HNN3RN lnr Annst, Wiffenschalt und geselliges Leben. Nedigirt von Franz Hermann von Hermannsthal. ^5^3. Freitag am G. Jänner 1841 M^-iLT" V»,i dieser Zeilsilir,ft erscke,i,en wöchentlich zwei Nummern, jedes Mal ein halber Noaen. Der ^reis de«! Blattes ist in Laibach ganzjährig 6, dalb>i>dr!a ,^ sl. Durch d,e k. s. H»sl unter Onuvcrr >!,,l rori»sreier Zusendung aanoadrig », dalhiäbrig 4 >i. C,M., und w,rd ialbjlibiig »oraujl bezahlt. Alle f. t. Postämter nehme,i Pränumeration an. In Z^achruf ans alte Jahr. V^lcht eine» Augenblick der Rast Dir gönnen Willst Du am Ziele, fiücht'gcr Sodn der Zeil? Und ohne Abschiedsgruß von mir Dich trennen. Nun Du Dich wendest bei», zur Ewigkeit? Noch einmal möcht' ich Dir in's Antlitz schauen. Entdecken gern, ob Thränen Dir im Blick, Mücht' gerne manche Bitte Dir vertrauen» Und fragen, ob Du nimmer kehrst zurück? Wohin Du ziehst, in welch' entleg'ue Ferne, Woher Du kamst, als Du dos Licht erblickt, 2b das Geschicke Dich auf schön'rc Sterne, 2b in die ew'ge, Nacht des Nichts entrückt: Das möcht' ich gern erkunden noch beim Scheiden, Zu wichtig düntt mich diese Wissenschaft. Du warst ein Zeuge meiner Lust und Leiden, Genosse meiner Schwächen, meiner Kraft; Du hast geschaut die Kämpfe meines Strebens, Dir Hab' ich aufgcthan gar oft mein Herz, Dir traut ich manche Hoffnung an des Lebens, Und, ach, so viele» heißgeweinten Schmerz; — Nun willst Du eilig wenden Dich von hinnen. Dich kalt entreißen mir mit stummem Mund, Nicht kümmert's Dich, ob meiue Thränc» rinnen-^ Wie? solche, Treue weihst Du unser»! Bund? Doch nein, nicht zürnend will ich Dich verklagen, Nicht fluchen Dir, ob auch das Herz mir bricht! Will ein versöhntes Lebewohl Dir sagen. Und ahnen fromm: Du zieh'st hinan zum Licht! Will glauben, daß, gleich meinem Staub bezwungen. Du folgst dem Winke der Nolhwcndigkcit, Daß Du dem Schooß der Zeiten Dich entrungen, Ein «uscrwählter Not' der Ewigkeil; Daß deine Sendung Du Vollbracht hieniedcn, Und deiner Kunde harrt der Weltengeist: O könntest Du berichten ihm von, Friede», Der seraphgleich der Erde Ball umkreist! 2 könntest Du Von süßen Frcudcntagcn, Vom Lieb'triumph und von der Wahrheit Sieg Die Wonnebotschaft zu den Sternen tragen! Wie schön geendet war' der Erde Krieg! Laibach vrünuinerirl man beim Verleger am iXaan, Nr. «yll, l,n ersten Sloete. Schon seh' ich schwinden Dich !»> abendrotheil Vertlärungsglanz der Himmelsherrlichkeit! Zieh' hin! und sage grüßend meinen Todtcn: »Ich glaube inni g » n Unsterblichkeit.« Adolf Verger. Die Stubenberge. Von Karl Prenncr. Bekanntlich kann der innerösterreichische Adel als die Wiege mehrer in schöner Blüche dastehender, und den Schirm eines allgeliebren Herrscherthrones bildender hoher fürstlichen und gräflichen Häuser angesehen werden; und dieser hohe Adel ist an hochgestellten Staatsmännern, mannhaften und tapfern Kriegern, selbst Kirchenfürsten in der Vor- und gegenwärtigen Zeit immer reich gewesen. Wo ließ und läßt sich Material für die Geschichte der Länder Innerösterreichs im Mittelalter daher besser su­chen und finden, als au der sicheren Freistätte des Altars, in den Stiftern und Klöstern, und in den alten, dem Zahne der Zeit noch muthig trotzenden Stammburgen? Betrachten wir die Geschichte der fürstlichen und gräf­lichen