anstalt zerfällt in eine höhere Gewerbeschule mechanischtechnischer Richtung mit vermehrtem elektrotechnischen Unterrichte, eine maschinengewerbliche Fachschule, eine fachliche Fortbildungsschule für die Lehrlinge der mechanisch-technischen Gewerbe sowie der Bau-und Kunstgewerbe, in mehrere Spezialkurse und einen öffentlichen Zeichensaal. 3. Höhere Gewerbeschule. Dieselbe vermittelt durch systematischen Unterricht alle für den praktischen Industrie- und Gewerbebetrieb notwendigen Fachkenntnisse und Fertigkeiten, zugleich aber auch einen höheren Grad von allgemeiner Bildung, wodurch ihre Zöglinge befähigt werden, ein mechanisch-technisches oder elektrotechnisches Gewerbe in ausgedehnterem Maße und unter Verfolgung höherer Ziele zu betreiben oder hervorragende Stellungen in größeren Fabriksetablissements auszufüllen. Die Schüler der höheren Gewerbeschule, welche ihre Studien mit gutem Erfolge absolvieren, erwerben hiedurch das Recht des Ein j ährig-Frei willigendien s t e s.* * Nach g 25 des Wehrgesetzes und nach § 64, Beilage Ha der „Wehrvorschriften“ sind die Absolventen der höheren Gewerbeschule jenen der Obergymnasien und Oberrealschulen in bezug auf den Einjährig-Freiwilligendienst gleichgestellt. — Ferner befähigt das Reifezeugnis zur Ableistung des einjährigen Präsenzdienstes in der Kriegsmarine für den Dienst im Maschinenbau und Maschinenbetriebe ausschließlich nur auf Staatskosten. — Auch im Eisenbahn-und Telegraphen-Regiment werden die Einjährig-Freiwilligen aus der höheren Gewerbeschule zur Ausbildung im Telegraphendienste zugelassen. Die höhere Gewerbeschule dient zur Ausbildung in mechanisch-technischer Richtung, während durch vermehrten elektrotechnischen Unterricht dem Bedürfnisse nach geschulten Elektrikern Rechnung getragen werden soll. Sie umfaßt vier Jahreskurse. Die Aufnahme in den 1. Jahrgang kann regelmäßig erfolgen auf Grund eines Zeugnisses über die mit durchwegs gutem Erfolge absolvierte dreiklassige Bürgerschule oder die mit besonders gutem Erfolge absolvierte dreiklassige Handwerkerschule, oder auf Grund eines guten Fortgangs-Zeugnisses über die vierte Klasse einer mit dem Öffentlichkeitsrechte ausgestatteten Mittelschule (Realschule, Realgymnasium, Gymnasium). Der Nachweis des zurückgelegten 14. Lebensjahres und der physischen Eignung des Bewerbers ist erforderlich. Die neueintretenden Zöglinge haben eine Aufnahmsprüfung abzulegen, welche sich auf folgende Lehrgegenstände in dem bezeichneten Umfange erstreckt: 1. Unterrichtssprache. Nachweis der Befähigung, ein einfaches Lesestück mündlich und schriftlich in gefälliger Form grammatikalisch richtig und ohne wesentliche orthographische Fehler nachzuerzählen. Nachweis der Vertrautheit mit den grammatikalischen Grundbegriffen durch eine Wort- und Satzanalyse. 2. Arithmetik. Nachweis der genügenden Fertigkeit und Sicherheit in den elementaren Rechnungsoperationen mit ganzen Zahlen, Dezimal- und gemeinen Brüchen. Kenntnis des metrischen Maß- und Gewichtssystems. Quadrieren, Kubieren, Ausziehen der Quadrat- und Kubikwurzel aus besonderen Zahlen. Schluß- und einfache Prozentrechnungen. 3. Geometrie. Kenntnis der verschiedenen Linien, Winkel, ebenen Figuren, dann der einfachsten eckigen und runden Körper. Berechnung des Flächeninhaltes ebener Figuren. 