Predigten, gehalten von D-omas Fwbricß, Dompredl'ger in Laibach. Nach seinem Tode heran sg eg eben. Lweitrr Weil. Festtags- und Fastenpredlgtcn. LEach, Gedruckt bei Joseph Blaönik. 1^33. und zu hadcn bci Adam Hrnirich Hohn, am alkcn Markt. Nro. t >7. Am Feste der unbefleckten Empsangniß Maria. »Jakob aber zeugte Joseph, den Mann Mariens, von welcher Jesus geboren war, der Christus genannt wird.« Matth, i, r6. E i ll g a n g. ^as heutige Fest — der Verehrung Mariens der Mutter un- serS göttlichen Erlösers geweiht, gibt uns abermahls Gelegenheit ihre Vorzüge zu bewundern, und ihre nachahmungswürdigen Lu¬ genden uns zu vergegenwärtigen. Es erinnert uns nämlich das heutige Fest an die erhabene Bestimmung, für welche die seligste Jungirau von Gott selbst auserkoren war, da sie einst Mutter des Welterlösers, mithin eine Wohnung nicht für Menschen, son¬ dern für den Herrn Himmels und der Erde werden sollte, gleich¬ wie der erste Tempel zu Jerusalem nicht eine Wohnung für Men¬ schen, wie David sich ausdrückte, sondern für den Herrn der Schöpfung war. — Ein erhabenes, grosses Werk war allerdings der Tempel zu Jerusalem, David sparte keine Kosten, keinen Auf¬ wand um dieses grosse Werk noch bei seinen Lebzeiten zu Stande zu bringen, um das hohe Glück genießen zu können, dem Herrn der Schöpfung in einem ihm besonders errichteten und geweihten Hause sein Dankopfer zu bringen. Aber er wurde dieses Glückes nicht gewürdiget, denn Gott wollte aus seinen Händen, die sich mit beständigen Kriegen und Blutvergiessen beschäftigen mußten, kem Opser in einem ihm geweihten Hause. Diese Gnade wurde erst seinem Thronfolger dem Salomo zu Theile. — Wahrlich eine große Gnade! Aber ungleich grösser noch war jene die der selig¬ sten Jungfrau Maria zu Theil wurde. Denn sie war selbst zu einem lebendigen Tempel Gottes bestimmt, und zwar nicht von 1 » » » » « « « « 2 David oder Salomo's Zeiten her, sondern seit dem Falle des ersten Menschen, oder vielmehr von Ewigkeit. Darum wenn je¬ ner todte, von Menschenhänden erbaute Tempel so prachtvoll auf¬ geführt werden mußte, — wie herrlich mußte nicht der lebendige gleichsam von Gott selbst gebildete Tempel, d. i. wie erhaben und rein mußte nicht Maria seyn, in derem Leibe Gott selbst, und nicht bildlich wie im Tempel zu Jerusalem, sondern in Wirklich¬ keit wohnen sollte. Darum geht auch die fromme Meinung der Kirche, die sie durch das heutige Fest an den Tag legt, dahin, daß Gott die Schätze seiner Allmacht, Weisheit und Güte an Maria seiner Mutter auf eine außerordentliche Art geoffenbarct habe, und sie rein und sündenfrei empfangen werden ließ; so wie er sie durch ihr ganzes Leben hindurch durch besondere Gnaden und Vorzüge vor den übrigen Sterblichen auszeichnete. Indessen dürfen wir doch nicht glauben daß in Maria Alles nur die Gnade des Herrn allein gewirkt habe; nein sie selbst wirkte mit der Gnade eifrig mit, und darum war und blieb sie von dem ersten Augenblicke ihres Lebens, bis zum letzten rein, unschuldig und Gott wohlgefällig. Die Mittel aber, wodurch Hie rein, unschul¬ dig und gottwohlgefällig wurde und blieb, waren nebst der überna¬ türlichen Gnade Gottes, eine gottesfürchtige Erziehung, Umgang mit frommen und Meldung böser Menschen, lebendiger Glaube an Gottes Wort, und tiefe Demuth. Die Wirksamkeit dieser Mittel wollen wir denn heute auch kennen lernen, um sie zu un¬ serem Seelenheile desto lieber und eifriger anzuwenden. Vernehmen Sie mich mit geneigter Aufmerksamkeit. Erster Theil. Daß Gott die seligste Jungfrau Maria, die er sich zu sei¬ ner Mutter auserkoren, mit außerordentlichen Gnaden über¬ strömte, die er andern Heiligen nicht zu Theil werden ließ, — daran können wir wohl nicht zweifeln, meine Lieben! Aber wenn sich auch an Maria, die Allmacht, Güte und Weisheit des Schöp¬ fers, die Fülle einer Gnaden kräftiger geoffenbarct hat, wenn auch wie der h. Augustin sagt und die Kirche lehrt, ihr ganzer Lebenswandel frei von jedem Sündenmackel war, während selbst die größten Heiligen immer Ursache hatten täglich zu bethen: Vergieb uns unsere Schulden, — wenn also auch den Lebens- wandel der seligsten Jungfrau kein Schatten einer Sünde ver¬ dunkelte : so dürfen wir doch, wie der nämliche Kirchenlehrer Au¬ gustin bemerkt, nicht glauben, daß die Möglichkeit zu sündigen in Maria aufgehoben, oder daß nur die Gnade Gottes allein in ihr gewirkt habe. — Die Gnade wirkte zwar in ihr kräftiger, aber sie wirkte auch mit der Gnade eifriger, — sie versäumte kein Mittel um ihre Unschuld unbefleckt zu erhalten, und sich vor jedem Scheine der Sünde zu bewahren- Unter diesen Mitteln war das Erste: eine gottesfürchtige Erziehung von Seite ihrer Aeltern, und tiefe Ehrfurcht und wil¬ liger Gehorsam gegen die Aeltern von Seite Mariens. Maria hatte das Glück von frommen tugendhaften Aeltern erzogen zu werden, die alle mögliche Sorgfalt trugen, jede Gefahr, die der Unschuld ihres Kindes hätte drohen können, zu entfernen, in der Tochter Gottesfurcht und warme Vorliebe für das Gute, — für die Tugend zu erzeugen, zu beleben und zu nähren. Darum sprachen sie oft und gerne mit ihr, so wie die Patriarchen im Kreise ihrer Familie zu thun pflegten, von Gott, von seinem h. Gesetze, seinen grossen liebevollen Verheißungen, und von den se¬ ligen Aussichten des Tugendhaften. Der fromme Vater Joachim verband immer mit seinen Lehren sein eigenes Beispiel, und war so ein lebendiges Muster der Lugend vor den Augen der Tochter, und die fromme Mutter Anna war mit gleichem Eifer darauf be¬ dacht, durch Wort und Lhat, gute, heilige Gesinnungen, und edle Gefühle in die Seele der Tochter zu pflanzen, und so wurde schon in der ersten Erziehung in der frühesten Kindheit in ihr der Grund gelegt zu einer stets rein erhaltenen Unschuld und Tugend. Christliche Aeltern! denken sie oft an den frommen Joachim und die gottesfürchtige Anna, um nach deren Beispiele ihre ihnen von Gott anvertrauten Kinder auch für den Himmel, und nicht für die Welt zu erziehen, und fangen sie dieses große Geschäft in dem frühesten Alter der Kinder an; nicht dann erst, wenn die über Hand nehmende Sinnlichkeit die Vernunft zu beherrschen an¬ fängt, und den guten Samen göttlicher Wahrheiten in dem durch Leidenschaften verwildeten Herzen nicht mehr Wurzel fassen kann, sondern ersticken muß. Nein das heilige Geschäft einer christlichen Erziehung muß auch das erste und früheste seyn, denn die Seelen der Kinder gleichen dem weichen Wachse, dem jede Form leicht eingedrückt wird, eine schöne, wie eine häßliche. Es 1 * »» »r- 4 kommt aber viel, ja alles darauf an, welche Form man zuerst in das Herz des Kindes eindrückt, die häßliche Form des Lasters, oder die schone Form der Tugend, die eine wie die andere ist dann gewöhnlich bleibend für das ganze Leben, gleichwie die Form in dem verhärteten Wachse bleibend ist. Welche Aeltcrn wün¬ schen aber nicht lieber daß ihre Kinder wohlgerathen, daß sie in ihrem Herzen, wie in ihrem Gesichte den Abdruck der Unschuld und Tugend lesen möchten, als daß die Kinder verdorben, und zeitlich und ewig unglücklich würden. Nun denn, so geben Sie der aufzukeimenden Pflanze einen guten Boden, pflegen, biegen und beschneiden Sie das junge Bäumchen im ersten Wachsthnme, damit es zu Ihrer Freude empor wachsen, und einst gute Früchte bringen möge. — Geben Sie den Kindern einen guten Boden, d. i. fangen Sie die Erziehung mit den Lehren von Gott und seinen Eigenschaften an, erwärmen Sie ihr Zartgefühl mit den wvhlthätigen Wahrheiten der Religion, schildern sic ihnen recht oft und recht lebhaft den grossen Werth der Unschuld und Rei- nigkeit des Leibes und der Seele, im Gegentheile aber das grosse liebel der Sünde; mahlen Sie ihnen einerseits die schädlichen und schrecklichen Folgen des Lasters, andererseits die schönen und beseligenden Früchte der Tugend. Begießen sie diese Lehren mit dem befruchtenden Wasser des fremden, und noch mehr des eige¬ nen Beispieles, denn dieses wirket mehr als jedes andere Zucht- mittel zur Beförderung des Wachsthumes in der Lugend. Biegen Sie dann die schiefen Neigungen, die verkehrten Richtungen der Jugend zum Guten hin, und beschneiden Sie selbst die kleinsten unbedeutendsten Unarten und Fehler derselben, nach den Grund¬ sätzen des Christenthumes mit sorgsamer Hand und liebenden Herzen, aber ohne jener Schonung und Nachsicht, die, wenn sie nicht zu rechter Zeit eintritt, nur Ungeborsam, Widerspänstigkeit und den unmerklichen Ueberrritt von kleinern Fehltritten zu grössten zur Folge hat. Haben Sie auf diese Art den Grund zur Gottes¬ furcht in den Herzen der Kinder gelegt, so ist schon viel, sehr viel für die Erhaltung der Unschuld gewonnen, aber doch nicht Alles noch, denn was Aeltern durch Wort und Beispiel mühsam gepflanzt und zum Wachsthume befördert haben, das können böse Beispiele und Verführung ausreißen und vorderen machen. Darum ist ein zweites Mittel die Kinder gut und unschuldig zu erhalten: Die gänzliche Entfernung von bösen verdorbenen Menschen. Auch «-«« 5 « « « dieses Tugendmittel lernen wir von Maria der seligsten Jungfrau. Sie hatte in ihrer zarten Jugend keinen andern Umgang als de» mit frommen tugendhaften Menschen, mit ihren gottesfürchtigen Verwandten und Aeltern, Vie, wie wir wissen über ihre Unschuld sorgfältig gewacht, und alles hintangehalten haben, was dersel¬ ben hätte Gefahr bringen können. Ohnehin war aber Maria schon in ihren ersten Lebensjahren dem Herrn geweiht, und diesem heiligen Gelübde gemäß mied sie auch den Umgang mit der Welt auf das sorgfältigste, und in der Folgezeit als sie durch göttli¬ chen Beruf dem Joseph verlobt wurde, lebte sie nicht minder in stiller Einsamkeit und Vergessenheit, und genoß nur den Umgang jenes h. Mannes, des Joseph nämlich, dem das Evangelium selbst das Zeugnis gibt, daß er ein gerechter und tugendhafter Mann war; der ihr zu ihrem Schuhe beigesellt wurde, in dessen Gesell¬ schaft sich ihre Unschuld und Tugend desto gewisser rein und un¬ verletzt erhalten konnte. Auch ist leicht einzusehen, daß ihre Lu¬ gend zur Zeit, da ihr göttliches Kind heranwuchs, einen immer sichern Grad von Vollkommenheit müssen erreicht haben, weil sie an demselben das vollkommenste Muster der Heiligkeit vor sich hatte, und aus dem Munde der göttlichen Weisheit selbst, nur erhabene himmlische Wahrheiten hören konnte. So lebte also die seligste Jungfrau von Kindheit an, immer nur unter gottesfürch¬ tigen Menschen, unter Mustern der Vollkommenheit und Heiligkeit. Wie sehr wäre zu wünschen, meine Lieben! das auch die Kinder christlicher Aeltern nur unter gottesfürchtigen und from¬ men Menschen leben und aufwachsen möchten! wie sehr wäre die¬ ses lelbst für Erwachsene zu wünschen! Freilich kann dieß beider grossen Ueberzahl der Bösen nicht immer und nicht allzeit so ge¬ schehen, wie es geschehen sollte; aber wenigstens könnte man die Gefahren tue von Seite der Lasterhaften drohen vermindern, durch Entfernung und Vermeidung jedes unnöthigen Umganges mit ihnen. Ich habe sie bereits auf die Gefahren des unnöthigen Umganges mit verdorbenen Menschen bei einer andern Gelegenheit aufmerk- lam gemacht, und wiedcrhohle hier nur in Kürze, daß diese Ge¬ fahren für die Jugend noch ungleich grösser sind, als für die Er¬ wachsenen. Denn bei der Jugend ist der Nachahmungstrieb stär¬ ker, die Kraft des bösen Beispieles hinreißender, und der ange - borne Hang zum Bösen erhöht den Reiz des Lasters im Um gange mit seinen Genossen, so mächtig, daß oft alle Eegengründ - 6 der Vernunft und Religion fruchtlos sind, und wenn man noch annimmt, was auch gewöhnlich geschieht, daß lasterhafte Men¬ schen außer ihren bösen Beispielen auch ihre sonstigen Verführungs¬ kiinste brauchen, -— dann muß Gottes Gnade ganz außerordent¬ lich über eine Unschuld wachen, daß sie in Gesellschaft der Gott¬ losen nicht verführt wird, und scheiterr. Darum sagt auch der h. Geist durch den Mund des königlichen Propheten: Mit dem Heiligen wirst du heilig, mit dem Unschuldigen unschuldig, mit Verkehrten und Gottlosen aber verkehrt und gottlos. — Ein an¬ deres wirksames Mittel gut und tugendhaft zu werden und zu bleiben ist: ein lebendiger fester Glaube an Gottes Wort. Und einen solchen Glauben besaß die seligste Jungfrau. Das Wort Gottes war es, welches ihr stets und überall vor der Seele schwebte, das sie oft und gerne in ihrem Herzen erwog. Auf Alles war sie aufmerksam, was Gott mit ihr verfügte, oder vor ihren Augen geschehen ließ. Als sie.Jesus, das göttliche Kind geboren hatte, und eine Freude empfand die unaussprechlich war, weil sie an die himmlische gränzte, — als die frommen Hirten kamen, und vom heiligen Schauer durchbebt um die Krippe des Heilandes herumknieten, als die Weisen aus dem Morgenlande ihre Geschenke dem Schöpfer Himmels und der Erde darbrachten, und ihn in tiefester Demuth anbetheten — als sie selbst dann das göttliche Kind in den Tempel brachte, die Freude des heili¬ gen Greises Simeon sah, und seine prophetischen Worte vernahm, so behielt sie wie der h. Evangelist Lukas sagt Alles dieses in ihrem Herzen, dachte darüber nach, und ihr Vertrauen auf Gott, ihr Glaube wuchs mehr und mehr. Je lebhafter aber ihr Glaube war, desto feuriger wurde auch ihre Liebe zu Gott, und je feu¬ riger diese war, desto mehr strebte sie ihm zu gefallen, und alles zu thun, was fein h. Wille erheischte. — ^>as Nämliche würden wir auch thun meine Lieben, wenn unser Glaube an Gottes Wort lebendiger wäre; wenn wir dasselbe so gerne anhörten wie Maria, so ejfrig es erwägen und im Herzen behalten wollten, wie sie, und uns desselben zur Zeit der Versuchung lebhaft erinnerten.—> Denn was kann den Menschen, wenn ihn die Lust zur Sünde anwandelt, mächtiger von derselben abschrecken, als eine lebhafte Vorstellung der Glaubenswahrheiten, besonders jener, daß Gott als der Heiligste die Sünde verabscheuet, als der Allwissende je¬ den geheimsten Gedanken kennt, als der Höchstgerechte das Böse « « « « gewiß bestraft. — Und was kann den Menschen auf dem Wege der Lugend kräftiger erhalten, als gerade auch die Ueberzeuguug daß derselbe höchstheilige, gerechte, allwissende und allmächtige Gatt, den Tugendhaften mir seiner Gnade unterstütze, seine Be¬ schwerden und Opfer kenne, und als treuer Vergelter jede gute Absicht dereinst belohnen werde. — Der Gerechte sagt der h. Apostel Paulus lebt durch den Glauben d. i. er nimmt von den Wahrheiten des Glaubens die kräftigsten Beweggründe her, um das Leben der Seele — nämlich die Gnade Gottes, seine Un¬ schuld und Tugend zu erhalten, und um den Lod der Seele — die Sünde nämlich zu verabscheuen und zu fliehen. Endlich ist eines der kräftigsten Mittel rein und tugendhaft zu werden und zu bleiben, die — Demuth. Diese war es die Ma¬ ria im höchsten Grade befaß. Je mehr sie Gott vor Andern mit ausnehmenden Vorzügen und Gnaden auszeichnete, je grösser die Würde war, zu der er sie erhob, desto mehr erniedrigte sie sich vor Seiner, desto lebhafter war sie überzeugt, daß Alles was von Oben kommt, nur unverdiente Gnade sey. Und gerade diese tiefe Demuth war es, die dem Allerhöchsten gesiehl. Sie selbst bekennt dieses in ihrem Lobgesange, der Herr sagt sie, hat auf die Demuth seiner Magd mit Wohlgefallen gesehen. — So sollen auch wir uns dcmüthigen vor dem Herrn, wenn wir ihm gefallen wollen, und wir werden uns auch demüthigen, wenn wir nur es einsehen wollen, daß wir bei dem grossen Hange zum Bösen, bei so vielen Gefahren und Versuchungen, bei so grossen Reizen des Lasters unmöglich gut werden und gut bleiben können, wenn uns die Gnade Gottes nicht fortwährend unterstützte. Die aber das nicht ein- sehcn wollen, die Alles Gute was sie an sich zu haben glauben, nur sich selbst und ihrem Verdienste zufchreiben, — diese dürfen auch nicht Anspruch machen auf den Beistand des Herrn; denn Gott widersteht den Hoffärtigen, sagt der h. Jakob, und nur den Demüthigen gibt er seine Gnade. — Demnach haben wir also die Mittel kennen gelernt, gut und tugendhaft zu werden und zu verbleiben. Sie sind: eine gottesfürchtige Erziehung, Vermeidung böser Gesellschaften, fester Glaube an Gottes Wort, und tiefe Demuth vor ihm dem Allerhöchsten. Diese Mittel hat Maria, wie wir gehört, in Vereinigung mit der Gnade Gottes in ihrer Unschuld und Lugend, und in dem Wohlgefallen Gottes erhalten. -- v » K 3 «>— er hat den Glanz seiner Gottheit unter eine schwache sterbli¬ che Hülle verborgen, hat sich einen halbzerfallencn Stall zur Wohnung, eine elende Krippe zur Ruhestätte gewählt. — Anbe- thungswürdigcs Geheimnis! — Die Himmel sind sein Thron, sein Fußschemel ist die Erde, alle Weltreiche hat er gegründet, Zepter und Kronen theilet er aus nach seinem unumschränkten Willen, die Eingeweide der Erde, die Abgründe des Meeres er¬ füllet er mit reichlichen Schaßen, bei ihm stand es, sich eine sei- II ncr Majestät würdige Wohnung zu wählen, eine zahlreiche Die¬ nerschaft um seine Wiege zu versammeln, — bei im stand es, aber er that es nicht, weil er nicht kam, die Begierde nach Reich- thum und Macht in den Herzen der Sterblichen anzusachen, son¬ dern auszulöschen. Und wahrlich, hier bei der Krippe des Welt¬ heilandes, hier muß die unersättliche Begierde nach Reichthum, -das thorichte Verlangen nach Ehre und Ansehen in seinem letzten Funken erstickt werden, und Genügsamkeit, Geduld, Selbftver- laugnung und Dcmuth an ihre Stelle treten. — Betrachtet ein¬ mahl den Zustand des göttlichen Kindes, ihr entweder arm Ge¬ boren, oder durch Unglücksfälle in Armuth Gerathenen, betrach¬ tet den Zustand des göttlichen Kindes, und saget, ob sich je um die Wiege eines Sterblichen die Armuth empfindsamer gelagert hat? — und wenn ihr das Gegentheil eingestehen müsset, kön¬ net ihr wohl vor der Krippe euers Heilandes das Herz haben, euch über euer hartes Schicksal ungeduldig zu beklagen, zu mur¬ ren über die weisen und väterlichen Fügungen Gottes? Scyd ihr wohl ärmer geboren, seyd ihr ärmer erzogen worden, und wer¬ det ihr wohl ärmer sterben, als euer Herr und Heiland? — O meine Lieben! uns war doch, wenn nicht irdische Güter, uns war doch wenigstens eine menschliche Wohnung bei unserer Ge¬ burt zum Antheile, — der Heiland aber ward gleich in der er¬ sten Stunde seiner Geburt aus dem Kreise der Menschen ausge¬ schlossen, — zu den Seinigen kam er, und die Seinigen nah¬ men ihn nicht auf, eine verächtliche dürftige Wohnung, einen halb zerfallenen Stall wiesen die Sterblichen demjenigen an, der aus Liebe zu ihnen die Herrlichkeit des himmlischen Vaters ver¬ laßen hatte, um sie in Knechtes Gestalt dem ewigen Verderben zu entreißen. Haltet darum ein mit ungeduldigen Klagen ihr, die ihr euch im harten Stande der Armuth befindet! denn gerade der dürftige, niedrige und verachtete Stand ist es, den der Sohn Gottes ge¬ wählt, den er gleich bei seinem Eintritte in die Welt an seiner fperson geheiliget, und ehrwürdig gemacht hat. — Je armer und dürftiger folglich der Christ ist, desto ähnlicher ist er auch Christo seinem göttlichen Herrn, wenn er nur auch von ihm geduldige Ertragung seiner Armuth, und willige Unterwerfung unter die Anordnungen Gottes lernet, wenn er nur auch von seinem Hei¬ lande lernet, daß es etwas Besseres noch gebe als Geld und Gut, und das dieses Bessere das Wohlgefallen Gottes scy. — Jesus der Aermste ist dennoch der größte Liebling des himmlischen Va¬ ters, weil er sich seinem h- Willen mit Bereitwilligkeit unter¬ wirft. So ist auch jeder gottergebene Arme dessen Liebling; ist er aber ein Liebling Gottes, wer ist dann reicher und glücklicher als er? — Doch auch euch, und euch um so mehr ihr Reichen und Angesehenen, ihr irdisch Gesinnten, Hochmüthigen und Weichli¬ chen , muß ich hinfiihren zur Krippe des Erlösers. — Nur dieses Mal, ich bitte euch, nur dieses Mal fürchtet den Anblick der Ar- muth nicht, nur dieses Mal wendet euer Antlitz nicht höhnisch ab, vor dem niedrigen Stande. — Tretet ein im Geiste in die unansehnliche Wohnung eines Gottmenschen; ihr werdet darum doch nichts Gemeines, nein nichts Gemeines, sondern nur etwas Geheimnisvolles, Unbegreifliches, Anbethungsiviirdiges sehen, sehen werdet ihr den Schöpfer der Welten, den König der Könige, die Freude der Engel, die Erwartung der Völker, den ^Erlöser der Welt — als ein schwaches unbehilfliches Kind, in dürftige Win¬ deln eingewickelt, in eine ärmliche Krippe gelagert. Betrachtet ihn wohl, es ist derselbe, der seine milde Hand öffnet, und alle le¬ benden Geschöpfe mit Segen erfüllt, derselbe, der den Donner ruft, um Libanons Zedern zu spalten, derselbe, der die Hügel anblickt, um sie zu schrecken, derselbe, der die Berge berührt, um sie rauchen zu machen, derselbe, der die schäumenden Meereswel¬ len am sandigen Ufer zerbricht, derselbe, der majestätisch auf Ge¬ witterwolken einherfährt, und dieser Allmächtige und Unendliche streckt jetzt seine kleine Hand nach Menschcnhilfe aus, weinet als Kind an der Brust der ärmsten Mutter, friert als Mensch auf dürftigem Strohlager, fühlet mit einem Worte alle menschlichen Bedürfnisse, trägt alle irdischen Mühseligkeiten, duldet alle Lei¬ den der Sterblichen. Und nun frage ich meine Lieben! können wir wohl, die wir so irdisch gesinnt, so hochmüthig und weichlich sind, können wir wohl als Christen, und folglich als Jünger Jesu hintretcn vor ihn, den Aermsten, Demüthigsten und Verlassensten, ohne in unserem Innersten beschämt zu werden? Wir suchen unsere Glückseligkeit größtenthcils im irdischen Tande, in vergänglichen Gütern, und beklagen uns über die weise Vorsehung, wenn sic unsere unmässige Begierde, unser thörichtes Verlangen nach die- 13 «««« sus 3a- rr- ist her nid Il¬ ses lr- sch Die Ml as en Die e e n- c- er ^el in l- e- he ls "s m i- ir ir >r n 'e !I ie sen Gütern, nicht immerund so wie wir's wünschen befriediget, — und gerade diese vergänglichen Güter sind es, die unser Herr und Heiland schon beim Eintritte in die Welt, so wie durch sein gan¬ zes Leben hindurch vollkommen entbehrt, gänzlich hintangesetzt hat, nm uns zu lehren, daß sie nur Scheingüter sind, daß alles Ir¬ dische, mag es auch in den Augen der Menschen noch so groß und herrlich erscheinen, durchaus nichts scy in den Augen Got¬ tes, vor welchen nur die Tugend und Heiligkeit einen wahren blei¬ benden Werth hat. — Um uns also bessere als irdische Gesin¬ nungen einzuflössen, ist der Heiland nicht im irdischen Glanze er¬ schienen, und nicht ein irdisches Reich wollte er stiften, sondern ein Reich wollte er gründen, in welchem nichts als Lugend und Heiligkeit herrschen sollte, und in dieses Reich will er uns alle einführen, wenn wir als seine wahren Schüler nicht nach dem, was hierunten, sondern was oben ist trachten, nach jenen Gütern nämlich, die weder Rost noch Motten verzehren, die uns kein Zufall rauben kann, — die ewig und unveränderlich sind. — Können wir uns ferner als Christen, als Jünger Jesu, ihm dem Demüthigsten nähern, ohne uns in uuserm Stolze und Hoch¬ muths, zu verachten, ohne zum beschämenden Lewußtseyn unseres Nichts im strengsten Sinne des Wortes zu gelangen, und dieses beschämende Bewußtstem unsers Nichts stets lebendig in uns zu erhalten? — wenn der Sohn des ewigen Vaters die erhabenste Majestät, — die höchste Weisheit und Heiligkeit, die unendliche Allmacht sich gleichsam vernichtet, wenn er seine Herrlichkeit, die er von Ewigkeit her besaß freiwillig ablegt, sich mit einer schwa¬ chen menschlichen Natur bekleidet, und arm, unansehnlich , ver¬ borgen und verachtet, gleich dem niedrigsten Knechte zur Erde steigt, um seinen Geschöpfen zu dienen, um für seine Geschöpfe Zu leiden und zu sterben: wie können wir uns bei unserer Ohn¬ macht und Hinfälligkeit, bei unfern zahllosen Verirrungen, bei unfern so häufigen Fehlern und Mängeln, einen Werth beilegen? wie kennen wir uns in einer eingebildeten Grösse, und in eitlen Vorzügen über Andere erheben, und verächtlich herabblickcn auf unsere Mitbrüder, die denselben Vater im Himmel haben, dessen eingeborner Sohn unser erhabenstes Vorbild, der Niedrigste und Geringste seyn wollte, um unsere thörichte und sündhafte Eigen- Iwbe zu beschämen und zu heilen? — Wie können wir endlich em weichliches Leben führen, — nach bloßem Siuncngenusse, nach » »>- >- 14 irdischen Freuden Haschen, wenn Jesus unser Herr und Heiland schon in der Stunde seiner Geburt, sich allem Ungemache, allen Widerwärtigkeiten und Leiden freiwillig, nur aus Liebe zu uns unterzieht, und mit bewunderungswürdiger Bereitwilligkeit selbst das ablehnt, was in seiner Lage das Unentbehrlichste seyn muß, — schützendes Obdach, wärmere Bedeckung und gastliche Pflege. — Za wohl, der kleine Heiland verdammt durch sein Beispiel schon m der Krippe unsere träge Weichlichkeit, unsere lasterhaf¬ ten Begierden und schändlichen Ausschweifungen; so gewiß er in seinem hohern Alter als öffentlicher Lehrer ungebesserte Reiche, Hoffärtige und Wohllüstlinge von dem Reiche Gottes ausge¬ schlossen, und nur den Armen, Demüthigen und Herzensreinen das Erbe des Himmels gesichert hat. — Ein dritter Umstand, der die Geburt Jesu Christi begleitete, und nicht minder unsere Aufmerksamkeit verdient, ist der: daß Gott die Ankunft seines Sohnes nicht den Grossen und Mächti¬ gen der Erde, sondern frommen, einfältigen Hirten verkündigen ließ. — Düstere Nacht hatte sich über die Gegend gelagert, über die bald die Sonne der göttlichen Barmherzigkeit aufgehen sollte, Tvdtenstille herrschte in der ruhenden Natur, die der Enthüllung des erhabensten Geheimnisses entgegen harrte, begraben in tätli¬ chem Sündenschlafe lagen die Weltmenschen nicht achtend das Heil ihrer unsterblichen Seele; aber einige fromme, einfältige Hirten wachten noch bei ihren Heerden auf offenem Felde, und siehe da! — plötzlich umstrahlte sie ein himmlischer Lichtglanz, hell wie der Tag wurde die Nacht, ein Engel des Herrn schwe¬ bet nieder zur Erde, und freundlich spricht er zu den Erschrocke¬ nen: Fürchtet euch nicht! — denn sehet, ich verkündige euch eine grosse Freude, die dem ganzen Volke zu Theil werden wird: Heute ist euch in der Stadt David's der Heiland geboren, wel¬ cher Christus der Herr ist, das soll euch zum Kennzeichen dienen: Ihr werdet ein Kind in Windeln gewickelt, uüd in der Krippe liegend finden. So sprach der Engel, und augenblicklich umgab ihn eine Schaar himmlischer Mächte, die Gott priesen und san¬ gen: Ehre sey Gott in der Höhe, und Friede den Menschen auf Erden, die eines guten Willens sind. Noch sangen die himmli¬ schen Geister ihr Loblied, als die vom h. Schrecken ergriffenen Hirten sich anfmachten, nach Bethlehem eilten und fanden, was ihnen der himmlische Bothe verkündet hatte, den Heiland dec » » »r> 15 Welt, — ein Kind in Windeln gewickelt, und liegend in einer ärmlichen Krippe. Anbethend warfen sie sich hin, vor die Krippe des göttlichen Kindes, und brachten ihm in ihrer Unschuld und Einfalt Geschenke zum Opfer dar, wie sie die Armuth hat, wie sie die Armuth geben kann, aber der Heiland nimmt sie wohlgefäl¬ lig an, denn es sind Geschenke der Unschuld und feurigsten Liebe. Sehen Sie, meine Lieben! so sind die Frommen und De- müthigen, die Armen am Geiste, bei Gott unendlich mehr in Gnaden, als die selbstsüchtigen Weisen, die ruhmgierigen Grossen und Mächtigen der Erde. Denn bei Gott gilt kein Ansehen der Person, er sieht nicht auf irdische Grösse, auf weltliche Macht und menschliche Weisheit, nein, er der Heiligste der die Herzen und Nieren durchforschet, und jedem nach seinen Werken vergilt, — er sieht nur auf heilige Gesinnungen, auf Reinheit des Her¬ zens; darum wählt er das Kleine und Unansehnliche, um das Grosse und Mächtige zu beschämen, darum hat er sich durch sei¬ nen Engel zuerst einfältigen niedrigen Hirten verkündet, diese hat er zuerst um die Wiege seines Menschgewvrdenen Sohnes versam¬ melt, einfältige aber fromme Hirten hat der kleine Heiland zu¬ erst gnadenvoll angeblickt, und im himmlischen Frieden entlassen.— So haben wir denn das erhabenste Geschenk der Liebe unsers Gottes — seinen Menschgewordenen Sohn unfern Heiland in der Krippe betrachtet; mochte doch diese Betrachtung die erwünsch¬ ten Früchte bringen, nämlich fromme, demüthige, gottergebene Gesinnungen und feste Entschlüsse einer ernstlichen Besserung in uns erzeugen! Damit uns der kleine Heiland auch am Lage des Gerichtes, wo er in seiner furchtbaren Grösse und Majestät, von allen Engeln und Auserwählten umgeben kommen wird, die Gu¬ ten von den Bösen zu scheiden, und Böse zu richten, — damit er uns dann nicht ewig von sich stosse, sondern als die Seinigen erkenne, und in sein ewiges Reich aufnehme. Das ist es meine Lieben, was ich Ihnen aus dem Grunde des Herzens allezeit, um so mehr aber an dem heutigen Lage wüniche, an welchem cs Gott gefallen hat, mich in diesem seinem Hause das letzte Mal sein h. Wort verkünden zu lassen. — Zhm dem Vater des Lichtes, von dem jede gute Gabe kommt, bringe ich auch heute den innigsten Dank für alle Gaben seines h. Gei¬ stes, die er mir feinem unwürdigen Diener bei Verkündigung stiner Lehre zu Lheil werden ließ. — Zhm allein gebührt Lob » » » » 16 rind Ehre in Ewigkeit. Kurz war zwar die Zeit meiner hieror- tigen geistigen Aussaat, schwach und unansehnlich, gleich einem Senfkörnlein, der ausgestreute Same — aber der Herr, der aus Steinen Kinder Abrahams zu bilden vermag, er hat, o diese tröstliche Hoffnung soll mir Niemand rauben können, er hat es auch gewiß so geleitet, baß selbst dieser schwache unbe¬ deutende Same, doch auf manches gute Erdreich gefallen ist, wo es nach der Versicherung seines eigenen Sohnes Jesu Christi, auch hundertfältige Früchte für die Ewigkeit bringen wird. Amen. Am Feste des h. Märtyrers Stephan. »Ihr Hartnäckigen und Unbeschnittcncn an Herz und Obren! Im¬ mer widerstrebet ihr dem h. Geiste, wie eure Väter.« Apostclg. 7, 5i. Eingang. §benn die Führungen Gottes aus den Schickfalen aller Völker des Erdbodens, mehr oder weniger hervvrleuchten, so sind sie vorzüglich in der Geschichte des jüdischen Volkes, so in die Au¬ gen springend, daß man bei Lesung derselben fast auf den Gedanken verfallen möchte: Gottes gütige Vorsehung habe alle übrigen Ge¬ schlechter der Erde vergessen, um ihre ganze Vatersorge auf die Nachkömmlinge Abrahams auszudehncn. Denn von dem Stamm¬ vater Abraham an, bis auf Christus, führt beinahe jedes Blatt der h. Schriften des alten Bundes, ganz besondere Gnaden an, die Gott diesem Volke erwiesen, so, daß man gestehen muß, er habe es wirklich von der Wiege an, gleich einem liebevollen Vater gepflegt und gleichsam auf den Armen getragen. — Indessen lie¬ fert uns aber auch die Geschichte des nämlichen Volkes eben so viele Beweise der größten Undankbarkeit gegen Gott seinen besten Vater und Wohlthäter. Allen, selbst den größten Lastern war es ergeben, unter denen aber keines häßlicher und strafwürdiger war, als die Widerfpänstigkeit gegen Gott und seine weisen Füh¬ rungen. Das sehen wir unter andern auch aus dem frcimüthigen »»»» 17 Vorwürfe, den der h. Stephan, dessen martervollen Tod wir heute gcdächtnißweise feiern, den Juden machte, und zwar bei Gelegen¬ heit, als sie wider ihn erbittert, ihn vor die Rathsversammlung zogen, und der Gotteslästerung beschuldigten. Stephan verthei- digte zuerst seine Unschuld, und hielt dann vom h. Geiste ent¬ flammt, eine eingreifende Rede an seine erbitterten Landesleute, in welcher er ihnen alle Führungen und Wohlthaten Gottes deren sie sich erfreuten von Abraham an, in das Gedächtniß rief, und zuletzt mit diesem freimüthigen Vorwürfe schloß: Ihr Hartnäcki¬ gen und Unbeschnittenen an Herz und Ohren.' — immer wider¬ strebet ihr dem h. Geiste, wie eure Väter. Dieser scharfe Vor¬ wurf brachte die Juden so auf, daß sie vor Wuth schäumend, und mit den Zähnen knirschend den h- Stephan ergriffen, zur Stadt hinausschlepptcn, und zu Tode steinigten. Er aber fiel auf seine Knie nieder, bethete zu Gott für seine Mörder, und gab verzückt in die Herrlichkeit Gottes, die er im Augenblicke des Hinscheidens zu sehen gewürdiget wurde, seinen reinen Geist auf in die Hände seines Schöpfers, als erster Märtyrer und Blutzeuge Christi.— Ich bleibe heute bei der freimüthigen Aeußerung, die dieser erste gemordete Glaubcnsheld seinen Landesleuten machte, und sage: daß man mit gleichem Rechte auch vielen Christen denselben Vor¬ wurf machen könnte, den Stephan den Juden machte, daß sie nämlich dem h. Geiste oder, was das nämliche ist, der Gnade Gottes hartnäckig widerstreben. Leider wissen es die Meisten nicht, oder wollen es nicht wissen: wie groß und strafwürdig dieses La¬ ster sey, — ich will die Grösse und Strafwürdigkeit der Wider¬ setzlichkeit gegen den h. Geist oder die Gnade Gottes in etwas begreiflich zu machen suchen, wobei ich mich wie allzeit ihrer willi¬ gen Aufmerksamkeit vertröste. Abhandlung. Je nothwendiger ein Gut ist, das man uns anbiethet, desto sträflicher sind wir, wenn wir selbes ausfchlagen, und je gütiger der ist, der uns mit diesem Gute beglücken will, desto mehr fin¬ det er sich beleidiget, wenn wir es verwerfen. Was ist aber nothwendiger und kostbarer für uns, die wir, wie der Apostel lagt, mit Furcht und Zittern an unserm ewigen Heile arbeiten, was ist nothwendiger und kostbarer für uns als die Gnade Got- 2 »»»» 18 tcs, ohne welcher wir nichts sind, und nichts vermögen? Und wer ist gnädiger gegen uns schwache sündhafte Geschöpfe als Gott, der uns seine Gnade ohne daß wir selbe verdienen, an- biethet? — Daraus ergibt sich von selbst die Grösse der Be¬ leidigung, die wir Gott zufügcn, wenn wir seiner Gnade hart¬ näckig widerstreben, — so wie die Strafwürdigkeit dieses Wider¬ strebens. Daß uns aber Gottes Gnade unumgänglich nothwen- dig ist, wenn wir mit gutem Erfolge an unserm Heilgeschäste arbeiten wollen, — das sagt uns dec Sohn Gottes selbst, der uns diese Gnade erwarb, der uns das Licht des Glaubens auf¬ gehen ließ: Niemand kann zu mir kommen, sagt er, der nicht von meinem Vater gezogen wird: d. h. Niemand kann an Jc- sum Christum glauben, wenn Gott ihm nicht seine Gnade hierzu ertheilt; und all unser Vermögen kommt von Gott, sagt der Apostel. Die Gnade Gottes ist nämlich jener übernatürliche Bei¬ stand, der unsere Schwachheit und unser Unvermögen im Guten unterstützt, so daß wir dasselbe nicht nur wollen, sondern auch vollbringen können, und wie das? Die Gnade, sagt der h. Au¬ gustin, erleuchtet unsern Verstand, und lehret uns was wir nicht wußten, und dann rührt sie unser Herz, und macht daß wir lie¬ ben was uns unangenehm war. Unsern Verstand erleuchtet die Gnade Gottes auf mannigfaltige Weise, vorzüglich aber durch das Licht des Glaubens, Mittelst welchen wir Gott, seine Eigenschaf¬ ten, seinen h. Willen, und somit unsere Pflichten gegen ihn, ge¬ gen uns selbst und unsere Mitmenschen kennen lernen, so wie die Mittel, diese Pflichten bei allen Hindernissen, die uns im Wege stehen, getreu erfüllen zu können. Die Gnade Gottes wirkt aber auch auf unser Herz und auf unsern Willen, so daß wir das Gute nicht nur erkennen, sondern auch wollen und ausüben. Wenn wir uns z. B. von irgend ei¬ ner göttlichen Wahrheit getroffen und gerührt fühlen, wenn wir durch irgend eine äußere oder innere Veranlassung aus unserm Sündenschlafe geweckt werden, wenn wir in der Gefahr zu sün¬ digen von einer inncrn Stimme gewarnet, und gleichsam durch eine unsichtbare Kraft abgezogen werden, von dem, was unser Gewissen mißbilliget, wenn das Verlangen in uns rege wird zum himmlischen Vater, von dem wir uns durch die Sünde entfernet, zurückzukchren, oder wenn unsere Seele nach dem himmlischen Brode, nach dem Worte Gottes, nach dem Genüsse des h. Abend- »»»» 19 «««« mahles sich sehnet, oder wenn wir uns im Unglücke und Leiden wunderbar beruhiget und gestärkt fühlen: so sind jene heiligen Rührungen, jene heilsamen Antriebe, jene mächtigen Stärkungen, Wirkungen der Gnade Gottes, sie hilft uns selbst, wenn wir ihr Gehör geben wollen, daß wir das vollziehen, was sie, oder viel¬ mehr was der Wille Gottes von uns erheischt. So führt also die Gnade Gottes den Sünder auf den verlassenen Weg der Tu¬ gend zurück, und dem Gerechten verleiht sie Beharrlichkeit im Guten, hiemit hilft sie beiden zu dem grossen Ziele der Glückse¬ ligkeit zu gelangen. Aber, obschon die Gnade Gottes so unumgänglich nothwen- dig ist, damit der Mensch sein letztes Ziel glücklich erreiche, ob¬ schon sie ihm Gott aus bloßer Liebe anbiethet, um ihn einst an seiner Seligkeit Theil nehmen zu lassen: so ist doch oft der Mensch so undankbar gegen Gott, so gleichgültig gegen sein eigenes Wohl, daß er diese unentbehrliche und unverdiente Gabe verachtet, vor dem göttlichen Lichte seine Augen verschließt, und alle h. Regun¬ gen des h. Geistes in seinem Herzen erstickt. Der Mensch, dieser Erdwurm, sagt der h. Bernhard, würdiget sich nicht dem Rufe des Schöpfers Gehör zu geben, er will lieber im Schlamme der Sünde zu Grunde gehen, er zieht die Knechtschaft des Satans der glückseligen Freiheit der Kinder Gottes vor. — And wirklich, wie viele erhabene Wahrheiten, wie viele erschütternde und von der Sünde abschreckende Beispiele, wie viele mächtige Beweggründe und Mittel zum Guten, hat Mancher schon von dieser oder jener christlichen Lehrkanzel vernommen, aber der Same des göttlichen Wortes fiel auf dürres Erdreich,— der Starrsinnige blieb höch¬ stens ein kalter und müssiger Hörer des göttlichen Wortes, auf seinen Verstand, auf seinen Willen machte es keinen Eindruck,—> er verließ die h. Stätte, wo ihm das Brod des geistigen Lebens gebrochen wurde, mit denselben verdorbenen Gesinnungen, mit demselben störrigen Willen, den er vor und ehe gezeigt. Heißt das nicht dem h. Geiste, oder der Gnade Gottes widerstreben? -- Wie mancher wurde im Beichtstühle von dem eifrigen See¬ lenarzte durch das göttliche Wort bald liebreich belehrt, bald vä¬ terlich ermahnt, bald heilsam erschüttert, bald wohlthätig getrö¬ stet und gestärkt, und auf den Weg des Lebens zurückgernfen. Allein der gute, Seelenarzt mag sich wie immer bemühet haben, ihm die Binde von den Augen zu reißen, die traurigen leiblichen v » » » 20 <4 « « « und geistigen Folgen der Seele, begreiflich zu machen, ihm das Herz zu rühren, Mittel zur Besserung an die Hand zu geben, und ihn durch die grossen liebevollen Verheißungen Gottes für die Tugend empfänglich zu machen, — vergebens, er kehrt zum alten Leben zurück, und rennt mit Tausend Andern seines Glei¬ chen auf der breiten Strasse des Lasters fort. Heißt das nicht dem h. Geiste der Gnade Gottes hartnäckig widerstreben? Manchem nähert sich Gott durch leibliche Wohlthaten seiner Güte, um ihn zu gewinnen. Er entreißt ihn hier einem grossen Unglücke, das ihm drohete, laßt ihn dort gute Menschen, treue, Freunde finden, hier ein wichtiges Unternehmen glücklich zu Stande bringen, dort sich seinen Wohlstand bessern und vermehren, da¬ mit er so auf ihn als den Geber alles Guten aufmerksam wer¬ den, und ihm mit dankbaren und demüthigen Herzen dienen, und die empfangenen Wohltaten zu seinem, und zum Wohle Anderer anwenden sollte. — Aber nein, er kennt und will ihn nicht ken¬ nen den Geber alles Guten, sein Herz hängt sich wohl an das Irdische, aber zum Himmlischen und Ewigen erhebt es sich nicht; der Schleier, den die Eigenliebe seinem Geiste vorhält, ist zu dicht, als daß er sehen könnte, daß er alles was er hat, empfangen, und nichts aus sich selbst habe, und daß er es zu einem hohem Zwecke, zur Erreichung seiner ewigen Bestimmung, und nicht bloß zum sinnlichen Genüsse empfangen habe. So bleibt er bei den größten Wohlthaten Gottes ungerührt und undankbar, wie die Israeliten in der Wüste. Diese erfuhren doch die Vatergüte auf eine sichtbare Art, Gott entriß sie durch grosse Wunder seiner Allmacht der egyptischen Sklaverei, führte sie trockenen Fusses durch das rothe Meer, speiste sie in einer dürren Ungeheuern Wüste durch volle 40 Jahre mit Manna vom Himmel, ließ ihnen aus kahlen Felsen trinkbares Wasser fließen, kleidete sie mit nicht zerreißbarcr, und nicht alternder Kleidung, schützte sie vor giftigen Schlangen, wilden Raubthieren und feindseligen Menschen, und gab ihnen jede neue Stunde neue Beweise sei¬ ner väterlichen Sogfalt um sie; und dennoch murrten sie wider seine weisen Führungen, dennoch empörten sie sich oft wider sei- tien h. Willen, und fielen von Zeit zu Zeit sogar von ihm ab, und huldigten selbstgeschaffenen Götzenbildern. So groß war die Widersetzlichkeit dieses so auffallend begnadigten Volkes wider Gott, » » » » 21 « « « « und so groß und grösser noch ist oft die Widersetzlichkeit mancher Christen wider Gott und seine Gnade. Wenn Wohlthaten den verhärteten Sünder nicht rühren, so bedient sich Gott aus väterlicher Liebe auch ost der Leiden, um den Menschen an sich zu ziehen. Er legt ihn auf das Kran¬ kenbett, wo er den Gelegenheiten und Reizen der Sünde entzo¬ gen, den Werth der Gesundheit, die er vielleicht schändlich mi߬ braucht hatte, kennen lernen, die Vergänglichkeit und Nichtigkeit alles Irdischen einsehen, sein grosses Unglück, sich durch die Sünde von Gott getrennt zu haben, in seiner ganzen Grösse fühlen, über sich selbst nachdenken, und gleich dem verlornen Sohne reuig zu¬ rückkehren sollte in die Arme des himmlischen Vaters. Oder Gott läßt ihn die traurigen Folgen die er sich selbst durch die Sünde zugezogen, auf andern Wegen fühlen, — das Laster hat ihm z. B. Schande und Verachtung von Seite aller guten Men¬ schen, oder wohl gar seiner bösen Mitgenosscn zugezogen, — er sicht sich von allen verlassen, in Armuth und Elend gestürzt, bald von diesem, bald von jenem unvorgesehenen Unglücke heim- gesucht. Allein was Hilst es, wenn er auch zur Zeit der Trüb¬ sal zu Gott ruft, seine Strafwürdigkeit bekennt, und Lebensbesse¬ rung gelobet; wenn er aber nach der Heimsuchung wieder ver¬ gißt, wie schwer die Ruthe des Herrn auf ihn gelegen sey, wenn er, sobald die Plagen der Züchtigung vorüber sind, sich aber¬ mals Gott widersetzt, und in seiner Verstockung zu sich selber spricht: Ich kenne den Herrn nicht. — So machte cs Pharao der egyptische König: So ost Moses auf göttlichen Befehl seine Hand ausstreckte, und eine neue schreckliche Plage das Land traf: so rief Pharao den Moses und Aron zu sich, und sprach: Ich habe gesündiget wider euern Gott und wider euch, aber verge¬ bet mir nur diese Sünde noch, und bittet euern Gott für mich, daß er den Tod von mir entferne. Aber kaum senkte Moses den Wunderstab, und hob die Plage auf, so verhärtete Pharao aber¬ mals sein Herz, und wollte die Israeliten nicht abziehen lassen. Wer ist der Herr, sprach er, daß ich seinem Befehle gehorchen, und das Volk entlassen solle? Ich kenne den Herrn nicht! Bereits mit zehn Plagen, von denen eine schrecklicher war als die andere, wurde Pharao und sein Land geschlagen, und doch bli.b er nach Aufhebung der zehnten verstockt, bis er in der Verstockung des Herzens auch in den Wellen des rothen Meeres sein Grab fand » »»» 22 « « « « — So verhärtet auch mancher Christ nach vielen und empfindli¬ chen Strafen, die Gott aus Liebe über ihn verhängt, um ihn zur bessern Besinnung zu führen, fo verhärtet mancher Christ sein Herz gegen die väterliche Stimme Gottes, — sie inag ihn durch Wohlthaten oder durch Leiden zu sich rufen. Aber woher mag es kommen, daß Viele der Gnade Gottes, die ihnen bald auf diesem, bald auf jenem Wege angebothen wird, so hartnäckig widerstreben? Daher kommt es, weil sie den un¬ schätzbaren Werth der Gnade nicht kennen, weil sie cs nicht wis¬ sen wollen, daß sie die Frucht des Leidens und Todes eines Gott¬ menschen ist. Za das ist die Gnade Gottes, nicht anders konnte sie uns, da wir selbe durch die Sünde verloren hatten, zu Theil werden, als daß der Sohn Gottes sich erniedrigte, in Knechtes¬ gestalt auf die Erde kam, und dem himmlischen Vater gehorsam ward bis in den Tod am Kreuze. Die Gnade hat also, wenn ich so reden darf, Gott mehr gekostet, als die Schöpfung der Welt, denn diese entstand auf einen Wink seiner Allmacht, die Gnade aber die uns zu Theil wurde, mußte durch das Blut und durch den Tod des Sohnes Gottes erkauft werden. — Wie groß ist also nicht das Verbrechen einer Seele, die diese fo theuer er¬ kaufte Gnade verachtet, um so mehr, da Gott sie Niemanden zu geben schuldig ist, sondern wenn er sie auch Allen gibt, weil er Alle selig machen will, sie doch nur aus bloßer Liebe zu den Menschen gibt. Sind wir also nicht unendlich strafbar, wenn wir ein zur Seeligkeit unumgängliches, aber zugleich ganz unver¬ dientes Geschenk des liebenden Vaters im Himmel ausschlagcn? sind wir nicht strafbarer noch als die Israeliten, da wir den Werth dieses Geschenkes besser kennen als sie? Die Strafwür¬ digkeit derjenigen, die der Gnade Gottes widerstreben, erhellt aus den Worten des Heilandes in ihrer ganzen Grosse: Jesus nennt nämlich das Widerstreben der Gnade — wider den h. Geist sündigen, und fügt dann hinzu: Jede Sünde wider den Sohn Gottes wird dem Menschen vergeben, die Sünde wider den h. Geist aber wird dem Menschen schwer oder gar nicht, weder in diesem, noch in dem andern Leben vergeben werden. Matth. 12, 23, welche Worte zwar Jesus nicht so verstanden haben wollte, als ob die Sünden wider den h. Geist auch dann wenn man sie bereut und abgcbüßt hat, in Ewigkeit nicht vergeben würden; Venn es ist ja der'bestimmte Ausspruch des Herrn, daß er der »»»» 25 «««« Sünden nicht gedenken will, sobald der Sünder sich zu ihm be¬ kehrt; sondern Jesus wollte durch obige Worte nur anzcigen, daß die Sünden wider den h. Geist schwer oder gar nicht, we¬ der in diesem noch im andern Leben vergeben werden, darum, weil gemeiniglich ein solcher Sünder bis an sein Lebensende in seiner Blindheit und Verstockung des Herzens verharret, alle Mit¬ tel die ihm Gott zu seinem Heile anbiethet, schändlich verwirft,- und sich so die Vergebung selbst unmöglich macht. Darum meine Lieben! weil dem h. Geiste oder der Gnade Gottes widerstreben ein so häßliches Laster ist, und so schreckliche Folgen für Leib und Seele nach sich ziehet, so hüthen wir uns die Schaße der Güte und Langmuth Gottes zu verachten, weil wir uns so wie der Apostel sagt, einen Schaß des Zornes Gottes auf den Tag sei¬ ner gerechten Rache sammeln würden. Machen wir uns also Got¬ tes Gnade und Barmherzigkeit zu Nutzen, öffnen wir unsere Au¬ gen dem himmlischen Lichte das uns noch leuchtet, damit wir als Söhne des Lichtes im Lichte wandeln mögen. Auf eine künftige Gnade des Herrn, die er uns zu geben nicht schuldig ist, machen wir keine sichere Rechnung, sondern nehmen wir die gegenwärtige mit dankbaren und demülhigen Herzen an. Wenn wir den Re¬ gungen des h. Geistes Gehör geben, schreibt der Apostel, so sind wir versichert Kinder Gottes zu seyn, und wenn wir Kinder Got¬ tes sind, so werden wir auch Erben seines Reiches seyn, und es mit Jesu seinem Sohne in alle Ewigkeit theilen. Amen. Am Neujahrstage. "Erneuert euch im Geiste eures Gemüthes, und ziehet einen neuen Menschen an, der nach Gott gebildet ist in wahrer Gerechtigkeit und Heiligkeit.« Ephes. 4, 23 — 24. Eingang. Neibet Euch den vorjährigen Schlaf aus den Augen — Men¬ schenkinder! wachet auf! fanget neu zu leben an, — denn mit dem heutigen ersten Sonnenstrahle ist Euch ein neues Jahr ge- 21 «««« boren. — Das alte, mit seinen 365 Tagen ist vor wenigen Stunden in das unermeßliche Meer der Vergangenheit abgeflossen. — Wie, ist es möglich? schon wieder ein Jahr dahin, mit sei¬ nen Lagen und Nächten!? — Ich sehe zurück auf diesen Zeitab¬ schnitt, der mir bei seinem Antritte eine Ewigkeit schien, und finde: es war etwas mehr als ein flüchtiger Augenblick. — Ja das war das verflossene Jahr! denn gleich einem Traumbilde flog unser Lebenslauf vorüber auf dem reißenden Strome des vergant genen Jahres, und wir find abermahls im Begriffe, eine frische Fahrt auf einem neuen Lebensstrome zu wagen, d. i. wir denken von heute an, abermals 365 Lagreisen naher gegen die Ewigkeit vorzurücken. Aber vielleicht sind wir derselben schon so weit vor¬ gerückt, daß wir keiner 365 Tage mehr bedürfen werden, um in den Hafen einer ewigen Ruhe einzulaufen, denn nicht wir, son¬ dern der Herr über Leben und Tod zählt unsere Tage. Doch, wir mögen ihn schon früher oder später erreichen den Hafen der ewigen Ruhe, wenn wir ihn nur glücklich erreichen! Denn nicht ohne grosse Beschwerden und Gefahren ist unsere Lebcnsfahrt. So wie den Schiffmann auf dem Weltmeere bald wülhende Stürme, bald zerschellende Seeklippen, bald verborgene gefährliche Sand¬ bänke, bald Hunger und Durst, Hiße und Kälte, und Ungemach aller Art schrecket, und seine Fahrt nach dein vorgesteckten Ziele erschweret, so schrecken auch uns auf unserer geistigen Fahrt nach dem geistigen Vaterlande mannigfaltige Gefahren, jetzt stürmen Lei¬ den und Widerwärtigkeiten auf uns ein, jetzt bedrohen uns äußere Feinde der Lugend, durch List, Gewalt und Verführung, jetzt un¬ terliegen wir innern verborgenen Feinden des Guten, der Eigen¬ liebe nämlich, bösen Neigungen und Leidenschaften. — Doch, Muth gefastet, meine Lieben! rüsten wir uns nur sorgfältig mit göttlichen Waffen, so werden wir unter allen Gefahren und Stür¬ men glücklich unser Ziel erreichen. — Der göttliche Glaube sey unser Steuerruder, die göttliche Hoffnung unser Anker, die Liebe Gottes, die durch den h. Geist in unsere Herzen ausgegossen ist, sey unser beständiger Leitstern auf der gefährlichen Fahrt, kurz mit Gott müssen wir unsere Lebensreise im neuen Jahre anfan¬ gen, und mit ihm fortsetzcn, damit wir, wann wir auch immer enden, später oder früher — mit Gott, und somit glücklich en¬ den. — Dahin geht auch die Ermahnung des h. Apostel Paulus in dem obangcführten Texte: Erneuert euch im Geiste, und ziehet »»»» 25 einen neuen Menschen an, der nach Gott gebildet ist in wahrer Gerechtigkeit und Heiligkeit, d. h. wir sollen unser Inneres nach dem Willen Gottes umstalten, mit dem alten Jahre den alten Menschen mit seinen verdorbenen Gesinnungen und Neigungen aus¬ ziehen, und einen neuen, der nicht nach der Welt, sondern nach Gott, nach seiner Gerechtigkeit und Heiligkeit gebildet ist, an- zichcn. Damit wir aber die Nothwenkigkeit, den alten Menschen ausziehen besser einsehen, und zugleich die Art und Weise lehren, einen neuen Menschen anzuziehen: so legen wir uns heute diese beiden Fragen vor: itens: Was sagt uns das alte Jahr? rtens: Mit welchen Vorsätzen sollen wir das neue antreten. Ich rechne bei Beantwortung dieser zwei Fragen auf ihre willige Aufmerksamkeit. Erster Theil. Das alte, vor einigen Stunden in das Meer der Vergan¬ genheit hinabgesunkcne Jahr, sagt uns die zwar Allen bekannte, aber nicht von Allen genug beachtete Wahrheit: Flüchtig und un¬ widerbringlich ist die Zeit. — Blicken Sie zurück auf Ihre ver¬ gangenen Lebensjahre, meine Lieben! — wie kommen sie Ihnen heute vor? Nicht wahr, Sie wissen in diesem Augenblicke selbst nicht was Sie denken sollen von der Dauer des menschlichen Le¬ bens? Aber mögen auch Ihre Ansichten hierüber noch so verschie¬ den seyn, darin kommen doch alle überein: daß sie äußerst flüch¬ tig sey die Zeit des Erdenlcbens. — Der Eine zählt jetzt z. B. zwanzig Lebensjahre, und es ist ihm, als ob er so eben die Wiege verlassen hatte; der Andere zählt dreißig Jahre, und er glaubt, er habe erst zu leben angefangen; ein Dritter zählt vierzig, und es scheint ihm, als habe er sich kaum etwas flüchtig in der Welt umgesehen; ein Vierter zählt fünfzig Jahre, die bereits abnehmen¬ den Kräfte mahnen ihn, daß der Herbst des Lebens im Anzuge sey, und doch träumt ihm noch vom Frühlinge; ein Fünfter, Sechster zählt sechzig, siebenzig oder mehrere Jahre, sein Haupt¬ haar hat sich indessen gewaltig gebleicht, der Winter des Lebens stürmet ein auf ihn, träge bewegt sich das kalte Blut in den erstorbenen Adern, und die geschwächten Sinne werden ihm untreu; das Lebcnsfeucr ist verglommen, er steht am Grabe und Mchrickt, — siebenzig, achtzig Jahre, habe ich durchlebt, spricht und nun sind sie mir, außer einigen schmerzlichen Erfahruu- 26 « «l< «c gen, wie ein weggescheuchter Traum! >— So nahe an der Wiege ist das Grab. Fraget nur, ihr jungen Leute, fraget die abge¬ lebten Greife, wann sie eigentlich zu leben angefangen haben? — Sie werden es euch kaum fazen können; oder fraget euch felbst, wie sind die Jahre die ihr bereits verlebt? — sie sind wie der gestrige Lag — und das heute angetretene Jahr, wird nach 365 Lagen, wie der heutige Tag seyn. So flüchtig ist die Zeit! fagt uns das alte Jahr, und doch soll in dieser flüchtigen Zeit so außerordentlich viel, doch soll in dieser flüchtigen Zeit Alles geschehen, was unser ewiges Wohl, was unser Seelenheil fodert! — Wehe uns, meine Lieben! wenn wir nicht jeden Augenblick unfers Lebens festhalten, um in demselben durch Gutesthun et¬ was für die Ewigkeit auf die Seite zu legen. Und doch sind wir oft so thöricht und sagen: Man weiß nicht was man thui! soll, die Zeit wird Einem so lange, — wir müssen uns die Zeit vertreiben? Schrecklicher Unsinn! wie eine Welle die andere, so treibt eine Stunde die andere, —> so manches Jahr liegt schon hinter uns, keines kehrt wieder, und keines ist uns vergebens gegeben worden, und wir sagen noch: die Zeit ist lange, wir sagen: wir haben nichts zu tkmn! Haben wir keine Pflichten zu erfüllen, keine Tugenden auszuüben, keine Gelegenheiten Gute- zu wirken, haben wir nicht eine erhabene Bestimmung vom Schöp¬ fer erhalten, die wir in dieser flüchtigen Zeit erreichen sollen. Lassen wir doch ab von dieser Verblendung meine Lieben, und machen wir einen solchen Gebrauch von der flüchtigen Zeit, daß wir nichts verlieren, sondern reichlich gewinnen, wenn der heutige oder morgige Tag unser letzter Lebenstag seyn sollte. Das alte verflossene Jahr sagt uns ferner die alte, aber noch immer nicht genug beachtete Wahrheit: Alles ist eitel und vergänglich, Alles dem Wechsel und der Veränderung unterwor¬ fen unter der Sonne. Viele genossen im Laufe des verflossenen Jahres diese oder jene irdische Freude, und nun ist es ihnen, als ob sie dieselbe nie gekostet hätten; Viele liefen bald diesem, bald jenem Glücke nach, und nun sehen sie ein, es war kein wah¬ res, sondern nur ein Scheinglück; Viele wurden bald von dieser, bald von jener sinnlichen Lust gefesselt, der lasterhafte Genuß hat sich in Wermuth verwandelt, und nur der Pfeil der Reue steckt noch in dem verwundeten Herzen; Viele thörichte Wünsche wur¬ den befriediget, aber neue Wünsche beunruhigen das schwankende 27 Gemüth; viele stolzen Pläne wurden entworfen, und sie stürzten zusammen, oder der gesuchte Vortheil brachte der Seele den Frie¬ den nicht, — kurz Alles vergeht, Alles wechselt und ändert sich unter der Sonne, die Zeit mit uns, und wir mit der Zeit,— nur Einer ist ewig und unveränderlich, — Gott.der Vollkom¬ menste und Heiligste. Deine Jahre o Gott reichen von Ewigkeit zu Ewigkeit, singt König Davids — du hast die Erde gegrün¬ det, und die Himmel sind deiner Hände Werk; sie vergehen, du bleibst, —- sie altern wie ein Gewand, wie ein Kleid legst du sie ab, du aber bleibst immer derselbe, und deine Jahre nehmen kein Ende. Alles ist hinfällig und veränderlich unter der Sonne, — nur Gott allein bleibt ewig derselbe, sagt das alte Jahr. Welch' fester Grund des Vertrauens? Wollen wir noch länger unser Herz an das Irdische, an das Vergängliche und Unbestän¬ dige fesseln? Nein an den Ewigen und Unveränderlichen, der zu¬ gleich unser Vater ist, wollen wir uns anschließen, er wird nach seinem weisen Rathschlusse aussührcn, was zu unscrm wahren Glücke ist. Wohl dem Manne heißt es bei dem Propheten Je¬ remias, wohl dem Manne, der auf Gott vertraut! Wie ein am Wasser gepflanzter Baum, der seine Wurzeln zur Duelle hin¬ streckt, wird er grünen, mag auch die Sonne sengen, er wird auch in dürren Jahren nicht aufhören Früchte zu tragen. Aber wehe dem Stamme, der sich auf Menschen verläßt, und Flcifch für seine Stuße hält; und mit seinem Herzen von Gott weicht. Das alte verflossene Jahr sagt uns endlich die alte aber noch immer nicht genug beherzigte Wahrheit: daß jedem Men¬ schen der Tod gewiß, die Stunde des Todes aber ungewiß sey. '— So wie jedes Jahr Blumen verwelken, so wie jedes Jahr die Blätter von den Bäumen fallen, so fallen auch jedes Jahr einige unserer Brüder als Beute des Todes — und so fielen auch in dem verflossenen Jahre viele in den kühlen Mutterschlovß der Mde. — Wieviel neue Grabeshügel wurden aufgeworfen, auf unserm Gottesacker, wieviele Herzen getrennt, wieviele Thrä- ncn geweint auf manchem theuern Sarge! Weder Alter noch Geschlecht, weder Stand noch Würde schonte der kalte Tod, sein eisernes Recht übte er aus, und mit gleichem Ungestimme klopfte er an, an den Pallast des Fürsten, wie an die niedere Hütte des Armen. Nein, Kaiser- und Königskronen schreckten ihn nicht, und der, der Millionen zu befehlen hatte, fiel auf dessen Macht- » » » » 28 «««« streich wie der dünne Grashalm unter der Sense des Mähers. Wo sind denn so manche aus ihren Freunden und Bekannten, die vor 365 Tagen in dieser Kirche unter dieser christlichen Lehr¬ kanzel sich befanden, der Neujahrspredigt, wie Sie heute, bei¬ wohnten, darauf vielleicht noch hingingcn ihren Freunden ein gutes und glückliches neues Jahr zu wünschen, wo sind Sie? — sie liegen im Staube der Verwesung- — Wie mancher Vater hat noch vor 365 Tagen Pläne und Entwürfe gemacht, wie er seinen Wohlstand verbessern und seine Familie versorgen wolle — an den Lod dachte er noch lange nicht — und siehe! schon be¬ suchen die Kinder sein Grab und weinen Schmerzesthräncn über dem stillen Lodeshügel. Wie manche Mutter fühlte sich vor 36z Tagen noch glücklich an der Seite ihres Gatten in der Mitte ihrer zarten Kinder — aber unvermuthet hat der Tod ihren schönen Lebensfaden entzwei zerrissen, und schluchzend sagen heute die Kinder: wir hatten eine gute Mutter und wir haben sie nicht mehr. So waltet der Lod! immer und ununterbrochen su¬ chet er seine Opfer, und während ich rede, führet er Lausende und Tausende hinüber in das Reich der Ewigkeit. Denken Sie sich nur die grosse Anzahl der christlichen Erdebewohner — wie- viele mögen sich den gestrigen Abend niedergelegt haben, in der Hoffnung das heutige neue Jahr zu begrüssen und sie erlebten den heutigen Morgen nicht, und wicviele die den heutigen Mor¬ gen begrüßt haben, werden die Sonne nicht mehr untcrgehen sehen. Und werden wir sie alle untergehen sehen? werden wir alle den heutigen Abend erleben? Wer mag uns dessen versi¬ chern — was noch nicht geschehen ist, kann geschehen. Doch setzen wir unser Ziel weiter hinaus. Werden wir alle, wie wir hier versammelt sind einen neuen Jahrestag wieder erleben? Ich will eben kein Prophet seyn, aber soviel wage ich vorauszusagen, daß Einer oder der Andere aus uns ein neues Jahr nicht mehr begrüssen werde; und wenn es nur einer wäre, wer ist es? muß nicht jeder fürchten, daß er cs seyn könne; oder kann Je¬ mand sagen mit Bestimmtheit ich werde es nicht seyn? Verges¬ set nicht daß ihr sterblich seyd und lebet, so rufet uns das alte wie jedes verflossene Jahr zu. Flüchtig und unwiederbringlich ist die Zeit; eitel und veränderlich alles Irdische; gewiß ist dem Menschen der Lod, und ungewiß die Stunde des Todes, diese unumstößliche Wahrheiten sagt uns also das alte Jahr. Was 29 « « « « wir aus diesen Wahrheiten folgern, oder welchen Vorsatz diese Wahrheiten beim Antritte dieses Jahres in uns erwecken solle, wollen wir Horen im zweiten Theile. Flüchtig ist die Zeit, sagte uns also das alte Jahr. Doch soll in dieser flüchtigen Zeit so außerordentlich viel, ja Alles ge¬ schehen, was der Schöpfer und unser ewiges Wohl von uns fo- dert. Wehe uns daher, wenn wir nicht jeden Augenblick unseres Lebens so festzuhalten und zu benützen suchen, daß wir in jedem Augenblicke etwas Verdienstliches für die Ewigkeit bei Seite le¬ gen können. Dennoch aber gehen wir in unserer Verblendung so weit, daß wir uns sogar bemühen, die kostbare und an sich flüch¬ tige Zeit wcgzuscheuchen. — Man weiß nicht was man thun soll, sagen manche Weltmcnschen, die Zeit wird einem so lange, wir müssen uns dieselbe vertreiben, aber wie? Jetzt wird also nach- gcdacht, wie man die theuern Stunden des Lebens zum Nachthcile Wines Heilsgeschäftes morden solle. — Leere Besuche, geschäftige Zerstreuungen, eitle Spiele, unnütze Gespräche und thörichte Ent¬ würfe aller Art, müssen die edle Zeit vertreiben helfen, — und wenn es nur bei diesem Zeitvertreibe sein Bewenden hatte, wenn nur die scheinbar trägen Stunden nicht mit Sünden und Lastern, und mannigfaltigen Ausschweifungen verflüchtiget würden! Schreck¬ licher Ansinn! Wie eine Melle die andere, so treibt eine Stunde die andere; so manches Jahr liegt schon hinter uns, keines kehret wieder, keines ist uns zwecklos gegeben worden, und wir können dennoch sagen: die Zeit ist lange? wir können dennoch sagen: wir haben nichts zu thun? Haben wir denn keine Pflichten zu ttsüllen, keine Tugenden auszuüben, keine Gelegenheiten Gutes zu wirken, haben wir nicht eine erhabene Bestimmung vom Schöpfer erhalten, die wir in dieser flüchtigen Zeit erreichen lvllen? sollen wir nicht von Lag zu Lag zuuehmen in der Er- knintniß des Guten, sollen wir nicht immer besser und vollkom¬ mener werden? Wenn wir also den unschätzbaren Werth der flüchtigen Lebenszeit bisher nicht gekannt, wenn wir ein Jahr nach dem andern im Leichtsinne, in Trägheit und Lauigkeit für alles Gute, in sündhaften Gewohnheiten, in Vergessenheit unserer Bestimmung ohne Gottes und Nächstenliebe verlebt haben, so be- 50 «««« reuen wir heute unsere Verblendung, und fassen wir den uner¬ schütterlichen Entschluß, die uns noch zugemesscne Lebenszeit ge¬ wissenhaft zur Beförderung der Ehre Gottes, zu unfern geistiger Vervollkommnung und zur Veredlung unserer Mitmenschen, kurz so zu verwenden, daß wir nichts verlieren, sondern reichlich gewin¬ nen, wenn der heutige oder morgige Tag unser letzter seyn sollte Das alte Jahr sagte uns ferner: Eitel und veränderlich ist Alles unter der Sonne. Von dieser Wahrheit sind wir zwar zu: Genüge überzeugt, und waren es glaube ich, schon lange. Uni dennoch haben wir das Irdische dem Himmlischen, das Vergäng¬ liche dem Ewigen so oft vorgezogen; dennoch sind wir bald eine: eitlen menschlichen Gunst, bald einem nichtigen Vortheile, bal! einem vergänglichen sündhaften Vergnügen nachgejagt, dennoch ha¬ ben wir uns von den trügerischen Verheißungen der Welt blen¬ den lassen, dennoch haben wir auf die Treue des schwankend« menschlichen Herzens gebaut. Wollen wir noch länger unser Heiz an das Irdische und Unbeständige fesseln? Nein, das Unvergäng¬ liche, was jenseits des Grabes uns bereitet ist, wollen wir zu er¬ reichen suchen, an Gott, den Ewigen und Unveränderlichen, d« zugleich unser Vater ist, wollen wir- uns anschließen, das sey un¬ ser fester Vorsatz. Denn Gott allein ist ein fester Grund unse¬ res Vertrauens, er ändert sich nicht wie der Mensch, — ei wird ausführen nach seinem weisen Plane, was er zu unser» ewigen Glücke über uns beschlossen hat. Wohl dem Manne, heiß es beim Propheten Jeremias, — wohl dem Manne der auf Got! vertraut. Wie ein am Wasser gepflanzter Baum (wird er grü¬ nen) der seine Wurzeln zur Duelle hinstreckt, wenn auch dir Sonne senget, auch in dürren Jahren wird er niemals aufhöm Früchte zu tragen. — Aber wehe dem Manne der sich auf Men¬ schen verläßt, Fleisch für seinen Arm hält, und mir seinem Her¬ zen von Gott weichet. — So war auch David durchdrungen vor dieser Wahrheit: — Verlasset euch nicht auf Fürsten, ermahne! er, auf Menschen die nicht helfen können; der Lebensathem ver¬ läßt sie, sie werden was sie waren — Erde, und mit dem Tage, da sic es werden, sind alle ihre Entwürfe zu Ende. Heil abS dem, der auf seinen Gott vertraut, der Himmel und Erde uni alles was darin ist gemacht hat, der ewig Treue und Glauben hall Das alte Jahr sagte uns endlich: daß der Tod dem Men¬ schen gewiß, die Stunde des Todes aber ungewiß sey. Albi LI von dieser Wahrheit sind wir überzeugt. Haben wir aber bisher an den Lod heilsam gedacht? Haben wir daran gedacht, daß wir hienicden keine bleibende Statte haben, daß, wir mögen hoch oder niedrig stehen, befehlen oder gehorchen, im Ueberflusse oder von dem Almosen anderer leben, wir doch alle dem gleichen Loo¬ se der Verwesung unterliegen? Haben wir daran gedacht, daß uns Gott so richten werde, wie er uns in der Stunde des Todes findet? Welchen Samen haben wir bisher ausgesaet, welche und wieviele gute Werke hätten wir aufzuweisen, wenn mit dem heutigen Tage unser Lebenssand verrinnen sollte? Diese Fragen beantworte sich heute Jedermann nach seinem eigenen Gewissen und kann er sie nicht zu seiner Beruhigung beantwor¬ ten, so fasse er den Entschluß : Ich will von nun an nicht mehr so leben, als ob mein Bleiben auf der Erde ewig dauern, als ob die Folgen meiner Handlungen unbedeutend, als ob sie nicht entscheidend wären für die Ewigkeit: sondern mit jedem, der in diesem Jahre stirbt, will auch ich sterben, das heißt so will ich leben, als ob jeder meiner Tage der letzte und mein Ster¬ betag wäre — denn der Heiland sagt mir ja; Ihr wisset weder den Tag noch die Stunde, wann des Menschensohn kommen wird. — Selig ist daher der Knecht, den der Herr Zu jeder Stunde wachend findet. Und wenn es wahr ist, daß nicht der, der viele Jahre sondern der, der viele gute Werke zählt, lange gelebt hat, so will ich in der Zeit die mir noch gegeben ist, hereinzubnngen suchen, was ich bisher versäumt habe; damit wenn der Lod sich nähert, seine Ankunft mich nicht erschrecke, damit ich mit Freuden diese sterbliche Hülle ablege, in der Hoffnung einer ewig seligen Fortdauer bei Gott meinem Vater. Solche und ähnliche heilige Vorsätze müssen wir heute beim Antritte des neuen Jahres ma¬ chen, und im Lause desselben ins Werk zu setzen suchen. Die fiiichtige Zeit soll uns nicht mehr unbenützt verfließen, sondern Gutes wollen wir wirken, immer besser und vollkommener wer¬ den, kräftig arbeiten an der Erreichung unserer Bestimmung.— Das Irdische und Vergängliche soll unser Herz nicht mehr ge¬ fangen halten, denn es ist desselben nicht werth, sondern nach dem Ewigen und Unvergänglichen, das in Gott seinen Ursprung und seine Fortdauer hat, sey unser Streben gerichtet. Dem Lo¬ de wollen wir nicht arm entgegen gehen an guten Werken, son¬ dern als Reisende, die sich nach glücklich überwundenen Hinder- 52 «t<« t< Nissen und Beschwerden freudig ihrem Vaterlande nähern, wollen wir ihn erwarten, bis er kommt uns hinüberzuführen in unsere wahre Heimath. Wenn wir mit solchen Vorsätzen und Gesin¬ nungen das neue Jahr antreten — so folgen wir der Ermah¬ nung des grossen Apostels — wir erneuern uns nämlich im Gei¬ ste unseres Gemüthes, wir ziehen den alten Menschen aus und einen neuen an, der nach Gott gebildet ist in wahrer Gerechtig¬ keit und wahrer Heiligkeit, — und haben wir dieses gethan, so dürfen wir hoffen, daß das gegenwärtige neue Jahr, ein glückli¬ ches Jahr für uns werde, was ich Allen von Herzen wünsche. Amen. Am Feste Mariä Reinigung. »Nachdem die Tage ihrer Reinigung nach dem mosaischen Ge¬ setze erfüllt waren, brachten sie Jesum nach Jerusalem, damit sie ihn dem Herrn darstellten.« Luk. 2, 22, Eingang. Ä)ir mögen das abgelesene festtägliche Evangelium von wa» immer für einer Seite betrachten, so finden wir es so reich an nützlichen Lehren als an nachahmungswürdigen Beispielen. — Die freiwillige Unterwerfung der sel. Jungfrau Maria unter da» Reinigungsgesetz, die Darstellung des Kindes Jesu im Tempel, die Freude des frommen Greises Simeon beim Anblicke des Hei¬ landes — dieser Hauptinhalt des Evangeliums würde uns Stoil in Menge geben zu den schönsten, lehrreichsten Betrachtungen Maria, die sich dem Reinigungsgesetze, dem sie als jungfräuliche Gottes Mutter nicht unterlag, bereitwillig unterwirft, empfiehlt uns die größtmöglichste Treue in der Erfüllung des göttliche» Gesetzes; Jesus, der sich hier als Mensch in zartester Kindheit Gott seinem himmlischen Vater weihet und opfert, lehrt uns die Pflicht uns frühzeitig dem Dienste Gottes zu widmen; Simeon der ehrwürdige fromme Greis, dessen Herz vor Freude im Buse» hüpfet, da er den Heiland der Welt sieht und umarmet, gibt »»»» «ns einen Beweis jenes reinen Vergnügens, weiches der Gerech¬ te am Vorabende seines Lebens in der Vereinigung mit Jesu seinem göttlichen Erlöser empfindet. — Wahrlich ein weites Feld, wie gesagt, zu den schönsten Betrachtungen sür den Christen, viel zu weit, als daß wir selbes mit einem Blicke gehörig übersehen könnten. Wir wollen daher heute einzig und allein bei dem er¬ habenen Beispiele verweilen, das uns die seligste Jungfrau Ma¬ ria gibt, welcher zu Ehren das heutige Fest gefeiert wird; und wahrend wir sie in der Treue gegen das göttliche Gesetz bewun¬ dern, wollen wir sie auch in der Treue gegen das göttliche Ge¬ setz nachzuahmen suchen. Von ihr, der Mutter des Heilandes wollen wir also lernen: itens. daß man das Gesetz Gottes mit aller Genauigkeit erfüllen, und Ltens daß man in der Erfüllung desselben keine Beschwerden scheuen solle. Vernehmen Sie mich mit der des Gegenstandes würdigen Aufmerksamkeit. Erster LH eil. Einem zweifachen, von Gott durch Moses vorgeschriebenen Gesetze mußten sich die israelitischen Mütter zur Zeit ihrer Erst¬ geburt unterwerfen. Durch das eine Gesetz ward ihnen verbo- then, etwas Heiliges zu berühren, in das Heiligthum des Tem¬ pels einzugehen, und an den gewöhlichen Opfern Lheil zu nehmen — so lange, bis die ebenfalls durch das Gesetz bestimmte Reini¬ gungszeit verstrichen war; durch das zweite Gesetz aber war ih¬ nen befohlen, nach verflossener Reinigungszeit im Tempel zu erscheinen, ihre Erstgeburt dem Herrn darzustellen, und selbe entweder durch ein einjähriges Lamm, oder durch ein Paar Tauben auszulösen, je nachdem die Mutter selbst reich oder arm war, und das vorzüglich darum, damit die Israeliten nie ver¬ geßen sollten: daß Gott der höchste Herr Himmels und der Erde — daß Alles was da lebet und schwebet, sein Eigenthum sey. Du sollst mir sprach Gott zu Moses alle Erstgeburten der Kinder Israels weihen, sowohl von Menschen als von Thieren, denn alles ist mein 2, Mos. iz, 2. Diese Vorschriften des mosaischen Ge¬ setzes nun beobachtete auch die sek. Jungfrau Maria, obschon sie "nselben nachzukommcn eigentlich nicht verbunden war. Denn da sie auf eine außerordentliche Weise, durch unmittelbare Wirkung Gottes, also ohne Verletzung ihrer Reinigkeit Mutter geworden 5 r> >- >- )- 54 K « ki « war. so war sie auch keiner gesetzlichen Reinigung unterworfen, und da ihre Leibesfrucht ein Sohn des Allerhöchsten war, wie ihn der Engel selbst nannte, so war er auch als Sohn Gottes, ast Gott selbst über jedes seinen Geschöpfen gegebene Gesetz erhaben, und keinem derselben unterworfen. Demungeachtet erfüllte seine göttliche Mutter das zweifache, sie nicht verpflichtende Gesetz auf das vollkommenste, daß sie die Zeit, den Ort und das Opfer wie es im Gesetze ausgedrückt war, genau und buchstäblich beobach¬ tete. — Sie erschien nach Verlauf der bestimmten Reinigungszeit mit ihrem göttlichen Kinde im Tempel zu Jerusalem, stellte sel¬ bes dem Herrn dar, und lösete es aus mit dem, dem Armen vor- geschrieöenen Opfer, nämlich mit ein Paar jungen Turteltauben; und nachdem sie, wie der Evangelist sagt, Alles dem Gesetze ge¬ mäß vollzogen hatte, so kehrte sie mit Joseph und dem Kinde Jesus nach Galiläa in ihre Stadt Nazaret zurück. So gerne, so genau und buchstäblich erfüllte also die jungfräuliche Mutter des Herrn das mosaische Gesetz selbst in jenen Stücken, worin sie denselben nicht unterworfen seyn konnte; es läßt sich um so leichter denken, mit welcher Genauigkeit sie das Gesetz dort wird erfüllet haben, wo sie demselben so gut wie andere Menschen zn gehorchen hatte. Könnten wir uns doch auch einer ähnlichen Genauigkeit in der Erfüllung göttlicher Gebothe rühmen! möchte uns auch un¬ ser Gewissen das Zcugniß geben, daß uns der Wille Gottes zu allen Zeiten und unter allen Umstanden so heilig sey, daß wir demselben allezeit so wie die seligste Mutter des Herrn sowohl dem Buchstaben, als dem Geiste nach genau und bereitwillig nach¬ kommen! Aber nein, wir sind noch unendlich weit entfernt von dem erhabenen Beispiele der Mutter unseres Heilandes! denn während sic dem mosaischen Gesetze selbst in jenen Vorschriften, die sie nicht ängstigen Fotze leistete., — verletzen wir sogar jene Gebothe, die mit unserer Natur selbst in nothwendiger Verbin¬ dung stehen, und von denen uns Niemand, auch Gott nicht nach seiner Heiligkeit loszählen kann. Do liegt aber der Grund des Ungehorsames gegen die göttlichen Gebothe! — Er liegt vorzüg¬ lich in der Eigenliebe. Denn diese weiß Ausflüchte und Vorwände in Menge aufzutreiben, um die Ausübung grosser und wichtiger Pflichten zu beseitigen, die schweresten Ucbertretungen göttlicher Gebothe hingegen zu beschönigen und zu bemänteln. Hören wir »V»» 55 <(««« nur ihre schmeichlerische Stimme in Einzelnen Uebertrctern des göttlichen Gesetzes. — Der Geitzige z. B. der sich und den Sci- nigen nicht einmal dasjenige, was zur Befriedigung der drin- gensten Bedürfnisse erfodert wird, vergönnt, der lieber Hunger und Durst, Hitze, Kalte und Blösse leidet, als seine aufgehöuften Schätze verringert, — womit entschuldiget der Elende seine un¬ ersättliche Habsucht, seine Kargheit, Unbarmherzigkeit, oder wohl gar offenbare Ungerechtigkeit gegen Arme und Nothleidende? Da¬ mit entschuldiget er sie, daß er seine schmutzige Kargheit, christ¬ liche Sparsamkeit nennt, und vorgibt, er müsse für sich und die Seinigen auch auf die Zukunft, und für jeden unvorgesehenen Fall der Noth sorgen, als ob er und die Seinigen ewig hieniedcn zu bleiben und zu leben hätten, als ob es außer ihm keinen all¬ gemeinen Versorger und Ernährer, als ob es keine göttliche Vor¬ sehung gäbe. — Was thut der Zornige und Rachgierige? Er entschuldiget seine Schmähreden und Lästerungen, seine unbeson¬ nenen verderblichen Unternehmungen mit der Gähheit und Hitze seines Temperamentes, oder mit der Pflicht seine Ehre gegen alle Verunglümpfungen zu schützen, oder wohl gar mit der Liebe, mit dem Eifer für die gerechte gute Sache, als ob er nicht verpflich¬ tet wäre fein wildes Temperament nach den Gesetzen der Ver¬ nunft und Religion zu bändigen, seine verletzte Ehre nur auf gerechten Wege zu schützen, und als ob ein Eifer für die gute Sache, wenn er nur auf Zerstören ausgeht, ein wahrer Gott wohlgefälliger Eifer wäre- Wie bemühet sich der Ungerechte, der seine Mitmenschen im Handel und Wandel auf diese oder jene Art betrüget, und sie um das Ihrige bringt? — Er gehr bei allen dem mit einem leichten, oder vielmehr mit einem weiten Gewissen daher; denn entweder schützet er eine Noth vor, die ihn drückt, die er aber durch Fleiß und Sparsamkeit heben könnte, oder er meint Jedermann sey verbunden, sich selbst mehr als an¬ dere zu lieben, daher für sein besseres Fortkommen so gut es geht zu sorgen, oder er gibt vor, er müsse das Dergeltungorecht ausüben, er werde von andern betrogen, mithin dürste er auch betrügen, als ob ein Betrug den .andern, eine Sünde die andere rechtfertigen könnte. Womit rechtfertiget der Stolze und Hoffärtige sein hartes liebloses Betragen, seinen bösen Willen, alle zu verachten und M verfolgen, die nach seiner Meinung minder sind als er, und 3 * »»»» ,?6 «««« sciner Ehrsucht keinen Weihrauch streuen, ihn für das nicht neh¬ men wollen, für was er genommen seyn will? — Er rechtferti¬ get seinen unerträglichen Hochmuth damit, daß er vorgibt, er sey verpflichtet die Ansprüche auf Achtung und Ehrfurcht, die itm vermöge seiner bessern Geburt, seiner Verdienste und Talente, sei¬ ner Macht und seinem Ansehen gebühre, geltend zu machen. Wo¬ mit beschöniget denn der ausgeschämte wie der heimliche Wvhl- lüstling seinen ärgerlichen schandevollcn Wandel? — Mit der menschlichen Schwachheit, oder wohl gar mit der menschlichen Freiheit, und zwar so lange, bis ihm das Laster selbst die ver¬ meinte Freiheit bindet, und seine traurigen Folgen ihm zu ver¬ stehen geben, die sogenannte menschliche Schwachheit sey in die¬ sem Falle eine etwas mehr noch als thierische Dummheit. — Der Lügner, Ehrabschneider und Verleumder, womit beruhigen sich diese Gattung Menschen, wenn sic den Nächsten schändlich hinter do- Licht geführt oder ihn hie und da recht tapfer gelästert, seine« guten Namen in dieser oder jener Gesellschaft ohne alle Scho¬ nung gebrandmarket haben? — Damit entschuldigen sie sich, dH alles Gesprochene entweder nur leichter Scherz gewesen, daß dem Mitmenschen kein merklicher Schaden daraus erwachsen sey, daß man die Gesellschaft doch womit unterhalten, etwas zu rede« haben müsse — und so machen es die Menschen durchgehends, wenn sie ihre Pflichtverletzungen verdecken und verkleinern wolle» >— es ist fast kein Laster, kein Verbrechen so groß, daß nicht die Eigenliebe etwas zu dessen Entschuldigung ausfindig zu ma¬ chen wüßte. Das heißt doch wohl nicht das Gesetz Gottes mit Ge¬ nauigkeit erfüllen, sondern vielmehr verachten und mit Füße» treten. So handelt der wahre dem Gesetze Gottes treuergebene Christ nicht; er kennt zwar auch die künstlichen Einwendungen und Ausflüchte der Eigenliebe, aber weil er sie als seicht und betrügerijch kennt, so gibt er denselben kein Gehör, und weichet keinen Finger breit vom Gesetze ab, weil er aus innern geisti- gen Beweggründen, nämlich aus Liebe zu Gott und aus Ach¬ tung gegen seinen heiligen Willen sein Gesetz sowohl dem Buch¬ staben als dem Geiste nach zu erfüllen strebet. — Er ist so rei» und edel in seinen Absichten und den verborgensten Handlungen wie in seinem öffentlichen Thun und Lassen, denn er fürchtet je¬ nes Auge das auch im Verborgenen sicht mehr als die Auge" der Menschen, die jeder falsche Schimmer blendet. Darum mei¬ det Lhm auch Fall Gebi und im < Griü wied wah Vat acht! seine ümm falle! jung ihrer füllu genei göttl sen die I Vezu bcschi warf so n, leiste nach aus sie si eine aus werd ja di S°ttl » »»»» 57 «««« neh- det er, ohne sich der gefährlichen Gränze zu nähern wo sein ferti- Thun oder Lassen zur tödtlichen Sünde werden kann, meidet er , er auch mit Aengstlichkeit jene Schritte die ihm keinen tödlichen ihm Kall bringen; auch die geringsten Handlungen die in das weite , sei- Gebieth eines göttlichen Gebothes gehören, sind für ihn wichtig Wo- und erheblich, weil sie seine Tugend zur Vollkommenheit -befördern, Sohl- im Gegentheile sind ihm auch die kleinsten Fehltritte, die sich den der Gränzen eines Verbothes nähern, groß und gefährlich, weil sie öfters ichen wiederhohlt, den Weg zum geistigen Falle bahnen, kurz, der ver- wahre Christ dienet Gott seinem höchsten Herrn und liebevolles! ver- Vater immer mit dem pünktlichsten und willigsten Gehorsame, die- achtet aus Liebe zu ihm keinen Befehl gering, versäumt keinen Der seiner Winke, überhört niemals den Ruf seines Willens und ist dich immer bemühet alles zu thun, wodurch er sich seines Wohlge- daj fallens würdiger machen könnte. So dachte und handelte die rine» jungfräuliche Mutter unsers Erlösers; so sollten auch wir nach :cho- ihrem Beispiele denken und handeln, wenn es sich um die Er- dH siilluug eines göttlichen Gebothes handelt. Nichts soll uns ari¬ dem genehmer und wichtiger seyn, als die genaueste Beobachtung des daß göttlichen Willens, selbst dann wenn seine Beobachtung mit gros- eden ien Beschwerden verbunden wäre. Auch hierin ist uns Maria nds, die Mutter unseres Heilandes ein erhabenes Muster — wovon im ollen nicht zweiten Theile. ma- Ge- Die Beobachtung des mosaischen Reinigungsgcsctzcs, war in äßen Bezug auf Maria die Gottesgebärerin allerdings ein grosses und benk beschwerliches -Opfer. Denn da sie sich einer Zeremonie unter- igcii warf, au welche- nur die gewöhnlichen Mütter gebunden waren, und so mußte sie gleichsam auf die Ehre der Inngfrauschaft Verzicht ichct Listen, und sich zu der Klasse jener Weiber zählen lassen, die -isti- "ach der gewöhnlichen Ordnung der Natur Mütter waren. Mein M- aus tiefer Demuth, und aus Ehrfurcht gegen das Gesetz, wollte uch- sie für eine gewöhnliche Mutter angesehen werden, obschon sie reiß em? außerordentliche, über alle erhabene, eine Gottesmutter war; gem ''"6 Liebe zu Gott ließ sie sich's gefallen, für unrein gehalten zu je- werden, obschon sie die Rcineste unter allen ihres Geschlechtes,— ,geß >a die Reinste unter allen Menschen war. Sie wollte ferner ihr inči- ältliches Kind dem Herrn darstellen, obschon sie wußte, daß sie 5ü « .k « « selbes mit der gewöhnlichen Opfergabe nicht auslöscn könne, daj sie ihren geliebten Sohn vielmehr dereinst als Opfer für die Sund, der ganzen Welt nm Kreuze sterben sehen werde. Das wußte di, liebende Mutter, denn Simeon der fromme Greis hatte ihr, al» sie das Kind auf seine Arme legte, im prophetischen Geiste vor¬ aus verkündet, daß einst ein Schwert ihre Seele durchdringe« werde, demungeachtet unterließ sie aus Gehorsam und Ehrfurcht gegen das Gesetz Gottes eine Handlung nicht, die für sie ein, offenbare Duelle des Leidens seyn sollte. — Wie ganz anders machen es wir, wenn der Wille GottcS es erheischt etwas zu thun, und zu lieben, was der Sinnlichkeit wehe thut, oder etwas zu unterlassen und zu verabscheuen, was unserer Eigenliebe schmeichelt. Sobald es darauf ankommt, ein, herrschende Leidenschaft zu unterdrücken, oder eine mit Opsen verbundene Tugend auszuüben, so lassen wir sogleich den Muh sinken, und unterliegen unserer Schwachheit, ehe wir noch nnsm Kräfte unter der abschreckenden Last genugsam gexrnfct haben. - „Nimm, sprach einst Gott zu Abraham, nimm deinen einzigen Soh», den du lieb hast, und bringe ihn mir zum Schlachtopfer," - und Abraham nahm den einzigen vielgeliebten Sohu, und >M bereit ihn dem Herrn- zum Opfer zu bringen. Diese harte u»! härteste aller Prüfungen bestand Abraham, und wir die wir un¬ gleich leichtere Prüfungen zu bestehen, ungleich geringere OW zu bringen haben, wir können uns so schwer, oft nach Jahrs und Jahren erst, und noch dann nicht entschließen, dem Gefch Gottes ein Opfer zu bringen. Der Habsüchtige will sich von la¬ uem irdischen Mammon nicht trennen, obschon ihm der todte Schaf nur Unruhe und Sorgen gibt, und sein Gewissen mit Zentucr- schwere belastet; der Wohllüstling will seiner schändlichen Leiden¬ schaft nicht entsagen, obschon sie ihm nur thicrische und augen¬ blickliche Genüsse verschafft, ihm aber dafür Frieden und Freihel! raubet, und zeitlichen und ewigen Untergang bereitet; der Zorii- müthige will die feindliche Flamme gegen seinen Mitbrudcr null ersticken, ungeachtet sie an seinem eigenen Herzen zehret, und D seine innere und äußere Ruhe störet; der Verleumder will ß nicht bezwingen die schändliche Lust, die Ehre, den guten NanB Anderer zu verdunkeln und zu untergraben, ungeachtet ihm Lästerungen nur Mißtrauen, Verachtung, Haß und Verfohl bereiten. » » »>- 59 »c« «kul! usm rohL < — w« ms mi- )pfs HM! esc!!! sci- mcr- dca- gen- iheil vea- >ich! ih!