Häuser, der Lichtensteine, Allersberg«, Die­trichsteine, Traurmannsdorfe, Lamberge, Sau­raue, Attemse, Stubenberge, Hohcnwarte, Wa­gensberge, Schärfenberge, Gallenberge, u. a. m. Ist die Geschichte dieser hochadelichen uralten Fami­lien nicht auch die Geschichte dieser Länder? Füllt nicht die Geschichte eines einzigen dieser Edelgeschlechter beinahe ein Jahrtausend aus? Es ist wahrlich für den Geschicht- und Vaterlandsfreund herzerhebend, in den Wappenschildern und dem Helmschmucke dieser ritterlichen Helden die schönen Sinnbilder ihrer herr­lichen Thaten betrachten zu können. Für jetzt will ich mich mit der historischen Skizze ei­nes einzigen dieser Edelgeschlechter, mit der jener herrlichen Stube n berge beschäftigen, die, seit einem Jahrtausend zwar nur unserem schönen Nachbarlande Steiermark gehö­rig, auch unserem Vaterlande Krain in dem Jacob Herrn von Stubenber g vor 433 Jahren einen Landeshaupt­ ÄVO mann gegeben haben, und von welcher Familie auch wir ein Mitglied vor Kurzem unter den Rachen unserer höch­sten Landesbehörde verehrten — Leopold Grafen und Herrn zu Stubenberg, k. k. wirklicher Kämmerer und Guber­nialrath, Obersterblandtruchses, Herr und Landmann im Herzogthume Steiermark, dann Inhaber der Herrschaft Obermurek. Nachdem Kaiser Kar l der Große aus Steiermark mit seinem siegreichen Schwerte die Auaren vertrieben hatte, suchte er die dadurch entvölkerten Gegenden wieder zu beleben, und ließ in dieser Absicht Deutsche aus Baiern, Schwaben, Sachsen einwandern, unter welche er, so wie unter die Geistlichen und Gaugrafen, seine ausgedehnten, vielfältigen, allenthalben im Lande gehabten Meiereien ver­theilte; welches auch in den Gegenden der Flüsse Raab, Mur und Enns geschah. Diese neuen Grundbesitzer wur­den von Kar l zur Beschützung seiner neuen Eroberungen zum Kriegsdienste verpflichtet. Sie erbauten sich auf den ihnen zugewiesenen Besitzungen feste Schlösser, Burgen, und nannten sich nach diesen, da sie die Namen ihrer Burgen mir den bisherigen ihrer Familien vertauschten. Sie wurden Ritter genannt, weil sie ihren Heerbann nur zu Pferde leisteten; und so finden wir bestimmte Spuren, daß das gegenwärtig besprochene Geschlecht der Grafen und Herren v. Stubenberg noch weit vor jenem, in der Ge­schichte seines Hauses berühmt gewordenen Wülfing v. S tu-­bcnberg, welcher in einer im ständischen Archive zu Grätz aufbewahrt gewesenen Stammtafel der Stuben ­berge als der erste erscheint, und noch vor dem Jahre 1000 lebte, in der Gegend des Ranbstußes in dem von Ungarns Grenzen nicht weit entfernten romantischen Fei­stritzthale ansäßig waren, und eine eigene Burg hatten. Diese Burg, die schon seit dem Jahre 1269 nur noch als Ruine zu schauen ist, und für das hohe Alter der stuben­berg'schen Familie eine geltenden Beweis liefert, hat eine eigene Geschichte. Sie liegt in der nach ihr benannten Pfarre Stuben­berg, — Decanar Pischelsdorf, im Grätzer Kreise, in ei­ner düster« Gegend, auf einem nicht hohen, konisch gebil­deten Berge. Ausgedehnte Grundlagen, häufiger Schutt, und vieles Gestein bezeichnen noch jene merkwürdige Stelle, wo der ritterlichen Stubenberge mächtiges Geschlecht der ganzen Gegend weithin als Lehensherrschaft gebot; denn nicht nur die Ritter und Edlen der Umgebungen waren