4. Naturlehre. Kenntnis der wichtigsten physikalischen Erscheinungen entsprechend dem Lehrpläne der Bürgerschule. Schüler von Gymnasien, an welchen kein obligater Zeichenunterricht erteilt wird, haben auch einige Fertigkeit im Zeichnen nachzuweisen. Die Aufnahmsbewerber können von der Prüfung entweder ganz oder in einzelnen Gegenständen befreit werden, wenn aus den vorgewiesenen Zeugnissen zweifellos entnommen werden kann, daß der Schüler die geforderten Kenntnisse besitzt. Für die Aufnahmsprüfung wird keine Taxe entrichtet. — In den 1. Jahrgang dürfen höchstens 38 Schülcr aufgenommen werden. Bei der Aufnahme wird die bessere Vorbildung, der Erfolg der Aufnahmsprüfung, das Alter der Schüler und insbesondere eine etwaige Vorpraxis im Gewerbe als maßgebend in Betracht gezogen. Die Aufnahme aller in die Anstalt neu eintretenden Schüler ist nur eine provisorische. Im Laufe des ersten Semesters hat der Lehrkörper über die definitive Aufnahme zu entscheiden und für den Fall, daß sich ein Schüler als ungeeignet erweisen sollte, die Entlassung desselben von der Anstalt zu verfügen. Das halbjährig im vorhinein zu zahlende Schulgeld beträgt an der höheren Gewerbeschule für inländische Schüler 40 Kronen und für ausländische Schüler.........................100 „ Die neueintretenden Zöglinge der höheren Gewerbeschule haben überdies zugunsten der Schülerbibliothek eine Auf nah ms tax e von 4 K 20 h zu entrichten. Schüler, welche sich durch ein legalisiertes Zeugnis über ihre Mittellosigkeit ausweisen, können von der Zahlung des Schulgeldes ganz oder zur Hälfte befreit werden. Schriftliche Anmeldungen sind, belegt mit den zur Aufnahme erforderlichen Zeugnissen und Altersnachweisen, bei der Direktion einzubringen. Die Zeugnisse von Mittelschulen haben die vorgeschriebene Abgangsklausel zu enthalten, von Bürgerschulen sind alle drei Jahreszeugnisse vorzulegen. Die Einschreibungen erfolgen am 18. September ab 9 Uhr vormittags in der Direktionskanzlei der k. k. maschinengewerblichen Fachschule. Die Aufnahmsprüfungen beginnen am 19. September um 9 Uhr vormittags. Bei der Wahl der Schülerquartiere (Kosthäuser) ist mit besonderer Sorgfalt vorzugehen und es ist insbesondere auf die Sicherstellung einer den Disziplinär Vorschriften der Schule entsprechenden häuslichen Beaufsichtigung zu achten. Die Direktion ist stets bereit, diesbezügliche Ratschläge zu erteilen. Zum Behufe des Nachweises, inwieweit die Schüler jene fachliche und zugleich allgemeine Ausbildung erlangt haben, welche dem Lehrziele der höheren Gewerbeschule entspricht, werden mit den Abiturienten Reifeprüfungen abgehalten werden; dieselben bilden den Abschluß des gesamten Kurses der höheren Gewerbeschule, und die hierbei erworbenen „Reifezeugnisse“ sind in Ansehung der Einjährig-Freiwilligen-begünstigung gleichwertig den Maturitätszeugnissen an Mittelschulen. B. Maschincngcwerblichc Fachschule. Der Lehrplan dieser Unterrichtsanstalt bleibt ungeändert. Sie hat, wie bisher, den Zweck, im Wege eines planmäßigen Unterrichtes in allgemein bildenden, technischen und kommerziellen Lehrgegenständen sowie durch systematische Unterweisung der Schüler in