« sf! mc» eis i!»S Ist es denn wirklich so schwer, ist es wirklich unmöglich ir¬ dische Schätze zu verachten, die vergänglich sind, keinen wahren Werth haben, und daher auch keine wahre Glückseligkeit geben können? Ist es wirklich unmöglich einer wilden Leidenschaft zu ent¬ sagen, die dem Menschen seine Geistesfreiheit benimmt, und ihn in die Klasse der Thiere herabwürdiget? Ist es wirklich unmöglich eine aufbrausende Gemüthsart zu besänftigen, die nur Unheil und Verderben stiftet? Ist es wirklich unmöglich eine lästernde Zunge im Zaume zu halten, welche allezeit, Frieden, Freundschaft und Liebe aus der menschlichen Gesellschaft verscheucht? Nein, Niemand wird diese Selbstbeherrschung unmöglich finden, wenn er sich recht lebhaft überzeugen will, daß die Forderungen der Welt und der Sinnlichkeit ungleich schwerer und größer seyen, als die Forde¬ rungen des göttlichen Gesetzes, welches lauter Liebe ist; wenn er sich überzeugen will, oder vielleicht schon überzeugt hat, daß die Sünde und das Laster dem Menschen weder dauerhaften Frieden, noch eine wahre Glückseligkeit gibt, wohl aber beide verscheucht und vernichtet, daß hingegen die Tugend allein schätzcnswerth und über alles erhaben ist, weil sie den Menschen Gott ähnlicher, seines Wohlgefallens würdiger macht, und ihn seiner innigen Bestim¬ mung näher bringt. Wer sich diese Ueberzeugung verschafft hat, oder zu verschaffen ernstlich wünschet, — der wird in der Erfül¬ lung der göttlichen Gebothe keine Hindernisse finden, die unüber- steiglich waren, weil ihn die Liebe Gottes entstammet, seine Gnade ihn kräftig unterstützt, und die Hoffnung einer ewigen Belohnung nn Reiche der Seligkeit jedes grosse und schwere Tugcudopfer er¬ leichtert. Der wahre kindliche Gehorsam also, den wir Gott unseren höchsten Herrn und besten Vater leisten sollen, besteht in der genauesten Erfüllung aller seiner Gebothe und zwar aus reiner bleibender Liebe zu Gott. Wenn die Liebe Gottes der Hanpt- beweggruud unseres Gehorsames gegen ihn ist, so werden wir uic zu Gunsten der Sinnlichkeit aus Eigenliebe, Einwendungen, Ausflüchte und Entschuldigungen gegen das Gesetz vorbringen, nie eigenmächtig uns demselben entziehen, oder dessen Verlctzun- M zu beschönigen und zu bemänteln suchen; sondern wir wer¬ den unseren Pflichten im kleinsten wie im größten Amfange ge- breu bleiben, und uns eben darum, weil wir sie aus Liebe zu ^ott erfüllen, uns durch keine, selbst die größten Hindernisse 4t) nicht abschrccken lassen dem Willen Gottes gemäß zu handeln. — Wer meine Gebothe hat und sie hält, sagt Jesus, der ist es, der mich liebet, und wer mich liebet, den werde ich auch lieben und mein Vater wird ihn lieben, ich und mein Vater werden zu ihm kommen und bei ihm Wohnung nehmen. Wo aber der Vater und der Sohn ist, da ist auch der h. Geist, und wo die¬ ser ist, da ist himmlischer Trost und himmlische Freude. Selig über¬ selig also der, der den Herrn seinen Gott liebet und seinen Gebothen bis an's Ende treu bleibt. — Wenn sein letzter Lebensabend nicdersinket, der ihn mit Jesu seinem Heilande vereinigen, ihm das Reich der Seligkeit eröffnen soll — so wird er, wie einst Simeon der gottesfürchtige Greis, freudig sagen können: Lasse mich nun in Frieden sterben, o Herr, damit meine Augen dich meinen Herrn und Heiland bald dort oben in deinem Reiche sehen, deiner Anschauung ewig genießen mögen. Amen. Am Festtage des h. Joseph. »Joseph aber- ihr Mann, der gerecht war, und ihr nicht Schmach znziehen wollte, beschloß sie heimlich zu entlassen.« Math, i, 19. Eingang. §8ir begehen heute die jährliche Gedächtnisfeier des h. Joseph, den sich unser Vaterland als Schutzpatron gewählt hat, den es als solchen auch durch ein eigenes Fest verehrt. Doch abgesehen auch von dieser besonder» Verehrung, mit welcher schon unsere frommen Väter dem h. Joseph zugethan waren, ist es für uns hinreichend zu wissen, daß ihn Gott selbst schon hier auf Erden zur höchsten Würde erhoben, daß er ihn zum Lhcilnehmer an der Ausführung des größten Geheimnisses gewählt, ihn zum Nähr¬ vater seines menschgewordenen Sohnes bestimmt hat, und daß er ihn nun im Himmel als im Orte der Auserwählten durch eine unaussprechliche Seligkeit ewig belohnt und verherrlichet. Wollten wir fragen, welcher persönliche Vorzug außer der freien göttlichen Gnademvahl den h. Joseph so sehr in den Augen Gottes erhob, )>» » » 41 « « « « so gibt uns gerade das heutige Evangelium hierauf die so kurze als alles sagende Antwort: Joseph war ein gerechter Mann. Gerecht ist aber im Sinne der h. Schrift derjenige, der alle Lugenden in sich vereiniget, weil die Gerechtigkeit nach der Schriftsprache der Inbegriff aller Lugenden ist. Wenn nun der h. Joseph, als er noch in diesem irdischen Leben wandelte, vor Gott selbst als ein gerechter, d. i. vollkommen tugendhafter Mann erkannt, als solcher besonders begnadigt und erhöht wurde, so verdient er als ein Gerechter, und als Nährvater des menschge- ivordenen Sohnes Gottes um so mehr unsere Verehrung, welche wir ihm wohl dann am würdigsten erzeugen, wenn wir ihn in dem, was ihn vor Gott so groß gemacht hat, eifrig nachahmen, nämlich in seiner Gerechtigkeit. In dieser werden wir aber dm h. Joseph dann würdig nachahmen, wenn wir uns allezeit einer wahren und unverfälschten Lugend befleißen, denn, weil im Grunde die Tugend nur eine ist und darin besteht, daß man in allem, allezeit und überall nur nach dem Willen Gottes, und aus Liebe zu Gott handelt, so ist die Gerechtigkeit im Sinne der h. Schrift eben so viel, als echte und vollkommene Tugend. Sollen wir nun in der Lhat nach der Gerechtigkeit, oder nach echter Lugend streben, so müssen wir sie zuerst recht kennen, sie von der unrech¬ ten und falschen wohl unterscheiden, sonst könnten wir uns ent¬ weder selbst betrügen, und nach einer Tugend streben, die nichts weniger als Tugend ist, oder wir könnten wohl die Menschen täuschen, und vor der Welt als gerecht und tugendhaft erscheinen, vor Gott aber als ungerecht, ja als lasterhaft verworfen werden. Der herrliche Lobspruch, den das h- Evangelium dem h. Joseph ertheilt, daß er nämlich ein gerechter oder vollkommen tugend¬ hafter Mann war, soll uns also heute Gelegenheit geben, nach¬ zudenken, was die wahre Tugend an sich ist, um hernach zu er¬ kennen, was die Scheintugcnd seyn muß, und ob sie in uns ist. Die wahre Lugend hat ihre unfehlbaren Merkmahle an sich, doch aber nicht minder hat auch die falsche die Ihrigen. Die Anwen¬ dung davon muß ein jeder an sich selbst machen. Und wenn man überhaupt von keinem christlichen Unterrichte, wo das Fehlerhafte vor Augen gestellt wird, die Anwendung auf Andere, sondern nur auf sich selbst machen soll, so gilt dieses ganz besonders von dem heutigen Unterrichte, der nach meiner Absicht auch zur Befördc- 42 « « « « rimg der Selbstkenntniß dienen soll. Ich vertraue somit auf ihre fromme Gelehrigkeit und Aufmerksamkeit. Abhandlung. Die Hauptmerkmale der wahren Tugend meine Lieben be¬ stehen darin: daß sie rein und gründlich in ihren Absichten, weise und ordentlich in ihren Werken, und ausharrend in ihren Prii- fungcn sind. Von diesem letzten Merkmale der wahren Tugend, daß sie nämlich in der Prüfung oder im Kampfe ausharrend ist, habe ich bereits vor nicht gar langer Zeit schon gesprochen, des¬ wegen wollen wir gegenwärtig nur bei den 2 ersten Merkmalen stehen bleiben, und sie genauer betrachten. Was also das erste Merkmal betrifft: Die wahre Tugend ist rein und gründlich in ihren Absichten, weil sie in Allem nur Gott zu ihrem Ziele hat, bei Allem nur Gott zu ihrem Zeugen, und für Alles nur Gott zu ihrem Belohner zu haben wünscht. Wo nun Gott allein das Ziel ist, da sucht man mehr Innerliches als Aeußerliches, wo Gott allein Zeuge seyn soll, da trachtet man mehr im Verbor¬ genen, als öffentlich zu arbeiten, und wo Gott allein Belohnet seyn soll, da wünscht man mehr ihm zu gefallen, als seiner Ei¬ genliebe zu fröhnen. Schon in diesen 3 Stücken liegt ein un¬ endlicher Unterschied zwischen der wahren und der Scheintugend. Wir wollen diese 3 Stücke einzeln betrachten. — Die echte Tu¬ gend hat Gott allein zu ihrem Ziele, darum liebt sic die Wahr¬ heit, die von Gott ausgeht, und wieder in ihn zurückkehrt, und vervollkommnet das Herz. — Die Scheintugcnd hingegen liebt den Schein und nicht die Wahrheit, darum behält sie ein verstelltes und ungcbessertes Herz. Der eigentliche Sitz der Tugend ist ge¬ rade das Herz, denn von dem Gerechten oder wahrhaft Tugend¬ haften sagt die h. Schrift: Das Gesetz Gottes ist in seinem Herzen, und seine Schritte werden nicht ausgleitcn. Das Herz leitet also seine Schritte vom Bösen ab, und diese Schritte kön¬ nen nicht böse seyn, so lange das Herz gut ist, und das Gesetz Gottes liebt. Darum sieht auch Gott nur auf das Herz, und an diesem findet er sein besonderes Wohlgefallen, oder seinen Ab¬ scheu, alles übrige ist ihm dem Gott des Herzens zu wenig und zu gering. » » »)> 45 « « « « Nun trugen aber viele das Gesetz des Herrn nur im Kopfe herum, ohne cs in ihr Herz aufzunchmen, d. i. sie wissen es, ohne selbes zu erfüllen, oder sie erfüllen es äußerlich, ohne es innerlich zu lieben und zu wollen; sie wählen sich also nur die Schale, und nicht den Kern davon aus. Die Kenntnis; der Lu¬ gend ohne Ausübung nützt aber dem Menschen nichts, und die Ausübung selbst ohne die innerliche Liebe Gottes ist von keinem Verdienste. Denn, wenn ich alle Erkenntnis; besäße, alle Geheim¬ nisse wüßte, und einen so starken Glauben hätte, daß ich Berge versetzen könnte,- hätte aber die Liebe nicht, so wäre ich nichts, sagt der h. Apostel Paulus, und wenn ich all mein Vermögen unter die Armen verthcile, ja meinen Leib selbst zum Verbrennen hingebe, dabei aber die Liebe nicht hatte, so würde es mir nichts nützen. Die wahre Lugend also, die in Allem Gott allein zu ihrem ersten und letzten Ziele hat, gibt ihm das Herz ganz ohne mindesten Vorbehalt hin, und vervollkommnet cs durch beständi- ' gen Zuwachs der Liebe, die, obschon sie sich nothwendig im Aeußer- lichen zeigt, doch zugleich mehr noch im Stillen, im Innern des Menschen glüht und fortlodert. Da nun die Menschen nur nach dem, was sie sehen, urtheilcn können, so können sie auch nicht bestimmt wissen, was der eigentliche Beweggrund der guten Hand¬ lung eines Andern sey, die folglich auch nicht wissen, ob Gott das einzige Ziel aller seiner Handlungen sey; die Menschen irren demnach oft, wenn sie sich in ihren Urtheilcn nur am Aeußer- lichen anfhalten, und das was schimmert, bewundern, ohne den ersten Grund davon zu wissen. Und nicht minder blendet der Mensch oft sich selbst, und hält sich für besser als cr ist, wenn er nur im Aeußerlichen, das ihm aufhält, sich übet, und das Innerliche was nicht so glanzt, unbesorgt läßt. Darum, gleich¬ wie die falsche Lugend immer mehr scheint, als sie ist, so scheint im Gegentheile die wahre Lugend niemals so viel, als sie wirk¬ lich ist. Ganz einfach und fasslich hat der Sohn Gottes den Betrug der falschen Tugend geschildert, wenn er von den Pha- rilaern sagte: Ihr sevd überweißten Gräbern gleich, welche den Leuten von außen schön Vorkommen, inwendig aber voll Moder und Tvdteugebcine sind. Ferner die wahre Tugend wünscht nur Gott zu ihrem Zeu- M zu haben, ihm allein verlangt sie bekannt zu scyu. — Die ächeintugend Hütt sich dagegen nicht gerne im Finstern verborgen. »»»» 44 «««« Werke, die nur Gott sieht und sehen kann, sind vorzüglich das Vergnügen der wahren Tugend, — im Gegentheile sind die Au- ww gen der Menschen, die die Werke sehen, die Freude der falschen gro Lugend. -— Die echte Tugend will nicht nur den Augen der Au Menschen gern unbekannt seyn, sondern sie entgeht, so zu sagen uicl ihren eigenen Augen; sie sieht nur ihre Unvollkommenheiten, sie der denkt nur an das, was sie noch nicht ist, sie mißfällt sich selbst, klü weil sie den Grad der Vollkommenheit, den sie wünscht, noch gn lange nicht erreicht zu haben meint. Demuth ist ihre beständige hin Begleiterin, ihre treue Gefährtin, die sie selbst im Dunklen sicher zu führt, und auf keine Nebenwege jemahls verirren läßt. Ja die crh wahre Tugend geht noch weiter. Außer jenen guten Werken, M die der Christ wohl vor den Menschen leuchten läßt, insofern die- suk ses nicht die Eigenliebe, sondern die Liebe und die Ehre Gottes > ausdrücklich fordert, außer solchen guten Werken verbirgt die Gr echte Tugend ihre sonstigen guten Werke mit Fleiß, um dem Bei- licl falle der Menschen zu entgehen; dagegen gesteht sie gerne und — mit Fleiß ihre Mängel und Fehler, um von andern gerügt und gl gebessert zu werden, ja die wahre Lugend als eine erklärte Fein- de din der Eigenliebe, weiß nicht nur die Anfälle von Andern aus- de zuhalten, sondern sie weiß sogar auf Kosten ihrer Eigenliebe sich ter selbst eine Art Feinde zu erwecken. sa! Die Scheintugend denkt ganz anderst. Sie bläst gerne die wi Posaune, wenn sie Gutes thun will, sic schätzt nicht nur die m äußern Werke, sondern auch die Zeichen davon. Ihr eigener D Glanz gefällt ihr, und sie gefällt sich dann vorzüglich, wenn sie di glänzen kann. Sie bedauert es daher, wenn sie den Beifall der gk Welt nicht verdienen kann, sie läßt in ihrem Eifer nach, sobald sie nicht mehr Aufsehen macht, ja sie verschwindet schnell, wenn sie nicht leuchten kann, besonders aber ärgert es die falsche Lu- 8' gend, wenn sie gar noch dazu verkleinert, übel ausgedeutet und getadelt wird. Sie halt sich darum, so gut sie kann, schadlos durch die Verachtung ihrer Feinde, durch die Bekrittlung ihrer Gegner, und nennt überhaupt alle — Sünder, die nicht gerade so, wie sie selbst leben, die nicht wie sie falsche Gerechte sind. Aus demselben Grunde der Eitelkeit sucht die falsche Tugend auch immer etwas sonderbares, sonderbare Andachten, sonderbare Klei- düng, sonderbare äußerliche Werke, und überhaupt nichts, was ge- mein scheint, denn was nicht auffätlt, ist für sie zu klein. »»,»» 4 o «««« Die echte Tugend hingegen ist wahrhaft schön und liebens¬ würdig an sich, ist gerade im Alltäglichen und Gemeinen recht qrvß, zum Außerordentlichen aber aus Demuth furchtsam, im Auffallenden bedachtsam, im Glänzenden schüchtern, sie prangt nicht offen und schreiend, gleichsam wie die Rose, die die Blicke der Vorübergehenden von weiten schon an sich zieht, sondern sie blühet und duftet am lieblichsten in der Stille, und im Verbor¬ gen wie das Veilchen, man muß sie erst suchen, sich zur Erde hinuntcrneigen, d. i. sich gleichsam mit ihr herunterlassen, um sie zu finden, weil sie sich nicht leicht an öffentlichen, an freien und erhabenen Orten sehen laßt. Darum sagt auch der h. Augustin: Man muß sie anderwärts suchen, da, wo man sie gewöhnlich sucht, ist sie nicht. Die echte Tugend wünscht eben darum auch für alles nur Golt zu ihrem Belohnen zu haben. — Sie will also/ihre eigent¬ liche Belohnung nicht hier auf Erden, sondern in der Ewigkeit. — Die Scheintugend aber will auch auf der Erde gesegnet und glücklich feyn; sonst klagt sie, sonst ermüdet sie, sonst verschwin¬ det sie. Die eine, die wahre Lugend hat immer den Wahlspruch der Ergebenheit in den Willen Gottes, nämlich: Wenn cs Got¬ tes Wille ist, sonst verlange ich es nicht! — Die andere, die falsche Lugend hingegen, führt immer den Wahlspruch des Vor¬ wurfes und der Eigenliebe. Warum mir diese Leiden? warum mir dieses Kreuz? Warum mir diese Bitterkeit, und Andern nicht? Oder warum nicht mir dieses Gut? Warum mir nicht diese Gunst, diese Gnade? und warum Andern? Doch wehe der falschen Lu¬ gend! wenn sie Freude am zeitlichen Lohne hat! Denn wahrlich läge ich euch, sprach Christus von den Pharisäern: Sie haben ihren Lohn schon empfangen, sie haben jenseits keinen mehr zu gcwarten. Und in der Lhat meine Lieben! wenn nach der Lehre Zech die linke Hand nicht wissen soll was die rechte thut, d. i. wenn wir selbst gleichsam nicht wissen, vergessen sollten, was wir Gutes gethan, warum soll es denn die Welt wissen? Wenn wir Gottes Lohn erwarten, was wollen wir Meltdank annehmen? Wir vergessen ja, wem wir dienen, und um was wir dienen, wenn wir die Menschen als Zahler annehmen. Es ist sogar das mcht unser wahrer Vortheil, wenn uns Gott selbst schon in die¬ sem Leben zu belohnen scheint, es ist dieses vielmehr nur eine Prüfung der Lugend, wenn ihr hiernieden sichtbare Kronen be- » » » » 46 stimmt sind, und Gott will sie nur großmüthiger machen, wenn er sie auch den zeitlichen Segen einigermassen verachten lehret So stellt sich also die wahre Lugend in ihrer Absicht dar. Gott ist ihr einziges Ziel. — Gott nur wünscht sie zu ibrem Zeugen, Gott nur zu ihrem Belohnen zu haben. Darum tugendhaft sehn und es scheinen, ist gar oft gefährlich, tugendhaft scheinen, und es nicht seyn, ist allemahl niederträchtig, aber tugendhaft scyn, und cs nicht scheinen, bas ist das segenvollste Kennzeichen der wahren Tugend und Demuth. Man mag dabei immerhin verkannt und verachtet werden, das ist ja keine Erniedrigung der Tu¬ gen-, sondern nur die Uebung derselben, und wer Gott allein sucht, der findet ihn rdrgends leichter , als wo außer Gott gar nichts mehr Anzügliches und Vortheilhastes ist. Das zweite Hauptmerkmal der wahren Tugend besteht da¬ rin: daß sie weise und ordentlich ist in ihren Werken, d. h. daß sie das Gebothene immer dem Willkührllchen, das Wesentliche dem Zufälligen, und das fremde klrtheil dem Eigendünkel vorzieht. Die wahre Tugend zieht also immer das Gebothene dem Will- kührlichcn vor, und warum? Weil sie vom Geiste der Heiligkeit begründet, vom Geiste der Weisheit geleitet, und vom Geiste der Starke vollendet wird. Der Geist der Weisheit will aber in allen Dingen jege Ordnung, die Gott haben will, weil Got¬ tes Wille die Richtschnur des Unsrigen, und der Ursprung alle» Guten ist. Nun aber will Gott zu allererst von uns, daß wir das, was er ausdrücklich befohlen hat, vollziehen, und dann erst ihm zu Liebe thun, was unser guter Wille vollziehen will. Folg¬ lich muß ohne Widerrede die genaueste Bevbachtunng seiner Ge- bothe, die erste Uebung der wahren Lugend seyn. Thue, was du willst, sagt der h. Bernhard, du wirst nichts thun, was Gott gefällt, wenn du das unterlassest, was er begehrt. Als einst eia Geseßlehrer Jesum fragte: Meister, was muß ich thun, um das ewige Leben zu erben? entgegnete Jesus? Was steht im Gesetze geschrieben? wie liefest du? Jener antwortete: Du sollst Gott deinen Herrn lieben vom ganzen Herzen , von ganzer Seele, aus allen Kräften und vom ganzen Gcmüthe, und deinen Nächste» wie dich selbst. Und Jesus antwortete ihm: du hast recht geant¬ wortet, thue das, und du wirst leben. In diesem Gesetze Got¬ tes ist nun kein Punkt, der nicht verpflichtet, wie die andern, es ist keine Zeit, wo wir von dieser Verpflichtung entlassen wer- »»»,» 47 «««« den, und kern Vorwand, der die Unterlassung rechtfertigen wurde, folglich muß die Beobachtung dieses Gesetzes eine vollkommene, eine beständige, und eine getreue Beobachtung seyn. Wer also mit der Gnade Gottes auf diese Art die Gebothe beobachtet, der nur wird von der nämlichen Gnade Gottes geleitet und unter¬ stützt, auch dann, wenn er üöerdieß noch freiwillige andere gute Werke ausüben will, denn er wird diese willkührlichen guten Werke nur als Hilfsmittel zur vollkommenen Erfüllung des aus¬ drücklichen göttlichen Gesetzes betrachten, wird sie immer diesem Gesetze unterordnen, und nie anders als nach dem Geiste dieses Gesetzes ausüben. So handelt die wahre Lugend in Hinsicht auf das Ecbothene und auf das Willkührlichc. Was macht hingegen die falsche Lugend? Sie macht lieber ihr Hauptgeschäft aus dem Willkührlichen, als aus dem Gebo¬ tenen, und darum rst sie oft ängstlicher in Unterlassung dessen, was sie sich selbst vorgenvmmen, als in Erfüllung dessen, was ihr Gott befohlen hat. Sie hat z. B. ihre Gebethe, ihre Be-- suchungcn der Kirche, ihre Almosen und auch ihre eigenen Buß- wcrkc; diese unterläßt sie wohl nicht. Sie ist aber «n gemein empfindlich. Beim Widerspruche, ungehalten im Kreuze, unzu¬ frieden mit der sittlichen Vollkommenheit Anderer, und sogar bose und rachgierig, wenn sie nicht geschätzt wird, und das alles achtet sie für nichts. Sie liebt, wie cs scheint Gott, weil sie eben unmittelbar wider ihn nichts Boses thun will. Den Näch¬ sten aber kann sie nie aufrichtig lieben, weil er nach ihrer Mei¬ nung noch so fchlcrhast ist, und weil er nicht eben so denkt, wie sie. Sie läßt von der einen Seite alles Gott über, nur soll er den Nächsten von den vermeinten Fehlern reinigen, und vorzüglich durch Strafen und Züchtigungen, denn sie hat an ihm gar vieles auszustellen. Sie fragt darum auch immer mit den Pharisäern und Schristgclehrten: Warum übertreten die Jün¬ ger die Satzungen der Alten? da man hingegen ihr nichts besseres sagen kann, als: Warum übcrtritst denn du das Gesetz Gottes deiner eigenen Satzung willen. Wenn also die wahre Tugend das Ecbothene immer dem Willkührlichen Vorsicht, so sieht umgekehrt die falsche Lugend das Willkührlichc dem Ge¬ botenen vor. Ferner die wahre Lugend zieht immer das Wesentliche dem Zufälligen vor. Mer immer die Vollkommenheit außer seinem » » » » 4L « « « «. Stande sucht, der zieht das Zufällige dem Wesentlichen vor, Warum? Weil nach den ausdrücklichen Gebothen Gottes nichts Wesentlicheres für den Christen ist, als die genaue Erfüllung der Standespflichten. Deßwegen bitte ich euch schreibt der h. Apost. Paulus an die Epheser, daß ihr nach eurem Berufe, wel¬ chen ihr empfangen habet, wandelt. Und wirklich m. L. die Standespflichten im Allgemeinen und im Befondern betrachte! sind wahre Befehle Gottes, sein bestimmter unausweichlicher Wille Gott setzt uns in besondere Stände und Umstände, und dicß ist der besondere Beruf. Er will also, daß wir nach diesem Beru¬ fe leben, und die Obliegenheiten desselben vor Allem ander» zufälligen, das nicht bestimmt seyn muß, erfüllen. Nun legt uns aber jeder Stand Pflichten auf, die wir für uns, und Pflichten, die wir gegen Andere vollziehen müssen; was nun of¬ fenbar wider unfern Stand ist, kann nicht gut seyn, Gott ver- biethet es ja. Was über unfern Stand ist, kann nicht nütz¬ lich seyn; Gott kann es nicht wollen, und was ohne unserer Standeserfüllung geschieht, kann Gott nicht angenehm seyn, denn er will zuerst Gehorsam. Die falsche Tugend unterschei¬ det sich nun eben hierin wieder von der echten dadurch, daß ft ihre Nahrung fast immer außer ihrem Stande sucht. Sie ist unzufrieden mit ihrem Stande, weil nach ihrer Meinung an¬ dere besser Zeit haben, zu thun, was sie nach ihrem Belie¬ ben selbst thun möchte, sie ist saumselig in ihrem Stande, weil sie oft die Pflichten desselben unterläßt, um etwas andern: ob¬ zuliegen, was für sie nicht Pflicht, sondern, was nur ihr Ei¬ gendünkel ist, sie ist endlich betrogen durch chren Stand, weil sie oft glaubt: der Stand werde sie heiligen, da doch sie de« Stand heiligen, oder sich nach dem Stande heiligen soll. Wen« also die wahre Tugend das Wesentliche dem Zufälligen vorzieht so zieht die falsche das Zufällige dem Wesentlichen vor. Endlich zieht die wahre Tugend auch das fremde Urtheil immer dem Eigendünkel vor- Es ist nämlich eine Hauptregä der echten Lugend, daß sie auf ihre eigene Meinung wenig bart Warum? Weil die Eigenliebe verführerisch, der Gehorsam hin- gegen vor Gott verdienstlich, und die Demuth vor ihm schätz¬ bar ist. Eben diese, die Demuth sagt uns immer, daß unsere Einsichten schwach und unsere Neigungen schwer zu leiten sind/ folglich will die Demuth auf dem Wege der Vollkommenheil »-)»)- 49 «««« fremde Leitung, fremde Unterstützung, fremdes Urtheil, und eben dadurch weicht sie desto gewisser den Fallstricken des Jrrthums, und der Verblendung aus. Die wahre Lugend, von der De- nmth geleitet, sucht sich daher einen Führer, und wünscht sich einen klugen, der den Weg des Herrn, und die Irrwege der verderbten menschlichen Natur kennt, einen frommen, der genau den Willen Gottes andeutet, und für dessen Erfüllung in Wort und That eifert; einen gerechten, der nicht schmeichelt, und un¬ fern eigenen Willen, sobald er eine schiefe Richtung nehmen will, zu unterdrücken weiß — einem solchen schenkt dann die wahre Lugend ihr Vertrauen, und leistet ihm in allem Gehorsam. Die falsche Tugend thut gerade das Gegentheil. Ihr ist Niemand klug genug; denn sie will ihre eigene Einsicht haben — von ihrem Tadel ist niemand frei; denn sie glaubt, am weite¬ sten gekommen zu seyn — und niemand ist Meister über sie, denn, wer nicht Gott ist, von dem nimmt sie keine Befehle an — sie will ganz und gar nicht gebunden seyn, den Geist des Gehorsams kennt sie nicht, der Geist der Freiheit herrscht in ihr; darum nimmt sie auch das härteste Joch, das sie tragen will, selbst auf sich; von andern Händen aber mag sie auch eine leichte Bürde nicht leiden, kurz, sie zieht ihren Eigendünkel jedem frem¬ den Urtheile vor. Sehen Sie meine Lieben! das ist der grosse Unterschied zwischen der wahren und falschen Tugend. Menn Sie auf diesen Unterschied recht aufmerksam waren, so werde ich mich schwerlich irren, wenn ich sage: daß jeder aus Ihnen, und selbst der, der vielleicht die Lugend nicht ausübt, bei sich selbst, in sei¬ nem Innern gestehen wird: wenn die falsche Tugend abscheulich und niederträchtig ist, so ist die echte Tugend doch wahrhaft lie¬ beswürdig und himmlisch. Nun denn, so bestreben wir uns, uns die wahre, liebenswürdige, himmlische Tugend immer mehr eigen sU Machen, damit wir durch sie den verherrlichten Nährvater des Gottmenschen Jesu Christi, den h. Joseph würdig nachahmen und würdig verehren, damit wir, wie er, vor Gott den Namen des Gerechten verdienen, ihm als solche schon im Leben Wohlgefallen, und dereinst mit ihm, wie der h. Joseph unser Schutzpatron im Reiche der Seeligen ewig vereiniget werden. Amen! 4 50 «««< Am Feste Mariä Verkündigung. »Sich' ich bi» eine Dienerin des Herrn, mir geschehe nach deine»i Worte.« Luk. i, 33. Eingang. §)es dreieinigen Gottes anbethungswürdiger Plan, der die Ret¬ tung und Beseligung des gefallenen Menschengeschlechtes umfaßt! — wird einer Nazareischen Jungfrau Namens Maria bekannt gemacht. Ein Engel, den die h. Schrift Gabriel d. i. Kraft Gottes nennt von dem Allerhöchsten abgefandt tritt vor Maria hin und leitet seinen Auftrag mit einem Grusse ein, der ganz ihrer künftigen erhabenen Würde entspricht: Sey gegrüßt da Gnadenvolle spricht er — der Herr ist mit dir, du bist gebe- nedeit unter den Weibern. — Maria erschrickt nicht minder über das plötzliche Erscheinen des Engels, als über seinen geheimniß- vollen Gruß. — Sie antwortet nur durch ihr Stillschweigen imd überlegt bei sich, was dieser Gruß sagen wolle? — Aber der Gesandte Gottes, der ihre Unruhe und Bestürzung wahrnimmt sucht Muth einzuflössen der zitternden Jungfrau: Fürche dich nicht Maria, sagt er, denn du hast Gnade gefunden bei Gott und nun erklärt er ihr, worin diese Gnade bestehe. Sie si? nämlich bestimmt Mutter desjenigen zu seyn, der ein Sohn des Allerhöchsten genannt werden, dem Gott der Herr den Lhro« seines Vaters David geben, der über das Haus Jakob ewig herrschen und dessen Reiches kein Ende seyn wird. Maria erhedl nicht den mindesten Zweifel gegen das Geheimnisvolle der E»- gelsrede, nur kann sie den Befehl Mutter zu werden mit dcr Gott angelobten jüngfräulichen Reinigtest nicht vereinigen, das ist es, was sie ängstlich und schamhaft dem göttlichen Ge¬ sandten zu verstehen gibt. Aber dieser beruhiget sie mit der Ver¬ sicherung, daß ihre Mutterschaft eine Wirkung der göttliche" Kraft seyn, weswegen auch das Heilige, das von ihr gebott« werden sollte — Gottes Sohn heißen werde; und theils lB ihr jede Besorgnis zu benehmen, theils ihr eine doppelte Freude zu verschaffen, eröffnet er ihr auch das nicht weniger Wunder- 51 bare, daß Elisabeth die Unfruchtbare nun in ihrem hohen Alter einem Erben entgegen sehe, — denn bei Gott ist nichts Unmög¬ lich. Mit diesen Worten schließt der Gesandte seinen Auftrag, und Maria antwortete ihm in tiefester Demuth. Sieh' ich bin eine Dienerin des Herrn, mir geschehe nach deinem Worte. Bei dieser demüthigen Erklärung Mariens wollen wir heute etwas verweilen meine Lieben, denn diese Erklärung macht uns mit dem erhabenen Charakter der gottgeweihten Jungfrau bekannt, und gibt uns den Inbegriff aller Lugenden an. — Maria un¬ terwirft ihre Vernunft der höchsten Vernunft Gottes, und sie unterwirft ihren Willen dem Willen des höchst Heiligen. Von der Mutter unseres Heilandes wollen wir also lernen: Unter¬ werfung unserer Vernunft in Hinsicht auf die Geheimnisse Got¬ tes — von ihr wollen wir dann lernen Ergebung unseres Wil¬ lens in Hinsicht auf die Führungen Gottes — ein Gegenstand, der zu jeder Zeit, besonders aber in unscrn Lagen einer ernste¬ ren Betrachtung und daher auch Ihrer Aufmerksamkeit, meine Theuern, würdig ist. Erster Theil. Um es recht zu erkennen und zu fühlen, welch' lebendigen Glauben die gottgeweihte Jungfrau besaß, mit Welcher Demuth sie ihre Vernunft unter die höchste Weisheit des Ewigen in Hin¬ sicht seiner tiefen Geheimnisse beugte: muß man den Inhalt der Engelsbotschaft scharf in's Auge fassen und nicht so flüchtig dar¬ über hinweggehen, als über eine Sache, die, weil sie uns schon zur Genüge bekannt ist, unsere Aufmerksamkeit nicht mehr reizt. Was liegt denn in der göttlichen Ankündigung des Engels? Maria soll ohne Verletzung ihres Gelübdes Mutter und Jung- Ü'au zugleich — Gott soll Mensch, der Ewige sterblich, der Unerschaffene ein Kind werden — Elisabeth soll jetzt in ihrem hohen Alttr einem Erben entgegen sehen. — Lauter offenbare Widersprüche für den kurzsichtigen Menschenverstand lauter un¬ durchdringliche Geheimnisse des Ewigen! Und doch erhebt Maria komen Zweifel wider das Unergründliche dieser Engelsbotschaft, sie verlangt keine nähere Beleuchtung des grossen Dunkels, sie loscht der Möglichkeit dessen, was geschehen soll, nicht vorwitzig ""ch, sobald sie erkennt, daß der Auftrag von oben komme, daß »»»» 52 «««« Gott selbst gesprochen habe. Nur ihrem auf göttlichen Antrieb gemachten Gelübde wünscht sie getreu Nachkommen zu können und nur in Hinsicht dieses Gelübdes geräth sie in Verlegenheit. Aber selbst diese Verlegenheit, ist sie wohl was anders, als der stärkste Beweis ihrer hohen Reinigkeitslicbe? Indessen sind ihr auch hierüber die einfachen Worte, mit denen der Engel seinen Auftrag schließt, indem er sagt: Bei Gott ist nichts unmöglich — diese einfachen Worte sind ihr zur Beruhigung genug — sie bringt Gott das willigste schönste Opfer — sie unterwirft ihre Vernunft in Ehrfurcht der höchsten Vernunft Gottes und sieht der Erfüllung dessen, was ihr der Engel angekündlget, in gläu¬ biger Hoffnung entgegen. Wie sehr beschämt doch die gottergebene Jungfrau mit ihrem demüthigen Glauben viele Christen unserer Lage! — vor¬ züglich jene stolzen Allwißler, jene thörichten Weisen, jene Ver¬ nunfthelden, die sich erkühnen, den Ewigen in seinen Werken zu meistern, über Ursachen und Wirkungen, deren nothwendiger oder wohlthätiger Zusammenhang nur dem bekannt seyn kann, der selbst Ursache und Wirkung von allem ist, zu urtheilen, die mit Maulwurfsaugen das Geheimnisvollste und Heiligste durch¬ schauen wollen, und es leider nicht merken, daß sie vollends er¬ blinden , während sie mit dem ihrem schwachen Auge weife zu¬ gemessenen Lichte nicht zufrieden, in die Sonne selbst schauen wollen. — Mit ihrer, von allen Seiten beschränkten Vernunft wollen sie die Liefe der unendlichen Weisheit ergründen, da ihnen doch eher gelingen würde, das grosse Weltmeer mit einem Löffelchen auszuschöpfen und in ein enges Grübchen zu sammeln. Möchten doch solche stolze Weifen, (will ich sagen Lhoren!) ein¬ mal nur mit Aufmerksamkeit die Worte des h. Paulus über¬ denken , in die er bei der Betrachtung des Geheimnisses unserer Erlösung, ausbricht: O Tiefe der unermeßlichen Weisheit und Kenntnis Gottes, ruft er aus — wie unbegreiflich sind seine Gerichte, wie unerfvrschlich seine Wege! Wer hat je die Ge¬ sinnungen Gottes vollkommen erkannt? oder wer war sein Rath¬ geber ? wem ist er etwas schuldig, daß er ihm wieder geben müßte? denn aus ihm, durch ihm und in ihm hat alles sein Daieyn, ihm sey Ehre und Ruhm in Ewigkeit! — Und wahr¬ lich, wenn der Christ die engen Gränzen seiner Vernunft kennt, was doch nicht schwer ist, was wird er anders thun als »i>t 55 dem grossen Apostel hinsinken und anbethen die Tiefe der Weis¬ heit Gottes? Wenn ihn sein Glaube lehrt: es sey ein Gott einfach in der Natur, und dreifach in der Person — Gott sey Mensch geworden und habe am Kreuzesholze für die Sünden der Welt sein Leben ausgehaucht, sey aber am dritten Lage aus ei¬ gener Macht aus dem Grabe wieder auferstanden — Jesus sey als Gott, unter den Gestalten des Brotes und Weines verhüllt, in jedem kleinsten Lheilchen des Brotes so ganz, wie in dem Ganzen vorhanden — unsere in der Erde zu Asche vermoderten Gebeine werden auf den Schall der Gerichtsposaune zu einem neuen Leibe gebildet und belebt aus den Gräbern hervorgehen — wenn dem Christen, sage ich, sein Glaube diese und andere Ge¬ heimnisse vorlegt, so wird er über die Möglichkeit dessen, was sie in sich fassen, nicht faseln und vernünfteln, sondern seine be¬ schrankte Vernunft der Vernunft Gottes ehrfurchtsvoll unterwer¬ fen, sobald er aus unverkennbaren Merkmahlen aus bestätigten göttlichen Wundern und Weissagungen versichert ist, daß Gott selbst gesprochen habe. Und dieses Opfer wird der gläubige Christ um so nothwendiger finden und seinem Schöpfer um so lieber darbringen, je deutlicher er sich bewußt ist, daß es schon in der Natur unendlich vieles gebe, dessen Ursache oder Wirkung für ihn tiefes Geheimniß ist und feine Einsichten übersteigt. Anstatt aller menschlichen Beweise will ich Ihnen hierüber die väterliche Zurechtweisung, die Gott selbst dem leidenden Job gibt, anführen. Job der fromme Dulder, war nämlich wegen der vielen und harten Unglücksfälle, die ihn Schlag auf Schlag trafen, schon nahe daran wider Gottes Anordnungen und Führungen zu mur¬ ren, und in seinem Vertrauen auf ihn zu wanken. Da vernimmt Job aus einer Gewitterwolke die Stimme Gottes, die da sagt: Wo warst du als ich die Erde gründete? sag's wenn du so weise b'-st, — wer bestimmte ihren Umfang, wenn du es weißt? Wer zog die Meßschnur über sie? Wo war ihr Grund eingesenkt, von wem ihr Eckstein gelegt? Wer legte dem Weltmeere Schleußen als es gleichsam aus seinem Mutterleibe stürmte? Wer kleidete es in Wolken, wer gah ihm Nebel zu Windeln? — Ich setzte ihm Gränzen und Dämme, ich befahl ihm: bis dahin sollst du kommen und nicht weiter, hier sollen sich brechen deine schäumen¬ den Wellen. Hast du dem Morgenrothe seine Stelle angewiesen und es ausgespannt, daß es das Erdende fasse? Sag's wo wan- 54 delt man hin zur Sonne, wo herbergt die Nacht? — Kannst du hinauf zu den Schneegewölben, oder sahst du die Behältnisse des Hagels. Wer leitet den Regen in gießende Ströme, wer zeigt dem treffenden Blitze die Bahn, daß es regnet auf unbe¬ völkerte Länder, auf Wüsten, wo kein Sterblicher wohnt, daß Gras aufkeimet in befeuchteter Einöde? Kannst du aufgehen lassen den Abendstern zu seiner Zeit, und die Nacht aufsteigcn über die Bewohner der Erde? Kennst du die Gesetze des Himmels? Er¬ schallt zu den Wolken dein Befehl, damit sie ihren Wasservor¬ rath ausströmen über die Erde? Schickest du die Blitze nach al¬ len Weltgegenden, antworten sie dir wenn du rufst, und sagen: hier sind wir? So macht Gott selbst recht väterlich in einer fa߬ lichen Menschenfxrache den zagenden Job aufmerksam auf alle Er¬ scheinungen in der Natur, und zeigt ihm wie wenig er sich er¬ kühnen sollte über seine Weisheit und Allmacht zu sprechen; und Job antwortete voll Ehrfurcht: Ich habe leichtsinnig gesprochen o Herr! was kann ich antworten, meine Hand will ich auf den Mund legen, denn ich erkenne cs, alles vermagst du, — dir ist kein Unternehmen zu groß. Weil es also gewiß ist, daß wir Gottes Weisheit und All¬ macht in der Natur, in dem was uns so nahe ist, was uns be¬ ständig umgibt, nur bewundern, nur anbethen, nicht aber ergrün¬ den können: um wieviel weniger sollten wir uns erkühnen, in die grossen Geheimnisse unsers Glaubens mit unserer beschränkten Vernunft eindringen zu wollen. — Und eben hierin ist uns die Mutter unfers Heilandes das schönste würdigste Muster der Nach¬ ahmung. Sie glaubte das Unbegreiflichste, Geheimnißvolleste ohne Bedenken, sobald sie sich überzeugt hatte, daß es ein Ausspruch der Weisheit Gottes sey. Aber nicht genug, daß sie glaubte, daß sie ihre Vernunft der höchsten Vernunft Gottes unterwarf, sie beugte auch ihren Willen unter den Willen des Höchstheiligen. Wie sehr wir die Mutter unsers Erlösers auch in dieser Lugend nachzuahmen streben sollen, davon im zweiten Theile. Maria war zwar, wie es die heil. Evangelisten bezeugen, vom Davidischen Stamme entsprossen; aber der Glanz des köuigl. Hauses David war zu ihrer Zeit schon vollkommen erloschen, 55 weswegen auch Maria als letzter Sprößling dieses Hauses in grosser Dürftigkeit, in tiefer Vergessenheit zu Nazaret einem sehr verachteten Stäbchen von Galiläa lebte. Diese Umstände nun, und das Gelübde einer steten Jungfrauschaft, zu dem sie sich auf göttlichen Antrieb entschlossen hatte, — konnte sie nicht leicht vereinigen mit der erhabenen Würde einer göttlichen Mut¬ ter. Aber so wie eine bewunderungswürdige Demuth und Gott- ergcbenheit, von Jugend an die Zierde dieser stillen bescheidenen Bürgerin von Nazaret war, so leuchtete nebst ihrer Reinigkeits- licbe, diese Demuth und Gottergcbenhcit am schönsten bei der Bothschaft des Engels aus ihren Betragen hervor. Sie erhebt sich nicht bei der Ankündigung einer Würde, die sie zwar über alle ihres Geschlechtes auszeichnet, die sie aber doch mit ihren Verhältnissen nicht vereinigen kann; sie widersteht sich aber auch nicht dem Befehle des Allerhöchsten. Sieh' ich bin eine Diene¬ rin des Herrn, antwortete sie dem Engel, mir geschehe wie du gesagt. — Der demüthigste Gehorsam, aber wie heilbringend in seinen Folgen meine Lieben! denn diese wenigen Worte des Ge¬ horsams vollendeten das Geheimniß der Menschwerdung unsers Erlösers, beglückten das ganze Menschengeschlecht, machten den Ungehorsam der ersten Aeltern wieder gut, und erfüllten die trö¬ stenden Weissagungen des grauen Alterthumes. Aus der demü- thigen Ergebung Mariens in den Willen Gottes, entsprang also Heil und Segen allen Geschlechtern, allen Nationen der Erde. Welch' mächtiger Antrieb für uns meine Lieben, die Mutter un- >ers Heilandes in dieser schönen Tugend nachzuahmen, da wir aus ihrem Beispiele und aus unzähligen andern überzeugt sind, wie segensvoll eine kindliche Ergebung in den Willen des All¬ mächtigen sey. Aber leider geschieht es nur zu gewöhnlich, daß der Mensch, der keine lebendige Ueberzcugung von der Macht, Weisheit und Güte Gottes besitzt, oder dessen Glaube im Herzen kalt und erstorben ist, sich den Anordnungen Gottes entweder geradezu widersetzt, oder doch gegen seine Führungen thörichte Klagen erhebt, um so mehr, wenn ihm diese göttlichen Führun¬ gen dunkel und geheimnisvoll sind. Indessen wohin führt eine secchc Widersetzlichkeit gegen den Willen des Allmächtigen'? Offen- bar nur zu noch grössern Leiden, zum vollkommenen Lebensüber- eusle, wohl auch zu den traurigsten und schrecklichsten Vergehun¬ gen wider Gott und den Mitmenschen, — nie aber zu jener 56 Heiterkeit, zu jenem Seelenfrieden, den nur ein kindlicher Ge¬ horsam eine stille Ergebung gewahrt. Ich fürchte nicht, Unrecht daran zu seyn, meine Theuern, wenn ich mich in dieser Hinsicht auf ihre eigene Erfahrung berufe. Ohne Zweifel war fchon man¬ cher aus Ihnen in solchen Lagen, wo er von allen Seiten ver¬ sucht wurde, den Anordnungen Gottes entgegen zu handeln, oder über dieselben zu murren und zu klagen. Mancher sah sich viel¬ leicht gezwungen Pflichten auf sich zu nehmen, deren Erfüllung ihm viel Ueberwindung, viel Entsagung und säuern SchweW kostete. Mancher glaubte am Ziele seiner Wünsche zu stehen, und seine gerechtesten Hoffnungen wurden ihm durch ein schein¬ bares Ungefähr vereitelt; Manchen traf vielleicht ein Leiden ini Unglück, unter dessen Last er erliegen zu - müssen glaubte. Wen» Sie nun in solchen und ähnlichen Fällen auf sich selbst aufmerk¬ sam waren, so werden Sie es gewiß noch wissen, welchen süsse» Trost die lebendige Ueberzeugung, daß Gott Ihre Schicksale vä¬ terlich leite, auf ihr nach Linderung schmachtendes Herz getröpfelt habe, — Sie werden sich noch jetzt mit Freude erinnern, wieviel Kraft und Stärks Ihnen der Gedanke verliehen, daß Sie den h. Willen desjenigen vollziehen, der als der Höchstweije und All¬ mächtige nur Ihr Bestes, befördern könnte; wenn Ihnen der h. Glaube sagte: Gott, die Duelle aller Liebe und Güte, kann dich sein Kind, durch alles was er voi^ dir fodert, oder über dich verhängt, nur glücklich machen wollen, er wird deiner traurige» Lage gewiß einen freudigen Ausgang verschaffen, wenn er es nach seinen weisen Absichten für gut findet, — wenn der Glaube durch solche Tröstungen ihr wundes Herz erwärmte, so fanden Sie sich gewiß mehr gestärkt und aufgerichtet, als Sie alle Trostgründe der Menschen nicht hätten ausrichten können, — Sie brachte» dann willig das Opfer, das der Vater im Himmel von Ihne» federte, und überstanden die harte Prüfung mit ungleich leichten» Eemüthe. Aber gefetzt, es hätten nicht alle aus Ihnen noch den mächtigen Trost, den eine kindliche Ergebung in den Wille» Gottes gewährt, gekostet, — so können ja weil es keinen ganz leidens- und sorgenfreien Zustand hienieden gibt, so können j» noch Tage kommen, die ich Ihnen nicht wünsche, Lage von de¬ nen Sie sagen werden: sie gefallen uns nicht, — es könne» trübe Wolken den bisher heitern Himmel Ihres Lebens überziehen, der blumenreicheste Pfad, auf den Sie bisher sorglos und spie- 57 lend hüpften, kann sich in einen steilen, rauhen dornenvollen Weg verwandeln, vor dem Sie zuriickbcbcn werden. Dann meine Lieben, dann werden Sic sich nach der bitter» Erfahrung, daß es Fälle in unserm Leben gibt, in denen man bei Menschen ver¬ gebens Trost und Hilfe suchet, nach dieser bittern Erfahrung wer¬ den Sie sich gewiß überzeugen, daß eine demüthige kindliche Er¬ gebung in den Willen des Allmächtigen allein wahre Beruhigung und Stärke verschaffen kann. Die h. Religion nur wird Ihnen dann als die treueste liebreicheste Freundin entgegen kommen, und Ihnen ihre rettende Hand reichen, die aus ihr geschöpfte Uebcr- zcugung, daß Sie unter der Vorsorge eines Höchstweisen, höchst- gütigen und allmächtigen Vaters stehen, wird Sie über jedes Un¬ glück erheben, Ihnen alle Beschwerden erleichtern und überwinden helfen. Darum meine Lieben, wenn Sie noch keine traurigen Erfahrungen gemacht haben, so üben Sie sich jetzt schon in min¬ der ungünstigen Vorfällen Ihres Lebens in der schönen Tugend der Gottergebenheit, die wir an Maria der göttlichen Mutter misers Heilandes bewundern, damit Sie dann, wenn es der Vor¬ sehung gefallen sollte, Ihnen auch Tage des Kummers und der Leiden zuzuschicken, unerschütterlich da stcheg, und in festem Glau¬ ben an die Weisheit und Allmacht Gottes mit einem kindlichen Vertrauen auf ihn zum Himmel aufblicken, und ruhig sagen kön¬ nen: Herr und Vater mir geschehe nach deinem Willen. Amen. Am Ostermontage. »Sie aber nöthigten ibn und sprachen: Bleibe bei uns! denn es wird Abend und der Tag hat sich schon geneigt.« Luk. 2^, 29. Eingang. 3wci Jünger reisten, wie das h. Evangelium meldet, nach ei- "M ungefähr drei Stunden von Jerusalem entlegenen Flecken Eniaus. — Aus ihrem Wege ist der Hauptgegcnstand ihres Ge¬ spräches — Jesus von Nazaret den die Nation vor dreien Lagen in Jerusalem hingcrichtet hatte. Aeußerst niedergeschlage« über das traurige Schicksal dieses ihres geliebten Herrn und Meisters, von welchen sie sich die gegründeteste Hoffnung ma¬ chen zu dürfen glaubten, daß er Israels Befreier feyn werde — thcilten sie sich ihre Ansichten Hierüber so wie ihren Schmerz wechselseitig mit, und suchten in dieser Mittheilung einige Beruhi¬ gung zu finden. — Während sie nun so im Gespräche eifrig begriffen sind, nähert sich ihnen ein Fremdling, der, wie eS schien, denselben Weg zu machen willens wäre. Er redet sie an, Was sind das für Gespräche, fragt er, die ihr miteinander füh¬ ret? und warum so traurig? — Die Beiden werden ungedul¬ dig, daß er sie störet, und noch mehr, daß er so fragen kann, als ob feines Wissens gar nichts Wichtiges dieser Tagen in Je¬ rusalem vorgefallen wäre — und er kam doch aus der Stadt? — Bist du denn allein so fremd in Jerusalem, sagt einer voa den Jüngern, Klcophas, daß du nicht weißt, was sich dort in diesen Tagen ereignet hat? — Was denn, fragte der Fremde? Was anders, antwortet Kleophas, als das was sich mit Jesu von Nazaret zugetragen, der ein Prophet Gottes, ein mächti¬ ger Wundcrthäter und Lehrer war, wie ihn die ganze Narion dafür hielt — den aber unser Rath zum Tode verurtheilt und an das Kreuz bat schlagen lassen — und doch hofften wir, er werde Israel erlösen! Aber jetzt ist bereits der dritte Tag, seil dieses mit ihm geschehen. — Zwar haben uns einige Frauen, die früh Morgens zum Grabe gierigen, versichert, daß sie den Leich- nahm nicht gefunden und ein Engel ihnen gesagt habe, daß er lebe; auch aus unserer Gesellschaft gingen Einige hin und fan¬ den es so wie die Frauen berichteten, ihn aber sahen sie nicht Jetzt nahm der Fremdling, der bisher, wie cs schien aufmerk¬ sam zugehört hatte, das Wort! O ihr Thoren sprach er! wir schwer feyd ihr doch zu überführen von dem was die gött¬ lichen Schriften sagen, daß mit dem Messias vorgehen mu߬ te. Und nun fing er an sie auf alle Stellen aufmerksam si machen, die in den h. Schriften Bezug auf den Messias hatten, ging alle Weissagungen von Moses und den Propheten mit ihnen durch, gab ihnen ihren wahren und eigentlichen Sinn an- und zeigte ihnen, daß Jesus alles dieses und zwar gerade so lei¬ den mußte, wie es geschehen ist. — Die guten Jünger wußten nicht, wie ihnen geschähe, da während dieses Gespräches ein Lichts wedei wäre, ger h wolle ihm länge ihnen der L de ni berge sitzt, ringe Lisch er bi bicthi bärge -fi Gesta den f Wer gcr i deckm hcn i anhal ter s auch sus s Meine zwar und nein bende land! tu Ci zu ur was bitte. 59 läge« und ma- e — )>Mj ruhi- eiftig ie es e an, füh- pdul- lann, > Je- tadt? - von ast in mde? Jest cichti- ario« : und ec seil , die Leich- aß er fan- nicht mcrk- wie g°!t- muß' n zu ittcn, nut l nn, a lci- ußM l ein Lichtstrahl nach dem andern in ihrem Verstände anfging; aber weder Aussehen noch Sprache verrieth den Fremdling wer er wäre. So näherte man sich dem Flecken Emaus, wo die Jün¬ ger hinziclten, der Reisegefährte aber schien noch weiter gehen zu wollen; er nimmt Abschied, aber was die Jünger bereits von ihm gehört hatten, macht sie begierig, seines Umganges noch länger zu genießen. Sie nöthigten ihn also freundschaftlich bei ihnen zu übernachten — cs ist ja schon Abend, sagen sie, und der Tag hat sich geneigt — bleibe doch bei uns! — Der Frem¬ de nimmt die Einladung an und geht mit ihnen in die Her¬ berge. Man setzt sich zu Tische, Brot und Wein wird vorge¬ setzt, und die Ehre beides hcrumzubiethen dem fremden Gaste eingcräumt- Der Fremde nimmt das Brot und verrichtet das Uchgebeth —- gerade so, wie es sonst Jesus verrichtet hatte, cr bricht das Brot — gerade so wie es Jesus gebrochen; er bicthet es den Zweien dar — gerade so wie es sonst Jesus dargebothen hatte — seine Gebehrden, seine Stimme- sein Blick — sie sahen ihn genauer an — richtig, seine Stimme und seine Gestalt — cr ist es, Jesus ihr geliebter Herr und Meister, den sie im Leben nimmer mehr zu sehen hofften, er selbst ist es! Wer vermag es mit Worten auszudrückcn, was die beiden Jün¬ ger in diesem Augenblicke empfanden! Doch so plötzlich die Ent¬ deckung war, so plötzlich war auch das Verschwinden — sie sa¬ hen ihn nicht mehr. — Jetzt hätten sie ihn erst festhalten und anhaltend bitten mögen: Bleibe bei uns, o bleibe bei uns gelieb¬ ter Herr und Meister. — Meine Lieben! würden wir denn nicht auch das nämliche thun, wenn wir gewiß wüßten, daß uns Je¬ sus so nahe ist, als er diesen beiden Jüngern war? — Getrost Meine Lieben! eben so nahe und noch näher ist uns Jesus, und Mr im h. Abendmahle. Wird er aber auch bei uns einkehren und bleiben wollen. Ohne Zweifel, wenn wir uns nur zu sci- ucm Empfange würdig vorbcreiten und ihn mit reinem und lie¬ bendem Herzen bitten: Bleibe bei uns liebreicher Herr und Hei- land! Wie wir uns nun zum Empfange unseres Heilandes Jc- Christi im h. Abendmahle vorbcreiten sollen, damit er gerne -u uns komme und bei uns bleibe^ darüber wollen wir jetzt ct- Nachdenken, wobei ich Sic um Ihre willige Aufmerksamkeit 60 Abhandlung. Als König David dem Herrn der Schöpfung einen Tem¬ pel bauen wollte, ließ er das Kostbarste und Prachtvollste, d«; ihm nur immer das Reich der Natur darbiethen konnte, hu. beischaffen, um ein Gebäude aufzufähren, welches der Majeßl und Heiligkeit dessen der darin wohnen sollte, in etwas windig wäre, — denn, sagt der König, es wird nicht eine Wohnung für Menschen, sondern für Gott seyn. Wirklich hatte auch de Tempel zu Jerusalem, der erst unter Salomo dem Sohne Ds- vids zu Stande kam, seines Gleichen nicht; und so außerordeul- lich die Zurüstungen und Vorbereitungen für dieses Gebäude m- ren, so außerordentlich und erhaben war die Feierlichkeit, mit Ml- cher es zu einer Wohnung Gottes eingeweiht wurde. — Bei all« dem war es doch nur eine todte von Menschenhänden erbaute Woh¬ nung, in welcher die Majestät Gottes nur auf eine figürliche M ihren Thron aufgefchlagen hatte. — Wenn ich Ihnen meine Lie¬ hen nun sagen würde, daß im neuen Bunde Gott in lebendig« Tempeln und zwar nicht auf eine sinnbildliche Art, sondern« seiner wahren Größe in seiner Wesenheit wohnen will, wenn ij Ihnen sagen würde, daß diese lebendigen Gottestempel uns« Herzen sind, wird nicht jeder aus Ihnen nothwendig schlich« müssen, daß, wenn unsere Herzen würdige Tempel und Wohnun¬ gen Gottes seyn sollen, eine ungleich größere geistige Vorberei¬ tung und Auszierung derselben erfodert werde, als sie bei da Tempel zu Jerusalem Statt hatte? Wo wird uns aber M außerordentliche Gnade zu Lheil, daß Gott selbst im eigentliche« und wahren Sinne in unseren Herzen seine Wohnung nimmt?- bei der h. Kommunion, oder bei der Theilnahme an dem h Abendmale welches Jesus der Sohn Gottes, da er für uns i« den Tod ging, als das erhabenste Denkmal seiner Liebe eingesetzt hat. Ja wahrlich das erhabenste, anbethungswürdigste und gc- heimnißvolleste Denkmal der Liebe Jesu des Sohnes Gottes Wenn wir die Größe, Majestät und Heiligkeit dessen, der Ü h. Abendmale sich mit uns vereiniget, mit unseren Ohnmacht- Sündhaftigkeit und Unwürdlgkeit zusammenstellen, — sollten nicht vielmehr zittern, eine Gnade anzunehmen, deren wir in Ewigkeit nicht würdig machen könnten? — wenn uns Jesi' der Sohn Gottes dieser Gnade nur einmal würdigte, wenn § uns di nur in einkehr- gen: si cm mc Werber aber sc Geschah solchen Heiligk Herz a uns zu durch c zu erg- leisten dahin len, ü der S> wird, L terthan groß ij selben, chen al und S net, al gelhast- Gastes sich Je narch i ne gri Mim »ollestc diesem gessen, ihn bes baren Nvthixx Meine t 61 « « « « i Le«: te, daj hü> stajestL würdiz ohimz uch du le Da^ ordeat- de m st wkl st all« W°h he M ne Lö mdign aern« enn ii UNsK hl ich» ohM rbem i da r j« ckliW cts- cn> ins" agesch ld zc- >er naäff m n>l> r u«l Jeffs n n el uns die hohe Verheißung gemacht hätte, — er werde einmal nur in unserm ganzen Leben zu uns kommen, in unfern Herzen einkehrcn, es mit der Fülle seiner Gnaden bereichern und heili¬ gen: so wäre unser ganzes Leben, wie lange es auch immer dau¬ ern möchte, nicht zu lange um es in einer beständigen heiligen Vorbereitung zum Empfange unsers Gottes zuzubringen. Da wir ober schwache, unbeständige, gewöhnlich in zeitliche Sorgen und Geschäfte zu sehr verlorene Geschöpfe, nicht genug Zeit zu einer solchen Vorbereitung verwenden können, wie sie die Größe und Heiligkeit dessen erheischt, den wir beim h. Abcndmale in unser Herz aufnehmen: so sollen wir wenigstens in der kurzen Zeit die uns zur Vorbereitung gegeben ist, unsern Eifer verdoppeln, und durch eine h. Begierde zum Äsche des Herrn würdig hinzutreten, zu ergänzen suchen, was wir unserer Schwachheit wegen nicht leisten können. Vor allen aber muß der Eifer der Vorbereitung dahin gehen, unsere Herzen die ein Tempel Gottes werden sol¬ len, in einen solchen Stand zu sehen, daß der hohe East Jesus der Sohn Gottes wenn er kommt, in denselben nichts antreffen wird, was ihn verunehren und beleidigen könnte. Wenn ein weltlicher Fürst, ein irdischer Monarch, die Un- terthanen mit seiner Gegenwart beehren und erfreuen will, wie groß ist da nicht ihre Sorge zu einem würdigen Empfange des¬ selben. Man wartet nicht erst den Lag der Ankunft des Monar¬ chen ab, sondern mehrere Tage voraus werden schon die Wege und Strassen auf denen er zu kommen hat gereiniget und geeb¬ bt, alles Beschädigte wird in bessern Stand gesetzt, alles Man- grlhaste herbeigeschaft, alles Unanständige, die Augen des hohen Dostes Beleidigende hingegen wird entfernet und verbannt. Und darf ßch Jemand gar mit der Hoffnung schmeicheln, daß der Mo¬ narch in stincm Hause Wohnung nehmen werde, so kennt er kei- »e größere Sorge, als wie er die Wohnung rein, angenehm, geschmackvoll genug einrichten, sie mit dem Kostbarsten und-Pracht- Volleston was er besitzt ausschmücken werde; wie könnte er bei ^cscm großen Eifer den Herrscher würdig aufzunehmen sich ver- geßen, das Mindeste nur, das ihm mißfallen müßte in der für stn bestimmten Wohnung zu lassen, oder wohl gar einen offen- Eii Feind des Fürsten im Hause zu behalten, wodurch er "othwendig dessen Gnade gänzlich verlieren würde. — Sehen Sie ">kme Lieben das thut man wenn die Ankunft einen irdischen Für- 62 « « t< << sten erwartet, so groß ist die Vorbereitung zu dessen Empfanget« dem der ihn in seine Wohnung aufzunehmen gewürdigct ist. - Und nun merken Sie wohl leicht, wohin ich mit diesem Gletz nifse ziele. So oft wir nämlich zum Tische des Herrn zu tret!! Willens sind, so erwarten wir da die Ankunft eines uneiidltz erhabenen Gastes eines Monarchen, der nicht ein oder mehren sondern alle Reiche der Welt ja die ganze Schöpfung mit seim allmächtigen Willen beherrschet, einen Monarchen, der die Ew ßen der Welt, die Könige der Erde auf ihre Thronen erhkii wann er will und sie von ihren Thronen stürzet wann er M vor dessen Angesichte sie im Gefühle ihrer Sterblichkeit und LH» macht in Staub dahinsinken, und ihm als schwache Untertham huldigen. — Die Ankunft unseres Schöpfers erwarten wir, deri« aus Liebe ins Dafeyn gerufen hat, der uns aber auch auf eim Wink seiner Allmacht in unser Nichts zurücksinken lassen kann- den der von Ewigkeit war, ist und seyn wird, der UnendA den Himmel und Erde nicht fassen können, kommt zu uns endb chen, beschränkten Wesen und will bei Jedem aus uns seinen Thm aufschlagen, seine Wohnung nehmen, und zwar nicht in uns« Hause sondern in unserm Herzen, nicht auf einige Lage, SW den oder Augenblicke, sondern auf die ganze Zeit unseres N- denlebens. Was ist daher billiger und nothwendiger als daß wir da höchsten Herrn der Natur dem Allmächtigen Unendlichen und HW heiligen unser Herz soviel es in unfern Kräften steht, zu ci«i würdigen Wohnung bereiten? — daß wir selbes reinigen va allen bösen Neigungen, von allen unordentlichen Trieben, va allen sündhaften Begierden; daß wir die Verletzungen der gött¬ lichen Gcbothe gut zu machen, das versäumte Gute eiuzubringa, das Unvollkommene zu vervollkommnen, und unser Herz die Ah¬ nung des Heiligsten, mit wahrhaft verdienstvollen schönen Tugen¬ den auszuschmücken suchen. Kurz, — Reinigtest des Herzens u«! wahrer Lugendeifer ist die erste und nothwendigste Vorbereitung zum würdigen Empfange Jesu des unbefleckten Lammes Gettt- im h. Abendmale. — Wo keine Reinigtest des Herzens ist, herrscht noch die Sünde, wo aber die Sünde noch herrschet, kann Jesus, da kann Gott nicht wohnen, — diesen Feind G-tt- tes, die Sünde müssen wir also vor allem Andern nvthwWj aus unserm Herzen verbannen, wenn Jesus in dasselbe einkeh^ 63 soll. — Damit man aber wisse, ob dieser Feind Gottes die Sünde noch im Herzen wohne, mit weicher Macht, und unter welchen Ge¬ stalten sie darin wohne, — ist eine eifrige Cclbstprüsung uoth- wendig. Man muß mit scharfem Blicke sein Innerstes durchschauen, hienein dringen in dessen verborgenste Falten, allen bösen Nei¬ gungen und Trieben, Wünschen und Begierden, so wie deren ver¬ borgensten Duelle ohne der Eigenliebe Gehör zu geben, nachspü¬ ren, alle Handlungen und Unterlassungen strenge beurthcilen und richten, sie dann aus dem Grunde des Herzens bereuen, den ernsten Entschluß fassen mit der Gnade des Herrn, seine bösen Neigungen zu unterdrücken, seine schändlichen Gewohnheiten abzu¬ legen, alle Gelegenheit zum Siindenfalle sorgfältig zu meiden, und den vorigen Sünden und Lastern, entgegengesetzt Lugenden zu üben. Mit dieser strengen Selbstxrüfung, welche eine aufrich¬ tige Reue über die begangenen Sünden und den ernsten Vorsatz der Sinnesänderung einschließt, muß dann ein eben so genaues, reuevolles und dcmüthiges Sündenbckenntniß vor den verordneten Priestern der Kirche vor den Dienern Jesu Christi verbunden wer¬ den; weil ohne diesen Selbstbekenntnisse, nach dem Willen, nach der Anordnung Zesu des Stifters unserer h. Religion keine See¬ leureinigung, keine Sündenvergebung Statt haben kann. Darin besteht also die nolhwendige Vorbereitung zum Ge¬ nüsse des h. Abendmahles. — Wehe uns, wenn wir ohne dieser Vorbereitung zum Tische des Herrn hintreten! — wenn wir uns nut einer oberflächlichen Erforschung, unseres Seclenzustandcs, mit einem Sündenbekenntnisse ohne Neue und Dcmuth, mit einigen Ecbcthcn, die höchstens aus dem Gedächtnisse, aber nicht aus dm Herzen fließen, begnügen, oder wenn wir noch mit einer bleibenden Neigung zu irgend einer Sünde das Brot der Engel Zu genießen uns erkühnen. — Wehe uns, wenn wir uns mit ei- uem Herzen, in welchem das Feuer der Rachsucht, der Feindschaft und des Zornes nicht vollkommen erstickt ist, und noch immer "ne heimliche Erbitterung unter der Asche glimmet, — Zesu dem Lamme voll Sanftmuth nähern; wenn wir in ein Herz, das noch vvn unreinen Wünschen und Begierden beunruhiget und verun- reuu'get ist, den Rcinesten aufzunehmen wagen; wehe uns, wenn uur mit einem Herzen, aus dem Neid und Mißgunst nicht voll- mnnien verbannt sind, dem wohlthätigstcn und liebevollesten Men- l^nbeglüüer entgegen gehen wollen; wehe uns, wenn wir mit 04 einem Herzen , in welchem noch die Spuren der Hoffart und eitler Ehrsucht nicht gänzlich verwischt sind, vor dem erscheinen, der bei aller seiner Grösse, das erhabenste Vorbild der Demuth war,— mit einem Worte, wehe uns! wenn wir den Heiligsten mit un- heiligen Gesinnungen in ein unheiliges Herz einzukehren zwingen. Jesus kehrt zwar bei allen ohne Unterschied, bei Guten und Bö¬ sen ein, aber den Guten nur bringt seine Einkehr Heil und Se¬ gen, den Bösen aber Unglück und Verderben, — den Gerechten gibt er Leben, den Sündern aber Lod. Darum prüfe sich der Mensch, sagt der h. Apostel Paulus, und dann esse er von je¬ nem Brode, und trinke von jenem Kelche, i. Kor. it, 18. Dm wer unwürdig ißt und trinkt, der ißt und trinkt sich selbst da- Gericht, die Verdammnis, weil er den Leib des Herrn von ein» gemeinen Speise nicht unterscheidet- 11, 2y. Wehe also, ich wiederhohle es, wehe dem, der ohne Hn- zensreinigkeit und im Staude der Sünde, das Brot der Engel genießt; denn er ißt und trinkt sich selbst das Gericht — da; Urtheil der Verwerfung! — Schreckliches Urtheil! das nicht aus Papier geschrieben, nicht in Holz eingeschnitten, nicht in Erz ge¬ graben ist, sondern in unsere Adern in unser Blut und Mar! eindringet; denn in demselben Augenblicke, da wir Jesum dal unbefleckte Lamm Gottes in ein unreines Herz aufnehmen, i« demselben Augenblicke nehmen wir in unserer Seele das Ver- dammungsurtheil, statt der Begnadigung, den Lod anstatt dei Lebens auf. So geschähe es dem Judas, nachdem er beim letzte« Abendmahle das Fleisch und Blut des Sohnes Gottes unwürdiz gegessen und getrunken hatte, — der Satan, sagt die h. Schrist bemusterte sich da zu gleicher Zeit seiner Seele und trieb ihn zur Verzweiflung, in welcher er seinen zeitlichen und ewigen Tod fand. Indessen soll uns das doch nicht kleinmitthig machen mei¬ ne Lieben! uns nicht abschrecken von dem Tische des Herrn. Wenn wir nur Jesum wirklich lieben, durch eine kindliche Furch! vor der Sünde unsere Liebe gegen ihn an den, Tag legen, uod dabei ein heiliges-und heißes Verlangen haben uns mit ihm >« h. Abendmahle zu vereinigen — so kommt Jesus gerne und i« einer freundlichen Gestalt zu uns; als der weiseste Arzt, nim>- lich, um unsere Seelenkrankheiten zu heilen, als der beste Hüt um uns zu schützen gegen die Anfälle der Feinde als der mäch¬ tigste Sieger, um in unserer Seele zu herrschen, um unser! 65 bösen Neigungen und Leidenschaften seinem h. Gesetze zu unter¬ werfen; als ein zärtlicher Bräutigam kam er zu uns, um mit unserer Seele ein heiliges und ewiges Bündniß zu schließen. O wohl uns meine Lieben, wenn wir zur h. Communion, zum Empfange Jefu des Sohnes Gottes im h. Abendmahle jeder Zeit so vorbereiter, so gebessert und vervollkommnet hintreten, daß seine Ankunft uns Heil, Segen und Gnade bringet! unser Glau¬ be, unsere Hoffnung und Liebe wird dann immer sester und feuriger; mir himmlischem Tröste erfüllt, von einer heiligen Sehn¬ sucht begeistert, werden wir dann allezeit, besonders aber am Ende unseres Lebens, wenn Jesus am Sterbebette uns besuchet, ausrufen: Siehe! der Abend unseres Lebens sinket nun hinab, der Tag unserer irdischen Reise hat sich zu seinem Ende geneigt — komm' liebreicher Jesus, göttlicher Herr und Meister — komm' und kehre bei uns ein, und bleibe bei uns! damit wir unter deiner trostvollcn Begleitung eine glückliche Reise antreten, in das Land der Verheißung, wo wir mit dir dem Vater und dem h. Geiste ewig leben und herrschen werden. Amen. Am Pfingstmontage. "Gott hat seinen Sohn in die Welt geschickt, nicht daß er die Welt richte, sondern daß die Welt durch ihn selig werde.« Joh, 3, 17. Eingang. Wer nicht bloß den leeren Schall der Worte des h. Evange¬ liums gehört, sondern auch den Sinn desselben richtig aufgefasset hat, dessen Herz muß, wenn anders noch ein Funke wahren Glau¬ bens in demselben glimmet, von der Liebe Gottes tief gerührt, lw.d mit einem ganz besonder!! Troste erfüllt worden seyn. — sehr hat Gott die Welt geliebt, ruft uns Jefns im h. Evan- gello zu, — daß er seinen emgebornen Sohn gab, damit alle, bie an ihn glauben, nicht zu Grunde gehen, sondern das ewige listen haben. — Und — Gott hat seinen Sohn in die Welt 5 66 gesandt, nicht um über sie ein Strafgericht zu halten, sondern um sie durch ihn selig zu machen. Wer erkennt aus diesen so deutlichen Worten Jesu, nicht die unbegrenzte Liebe Gottes ge¬ gen das Menschengeschlecht, und wem sollte es auch nur möglich seyn, Gott nicht entgegen zu lieben, wenn er hört, daß er seinen eingebornen Sohn in den Lod geschickt habe, um uns durch ibn das Leben zu geben, daß er ihn auf die Welt gesandt, nich! um über uns das verdiente Strafgericht zu halten, sondern um uns durch ihn selig zu machen? Indessen obschon Gott seinen Sohn nicht etwa zum Heile einiger Menschen oder eines einzigen Vol¬ kes, sondern zum Heile aller Menschen und aller Völker auf die Erde gesandt hat: so ist doch eben nach der Lehre des h. Evan¬ geliums gewiß, daß an den außerordentlichen Wohlthaten und Gnaden, die aus der Sendung und dem Tode Jesu dem Men¬ schengeschlechte zuflicßen, nur Jene vorzüglichen und ganz gewissen Antheil haben, die an Jcsum Christum glauben. Danken nm also meine Lieben der väterlichen Güte Gottes, daß sie uns vor vielen Lausenden zur Kenntniß Jesu Christi und seiner seligma¬ chenden Lehre berufen, daß sie uns im Schooße seiner h. Kirche hat geboren werden lassen! denn eben dadurch haben wir in Be¬ treff unserer Glückseligkeit sowohl hienieden, als jenseits unendlich viel vor Jenen voraus, die Jesum Christum als den von Gott gesandten Welterlöser nicht erkennen. Diese müssen wir eben da¬ rum bemitleiden, weil sie jene wahre innere Ruhe, jene Zufrie¬ denheit des Herzens entbehren müssen, die eigentlich schon hienie¬ den unsere Glückseligkeit ausmacht, und die im strengen Sinne nur die genießen, die an Jesum Christum glauben, und sein h. Gesetz beobachten, — verurtheilen aber dürfen wir jene Unglück¬ liche nicht, um so weniger, wenn sie ohne eigener Schuld die Wohlthaten der Religion Jesu entbehren, — und überhaupt müssen wir die Entscheidung des Schicksales so vieler Millionen Menschen für die ganze Ewigkeit Gott dem höchsten Richter und dem barmherzigen Vater aller Menschen überlassen. Was also uns Christen betrifft, wir können uns jener innern Ruhe und Zufriedenheit des Herzens erfreuen, welche die Kenntniß der Re¬ ligion Jesu gewährt, und erfreuen wir uns dieser Ruhe und Zu¬ friedenheit nicht, so ist es ein offenbares Zeichen, daß wir ent' weder keine wahren Christen sind, und Jesum nur mit dem Munde bekennen, ihm aber in unfern Gesinnungen und Handlungen >r>- » »>'» 67 Versprechen, — oder aber, wir haben von der ganzen christlichen Religion keine wahren Begriffe, wir kennen sie nur von ihrer fürchterlichen und schreckbaren, nicht aber zugleich von ihrer trö¬ stenden und beruhigenden Seite; so lange wir aber die Religion Jesu nur so kennen, so lange werden wir Gott nicht lieben, denn nw Furcht ist, da hat keine Liebe Statt, und wo diese nicht ist, da ist der Glaube todt und die Hoffnung erstorben. Um nun alle knechtische Furcht aus dem Herzen zu verbannen, und dafür kindliche Liebe in selbe zu verpflanzen, will ich Ihnen heute die Religion Jesu von ihrer trostvollen und beruhigenden Seite zei¬ gen, und daher jene Glaubenswahrheiten ausheben und beleuchten, welche Vertrauen und Liebe zu Gott zu erwecken vermögen. Ver¬ nehmen Sie mich mit geneigter Aufmerksamkeit. Abhandlung. Die erste Grundwahrheit unseres Glaubens ist das Dasern Gottes, jenes höchsten und vollkommensten Wesens, das alles er¬ schaffen hat, alles erhält und regiert. Daß es ein solches höchstes Wesen einen Urheber alles Erschaffenen gibt, das bekennen alle Völker der Erde, selbst die rohesten Naturmenschen; aber die Be¬ griffe, die sie sich von diesem höchsten Wesen machen, sind äußerst verschieden. — Die Heiden stellten sich ihre Gottheit gewöhnlich nur nach Art ihrer Herren vor, von denen sie beherrscht wurden, und weil diese größtcntheils strenge, unerbittliche, wohl gar grau¬ same Tyrannen waren, so trug man diese Begriffe von Macht, Gewalt und Rachsucht auch auf Gott über, und mußte ihn da- hfv wohl fürchten, nicht aber lieben. Dcßwegen brachten auch heidnischen Völker ihrem Gott Verehrung und verschiedene Opfer, ja sogar Menschenopfer, um den Zorn der Gottheit zu besänftigen, nicht um ihr ihre Dankbarkeit und Liebe an den Tag ju legen. Nicht viel bessere Begriffe von Gott hatten in dieser Hin¬ sicht auch die Inden. Denn auch diese dachten sich Gott als ei- "en mächtigen, gcbiethenden, auf seine Ehre äußerst eifersüchtigen Herrn, der höchstens noch das jüdische Volk begünstige, alle übri¬ gen Völker aber von seinem Schüße und von seinen Wohlthaten ousfchsieße. Und diese harte Vorstellung von Gott war den Iu» 68 diesem rohen Volke, wenn es im Glauben an ibn, und bei der Beobachtung seiner Gcbolhe verharren sollte, — Gott mußte sich demselben durchgehends mehr in der Eigenschaft eines gewaltige!,, gebiethenden und strafenden Herrn zeigen. Darum verkündete er ihnen schon sein h. Gesetz unter fürchterlichen Donner und Blih, darum waren die grossen Wunder, die er unter ihnen wirkte, ge¬ wöhnlich mehr empfindliche Strafen; darum wird er in den mei¬ sten Stellen der h. Schrift des alten Bundes Herr der Heer¬ scharen genannt. Ich bin der Herr, heißt es, der dieses befiehlt, ich bin es, der die Uebertretung meiner Gebothe bis in's dritte und vierte Glied (Geschlecht) strafet. Und wenn sich auch Gott hin und wieder dem Volke als Vater zeigte, so glaubte man doch, daß er nur gegen die Juden gütiger, — allen übrigen Völkern aber gram sey. So hatten also selbst die Juden bis zur Ankunft Jesu von Gott noch keinen reinen trostvvllen Be¬ griff, und fürchteten ihn daher mehr als sie ihn liebten. Allein von einer wahrhaft liebenswürdigen Seite hat uns Jesus der Sohn Gottes, Gott das höchste Wesen kennen gelernt. Nach feiner Versicherung ist nämlich Gott keineswegs ein bloß gebiethender und strafender Herr, sondern auch und vorzüglich ein liebevoller erbarmender Vater, und zwar nicht eines Volkes, einiger Menschen, sondern aller Völker der Erde, aller Men¬ schen. Davon suchte Jesus die Juden recht gründlich zu über¬ zeugen; und da sie schon mit dem Vorurtheile behaftet waren, daß Gott höchstens ihnen gütig seyn könne, weil sie von Abra¬ ham abstammen, dem Gott grosse Verheißungen gegeben, und den er besonders begnadiget hatte, so bestreitet Jesus dieses W schädliches Vorurtheil und zeiget ihnen bald bei dieser, bald bci jener Gelegenheit in lebendigen Beispielen, daß Gott der allge¬ meine Vater aller Menschen sey, daß bei ihm kein Unterschied der Abstammung gälte, daß er gegen alle, die ihn anrnfen gleich gütig und freigebig sey, sie mögen Juden oder Heiden seyn- Und nun diese Wahrheit für alle Zeiten und für alle Menschen z» begründen, so gibt er in jener Formel des Gebethes, die er selbst seine Apostel lehrte, die Art und Weise an, wie wir mit Gott dem höchsten Wesen reden sollen: So sollet ihr bethen, sagt er: Vater unser! Der eingeborne Sohn Gottes selbst zeiget uns nicht nur Gott als unsern Vater, sondern er befiehlt uns so¬ gar ihn so zu nennen. O meine Lieben! wie sehr wünschte ich 69 daß Sie recht lebhaft fühlen möchten, welch' ein Trost für uns in dieser Wahrheit liege! doch Sie werden und müssen es sicher fühlen, versuchen Sie nur ein Mal mit einem kindlichen Herzen zu Lethen, sprechen Sie nicht bloß mit den Lippen, sondern aus dem Grunde des Herzens: Vater unser! und Sie werden finden, daß eine gewisse, ich möchte sagen himmlische Freude ihr Gemüth heben, daß Ihnen so wohl ums Herz werden, daß jede knechti¬ sche Furcht, die nur quälet und ängstiget, verschwinden, und an ihre Stelle Liebe und kindliches Vertrauen treten wird. — Denn ist Gott unser aller Vater, so dürfen wird uns alle als seine Kinder betrachten; welches Gute Kind wird aber nicht gerne an seinen Vater denken, nicht gerne von ihm sprechen, seine Befehle willig vollziehen und ihm allezeit und überall seine Gegenliebe an den Tag zu legen suchen? Ihr habet, schreibt der h. Paulus den bekehrten Heiden, ihr habet nicht mehr die Gesinnung ei¬ ner knechtischen Furcht, sondern ihr habet die Gesinnung der Kinder erhalten, mach welcher Gesinnung wir zu Gott rufen: lieber Vater! Sehen Sie meine Lieben! so sind wir Christen schon dadurch um vieles glücklicher vor den Nichtchristen, weil wir Gott durch Jesum Christum als unfern Vater kennen ge- lcrnct haben. Aber Sie werden vielleicht sagen: Jesus hat uns freilich Gott als unsern Vater kennen gelernt, aber demungeachtet bleibt er unser Herr, der uns so manches befiehlt und verbiethet, was uns schwer ankommt, und der auch die Uebertretung seiner Ge¬ deihe nicht ungestraft läßt. — Wahr ist es, Gott bleibt unser Herr — aber Sie merken ja doch leicht den Unterschied zwi¬ schen den Befehlen eines Vaters und jenen eines bloß gebiethenden Herrn. — Der Unterschied zwischen Vater und Herr besteht ja nicht darin, daß der Vater gar nichts befiehlt, sondern darin, daß der Herr bei seinen Befehlen nur auf seinen eigenen Nu- hen fleht und seinen Dienern oft nur darum befiehlt, um ihnen 'n zeigen-, daß er Herr sey — der Vater aber will durch alle seine Befehle nur das wahre Beste seiner Kinder bezwecken, weß- wegen er ihnen nichts befiehlt, was ihnen nicht wirklich nützlich, und nichts verbiethet was ihnen nicht wirklich schädlich wäre. — zeigt sich also Gott selbst bei seinen Befehlen nur als Vater gegen uns, und selbst diese Befehle oder Gcbothe, sind von der '^t, daß wir ohne denselben schon auf dieser Welt sehr Unglück« 70 sich seyn würden, da uns hingegen ihre Beobachtung schon hie« nieden glücklich machen kann. Uebrigens sind auch die Gebothe Gottes, wie der h. Johan¬ nes sagt, nicht schwer zu halten; denn was uns etwa ihre Be¬ obachtung erschweren könnte, das erleichtert uns Gott selbst durch seinen Beistand, durch die Gnade des h. Geistes, der, wie der Apostel sagt, den guten Willen in uns erzeugt, und das ange- sangene gute Werk in uns zur Vollendung bringt. Auch gibt Gott diese seine Gnadenhilfe gerne und allen ohne Ausnahme, die ihn darum bitten, wenn sie nur im Namen Jesu, und mit kind¬ lichen Vertrauen bitten. Ueberdieß ermuntert uns Gott zur Hal¬ tung seiner Gebvthe-durch seinen Beifall, durch die innere Ruhe und Zufriedenheit, die wir dabei im Herzen fühlen, und was noch mehr ist, durch die treue Verheißung einer ewigen Beloh¬ nung. Zwar kann auch der Nichtchrist oder der Heide, wenn er der Pflicht gemäß handelt, von seinem Gewissen das Zeugniß er¬ halten, daß er recht gehandelt habe, und dieses Zeugniß ist nicht ohne Trost, — aber er hat bei allen dem keine Gewißheit, daß Gott an seiner Handlung sein Wohlgefallen habe, und ihm der¬ einst den verdienten Lohn reichen werde. Diese Gewißheit kann nur der Christ haben, der Gott als einen heiligen, gerechten und treuen Vergelter der Tugend kennt. Wenn daher der Christ seine Pflichten treu erfüllt, wenn er ein gutes Werk verrichtet z. A. einem Nothleidenden beifpringt, einen Unglücklichen rettet, eine Ungerechtigkeit oder Unbild mit Wohlthat vergilt, und dabei denkt: Gott sieht mich, er hat an meiner Handlung sein Wohl¬ gefallen denn ich ahme ihn nach, er thut ja auch das nämliche, er läßt keinen Trunk Wassers, den man dem Durstigen in feinem Namen reichet unbelohnt; Jesus mein Heiland nimmt alles was ich meinem Mitmenschen Gutes thue so auf, als hätte ich es ihm gethan, — wenn der Christ bei seiner Pflichterfüllung, bei feiner Lugendübung so denkt, — welch' unaussprechlicher Trost, welche reine Zufriedenheit muß er da nicht in seinem Herzen fühlen? Haben Sie meine Lieben! bei ihren guten Wecken noch keinen solchen Trost, keine solche Zufriedenheit gefühlt, — o so haben b noch nie ein gutes Weck mit reiner Gott gefälliger Absicht ver¬ richtet. Allein versuchen Sie es einmal, helfen Sie z. B. emeM Nothleidenden, retten Sie einen Unglücklichen, thun Sie dem- der Ihnen Uebles gethan hat, dafür Gutes, und thun Sic die- 71 ses bloß nur in der Absicht, Gottes Wohlgefallen dadurch zu er¬ ringen, Sie werden sich in ihrem Innersten überzeugen, daß ich die Wahrheit spreche. So zeigt sich also Gott in seinen Gebothen, besonders wenn imr diese halten, immer mehr als Vater, und nicht als Herr. — Aber auch wenn wir seine Gebothe übertreten, hort er nicht auf unser Vater zu seyn. Er kennt unsere Schwäche, und die Ver¬ derbtheit unserer Natur, ist daher langmüthig und geduldig, ent¬ zieht dem Sünder nicht sogleich Zeit und Mittel, sich zu bessern, und zu ihm zurückzukehrcn; er verhängt auch keine so fürchterli¬ chen Strafen mehr über die Sünder, als er es im alten Testa¬ mente gethan hatte, da er der vielen Laster wegen Thiere und Menschen bis auf einige Wenige, durch eine schreckliche Sündfluth von der Erde vertilgte, oder ganze Städte durch Feuer vom Himmel verheerte, oder Ungehorsame von der Erde verschlingen ließ, unter Unzufriedene freurige Schlangen schickte u. s. iv. Zwar kann Gott, der in Ewigkeit nicht aufhört heilig und gerecht zu seyn, und die Sünde zu verabscheuen, — die Sünde auch im neuen Bunde nicht ungestraft lassen, und züchtiget darum auch heut zu Tage noch auf mannigfaltige, wenn auch nicht so auffal¬ lend schreckliche Art die Uebertreter seiner h. Gebothe; allein diese Züchtigungen kommen nicht immer unmittelbar von Gott, sondern sind natürliche Folgen der Sünde, so z. B- straft sich der Un¬ mässige, Wohllüstige, Zornmüthige oft durch den Verlust seiner Gesundheit, der Verschwender durch den Verlust seines Vermögens, der Lügner durch den Verlust fremden Vertrauens, der Betrüger durch den Verlust seiner Ehre u. s. w., oder wenn auch Gott selbst ganz besondere Strafen über den Sünder verhängt, so sind ks doch immer nur väterliche Züchtigungen, wodurch er denselben von Laster abwenden und bessern will. Was aber Gottes Güte und Vaterliebe gegen uns Christen 'M schönsten Lichte darstellt, ist die Bereitwilligkeit, mit welcher uns Gott unsere Sünden verzeiht, und die Gewißheit dieser Vcr- i'uhung, wenn wir uns wahrhaft bessern. Wir dürfen nur die ^ünde aus ganzen Herzen bereuen, ihr vollkommen entsagen, sm sobald wir Gelegenheit haben einem verordneten Diener der Kirche, echem Priester beichten, und aufrichtig zu Gott zurück- kchren: so können wir versichert seyn, daß, nach der ausdrückli¬ chen Lehre Jesu Christi, jene Lossprechung, die uns der Priester 72 an Gottes Statt auf Erden ertheilet, auch von Gott unsere Vater im Himmel bestätiget sey. — Recht rührend lehret inii Jesus diese Wahrheit im Gleichnisse vom verlornen Sohne. Kam faßt dieser Unwürdige und Verblendete durch Roth gedrunge», den Entschluß zu seinem Vater zurückzukehren, kaum macht er sich auf den Weg, so eilet ihm schon sein Vater entgegen, empfängt ihn mit offenen Armen, nimmt ihn als sein Kind auf, und last seiner Rückkehr wegen dem ganzen Hause ein Freudenmahl berei¬ ten. So bereitwillig zeigt sich der himmlische Vater den reuig« Sünder wieder in die Zahl seiner Kinder aufzunehmen, — ß er thut noch mehr, er kommt ihm mit seiner Hilfe und Guck zuvor, er suchet durch seinen Sohn Jesum das verirrte Schaf überall auf, und zwar so lange bis er es findet, — und es dam mit Freuden auf seinen Achseln zur Heerde zurückbringt. W diese väterliche Barmherzigkeit Gottes, nach welcher derselbe be¬ reit ist, uns alle unsere Sünden, wenn sie noch so groß, wem ihrer noch so viele wären, zu verzeihen, wenn wir nur ernM zu ihm zurückkchren, — diese väterliche Barmherzigkeit Gottü gründet sich auf die Verdienste unseres Herrn und Heilandes Zeß Christi; denn er hat uns durch sein Blut und durch seinen Ä! nicht nur von der Schuld und Strafe der Sünde befreit, md mit Gott vollkommen ausgesöhnt, sondern er ist und bleibt arj jetzt noch unser Mittler bei Gott. Sehr schön schreibt hierüb« der geliebte Jünger des Herrn der h. Johannes — den Christ!» seiner Zeit und auch uns: Das schreibe ich euch meine Brüder¬ chen, damit ihr nicht sündiget; hat aber Jemand gesündiget, st verzage er darum nicht, sondern er soll wissen, daß wir an A- sum Christum beim Vater einen allvermögenden Mittler habe«- dieser ist die Versöhnung für unsere Sünden, doch nicht für m« sere allein, sondern für die Sünden der ganzen Welt. Das also meine Lieben ist die schöne, trostvolle und beruht gende Seite der Religion Jesu, zu welcher wir uns aus bcsE derer unverdienter Gnade Gottes bekennen. Suchen wir uns immer besser zu überzeugen, daß Gott der liebevolle Vater all« Menschen ist, daß er uns als Vater befiehlt und vcrbiethet, dsj er uns als Vater strafet, als Vater begnadiget, und als Val« belohnet. Wenn wir uns Gott in dieser Eigenschaft, die uns stü Sohn Jesus selbst kennen lehrete, vorstellen, so wird sicher jch knechtische Furcht, die das Herz nur ängstiget, aber nicht bcß^t verschwinden, und wahre kindliche Liede, kindliches Vertrauen an ihre Stelle treten. Furcht ist nicht in der Liebe, sagt der h. Jo¬ hannes, sondern vollkommene Liebe verdrängt die Furcht, die Furcht hat etwas Peinliches, wer sich also noch fürchtet, dessen Liebe ist roch nicht vollkommen, i. B- 4, 18. Wer nur aus Furcht die Sünde flieht, der flicht eigentlich nicht die Sünde, sondern die Strafe, und wünscht daher es gäbe keinen Gott; wer aber aus kindlicher Liebe zu Gott die Sünde flieht, der sucht und sieht Gott überall als seinen Vater, und eben darum wird ihm auch die Religion Jesu Christi, die ihm Gott als Vater verstellt, in allen Lagen seines Lebens, bei Erfüllung jedweder Pflicht, selbst bei seinen Fehlern und Verirrungen, im Glücke und Unglücke, in Freuden und Leiden, im Leben und im Lode himmlischen Trost gewähren- Amen. Am Feste der allerhei!igsten Dreieinigkeit. »Sehet, ich bin allezeit bei euch, bis an's Ende der Welt.