Lehensvasallen der Stubenberge , sondern auch die mächtigen Herber st eine mußten ihnen Heeresfolge leisten, und von ihnen die Lehen empfangen. Dieser Berg, der die ausgedehnten Spuren und Gedenkzeichen des einst gewaltigen und weirläuftigen Schlosses trug, ist nun meh­reren benachbarten Herrschaften dienstbar, welche alle einst Hieher gehörten; und es lagen, so lange die Stubenber­ge noch da hausten, so viele Reisige und Knechte einer Sage zu Folge in Besatzung, daß sie an Sonn- und Fei­ertagen, um in der Pfarrkirche Platz zu haben, in zwei Abtheilungen zur Messe gehen mußten. Diese stattliche Burg fiel der Rache des Böhmenkönigs Ottokar l. Przmisl — welchen die Stände Steiermarks, nachdem kinderlosen Hinscheiden ihres Herzoges Friedrichs II. des Streitba­ren, zu ihrem Regenten erwählt hatten. Die Geschichte und Veranlassung dieses nunmehr sechsthalb hundert Jahre in Schutt liegenden Stammsitzes dürfte um so interessan­ter für den Leser sein, nachdem sie die Macht des Hau­ses Stubenberg darstellt, welches schon damals, ohne noch in den Grafenstand erHoden zu sein, dennoch unter den ersten gräflichen Häusern des Landes erglänzte. Ottokar Przemisl, von einem Kreuzzuge gegen die damals noch heidnischen Preussen mit mehreren steieri­schen Edlen zurückkehrend, wurde durch den übelgesinnten Friedrich von Petra u benachrichtigt, die ihn begleitenden steierischen Ritter führten nichts Minderes im Schilde, als ihn, ihren König, und Herzog, aus dem Steierlande zu vertreiben; ihm, Friedrich, wären sogar uon den Verbün­deten Anträge gemacht worden, ihrem Bunde beizutreten. Ottokar, der bei seiner äusserst strengen, an Tyran­nei gränzendcn Negierung selbst wohl wußte, er sei im Steierlande gar nicht beliebt, lieh sein Ohr um so lieber der verleumderischen Anklage Friedrichs. Die Angeklagten waren Bernhard, und Heinrich Grafen von Pfannberg, Heinrich und Otto von Lichte »stein, Hartneid von Wildon, Siegfried von Mährenberg, und Wülfing II. von Stubenberg. Diese ließ Ottokar insgesammt vor sich laden, und Friedrich von Petta u mußte seine Klage vor ihnen wie­derholen. Der Pec tauer erneuerte seine Klage, allein die Beschuldigten widersprachen solche durchaus und erklärten Friedrichen als einen niederträchtigen Verleumder, und betheuerten ihre Unschuld. Obgleich nun überdies die angeklagten Ritter Mann für Mann zur Rettung ihrer Ehre dem Pettau er einen Zweikampf anboten, ließ Octokar doch ohne einer recht­lichen genauen Untersuchung die Angeklagten verhaften, und jeden in ein besonderes Schloß abführen. Friedrich von Petta u selbst fiel in die königliche Ungnade, und wurde ebenfalls in den Kerker gelegt. Alle mußten ihre Kinder nach Prag als Geiseln bringen lassen. Der König ließ weicers den Verwandten und Freunden sämmtlicher Gefangenen zu wissen machen, daß, wenn sie solche beim Leben erhalten wollten, ihm alle Schlösser und Burgen, welche sie in Steier hätten, übergeben werden müßten, und so geschah es, daß Bernhard Graf von Pfa n nberg seine Burgen Pöchlarn, Pfannberg, St . Peter bei Leoben, und die Lizelmaierueste, Heinrich Graf von Pfannberg Scrasseneck, Losenthal und Kaisersberg, Lichcenstein die Schlösser Murau und Lichtenstein, welche alle geschleift wurden, hergeben mußten. Hartneid von Wildo n gab