Lehrwerkstätten Hi 1 fs-kräfte für das Maschinenfach oder die damit verwandten Gewerbe unter spezieller Rücksichtnahme auf deren künftige Verwendung als Gehilfen, Vorarbeiter, Monteure, Werkmeister und selbständige Gewerbetreibende heranzubilden, beziehungsweise selbständigen Gewerbetreibenden und Gehilfen der erwähnten Gewerbe die erforderliche Ergänzung ihrer Ausbildung zu vermitteln. Zur Aufnahme in die I. Klasse der Tagesschule ist erforderlich, daß der Bewerber 1. das 14. Lebensjahr erreicht hat oder noch im Laufe des betreffenden Jahres, in welchem die Aufnahme erfolgt, erreichen wird und 2. nachzuweisen vermag, daß er eine ausreichende Vorbildung durch die Absolvierung einer allgemeinen Volksschule oder des Vorbereitungskurses einer Fachschule, einer Bürgerschule oder der drei unteren Klassen einer Mittelschule erworben hat. Zum Eintritte in eine höhere Klasse wird der eventuell durch eine Aufnahmsprüfung zu erbringende Nachweis über den Besitz aller jener Kenntnisse und Fertigkeiten verlangt, welche dem Lehrziel der vorhergehenden Klasse, beziehungsweise Klassen, entsprechen. Außer männlichen Schülern sind auch weibliche Schüler unter gleichen Bedingungen und Voraussetzungen zugelassen. Neueintretende Aufnahmswerber haben zur Einschreibung, welche für das Schuljahr 1911/12 am 11., 12. und 13. Juli, dann am 16., 17. und 18. September vormittags vorgenommen wird, in Begleitung ihrer Eltern oder deren gesetzlichen Stellvertreter zu erscheinen und den Tauf- oder Geburtsschein, den Impfschein sowie das letzterhaltene Schulzeugnis mitzubringen. Die Zahl der neu aufzunehmenden ordentlichen Schüler ist eine beschränkte und wird durch die Zahl der in den Lehrwerkstätten verfügbaren Arbeitsplätze bestimmt. Der Direktor der Anstalt unterzieht am 13. Juli, beziehungsweise 18. September um 9 Uhr vormittags alle Aufnahmswerber einer Aufnahmsprüfung, bei welcher die Kenntnis des Rechnens mit ganzen und gebrochenen Zahlen sowie die Kenntnis der deutschen Sprache in Wort und Schrift gefordert wird. Nach dem Ergebnisse derselben werden unter Berücksichtigung der nachstehenden Bestimmungen sowie der Zahl der verfügbaren Arbeitsplätze nur jene als Schüler aufgenommen, deren Kenntnisse, beziehungsweise Fertigkeiten zu der Annahme berechtigen, daß sie das Lehrziel der Schule erreichen werden. Für die Aufnahme ist in erster Linie die bessere Vorbildung entscheidend. Unter gleichen Verhältnissen genießen bei der Aufnahme Söhne und Töchter von solchen Gewerbetreibenden (Meistern, Werkführern, Gehilfen, Arbeitern), welche einem der in der Tagesschule vertretenen Gewerbe angehören, den Vorzug. Für die Aufnahme in die Fachabteilungen sind unter solchen Bewerbern zunächst jene zu berücksichtigen, welche vor dem Eintritte in die Tagesschule in einem einschlägigen Gewerbe tätig waren und eine gewerbliche Fortbildungsschule besucht haben, ln zweiter Linie kommen Söhne und Töchter von Gewerbetreibenden überhaupt und unter gleichen Verhältnissen wieder jene zuerst in Betracht, deren Eltern, beziehungsweise Angehörige im Schul-orte oder in dessen nächster Umgebung wohnen. Der Direktor ist berechtigt, solchen Bewerbern, deren körperliche Beschaffenheit eine erfolgreiche Verwendung im