« Matth. 28, so. Eingang. Nachdem Christus durch volle drei Jahre seine göttliche Lehre selbst gepredigt, dieselbe durch außerordentliche Wunderthaten, und endlich durch seinen Tod und seine glorreiche Auferstehung Kräftiget hatte: überließ er die weitere Fortpflanzung seiner göttlichen Lehre seinen eigends zu diesem Geschäfte gewählten Aposteln, indem er vor seinem Hingange zum Vater diese merk¬ würdigen Worte zu ihnen sprach: Gehet hin, lehret alle Völker und taufet sie auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des heil. Geistes, und lehret sie alles beobachten, was ich euch be¬ fohlen habe. Die Apostel sollten aber nicht sich selbst überlassen werden, sondern Christus verspricht ihnen seinen immerwährenden Beistand, indem er sagt: „Sehet, ich bin allezeit bei euch bis Ende der Welt." Ueberdieß hatte ihnen Jesus vor seinem 74 Leiden den Beistand des h. Geistes versprochen, der sie alles leh¬ ren sollte, und sie empfingen am heil. Pfingstfeste den heil. Geist, dec sie erleuchtete, ihnen die ganze Lehre Jesu mittheilte, und sie vor Jrrthum schützte, und im Glauben kräftigte, und aus furchtsamen Anhängern zu unerschütterlichen Bekennern Christi machte. Sobald die Apostel mit den höhern Gaben des h. Gei¬ stes sich ausgerüstet fühlten, begannen sie das ihnen vom Christ» anbefohlene Weck in Ausführung zu bringen, sie verkündigten die Lehre Jesu zuerst den Juden, und alsdann auch den Heiden, und so entstanden noch bei ihren Lebzeiten die berühmtesten christ¬ lichen Kirchen, die zu Jerusalem, zu Samacia, zu Antiochia, zn Corinth, zu Ephesus, zu Alexandria, zu Rom sammt andern un¬ zähligen einzelnen christlichen Kirchen. Aber was trieb denn, könnte Jemand fragen, die Apo¬ stel in die ganze damals bekannte Welt hinaus, um unter gro¬ ßen Beschwerden, unter Schmach und Verfolgung die Lehre bei Gekreuzigten zu predigen? Was anders als die innige Ueberzeu- gung von der Wahrheit der christlichen Religion und von der Nothwendigkeit derselben zur Erlangung des ewigen Heiles. Dm Christus spricht ganz bestimmt: „Wer glaubt und getauft wird, wird selig werden; wer aber nicht glaubt, wird verdammt wer¬ den." Und der heil. Petrus sagt zu den Juden: Es ist in kei¬ nem andern Heil (als in Jesu); denn es ist kein anderer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, wodurch wir sollen selig werden. Wenn wir also selig werden wollen, so müssen, wir die ganze Lehre Jesu gläubig annehmen, die SittenlehM des Christenthums genau befolgen, und die vom Christo einge¬ setzten Heilsmittcl gewissenhaft gebrauchen. Damir wir aber alle» dieses thuu, müssen wir vorerst wissen, wo denn die ganze un¬ verfälschte Lehre Jesu anzutreffen sey; denn nur die wahre Lehre Jesu, und nur die wahrhaft von Jesus eingesetzten Gnadenmit¬ tel können uns selig machen. Alle Christen auf der Erde bekennen sich zur Lehre Christi; (denn wie könnten sie sonst Christen heißen?) aber nicht alle be¬ kennen sich zur nämlichen Kirche. Da aber diese verschiedene!! christlichen Kirchen verschiedene in manchen Punkten von einander ganz abweichende, ja bisweilen einander ganz widersprechende Lehr- sätze zu glauben verstellen, und die Gnadcnmittcl der Zahl und der Wirksamkeit nach verschieden angeben: so müssen wir wissen, welche unter den christlichen Kirchen die wahre vom Christo und den Aposteln gestiftete Kirche ist; denn nur die wahre Kirche Christi kann uns die reine Lehre Jesu vollständig darbieten, und mis mit allen nothwendigen Mitteln des Heiles entgegen kom¬ men. Ich will nun heute auf diese Frage in Kürze antworten, weil die Beantwortung derselben von hoher Wichtigkeit ist, indem ein jeder aus uns gewiß wünscht, ewig selig zu werden. Ver¬ nehmen Sie mich mit gewohnter Aufmerksamkeit. Abhandlung. Wir sind unstreitig versichert meine Lieben! daß Gott zu nns redet, sobald wir versichert sind, daß wir Jene hören, die Gott selbst aufgestellt hat, daß wir sie hören sollen. Gott hat aber im Anfänge der Zeiten, wie der h. Apostel Paulus sagt, zu den Menschen geredet, durch die Patriarchen, durch Moses und die Propheten, die sich durch unläugbare Wunder und Weissagun¬ gen, als seine Gesandten beglaubiget haben. Als aber die Fülle der Zeiten gekommen war, wie der Apostel sagt, so hat Gott durch seinen eingebvrnen Sohn Jesus Christus selbst zu den Men¬ schen geredet, — durch seinen Sohn, den er zum Erben aller Dinge eingesetzt, durch den er auch die Welt erschaffen, — dem kr selbst aus einer Wolke das Zcugniß gegeben hat: Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich mein Wohlgefallen habe, die¬ sen sollet ihr hören; Nun, dieser Sohn Gottes des ewigen Va- tees — Jesus Christus, sagte, ehe er noch zu seinem Vater nnssühr — zu seinen zwölf auserwählten Aposteln: Ich verlasse euch nicht wie Waisen, sondern ich will euch den Tröster den h. Geist senden, derselbe wird euch alles lehren, und euch an Alles erinnern, was ich euch gesagt habe. — Wie mich der Vater ge¬ sendet hat, so sende ich euch: Gehet hin, lehret alle Völker, M'd taufet sie im Namen des Vaters, des Sohnes und des h. Geistes, — lehret sie Alles halten, was ich euch besohlen habe, schrt, ich bin bei euch bis in's Ende der Welt. — Und wieder b" einer andern Gelegenheit sprach Jesus zu den Aposteln; Neh- i'Mt hin den h. Geist! Denen ihr die Sünden vergeben werdet, dc- sind sie vergeben, denen ihr sie aber Vorbehalten werdet, de- sind sie Vorbehalten. — Wer euch höret, der höret mich, wer 76 « « dir will ich geben die Schlüssel des Himmelreiches, was du Ns Erden lösen wirst, das soll auch im Himmel gelöst seyn, was d« auf Erden binden wirst, soll auch im Himmel gebunden seyn. - Weide meine Lämmer, weide meine Schafe! — Und zu- alle« Aposteln sprach Christus wieder: Daran wird man erkennen, daß ihr meine Jünger seyd, wenn ihr euch unter einander liebet, m ich euch geliebt habe. — Und zu seinem himmlischen Vater bethe- te er: Heilige sie in der Wahrheit! deine Rede ist Wahrheit — Wie du mich in die Welt gesandt hast, so sende ich sie >« die Welt. — Ich bitte aber nicht für sie allein, sondern auch für Jene, die durch ihre Reden an mich glauben werden, damit sie Alle Eins sind, wie du o Vater in nur und ich in dir, da> mit sie Alle Eins sind mid die Welt glaube daß du mich gesaut! hast! — Wer meine Lieben! der nicht wahrhaft boshaft und verblen¬ det ist, ersieht nicht aus diesen angeführten so klaren und ge¬ wichtigen Worten Jesu: daß Jesus, bevor er die Erde verließ, seine göttliche Gewalt seinen zwölf Aposteln übertragen, — büß er sie so, wie ihn selbst zu hören befohlen habe, daß er überdies Einem aus ihnen dem Petrus noch auf eine ausgezeichnete mi besondere Art seine göttliche Macht überantwortet, — ihm die oberste Leitung und Sorge in seiner Kirche anvertraut, ihn M Seiner zum Oberhirten aller seiner Schafe eingesetzt habe? M sieht es aus diesen klaren Worten Jesu nicht, daß Jesus es wollte und selbst den himmlischen Vater bath, daß seine zwölf Apostel, einig in der Wahrheit d. i. in der Lehre, wie auch in der Liebe unter einander verharren, und daß selbst Jene, die durch sie ü» ihn glauben werden, mit ihnen, mit den Aposteln in einer M zertrennten Einigkeit verbleiben, nnd so ein wahrhaft geistliche Reich Gottes auf Erden bilden möchten, welches vom h. GcP regiert werden soll, bei welcher Jesus selbst bis an's Ende der Welt bleiben will, — so daß also die Pforten der Hölle es rii- überwältigen werden? Dieses geistliche Reich Jesu Christi wirb nun in der h. Schrift die Kirche Gottes genannt, — und W' stus selbst nennt es so, indem er sagt: Wer aber die Kirche Gottes richt hört, den halte gleich einem Heiden und öffentlichen Sünder.— Wenn nun Christus der Sohn Gottes wirklich eine sichtbare Kirche auf Erden gestiftet, wenn er in dieser Kirche seinen zwölf Aposteln, als lehrenden Gliedern der Kirche seine göttliche Ge¬ rrit übergeben, — wenn er Einem aus den Zwölfen insbeson¬ dere die oberste Gewalt und Leitung in seiner Kirche anvertraut, rrd ihn zu seinem sichtbaren Stellvertreter gemacht hat; wenn Christus in seiner Kirche, die nach seinem Ausspruche vom h. Geiste regiert wird, Einigkeit in der Lehre und Liebe unter den Gliedern haben, wenn er selbst bei seiner Kirche durch den h. Geist bleiben will bis an's Ende der Welt, so daß selbst die Macht der Hölle diese seine Kirche nicht überwältigen werde, — wenn das Alles Christi Wille und Anordnung war, was nicht geläug- uct werden kann: so muß ja nothwendiger Weise die Kirche Je¬ su Christi auf Erden, jetzt in unfern Lagen im lytcn Jahrhun¬ derte, so wahr und wirklich noch dieselbe seyn, wie sie zur Zeit Christi war, als wahr und wirklich Christus der Sohn Gottes selbst eine Kirche gestiftet hat. Das heißt die Kirche Christi muß auch jetzt in unfern Lagen, wirkliche und wahre Nachfolger der Apostel, und einen wirklichen und wahren Nachfolger des h. Petrus haben, — und es muß in dieser Kirche auch heut zu Tage noch Einheit in der Lehre und Liebe, so unverändert und anfehlbar bestehen, als sie damals bestand, da Jesus Christus seine Kirche auf Erden errichtet hatte. Nun aber gibt es keine einzige Kirche auf Erden, die sich rühmen könnte wahre Nachfolger der Apostel Jefu Christi, und zugleich einen wahren Nachfolger deK h. Petrus zu haben, als einzig und allein die römisch-katholische, apostolische Kirche. Denn, belebte, wo lehrte und starb denn Petrus, der Aposielfürst? Wo anders als in Rom — wo ruht den die Asche des h. Pe¬ trus: — wo anders als in Rom:' wo ist also der wahre Nach- s"lgcr Pctn, dieses Felsenmannes, dem Christus die Schlüssel "o Himmelreiches übergeben, das ist die oberste Gewalt, Leitung '"b Sorge in seinem geistlichen Reiche, in seiner Kirche auf Er- rrn anvertraut, und auf den er seine Kirche so gebaut hat, daß Pforten der Hölle sie nicht überwältigen werden? — wo ist rr Nochfvlger Petri des Felfenmannes als in Nom? — Die Schichte aller christlichen Jahrhunderte bestätiget es, daß die gestimmte rechtgläubige Christenheit den römischen Bischof in«, für den wahren Nachfolger des h. Petrus gehalten habe. Hin nur ein Beispiel. Der h. Clemens der dritte Nachfolger des h, Petrus auf dem apostolischen Stuhle zu Rom schlicktcte sch einen Glaubensstreit unter den Christen von Corinth; obschon dn h. Johannes der Evangelist damals noch lebte und zu Ephch Bischof war, wo folglich die Christen von Corinth den Cttei! viel leichter und kürzer durch diesen Apostel als durch den h, Clemens hätten schlichten können, wenn sie nicht allgemein erkaml hätten, daß Clemens zu Rom der wahre Nachfolger des h. P- trus und folglich das Oberhaupt der ganzen Christenheit sey. Diese wahren Nachfolger des h. Petrus auf dem apostoli¬ schen Stuhle zu Rom, mit derselben obersten Gewalt die Kich Christi zu regieren ausgerüstet, wie Petrus — folgen nun m- ander in ununterbrochener Aufeinanderfolge, vom Tode des h. Petrus bis auf den jetzt lebenden Papst Pius den VIII. Niemals ist diese wahre Nachfolge unterbrochen worden, der h. Stuhl Pe¬ tri niemals, auch unter den größten Stürmen nie untergegangm, ja, je mehr sich der Weltgeist mit seiner Macht und Schlauheit, je mehr sich der Geist der Spaltungen und Ketzereien wider die¬ sen h. Stuhl Petri erhoben und ihn zu stürzen gesucht hat, de¬ sto siegreicher erschien er in allen Jahrhunderten — damit es die ganze Welt klar und deutlich sehe, daß Christus der Hm seine wahre Kirche auf Petrus, als auf einen Felsen gebaut ha¬ be — damit die Pforten der Hölle sie nicht überwältigen wer¬ den. — So wie aber die Bischöfe von Rom, oder die Papste, wahre Nachfolger des h. Petrus sind, so sind auch die übrige« katholischen Bischöfe wahre Nachfolger der übrigen Apostel Ze!« Christi. Denn wir lesen in der h. Schrift, daß die Apostel selbst zu ihrer Zeit andere fromme Männer zu dem nämlichen Apostel- amte gewählt und geweiht hatten. So wählten sie auf Einge¬ bung des h. Geistes den h. Paulus und Barnabas, in dem st fasteten und betheten und ihren die Hände auflegten. So wähl¬ te und weihte dann wieder der h. Paulus durch Auflegung der Hände — den Timotheus und Titus zum Apostelamte — zu den noch zusammenberufenen Aeltesten Ephesus sprach Paulus Gebet wohl Acht auf euch und die ganze Heerde über welche euch der h. Geist als Bischöfe aufgestellt hat die Kirche Eott^ 79 zu regieren, die er sich durch sein Blut erworben hat." — So wie also Christus selbst die Apostel gewählt und sie mit seiner göttlichen Vollmacht zum Lehramte ausgerüstet hatte, so wählten und weihten auch die Apostel wieder andere zu ihren Nachfolgern, und diese Nachfolger wieder Andere — und auf diese Art wurde die wahre Nachfolge der Apostel in den Bischöfen bis auf unse¬ re Zeiten ununterbrochen fortgesetzt und erhalten. — Wo wird mm nach allem diesen, jetzt, in unsern Zeiten, im lyten Jahr¬ hunderte, die wahre von Christus dem Sohne Gottes selbst auf Erden gestiftete Kirche feyn? — Dort muß sie seyn, wo wir noch immer feit 18 Jahrhunderten die wahren Nachfolger des h. Petrus und wahre Nachfolger der übrigen Apostel in ununterbro¬ chenen Aufeinanderfolge erblicken — und wo wir sie erblicken, vereiniget in demselben Geiste der Wahrheit und der Liebe, in ivelchem die Apostel Jcfu Christi untereinander und mit dem h. Petrus vereiniget waren. Nun aber sehen wir es ja ohne Mühe, daß feit 18 Jahrhunderten, oder seit der Gründung des geistli¬ chen Reiches Christi auf Erden die einzige römische katholische Kirche es ist, in welcher wir einen Papst oder römischen Bischof als wahren Nachfolger des h. Petrus und in welcher wir andere — Bischöfe als wahre Nachfolger der übrigen Apostel Jesu Chri¬ st' finden, und daß diese katholischen Bischöfe fortwährend auch m iyten Jahrhunderte mit dem römischen Papste durch dasselbe Band der Wahrheit und Liebe vereiniget sind, durch welches cinst die Apostel Jesu Christi mit dem h. Petrus vereiniget wa- rw. Und gerade dieses Band der h. Vereinigung der Bischöfe "lit dem Papste, in Einheit der Lehre und der Liebe, ist an sich ichon das schönste und sicherste Zeichen, der Einen wahren Kirche Christi auf Erden und feiner immerwährenden wahren Apo¬ stel; denn daran, sprach Jesus zu allen seinen Aposteln, wird man erkennen, daß ihr meine Jünger seyd, wenn ihr euch untereinan¬ der liebet, wie ich euch geliebt habe, und zu Petrus insbesondere sprach cr: Ich habe für dich (den Vater) gebethen, damit dein glaube nicht schwach werde, — und du stärke deine Brüder. —> 'Er katholischen Bischöfe als wahre Nachfolger der Apostel, mit e'N römischen Papste als dem wahren Nachfolger des h. Petrus peiniget, in Einheit der Lehre und der Liebe — machen also durch diese heilige Vereinigung das apostolische Lehramt, °"r die lehrende Kirche aus; und von dieser Kirche sagt Jesus: Wer die Kirche nicht höret, den halte gleich einem Heiden M öffentlichen Sünder; — zn den lehrenden Gliedern dieser Kirche, sagt Jesus: Ich bleibe bei euch bis an's Ende der Welt, — h Bezug auf die lehrenden Glieder dieser Kirche sagt Jesus: Wer euch höret, der höret mich, wer euch verachtet, der verachtet mich, wer aber mich verachtet, der verachtet den, der mich gesandt hat, — von dieser lehrenden Kirche, schreibt der h. Apostel Paulus: daß sie eine Säule und Grnndseste der Wahrheit ist, gebaut aas den Grundfesten der Apostel und der Propheten, wovon Christ»! selbst der Eckstein ist. — Diese, die römisch-katholische apostolische Kirche ist also di: einzig wahre, die man hören soll, weil sie auf Petrus den Fel¬ sen gebaut, — vom h. Geiste regiert, folglich in ihren Ausstri¬ chen unfehlbar ist, und weil Jesus Christus selbst bei ihr bleibt bis an's Ende der Welt. Jener Mensch nur ist also ein wchm Christ, jener nur hört die wahre Lehre Jesu Christi, hört Jesum Christum selbst noch immer durch seinen Apostel Petrus und defiki Mitapostel reden, der den römischen Papst und die mit ihm ver¬ einigten katholischen Bischöfe, d. i. die lehrende Kirche Jesu Chri¬ sti hört. Wer anders denkt, wer anders lehrt, ist ein Irre¬ rer, ein Keßer, er mag seyn wer er will, weil er das einzig wahre von Jesus Christus selbst eingesetzte apostolische Lehramt verachtet. Jesus Christus selbst aber drohet denjenigen, die sei¬ nen Aposteln und - folglich ihren rechtmässigen Nachfolgern M glauben, die ewige Verdammniß, indem er, bevor er noch indes Himmel auffuhr, zu seinen Aposteln sprach: Wie mich der Vater gesendet hat, so sende ich euch. — Gehet hin in die ganze Mt und prediget das Evangelium allen Geschöpfen. — Wer glaubt und getauft ist, wird selig werden, wer aber nicht glaubt wird ver¬ dammt werden. Wer also den Aposteln und ihren wahren Nach¬ folgern nicht glaubt, der glaubt Jesum nicht, der macht JeD zu einem Lügner, — weil er nicht seinen Aposteln und ihrs« Nachfolgern, — weil er nicht der einen wahren Kirche Jesu Chri¬ sto glaubt. Er ist folglich ein Feind Jesu Christi, und nach da« Ausspruche des h. Johannes selbst ein wahrer Antichrist, und Hai keinen Lheil an dem ewigen Leben, weil er nicht wahrhaft gla^ an Jesum Christum den Sohn des lebendigen Gottes, so wie er ihm durch seine wahren Abgesandten verkündiget wird. Er h^ keinen Lheil an dem ewigen Leben, denn so wie die römisch--^' tholis wahre he de Cipric in Fe den n aber Leib den n die § eine > daß einzig finde schön« Zeit, mahn viele eben misch nienn giert Well ne E find, die i für muss rung heil Ausj nicht alle N'ch chcn lich gttr tel 81 'N !Ä Kirche, — i» Wki t mich, Hal, auliis: ut q hristül llsotl! i Fcl- isspri- ' blcitl wahr« Jesmi > defiki m ver- i Chn- Zrrlcd- einziz chrm»! )ie sei- ii niK in di» VM e W-lt glavi! i-d vcr- Nach- Jesu« ) ihre» i Chn- ch de«> nd ha> glaull wie er Er sch-ka¬ tholisch? apostolische Kirche, an die er nicht glaubt, die eine wahre Kirche Christi ist, so ist auch der römisch-katiwlische Glau¬ be der einzig wahre und allein scligmachende. Darum sagt der h. Ciprian: „Die Irrgläubigen und Abtrünnigen mögen immerhin in Feuer und Flammen (säe ihre Religion) brennen, sie mögen den wilden Thiereu vorgeworfen werden, — sie können getödtet, aber nicht gekrönt d. i. selig werden." Und die h. Kirche ist der Leib Jesu Christi, wer vom Leibe abgeschnitten ist, hat kein Le¬ ien mehr, — und der kann Gott nicht zum Vater haben, der die Kirche (seine Braut) nicht zur Mutter hat. — Da wir uns nun in unserer Uebcrzeugung, daß es nur eine wahre von Gott ausgegangene Religion geben könne, und daß sich diese eine wahre von Gott ausgegangene Religion einzig und allein in der römisch-katholischen apostolischen Kirche finde, bestärkt haben; so lassen wir uns nicht täuschen, durch schone, süßklingende witzige Schlangenreden unserer ungläubigen Zeit, — sondern prüfen wir, wie der h. Apostel Johannes er¬ mahnt, zuerst die Geister, ob sie aus Gott sind — denn es sind viele falsche Propheten in die Welt ausgegangen. Halten wir eben darum fest an die eme sichtbare, heilige, apostolische, rö¬ misch-katholische Kirche, von welcher wir wissen, daß sie uns niemals irre führen kann, weil der h. Geist es ist, der sie re¬ giert, und weil Christus selbst bei ihr bleibt bis an's Ende dec Welt. — Was aber jene unserer Brüder betrifft, die ohne eige¬ ne Schuld in einer irrigen Religion geboren oder erzogen worden find, und auch wirklich noch nicht Mittel und Gelegenheit haben, die wahre Christus - Religion kennen zu lernen — so müssen wir siir diese eifrig belhen um die Gnade des wahren Glaubens, müllen, wenn nicht unmittelbar, doch mittelbar zu ihrer Bekeh- nmg das Möglichste beitragen — übrigens aber für ihr Seelen- bcil in so ferne von Gott das Bessere hoffen, als cs nach den Aussprüchen seines Sohnes Jesu Christi gewiß ist, daß Gott nicht will, daß jemand ohne Schuld verloren gehe, sondern daß E zur Erkenntnis; der Wahrheit gelangen und selig werden, ^kcht minder aber müssen wir auch für jene wahrhaft unglückli¬ chen Mitbrüder eifrig zu Gott bcthcn, die die Lehre Jesu wirk- kkch schon erkannt, sich aber von seiner einzig wahren Kirche los¬ getrennt haben, und der Wahrheit widerstehen, obschon sie Mit¬ tel und Gelegenheit hätten sie zu finden und in den Schooß » »)) » 82 ihrer wahren Mutter-Kirche, zurückzukchren. Diese unglückli¬ chen Mitbrüder verdienen doppelt unser Mitleid, unsere christli¬ che Liebe, und unser Gebeth, denn ein Mal ist der wahre Glau¬ be auch uns nicht aus Verdienst, sondern aus Gnade zu Lhcil geworden — folglich könnten wir diese Gnade eben so, wie sie durch eigene Schuld wieder verlieren, und dann gehen uns je« Mitbrüder auch recht nahe an, weil sie durch das Sakrament der h. Laufe ursprünglich unserer Muttcrkirche angehören, et- schon sie außer ihr und von ihr getrennt leben. — Bitten mr also recht eifrig den Vater der Lichter und seinen Sohn JesuS Christus unser» Herrn und Heiland, daß er sie die Wahrheit erkennen lasse und sie recht bald in seinen Schafstall zurückführe, damit nach seiner Verheißung nur ein Hirt und ein SchafM werde. Amen. Am Festtage der h. Apostel Petrus und Paulus. »Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen und die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwältigen.« Math. 16, 18. Eingang. §In einem und demselben Tage feiert die katholische Kirche das Andenken des glorreichen Martertodes ihrer ersten und größte» Apostel — des h. Petrus und h. Paulus. Die Gründe, wel¬ che die Kirche bewegen einen und denselben Tag dem Andenken die¬ ser beiden Apostel zu weihen, sind eben so einleuchtend als sie merkwürdig sind. — Verschieden war zwar der Stand, verschie¬ den die Bildung, und verschieden der Charakter dieser beiden h> Männer, — aber beide wurden von der Vorsehung Gottes z» kräftigen Werkzeugen auserlesen, das Reich Christi, die von Chri¬ stus gestiftete Kirche zu befestigen und zu erweitern; und zwar soM Petrus seines unerschütterlichen Glaubens wegen, die GrundD 85 werden, auf welche Christus seine Kirche bauen wollte; Paulus aber seiner höhern Gelehrsamkeit und seines brennenden Eifers we¬ gen — die Fackel des Glaubens; so wurde dem Einen der Schlüssel der Gewalt, der geistigen Gerichtsbarkeit, dem Andern gleichsam der Schlüssel der geistigen Lehre übergeben. Mit einem Worte beide erhielten die nämliche Bestimmung — das Reich Gottes auf Erden zu begründen und zu erweitern, und diese erhabene Bestimmung verloren sie von dem Tage ihrer Erwäh¬ lung an, keinen Augenblick ihres Lebens aus den Augen, bis sie endlich beide zur nämlichen Zeit, unter gleichen Umständen an. demselben Ziele, für die unter den größten Beschwerden reichlich ausgestreute göttliche Saat — die ewige Krone der Vergeltung amteten. Denn ein und derselbe Kaiser Nerv, war der Tyrann des einen, so wie des andern, eine und dieselbe Stadt Rom, war der Marterplatz des einen wie des andern; ein und derselbe Tag war der blutige Zriumphtag des einen wie des andern, und ein und dasselbe Grab umschließt die irdischen Ueberreste — die h. Asche des einen, wie die h. Asche des andern. — Diese merkwürdigen Umstände bewogen die Kirche das hohe Andenken des Martertodcs ^cr beiden Apostel an einem und demselben La¬ ge zu feiern; die Gläubigen an ihre grossen Tugenden zu erin¬ nern, sie zur Nachahmung derselben und zum innigsten Danke gegen Gott aufzumuntern, durch dessen Gnade diese h. Apostel¬ fürsten so außerordentlich viel zur Verbreitung und Begründung der Kirche Christi, deren Glieder wir sind, gewirkt haben. Die geossen Verdienste, die sich diese beiden heiligen Männer um die Menschheit gesammelt, die erhabenen Tugenden, mit denen ihr Leben ausgeschmückt war, würden uns nun heute ein weites Feld ju den schönsten Betrachtungen darbiethen, — aber ich wage es "icht einen in jeder Rücksicht so reichhaltigen Stoff, den mehrere Erträge kaum erschöpfen würden, in einer einzigen Rede zu bearbeiten, darum will ich Ihnen nur in einem kurzen und schwa¬ ch"' Umrisse zeigen, wie wunderbar die göttliche Vorsehung düse beiden Verkünder und Begründer des Glaubens in der Aus- l'bung und Vollendung ihres Amtes leitete, und wie sie diesel- °en, während sie beiden verschiedene Wege angewiesen, doch beide iu dem nämlichen Ziele führte. — Das sey der Inhalt meines heutigen Vortrages, und der Gegenstand Ihrer geneigten Auf- ^rksamkeit. * 6 » » » -> 8L « « t< « Abhandlung. Von Jerusalem aus traten die beiden Apostel Petrus ust Paulus, die ihnen von der göttlichen Vorsehung angewiesene Lauf¬ bahn an. Denn hier wurden sie zu dem grossen Amte berufen, den gekreuzigten Jesus und seine Lehre allen Geschlechtern her Erde zu verkünden. — Diese erhabene Bestimmung erhielten st zwar nicht zu gleicher Zeit und nicht unter gleichen Umstanden. Denn, den Petrus hat noch der auf Erden wandelnde Heiland berufen, und es bedurfte nicht mehr um den armen, einfältig» und ungebildeten Fischer zu seinem Schüler zu machen, als ein einziges: Folge mir nach! Sogleich verließ Petrus fein Schiff¬ chen und Netz — sein Hab' und Gut und Hieng dem Heiland: an. — Den stolzen, gelehrten Parifaer, den wider die Lehr: Jesu schnaubenden Saul aber, rief der im Himmel wieder ver¬ herrlichte Christus zu seinem Schüler. — Durch auffallende Wun¬ der, schreckende Donner, furchtbare Blitze zur Erde gestürzt, muft Saul sich demüthigcn lernen; auf die Erde hingestrcckt, fragte Saul erst: Herr wer bist du — was willst du, daß ich Ihn» soll? Durch Ananias wurde ihzn seine künftige Bestimmung be¬ kannt gemacht, die er dann in Gemeinschaft des Petrus so eifrig verfolgte. Petrus hatte indessen, ehe Paulus zu seinem Mitapo- stel berufen wurde, bereits Vieles in seinem Berufe gewirkt. Denn er sing nach dem Empfange des h. Geistes gleich in Jerusalem an, den noch mit dem Blute des Erlösers bespritzten Ackers bebauen, und der Same der göttlichen Lehre, den er am Pflügst- feste ausgcstrcut harte, trug die ersten Früchte des Kreuzes mib erzeugte der Kirche die ersten Kinder. Drei Taufend bekehrt« sich auf die erste Rede des vom h. Geiste entflammten Petrus, und fünf Tausend bekannten sich auf seine zweite Rede zu dir Lehre des'Gekreuzigten. — Aus diesen acht Lausenden erhob O nun jene erste Kirche, die uns in der Apostelgeschichte mit sovic- ler Anmuth beschrieben wird, deren Glieder unter ihrem Haupte dem Petrus gleichsam nur ein Herz und einen Sinn hatten, brüderlicher Eintracht mit einander lebten, im eifrigen Gebcthe und in der Ausübung guter Werke verharrten. Indessen obscho" die aufgekeimte Kirche Christi schön und lieblich blühete, obsche" Petrus, der vorzugsweise zum Apostel der Juden bestimmt war, immerhin ein grosses Land für das Ehristenthnm zu bebauen hatte, « « « « 85 so wurde ihm doch dieses grosse Land zu schmal und zu enge. Darum verließ er bald die unter seinen Händen emporgestiegene Kirche zu Jerusalem, theils um an den Gränzen des Reiches an¬ dere zu errichten, theils um die durch seine Mitarbeiter bereits errichteten zu besuchen, weil er der Hirt aller Kirchen war und alle begründen mußte. Es waren aber von den Mitarbeitern des Petrus schon die meisten benachbarten Gegenden mit dem evange¬ lischen Samen befruchtet; an den Granzen von Egypten kannte mau schon die Kraft des ehrwürdigen Namens Jesu; in Sama- rien und Syrien gab es bereits christliche Gemeinden; nur Grie¬ chenland und Italien sollten noch die frohe Stimme des Evan¬ geliums verehmen, und sie vernahmen dieselbe bald durch den be¬ kehrten Paulus, der zum Apostel der Heiden bestimmt, die abge- tischen Städte durchwandern, und die Finsternisse des Aberglau¬ bens durch die Fackel des christlichen Glaubens vertreiben sollte. Und wirklich, von dem Tage au, da Paulus die h. Taufe .empfangen hatte, rastete er keinen Augenblick in der Ausbreitung des Christenthumes. Nicht lange hielt er sich in feinem Vater¬ lande auf; aber gleich einem Strome, der von Winterwässern angefchwollen alle Dämme durchbricht, und sich weit über seine Ufer ergießt, so stürzte Paulus von heiliger Gluth erwärmet zu¬ erst über seine Halsstärrigen Landcsleute her, und bekriegte sie durch die ihm verliehene Weisheit, durch seinen rastlosen Eifer so mächtig, daß er nun den Juden eben so furchtbar wurde, als er es vor feiner Bekehrung den Christen war. — Er scheute kei¬ ne Anstrengung, merkte auf keine Verachtung, keinen Spott, fürchtete keine Drohungen, — herzhaft wagte er sich allemal dorthin wo der Sturm am heftigsten, der Krieg am gefährlich¬ sten war; denn es hatte der gütigen Vorsehung gefallen, den heftigsten Verfolger Christi, in den eifrigsten Verkündiger und Vertheidigcr seiner Lehre zu verwandeln. Bald trieb ihn aber das himmlische Feuer, das nach seiner wunderbaren Bekehrung in leinen Herzen loderte — in die entferntesten Gegenden; er wollte auch in den Städten Griechenlands und jenseits des Meeres in Italien das Kreuz des Erlösers aufpflanzen, und Erließ daher sein Vaterland. So wurden denn die beiden Apostel Petrus und Paulus bald in den ersten Jahren ihrer an- lstlretcnen Laufbahn weit von einander getrennt, durch die heiße Begierde Seelen für den Himmel zu gewinnen, den Samen der X >- >- » 86 Lehre Zesu aller Orten selbst in den urwirthbaresten Gcgende» auszustreuen. Außer diesem Eifer, trennten sie noch mehr hie heftigen Verfolgungen der Feinde, welche Verfolgungen aber für die Ausbreitung des Christenthums gerade das wirksamste Mittel waren; denn jede Verfolgung war eine weitere Versendung bei Apostel; sie hatten nirgends eine bleibende Stätte man trieb sie von einer Sadt in die andere, und so schickte man, ohne es zu wollen, den Arzt überall hin, damit ihn alle hören und durch sein göttliches Wort genesen könnten. Man schlug sie in Bande, warf sie in Kerker, führte sie von niedern Gerichtsstühlen zu höhere, von der Provinz in die Hauptstadt, und was bewirkte man da¬ durch ? — daß von Tag auf Lag eine größere Volksmenge die Gesandten Christi kennen lernte und seine Lehre aus ihren Mun¬ de vernahm; so mußte, nach dem Plane der weisen Vorsehung das Mittel welches die Feinde gebrauchten um die Apostel ja unterdrücken und ihre göttliche Lehre auszurotten, umgekehrt da¬ zu dienen — die Apostel zu erheben und die Lehre Zesu auszubrei¬ ten. Denn das Wort Gortes, das die Apostel verkündeten, und die hinreißende Beredsamkeit mit der sie es verkündeten, war ein scharfschneidendes Schwert, das bis in das Innerste der Seck drang; es erweichte die Felsenherzen ihrer Feinde und schuf blutdürstige Tiger in zahme Lämmer um. So wird z. B- Pe¬ trus auf die erste wunderbare Heilung eines Lahmgeborncn ver¬ haftet und mit Johannes vor das Gericht der Synagoge ge¬ führt- Aber die Freimüthigkeit mit welcher Petrus spricht, seht alle in Erstaunen; sie wußten, heißt es in der Apostelgeschichte, daß Petrus und Johannes unstudierte Männer waren und vom geringen Stande, aber man kannte sie wohl, daß sie zu der Gesellschaft Zesu gehört hatten; der geheilte Mann stand neben ihnen — sie konnten nichts einwendeu und ließen die Apostel frei. — Man übergibt den zergeißelten Paulus dem Kerkermei¬ ster mit dem Befehle ihn zu fesseln und in das tiefste Gesang- niß zu werfen. Um Mitternacht entsteht plötzlich ein starkes Erd¬ beben, die Grundfeste des Kerkers werden erschüttert, alle Thüre springen auf und die Fesseln fallen von den Gefangenen ab. Der wachgewordene Kerkermeister sieht das Gefangniß offen, zieht sein Schwert und will sich durchbohren, weil er glaubt, die Ge¬ fangenen seyen entflohen. Aber Paulus rührte sich nicht von dec Stelle, sondern rief so laut er konnte: Lödte dich nicht Freund, » » » » 87 « « « « gcndkü chr bis 'er für Mitte! ig der ieb ft es zu h sein warf »Hera, n da- ze die Mun- ehung rcl ji> t da- ubm- , und war Seele M' Pc« ver- ! ge- sehl chtc, vom der eben ostel uici- ing- ?rd- )üre Dec icht Le¬ der nid, denn wir sind alle noch hier. Da springt der Kerkermeister mit dem Lichte in das Gefängniß, wirft sich dem Paulus zu Füssen, führt ihn heraus und ruft: Herr was soll ich thun, daß ich selig werde? — So fesselte der Gefangene Paulus den freien Kerkermeister mit den Banden der Liebe, und machte ihn zu einem Bekenner Christi. So versammeln sich die Juden und be¬ gehren mit Ungestüm, Petrus solle gerichtlich verdammt werden, — aber Petrus öffnet kaum den Mund, so werden feine Feinde seine gehorsamen willigen Zuhörer und entlassen ihn mit aller Ehrfurcht. Die Bürger von Athen rotten sich zusammen um Paulus zum Tode zu verurtheilen, aber die wüthenden Richter, werden seine Schüler und Bekenner Christi. — Kurz die Ver¬ folgungen selbst, die die beiden Apostel am meisten trafen, mußten nach dem Rathschlusse der Vorsehung den Samen des göttlichen Wortes am kräftigsten befruchten, um den Muth der Apostel be¬ leben, anstatt ihn zu schwächen. Unter solchen Umständen hatten die beiden Apostelfürstcn bereits in die entferntesten Länder die Lehre Jesu verpflanzt, und in den meisten Hauptstädten prang- ren christliche Kirchen statt der ehemaligen Tempel der Götter, duir leltcn, nur wegen sehr wichtigen Angelegenheiten der Kirche kamen die beiden Apostel in Jerusalem zusammen, aber allezeit trennte sic ihr göttlicher Eifer wieder. Aber als das Ehristen- tbum in der damals bekannten Welt bereits überall blühete, iiaherten sich auch seine beiden eifrigsten Verpslanzer allmählich "m Ziele ihrer Laufbahn. Rom die Haupstadt des Heidenthu- >ues, mußte nach dem Plaue der weisen Vorsehung, noch zur Hauptstadt des Christeulhnmes weichen, und zugleich das Ziel b'dn, an welchem die beiden Apostel von ihrer Arbeit ausruhen, >"ch die unvergängliche Krone der Belohnung erhalten sollten. ?etrus kommt in Rom an, um es der Dienstbarkeit des Aber¬ glaubens und der Abgötterei zu entreißen, — fein letztes aber Zugleich stil, schwerestes Unternehmen! denn Rom für das Chri- l/uthum gewinnen, war soviel als den ganzen Erdkreis bekehren. gab keinen Götzen im ganzem Reiche des Heidenthnmcs, der Zu blom nicht seinen Tempel und seine Anbether gehabt hätten stgeuannten Weisen bildeten hier die verschiedensten Schulen, "ul eine die andere bekriegte, da sich jede für die erleuchtetste uu-gab, dabei wandelte aber das Volk in dichter Finsterniß, und eine zügellose Freiheit aus. Denken wir uns nun den Pc« 63 trus als einen armen, ungelehrten Fischer, ohne Ansehen, ch, Beschützer und Gönner, — er soll Rom Vie Beherrscherin M Nationen, aber zugleich die "Sklavin aller Jrrthümer ganz um- statten und zur Kenntniß einer Lehre bringen, die alle menschli¬ che Weisheit als Thorheit verwirft, und der Sinnlichkeit dm Krieg anküudiget? — Nein Petrus als. niedriger ungelehrter Fi¬ scher, hatte dieses grosse Werk nie zu Stande gebracht, aber Petrus als ein vom h. Geiste erleuchteter, und von dem mächti¬ gen Arme Gottes unterstützter Apostel — konnte das Ansehen der Götter vernichten, ihre Tempel zerstören, ihre Priester zer¬ streuen, die Weltwcisen zu Schanden machen, und das Krein Jesu Christi, welches den Juden ein Aergerniß, den Heiden ein, Thorheit war, mitten in Rom aufrichten. Alle Gcmülhcr sui! zwar wider ihn erbittert, alles vereiniget sich fein göttliches Un¬ ternehmen zu vereiteln, aber dessenungeachtet gelangt er zu seine!» Ziele. Er rottet den Aberglauben aus, erleuchtet den Verstand, ändert die Sitten, veredelt die Herzen, und macht aus Rom dm Wohnsitz aller Jrrthümer und Laster, den Wohnsitz der wahre« beseligenden Religion. — Das schöne göttliche Gebäude der Lehre Jesu steht da gegründet auf einen Felsen, den zwar die Pforte» der Hölle schon oft bestürmet, aber nicht überwältiget haben, und nicht überwältigen werden. So bestürmte die Hölle durch ihren Diener den Kaiser Nero alsogleich die neugegründete Kirch und ihren Felsen den Petrus. — Aber Petrus hatte sein grM Tagewerk vollendet — es wartete ihn der Abend der Ruhe. A Befehl des Kaisers Nero wird er in den Körker geworfen und zum Tode verdammt; aber wunderbar! zu nämlicher Zeit nähert sich auch der Heidenapostcl Paulus, der Stadt Rom. M göttliche Vorsehung wollte die eifrigsten Verkündiger des Evan¬ geliums in Gemeinschaft die Siegespalme erringen lassen. Ä Rom also, dem christlichen Jerusalem finden und sehen D die beiden Apostel wieder, die Lichter des Glaubens, hier theilr" sie den Sieg für die Ehre ihres Meisters, weil sie die Arbeit zur Gründung seiner Lehre getheilt hatten, hier vermischt 1^ ihr Blut für das Zeugniß der Wahrheit, wie sich ihr Eifer ver- einiget hatte zur Bestreitung des Zrrthumes; sie leiden und M- den an einem Lage unter dein nämlichen Tyrann, wie sie beide für die Ehre des nämlichen Herrn gelebt hattän. Petrus, al° ein verächtlicher Jude wird mit dem Haupte gegen die Erde ab das Kreuz geschlagen, ja er begehrt diese Todcsart selbst, damit cr als Schüler nicht so leide wie sein Meister Christus, er fürch¬ tet die Ehre der nämlichen Todcsart. Paulus, der dem Lode mit bewunderungswürdiger Sehnsucht entgegen ging, wird als römischer Bürger enthauptet. — So endeten die beiden Apvstel- fürsten Petrus und Paulus, deren Andenken wir heute feiern, fo endeten sie ihre von der Vorsehung ihnen angewiesene und rühmlich zurückgclegte Laufbahn. Das Blut des Apostels der Juden, und jenes des Apostels der Heiden mußte sich in Rom vermischen, weil in Rom die Grundfeste von jener Kirche gelegt ivcrden sollte, die sich auf den Trümern des Heidenthums, und auf den Trümern des Judenthums erhob, Rom der Mittelpunkt der Einigkeit im Glauben bewahrt die h. Asche unserer beiden ersten und größten Glaubcnsväter des h. Petrus und des h. Paulus. Ehrwürdig sey uns denn das Andenken dieser beiden Glau- bcnshelden! Ein Jahrtausend ist schon längst verflossen seit sie ihre irdische Hülle abgestreift, und das Kleid der Unsterblichkeit «»gezogen haben; aber ihr Geist, eigentlich der Geist ihres gött¬ lichen Meisters Christi wehet in der von ihnen gepflanzten und begründeten Kirche heute noch eben so wohlthätig und beseligend, v'ie vor itt Jahrhunderten. — Möchten wir sie doch recht leb¬ haft erkennen und fühlen die grosse Wohlthat, die uns die vätcr- bche Vorsehung Gottes zu Theik werden ließ, da sie uns durch ihre Apostel zu Gliedern einer Kirche machte, deren göttliche Lehre uns den einzig sichern Weg zuin Himmel weiset; möchten wir diele Lehre immer mit bereitwilligem Herzen aufuchmen, ihr all¬ zeit getreu nachleben, und nach dem Beispiele der h. Apostel keine Lelchwerden, keine Mühseligkeiten, keine Aufopferungen, ja selbst dcn Lod nicht scheuen, um uns als würdige Schüler und treue Nachfolger Christi zu behaupten; dann dürfte uns am Abende un- ürcs Lebens die schöne Hoffnung glanzen, daß — Jesus der gute °>irt uns als seine treuen Schaflcin am Tage des Gerichtes an ue rechte Seite stellen, und uns gleich seinen Aposteln uu Reiche "r Auserwählten, die unvergängliche Krone der Vergeltung zu- ttstnnen werde. Auren. 90 Am Feste der Himmelfahrt Mariä. »Maria hat den besten Theil erwählt, der von ihr nicht W genommen werden.« Luk. io, 43, Eingang. ^ie, aus dem heutigen Evangelio angezogenen Worte: Ml- ria hat den besten Theil erwählt, der von ihr nicht wird ge¬ nommen werden, diese Worte beziehen sich, wie Sie eben ge¬ hört haben, auf Maria, die Schwester der Martha, die Zesm in ihrer Wohnung bewirtheten. Dessenungeachtet kann man diese Worte mit vollem Rechte auch auf eine andere Maria nämlich auf die seligste Mutter unfers Erlöfers anwcnden, deren Anden¬ ken wir heute abermals durch die Begehung des Festes ihm Himmelfahrt feiern. Auffallend und der Frage werth dürste ei seyn: warum denn das heutige Evangelium mit dem Festen keiner Verbindung steht oder zu stehen scheint's Wir feiern je das Andenken der Himmelfahrt Mariens, das Evangelium er¬ zählt uns aber wie die beiden Schwestern Maria und March Jesum bewirtheten? — Wahr ist es, weder von dem Tode noch von der Himmelfahrt der seligsten Jungfrau geschieht in Em- gelio eine Meldung, aber dieses steht doch mit dem heutig!" Feste in einer schönen Verbindung, denn wir finden in dem Evai- gelio vieles, ja alles was auf die Mutter unfers Heilandes Be¬ zug hat und auf sie übertragen werden kann. Die beiden Schu¬ stern nahmen Jesum, als er von Jerusalem nach Bethania kam, in ihrem Hause gastfreundlich auf, und Maria die seligst Jungfrau nahm ihn, da er vom Himmel auf die Erde herabgc- stiegen war, in ihren reinsten Schoos auf; die zwei Schwester» bewirtheten Jesum mit einer häuslichen Mahlzeit, Maria aber gab ihm, da er durch sic Mensch wurde Fleisch und Blut; zwei Schwestern nährten ihn über einen Mittag oder Abend, Maria nährte ihn durch dreißig Jahre- Eine von den Schu¬ stern saß zu den Füssen des Heilandes, und horte feine Lehr" au, während sich dm andere seine Lewirthung angelegen fcyn liest Maria aber die Mutter Jesu that beides, indem sie au Seite bald die Lehren des Heiles auhorte, bald um seine leibli¬ chen Bt ft habe kicher 2 des He ihrem ö das her von der nbcrtrm ftn LH ligkeit von ihr zenden nächst nun an Marien seligen losgebu nien wr folgern gendhaj also he und so T ter des der Ab bens 1 Eines der sil, den Le und ar siorben lwnunc daß in gräbich Allein Lehrer 91 chen Bedürfnisse bekümmert war. Von einer Schwester heißt es, ft habe sich den besten Lheil erwählt, da sie durch Anhörung gött¬ licher Wahrheiten für ihre Seele sorgte, und Maria die Mutter des Heilandes widmete ihr ganzes Leben himmlischen Dingen und ihrem Schöpfer. Diesen schönen Bezug hat das Evangelium auf das heutige Fest. Und mit Recht kann man das, was Jesus m der Schwester der Martha sagte, auf seine erhabene Mutter übertragen: nämlich Maria die seligste Jungfrau hat sich den be¬ sten Lheil erwählt, da sie ihr ganzes Leben der Lugend und Hei¬ ligkeit widmete, und mit Recht kann man sagen daß dieser Lheil von ihr nicht wird genommen werden, weil sie wegen ihren glän¬ zenden Lugenden geziert mit der Krone der Unvergänglichkeit zu¬ nächst am Throne des Sohnes Gottes sitzet. Wir wollen uns nun an diesem Tage, welcher dem Andenken der Verherrlichung Mariens geweiht ist, mit unfern Gedanken zurückversetzen in jenen seligen Zeitpunkt, da die Mutter unseres Heilandes von der Erde losgebunden in die ewigen Wohnungen des Friedens ausgenom¬ men wurde, das ist, wir betrachten ihren verherrlichten Tod, und folgern dann aus dieser Betrachtung die hohe Seligkeit des Tu¬ gendhaften am Ziele seines Lebens. Ihre Aufmerksamkeit sey also heute dem Andenken der verherrlichten Mutter des Erlösers, und so wie allezeit ihrem eigenen geistigen Nutzen geweiht, Erster Lheil. Das Andenken der Himmelfahrt Mariens der seligsten Mut¬ ter des Erlösers feiern, heißt auch soviel als ihren Sterbtag nach der Absicht der Kirche feiern; denn das Ende ihres irdischen Le¬ bens und der Anfang ihrer Verherrlichung, fallen gleichsam in Cüies zusammen, so daß man sich den Lod und die Himmelfahrt bcr seligsten Jungfrau als eine Begebenheit denken kann. Was uni Tod der Mutter unseres Heilandes betrifft, war ein grosser ^id ansehnlicher Kirchenlehrer sogar der Meinung, sie sey nie ge¬ worben, sondern lebendig von der Erde in den Himmel aufge- ""»inicn worden, und diese Meinung stützt er auf die Bemerkung, in den h. Schriften weder von dem Lode, noch von der Be- Wbnißstatte der seligsten Mutter Gottes eine Meldung geschieht, ustcin diese Meinung, so sehr sie auch den Beifall verschiedener "wer besatz, wurde doch von der katholischen Kirche nie allge- » >- v » 92 mein angenommen. Denn, wahr ist es allerdings, daß unseres Schriften weder von dem Tode, noch von dec Grabstätte der Mul¬ ler Gottes Meldung machen, aber das ist noch kein durchaA gültiger Beweis, daß sie nicht gestorben sey, denn sonst ko« man mit eben dem Rechte sagen , sie sey nicht geboren worden; weil von ihrer Geburt in der h. Schrift auch keine Erwähnung geschieht. Dem sey nun wie ihm wolle, Maria war ein Abkömm¬ ling Adams, und folglich gehörte sie zu jenen, von denen da Apostel Paulus sagt, daß sie dem Gesche des Todes unterum- fen sind. — Es ist jedem Menschen bestimmt, sagt er, ciniM zu sterben. Indessen ist es ein anderer wichtiger Umstand « den ich Sie heute aufmerksam machen will, wenn von dem Ai der Mutter unseres Heilandes die Rede ist — der Umstand n»- lich, daß ihr Tod von dem dec übrigen Menschen in jeder Hin¬ sicht sehr unterschieden war. Er hatte nicht das Niederschlages Schreckhafte und Fürchterliche, das gewöhnlich bei dem Tode dkl übrigen Menschen eintrifft. Denn was macht den Lod eigeM schreckbar? Entweder ist es die angeborne Liebe zum Leb«, oder eine zu grosse Anhänglichkeit an die Welt, ihre Güter m! Freuden, oder der Schmerz der Trennung von seinen Angchsii- gen und geliebten Personen, oder,übertriebene Vorstellungen « der gewaltsamen Auflösung und Trennung des Geistes von da Leibe, oder das Schaudern vor der Verwesung vor dem Modr» im Grabe, oder endlich die traurigste Ursache — das DewO seyn eines in Sünden zugebrachten Lebens, der Gedanke an ciw> ewigen heiligen Richter, aus dessem Munde man in dem Augen¬ blicke des Verscheidens sein ewiges Loos vernehmen wird^ Sesti des guten frommen Christen bemächtiget sich in der Stunde dl- Lodes eine gewisse Bangigkeit, die aus dem Bewußtseyn sim'l Unvollkommenheit, aus der Uebcrzeugung entspringt, daß er «E dem Wege der Tugend oft gestrauchelt habe; daß ihm noch eist Mangel und Schwächen ankleben, daß er seine Fehltritte »°? zu wenig abgcbüßt, für den Himmel noch zu wenig gethan h^' Solche und ähnliche Ursachen also machen dem Sterbenden Lod mehr oder weniger furchtbar und Grauen erregend. allen diesen Ursachen aber kann man sich keine denken, die Lode der seligsten Jungfrau im Wege gestanden wäre. Die ü"' geborne Liebe zum. Leben hielt sie nicht gebunden an das JrdiiV wir wissen ja wie sehr sie gewöhnt war, sich allezeit in den 95 « IIÜM- Hii- geck de d« eutlij )eb«, r il«> ehbri- i mi i d« 'od«i wiißl- ciia ug» sclilk e dii seinkk r ai oied nmi hak ds Vs« de» iiii- K lcn Gottes zu ergeben , und wie gerne sich ihr Geist und Herz mit himmlischen Dingen beschäftigte, es mußte ihr also die heiße Sehnsucht sich bald mit dem im Himmel zu vereinigen, der sich mit ihr auf Erden so innig vereiniget hatte, diese heiße Sehn¬ sucht mußte ihr den Augenblick dar Auflösung als den schönsten und crfreilichsten darstellcn? — Anhänglichkeit an die Welt und ihre Güter konnte noch weniger ihre grosse Seele beschweren; dum sie lebte von der Wiege an in größter Armuth und Ver- gcssenhcit, in stiller Einsamkeit, Bescheidenheit und Demuth, ihr reines Herz, in welchem kein anderer Wunsch als der den Schö¬ pfer zu dienen und zu gefallen Raum hatte, konnte keinen Sinn haben für das Irdische und Vergängliche. Die Trennung von geliebten Personen mußte ihr die Stunde des Hinscheidens nur rersüsscn, anstatt zu verbittern, denn sie zählte nur wenige und nur solche geliebte Personen und Freunde, die einst an der Seite Zcsu, dieses irdische Leben als eine kurze Wanderzeit, als eine Vorbereitung zu einem ewig seligen Leben kennen gelernet batten, deren ganzes Wünschen und Streben, nur nach Jenseits gerichtet mir, die daher auch zuversichtlich hofften, sich mit der gcbene- deitcn Mutter zugleich bei dem Sohne bei Jesu zu sehen, dessen Freunde, Schüler und Nachfolger sie im Leben waren. Was soll ich erst von der Vorstellung eines ewigen Richters und der Ewig¬ keit sagen, welche Vorstellung so vielen und den meisten Meir¬ ichen die Stunde des Todes so fürchterlich macht. O diese Vor¬ stellung meine Lieben, war für Maria die Mutter des Heilan¬ de» eben der Inbegriff der höchsten Freude, der reinsten Selig- llit! ihr Gott wohlgefälliger Wandel von keinem Schatten der Sünde verdunkelt, weil er eine ununterbrochene Kette der erha-. bensten Tugenden war, die sie in den Augen Gottes würdig machten, Mutter feines eingcbornen Sohnes zu werden, ein so zurückgelcgtes beben und der freudige Rückblick auf dasselbe mußte ja für sie der annahenden Stunde des Todes fchon an und für sich ein ^üinnel seyn — Gott nahm ihre erhabene Seele im Leben und ^'tt nahm sie im Tode ein, wie selig also der Augenblick in schein sie sich ganz und auf ewig mit ihm vereinigte! und die- Augenblick war der Augenblick" des Todes, doch nein, nicht °- nicht der Augenblick des Todes, sondern eines fröhlichen Überganges aus der Zeit in die Ewigkeit, aus dem Lhale der EMn ch das selige Land der Verheißung; ihr Sterben war L) » » 84 «« keine schmerzliche Trennung der Seele von dem Leibe, es war ch hohes Entzücken, ein sanftes Einschlummern in Frieden des Hm», ein kurzer wohltätiger Schlaf aus dem sie zu einem ewige. Morgen der höchsten Seligkeit erwachte. — So geht MM die schöne Gottes-Sonne an unserm Himmel unter, um in ei¬ nem fremden Welttheile, an einem andern Himmelskreise d« Erdebewohneim in ihrem majestätischen Lichte aufzugehen, M uns lächelt sie doch selbst im Augenblicke des Scheidens «ich freundlich an mit ihrem letzten goldenen Strahle, der die Spi¬ tzen der fernen Gebirge mit seinem purpurnen Lichte färbet. 8« war das Scheiden der Mutter unseres Heilandes von dem irdi¬ schen Lhale ein kurzer holder Schlummer, ein liebliches seligkj Erwachen in der seligen Geisterwelt. Ich sage ein Schlummer, - denn kann man gleich nicht mit Zuverlässigkeit sagen, wie langes Seele der gebenedeiten Mutter von dem Leibe getrennt gewesen sc», so können und dürfen wir doch mit Zuversicht annehmen, daß bck durch göttliche Kraft bald wieder vereiniget wurden, daß Ma¬ ria, die auf eine außerordentliche Gottes würdige Art MM des Erlösers wurde, auch aus eine außerdentliche Gottes würdig! Weise mit Leib und Seele in den Himmel ausgenommen wordc» sey — das ist selbst die ausdrückliche Meinung der katholiW Kirche, die sie durch das heutige Fest an den Tag legt. Ä diese Meinung der katholischen Kirche sind wir vollkommen j« ehren schuldig, um so mehr, da selbst die Vernunft mit der¬ selben übereinstimmt. Maria, die Einzige, die der Sohn Got¬ tes aus ihrem Geschlechte zu seiner Mutter auswählte, die Ein¬ zige, die er als das erhabenste Werkzeug, als die wirksamst Gehilfin zur Ausführung des Erlösungsplanes auserkohr, die Ein¬ zige, mit der er sich so enge verband, als er sich immer is einem Geschöpfe verbinden konnte, derer Blut er mit seiner Gott¬ heit vereinigte, in deren Fleische er sich der Welt zeigte. A dieser Würde stellt das Evangelium die seligste Jungfrau auf sollte es nun noch diesem der Vernunft nicht auch billig gvtteswürdig erscheinen, daß Gott ihren Leib der 'allgemein Verwesung nicht unterworfen? dieser reinste Tempel, in welches der Herr Himmels und der Erde im Fleische wohnte, diese Ho¬ llge Arche des neuen Bundes; sollte der Lod zerstören und'" den Staub legen dürfen, sollte des Grabes Moder entheiligens die Würmer aufzehren? — einen Leib, in welchem das gr^ »»»» 95 «« « var ch Hetti, ewigki Abenl- in ki- se d« , oda s mch Spi- . Ei l irdi- seligrl ?c,- iged« n sG bed M- l?uM ffdig! orbm iischei O n !» da- Gol- O- amf« Eii>- mi! ilott- A aof inid eine« che°i ha- d I» sd G Gehcimniß der Menschwerdung Gottes vor sich ging, hätte Gott selbst dem allgemeinen Fluche unterworfen! Nein, sagt der h. Thomas von Aquin, auf Maria war dieser Fluch nicht ausge¬ dehnt; so wie sie Gott aus dem ganzen Menscheiigefchlcchte schon im Leben durch besondere Vorzüge auszeichnete, so hob er sie im Tode dadurch empor, daß er sie noch vor der allgemeinen Auf¬ erstehung mit Leib und Seele in sein Reich ausgenommen hat. So glanzt also die Mutter unseres Heilandes im Reiche Gottes, erhaben über alle Geschöpfe, erhaben über die Engel durch den Vorzug ihrer Würde, erhaben über die Heiligen durch das Ver¬ dienst ihrer Tugenden, so stellt sie Gott auf die erhabenste Stusse der Seligkeit, weil sie allein das Recht hat zu ihm zu sagen: Du bist mein Sohn, während die Engel und die Heiligen sich seine Diener nennen. Wir wollen nun, da wir uns in Gedan¬ ken um die seligste Jungfrau , wie Kinder um ihre sterbende Mut¬ ter versammelt haben, die Seligkeit des Tugendhaften am Ende seines Lebens überhaupt betrachten, um uns auf einen trvstvol- len Tod vorzubereiten — im zweiten Theile. Die Natur stellt uns den Lod durchgehends als etwas Schreck- lichcs und Erschütterndes auf, die Offenbarung aber stellt ihn in Azug auf ein gut oder böse zugcbrachtes Leben, als wünschens- wcrth und erfreulich oder als angstvoll und furchtbar dar. Wir Men den Tod gegenwärtig nach der Offenbarung von seiner erfreulichen Seite kennen lernen und sagen daher: dem Tugcnd- haften sty er nicht schrecklich. Zwar sieht der fromme Christ sei- m Auflösung auch nicht ganz sorglos, nicht mit Selbstvertrauen entgegen, denn wirft ihm auch sein Gewissen keine grossen Dcr- stehungen vor, so wird er doch immer mit dem Apostel Paulus ingen müssen: Ich bin mir zwar nichts Ucbles bewußt, aber durch Ms Bewußtseyn noch nicht gercchtfertiget, denn nicht ich, son- ^ni der Herr ist cs, der mich richtet. Indessen ist aber der ^ngendhaste lebendig überzeugt, daß Gott in seinem Erbarmun- unendlich groß und in seinen Verheißungen höchst getreu ist. lebendige Ueberzeugung verbunden mit dem Zeugnisse eines 8" ui Gewissens benimmt also dem Tode des Gerechten sein Furcht- ^scheucht jede übertriebene Angst aus der Seele und zer- 90 « « « « streut die Besorgnisse einer ungewissen Zukunft. Er kann M da liegen der fromme Christ auf dem Sterbebette gefoltert körperlichen Schmerzen, aber sein Gemiith ist ruhig und heiter, ii seiner Seele wohnt, ein Friede, den die Welt nicht geben, ab« auch nicht nehmen kann, der Friede eines reinen Gewissens. K fürchtet nur soviel wegen des Vergangenen als es nöthig iß, um nicht verwegen zu seyn, er sieht nur in so ferne noch« einem heiligen Mißmuthe auf seine zurückgelcgte Lebensbahn zu¬ rück, als er wüschet noch vollkommener noch tugendhafter gcwsr- den zu seyn, seine Fehltritte noch eifriger bereut und verbessert zu haben. Indessen, da ihm sein Gewissen das Zcugniß gibt daß er gethan habe, was er thun konnte, da ihn die Religm belehret, daß Gott den Willen für das Werk nehme, wo del Werk nicht ausführbar ist, so fühlt er sich innerlich gestärkt, sm Glaube wird lebendiger, seine Hoffnung zuversichtlicher, seine Lie¬ be feuriger. — Er sieht dem Tode mit Ergebung entgegen, dm er erwartet Gnade von dem Herrn in dem letzten Augenblick« des irdischen Kampfes und nach dessen Vollendung die Krone dck rechtmässigen Sieges. Er kann mit dem Apostel Paulus getrej sagen der Tugendhafte: Ich werde nun bald ein Opfer für bei Herrn, denn die Zeit meines Hinscheidens ist nahe; aber iel habe einen guten Kampf gekämpft, meine Laufbahn vollendet^ den Glauben bewahrt, nun harret mein die Krone der Gerechtig¬ keit , welche der Herr der gerechte Richter an jenen Tage A zuerkennen wird; ja er sehnet sich mit heißem Verlangen naj dem freudigen Augenblicke, in welchem sein Geist die irdische Al¬ le verlassen und zu seinem Schöpfer heimkehrcn werde — ich «rö¬ sche aufgelöst zu werden, seufzet er mit dem Apostel — und nu' Christo zu seyn. So ging der h. Polikarp Bischof von Smy"" ein 86 jähriger Greis seines hohen Alters wegen zwar mit schic¬ kendem Schritte aber mit lächelnder fröhlicher Miene dem bren¬ nenden Scheiterhaufen entgegen. Er zog sich selbst die Kleid" aus, und als er merkte daß man ihn mit Nägeln an einen -?föl befestigen wollte, damit er seiner Altersschwäche wegen nicht i"- sammensinke, so sprach er: Lasset mich nur so, der mir Stäü- gibt das Feuer zu erdulden, der wird mir auch Stärke geo¬ dah ich ohne eure Nägel fest stehe, und er stand wirklich schütterlich da der ehrwürdige tugendhafte Greis der Schüler d h. Johannes, die Hände auf den Rücken gebunden, stand er'" der Mi Wonne welchen wurde, Flamm auf de dem H unzähli der sei" gen U einer r bereit - nun al jähren, alter; bische a ter Ha »ander rung a geiidlicl einigun dem H liche s der h. Freude tritt v er Zeit gcwascl 'm Fr HE m Friede, wohl i schere cher C bcn! i A"gst ncs m lichen 97 N M 'rt iter,ii >, M s. Si llg )ch Mii hn!«- gcwsi- rbchrl giss leliglci wo ds, st, s« ne L» , dkR nblikd me ki getr»- ur d« ber ß let B :echtiz< ge m» n mi e Hib h wi«> nd mi llnyn° , brci>- Klcid-k , Pfaß cht p Stärk! gebr^ uiicr lec v-k > ec" ter Mitte der verzehrenden Flamme und empfand noch himmlische Wonne, daß seine kraftlosen Glieder, sein gebrechlicher Körper in welchem er 86 Jahre dem Erlöser gedient hatte, nun gewürdiget wurde, im Tode selbst ein Opfer für Jesu zu seyn. Doch die Flamme verzehrte ihn nicht, von einer Lanze durchstochen sank er aus den brennenden Opferaltar, während seine frommen Lippen dem Heilande noch ein Dankgebeth stammelten. Und so starben unzählige Märtyrer und Bekenner Christi, so stirbt der Gerechte der sein Leben nur Gott geweiht hatte, allezeit mit der gläubi¬ gen Ueberzeugung eines bessern Lebens, in der süssen Hoffnung einer unvergänglichen Krone, die seiner wartet. Er ist jederzeit bereit sich dem Schöpfer zum Opfer zu bringen, dieser mag ihn nun abrufen in der Mitte seiner Laufbahn bei kräftigen Jugend¬ jahren, oder am Ziele seiner Wanderschaft im schwachen Greilen- allcr; mögen grausame Oualen und ivüthcnde Schmerzen seine ir¬ dische Hülle zerstören, oder mag sie der Tod allmählich mit sanf¬ ter Hand in den Staub legen. — Seine Seele sieht ihrer Aus¬ wanderung ruhig entgegen, weil der Augenblick der Auswande¬ rung aus dieser schwachen körperlichen Maschine zugleich der Au¬ genblick der Ankunft in dem hmunlifchen Vaterlande und der Ver¬ einigung mit Gott seinem Schöpfer ist. Selig sind die, die in dem Herrn entschlafen, spricht der h. Geist. — Wer eine gründe liche Hoffnung hat, und seines Wandels wegen sicher ist, lagt der h. Gregor, der öffnet dem anklopsenden Richter, den er mit Freuden erwartet, sogleich die Thüre. So einen trostvollen H:n- tritt versprach sich auch der reumüthige Büsser David, nachdem cc Zeit seines Lebens sein Verbrechen mit Thronen der Bupe ab- gcwaschen und seiner Seele den Frieden erworben hatte. Ich will "" Frieden cinschlafen und ruhen, sprach er, denn du o Herr meine Hoffnung mächtig aufgcrichtet! Ja wohl schläft er in Frieden ein der standhafte Gerechte, wie der aufrichtige Büsser , !"ahl ruhen sie im Herrn, denn ihre Ruhe gründet pch auf die Schere Hoffnung einer seligen Auferstehung. Möchte uns auch am Ende unsers irdischen Lebens ein sol¬ cher Seelenfriede, eine solche Ruhe zu Thcil werden, meine Lie- möchte unsere Auflösung keine schreckliche, die Seele mit ^gll erfüllende Zerstörung seyn! kein zermalmendes Gefühl ei- unruhigen Gewissens keine bange Vorstellung eines schreck- "chcn Richters uns den letzten Kampf erschweren: sondern mach- 9L te der Abend unseres Lebens ein heiterer Vorabend zu dem gros¬ sen Tage einer glücklichen Ewigkeit werden, wie er es der sc- ligsten Mutter unsers Erlösers war, möchte unser Tod den sch¬ ien Schlummer des Gerechten gleichen auf den ein baldiges freu¬ diges Erwachen zur Verherrlichung und zu einem ewigen Lebe« folgt. — Wir dürfen ihn hoffen einen solchen Tod, wir dürfe» uns freuen auf eine solche Auferstehung und Verherrlichung, wem wir hienieden so wie Maria die seligste Jungfrau nur für Goll und Christus gelebt, nur ihm gedient, und für ihn gelitten ha¬ ben werden; wenn uns in der Stunde der Auflösung unser Ge¬ wissen das Zeugnis geben kann: daß wir einen guten Kamps gekämpft, unsere Laufbahn glücklich vollendet und den Glaube« bewahrt haben; ja dann dürfen wir mit Zuversicht die Kr« erwarten, die uns der Herr, der gerechte Richter am Tage der Vergeltung geben wird. Amen. Am Feste der Geburt Mariens» "Jakob zeugte Joseph den Mann Mariens, von welcher JefÄ geboren ist, der Christus genannt wird.« Matth, r, rü. Eingang. ^^er Schluß des heutigen Evangeliums spricht mit weni^ Worten, die ganze erhabene Würde der seligsten Jungfrau Ma¬ ria aus. -— Von welcher Jesus geboren ist, heißt es, der Wi- stus genannt wird. Daß Jesus wahrer Mensch, und zugl^I wahrer Gott, Sohn des ewigen lebendigen Gottes sey, lehrt uns de Glaube; hat nün Maria den Sohu des lebendigen Gottes geboren so ist sie im eigentlichen und wahren Sinne Gottes Mutter, allo die erhabenste, gebenedeitefte, wunderbarste aller Mütter. Sie steht unter allen Geschöpfen im engsten Verhältnisse mit da» dreieinigen Gotte, >— sie ist Tochter des ewigen Vaters, ter des eingebornen Sohnes, Braut des h. Geistes, — könn^ wir uns wohl ein engeres und seligeres Verl^ättniß zwischen und dem Menschen, zwischen dem Schöpfer und der Gcschtt'd lenken heutig ner L schon men, gestcll in wei Golt diese ' kcn a und g den d Lorbil geseus regnet die S Wahr sierniß ter gi Äge thiilig digte, ße nie ügste achtun die M die un Asein na be dir g, iiberge Gescho Cohnc Üchen, ien, , 99 groš- lenken. Wie glorwürdig und freudenreich muß uns daher der erst- heutige Tag seyu, an welchem wir das Andenken der Geburt ei¬ sens- „er Mutter Gottes feiern! einer Mutter, die der dreieinige Gott fm- schon im Mutterleibe in seinen geheimnisvollen Bund aufgenom- Lcki men- und so unter allen Sterblichen auf die höchste Ehrenstuffe )üchi Mellt hat. Doch nicht nur von Seite der engsten Verbindung wem in welche die glorreiche Jungfrau schon vor ihrer Geburt mit M Gott stand, auch von Seite des wohlthätigsten Einflusses den i ha- diese Verbindung auf die Menschheit hatte, ist uns das Anden- : Ge- kcn an die Geburt der gebenedeitcn Mutter Gottes ehrwürdig lamxs md glorreich. Sie ward geboren um uns jenen zu gebären, aiibe« den die Patriarchen, die Propheten des grauen Alterthums iss Km Vorbildern verkündeten, nach dem die Welt durch Jahrtausende e der Müsset und gestehet hatte: Lhauet Himmel den Gerechten, regnet ihn herab ihr Wolken. Im Schatten des Todes sassen die Sterblichen, — Christus die Sonne der Gerechtigkeit und Wahrheit sollte aufgchen über den Erdkreis, und die dichten Fin¬ sternisse der Sünde zerstreuen, aber Maria seine erhabene Mut¬ ter ging ihm vor, wie die schone Morgenröthe dem kommenden Tage vvrangeht. Eine so würdevolle, so überausreine und wohl¬ tätige Mutter deren Geburt uns unsere nahe Erlösung ankün- d'gte, Hst uns den Erlöser selbst zur Welt brachte, wer wird M ft nicht auf das eifrigste ehren, wer wird sie nicht auf das kräf- ' t'gste verherrlichen? Verdient wohl ein Geschöpf grössere Hoch¬ achtung, würdigere Verherrlichung als die Mutter Gottes, als Mutter uniers Erlösers. Doch wir wollen die Beweggründe, ügk« die uns zur Andacht und Ehrfurcht gegen sie aufmuntern, genauer M- auseinander legen, und zugleich sehen , worin die Andacht zu Ma- Mi- rt bestehe. Da indessen alle Ehre, alle Verherrlichung, die wir steild dir glorwürdigste Mutter Gottes hienidcn zollen auf Gott selbst s btt Zergeht, durch dessen h. Willen du das erhabenste unter allen M ^schöpfen wurdest, so erflehe uns du von deinem göttlichen "Hne nicht nur wahren Eifer Gott in deiner Würde zu vcrherr- sondern auch Gnade dich getreu uachznahmen. dB. M Erster Theil. nur» b VchM ist Gottes Mutter. — Diese Wahrheit meine §ie- D e"- muß uns, wenn wir sic nur recht lebhaft vor Augen haben, 7 * lOl) an sich schon zn einer Verehrung aufmuntern, die um so gM ist, je erhabener die Würde, die Maria zu Theil wurde; m grössere Würde aber als jene einer Gottes Mutter ist,, kömi wir uns an einem Geschöpfe gar nicht denken. Denn ist Mm Gottes Mutter, so kann man mit vollem Grunde sagen, daßß dem Fleische nach demjenigen das Leben gegeben habe, mW der Anfang des Lebens ist, mithin der Urheber ihres eigem Wesens und aller Geschöpfe; man kann sagen, daß sie denjm- gen in der Zeit geboren habe, den der ewige Vater von Ewig¬ keit her gezeugt hat, daß sie den in ihrem reinsten Schovße go tragen, den Himmel und Erde zu fassen nicht im Stande suis daß sie denjenigen genährt, der selbst allen Geschöpfen belebte«, und unbelebten Nahrung, Wachsthum und Gedeihen gibt,« kann sagen, daß sie in gewisser Hinsicht an den Rechten du himmlischen Vaters über seinen anbethungswürdigen SohssHs genommen habe, daß derjenige, der der ganzen Natur geblecht, auf dessen Wink Welten entstehen und Welten vergehen, daß d« allmächtige Herrscher ihr untergeben gewesen sey, wie es auch ds- Evangelium bestätiget, indem es sagt: Er kehrte mit ihnen iW Nazareth, und war ihnen unterthan. — Ist Maria Gottes Mi¬ ter, -so ist sie wie der h. Bernhard sagt, die Mittlerin aller As¬ ien, das Heil der Welt, nicht zwar in dem Sinne wie Christa denn er allein ist unser Heiland, er allein hat durch sein Leit« und Sterben der verletzten Gerechtigkeit Gottes Genüge geleistet, und die Menschheit mit ihr ausgesöhnt, aber die seligste 3»»k frau hat er sich zum Werkzeuge auserkvhren, mittelst welchem« die Erlösung anfangen und so vollenden konnte; sie hat ihr Mi¬ stes Blut hingegebeu, damit aus ihm der göttliche Leib gestalt« würde, der ein Lösegeld für unsere Sünden war, sie Huts ihrer Milch das Schlachtopfer genährt, das für die schuldig Verworfenen am Kreuzesstamme verblutete, sie hat so wie cB' im Tempel zu Jerusalem so am Kreuze auf Golgatha den aak'- thungswürdigen Sohn zur Erlösung des Menschengeschlechtes dB erzürnten Vater ausgeopfert. Maria der seligsten Jungfrau g« bührt also vor allen Geschöpfen die höchste Ehre, weil sie "" meisten nach Gott an uuserm Heile gewirket hat, und diese Ä« der Mitwirkung an unserm Heile ward ihr durch die MuM schäft Gottes zu Theil. Welch' mächtiger Beweggrund Lieben, welch' mächtiger Beweggrund sage ich die Mutter Heiland« Steht L göttlichen Tochter d Zierde dc des göttl heit, die krste Re des h. 8 digste G ste ist m heil. All kommenh dar und macht di durch, d h. Lßom Mutter erhabene, erhabene- uud eine ist Mar, genug d< »leisten kehrt re heit aus leit her das Me den von Gott ge derdunkc so volle mar nn dcfweae Würde Maß, volle sx? nun sa, ^bgescn lOi so groß rde; « kom« ft Mm« , daß ft , wellj« ! eigciR denjm- л Eirig- ooße gk- de sui, belkbk», bt, mi hten bil AI Li« ebiechl daß de- mch lsi rn mß H M ler Za- lhrW Leidi eleiP, 3»"k hem« w rci«- estaltS iat« uldz« ,c k>«? aftk' dB м g'' 'w A» . Ä" iutt-r- mei«i uiD Heilands zu ehren, ihr die schuldige Hochachtung zu erweisen.'- — Steht Maria als Gottes Mutter im engsten Bunde mit den göttlichen Personen der heiligsten Dreieinigkeit, so ist sie als Tochter des ewigen Vaters das Meisterstück seiner Allmacht, die Zierde der Schöpfung, der Liebling des Schöpfers; als Mutter des göttlichen Sohnes ist sie die Wohnung, der Sitz der Weis¬ heit, die reinste Bundeslade des neuen Testamentes, die wunder¬ barste Rcttungsarche des verlornen Menschengeschlechtes. Als Braut des h. Geistes ist sie der Schatz der göttlichen Gnaden, der wür¬ digste Gegenstand des Wohlgefallens und der Liebe Gottes, kurz sie ist nach der Sprache des h. Bernhard ein Strahl der Gott¬ heit. Allmacht, höchste Weisheit und Liebe, diese göttlichen Voll¬ kommenheiten haben sich wahrlich an keinem Geschöpfe so wunder¬ bar und in solcher Fülle geoffenbaret als an Maria. Die All¬ macht des ewigen Vaters verkündiget sich an ihr nicht nur da¬ durch, daß sie das vollkommenste Geschöpf war, sondern wie der h. Thomas gar schön bemerkt dadurch, daß Gott keine erhabenere Mutter hätte erschaffen können als Maria war, hätte Gott eine erhabenere Mutter erschaffen wollen, so hätte er ihr auch einen erhabenem Sohn geben muffen als Jesus ist, welcher Gott selbst Md eingeborner Sohn des lebendigen Gottes ist. Nicht minder ist Maria auch das Meisterstück der Weisheit Gottes, denn nicht genug daß sie mit dem göttlichen Lichte vor allen Geschöpfen am Austen bestrahlt und erleuchtet, und mit grössern Offenbarungen bcchrt wurde, sie war ja selbst zum Wohnsitze der göttlichen Weis¬ heit auserwählt, zum Heiligthume jener Weisheit die von Ewig¬ keit her nur in Gott selbst wohnt. So ist Maria endlich auch das Meisterstück der Liebe Gottes. Mit der Fülle seiner Gna¬ den vom ersten Augenblicke ihres Lebens überströmt, ward sie eine Gott geweihte Jungfrau deren Reinheit kein Schatten der Sünde verdunkelte, so daß die Liede des Schöpfers, die sich an ihr in so vollem Maße und so wunderbar äußerte, lieblich vereinigt Aar mit der hohen Würde, mit der sie Gott selbst bekleidete; dcßwegen grüßte sie der vom Himmel abgesandte Engel ihrer ^uode und des hohen Wohlgefallens, das Gott an ihr hatte, auf die ehrfurchtsvolleste Art: Gegrüsset sey du Gnaden- "Ee strich der Himmelsbothe — der Herr ist mit dir! — da- saug Maria auch selbst im Hause der Elisabeth in dem ^bge'ange, der aus ihrer hochentzückten Seele floß: Lobe den »>- >- >- 102 Herrn meine Seele, frohlocke mein Geist in Gott deinem Hch, denn der Allmächtige hat grosse Dinge an mir gethan. M ohne Grund gestehen auch die h. Kirchenväter, daß sie nicht bei. mögend sind die Vorzüge Mariens nach Verdienst zu loben. U Unvermögen das wir fühlen von dir zu sprechen , sagt der f Augustin, dieses Unvermögen gibt uns eben einen wahren Bezq von deiner Erhöhung, und macht dich unfers Dienstes und m- scrcr Verehrung noch würdiger. Sind nun die grossen Vorziiz« die Maria die Mutter unseres Heilandes besitzt, ein starker K- weggrund unserer vorzüglichen Andacht und Ehrfurcht gegen jin so wird dieser Beweggrund noch ungleich mächtiger, wenn M uns mit jenen erhabenen Vorzügen die herrlichen Lugenden ver¬ bunden denken, die die Mutter Gottes im Leben geziert hebe«. Aus allen ihren Tugenden aber strahlet die liebenswürdige Ze- muth am schönsten hervor- Denn je mehr die auserwählte Zung- frau von Gott mit Gnaden überschüttet, je wunderbarer sie im allen ihres Geschlechtes, ja vor allen Sterblichen ausgezciclMl wurde, desto tiefer erniedrigte sich ihr demüthiges Herz. Unge¬ achtet ihrer königlichen Abstammung lebte sie in tiefer Vergessen¬ heit und Armuth, leistete Verzicht auf Alles, was die Welt Rei¬ zendes und Schmeichelhaftes anbiethet, verbarg ihren h. Lebens¬ wandel unter den Schatten einer stillen Einsamkeit, wollte unbe¬ merkt und unbekannt bleiben in den Augen der Menschen, m vor dem Angesichte Gottes Gnade zu finden, — sie sand dB Gnade in vollem Maße, aber hielt sich derselben ganz unwürdig, und nannte sich eine Magd des Herrn. Mit der Lugend dek Demuth verband sie im höchsten Grade, die Tugend der Reinig- keit; sie wurde dem Dienste des Herrn geweihet, und ging da-, Gelübde einer ewigen jungfräulichen Reinigtest ein, darum sie auch stets eifrig bemüht alles zu fliehen, was ihrem gemachte Gelübde nachtheilig werden könnte. Selbst bei dm Anblicke des himmlischen Bethen erzittert sic, und ist schon bcrcil der Mutterschaft Gottes zu entsagen, um ihrem Gelübde nstt nahe zu treten, und wenn sie sich endlich dem Auftrage des gels unterwirft, so geschieht cs nur, weil sie versichert ist, dak ihre Reinigkcit unverletzt erhalten, daß sie durch Gottes Wu"- derkraft Mutter werden würde. Dieser hohe Grad der Dcim^ und Reinigtest und aller Lugenden, die sich in ihrer gottgewcü- ten Person vereinigten, verbunden mit der erhabenen Wurde a- 105 l' HÄ, > Nch icht ver- I«,' der-. B-W n d m- Sorziigk tr Le¬ en siu nn »ie 'n vei- habki, e De- Juag- le v« eichml Uiige- zessci- R-i- ebeiil' inibe- , m diese irdig- der img- da- !»