Eppenstein, Nadkersburg und Gleichenberg, nur Epoenstein blieb unbeschädiget. Dem Friedrich uon Petta u wurde Schwanberg und Wurmberg genommen, und die Gräben des letztern mit den Ringmauern ausgefüllt. Dem Wül­sing >l. von Stubenberg ließ Ottokar alle drei Schlös­ser zerbrechen, Stubenberg, Wülfingstein und Kapfenberg. (FottsetzunZ folgt.) TVR Tiroler « Fahrten. Vo» Eduard Vileslus. (Fortsetzung.) Der Teufelösteg verbindet die durch den Abgrund geschiedenen Gemeinden Finkenberg und Tornau. Nach furzer Strecke kamen wir wieder auf unfern alten Pfad zurück, und nach abermaliger beschwerlicher Wanderung von etwa zwei Stunden, häufig steil bergauf oder auch in Krümmungen längs der Bergriße und dicht an den furcht­barsten Abgründen fort, durch Gegenden, deren wilde Er­habenheit die Natur in Salvator Rosa'scher Stimmung geschaffen zu haben schien, in Lahnersbach oder Vorderdur an. Hier erweitert sich, wie man aus einem Nadelholz­wäldchen in's Freie hinaustritt, die Schlucht zu einer Hochebene; wir stehen auf der Niederung einer Aloe; hohe Berge, theils von Matten grün übertleidec, theils in Fels­gesteine auslaufend, umgeben uns auf allen Seiten, rings umher die balsamischesten Alpenweiden voll läutender Heer­den, aber auch mit tiefherabreichenden Schneefiecken, wel­che die hohe und rauhe Lage dieser Landschaft bezeugen. Die Luft ist hier oben ein wahres kräftigendes Stahlbad, und die Bewohner, deren wir gleich anfänglich mehrere begegneten, sind wahre Riesensohne, mit ihren wetterdurch­peicschten Physiognomien, ihrem struppigen Haupt- und Barihaare, und ihren rauhen Lodenwämsern und Röcken sonst wie Halbwilde anzusehen, bei näherer Berührung aber gutmüthig, gesprächig, zutraulich, fast kindlich sanft. Mi t der den Gebirgsbewohnern eigenen Neugier hatten sie uns schnell um Reiseziel und Heimath ausgefragt, und nahmen an unserm Schicksale — uns eben so offen das ihrige mictheilend — einen um so lebhafteren Antheil, als meine beiden Reisegefährten aus Preußen waren, wohin mehrere ihrer nächsten Angehörigen ausgewandert waren. Ein alter Bauer, der uns lange auf dem Wege aufhielt, hatte Tochter, Schwiegersohn und Enkel darunter, die er nun entbehren und einsam dastehen mußte zwischen seinen einsamen Bergen; es war rührend zu hören, wie er from­ men Sinnes sich in die Fügungen der Vorsehung ergab, das Benehmen seiner Angehörigen, wodurch er ja selbst am Meisten verlor, im Innern mißbilligte, dabei aber doch mit Alles vergessender Liebe an ihnen hing und gar so gern eine Nachricht über ihr Wohlftin im fernen Lande eingezogen hätte. Genuß, dieser schlichte Naturmensch mit seiner tiefsinnigen Liebe, dabei klaren Verständigkeit und wahrhaft religiösen Haltung im schweren Collissionsfalle, war mir eine heilige, unvergeßliche Erscheinung — wohl dem Staate, der, wie der österreichische, viele solche Bür­ ger zählt! Der weitere Zug des Thales streicht, in der bisheri­ gen westlichen Richtung von hohen A>pen abgegränzt, ge­ gen Süden, wo in scheinbar geringer Entfernung, aber doch bei tüchtigem Zuschreiten erst in einer kleinen halben Stunde erreichbar, das kleine Oertchen Vorderdur oder Lahneröbach mit seinen idyllischen hölzernen Häuschen, fast großen Alpenhütten vergleichbar, und mit seinem Kirchlein von reinlichem