Lehrwerkstättenbetriebe und im Zeichnen ausschließt, die Aufnahme zu verweigern. Jeder ordentliche Schüler (Schülerin) der Tagesschule hat bei der Einschreibung, beziehungsweise bei der Aufnahme eine Einschreibgebühr von 1 K zu entrichten; eine Befreiung von der Zahlung dieser Taxe ist unzulässig. An dem Unterrichte können auch Hospitanten, das sind solche Gewerbeangehörige, welche bloß einzelne Lehrfächer zum Zwecke ihrer Fortbildung frequentieren, teilnehmen, wenn Arbeitsplätze vorhanden sind, da in erster Linie bei der Aufnahme solche Schüler (ordentliche Schüler, Schülerinnen) berücksichtigt werden, die den Gesamt-Lehrplan der Schule zu absolvieren die Absicht haben. Das Schulgeld beträgt für ordentliche Schüler (Schülerinnen), welche in den im Reichsrate vertretenen Königreichen und Ländern heimatsberechtigt sind, pro Schuljahr 40 K und ist dasselbe längstens innerhalb acht Wochen nach Beginn des Schuljahres zu entrichten. Schüler (Schülerinnen) welche ihre Mittellosigkeit nachweisen, im sittlichen Betragen und im Gesamt-erfolge jeweilig mindestens die Durchschnittsnote „befriedigend“ und*kein „nicht genügend“ aufweisen, können über ihr Ansuchen von der Entrichtung des Schulgeldes ganz oder zur Hälfte befreit werden. Ausländer haben 100 K Schulgeld pro Schuljahr zu entrichten. Im Inlande heimatsberechtigte Hospitanten haben ein monatliches Pauschale von 6 K zu bezahlen und findet eine Befreiung von dieser Gebühr nur in besonders berücksichtigungswerten Fällen statt. Ausländer, welche als Hospitanten am Unterrichte teilnehmen, haben das Doppelte des vorerwähnten Pauschales zu entrichten. Die ordentlichen Schüler und Schülerinnen, welche alle drei Jahreskurse der Anstalt absolviert und das Lehrziel in allen Lehrgegenständen erreicht haben, besitzen Anspruch auf ein Abgangszeugnis, welches die Absolventen der Fachschule auf Grund des Gesetzes vom 5. Februar 1907, R.-G.-Bl. Nr. 26, § 14a, Absatz 2, zum Antritte und selbständigen Betriebe des Gewerbes der Maschinenschlosserei nach einer einjährigen Praxis berechtigt. Dürftige und würdige Schüler und Schülerinnen der Anstalt werden nach Maßgabe der hiezu verfügbaren Mittel mit Unterstützungen oder Stipendien beteilt und gelangen überdies alljährlich Staatsstipendien von 40 K monatlich vornehmlich an solche Bewerber zur Verteilung, welche bis zum 15. Juni des betreffenden Jahres darum ansuchen und nachzuweisen vermögen, daß sie sich durch mindestens zwei Jahre in einem einschlägigen Gewerbe betätigt und eine mindestens zweiklassige Fortbildungsschule mit gutem Erfolge absolviert haben. C. Fachliche Fortbildungsschulen für Lehrlinge a) der mechanisch-technischen Gewerbe, b) der Bau- und Kunstgewerbe. Diese haben die Aufgabe, den Lehrlingen, Gehilfen und gewerblichen Hilfsarbeitern der mechanisch-technischen, beziehungsweise der Bau- und Kunstgewerbe einen theoretischen Unterricht in jenen technischen, kunstgewerblichen und kommerziellen Fächern zu bieten, welche ihnen für die Ausübung ihres Berufes nützen und zur Hebung ihrer Erwerbstätigkeit beitragen können. Ueber Schulpflicht der Lehrlinge, Zeit der Aufnahme, Lehrmittelbeitrag und Zeugnisse siehe den Jahresbericht. D. Spczialkursc und FIandfertigkeitsl