ük Zot! da» ereil M A- baj , no- ut- ih- c>- ner Gottes Mutter sind gewiß die stärksten und würdigsten Be¬ weggründe der besonder« Andacht, Hochachtung und Verehrung, die unsere Mutter die katholische Kirche und ihre Glieder der se¬ ligsten Jungfrau Maria durch alle Zeiten erwiesen haben und er¬ weisen, und immer erweisen werden. — Wie aber dieses auf eine gotteswürdige der Mutter Gottes wahrhaft ehrenvolle und den Menschen nützliche Weise geschieht, d. h. wie die Andacht jur Mutter Gottes beschaffen seyn müsse, oder worin sie bestehe wollen wir hören im zweiten Theile. Die Mutter Gottes würdig und heilsam verehren heißt, ft mit Vertrauen anrufen, und in ihren Lugenden getreulich nachahmeu. Diese Art der Verehrung der seligsten Jungfrau folgt ganz natürlich aus den Beweggründen, die Sie so eben ge¬ hört haben. Was also das Vertrauen betrifft, mit welchem man sie anrufen soll, so gründet sich dieses darauf, weil Maria Got¬ tes Mutter ist. Was kann uns denn starker bewegen volles Ver¬ trauen auf irgeno ein? Person zu setzen, als wenn wir wissen, baß diese Person Macht und Willen hat uns beizuspringen? Bei¬ des aber Macht und Willen uns zu helfen finden wir bei Maria, lügt der h. Bernhard. Sie ist Gottes Mutter und nach einer natürlichen Folge Mutter der Menschen. Ist sie Gottes Mutter, ff ist sie die mächtigste und erhabenste aller Mütter, ist sie Mut¬ ter der Menschen, und das ist sie, weil sie für uns den Heiland geboren hat, so ist sie die beste liebenswürdigste aller Mütter. Mit welch' grossem Vertrauen dürfen wir uns also an sie wen¬ den, wie kräftig muß ihre Fürbitte bei Gott für uns ihre Kin¬ der seyn? Daß aber die seligste Jungfrau als Mutter Gottes üste Macht bei ihrem Sohne besitzt, ist eine Wahrheit, die keine gclunde Vernunft in Abrede stellen wird. Was vermag denn ".icht schon eine irdische Mutter bei einem Sohne, der sie zärt- Üch liebt? Hat aber je ein Sohn seine Mutter zärtlicher geliebt Jesus die scinige? So wie er uns in allen das vollkom¬ menste Muster war, so auch in der Ehrfurcht und Liebe gegen leine Dichter; er der den Kindern gebothcn hat ihre Aeltern zu ebren und zu lieben, bewies selbst bei jeder Gelegenheit die größte Ehrfurcht und Liebe gegen seine Mutter und seinen Pflegevater. 104 Als zwölfjähriger Knabe war er ihnen unterthänig heißt es, ah öffentlicher Lehrer wirkte er auf der Hochzeit zu Caua das erst, Wunder auf den Wink seiner zärtlichen Mutter, am Kreuze dem Lode ringend, empfahl er sie der kindlichen Sorgfalt seines geliebten Jüngers Johannes. Hat nun Jesus seine Mutter schm in diesem irdischen Leben so auszeichuend geehrt, so kindlich ge¬ liebt, um wieviel mehr ehret er sie im ewigen Reiche der Ver¬ geltung, um wieviel mehr beweist er seine kindliche Liebe gegen sie im Angesichte der Auserwählten dadurch, daß er keine ihm Litten, die sie für ihre Kinder auf Erden vorträgt, und dir ohnehin nicht anders als heilig und mit dem Willen Gottes übereinstimmend sind, daß er keine ihrer Bitten unerhört läßt Wohl euch daher, die ihr Vertrauen auf die Mutter des gött¬ lichen Sohnes setzet; sie verdient dieses Vertrauen nach Gott m nächsten um so mehr, da sie auch den besten aufrichtigsten Wil¬ len hat Euch zu helfen. Sie nennt uns ja alle Kinder, lick uns auf das zärtlichste, weil sie uns als Brüder Jesu Christi ihres Sohnes ansieht, und mir ist als ob ich den sterbenden Hei¬ land selbst vom Kreuze herab Jeden aus uns seiner Mutter au- cmpfehlen und sagen hörete: Siehe, deine Mutter. Wir habc« also an ihr im Himmel eine mächtige und eine liebende Mutter, und so wie der verherrlichte Sohn Gottes bei seinem Vater ck Mittler für uns ist, so ist auch die verherrlichte Gottes Mutter Maria Mittlerin für uns bei ihrem Sohne. — Nehmet also j» ihr eure Zuflucht muntert der h. Bernhard auf, nehmet zu ihr eure Zuflucht, die ihr auf diesem Lebensmeere von Stürmen des Unglückes verfolgt, von den Wellen des Kleinmuthes herumge- tricben werdet, und jeden Augenblick in Gefahr seyd mit euerui Lebensschiffchen an steile Klippen geschleudert und in den Abgrund des Meeres getaucht zu werden. Wollet ihr nicht untergehen, so blicket hin auf jenen Meeresstern, welcher das Ungewitter stillt, und die rechte Fahrt euch zeiget — nämlich auf Maria. Wenn Versuchungen euch bestürmen, wenn Leidenschaften in euerm Ge- müthe toben, wenn sich das erwachte Gewissen mit bittern Ver¬ würfen wider euch waffnet, wenn die fürchterlichen Gerichte Got¬ tes über euch einbrcchen, wenn euch der Versucher mit Gedan¬ ken der Verzweiflung in den Abgrund ziehen will, dann o dano arme Erdenwanderer nehmet Zuflucht zu Maria der Gottes Mut¬ ter, durch sie, durch ihre Fürbitte wird euch Lrost werden 105 mm betrübten Lage, eure welke Hoffnung wird wieder grünen und cucrn erstorbenen Sinn beleben-. — Ader eine Hauplbcdin- gung, ohne welcher alles Vertrauen, alle Verehrung und Anru¬ fung der Gottes Mutter ein leerer Schall ist, eine Hauptbedin- zung muß ich hier bekannt machen, sie heißt: man muß die Mut¬ ier unseres Heilandes in ihren Lugenden getreulich uachahmen, nur dann kann das Vertrauen auf sie ein gegründetes und frucht¬ bringendes seyn. Nicht durch bloß äußere Zeichen der Ehrerbietig¬ keit, nicht durch einige bestimmte Eebcthe, die man gedankenlos und gcwohnheitshalber herplappert, nicht durch ein vermessentli- ches Vertrauen auf ihre mächtige Fürbitte, bei einem sonst la¬ sterhaften Leben, nein meine Lieben, dadurch ehret man die Mut¬ ter Gottes nicht, dadurch erwerbt man sich ihre Gunst nicht; sie deSarf einer eitlen Ehre hier auf Erden nicht, >— sie verehren und anrufcn, dabei aber in Sünden dahin leben, das heißt die Mutter Gottes geringschätzen und entwürdigen. Wer ein wahrer Diener der seligsten Jungfrau seyn will, muß ein treuer Diener Zesu Christi ihres Sohnes feyn, muß so wie sie in seine Fuß- stapfen treten. Wahr ist es, die Mutter Christi ist eine Zuflucht der Sünder, sie erwirkt ihnen bei ihrem Sohne die Gnade der Erleuchtung und den Bekehrungs- und Bußgeist, aber kann und Md sie wohl die Seligkeit der Sünder sichern wollen, die sich die Gnaden des Heils nicht zu Nutzen machen? Nein meine Lieben, die Mutter Gottes beschützet zwar die Sünder, aber sie hat so üefen Abscheu vor der Sünde als Gott selbst, sie theilt mit dem Sohne die Ehre, die er besitzt, aber wer wider ihn ist, der kann Hre Gunst nicht genießen, nur wer den Willen des Sohnes voll- Wht, kann hoffen die Liebe der Mntter zu gewinnen. Oder wie könnte auch Maria die Erhabenste aber zugleich die Demüthigste unter allen Geschöpfen, — einem Hoffärtigen zur Seite stehen, konnte die reineste Jungfrau einen Wohllüstling beschirmen, "»d unter die Zahl ihrer Kinder aufnehmen. Wie konnte die Mutter der schönen Gottesliebe für den Rachsüchtigen, für den ^steuttidcr und Unterdrücker des Nächsten ein Wort bei ihrem Mllchcn Sohne sprechen? Das ist ja offenbarer Widerspruch, so ^'.'3 Gott aufhörcn kann heilig und gerecht zu seyn, so wenig seine heilige Mutter Fürsprecherin der verstockten Lasterhaf- der leichtsinnigen Sünder sepu. Nur ihr gerechte Seelen, keumüthige Büsser, dre ihr die Freundschaft Gottes schon bc- 106 sitzt, oder doch ernstlich suchet, ihr allein habet an seiner MM eine krustige liebende Fürsprecherin. Nehmet nur gern und oft eure Zuflucht zu ihr, vertrauet auf ihre Fürbitte, es wird eH Beharrlichkeit in Guten, und das Glück eines seligen Todes z» Lheil. Erhalte uns gebenedeite ewig selige Jungfrau, erhallt uns du, wir bitten dich, durch dein mächtiges Fürwort bei Gott auf dem Wege der Tugend, — besonders aber der Demuth, da Reinigtest und der aufrichtigen Gottesliebe, die dich im Leben so schön ziert. Zeige uns dadurch, daß du unsere Mutter bist, be¬ sonders aber zeige uns dieses in dem letzten entscheidenden Aus¬ blicke, in welchem vor unsern brechenden Auge der Vorhang da Ewigkeit aufgerollt, und unser ewiges Schicksal geoffenbaret wird, für jenen letzten Augenblick rufen wir deine Kinder um Beistand, mächtige, heilige, gute Mutter an, damit der Feind des Heiles nichts wider uns vermöge, und der Tod uns nur hinüber geleit! zu dir und deinem göttlichen Sohne, — bitte für uns heilige Gottesgebahrerin. Amen. Am Kirchweihfeste. »Zachäus! steige eilends herab, denn ich muß heute in deinem HaB bleiben.« Luk. 19, 5e Eingang. Äbohl glänzte eine himmlische und heilige Freude im Gesichte des verachteten Zachäus, als ihm der liebreiche Heiland ankiin- digte, er wolle in seinem Hanse einkehren, und dessen Wohiu^ mit seiner göttlichen Gegenwart segnen. Denn da man die Äll- «er bei den Juden als öffentliche Sünder und Ungerechte betrach¬ tete, so mied Jedermann, der nicht verunreinigt werden wollte, ihren Umgang und ihre Wohnungen auf das sorgfältigste. Zach^" war nun auch eui Zöllner und darum verachtet und verworfen den Augen her > Menschen, nicht so im Angesichte Gottes. 107 brüllte vor Begierde den wohlthatigen Jesus, von dem er schon soviel Gutes und Erhobenes gehört hatte, zu sehen und zu ken¬ nen, und siehe, cs wurde ihm nicht nur dieses, sondern ein noch mit größeres Glück zu Theil, welches zu hoffen er sich nie er¬ kühnt haben würde. Jesus nämlich, der sein gutes Herz kannte, nnd wie der h. Augustin sagt, schon in seiner Seele wohnte ehe er noch in dessen Haus gekommen war, — Jesus -kündigte ihm selbst an, daß er in seinem Hause einkehren und bleiben wolle. Diese überausmilde Herablassung des Heilandes zu einem verach¬ teten Zöllner, rührte dessen Herz, und änderte besten ganzen Sin» so sehr, daß er auf der Stelle bereit war alle Ungerech¬ tigkeiten, die er Jemand zugefügt hätte doppelt, ja vierfach gut zu machen, und die Hälfte des übrigen Vermögens unter die Ar¬ men auszutheileu. — Darum sprach Jesus mit Rücksicht auf die grossen und wohlthatigen Wirkungen, die seine Gegenwart im Herzen des Zachäus hervorbrachte: Heute ist diesem Hause Heil medcrfahrcn. — Ja wohl ist ihm Heil wiederfahren! — Der Schöpfer kommt, Wohnung zu nehmen bei seinem Geschöpfe, der Heiligste weilet unter dem Dache eines sündhaften Menschen, bessert und heiliget ihn, und läßt hundertfältigen Segen auf ibn hcrabströmen! — Doch, das Glück, das einst dem Zöllner Ha¬ chaus zu Theil wurde, dieses Glück und diese Gnade geniepen auch wir, und zwar gerade in diesem Hause, in welchem wir ge¬ genwärtig versammelt sind. Gott hat seine Wohnung in unterer Mitte aufgeschlagen, in eigenen seiner Anbcthung geheiligten Tem¬ peln, da kehrte er ein von dem Tage ihrer Einweihung, da wohnt er obschon unsichtbar, und in einem tiefen unerforschlichen Geherm- uille verhüllt in seiner ganzen Majestät, da spendet er leine Gna¬ den aus allen denen, die sich ihm hier in wahrer Demufb, festen Glauben, lebendiger Hoffnung und reiner Liebe nähern. Groß und erfreulich muß uns also das Andenken des Tages seyn, an welchem sich der Schöpfer vom Himmel auf die Erde herabließ, und in die- !cni von Menschenhänden erbauten Hanse eine bleibende Wohnung "Hm. Es wäre Undank, der sträflichste Undank, wenn wir an deur heutigen diesem grossen Andenken bestimmten Lage uns der Ebohlthaten, die wir in diesem oder jenem Hause Gottes empfan- !frn haben, nicht lebhafter erinnern würden. Wie viel Hell und ^grn ist nicht von dem Throne unseres Gottes auf uns herab- 'chröint! Wss> billig ist es daher, daß wir heute vor seinem An- 108 gesichte in seiner wirklichen geheimnißvollen Gegenwart die Gefühlt der Ehrfurcht, des Gehorsams, dec kindliche Liebe erneuern und beleben, und den heißesten Dank vor ihm ausschütten. Wir hü¬ ben uns heute auch in dieser frommen Absicht versammelt, und wollen damit jene Gefühle in uns lebendiger und fruchtbringender werden über die Erhabenheit dieses Ortes und die Grösse der Wohlthaten, die uns darin zu Theil wurden eifriger nachdenken. Die Kirche ist ein Haus Gottes, das sey heute der Gegenstand unserer Betrachtung. Vernehmen Sie mich mit williger Anfmerb samkeit, und den dieser erhabenen Betrachtung würdigen Gefühle». Abhandlung. Gottes Gegenwart erfüllt zwar die ganze Schöpfung meine Lieben! denn er, der überall alles erschafft, alles regiert und er¬ hält, muß nothwendig auch überall seyu. — Wo soll ich hiii- fliehen, so ruft schon der König David, wo soll ich hinfliehen vor deinem Angesichte o Herr? Schwinge ich mich zum Himmel auf, so bist du dort, steige ich hinab in die Unterwelt, so biß du da, nehme ich die Flügel der Morgenröthe, und wohnte ich am äußersten Ende des Meeres, auch da bist du, auch da wird deine Rechte mich halten, und dein leitender Stab mich schütze». Indessen, obschon Gott überall ist, und die ganze Schöpfung ml! seinem Wesen erfüllt, so gibt es doch Orte, an welchen er seine nahe Gegenwart lauter und herrlicher verkündiget und nach¬ drücklicher fühlen läßt, Orre nämlich, die er sich selbst und sei¬ nem Dienste auf eine besondere Weise heiliget, und seinen ver¬ nünftigen Geschöpfen seine Gnaden im reichern Maße Zuströme» läßt. Spuren von dieser Wahrheit finden wir schon in den äl¬ testen Zeiten der Welt. So errichtete Abel auf Gottes Gehei? ernen Altar, auf welchem er von seiner Heerde dem Herrn Dank- opser brachte; das nämliche that Noe, als er nach der Sündflrith mit seiner geretteten Familie auf das trockene Land stieg; so ainß Jakob auf seiner Flucht nach Mesopotamien, nach jenem wunder¬ baren Lraumgesichte, in welchem er die Engel Gottes auf eintt bis zum Himmel hinanreichenden Stuffenleiter auf und nieder steigen sähe, und von Gott die grosse Verheißung erhielt, da? in ihm und seinem Samen alle Völker der Erde gesegnet werde». Als er vom Traume erwachte, rief er zitternd aus: Wie fürchtcr- 109 « « LL « lich ist dieser Ort, Gott ist an diesem Orte und ich wußte es nicht, — es ist hier das Haus Gottes und die Pforte seiner Wohnung. Dann nahm er ehrfurchtsvoll den Stein, auf dem sein Haupt geruhet hatte, richtete, ihn auf, und begoß ihn mit Lehl zum Zeichen der Einweihung, und nannte den Ort Haus Gottes. — Mofes mußte auf ausdrücklichen göttlichen Befehl ei¬ nen Tabernakel, eine Bundeslade erbauen, wozu ihm Gott selbst den Grundriß gab, und vor diesem Tabernakel gossen die Priester ihre Gebethe für sich und das Volk aus, und erhielten Trost, Rath und Hülfe von dem Herrn; Salomo baute Gott einen prachtvollen Tempel, und der Lag seiner Einweihung war ein Lag des feierlichsten Gepränges, des lauten Jubels und sichtba¬ rer Gnaden. Ganz Israel von den entferntesten Gegenden strömte zu dieser Feierlichkeit herbei. Die Aeltesten des Volkes, die Häupter der zwölf Stamme und die Vornehmsten des Geschlech¬ tes versammelten sich, um die heilige Bundeslade in den Tem¬ pel zu übertragen, und sie im Heiligthume unter die Flügel der Cherubim nicderzulaffen. Taufende von Schlachtopfern wur¬ den dargebracht, Wolken von Weihrauch stiegen himmelan, eine zahllose Menge Menschen warf sich zu Boden auf ihr Ange¬ sicht, — ein heiliges Feuer siel vom Himmel herab, und zün¬ dete die Schlachtopfer an, die Majestät Gottes stieg in eine Wolke gehüllt herab in das Heiligthum, und erfüllte den Tem¬ pel mit ihrer Herrlichkeit. Salomo warf sich zitternd und ehr¬ furchtsvoll zur Erde; segnete dann im Namen des Herrn sein Volk und bethcte: Ist es wohl glaublich, so bethete er, daß von uuu an, Gott auf der Erde wohnen werde? wenn dich der Him¬ mel und die Himmel der Himmel nicht fassen können o Herr, iricvicl weniger dieses Haus, welches ich dir gebaut habe. Doch merke auf das Gebeth deines Dieners o Herr, erhöre das Flehen deines Knechtes und deines Volkes Israel, um was es dich im¬ mer an diesem Orte bitten wird, erhöre cs dort oben auf dei- ncm Throne, und zeige während du cs erhörest, daß du ihm gnä- bist! Der Allmächtige trug Wohlgefallen an den Wünschen de? bethenden Königs. Kaum war die heilige Handlung beendi¬ gt, so erschien er ihm wieder in demselben Gesichte, wie einst i» Gabavn und sprach: Ich habe dein Gebeth und dein Flehen ^hört, ich habe das Haus selbst gehciligct, das du mir erbaut -"st, damit ich meine Gegenwart beständig hier äußere. 110 Auf diese Art, unter so merkwürdigen Umständen w»ch also der erste Tempel geweiht. — Und so ist auch dieses HM in dem wir uns heute versammelt haben, welches die Eottesfuch unserer Vorfahren dem Herrn erbaut, und die segnende HM des Bischofs unter befondcrn erhabenen Ceremonien, unter heifti Wünschen und eifrigen Gebcthen der Anbethung Gottes geweiht hat, — auch dieses Haus ist dem Herrn gcheiliget — ein HM Gottes. Auch hier hat der Herr Himmels und der Erde sei« Wohnung aufgeschlagen, im wahren und eigentlichen Sinne des Wortes. Denn war der Tempel Salomos ehrwürdig, weil die Bundeslade und die Gesctztafeln darin aufbewahrt wurden, W weit ehrwürdiger sind nicht unsere Tempel die in h. Tabernakeln die lebendige Lade des neuen Bundes, den Leib, das Blut, die Gottheit unfern Herrn Jesu Christi, den Schöpfer Himmels md der Erde einschließen! Wir haben zwar keine Gesctztafeln in dc» erhabenen Altarsbchältnissen, aber wir besitzen den Urheber de- Gesetzes, den Gesetzgeber selbst in demselben. Derselbe ChriM der nun zur Rechten des himmlischen Vaters sitzt, der einst in seiner Herrlichkeit von allen Engeln und Heiligen umgeben kom¬ men wird zu richten die Lebendigen und die Tobten, derselbe Chri¬ stus thronet hier auf unfern Altärn, derselbe liebreiche sanfte A- sus der einst in einem ärmlichen Stalle in einer Krippe lag, derselbe sanfte Jefus ruht im h. Altarsfakramente in seiner Gottheit ast eine geheimnißvolle Art. Derselbe Christus, der auf Golgata am Kreuze verblutete für die Sünden der Welt, eben derselbe Chri¬ stus opfert sich auf unfern Altären auf eine unblutige Weife täg¬ lich dem erzürnten Vater für uns auf. Kurz, wir können in voller Wahrheit sagen, daß wir ein begnadigtes Volk sind, weil uns Gott so nahe ist, als er uns nur immer nahe seyn kaum Wir fühlen die Nähe unscrs Gottes nicht in einem brennenden Dornbüsche wie Moses, wir nehmen feine Majestät nicht in einer glanzvollen Wolke über dem Heiligthume wie die Israeliten wahr, sondern wir genießen seine wirkliche Gegenwart in seiner Gott- mcnschheit. Mrt welch' tiefer Ehrfurcht sollten wir daher erfüllt sivn, wenn wir in das Haus Gottes treten! mit welch' heiligem SäM" sollten wir darin weilen! Wie fürchterlich ist dieser Ort, sollte wir sagen, wie Jakob, er ist wahrhaftig ein heiliger Ort, er ist das Haus Gottes! Als Moses in der Wüste sich dem heiligt 111 Nerze näherte, wo Gott mit ihm reden wollte, da vernahm er die Stimme Gottes die da sprach: Ziehe deine Schuhe aus, denn der Ort auf dem du siehst ist eine heilige Erde! Moses zog die Schuhe aus und stieg blosfüssig und zitternd den Berg hinan. Christen, liebe Christen! was dünkt Euch von diesem Ncfehle den Gott selbst den Moses gab? ist er nicht auch auf rns gerichtet, sollten wir nicht auch vor dem Eintritte in die Kirche wo Gott mit uns reden will, oder wo wir mit ihm zu reden uns erkühnen, sollten wir da nicht Alles ablcgen was sich mit der Majestät und Heiligkeit Gottes nicht vereinbaren läßt? Weg also mit allem menschlichen Rangsireite, mit allen hochmü¬ tigen und stolzen Gesinnungen, wenn du über die heilige Schwelle trittst! hier im Hause Gottes scheidet uns keine vornehme Ge¬ irrt, keine menschliche Würde, kein glanzvolles Ansehen, hier >tor dem Angesichte des Herrn Himmels und der Erde, ist der Ncttlcr dem Könige gleich, denn bei Gott gilt kein Ansehen der Person; so oft wir uns hier versammeln, Reiche und Arme, Grosse und Kleine, Angesehene und Verachtete, -— so bekennen wir uns Alle als Kinder eines himmlischen Vaters als Brüder unter einander, hier vor dem Allmächtigen und Ewigen gestehen wir unsere Ohnmacht und Hinfälligkeit, hier vor dem Allhciligen, tmiürhigcn wir uns von der Last unserer Vergehungen und Sün¬ den gedrückt, hier vor dem Herrn der Schöpfung bcthcn wir an >nit den Engeln seine Majestät und Herrlichkeit; weg also mit allen eitlen und schnöden Gedanken, die nicht auf Gott gerichtet sud, weg mit allen irdischen Sorgen, die das Herz zwischen Gott und der Welt theilen, und die Geistesandacht stören, weg "ut sinnlichen Neigungen, die auf fremde unheilige Gegenstände Men, die Reinigkeit des Herzens bestecken und den Bethcndcn t'ur Gott verwerflich machen. Kurz alles Zeitliche, alles Sünd- ^stc schüttle ab ehe du über die Schwelle des Tempels trittst. fürchterlich ist dieser Ort, sage bei dir selbst, er ist nahr- ^ftig ein heiliger Ort, ein Haus Gottes, und der Boden, auf uni ich steh?, ein heiliger Boden! — » Zwar steht das Haus Gottes Jedermann offen, auch dem poften Sünder, aber die Erhabenheit und Heiligkeit dieses Or- fu crfvdert es, daß sich der Sünder wenigstens vor der Maje- Gottes demüthige, und mit tiefer Ehrfurcht vor seinem An- b'bchte erscheine und Gnade suche. Man tritt doch in den Pal- 112 last eines irdischen Königes mit möglichstem Anstande, man nützen sich ihm mit aller Ehrfurcht, Hochachtung und Unterwürfigkeit man zittert in voraus bei dem Gedanken sich durch irgend eii Versehen seine Ungnade zuzuzichen. Wie, und in den Pallast tze> Königs aller Könige tritt man so sorglos, so unehrcrbiethig ji wohl gar frech herein, dem Throne des lebendigen Gottes, vo- dem die Cherubim und Seraphim zitternd dahinsinkcn, nabnl man sich ohne kindliche Furcht, ohne Dcmuth und Herzeasm- nigkeit? O wenn wir uns doch beim Eintritte in die Kirche el- was umsehen, die Gegenstände betrachten wollten, die uns em- nern, was wir waren, was wir sind, wozu wir ihereingekomim, und vor wem wir erschienen sind! Verkündiget uns hier in die¬ sem Hause nicht alles die Wunder der Allmacht, der Banuher-j zigkeit und Liebe Gottes. Gleich beim Eingänge erblicken « das heilsame Bad der Wiedergeburt, das geheiligte Laufbad wo wir von der Knechtschaft der Sünde befreit, aus Kindern Zornes, Kinder Gottes und Erben des Himmels wurden. Wil erblicken die Richterstühle der Barmherzigkeit, wo die verlor« Söhne und Töchter, die das Kleid der Unschuld, welches ihn«u beim Eintritte in die Kirche gereicht wurde, durch die Sünde bk- fleckten, nun durch ein reumüthiges Bekenntniß, daß sic mlli Gott und den Himmel gesündlger haben, in die Arme des HÜM' lischen Vaters wieder aufgenommen werden, und durch eine st«d hafte Lebensbesserung das Recht aus den Besitz des Reiches M tes erlangen. — Hier von diesem erhabenen Orte wird de» Kleinen und Schwachen die Milch der Lehre Jesu gereicht, de« aber die härtere Speisen ertragen können und nach Wahrheit diin sten , der Wille des Herrn das Wort Gottes nach ihrem Bcdiirl' nisse verkündet, hier wird der Unwissende liebreich belehrt, dkl Geistesblinde erleuchtet, der Sünder heilsam erschüttert und B den Weg des Heils geleitet, der Gute in seiner Lugend gestärkt der Schwache unterstützt, der Kleinmüthige und Leidende getrc- stet. Und nähern wir uns dann dem Heiligthume, welche der der Barmherzigkeit und Liebe Gottes hüllt es nicht ens Wir erblicken hier den Altar, als das Sinnbild des Todeshngä" wo Jesus Christus selbst das unblutige Opfer erneuert, das cr einst blutig auf jenem Berge seinem himmlischen Vater darbrachK das erhabene Opfer, wo nicht mehr das Fleisch und Blut R Thicre wie im alten Testamente, sondern das Fleisch und Ä" » >- » >- 115 « « « L näh« 'figkeff end m ast kj thlg ff s, voi nahcU stusm- che k!- s em- MUNkil, in tik- rnihkr- m «ii ad - kcn del W» :lo« ih« ide bk> mita himili- staod ; E-!' d dk» de«il t diir- >cdiiri- t, d-k rd stärkt, qetrö- Än"' ei»! Hügel» >as er achte, it der Lliit des unbefleckten Lammes des Sohnes des lebendigen Gottes ge¬ schlachtet wird, ein Opfer, das alle Opfer des alten Bundes in sich faßt, und an Grösse und Wirksamkeit alle unendlich übertrifft, weil es allein schon hinreicht Gott alle Ehre die seine unendliche Voll¬ kommenheit von uns fodert, zu entrichten, allen Dank für seine Wohlthaten abzustatten, seinen gerechten Zorn zu besänftigen, und alle Gnaden von seiner Vatergüte zu erflehen. Wegen der Grösse und Erhabenheit dieses Opfers, das am Altäre dargebracht wird, mußten sich in den ersten Zeiten des Christenthums gewisse öffent¬ liche Sünder aus der Kirche entfernen; der Diakon rief ihnen, mm diese heilige Handlung begann, jene schrecklichen Worte zu: Hinaus ihr Verworfenen, die heiligen Sachen gehören nur für heilige Leute. Ja manchen Sündern blieb sogar die Lhüre der Kirche durch viele Jahre verschlossen, bis sie durch die strengsten Lußübungen ihre Sinnesänderung an den Lag gelegt hatten. Wenn aber die Kirche späterhin ihre Strenge gemildert hat, wenn sie keinen Sünder mehr zurückhält in den Tempel Gottes zu treten, so folgt daraus nicht, daß heut zu Lage das Haus Gottes minder ehrwürdig ist, als in den ersten Zeiten des Chri- stcnthums. Vielmehr ladet die Kirche durch ihre Nachsicht und Milde, alle Sünder liebreich ein, mit Gefühlen der Ehrfurcht, Demuth und Reue in dem Hause Gottes zu erscheinen, an den grossen und furchtbaren Geheimnissen der Religion Lheil zu neh¬ men, damit ihnen das Opfer der h. Messe und der Lisch des Herrn eine Duelle reichhaltiger Gnade werden, damit sie auf den Weg der Tugend geführt, im täglichen Kampfe wider die Sunde gestärkt und der Freundschaft Gottes gesichert würden. — Betrachten wir daher meine Lieben! die Kirche als unsere uns in- mg liebende Mutter, denn von ihr wurden wir gleich nach unserer Geburt liebreich ausgenommen, sie hat uns das geistige Leben ge- geben, sie heilet die Wunden unserer Seele mit dem Balsam ^Religion Jesu, sie speiset uns beim Tische des Herrn mit "'m Brote der Engel, sie kommt uns mit wohlthätigen tröstli- chm Mitteln zu Hülfe bei unserer Auswanderung aus dem irdi- Mn Thale, sie nimmt unsern Leib auch im Lode in ihren Schooß A, sie bethet für uns, unsere Geliebten und Angehörigen im ^den und nach ihrem Hintritte, Wieviele mächtige Beweggründe ^ben wir also Ehrfurcht, Achtung und Dankbarkeit zu bezeigen "r Kirche, die uns so mütterlich pfleget schon von der Wiege 3 » » » v 114 « « « « an, die uns liebreich leitet bis zum Grabe, die ihre Sorge ß, uns, selbst über das Grab hinaus erstreckt. Besuchen wir dch,, diese liebe Mutter ost und gerne, schlagen wir die Wohlthcki und Gnaden, die sie uns anbiethet nicht starrsinnig aus, undp gen wir uns gegen sie nicht undankbar, durch ihre Verunehrung, Geringschätzung und durch ein unheiliges Leben. Die Kirche ist ein Haus Gottes, der Sitz des Ewige«, dessen Majestät sich in ein unerforschliches undurchdringliches Ge- heimniß einhüllt, damit wir schwache sündhafte Geschöpfe von der Grösse des Unendlichen nicht zurückgefchrcckt, mit kindlichem Ver¬ trauen vor ihm erscheinen und Gnade vor seinem Angesicht er¬ flehen mögen. So wollen wir auch heute vertrauend auf fme treuen Verheißungen, wie einst Salamo zu ihm rufen und fageiu Herr, wenn uns irgend ein Unglück bevorsteht, wenn Krieg,! Hunger und Seuchen uns bedrohen, so wollen wir in dein«! Hause, das zu deiner Anbcthung und Verherrlichung crbanl, und von dir geheiliget worden ist — vor dir stehen, in rniiem Noth zu dir rufen und du wirst uns erhören und erlösen. Wen der Himmel verschlossen ist wegen unsern Sünden, und kein Wi¬ der Regen das trockene Land befeuchtet, wenn der Hagel die S«- tenfslder verwüstet, wenn pestartige Krankheiten unter den Ä- wohuern wüthen, wenn dein Arm die Ruthe des Zornes Akk uns geschwungen hat zur schrecklichen Züchtigung, — wenn dann im Gefühle unserer Verdorbenheit an diesem Orte bethein zur Ehre deines Namens Busse thun und von Sünden abstelM o so erhöre uns dann von Himmel herab o Herr, vergicb deiB reuigen Knechten, vergieb deinem Volke seine Sünden, nimm e- wieder auf in deine Vaterarme, lasse ihm deine milde So»' scheinen, deinen fruchtbaren Regen von Himmel fallen, hebe dk Plagen auf womit du das Land züchtigest, damit wir dei» mächtigen Vaterfchutzes versichert deinen heiligen Namen preise» in Ehrfurcht gegen dich und Beobachtung deiner Gebvthe verhö¬ ren bis an's Ende. Amen. 115 Am Feste aller Heiligen. »Freuet euch und frohlocket, weil euch ein grosser Lohn im Him, mel Vorbehalten ist.« Matth. 5, 12. Eingang. Nicht irdische Glückseligkeit, nicht zeitliche Güter, nicht sinnliche Wehllüste hat Jesus seinen Jüngern, wenn sic seine Lehren und Cebolhe genau beobachten würden, verheißen, — sondern eine cirig dauernde Seligkeit, die nach der Versicherung des Apostels, kein fleischliches Auge gesehen, kein Ohr gehört, und von der sich kein Sterblicher hienieden irgend einen Begriff machen kann , — cine solche unaussprechliche Seligkeit, soll der Lohn ihres Stre¬ bens nach Lugend und Heiligkeit seyn! — „Freuet euch, sagt der Heiland, freuet euch und frohlocket, weil euch ein grosser lohn im Himmel Vorbehalten ist." — Diese trostvolle Verheißung Äesu ist an seinen Aposteln und ersten Jüngern, und nicht nur an diesen, sondern an unzählig vielen Menschen schon, buchstäb¬ lich in Erfüllung gegangen; denn wäre unserm sterblichen Auge nur ein Blick in die jenseitige selige Zukunft gestattet, so wür¬ den wir dort unzählige Schaaren von Auserwählten jedes Ge¬ schlechtes, jedes Alters und Standes sehen, die der Anschauung Gottes genießen und frohlocken, weil ihr Lohn wahrhaft groß ist im Himmel- Diese glücklichen Freunde Gottes sind cs nun eben, deren Gcdachtnißfest wir heute begehen. — Zwar werden wir dadurch chce Glückseligkeit um nichts erhöhen, denn da sie schon im Be- slßc des höchsten Gutes sind, so kann die Feierlichkeit, mit wcl- wir jährlich ihr Andenken erneuern, ihrer Seligkeit keinen Zuwachs geben, indessen soll doch die Begehung dieser Gedächt- Mcier Hst. Ehre Gottes und unser» eigenen geistigen Nutzen be- s°adcrn, das ist ihr eigentlicher Zweck und die Absicht unserer h,', Kirche. Wir loben und preisen also am heutigen Lage vor- sGich, die unendliche Weisheit, Güte, Barmherzigkeit, Allmacht Gerechtigkeit Gottes in seinen Heiligen; wir erinnern uns Hafter ihrer erhabenen Tugenden, und werden zur Nachah- '^3 ängccifert; die obschon unvollkommene Vorstellung jener L * »v»» 116 Seligkeit in deren Genüsse sie sich befinden, macht den WuO in uns reger: auch dereinst in ihre Gemeinschaft aufgenomm zu werden; das Vertrauen, welches wir in die Kraft ihrer Für¬ bitte setzen, verscheucht unsern Kleinmuth, der von dem Gefühl: unserer Schwäche und Sündhaftigkeit erzeugt wird, und nm- tcrt uns auf, uns aus allen Kräften zu bestreben, das schm hier zu seyn, was sie waren, um einst auch dort zu weid«, was sie schon wirklich sind. Weil nun dieses Letztere, nämlich, das einzige zu werden, was die Heiligen im Himmel sind, m Wunsch ist, den ich zuverlässig in jedem Christen vorausscki darf, und weil dieser Wunsch doch immer leer und fruchtlos bleibt, wenn man sich nicht zugleich bemüht, das schon hm auf Erden zu seyn, was die Heiligen einst waren, d. i. nm man nicht schon in diesem Leben nach Heiligkeit ringet: so ha¬ be ich mir heute vorgenommen, nachdem ich den wahren N> griff von Heiligkeit werde bestimmt haben zu zeigen, wie m Christ in jedem Stande nach Heiligkeit streben, und solgÄ dereinst selig werden kann. Vernehmen Sie mich mit willign Aufmerksamkeit. Abhandlung. Es hat Menschen gegeben, meine Lieben, die sich von her Heiligkeit ganz irrige Vorstellungen machten. Sie lebten in Einbildung, man müsse um heilig zu werden entweder des Glau¬ bens wegen den Martertod leiden, oder sich doch wenigstens"' seinem ganzen Lebenswandel vor dem übrigen Haufen besonnst auszcichncn, außerordentlich strenge leben, sich jede Unschuld Freude versagen, seinen Hunger und Durst nur zur äußerD Noth stillen, ganze Tage und Nächte im Gebethe zubringe«- und sich selbst auf mancherlei Art martern und peinigen, aber von Gott mit himmlischen Erscheinungen gestärkt werdf«- die Gabe Wunder zu wirken besitzen, u. s. w. Bei so irrige« und überspannten Vorstellungen mußte freilich die Hoffnung mit ihr aller Muth verschwinden, auch heilig zu werden. die Zahl jener Christen, die den Ausspruch des Heilandes: Himmelreich leidet Gewalt, und nur die Gewaltigen werden » >- » >, 117 - fodert. — Vielleicht aber wird es zur Heiligkeit hinlänglich wenn mau an Sonn- und Feiertagen, um für einen LhrW zu gelten, bei dem Gottesdienste erscheint; oder wenn man täg¬ lich einige Gewohnheits - Gebethe verrichtet, wenn man ein Mal des Jahres zum Beichtstühle und zum Tische des Herrn crW- net, wenn man sich des guten Rufes wegen von gewissen a"- stössigen Gesellschaften und Lustbarkeiten znrückzieht, wenn i"/" öffentliches Aergeruiß vermeidet, öffentliche Feindschaften mit p- uem Mitmenschen unterdrückt, seine Standcspflichten des 110 ls hci- wegen erfüllet, jedem das Seinige läßt, aber auch den Armen Tugcnd Nothleidenden nur mit süssen Mitlcidsworten tröstet, den vMi guten Namen des Nächsten nicht auf den -Pranger stellt, aber wahrt eich zu seiner Ehre Rettung selten ein kräftiges Wort redet, lughcit nicht nach Ansehen und Ehre strebet, aber auch keine Erniedri- eich- gnng duldet, sich nicht nach Reichthum sehnet, aber auch mit >, waj säuer Lage nie zufrieden ist, mit einem Worte, wird cs zur »rtM Heiligkeit hinlänglich scyn, wenn man nur das thut und ver- Kich meidet, was man nach den Grundsätzen menschlicher Klugheit r A thun oder vermeiden soll, übrigens aber sich zu nichts bequemen >, si„- will, was der Sinnlichkeit und Eigenliebe einen merklichem Ab- NM inich thun könnte. O nein, meine Lieben, so breit und so ihrm eben ist der Weg, der zum Leben führet wieder nicht, man muß einen schmalen und dornigen Pfad wandeln, muß Hindernisse rirkci übersteigen, muß kämpfen, entbehren und dulden, denn wahr : bleibt der Ausspruch des Heilandes: Schmal ist der Weg der i M M Leben führet, und Wenige nur wandeln ihn, öng ist die tM Lhüre, durch die man zum ewigen Leben eingeht und wenige fin- A- den sie — das Himmelreich braucht Gewalt und nur die Unge- gröf- stimmen reißen es an sich. z.A k Wenn nun also das Eüie zur Heiligkeit nicht erfoderlich kbcft end das Andere zur Heiligkeit nicht hinlänglich ist, worin, so >M- Md man fragen, worin besteht also die Heiligkeit? — In wird nichts andern:, meine Lieben, besteht sie als in der unausgesetzten br« Beobachtung des göttlichen Gesetzes und in pünktlicher Erfüllung aufer aller seiner Pflichten und zwar aus reiner Liebe zu Gott. Denn istu- mena vom gegenwärtigen Leben die Rede ist, so sind Heiligkeit, eB Gerechtigkeit, christliche Tugend und Frömmigkeit Wörter, die äne und dieselbe Bedeutung haben. Zur Heiligkeit gehört also, er- daß man entweder die in der Taufe erlangte Unschuld unver- cA 'ehrt bewahret, oder, wenn man aus menschlicher Gebrechlichkeit iste« ^ese Unschuld durch die Sünde verscherzt hat, daß man seine äg- ^'flehungen bereuet, sein Herz und seinen Sinn ändert, seine M Bekehrung und Besserung standhaft fortfetzt — dann ist man hei- ">>ch den klaren Ausdrücken der h. Schrift ein Gerechter, ein M- aas Gott Geborncr, ein Kind Gottes , folglich ein Heiliger. Mi Es ist wahr meine Lieben! alle Gebothe Gottes unverbrüch- sii- beobachten, jedes Laster fliehen und jedwede Tugend aus-- aä jede seiner Pflichten getreu erfüllen, das will viel sagen. 120 Indessen gebicthet uns Gott doch nichts Unmögliches; denn cinkf- theils sind seine Gebothe unserer Natur schon so angemessen, das; wir uns durch Nichtbeobachtung derselben schon hieniede» sehr unglücklich machen würden, und anderntheils unterstützet uns Gott mit seiner kräftigen Gnade, so daß wir jede auch die größte Schwierigkeit dabei leicht heben können — Gottes 8e- bojche sind also nicht so schwer, wie sie uns die durch Weich¬ lichkeit geblendete Eigenliebe schildert, und man darf, um dicht Gebothe zu beobachten und heilig zu werden, nicht eben auf jk- den unschuldigen Freudengenuß Verzicht leisten und sich durch ein auffallend streges Leben von den übrigen Menschen unter¬ scheiden, so wie man auch den grossen Haufen nicht Nachahmer, sich an die Well und ihre Grundsätze nicht anschließcn km, ohne auf die breite Strasse zu gerathen, die zum Verdeck» und nicht zur Heiligkeit und zum Leben führet. Aber man k« Unkeuschheit, Geiß, Neid, Zorn, Ungerechtigkeit und jedes an¬ dere Laster meiden, und dagegen keusch, mässig, gerecht, ver¬ söhnlich und sanftmüthig seyn, man mag in diesem oder jei« Stande, an diesem oder jenem Orte, unter diesen oder jem Menschen leben, denn überall verkündiget uns Gott seinen h. Willen, durch die Vernunft, durch das Gewissen und durch Kirche und überall verleiht er uns seine Gnade, sein anerkm- tes h. Gesetz erfüllen zu können. — Mag darum auch die W der Lasterhaften in der Welt immerhin grösser seyn, als M der Tugendhaften, so hat Gott doch zu allen Zeiten ihm v°" Herzen zugethane Diener gehabt und hat deren noch und dich gehören sicher unter die Zahl seiner Freunde, seiner Heilige" wenn man an ihnen auch nichts Außerordentliches, nichts Ueck- menschlichcs sieht und findet. Ein Christ also, der die Gebothe Gottes genau beobachtet, und seine Standespflichten gewissenhaft erfüllt, der Gottes Gre¬ de und Freundschaft höher als alles in der Welt schätzt alle Menschen aufrichtig liebt, und nicht nur keinen an fick" Rechten verletzt, in seinem Glücke störet, sondern so viel es ne Kräfte und sein Wirkungskreis gestatten, Jedermann nützliü zu seyn sich bestrebt — ein Christ der sich im geselligen M gange züchtig, liebreich, sanftmüthig beträgt, der Gott zu Li>^ selbst das Böse mit Guten vergilt, der als Vater für das liche sowohl als ewige Wohl seiner Kinder sorget, als Ehcmck" 121 mit seiner Lebensgefährtin in Liebe und Frieden lebt, als Vor¬ gesetzter gegen seine Unterthanen gerecht und mild, als Unter¬ tan gegen seine Vorgesetzten gehorsam und dienstfertig ist — ein solcher Christ, wenn er sich auch durch keine außerordentlich strenge Lebensart auszeichnet, ist doch ein Freund ein Kind Got¬ tes, ein Heiliger, unserer Hochachtung und Nachahmung würdig. Wenn sich aber die Sache so verhalt, so sieht Jedermann leicht ein, daß inan in jedem Stande heilig werden kann und soll. Gott hat uns ja alle zur Heiligkeit berufen, folglich muß auch Jeder, in was immer für einem Stande er sich befindet, heilig werden können — das Gesetz Gottes, in dessen Beobach¬ tung die wahre Heiligkeit besteht, verbindet alle Stände, keiner kann sich davon ausnchmen. Der Fürst, wie der Untcrthan, der Soldat wie der Priester, der Gelehrte wie der Ungelehrte, der Städter wie der'Landmann, der Verehlichte wie der Unver- ehlichte, der Reiche wie der Arme, der Herr ^vie der Knecht, alle ohne Ausnahme sind verbunden Gottes Gebothe zu halten, jedes Laster zu fliehen, jede Lugend zu üben. Einer hat zwar vor dem andern mehr Talente von dem himmlischen Hausvater and einen grosseren Wirkungskreis erhalten, innerhalb welchem cv Gutes thun kann, allein Gott wird auch von keinem mehr fvdrrn, als er auf dem Posten, den er in dieser Welt beklei¬ dete, leisten konnte. Es wird wohl auch unter den Heiligen im Himmel ein Un¬ terschied Statt haben, denn so wie hier auf Erden einer den andern an Lugenden und guten Werken übertroffen hat, so wird dort einer den andern an Verherrlichung und Seligkeit Vor¬ gehen ; denn wie ein Stern von dem andern sich an Klarheit auszcichnet, sagt der Apostel, so wird auch die Auferstehung der Tobten seyn. Demnngcachtet müssen doch alle die in den Him¬ mel kommen, sollten sie auch an der untersten Stuffe der Se- ^gteit stehen, heilig seyn, weil, wie die h. Schrift sagt, nichts unreines und Beflecktes in das Reich Gottes eingelassen werden kann. Dort wird also nicht auf irdische Macht, auf edle Ge- °">'t, auf Würden, Reichthümer und Ansehen, auf Gelehrsam- "t und Geschicklichkeit, sondern einzig und allein auf tugend- '°fte Gesinnungen und gute Werke gesehen, je tugendhafter Je- "'and hier ist, desto grösser dort seine Verherrlichung. Da wir '^"gehört haben meine Lieden! worin die Heiligkeit besteht, >-»»» 122 «c c Leidensgeschichte Jesu des Gottmeufchen, zeigt uns also die- iru als den licbcvollestcn Retter und allgemeinen Beglücker der ^«sichen, zugleich aber stellt sie uns denselben als unser erha¬ lltes Muster der Nachahmung auf, alö das reinste Vorbild, 124 dem wir fortwährend nachstreben sollen; in allen Lagen und Um¬ ständen in allen Beziehungen des Lebens bis auf den lclM Whemzug am Kreuze, finden wir Jcfum so denken und Handes daß er mit vollem Rechte sagen konnte: Ich habe euch ein Bei¬ spiel gegeben, damit ihr auch thut, was ich euch gethan IM Joh. 13, 15. Eine Geschichte nun, die uns an unsern größten WolM- ter und Beglücker erinnert, und uns zugleich an ihm das höch¬ ste Muster der Nachahmung zeiget, eine solche Geschichte, der¬ gleichen die Leidensgeschichte Jesu des Gottmenschen ist, muß un¬ sere ganze Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen, unsern Geists den heilsamsten Betrachtungen wecken, und unsere Herzen durch die heiligsten und wohlthätigsten Gefühle erwärmen und beleb» — So wollen wrr uns denn aufmachen im Geiste und mch Jerusalem hinaufgehen, um Zeugen zu seyn der traurigsten ab« zugleich wichtigsten Lebensperiode Jesu unseres Heilandes, ZeW nämlich im Geiste seiner schmerzlichen Leiden, seines schimpflich!» Todes, den er für die Sünden der Welt starb, wir wollen aus¬ gehen mit ihm aus dem Hause, wo er mit seinen Jüngern M letzte Abendmahl hielt, ihn begleiten, in den Garten Gcthsenm^ als den Ort, wo seine Leiden den Anfang nahmen und iP i dann folgen, bis auf die Richterstätte als den Ort feiner Voll» i düng. Der Gegenstand unserer heutigen Betrachtung scy alb der leidende Jesus am Oehlberge; wir wollen schauen, hü^-i funken im anhaltenden vertrauungsvollen Gebethe zu seinem hium- lischen Vater und von ihm vor allem andern lernen eine voll¬ kommene Ergebung in den Willen Gottes, sowohl der GcP- uung als dem Werke nach; eine Ergebung in den Willen Got¬ tes der Gesinnung nach d. i. eine solche, die immer und überall nur das will, was Gott will; und eine Ergebung in den Wil¬ len Gottes der That nach, eine solche nämlich, die immer überall das vollzieht was Gott will. Schenken Sie dieser zwei¬ fachen wichtigen und nützlichen Betrachtung Ihre willige M- merkfamkeit. Erster Theil. (Geschichte.) Nachdem Jesus beim letzten Abendmahle von seinen 3"^ gern wie ein sterbender Vater von seinen geliebten Kindern dl!» 125 n d ll«- letztki uindch h U- !i hafi. ohW hiö. , dll- iß w .'ist;i dmij elcba. d naltz i aba Zeugm sichel aul- i dal! eina« ) P ollui- . als« ii!z«- iaua- voll- left- M. mall -M- liad ^>el- liin- url- sire die rührendsten und lehrreichsten Reden Abschied genommen, ibiicn Muth eingcflößt und in ihrer Gegenwart das letzte feier - licke Gebeth zu seinem himmlischen Vater emporgeschickt hatte; verließ er die Stadt Jerusalem, um die letzte Nacht, in der er gleich einem Verbrecher sollte ergriffen und zum Tode geführt n-crden, in einer stillen einsamen Gegend am Oehlberge zuzu- bmigcn. Er nahm seinen Weg beim Mondschein über den Bach licdrvn, der durch das Thal dieses Namens an der Morgenseitc der Stadt fließt, und kam zu einem Meicrhofe, in einen Gar¬ ten, den die h. Geschichtschreiber Gethsemane nennen. Hieher pflegte er mit seinen Jüngern öfters zu kommen und nicht sel¬ ten ganze Nächte im Gebethe zuzubringen; jetzt war der Gang Jesu nach diesem Orte und in diesen Garten sein letzter Gang, der Gang zu seinen Leiden. „In einem Garten sagt der h. Cy¬ rillus mußten Jesu Leiden beginnen, damit er an eben dem Orte das Werk unserer Seligmachung anfange, von welchem aus alle unsere tlebel den Anfang nahmen. Dort wo der erste Adam durch leinen Ungehorsam sich versündiget hatte mußte der zweite Adam nämlich Jesus uns entfündigen, indem er sich hier den Befehlen seines Vaters vollkommen unterwarf." Als nun Jesus mit seinen Jüngern im Garten Gethsema¬ ne angelangt war, so ließ er den grössern Thcil von ihnen zu¬ rück und nahm nur den Petrus, Jakobus und Johannes mit sich; decsc drei sollten Zeugen seiner Schwachheit seyn, weil sie einst "uf dem Berge Tabor Zeugen seiner Herrlichkeit waren. Aber da er im Begriffe ist im Gebethe mit feinem himmlischen Vater ja reden, so entfernt er sich auch von diesen seinen liebsten Jün- !l"n auf die Weite eines Steiuwurfes an einen einsamen Ort. Hier in dieser nächtlichen stillen Einsamkeit ganz nur mit sich und dem Zwecke seiner Sendung belchästigcr, bemeistcrt sich sci- »rr die schreckliche Vorempsindung und die Nähe der hereinstür- '»rnden Leiden. Er empfindet, daß die Rettung eines ganzen d-irchchengeschlechtes auf ihn liege, daß um das große Erlösungs- ^"'k auszuführen ein ausdauernder Gehorsam, ein Gehorsam d's in den Lod am Kreuze ersodert werde, daß dessen ungeach- der Zweck seiner Sendung an Vielen nicht erreicht, daß ^le durch ihre eigene Schuld verloren gehen werden. Diese Uarc aber traurige Aussicht in die Zukunft, erfüllet seine Seele namenloser Angst: Meine Seele ist betrübt bis in den Lod! 126 « « « « Bleibet hier, sagt er zu den Jüngern, und wachet. Dann G sernt er sich wieder eine Strecke, fällt nieder auf sein Angchtz und bethet zu seinem himmlischen Vater: Mein Vater, alles ig dir möglich, nimm diesen Kelch von mir hinweg, doch nicht IW sondern dein Wille geschehe! So entsetzlich war die Bangigkeit in diesem seinem erst« Gebethe, daß sie einem Lodeskampfe gleich ihm blutigen Schwi auspreßte, der tropfenweise von seinem Angesichte auf die w, fiel. Wie läßt sich denn diese außerordentliche Bangigkeit ich Schwäche mir der früher« Seelengrösse und Stärke Jesu v» einbaren. Jesus, meine Lieben! mußte als Mensch in allen»»- sucht werden wie wir, unsere Schwachheiten und Schmerzen ich te er auf sich nehmen um uns Stärke und Genesung zugc-l ben." Auf unsere Fußstapfen, sagt der h. Ambrosius, stieg HM bis zu den Schrecken des Todes hinab, damit er uns auf sc« Fußstapfen zum Leben brächte. Ein Engel erschien dem im blu¬ tigen Angstschweiße dahingesunkencn Heilande, aber nicht a ihm den Kelch des Leidens abzunehmen, nicht um seinen Sch« zu lindern, sondern um ihn zu stärken, damit er ihn ertrag»' könnte. — Jesus stand auf nach dem Verschwinden des Engels, ging mit sichtbarer Unruhe und Seelenangst zu den drei Är¬ gern, als wollte er bei ihnen Trost suchen; allein sie bedurD selbst des Trostes, und waren vor Schwäche in einen unruhige" Schlummer gesunken, aus dem sie Jesus weckte. Simon, str^ er zu Petrus, schläfst du, und ihr übrigen Jünger schlafet lhs' So habet ihr denn nicht eine Stunde mit mir wachen könnet Wachet denn und bethet, damit ihr der Gefahr entgehen megel denn bei aller Bereitwilligkeit des Geistes ist der sinnliche ME sehr schwach. So sprach Jesus, ging abermal hin an den c» samen Ort nnd bethete zu seinem himmlischen Vater mit derlel- bcn Ergebung wie zuvor: Vater, kann dieser Kelch nicht mir genommen werden, ohne daß ich ihn trinke, so geschehe Wille. Nach diesem Gebethe begab er sich wieder zu seinen Zö¬ gern, und fand sie abermals m einen unruhigen Schlummer ec-- fallen, unfähig ihm auf seine wiederholte Ermahnung z" E Worten. Verlassen von diesen seinen Freunden, ging er zum ten Male hin an den einsamen Ort und bethete mit vvllkommner Ergebung in den Willen seines himmüschen Mtt- 127 Betrachtung. Lassen sie uns nun auf den leidenden Heiland in seiner voll¬ kommenen Ergebung in den Willen seines himmlischen Vaters Hinsehen und von ihm lernen. Der Wille des h. Vaters war: Mis sollte leiden und sterben und so die Menschen von der Lchuld und Strafe von dem ewigen Tode befreien. Das ist auch dcr Wille des Sohnes Gottes; seine menschliche Natur entsetzt sich zwar bei der Vorstellung der kommenden Leiden, und zwingt ihn zu der Bitte: Vater ist es möglich so gehe dieser Kelch ton mir! allein die Gnade der Gottheit in ihm, siegt über die schwache Natur, die Unterwerfung unter den Millen Gottes ge¬ schieht in demselben Augenblicke, denn sogleich setzt er zu den Worten, die ihm die sinnliche Natur ausgcpreßt hatte hinzu: Doch nicht mein, sondern dein Wille geschehe! Somit will ec nichts anders als was sein Vater will, doch nicht wie ich will sagt er, sondern wie du willst. Und wann, unter welchen Um¬ ständen will er es? In dem schwersten Kampfe, den er mit seiner sinnlichen Natur zu kämpfen hat, in einer Stunde, wo er sich nicht nur von Menschen sondern, wie es scheint, sogar wn Gott verlassen sieht; wo seine einzigen und besten Freunde in einen Schlaf versunken, und ihn in der düstern Nacht allein ""st seinem Schmerze beschäftiget lassen, wo sein Vater ihm nicht antwortet auf sein demüthiges anhaltendes Bitten. Unter diesen llmständen, in dieser Lage unterwirft sich Jesus dem Willen sei- acs himmlischen Vaters und wie? auf das Vollkommenste d. i. -lllcm was dieser will und wie er es will, nicht nur allen Lei» ^n, sondern auch dem Tode und nicht nur dem Tode, sondern auch dcr Schmach und Schande des Todes, dcm^Tode der gro߬ en Verbrecher am Kreuze; darum sagt er nicht blvs cs geschehe "a§ du will, sondern er setzt hinzu: es geschehe wie du willst, 'stcht wie ich will. Anwendung. hm Sie meine Lieben, so äußert sich die wahre Erge- ur?o"'^n Willen Gottes der Gesinnung nach. Wenn Unglück A"äuge sind, dann erscheint sie vorzüglich in ihrer Nui Grösse. Sich den Willen Gottes unterwerfen, wenn 128 unserer sinnlichen Natur nichts im Wege steht, wenn uns nichts Unangenehmes und Schmerzliches begegnet, wenn wir uns in einer glücklichen heitern Lebenslage befinden. Da ist die Erge¬ bung in den Willen Gottes eine leichte Tugend, wir können nicht einmal sagen, daß sie eine Tugend ist, obschon, man auch m Glücke gottergebene Gesinnungen zeigen kann. Aber wenn sich an dem heitern Himmel unseres Lebens unglückdrohende WM zusammenziehen, wenn Leiden aller Art auf uns hereinbrechen, und uns in dieser Nacht des Grauens kein Strahl der Hoffnung schimmert, keine menschliche Hilfe nahet, der Himmel selbst zn unfern Flehen verschlossen scheint, wenn wir uns in unserer Angst nicht zu rathen und zu helfen wissen und alle unsere Einsichi und Ucberlegung zu weiter nichts dient, als unsere schreckliche Lage noch schmerzlicher fühlen zu lassen, unsere Sinne noch mehr in Aufruhr zu bringen und uns zur Ungeduld und Zaghaftigkeit zu versuchen, wenn wir uns in diesem heftigen Sturme von ms selbst gleichsam losrcrßen, uns verläugnen und mit demüthigcn Herzen zu Gott sprechen: Herr nicht mein, sondern dein Wille geschehe — dann äußern wir gegen Gott eine Gesinnung, « sie Jesus unser Heiland geäußert hat. Und wollen wir uns Jesu unsers göttlichen Heilandes gH s würdig zeigen und beweisen, daß wir seine wahren Schüler sind,« so wird unsere Ergebung in den Willen Gottes auch eine allgc-, meine, nicht auf einen oder den andern Rathschluß Gottes beschränkte Ergebung seyn; d. h. wir werden uns vollkommen und gerne alle dem unterwerfen, was Gott über uns verheiß hat, denn Gottes Wille ist in dem einen Rathschlusse so heilig und anbethungswürdig wie in dem andern. Wenn wir uns de» Leidensweg, den wir betreten sollen, selbst verzeichnen, die Selbst- verläugnung und Kreuztragung nach unseren Sinne und GetckM cke einrichten würden, so würden wir ja unserm eigenen u»d nicht den Willen Gottes folgen; unser eigene Wille, kann aber neben einer wahren und demüthigen Unterwerfung in den AM" Gottes nicht bestehen, weil das Wesen dieser Unterwerfung kan» liegt, daß der eigene Wille in uns gleichsam ganz vernicht werde und mit dem göttlichen Willen in einen zusammenMu — Daraus kann man nun die trügerische Sprache erkennt die vielen selbst frommen Christen gemein ist: Sie sagen nas- lieh: ich wollte wohl leiden, weil es Gott so haben will, wenn Kran schick! muß, an n ihm daß nage> das scheu lang nicht ist n sten, Will werfe iestir dienf jung les, ihr f in d durch alles niiitl des leide! eine Wer berg, b°n gebe! bath doch diese 1L9 wenn es nur nicht dieses, sondern ein anderes Leiden wäre! eine Krankheit wollte ich geduldig ertragen, wenn sie mir Gott zu- schickte, aber die Verachtung und Erniedrigung, in der ich leben muß, kann ich nicht gelassen ertragen; oder, Gott möge mich an meinem Vermögen schlagen und arm seyn lassen, ich biethe ihm an, was ich habe, er ist Herr über mein Eigenthum; aber daß boshafte Verleumder meinen Namen, meine gute Ehre be¬ nagen, mich in den Augen gutgesinnter Menschen herabsetzen — das kann ich nicht leicht verschmerzen; oder, von diesem Men¬ schen würde ich eine Schmähung, Verachtung und üble Behand¬ lung leichter annehmen, von jenem aber kann ich es durchaus nicht erdulden, nicht über das Herz bringen, denn er war und ist mein abgesagter Feind. So meine Lieben! denken viele Chri¬ sten, die sich vergebens schmeicheln wahre Ergebenheit in den Willen Gottes zu besitzen, denn der Kelch des Leidens, den sie vcr- irerfen, ist gerade derjenige, der ihnen von der Vorsehung Gottes bestimmt ist, folglich der Kelch des Gehorsames und des Ver¬ dienstes; jeder andere Kelch des Leidens würde ihre Unterwer¬ fung nicht beurkunden, weil er ihnen nicht von der Hand Got¬ tes gereicht, weil mit seiner Annahme weder ihr Gehorsam noch ihr Verdienst und Seligkeit verbunden ist. Die wahre Ergebung in den Willen Gottes der Gesinnung nach, äußert sich also durch eine demüthige, bereitwillige und vollkommene Annahme alles dessen, was Gott über uns verhänget, und eine solche de- ^iithige, bereitwillige und vollkommene Ergebung in den Willen des himmlischen Vaters der Gesinnung nach lernen wir von dem leidenden Jesus am Oehlberge. Wir lernen aber auch von ihm ei"e demüthige, bereitwillige und vollkommene Ergebung dem Werke nach, wie wir hören werden im zweiten Theile. (Geschichte). Wir kehren wieder zurück zu dem leidenden Jesus am Oehl- "ttze. Zum dritten Male hatte er sich, wie wir gehört haben, °°u seinen Jüngern entfernt und an den einsamen Ort hin be¬ iden, wo er zu seinem himmlischen Vater bethete. Auch dieses ach er: Vater ist es möglich, so gehe dieser Kelch von mir, nicht wie ich will, sondern wie du willst. Und siche! in "^cm Augenblicke heitert sich seine Schle auf, alle Furcht ver- »»»» 150 «« « L schwindet, alle Unruhe legt sich, er bekommt jene Fassung, jene Geistesstärke, die ihm jetzt so unentbehrlich ist. — Ent¬ schlossen zu leiden und zu sterben, steht er auf, geht zu den noch immer schlafenden Jüngern, macht ihnen keine Vorwürfe mehr wegen ihres trägen Schlummers, sondern ganz gelassen sagt er ihnen: Schlafet nun und ruhet, —es wird euch so nichts mehr helfen, denn sehet die Stunde ist gekommen, des Menschen Cohn wird in die Hande der Sünder überantwortet. Und das stricht er mit einem Nachdrucke, mit einer Begeisterung, die es deutlich an den Tag legt,' daß sein Entschluß gefasset sey, daß er ihr nicht mehr zu entgehen suche, der verhängnißvollen Stunde sei¬ nes Leidens. Und in dieser heiligen bewunderungswürdigen Ent¬ schlossenheit, scheint er sich ganz zu vergessen, denn er ruft sei¬ nen Jüngern, die er doch so eben schlafen lassen wollte, er rnst ihnen zu: Stehet auf, und lasset uns gehen, denn nahe W ist der, der mich verrathen wird. Betrachtung. Welch' wunderbare Veränderung, meine Lieben, werden wir mit einem Male an Jesu gewahr? welche Unerschrockenheit an einem Menschen, der noch vor Kurzem so furchtsam, so ganz niedergeschlagen, von einer tödtlichen Angst befallen war, und bei der blossen Vorstellung seiner bevorstehenden Leiden erliegen wollte. Welcher Muth, welch' ungeduldiges Feuer, seinen Fein¬ den und Mördern entgegen zu gehen. Was hat diese plötzliche grosse Veränderung in ihm erzeugt? es ist ja ganz und gar nicht mehr derselbe Jesus, dem am Oehlberge die Schrecken des Ä- des blutigen Schweiß ausgepresset haben? O ja wohl, es iß noch derselbe Z>"us, derselbe Gottmensch; er war ja allezeit be¬ reit sich den Willen Gottes zu unterwerfen, aber diese Untermal' fung war noch im Herzen verschlossen, es war die Zeit nach nicht da, sie im Werke zu zeigen. Sie war hart angcstritten, gewaltsam erschüttert, aber nicht zum Wanken gebracht werden- sie blieb allezeit dieselbe demüthige, bereitwillige, vollkommen Unterwerfung. Sobald die Stunde geschlagen hatte, in welche der Befehl Gottes sollte vollzogen werden, so zeigte sie sich in ihrer ganzen Starke, in ihrem höchsten Glanze. I leil «««« Jesus suchet nicht mehr den einsamen abgelegenen Ort des Gartens, als ob er fürchtete von seinen Verfolgern entdeckt zu werden, sondern er geht selbst und zwar ganz allein dem an- riickenden feindlichen Haufen entgegen; er redet sogar seine Ha- » scher an mit heiterer Miene im standhaften Tone; Wen suchet ihr? Sie kennen ihn nicht, und seine entschlossene Anrede be¬ fremdet sie. — Jesum von Nazareth! ist die Antwort. — Ich dm es, versetzt Jesus; bei diesen Worten entsetzten sie sich Bhlich, —allein, unbewaffnet, in seiner Standhaftigkeit, Un¬ schuld und Liebenswürdigkeit dastehend, jagt ihnen Jesus Schrecken em, — sie können seinen Anblick nicht aushalten, sie stürzen zu¬ rück, wie wenn ein Feind sie jagte. Jesus laßt ihnen Zeit sich auszurichten, und fragt sie dann zum 2ten Male, wen suchet ihr? Sie antworteten: Jesum von Nazareth. Ich habe euch ja ge¬ sagt, daß ich es bin, versetzt Jesus, wenn ihr also gekommen seyd mich aufzusuchen, so vergönnet diesen da (indem er gegen die Jünger hinblickte, die jetzt naher gekommen waren,) so ver¬ gönnet diesen da freien Abzug. So ist der Heiland, während er sich selbst mit bewunderungswürdiger Entschlossenheit seinen Feinden auslicsert, nur mehr um die Sicherheit seiner Jünger besorgt. Ihn schrecket nichts mehr, nut innerer Ruhe betritt er den Weg seines Leidens, und gibt wie er selbst sagte, der Welt »u erkennen, daß er seinen Vater lieb habe, weil er das thut, was ihm der Vater befohlen hat, — seine Ergebung in den Willen seines himmlischen Vaters ist nicht nur eine Ergebung da Gesinnung, sondern auch dem Werke nach. Anwendung. So soll nach dem Beispiele unseres Erlösers auch unsere Ergebung in den Willen Gottes beschaffen seyn. So bald uns d" Wille Gottes bekannt ist, und wir des Beistandes seiner Emcide versichert sind, so sollen wir uns nicht lange bedenken, ^ü)t lange zaudern, unsere Unterwerfung unter den Willen Got- les durch treue Vollziehung dessen, was er erheischt an den Lag Liegen. Aber, das ist es eben, worin wir uns selbst so oft trügen und Gott betrügen zu können glauben: Wir sagen ost '^dect Mal des Tages: Herr, dein Wille geschehe, wir sagen und bilden uns viel darauf ein cs gesagt zu haben; allein 132 «««« was thun wir indessen von allen dem, was Gott pvn uns will? Erfüllen wir die Pflichten unseres Standes mit Bereitwilligkeit und Treue? Tragen wir die Leiden und Widerwärtigkeiten die uns treffen, mit Geduld und Standhaftigkeit? Sind wir jeder¬ zeit bereit, Gott mit Entsagung dessen, was unserer Eigenliebe schmeichelt, ein Opfer zu bringen? Bemühen wir uns wohl die Hindernisse, die uns auf dem Wege der Tugend aufstvssen, mit ausharrendem Muthe zu besiegen? Sind wir wohl bccifert die Ehre Gottes und das Heil unserer Mitmenschen allezeit und überall zu befördern? — Lassen Sie uns unsere Schwäche und Unbeständigkeit gestehen meine Lieben! wir haben die Ergebung in den Willen Gottes gemeiniglich an der Zunge, aber nicht im Herzen und in der That; wir sagen wohl oft: Herr, mache es mit uns, wie es dir gefällt; wir bitten sogar täglich, daß ini Himmel und auf der Erde, in uns und außer uns, Alles dm Willen des Herrn gemäß geschehen möge, — und dennoch ent¬ fernen wir uns beständig von dem göttlichen Willen? Heißt das nicht sich selbst täuschen. Gott etwas vorlügen, und aus einer der ersten und nothwendigsten christlichen Lugend, aus der Erge¬ bung in den Willen Gottes ein elendes Blendwerk machen? — Unsere Eigenliebe wendet uns freilich ein, eine allgemeine, voll¬ kommene Ergebung in den Willen Gottes, dem Werke nach wäre in dieser oder jener Lage, in diesem oder jenem Gebothe mit za grossen Hindernissen verbunden, und daher nicht leicht möglich. Ei wohl, sie ist allezeit möglich, sobald uns die Gnade des Herr» unterstützt, und diese unterstützt uns gewiß, wenn wir nur de- müthig darum bitten, und dann mit der Gnade wirken wolle». Gott fodert ja nichts Unmögliches von uns; sollte aber fei» Wille in irgend einem Falle in der That nicht vollzogen werde» können; dann aber auch nur nimmt Gott die ihm ergebene Ge¬ sinnung für das Werk an, welche Gesinnung sich aber sogleich I in der That äußern muß, sobald sie sich nur in etwas äußer» kann. Denn der Wille Gottes ist unumschränkt, und erstreb sich auf alle Menschen, auf alle Zeiten, und auf alle GesinrM gen und Handlungen; wenn sich nun dieser Wille, nach unsere» Schwachheiten, nach unserer Trägheit oder gar nach unserem gensinne richten soll, — so wäre er kein unumschränkter, sonder» durch unfern Willen beschränkter Wille; wenn wir den Befehle» Gottes nur dann Nachkommen wollten, wenn aus deren Beoba^ » » » » 135 tung keine Ucberwindung, keine Entsagung, keinen Kampf kostete, so konnten wir ja nicht sagen, daß uns der Wille Gottes alle¬ zeit und in Allem heilig sey. Weit entfernt also, dem Willen Gottes auszuweichen, wenn er etwas unserer Sinnlichkeit Beschwerliches von uns erheischt, sollen wir vielmehr uns verläugnen, uns willig der Last die für uns bestimmt ist unterziehen, und mit Entschlossenheit der har¬ ten Stunde der Prüfung entgegen gehen. Jesus unser göttliche Meister geht uns ja voran, sind wir seine wahren Schüler, so folgen wir ihm unverdrossen. Stehet auf, ruft er uns zu, lasset uns gehen, die Stunde ist herbeigekommen. Ja wir wollen ihr standhaft entgegen gehen, jeder harten Stunde in der uns Gott ruft, um ihm unsere volle Ergebung an den Lag zu legen; wir Men ihn fragen, wie der bekehrte Paulus: Herr, was willst du daß wir thun sollen? und wenn er uns seinen Willen erklärt, wenn er uns seinen Beistand versprochen hat, so wollen wir ihm unsere Unterwerfung unter seinen Willen nicht nur in der Gesin¬ nung, sondern auch in der Thal an den Tag legen, damit dis Welt erkenne, daß wir ihn unser» besten Vater lieben, wie ihn Zesus unser Herr und Heiland geliebt hat, Amen, ZL . "Der ihn verrieth, batte ihnen ein Zeichen gegeben, und gesagt: welchen ich küssen werde, der ist es, den ergreifet.« Matth, 26, 46. Eingang, Nu der Spitze jener römischen Soldaten und Gerichtsdiener, ^ie, wie wir gehört haben, abgeschickt worden waren, Jesum ge- siugcn zu nehmen — war Judas Jschariot, ein Jünger Jesu, flu Lisblingsjünger sogar, denn er war aus der Zahl der Zwöl- folglich ein Apostel. — Dieser zog dem feindlichen Haufen ^kaii, um an denselben seinen göttlichen Herrn und Meister ju verrathen, und wie zu verrathen? auf die schändlichste und ^chloleste Art, die wir uns nur immer denken können, nämlich einen Freundschaftskuß. Denn das war das verabredete Zeichen, welches er den Häschern gegeben hatte: den ich küss« werde, der ist es, den ergreifet und führet ihn wohlbewacht vss dannen. — Unbegreifliche, verabscheuungswürdigste Bosheit eins Jüngers gegen seinen göttlichen Meister! daß sie doch nie ge¬ nannt, daß sie doch in ewige Vergessenheit begraben werden moch¬ te! aber ein vergeblicher und auch ein unüberlegter Wunsch. Sie kann nicht in Vergessenheit kommen, die ruchlose That del Judas, denn die h. Geschichte wird sie aufbewahren bis an das Ende der Welt; sie darf auch nicht in Vergessenheit komme», denn wenn Beispiele von Bösewichtern und Verworfenen uns lehr¬ reich und heilsam seyn können: so ist vorzüglich das Beispiel des verrätherischen und verworfenen Judas lehrreich und heilsam siir uns, weil es uns einerseits die Quelle seiner unseligen That, an¬ dern stits den schrecklichen Ausgang derselben, zur Warnung ia das Gedächtniß ruft: Die unselige Duelle der Verrätherei, die Judas an dem Sohne Gottes beging, war eine schändliche Lei¬ denschaft, der schreckliche Ausgang der Verrätherei hals" einer Folge der Habsucht) war — die Verzweiflung. Daraus ergibt sich nun für uns eine zweifache heilsame Warnung: daß wir ms vor jeder ungeordneten Leidenschaft hüthen, und daß wir, m! weit uns auch immer eine Leidenschaft sollte verleitet haben, a» unserm Heile nicht verzweifeln sollen. — Zwei Warnungen, die ihrer Wichtigkeit wegen, der Gegenstand unserer heutigen Be¬ trachtung und Aufmerksamkeit zu seyn verdienen. Erster Theil. (Geschichte). Jesus hatte sich zwar, wie wir in der letzten Betrachtung vernommen haben, den römischen Soldaten und Gerichtsdieneriu die ihn umrungen hatten, selbst zu erkennen gegeben, sie aus¬ drücklich versichert, daß er derselbe Jesus von Nazareth sey, der sie suchten. Demungeachtet hatten sie nicht den Muth, sich ü'i- ner zu bemächtigen, vielmehr jagte ihnen jenes standhafte Ge- ständniß und der Anblick der wehrlosen Unschuld, einen, ich möch¬ te sagen heiligen Schrecken ein, der sie zu Boden stürzte, dieß hatte ihnen auch Judas, das verabredete Zeichen zum A"' griffe noch nicht gegeben. Jetzt aber, da Jesus seinen Femdc" zum 2ten Male erklärte, daß er es sey, den sie suchen, kam Judas näher, mischte sich als Jünger unter die iibnss" 155 Jünger die nun auch um Jesu herum standen, trat, da er den rechten Zeitpunkt ersehen hatte, ganz nahe zum Heilande hin, und gud ihm den Kuß, mit welchem Schüler ihre Lehrer ehreröicthig zu begrüßen pflegten, indem er dabei ganz vernehmlich, damit es die Feinde Horen könnten, sagte: Sey gegrüßt Rabbi, d. i. scy gegrüßt Meister. Jesus sieht ihn mit einem Blicke, aus dem Ernst und Mitleid strahlte an, und spricht: Freund Juda, wozu bist du gekommen? Mit einem Kusse verräthst du des Menschen Sohn? Diese Worte des liebenswürdigen Heilandes begleitet von einem wehmüthigen und ernsten Blicke hätten dem meineidigen Was das Herz durchschneiden sollen, allein kaltblütig entfernt sich dieser von seinem göttlichen Meister, und überläßt ihn der Wuth seiner Feinde. Diese hatten auch das Zeichen bemerkt; denn da sie Niemand als Jesum gefangen zu nehmen Befehl hat¬ ten, und er an der Kleidung besonders zur Nachtzeit von seinen Angern nicht so leicht unterschieden werden konnte; so war es um so nothwendiger auf das mit Judas verabredete Zeichen Acht zu haben. Wirklich ließen die Soldaten und Gerichtsdiener von diesem Augenblicke an Jesum nicht mehr aus dem s w.n, um die Jünger kümmerten sie sich nicht viel, damit nicht wahrend sie mit diesen zu schaffen hätten, Jesus entfliehen möchte. So pünktlich befolgten sie die Anweisung des Judas: Welchen ich küssen werde der ist es, den greifet, den führet wohl bewacht hinweg. Judas wollte sich nämlich auf jeden möglichen Fall Vor¬ sitzen, und besonders an das Entfliehen konnte er um so leichter denken, weil Jesus wirklich schon einige Mal den Nachstellungen seiner Feinde durch eine Art Flucht entgangen war. So ward oho Jesus durch die schändliche Verrätherei Judas einer seiner Anger, seinen Feinden ausgeliesert, Betrachtung. Lassen Sie uns nun unsere Aufmerksamkeit auf Judas rich- ken und untersuchen, was die Duelle seiner ruchlosen Verrätherei Kleinem göttlichen Meister war. — Nicht leicht, meine Lieben, würden wir diese Duelle aufdecken, wenn sie uns das Evangelium Wt angezeigt hätte. Denn, wenn wir sehen, daß ein Jünger "^der seine:! Meister auffteht um ihn zu verderben, so könnten auf die Muthmassung verfallen, es hätte ihn zu dieser Fre- » » » » 1 <) 6 « ««« velthat die Rachgierde angetricben, oder er wäre in was inum für einer Aufwallung des Gcmüthes seiner nicht mächtig zme¬ sen , und hätte aus Uebereilung und gleichsam als ein Wahnsin¬ niger gehandelt, allein nichts von allen diesem war es. IM verrieth den Heiland nicht aus Rachsucht, und nicht aus Uebcr- eilung und im Wahnsinne; denn die Rachsucht setzt eine Beleidi¬ gung voraus, sie mag schon eine wirkliche oder eingebildete seyn. Aber Judas war ja niemals von Jesus beleidiget worden, viel¬ mehr hatte ihn dieser mit allen Beweisen der zärtlichsten Lick durch volle drei Jahre an sich gezogen, und ihn als seinen Jün¬ ger und Apostel mit Wohlthaten aller Art überschüttet, — wie, unter welchem Vorwande hätte sich also Judas an diesen seinen besten und liebenswürdigsten Wohlthäter rächen können. Eben so wenig kann man sagen, daß Judas aus Uebereilung gleichsam ini Wahnsinne wider seinen Meister, gehandelt habe; denn niemals ist eine Verrätherei mit soviel Vorbedacht und Ueberlegung ge¬ schehen. Der Treulose wurde ja von Niemanden aufgefordert, seinen Meister auszulicfern, er trug sich den Hohenpriester und dem der Juden selbst an, wurde mit ihnen um den Preis der Person Jesu einig, nannte ihnen den Ort, die Zeit und das Zeichen der Verrätherei, nahm römische Soldaten und Gcrichli- diener mit sich, führte sie selbst an, und wartete vorsichtig den Zeitpunkt ab, in welchem er ihnen durch das verabredete Zeichen Jesum in die Hände spielen könnte. So planmässig und klug handelt man ja doch in der Uebereilung oder im Wahnsinne nicht Was war denn also die Quelle der ruchlosen Verrätherei des Zu- das? Eine unselige Leidenschaft — die Habsucht war es, sogt das Evangelium. Diese Leidenschaft hatte Judas schon bei meh¬ reren Gelegenheiten deutlich genug blicken lassen, besonders aber im Hause des Simon eines vornehmen Pharisäers, wo er dü fromme Büsserin Magdalena mit einer köstlichen Salbe das Haupt des Heilandes begießen sah. Wozu diese Verschwendung, rief Ju¬ das unwillig , und suchte seinen Unwillen, dem die Habsucht zu Grunde lag, durch den Schein der Nächstenliebe zu rechtfertigen, indem er hinzu setze: Man hätte ja diese kostbare Salbe thenec verkaufen, und das daraus gelöste Geld den Armen geben können. Der h. Johannes aber merket m seinem Evangelio absichtlich an: es wäre dem Judas nicht um die Armen, sondern um das Geld zu thun gewesen, weil er ein Dieb war und den Geldbeutel fütM 137 IM zeire- nsin- ludaj eber- leidi- sey^ vicl- Liebk Ziiii- irie, iimil h ss i im nast ge- jert, iiiid lrcis bas hts- dm chen klug icht Zu- logt icb- ibcr die upt ;u- z» en, ner i cs z» rte. Der Gewinn also , der sich ans der kostbaren Salbe, welche Ma¬ na Magdalena, wie Judas meinte, verschwendet hatte, war ihm entgangen. Er wollte sich schadlos machen, und sann auf eine Wegcnheit, die sich bald ergab. Die Hohenpriester und Phari¬ säer strebten Jesum schon seit längerer Zeit nach dem Leben, mir fürchteten sie das Volk, das ihm anhing, und wußten über¬ haupt die Sache nicht klug und sicher genug anzufangcn. Das merkte Judos und bedachte sich nicht lange; um seine Habsucht zu befriedigen, ist ihm ein Hochverrath an Jesu seinem göttlichen Meister etwas Leichtes; er eilt in die Rathsversammlung der Hohenpriester und in die Schule der Juden, und sagt: Was wollet ihr mir geben, so will ich euch Jesum von Nazareth aus- licfcrn? Man wird einig, dreißig Silberlinge, nach unserm Gelde ungefähr 16 Gulden, werden angebothcn und angenommen, und der Handel ist geschlossen; Judas schätzt sich glücklich, daß er seinen Geitz durch die Auslieferung seines göttlichen Meisters be¬ friedigen kann, und die Juden sind nicht minder froh Jesum um einen so geringen Preis und eine so feingesponene Art in- die Hände zu bekommen. Die Duelle des Hochverrates also, den Ädas an seinem Herrn und Meister beging, war eine Leiden¬ schaft — die Habsucht. Er ward ein Verräthcr und Mörder des Sohnes Gottes, weil er ein Dieb war, und er war ein Dieb "eil er geißig war; der Geitz brachte ihn so weit, daß er den Sohn Gottes um den verächtlichsten Preis an seine Feinde ver¬ kaufte; merken Sie wohl auf meine Lieben, ich fage um den ver¬ ächtlichsten Preis um den Preis eines Sklaven, denn dreißig Silberlinge kostete zu jener Zeit ein Sklave. Anwendung. Sehen Sie meine Lieben, so viel vermag eine Leidenschaft, "bnn sie stch einmal des Herzens bemächtiget hat. Es ist keine Schandthat so abscheulich, kein Verbrechen so gräßlich, welches ju begehen sie den Menschen nicht fähig machen könnte; denn es Ut in ihrer Natur, daß sie alle Gränzen der Vernunft und Re- uzivn überschreitet, und den Menschen gleichsam mit Gewalt und ^r seinen Willen zu allen dem hiureißt, was er bei ruhiger Zerlegung selbst aufs höchste verabscheuen und mißbilligen muß. Mancher muß es gestehen, daß eine unselige Leidenschaft die 158 Duelle seines leiblichen und geistigen Verderbens ist oder war.- Wohin hat mich nicht meine Leidenschaft gerissen? seufzt manche einst glückliche und mit sich selbst zufriedene Christ, wohin Hst mich meine Leidenschaft gerissen, zu welchen Ausschweifungen Hs! sie mich nicht verleitet, wie Vieles hätte ich nicht gethan, ich Vieles dürfte ich jetzt nicht bereuen, wenn ich nicht ein Sklati derselben gewesen wäre! Und man kann sich wirklich keine schreil- lichcre Strafe, die von Seite Gottes über die Sünden verhäng! wird, denken, als wenn sie Gott ihren Leidenschaften übergA, wie der h. Apostel Paulus von den Heiden, die in alle ersinch- che viehische Laster versunken waren — sagt: Gott hat sie dni Lüsten ihres Herzens übergeben. — Hat nämlich der Sünder de Gnade des Herrn lange verachtet, so wird sie ihm endlich ent¬ zogen. So lebe denn und handle, wie es dir gefällt, strich! Gott zu dem Sünder, folge dem Strome, der dich dahin rei¬ ßet, lasse deinen wilden Begierden ungescheut die Zügel, ich habe dich bis nun zurück gehalten mit der Macht meiner Gnade, nun aber überlasse ich dich dir selbst; diene deiner Leidenschaft sic soll dich mit ihren eisernen Zepter beherrschen und dich alle! das fühlen lassen, was sie Schändliches und Verderbliches ml sich führt. Das gab auch der Heiland seinem Jünger Judas P verstehcn, nachdem alles was er gethan hatte um den Treulos" auf den rechten Weg zurück zuführen fruchtlos war. — Wist sprach Jesus beim letzten Abendmahle — Judas, was du tha" willst, thue es bald -— d. i. Vollende Unsinniger, was du du vorgenommen und bereits begonnen hast. — Und merken A nur meine Lieben, ob es Judas, seit dem Augenblicke als Heiland ihn sich selbst und seiner Leidenschaft überließ, ankam sein gräuliches Vorhaben auszuführen? hat er sich laug- bedacht seinen Herrn und Meister den Feinden auszuliefern, h"' er viel gestritten mit ihnen wegen des Vertrages? hat er dl- heilige Person Jesu wenigstens um einen theucrn Preis verlaust hat er cin'bn Unwillen blicken lassen selbst die Feinde wider st' sum anzuführen? hat ihm der Anblick des liebenswürdigsten -'stf sters, die sanfte Art, womit ihn dieser aufnahm, der zärtb^ Verweis den er ihm beim verrätherischen Kusse gab — die gen geöffnet, das Her; gerührt? Wie, Judas mein Freund uu- Jünger, du vcrräthst mich, deinen Herrn und Meister, und mit einem Kusse? Doch Judas sieht nichts, hört nichts 139 fühlt nichts als seine Leidenschaft; diese hat seinen Verstand ver¬ blendet und sein Herz verhärtet; denn das ist das Werk der Leidenschaft, Blindheit des Verstandes und Verstockung des Her¬ zens, und zwar jeder Leidenschaft ohne Ausnahme; es ist nicht Mhivendig daß es diese oder jene, oder daß es mehrere wären; eine nur wird .erfodert um den Menschen von dem Wege des Heils abzuziehen, eine nur ist genug um alle übrigen zu erzeu¬ gen, die ihr zu ihrem Zwecke dienlich sind. Von Judas liest man nirgends, daß er stolz oder wohllüstig oder rachgierig ge- mefen sey, nur habsüchtig war er und das war genug um ihn M schändlichsten Hochverrate an der Person des Sohnes Got¬ tes zu verleiten. — Wie thöricht ist es daher gesprochen, wenn man sagt: Ich habe nur eine Leidenschaft, von allen übrigen bin ich frei, diese einzige aber kann mir nicht so gefährlich seyn, daß ich so viele Vorsicht nolhig hätte. Das heißt nun gerade so viel als: Ich liege nur an einer einzigen tödtlichen Krank¬ heit darnieder, und weil cs die einzige ist, so kann ich nicht so leicht an ihr sterben — nicht leicht sterben? wenn es eine tödt- bche Krankheit ist? welcher Unsinn? Jede Leidenschaft meine Lie¬ den, die sich des Herzens bemächtiget hat, ist eine tödtliche Sec- lenkrankheit, wenn aber jede Leidenschaft eine tödtliche Krank¬ heit ist, um was ist man denn besser daran ob es diese oder M oder ob es mehrere sind, wenn doch eine jede und eine ein- W den geistigen Lod im Gefolge hat. Darum, meine Lieben, bitten wir Gott um nichts öfter und eifriger, als, er möchte uns mncr Leidenschaft übergeben, denn schrecklich sind ihre Wirkun- Aim, wie wir an Judas gesehen haben, und noch schrecklicher ist 'hr Ausgang, wie wir auch an Judas sehen werden im zweiten Theile. (Geschichte). . Judas hatte zwar feinen Herrn und Meister verrathen, ^-) war seine Bosheit noch nicht zu jenem Grade gestiegen, daß w gar keiner Reue mehr fähig gewesen wäre. Denn er mochte -'.längs nicht geglaubt haben, daß Jesus wirklich zum Tode 'Etheilt, noch weniger aber, daß das Tvdesurtheil an ihm wick¬ el vollzogen werden würde; er tröstete sich noch immer mir der -^llmuig , Jesus werde sich durch die Flucht, wie schon einige früher, retten. Als er aber sah, daß die Sache mit Ernst » »>-» 140 « « « « betrieben, daß Jesus seinen Feinde nicht entgehen werde — wachte das bis dahin schlummernde Gewissen auf. — Der Lch seiner Verratherei kam ihm je länger je verächtlicher vor, « mußte sich als einen Niederträchtigen betrachten, und wurdet als solcher betrachtet; in einem dreijährigen Umgänge mit Je¬ sus hatte er nichts als Beweise von dessen Güte und Gerechtig¬ keit erfahren, nur Grosses und Göttliches in allen seinen Mei und Lhaten bemerkt, dieses und noch mebr jene liebreiche War¬ nung die ihm Jesus beim letzten Abendmahle, jene mitleidsvck Antwort, die er ihm bei dem verrätherischen Kusse gegeben hat¬ te, so sehr er auch seine Empfindung zu unterdrücken suchte, ei« Stachel in seinem Herzen zurückgelassen, den er jetzt schmerzlich zu empfinden anfing. Mit diesem Stachel der Reue im Herzui ging er nun hin zu den Oberpriestern und Rathsgliedern, brach¬ te die 30 Silberlinge zurück und sprach: Ich habe mich versiia- diget, daß ich das unschuldige Blut verrathen habe, sie al« antworteten: Was geht das uns an, das mußt du wissen, da sieh du zu- Judas entrüstet, daß sie das Geld nicht zurnckncb- men wollen, nun von ihnen und von sich selbst für einen M- räther erklärt, will das Geld nicht behalten, er wirft die za Silberlinge in den Tempel hin; dabei schweben ihm dunkle Schreckbilder vor der Seele, er sieht wie es mit Jesu ausgch« werde, er sicht es als eine Folge seiner Verratherei, dieser Ge¬ danke wird ihm unerträglich — das Leben eine Last — er geh! hin und erhängt sich. Betrachtung. Das meine Lieben, war der traurige Ausgang der MM therei des Judas — die Verzweiflung- Zwar hatte Judas d« Scheine nach alles gethan um Verzeihung seiner Sünde zu er¬ langen; er fühlte eine aufrichtige Reue über sein Verbrechen, er bekannte es öffentlich vor den Hohenpriestern: Ich habend versündiget, weil ich das unschuldige Blut des Gerechten M rathcn habe; er leistete auch Genugthung, indem er das Blnb geld zurückstcllte, und demnach war seine Reue eine falsche warum? weil ihr das Vertrauen auf Gottes Barmherzig^ fehlte. Denn es ist nicht genug, sagt der h. Bernhard z» stehen, daß du ein Sünder bist, du mußt auch bekennen, Gott ! Mm das Ei brechen er war then h mchen Lasse tausend kennen in alle MNg ! seine i rei; ir ihn, h sein T gen ih räther gewasc sein 2 er nu! Hal er ansdri ja jed erweis Kedul gen vir Men? verte! nur d Nerbr weise deutet Nerze tunze nich; 141 - — h er Lch bor, A "de l-i!