Gemäuern und hohem spitzigen Thurme ein unvergeßliches Landschaftbild von begränztem Vollglücke darbot — mitten auf dem saftigsten Grün der Alpenmat­ten, und von ungeheuren Bergen eingefaßt. Ganz im Hintergrunde sahen wir bald nach dem Eintritte in diese Thalbiegung, bei übrigens heiterem Himmel, eine ungeheure dichte schneeweiße Wolke, wie ein Dom in den tiefblauen Aether hinangewölbt, hervortreten, die uns — obgleich in den letzten Tagen Iuli's — mit einem furchtbaren Schnee­gestöber zu bedrohen schien. Der Führer, dem wir unsere besorglichen Gedanken darüber mittheilten, bedeutete uns aber lachend: „dies wäre die gefrorene Wand", und siehe! es war in der That ein ungeheurer, wie ein gothischee Dach himmelangethürmter Gletscher, mit frischgefallenem, blendend weißen Schnee überdeckt — ein Riesengebilde, dessen wüste Kolossalität alles Ahnliche, was ich bisher hin­ter Hallstadt, Gastein und im Pinzgau gesehen hatte, noch übertraf. Wir traten in das Wirchshaus, ein zwar ganz aus Holz erbautes, aber sehr wohnliches, einstöckiges Ge­bäude, wo wir bei dem Hauswirthe, einem stattlichen, breit­schulterigen Manne im kräftigsten Alter, dessen schnurbär­tige ausdruckoolle Physiognomie beinahe an einen Ungar mahnt, und seiner lieben Familie von mehreren Söhnen voll schöner Kraft und mehreren Töchtern voll kräftiger Schönheit die herzlichste Aufnahme, und besonders eine überaus wohlthuende Reinlichkeit fanden. Den Genuß alten Bockfieisches verschmähend, fanden wir dafür in kräf­tiger Weinsuppe, Mehl- und Eierspeise und köstlichen Fo­rellen einen mehr als hinlänglichen Ersatz, und fühlten uns bald so gestärkt, daß wir, da es noch hoch am Tage war, nach der beschwerlichen Wanderung von Zell herüber, die noch beschwerlichere zu dem Fußgestelle der gefrorenen Wand und dem daselbst entspringenden Wasserfalle antraten — eine Excursion, hin und zurückgerechnet, von nahe an ? Stunden. Ich kann diese an erhabenen Naturherrlichtei­ten überaus reiche Ercursion allen meinen Nachfolgern nicht dringend genug empfehlen. III. Moos — Hinterdur — Stillleben in der höchsten Al­penwelt — Wasserfall — die gefrorene Wand — Sänger­abend—Rückkehr nach Zell — Fahrt nach Innsbruck — „Das ist mein deutsches Vaterland!" Das um Vorderdur noch ziemlich weite Thal verengt sich allmählich zur Schlucht, in deren Tiefe der Durerbach daherbraust und an deren Rändern man auf schmalen und mitunter bedenklichen Pfaden fortwandelc. Eine Stelle war aber in der That gefahrvoll: der letzte Gewitterregen hatte eine ganze Wand mit sich herabgerissen; Erd- und Steinblöcke waren chaotisch übereinander gewälzt; aller Orten, fast wie auf einem Gletscher, gähnten die schauer­lichsten Klüfte, von kleinen Bächlein durchrauschc — und durch diese Stätte der trostlosesten Zerstörung mußte man, auf gut Glück ein gutes Stück aufwärts kletternd, die mindest bedrohliche Stelle zum Uebergange aufsuchen. Wei­ter aufwärts ward es wieder gangbarer und freundlicher; auch zeugten sich wieder mehrere Hütten, theils nach Lah­neröbach, theils zur nächsten Ortschaft Moos gehörig. I n einer dieser Hütten zog eine Vorrichtung ganz eigener Art «»«<» ^3?