^ -nit L- 'rcchtiz- ' W«.l id^drlk s » hit. ei«, iierzltz Hch-Ii / brchs lerlm- / e M - n, k» ickoch l La- i ie zaf diuck > tzek«: - A errä- dc« i er- , -e mit rer> klub leue, flei! Gott barmherzig ist, in der Verbindung dieses zweifachen Ge¬ ständnisses besteht die Rückkehr zu Gott. — Judas that zwar das Eine, aber er that nicht das Andere, er bekannte sein Ver¬ brechen, aber er nahm nicht Zuflucht zur Barmherzigkeit Gottes, er ivarf das Blutgeld hin um das er den Sohn Gottes verra- then hatte, aber er wollte sich das Lösegeld nicht zu Nutzen machen, wofür ihn der Sohn Gottes erkaufte. Somit war die Asse Judas eine falsche, eine Satansbusse. Denn seit Jahr¬ tausenden wirken die Teufel in der Hölle dieselbe Busse, sie be¬ kennen auch vor Gott, daß sie gesündiget haben und werden es in alle Ewigkeit bekennen, aber ohne Liebe zu Gott, ohne Hoff¬ nung auf die Schätze seiner Barmherzigkeit. Diese Hoffnung war aber für Judas noch nicht verloren, seine Verzweiflung war keine nothwendige Folge seiner Verräthe- m; in der göttlichen Barmherzigkeit war noch immer Hilfe für ihn, hätte er sie nur zu rechter Zeit angenommen, denn war sein Verbrechen groß, so war die Liebe und Langmuth Jesu ge¬ gen ihn noch größer, sowohl vor als bei der Begehung der Ver- rätherei. Hat er ihm nicht mit den übrigen Jüngern die Füsse gewaschen? hat er ihm nicht wie diesen sein Fleisch zu essen, sein Blut zu trinken gegeben? hat er ihn nicht versichert, daß er nun sein böses Vorhaben wisse, daß er sein Verrather sey? hat er ihm nicht da er ihn heimlich fragte: Herr, bin ich es, ausdrücklich gesagt. Ja du selbst bist cs. Diese Ermahnungen hätten sa jedem andern als dem Judas die Augen öffnen, das Herz erweichen müssen — und mit welch', väterlicher Zärtlichkeit und Geduld hat ihn Jesus nicht im Augenblicke des Verraths aus¬ genommen. Freund Juda — sprach er, wozu bist du gekom¬ men? Durch diese Frage wollte ihn Jesus nicht nörhigen zu ant- mertcn, denn er wußte ja um sein böses Vorhaben, er wollte mir daß sich Judas selbst geantwortet, daß er die Grösse seines Erbrechens überdacht hätte. Aber nein, alle diese hohen Be¬ weise »on Liebe, Sanstmuth und Geduld des Sohnes Gottes, mnete Judas nicht ans die Barmherzigkeit, vermöge welcher er Verzeihung seiner Sünde hätte erlangen können — alle Rüh- 'migrn der Gnade Gottes waren fruchtlos —- Judas fühlte sie und verzweifelte. z, » » » 142 Anwendung. - ' So ging also Judas ein Apostel an der Seite seines lie¬ benswürdigsten Meisters, an der Seite Jesu des Sohnes GM verloren. Das sollte uns mit einer heilsamen Furcht vor mj. selbst erfüllen meine Lieben, denn wir sehen daß man auch ie dem heiligsten Stande verworfen werden kann, daß man folglich in jedem auch dem heiligsten Stande mit Furcht und Zitter» m seinem Heile wirken solle. — Der erste Engel fiel und verloe den Himmel, sagt der h. Bernhard, das hätte uns zur M> sicht dienen sollen, allein dieses Beispiel fiel uns nicht recht» die Augen; der erste Mensch fiel und stürzte sich und seine Nach- kommen in ein namenloses Elend, aber auch dieses war für M scre Vorsicht ein zu entfernter Beweis; wir mußten einen nahm haben, wir mußten ihn selbst im Christenthume haben, wo du Gnade Gottes ii-berflüssend ist, und diesen Beweis haben wir« Zudas einen Apostel des Herrn, damit er uns als solcher einerseits warne, daß wir auf die Barmherzigkeit Gottes nicht freventlich sündigen und uns anderseits warne, daß wir an der Barmhee- zigkcit Gottes nicht verzweifeln. Fürchten müssen wir also du Gerechtigkeit Gottes immer und überall, aber unsere Furcht feil keine knechtische sondern eine kindliche seyn, die die Liebe Gotte- und das Vertrauen auf seine Barmherzigkeit einfchließt. hat verzweifelt, weil er in die göttliche Barmherzigkeit Mis- trauen fetzte, und weil er das that, so wurde er verweisen; sein Verbrechen also, sondern seine Verzweiflung ist die UrD seiner Verwerfung. Zwei Duellen sind es vorzüglich meine Lieben, aus KB der Untergang so vieler Sünder noch heut zu Lage fließt, nau«- lich freventliches Vertrauen und gar kein Vertrauen oder Ver¬ zweiflung; die gemeinen Sünder gehen verloren, weil sie hoffen, die grossen Bösewichter, die offenbaren Freigeister, gek" verloren, weil sic am Ende gar nichts hoffen. Es ist ein Ku«>ß' griff jenes Lügengeistcs, der schon unsere Stammüttern Falle brachte, daß er dem Menschen vor der Sünde die vor dem göttlichen Gerichte benimmt, hingegen sein Vertrau" auf Gottes Barmherzigkeit so hoch als möglich spannt; nach Sünde aber benimmt er das Vertrauen, und gibt nicht die Furcht im doppelten Masse wieder, so übet er gleichsam Acht d Eiilide rem, ic genom««« knechtisd tbig >vc ikcrlrau Plh d« nieder A an Wc scyii, b ach so auf dc! trauen vertrau richt z Leben, Zwecke höchste« braches grosses che auj herzigk Reue < sündig« und K Mlich hcrzigk weil ei auszud Nein ihr all durch derben herzig« der »i uen ft nehme 143 ines lik- Gotlkj vor mij auch j» folglich ltmi« > kerlir r Voi- rccht» :e Nach- für M uahm m dil wir « n Mi re»tlich lrmhcr- stfo r>k cht s«ü Gottü Ast-i Ällsi ; nicht strstch- den« niini- Vcr- znricl acheo Üs- zn°> Milch' ran«" h tk- ftlrc" i tat KeHt der Wiedererstattung aus, indem er uns das nach der Sünde gibt, was er uns vor derselben genommen hat. — Doch nein, ich irre mich, er gibt uns das nicht zurück was er uns gcnmmen; denn nach der Sünde gibt er uns eine falsche und knechtische Furcht anstatt der kindlichen, die vor der Sünde uö- thig war, und wenn er uns vor der Sünde ein stolzes, freches llmrauen auf Gottes Barmherzigkeit gab, so nimmt er uns gnch der Sünde, das wahre kindliche Vertrauen, welches uns nieder zu Gott führen soll. Aber dem sey so wie ihm wolle, es mögen derlei Kunstgriffe ein Werk des Satans, oder unserer Sinnlichkeit oder der Welt sey», lassen wir den Muth nicht sinken, meine Lieben, wenn wir auch so unglücklich seyn sollten, durch irgend eine Leidenschaft aaf den Rand des Verderbens geführt worden zu seyn; ver¬ trauen wir auf die Gnade des Herrn, sie wird uns aufrichten, vertrauen wir auf die Barmherzigkeit des Herrn, sie wird uns richt zu Grunde gehen lassen. Denn so lange wir in diesem kcben, so lange wir auf dem Wege zu Gott- als unfern höchsten Zwecke sind, so lange will Gott, daß wir auf ihn als unfern höchsten und einzigen Zweck hoffen. — David hatte sich des Ehe¬ bruches und Meuchelmordes schuldig gemacht, seinem ganzen Volke grosses Aergerniß gegeben und die göttliche Gerechtigkeit zur Ra¬ che aufgefodert, aber er verzweifelte nicht au der göttlichen Barm- herzigkeit; sondern je strafbarer er war, desto grösser war seine ^>eue aber auch desto grösser sein Vertrauen auf Gott. Ehe er sündigte, nannte er Gott nur seinen Herrn, seinen Monarchen »"d König, nachdem er aber gesündiget hatte, wußte er keinen Milchen, Namen für ihn als: Mein Gott und meine Barm- ^chgkcit! Er glaubte nämlich, sagt der h. Augustin, er könne, was er ein Sünder war, keine Worte finden, die das besser WGdrücken vermöchten, was Gott in Ansehung seiner war. --ein Gott und meine Barmherzigkeit! sprechet cs mit David R aste, die ihr euch durch was immer für eine Leidenschaft, ^ch was immer für Sünden und Laster dem Rande des Ver¬ dens genähert und in cuerm Vertrauen auf Gottes Barm- Mgkeir zu wanken angefangcn habet. Bekenner euch als Sün- vor dem Herrn, bringet ihm eine aufrichtige Reue und ei- 'ai festen Vorsatz jeder Leidenschaft zu entsagen zum Opfer dar! dann getrost Zuflucht zu dem unendlichen Schatze seiner 144 Barmherzigkeit und saget, im Gefühle eines wahren kindliche« Vertrauens mit dem buffenden David: Herr! ein demüthigej und zerknirschtes Herz wirst du nicht verwerfen. Amen. M. »Viele gaben falsche Zeugnisse wider ihn, aber ihre Zeugnisse ki¬ rnen nicht überem.« Mark. 14, 56. Eingang. Diffus war, wie wir neulich gehört haben, durch die Verräthmi des Judas seinen Feinden ausgeliefert worden, die ihn sobald st das vcrrätherische Zeichen bemerkt hatten, sogleich umringten und banden, als ob noch einer zu befürchten gewesen wäre, er würde ihnen entfliehen. So gleich einem öffentlichen Verbrecher behan¬ delt, sprach Jesus zu dem Tempelhauptmanne und Andern ans dem feindlichen Haufen: Ihr seyd ja wider mich ausgezogcn, als wider einen Äufrührer und Mörder mit Schwertern und Spiest"- Zch hielt mich doch täglich unter euch auf, und zwar an dm Volkreichesten Orte der Stadt, im Tempel saß ich diesen Zagen unter den Lehrern, und ihr habet mich nicht ergriffen. Zu eu¬ rer Absicht war nämlich die Stunde der Nacht am bequemsten - die Macht der Bosheit wirket gewöhnlich im Finstern; aber so in allen diesem kein Ungefähr, denn das ist geschehen, damit die Schriften der Propheten erfüllet würden. Somit schwieg Asn§ und ließ sich wegführen, um vor den hohen Rath gestellt zu wer¬ den; da sich aber dieser erst am kommenden Morgen versammeln sollte, so brachte man Jesum indessen in das Haus des ehmad- gen Oberpricsters Annas, wo man ihn der Willkühr zügellos Menschen preis gab, die mit ihm bis auf den frühen Morgen den grausamsten Muthwillcn trieben. Jndeß war die Stunde dn¬ in welcher sich die Mitglieder des hohen Rathes bei Kaiphas dcn> regierenden Oberpriester versammelten; alle Anstalten zu dem gk' richtlichen Verhöre wurden gemacht, Jesus war aus dem des Annas dahin abgehvhlt, und stand nun vor seinen Anklage" und Richtern. Wir wollen uns im Geiste in diese Rathsverfam^ 145 lung begeben, und die schändliche Verfahrungsart der Kläger und Richter Jesu kennen lernen; wir werden sehen, wie man aus Bosheit und Rachsucht falsche Zeugnisse, Lugen und Verleumdun¬ gen wider den Heiland verbrachte, und wie man sie aus Bosheit «Horte und darnach richtete. Diese zweifache Bemerkung wird ms dann Gelegenheit geben, etwas von der Strafwürdigkeit der Verleumdung zu reden, und ar von der Strafwürdigkeit derje¬ nigen, die verleumderische Reoen wider den Nächsten vorbringen, sowie derjenigen, die selbe anhören. Das ist der Gegenstand mei¬ nes heutigen Vortrages und Ihrer willigen Aufmerksamkeit. Erster Theil. (Geschichte). Der hohe Rath, vor welchen Jesus gestellt wurde, bestand aus geistlichen und weltlichen Rathsgliedern, deren Oberhaupt Kaiphas der regierende Oberpriester war. Dieser Kaiphas nun, dessen ganze Absicht dahin ging etwas aufzusinden, wodurch er Nun als einen Aufrührer erklären und dem römischen Land- tsseger überliefern könnte, legte dem Heilande, wie er gebun¬ den vor ihm stand verschiedene Fragen vor, die aber alle vor- jiiglich zwei Hauptpunkte betrafen, nämlich seine Lehre und seine Schüler, oder: warum Jesus Schüler sammle und sich die¬ selben Nachfolgen lasse, und daun wie seine Lehre beschaffen, ob sse, weil sic neu wäre, nicht für gefährlich zu halten scy? — 2cks gab auf diese doppelte Frage des Hohenpriesters nur eine Antwort. Denn, war seine Lehre gut, so war cs auch kein Brechen sie öffentlich zu verkünden und darum auch kein Ver¬ brechen sich Schüler zu sammeln; die Rechtfertigung seiner Lehre, also zugleich die Rechtfertigung seiner Schüler. „Ich habe Mntlich vor der Welt geredet, sprach Jesus; ich habe in den Synagogen und im Tempel gelehrct, wo die Juden versammelt "Mn, in Geheim aber, im Verborgenen habe ich nichts geleh- ttl; frage alfo Jene die mich gehört, diese wissen was ich ge- kcdtt habe." — Hätte der Heiland wohl gelassener und recht- kachger antworten können? und dennoch dünkt diese bescheidene -E unbefangene Aeußerung einem daneben stehenden Gerichtsdienec mir Frechheit gegen den Hohenpriester, er gibt darum dem Hei- Wen und Unschuldigsten einen Backenstreich, mit den Worten: ^wertest du so dem Hohenpriester? Jesus entgegnete im ge- »»»» 146 « « « « setzten Tone: Wenn ich unrecht geredet habe, so zeige den Feh¬ ler, war aber meine Rede gut, warum schlägst du mich? Z-j war die ganze Rache, die der mißhandelte Sohn Gottes an ei¬ nem frechen Sklaven nahm, den er durch einen Wink seiner All¬ macht hätte vernichten können. Das Verhör ward nun fortgesetzt und mehrere Zeugen, die wider Zcsum aussagten, vernommen; allein Einige brachten M Verleumdungen vor und Andere kamen in ihren Aussagen M überein, erzählten die nämliche Thatfache auf so verschiedene Art, daß man den Widerspruch mit Händen greifen konnte. Endlich, nachdem schon mehrere Zeugen verhört waren, die den angebliche! llebelthäter Jesus nicht nach dem Wunsche seiner Richter be¬ schuldigen konnten — endlich thaten sich zwei Männer hervor, deren Zeugniß wichtiger zu seyn schien. Wir haben, sprachen diese, diesen Menschen sagen hören, eß könne unsern Tempel zer¬ stören und in dreien Tagen wieder aufbauen. Diese Rede, die Jesus wirklich bei einer Gelegenheit vorgebracht hatte, war m nun sogleich bereit im buchstäblichen Sinne und so anzunehnm, als hätte er damit Jedermann einen verächtlichen Begriff m dem Tempel zu Jerusalem beibringen wollen; da doch Jesus nur im bildlichen Sinne von dem Tempel seines Leibes sprach, und auf dessen gewaltsame Zerstörung und Wiederauflebung oder auf seinen Lod und seine Auferstehung hindeutete. Allein die Zeugen blieben nicht nur bei dem buchstäblichen Sinne, sondern verfälsch' ten sogar den buchstäblichen Ausdruck, weil Jesus nicht sagte: Er werde den Tempel zerstören, sondern nur, er werde ihn Her¬ stellen, wenn sie nämlich die Juden ihn würden zerstöret haben. Auf diese falsche und verdrehte Zeugenaussage, trat nun Kai- phas mitten in die Versammlung hervor und fragte Zesum, der immer schwieg. Antwortest du nichts, was zeugen diese wider dich? Jesus aber verachtete eine so boshafte Anklage, und weil er ohnehin wußte, daß jede Verthcidigung unnütz sey bei Ma¬ schen, welche vor der Wahrheit ihr Ohr verstopft hatten, und von Allem, was er sagen würde, einen bösen Gebrauch machen würden, so schwieg er still, und gab keine Antwort. Der Oberpriester, der durch dieses Stillschweigen theils neu Stolz beleidiget, theils auch eine bestimmte Antwort aus dem Munde Jesu um so nothwendiger fand, weil man sich f" den gedungenen Zeugen verrechnet hatte, nahm Zuflucht zu 147 « « « « nem Mittel, das sonst nur im Falle eines geläugneten grossen Verbrechens, oder einer der Falschheit verdächtigen Aussage ge¬ braucht wurde — nämlich zu einer feierlichen Aufforderung zum Schwure. Die Sache war gut berechnet, man glaubte dem Heilande so einen sichern Fallstrick zu legen; denn, daß Jesus bei mehreren Gelegenheiten Gott selbst, seinen Vater genannt und sich auch für den Messias ausgegeben habe, das wußte man. Nun, hieß es, bekennt er mit einem Schwure, daß er der Sohn Gottes sey, so erklären wir ihn als Gotteslästerer, nach dem Gesche des Todes schuldig; gibt er sich feierlich für den Messias aus, so werden wir ihn, weil diese Würde zugleich mit der kö¬ niglichen verbunden ist, für einen Verbrecher der beleidigten Ma¬ jestät erklären; längnet er aber Eines wie das Andere, so wird man ihm durch unverwerfliche Zeugen beweisen, daß er sich so¬ wohl für den Sohn Gottes als für den Messias ausgegeden hat, folglich mag er sich wenden, wohin er will, so ist ihm der Tod gewiß. — „Ich beschwöre dich, so sprach nun der Oberpriester zu Zesu, ich beschwöre dich im Namen des lebendigen Gottes, ms zu sagen, ob du Christus der Sohn Gottes bist? Jesus m zu zeigen, daß er das rechtmässige Ansehen in der Person des hohen Priesters nicht verachte, um Gott, in dessen Namen zu antworten er beschworen wurde, die schuldige Ehre und uns an Beispiel zu geben, wie auch wir der Wahrheit Zeugniß ge¬ ben sollen — antwortete: Wie dw" sagst, ja ich bin es; und mi sich siber seine Gottheit vorzüglich noch bestimmter auszu- briicken, setzte er hinzu: Ich sage euch, bald werdet ihr des Menschen Sohn zur Rechten des himmlischen Vaters sitzen und ms den Wolken des Himmels kommen sehen. Da zerriß der Hberpriester wüthend sein Kleid und schrie: Er hat Gott ge- ^ßert, was brauchen wir noch Zeugen, ihr habt die Lästerung gehört — was sagt ihr dazu? Er ist des Todes schuldig er- ^utc es von allen Seiten! Ohne eine Erklärung über seine N°rte zu fodern erklärte man ihn des Todes schuldig und zwar ^stimmig, denn die Zeugen und Kläger waren zugleich Richter, ""d die Richter waren Zeugen und Kläger. 10 * « « « « 1fl8 Betrachtung. Wer aus uns, meine Lieben, schaudert nicht zurück vor ei¬ ner Gräuelscene, wo das Laster über die Tugend triumphirt, wo über die reinste Unschuld das Todesurtheil gesprochen wird? Betrachten wir nur in etwas die höllische Bosheit und Unge¬ rechtigkeit der Feinde Kesu. Sie hatten schon früher in einer im geheim gehaltenen Versammlung den Tod des Unschuldigen beschlossen, und das aus keinem andern Grunde als aus Rach¬ sucht: Was sangen wir an, sprachen sie, dieser Mensch thnt viele Wunder, lassen wir ihn so fort machen, so werden Alle an ihn glauben. Sein Tod war also schon beschlossen, und sie ver¬ hüllen nur den grausamen Beschluß ihrer diebischen Versammlung hinter den Schein der Gerechtigkeit. Sie stellen ein öffentliches Gericht auf, und thun als ob sie mit Zesu nach dem Gesetze verfahren wollten. Aber sie suchen Beweise auf, die ihnen die Rachsucht einflüstert, sie berufen Zeugen, deren Niederträchtigkeit bekannt ist, und die sie leicht bestechen können. Und was brin, gen sie wider Jesum vor, für wen geben sie einen Menschen aus, der alle seine Schritte mit Wohlthaten bezeichnet, da überall die reinste Wahrheit gelehrt hatte, der die Sanftmuth, Geduld, Demuth, Liebe und Heiligkeit selbst war? Für den ruchlosesten Bösewicht geben sie ihn aus, für einen Störer da öffentlichen Ruhe^, der eine andere Regierung einsührcn und sich zum Könige aufwerfen will; für einen Gottlosen, der das Gesetz Moses verachtet und sogar den Tempel zerstören will, für einen Gotteslästerer, weil er der Wahrheit Zeugniß gegeben, und durch einen feierlichen Schwur bekräftiget hatte, daß er der Soh" Gottes,sey. — Von seinen öffentlichen Wunderthaten schweige" sie mit Vorbedacht, diese wünschen sie in tiefe Vergessenheit P begraben, weil sie für ihn zu laut das Wort redeten, und un¬ trügliche Beweise der Heiligkeit seines Lebens und seiner Gott¬ heit waren. Kann man sich aber wundern, daß diese Ankläger und Rechter zugleich keine Rechtschaffenheit und Gerechtigkeit ken¬ nen? Nein, nicht im mindesten, von den schändlichsten VonU- theilen eingenommen, von der schwärzesten Rachgierde angetne- ben, war es ihnen leicht alle Schranken der göttlichen und uicuNb- lichen Gerechtigkeit zu überschreiten, und den Heiligsten und llu- schuldigsten zum Tode zu vcrurtheilen. 1-19 Anwendung. Doch warum ereifern wir uns über die Klager und Richter Jesu, da wir um nichts besser sind; da ihre Bosheit gewisser¬ massen die unsrige ist? Jene brachten falsche Zeugnisse, Lügen Md Verleumdungen wider Jesum vor, und wir Christen thun gewöhnlich dasselbe an der Person unseres Mitmenschen. — Die iible Nachrede, die Verleumdung ist ein nur zu allgemeines La¬ ster. Man macht sich wenig oder gar kein Gewissen daraus dem Mitmenschen etwas seiner Ehre Nachtheiliges aus Bosheit anzu¬ dichten, oder etwas, das man für wahr hält, das aber falsch ist oder seyn kann, andern mitzutheilen, um so den Nächsten der Verachtung und dem bösen Urtheile auszuseßcn. Und der Grund dieses schändlichen und ungerechten Verfahrens liegt, so wie bei den Juden, gewöhnlich in einer geheimen Leidenschaft, diese ist richt selten eine ausschweifende Rachsucht, die man aus dem Wege der Verleumdung am leichtesten und sichersten befriedigen zu können glaubt. Denn sobald man Böses mit Bösen vergel¬ ten, oder auch nur eine eingebildete Beleidigung seinem Mitmen¬ schen rachsüchtig fühlen lassen will, so greift man seine Ehre an, indem man alles, was man von ihm und wider ihn weiß, was ihn in den Augen anderer herabwürdigen, eine üble Meinung von ihm erzeugen könnte, an das Tageslicht zieht, es mag wahr vdcr nicht wahr bekannt oder nicht bekannt seyn. — Oder es ist der Grund der Verleumdung ein schändlicher Neid. Man sicht mit schelem Auge, wie die Pharisäer an Jesu thaten, man scht mit schelem Auge auf die Verdienste seines Mitmenschen, auf stin wachsendes Ansehen, auf den guten Erfolg seiner Unterneh¬ mungen, auf seine Elücksgüter, ja sogar auf seine Lugenden und Vollkommenheiten hin, und weil man nicht das ist und das nicht bchßt, was er ist, was er besitzt, so sucht man ihn von seiner Höhe zu stürzen, ihm wenigstens den Genuß seines Glückes zu verbittern. Zu diesem Ende bemüht man sich, seine Verdienste iu verkleinern und in ein schiefes Licht zu stellen, seinen Tugcn- een unreine Beweggründe unterzulegen, seine glücklichen Unlcr- fchmungen für ein fiemdes Werk auszugcben. — Oder die Quelle der Verleumdung ist auch ein falscher Eifer für die gute ?uche. Und dieser falsche Eifer ist am meisten zu fürchten, denn s lchadet der guten Ehre des Mitmenschen desto mehr, je mehr >-» » W IöO er sich unter dem Scheine der Frömmigkeit und Liebe zur Wahr¬ heit zu rechtfertigen weiß. — Mit einem frömmelnden Gesichte, in einer bedächtlichen ruhigen Sprache, in einem sanften gelasse¬ nen Tone, macht man oft eine Bemerkung über diese oder jene Schwachheit, diesen oder jenen Fehltritt des Mitmenschen und schadet ihm auf diese Art mehr, als wenn man ihn in der grö߬ ten Hiße, im heftigsten Zorne gelästert hatte, denn in dies» Falle zieht man sich doch wegen des leidenschaftlichen Wesens ei¬ nigen Verdacht der Ungerechtigkeit zu, im ersten Falle aber gibt die gute und fromme Außenseite dessen, der da wider den Näch¬ sten redet, der Sache einen Anstrich von reiner Wahrheit, und desto bleibender ist darum der Eindruck der Verleumdung. - Auch ist eine Quelle der Verleumdung eine abscheuliche Tadel¬ sucht. Manche Menschen haben schon so eine unselige Gemüths- art, daß sie von andern nichts Gutes reden können, daß ft nicht ruhen und rasten, sondern immer etwas suchen und nach ihrer verkehrten Einbildung auch gewiß etwas finden, woran ft ihre Sucht zu spotten, zu tadeln und zu verleumden befriedigen. Andere hingegen besitzen einen sträflichen Leichtsinn und eine Un¬ bedachtsamkeit im Reden, nach welcher sie weder Zeit noch flr! noch Personen berücksichtigen, sondern alles herausgeben, was ft wissen; die Verschwiegenheit, die in gewissen Fällen Pflicht und christliche Tugend ist, ist ihnen ganz unbekannt, darum glauben sie ohne Scheu alles entdet^n zu dürfen, was ihren Mitmen¬ schen betrifft, es mag nun wahr oder nicht, löblich oder nicht löblich für ihn seyn. Endlich ist sogar eine blosse blinde Abnei¬ gung gegen eine Person, die Quelle der Verleumdung. — Die¬ ser Mensch gefällt mir nicht, heißt es? und wenn man fragt, warum? Ich kann es selbst nicht sagen, ist die Antwort, er hat mir nie etwas zu Leide gethan, aber ich kann nichts Gutes von ihm denken. Und dieses blinde ungerechte Urtheil ist nn» die Vcranlassang zu allen dem, was man dann bei Gelegenheit Nachtheiliges über einen Menschen sagt, der nicht gefallen will, ohne daß man weiß warum. — Aus solchen und ähnlichen gifti¬ gen und trüben Quellen fließt die Verleumdung — wir können daraus von selbst auf ihre Schändlichkeit schließen, um so mehr, wenn wir auf den Widerspruch sehen, in welchem wir mit »»" selbst stehen, so oft wir Uebles von andern reden. Wir halte» ja doch die Ehre für das größte unter den natürlichen Gütern, 151 Wahr- esichte, zelasse- er jene n und gröft dieseni i ns ei- r gibt Näch- , und l- - tadel- >üthS- >ß ft nach in ft Sigem lln- Lri is ft und mbc« men- mA buci- Zic- ugt, , er l,B nun iheit rill, isti- incu ehr, uns lten NI/ nur sind am empfindlichsten wenn dieses unser Gut verletzt wird, das sagen wir nicht nur, sondern wir geben es bei jeder Gele¬ genheit in der That zu erkennen; denn wird unsere Ehre verletzt, so regen sich sogleich die unangenehmsten Empfindungen in uns — hie meisten Menschen und Jedermann der nicht selbst freiwillig alles Ehrgefühl erstickt hat, will lieber sein Vermögen als seine Ehre verlieren, warum? weil sie so ein unentbehrliches Gut ist, dabei sehr schwer erworben und behauptet und noch schwerer her- gestellt wird, wenn es Schaden gelitten hat, denn der gute Na¬ me gleicht einem Spiegelglase, den der leiseste Hauch verdunkelt — und doch werden vieljährige Erfahrungen und strenge Prüfungen erfodert um sich dieses so leicht verletzbare Gut, den guten Na¬ men nämlich, zu erwerben, und im Besitze desselben sich zu be¬ haupten. Demungeachtet halten wir es vermöge eines Wider¬ spruches, der sich fast nicht begreifen aber auch nicht entschuldigen läßt — für eine geringe oder gar keine Sünde dieses Gut, die Ehre an anderen zu beflecken oder gar ihnen dieselben vollkom¬ men zu rauben. Heißt aber das richtig schließen? Entweder müssen wir unsere Grundsätze in Bezug auf die Ehre aufgeben, oder unsere Strafwürdigkeit und Ungerechtigkeit gestehen, derer mir uns in Bezug auf die Ehre des Mitmenschen schuldig ma- chm. -- Doch nicht allein dann sind wir straffällig, wenn wir selbst die Ehre anderer durch Verleumdung zu Grunde richten, Ladern auch dann, wenn wir der Verleumdung Gehör geben, mie wir aus den folgenden Betrachtungen entnehmen werden. Zweiter Theil. Daß es, wie wir gehört haben, unter den Anklägern Je- s" so ehr- und gewissenslose Menschen gab, daß sie durch die Echtsten Lügen und Verleumdungen sich an der reinsten Un¬ schuld vergreifen konnten um sie zu verderben, das — erscheint wis ohne Zweifel als eine Bosheit, die um Rache gegen den aimmel schreit. — Daß wir aber unter den Richtern Jesu, dc- ^li von Gott selbst Macht und Gewalt gegeben war, Gerech- ^ffeit zu handhaben, und die verfolgte Unschuld zu schützen — "ß wir unter diesen Richtern Menschen sehen, welche vielmehr ^'cit waren die wider Jesmn erdichteten Klagen und Verlcum- ">ngen gefällig anzuhören, die Frechheit niederträchtiger Zeugen zu billigen, zu begünstigen und zu ermuthigen — das ist « Bosheit und Ungerechtigkeit, die man mit keinem genug schäd¬ lichen Namen belegen kann. — Indessen machte sich vorzüglich Kaiphas einer solchen Ungerechtigkeit schuldig in der Sache de- Heilandes und in Ansehung der wider ihn gebrauchten Zeug», Kaiphas sähe wohl, daß die Zeugen sich in ihren Aussagen of¬ fenbar widersprachen, daß ihre Klagen wider Jesum sich nur mf Betrug und Lüge gründen; es war ihm hinlänglich bekannt, in wessen Namen sie redeten, wessen Diener und Anhänger sie wären, daß sie von den Feinden Jesu gedungen und bestochen seyen, den Unschuldigen zu unterdrücken und zu verderben.- Als Obcrpriester, als höchster Richter hätte Kaiphas diese Nie¬ derträchtigen zu Schanden machen und sie mit der gerechten Stra¬ fe belegen sollen; allein, das that er nicht nur nicht, sondern« suchte solche Bösewichter selbst auf, hörte sie mit Wohlgefallen an, begünstigte sie und schlug sich auf ihre Seite. — Und wa¬ rum Lhat er dieses? — Weil er an der Rachsucht der Phari¬ säer und Schriftgelehrten, der Glieder des hohen Rathes Aii- theil nahm, weil er mit den Juden, die wider Jesum waren, m Einverständnisse war, weil es ihm Freude machte den unschuldi¬ ge Heiland auf was immer für einem Wege, auch aus dem un¬ gerechtesten zu verderben. Das gab er darum am deutlichsten zu erkennen in dem Augenblicke als Jesus von ihm frcierlich beschworen und gefragt, ob er der Sohn Gottes sey — der Wahrheit Zeugniß gab und es bejahte. Kaum hatte Kaiphs dieses Geständniß vernommen, so zerrieß er wie wüthend sein Kleid, um so Zorn und Erbitterung in den übrigen Anwesenden rege zu machen; er fragte sie um ihre Meinung, um sie zu nö- thigen, der seinigen vollen Beifall zu geben. Anwendung. So sehen wir also an Kaiphas einen Mann, der als Obcr- priester und höchster Richter alle Verleumdungen, welche dir Bosheit wider Jesum vorbrachte, nicht nur gefällig angehöetc, sondern durchaus billigte, und selbst das feierlichste Bekennt^ der Wahrheit zum Untergange des Unschuldigen mißbraucht Gibt es aber nicht auch Christen, die in diesem schändlichen Be¬ tragen den Kaiphas nachahmen, sobald es sich um die Ehren- 155 rcttung ihres Mitmenschen handelt? Leider gibt es derlei Chri¬ sten nur gar zu viele, obschon sie sich es nicht gestehen, obschon sie ihre Ungerechtigkeit und Straffälligkeit nicht erkennen wollen. Denn, ein Urheber der Verleumdung seyn oder von seinem Mit¬ menschen alles Böse und Schändliche reden und ausbreiten, das heilt man im gemeinen Leben wohl noch für ungerecht und Sün¬ de; aber der Verleumdung Gehör geben, ihr nicht Einhalt thun, sie nicht nach Strenge rügen — das meint man wäre ein geringer inid leicht verzeihlicher Fehler. Ich sage aber, daß man sich ohne den Nächsten selbst zu verleumden, durch die blosse Anhörung der Verleumdung schwer versündigen kann, und daß wenn es Ungerechtigkeit ist die gute Ehre anderer angreifen, es nicht we¬ niger Ungerechtigkeit sey die angegriffene fremde Ehre nicht schu¬ hen, denn in diesem Falle hat man die Pflicht, das Wohl des Mitmenschen nach Kräften zu befördern, welche Pflicht uns Gott anferlegt hat, versäumt, das Geboth der Liebe unerfüllt gelas¬ sen, und sich somit an dem ganzen Gesetze, wie der h. Apostel Jakob sagt, versündiget, weil das Geboth der Liebe, die Fülle des Gesetzes ist. Mas verlangt nun die Liebe von jenem, der seinen Mitmenschen verleumden höret? Die Liebe verlangt daß er der Verleumdung durch Wort und That Einhalt thue. Um nun dieses besser zu verstehen müssen wir vorzüglich einen dreifachen Stand unterscheiden, sowohl in Ansehung dessen, der die Verleumdung vorbringt als jenes, der sie.anhört, näm¬ lich einen Stand des Vorzuges, einen Stand der Gleichheit und einen Stand der Abhängigkeit. Ist man in einen Stande des Vorzuges, d. h. ist man angesehener und mächtiger, als der, der die Verleumdung vorbringt: jo wuß man sich seiner Macht und seines Ansehens bedienen, um den frechen Reden Einhalt zu lhun, man muß dem Verleumder ausdrücklich erklären, daß man dergleichen ungerechte Ausfälle auf die Ehre des Mitmenschen "icht billigen, und daher durchaus nicht dulden könne. — Lebt nian aber in einem gleichen oder gar in einem niedrigem Stan¬ de, als jener, der über feinen Mitmenschen Uebles redet, so hat zwar nicht jenes volle und kräftige Recht, dem Verleum¬ de geradehin zu widersprechen, sich ihm öffentlich und nachdrück- "ch zu widersetzen, aber man kann und soll ihn in einem gelas¬ sen Tone verständigen, daß man das Gesprochene nicht billigen, "ran nicht Lheil nehmen könne; oder man kann das Gespräch »»»» 154 unvermerkt abrechen und auf andere nützliche, die Aufmerksam¬ keit reihende Gegenstände leiten; oder man kann das der Ebn des Nächsten Nachtheilige durch liebreiche Entschuldigungen mil¬ dern und zudecken, eine andere schöne, liebenswürdige und voll¬ kommene Seite an ihm auffuchcn und zeigen, wodurch der ge¬ schändete Mitmensch gcrechtfertiget und sein Ansehen gescheh wird. Oder wenn schon albe diese Versuche nichts fruchten, so gebe man seinen Abscheu an verleumderischen Reden durch ein ernstes tiefes Schweigen zu erkennen, und entferne sich endlich vollkommen von einer Gesellschaft, wo das kostbarste natürlich Gut des Mitmenschen, die Ehre nämlich, schändlich mißbraucht B geplündert wird. — Das Alles fodert die Liebe, und erfüllen wir diese ihre Foderungen nicht, so machen wir uns vor Gott und unsern Ge¬ wissen der fremden Verleumdung schuldig, und ihre Bosheit mb Ungerechtigkeit fällt auf uns zurück. Denn die Sünden des Näch¬ sten werden nach dem Antheile, den wir dabei haben, unsere ei¬ genen Sünden, wir werden von diesen an sich fremden Ver¬ gehungen, eben so wie von den unsrigen Rede und Antwort ge¬ ben müssen vor dem ewigen Richter. Wenn man demnach die üble Nachrede anhört, d. h. sie ohne Noth, ohne Zwang, son¬ dern gerne und willig anhört, oder sie wohl gar billiget und unterhält, da man sie doch zurückweisen, bestreiten und vernich¬ ten sollte, so macht man eine fremde Sünde und Ungerechtig¬ keit zu seiner eigenen. Daher bedarf es bei solchen Anlässen, M die Ehre oder der gute Name des Mitmenschen durch boshnstc Verleumdungen gemordet wird, äußerst viel Behutsamkeit, und Aufmerksamkeit auf sich selbst, und man muß die schöne wohl- thätige Flamme der Nächstenliebe um so eifriger zu belebe», und zu unterhalten suchen, je mehr sie in Gefahr ist durch dc" Strom der Verleumdung ausgelöscht zu werden. So haben vir uns denn vor der Strafwürdigkeit des Verleumders, als auch dessen der die Verleumdung willig anhört und ihr nicht EinM thut, so weit überzeugt, um das schändliche Betragen des eine» so wohl, als des andern vom Herzen verabscheuen zu können-" und ich setze noch hiezu: Sollte der giftige Zahn des Verleum¬ ders unserer eigenen Ehre nicht schonen, sondern sie zu vernich¬ ten suchen, dann wollen wir auf Jesu Hinsehen unser erhaben¬ stes Vorbild im irdischen Leben, wir wollen in seine FuWW 155 treten, uns dcmüthi'gen und nicht mehr von uns selbst holten, als was wir vor Gott und unserm Gewissen sind. Klagt uns dieses an, so erkennen wir unsere Schuld und Strafwürdigkeit m Gott und tragen dann geduldig die Last, die wir uns selbst achebürdet haben; ist aber das, wodurch boshafte Menfchen msern guten Namen zu untergraben suchen, erdichtet und grund¬ los, rechtfertiget uns darüber unser Gewissen, so begnügen wir Ws nach dem Beispiele unsers Heilandes die Wahrheit gerade¬ hin anzugeben, und wenn diese kein Gehör findet, geduldig zu schweigen in der festen Ileberzeugung, daß der, der die Her¬ zen und Nieren der Menschen prüfet, unsere Unschuld verfechten, nnd sic dereinst gewiß in ihrem Glanze werde auftreten lassen. Amen. LV. »Welchen soll ich euch los geben, den Barabbas oder Christus? — und sie antworteten, — den Barabbaö.« Math. 27, 17. 22. Eingang. 3ssus war, wie wir letzthin gehört haben, vom Kaixhas und dem hohen Nathe als Gotteslästerer des Todes schuldig erklärt nwrden. Indessen durfte das jüdische Volk, weil es unter römi¬ schen Herrschaft stand, keine Todesstrafe vollziehen, ohne vorläu- sige Untersuchung und Genehmigung des römischen Landpflegers, sicher dazumal Pilatus war. An diesen mußte man daher den tmits verurtheilten Jesus abliefern und die Bestätigung des Ur- thcils sammt der Vollziehung desselben abwarten. Damit aber flatus desto gewisser dahin gestimmt werden möchte, Jesum für ^"ldig erklären, und ihn dem Tode zu übergeben, so gab wan ihm denselben nicht als Gotteslästerer an, denn da hätte Püatus die Sache als eine Religionssache von sich ablehnen kön- sondern man klagte den Heiland bei ihm als einen Staats- l'^brechcr an, der das Volk verführe, sich wider den Kaiser auf- und nach der Königswürde strebe. — Allein Pilatus der ""sicr dachte, und den Haß der jüdischen Priester und Gesetz- 156 lehrer wider Jesum kannte , so wie das Ansehen, welches sich dieser durch seine Wunder bereits erworben hatte, — MM wäre froh gewesen, wenn er sich mit einer gerichtlichen Untersu¬ chung in der Sache des Heilandes gar nicht hätte befassen dür¬ fen, darum gab er den Juden zu verstehen, sie möchten ihn nach ihren Gesehen richten. Diese aber, die mehr Macht nicht hatte«, als einen Uebelthäter geißeln zu lassen; Jcfum aber doch durch¬ aus zum Lode verurtheilt wissen wollten gaben zur Antwort: ES sey ihnen nicht erlaubt Jemanden um das Leben zu bringen. Pi¬ latus mußte also die Sache des angeklagten Jesus übernehmen, Er gab sich viel Mühe den Heiland zu retten, erklärte ihn öf¬ fentlich und bis auf den letzten Augenblick für unschuldig, und gab, da er noch immer Hoffnung hatte ihn dem Lode zu ent¬ reißen, er gab dem jüdischen Volke die freue Wahl: ob es dm Barabbas einen berüchtigten Meuterer und Mörder, — oder dm unschuldigen Jesus frei lassen wolle; denn es war Sitte, um daS Lsterfest herum auf Begehren des Volkes einen Gefangenen loS zu lassen. Allein das Volk wollte den Barabbas frei haben, und fodcrte die Hinrichtung Jefu. — Und dieses gottlose Betrage« der Juden soll uns heute Gelegenheit geben, von der Bosheit und Strafe der Sünde zu reden. Die Juden setzten den Sohn Gottes einem verächtlichen Geschöpfe, einem Mörder nach, — darin besteht die Bosheit der Sünde; sie machten sich dadurch des Blutes des Sohnes Gottes schuldig, das ist die Strafe dcr Sünde. Und wir — wir setzen Gott ebenfalls den Geschöpfen und unfern Leidenschaften nach, das ist die Bosheit der Sünde, — wir treten dadurch das für uns vergossene Blut des Sohnes Gottes mit Füssen, und fodern die göttliche Gerechtigkeit zur Rache auf, das ist.die Strafe der Sünde. Dieß ist der Gegenstand meines heutigen Vortrages und Ihrer geneigten Aufmerksamkeit Erster Theil. (Geschichte). Der Landpfleger Pilatus hatte also auf das stürmische Be¬ gehren dcr jüdischen Priester und Gesetzlehrer Jesum vor das Ge¬ richt gezogen, und ihn über die betreffenden Klagepunkte befragt Jesus aber verantwortete sich mit soviel edler Freimüthigkeit als bewunderungswürdiger Ruhe und Gelassenheit, so, daß cs dein scharfsichtigen Pilatus nicht entgehen konnte, der Grund, aus dein 157 « « « « M auf die Verurteilung dieses Angeklagten so ungestüm dringe, sky bloße Rachsucht. Darum nahm er auch auf die ungegründe¬ ten Klagen weiter keine Rücksicht, und erklärte dem Volke öffent¬ lich, daß er keine Schuld an dem Menschen finde. Indessen konnte er doch als römischer Staathaltcr die Klage, daß Jesus, sich für einen König ausgebe, nicht ohne strenge Untersuchung lassen, da¬ rum nahm er Jesum mit sich in den Pallast und fragte ihn da besonders: ob es wahr sey, daß er sich für einen König der Ju¬ den ausgebe? Und Jesus entgegnete ihm hierauf: sein Reich sey nicht von dieser Welt; denn wäre mein Reich von dieser Welt, sprach er, so würden meine Unterthanen für mich gestritten Ha¬ ien, da sich der jüdische Rath meiner bemächtigen und mich un¬ terdrücken wollte; so aber thaten sie es nicht, weil mein König¬ reich nicht von der Art weltlicher Staaten ist. Du redest aber doch von deinem Königreiche, bist du denn also ein König, fragte Pilatus? So ist es, versetzte Jesus, ein König bin ich. Ich iin dazu geboren und auf die Welt gekommen, daß ich durch meine Lehren, Thaten und Schicksale der Wahrheit Zeugniß gebe, ihr unter den Menschen Ansehen verschaffe und durch sie herrsche; Zeder der die Wahrheit liebt und sucht ist mein Unterthan. — Wahrheit wiederhohlte Pilatus, du sprichst viel von Wahrheit, was ist sie aber? Somit ließ er Jesum im Pallaste stehen, ging M der zahlreichen Versammlung die draußen wartete, zurück, und sagte im ernsten Tone: Ich finde kein Verbrechen an dem Manne. Als die Juden sahen, daß sie Pilatus nicht nach Wunsche auf ihre Seite bringen konnten, so fingen sie neuerdings an Je- als einen Aufwiegler anzuklagen, und zu behaupten: er mache Volk mit seiner Lehre unruhig, durch ganz Zudenland von Galiläa bis hieher. Kaum war aber den Juden das Wort Ga- Mli entfahren, so ersähe sich Pilatus, der nicht Muth genug hatte die Unschuld zu schützen, seinen Ausweg. Er fragte, ob Je- ein Galiläer wäre, und da man es bcjahete, so beschloß er ^ieich Jesum als einen galiläischen Unterthan sammt dem Be¬ uchte über den ganzen Hergang der Sache an den Vicrfürsten ^ii Galiläa, den Herodes abzuschicken, der sich wegen des Oster- bßcs gerade in Jerusalem cinfand. — So kam also der arme ichou vor den dritten Richterstuhl zu stehen. — Wir übcr- ^'>i, was sich hier Alles mit ihm zngctragcn, und merken nur an, daß Herodes, da er schon viel Grosses und Wunder- 156 bares von Jesu gehört hatte, seine Freude bei dessen Anblick nicht verbergen konnte, um so mehr, da er ein Wunder von ihm zu sehen hoffte, welches aber Jesus, um die eitle Neugierde eines Fürsten zu befriedigen nicht thun wollte, und überhaupt auf alle an ihn gestellten Fragen ein tiefes Schweigen beobachtete. Eben dadurch aber zog er sich die Verachtung und den Spott des He- rodes und seiner Hofleute zu. Herodes gab ihn für einen Blob- sinnigen aus, ließ ihm aus Hohn ein weißes königliches Kleid anziehen, und schickte ihn in dieser Tracht dem Pilatus zurück mit der Anzeige: er sehe es für eine Gefälligkeit an, daß nm ihm Gelegenheit verschafft habe den Beklagten zu sehen, übrigens aber finde er an ihm Nichts was den Tod verdient hätte, und glaube ihn durch diesen Schimpf genug gestraft zu haben. So kam also der unschuldige Jesus mit Verachtung und Hohn beladen wieder zu seinem ersten Richter zurück, zur größten Bestürzung des Richters selbst. Eine ungeheuere Menschenmenge hatte sich abermahls vor dem Richthause versammelt; Priester, Gesetzlehrer und Volk, Alles drang mit neuem heftigen Unge¬ stüme in Pilatus, das über Jesus als einen Ausrührer und falschen Messias ausgesprochene Urtheil zu bestätigen und vollziehen zu lassen. — Heiter und ruhig stand Jesus wieder vor seinem Richter, mit derselben Freimüthigkeit und Würde beantwortete er die neuerdings an ihn gestellten Fragen, und aus seinen Ant¬ worten ging nichts hervor, was man für ein Staatsverbrecher, und ihn des Todes schuldig hätte erklären können. Pilatus er¬ schien darum zum 2ten Male auf der Altane und redete, die nach dem Blute Jesu dürstende Menge an: Ihr habt dielen Menschen, sprach er als einen Aufwiegler und Verführer des Volkes zu mir gebracht; ich habe ihn in eurer Gegenwart ver¬ hört, und finde keines von dem Verbrechen an ihm, wegen derer ihr ihn anklaget, und auch Herodes fand keines an ihm, will ihn also züchtigen lassen, und dann frei geben. Pilatus war zwar keineswegs der Meinung, als ob Am» die Strafe der Geißlung verdient hätte, aber um seine Ankläger nicht zu sehr zu beschämen, schlug er eine gelinde Strafe vor, um ihn desto leichter mit dem Tode verfchonen zu können. Asn» aber schwieg wahrend dieser Zeit, bezeugte über die guten 6c- sinnungen des Pilatus keine Freude, und eben so wenig Unrub- über die Wuth seiner Feinde. Indessen machte Pilatus den j"^ len Bei Ak, Gesang Pilatus ter Mi lachte: würde wcit gi firn Ui lnngsv Zesu. - Pilatm Ak, für del Mart soll ich rinstim rasete wirst verheiß ein nn - Jl licht < heil v rr ihn stchkeil thiget Wen ker st las st hat Volke Mit l war s lein b 159 « « « « Anblick on ihm e eines uf alle Eien s He- Md- Kleid Ml? ! man 'igenS , und ! and ößten nenge ester, lnp vnd iehen inm le er Slnt- iher, cr- die estn deS »ec- erer ich sus scv er, sne je- >l>c e>- j len Versuch Iesum zu retten. Es war nämlich Sitte, daß das Uk, so oft das Osterfest eintrat, um die Loslassung eines Uangenen bitten und Gewährung der Bitte erwarten durfte. Pilatus stellte nun einen Gefangenen, Namens Barabbas, der dcr Meuterei und des Mordes überführt war, neben Iesum, und dachte: die Wahl zwischen dem Schuldigsten und Unschuldigsten würbe eine ganz leichte Sache seyn, denn wer sollte wohl so mit gehen, einen des Todes schuldigen Misfethäter der offenbar- stm Unschuld vorzuziehen.' So dachte Pilatus, allein sein Ret- lmigsverfuch scheiterte an der Rachsucht und Wuth der Feinde Zein. — Welchen von beiden soll ich euch frei geben, fragte Pilatus? — Den Barabbas! rief das aufgereitzte und verblendete Volk, wie aus einem Munde, und nicht eine Stimme erhob sich siir den unschuldigen Jesus. — Pilatus, erstaunt über den un¬ erwarteten Erfolg seines gutgemeinten Vorhabens, fragte: Was soll ich denn mit diesem Jesus machen? Kreuzige ihn! schrie alles einstimmig! — Was hat er denn Uebles gethan? und das Volk rasete und tobte und schrie desto wilder: Kreuzige ihn! — Betrachtung. O verblendetes und boshaftes Volk! den Sohn Gottes ver¬ tust es, den Herrn der Herrlichkeit, den vor Jahrtausenden verheißenen, und sehnlichst erwarteten Messias — und zieht ihm em nichtswürdiges Geschöpf, einen berüchtigten Misfethäter vor! - Ihr König war Jesus wirklich, aber die Juden nahmen ihn "echt an, und warum nicht? weil er ihnen das Licht der Wahr¬ st von Himmel gebracht, sie aber die Finsterniß liebten, weil " ihnen ein vollkommeneres Gefeß verkündet, das aber ihrer Sinn- i^lsit nicht behagte, weil er den Stolz der Pharisäer gcdemü- ^iget und ihre Heuchelei entlarvt, weil er durch seine Wunder¬ taten ihren Unglauben beschämt hatte — darum rüsteten sich Neid und die Rachsucht wider ihn, darum erbitterte man "v Volk wider den Heiligsten und Unschuldigsten. — Niemals Jesus der Sohn Gottes eine tiefere Schmach von einem ^lkc erlitten als bei diesem zweiten Gerichte vor Pilatus. — ''"t Varabbas einem Räuber und Mörder verglichen zu werden, lchon eine Demüthigung, vor der man zurückschaudert, aber Räuber und Mörder nachgefctzt zu werden, ist eine Schmach und eine Ungerechtigkeit, die nicht erfaßt werden kann, die ei unmöglich macht die Bosheit der Feinde Jesu mit einem genug schändlichen Namen zu bezeichnen.' — Anwendung. Indessen wollen wir uns nicht selbst schmeicheln, meine Lie¬ ben, uns nicht unnütze Vorwürfe wider die Juden erlauben, fe¬ dern die Aufmerksamkeit auf uns selbst richten, und gestehen, daß wir gegen Gott eben so boshaft und strafbar uns benehmen, so oft wir uns zu einer schweren Sünde verleiten lassen, irik das jüdische Volk sich gegen den Sohn Gottes benahm, da e» sich verleiten ließ, ihm, den Mörder Barabbas vorzuziehen. Dem was ist wohl die Sünde anders, als eine freiwillige Entfernung von Gott, eine schändliche Hintansetzung seines h. Willens, und eine verletzliche Anhänglichkeit an die Geschöpfe? — Wenn wir schwer sündigen, so verlassen wir Golt, und warum? Der eine wegen einer sinnlichen Lust, der andere wegen eines zeitliches Vortheils, der dritte wegen einer eitlen Ehre, der vierte wegen einer sonstigen schändlichen Leidenschaft. — Werden nun auf diese Art nicht vergängliche Dinge, nichtswürdige und verächtliche Ge¬ schöpfe, dem Schöpfer aller Geschöpfe vorgezogen? Die Ent¬ schuldigung, daß, wenn man auch schwer gesündiget hat, man doch nicht sogar böse gedacht habe Gott vorsetzlich seiner Lei¬ denschaft und den Geschöpfen nachzufetzcn — diese Entschuldi¬ gung ist leer und nichtig. Denn soviel ist gewiß, daß wir nicht sündigen können ohne das Böse, was wir auszuüben Willens sind, als Böse einzusehen, wenn wir aber das Böse einsehen und es ungeachtet des göttlichen Verbothes doch thun: so geben wir offenbar zu erkennen, daß wir Gott vorsetzlich beseitigen nut unserm eigenen verkehrten Willen Genüge leisten wollen.—bg also, heißt es, weg mit diesem heiligen Gott; er ist ein zu har¬ ter Herr, als daß wir ihm dienen sollten, der Weg seiner Gc- bothe ist zu dornig und zu schmal, wir müssen uns einen la¬ tern und breitern suchen, die Welt verspricht uns ein angcuck- meres Leben, man darf sich in ihrem Dienste nicht so viel Gr- walt anthun, sie richtet sich nach unfern Neigungen, befried^ alle unsere Lüste, gibt uns volle Freiheit nach unserm Gefall m leben, und zu handeln. Liese, die Welt also soll unser Gelt sie Sii rorsetzli Mer nachfetzt Ä sur sil achtsam misten die nie aus üb Reiz di reift. R er auf sich tet, da lichen in alle hingen hat kc als die ligstcn, fall, der G der C gescheh Nichtig Leshn und h, unendl folglich Sünde Engeln ersten das ir tcs u Folge, »Ufern aber c se Kei 161 b'e Sinnlichkeit unser Gesetz seyn. Das ist die Denkungsart des Wirkliche» Sünders. — Daran erkennen Sie seine Bosheit, nach Mer er Gott seinen höchsten und heiligsten Herrn allem dem iichsetzt, was seine Sinnlichkeit federt. Man versündiget sich zwar oft sehr schwer, doch geschieht eS W selten aus Bosheit, sondern mehr aus Uebereilung und Un¬ achtsamkeit. Zn dieser schonen Entschuldigung suchen wohl die misten Sünder ihren Trost. — Wahr ist es, ich sage auch, daß sie meisten Menschen mehr aus Leichtsinn und Uebereilung als aas überdachter Bosheit sündigen, weil sie entweder der starke Reiz des Lasters, oder eine bereits vorhandene Gewohnheit hin- mßt- Was folgt aber daraus zur Entschuldigung des Sünders? R er darum weniger strafbar, weil er weniger Wachsamkeit auf sich selbst und mehr Aufmerksamkeit auf die Leidenschaft rich¬ tet, daß er da, wo er zeigen soll, wie sehr er Gott allem Sinn¬ lichen vorziehe, daß er gerade da Gott am ersten vergißt und in allem Sinnlichen nachsetzt? — Die Leidenschaft hat mich da- hmgcrissen? — traurig und strafbar genug, daß man es dahin hat kommen lassen, daß die Hitze der Leidenschaft stärker ist, als die Ehrfurcht und Liebe gegen Gott, den Höchsten und Hei- bgstcn, dem wir alles zu verdanken haben, der uns alles seyn soll. Daraus leuchtet eben die Abscheulichkeit der Sünde und dar Grad ihrer Bosheit ein. Doch was sage ich, die Bosheit da Sünde leuchtet uns nie vollkommen ein, denn damit das Mehe, müßten wir die ganze Grösse Gottes und die ganze Nichtigkeit der Geschöpfe kennen, wir müßten einsehen, daß die Bosheit der Sünde eben so groß sev, als Gott groß, gerecht "ad heilig, mit einem Worte vollkommen ist; nun ist aber Gott "Endlich, unsere beschränkte Vernunft kann ihn nicht erfassen, ^iglich auch die Grösse der Beleidigung nicht, die ihm durch die 6iw.de zugefügt wird. Soviel wissen wir, daß die Sünde aus E"geln Teufel gemacht, daß sie den Stand der Unschuld des ^ste» Menschen ganz vernichtet, ihn und seine Nachkommen in Verderben gestürzt bat, daß sie die Seele der Gnade Got- und des ewigen Lebens beraubt, daß um ihre schrecklichen zu tilgen der Sohn Gottes selbst Blut und Leben hin¬ dern mußte. —- In so weit kennen wir die Bosheit der Sünde, (Mz kennen wir sie hierueden nicht; indessen sollte uns die- Kenntmß genug seyn, sie auf das sorgfältigste zu fliehen, ge¬ ll 162 nug, daß wir wissen daß die Sünde eine Entfernung von Eott dem höchsten Zwecke, eine Hintansetzung seines h. Willens ist, Wir wollen nun auch die Strafe der Sünde kennen lernen im zweiten Theile. (Geschichte). Wir haben gehört, daß das jüdische Bolk von Pilatus die Loslassüng des Varabbas, dagegen die Kreuzigung Jesu begehrt hatte. Nach einer damaligen grausamen Sitte aber wurde der Verurtheilte vor seiner Hinrichtung noch gegeißelt. — Pilatus als wäre er entschlossen Iesum hinrichten zu lassen, ließ ihn Wirk¬ lich von den römischen Soldaten geißeln — der Anblick des so sch Mißhandelten wird doch die Barbaren rühren — dachte Pilatus, stellte Iesum auf eine erhabene Treppe und zeigte ihn dem Volke, wie er zitternd vor Fiebcrfrost, blutend am ganzen Körper, ver¬ spottet, verhöhnt, mit todtenbleichem Antlitze, mit fast verlosche¬ nen Augen da stand — und da ließ ihm Pilatus durch eine« Gerichtsdiener den rothen Spottmantel, in dem er eingewickelt war, von dem zerfleischten Leibe herabreißen, das Blut quoll aus tausend Wunden hervor und färbte den Boden auf welchen Ze- sus stand. — O sehet doch einen Menschen, rief Pilatus wehmn- thig aus! — Sehet, wollte er fügen, wie grausam er mißhan¬ delt ist, an dem ich keine Schuld gefunden habe. Was soll ich noch nach dieser schmerzlichen Züchtigung mit ihm vornehmen? Doch siehe! auch dieser Rettungsversuch des Pilatus war frucht¬ los; nichts konrtte die barbarischen Herzen zum Mitleide gegen Iesum bewegen — mit übertäubender Stimme schrien sie: Ge- kreuzigct, gekreuziget soll er werden! — wenn du ihn frei stellst, so bist du des Kaisers Freund nicht, denn jeder, der sich M Könige aufwirft, empört sich wider den Kaiser. — Bei dieser Drohung erbebte Pilatus- im Innersten der Seele; er kannte die mißtrauische Gemüthsart des Kaisers Tiberius, und füchtete dessen Gnade zu verlieren. Darum gab er den Juden nach und that den richterlichen Ausspruch: Jesus soll gekreuziget, Barabbas frei- gelassen werden. — Doch um sein Gewissen von dem ungerechten Ilrtheilsspruche wenigstens vor den Menschen zu reinigen, läster sich ein Gefäß mit Wasser reichen, wäscht sich die Hände und lagt mit lauter Stimme: Ich bin unschuldig an dem Tod- dieses Gerechten, möget ihr cs verantworten. — Sie aber riese» L 65 M gräßlichem Geschrei: Sein Blut komme über uns und un¬ sere Kinder! Betrachtung. Wohl ein gräßliches Geschrei, wohl eine Verwünschung, die mr nicht ohne Schciuder und Entsetzen hören können! denn sie heißt soviel als: wenn dieser Mensch so unschuldig, so gerecht ist, als du ihn glaubest, wenn er Gott gleich und Gott selbst ist, wie man dafür halt: so wollen wir, da wir auf seinen Äod dringen, alle Ungerechtigkeit, die dabei begangen worden ist, zu verantworten haben, und ihre schrecklichen Folgen sollen nicht mr uns, sondern auch unsere Kinder und Kindcskinder, alle un¬ sere Nachkommen treffen, man soll mit uns und unfern Nach¬ kommen, wie mit Gottesmördern verfahren. — Wie sehr auch diese schauderhafte Verwünschung sich an der jüdischen Nation er- Me, und noch immer erfüllt, brauche ich nicht erst in das Licht j» setzen; wir kennen das beweinungswürdige Schicksal Jerusa¬ lems und seiner Einwohner, wir selbst können uns überzeugen M schwer der rächende Arm der göttlichen Gerechtigkeit an dem israelitischen Nachkommen laste; — ohne eigenen König, ohne Wtze, ohne Vaterland irren sie in der weiten Welt herum Md tragen gleichsam sichtbar die Brandmale des Eottesmordcs, drn ihre Voreltern auf sie geworfen hatten. — Zn ihrer Blind¬ heit erwarten sic noch immer ihren Messias, den sie schon vor achtzehn Jahrhunderten an das Kreuz geschlagen hatten und die- is schreckliche geistige Blindheit wird fortdauern, bis der gekrcu- Me Messias als Richter erscheint, um seines unschuldig ver¬ streuen Blutes wegen gerechte Rache zu üben an seinen Fein¬ en Und Mördern! — Anwendung. Damit wir nun auf uns kommen, meine Lieben! und aus dieser Betrachtung eine heilsame Lehre für uns ziehen, so ist es ^iß, daß auch wir uns des Blutes Jesu Chreste schuldig ma- und somit die Strafen der göttlichen Gerechtigkeit auf uns ^den, so ost wir freiwillig eine schwere Sünde begehen. Denn durch da§ des Sohnes Gottes, weiches zum.Heile des 1L * 16 r ganzen Menschengeschlechtes und also auch zu unserm Heile ge¬ flossen ist, durch dieses kostbare Blut sind wir von der Schuld und Strafe der Sunde gcrciniget und mit Gott ausgcsöhvt worden. Sobald wir uns nun freiwillig durch eine Todsünde verunreinigen, so verachten und schänden wir jenes thcure Blut des Erlösers, treten es mit Füssen und fodern die göttliche Ge¬ rechtigkeit zur Rache über uns auf. Und diese gerechte Rache er¬ eilt frevelhafte Sünder gewiß, wenn nicht in diesem, so in dem andern Leben, aber gewöhnlich schon in diesem auch. Oder ist das Elend, womit Gott nicht selten ganze Völker, wie einzelne Menschen Heimsucht, sind grausame Kriege, Pestartige Krankhei¬ ten, schreckliche Hungersjahre, unglückbringende Naturereignisse, sind das nicht sichtbare göttliche Strafen der Sittenlosigkeit und Gottvergessenheit, die in diesem oder jenem Volke eingcrissen Hut? Sind Armuth, Verachtung, Verfolgung , plötzliche Todesfälle, md Unglück aller Art, das bald Familien, bald Einzelne trifft, find das nicht gerechte Züchtigungen Gottes und Folgen eines aus¬ schweifenden lasterhaften Lebenswandels? Viele und die meisten Uebel schreiben wir zwar der Bosheit der Menschen oder eiM tückischen Ungefähr zu, da sie doch, wenn man sie näher betrach¬ tet, offenbar Strafen eines heiligen und gerechten Gottes sind Man wird zwar einwenden: diese Wahrheit, sey nicht so ausgemacht, denn man trifft Sünder an, die im Ueberflusst, geehrt und gefürchtet leben, denen alles nach Wunsche geht, die bei allem Lasterleben glücklich sind oder glücklich scheinen? - Ich will cs nicht in Abrede stelle», es gibt solche glückliche Sün¬ der, aber hören wir was der h. Augustin darüber spricht: Wenn, sagt er, derlei Sünder auch von keiner zeitlichen Strafe wissen, so werden sie doch einer ewigen nicht entgehen. Ihre größte Strafe hienieden ist aber eben diese, daß Gott ihrer schont, daß er sie nicht einmal einer Strafe würdig findet. Warum? weil ec sie in einer Blindheit des Verstandes und einer Verstockung dcS Herzens läßt, die alle Hoffnung einer Sinnesänderung auflM, und sie zu einer beharrlichen Unbußfcrtigkeit führt. Suchte sie Gott mit einem Unglücke heim, so würde er sie aufrütteln auS dem tödtlichen Sündcnschlafe, sie würden der Irrwege gewähr werden, auf welchen sie ihrem Verderben entgegen eilen, umzukehren suchen auf den verlassenen Weg der Lugend. So aber har die Welt für sie immer dieselben Reize, schmeichelt immer ihre" Neigungen, stillet alle ihre Begierden, hält sie mit eisernen Ban- lm in ihrem Dienste fest, und wiegt sie in einen so festen To- tcsfchlaf ein, daß nur noch ein Wunder der Gnade Gottes sie baraus zu wecken im Stande wäre. Wie lhöricht ist es daher, Mini man sich über Menschen, wundert, die bei dem schändlichsten Leben doch emporkommen, groß, mächtig und angesehen schei¬ nen, — wenn man sich da wundert und sagt: Gott siehet die¬ ses Alles und duldet cs! — Ja er duldet es, aber er duldet es nach dem Rathschluffe einer schrecklichen Gerechtigkeit; denn er nist solchen Sündern dasselbe Wehe zu, wie den ephraimitischen Volkern: Wehe der hoffärtigen Krone, der Trunkenen von Ephraim: wehe! den Ehrsüchtigen die nur bcräuchcrt und an- gcbethct werden wollen, wehe den Wohllüstigcn, die nur für Be¬ friedigung ihrer Begierden sorgen, wehe den Geizigen, die nur Schätze auf Schätze häufen, denn sie thun cs in ihrer Trunken¬ heit, d. i. in ihrer blinden Liebe zur Welt, in ihrer Gleichgül¬ tigkeit gegen Gott, und stürzen auf diesem finstern Wege in den Abgrund, in den Abgrund einer ewigen Verwerfung. Denn da ße das Blut des Sohnes Gottes, wodurch sie gereiniget und vom Verderben erkauft worden sind, verschmähen, schänden und mit Füssen treten, so wird auch dieses Blut die göttliche Ge¬ rechtigkeit wider sie waffnen und sie verdammen. Was sollen nun wir thun, meine Lieben, damit das Blut dcs Sohnes Gottes uns nicht anklage und verdamme am Tage des Gerichtes? — Reue, Gcnugthuung und Besserung des Lebens find die Mittel jenem schrecklichen Unglücke zu entgehen. — Wahre Reue über so viele begangene Sünden, so viele Gott zu- flstiigte Beleidigungen —- Genugthuung oder möglichste Gutma- chung des verübten Bösen, Besserung des Lebens, oder ausrich- tige und standhafte Sinnesänderung für die kommenden Lage, die uns die Langmuth Gottes schenket. Unter diesen Bedingun¬ gen wird das Blut unscrs Herrn und Erlösers Jesu Christ: , Elches vom Kreuze herab für die Sünden der Welt geflossen ist, Elches an unfern heiligen Altären täglich dem erzürnten Vater aufgcopstrt wird, — dieses theure geheimnisvolle Andenken des Wahnes Gottes, das wir im heiligen Altarssakramente anbcthen, nicht zum Verderben gereichen, sondern uns reinigen von allen 'flecken der Sünde, uns aussöhnen mit dem ewigen Vater, und uns Recht auf dem Besitz seines Reiches verschaffen. Amen. v. »Da nahmen sie Jesum und führten ihn hinaus; und er trug scin Kreuz an den Ort hinaus, den man die Schedelstätte nennt.« Joh. 19, 16. 17. Eingang. wir uns ans der letzten Betrachtung zu erinnern wissen, hatten die Feinde Jesu dessen Lodesurtheil von Pilatus ausgc- wirkt, und nun orangen sie sogleich auch darauf, daß der Decur- theilte als Gotteslästerer und Volksverführer noch vor dem E111- tritte des Osterfestes hiugerichtet werden sollte. Pilatus misste ihnen auch hierin nachgeden, und ertheilte daher einem unterge¬ benen römischen Hauptmanne den Befehl Jesum sammt zweien (andern) Missethatern kreuzigen zu lassen. Demnach wurde Ze- sus von dem Platze, wo das Gericht gehalten ward, weggerisscn, und als ein zum Kreuzestode Verurtheilter nach damaliger Ge¬ wohnheit mit dem Kreuze beladen, das er selbst nach dem strte der Hinrichtung tragen mußte. — So nähert sich also der Solni Gottes allmählich dem Altäre,' auf dem er als Opfer für die Sün¬ den der Welt geschlachtet werden sollte. — Wir wollen ihn Haiti auf diesem seinem Todesgange betrachten, und ihm Schritt für Schritt im Geiste nachfolgen. Doch nein nicht im Geiste nur, sondern auch in der Wirklichkeit und in der Lhat wollen wir dem kreuztragcnden Heilande nachfolgen; der Zweck der Betrach¬ tung, die ich heute mit Ihnen über den leidenden Heiland an- stellen will, ist wenigstens der, Ihnen zu zeigen, daß auch wir das für uns bestimmte Kreuz, willig auf uns nehmen und dm Heilande Nachträgen sollen, weil er uns unter dieser Bedingung nur unter seine wahren Jünger zählen will. Wer mir Nachkom¬ men will, sagt er, der nehme sein Kreuz auf sich und folge nur nach. Unter dem Worte Kreuz, verstehen wir nun Alles, wn§ uns von Seite unserer Natur, von Seite der Welt, oder von Seite Gottes als Prüfung oder Strafe Unangenehmes, Beschwer¬ liches und Leidenvolles aufgelegt wird. Von verschiedener M iß folglich das Kreuz, das Zeder aus uns zu tragen hat; dauul wir es nun willig und zu unscrm Heile tragen möchten, st ich, während ich in der Betrachtung Jesum mit dem Kreuze 167 L «c<« vowngchen zeige, von unserer Seite die Pflicht und die Leich- lizkcit unser Kreuz zu tragen, darthun. Das ist also der Gegen¬ stand unserer Betrachtung und Aufmerksamkeit. Erster Theil. (Geschichte). Noch stand Jesus, als der römische Landpflegcr Pilatus das Ädesurtheil über ihn aussxrach, in der purpurnen Königsklcidung ba, als ein Gegenstand des mildesten Gespöttes, des frechesten Mnthwillens, für Juden wie für Heiden. Kaum aber hatte man die Bestätigung des Urthcilcs vernommen, so zog man ihm den lsnrxurmanlel aus, nahm ihm den Stab, der den Zepter ver¬ stellte aus der Hand, und ließ ihn wieder seine Kleider anziehen; Mann belud man ihn mit dem Kreuzbalken, an welchem er ver¬ bluten sollte, und führte ihn zur Richtstätte außerhalb der Stadt auf einen Hügel nämlich, den mau Golgatha oder die Schedel- Dte nannte. — Der Zufammeulauf des Volkes, als Jesus nut fciuem Kreuze beladen durch die Strassen der Stadt nach den Ort der Hinrichtung zog, war unbeschreiblich groß; denn die Hin¬ richtung Jesu fiel eben in die Zeit des Osterfestes, wo in- und ausländische Juden von allen Gegenden nach Jerusalem strömten, ohnehin mar aber die Vorzeit des Festes absichtlich zur Abstra- sliiig grosser Verbrecher bestimmt, damit das versammelte Volk Zange scyn, ur.d vor ähnlichen Verbrechen abgeschrcckt werden möchte. So mußte denn der unschuldige Jesus gleich dem grö߬ ten Verbrecher der sündhaften verdorbenen Welt zur Schau, sei¬ nen Todesgang antreten. — Priester, Gesetzlehrer, Soldaten, Gerichtsdiener und eine unübersehbare Menge Volkes zog vor und hinter Seiner, und gewährte den Anblick eines Leichenzuges, m°bei Himmel und Erde trauerten, und die ganze Schöpfung in ihrem Innersten erbebte. Nur der Mensch, der verderbte Mensch, dieses elende Geschöpf erbebte nicht beim Anblicke seines Schöpfers, ^r für ihn in den schimpflichsten Tod ging. Man lästerte, schlug und stieß den entkräfteten Heiland hin und wieder, so daß er den schweren Kreuzbalken mehr zu schleppen als zu tragen ver¬ mochte. Doch, ich vergesse, daß nicht lauter Unmenschen Jesum auf seinem Todesgange begleiteten, es fanden sich unter den Be¬ reitern und Zuschauern dieser gräßlichen Scene einige Frauen Jerusalem, denen das harte Schicksal des Heilandes nahe 16L ging: sie sahen ihn durch vorausgcgangcne Misshandlungen ga,g abgcmattct und entstellt, dennoch schweigend und geduldig mit tcr schweren Last einherwankcn und seiner Lvdesmartcr entgegen gehen, — sic konnten sich bei diesem Anblicke der Thronen nicht enthal¬ ten , und Huben ein zärtliches Wchcklagen an. — Bei den stnien mochte es wohl nur Wirkung eines natürlichen Mitleides, bei Andern des Nachdenkens über seine Verdienste und sein jetzig unwürdiges Schicksal gewesen seyn, und bei Vielen war cs ach ohne Zweifel die Wirkung der Erinnerung an so manche Wohl- thaten, die sie, oder die ihrigen ihm zu danken hatten. Jesus überhörte bei seinen eigenen Leiden die Stimme dcj Mitleidens nicht, ihn rührten die aufrichtigen Thränen dieser gu¬ ten Seelen, — cr blickte daher zurück und sprach: Meine Loch- ter! weinet nicht über mich, sondern weinet vielmehr übet cch selbst und eure Kinder! — Damit wollte Jesus, der doch selch über den Lod des Lazarus geweint hatte — die Frauen »ich tadeln, daß sie sich seinen Lod zu Herzen nahmen, aber aufmerk¬ sam wollte er sie machen, daß sie über ihn nicht wie über eim Menschen weinen sollten, der gleichsam wider seinen Willen leite und indessen Macht es nicht stehe, diesen schimpflichen Lodcsgaug zu verhindere!; sagen wollte er ihnen: Wenn ihr erkennen wur¬ det, was unter meinem gehcimnißvollen Lode verborgen liegt, l» würdet ihr nicht so viel über mich als über euch selbst und eure Kinder weinen, — wenn ihr wisset, welch' schreckliche Rache die göttliche Gerechtigkeit an euch und eucrn Nachkommen mciuck Todes wegen nehmen werde, so würdet ihr cinsehen, daß ihr Ur¬ sache habet recht bitterlich über euch selbst zu weinen. Denn cS wird für euch eine schreckliche Zeit der Angst und Noth kommen; wo ihr aus Verzweiflung rufen werdet: Ihr Berge stürzet ein auf uns, und ihr Hügel bedecket uns! — Lage des Schreckes werden über euch einbrechen, und eine Bedrängniß, dergleichen sst Erschaffung der Welt bis auf diese Zeit noch keine war. -- 2" diesen Worten des Heilandes lag nämlich die Prophezcihung vom Untergange Jerusalems, wobei über eine Million Menschen durch Schwert und Hunger aufgerieben wurde, und die verzweifelt^ Einwohner wünschten, daß die Erde sich öffnen und sie verschliß gen, oder die Berge über sie einsturzcn und unter ihrem Schutts begraben möchten. — Zn diese Schreckenszeit ließ also Zesue tue weinenden Frauen hinausblicken, und um es ihnen mit größrck-> 169 Nachdrucke an das Herz zu legen, wie sehr sie Ursache hatten aber sich selbst und Ihre Nachkommen zu weinen, setzte er hm-u: Run wenn das am grünen Holze geschieht, was wird erst dem dürren widerfahren! —- d. h. wenn der ewige Vater mich seines aqcncn Sohnes nicht geschont hat, wenn ich, der ich als un¬ schuldig für die Sünden der Welt Bürgschaft leiste, mich so^grau- sMM Leiden unterziehen muß, was haben nicht erst die L-chul- hgcn die wirklichen Sünder zu fürchten. — Weinet also Thrä- mi der Busse und Thronen der Furcht über die bevorstehenden Strafgerichte Gottes. Während Zosus so zu den mitleidigen Frauen redete, näherte man sich dem Kalvarienberge, allein seine Kruste waren ganz erschöpft, er erlag unter der Last des Kreu¬ zes, und sank fast mit jedem Schritte zu Boden. — Seine wil¬ den Peiniger singen an zu befürchten, er mochte dieser Entkräf¬ tung wegen an der Richtstätte nicht anlangen, und durch einen beschleunigten Tod einem Tode zuvorkommcn, an besten Schänd¬ lichkeit und Grausamkeit sich ihre Augen weiden wollten. — Diese boshafte Besorgniß also, nicht Mitleid war es, warum sie einen gewissen Simon von Eyrcne anhiclten, und zwangen Zelu das Kreuz abzunehmen und an die Richtstätte hinan zu tragen. Mil Beihülfe dieses Mannes langte man endlich mit dem ent¬ kräfteten Heilande auf Golgatha an, wo auch die beiden Mör¬ der die mit Jesu hingerichlel werden sollten, mit ihren Kreuz- Mle» aiigekvmmen waren. So sehen wir also hier meine Lieben! den wahren Zsaak, kvn welchem der Sohn Abrahams ein Vorbild war, so sehen M Jefum den wahren Zsaak, durch den alle Volker der Erde sollten gesegnet werden, mit dem Holze auf seinen heiligen schultern, mit dem Opferfeucr, das ihn verzehren soll, d. i. mit dan Feuer seiner unendlichen Liebe im Herzen, ankommen auf dem Tvdeshügcl, um sich da seinen himmlischen Vater zu opfern sür das Heil des gefallenen Menschengeschlechtes. Von zweien berüchtigten Missethatern mußte er sich auf seinem Opfergange begleiten lassen. — Er, der im ewigen Glanze seiner himmli¬ schen Herrlichkeit über alle Chore der Engel erhaben ist er dessen Namen sich alle Knie beugen derer die im Himmel «chs der Erde und unter der Erde sind der Heiligste, der ^mächtige, dem die ganze Schöpfung gehorchet, vor dem die isanje Schöpfung zittert, steht jetzt zwischen zweien Missethätern 170 um dem schimpflichsten Tod mit ihnen zu theilen. Doch so solch cs geschehen — damit die Schrift erfüllt würde, wo es heißt - er ist den Missethätern beigezählt worden. — Jesus trug ch das Kreuz, an welchem er uns erlösen sollte, selbst auf seüm heiligen Schultern, aber er trug cs nicht bloß darum, weil ihm selbes seine Feinde aufluden, sondern weil es der Wille des Va¬ ters war, und weil es der Sohn Gottes selbst tragen und mu ein Beispiel geben wollte, wie auch wir ihm mit unserm Kreuji nachfolgen sollten. — Anwendung. Die Nothwendigkeit und Pflicht unser Kreuz Jesu nnchi«- tragen ergibt sich demnach aus dem Beispiele Jesu selbst. — i-r ist ein Gerechter und wir sind Sünder, er ist ein Sohn ds Allerhöchsten und wir sind dessen Diener, er ist Gott selbst nab wir sind seine Geschöpfe. — Hat nun der Gerechte, der Sch des Allerhöchsten, hat Gott selbst sich der Kreuzeslast unlaj«- gcn, wie sollten wir boshafte Sünder, elende Knechte, ohuum- tige Geschöpfe uns daoon ausnehmen können? Wenn der cnch Vater des grünen Holzes — seines unschuldigen Sohnes niÄ geschont hat, soll er des dürren, soll er der schuldigen Die¬ ner schonen? Es ist freilich in Hinsicht der Nothwcndigstüt im¬ mer ein wesentlicher Unterschied zwischen der Kreuztragung Jia und der unfrigen. Der Heiland trug sein Kreuz nicht, weil er mußte, sondern weil er wollte, und diesen freien Willen mach! bei ihm erst die Liebe zu uns — zur Nothwendigkeit — aber, wir können unser Kreuz nicht nach einem freien Willen, sondern wir müßen es aus Pflicht tragen, wir mögen es mm gerne oder ungerne thun d. h. wir können dem, was unser Kreuj ausmacht z. B- einer Krankheit, der Armnth, der Verachtung, Verfolgung, andern Widerwärtigkeiten und Unglücksfällen nicht, wie wir wollten ausweichen, und uns eben so wenig, wie iri¬ schen in der ersten Betrachtung gehört haben, ein Leiden naö unferm Gefchmacke ausfuchen, sondern gerade das was Golt u»- zuschickt, müssen wir anuchmen, ohne zu untersuchen, ob nicht ein anderes für uns leichter wäre. Wenn wir aber auch Kreuz, dem wir nicht ausweichen können, wirklich auf uns ncb- men und tragen, so ist damit noch nicht alles gcthan meines« den! — des Leb Sache, end Ge ligkcir i niet sich anzuhar geraubt ßch cnu andern den N kncchtist sich nie! muß er mögen im So alle die Kreuz, Heu — ihrem - Liebe z sie cs Diesen ton Ze ter, o und de chcn A gen we bedecket euch ge Mag« rechten Meister verdien dinguu Lheil r als er crleicht vichl s 171 kn! — denn das Kreuz d. i. die Leiden und Widerwärtigkeiten lcs Lebens bloß tragen ist noch immer eine äußerst gleichgültige Sache. Die Sünder tragen ja auch, so gut als die Frommen und Gerechten ihr Kreuz, aber während es diese zu ihrer Se¬ ligkeit tragen, tragen cs jene zu ihrem Verderben. — Wie här- met sich nicht der Geitzige ab, durch die Sorge seine Schätze anzuhäusen, durch die Furcht, sie abnehmen oder von Dieben geraubt zu sehen? Wie quälet sich nicht der Hoffärtige, um sich emporzuschwingen und über andere zu herrschen, oder vor andern zu glänzen, wie bitter schmerzt es ihn, wenn man ihm dm Weihrauch der eitlen Ehre versagt, wenn er statt einer knechtischen Ehrfurcht — tiefe Verachtung ärndtet? Wie zehrt sich nicht der Wohllüstling in seiner unreinen Flamme auf, wie muß er es sich nicht gefallen lassen, Ehre, Gesundheit und Ver¬ mögen in die Schanze zu schlagen, des elenden Glückes wegen un Solde der Wohllust zu stehen? — Sehen Sie meine Lieben, alle diese tragen ihr Kreuz und zwar ein schweres unglückliches Kreuz, unter dessen Last sie mit Leib und Seele zu Grunde ge¬ hen — sie tragen cs also so, wie der linke Schächer, nicht zu ihrem Heile, sondern zu ihrem Verderben, weil sie cs nicht aus Liebe zu dem Heilande, sondern aus Liebe zu sich selbst sweil ßc cs nicht dem Heilande, sondern dem Teufel Nachträgen.) — Diesen konnte man wohl billig zurufen, was Jesus den Frauen kvn Jerusalem zurief: Weinet ihr unglücklichen Sohne und Toch¬ ter, o weinet über euch selbst, denn es wird ein Lag der Angst und des Schreckens für euch kommen, der Tag des fürchterli¬ chen Weltgerichtes, wo ihr zu den Bergen verzweiflungsvoll sa¬ gen werdet: Ihr Berge stürzet ein auf uns, und ihr Hügel bedecket uns. Denn der Heiland hat das Kreuz aus Liebe zu cuch getragen, ihr aber habet das eurige aus Liebe zu der Welt getragen — darum werdet ihr mit der Welt zu Grunde gehen. Ganz anders meine Lieben tragen die Frommen und Ge- rechtcn ihr Kreuz. Sie tragen es nämlich Jesu ihrem göttlichen Bister nach, weil sie wissen, daß sie selbes nur auf diese Art ^dienstlich tragen, daß sie der Heiland nur unter dieser Be- blngung als seine Jünger erkennen, und an seiner Seligkeit ^cil nehmen lassen werde. — Denn warum hat es der Heiland, er „ach Golgatha ging zugclassen, daß man ihm seine Last "lnchlrrte, und sein Kreuz einem andern auflud? Hätte er sich «einer Wunderkrast bedienen, seine erschöpften Kräfte bele- 172 bcn, und so das Kreuz selbst den Berg hinauf tragen kbnm? Oder hatte er nicht von seinem himmlischen Vater einen Engel zur Unterstützung verlangen dürfen? — Ja das stand alles», seiner Macht, allein das Kreuz, das er trug war nicht bloß baj Seinige sondern auch das Unfrige, wir sollten cs mit ihm und ans Liebe zu ihm tragen, darum ließ er es zu, daß ihm ein Mensch Simon von Cyrene beigesellt wurde. — So hat G Jesus das Kreuz zuerst auf seine eigenen Schultern aufgeladcn, und cs dann auf die unsrigen hinüber gelegt, als ob ec sage» wollte: Sehet, das ist jetzt euer Antheil, suchet weiter keinen andern, denn es ist der Antheil aller meiner Jünger und der Auscrwähltcn. Weil cs also für uns Pflicht und Nothwcndig- keit ist unser Kreuz d. i. die verschiedenen Leiden und Wider¬ wärtigkeiten des Lebens zu tragen, so bemühen wir uns wenig¬ stens unser Kreuz verdienstlich zu tragen, welches bann geschieht, wenn wir es mit demüthiger und dankbarer Ergebung gegen Gott tragen, der uns gewiß nur aus Liebe Leiden und Priisuii- gen znschlckt. Denn diese sind das sicherste Mittel der sicherste Weg, der uns zur Seligkeit zu Gott unserm höchsten Gut« führt. Weil wir aber so halsstarrig sind, daß wir uns diese Wahr¬ heit nicht zu Herzen nehmen wollen: so tragen wir zwar uns auferlegte Kreuz, aber wir tragen es wie die Galeerenskla¬ ven, die man an die Galeere angcfcsiclt hat, und sie dann mit Härte und Gewalt zur Dienstbarkeit und Arbeit antreibt. — So trug Simon von Cyrene das Kre. z Christi; man mußte ihn na¬ halten, ihm befehlen, ihn zwingen, und so tragen auch wir na- ser Kreuz, daß uns Gott zu unserm Heile aufgebürdet hat, nur gezwungen, indem wir uns auf alle mögliche Art bemühen, e- abznschütteln. Wenn wir aber unser Kreuz so tragen, niciue Lieben, so werden wirbeln nicht nachkommen, weil wir cs nW mit Ergebung tragen, und so bald diese fehlt, so ist auch einer bis an's Ende ausharrenden Geduld keine Rede, die aber doch unumgänglich nothwcndig ist, wenn wir zur Herrlichkeit u»- sers göttlichen Herrn und Meisters gelangen wollen. Wer seinem Kreuze nicht bis auf den Gipfel des Berges gekommen das heißt, wer cs nicht bis auf den letzten Augenblick des Lcbeu-' geduldig getragen har, der hat sein Ziel nicht vollkommen er¬ reicht, folglich kann er auch nicht gekrönt werden, denn der PG- ro » » » 175 können? Engel alles vß taS )M uiid hm cin at ol!