^, meine Aufmerksamkeit auf sich. Ich bemerkte, daß eines der Quellchen, die hier häufig vom Berge auf unfern Pfad herabrannen, in einer Rinne nach einer Hütte geleitet war, und dort ein kleines Rad in Bewegung setzte. Auf meine Frage belehrte mich der Führer, daß dieses Rnd eine Wiege mir einem Kinde schaukle, dessen Eltern mit allen übrigen Hausbewohnern zur Arbeit hinausgewandert waren, und sonach das arme hülstose Geschöpf der Sorge des Elemen­tes, das es in Ruhe einwiegen mußte, und der Obhut der ewigen Vorsehung anHeim gestellt hatten, gewiß ein rührendes Bild aus den unteren Kreisen der Menschheit, aus welchen unsere höheren Stände im Allgemeinen weni­ger klare Anschauung haben, als ihnen zum Mitgefühle mit fremdem Loose und Zufriedenheit mit ihrem eigenen zu wünschen wäre. (Fortsetzung folgt.) Neues. (Die Sing schulen für das Volk) in Paris neh­men einen erstaunlichen Fortgang. Nach Wilhelm's Sy­stem sind bereits 6000 Kinder und ä2000 Erwachsene voll­kommen unterrichtet, was der öffentlichen Sittlichkeit zu namhaftem Gewinne gereicht. Statt in Kneipen und ver­dächtigen Orten sich herumzutreiben, versammeln sich jeden Sonncag in der Tuchhalle 300 Arbeiter, andere 5 — 600 versammeln sich im Saale des Stadthauses, und diese Versammlungen führen Chöre von Gluck, Händel, Che­rubini, Mehul u. s. w. auf. In zehn Elementarschu­len zu Paris werden gegenwärtig 6 — 7000 Kinder, und in 40 Schulen für Erwachsene 13 — 1800 Männer im Singen unterrichtet. — (Ein seltener Fall.) Die Nachkommen des ver­storbenen schwedischen Neichsherrn, Grafen Adelswärd , sind bei ihrem Könige mit dem Gesuche eingekommen, ih­rer angestammten Grafenwürde entsagen zu dürfen. Der Grund davon ist, daß sonst der junge Graf und seine männli­chen Nachkommen von dem präsumtiven Fideicommißrecht auf Altwidaberg u. s. w. ausgeschlossen sein würden, da dieses Fideicommiß zum Vorcheile nicht eines Grafen, sondern eines Freiherrn von Adelswärd errichtet worden ist. — (Meyer beer) ist gewohnt, auf seinen Kreuz- und Querzügen durch Deutschland, Frankreich und Italien, im eigenen Wagen mit Extrapost fahrend, zu componiren. Er hat sich dazu ein allerliebstes kleines Pianoforte, welches in seinem Wagen statt des Rücksitzes placirt ist, anfertigen lassen. Fällt ihm nun eine Melodie ein, so muß sein Die­ner dem Postillon befehlen, langsamer zu fahren, oder wohl gar still zu halten. — Das ist, bemerkt „die allg. Thea­terzeitung," kein Mährchen, sondern Wahrheit. — November- «nd Decemberfeuilleton. Mit­theilmlgen aus dein Tagebuche eines Wie­ners. (Beginn der Wintersaison im «esellschaftslcben. Concerte. Großes Musskfcst. Akademie zw» Besten der grauen Schwestern im Vurgthcater. Kuffner's und Ostmoyer's Oratorium »Saul und David". Guitarrilt Regondi. Theatralia: Vauernfeld's »Ernst und Humor«. Wiederauffüh­rung Mozart's »tünzi kün tutte.» Gciger's neue Oper: »Wlasta«. Karl «on Holtei in Wien. Nestroy's neue Localposse: »der Talisman«. Arti­stisches: Dittcnbergcr's großes historisches Gemälde. Wien's Kunsthand­lungen. Raffelsbergess Typometone. ,Da»,uerreot,)pportraits. Literarisches. Fortwährender Fortschritt neuer Bauten in Wien. > Die Ladenschilder. Herr Cremienr in Wien, Littrow's Tod. Becker's Rheinlied. Saphir's hnmor. Vorlesung. Kopfrechner Dose. Weihnacht,) Dies also wäre der ungefähre Kopf meines neuesten Lebenscapitcls, dies also und mehr noch als das hält' ick