« elaben, ' sage« keim nd dcr enbig- Lidee- venig- chieht, g''gcn uifuii« chcrste M« ?ahr> : bn^ >sklo- ilii! So on- un- niir > >cine lichl oon obet UN' ! mit isl, j en§ cr- -ci^ I Md nur für den Sieger aufbewahrt, man ist aber nicht eher Sieger, bis man nicht den allerletzten Kampf standhaft und glück¬ lich ansgekämpst hat, und da muß man sich freilich Vieles, Vie¬ les festen lassen. Damit wir nun bei unserer Kreuztragung die Mr schwer aber zu unserm Heile unumgänglich nvthwcndig ist len Muth nicht sinken lassen, — so wollen wir jetzt noch diese limiztragung von ihrer leichten und angenehmen Seite kennen Wen, im zweiten Theile. Wann meine Lieben, wird uns die Last unseres Kreuzes leicht lmkvmmen? — Dann, wenn wir das Kreuz, welches wir tra¬ gen nicht eigentlich als das Unsrige, sondern als das Kreuz Christi onsehcn; dann, wenn wir bedenken, daß wir dieses Kreuz nicht allein, sondern mit Jesu tragen, und daß wir mit dem Kreuze Lcsu nicht vorangehen, sondern ihm Nachfolgen. — Wir müssen also unser Kreuz als das Kreuz Christi ansehen, so wird es uns laicht und gering vorkommen. Das gibt uns Jesus selbst zu ver¬ stehen: Mein Loch ist süß, sagt er, und meine Bürde leicht — A'hmet mein Joch auf euch. Math. 11, 29. Jesus biethet uns Eo sein Joch sein Kreuz an, nachdem er zuerst das Unsrige ge¬ trogen hat, er will, daß wir an seinen Leiden Thcil nehmen sol¬ len, weil er unsere Leiden und Schmerzen auf sich genommen hat, er hat unser Joch, welches ein Joch der Knechtschaft und Bit¬ terkeit ist, getragen, und nun dringet er uns sein Joch auf, wel¬ ches ein Joch der Herrschaft und Süssigkeit ist: er sagt es ja: ">cin Joch ist süß, nehmet es auf euch, so werdet ihr Ruhe sin¬ ken für eure Seelen. Math. 11. Wenn wir also wahrhaft Schü¬ lp Zesu sind, so tragen wir eigentlich nicht unser Kreuz, sondern ^0 Kreuz unseres Herrn und Meisters Jesu Christi, — und die¬ ser Gedanke soll uns schon aufmuntern, es mit willigen und leich- teen Herzen zu tragen. — Hätte der arme Simon von Cyrcne, 'G der h. Chrisostvmus, — hätte er gewußt, daß das Kreuz, Elches man ihn zu tragen zwang, das Kreuz des Weltheilandes, Kreuz seines' Erlösers, seines Schöpfers, und seines Gottes hätte ihm Gott die Augen geöffnet, daß er die grossen und ^>onen Früchte wahrgcnommen hatte, die aus diesem anbe- Mgswürdigen Kreuze erblühen werden — 0 so würde Simon »»»» 174 « « « « von Cyrene dieses Kreuz Mit Begierde ergriffen haben, er Hütt! sich nicht bitten, nach weniger zwingen lassen es zu tragen, sondern vielmehr hätte er gestritten um die Ehre, um das GM dieses kostbare Holz auf seine Schultern laden zu dürfen. - Der einzige Gedanke: das Kreuz, welches ich tragen soll, st ja nicht das Kreuz eines Missethäters, sondern des Unschuldig¬ sten, Gerechtesten und Heiligsten — das Kreuz meines Gottes, meines Schöpfers und Erlösers — dieser einzige Gedanke, mü¬ de ihn schon entzückt und beseliget haben. — Nun meine Lieber, wir befinden uns ja auch an der Stelle des Simon von Cyrene — aber was er nicht einsah, das sehen wir ein, wir wiser, daß das geistige Kreuz, welches wir tragen das Kreuz Zest Christi ist, wir kennen den Werth und die Früchte desselben,- sollen wir es also nicht mit Bereitwilligkeit, mit entzückender Freude ergreifen, und mit leichtem Gemüthc tragen können un¬ ser Kreuz, da es eigentlich das Kreuz unseres Erlösers ist? w so leichter sollen wir es tragen können, da es uns Jesus selbst tragen hilft. — Was ist denn unser Leiden im Vergleiche mit dem Leiden Jesu Christi? Wie groß war nicht sein Leiden in Hinsicht ans seine Unschuld und Heiligkeit? wie klein ist nicht unser Leiden mit Rücksicht auf unsere Sünden und Laster? — Wir sehen K- sum den Unschuldigsten von einem Jünger verrathen und al» Sklaven verkauft,^von dem Andern schändlich vcrläugnet, von den klebrigen treulos verlassen, — wir sehen ihn von einein Richterstuhl zum andern geschlept, fälschlich angeklagt, verleuin- det, gelästert, grausam zergeißelt, mit Dornen gekrönt, — M schimpflichsten Tode verurtheilt. — Das sind Leiden eines Un¬ schuldigen, eines Gottmenschen, — sind die unsrigen nicht cm leichter Schatten nur von den Seinigen? ist unser Kreuz nicht ein kleiner Splitter nur von dem Seinigen? Es wird aber K- mand einwenden: man muß die Schwierigkeit nicht nach der che, sondern nach den Kräften bemessen, — wir sind schwach und gebrechlich, und müssen darum oft der Last, die uns auserlczt wird, unterliegen. — Wahr ist es, sobald wir unser Kreuz allem tragen wollen, so werden wir es nicht einmal von der StelU rücken, aber es trägt ja Jesus selbst das Kreuz mit uns, st er cs dem Simon von Cyrene auf den halben Weg entgegen tragen hat, — wenn wir krank, arm, betrübt, verachtet, vec- )) v » » 175 « « « 6 .M sind, so ist Jesus in uns und mit uns, krank, arm, be¬ trübt, »erachtet und verfolgt, — er kennt alle diese Leiden, «il er sie selbst als Mensch getragen hat, und weil er diese Mn und auch unsere schwachen Kräfte dazu kennt, so unter- stükt er uns mit seiner Gnade, damit wir nicht erstiegene Kom- imt zu mir ruft er uns zu: kommet zu mir ihr alle, die ihr ml Arbeiten und Mühseligkeiten des Lebens beladen send, ich M euch erquicken, ich will euch die Last erleichtern. Wenn uns ckr bei unserer Kreuztragung Jesus unterstützt, so haben wir ja richt Ursache uns über die schwere Last zu beklagen. — Ich wirke zwar, sagt der h. Paulus, aber nicht ich allein, sondern die Gnade Gottes mit mir, ich vermag Alles, in dem, der mich stärkt. Endlich gehen wir auch mit unserm Kreuze dem Hei¬ lande nicht voran, sondern wir folgen ihm, und gerade das Me unfern Muth und unsere Kräfte beleben, und jede Schwie¬ rigkeit erleichtern. — Wenn ein Soldat seinen Fcldherrn vor¬ an sieht, an der Spitze der Gefahr, an dem Kampfplatze der Ehre — was? wird er zaudern, wird er sich bedenken und zu- riirkziehcn? nein, wenn er ein braver Krieger ist, seinen Feld¬ ern und den Ruhm liebt, so ist ihm kein Weg zu rauh, kein Graben zu tief, kein Berg zu steil, kein Feind zu mächtig, kein Kampf zu blutig — ihm — dem Feldherrn nach, ruft er be¬ geistert, ihm nach, mit ihm will ich streiten, mit ihm siegen "der fallen. — Sehen Sie meine Lieben! das thut ein irdischer Streiter einem sterblichen Anführer, einem vergänglichen Ruhme, Mr verivelklichcn Krone zu lieb! sollten wir geistige Streiter unserm ewigen göttlichen Anführer, einem ewigen Ruhme, einer vergänglichen Krone zu lieb nicht mehr thun können? Und smd wir nicht mit Jesu unserm göttlichen Heerführer durch weit f"gcre Bande verknüpfet, als der irdische Krieger mit seinem "chcheu Heerführer? Haben wir uns nicht gleich nach der Ge- ^rt unter die Fahne Jesu Christi begeben, haben wir ihm nicht '".^r h. Taufe den Eid der Treue"bis an das Ende des Lebens schworen? Haben wir uns als seine Jünger, als seine gei- mgen Streiter nicht verpflichtet, uns selbst zu verläugnen, un- Kreuz auf uns zu nehmen, und ihm damit nachzufosgen? ^are es nicht eine ewige Schande für uns, weichlich, furchtsam unthatig zu sevn, während Jesus unser Herr und Heiland Liebe zu uns, keine Beschwerden gescheut, sich keinen Leiden 176 «««L entzogen , und selbst den schändlichsten Tod nicht gefürchtet hnsi — O der liebenswürdige Heiland! er fodcrt nichts von uns, baj er nicht zuerst selbst gcthan und geleistet hätte. — Er sagt E gehet vor mir her, sondern er sagt, folget mir nach; er bestehn uns nicht, bahnet mir den Weg! sondern er spricht: betretet dri Weg, den ich euch gebahnt habe; er treibet uns nicht an: ma¬ chet den ersten Versuch, waget den ersten Angriff! sondern rr ruft uns zu, gesellet euch zu mir, streitet mit mir, sieget mit mir und theilet dann die Krone des Sieges mit mir! — Za liebreicher Herr und Meister, anbethnngswürdiger Heiland, Sch des ewigen Vaters! — wir wollen von dir nicht lassen, wo sol¬ len wir denn hingchen, du allein hast ja Worte des ewigen Le¬ bens, du bist der Weg, die Wahrheit und das Leben! wir wem deines Namens nicht würdig, wenn wir deiner nicht würdig zu no¬ ben suchen; nein der Weg, den du gegangen bist, soll für uns nicht zu schmal, nicht zu dornig seyn. — Du gehst uns ja voran, wir folgen dir, wir tragen dein Kreuz, wir tragen cs mit dir und aus Liebe zu dir! — unser Ruhm sey nirgends anders, als in deinem Kreuze. Amen. . VZ.' »Da sic an den Ort kamen, welcher Schedesstätte genannt wirt, kreuzigten sie Jesnm daselbst, sammt den Uebelthätern, den cuinr zur Rechten, den andern zur Linken.« Luk. 23, 33- Eingang. §6ir sind dem, für uns in den Tod gehenden Heilande bcrciü bis an die Richtstätte gefolgt. Hier an diesem durch ihn heiligten Todeshügel wollen wir denn etwas länger verwert und dem Geiste nach würdige Zuschauer zu seyn uns bemühen^ der letzten Trauerscene aus dem Leben und Leiden unscrs Erb- sers. — Sehr erschütternd fürwahr und so lehrreich, für Gerechten wie für den Sünder ist der Anblick eines sterben^ Gottmenfchen! — In verschiedenen Lagen des Lebens haben "v Zesum schon gesehen; im Garten Gethsemane, bei der Vcrcäth " m des lus ui tutens! «Krnc Macht nhabei tat! - Hcrz, su, lck kchabe muest lichsten Gaste »clchei markt - sei scheu t Lohn sich ir Allem ten st tcr gl mm gsttlii Lchul les S Hilisü ktoff trag ter ? Tod vir c bere mit c les ( !°de und Liebe tet ha!? ws, h«- ;t M ' bcW 'eter dki n: M- chcrn cr 'gct mil — Ä , Soha wo sol¬ zen d- e wäm zu im- is rich! von«, uit bir es, als wird, cmni icttitZ n ge- cilc^ m Erik c den enden ! ivir üth-'- «»»» 1-7 «««« ch des Judas, vor dem hohen Rathe, im Richthause des Pila- ,as und auf dem Kreuzwege haben wir schon an ihm unfern licbciiswürdigsten Retter, und unser erhabenstes Vorbild kennen Lernet — hier aber auf Golgatha, zieht er uns mit aller Macht feiner unendlichen Liebe an sich — hier gibt er uns das ichabenste Beispiel daß wir auch thun sollen, wie er uns gethan Hal! —> Wenn also meine Lieben sowohl Ihr Verstand als Ihr Herz, an den bisherigen Betrachtungen der Leidensgeschichte Ze¬ hn lebhaften Antheil genommen, wenn Sie Jesum als Ihren erhabensten Lehrer, als Zhren größten Wohlthäter, als Ihren muesten Freund, als Zhren liebenswürdigsten Bruder und zärt¬ lichsten Vater erkannt haben: so versammeln Sie sich heute im Geiste mit mir auf Golgatha um das h- Kreuz herum, an »elchem der, der uns alles ist und alles seyn soll, gebrand- markt mit tiefester Verachtung mitten zwischen zweien Mördern - sein heiliges Leben beschließt. — Da am Ende seiner irdi¬ schen Laufbahn im letzten schmerzvollen Kampfe müssen wir den Cohn Gottes schauen, damit uns die Worte des Apostels deut¬ lich werden, wo er sagt: Er war seinem Vater gehorsam in Acin — gehorsam bis in den Tod am Kreuze. — Za bis in lln Tod am Kreuze! — denn am Kreuze starb Jesus als Opfer ki' göttlichen Gerechtigkeit, weil er unsere Sünden auf sich ge¬ winnen hatte — am Kreuze starb er aber auch als Opfer der Mlichen Barmherzigkeit, weil er durch seinen Lod uns von der schuld und Strafe befreit, und uns das Recht auf den Besitz ks Reiches Gottes wieder erkauft hat. Und in dieser zweifachen Hinsicht wollen wir auch den Tod Zesu betrachten; weil aber der Kloss dieser Betrachtung zu reichhaltig für einen einzigen Bor¬ gst ist, so sey der Gegenstand unserer heutigen Betrachtung: kl' Lod Zesu —> ein Opfer der göttlichen Gerechtigkeit; den "d Jesu als ein Opfer der göttlichen Barmherzigkeit, wollen ö'ic am Schluffe der h. Fastenzeit beherzigen. Noch einmal fo- kre ich Sie auf, meine Lieben, versammeln Sie sich mit mir "'il einem demüthigen und zerknirschten Gcmüthe um das Kreuz Erlösers auf Golgatha! — Betrachten Sie Ihren mit dem ringenden Schöpfer im Gefühle einer aufrichtigen Reue, ""d vernehmen Sie als gebesserte Kinder, Worte der ewigen aus dem Munde eines sterbenden Vaters! 12 Erster Theil. Wie wir neulich gehört haben, so war man mit dem ent¬ kräfteten Heilande und den beiden MWthatern auf dem Richt- xlatze angelangt. Hier wurde nun Jesu foglcich der Trank ge¬ reicht, den man Verurtheilten vor der Hinrichtung zu geben pflegte, um ihre Sinne gleichfam zu betäuben, und sie so gegen die Schmerzen unempfindlicher zu machen. Jener Trank aber be¬ stand aus esfigsaurn Wein mit etwas Myrrhen gemischt — ein sehr bitteres Getränk. Jesuss der in jeder Hinsicht als Misse- thätec behandelt werden wollte, setzte es zwar an den Mund, aber da er zugleich den Lod des Kreuzes ohne mindeste Erleich¬ terung zu dulden beschlossen hatte, so weigerte er sich davon zn trinken. — Das Kreuz ward nun festgemacht, Jesus entkleidet und an dasselbe emporgehobcn; es wurden ihm zuerst die Hande an beiden Querbalken und dann die Füsse jeder besonders an den Stamm angenagelt. Auch die beiden Missethäter wurden ge- kreuziget, aber das Kreuz Jesu wurde absichtlich in die NM gestellt, damit er so nach menschlicher Absicht unter den Missc- thätern gleichsam der größte und strafbarste erscheine. — So hing also der Welterlöser am schimpflichsten Kreuzesholze in ei¬ nem Zustande des Lebens und Todes zregleich. Denn gckrcnzigct werden, sagt der h. Augustin, hieß nicht eines geschwinden Lode¬ sterben, es hieß längere Zeit am Kreuze leben, nicht um dm Lebenden das Leben zu fristen, sondern um den Lod zu verlän¬ gern, damit der Schmerz nicht so geschwind ein Ende nehme- In diesem fürchterlich schmerzhaften Zustande nun, öM der leidende Jesus seinen Mund und bethet zu dem himmliW Vater für seine Peiniger und Feinde: Vater, vergib ihnen, er, denn sie wissen nicht, was sie thun. — Während aber der Heiland für seine Feinde bath, verwünschten und lästerten ih" diese, gingen unter dem Kreuze vorüber, schüttelten Hohlfläche^ die Köpfe und riefen: Ei du Lcmpelzerstörer.' bist du Gotle» Sohn, so hilf dir jetzt selber und steige vom Kreuze hc>^ Besonders aber spotteten seiner die Vorsteher der PricstcNlW und sprachen im verächtlichen Tone: Andern hat er geholfen sich selbst aber kann er nicht helfen! — Sogar einer von te» Mördern stimmte den Lästerungen der Pharisäer und SostM bei: wenn du Messias bist, sprach er zu dem gekreuzigten ÄM » » » » 179 so rctte dich und uns. Den andere Mörder aber erkannte den M Kreuze hängenden Messias, den die Juden nicht erkannten, lind unwillig auf seinen Mitverbrecher, der die Spöttereien und Lästerungen der Feinde Jesu wiederholte — g-ab er ihm den ernsten Verweis: Du bist auch auf den Lod verurthcilt und fürchtest Gott nicht, und ist nicht unser Leiden gerecht? denn wir empfangen den verdienten Lohn unserer Missethaten — die¬ ser aber hat nichts verschuldet. Hierauf neigte er sich mit dem Haupte gegen den in der Mitte hängenden Jesus hin, und sprach von bitterer Reue durchdrungen, zugleich aber von einer himmlischen Hoffnung belebt: O Herr.' sey doch meiner einge¬ denk, wenn du in dein Reich kommest! — Jesus sah den reui¬ gen und bittenden Mörder mit liebesirahlendem Blicke an und gab ihm die trostvolle Versicherung: Wahrlich sage ich dir: Henle noch sollst du mit mir im Paradiese seyn! — O glückli¬ cher Mörder! den die Welt zum zeitlichen Lode verurthcilt, der Lohn Gottes aber ihn vom ewigen Tode^befreit — so hoch be¬ gnadiget und des ewigen Lebens versichert hat! — Zn wie vie¬ len heilsamen Betrachtungen seliger Mörder würdest du uns Ge¬ legenheit geben! — doch uns drängen andere Betrachtungen den Gang der Geschichte zu verfolgen. Unter dem Kreuze neben dem geliebten Jünger Johannes stand die Mutter Jesu. Sie sähe die gebcuedeite Frucht ihres keibes, ihren göttlichen Sohn sähe sie am schimpflichen Kreuze gleich einem Uebelthäter hangen und mit dem Lode ringen. Ein Schwert durchdrang ihre Seele, ein siebenfaches Schwert des Sckmerzes. — Aber auch Jesus schaute mit wehmüthigem bereits selchendem Blicke herab auf seine trostlose verlassene Mutter. Seine kindliche Liebe fand Worte des Trostes für die Mutter: Siehe, sprach er, indem er gegen Johannes hinblickte — siehe deinen Sohn! — Siehe Johannes, sagte er zu seinem Jünger mit einem Blicke auf Maria, siehe deine Mutter! Wahrlich, ^e so erschütternde als anbethungswürdige Trauerscene! Die M'tlichste Mutter steht unter dem Kreuze, und muß, so unbe- Meiblich auch ihr Schmerz ist, doch mit Standhaftigkeit ihren Etlichen Sohn, dieses unschuldige Lamm, das seinen Mund öffnet vor seinen Peinigern mit dem Tode kämpfen sehen; «nd der mit dem Tode ringende Sohn sorget noch vom Kreuze MH für seine geliebte Mutter, und gibt ihr dcn^geliebtesten 160 Jünger anstatt seiner zum Sohne. — Jndcß war Jesus schon bei drei Stunden am Kreuze gehangen; die Wuth seiner Feinde harte sich mit Hohnsprcchen erschöpft — und der Schmerz seiner Freunde und Geliebten war stumm geworden bei dem gräßlichen Anblicke des geduldig Leidenden — als plötzlich um Mittagszeit das Licht der Sonne erlosch und sich über den ganzen Erdkreis die dichteste Finsteruiß lagerte, die durch volle drei Stunden in ihrer ganzen Schauderhaftigkeit anhielt. Dieser außerordentliche Vorfall machte zwar die Feinde Jesu in etwas bestürzt, denn die Finsterniß ereignete sich zu einer ganz ungewöhnlichen Zeit, zur Zeit des Vollmondes und dauerte gerade in jenen Stunden, da Jesus am Kreuze hing. Allein das Außergewöhnliche dicscS Vorfalles konnte die Juden nicht zum Nachdenken bringen — sie verharrten in ihrer Verblendung und Verstockung. Die schau¬ derhafte Finsteruiß war allmählich gewichen und Jesus war schon sechs Stunden am Kreuze gehangen, immer heftiger wurden sei¬ ne Schmerzen, immer mehr nahm die Entkräftung zu, wo er sich auch immer hinneigte, fand er keine Hilfe; von Menschen keine Erquickung, von der Gottheit keinen Trost, keine Stär¬ kung ! — und in diesem schrecklichen Zustande war es, wo er mit angestrengter Stimme rief: Mein Gott, mein Gott! warm hast du mich verlassen!? — Zu gleicher Zeit fühlte er sich we¬ gen des häufigen Blutverlustes, den er im Garten Gethsemane, bei der Geißlung, bei der Krönung und Kreuzigung erlitten hatte, wegen der schrecklichen Ausspannung aller seiner Sehnen und Glieder, wegen den brennenden fieberhaften Schmerzen scinee Wunden, von einem heftigen Durste gequält und gab es mit kaum hörbarer Stimme zu verstehen: Mich dürstet! seufzte er- — Da lief ein Soldat, auf den Wink des römischen Haurt- mannes hin zu einem Gefässe, das mit Essig und Galle geM war, tauchte einen Schwamm in dieses bittere cckelhafte Getränk, befestigte den eingctuukten Schwamm auf eine Hyssopstange, hielt ihn Jesu an den Mund. Jesus befeuchtete damit die aus¬ gebrannte Zunge >— es war ja die einzige und letzte Labung für seinen gemarterten Körper! — Es ist vollbracht! sagtet mit erstorbener Stimme, nachdem er den bittcrn Trank gckoM hatte. — Es ist vollbracht, wollte er sagen das grosse müh¬ same Werk der Menschcncrlösung! — Wir Sünder sind von bcn> ewigen Tode gerettet, durch den schimpflichen Tod des SosM 1L1 SktteS. Noch einmal öffnete der sterbende Jesus sein verlö¬ schendes Äuge — mit liebestrahlendcm Blicke sähe er noch ein- M herab auf die Menschen seine durch ihn crlöseten Brüder, und dann himmelwärts zu dem ewigen Vater mit lauter Stimme, die sich bei einem Sterbenden natürlicher Weise nicht erklären läßt, rief er dann: Vater, in deine Hände befehle ich meinen Geist! — so neigte er sein Haupt — und verschied. — Kaum hatte Jesus seinen Geist ausgegcben: so wollte der himm¬ lische Vater ihn der ganzen Welt als seinen vielgeliebten Sohn ju erkennen geben, und zwar durch eine fürchterliche Enchütu- rmg, durch eine allgemeine Trauer der ganzen Schöpfung. — Zuerst zerriß der Vorhang des Tempels, der den Eingang m das Allerheiligste verhüllte, von oben bis unten mitten entzwei. Die Sonne wurde verfinstert und verbarg ihr blutrothe? Licht hinter dicbte Wolken, als weigerte sie sich das schrecklichste aus allen Verbrechen den Mord des Sohnes Gottes zu beleuchten. Die Erde bebte, als ob sie die schwere Last eines gekreuzigten Gottmcnschcn nicht tragen könnte; die Fellen sprangen - al? wollten sie die gefühllosen Menschen zum Mitlcide auffoderu und ihre Herzen erweichen — die Gräber öffneten sich die noblen stiegen aus ihren Grüften hervor als hätte sie die klagende Stimme des sterbenden Gottes aus ihrem eisernen Schlafe ge¬ rüttelt, als wollten sie dem Herrn der Lebenden und Lobten, dem Ueberwiuder des Todes und der Hölle ihre Huldigung be- Dgen. Anwendung. So starb also Jesus der Sohn Gottes für die Sünden der Welt! — als Opfer der göttlichen Gerechtigkeit starb er den schimpflichsten Tod am Kreuze- Denn seit unsere Stamm- iiltern im Paradiese durch die Sünde des Ungehorlame? sich und ihren Nachkommen das Urtheil der Verwerfung zugezogeu hatten — seit jener Zeit wartete gleichsam die beleidigte göttsiche Ge- Wigkeit auf ein Opfer, das jenes allgemeine Verwerfungsur- theil aufhrbcn und das gefallene Menschengeichlccht wieder nut 'hr aussöhncn sollte. — Zwar unterließen cs die Menschen von i^am bis auf Christus durch Jahrtausende hindurch nicht — Am, »ach den verschiedenen Begriffen, die sie von ihm hatten, »»u» 182 «««« verschiedene Opfer zu bringen, thei'ss um ihn dadurch als ihm unumschränkten Herrn zu erkennen, Ihcils auch um seine Gerech¬ tigkeit zu besänftigen, und die Vorwürfe des verletzten Gewis¬ sens zum Schweigen zu bringen. Mein alle diese Opfer konn¬ ten der beleidigten göttliche Gerechtigkeit so wenig genügen, so wenig sie mit der Grösse und Heiligkeit Gottes in einem Verhält¬ nisse standen. Selbst jene, im alten Bunde von Gott selbst an- befohlenen blutigen und unblutigen Opfer, waren keine wirkliche, sondern nur sinnbildliche Opfer, die auf ein anderes, über alle- erhabene, allein Gotteswürdige und die Sunden wahrhaft til¬ gende Opfer — nämlich auf den Sohn Gottes hindeuteten, der auf Golgatha dereinst für das Heil des sündhaften Menschen¬ geschlechtes verbluten sollte. Der Sohn Gottes selbst war also das einzig wohlgefällige Opfer der göttlichen Gerechtigkeit. Zwar hatte er dem ewigen Vater schon dadurch, daß er seine Herr¬ lichkeit verließ, in Knechtesgestalt auf der Erde erschien, und un- sere schwache sterbliche Natur annahm, ein Opfer gebracht; eher das war nur erst das Morgenopfer, auf der Schedclstätte aber — da brachte er sich als Abendopfer dar, indem er sich Wl von dem Feuer feiner Liebe zu dem Menschengeschlechte aufzehrea ließ, um der göttlichen Gerechtigkeit volle Genugthuung zu leister. So wie nämlich im alten Bunde das Opserthier, auf wel¬ ches die Sunden des Volkes sinnbildlich gelegt wurden um Gott zu versöhnen, so wie dieses Opserthier, vor das Lager hinan» geführt, und daselbst verbrannt wurde: so mußte der Sohn Got¬ tes, der unsere Sünden auf seinem Leibe getragen i, ff-et. 2, - auf den Gott alle unsere Missethaten gelegt hatte, Jes. 55, b. vor die Stadt hinaus an die erhabene Nichtstattc geführt wor¬ den, — um sich da der göttlichen Gerechtigkeit für die Scha¬ gen zu opfern, und ihr vollkommene Genugthuung zu leiste Betrachten wir nun dieses Lamm Gottes, das die Siüste" der Welt hinwegnimmt, mit einem aufmerksamen Blicke. — Nahrä euch z. B. ihr Habsüchtigen, ihr kargen Filze, die ihr von be¬ ständiger Begierde nach irdischen Schätzen gequält werdet, ciwr Herz ganz nur an die vergänglichen Güter dieses Lebens häag<^ und als ob ihr immer hienieden zu bleiben hattet, keine anbctt Sorge kennet, als zusammenzuschaaren und aufznhänfen, — nährst euch der Richtstätte, sehet den Sohn Gottes euern Heiland, er selbst in seiner Sterbestunde sogar der nothwendigcn Kleids «. < e< e< v,id jeder andern Hülfe beraubt in äußerster Armuth am Kreuze stili Leben beschließt. — Ihr Hoffärtigen, ihr eitlen Weltmen- schen, die ihr an eurer frechen Stirne in eucrm ganzen Deneh- M,i eine lächerliche Herrschsucht zur Schau träger, überall oben- mistchen, überall befehlen wollet, vor Andern wegen eingebilde¬ ten oder nichtigen Vorzügen zu glanzen suchet, dabei kein frem¬ des Verdienst anerkennen, niemanden als euch selbst geschähet und geehrt, niemanden als euch selbst geliebt wissen wollet, — kom¬ met und sehet den Sohn Gottes, euer» Heiland, wie feine h. Stirne mit einer Dornenkrone, die bis auf den letzten Athemzug stillem Haupte eingedrückt bleibt, schmerzlich durchstochen, wie er gleich einem Auswurfe der Menschheit zwischen zwei berüchtigte Missethäter gleichsam als der größte der ganzen Welt zur schmach- vvlleii Schau ausgestellt ist- — Kommet ihr schändlichen Wohl- Winge, die ihr hienicden kein größeres Glück kennet, als mi- resteil Sinnengenuß, keinen größer» Triumph, als den über die nchrlose Unschuld -- die idr nicht erröthet> unter das unver- wlstige Thier heraözustnken, wenn es eure wilde Leidenschaft gc- kilthet — kommet, und nicht minder ihr Sklaven der verfeiner- !ni Wvhllust, deren Gift ihr in langsamen Zügen trinket, und es in langsamen aber desto schädlicher« Zügen andern mittheilet, - kommet und sehet den Sohn Gottes, euern Heiland! scher, «e er an seinem h. Leibe grausam zerfleischt, wie seine HändH >j"d Füsse mit Nägeln durchbort, alle seine Sehnen und Glieder schmerzlich ausgespalwt und auseinander gezcrret sind, — sehet m diesem euer» Erlöser einen Mann voll Schmerzen, an welchem von der Sohle bis zum Scheitel kein wundenfreier Lheil gesun¬ ken wird. — Kommet ihr elenden Prasser und Weichlinge, die ihr eure "cbenstage bei reichlich besetzten Tische» in fortwährender llnniäs- iHkeit und Schwelgerei vergeudet, und den Bauch als euern Gott verehret, — kommet und sehet den sterbende» Sohn Gottes wer» Heiland, wie ihm im heftigsten Durste, den ihn sein star¬ ke Blutverlust — seine gänzliche Entkräftung verursachet, — "'cht einen Tropfen kalten Wassers vergönnt wird, seine dürre zu laben, — ein herber Trank vom schlechte» Essig nut ^lle gemischt, ist die einzige Erguickung des Sohnes Gottes in "r Sterbestunde. — Kommet ihr Gotteslästerer und freche Tadler Vorsehung, die ihr euch beständig den Anordnungen Eotteo IlU widersetzet, euch wider ihn tollkühn empöret, seinem h. M« entgegen handelt, bei jedem Anfälle in Leiden und Prüfung!« wider ihn murret und in allerhand ungerechte Klagen ausbrechct, — kommet und sehet den Sohn Gottes euern Heiland, wie er gleich einem Lamme, das man zur Schlachtbank führet, seim Mund nicht öffnet vor seinen Peinigern, die ihn am Kreuze noh während seinen heftigsten Schmerzen verhöhnen, lästern und mj- handeln; sehet, wie er sich jeder Erniedrigung, die ihm die Ge¬ fühllosen anthun schweigend und demüthig unterwirft. Konnie! endlich ihr elenden Höflinge, ihr niederträchtigen Schmeichle, der Grossen, ihr schwachen Seelen! die ihr auf sterbliche McnM euer Glück bauet, euer Vertrauen auf ohnmächtige Geschöpfe stzet, nur bei diesen Hülse und Freundschaft nur von diesen Gnade si¬ chet, dabei aber den, der alles hat und alles geben kann, besei¬ tiget, und in einer fortwährenden Gottesvergessenheit lebet, kei¬ met und sehet den Sohn Gottes euern Heiland — aller menth- lichen Hülse beraubt, schwebt er im bittern Todeskampfe am Kreize zwischen Himmel und Erde, vom Himmel und Erde verlassen, - kein Trost, keine Erquickung wird ihm zu Theil, kein Engel web gesandt ihm Stärke zu bringen, — sein himmlischer Vater seist scheint ihn nicht hören zu wollen; darum ruft Jesus in dies« Zustande einer gänzlichen Verlassenheit: Mein Gott, mein GÄ warum hast du mich verlassen! — So leidet, so stirbt der Sch Gottes für uns Sünder am Kreuze, eine so strenge Genugthumg will die göttliche Gerechtigkeit von ihm bis auf den letzten Athen» zug seines Lebens, mit welchem er das Siegel auf das groß Erlösungswerk drücket und uns mir seinem Vater aussöhnet. Kann es wohl etwas Erschütterndes für den Sünder vr für den Gerechten geben, als den Anblick des vom Himmel un> Erde verlassenen, von Gott und den Menschen gerichteten Sohne- Gottes? Die Schöpfung selbst schauderte zusammen bei dem Tod dieses Gerechten, und eine allgemeine Trauer ergoß sich über de leblosen Kreaturen; denn der da am Kreuze starb, starb als Or fcr der göttlichen Gerechtigkeit für die Sünden der Welt, -f An dem grünen Holze, an dem Unschuldigen offenbarte sich ganze Grösse der göttlichen Gerechtigkeit, wie schrecklich wird sick nicht offenbaren an dem dürren Holze an den wirklich» Sündern und Ungerechten? — Ja, schrecklich ist cs, sagt der b- Apostel Paulus, Heb. io, zi — schrecklich ist cs in die Hä^ tcS lebe lln, zeit tet euch D, f ihr zu kann d« Er hat sobald mjagt ft ewü Apostel rechtigk borncn Tod gk den au fen mr göttlicl kn, s wenig Gott l von d, daher Evttm Eiiud, ist um gerecht gen, ! Kreuzi "So 8-, 185 Wille, rüfungci lsbrechct, , wix er , sem ize M h d mj- die Se- Kommt chleiker )?cnxl)k» le sHet, ladiso- i, bilci- t, kei¬ men ch- Kreize en, - el wrd w se! sl dies«« i M Soh thNUIII !llhem M t. -r vi: .'l mil rohnel Lok er d< z 0>- t. -- ch Si¬ ed >l- lich" -er b> innk- heb lebendigen Gottes zu fallen, der die Sünde nicht nur mit lein zeitlichen, sondern mit dem ewigen Tode verfolget. — Fürch¬ tet euch meine Brüder! schreibt der h. Apostel Jakob den Chri¬ sten, fürchtet euch und vergeßet nicht mit was für einem Gott ihr zu thun habet; man greift ihn nicht ungestraft an, man kann dem allmächtigen Arme seiner h. Gerechtigkeit nicht entgehen. Er hat der Engel, die gesündiget haben, nicht verschont, sondern sobald sie sich wider ihn empört hatten, sie aus seinem Reiche verjagt, in den Abgrund einer ewigen Finsterniß gestürzt, und sie ewigen Peinen übergeben. — Doch wenn es nur, wie der Apostel schreibt, die Engel waren, an denen sich die göttliche Ge¬ rechtigkeit so strenge offenbarte! aber so hat Gott seines einge- boruen Sohnes nicht geschont, sondern ihn in den schmählichsten Tod geschickt — weil er fremde Schulden, weil er unsere Sän¬ ken auf sich genommen hatte, — bis auf den letzten Blutstrop¬ fen mußte er die schwere Schuld bezahlen, in welche wir bei der göttlichen Gerechtigkeit verfallen waren. Sehen Sie meine Lie¬ ben, so sehr verabscheut Gott der Höchstheilige die Sünde, so wenig kann er dieselbe ungestraft lassen, daß sein eigener Sohn Kott selbst für uns Mensch werden und sterben mußte, um uns ton der ewigen Schuld und Strafe zu befreien. -— So oft wir daher das Bild unseres gekreuzigten Heilandes, des gekreuzigten dvttmenschen anblicken, soll uns eine heilsame Furcht vor der Ennde befallen, und unsere Seele der Gedanke erschüttern: Gott >st unendlich heilig,, darum haßt er die Sünde, er ist unendlich gerecht, darum straft er die Sünde, um unsere Sünden zu til¬ ge", um unsere Strafe aufznhebcn, starb der Sohn Gottes am Keeuze als Opfer der göttlichen Gerechtigkeit. Amen. VZL. sehr hat Gott die Welt geliebt, daß er seinen eingeborncn Sohn hiugab.« Joh. 3, 16. st. Eingang. ^"te Kinder Aeltcrn, vergeßen es nie, das Andenken des Sterbetages auf eine würdige und fromme Weise zu feiern; 166 so ost er wicdcrkehrt jener kummervolle Lug, so denken sie M schwerem Herzen zurück an die Geliebten, die ihnen der Ted ent¬ rissen, — und Hut auch die Zeit den herben Schmerz gemildert Hut auch die Wunde zu bluten aufgehört, — die Gefühle ter Liebe und Dankbarkeit werden durch die Lange der Zeit nimmer¬ mehr erkalten, vielmehr werden sie neubelcbt und gesteigert buch die immer genauere Kenntniß des theuern Verlustes durch di grosse Entfernung, die lange Trennung von den geliebten Acltm; ein heißer Wunsch sich mit den theuern Abgeschiedenen dereiH wieder zu vereinigen, hebt das Herz bei der leisesten Erinnern«; eines andern Lebens. — Gute fromme Kinder können es je nie vergessen des vielen Guten, das sie aus der Hand ihrer Erzeu¬ ger empfangen, der vielen Freuden, die sie an ihrer Seile ge¬ nossen, der zärtlichen Sorgfalt, mit welcher sie von denselben be¬ glückt wurden, — darum fließen jährlich stille Lhränen des M- kcs und der Liebe, gemischt mit Lhränen der Sehnsucht dm An¬ denken abgeschiedener Acltern! — Doch, wie komme ich auf diese seltene Bemerkung? was kann mir dazu Anlaß geben? Ich Mk es nur gestehen, meine Lieben, es ist mir als ob wir heute ach das Andenken des Sterbetages irgend eines Geliebten feierlau ja es ist mir, als ob wir gleich Kindern einer und derselben Fa¬ milie über den Verlust eines gemeinschaftlichen Vaters trauert»? — Wo wir nur immer die Augen hinwenden, so ist an diese!» sonst so erfreulichen herzergebendcn h. Orte alles so trübe n«l düster, so nicverschlagcnd und zur Wehmurh stimmend. — Wände des h. Hauses mit schwarzem Tuche behangen) die Altakk ihres ehrwürdigen Schmuckes beraubt, überall Bilder der Trauen überall Erinnerungen des Todes — feierliche Todtcnstille. -pabc» wir denn wirklich einen theuern Freund zu Grabe getragen? - oder haben wir uns nur als dankbare und liebende Kinder ver¬ sammelt das Andenken eines gemeinschaftlichen uns durch den entrissenen Vaters zu erneuern? — Ja, fo ist es meine Liebes — unsere gute Murtcr die Kirche hat uns heute in ihrem ScbE versammeln wollen, um mit ihr das Andenken des Sterbetage- unseres größten Wohlthaters, unseres treuesten Freundes, uns"" liebevollen Bruders und zärtlichsten Vaters zu feiern, "ss Sterbetag unteres Herrn und Erlösers Jesu Christi. — lieh wir haben gerechte Ursache über den Lod Jesu, oder vat mehr über uns selbst zu trauern, weil Jesus für uns am KrE Mb als feie Sir eien dies gemacht, so haben Muen? rchtigkei W dich bmun > Kreuze st reckte Lr niischt w liger Au Au der Sol am Km ter Hei verden, var dur in leiste! Bewerf bie ende beni ewi Misfetbü anfoxfer alle ohn selbst st ans Be Brechti den M» lassen k als die neu Se kn auf Mnahli balze ist 187 i sie Ni Tod en!- enuldett, fühle da nimmkr- ert dnch mrch b« Acltmu dereinf! iunernnz s ja nii Erze» Zeile gk- clbeii k- cs Dan- dcm An- auf dikf! Zch tc ach, feierte den F» aucrw! ! diese» übe l!"i - (Ä > Altäre Lram'k, Habs cn? - -er ecr- ^a Äd Liebe»! Zcheokk chetaz« U!lsi^ — de« Wahr¬ er vicl- Krc'hk smb als Opfer der göttlichen Gerechtigkeit, um derselben für un¬ sere Sünden Genugthuung zu feisten. Aber weil er uns durch sten diesen Tod, aus Kindern des Zornes zu Kindern Gottes gemacht, und uns den verlornen Himmel wieder erworben hat, s, haben wir auch gerechte Ursache uns in dem Tode Jesu zu erfreuen? — Er starb nicht nur als Opfer der göttlichen Ge¬ rechtigkeit, sondern auch als Oser der göttlichen Barmherzigkeit, und m dieser Seite wollen wir heute den Lod Jesu betrachten, und bmim noch einmal zurückblicken auf den ans Liebe zu uns am Kreuze sterbenden Sohn Gottes, damit unsere fromme und ge¬ reckte Trauer, auch mit einer frommen und gerechten Freude ge¬ mischt werde. — Vernehmen Sie mich denn auch heute mit wil¬ liger Aufmerksamkeit. Abhandlung. Aus der letzten Betrachtung haben wir ersehen, daß Jesus der Sohn Gottes als Opfer der göttlichen Gerechtigkeit für uns am Kreuze starb; denn die Schuld der Sünde mußte auf eine da Hestigkcit und Gerechtigkeit Gottes würdige Weise getilgt mrden, — der Mensch aber hatte an uns für sich nichts und "mr durchaus nicht fähig der göttlichen Gerechtigkeit Genugthuung M leisten; aste waren ja Sünder, alle dem Urtheile einer ewigen Vcriversimg unterworfen, mithin konnte kein Sterblicher sich für die andern Sterblichen hinoxfern, um sie durch seinen Tod von dem ewigen Lode zu befreien, so wenig ein zum Lode verurtbeilter Wetbäter sich für den andern ebenfalls zum Tode Verurtheilten «»'opfern kann, um ihm das Leben zu retten. Wir wären also E ohne Rettung auf ewig verloren gewesen, wenn nicht Gott sich unser auf eine Art erbarmet hätte, wodurch sowohl Befreiung von aller Schuld und Strafe, als auch seiner ^'ttchtigkest volle Genugthuung wurde. — Immerhin hätte Gott Menschen, nachdem er gesündiget hatte seinem Elende übcr- Mn können, aber es ist die göttliche Barmherzigkeit, so groß die Gerechtigkeit. Darum sandte uns Gott seinen eingebor- Sohn, der die menschliche Natur und mit ihr unsere Süu- auf sich nahm, der als Mensch für uns leiden und eines H'iahlichcn Todes sterben wollte. Der Lod Jesu am Krcuzes- ist mithin nicht nur ein Opfer der göttlichen Gerechtigkeit, 168 sondern auch ein Opfer der göttlichen Barmherzigkeit, und M, kann von diesem Lode sagen, was schon der Prophet David W aussagte.- Gerechtigkeit und Friede haben sich geküßt. Pf. rn, ii Dort auf Golgatha, wo Jesus der Sohn Gottes starb, hcki sich wirklich Gerechtigkeit und Friede oder Barmherzigkeit gekäst d. i. sich zur Rettung und Befeligung des verlornen Mensch» gefchlechtes liebreich vereiniget. Sehr schön sagt darum auch der h. Apostel Paulus: A lebe, doch nicht mehr ich, sondern Christus lebt in mir; d« was ich noch lebe im Fleische, das lebe ich im Glauben anbei Sohn Gottes, der mich geliebt, und sich für mich hiugcgcici hat. — Der Apostel gibt also hier als den Grund des Lode- Jesu, die Liebe an. — Er hat mich geliebt und sich selbst ß mich hingegeben. — Dann fährt er fort die Liebe des sterben!« Heilandes auf Golgatha zu schildern. Man schlug diesen Mi¬ ler der Menschen, sagt der Apostel an das Kreuz, er aber hi¬ tele aus unendlicher Barmherzigkeit mit unsichtbarer Hand« dieses nämliche Kreuz die Handschrift des Todesurtheilcs, da- über uns ausgesprochen war, uns vertilgte und vernichtete el mit seinem Blute, — er wurde getödtet, und gab uns dB seinen Tod das Leben wieder; denn da wir vermöge unserer Sie¬ den todt waren, sagt der Apostel, hat uns Jesus wieder M ihm lebendig gemacht, und uns alle unsere Uebcrtretungen giitizsl erlassen. 13. — Somit starb also Jesus wirklich als Opfer de göttlichen Barmherzigkeit, und gab uns davon am Kreuze W die fühlbarsten Beweise. — Denn da am Ende seiner irdW Laufbahn, in seinem Todeskampfe, scheint er von nichts andcn zu wissen, als von Barmherzigkeit, — sein Herz strömt ii^' von beseligenden Worten seiner Liebe zu uns. — Er bcthct Kreuze und sein Gebeth ist Barmherzigkeit; er verheißt am Krevs und seine Verheißung ist Barmherzigkeit; gibt von Kreuze he» und seine Gabe ist Barmherzigkeit. Wir wollen dieses ctma- näher betrachten. Von der zärtlichsten Liebe entstammt, sammelt Jesus Kreuze seine letzten Kräfte und bethet zu seinem hünmlssB Vater. Und für wen bethet er? — Vielleicht für seine shW Len Angehörigen, für seine-Mutter, seine Jünger und Freu»^ vielleicht für jene gute Seelen, die ihn als unschuldig Leidens erkennen und seinen schmählichen Tod beweinen? —- Nein, si¬ nit bei Wb stu Wich Uricht seine T dessen l sm Tv Weit dax er §är al S", g herab s Md w nist er Uns, mein st M g, jv besa tet der die nie! gcr An zicb ih mas in vergeb senie 8 allen r »er de sonder, hmnili doch s, - >hi Mze »en. - »as f, ßel P ton y thlin I Mic las h. 1Ü9 UNd U.I !>avid M s. «7,11. rb, hcki ^eit gektz Mensch» lus: A mir; d« m an lk« hingegcki des M- selbst ß sterbend« sen Aitb aber hif- Hand« iles, dl ichtete kl ins inn¬ rer Sii«- iedcr M en gniizE lhpftt i« -uze M irdisch« s ander« ömt iibrr cthet B , Kreiii' ze Herat, es etn>»> fesiis e« nn»li>ch^ ie stellt Freunde, Leidend« m>, »st dem Tode ringend bcthet Jesus ausdrücklich für seine Feinde B Verfolger; für die Priester und Gesehlehrer, die ihn mit Michein Hasse verfolgt, für die falschen Zeugen, die ihn vor Nacht schändlich verleumdet, für das verblendete Volk, das alle skine Wuth gegen ihn gekehrt, für den Pilatus, dec obfchon von On Unschuld vollkommen überzeugt, dennoch ibn zum schmählich¬ st» Tode verurtheilt, — für die Peiniger die alle ihre Grau- fmkcit an seiner h. Person erschöpft und ihn so entstellt hatten, daß er mehr einem Wurme als einem Menschen ähnlich sah. — alle diese richtet der sterbende Heiland seine erlöschenden Au¬ st», gegen den Himmel, und bittet — nicht, daß, das Feuer strab fallen und sie von der Erde vertilgen möchte, sondern was nid wie er für sie bittet — ist Barmherzigkeit. Mein Vater, Nister! vergieb ihnen, denn sie wissen nicht was sie thun. — Ms, sagt hier nicht: Mein Gott, vergieb ihnen, sondern: Ain Vater! — weil der süsse Datername ausgesprochen von ei- m geliebten Sohne fähiger zu seyn schien den göttlichen Zorn st besänftigen und Gewährung der Bitte zu erwirken. Auch bit- lct der Sohn Gottes nicht für einige nur aus seinen Feinden, de nicht so strafbar sind und an seinem martervollen Tode weni¬ ger Antheil haben, nein, ohne Unterschied bittet er: Vater ver- Mb ihnen! — d. i. Allen die sich an mir deinem Sohne auf »as immer für eine Art versündiget haben; keinen will er von der Ergebung und Begnadigung ausschlicßen, — auf alle erstreckt sich Barmherzigkeit, allen stehen seine Arme und sein Herz offen, Em will er Fürsprecher und Mittler seyn. — Auch läßt es fer- frr der Sohn Gottes nicht bei dem blossen Gebethe bewenden, londer» xr sucht sest,e Feinde sogar zu rechtfertigen vor seinem diiimlijchcn Vater, und so strafbar sie auch immer sind, so weiß °ch seine Liebe einen Grund zu ihrer Entschuldigung aufzufindcn >hre Unwissenheit nämlich, ihre Blindheit, nach welcher sie die Grösse und Strafwürdigkeit ihrer bösen Lhat nicht erken- — Vater vergieb ihnen, sagt Zesus, denn sie wissen nicht ste thun! — O unbegreifliche Liebe Zcsu! ruft der h. Apo- Paulus aus — nur darauf bedacht seyn, wie man Jenen, d'-i welchen man auf alle erdenkliche Art mißhandelt wird, Gutes 's'-" könne, ja zu eben jener Zeit darauf bedacht seyn, da man alle Schmach und Grausamkeit von ihnen erduldet, — eine Licke haben, die stark ist, wie der Tod, die alles » »>- >- 190 überträgt, alles duldet, die durch einen Strem von Leiden M ausgclöscht werden kann. — Die Wuth der Feinde Zesu mr erschöpft, sagt der h. Chrysostomus, aber die Liebe Zesu gcgoi sie ließ sich nicht erschöpfen; nur desto grösser wurde sein Mit¬ leid, desto grösser seine Barmherzigkeit, nach welcher er sc« himmlischen Vater bath: Vater, vergieb ihnen, denn sie niisseu nicht was sie thun. Aber nicht allein für die boshaften und feindseligen Zcitge- nofsen, sondern für alle Sünder und Lasterhafte, die ihn uch bis auf diesen Tag verfolgen, und bis an das Ende der M verfolgen werden, bethete der Sohn Gottes zu feinem himmli¬ schen Vater. So bethete er für die Ungläubigen, die ihn uck seine Lehre hartnäckig verachten und verwerfen; für die Irrgläu¬ bigen, die aus Bosheit oder Unwissenheit das Licht der Wahr¬ heit mit der Finsterniß des Jrrthumes verwechseln, und auf dnokl« Wegen sich und andere in den Abgrund des Verderbens stürzeiu er bethete für die Christen, die seinen Namen tragen, sich k» seinen Jüngern zählen, die ihn aber durch ein lasterhaftes Lede« verläugnen, an die Welt, an ihre Leidenschaften verrathen, ft« für sie vergossenes Blut und die erworbene Gnade, nm einen w- ächtlichen Gewinn, um die Befriedigung einer sinnlichen Lust, u« einen zeitlichen Vortheil, um den Ranch einer eitlen Ehre ver- kausen; kurz, die Barmherzigkeit des am^Krcuze sterbenden Sohu" Gottes, der für seine Feinde bath, erstreckte sich auf alle Em¬ der, die wider ihn und seine Lehre streiten, und die durchs erworbene Gnade verachten und schänden, — sic erstreckt sich üt» auch aus uns, die wir den Sohn Gottes durch die Sünde er¬ folgen, ungeachtet wir ihn besser kennen, als seine verblendet Zeitgenossen ihn gekannt haben. Auch für uns bethete Jesus m» Kreuze: Vater vergieb ihnen! höre die Stimme deines steck"' den Sohnes, —- strafe sie nicht in deinem Grimme, sondern er¬ barme dich ihrer nach deiner grossen Barmherzigkeit, lasse die Gnade, die ich ihnen am Kreuze erwarb, gütigst Zuflüssen, t nimm sie, die ich als Brüder liebe, als deine Kinder an, Wunden, die mir ihre Sünden geschlagen, senen ihnen eine sicst' Zuflucht, mein Blut das ich für sie vergossen, sey ihnen ci-> kräftige Reinigung von jeder Schuld. — Vergieb ihnen, auch sie wissen nicht was sie thun. Sv ist also das Eebeth stabend meinen N diese V kreuzigt em groi er kam dem — laft re gelisten «ich, d smicht durch e Werk gen an mann dein M der Kr Eehn den znn len am le» — seine L seist de um Lä mschns mch ji Mich gerecht, Äst, Änkich ksangei «der h st gegen «Ung c Ägem !ülur 191 'den M Zesu clu gcgki sein Vkil- er sc« si e nG n Zcitgc- ihu ach der Mi hiuimli- ih» v»d JrrglL- : Wahr- f duullc« stürze«! , sich j« es Lek'« hcu, sm mn m- !ust, « hre m- Soh"tj e Sn°- urch Ä sich all» ide vcr- leudckai csns ali stcckce- n'ru ek- 'c ihnk« en, , mei«< > sichel en , k»» sth Mnden Heilandes für seine Feinde, das Gcbcth einer allge- mmcn Barmherzigkeit. Ferner verheißt der Sohn Gottes am Kreuze, und auch kiese Verheißung ist Barmherzigkeit. Der zur Rechten Zesu ge¬ kreuzigte Schacher, war nicht minder ein Räuber und Mörder m grosser Misscthäter, vielleicht grösser noch als Barabbas, denn rr kam bei dem Feste gar nicht in Vorschlag freigelassen zu mer¬ ka. — Auch er mar ein Gottesläster, der den gekreuzigten Hei- wb verhöhnte wie sein boshafter Gefährte, denn die h. Evan¬ gelisten Matthäus und Markus sagen: Es schmähcten ihn aber mch, die mit ihm gckrcuziget waren. Und dieser nämliche Bö- srmcht und Gotteslästerer wird nach einigen Augenblicken, wie kurch ein Wunder der Gnade Gottes in einen Reumiithigen und Wertigen verwandelt, und Glaube, Hoffnung und Liebe fan- gm an sein verstocktes und erkaltetes Herz zu erweichen und zu marmcm. — Der Glaube, denn so wie einst die Weisen aus km Morgenlande den zwischen zweien unvernünftigen Thieren in kcr Krippe liegenden Jesus als den Heiland der Welt, als den Ahn Gottes erkannten: so erkennt auch dieser reuige Sünder ^zwischen zweien Misscthätcrn, zwischen sich und seinem Gefähr¬ ten am Kreuze Hangenden Jesus als den Messias und Sohn Got¬ te» — als Herrn der ganzen Natur. Nicht minder äußert sich Liebe gegen den Gekreuzigten. Denn er vcrtheidiget einer- ^ts dessen Unschuld, und bemühet sich den wider ihn ausgcstosse- Lästerungen Einhalt zu thun; andererseits aber sucht er den schuldigen Genossen auf bessere Gedanken zu bringen, ihn lieb- ^"ch zurechtzumcisen, indem er ihm die vielen Verbrechen in das ^achtniß ruft, die er begangen, und wegen welcher er jetzt zur Achten Todesstrafe vcrurtheilt ist. — Auch du fürchtest Golt speicht er zu dem Mitschuldigen, und du bist doch zum "Glichen Zode verdammt, und zwar mit Recht, denn wir ein¬ igen, was mir durch unsere Uebelthaten verdient haben, dieser " hat nichts Uebles gethan. — Dieser feste Glaube an den Gekreuzigten, diese feurige Liebe ihn, lMt nun auch den reuigen Misscthäter in seiner Hoff- aufrecht, und ließ ihn Vergebung und Begnadigung erwar- Er mußte es wohl, daß Jesus die Sünder immer liebvoll genommen, sie mit Sanftmuth belehrt, ihre Herzen mittelst Gnade zur Busse gerührt, und ihnen ihre Sünden barm- »>-),')» 192 ««a« herzig iilickgelassen hatte. Darum sprach er bei sich selbst: auch ich will mich, an diesen Jesus wenden, zu seiner unbegranM Güte, mit welcher er so eben für seine Feinde und Verfolger bath, will ich Zuflucht nehmen, er wird bei seinem himmlischen Vater auch mein Fürsprecher seyn, mir Vergebung meiner vielen Missethaten erwirken und das Recht auf den Besih seines ewigen Reiches. — So dachte der reuige Mörder und sein beklemmtes Herz fühlte sich erleichtert vom himmlischen Tröste; seine Reue nahm zu, aber mit ihr zugleich wuchs das Vertrauen, und in diesem festen Vertrauen, in dieser lebendigen Hoffnung, neigt er sich gegen Zefum hin und sprach: O Herr, denke an mich, wenn du in dein Reich kommest! — Und Jesus, der bei allen Läste¬ rungen, die kurz zuvor seine Feinde wider ihn ausgestossen hat¬ ten, schwieg, weil seine Liebe eine geduldige war, gibt jetzt dein reuigen Mörder Antwort, weil seine Liebe, eine wohlthatigc und barmherzige Liebe ist. Wahrlich sage ich dir, heule noch wirst du mit mir im Paradiese seyn! — Wahrlich sage ich dir! spricht der Heiland um dem Mörder volle Gewißheit seiner Begnadigung zu geben; und nicht nach einem langen Zeiträume oder am Lage des Gerichtes erst, sondern heute noch vor Untergang der Sonne wirst du mit mir seyn im Paradiese. — Du wirst mit mir seyn. — O herrliches Versprechen! ruft der h. Augustin aus, wenn auch nichts anderes versprochen worden wäre. — Konnte es denn dem Bekehrten übel gehen bei Jesus? oder konnte es ihm ir¬ gendwo gut gehen ohne Jesus? — Im Paradiese wirst du nut mir seyn, d. i- in der Vorhölle, an jenem Orte der Ruhe, wo die Seelen der h. Allvater auf den grossen Lag der ErlöM harreten, und in diesen Ort der Ruhe stieg Jesus, wie die h. Schriften sagen, selbst nach seinem Tode hinab, um den glückli¬ chen Seelen ihre Erlösung und Begnadigung anzukünden, ÜM die lange verschlossenen Pforten des Himmelreiches zu öffwn. Wurde nun die Vorhölle auf diese Art, durch die Gegenwert des siegreichen Jesus nicht in ein Paradies verwandelt s und >" diesem Paradiese sollte der bekehrte Mörder mit Jesu seyn, ^'ch am nämlichen Tage vor Untergang der Sonne. — So äußerte sich die Barmherzigkeit des sterbenden Heilen¬ des durch eine der trostrcichestcn Verheißungen. Ein Mensch, lein ganzes Leben in Lastern und Schandthatcn zugcbracht hKt>- bekehrt sich in der letzten Stunde aufrichtig zu Gott, und cch-ul 195 W dem Sohne Gottes nicht nur Vergebung aller Sünden, fordern überdieß noch ein Versprechen, wie es noch keinem Sün¬ der bis dahin zu Theil ward: Heure noch wirst du mit mir M Paradiese seyn, sagt ihm der Heiland. — Ist nun die Barmherzigkeit Gottes, die uns der Heiland durch seinen Tod mvarb, so groß, daß sie den reuigen Sünder selbst im letzten Augenblicke seines Lebens noch aufnimmt, o so soll kein Sünder, me sehr er sich auch von Gott entfernt haben mag, an seiner Seligkeit verzweifeln! — aber keiner soll auch seine Busse ver¬ schieben bis auf das Sterbebett; denn die Barmherzigkeit Got¬ tes ist nur dem bekehrten Sünder gewiß, die Bekehrung selbst aber ist am Todtenbette sehr ungewiß, ja oft ganz unmöglich. Das lehren uns die beiden mit Jesu gekreuzigten Missethäter. Zer eine machte sich die im letzten Augenblicke ihm angebothene Gnade zu Nutzen und bekehrte sich, der andere aber verharrte in seiner Unbußsertigkeit; der eine wurde auf ewig begnadiget, dcr andere auf ewig verworfen, und zwar am Tage der allge¬ meinen Barmherzigkeit, an dcr Seite des Sohnes Gottes selbst. Darum sind spate Bekehrungen fast immer als ein Wunder Müschen, meine Lieben, auf welches man nicht ohne Vermes¬ senheit rechnen kann, fast allezeit ist der Tod so wie das Leben mar — selten wird sich jemand, der immer lasterhaft gelebt hatte, am Sterbebette bekehren und in dcr Gnade Gottes en¬ den, aber eben so selten wird auch jemand nach einem immer frommen und heiligen Leben in der Sünde und in der Ungnade Gottes sterben. — Jesus gibt endlich vom Kreuze herab, und was er gibt ist cm Geschenk der Barmherzigkeit. Zwar ist sein letzter Wille, dcn er mit dem Tode ringend in wenigen Worten ausdrückt, kein irdisches Testament; es sind keine zeitlichen Güter und Scha¬ ße, die er den Seinigen hinterläßt; — denn was belaß wohl die- fer arme Gottmensch hier auf Erden, das er im Tode hätte ge¬ ben können? In größter Dürftigkeit ward er geboren, in dcr ersten Stunde seiner Geburt, war seine Wiege, eine elende Krip¬ pe im Stalle zwischen unvernüftigen Thieren, und sein Sterbe¬ bett ist ein schmählicher Kreuzbalken, (an welchem er sein Leben beschließt) — seinen letzten und einzigen Rock haben die Solda¬ ten sich durch das Loos zugceignet, in äußerster Armuth stirbt " zwischen Himmel und Erde; wahrend die Füchse ihre Höhlen 15 194 und die Vogel der Luft ihre Nester haben, hat der Herr dec Schöpfung nicht, wo er sein Haupt hinlegen könnte. — Wes ist es denn also, das der arme Jesus vom Kreuze herab geben konnte? — Seine Mutter, Vie unter dem Kreuze verlassen und trostlos zu ihm aufschauet, diese gibt er seinem geliebten Jün¬ ger Johannes zur Mutter, und den Jünger gibt er seiner Mut¬ ter zum Sohne : Frau, sprach er vom Kreuze herab, flehe dei¬ nen Sohn! und Johannes, mein Jünger! flehe deine Mutter. Das ist Jesu ganzes Vermächtniß — der geliebte Jünger, die geliebte Mutter sind sein kostbarster Schatz, sein einziges und größtes Vermögen. Durch diese seine letzte Millensmeinung gibt der göttliche Meister seinem Schüler den größten Beweis seiner Liebe zu ihm, da er ihm das kostbarste Pfand anvertraut, das er auf Erden hinterließ, nämlich Maria seine Mutter, zu gleicher Zeit sorgt er aber auch für seine Mutter mit kindlicher Gesinnung in¬ dem er ihr den geliebten Jünger zur Hülfe und Unterstützung gibt. Uebrigens, meine Lieben, ist das Testament des am Kreuze sterbenden Jesus nicht auf seine Mutter Maria und seinen Jün¬ ger Johannes allein beschränkt, sondern der letzte Wille des Sohnes Gottes erstreckt sich liebreich auf alle Menschen — auch auf uns, auch wir find nicht vergessen worden in jenem gnaden¬ vollen Testamente. — Jesus wollte haben: Maria — seine Mut¬ ter sollte in der Person des Johannes überhaupt alle Menschen an Kindesstatt annehmen, allen soll sie Mutter und Mittlerin sepn. Darum nennt sie unsere h. Kirche: Heil der Kranken, Trösterin der Betrübten, Zuflucht der Sünder und Helferin der Christen — und zwar mit desto größerem Rechte, da wir ast Christen, Jesu Jünger sind und ein Jünger es war, dem der sterbende Heiland Maria zur Mutter gab. Nicht minder aber ist es der Wille Jesu des Sohnes Gottes, daß alle Menschen, daß auch wir, so wie der Jünger Johannes Maria als unsere Mutter annehmen sie als solche geziemend ehren und unser Ver¬ trauen auf ihre Fürbitte setzen, um so mehr da sie nicht nur unsere Mutter, sondern auch Gottes Mutter ist. — Was dür¬ fen wir nicht von einer Gottes Mutter alles erwarten, können wir von dieser mächtigen und liebenden Fürsprechen» nicht alles hossen, da uns der Sohn Gottes und ihr eigener Sohn vom Kreuze herab in seinem letzten Kampfe derselben empfohlen — und zu ihren Kindern gemacht hat? — 195 So meine Lieben! offenbarte sich die Barmherzigkeit Gottes an dem gefallenen Menschengeschlecht? durch den Sohn Jesus, in den Augenblicken, da er sich am Altäre des h. Kreuzes sei¬ nem himmlischen Vater als Sühnopfer darbrachte. Das Gebeth, he Verheißung, das Geschenk, des sterbenden Erlösers — alles sprach seine unendliche Liebe gegen uns die Gefallenen und Verworfenen aus.—Nun sind wir begnadiget und gerettet, nun haben wir als Kinder wieder freien Zutritt zu Gott unserm Va¬ ter. Darum zerriß in demselben Augenblicke, als Jesus am Kreu¬ ze verschied, der dichte doppelte Vorhang im Tempel, der das Allerheiligste verhüllte; ^wodurch angedeutet wurde, daß von nun an der Weg zum wahren Heiligthume zum Himmel, der seit der Sünde des ersten Menschen verschlossen war, allen Menschen offen stehe; und wenn im alten Bunde nur die Priester mit Gebeth und Rauchwerk vor Gott erscheinend, das Volk aber ihm nur in der Ferne huldigen durfte: so geschieht von jener Stunde an, da Jesus als ewiger hoher Priester sich selbst dem Allerhöchsten aufopferte, jetzt geschieht die Anbethung des Allerhöchsten ohne Furcht, ohne Verschleierung, ohne thierische Opfer — nur im Geiste und in der Wahrheit. — So kommet dem Brüder und Schwestern in Christo — kommet! Wir wollen uns getrost dem Heiligthume nähern; i«o unter den Gestalten des Brotes und Weines, derselbe Jesus User Herr und Heiland thronet, der einst auf Golgatha am Kreuze für uns starb; als seine durch ihn erlöste Brüder wollen wir hintreten vor Jesu unserm Bruder, als dankbare Kinder wollen wir hinknien vor Jesu unsern liebevollen Vater, und ihm ein liebendes Herz zum Opfer bringen; nichts anders verlangt er von uns, und nichts Wohlgefälligeres können wir ihm ge- bsn, als eine h. Gegenliebe, die uns stärkt und beherzt macht, für den nur zu leben und zu sterben, der für uns gelebt hat "ad für uns gestorben ist. Dank sey dir also, unendlicher Dank! liebenswürdiger Heiland, Sohn des ewigen Vaters! — der du für uns in den Tod gegangen bist, der du uns mit der göttlichen Gerechtigkeit ausgesöhnt, uns verlorne Söhne und Töchter in die Arme deines himmlischen Vaters zurückgeführt, mis den verlornen Himmel durch dein theueres Blut erkauft dE- — Lasse es uns nie vergessen, was deine Liebe zu uns Stthan hat, damit wir nie vergessen, was wir aus Gegenliebe 13 * 196 « -» » » 199 Erneuerung, in sechs gewöhnlichen Fastenpredigten zu reden. In dm drei ersten werde ich Ihnen zeigen, wie die innere geistige Erneuerung i) angefangen, 2) fortgesetzt, und 3) wie vollen¬ det werden solle. In den 3 letzten aber werde ich Ihnen die Beweggründe dieser Erneuerung 1) in vernünftiger, 2) in ge¬ sellschaftlicher, und 3) in religiöser Hinsicht vortragen. — Heute rede ich also über den Anfang der geistigen Erneuerung. Denn Men wir uns ernstlich einmal und zwar von jetzt an erneuern, so haben wir natürlich vor allen andern zu lernen und zu wissen, wie wir das anfangen mögen. Damit ich Ihnen die Sache in voraus durch ein Eleichmß erläutere; was thun wir im gemei¬ nen Leben, wenn wir ein altes, baufälliges Haus bewohnen, in welchem wir uns ohne Lebensgefahr nicht lange mehr aufhalten können? Nicht wahr wir gedenken es nicht nur je eher desto lieber zu verlassen, sondern auch wie wir selbes, um künftighin sicher darin zu wohnen, wieder Herstellen sollen. Wir spähen alle Seiten und Winkel aus, und spüren fleißig nach: wo der eigentliche, der Hauptfehler stecke, woher die größte Gefahr drohe, wo und was abgebrochen und eingerissen, wo und was wieder ergänzt und aufgeführt werden müsse. Und eben das ist auch das Erste, was zur Wiederherstellung und Verbesserung des Men¬ schen gefodert wird — das Erste womit er anfangen soll, näm¬ lich: Nachdenken über sich selbst und seinen ganzen Zustand. Wir wolle,: uns demnach heute mit der Nothwendigkeit und mit der Weise des Nachdenkens über uns selbst bekannt machen. Erster Theil. Nachdem Gott dem ausgearteten israelitischen Volke die Strafgerichte vorhcrgesagt hatte, die dasselbe treffen würden, ließ er ihm durch den Propheten Jeremias sagen: Warum will denn dieses Volk zu Jerusalem immer in seiner Verirrung ver¬ dorren? Sie halten sich an Lügen und wollen nicht zurückkeh- rem Ich habe wohl Acht auf sie gegeben, sie genau in's Auge gefaßt. Alle reden verkehrt; da ist keiner, der Busse thnt über seine Sünde und spricht: Was habe ich gethan? Als wollte Gott sagen: Die Ursache, warum meine widerspenstigen Kinder immer auf ihren verkehrten Wegen fortlaufen, ist diese: Sie denken nicht nach über ihren Wandel, sie wollen es nicht wissen, 206 «««« wie groß ihr Leichtsinn, wie schändlich ihr Ungehorsam, ihn Undankbarkeit und Treulosigkeit gegen mich sey? wie sehr sie mich gleichsam zwingen, sie immer härter zu züchtigen, wie ircit sie sich von dem Ziele, das ich ihnen gesetzt habe, entfernen, wie unglücklich sie sich dadurch siir Zeit und Ewigkeit machen, — sonst würden sie erschrecken ob ihrer bisherigen Lebensweise, sie würden in Bußthränen zerfließen und anders werden. Aber Nie¬ mand, sagt Gott durch den Propheten — Niemand wird ge¬ rührt!— Niemand seufzet bei sich: O was habe ich gethan? — Mangel an Nachdenken über sich selbst und seinen Lebenswandel ist demnach, nach dem Ausspruche Gottes selbst ein Haupthiu- derniß der Busse, so wie das Nachdenken über sich selbst, der Anfang derselben und somit durchaus nothwendig ist. Klar und anschaulich wird uns diese Wahrheit an dem verlornen Sohne, an welchem Viele und überhaupt alle Sünder ihr eigenes Bild erkennen können. Schon daran, daß sich dieser Sohn zum ersten Grade der Lasterhaftigkeit neigte, war der Mangel an Ueberlegung schuld. Denn, er denkt in dem Augenblicke, da er das älterliche Hans verlassen will, nicht an das grosse Unrecht, das er dadurch «w einem Vater, über den er nie eine Klage zu führen gehabt, begehen würde; er stellt sich die Gefahr nicht vor, der er sich ausseßt, indem er eigener Herr über sein Schicksal werden will; er überlegt es nicht, daß es wenigstens die Ehrfurcht, die er dem Vater schuldig ist, ersodere, ihn über seine Abreise um Rath und Genehmigung zu fragen; er bedenkt noch weniger, daß, wenn er seinen ganzen Antheil hcrausnimmt, er ferner keine Gemein¬ schaft mehr mit dem väterlichen Haufe haben könne. Gib nur den Thcil der Güter, der mir zukommt, spricht er zu seinem Vater. Dieser gibt es ihm, und der Sohn nimmt sein Erb- theil mit — um nichts mehr zu fodcrn zu haben, er reiset ab, um nichts von dem Vater zu wissen: Und wohin reiset er? 3" ein weit entlegenes Land. Kennet er aber dieses Land da ec noch jung ist? Traut er diesem Lande, da es ihm unbekannt ist, weiß er, ohne um Rath zu fragen, wie man den Gefahren desselben entgegen komme? Wohin will er sich wenden, wenn es ihm unglücklich gegen sollte? Um alles dieses kümmert siü) der blinde Sohn nicht. Was treibt ihn denn also doch an, lci- neu guten Vater zu verlassen? — Das Verlangen nach hüt. § stürzet Mw, -in wol inen; d drdnm iers hi- kehren und vc kes sre gangen lein H die ihn I hatte, gebrech leiden, »erlasse gmd, heißt , dec D> elend dern s alles i seinen seinem einem l ju die seinem Weil und j, dein l welche auzun riges ! ünma i aus d «ar l 201 ihre ehr sie ie weil n, wie 'n, - st, sie r Nie- rd ge¬ rn ?— vandel !PthiiI- der e und lohne, Bild e der 'chuld. Hans ch an habt, e sich will; ie er Rath wenn icin« luir ineni Irb- ab, A i ec innt >reu eun sich sci- rei- heil Was sucht er in fremden Landen? Mehr Freiheit. Was stürzet ihn dort in's Verderben? — Seine Freiheit. Denn er «schwendete, sagt das Ev. in kurzer Zeit all' sein Gut, durch nn wollüstiges Leben. Und anders konnte es auch nicht kom- mii; denn im Lande seiner Verirrung fand er die Beispiele der Nduung nicht, wie im alterlichen Hause, die Furcht des Va¬ ters hiejt seine weitern Ausschweifungen nicht ferner zurück; die kehren und Grundsätze dec Erziehung waren bald gegen fremde md verderbliche vertauscht. Er ahmte nur zu leicht die Sitten les fremden Volkes nach, weil sic seinem Hange und seinen Nei¬ gungen angemessener waren; er fand Gesellschafter genug, die sein Herz vollends verdarben, er gesellte sich gerade zu solchen, die ihm zuerst halfen sein Gut durchzubringen. Nachdem er nun auf diese Art all' das Seinige vergeudet hatte, und überdies in demselben Lande eine Hungersnvth aus¬ gebrochen war, da sing er an, sagt die h. Schrift, Mangel zu leiden. Dieser Umstand hätte ihn bewegen sollen, das Land zu verlassen. Aber nein, er wollte nicht einmal in eine andere Ge¬ gend, er suchte Hülfe im nämlichen Lande, wo er war; er hing, heißt es, einem Bürger des Landes an, und verrichtete bei ihm die Dienste eines Schwcinhirten. Der Thörichte war jetzt schon elend genug, aber noch wollte er nicht aus seinem Elende, son¬ dern suchte nur im alten Lande neue Maßregeln, er sähe zwar alles schon um sich her entsetzlich verändert, aber noch gab er seinen ersten Plan, vom Hause abwesend zu seyn nicht auf. Bei seinem guten Vater wollte er nicht als Sohn leben, und bei einem fremden harten Bürger bequemt er sich als Schweinhirt i» dienen. Er hat also noch nicht den geringsten Wunsch zu seinem Vater zurückzukehren. Warum aber hat er ihn nicht? sdbeil er noch immer nicht ernstlich nachdenkt über seinen vorigen ""d jetzigen Zustand; die Betrachtung seiner selbst, ist ihm, bei dm Bewußtseyn seiner Verderbheit, ein gehässiger Spiegel, in welchem er seine elende Gestalt nicht sehen mag, um eine bessere ""»unehmen. Erkennen wir in dem verlornen Sohne unser eigenes trau¬ tes Bild meine Lieben! Wir haben uns ja auch und zwar nicht ''"Mal, sondern oft von Gott unserm himmlischen Vater entfernt ""s dem unseligen Verlangen nach Freiheit; und daran schon der Mangel an Ueberlegung Schuld. Wir haben dann dav 202 uns gegebene Erbtheil seiner Gnade ferne von ihm, im Lande der Bosheit und Verführung vergeudet — das können wie nicht laugnen. Haben wir aber darum auch schon an die Rückkehr zi, Gott gedacht! Wo ist unsere Busse? Wir wollen ja doch auch einst selig werden? ohne Busse, ohne Sinnesänderung können wir aber das nicht. Wann werden wir aber unfern Sinn ändern und die Besserung anfangcn? Warum ist cs noch nicht geschehen? Wa¬ rum noch vielleicht kein Anschein dazu? Weil wir noch nie ernst¬ lich über unfern Wandel nachgcdacht, uns noch nicht ernstlich ge¬ fragt haben: Was habe ich gethan? Sonst hätten wir die GM der Gefahr, in der wir schweben erkannt, und die Rückreise zu Gott unserem beleidigten Vater angetreten. Denn das Nachdenken führt den Menschen zur Kenntniß seiner selbst, und ist der erste entscheidende Schritt zur Sinnes¬ änderung. Das Nachdenken über sich selbst, ist nach den bildli¬ chen Ausdrucke der h. Schrift, die köstlichste Augensalbe, welche die Sehekraft stärkt, den Blick schärft, und durch Nebel und Finsternisse dringen läßt, welche Jrrthum und Leidenschaft um uns her ausgegvffen haben. — Mittelst des Nachdenkens werden uns unsere Wege, ihre Unrichtigkeit, ihre Entfernung von Goll unserm einzigen Ziele, sammt allem, was uns auf diese Wege brachte und darauf festhielt, uus so oft straucheln und fallen machte, aufgehellt. Durch das Nachdenken über uns selbst kommt heiliger Schrecken, Scham, Unwille, Neuefchmerz über unsere Thorheiten, Verlangen nach Besserung wieder zurück. Durch das ernstliche Nachdenken über sich selbst wurden alle diejenigen, die wir Büsser und Muster der Busse nennen, gleichsam wie an ei¬ nem Leitfaden aus ihren unglücklichen Jrrgängen herausgefuhrt, und wieder auf die verlassene Bahn der Tugend gestellt. — bessern Versinnlichuug dieser Wahrheit blicken wir zuerst wieder auf den verlornen Sohn zurück. Er kam endlich doch auf de" Entschluß das Land des Elendes zu verlassen, und die HeimreK zu dem Vater anzutreten. Aber auf welche Art kam er zu die¬ sem Entschlüsse? Dadurch, daß er über seinen Zustand ernstlich uachzudenken ansi'ng, wozu ihn freilich wohl erst die äußerste Nm bewegen konnte. Der reiche Sohn des reichen Vaters kam mM lich in seinem Elende schon so weit, daß er sich Kleien, das Futter der Schweine, die er zu besorgen hatte, wünschte, seinen unmenschlichen Hunger zu stillen; aber er wünschte sie ohne das sic ihm zen dem Laglöhm Ocrflus W muß Kinde bi ling, au Hungers mincn : nicht gn nz entli !" Herz, immer g mitleidig daß er unseliger sliindniß Larum lkincm g v will Ader de Kohn z, Kn Km iänem s sich selbj Weg de Petrus Morde: ^rst crr Untreue, seiner C sandelte "" sauf denken i »eckt w! erblindet Keele w "Haltei L'» » )- Lande ir nicht kehr zu ch auch nur rn und ? Wa- ernst- äch ge- Nröse eise zu 'nntniß -innes- bildli- wclche l und ft INN vcrden Evtl Wege fallen 'oinmt unfcre H daS i, die an ei- fühist - M nieder >f den mreife i die¬ nstlich Noth niini- , daS , uni ! nur, ^ne daß man ihm diese Jammerspeise angetragen, ohne daß man st ihm gegeben oder erlaubt hätte. Bei diesem Umstande gin¬ gen dem Verirrten die Augen von Thronen über. O wie viele iaglohner, sprach er, haben in meines Vaters Hause Brot im Oerstuße, indeßich, sein Sohn, hier vor Hunger dahin schmach¬ ten muß! — Wohin ist es doch mit mir gekommen! aus einem Lude bin ich ein Sklave, aus einem Hausgenossen ein Fremd¬ ling, aus einem Reichen ein Opfer der Armuth, der Blösse, des Hungers geworden. — Ach, mein Vater war gut, da er mir mnen Theil hcrausgab; denn mein unbilliges Begehren hat ihn nicht grausam gemacht, mein Vater war gut, da er mich trau¬ rig entließ, — denn meine unbesonnene Entfernung ging ihm zu Herzen; mein Vater war gut, weil er selbst gegen Knechte immer großmüthig handelte, — mein Jammer wird rhn folglich nutleidig machen. In meinem Leben hatte ich ja keine Probe, daß er hart und unbarmherzig war, und wenn ihn auch mein Eiger Schritt entrüstet hatte,.so müßte ihn mein reuiges Ge- fliiudniß und mein erbarmungswürdiger Anblick wieder besänftigen. Dmun beschloßen ist cs! Aufmachen will ich mich, sprach er in lauem gerührten Herzen, aufmachen will ich mich, zu meinem Va- tkl will ich gehen und zu ihm sagen: Vater ich habe gefündiget «der den Himmel und dich. — Ich bin nicht mehr würdig dein Cohn zu heißen, aber nimm mich doch als einen deiner gering¬ en Knechte auf! — Was gab also zunächst den verlornen Sohn lauem Vater wieder zurück? — Das ernstliche Nachdenken über sch selbst. Was hat andere Gefallene aufstehen und wieder den deg der Tugend wandeln gemacht? Was veränderte z. B. den l^teus auf einmal, nachdem er an dem besten Meister meineidig geworden war? — Das ernstliche Nachdenken über sich selbst. erinnerte er sich an die Worte Jesu und an seine begangene streue, und daun — dann bemächtigten sich Reue und Schmerz lauer Seele, — er ging hinaus — und weinte bitterlich. Was handelte den Saulus in einen Paulus, den reißenden Wolf, in "" sauftmüthiges Lamm um? Auch wieder das ernstliche Nach¬ eilen über sich selbst, wozu er durch ein mächtiges Wunder ge¬ ulkt wurde. Erst mußten die Schuppen nicht nur von seinen Windeten leiblichen, sondern auch von den geistigen Augen der «ele wegfallen, erst mußte er während eines drei tägigen Auf¬ taktes im Hause des Anamas bei Gebeth und Fasten, seinen verkehrten Wandel einsehen und kennen lernen, — und dm legte er das wehmüthige Bekenntnis ab: Ich, ich verfolgte di: Kirche Gottes! — Was braucht es mehr meine Lieben? - Wollen auch wir uns aus dem alten, unordentlichen und dabei höchstgefährlichen Scelenzustande herauswinden, — o so säumen wir nicht, uns dieses ersten und unumgänglich uvthwendigen Mit. tcls — des Nachdenkens über uns selbst zu bedienen. Keiner anS uns will ja doch in einem alten und dem nahen Einstürze dreh¬ enden Hause wohnen, sondern er läßt es bei Zeiten ausbesseni oder neu aufbauen. Was ist uns aber doch näher, und ivaS kann uns wichtiger seyn als wir uns selbst? und doch sollte c- uns gleichviel seyn, ob wir so oder anders bestellt sind? Wir sollten in einer Verfassung leben und bleiben, in der wir doch gewiß nicht sterben wollen? Nein, wir wollen uns mit einem m- partheiischen Auge durchschauen, um zu erfahren, was an uns ei¬ ner Änderung bedarf, wo wir anfangen, wo aufhören sollen; was auf den Wegen, die wir zeither liefen, rauh und uneben, krumm und höckericht war, um die Tiefen auszufällen, die Hügel und Kerze abzutragen, und unfern fernem Lebensweg zu einer geraden und ebenen Strasse anzulegen. Hierüber ist uns ober eine besondere Anleitung so nothwendig als nützlich. Dminn wollen wir jetzt noch sehen, wie wir das Nachdenken über un» selbst anstellen sollen, — im zweiten Theile. Weil sich die Duelle des sittlichen Verderbens vorzüglich m Innern des Menschen vorflndct, so müssen wir bei der Sclbß- Prüfung unser Augenmerk zuerst auf unsere Grundsätze richten. Denn diese sind der hinterlegte Schatz unseres Herzens, aus dem wir Gutes oder Koses hervorlangen, je nachdem wir Gutes oder Koses cingesammcit haben. Nach unfern Grundsätzen pflege» gewöhnlich, ja allezeit unsere Gesinnungen und Handlungen!" richten. Sind dem Menschen einmal, und besonders in der F' gend vernünftige, religiöse und sittliche Grundsätze, tief einge¬ pflanzt, und läßt er sich dieselben ehrwürdig und heilig flb"' so wird er gewiß, sowohl innerlich als äußerlich ein ordentlika' Mensch und ein guter Christ seyn; ist das nicht, so wird so¬ bald das Gegentheil an ihm erkennen: Leidenschaften wecdeo Nelle de int und Alle de i, die 8 Blichen »erdig zi sie nämlu Breiter siknlhume Md sittei Miges v «i wir irseres > sind diese tigen Gr mn räch >«im? t Mgült Mer der «der: der lagt, wer Findet es Kem In Hr, w md verk -komme! Anschlich Herzen s ktirne d "der uns nn? W »eiter so Nvermei "nr cntn Werke g «ns ung keil und dessere ^kennst 205 nd dam olgte dik ien? - nd dabei sauma en Mit. i»cr «S zc dech isbesseni n d ivaS ollte cj ? Wir sir doch mn iiii- uns ei- sollen; unebcii, H,igel ! eimk s aber Dmm er am' Ä E -elbst ichtee. s dem z oder ii sich cn j» : Zu- einge- sicher sich - die Me der Vernunft, Jrrthum und Lüge die Stelle der Wahr- Kit und des Christenthumes — Laster und Ausschweifungen die Me der Sittlichkeit und Tugend vertreten, wie der Boden, i, die Frucht, wie dec Grund, so das Gebäude. — Bei dein Glichen Willen nach Sinnesänderung müssen wir daher noth- iMg zuerst unsere Grundsätze der Prüfung unterwerfen, — ob sir nämlich der Vernunft und dem Evangelio gemäß, oder wi- brßreitend, ob sie ans der gesunden Vernunft und dem Chri- fkichume abgeleitet sind, oder ob wir dieselben aus religions- liid sittenwidrigen Büchern und Schüssen gesogen, oder durch listiges verführerisches Geschwätz uns haben aufheften lassen, oder ch wir sie uns nach den ungezäumten Begierden und Gelüsten mseres Herzens zusammen geschmiedet haben? — Und welche frd diese Grundsätze? Ist vielleicht dieser unter unfern vernünf¬ tigen Grundsätzen: Man müsse nichts für wahr halten, was m nicht mit seinen Verstände oder mit seinen Sinnen bemessen km? Oder ist es dieser unter den religiösen: Man müsse gleichgültig gegen alle Religionen seyn? — Oder ist es dieser «ter den sittlichen: Der gute Zweck rechtfertige jedes Mittel? »der: dem Menschen sey alles erlaubt, was seinen Neigungen zu¬ lagt, weil Gott dem Menschen diese Neigungen gegeben har? — Met es sich, daß bisher solche und ähnliche Grundsätze in un- kem Innern einheimisch waren, — dann ist es kein Wunder ">chr, wenn wir Jrrthum und Lüge für Wahrheit angenommen und verkauft, wenn wir den Forderungen der Sinnlichkeit zuvor- gckommen, unseren Gelüsten nichts versagt, weder göttliche noch menschliche Gesetze geachtet haben; denn da hatten wir in unserem Harzen schon ein eigenes Evangelium, welches wir mit srecher Etirnc dem Evangelio Jesu Christi entgegen setzten. — Soll aber unsere Verblendung und unser Starrsinn noch so fortwäh- kkn? Wollen wir an dem Wanderstabe gefährlicher Grundsätze noch veiler fortschreiten, bis wir unvermuthet an den Abgrund eines ""vermeidlichen Unterganges gerathen? Nein, so etwas läßt sich ""r entweder von ganz verstockten, oder von nicht ernstlich zu 'Earle gehenden Menschen denken. Von Christen aber, die sich's ""s ungeheucheltcm Herzen angelegen seyn lassen, die Unrichtig- e>t und Schädlichkeit ihrer Grundsätze zu erkennen, darf man Mre Hoffnung schöpfen. Diese werden nach redlich eingehohlter ^kenntniß, von einem heiligen Schrecken und Abscheu über ihre verderblichen Grundsätze ergriffen, mit dem buffenden Könige Da¬ vid ans einem zerknirschten Herzen aufscufzen: Wie ein irrendes Schäfchen bin ich vom Wege abgewichen! Herr, suche deinen Knecht! denn ich habe dein Gesetz noch nicht ganz vergessen. Ferner müssen wir, wenn wir uns dem Geiste nach wahr¬ haft erneuern wollen, auch unsere Meinungen und Gesinnungen einem strengen Gerichte unterziehen. Es kann und darf uns eben so wenig einerlei seyn, welche Neigungen und Gesinnungen in uns obwalten und herrschen, als es uns gleichgültig seyn kann, ob wir vernünftige oder unvernünftige Geschöpfe, Christen oder nicht Christen sind. Geheim und unvermerkt erwacht und ent¬ wickelt sich oft in dem menschlichen Herzen irgend eine sinnliche Neigung; man nimmt sie in ihren kleinen Anfängen gar nicht wahr und denkt nicht gleich an die nöthigen Vorbauungsmittcl. Um so ungestörter nimmt daher die Neigung Besitz von unserem Herzen, und hat auf alle unfere Gesinnungen und Handlungen einen zwar feinen, aber doch mächtigen Einfluß; endlich aber bricht die schon starkgewordcne Neigung sichtbar hervor und reift uns in ein Labyrinth von Vergehungen, woraus wir keinen Aus¬ weg mehr finden, bei vielen bleiben dann alle Besserungsnüttcl ohne Wirkung, was nicht geschehen wäre, wenn entweder die Aeltern und Erzieher, oder sie selbst gleich Anfangs ihren Nei¬ gungen und dem Einflüsse derselben auf die Gesinnungen nachgc- spürt, und ihnen eine bessere Richtung und Beschaffenheit gege¬ ben hätten. — Weg also meine Lieben! mit der Larve vor dem Angesichte, die uns bisher unsere wahre und eigentliche Gestell verhehlte! wir wollen zur Erkenntniß unseres Herzens ernstlich gelangen, unfern Neigungen eine andere, bessere Richtung geben- und dem Gesetze Gottes, den Gesinnungen Zesv wieder gleich¬ förmig werden. Welche war also, und ist noch die herrschende Neignrg- dcr thöricht geliebte Hausgötze in uns, dem wir räuchern, nut den wir alles beziehen, von dem alle unsere Unordnungen ihre" traurigen Ursprung nehmen? Vielleicht ist es ein vorwiegender und lauge genährter Hang zu tausend nichts werthen Eitelkeit"! zum übermässigen Putze, zum Zeit zersplitternden Spiele, zu un¬ aufhörlichen Zerstreuungen, zum trägen Müssiggänge, zum "re¬ chen und verzärtelten Leben? — Vielleicht unreine Fleisches- u>u Sinneslust? Vielleicht schändliche Habsucht und unbarmherzig^ ktz? v mgcbild ßenvera kksentlicl iS imme U» selb! iss msse x Herz kiiuel l im der md süss krheißu illem we «a» him lnisch, l kb ist, lmen u si recht Him uii Heven i w Erh En k auch str geist lkm Sst »>r Umc ücrter,' Airerbe Men P Ke nch °°n vers Glichen »ir die Denket bcl rder Mligei ^enn, r ^rist, ^rlichm 207 n'ge Da- irrendek e deinen en. h wnhr- nniwgeii uns eben Ingen in n kann, len oder ind ent- finnliche ar nicht .smitlel unseeeni dlungeii ch aber id reist en Aus- zsniitte! der die 'n Nei- nachge- gcge- or dem Gestalt ernstlich geben, gleich- eigung, ni, ans ihren egender ,,keilen zu nn- n wei- z- und icrzigtt' Kcih? vielleicht überspannte Hochschätzung seiner selbst und seiner ^gebildeten Große? vielleicht stolze Herrschsucht? vielleicht Men- ßenverachtung und Menschenhaß? vielleicht Nichtachtung seiner «sentlichen Menschen - Christen- und Standespflichten? — Was !»immer ist und scyn mag, das wir bei reifem Gerichte über ms selbst, an und in uns finden; immer müssen wir gestehen, isß unser Herz, dieses, aller guten und edlen Gesinnungen fähi- x Herz — dieser Tempel des h. Geistes entweiht, und dec ßriiuel der Verwüstung am h. Orte ausgestellt sey, weil wir der Zeit an, da unser Sinn irdisch geworden ist, das frohe Md süsse Andenken an Gott, an sein h. Gesetz und seine seligen Ükcheißungen von uns verbannt, den Geschmack an Religion und Lin was zu ihr gehört, abgelegt, die sanften Gefühle für Alles, »s himmlisch, was wahrhaft, was wohlanständig, was gerecht, kusch, liebenswürdig, rühmlich, was irgend eine Lugend und ein kb ist, verloren haben. — Wenn wir aber das aufrichtig er- ktimn und gestehen, dann wird diese Erkenntniß, besonders wenn st recht lebhaft ist, sicher auch der heilsame Anfang zu bessern Gimmigen seyn; denn wir werden doch einen Zustand verab- lchemi und zu verlassen wünschen, der so sehr mit der Würde v Erhabenheit des Menschen und des Christen streitet. — Endlich meine Lieben! muß sich unser forschendes Nachden- auch auf unfern äußern Wandel verbreiten. Die Anwendung geistigen und körperlichen Anlagen nnd Kräfte, die wir von Schöpfer empfangen haben, — die Personen, mit welchen L Umgang pflegen, die Gelegenheiten, die wir besuchen, die fetter, da wir uns gewöhnlich aufhalten, — die Geschäfte nnd bewerbe die wir treiben. — Alles dieses müssen mir einer ge- Wen Prüfung unterwerfen; damit wir erfahren, ob und in wie 'M wir unserer Bestimmung auf Erden entsprochen, oder uns ^ derselben entfernt? welchen Gebrauch wir bisher von den nä¬ mlichen und übernatürlichen Mitteln der Gnade gemacht? Wie M die kostbare Zeit unserer Vorbereitung für die Ewigkeit an- ^cndet? Ob wir Gott oder der Welt gedient, für den Him- ^l oder für die Hölle gearbeitet, uns und unsere Mitmenschen heiliget, oder entehrt und in's Verderben gezogen haben. — es kann uns nicht unbekannt seyn der Ausspruch der h. nach welchem wir bloß zum Dienste Gottes und zur Ver- Mlichung seines Namens erschaffen sind: Der Herr hat alles 206 wegen seiner selbst geschaffen. Nicht unbekannt kann uns sm die Ermahnung des Heilandes, nach welcher wir nur durch treue Befolgung des göttlichen Willens einer ewigen Seligkeit theilhait werden können: Willst du zum Leben eingehen, so halte die Gebothe. „Meide das Döse, und thue das Gute." Nicht un¬ bekannt kann uns seyn der Befehl des Heilandes, daß unser ganze Wandel lichtvoll und erbauend seyn soll: „Lasset euer Licht vor den Menschen leuchten, damit sie eure guten Werke sehen und den Vater im Himmel preisen." Nicht unbekannt kann uns seyn, die furcht¬ bare Drohung des Herrn an jeden unordentlich und andern,-zum Anstoße wandelnden Christen: „Wehe dem Menschen, durchwei¬ chen Aergerniß kommt." Hier sollten vorzüglich alle diejenigen mit sich selbst strenge zu Gericht gehen, die ihres Amtes und Stan¬ des halber, andern vorzuleuchten verbunden sind! Geistliche und weltliche Vorgesetzte, Aeltern, Lehrer, Hausherrn und Haus¬ frauen, sollten gewissenhaft die Frage an sich stellen: Waren meine Reden und Handlungen immer von der Art, daß sie mei¬ nen Untergebenen zu einem guten Beispiele gereichen konnten? Oder habe ich nicht aus Unvorsichtigkeit, Leichtsinn, Bosheit oder Leidenschaft die Schwachen und Kleinen geärgert? Habe ich nicht vielleicht den Samen des Unglaubens und der Lasterhaftigkc.r in junge und fremde Herzen gestreut und durch das kostbare Nut Jesu Christi theuer erkaufte Seelen, wieder unter die Knechtschaft der Sünde und des Leusels gebracht? — Was habe ich in der Folge zu thun und zu lassen, um mich neben den eigenen, nicht auch mit fremden Sünden zu beladen, — und wie werde ich das Verderbniß wieder gut machen, das ich unverantwortlich ge¬ stiftet habe. —> Aber nicht nur das Böse das wir verübt, und das Gull das wir unterlassen, sondern selbst auch das Gute das wir wirk' lich gethan, muß ein Gegenstand unserer strengen Prüfung Dz Denn nur zu oft meine Lieben! ist unsere Lugend nichts auder» als eine schöne Aussenseite, unsere Andacht mehr Sucht nach schenlob, als wahre Frömmigkeit; unsere Gewissenhaftigkeit uB' eine kluge Berechnung den Kredit bei andern nicht zu verliert als, wahre Rechtschaffenheit, — ja selbst die h. Beichten und DH Übungen sind oft bei vielen mehr Hilfsmittel, das Gewissen sE täuschend zum Schweigen zu bringen, — als Bemühungen end¬ licher Herzens- und Lebensbesserung. Durch einige scheinbar gt Werke k gut, un aus uns im Änr faule di II v erech Gräuel wir von dm Rill Misere C Misere L Mein E das Eve das doll ist, drin miser g schmerz dimmlisc ftrnt h dich und W kelbstpr aas der nichts ki »vhlbedu lewes si Duck, helfen s für die le thun kiuladen kicher V M)t m Dort d >°ut un! sumkeit, bei der Der A» te die 269 ls sei!!! j trem- Heilhost lte die cht uo< r ganze vor den > Vater furcht- rnjzum ech wet¬ zen mit Stau¬ che und Haus- Wareu sie mei- mntcn? ut oder ch nicht zkc.r in e Blut chtschoft in der , nicht rde ich lich ge- z Ente ir wirk- !g andere h Men- l t nich^ rliernn L M' ! scldst- n crnst- ar Werke betrügen wir oft uns selbst und die Welt, halten uns für gut, und wissen uns auch andern gut darzustellen, ungeachtet viele »us uns vielleicht boshafter sind, als jener verworfene Pharisäer im Lempel, so daß sie nicht einmal mit ihm bethen können: Ich danke dir o Gott, daß ich nicht bin wie andere Leute, Räuber, I! Gerechte, Ehebrecher! — Ach meine Lieben! Was für einen Gräuel würden wir nicht selten in unfern Herzen entdecken, wenn wir von Zeit zu Zeit durch eine ernste Selbstprüfung uns vor dm Richterstuhl Gottes und des Gewissens hinstelleten, wenn wir Mre Grundsätze, Neigungen, Gesinnungen und Handlungen, alle unsere Werke, selbst die guten, aufrichtig und unpartheiisch mit Mein Gesetze verglichen, welches uns Gott durch die Vernunft und das Evangelium so klar und deutlich ankündiget. O so thun wir das doch jetzt gleich und ernstlich, da es noch zu unserm Heile ist, dringen wir mit scharfem Blicke in unser Herz, damit wir Mr ganzes Elend recht erkennen und fühlen, und von Reue¬ schmerz durchdrungen, mit glücklichem Erfolg zu Gott unserem himmlischen Vater, von dem wir uns undankbar und sträfllich ent- strnt haben, aufseufzen: Vater, wir haben gesündiget wider dich und den Himmel! — Wahr ist es wohl meine Lieben! eine solche ernste, strenge kelbstprüfung kostet Mühe und Anstrengung; allein sollten wir >ms denn das, was uns allerdings das Lheuerste seyn muß, «ichts kosten lassen? Man geht ja doch mit seinen Gedanken »ahlbedacht, bis auf die Huelle seines zerritteten Hauswesens, seines sinkenden Kredits, seines fallenden Handels und Interesses Muck, man will wissen, wo es gefehlt war, und wo noch zu Wn sey. Sollten wir dieses nämliche nicht noch weit mehr kur die Verbesserung unseres Geistes, für das Heil unserer See- Ik thun? — Und hiezu eben ist die gegenwärtige Zeit überaus Madend und Vortheilhaft. Denn das lärmende Geräusch weit¬ er Vergnügungen und Eitelkeiten stöhrt uns, Gott sey Lob! Mehr. Die Diener der Religion reden jetzt öfters das -^°rl des Herrn zu unserem Herzen, und dieses h. Wort er- uns um so klarer und eindringlicher zur Zeit einer h. Ein- Aik'eit, ich will sagen, bei genauer Versammlung des Geistes, der Ruhe des Herzens, bei der Stille der Leidenschaften. — E Anblick des Gekreuzigten, dessen Leidens- und Todesgeschich- die Kirche in diesen Wochen feiert, sagt uns, was dieser 14 2s0 göttliche Erbarmer und Retter aus Liebe für uns gcthan hat, und was wir van Gegenliebe getrieben zu unserer Rettung, die ihm so theuer zu stehen kam, thun sollen. Machen wir also dm ersten und nvthwendigsten Schritt zur Sinnesänderung, und schenken wir dem Nachdenken über uns, und über alles was uns bis jetzt zum Verderben war, mehr Zeit als bisher. Flehen .er aber dabei jederzeit zuerst hinauf zum Vater der Lichter, daß cr uns zu diesem wichtigen und schweren Geschäfte seinen Geist, den Geist der Erkenntniß, der Wissenschaft und des Rathes sen¬ de. Er wird uns diesen seinen h. Geist auch gewiß senden, wenn wir das Sclbstgericht mit einem demüthigcn und redlichen Herzen anfangen. Mit einem demüthigcn Herzen — weil uns die Dcmuth niemals nothwcndiger ist, als dazumal, wo wir selbst unsere Ankläger und Richter werden, wo wir unser gan¬ zes Elend erkennen, unsere geheimsten Seelen-Wunden aufdc- cken sollen. Und mit einem redlichen Herzen — d. i. daß wir im Voraus schon entschlossen sind, keinen von unser» Fehltritten vor uns verborgen zu halten; denn das Gericht des Herzens ist das Gericht Gottes, und da dieser die Sache nicht anders anschcn kann, als wie sie wirklich ist, so dürfen auch wir sie uns nicht anders vorfpiegcln, als wie sie an sich ist. Schlauheit wurde hier nichts nützen, Oberfläche nicht hinreichen, Mangel an An¬ strengung der Absicht nicht entsprechen. Der redliche BW kann sich selbst keine eigentliche Zeit bestimmen, wann er mit der Selbstprüfung fertig feyn soll, er übereilt sie nicht, sondern nimmt sich so viel Mühe, bis cr sich gcnau kennen gelernct hat, und selbst dann, wenn er alles von seiner Seite gethan hat, ruft cr noch wie David mit einem bekümmerten Herzen zu Gott' Reinige mich v Herr! von meinen verborgene» Sünden. Amcm 211 h hat, ag, die iso den und ns »ns cn »ir daß er Geist, es fcn- senden, Glichen ük uns o wir gmi- aufdc- nß wir tritten ens ist nschen i nicht würde n An- Büsser er mit andern :t hat, > hat, Gatt: MG- M. »Erneuert euch im Gerste eures Sinnes.« Ephes. 4, 2Z. Eingang. Äie Aufforderung des grossen Weltapostcls Paulus au die Chri¬ sten zu Ephesus: Erneuert euch im Geiste eures Sinnes! — ist md bleibt vollgiltige Aufforderung für die Christen aller Zeiten; hat daher auch für uns, wessen Standes, Alters und Geschlechtes »immer feyn mögen, ihre verbindete Kraft. Denn sagt uns «mal unser innerstes Bewußtscyn, daß wir die Unschuld des herzens, welche die schöne und bcseeligende Frucht der Laufgnade an uns war, durch selbsteigene Sünden verloren, unser Gewissen «ist mancherlei stündlichen Lüsten und Werken befleckt haben — daß der edelste Theil von uns, unsere unsterbliche, der Lugend «d Seligkeit fähige Geist, durch eine irrige, niedere und sinnli¬ che Denk-, Gesinnungs- und Handlungsweise verdorben ist, so daß wir mehr irdischen und thierischen, als geistigen und himm- dschen Geschöpfen gleichen — sagt uns dieses Alles unser inner¬ es Bewußtscyn klar und unzweideutig: so dürfen wir nicht lange mehr, vielweniger ferner und immer in diesem elenden des dtmünftigen Menschen und begnadigten Christen höchst unwürdi- D Zustande verharren: so ist es für uns höchstes und unauf- lchiebliches Bedürfniß, diesen Zustand des Verderbens zu verlas¬ en, uns in einen neuen und bessern zu versetzen, und somit die Ackerung des Apostels: Erneuert euch im Geiste eures Sinnes! göttliche Forderung in ihrem ganzen Umfange zu erfüllen. Den ersten und nothwendigsten Schritt hiezu, haben wir, es uns anders wahrer Ernst mit der Besserung ist, be- gemacht, indem wir unterstützt von dem Tröster, dem h. ^>ste durch ein ernstliches und reifes Nachdenken über uns, über fasere Grundsätze, Neigungen, Gesinnungen und Handlungen, Anfang zur Sinnesänderung gemacht haben. Hoffentlich steht jetzt unser Inneres offen, die Falten unseres Gewissens sind ^gedeckt, die Duellen unserer Fehler, somit aller grossem und Fingern Vergehungen unseres Lebens sind uns bekannt — die ^finden unserer Seele sind enthüllt. Mir erkennen es, und ! ^n es auch bekennen: wir sind wie irrende Schafe vom rech- 14* 2!2 ten Wege abgewichen — wir haben das Erbtheil der Gnade, ferne von Gott unscrm Vater ün Sklavendienste des Lasters verschwendet — wir sind wahrhaft arm, krank, und mehr aber weniger dem geistigen Tode nahe; wir sind also nicht mehr das, was wir waren in jenen glücklichen Tagen, da wir nach der geistigen Wiedergeburt, nach der h. Taufe, von Gott als Kin¬ der ausgenommen, in feinem — unseres Vaters Hause lebten. — Mit dem Propheten Jeremias muffen wir über uns selbst trauern: die schönste Farbe unserer einstigen Unschuld ist verdunkelt, das feinste Gold der Gnade hat seinen Glanz verloren, und die er¬ habenen Kinder Sions — sind irdenen Scherben gleich gewor¬ den, die weiter zu nichts mehr als zum Wegwerfen taugen. — Was sollen wir aber nach einer solchen Kenntniß unseres Zu¬ standes ferner und zunächst thun, damit wir uns im Sinne des Apostels erneuern, und uns in Wahrheit das trostvolle Zeuguiß ertheilen dürfen: wir seyen nicht mehr die alten, entwürdigten Geschöpfe — wir haben den alten Menschen mit feinen Werken aus- und einen neuen ungezogen, der nach Gott gebildet ist in Gerechtigkeit, Wahrheit und Heiligkeit? — Der Beantwortung dieser Frage sey eben mein heutiger Vortrag gewidmet. Zeh zeige nämlich: daß, weil Sinnesänderung das Wahre, das Näch¬ ste ist, was auf die Kenntniß seiner selbst folgen, das Wahre und das Nächste, womit die geistige Erneuerung des Menschen fortgesetzt werden muß: wir Alles, was uns Duelle und Ver¬ anlassung eines unsittlichen und bösen Wandels ist, mit allem Fleiße beseitigen müssen und zwar i) zuerst von Innen und dann 2) von Außen. Ohne Beseitigung der Veranlassungen zum Vo¬ sen gibt es keine wahre Erneuerung und Bekehrung. Verneh¬ men wir also hierüber die ausführlichere Erklärung und machen wir sic uns bei Zeiten zu Nutzen, denn wer weiß es, ob uns sonst noch eine Gelegenheit dazu günstig seyn werde. Erster Theil. Bei einer unpartheiischen und ernsten Erforschung unsere- Innersten, ergibt cs sich: daß entweder falsche Grundsätze oder tief eingewurzelte böse Neigungen, oder beides zusammen du traurigen Duellen des Sittlichböscn in uns waren, und uns n> den elenden Stand versetzten, den wir den Stand der Sunde MNNkN iiern s kknnbw Es be in nns cigwtl cben st komme Srnnd örand griffen der ge dessen Mgegr wird d ffiiadc Kranke thener schneid so soll dec S mit bc Arsch Keim solche" Ae, bei all venn venn keinen «ns d, , sind. Ke fa und z> bald 1 a> uur zl i" um Mien. Diese unseligen Lmllcn zu verstopfen, ihnen den fer¬ nem schädlichen Einfluß auf uns zu benehmen, ist unsere unver¬ kennbare und unerläßliche Pflicht. Denn wie wollten wir sonst, M bösen gute Menschen und Christen werden, wenn das noch in inis bleiben, und über uns herrschen dürfte, was uns doch eigentlich zu bösen Menschen machte? Unsere Besserung würde eben so wenig und noch weniger von Statten gehen, als die voll¬ kommene Genesung eines gefährlich Kranken, in welchem der Snmdstoff der Krankheit nicht gehoben ist. Der nicht vom Srunde aus geheilte Kranke wird bald von neuen Anfällen er¬ griffen, und bei allen angewandten Vvrkehrungsmitteln nicht wie¬ der genesen, eine Beute des Todes werden; und der Mensch, dessen sittliches Uebel nicht tief genug, nicht am rechten Orte angegriffen und von der Wurzel gehoben und vertilgt wird, Nd durch unaufhörliche Rückfälle zeigen, daß seine letzten Um¬ stände ärger als die ersten sind. So wie demnach der leiblich Kranke, dem seine Wiederherstellung und Erhaltung werth und thwer ist; sich bittere und scharfe Arzneien gefallen, wohl auch schneiden und brennen laßt, je nachdem es die Noth erheischt: !o soll auch der sittlich Kranke (denn das ist Jeder im Stande bec Sünde und des Lasters) sich ermahnen, sich in sich selbst >»>t heiliger Gewalt anzugreifen, bis auf die Grundursache seiner Verschlimmerung einzudringen, und nicht Nachlassen, bis er jeden Keim des Bösen hinweggeschaft und beseitiget hat. Zum ersten also haben wir die falschen Grundsätze, wenn solche bisher in uns einheimisch waren, abzulegen. — Jene Grund¬ sätze, die wir, weil sie unfern sinnlichen Neigungen schmeichelten, bä all' unfern Handlungen fleißig und so ruhig befolgen, als ^nn sie die unwidersprechlichsten Wahrheiten wären; die aber, wenn wir sie nur einmal genau und unpartheiisch prüfen, an keinen festen Punkt können angeknüpft werden, weil sie weder aus der gefunden Vernunft, noch aus dem Evangelio abgeleitet !"id. Die beschränkte Zeit erlaubt es uns hier wohl nicht all' b'e falschen Grundsätze erst durchzuprüsen, doch führe ich einige zwm- die gangbarsten, zur leichtern Verständniß an: daß, so¬ bald ein Zweck rechtmässig, oder gut oder auch nur erlaubt sey auch alle Mittel ohne Unterschied, erlaubt seyen, wenn sie zum Zwecke führen. Dem zu Folge erlaubt man sich nun unfern Zeiten mehr als je: Lüge, Falschheit, Ränke, Betrug 21L Verleumdung, Treulosigkeiten oller Art, selbst den Meineid, wenn er nur zum Zwecke führt. Alles nach dem beliebten Grundsatz Der Zweck rechtfertiget die Mittel- Ist oder dieser Grundsatz, der freilich wohl der Sinnlichkeit und der Eigenliebe überaus zn- sagt, auch mit der gefunden Vernunft und dem Christenthmm im Einklänge? Nicht im geringsten. Denn beide erklären ihn als falsch, verderblich und sündhaft — beide sagen und predi¬ gen unaufhörlich, daß Gott der Höchstwahrhafte, Heilige und Ge¬ rechte, Lüge, Betrug, Ungerechtigkeit und Treulosigkeit ewig verabscheue und verdamme. — Ein anderer, nur zu allgemeine Grundsatz zu unserer Zeit ist der: Was einem andern erlaubt ist, sagt man, das kann mir auch nicht vcrbothen seyn. lind so trachtet man nach dem nämlichen Zwecke, nach welchem an¬ dere streben. — Die Höhern halten für sich alles für erlaubt, was sich die Niedern erlauben, und die Niedern glauben nicht minder recht zu haben, wenn sie den Fußstapfen der Höhern fol¬ gen; die Söhne rechtfertigen sich mit dem Beispiele der Väter, und die Töchter bleiben in dem, was der Sinnlichkeit schmeichelt hinter den Müttern eben so wenig zurück, und die Diener und Dienerinen thun ganz ruhig, was sie andere ihres Gleichen, ih¬ res Standes thun sehen, es mag so böse und verkehrt seyn, ast es will; denn was andern erlaubt ist, heißt es, kann mir auch nicht verbothen seyn. Indessen sagen uns aber Vernunft und Offenbarung, daß Gott der Höchstheilige und Gerechte uns nicht nach den Beispielen anderer Menschen, sondern einzig und allein nach seinem h. Gesetze richten werde. Wir alle müssen vor dein Richterstuhl Jesu Christi erscheinen, damit jeder empfange, je nachdem er in seinem Leben Gutes oder Böses gewirkt hat. — Einer der verderblichsten Grundsätze unserer Zeit aber ist der: Dem Menschen sey alles erlaubt, was seinen Neigungen zusagt, weil ja Gott dem Menschen die Neigungen nicht umsonst gegeben hat? — Und nun ist jedem' alles erlaubt, wornach er nur immer ein Verlangen empfindet, und erlaubt sind ihm auch olle, selbst die abscheulichsten Mittel, wenn sie nur zu dielen' Zwecke führen. Woher und wodurch aber die Richtigkeit dieses Grundsatzes erweisen? — Aus der Vernunft nicht. Denn diele als der edlere und höhere Theil des Menschen sagt und fodcet es ohne Unterlaß, daß man ihr die Sinnlichkeit unterordnend und seine Neigungen von ihr beherrschen lassen soll, weil iE » » » » 2i5 « « « er bcr Mensch vor dem Thier?, weiches nur blindlings seinen Tric¬ ikli folgt, nicht nur nichts bevor hätte, sondern sich noch unter las Thier herab erniedrigte. — Aus dem Evangelio kann man »och weniger die Richtigkeit des genannten Grundsatzes darthun; den» dieses fvdcrt noch bestimmter und dringender, daß man sich selbst verleugnen, der Welt, ihren thörichtcn Freuden und Ge¬ nüssen abstcrben, und sein Fleisch mit seinen Begierden kreuzigen solle. — Solche und ähnliche offenbar falsche Grundsätze hindern M den Menschen, je mehr und je länger er ihnen beipffichtet, M der Annahme und Befolgung religiöser und sittlicher Wahr¬ heiten, stürzen ihn in tausend Arrthümer in Un- und Aberglau¬ ben, machen ihm zum rasenden Schwärmer der Religion, zum Mbimdigen Rebellen un Reiche der Sittlichkeit, und zum bloß genießenden Lhiere auf Erden. Wider solche falsche und verderb¬ liche Grundsätze und Lehren eifert der Apostel im Briefe an die Exhes. wo er schreibt: Lasset euch nicht mehr Kindern gleich von jedem Winde ungesunder und irriger Lehre, wie von Wellen hin Md her treiben, d. h. Verwahret euch vor falschen Grundsätzen Md Lehren, und greifet jene, von denen ihr euch bisher bethören ließet, scherzt an, verbannet sie von euch, und lasset sie nun nicht mehr die eurigen seyn. Sollten wir also bisher gewissen falschen Grundsätzen gefolgt haben, — so geben wir sie nun auf immer auf; denn was ist weniger mit uns und unserm ganzen Wesen verbunden als falsche Grundsätze? Wir nennen sie zwar unser, weil sie uns im Kopfe sitzen, aber sie sind doch nicht unser, weil sie uns entweder nach dem Ausdrucke des Apostels durch Arglist >md Kunstgriffe der Menschen, die uns durch Gespräche, Schrif¬ ten oder Bücher verwirren wollen, sind beigebracht worden, oder meil sie eine niedere Leidenschaft wie z. B. Habsucht, Stolz oder Wollust in uns ausgehcckt hat. Was nun nicht unser, was of- fcnbar falsch und irrig ist, das können wir ja doch leicht able¬ gen. —> Was ist für den Menschen natürlicheres Bedürfnis, als dü Wahrheit? — Huldigen wir also der Wahrheit, von der wir abgefallen sind; seyen und bleiben wir von jetzt an so gefaßt, daß mir jeden Grundsatz, jede Meinung, die die Prüfung >^er gesunden Vernunft und des Evangeliums nicht aushält, und uns zum Bö- st» zu verleiten geeignet ist, wie das Gift der Schlange von sich stoffen, wenn sie ui/s auch noch so sehr unter dem erborgten Na- der Aufklärung sollte aufgedrungcn werden. »»»^> 2! 6 «<«« So hätten wir uns dann schon von einer Seite nach dem Geiste unseres SinneS erneuert. Nun kömmt aber die Reihe an die bösen eingewurzelten Neigungen. Hier kostet es schon mehr Mühe, weil es sich da um die Bekämpfung der verwöhnten Ei. genliebe, um die Bezähmung der ungestümen Sinnlichkeit han¬ delt. — Doch ist auch das nicht unmöglich, schon darum nicht, weil es uns Vernunft und Religion zur Pflicht machen, Unmög¬ lichkeiten aber niemals zur Pflicht werden können. Wer sich dem¬ nach in Wahrheit bessern will, der verfolge seine Neigungen in ihren geheimsten Schlupfwinkeln, und lasse nicht nach bis erste unschädlich gemacht bat. Zwar ausrotten, vertilgen können wir die Neigungen an sich nicht, das hieße die menschliche Natur selbst vernichten wollen, — aber sie bezähmen, daß sie nicht mehr zum Bösen ausschweifen, ihnen eine andere Richtung geben, daß sie nur zum Guten dienen müßen, das steht in unserer Gewalt- Und wer einmal den festen Entschluß gefaßt hat, der geht auch vertrauend ans Gott, hcldenmüthig zu Werke. Er wacht be¬ ständig über sein Herz, er schlägt die ungestümen Forderungen seiner Neigungen ab, er verwehrt ihnen die groben und auffallen¬ den Ausbrüche, und widersetzt sich ihren leisern und steinern Lockun¬ gen; er richtet seine Gedanken auf gute und nützliche Gegenstände, schwächt die Macht der Leidenschaften durch Arbeitsamkeit und Nüchternheit, stärkt sich durch das Gebcth, durch Anhörung des göttlichen Wortes, gebraucht die von Jesus angeordneten Heile- mittel, so wie die von der Kirche vorgefchricbenen Lugendmittel, — und erringt so die herrliche Oberherrschaft über die niedere ihn so lange entehrende Sinnlichkeit. — Mit dem noch nicht zufrieden, ist der seine Sinnesänderung fortsetzende Christ auch .noch bestießen, die bösen Neigungen fehl ganz zum Guten umzustimmen. War er z. B. bisher, wie da verlorne Sohn, ein nach zügelloser Freiheit schmachtender, in> Taumel ungczäumter Lüste herumirrendcr Schwelger und Wüstling - so sucht er jetzt keine andere, als die Freiheit des Geistes, -- die Freiheit der Kinder Gottes, den Genuß reiner Tugendfreuden, und den Besitz höherer himmlischer Güter. — War er bisher nne Saulus ein aufbrausender Feuerkopf, ein erklärter Widersacher da Wahrheit, der das Heilige und Göttliche, die Religion und ihre Bekenner anfeindcte, und sie seinen Vorurtheilen und fallchen Grundsätzen aufopferte: so wendet er jetzt all' steinen Eifer dahin» 21/ «««-- lic Cache Gottes überall zu vcrtheidigen, und sie, wenn eS nö- Ihiq wäre, auch mit seinem Blute zu bekräftigen. Sv machte cs Paulus, nachdem er zur Erkcnntniß gekommen war. Mit glühen¬ lein Eifer predigte er sogleich in der Synagoge von Damaskus Zksmn den Gekreuzigten, den er verfolgt hatte. Alle die ihn Men, staunten über ihn und sprachen: Ist dieser nicht derselbe, der zu Jerusalem diejenigen bestritt, die den Namen des Naza¬ räers anriefen, und der zu dem Ende hieher kam, um sie gefes¬ selt den Hohenpriestern zu überliefern? — Za dieser nämliche Laulus, nunmehr Paulus genannt, bekannte und predigte jetzt Wen und Heiden den Gekreuzigten, und scheuete weder Verfol¬ gungen noch Geißelstreiche, noch Steinigungen, weder Ketten und Lande, noch Schiffbrüche, — ja selbst den Lod nicht um des Namens Zesu willen. — Hatte ferner der sich nunmehr bessernde Länder, ehedem sein Herz wie jene Sünderin im Evangelio, an unwürdige Gegenstände hingegeben, und es mit thicrischen Lüsten aller Art befleckt: so ist er jetzt fest entschlossen, nichts mehr als was rein, was züchtig und ehrbar, was rühmlich, eines vernünf¬ tigen Menschen und echten Christen würdig ist — zu suchen, und Gott das vollkommenste, liebenswürdigste Gut über alles zu lie¬ ben. Oder: war Habsucht und Geitz die herrschende Leidenschaft seines Herzens, wie beim Zöllner Zachäus, so läßt er sich jetzt nichts so sehr angelegen scyn, als statt der zeitlichen und ver¬ gänglichen Güter, nach den geistigen und ewigen zu streben, und mit dem untreuen Mammon einen guten Gebrauch zum Besten bcr leidenden Menschheit zu machen. — Wenn er auf diese Art üine angefangene Bekehrung fortsctzt, — so wird im Himmel Freude über ihn seyn, daß er von seinen Irrwegen abgestanden ist, und den Weg des Heils betreten hat; er selbst wird ein Freu¬ test in seinem Geivissen feiern, wenn seine Grundsätze und Nei¬ gungen wieder geordnet, gereiniget, zum Guten gestimmt sind, und das Getöse, der Aufruhr der Leidenschaften aus seinen Jn- necn verbannt ist. Er wird es fühlen, wie wohl es dem Herzen thue, das sich von der Finsternis, der Vorurtheile und von der Tyrannei der Leidenschaften losgemacht hat, — eine Seligkeit wird ^genießen, die nicht mehr irdisch, sondern himmlisch ist, und die um keine schnöde Sinnenfreude vertauschen möchte. — Doch ^ch eines bleibt ihm bei der Fortsetzung seiner Besserung — ^rig meine Lieben! Hat er nämlich bei seiner Sinnesänderung 21» in sich selbst, in seinem Innersten alles aufgeräumt und geebnet, so muß er auch noch Bedacht nehmen, und sorgfältig Hand an- legcn an das, was ihm auch von Außen her, Quelle des sittli¬ chen Verderbens war, — und davon im zweiten Thcile. Wenn sich der Menfch einen, auch noch so festen Vorsitz machet, fein Innerstes zu andern und zu bessern, und das Eben¬ bild Gottes an sich wieder herzustellcn, — aber äußerlich da» nicht beseitiget, was ihn theils zur Sünde wieder verleitet, und theils schon Folge seiner begangenen Sünde ist: so kann und wird er unmöglich das vorgcnommcne Werk einer aufrichtigen Bekehrung je zu Staude bringen. Was aber den Menfchcn von Außen her am öftesten und leichtesten zur Unsittlichkeit verleitet, sind i) Die Gelegenheiten. Dicfe, sie mögen was immer für No¬ men haben, sind die bekannte Lockspeise zum Böfcn, zum sittlichen Verderben des Menschen. Att hat in denselben die Weisesten ihre Weisheit, die Tapfersten ihre Stärke, und die Frömmsten ihre Gottseligkeit verlassen. Wären die Gelegenheiten nicht, so würden die traurigen Sündenfälle seltener seyn, die Neigung:" würden nicht so sehr aus dem Gleichgewichte gebracht wcrdcn, und die Leidenschaften nicht so ungestüm ausbrcchen. — Unter den Gelegenheiten, in denen man sich freiwillig aufhält, sind aber die berüchtigtsten jene, die man die nächsten Gelegenheiten nennt. Man steht da auf einem sehr schlüpfrigen Wege, wo man sich zu erhalten, die größte Vorsicht von nöthen hat, nnd doch bei aller Vorsicht, ohne Wunderwerk sich nicht immer genug erhalten kann. Denn die Gelegenheit macht mit den verführeri¬ schen Gegenständen vertrauter, das Vertrautseyn verbannt alle Bedenklichkeit und Scheu, die Anreizungen sind die alten, und weil sie zu nahe sind, und immer zu den Sinnen und der Sinn¬ lichkeit sprechen, die heftigsten. Man vergißt sich am leichteste", und ist oft schon am tiefsten gefunken, wo man noch festen Fußes zu stehen glaubte. Darum sagt der weife Sirach: Fliehe vor der Sünde, wie vor dem Blicke der Schlange, d. l. entferne dich eilig von der Gelegenheit, von der Gefahr zur Sünde. Kannst du bei einer Schlange verweilen, ohne von ihrem Gifte angestem zu werden? Eben so wenig kannst du in, der bösen Gelegenheit vcmeilcn, ohne selbst böse zu werden. — Wer die Gefahr liebt, md darin umkommcn. Wen, meine Lieben! geht das wohl naher an, als den Chri¬ sten, der einmal in sich gegangen ist, die Fehltritte seines Lebens und ihre Duellen eingesehen, und nun den Entschluß gefaßt hat, anders und besser zu werden? — Ja, dieser darf auf keine gründ¬ liche Besserung rechnen, darf sich überzeugt halten, daß sein Entschluß nicht redlich sey, in sofern, und so lange er nicht alles meidet und flieht, was ihm immer Veranlassung zu seinen vori¬ gen Vergehungen war. Worauf sollte er sich denn verlassen kön¬ nen? Er hat sich z. B. mit bessern Grundsätzen versehen, — aber sie sind noch ganz neu, sind noch nicht durch thälige kleber- jkugung gleichsam in Fleisch und Blut übergegangen. Er hat angesangen seinen Neigungen und Begierden Einhalt zu thun, und sie sogar auf bessere Gegenstände zu lenken, — aber er hat sich hierin noch keine Fertigkeit erworben. Er hat einen ent¬ schlossenen Willen der Tugend treu zu bleiben, aber er bleibt doch immer noch ein schwacher zum Bösen geneigter, zum Bösen leicht j» verführender Mensch. Er muß sich's also zur festen und un¬ verbrüchlichen Regel machen, von dort weg zu gehen, und weg zu bleiben, das zu entlassen und zu entfernen, wo und bei dem seine bessern Grundsätze, seine Neigungen und Vorsätze scheitern könn¬ ten. Haben wir also meine Lieben! mit der Besserung unseres Herzens bereits den Anfang gemacht, o so bekrönen wir diesen schonen und glücklichen Anfang, mit der sorgfältigen und hclden- inüthigen Abschneidung und Absonderung alles dessen was wir aus längerer und trauriger Erfahrung wissen, daß es von Außen her unser Verderben war, unser Verderben vermehrte. Wir ken¬ nen und wissen ja doch die Oerter, Gesellschaften, Zusammen¬ künfte, Personen, Beschäftigungen und Gewerbe, die uns Gefahr krachten und Gefahr drohen. Hier müssen wir einen beherzten Lrnch wagen, — müssen uns gänzlich losreißen, — müssen ent¬ sagen, entbehren, es koste was es wolle. Es sage ja Niemand: Mein Vorsatz steht fest und ich wer- de alle mögliche Vorsicht gebrauchen — ich könnte nur aus blo- ßcr menschlicher Schwachheit fallen, wenn ich je noch fallen sollte. Ich sage dagegen: Ist es wohl genug, wenn man den Baum, brr böse Früchte trug abhauct, aber die Wurzel nicht aussticht? Ncrdcn nicht bald wieder wilde Sprößlinge von allen Seiten »»»» 22! > «««« hervorstehcn und in die Höhe wachsen? Und ist denn das wirk¬ lich blosse Schwachheit, wenn man in der nämlichen Gelegenheit verweilet? — Nein, wir selbst sind da Ursache, daß der böse Geist, der auf einige Zeit vertrieben schien, mit sieben andern, noch weit schlimmern Geistern wieder zurückkchrt, und unsere teh¬ ten Dinge arger als die ersten werden. — Eben das, daß wir aus der Gefahr nicht hinausgehen, ist mehr als zuviel Beweis wi¬ der uns, daß uns unsere Reue nicht von Herzen ging, und daß unsere Selbstauklage weiter nichts als ein Mantel ist, der die Wunde nur bedecken, aber nicht heilen soll —- oder kurz ge¬ sagt: Wir wollen auf diese Weise niemals bekehrt, niemals gebessert werden. Denn die Aufrichtigkeit der Bekehrung zeigt sich besonders dadurch, daß man die Gelegenheit meidet, damit man die Sünde überwinden möge, nicht aber dadurch, daß man in der Gelegenheit verharren will, um in derselben der Sünde Trotz zu biclhen und sie zu überwinden. Ucberdicß hat der gefallene Mensch sich nicht nur vor dem zu Hütten, was ihn zur Sünde verleitete oder ihn noch verlei¬ ten kann, sondern er muß auch das, was Wirkung und Folge seines sündhaften Lebens ist, wieder gut machen, wenn anders seine Sinnesänderung und Erneuerung echter und vollkommener Art seyn soll. Es ist nicht genug, daß er Busse thut, sondern er muß auch würdige Früchte der Busse thun. Dieses predigte schon Johannes der Vorläufer Christi den Juden, die zu ihm an den Jordan kamen, um ihn zu hören und die sich von ihm zum Zeichen der Busse mit Wasser taufen ließen: Bringer, rief Johannes, würdige Früchte der Busse! Wie der h. Grcgorius anmerket, so erklärte der Vorläufer Christi hiedurch: daß dir Früchte der Busse von der Busse selbst unterschieden werden müßten, so wie der Baum von seinen Früchten unterschieden iss Die Busse besteht nämlich nicht bloß darin, daß man die began¬ genen Sünden bereut und beweint, sondern daß man sich aim) in den Stand setzt, sie in Hinkunft nicht mehr zu begehen. Du' begangenen Sünden bereuen und beweinen, und ihnen für du ganze Zeit seines Lebens entsagen, dieses wäre nun gleichss^ die Wurzel und der Baum der Busse. Aus dieser Wurzel, am diesem Baume müssen aber auch Früchte der Gnade und des Heils hervorgehen, ohne welchen die Busse .selbst nichts andc>- als ein unfruchtbarer Baum seyn könnte! Worin bestehen denn 221 W aber die heilsamen Fruchte der Busse? Sie bestehen darin, laß man die schädlichen Mietungen der Sünde durch Werke, die lcr Sünde selbst gerade entgegengesetzt sind, nach ihrer verschie¬ denen Art wieder gut zu machen sucht. Man muß also die Wir¬ kungen der Ungerechtigkeit durch Wiedererstattung des fremden Wes; die Wirkungen der Ehrabschneidung und Verleumdung, durch Herstellung der Ehre und des guten Namens; die Wir¬ kungen des Zornes und zugcfügter Beleidigung, durch eine de- mithige Genugthuung; die Wirkungen der Feindschaft, durch M ausrichtige Aussöhnung; die Wirkungen des Aergernisses, durch ein gutes Beispiel in Wort und Lhat und überhaupt durch Mii erbaulichen Wandel wieder gut machen. Dieses sind, sagt der heil. Gregor: würdige, verhaltnißmassige, nothwendige und Here oder ungeheuchelte Früchte der Busse. Es sind würdige Früchte der Busse, weil der Sünder, um sie hervorzubringen, sich auch die schwersten Opfer gefallen läßt, Wzu ihn nur übernatürliche Beweggründe, oder eine vollkom¬ mene Reue zu bewegen vermag. Wenn sich z. B. ein ungerech¬ ter, ein Geitzhals, ein Wucherer, entschließt das fremde Gut, das er unrechtmässig an sich gezogen, oder zurück behalten hat, dis auf den Werth eines Hellers wieder zu erstatten, ohngeach- tet er wohl weiß, daß er dieses nicht thun kann ohne sein Ver¬ mögen bedeutend zu schmälern und seinen bisherigen Wohlstand herabzusetzen — ja, wenn er sich mit dem Zöllner Zachäus sogar , entschließen kann, sich nicht nur alles dessen, was ihm unrecht¬ mässig angehört, ganz zu entschlagen, sondern den fremden Scha¬ rr, sogar durch sein wahres Eigenthum doppelt, ja vierfach zu vergüten und dem fremden Elende kräftigst zu steuern — dann kann man die würdigen Früchte seiner Busse nicht mehr verken¬ nen, aber auch nicht verkennen, daß diese Früchte aus übernatür- üchm Beweggründen, aus einer vollkommenen Reue hervorgingen.— Die würdigen Früchte der Busse sind zugleich auch ver- Mnißmässige Früchte, weil sie mit den Wirkungen der Sünde einem billigen Verhältnisse stehen, ohne welchem Verhältnisse Busse nicht nur mangelhaft, sondern auch unnütz, nicht nur "en Gott, sondern sogar von der Welt verworfen ist; denn es ledert sogar die Welt ein Verhältniß, ein Ebenmaß zwischen dem Brecht und der Genugthuung. Es hätte sich z. B. Jemand durch das Vermögen der Witwen und Waisen bereichert, nun 222 steht er zwar von seinen Ungerechtigkeiten ab, bildet sich aber nebenbei ein, seine Sünde abgebüßt zu haben, indem er einige gute Werke ausübt — und einiges Almosen spendet, obschon er durch dieses Almosen weder den Witwen noch den Waisen, die er beraubt hat, eine Entschädigung bringt. — Das sind keine verhältnismässige und eben darum auch keine würdigen Früchte der Busse. Oder es hätte Jemand dem guten Namen seines Mitmenschen einen Schandfleck angehängt; er will Genugthuung leisten, läßt es aber bloß dabei bewenden, daß er gegen dem, durch ihn erniedrigten Mitmenschen, die Zeichen einer gemeinen Nächstenliebe äußert, ohne ausdrücklich den Flecken auszuwischen, wodurch er dessen guten Namen verunreiniget hat. — Oder cs hätte Jemand seinen Feind durch schändliche Erdichtungen, Ver¬ leumdungen und boshafte Ränke ins Unglück gestürzt — nun will er sein grosses Unrecht gut machen; aber ohne seine eigene Bosheit zu gestehen, ohne die Unschuld des gestürzten Feindes zu bekennen und zu seiner Rettung wieder kräftig zu wirken — will er nur recht oft zu Gott seufzen, und für seinen gestürzte« Feind bethen. Verworfenes Gcbeth! verdammliche Busse! weil der, der sie thut, weder dem Gesetze Gottes Gehör geben, noch das¬ selbe erfüllen will. Wer sein Ohr von Anhörung des Gesetzes abwcndet, dessen Gebeth ist ein Gräuel, — sagt der weise Si- rach 2«, 9. Nein meine Lieben! die Sache geht nicht so, wie man ost denkt. Man darf sich die Busse nicht nach seinem Ge- schmacke, oder nach einer selbstbelicbigen Andacht dichten und formen, — nach der unveränderlichen Ordnung der göttlichen Gerechtigkeit wird eine üble Nachrede, eine Verleumdung des Nächsten nicht durch das Gebeth, — ein zugefügtcs Unrecht nicht durch das Almosen wieder gut gemacht. Man kann Gott das nicht früher geben, und Gott nimmt das auch nicht an, was man dem Nächsten entzogen hat, — man kann der Barm¬ herzigkeit und Liebe das nicht zum Opfer bringen, was man noch der Gerechtigkeit schuldig ist. Die würdigen Früchte der Busse sind zugleich nothwendigc Früchte. Denn wenn man die Folgen und Wirkungen der Sünde aufheben könnte, und sich doch weigert es zu thun: so mag man ein Zeugniß von einem zerknirschten und bußfertigen Herzen ab- lcgen welches man will, man stellt sich doch nur als ob man bußfertig wäre, ist es aber ganz und gar nicht. Man bekenne »>- >- r- 225 *<« « « si oft man will, seine Ungerechtigkeiten zu den Füssen des Prie- man demüthigc sich, man klage und weine, man gelobe wd betheure — wenn man dabei keine hinlänglichen Anstalten macht dasjenige zu ersetzen, was man durch die Sünde geraubt, las zu verbessern, was man durch die Sünde verdorben, das achubauen, was man durch die Sünde niedergcrissen, — um¬ sonst! die ganze Busse ist unnütz, falsch, verwerflich, — ist m Gespenst, — ja sage ich ein neues Verbrechen, eine neue Verdammung, — denn die Sünde wird nur unter der Be¬ dingung einer wahren Eenugthuung vergeben. — Eben da¬ rum sind auch nur die würdigen Früchte der Busse — gewisse md unverdächtige Früchte. Denn wahrlich, man wird einen Künder, der sich der möglichsten Gutmachung des durch die Sün¬ de herbeigeführten leiblichen und geistigen Schadens gerne und «llig unterzieht, niemals in Verdacht haben, als ob er sich nicht Mich geändert und bekehrt habe. Es ist dieses ein Merkmal m welches sogar die strengsten Beichtväter ein Mißtrauen zu se- fcn, kein Recht haben. Mit allen übrigen Früchten der Busse kann Prahlerei und Heuchelei verbunden seyn, — aber hier ist Aber Prahleref noch Heuchelei zu befürchten. Denn nicht leicht geschieht es, daß sich ein Mensch zu et- «>as entschließt, das so wehe thut, als: die vollkommene Erstat¬ tung des fremden Gutes, — der genaue Ersatz der geschmäler¬ ten oder geraubten Ehre, — die Zurückführung der Verführten ^f die Bahn der Lugend, — kurz die Abwendung und Gutma- chung des leiblichen und geistigen Schadens. Um sich auf eine selche Art zu richten und zu verurtheilen, muß man wirklich be- Echrt seyn. Wo aber im Gegentheile eine würdige Genugthuung M geschieht, da sie doch füglich geschehen kann, da schmeichelt sich umsonst mit seiner noch so schön getroffenen Sinnes- ^derung. Denn da haftet die stärkste Vermuthung, daß man ^in Unrecht nicht einsehe, seine Bosheit nicht erkenne, sondern bÄmchr billige und gutheiße. Man wird weder vor seinem Ge- jWn noch vor Gott gerechtfertiget — man bleibt also immer einem sündlichen Zustande. Und da wahre Erneuerung nichts ^dcrs ist als ein Uebergang vom Bösen zum Guten, von der Eünde zur Lugend, von der Unruhe des Gewissens, zum Frie- M von der Ungnade, zur Gnade Gottes: so versteht sich's von daß solche Erneuerungen nur Scheinerneuerungen sind. Sie » » » » 224 Fachen jenen kurzen Erscheinungen der Tvdten, die bei dem Tode Jesu auf emige Augenblicke aus ihren Gräbern hervorlraten, aber bald wieder in dieselbe zurücksanken. — Somit haben wir also die Bedingungen einer ungeheuchelten Sinnesänderung, — die würdigen Früchte der Busse kennen gelernct. Jede Duelle des Bosen, sie mag von Innen, oder von Außen ihren Einstuß auf die Gesinnungen und das Leben des Menschen haben, muß verstopft werden. — Alles — nicht nur Alles, was Sünde ist, sondern was immer dazu verleitet, muß der reuige Sünder von sich entfernen, und alles, was Folge der Sünde war, nach aller Möglichkeit gut machen. — Lassen wir uns das nicht nur für heute, sondern für allezeit gesagt seyn, und fangen wir in die¬ ser Faste an, es in's Werk zu setzen, damit, wen» wir zum Genüsse des göttlichen Osterlammes hintreten, uns nichts mehr von dem alten Sauerteige anklebe, und wir somit unser Oster¬ fest im Süßteige der Lauterkeit, ganz, vollkommen und dauer¬ haft feiern mögen. Amen. ML »Erneuert euch nach dem Geiste eures Sinnes.« Ephcs. -i, Eingang. «v)ei dem Bekehrungsgeschäfte des Menschen ist zwar die Gnade Gottes das erste Unentbehrliche. Denn ohne Beistand und Hül¬ fe von Oben, was vermag der schon vermöge seiner durch die Erbsünde geschwächten Natur mehr zum Bösen als zum Eulen geneigte, und überdieß noch durch wirkliche Sünden und Laster verderbte Mensch? — Wie der Rebzweig, sagt Christus, au» sich selbst nicht Frucht bringen kann, wenn ec nicht an dein Weinstocke bleibt — so auch ihr nicht, wenn ihr nicht m nur bleibet. Ich bin der Weinstock, ihr seyd die Reben, ohne auch könnet ihr nichts thun. So sagt auch der Apostel: Gott ist es, der in uns wirket, das Wollen und das Vollbringen. All' unser Vermögen kommt von Gott! Es ist demnach da^ Werk der Gnade, den Verstand des Menschen zu erlcuchttn, da!> er seine Irrthümer und Fehltritte einfehe; sein Herz zu beirr- gen, daß cr das Bose verabscheue; und seinen Willen zu len- fee, daß cr sich ans die Seite des Guten hinneige, und es lieb- geivinne. In dieser Beziehung flehte schon König David zu Gott! Gieb mir o Herr! Verstand und Weisheit, und ich wer¬ de deinem Gesetze nachforschen! >— und: ich habe den Weg dei¬ ner Gebothe gewandelt, nachdem du mein Herz erweitert d. i. mvcicht und erwärmet hast durch Eingießung deiner Liebe, die die Bürde leicht und das Joch süß macht. Ich hoffe und ver¬ traue, schrieb der h. Ap. Paulus an die Philipper, daß Gott, der in euch das gute Werk — nämlich das Werk der Bekeh¬ rung, angefangen hat, selbes auch vollenden werde bis zur An¬ kunft Christi. Die Gnade Gottes ist also dem Menschen zu sei¬ ner Bekehrung unumgänglich nothwendig, damit durch sie die Hindernisse, die in der verderbten Natur siegen, gehoben, der Verstand mit höherm Lichte erleuchtet, der Wille zur Ausübung de§ Guten geweckt werde. Allein auch der Mensch muß dabei das Seinige redlich thun, muß seine natürlichen Kräfte aufbie- thcn, und alles anwenden, um sich in einen andern und bessern Zustand zu versetzen. Seine geistige Erneuerung soll zum grossen Theile auch die Frucht seiner eigenen freien Entschießung, seiner eigenen freien Thätigkeit seyn. Diese Wahrheit liegt klar in den Worten des Apostels, wenn er im Briefe an die Cor. von sich selbst sagt: Durch die Gnade Gottes bin ich, was ich bin, und seine Gnade war in mir nicht fruchtlos; denn ich habe wohl mehr, (für die Verbreitung des Evangeliums) gearbeitet (als meine Mitapostel), doch fetzt er demüthig hinzu: nicht ich allein, sondern die Gnade Gottes mit mir. Zn diesem Sinne ermahn¬ te cr nun auch die Gläubigen zu Ephesus, und uns alle in ih¬ rer Person, sich selbst dahin zu ermuntern, daß man den alten, durch böse Lüste verdorbenen Menschen ablege, und ein ganz an¬ derer, dem Bilde Gottes ähnlicher Mensch werde: Erneuert euch »ach dem Geiste eures Sinnes! — Hiezu ist nun, wie wir bisher bereits gehört haben, vor Ecm nothwendig, daß wir über unser bisher geführtes Leben ernstlich nachdenken, und genau prüfen, was uns eigentlich Duel¬ le und Veranlassung des sittlichen Verderbens war, und daun, daß wir diese Duellen zu verstopfen, diefe Veranlassungen zu bc- lestigcn suchen; indem wir nämlich unsere ehemaligen falschen Grundsätze ablegen, unsere eingewurzelten bösen Neigungen be- 15 226 zähmen, und die verführerischen Gelegenheiten, sammt den Wir¬ kungen der Sünde ven uns, und uns von ihnen entfernen. Wenn wir um dieses zu Stunde zu bringen, nicht saumselig und lau, sondern eifrig und thätig sind — dann ist unsere Umän¬ derung, nebst dem, daß sie Werk Gvttcs ist, auch unser Werk — und weit rühmlicher und verdienstvoller für uns, weit ange¬ nehmer vor Gott, als wenn uns erst eine fremde Gewalt, der wir nicht hätten widerstehen können, dazu gleichsam genöthiget und gezwungen hätte; und so hätten wir dem göttlichen, von dem Apostel verkündigten Befehle: Erneuert euch nach dem Gei¬ ste eures Sinnes! als freie und freithätige Menfchen entspro¬ chen. — Wohl uns! werden da vielleicht manche aus Ihnen den¬ ken, denen es um ihre Sinnesänderung wirklich Ernst ist — wohl uns! — wir haben angefangcn an unserer Bekehrung zu arbeiten. Wir kennen uns schon viel besser und richtiger; wir kennen neben den grossen auch unsere geringen Vergehungen sammt ihren Quellen, und wir haben uns fest vorgenommcn, unsere Fehler abzvlcgen und ihre Quellen zu verstopfen. Das Böse soll von nun an nicht mehr über uns herrschen, und wir hoffen von nun an ganz gebesserte Menschen zu seyn. O wohl ein heiliger Vorsatz meine Lieben! ein edles gottgefälliges Ver¬ sprechen. Ich getraue mir, Ihnen mit der Versicherung unferes Heilandes zu sagen: daß der Augenblick, da Ihnen dieses vom Herzen geht, ein Augenblick der Freude für die Engel des Hü»' mcls sey. Nur, was ich Sie hiebei dringend ermahne und bitte, lassen Sie cs bei Ihrer Besserung an der Festigkeit und Dauer nicht fehlen; seycn Sic besorgt, was Sie einmal angcfangen ha¬ ben, auch ganz zu Stande bringen und glücklich zu vollenden. Auch hiezu wie ste ihrer geistigen Erneuerung oder Bekehrung Festig¬ keit und Dauer geben können und sollen, will ich Ihnen die uothwendige und heilsame Anleitung mittheilen, die sie gelehrig auffassen und emsig anwenden werden. Ich sage also: zu einer glücklichen Vollendung der geistigen Erneuerung oder Bekehrung wird crfodert: — ll) Ein wahrer und übernatürlicher Abichen alles Sittlichbösen oder der Sünde, und 2) eine unbcsiegliche Liebe alles Sittlichgutcn, oder der Tugend. Der Abscheu und Haß des Bösen wird uns vor neuen und wiederhohlten Berge' Hungen verwahren, die Liebe des Guten wird uns stets zu lo¬ seren Gesinnungen und Handlungen Hinhalten. — Der Ablchcu md Haß des Dösen wird uns von den verderbten Wegen des Mn Menschen immer weiter entfernen; die Liebe des Enten wird uns auf dem Pfade des neuen durch Lugend und Recht¬ schaffenheit veredelten Menschen befestigen. Erster Theil. Wer das Sittlichböse d. h. die Sünde und alles, was da¬ zu verführt, nicht aus tlcbcrzeugung, nicht ans ganzer Seele, nicht zu allen Zeiten verabscheut und Hasser, dessen Abscheu ist lei» wahrer und übernatürlicher Abscheu, und dessen Sinncsän- dmmg kann unmöglich fest, und von haltbarer Dauer seyn; er wird heute für die Besserung seines Lebens ganz erhitzt aufwal¬ le», und morgen wieder gleichgültig und frostig seyn; jetzt wird er sich von den unordentlich geliebten Gegenständen zurückziehen, md bald wird er sie wieder mit offenen Armen umfangen; in diesen Augenblicken wird er die Bande seiner sündhaften Gewohn¬ heiten zereißen, und in kommenden Augenblicken wird er sich wie¬ der neue Fesseln anwerfen. Die Sache ist ganz natürlich und es kostet wohl wenig Anstrengung das Gesagte wahr und richtig j» finden; wir dürfen einerseits nur die Natur des Bösen oder der Sü.'ve, und andererseits die Natur des Menschen selbst cin- sehen. Was also das Erste betrifft. — i) Jedes Sittlichböse hat eine zweifache Gestalt — eine wahre und eine falsche. Von der einen und eigentlichen Seite ist cs ganz häßlich und abschre- kmd, von der Andern aber blendend und einnehmend. Mit der einen Hand reicht uns die Sünde tödtendes Gift, mit der an¬ dern bicthct sie uns süssen Honig an. Die leichtsinnigen Men¬ schen, die nach der Sprache des weisen Sirach, wie die Fische durch den Köder^und wie die Vögel durch die Lockspeise gefangen werden, vergessen das Abschreckende des Lasters über seine Blend- zestalt — vergessen ihre gemachten Vorsätze gemeiniglich dann, «reim ihre Seele nicht vorhinein von einem gründlichen, tiefhaf- teiidcn und lebendigen Abscheu gegen die Sünde ganz cingenom- Mn und durchdrungen ist. — Bei einem halben und unvollkommenen Abscheu vor Sünde "ud Laster pflegt man nämlich nur auf die schlimmen, natürli- chen Folgen, "die damit verbunden sind, nicht auf die innere Häßlich- und Schändlichkeit selbst zu sehen. Wenn du das, je- 15 * 22o nes, wieder thust, spricht man sich selbst zu, so kannst nnd wirst du deine zeitliche Glückseligkeit verscherzen: Durch die Leidenschaft des Zornes zerrüttest du deine Gesundheit; durch Wollust ent¬ nervest du deinen Körper und verkürzest deine Lebensjahre; durch Eingriffe in fremdes Gut sehest du dich der Gefahr ans, vor der Welt mit Schande und Spott überhäuft, und für alle dei¬ ne Tage gebrandmarkt, oder von der menschlichen Gerechtigkeit gestraft zu werden; darum mußt du dieses und jenes Laster, dem du ergeben warst, von nun an verabscheuen und vermeiden. Man¬ cher Sünder, der eine geheime Unruhe über seine Sünden bei sich verspürt, glaubt auf diese Art den erfoderlichen Bußschmcrz zu haben; aber die Sache ist selten so richtig. Er kann wohl unruhig bei sich werden aus Verdruß, weil seine Sünde böse Folgen für seine Ehre, sein Glück und seine Gesundheit hat. Er kann unruhig werden aus Eckel, weil die Sünde, die für ihn bereits ihren Reiz verloren, jetzt Unwillen und Grausen in ihm erregt. Er kann unruhig werden aus Scham, weil es ihn hart ankommt sich über gewisse Fehltritte zu erkennen zu geben; er kann auch unruhig werden aus Kleinmuth, weil er selbst einzu¬ sehen anfängt, daß seine Natur schwer zu ändern und die Ge¬ wohnheit fast unmöglich abzulegen sey. Kurz, viele Unruhen bei der Sünde rühren nur von der Eigenliebe und von ganz na¬ türlichen Beweggründen her, an denen der Geist Gottes und der wahre Bußschmerz noch keinen Lheil haben. Ich sage nicht, daß die Gnade Gottes sich nicht dieser Anfangsgründe gewöhnlich be¬ diene, um den Sünder auf den rechten Weg hin zu lenken: ich sage nur, daß solche natürliche Beweggründe der Neue durchaus nicht im Stande sind den Büsser auf dem rechten Wege zu er¬ halten oder seine Besserung dauerhaft zu machen, weil diese na¬ türlichen Beweggründe auch nur erst einen natürlichen Abscheu vor der Sünde erzeugen. Was kann, was wird aber ein solcher Ab¬ scheu bei dem Sünder vermögen. Wie lange wird er ihn vom Ba¬ sen abhaltcn? Wie wenn ihn die Versuchung auf eine schlaue Art beschleicht, und ihm schmeichelnd und liebkosend im Tone der Gewißheit zuflüstcrt: Fürchte dich nicht! du wirst nicht sterben; du kannst dies und das unentdeckt, und ungestraft thnn — und cs ist auch nicht alles so, wie man lehrt uud predigt, es ist nicht gleich alles Sünde, was man zu Gunsten seiner Neigungen thut — Gott hat uns ja diese Neigungen gegeben — er will: wir sollen uns des Lebens freuen, er ist die Liebe selbst und will ,mb nur beug' ! leit für l Lers richt fondi Zeil! ber Wir! nicht führ! dchei leben kujch mts lern sms unbe auf !» st sie» Schi ' rnna bege und iurcl Ein sicht jede bei bafl hän der ehe um »ich r> » >- -- 229 und kann keines von seinen vernüstrgen Geschöpfen verwerfen, M Klugheit und ein gewisses Maß ist iwthwendig beim Freu- tcngenuße, damit ltlan sich durch Unvorsichtigkeit und Unmäßig- kcit nicht selbst das gegenwärtige Vergnügen vergälle und sich für den Genuß des Künftigen unfähig mache? — Wie wenn die Versuchung, wie die Schlange unsere Stammältcrn im Paradiese richt nür Sicherheit vor dem schlimmen Tode und allen Folgen, sondern auch Gottähnlichkeit und Unsterblichkeit d. i. zu unser» Zeilen: Macht, Ruhm, Ansehen, Verehrung verheißt; oder wie der Satan dem Heilande Reichthum und Schaße verspricht? Wird man da wohl seinem Vorsätze treu bleiben? Wird man richt vielmehr bethört von der schmeichelnden Stimme der Ver¬ führung, bezaubert von den Freuden und Vortheilen des Lasters, dessen schädliche Seite und dessen Einfluß auf die Ewigkeit über¬ sehen, sich im Besitze irdischer Vortheile, im Gcuusse thierischer kust, unbekümmert um die Zukunft glücklich schätzen, so die be¬ reits betretene Bahn der Lugend verlassen, und mit noch schnel¬ lem Schritten auf der breiten, bequemen Strasse des Lasters fmlaufen? — Setzen wir noch hinzu, daß wir Menschen so veränderliche, unbeständige Wesen sind. Jetzt neigen wir uns auf diese, jetzt M eine andere Seite; und oft gerade da, wo wir am sichersten !» stellen meinen, glitschen wir aus und fallen, und unsere be¬ llen Vorsätze scheitern, unsere Tugend geht wie ein köstlicher Schatz in einem irdenen Gefässe, sammt dem Willen der Bekeh¬ rung verloren. Oder braucht es wohl viel Mühe die Sünde zu begehen? Ach, der Weg zur Sünde ist ein gar zu leichter Weg Wd es gibt so viele Wege, daß man fast bei jedem Schritte fürchten muß, er bringe uns wirklich auf die breite Strasse hin. An freiwilliger Gedanke, eine unbedachtsame Rede, eine unvor- hchtige Unterlassung, eine freche Handlung, ein — kurz, eine icke Sache die wider das Geboth ist, ist eine Sünde. Und da¬ bei ist die Natur zur Sünde geneigt, der Mensch ist ein sünd- baftes Geschöpf, und die Gelegenheit der Sünde ist überaus büusig. Der Gerechte, sagt die Schrift, fällt sieben Mal; ckr Ungerechte zählt seine Fälle gar nicht, und der Schwa- steht auf, um wieder zu fallen. Es braucht also nur Mühe, M nicht zu sündigen, aber in die Sünde zu fallen, braucht es "icht mehr, als zu wenig Abscheu vor der Sünde — vor dem 250 Falle, und zu wenig Behutsamkeit, nm aufrecht zu stehen. Cer. io, 12. Deßwegeu: wer da meint, er stehe, der sehe zu, daß er nicht falle. Oder braucht es vicllee^i viele Zeit, um die Sünde zu begehen? — O meine Lieben! — die Wunde ist ans einmal da, der Anstoß kommt augenblicklich, jetzt stehe ich, jetzt falle ich, ohne sogar den Zeitraum zwischen Stehen und Fallen zu bemerken. — Ja die Lage sind zu kurz für unsere Busse: aber für unser Vergehen scheint uns jede Stunde zu lang, und doch werden wir oft ganze Jahre brauchen um das wieder zu er¬ setzen, was uns die Sünde in einer unnennbaren Kürze der Zeit geraubt hat; denn oft stürzt das Werk der Bekehrung von zwan¬ zig, dreißig und mehreren Jahren in einem Augenblicke zusam¬ men! Darum, wer da meint er stehe, dec sehe zu, daß er nicht falle- Oder braucht cs endlich ein bestimmtes Alter um die Sünde zu begehen? O wäre nur ein einziges Alter davon ausgenom¬ men! — Aber beim ersten Gebrauche ter Vernunft, kommt ost schon der Mißbrauch derselben, und bis zum späten Alter, bis zum letzten Hauche des Lebens ist der arme Sterbliche der Sünde ausgesetzt. Der Schnee der Haare loscht ost den Zunder der Sünde nicht ans, und wenn die abgeschwächte Natur von der einen Seite einen Fehler unmöglich zu machen scheint, so treibt sie doch auf einer andern Seite zu andern Fcblern an. Wie wachsen unvermerkt den Jahren nach, aber unsere Sünden ver¬ mehren sich noch weit unvermerkter, und es braucht oft eine aul- servrdentliche Aufmerksamkeit, wenn wir unfern Fortgang im Gu¬ ten oder Bösen nur in etwas entdecken wollen. Nach allen diesem wird also zu dem Vorhaben der Sinnes¬ änderung und Bekehrung etwas mehr noch gefordert, — als der natürliche Lsbscheu vor der Sünde, — es wird erfordert ein wah¬ rer und übernatürlicher Abscheu vor allem Bösen, — ein Ab¬ scheu, der das Böse nicht blos darum haßt, flieht und verfolgt, weil es unangenehme zeitliche Folgen und Strafen nach sich zieht, sondern weil es in sich selbst böse, nach seiner ganzen inner» Be¬ schaffenheit häßlich, schändlich und vcrabscheuungswürdig ist. Denn in der Sünde und insbesondere in einer schweren oder Todsünde ist von Seite des Menschen jene zweifache Bosheit enthalten, welche Gott beim stlroph. Jeremias unter einem Gleichnisse vor¬ stellet, und worüber er den ganzen Himmel zur Erstauuung auf- jordert: Ihr Himmel! erstaunet darüber, und ihr Himmelspftr- « « « « ten, trauert auf das höchste, spricht der Herr. Denn mein Volk bat zwei Uebel begangen! mich, den Brunnen des lebendigen Was¬ sers haben sie verlassen, und sich Wasserbehälter gegraben, die lö- chmcht sind, und kein Wasser halten können. — Jerem. 2, 12, 13. d. i. sie haben mich ihren Schöpfer, die unversiegbare Duelle al¬ les Guten verlassen, und ihre Glückseligkeit bei schwachen Geschöpfen gesucht. Es ist demnach die Sünde eine vorsätzliche Wahl eines endlichen Gutes, welches Gott dem unendlichen Gute geradezu entgegengesetzt ist; sie ist eine freiwillige Trennung jener beseli¬ genden Freundschaft, in welcher der Mensch durch die Gnade mit Gott stand, sie ist ein verdammlicher Vorzug, den der Mensch seinem eigenen bösen Willen, vor dem heiligsten Willen Gottes, seiner Begierlichkeit, vor dem Gesetze des allerhöchsten Herrn ein¬ geräumt. Darum schreibt der h. Apost. Joh. 3, 8. Wer Sünde thnt, der ist vom Teufel, denn dec Teufel sündiget von Anfang nn, d. h. wer immer freiwillig das Gesetz Gottes übertritt, über diesen herrscht noch die Macht des Teufels, denn er zeigt densel¬ ben bösen Willen, den zuerst der Teufel gezeigt hat und noch im¬ mer zeigt, da er sich wider Gott seinen Schöpfer empört hat, nnd seinem h. Willen noch immer frech entgegen arbeitet. Dazu aber ist der Sohn Gottes in die Welt gekommen, setzt der h. Johannes hinzu, daß er die Werke des Teufels zernichte. Welch' ein Abgrund von Häßlichkeit ist also nicht die Sünde! — Zn ihr offenbart sich die Bosheit des Teufels, — und wegen ihr mußte der Sohn Gottes sich so tief erniedrigen, seine Gottheit gleichscnn vernichten, in Knechtesgestalt auf Erden erscheinen, und in dieser Knechtesgcstalt — in der schwachen menschlichen Natur so vieles leiden, und des schmählichsten Todes am Kreuze ster¬ ben, damit der Heiligkeit und Gerechtigkeit Gottes Genugthuung geleistet, und das Menschengeschlecht vom ewigen Untergange ge¬ rettet wurde. Ja unendlich häßlich ist die Natur der Sünde, aber auch — überaus schrecklich ihre geistigen Wirkungen. Sie beraubt, wenn sie eine schwere Sünde ist, die Seele auf einmal ihrer schönsten übernatürlichen Zierde; die hciligmachende Gnade wohnt nicht mehr in ihr, sie hat in einem Augenblicke die Freund¬ schaft Gottes verloren, sie hat kein Recht mehr, sich ein Kind Gottes, Gott ihren lieben Vater zu neunen, der Mensch ist nicht mehr Erbe Gottes und Miterbe Jesu Christi, er ist geistig todt, lebt nur noch in den Augen der Menschen, aber in den Augen 222 « « — so eie Gut verdient doch wohl von ganzem Herzen begehrt, geliebt md umfangen zu werden? — Dicfcs Gut nennen wir aber, in s so ferne sichs der Menfch hienieden eigen macht, mit einem Wor¬ te — die Tugend. Diese, die Lugend soll demnach hier auf Erden unser ganzes Herz einnchmcn, nach ihr sotten wir immer imd aus allen Kräften streben, denn sie allein ist wahrhaft gut, schon und liebenswürdig, sie allein führt uns zu immer grösserer ! Vollkommenheit — zur Heiligkeit — und somit zu Gott dem höchsten liebenswürdigsten Gute. — Ist nun einmal unser Herz von einer ungeheuchelten, reinen Liebe zum Sittlichguten zur Lugend recht durchglühet, — dann ist aber auch der wirksame Einfluß dieser Liebe des Guten, auf iste Vollendung und Dauer unserer Sinnesänderung und Bekeh¬ rung unausbleiblich. Wenn wir das Sittlichgute hoher schätzen und feuriger lieben, als selbst die sonst erlaubten Güter der Erde; uste läßt sich dann denken, daß die unerlaubten, denen wir be¬ reits ganz entsagt haben, abermal unser Herz einnehmen, und den Sieg über dasselbe wieder erhalten werden? Nein, wenn die Liebe zur Lugend nur stark genug in uns ist, so werden wir den Reizen des Lasters unsere Sinne sorgfältig verschließen, und je¬ den Keim des Bösen gleich in seinem Entstehen ersticken; wenn die Liebe zur Tugend recht stark in uns ist, so werden wir alle¬ zeit nur mit Eckel und Unwillen, mit Schmerz und Reue auf die Thvrheiten unseres vorigen Lebens zurücksehen; wenn die Liebe jur Tugend stark genug in uns ist, so werden wir an die Stelle der vorigen Laster, mit größtem Eifer die entgegengesetzten Tu¬ genden verpflanzen, — nach der Ermahnung des h. Apost. Paulus der da schreibt: Stehet von der Lüge ab; ein jeder rede die Wahrheit mit seinem Nächsten. — Wer gestohlen hat, stehle "icht mehr; er brauche vielmehr seine Hände zu nützlichen Arbeiten, damit er im Stande seyn möge, den Dürftigen mitzutheilcn. 236 Lasset kein unnützes Wort aus eurem Munde gehen, sondern re¬ det was nützlich und zur Erbauung dienlich ist. — Verbannt scy von euch alle Bitterkeit, Zorn, Zank, Geschrei und Lasterwoite; verzeihet vielmehr einander, so wie euch auch Gott um Christi¬ willen verziehen hat (25). Beflecket euch nicht mit unbändiger Wollust, wie die Heiden, die Gott nicht kennen, sondern ein je¬ der wisse seinen Leib in Ehren und heilig zu erhalten. 1. Lhes 14, 4. 5. Dieser göttlichen Forderung gemäß, wird uns mm eben die Liebe zum Sirtlichgutcn, zur Tugend antrcibcn, und nicht nachlassen, bis wir aus unwahrhaften Menschen, wahrhafte nnd redliche, aus müßigen arbeitsame, aus unbarmherzigen barmher¬ zige und mitleidige, aus geitzigen freigebige, aus zornigen milde und sanfte, aus unreinen reine geworden sind! Noch mehr. Wenn die Liebe zum Sittlichguten stark genug in uns ist, so werden wir nicht auf der untersten Stufe der Tugend stehen bleiben, sondern weiter und weiter schreiten, von einer Tugend zur andern aufsteigen, nach der größtmöglichsten Vollkommenheit ringen. Al¬ les, was uns Anlaß und Mittel dazu ist, wird uns willkommen seyu; wir werden die Pflichten des Menschen und des Christen, und unseres besonder» Standes mit immer grösser» Eifer erfül¬ len, und jeden Lag für verloren halten, an welchem wir keine Lugend geübt oder im Guten nicht zugenommen haben. Die Liebe zum Sittlichguten wird uns zugleich neue Kräfte geben, daß wir nie ermüde», nie stille stehen, viclwemger rückwärts gehen. Und so werden wir dann ganz erneuerte, gebesserte Menschen seyn, an denen nicht mehr der alte Adam sichtbar ist, sondern Christus.^ Nur was wir hiebei nicht vergessen dürfen meine Lieben! ist das: die wahre, reine Liebe zum Sittlichguten, zur Tugend, fließt nicht von selbst in unser Herz. Wir müssen immer und eifrig Gott bitten, daß er uns einen guten Geist gebe, daß er durch seinen h. Geist das Feuer seiner Liebe in unser» Herze» anzünde, daß, da nur er es ist, der uns das Wollen gegeben, er auch das Vollbringen geben möge. Sodann aber müsse» wir das h. Feuer der Liebe Gottes und seines h. Gesetzes auch selbst in uns anfa¬ chen und fleißig unterhalten, und zwar: Durch eigenes Nachden¬ ken, — durch heilsame Betrachtungen, durch Lesung der h. Schrift und anderer guter Bücher, durch begierige Anhörung des Wortes Gottes, durch aufmerksames Hinschauen und eifriges Nachahmen guter Beispiele unserer Mitbrüdcr, und durch öfter» und würdi- » »>? >- 237 i'n rc- nit scy Worte; ihristi- udigcr in je- Zhes ' nun nicht ' und uher- milde Denn erden iben, !dcrn Al¬ men len, fiil- cine iebe wir lud !)», ist eßt ric, rch re, >er u- n- ist es m i- > zeu Gebrauch der Heils- und Stärkungsmittel unserer Religion ker h. Sakramente. Dann wird unsere dauerhafte Acndernng snd Besserung das Werk Gottes, und zugleich unser eigenes seyn. schalten wir nur das Gesagte stets im Gedächtnisse und im Her- jkn, ich will es zu diesem Ende noch kurz wiederholen. Zu einer glücklichen Vollendung der geistigen Erneuerung und Bekehrung les Menschen gehört: erstlich ein wahrer und gefaßter Abscheu Ms Sittlichböscn, und dann eine wahre und unbeslegliche Liebe «lies Sittlichgutcn. Wer noch liebt, was er hassen, und noch haßt, ras er lieben sollte, der ist ein Unbekehrtcr, der bleibt in der Lunde, und wird wenn er so fortfährt, nach der Drohung Jesu, i« seinen Sünden sterben. Wer sich zwar bekehren will, aber las Böse, die Sunde und alles was dazu verleitet nicht aus llcberzcvgung, nicht aus ganzer Seele verabscheut, und das ent- fzegcngefcßte Gute, die Lugend nicht über alles hochschätzt und liebt, der wird nie wahrhaft, nie dauerhaft bekehrt seyn, — lem wird die gegenwärtige h. Fasten- und Osterzeit eben so fruchtlos ablaufen, als wenn er an keine Sinnesänderung gedacht batte. Er wird höchstens dem blutschänderischen Herodes gleichen, ter auf das Zureden des h. ZohanneS manches verbesserte aber uiemals alles , am wenigsten aber das Nothwendigste. — Nein, meine Lieben! ohne bleibenden Haß des Bösen, ohne unbesiegbare .Liebe des Guten kann der Mensch unmöglich gut, Gott wohlge¬ fällig und selig werden, denn eben in diesem Hasse des Bosen, i" dieser Liebe des Guten, besteht die Liebe Gottes, — ohne welcher der Mensch nichts ist. Wenn ich einen so starken Glau¬ ben hätte, daß ich Berge versetzen könnte, sprach der Apost. Pau¬ lus, — wenn ich all mein Vermögen unter die Armen vertheilte, und sogar meinen Leib hingebe zum Verbrennen, habe aber die Liebe nicht, so bin ich nichts- Geben Sie Acht meine Lieben! der Apostel spricht dieses zunächst wider sich selbst und zwar zu einer Zeit, wo er für Christus und seine Lehre und die Tugend A eifrigsten streitet und arbeitet. Nachdem er als ein Spiel der Winde und des Ungewitters das Meer befahren, Griechen¬ land, Mazedonien, Asien und Italien mit seinem apostolischen schweiße befeuchtet, so viele grosse Wunder gewirkt, so viele gött- !'che Offenbarungen erhalten, so viele Juden und Heiden bekehrt, l" viele heftige Verfolgungen ausgestandcn, in Ketten und Kerkern Seufzt, und sich die Krone des ewigen Lebens rühmlich und Herr- 238 lieh bereitet hatte — da, schon nahe am Ziele seiner tiigendrcichcn Laufbahn bleibt dieser grosse Diener und Gesandte Gottes gleich¬ sam einen Augenblick stehen, und als wäre er, als der eifrigste Kämpfer noch um seinen Sieg, als der fleißigste Arbeiter noch um seinen Lohn besorgt, ruft er auf: Wenn ich die Liebe nicht habe — so bin ich nichts! — Sehen Sie meine Lieben! so ist der Mensch bei all' dem Schönen, Grossen und Rühmlichen, das er thut, doch nichts vor Gott, wenn er es nicht aus Ehrfurcht und Liebe gegen sein h. Gesetz aus Liebe zu Gott thut. — Wer sollte aber Gott von dem alles Gute ausgeht, in dem sich alles Gute vereiniget, nicht über alles lieben? — Ich wundere mich, sprach der h. Augustin, nicht so viel über die Grösse und den Umfang des Gebothes: Du sollst Gott deinen Herrn lieben auc- deinem ganzen Herzen, aus deiner ganzen Seele, aus deinem ganzen Gemüthe und aus allen deinen Kräften. — Was mich in Erstaunen fetzt, sagt Augustin, ist das, daß mir Gott sogar befohlen hat, ihn zu lieben! — was ich nicht begreifen kann, ist das, daß es mir armem Erdwurme, mir elendem Geschöpfe, erlaubt ist, mich mittelst der Liebe zu Gott meinem Schöpfer zu erheben; und daß der unermeßliche Raum zwischen Himmel und Erde, zwischen Gott und mir, eben durch das Gefühl der Liebe ausgefüllt werden kann. O Erhabenheit der menschlichen Be¬ stimmung! Würden wir uns wohl aus uns selbst je erkühnt haben, unsern Blick hinauf zur Majestät und Heiligkeit Gottes unsers Schöpfers zu erheben? — Und Gott hat uns sogar be¬ fohlen, ihn zu lieben! Es wäre ja schon Gnade genug gewclen, uns dieses nur zu erlauben; denn was bin ich in Ansehung dei¬ ner o Gott, ruft der h. Augustin, daß du mir Dich zu lieben befiehlst! — Haben wir uns also einmal von der Sünde ernst¬ lich losgemacht, ihre bösen geistigen und leiblichen Wirkungen nach Möglichkeit getilgt und gutgemacht — tiefen Abscheu ge¬ gen alles Sittlichböse gefaßt, unser Herz wahrhaft erneuert, un¬ ser Gewissen im Sakramente der Busse gcreinigct, unser ferneres Leben der Lugend geweiht — o so lassen wir dann eine reine und unbesiegbare Liebe Gottes und seines h. Gesetzes in un- herrschen und wirken, damit wir von jetzt an als Kinder Gotte- leben und handeln, unsere irdische Laufbahn im Besitz Gnade vollenden, und uns dereinst bei ihm, mit ihm und in >h'" 259 mchcn «fern besten Vater, dem höchsten und liebenswürdigsten Gute gleich- Mg freuen. Amen. feigste nicht so ist H , bas furcht »Erneuert euch nach dem Geiste eures Sinnes.-- Ephes. 2Z. Wer alles Eingang. mich, > den ^imner naher und näher rucken die heilsamen, der Feier grosser, aus heiliger Geheimnisse bestimmten Tage heran meine Lieben! >— fe¬ inem «Lage, auf welche die gegenwärtigen, eine zweckmässige, wür- mich lige Vorbereitung seyn sollten — nämlich der Lag, an welchem ogar «r das jährliche Andenken an den Versöhnungstod Zesu er- ann, «uern, und der Lag der christlichen Ostern, an dem uns die chfe, mütterliche Stimme der Kirche zum Tische des göttlichen Lam- ' zu mes emladet. Verdoppeln müssen wir daher unfern Fleiß und und Eifer, um den alten Sauerteig der Sünde vollkommen aus un- stcbc kn Herzen hinauszuschaffen, um als wirklich gereinigte und ganz Be- gebesserte Menschen bei der Feier der heiligsten Geheimnisse, beim hnt Abendmahle des Herrn zu erscheinen, und somit würdigen An- ttes theil an dem göttlichen Werke unserer Erlösung und Heiligung bc- zu nehmen. Trost, ungemeiner himmlischer Trost wäre und dürf- sen, le es seyn für die Verkündiger des Evangeliums, wenn ihre lei- christlichen Lehren und Ermahnungen, keine fruchtlose Arbeit in ben dieser Vvrbercitungszeit waren — wenn die Gläubigen den aus¬ ist- gestreuten Samen des göttlichen Wortes nicht nur gut aufge- gcii saßt, sondern auch treu im Herzen behalten und fleißig zum ge- Fnichlbringcn befördert haben. — Trost, ungemeiner, humnli- ili- Icher Trost, für uns alle, für christliche Lehrer und Jünger wä- «s kc es, wenn uns bei der frohen Gedächtnisfeier des vom Lode ne krstam, Heilandes unfcr Gewissen in Wahrheit das Zeugnis ns krtheilcn dürste: Heil euch! — Ihr seyd nun auch aus dem es Grabe der Sünde, mit Christus dem Heiligsten hervorgegangen; en ihr wandelt mit ihm, cuerm göttlichen Meister in einem neuen nn gottgefälligen Leben! — Damit uns von unferm Gewissen die¬ ses trostvelle Zeugnis sicherer zu Theil werde: so lassen wir in 210 dieser gegenwärtigen Zeit die heilsame Ermahnung des Apo¬ stels: Erneuert euch, nach dem Geiste eures Sinnes! keinen Augenblick aus dem Gedächtnisse und aus dem Herzen. Fahren wir dieser Ermahnung gemäß standhaft fort: Alles, abzulegen, was uns etwa an der geistigen Erneuerung oder Besserung noch hindert; fahren wir eifrig fort, jedes Brandmaal des sittlichen Verderbens an uns zu vertilgen, um ganz neue Geschöpfe zu werden in Gedanken, Grundsätzen, Gesinnungen, Neigungen, Worten und Thaten; lassen wir es an uns recht wahrnehmen: daß wir nun als Kinder des Lichtes, als Freunde alles Wahren und Guten, als Auserwählte Gottes, zur Verherrlichung des himmlischen Vaters, und zur Erbauung unserer Mitmenschen le¬ ben. Hiezu muntert uns ja schon unsere vernünftige Natur auf; die Vernunft selbst fodert es von uns, daß wir uns dem Geiste nach wahrhaft erneuern oder bessern — die Vernunft selbst ver¬ dammt uns sogar, wenn wir uns nicht erneuern und bessern. Das habe ich Ihnen in meinem letzten Vortrag begreiflich und fühlbar zu machen gesucht. Heute führe ich einen zweiten Be¬ weggrund zur geistigen Erneuerung und Besserung an. — Wir sind nicht bloß vernünftige Geschöpfe, wir sind auch in einer Ge¬ sellschaft miteinander lebende Menschen. Das Band der mensch¬ lichen Gesellschaft, das uns alle so wvhlthätig umschlingt, fo¬ dert uns also auch zur Besserung unseres Herzens und Betra¬ gens auf. Das ist der zweite Beweggrund von dem ich heute zu Ihnen reden will. Wir wollen nämlich etwas reifer erwägen: i) den wohlthätigen Zweck der menschlichen Gesellschaft, und 2) wie dieser Zweck von ungcbcsserten und bösen Menschen vereitelt und vernichtet wird. Aus dieser zweifachen Erwägung wird uns dann von selbst einleuchten: man müsse sich schon darum, weil man ein Glied der menschlichen Gesellschaft ist, erneuern, ändern und bessern, um ein taugliches, nützliches Glied zu seyn, um den vortrefflichen wohlthätigen Zweck der menschlichen Gesellschaft, sowohl für sich selbst, als für andere zu befördern und . zu er¬ reichen. Der Gegenstand des Vortrages verdient also nicht min¬ der Ihre willige Aufmerksamkeit. Erster Th eil. Der grosse und wohlthätige Zweck der Vereinigung Menschen zu einer Gesellschaft ist kein anderer, als: sittliche 241 Ordnung, Eintracht, Friede, Ruhe, Sicherheit, wechselseitige siiilfleistung und Veredlung, mit einem Worte, alle die schonen und grossen Vortheile, deren vernünftige Wesen fähig sind und scyn können. Waren die Menschen bis jetzt, noch in keine en¬ gere Verbindung oder Gesellschaft zusammcngetretcn, was wäre wohl die Erde, die wir bewohnen? was anders, als ein unge¬ heurer Wald wilder und grimmiger Geschöpfe, die eben darum, weil sie zwar Vernunft haben, aber dieselbe mißbrauchen können, die verstandlosen Thiere selbst an Wildheit übertreffen würden. Wären die Menschen zwar gesellschaftlich zusammengetreten, wäre aber sittliche Ordnung, Eintracht und Ruhe das Ziel und Ende dieses Zusammcntretens nicht, oder würde dieses Ziel nicht nack- allen Kräften verfolgt: so hätte sich die menschliche Gesellschaft schon lange wieder aufgelöst, und die Erde wäre ein noch weit gefährlicherer Aufenthalt geworden. — Alles Gute, das wir in der Menschengcfellschaft von jeher genossen, oder noch genießen, Huben wir demnach der sittlichen Ordnung und ihrer Ausrecht¬ haltung im vollen Masse zu verdanken. — Wir wollen hier wegen zu grosser Reichhaltigkeit des Stof¬ fes nur zwei menschliche Gesellschaften, die eheliche und die bür¬ gerliche nach ihrem Zwecke betrachten, denn was die kirchliche be¬ trifft, so ist ihr Zweck ohnehin rein religiös und sittlich, somit sind auch die Beweggründe zur Besstrung, die die kirchliche Ge¬ sellschaft vorlegt, — rein religiöse Beweggründe, von welchen nächstens die Rede seyn wird. Die erste und nothwendigste aller Gesellschaften, aus der sich die übrigen bilden und fortbcstehen, ist also die eheliche Ge¬ sellschaft. Sie nahm mit der Schöpfung der Welt ihren Anfang; ward von Gott selbst eingcführt, und durch vernünftige Liebe ge¬ knüpft. Denn vernünftige Liebe sollte nach der weisen und hei¬ ligen Absicht des Schöpfers aus zweien Geschlechtern vernünftiger Wesen einen Leib, ein Herz und gleichsam eine Seele bilden, sollte sie in unzertrennlicher Eintracht, in Zucht und Ehrbarkeit erhalten, damit sie das Wilde sinnlicher Triebe, das Schädliche und Lasterhafte der Ausschweifungen vermeiden, einander gegen¬ seitig unterstützen, sich die oft säuern Lasten des Lebens erleich- k"'n, und die Erde nicht nur mit Menschen, sondern mit vor¬ züglich guten Menschen bevölkern. Das sind die bestimmten, un- läugbaren Absichten, aus welchen Gott die eheliche Gesellschaft 242 eingeführt, — aus welchen der Sobn Gottes Jesus Christus den Ehestand zu einem Sakramente erhoben, mit welchen er eine be¬ sondere Gnade verbunden hat. Wird nun das von Gott geschaffene, und von dem Christen- thume geheiligte eheliche Band von den Häuptern der Familie auch recht geehrt und behandelt: dann ist und muß cs (für den Mann wie für das Weib) voll des heiligen und himmlischen Segens werden. Auf eine weise und christliche Art theilen beide, Mann und Weib unter sich die häuslichen Geschäfte, jeder Theil über¬ nimmt jene Verrichtungen, die seinen Fähigkeiten angemeffen sind; Zeder verrichtet, gestärkt von christlicher Liebe, ermuntert von edler Freundschaft sein Tagewerk mit einem h. Eifer; so erleich¬ teren sie sich gegenseitig die Last des Lebens, und dulden mit Schonung und Nachsicht, jene Schwächen, welche von de/ mensch¬ lichen Natur hienieden unzertrennlich sind. So arbeiten auch beide zugleich mit beharrlichem Eifer an ihrer wechselseitigen Bes¬ serung und Vervollkommnung; die christliche Gattin mildert durch ihre Sanftmuth den Charakter des Mannes, daß er nicht aus¬ arte in Härte und Gefühllosigkeit; dagegen vcrhüthet das Fa¬ milienhaupt, der Mann, durch seinen bedächtigen Ernst, daß seine Gehülsin nicht etwa in blosse Gefühle versinke, und ein trau¬ riges Opfer der Weichlichkeit werde. Die christliche fromme Haus¬ frau zieht durch ihr Beispiel, den Mann mit einer sanften Ge¬ walt zur Fr^" migkeit hin, ohne welcher es für die Familie kei¬ nen Segen, und für die Tugend keine Festigkeit gibt; dagegen vcrhüthet der christlich-erleuchtete Mann, daß der religiöse Sinn der Gattin nicht ausarte in eine gehaltlose Frömmelei, welche, während sie sich nur an das Aeußeriiche hält, den wahren, den bessernden und heiligenden Geist echter Andacht und Frömmigkeit aus dem Augen verliert. Durchdrungen von dem h. Wunsche sich in ihrem Stande wahrhaft zu heiligen, und ihre hohe Be¬ stimmung zu erreichen, streben somit beide sich durch schonende Erinnerungen, vorzüglich durch gute Beispiele von Fehlern zu reinigen,) sich zu allem Guten zu ermuntern, um auch einstens in der bessern Welt eine Freundschaft glücklich fortzuseßen, welche sie unter Gottes Segen hienieden begonnen haben. Vor allen aber ist das Augenmerk und die Sorge guter christlicher Familienhäupter in der ehelichen Gesellschaft, auf die Erziehung und Veredlung der ihnen von Gott anvertrauten Kin- 245 der gerichtet. — Denn diese Letztem erwarten von ihren Acltcrn, nach dem Rechte der Natur, nach dem Gcbolhe Gottes und nach der Vorschrift seiner h. Kirche, mütterliche Pflege, väterliche Hülfe, ritterlichen Beistand, sie flehen so tief eingreifend um eine »eise Erziehung, ohne welcher sie nie gedeihen, nie gut und glück¬ lich werden können, sie flehen durch ihre Schwache und Ilnbe- hülffichkeit um das, was ihnen Gott und die Natur, das Chri- jtmtbum, die Kirche und dec Staat als ein heiliges Recht von Seiten der Aeltern zugesprochen haben. Mit Leib und Seele sind ja die schwachen Kleinen an ihre Erzeuger hingegeben, und neh¬ men jeden Samen willig auf, welchen das zarte Herz einer from¬ men Mutter, die lehrende Stimme eines weisen Vaters, und die Beispiele von beiden in die jungen Herzen streuen. — Wenn nun beide Aeltern bei der Erfüllung ihrer väterlichen Pflichten gewissenhaft dem Ruse der Natur folgen, das göttliche Gesetz treulich beobachten, die Stimme ihres eigenen Gewissens willig anhören, und der Einladung eines unverdorbenen edlen Herzens folgen, — dann darf man sich wohl von der ehelichen Gesell¬ schaft alles Gute für Zeit und Ewigkeit versprechen. Denn wenn eine fromme Mutter an ihrem Kinde vorzüglich das schöne Eben¬ bild Gottes erblickt, wenn sie ihr Kind nicht nur mit einem sinn¬ lichen, sondern auch mit christlichen Herzen liebt; weil sie selbes von Gott erhalten, auch nur für Gott erzieht, und ihre größte Sorge dahin verwendet, es rein und unbefleckt, wie es durch die Taufe in ihre Hände gekommen ist, veredelt durch Weisheit und Tugend, dem Himmel zuzuführen; wenn die fromme Mutter voll dieser Ueberzeugung, voll dieser h. Gefühle ihre schöne und wich¬ tige Arbeit, die Kindcrerzichung zu rechter Zeit beginnt, und un¬ terstützt von einem weisen christlichen Vater beharrlich fvrtsctzt: kurz, wenn Vater und Mutter mit Liebe und Eifer schon von der zartesten Jugend auf den Samen des Wahren und Guten, der Weisheit und Tugend in die noch unverdorbenen Herzen der Kinder streuen, wenn sie diesen kostbaren Samen sorgfältig pfle¬ gen, ihn begießen durch frommes Gebeth, und befruchten durch erbauende Beispiele; wenn sie jede aufkeimende Pflanze des Un-- kvautes, ehe es tief und fest einwurzeln kann, sorgfältig ausreißen, damit es ja nicht den guten Samen ersticke; wenn sie von ihren Kindern entfernen den vergiftenden Hauch böser Beispiele, die tödtende Pest einer schädlichen Lektüre; die versteckten Schlingen 16 * 244 schlauer Verführer: daun, o dann wachsen die Kinder unter der schönen Arbeit der Aeltern, unter dem Segen Gottes, unter dem Schutze des Evangeliums, im Schooße der h. Kirche heran, — als Gottes schöne Ebenbilder, (als fruchtbare Bäume in Gottes h. Garten), als treue Reisegefährten tugendhafter Aeltern, als eine sichere Stütze für ihr gebrechliches Alter, als ihre Freude im Leben, ihr Trost im Tode, und ihre schönste Krone in der bessern Ewigkeit! — Dann ist der wohlthätige heilige, von dem Schöpfer beabsichtigte Zweck der ehelichen Gesellschaft vollkommen erreicht. Aus der ersten, noch sehr kleinen ehelichen Menschengesell¬ schaft bildete sich in der Folge eine andere zahlreichere, die wir nun die bürgerliche Gesellschaft oder den Staat nennen. Die Menschen, die den Trieb zur Geselligkeit in ihrer Brust, und ihre unablässigen Bedürfnisse von außen immer mehr fühlten, reichten einander die Hand, machten gemeinschaftliche Verträge, erbauten Dörfer, Flecken und Städte, traten näher zusammen, bestimmten die Eränzen zwischen Mein und Dein, wählten aus ihrer Mitte Vorsteher, Führer, Gesetzgeber, Schiedsrichter und Regenten — alles zu dem Zwecke damit sittliche Ordnung, wel¬ che vernünftigen Wesen so nothwendig ist, eingeführt, erhalten, befestiget, und dadurch Friede, Ruhe und Sicherheit hcrgestellt, und jeder andere schädliche und verwüstende Nachtheil abgewen¬ det würde. — Die Mitbürger verstanden sich untereinander, mit vereinigten Kräften jederzeit auf diesen grossen und heiligen Zweck hinzuarbeiten, das Wohl des Ganzen und