geschaut, geHort, genossen und gebüßt, durchgefühlt, durchgelebt »nd überlebt, und hätte meinen Kopf noch nicht darüber verloren? Wahrhaftig der Mensch vermag viel, nnr Eines kann er nicht: stille stehen bleiben, wenn ihn die eilende Zeit »»ge­ waltig vorwärts drängt. So steh' ich, z. V . jetzt am Wendepunkte des alten «erlebten Jahres, und mir ist dab,'i ungefähr zu Mnlhe, wie Einem, der in allgemeiner Flucht unfreiwillig mit fortgerissen wird; ach, geht es denn nicht Allen so, und werden wir nicht samml und sonders für diese un­ freiwillige Desertion gestraft, ja mit dem Leben gestraft? Ungeheures, des­ potisches Schicksal! Wahrhaftig, ich muß nach meinen! Kopfe greifen, ob er mir auch fest sitzt, aber auch nach de», Herzen muß ich fühlen, wie ihm dann diese Parforcejagd der Erscheinungen bekommen. Dazu paßte aller­ dings die geheimnißvolle Geisterstunde der Silvesternacht am besten, lost sie doch so manches mystische Vergangenheiträthscl, und enthält so manches Zu­ kunftbild, aber ich mag kein Geisterbeschwörer und Heide sein. Ein echter, frommer Christ kennt keine weihevollere Stunde schönerer Offenbarungen, «ls die heilige Weihnacht, und so »logen sie denn die entschwundenen Gestalten und die heraufdämmernden Zutuuftgebilde vor meinem inneren Auge wie morganatische Luftspiegelungen cmportauchen, indeß draußen feierliche Glo­ ckentöne weithin durch die sternhelle Nacht die Stunde des Wcltheils »er­ kunden. Herrliche, wonnevolle Nacht der Christenheit! schöne, poetisch-erha­ bene Sitte, sie zu feiern, und der liebliche, sinnige Abend, der ihr voran­ ging, und dem der himmlische Christbaum mit seinen unzähliaen Lichtern strahlte, möchte man da nicut allen Jungen und Alten, Frohen und Be­ trübten zurufen: «kommt Alle her, Kinder Eines Vaters, »nd laßt uns werden, wie die Kleinen, denen heute bcscheert worden!« So ein Christabend, das ist ein echter, traulich-seliger, herzinniglicher Gescllschaftabend, den man mehr als Ein Mal im Jahre feiern sollte. Freilich! freilich! wenn nur die Mode, der bun wir und die lüuQvouieiice c!e I» dünne Zncieti et Züiznn, nicht wären, die auch dem Profanen seine Rechte sichern und es schlechter­ dings nicht zugeben, daß wir alle Tage Christabend haben. Dafür wird uns auch nicht immer, wenigstens nicht immer das Beste, bescheert, und wie oft geht das Herz leer aus, wenn den Sinnen gehuldigt worden! Aller­ dings wird uns nicht selten auch im profanen Leben eine ungeahnte Erhe­ bung, eine Erquickung reinerer Art zu Thcil, aber um das zu erfassen und uns eigen zu machen, müssen wir einen gewissen sechsten Sinn mit­ bringen, die gewöhnlichen fünf sind meistens zu stumpf dazu. Wie aber sollen wir es z. N . mit so viele» Waben der Kunst halten, die, die Sinne birauschcnd, auch den Geist in eine süße Trunkenheit versetze», die mit den Reizen der Erde himmlischen Zauber vermählend, sensualistische Schwelge­ rei und überirdische Verzückung zugleich? Alle Kunst trägt ein hehres ja ein unmittelbar göttliches Moment in sich, daher ihre Wirkungen weit über de» Alltagserscheinungen, ihr Cultus weit über dem Sorgen und Schaffen des gemeinen Lebens. Laßt uns daher eine Nescheerung der Kunst, wie z. B . unser heuriges großes Musilfest, als eine wahrhaft inprofane Feier, als ein Fest