der einzelnen Theist nie stören, nie kränken zu lassen, viel weniger es selbst zu stö¬ ren/ oder zu kränken. Gemeinsame Glückseligkeit stets zu be¬ fördern und blühender zu machen — das war im Ganzen die theuece Zusicherung, die sie einander gaben — eine Zusicherung, welcher sie nicht nur ihre Pnvatvortheile, ihr gemeinschaftliches Interesse, sondern auch, wenn es nöthig wäre, ihr Gut und Blut auszuopfern bereit waren. — Nun aber können sittliche Ordnung und eine gemeinsame Glückseligkeit, wie in der ehelichen, so auch in der bürgerlichen Gesellschaft ohne Beförderung der Sittlichkeit selbst unmöglich begründet werden; darum ist es nöthig und Pflicht, daß die Glieder der bürgerlichen Gesellschaft, besonders die Häupter der¬ selben, alles was die Veredlung der Bürger hemmt» verhindern r>»»» 2^5 mid beseitigen, und im Gegentheile alles unterstützen und schu¬ hen, was der Lugend und Sittlichkeit zuträglich ist — in so ferne dieses nur immer durch äußerliche Anstalten möglich ist. Zu diesen äußerlichen Beförderungsanstalten der Sittlichkeit ge¬ hört nun z. B. daß man die Verbreitung schädlicher Grundsätze, sie mag nun mündlich oder schriftlich geschehen, hindere, daß man öffentliche Aergerniffe, welche Unsittlichkeit und Ausschwei¬ fungen befördern, hintanhalte, daß man verdächtige, gefährliche, geheime Gesellschaften nicht dulde; die Unruhigen ernsthaft zu¬ recht weise und die frechen Verbrecher bestrafe: dagegen aber, daß man für eine weise und gute Kinderzucht sorge, öffentliche Anstalten zum Unterrichte, zur Erziehung der Jugend errichte und sie beschütze — die einzelnen Glieder wie die Familien zur Arbeitsamkeit und Thätigkeil wecke und anhalte — jene Künste und Wissenschaften eifrig befördere, welche den Verstand entwi¬ ckeln und bilden und das Herz veredeln — vor allen aber daß man durch das gute Bcifpiel der Höher» und Obern auf die Ver¬ besserung und Vervollkommnung der Niedern und Gemeinen her¬ abwirke. Dieser und dergleichen äußerlichen Mittel bedient und soll sich jederzeit bedienen die bürgerliche Gesellschaft, zur leich¬ tern Erreichung jenes wohlthätigen Zweckes, zu welchem sie be¬ steht. — Wir meine Lieben.' stehen nun in einer oder der an¬ dern oder auch in beiden der genannten Gesellschaften, und freuen uns wohl vieler grossen Vorthcile die uns daraus fließen. Allein haben wir auch gehörig darüber nachgcdacht, was wir der Ge¬ sellschaft überhaupt schuldig sind? wie wir uns in derselben ver¬ halten, wie leben und handeln sollen? Zwar sind wir auch in der Gesellschaft freie Menschen — aber frei, nicht wie dec Schwindelgeist unserer Zeit dem Worte eine schiefe Bedeutung gibt, nämlich losgebunden von allen Gesetzen, so daß wir thun und handeln und leben dürfen, wie cs der tollen und unbändigen Lust gefällt — denn eine menschliche Gesellschaft bezielt ja Ord¬ nung, und wo Ordnung seyn soll, da müssen auch Gesetze gel¬ ten und gehandhabt werden — sondern wir sind eigentlich nur srei unter dem Gesetze, das auf Ordnung und Ruhe berechnet ist, srei, daß nicht ein Jeder, dem es einfällt und der mehr Stärke für sich hat, uns unser Eigenthum, unsere Ehre, un¬ sere Sicherheit, unser Leben rauben kann; frei, daß wir wie vernünftige Geschöpfe und nicht wie das Thier, als Zweck für X »»»» 240 c««« sich und nicht als Mittel zum willkührlichen Zwecke behandelt werden; frei, daß wir nicht gehindert werden, in der Bildung des Verstandes in der Veredlung des Herzens — kurz in der Lugend und Sittlichkeit immer weiter zu schreiten, und unsere erhabene Bestimmung, die sich in ein künftiges Leben hinüber erstreckt — zu erreichen. Wer nun auf diesen Zweck der menschlichen Gesellschaft hin¬ schaut, sich ihn recht zu Gemüthe führt, und ihn zu würdigen weiß: der muß ganz natürlich zuerst sich selbst nach Innen und nach Außen in Zucht und Ordnung zu bringen — sich zu än¬ dern , zu erneuern, d. i. so zu denken, zur eden und zu handeln su¬ chen, wie es einem vernünftigen Geschöpfe und einem begnadigten Christen geziemt, damit er dann, in die eine oder die andere Gesellschaft, deren Glied er ist, wahrhaft tauge; seine Pflichten, auf deren Erfüllung die Ordnung, das zeitliche und ewige Wohl des Einzelnen, wie des Ganzen beruht, heilig erfüllt, und den wohlthatigen heiligen Zweck der Gesellschaft nicht störe oder hin¬ dere. — Lebt er in der ehelichen Gesellschaft, und will er darin eine Quelle reiner Freuden, ein Beförderungsmittel der Lugend und künftigen Seligkeit haben: so muß er seine Neigungen und Begierden mässigen, sich an Fleiß und Nachgiebigkeit gewöhnen, der Flatterhaftigkeit und Ucppigkeit vernünftige Schranken setzen, die Schamhaftigkeit lieben, Eingezogenheit schätzen, die stille» häuslichen Freuden achten, häusliche Lugenden befördern, feinem Geiste eine gewisse Festigkeit verschaffen, um die Schwächen die der menschlichen Natur überhaupt ankleben, an dem andern Lheile mit Gleichmüthigkeit zu ertragen, — er muß an den ihm von Gott anvertrautcn Kindern durch gute Lehre und kräftiges Bei¬ spiel, dem Staate brauchbare Bürger, der Kirche tugendhafte Mitglieder, dem Himmel neue glückliche Einwohner erziehen. — Nicht minder muß er in dn bürgerlichen Gesellschaft, als Regent, als Staatsdiener, als Mitbürger und als Unterthan zur Beför¬ derung des allgemeinen Besten, das Seinige redlich und gewis¬ senhaft beitragen; was nur dann geschehen kann, wenn er dem Verstände und dein Herzen nach, entweder schon gut, fromm und rechtschaffen ist, — oder gut, fromm, rechtschaffen zu werden und zu scyn sich bemühet; denn nur dann wird er als Vorgesetzter mit Weisheit, Güte, Gerechtigkeit und mit einer rastlosen Lhä- tigleit für die Ruhe. Sicherheit und Wohlfahrt der im anver- tra scir seil W wn dn th< sef Gl er Ä so bl le Ul a! bl di h r d r f andclt ildung in der unsere nüber hin- digen und ün- i su- igten idere ten, kehl den hin- arin pnd und en, en, len cm die 'ile en ü- lle l, s- n d d r trauten Unterthancn, gewissenhaft sorgen — sein Ansehen und seine Macht auf eine heilige gottgefällige Art gebrauchen, — > sein Licht vor den Menschen leuchten lassen, daß sie seine guten Werke sehen, und den Vater im Himmel preisen; dagegen aber wird öffentliches Aergerniß und Unsittlichkelt an sich, wie an an¬ dern sorgfältig hintanhalten. — Nur dann wird er als Unter- than — Achtung, Ehrfurcht und Gehorsam gegen seine Vorge¬ sehen, als gegen Stellvertreter Gottes auf Erden, bezeugen in Gesinnungen, Worten und Handlungen, — wird gewissenhaft erfüllen die allseitigen Pflichten, die ihm in seinem Stande und Wirkungskreise obliegen, wird sich nicht nur guten und billigen, sondern selbst harten Herren geduldig unterwerfen, und zwar nicht bloß aus Furcht vor der Strafe, sondern um des Gewissens wil¬ len, ans Ehrfurcht gegen Gottes Anordnung. Nur der gute und tugendhafte, oder der erneuerte und gebesserte Mensch wird also, den schönen und wohlthätigen Zweck der Menschengesellschaft befördern, — der uncrncuerte, ungebesserle Mensch hingegen wird diesen Zweck stören und vereiteln, — was wir hören werben im zweiten Theile. Schon die ersten Verkündiger des Evangeliums, die Apostel, haben es zu ihrer Zeit den Christen angcdeutct: daß ein Kopf voll falscher Grundsätze, und ein Herz voll böser Leidenschaften, die traurigen Duellen aller Zerrüttungen und Unordnungen in der Menschengesellschaft seyen. Woher, schreibt der h. Apostel Jakob, den Christengemeinden, woher kommen unter euch Unei¬ nigkeiten und Streitigkeiten? — woher so viele einander wider¬ sprechende und aufreibende Bemühungen und Absichten? Woher anders, als von cuern, sich in euch so gewaltig empörenden sinn¬ lichen Lüsten? — Jak. 4, i. So ist es wirklich meine Lieben-! Menschen, deren Verstand von falschen-Grundsätzen und Vorur¬ teilen umnebelt, deren Herz ungebessert ist, und in denen die Leidenschaft ihre Herrschaft behauptet, und ihr Wesen ungcändert forttrcibt: sind die gefährlichsten Feinde der Gesellschaft und ihrer Glückseligkeit. Denn sie erfüllen ihre Pflichten nie recht und vollkommen, und übertreten diese Pflichten noch überdieß ganz und vermessen. Ich sage: sie erfüllen ihre Pflichten nie recht und vollkommen. Es ist nämlich um die Leidenschaft eine allzu- 248 « « « « schlimme Sache; sie nimmt tausend Gestalten an, sie findet bc- schönigende und begünstigende Grundsätze auf; sie hüllt sich ii Finsternisse, und schleicht sogar unter der Larve der Lugend da¬ her, — sie läßt sich wohl durch Furcht und Strafe schrecken; aber sie bedient sich der Behutsamkeit und Klugheit, um sich der ihr lästigen Ordnung bald da bald dort zu entziehen, und M Genüsse ihrer sinnlichen Vortheile, wie es immer geschehen kann, zu gelangen. Menschen, welche sich mit Leib und Seele nur au die Sinnlichkeit, an ihre Wünsche und Begierden hingcgeben ha¬ ben, haben auch für das Höhere und Edlere, für Wahrheit und Lugend, weder Auge noch Herz; sie sehen nur thierisch, sie empfinden, denken, wünschen und handeln nur thierisch; und was sie überall thun, das thun sie auch in der Gesellschaft, in der sie stehen. Sind sie durch das Band der ehelichen Gesellschaft verci-, niget, so wird dieses heilige Band bei einem ungebesserten, von Leidenschaften beherrschten Herzen bald abgenützt — sie vergessen des am Altäre abgelegten Gelübdes; werden in ihrem Gemülhe und Herzen getrennt, und fallen einander zur Last, Kälte und Abneigung, die das Leben verbittern, und jeden Keim der Lu¬ gend ersticken, treten an die Stelle jener Freundschaft, welche das häusliche Glück begründet, und die Grundlage aller häuslicher Lugenden ist; die abgeneigten Gemüther betrachten einander ge¬ genseitig als die Urheber der Leiden — und Vorwürfe und Er¬ bitterungen, heimlicher Betrug und giftige Eiferfucht sind dann die natürlichen Folgen des böfen unsittlichen Charakters. Dazu kommen noch andere den Gliedern dpr Familie höchst nachtheilige Uebcl, als: Müfsigang, Verschwendung, Vernachlässigung des Hauswesens, der Bildung und Erziehung der Kinder. O Gott! so komme ich denn schon wieder auf diese Hauptquelle des sittli¬ chen Verderbens unserer Zeit — und auf ein Haupthindernis der Wohlfahrt aller menschlichen Gesellschaft — auf die Ver¬ nachlässigung der guten Kindererziehung! Und ich darf und kann es doch nicht verschweigen, daß cs in unfern Tagen so viele Mütter gibt, die da Verrätherinnen an ihren heiligsten Muttec- pflichten werden — Mütter, die ihre Kinder frühzeitig wie eine beschwerliche Last in fremde gar nicht geprüfte Hände werfen, sie in denselben ohne Nachsicht lassen bis sie reif genug werden, um ihnen ihre eigene Weichlichkeit, Sinnlichkeit und Eitelkeit >- >-» » 249 mizupflanzen! — daß es Väter in unfern Lagen gibt, die ihre Linder ohne religiösen Unterricht, wie wilde Wanzen heran- nmchscn lassen, ohne einen edlen und fruchtbringenden Zweig der Tugend und Sittlichkeit in sie zu propfen — kurz daß es Ael- tern gibt, die sogar durch eigene Beispiele den Samen des Un¬ glaubens, der sinnlichen Lust, der Ausgelassenheit in die Herzen ihrer Kinder streuen; bald durch schamlose, bald durch ungläu¬ bige Reden, sogar die natürlichen Anlagen zum Guten in ihren Kindern verderben, ihnen schädliche Bücher in die Hände liefern oder in den Händen lassen, und sie den Gefahren der Sünde nur zu ost selbst entgegen führen oder denselben unbekümmert preis geben. >— Darum sehen wir aber auch in unfern Zeiten, ein, leider! nur zu allgemeines Sittenvcrderbniß bei der Jugend; darum sehen wir so viele Kinder, die schon in älterlichcm Hause und noch mehr außer demselben, die zügelloseste Freiheit genie¬ ßen, am Körper und noch mehr am Geiste verwildern, wie räu¬ dige Schafe selbst andere, unschuldige und wohlerzogene mit ih¬ rem Gifte anstecken und dem Wohle der Gesellschaft und des Staates nicht nur nicht das mindeste Gute versprechen, sondern je mehr sie in ihrer Verderbheit heranwachsen, desto mehr alles lieble und Gefährliche befürchten lassen. — Und die Duelle all' dieses Unglückes sind die verderbten ungebesserten Herzen der Aeltern und die durch sie noch mehr verderbten und noch weni¬ ger gebesserten Herzen der Kinder. Ja Unsittlichkcit ist der Ruin aller Wohlfahrt — auch in der bürgerlichen Gesellschaft oder im Staate. — Sie bringt den Vorgesetzten zu partheiischen Begünstigungen selbst unfähiger un¬ redlicher Personen; sie bringt den Richter zur schändlichen Ver¬ letzung des Rechtes, den Verwalter zur Eigenmachung ungerech¬ ter Nutzbarkeiten, den Bürger zum geheimen Eingriffe in dieses oder jenes Recht seines Mitbürgers, den Unterthan zum heim¬ lichen Murren gegen die Obern, zur schlauen Vorenthaltung der gcfoderten Abgaben. Und da leidet die Ordnung und das Wohl des Ganzen und der einzelnen Theile schon sehr viel, wenn gleich noch nicht so auffallend. Und wären alle Menschen in der Gesellschaft so ungcbessert, so von Leidenschaften befangen und eingenommen: was würde, was müßte endlich entstehen? Alle menschliche Gesellschaft müßte sich auflösen, und die Erde würde ein Schauplatz von Grauelthatcn und Verwüstungen seyn. 250 «««« Zwar hat die oberste Gewalt im Staate Mittel in der Hand, die Glieder zur Erfüllung ihrer Pflichten zu bringen; sie kann Zwangsmittel gebrauchen, um sie zu pflichtmäfsigcn Leistungen zu verhalten, sie kann die Bürger durch Strafen von gesetzwi¬ drigen und schädlichen Handlungen zurückschrccken. Allein, keine menschliche Gewalt ist im Stande alle, dem gemeinschaftlichen Wohl nachtheilige Handlungen zu verhüthen. — Sittlichkeit, häuslicher Fleiß, eine gute Erziehung der Kinder, diese Grund¬ lage des menschlichen Glückes, und der Wohlfahrt aller Staa¬ ten lassen sich ja nicht erzwingen, sie müssen aus hohem Über¬ zeugungen, auS einem gebesserten Innern kommen, was sich kei¬ nem Menschen anfnöthigen läßt. Die Staatsgewalt kann mit ihren Strafen nur die äußerlichen Handlungen, welche entdeck¬ bar sind, zu verhindern suchen; aberkenne bürgerliche Strafe er¬ reicht die innere Gesinnung des Menschen, die eigentliche Duelle schädlicher Handlungen, keine mögliche Aussicht, kann alle Ver¬ brecher entdecken und strafen — und doch sind oft die geheim¬ sten Handlungen, die verderblichsten, denen man nicht auf die Spur kommen kann. So z. B. kann man wohl eine bewaffnete Macht gegen eine Räuberbande ausfcnden; man kann durch eine sorgfältige Bewachung die Pest von den Gränzen des Vaterlan¬ des ferne halten; aber gegen die feinern Räuber, welche aus den geheimsten und verborgensten Schlangenwegen des Wuchers, des Betruges, das Vermögen der Bürger weit schrecklicher und öfter ausplündern, als die Räuber auf offener Strasse — kann man keine bewaffnete Macht äussersten; gegen die seinen und listigen Todschläger, die ihren Mitbürgern die Ehre, den guten Namen, durch Lügen und Verleumdungen benehmen, sie so um das Zu¬ trauen, um den Glauben anderer, und somit gleichsam um das bürgerliche Leben bringen, in so ferne die Ehre mit dem Leben gleichen Schritt hält — wider solche Todschläger, kann man mit einer bewaffneten Macht nichts ausrichten; so kann man auch gegen die geheimen Verwüstungen der Verführung und Wollust, welche dem Staate jährlich mehr brauchbare Glieder entreißen, als die fürchterlichste Pest — keine Gränzen bewachen und sichern. Da sind nur Glaube und Sittlichkeit, oder Verstandesbildung und Herzensbeffcrung durch Religion und .Tugend, die besten Wachter und kräftigsten Beschützer der leiblichen und geistigen Wohlfahrt der Gesellschaft. — 251 Daher meine Lieben! die Erfahrung: daß, wo es einer Fa¬ milie oder Gesellschaft an richtigen religiösen Überzeugungen und an wahrer Herzensbcsserung fehlte, die heimlich genährten Leiden¬ schaften endlich mit Ungestüm ausbrachen, und sich durch nichts mehr zuriickhalten ließen, und daß Menschen, die einmal gewöhnt sind, ihre Pflichten nie recht zu erfüllen, eine nach der andern zu übertreten, — endlich vollends alle Ordnung mit einer scham¬ losen Vermessenheit über den Haufen warfen. Die Geschichte al¬ ler Zeiten bestätiget es z. B. daß Eheleute, die sich von Mißver¬ gnügen, Eifersucht, Untreue, Ueppigkcit beherrschen ließen, daß sie einander nachtheilige Trennungen, und am Ende gar Gift, Mord und Tod bereiteten, und sich und ihre Kinder, und ihre häusliche Verfassung in's bitterste Elend stürzten; daß Geschwister, die vom Neide und Begier überwältiget waren, ihre Hände mit Nruderblut befleckten; daß Vorgesetzte, deren Leidenschaft, Herrsch¬ sucht, Stolz und Menschenhaß waren, ihr Volk und seine Wohl- i fahrt, unbarmherzig ausoxferten; daß Bürger und Unterthancn, denen der Geist der Empörung in der Seele saß, sich unterein¬ ander um Ehre, Gut und Blut, und ihre Regenten, um Zepter, Krone und Leben brachten. — Das bestätiget selbst die Geschichte der neuern Zeiten. Wer hat es ohne Schauder erlebt, wer kann es ohne Schauder lesen und hören, in welche schreckliche Verwir¬ rung eine sonst so sehr gebildete und mächtige Nation, die fran¬ zösische, gerathcn war, durch Unglauben und Verachtung des Sit¬ tengesetzes?! — Ja, zum ewig warnenden Beispiele, hat die Zeit¬ geschichte jene beklagenswürdigen Jahre Frankreichs ausgezeichnet, wo die Macht des Unglaubens, und die Wuth der Zügellosigkeit Ees zu überwältigen schien, — wo die beseligende Religion ver¬ stummte, — wo die grausamste Tyrannei, aller Herzen vor Schrecknissen erstarren machte, — wo alle Tugenden für Ver¬ brechen erklärt, und alle Verbrechen zu Tugenden gestempelt wurden; wo alle, selbst die natürlichen Bande, zwischen Aeltern und Kindern, zwischen Freunden und Freunden, zwischen Bürgern und Bürgern, zwischen Herren und Dienern, zwischen Regenten und Uuterthanen gewaltsam zerrißen waren; wo Raub, Mord und Brand an der Tagesordnung standen, und ein blühendes Reich — eine furchtbare Wüste verwandelten. Und dieses ustes war Folge des Unglaubens, der Sittenlosigkeit, die sich Menschen bcmeistert hatten. 252 Ueberhaupt lehren uns alle Geschichten, daß Sittenlosigkeit, Un gebessert heil das Grab jeder guten Ordnung in der menschli¬ chen Gesellschaft war, und ich wiederhole es: Wenn alle Men¬ schen, immer auf alten, verderbten Grundsätzen und Gesinnungen bestünden, niemals in sich gingen, und sich zur Beobachtung ihm Pflichten erneuerten, so wurde die menschliche Gesellschaft selbst nicht bestehen, ui ) die sittliche Welt gewaltsam aussterben! — Da wir nun d^. grossen und wohlthätigen Zweck der menschli¬ chen Gesellschaft kennen gelernet, und uns von den fürchterlich »achtheiligen Folgen ungebcsserter Herzen auf diesen h. Zweck, überzeugt haben: so bleibt uns nichts anders übrig, als unS nach der Sirtenlehre des Apostels, nach dem Geiste unseres Sinnes zu erneuern d. i. unsere Leidenschaften zu bekämpfen, die stckern Grundsätze, aus deren unsere Leidenschaften wie Nebel aus giftigen Pfützen aufsteigcn, zu verwerfen; die listigen Verführer, ihre Lehren und Beispiele, die uns immer unvermerkter auf die breite Strasse des Lasters hinzichen, zu meiden und zu entfernen; mid die alten Vergehungen durch innere Reue und standhafte Busse abzulegen; mit einem Worte, uns durch kräftige Mitwirkung mit der Gnade Gottes ein neues Herz, einen neuen Geist anzuschaf¬ fen, oder der Sinnlichkeit, den ungezäumten Trieben nicht mehr un¬ terworfen ist, sondern über dieselben herrschet; nur auf diese Art, nämlich durch eine wahrhafte Herzensbesserung und standhafte Be¬ kehrung, werden wir dem grossen und heiligen Zwecke der Men¬ schengesellschaft, deren Glieder wir sind, vollkommen entsprechen, unsere eigene und fremde zeitliche Wohlfahrt befördern, und als gute Kinder eines und desselben Vaters im Himmel dereinst in die grosse h. Familie seiner Auserwählten und seligen Geister aus¬ genommen werden. Amen. 255 «c« « « 'siM, leaschli- - Men- nungen g ihrer l selbst »Erneuert euch nach dem Geiste eures Sinnes.« Ephes. 4, 2.?. 'nschli- terlich Zweck, l nach stmcs gckern srigc» ihre ireite und SG mit haf- un- lrt, be¬ eil¬ en, als in ts- Eingang. bu Ephesus, einer der ungesehensten Städte Kleinasiens, wo der Tempel der erdichteten Göttinn Diana prangte; hatte der h. Apostel Paulus drei Jahre das Evangelium geprediget, und durch des h. Geistes Kraft, und viele Wunder, die er im Namen Je¬ sti wirkte, eine so grosse Zahl nicht nur der Juden, sondern auch, und vorzüglich der Heiden, zum Glauben an Jesus Chri¬ stus geführt, daß dem Dienste der Götzen und ihrer Tempel der gänzliche Untergang nahe war. Der Geist des Un- und Aber¬ glaubens dadurch in Wuth gebracht, erregte einen gewaltigen Aufstand wider Paulus, und nöthigte ihn, seine Abreise zu be¬ schleunigen. — Als nun derselbe Paulus nach mannigfachen Ver¬ folgungen und Bedrängnissen endlich nach Rom als Gefangener gebracht worden war, und dort in Ketten schmachtete, erhielt ec bou Zeit zu Zeit wahrend seiner zweijährigen Gefangenschaft, Nachrichten über den Zustand der christlichen Gemeinden, denen er das Evangelium verkündiget hat- Besorgt um ihre Stand¬ haftigkeit im Glauben, gab er ihnen nun schriftlich die kräftig¬ sten und rührendsten Ermahnungen und Lehren, welche vorzüg¬ lich den ncubekehrten Christen zu Ephesus überaus nothwendig "aren. Denn zu Ephesus als der berühmtesten Handelsstadt Asiens, war ein grosser Zusammenfluß von Menschen aller Na¬ tionen, Meinungen, Gebräuche und Sitten, es hielten sich da¬ selbst nenbekehrtc Juden auf, welche die Jrrthümer der phari¬ säischen und sadduzäischcn Sitte mit in das Christenthum herüber brachten und dadurch die reinen Grundsätze des Christcnthums entstellten; es befanden sich mitunter viele böse irdischgesinnte Menschen, die durch Lüge und Betrug im Handel und Wandel sich bereicherten, und durch ein üppiges, wollüstiges Leben, den Essern zum Steine des Anstosses waren. Ephesus mußte somit für die ersten Christen ein sehr gefährlicher und verführerischer -Ort seyn. Daher fand cs auch der heilige Paulus nöthig, die Gläubigen mit allem Ernste aufzumuutcrn, daß sic, falls sie sich von den herrschenden Jrrthümcrn und Lastern ihrer Zeit hatten 254 anstecken lassen, sich derselben alsbald wieder entledigen; nach der erkannten Lehre Jesu leben, ihre Leidenschaften beherrschen, und cs in ihrem ganzen Betragen merken lassen sollen, daß sie ihren hohen Beruf kennen, und nicht wie die Heiden in Lhorheit und Leichtsinn dahin leben? Erneuert euch, ermahnte sie der Apostel, erneuert euch nach dem Geiste eures Sinnes! — Meine Lieben! was in den Tagen des Apostels zu Ephesus geschehen — das ist auch in unfern Zeiten nichts Neues und Seltenes. Dort vorzüglich, wo die Menschen zahlreicher und enger beisammen leben, wo Künste und Gewerbe, in einem gro¬ ßem Verkehr mit einander stehen, und wo mehr Reichthum und Ucberfluß herrschen"— dort herrschen auch gemeiniglich mehr und allerlei Laster; es ist schon lange her zum Sprichworts ge¬ worden: Grosse Städte, grosse Laster! Das Böse verbreitet sich nämlich hier durch Reden, Schriften, Bücher und Beispiele viel leichter und geschwinder von einem auf den andern, und erhält so zu sagen das Bürgerrecht. Auch die Auserwählten d. h. die, welche sonst im Guten, in der Religion und Tugend begründet waren, werden verführt-, werden m Jrrthum und Un¬ sittlichkeit gezogen, — durch Grundsätze die sie hören, durch Ge¬ wohnheiten die sie sehen, durch Beispiele von denen sie gereizt werden. Die Reinigkeit der Lehren und dec Sitten des Evange¬ liums, nimmt somit sichtbar unter den Menschen ab, die da wohl Christen seyn sollten, die es aber bloß noch dem Namen nach sind. Da ist es denn nicht Interesse, nein heilige Pflicht meine Lieben! ist es, für die Verkündiger des Evangeliums, dem immer um sich greifenden Verderbnisse, eben so wie Paulus Einhalt zu thun; Alle die, welche von diesem Verderbnisse etwas an sich ge¬ nommen haben, zu bitten, zu ermahnen, daß sie doch wieder in sich gehen, sich von dem bösen Geschlechte der Weltkinder los¬ machen, andere und bessere Gesinnungen, einen andern und bessern Wandel annehmen und so leben, wie es Menschen und Christen geziemet. Ich meiner Seits habe bisher auf den Beistand Got¬ tes vertrauend, dieser meiner Pflicht nachzukommcn, und Sie; Gott weiß cs! zur Erneuerung Ihrer selbst, oder zur Besserung mit aller Liebe aufzumuntern gesucht. Ich habe Ihnen gezeigt, wie Sie diese geistige Erneuerung anfangen, fortsctzcn, vollenden können und sollen. Und wer aus Ihnen kann wohl mit Wahr¬ heit sagen, daß er einer Aenderung und Verbesserung gar nicht 255 ch der Ucdurfc. — Und nun, wenn denn auch Viele das Dort — nicht und mein, sondern Gottes Wort fliehen, vielleicht weil sie sich nicht ihren iiidern und bessern wollen, so will ich dennoch im Vertrauen auf ! und Sott unverdrossen fortfahren, mit dem Apostel meine Stimme zu ästest erheben: Brüder und Schwestern ! Lasset uns doch nicht länger ans den alten und verkehrten Wegen des Bosen verharren. Lasset hesus »us doch nicht mehr nach den Grundsätzen der Welt und des und Fleisches, und der unbändigen Gelüste, sondern nach den Antrie- und bcn des Geistes leben: Erneuert euch nach dem Geiste eures grö- Kinnes! — Darum will ich nun auf die Art und Weise der hum geistigen Erneuerung, die Beweggründe dazu folgen lassen, um »ehr Eie vor der dringenden Nolhwendigkcit derselben recht zu über- ge- zeugen. Den ersten Beweggrund zur Erneuerung seiner selbst, ütet oder zur Besserung als den Stoff meiner heutigen Rede, finde »eie ich in der Einrichtung unserer vernünftigen Natur, und sage i) und Unsere vernünftige Natur fordert es, daß wir uns erneuern, und lten r) Unsere vernünftige Natur, verdammt uns, wenn wir uns end nicht erneuern. ln- se- Erster Theil. uzt ze- Wenn der Mensch sich selbst, und die ganze Einrichtung sei¬ cht ner Natur, nach ihren geistigen und leiblichen Bcstandtheilcn, ich aufmerksam betrachtet, so muß er nicht nur darauf kommen, ne daß es einen Gott — einen höchstvcrnüuftigcn Urheber gebe, ec welcher ihn so weislich, so meisterlich geschaffen, gebaut und ein- zu gerichtet hat, daß er über alle andere empfindenden Wesen, den e- entschiedensten Vorzug behauptet, sondern auch daß in ihm, in in dem Menschen selbst eine Vernunft sey, welche eigentlich seinen l- grossen und wesentlichen Unterschied von den übrigen Geschöpfen n ausmacht; eine Vernunft, die schon vor allem Unterrichte und h jeder Erziehung, welche er vor den Acltern und Lehrmeistern er- - halt, seine erste Lehrerin ist, und ihm vernehmbar sagt, was ; Recht und Unrecht, was Gut und Böse ist, und was er zu f thuu und zu lassen hat. Das ist die Einrichtung unserer vcr- , künftigen Natur. Diese Einrichtung kündiget sich selbst dem i Menschen in seinem innersten Bcwußtseyn an. Denn eben da- - rum, weil wir uns bewußt find des Unterschiedes zwischen Recht ' u>'d Unrecht, zwischen Gut und Böse; bewußt des freien Vrr- 256 mögens das Gute zu wählen und zu thun, wenn es uns auch noch so schwer ankömme, und das Böse zu verwerfen und zu meiden, wenn es auch noch reizend wäre — und zugleich bewußt, der Pflicht, nur das Gute zu thun, das Böse aber zu unter- lassen, eben darum meine Lieben! werden wir uns auch gewisser Gefühle bewußt, derer kein anderes Geschöpf fähig ist. So z. B. werden wir uns bewußt des Gefühles der Reue und der Scham. Wenn wir irgend eine Lhat verüben, die unsere Vernunft mi߬ billiget, und wenn wir bei Ausübung derselben von andern, be¬ sonders tugendhaften Menschen überrascht und gesehen werden, so fangen wir an zu crröthen, zu stottern, uns zu entschuldigen und unsere Handlung wenigstens mit einem Scheine des Guten zu überkleistern, im schlimmsten Falle sie gar abzuläugnen, oder wenn das durchaus nicht geschehen kann, beschämt und reuig zu ge¬ stehen: daß wir böse gehandelt haben. Warum das meine Lie¬ ben!? Wir können es uns nämlich nicht verbergen, daß wir der Vernunft und nicht der Sinnlichkeit hätten folgen sollen, — und wir müssen es somit schon durch unser Erröthen, Stottern, Entschuldigen und Läugnen wider unfern Willen, daß es Pflicht sey, daß, was den sinnlichen Trieben schmeichelt, — der Vernunft zu unterordnen, und folglich sittlich gut, oder tugendhaft zu handeln. — Ferner, werden wir uns unserer wahren Menschenwürde nur dann bewußt, wenn wir eine wahrhaft tugendhafte Handlung ausgeiibt, nicht aber wenn wir irgend einer Foderung der blo¬ ßen Sinnlichkeit befriediget haben. Und wir werden uns dieser unserer Menschenwürde desto deutlicher bewußt, je schwieriger die Hindernisse waren, die wir bei Ausübung einer sittlichguten Hand¬ lung zu überwinden haben — je mehr wir dabei der Eigenliebe und der Sinnlichkeit Gewalt anthun mußten, je mehr wir aus Ehrfurcht gegen das h. Gesetz, welches uns Gott durch Vernunft und Offenbarung ankündiget — gehandelt haben — da erschei¬ nen wir uns wahrhaft groß und vortrefflich, und erhaben über alle übrigen Geschöpfe. Oder wenn sich das nicht so verhält, so sagen Sie mir meine Lieben! wem aus uns hat seine Ver¬ nunft je gesagt: er sey darum schon besser und edler geworden, weil er von einer wohl besetzten Tafel aufgestanden ist? wem hat je die Vernunft gesagt: er sey darum besser und edler geworden, weil er ein schön aufgepußtcs Kleid angezogen hat- 2L7 Dem hat die Vernunft je gesagt: er sey darum besser und edler geworden, weil er sich einen grosser» irdischen Reichthun: gesammelt hat? Wem aus uns hat die Vernunft je gesagt: er sey darum schon gut und edel, weil er und noch dazu ohne sein Zuthun und ohne sein Verdienst von adelichen Aellern ist gebo¬ ren worden? Wem aus uns hat je die Vernunft gesagt: er sey darum schon gut und edel, weil ihm die Natur einen angenehm gestalteten Körper gegeben hat? — Nein, Reichthum, Wohlstand, Ehrenstetten, Macht und körperliche Schönheit sind Dinge, die uns zwar erfreuen und unfern äußern Werth und Zustand ver¬ bessern können — aber unfern inner» Zustand, unfern wahren inncrn Werth — unsere eigentliche Menschenwürde erhöhen und verbessern — das können sie nicht. Stellen wir uns hier z. B. zwei Menschen vor. Der Eine sitzt, gleich dem reichen Prasser, bei einer schwelgerischen Lasel — läßt sich's wohl seyn, und verweigert dabei einem armen Lazarus, der vor seiner Thür- schwelle liegt, sogar die Brosamen, die von seinem Tische fallen. Der Andere aber genießt ein karges Mittagmahl — sein sauer¬ erworbenes Taglöhner-Brot. Nun nähert sich^thm ein armer Hungriger und bittet ihn, er möchte sich seiner erbarmen, und ihm etwas von seinem Mahle mittheilen zur Stillung seines Hungers. Der arme Taglöhner erkennt an dem Hungrigen sei¬ nen Mitmenschen, erinnert sich seiner Pflicht, der Pflicht der Nächstenliebe gegen ihn, und theilt nun willig sein Stück Brot, mit ihm, obschon er sich selbst kaum halb gesättiget hat. Wel¬ chen aus diesen beiden — den reichen und wohllebenden Prasser, oder aber den armen Taglöhner, werden Sie wahrhaft gut, edel und groß nennen? Den Letzter», den Laglöhuer, sagt Jeder bei sich selbst; denn an ihm hat sich ja der wahre Werth, die ei¬ gentliche Würde des Menschen bewiesen. Warum aber? Weil ec nicht nach seiner Sinnlichkeit, wie der Prasser, sondern nach der Vernunft und ihrem Gesetze gehandelt hat- Daß man bei all' seinen Handlungen der Vernunft und dem, was sittlich gut ist, folgen solle — das meine Lieben er¬ kennen nicht nur wir ohne Widerrede — das erkennt jeder, selbst der verderbteste Mensch. Denn, wenn er auch für seine eigene Person gegen das was Recht und gut ist, gegen Sitt¬ lichkeit und Lugend ganz gleichgültig, ja feindlich gesinnt ist: so wird er doch, sobald man ein Urtheil über den Werth ande- 17 256 rer Menschen fallen soll, gar wohl wissen, worin eigentlich der a Werth des Menschen bestehe. Man versuche es nur, in Gegen- li wart eines bösen lasterhaften Menschen, jemanden zu loben, dem u dieser Mensch selbst Feind ist. Man lobe seinen Feind z. B. 6 von Seite der Gerechtigkeit, oder Wahrheitsliebe, oder Mild- st thätigkeit u. s. w. und sogleich wird der Lasterhafte, dieses Lob H seines Feindes schwächen, das Verdienst herabzusetzen suchen, und ir wodurch am ersten? dadurch, daß er der Handlungsweise des h Angefeindeten aber von andern belobten — unedle Absichten n und Beweggründe unterschiebt; und sagt: er handle so aus Ge- li winnsucht, aus Ehrbegicrde — aus Schmeichelei u. s. w. Bringt st es nun der Boshafte dahin, daß man ihm das glaubt, so zwei- st felt er nicht: er habe dadurch das ganze Verdienst seines Fein- k des geschwächt, erniedriget oder gar vernichtet — und so be¬ kennt selbst der Lasterhafte wider seinen Willen: daß der wahre ir Werth, die wahre Würde des Menschen darin bestehe, daß man u der Vernunft d. i. dem, was sie als recht, gut und sittlich erkennt und nicht der Sinnlichkeit folget. Nach der innern Einrichtung u unserer vernünftigen Natur sind wir also ganz gewiß zur Lu- L gend und Sittlichkeit geschaffen. — u Betrachten wir uns ferner nach unserem äußern Wesen. n Unsere Sinne und Glieder sind alle so beschaffen, daß wir sie v mit der Freiheit des Willens, durch die Vernunft beherrschen ü und regieren können, damit sie uns zum Sittlichguten dienen. g Unsere Augen können und sollen sich in der weiten Schöpfung, L an dem gestirnten Himmel und auf der mit Gewächsen, Früch- v ten und Geschöpfen aller Art geschmückten und belebten Erde a umschauen, um Gottes Allmacht, Weisheit und Güte in seinen z! Werken zu erkennen; aber auch um die Angelegenheiten und st Leiden der Mitmenschen auszuspähen und Lheil daran zu nehmen; Z um die schönen und guten Beispiele anderer wahrzunehmen und tz sich daran zu erbauen. Unsere Ohren können und sollen M u öffnen, um zu hören den grossen Lobgesang, der von tausend d Zungen der Geschöpfe die Herrlichkeit des Ewigen verkündet! ü um zu hören die beseligende Sprache der Freundschaft, so wie st den rührenden Jammer der Armuth und Dürftigkeit, — um zn g hören was recht, was edel und gut ist, und zu guten Gcsinnun- t gen und rechtschaffenen Handlungen beiträgt. Unser Mund kann p und soll reden und Vorträgen, was ein ordentlichbestelltcS Herz u 259 au den Lag legt, was zur Ehre Gottes und der geistigen und leiblichen Wohlfahrt des Nächsten erforderlichist. Unsere Hände und Fusse, und der ganze Leib, können und sollen in Zucht und Ehrbarkeit gehalten werden, wie es Geschöpfen von unserem Ge¬ schlechte geziemt. Der Mensch so betrachtet ist offenbar, wie König David sagt: mit Ruhm und Ehre gekrönt, und nur et¬ was weniges unter die Engel gesetzt. — Es glänzt an ihm schon hier auf Erden, das Ebenbild des wahren und höchsten Gottes im Himmel; indem er, ungeachtet alles Körperlichen und Sinn¬ lichen, das sich an ihm befindet, diesem höchsten Wesen, wenig¬ stens an innerlichen Gesinnungen, und an der Reinheit und Un¬ schuld des äußerlichen Betragens ähnlich werden, und endlich seyn kann und soll. Sehen wir hier meine Lieben! was der Mensch ist, und was er seyn soll. Erkennen wir da unsere hohe Bestimmung und Würde, die kein anderes Geschöpf mit uns gemein hat! Haben wir nun diese unsere Bestimmung außer Acht gelassen, — unsere Würde verscherzt dadurch, daß wir die in uns aufgestellte Lehrerin — die Vernunft nicht angehört, unser sittliches Gefühl unterdrückt, das Böse, das uns verbothen ist, das wir strenge meiden sollten, dem Guten vorgezogen, unseren Geist in die Skla¬ verei der bösen Lüste und Gewohnheiten versetzt; haben wir noch übcrdieß unsere Augen, Ohren, Mu.nd, Hände und Füsse, unseren ganzen Leib und seine Sinne zu Werkzeugen der Sünde und des Lasters mißbraucht — v, so haben wir ja schon wider unsere vernünftige Natur gehandelt, — haben uns zu den Lhieren her¬ ab entwürdiget. — Und wer meine Lieben! sagt uns das wieder zuerst, wenn es nicht ebenfalls die Vernunft wäre? Sie ahndet selbst jede Uebertretung, sie weckt in uns Scham, Widerwillen, Mißvergnügen über uns selbst auf, sie verbindet sich mit unserem Gewissen, und schärfet es, um uns bittere Vorwürfe zu machen, und beunruhigende Bisse zu versetzen. Es ist eben nicht nöthig, daß Jemand außer uns, unsere Vergehungen wisse und uns dar¬ über tadle und zurechtweise, unsere eigene Vernunft tadelt uns jederzeit, — sie tadelt uns selbst dann wenn wir eine äußerliche gute Handlung — aber aus bloß sinnlichen Beweggründen ge- than haben. Wir müssen uns selbst in dem Augenblicke, wo wir von andern äußerlich gelobt werden, innerlich sagen: Wenn dieser und jener wüßte, aus welcher Absicht ich das gethan habe, so 17 * 260 würde er mich nicht loben. Sv wie also das h. Gesetz Gottes schon in unserem Innersten, in unserer vernünftigen Natur sich ankündiget: eben so kündiget sich auch die Mißbilligung jeder be¬ gangenen Uebcrtretung dieses Gesetzes, und um so mehr die Mi߬ billigung des ganzen sündhaften Zustandes in unserem Innern an, und kommt aus der weifen Einrichtung unserer Vernunft und des Gewissens. Wer aus uns meine Lieben! hat je gefündiget, und das an sich nicht wahrgenommen? Wer aus uns, der noch in der Sünde, in der Gelegenheit und Gewohnheit der Sünde ist, empfindet nicht in dem Augenblicke, da ich davon rede, das Unordentliche, Schänd¬ liche seines Zustandes? Das muß der Wollüstling, der seinen Be¬ gierden auch noch so im Geheim sröhnt, das muß der Verläum- der und Verletzer der fremden Ehre, das der Verfolger und Un¬ terdrücker seiner Mitmenschen, das muß jeder Sünder mit Za beantworten. —> Was heißt aber das anders, als: Wir werden von unserer Vernunft schon ermahnt, daß wir nicht so verbleiben können und dürfen, wie wir dermalen vielleicht sind, sondern daß wir unsere Gesinnungen und unser ganzes Betragen dem Ge¬ setze der Sittlichkeit und unserer Menschenwürde angemessen ma¬ chen sollen; denn was mißbilliget und getadelt wird, muß ver¬ bessert werden, wenn cs Billigung verdienen soll. Es wird uns von unserer Vernunft eben das zugcrufen, was das ausdrückliche Wort Gottes wiederhohlt: Bekehret euch, thut Busse! Erneuert euch nach dem Geiste eures Sinnes! — Stellet Gottes Ebenbild an euch wieder her! Folglich macht uns unsere eigene Vernunft die Sinnesänderung und Bekehrung höchst nothwendig. Und das meine Lieben! wenn wir auch an keine andern Beweggründe den¬ ken wollten, sollte uns schon vermögen, die in den drei ersten Predigten ertheilte Anleitung zur sittlichen Erneuerung redlich zu benützen, dieses wichtige Geschäft mit Ernste anzufangen, mit Eifer fortzusetzen und standhaft zu vollenden. Wir wollen ja doch Menschen seyn! Es ist aber nicht genug, daß wir es bloß der äußern Gestalt nach sind, nein in der That, nach Innen und Außen müssen wir es seyn; das sind wir aber nur dann, wenn wir sittlich gute Menschen sind, oder es doch von jetzt an wer¬ den. Auf was wollen wir den warten? Daß vielleicht unsere Vernunft von ihren natürlichen und gerechten Forderungen nach- geben soll? — Das wäre eine thörichte Hoffnung. Sie wird j« >- » v » 261 lies sich bc- A'ß- an, und an ide, icht nd- he- m- In- Ja )en len wn !e- N1- w- ns He rt ld >st as li- m it ja >ß n 'c I! keiner Zeit unterkassen uns zu wahrer Besserung anzu halten, — ja was mehr ist, sie wird zu allen Zeiten den, der seine Er¬ neuerung und Besserung unterläßt, unerbittlich verdammen, wie wir hören werden im zweiten Theile. Wenn ich sage: die Vernunft verdamme den Menschen, der sich zu bekehren weigert, so mässen Sie sich freilich wohl noch k nie solche Verdammung vorstcllen, wie sie in der künftigen Welt über ihn gesprochen werden soll, wenn er als ein Ungcbesscrtcr der Gerechtigkeit Gottes auheimfällt, welche ewige Strafen an ihm vollziehen wird; weil er in diesem Leben, den Rcichthum der göttlichen Gnade verachtete. Die Verdammung, von der ich rede, nimmt schon hier auf Erden an dem unbekehrten Sünder ihren Anfang, ist innerlich in ihm selbst, und begleitet ihn so lange, als er ein unbekchrter Sünder ist und bleibt. Und zwar besteht das eüste Verdammungsurtheil, welches die Vernunft über jeden ungcbcsserten Menschen spricht darin: daß sie ihn in seinen eige¬ ilen Augen und in den Augen anderer Menschen, für ein aller Verachtung würdiges Geschöpf erklärt. Gleich Anfangs schon, wenn wir die Stimme der Vernunft nicht hören, das h> Gesetz Gottes, welches uns auch durch sie verkündet wird, verachten, uns an sinnliche Triebe hingeben, uns Vergnügungen erlauben, die sie verwirft, — da schon vergält uns die Vernunft den vcr- bothenen Genuß; das Gewissen macht uns peinigende Vorwürfe über unser Betragen, und sammelt, wenn wir seine Stimme ge¬ waltsam unterdrücken, wie ein beleidigter Feind, seine Kräfte, und bricht, da man es am wenigsten vernuithet, mit rächender Kraft hervor, und martert und foltert den Sünder je länger er sich seiner Leitung widersetzt hat. Man mag sich im Schooße der sinnlichen Freuden und Genüsse, scheinbar noch so wohl befinden, die Vernunft läßt sich doch ihre Rechte nicht nehmen, und das beleidigte Gewissen läßt sich auch in einem Meere von Vergnü¬ gungen nicht ertränken; kein Mensch kann wahrhaft zufrieden und glücklich seyn, wenn, und so lange er böse und lasterhaft ist. Du hast, sagen ihm Vernunft und Gewissen innerlich, er mag es dann hören wollen oder nicht: Du hast die menschliche Würde schon mehr als zu viel an dir entehrt, und nun willst du noch 262 ««<« überdieß in dem Wüste deiner Sünden gar veralten, willst dei¬ nen elenden Zustand noch nicht verbessern, — noch nicht ein or¬ dentlicher und guter Mensch werden. Du gibst somit zu verstehen, daß du wünschest, vielmehr verstandloses Thier, als vernünftiger Mensch zu seyn, mehr nach wilden Trieben, als nach sanften Ge¬ setzen leben zu dürfen. — Die Lhiere thun nicht einmal, was du öfters thust, da du keine Eränzen anerkennest und über alle Schranken ausschweifest; du bist demnach nicht mehr ein würdiger Mensch, du bist niedriger als das Thier. — Daß diese Stimme, dieses Urtheil keine Erdichtung sey, zeigen die vielfältigen, oft lange anhaltenden und allezeit wiederkehrenden Unruhen solcher ungebesserter Menschen. Sie erkennen selbst wieder Willen, mir allzusehr ihren Unwerth, sind sich selbst beschwerlich, unausstehlich und genöthigct, sich mit Abscheu und Verachtung anzusehen. We¬ der der Glanz ihrer Reichthümcr, noch die Ueppigkeit ihrer Ta¬ feln, weder die rauschenden Gesellschaften, noch die lustigsten Spiele und Zeitvertreibe, können ihre Unwürdigkeit ersetzen, oder nur vor ihren Augen bedecken. Ihre Zuchtmeisterin und Richterin, die Vernunft und mit ihr das Gewissen sind allezeit bei ihnen, zerstreuen das Blendwerk der Sinne und der Leidenschaften, und rücken ihnen ihre eigene häßliche Gestalt vor die Augen. Daraus meine Lieben! können Sie sich einstweilen einen schwachen Begriff machen von jenem Wurme, von welchem die h. Schrift redet, der bei den Verdammten in der Hölle niemals stirbt, und ewig naget. Schon hier fühlen die Gottlosen diesen Wurm eines bösen Gewissens, und wie werden sie ihn erst dort fühlen müssen, wenn sie ihr Leben so ungebessert beschließen, als sie es fortsetzen. Glauben Sie jedoch nicht, daß ich hier von solchen Menschen rede, die sich ganz gegen alle Beweggründe zur Bekehrung verstockt und den Willen eines bessern sittlichen Lebens völlig ansgegeben haben. Diese — ja diese erfahren das Verdammungsurtheil der Vernunft noch schwerer und drückender, diese fühlen ihre eigene Verachtungswürdigkeit im vollsten Masse- Das beweisen häufig die Dolche, der Strang, die Flüsse und Wälder, das Gift und dergleichen, wozu mancher Held der La¬ sterhaftigkeit seine Zuflucht nahm, um aus der Zahl der Leben¬ digen auszutreten und dem in ihm nie schweigenden Richtcrstuhle auszuweichen. Von solchen Unglücklichen rede ich aber hier ei¬ gentlich nicht, sondern meine Rede geht mehr diejenigen an, wcl- b S g k b s l c i ! ! 1 »»»» 262 )ei- öhe zwar den Gedanken sich zu bessern nicht verwerfen, und die or- Nothwcndigkeit wohl cinschen; aber nur noch jetzt nicht dazu ?n, gefaßt sind, und es vom Lage zu Lage verschieben; von diesen behaupte ich noch ferner: daß die Vernunft hiebei ihrer Un¬ ix- bußfertigkeit nicht nur als verachtungswürdig dargeftellt, sondern as sie verdammt auch noch ihren Aufschub der Bekehrung als eine lst höchstgefährliche Thorheit und Vermessenheit. Manche und viele er Sünder verzögern ihre Bekehrung, weil sie nach ihrer Denkungs- e, art hoffen: die Welt werde schon einmal ihren starken und fast unwiderstehlichen Einfluß auf sie verlieren, und dann werde die xx Mühe der Besserung leichter, die Standhaftigkeit im Guten sicherer seyn. Das will bei ihnen fast so viel sagen, als: die Welt, der h wir dienen, muß sich zuerst bekehren, dann wollen wir es auch - gerne thun; die verworfene Welt muß zuerst auserwählt werden, - und dann werden wir dem Herrn mit Freuden dienen; die Ge- e fahren und Gelegenheiten der Sünde müssen zuerst von selbst auf- x hören, und dann werden wir sie richtig fliehen; kurz, die Sünde , muß uns einmal verleidet und abgeschmackt werden, dann werden wir sie freiwillig aufgeben. Wer ist denn aber doch ihr verblen¬ deten Unglücklichen! — wer ist diese Welt, auf deren Besserung ihr die eurige gründet? Sind es vielleicht jene Menschen, von denen ihr umgeben seyd, mit denen ihr Umgang habet? Jene listigen Menschen, die euch durch allerlei Schmeicheleien und trü¬ gerische Verheißungen an sich ziehen? — Jene verstellten Men¬ schen, die unter dem Schleier der Tugend, böse und verderbte Geschöpfe sind? jene spitzfindigen oder verkehrten Menschen, die ganz künstlich ihre schlechten Grundsätze auf euch einzuflößen wis¬ sen? — O diese werden sich eben so schwer, als ihr selbst be¬ kehren, und so wenig aushören euch ihre Netze zu spannen, als ihr unvorsichtiger Weise nicht aufhören werdet, in dieselbe einzu¬ gehen. Oder wer ist sonst diese Welt, die sich zu eurem Vor¬ theile bald ändern soll? Seyd ihr es vielleicht selbst? — Eure Leidenschaften, die nachgeben werden, — eure Neigungen, die er¬ kalten sollen, eure Gewohnheiten die aufhören müssen, — eure Grundsätze, die sich andern mögen? Ist es etwa euer Geist, der richtiger denken, euer Leib, der abnehmcn, euer Alter, das au- wachsen, eure Erfahrenheit, die euch klüger machen, — eure Sünde selbst, die euch zum Eckel werden wird? — Wollet ihr warten, bis ihr auf diese Art anders werdet, — so wartet ihr » » » - 26 4 - - «r bis in die Hölle. Nein nichts kann euch ändern, alS die Bc- me kehrung selbst, und wer nur auf seine natürliche Acnderung zum au Guten wartet, der hat gewiß zuvor auf sein Gericht zu warten. ge! Wenn der Mensch seine Vernunft und mit ihr noch die Erfahrung wi zu Rathe zieht, so muß es ihm cinleuchten, daß je länger er in wi Sünden und Laster, und in der Gewohnheit derselben verharret, iib seine innerlichen und sittlichen Kräfte desto mehr geschwächt wer- Ar den; im Gcgcntheile aber, daß seine Leidenschaften desto mehr M Nahrung erhalten und desto tiefere Wurzel schlagen, und folglich ha die Bekehrung nach dem Maße seines Aufschubes immer beschwer- ih licher und beinahe unmöglich machen werden. Za gewiß! wenn gc dec Verstand von falschen Grundsätzen bethört, das Herz von G bösen Neigungen eingenommen, der Wille seiner Freiheit beraubt al ist; wenn alle guten und sanften Gefühle erstickt sind, wenn das ne Böse sammt seinen schädlichen Reizen die Oberhand erhalten hat, gc wenn das Laster so zu sagen zur eisernen Natuk geworden ist; w und wenn vielleicht noch übcrdieß der stumpf gewordene Körper se und die Last des starren Alters auf den Geist drücken — dann, g, daun sich auf einmal umändern, in eine tugendhafte mithin un- bc gewohnte Form treten wollen; dieß wäre eben so viel, als ohne di Flügel und obendrein mit Zentnerlast beladen, bis an die Sterne d fliegen, oder wirklich todt seyn und wieder zum Leben erwachen L wollen. Dieß ist ja offenbare Thorheit und Vermessenheit, die st weil sic vernunftwidrig ist, von der Vernunft auch verworfen und d verdammt wird. , - j si So ist es auch Thorheit und Vermessenheit in Hinsicht auf d die Zeit der Bekehrung, die sich der Mensch vorbestimmt. Wenn v die muntern und feurigen Zugendjahre vorüber sind, sagen wir, v wenn dieser und jener Handel dieses und jenes Geschäft geschlich- f tet ist, wenn wir mehr Zeit gewinnen, dann wollen wir mit v Ernst ein anderes besseres Leben anfangen. — Allein steht das c alles in unserer Gewalt? Wie wenn noch diese Nacht unser Le- i ben von uns gefordert würde? Oder wenn auch nicht, wollen l wir das Geschäft unserer Bekehrung verschieben bis zur letzten l Krankheit? — O Gott, wie fürchterlich täuschen wir uns! Es schwindelt uns ja in gesunden Tagen bei vollen Kräften, bei vol- ! ligcr Besonnenheit, auf die Berichtigung unseres Gewissens zu i denken, weil dieses eine Sache ist, die -Ruhe, Nachdenken und , Anstrengung fordert, — und wir wollen dieses Geschäft vorueh- 265 men zu einer Zeit, wo Geist und Körper gerade am wenigsten dazu aufgelegt sind? — Einen Wirwarr von versäumten Pflichten, Ver¬ gehungen und Ungerechtigkeiten u. s. w. auseinander zu setzen, wird uns schon bei gesunden Tagen fast erschöpfen, wie können wir das, wenn wir krank sind? Wie wollen wir da all' die üblen Folgen der Sünde tilgen, alle Ungerechtigkeiten aufhebcn, Acrgerniffe und üble Nachreden, und all' das Böse das wir durch Wort und Lhat auf andere, und diese noch auf andere verbreitet haben, wieder gut machen, wie der göttlichen Gerechtigkeit für die, ihr durch Sünden und Laster zugcfügte Unblld und Beleidigung gcnugthun? — Wer, besonders gefährlich Kranke zu beobachten Gelegenheit hat, der wird bemerken, daß sie gewöhnlich gegen alles gleichgültig sind; was eben ein Kennzeichen ihrer heran- nahenden Auflösung ist. Man hat Beispiele, daß Kranke, welche gewohnt waren, andern bei ähnlicher Gelegenheit zuzusprcchcn, wenn man sie erinnerte, sich mit den h. Sterbsakramcnten ver¬ sehen zu lassen, sich zwar ganz bereitwillig zeigten, aber dcmun- geachtet nicht die geringste Anstalt dazu machten, und cs auch bei dieser Bereitwilligkeit hätten bewenden lHseu, wenn nicht an¬ dere die Sache ernsthaft eingelcitet hätten, und der Erfolg lehrte, daß es die höchste Zeit war. Andere Kranke erzählten bei ihrer Wiedergenesung, daß sie gar nicht mehr wüßten, was während ihrer Krankheit mit ihnen vorgenommcn worden sey. Auch lehrt die Erfahrung, daß religiöse Wahrheiten und Lehren, selbst bei solchen Kranken, welche sonst vor der Welt einen ehrbaren Wan¬ del führten, oft gar keinen Eindruck machten. Was ist jetzt erst von solchen zu erwarten, welche mit diesen Wahrheiten gar nicht vertraut sind? Die Religion und ihre Uebungen sind ihnen eine fremde Welt, in die sie sich gar nicht zu finden wissen; wie kön¬ nen sie den wichtigen Schritt in die Ewigkeit thun, beselt von einem lebendigen Glauben, voll seliger Hoffnung, voll Liebe und Sehnsucht nach Gott, mit dein sie bisher wenig oder gar keinen Umgang gepflogen, und zu dessen Vereinigung sie sich in ihrem Leben wenig oder gar nicht vorbereitet haben. — Man hat nicht minder häufige Beispiele, daß weder der Kranke noch die ihn Umgebenden ernsthafte Gefahr ahnen, die doch wider alles Vermuthen schnell eintrat, so daß der Kranke geschwinder starb, als man dachte, oder in einen Zustand fiel, der ihm bis zu seinem Verscheiden alle Besinnung raubte. Nicht D» »» 266 selten sich anch kurz vor dem Tode solche Zeichen ein, welche denen, die ohnehin gerne glauben, was sie wünschen, neue Hoff¬ nung zur Genesung geben, und vollends jeden Gedanken an Be¬ kehrung und Empfang der Heilsmittel entfernen, ohne welchen also der Kranke auch dahin stirbt. Oft hört man auch von dem Kranken auf die Ermahnung, zur Berichtigung des Gewissens, die Äußerung: Jetzt bin ich nicht dazu aufgelegt, ich bin zu schwach, ich will warten, bis ich mehr Kräfte habe. Und, o wie täuscht er sich! jetzt fühlt er sich schon zu schwach, wie kann er denn glauben er werde stärker werden? Im Gegentheil, je länger er das wichtigste Geschäft aufschiebt, desto schwächer wird er. Oft bequemt sich der Kranke zum Empfange der Heilsmit¬ tel nur um der Zudringlichkeit anderer los zu werden — das ganze ist fomit nichts als eine erzwungene Busse, und was ist von einer solchen zu halten? — Ferner kommt es viel auf die Umgebung des Kranken an, er hängt ganz von ihr ab; er kann nicht hingehen, und nach der Ermahnung des Apost. Jakob die Priester der Kirche rufen; man will des Kranken schonen, selbst der Arzt schont seiner oft, um ihn nicht zu erschrecken und die Wirkungen der Arzneimittel nicht zu vereiteln; man hält seinen Zustand nicht für so gefährlich, und wartet bis es zu spät ist. Es hat sogar die Erfahrung gelehrt, daß oft die den Kranken umgebenden Personen absichtlich den Diener der Religion entfernt zu halten suchen, weil sie entweder selbst keine Religion, oder sonstige Ursachen dabei haben. — Oder daß sie um doch z» scheinen, als hätten: sie das Ihrige gethan, den Priester nicht eher rufen lassen, als bis der Kranke nicht mehr bei sich oder schon verschieden, und dann vorgeben, er sey unterdessen unvcr- muthet gestorben. Sehen Sie meine Lieben! so sieht es oft mit der Bekehrung am Kranken- und Sterbebette aus, um nichts zu sagen, daß der Tod den Menschen oft ohne aller Vor- bothen der Krankheit, plötzlich und augenblicklich überrascht. Ist nun das nicht die größte Lhorheit, die unbesonnenste Ver¬ messenheit, das Gewisse auf das Ungewisse, das Wichtigste aufs Ungefähr zu wagen? Heißt das nicht als vernünftiges Wesen höchst unvernünftig handeln und mit sich selbst im Widerspruche stehen? Offenbar macht uns also schon die Vernunft unsere Be¬ kehrung nothwendig. O möchten wir uns doch einerseits durch ihre aussodernde Stimme zur schleunigen Besserung antreiben, 267 und andererseits durch ihre Verdammungsstimme von jedem Auf¬ schübe abschrecken lassen! — Dreß ist nicht nur blos guter Rath — es ist unerläßliche Pflicht; denn entweder müssen wir vor uns selbst, vor unserer Vernunft als unwerthc, verachtungswür¬ dige Menschen bestehen, und in steter Unzufriedenheit mit uns selbst bleiben', wenn wir verkehrt und ungebcssert fortleben — oder wir müssen unser Herz besseren Gesinnungen öffnen, und den alten Sauerteig der Sünde ausfegen, uns bekehren, wenn vir wahre achtungswürdige Menschen, echte und würdige Eben¬ bilder Gottes zu seyn verlangen, wie wir es fcyn sollen. Amen. VL. »Erneuert euch nach dem Geiste eures Sinnes.« Ephcf. 4, a3. Eingang. Paulus, der grosse Heidenapostel hatte durch seine so ernsthaf¬ ten als liebreichen Ermahnungen seine h. Absicht an den Chri¬ sten zu Ephesus wirklich erreicht. — Er erlebte die himmlische Freude, sie ganz geändert, erneuert uud gebessert zu sehen. Ein stillschweigend redender Beweis hievon, ist jene Abschieds- rcde, die er zu Miletus an die zusammen berufenen Vorsteher «on Ephesus, und in ihrer Person, an die ganze Gemeinde hielt; ehe er nach Jerusalem zum Osterfeste reiste. Ich habe, sprach der Apostel unter andern, zu den Vorstehern von Ephe¬ sus: ich habe euch nichts vorenthalten von dem, was heilsam ist, habe euch alles verkündiget und gelehrt; öffentlich und in Häusern; nebst dem Glauben an unfern Herrn Jesus Christus habe ich euch auch die Rückkehr zu Gott geprediget. Darum bezeuge ich euch an diesem heutigen Lage, daß ich rein bin vom Blute aller d. i. das es meine Schuld als Lehrer nicht ist, wenn noch ein einziges Kind des Verderbens unter euch seyn ffllte. Vorwürfe machte ihnen der Apostel keine mehr, und er fch sich nicht mehr in die betrübte Nothwcndigkeit versetzt, ihnen, wie dort aus dem Kerker Roms zuzurufen: Erneuert euch nach bem Geiste eures Sinnes! — Nur Wachsamkeit über falsche 268 Lehrer und Verführer, schürfte er den Vorstehern ein: Wachet und seyd eingedenk, sprach er, daß ich drei Jahre nicht nachge¬ lassen habe Lag und Nacht mit Lhränen zu ermahnen jeden aus euch. Und nun sich! ich weiß, daß ihr mein Angesicht nicht mehr sehen werdet, alle die, unter welchen ich gwandelt habe, das Reich Gottes verkündigend^ Ich empfehle euch somit Gott und dem Worte seiner Gnade, der da vermag euch zu erbauen und euch zu geben, das Erbe sammt allen Geheiligten. Am Schluffe seiner Rede, kniete der Apostel nieder und bethete mit allen Anwesenden. Lauter Schluchzen und Weinen entstand un¬ ter ihnen, sie fielen dem Apostel Paulus um den Hals, mW küßten ihn als ihren Lehrer, Freund und Vater; am meisten aber waren sie betrübt über das Wort, was er gesagt hatte: daß sie sein Angesicht nicht mehr sehen würden — voll dankba¬ rer Rührung begleiteten sie ihn an das Schiff, welches zur Ab¬ fahrt bereit stand. O der überaus glückliche Apostel! wie ge¬ trost und heiter mag er seine Reise fortgesetzt haben! — Das Bewußtseyn der edelsten Sache begleitete ihn, die herzlichen Se¬ genswünsche der durch ihn bekehrten Ephesier folgten ihm nach—- und die Lhrancn, die sic bei feinem Abschiede weinten, waren gewiß der schönste Schmuck in der Krone, die ihm der Herr am Ziele seiner thatenreichen Laufbahn aufgesetzt hat' — Meine Lieben! wir nehmen ohne Zweifel warmen Antheil an der glücklichen Aendcrnng und Besserung jenes Volkes, das noch zu rechter Zeit feinem Verderben entging und die durch Zesnm verheißene, und so thcucr erkaufte Seligkeit festhielt. Aber wen¬ den wir diese Empfindungen auch und vorzüglich auf uns selbst an! Denken wir uns, wie schön erbauend und beseligend cs seyn wird, wenn man in die Fnßstapfen jener ersten Christen cintretcn, und nachdem wir alles Unheilige, des Menschen, und Christen unwürdige Wesen abgelegt haben, züchtig, gerecht und gott¬ selig in dieser Welt leben, und so der herrlichen Ankunft Jesu Christ' und einer unaussprechlichen Seligkeit entgegen harren! Wir haben uns bisher zu Gemüthe geführt, wie nothwendig die Gcisteserncu- erung oder Bekehrung in vernünftiger und gesellschaftlicher Hin¬ sicht sey. Als Menschen, denen Vernunft beiwohnt, und als Men¬ schen, die mit andern Menschen durch ein gemeinsames Band ver¬ knüpft sind, müssen wir uns schon gedrungen fühlen, uns in die verlassene sittlichgute Ordnung wieder zurück zu bringen, aus die 269 « « « « Machet erlassene Bahn der Lugend wieder zurückzukehren, und uns dar- achge- üuf sestzuhalten. Was aber noch mehr ist, was allen vorigen i aus Beweggründen ein grosseres Gewicht beilegt, was unser Nach¬ sicht hmken am meisten verdient, ist dieses: Wir sind Christen; wir ^be, Dauben an Gott, und an seinen Sohn Jesus, den er für uns Gott hingegeben, damit wir der Sünde abgestorben, der Gerechtigkeit bauen Mn und heilig und unsträflich vor ihm wandeln sollen. Eben Am hiM. Glaube, eben diese Religion, mit allem, was sie in sich mit ^ßt, sodcrt uns nun noch am meisten durch die Worte des Apo- i un- stxfs auf: Erneuert euch nach dem Geiste eures Sinnes!— Wir unb wollen demnach heute die religiösen und letzten Beweggründe zur cisten Bekehrung etwas reifer erwägen und sehen: daß wir uns dem alte: Geiste nach erneuern oder bekehren müssen, i) weil wir schuldig üba- stnd Gott als unserem höchsten Herrn und vollkommensten We- Ab- sm zu dienen, und ihn über alles zu lieben, und 2) weil wir, wenn wir uns hienicden nicht wahrhaft erneuern und bessern, Tms «ach diesem Leben an Gott den strengsten und furchtbarsten Rich- Se- ter haben werden. Das der Gegenstand meines heut. Vortra- ges und ihrer willigen Aufmersamkeit. — wen E Erster Theil. uu Um in religiöser Hinsicht die Nothwendigkeit einer wahren sseh Sinnesänderung und Bekehrung deutlicher einzusehen, müssen wir E zuerst zurückgchen auf die Pflicht Gott zu dienen; nicht so viel mn diese Pflicht durch viele und lange Beweise erst darzuthun, ibst was für geborene und gebildete Christen fast nicht mehr nothig scyn sollte; sondern mehr um diele so oft und so leicht vergessene Pflicht wieder in eine lebhafte Erinnerung zu bringen. Wer aus uns Christen, wenn er die Verhältnisse erwäget, in denen wir "° zu Gott stehen, wird wohl zweifeln, daß wir verbunden sind, ihm zu dienen? Gott ist unser Schöpfer, unser Herr und Vater, — wir sind seine Geschöpfe, seine Diener und seine Kinder. Weil "° er unser Schöpfer ist; so hat er uns das Leben, — Leib und Seele gegeben, so erhält und gibt er uns alles, was wir sind und haben, bis auf den gegenwärtigen Augenblick, — wir sind ihm demnach Anbethung, Dank und treue Anwendung der uns verliehenen Gaben schuldig; weil er unser höchster Herr ist, so hängen wir ganz und in allem und überall von ihm ab, wir 270 find ihm somit die höchste Ehrfurcht, den willigsten Gehorsam, die größte Treue schuldig. Weil er überdieß auch unser Vater ist, uns durch seinen Sohn Jesus Christus, zu seinen Kindern und Erben seines Reiches angenommen hat, so sind wir ihm außer der höchsten Ehrfurcht des Gehorsams und der Dankbarkeit auch die höchste Liebe schuldig. Hierüber drückt sich die h. Schrift des alten wie des neuen Bundes auf das deutlichste aus: Du sollst, heißt es, den Herrn deinen Gott anbethen und ihm allein dienen, und: Du sollst den Herrn deinen Gott lieben, aus dei¬ nem ganzen Herzen, aus deiner ganzen Seele, aus deinem gan¬ zen Eemüthe, aus allen deinen Kräften. Wenn wir aber auch die Pflicht Gott zu dienen und ihn über alles zu lieben allgemein erkennen, so bedarf es hiebei kaum einer Erwähnung, daß wir Gott durch unfern Dienst und unsere Liebe, keineswegs einen gewissen Nutzen oder Vortheil verschaffen können, wie den Menschen. Er, der Höchstheilige, der unend¬ lich Vollkommene, über alle Dinge Erhabene, kann durch unsere Achtung, Verehrung und Liebe nicht gewinnen; Er, der mit sei¬ nem Machtworte alle Welten schuf, und sie durch seinen Willen beim Dafeyn erhält; der nach der Lehre des h. Ap. Paulus allen Dingen Leben und Odem und alles gibt, er bedarf keiner mensch¬ lichen Huldigung, keiner fremden Hülfe. Schon im alten Bunde erklärte sich Gott, daß er der jüdischen Opfer nicht bedürfe, weil alles sein Eigenthum ist. Israel, ich bedarf deiner Kälber nicht, nicht der Böcke deiner Heerde, — alles Geflügel unter dem Himmel ist mein, mein Eigenthum ist aller Schmuck der Erde; mein ist das Wild der Wälder, mein sind die Heerden der Berge; der Erdball und seine ganze Fülle ist mein! Selbst menschliche Tu¬ gend und Sünde bringt Gott weder Vortheil noch Schaden; ob¬ schon er als der Heiligste an seinen vernünftigen Geschöpfen die Lugend liebt und das Verbrechen verwirft. Aber, sündigest du heißt es im Buche Job, was schadest du Gott 7 Was schadest du ihm, wenn du Verbrechen häufst? Bist du fromm, nützest du ihm? Erhält er wohl etwas von dir? Dein o Mensch ist deine Sünde, dein ist auch deine Tugend. — Wenn nun Golt bei seinen Gebothen seinen eigenen Vortheil nicht suchet noch su¬ chen kann, — weil er uns ja nur aus Wohlwollen und Liebe erschaffen, weil er die Erde unfern Wohnort mit so vielen Reich- thümern seiner Macht, Weisheit und Güte zu unserem Nutzen, 271 rsam, Vater üidern ' ihm arkcit Schrift Du allein bei- gan- ihn ^aum nscre affen end- Ucre sei- illen illen 'sch¬ inde weil icht, niel ist dec !u- ob- die du xst sas sich ort sti¬ ebe ch- n, unserer Dervollkommung ausgesüllt, — weil er seinen eingebor- nen Sohn bloß ans Liebe und Gnade als Lehrer, als Erlöser und Wohlthätcr zu uns gesandt hat, um uns vor Unwissenheit, vor dem ewigen Verderben zu retten, um uns zur Lugend und Seligkeit zu führen, — weil endlich Gottes ganze Gesetzgebung nicht sowohl auf Drohungen und Strafen, sondern vielmehr auf einer alles auffassenden Liebe beruht, — so kann er offenbar da¬ durch , daß er uns zu einem treuen und kindlichen Dienste gegen ihn verpflichtet, nichts anders wollen als unsere eigene wahre und ewige Wohlfahrt. Mann fängt nun für den Menschen und besonders sür den Christen die Verpflichtung an, Gott zu dienen? Mit dem ersten Gebrauche der Vernunft nimmt sie ihren Anfang, und erstreckt sich durch das ganze irdische Leben, — ja wohl hinüber in die Ewig¬ keit. Nach dem ausdrücklichen Befehle Gottes mußten schon im alten Lunde die Erstlinge der Früchte ihm zum Opfer gebracht werden; wenn aber in alten Gesetze alles Vorbild des neuen war, was wollte Gott dadurch anders andeuten, als, daß ihm dec Mensch um so mehr die Erstlinge seines Lebens widmen müsse? denn die Früchte, die wir dem Herrn bringen, sind nach der Spra¬ che der Schrift, unsere Gesinnungen, Worte und Werke, unsere leiblichen und geistigen Kraste. Zn diesem Sinne sagt der weise Prediger: Gedenke deines Schöpfers in den Lagen deiner Zugcnd, ehe die Jahre kommen, von denen dn sagst: Sic gefallen mir nicht. Und wahrlich meine Lieben! was wäre das z. L. für ein Knecht, welcher sagen wollte: Jetzt diene ich meinem Herrn noch nicht, son¬ dern wenn ich alt bin! oder was wäre das für ein Kind, welches spräche: Jetzt gehorche ich meinen Aeltcrn noch nicht; so lange ich jnng bin, lebe ich nach meinem Gefallen; nach ihren Befeh¬ len frage ich nichts, sie mögen warten bis nach 50, 60 Jahren, dann will ich ihnen gehorsamen? Wie metne Lieben? die zu¬ künftige Zeit steht einmal nicht in unserer Gewalt; wie viele starben in der Llüthe ihrer Jugend dahin! sie erreichten nicht das männliche, noch viel weniger das Ereisenalter. Wenn cs diese versäumt haben, in ihrer Jugend Gott zu dienen, in der Hoffnung es im Alter nachzuhohlen — wie fürchterlich sind sie betrogen, wie unglücklich sind sie? — und eben so unglücklich könnten auch wir werden, wenn wir in ihre Fußstapsen treten würden. — Ueberdicß ist es auch offenbar die frevelhafteste Ver- 272 meffenheit, wenn inan nur erst den Rest seiner Kräfte und Jahre dem Dienste Gottes widmen will — eine Vermessenheit, welche Gott selbst schon im alten Bunde mit Fluch und Verwerfung be¬ legt hat. — Denn da dursten sogar die Lhiere, die man Gott zum Opfer bringen mnßre, keine Mangel und Gebrechen an sich haben: Ist cs nicht sündhaft, heißt cs beim Prvph. Malach. wenn ihr ein blindes Thier zum Opfer bringet? und wenn ihr ein lahmes kränkliches Thier opfert, ist es nicht sündhaft? Brin¬ ge ein solches deinem Fürsten zum Geschenke, wird es ihm ge¬ fallen? oder wird er dich gütig aufnehmen? spricht der Herr. Dieses gilt in einem ungleich höhern Grade von dem Menschen. Das hohe Alter ist gewissermassen blind, lahm, kränklich; wenn man nun nur dieses dem Herrn opfern will, ihm aber die Erst¬ linge des Lebens verweigert — ist das nicht unverantwortlich und gottlos? Wenn jemand seinem Fürsten verdorbene, faule Früchte zum Geschenke bringt, das Beste aber für sich behält, oder es gar dem größten Feinde seines Fürsten hingibt, wird dem Fürsten das Geschenk gefallen? wird er es gut aufnehmen! — Wie kann es also Gott dem Herrn der Heerschaaren gefal¬ len, wenn der Mensch, sein Geschöpf, sein Unterthan — sein Kmd, die besten Jahre des Lebens, seine Jugcndkrafte im schänd¬ lichen Dienste der Sünde, die Gottes einziger und größter Feind ist, vergeudet, um dann dem Herrn, das zum Opfer zu brin¬ gen, was die Welt nicht mehr mag? — Das Geschenk muß der Würde dessen angemessen seyn, dem es gemacht wird, je vornehmer, je erhabener und vollkommener die Person ist, desto vortrefflicher und vollkommener muß das Geschenk seyn — und man wollte dem Allerhöchsten und Vollkommensten das Niedrig¬ ste und Schlechteste zum Geschenke bestimmen? — Wenn man also verpflichtet ist, Gott von Jugend auf, sein ganzes Daseyn zu widmen — was ist von jenem Grund¬ sätze zu halten, womit sich gewöhnlich die Jugend einzuschläfern sucht, indem sie sagt: man muß seine jungen Jahre genießen,— mit der Bekehrung und Frömmigkeit ist es noch Zeit, wenn man einmal in's Alter kommt. Dieser Grundsatz ist offenbar falsch, gottlos und höchst gefährlich. Er ist falsch, denn gleich wie das jugendliche Alter dem Menschen von Gott gegeben ward, eben so muß es auch Gott gewidmet, zu seiner Ehre, zu seinem Dienste verwendet werden; derjenige, welcher will, daß man ÜM 275 das männliche und Greisenaltcr widmen soll, will auch die Erst¬ linge des jugendlichen Alters. — Jener Grundsatz ist auch gott¬ los, weil man Gott, dem das ganze Leben gehört, nur einen Lheil geben wist, und was das Abscheulichste ist — ihm dem Besten und Vollkommensten, gerade den schlechtesten Lheil Gott soll vorlieb nehmen mit dem was die Welt nicht mehr mag. Jener Grundsatz ist endlich höchstgefährlich; weil mehrere, welche nach diesem Grundsätze handelten, in ihrer Jugend Gott nicht dienten, und hernach das Alter, worin sie es thun wollten, nicht erreichten,.und so ewig zu Grunde gingen. Die Gottlo¬ sen, sprach König David, werden ihre Lage nicht zur Hälfte bringen, d. i. während sie rhr Leben in zwei Lheile theilen, tzen ersten und besten der Sünde widmen, den zweiten und schlechte¬ sten aber Gott schenken wollen, so laßt sie Gott gemeiniglich nur den ersten Lheil leben, inr zweiten aber ruft er sie von der Erde ab — um so mehr, weil sie am öftesten auch den letzten Lheil ihres Lebens ohne Besserung und in den alten Sünden und sünd¬ haften Gewohnheiten vollenden würden und vollenden. Erinnern wir uns hier einer sehr rührenden und warnenden Begebenheit, die uns das h. Evangelium erzählt. Als Jesus am Lage seines feierlichen Einzuges zu Jerusalem mit seinen Jüngern den Lehl- berg hinunter stieg, blieb er plötzlich in Mirte desselben wehe- müthig stehen, und heftete seinen Blick auf das zu seinen Füssen liegende Jerusalem. Schweigend betrachtete der Sohn Gortes diese erhabene Stadt, die so lange Zeit ein Gegenstand seiner besondern Fürsehung, seines ausgezeichneten Wohlgefallens und seiner vorzüglichen Ljebe war, — er betrachtete Jerusalem, diesen Schauplatz so vieler Zeichen, Gnaden und Wunder; er betrachtete in der Ferne jene hohen Mauern, die so lange Zeil der Schrecken der fremden Nationen waren, — jenen prachtvollen Tempel, dessen stolze Zinnen sich hoch in der Luft verloren, — jenen ehrwürdi¬ gen Tempel, wo so viele von Gott gesandte Propheten — den h. Willen und die Gerichte Gottes verkündigten, er betrachtete jene von so vielen h. Königen bewohnten Palläste. Bei diesen! Anblicke wird das Herz des Heilandes tief gerührt, >— und als er der Stadt naher kommt und sie ansieht, — da stürzen Thronen des Mitleidens und der Wehmuth über seine Wangen herab. Warum meine Lieben! was geht hier vor 7 Der Sohn des Menschen, der Sohn des ewigen Vaters weint? Was zwingt 18 27L «r«« « den Göttlichen bis zu Thronen 7 Etwa, die über die Stadt Je¬ rusalem kommenden Lage der Belagerung, des Mordes, der Ein¬ äscherung? Er weissagte zwar den Juden zeitliche Strafen, als Folgen der anfgehäuften Frevel. Allein, über irdisches, zeitliches Wehe weinte der Ewige nicht; nur über des Geistes Verblendung, und Verstockung über die unbußfertige Erstarrung der Einwohner weinte der Gottmensch. Wie in tiefester Wehmuth ein Mensch spricht, ausrufend, abgebrochen, so sprach er: Ach Jerusalem! hättest du doch erkannt — an diesem deinem Lage! — wo zu dir kommt der Gesandte des Vaters, dein König, dein Heiland — wo er das letzte Mal kommt, — hättest du erkannt, was zum Frieden dir gereichen sollte, — nun aber ist es verborgen vor deinen Augen! — Ach Gott! sollten wir denn an Jeru¬ salem das Bild des unbußfertigen Sünders, den Gott zur Busse ruft, nicht erkennen? nicht erkennen, worüber wir weinen sollen, — wenn wir ungebesserte Sünder sind?! — Vielleicht, wenn wir unser bisheriges Leben unpartheufch prüfen, — vielleicht werden wir es doch noch zur rechter Zeit in der Bitterkeit unserer Seele gestehen: daß wir es bisher nicht erkannt haben, was zu unserm Heile ist, — vielleicht ist aber eben darum der heutige Lag für uns der letzte Lag der göttli¬ chen Heimsuchung! denn nur gar zu viele solche Lage der Heim¬ suchung, der Gnade Gottes haben wir leichtsinnig und halsstar¬ rig vorüber schwinden lassen! — Wir haben wohl gedient, aber nicht Gott, sondern seinem ärgsten Feinde der Sünde, — den Leidenschaften und der Welt! nicht nach Gottes h. Willen haben wir gelebt, sondern unseren eigenen Willen wollten wir haben, wie unsere ersten Stammältern. Was war aber unser Gewinn? Haben wir es nicht, wie der Prophet Jeremias klagte, erfahren: daß es böse und bitter für uns war, den Herrn unfern Gott verlassen und ihn nicht gefürchtet zu haben. Fragen wir uns selbst: waren wir glücklicher, seitdem wir nicht Gottes, sondern den eigenen und den Willen der Menschen zur Richtschnur unse¬ res Wandels nahmen? — waren wir heiterer und vergnügter in unserm Herzen? Hatten wir mehr Glück und Segen bei unseren Geschäften? oder konnten wir froher dem Lode entgegen blicken? Getrauten wir uns in diesem Zustande zu sterben und vor Got¬ tes Richterstuhle zu erscheinen? Wenn nun das bisher der Fall nicht war und nicht ist, v so kehren wir doch zurück auf den Je- Ein- als iches ung, hner cnsch lem! o zu kand was rgen lcru- Risse llen, eiisch Zeit nicht aber ttli- eim- stär- aber den aben ben, inn? ren: Äott uns dern mse- r in eren ken? Sot- Fall den »>»» 275 Weg, den uns Gottes Weisheit vorgezeichnct hat; denn ihre Kraft und Starke, heißt es im Buche der Weisheit, wallet von einem Ende zum Andern, und richtet alles liebreich ein. -— Wenn ein Wanderer Mittags oder Abends gewahret, daß er vom rechten Wege abgekommen ist, wird er auf seinem Irrwege fortgehcn? Gewiß keinen Augenblick; er wird desto mehr eilen, wieder auf den rechten Weg zu kommen, je weiter er sich da¬ von entfernet hat, und je weniger im Zeit übrig ist, bis an's Ziel seiner Reise. Schon sind wir vielleicht am Mittage unseres Lebens, vielleicht bricht schon der Abend herein, vielleicht ist die Nacht schon im Anzuge, wo wir, wie Christus sagt, nichts mehr werden wirken können. Wenn wir nun denn dabei gestehen müs¬ sen, daß wir bisher durch die Sünde von dem Wege unserer Bestimmung abgewichen sind, so sollten wir es auch einschen, daß wir auf dem betretenen Wege das Ziel verfehlen müssen, — daß es folglich nothwendig sey, auf die verlassene Bahn der Lu¬ gend wieder zurückzukehren, den alten Menschen mit seinen Ge¬ lüsten abzulegen und einen neuen anzuziehen, der nach Gott ge¬ bildet ist, in Gerechtigkeit und heiliger Wahrheit. Wenn wir das versäumen, so wird Gott dem wir als unsern Schöpfer, als unfern höchsten Herrn,und besten Vater nicht gedient haben, uns als der gerechteste Richter einst auf das strengste richten und ver¬ werfen, welches der 2te religiöse Beweggrund unserer Bekehrung seyn soll, wie wir hören werden im zweiten Theile. Um uns die furchtbare Wahrheit: daß Gott den ungebcsser- ten Sündern, besonders Christen der strengste Richter seyn werde, — anschaulicher und eingreifender zu machen, wollen wir unsere Aufmerksamkeit nicht auf das besondere Gericht, welches gleich nach dem Lode des Leibes mit jedem Menschen vvrgenommen wird, — sondern auf das allgemeine Weltgericht selbst hinlenkcn. — Wir alle, sagt der h. Apostel Paulus, müssen vor dem Rich¬ terstuhle Chnsti offenbar werden, damit ein Jeder empfange, je nachdem er in seinem irdischen Leben Gutes oder Böses gewirkt hat. Hier ist vom Richterstuhle Jesu Christi die Rede. -- Er, und nicht der Vater wird also alle Menschen richten, wie er es auch selbst sagt: Der Vater richtet Niemand, sondern har das 276 ganze Gericht dem Sooue übergeben. Und eben das meine Lie¬ ben! ist schon eine der schrecklichsten Wahrheiten für ungebesscrte Sünder! Denn warum wird Jesus selbst das Gericht halten? — Weil er sich um das ganze Menschengeschlecht so viele und grosse Verdienste gesammelt hat. Er hat für Menschenwohl so viel ge- tban und gelitten; er hat, um uns vom ewigen Untergänge zu retten, den Glanz seiner Gottheit in Menschengestalt verborgen; er wandelte drei und dreißig Jahre unter uns, und lebte durch diesen Zeitraum, von seiner Wiege an in beständiger Armuth, lehrte mit unermüdetem Eifer, betrat uns zum Beispiele in eige¬ ner Person den schmalen Weg der Abtodtung, Erniedrigung und Demuth; er ließ sich wahrend seines Hierseyns lausend Entbehrun¬ gen, Unbilden und Mißhandlungen gefallen, ward als Erlöser der Menschen ein Mann des Spottes und der Schmerzen; er ward gehorsam bis zum Lode, und zwar bis zum schimpflichen und schmerzvollen Kreuzestode. Er duldet auch jetzt noch Ver¬ achtung, Schimpf und Lästerungen, nicht nur von den Ungläubi¬ gen, sondern auch von seinen eigenen undankbaren und lasterhaf¬ ten Jüngern — den Christen! er duldet es, daß man seine freundlichen Gebothe muthwillig verletzt, sein h. Evangelium be¬ schimpft, seinen Namen lästert und ihm selbst in seinem wahren Heiligthume, im Tempel öffentlich Hohn spricht. Was kann nun wohl billiger seyn, als daß der ewige Vater seinen eingebornen, um das Menschengeschlecht so sehr verdienten, und von den Men¬ schen doch so sehr verachteten und gemißhandelten Sohne, das endliche, das höchste und letzte Gericht über das ganze Menschen¬ geschlecht überlassen hat, um ihn vor der ganzen Schöpfung zu verherrlichen. Jesus gibt selbst diese Ursache deutlich an, wenn er sagt: Der Vater richtet Niemanden, sondern hat das ganze Ge¬ richt dem Sohne übergeben, damit alle den Sohn ehren, so wie den Vater. Welch ein feierliches, aber für ungebesserte Sünder zugleich auch überaus furchtbares Schauspiel wird es nun nicht seyn, vor Himmel und Erde, vor Engeln und Menschen, wenn nach der Lehre des Evangeliums der Sohn des ewigen Vaters Jesus Chri¬ stus, umgeben von seinen Engeln mit göttlicher Majestät in den Wolken des Himmels erscheinen wird, um Gericht über das ganze Menschengeschlecht zu halten, um die heilige und unbestechliche Gerechtigkeit seines ewigen Vaters, vor Himmel und Erde zu ie- rte sse je¬ zu i; ch ), e- ;d :c I! i- e n Z ! »»L» 2/7 ««« « offenbaren; um seme eigene Ehre als Lehrer, Gesetzgeber und Erlöser der Menschen durch sein göttliches Richteramt für die ganze Ewigkeit herzustellen, um durch seine Allmacht für die ganze Ewigkeit zu erfüllen — sein gegebenes Wort: Wehe euch, die ihr jetzt lachet, bald wird eure Freude in Traurigkeit ver¬ wandelt werden. O der unglücklichen Sünder! die sich jetzt im Vertrauen auf ihren Reichthum, auf ihre Macht, Würden und Vorzüge, um Jesus ihren göttlichen Lehrer, ihren himmlischen Gesetzgeber, ihren liebreichen Erlöser nicht bekümmern, — die in ihrem Leichtsinne und Uebermuthe seine Lehre verachten, sein Evan¬ gelium wie eine Fabel lästern, seine Gebothe mit Füssen treten! Wie wird diesen Unglücklichen alsdann zu Muthe seyn, wenn sie ihre schändliche Rolle auf Erden werden ausgespielt, ihren häßli¬ chen Traum werden ausgeträumt haben, wenn sie Jefum den sie hienieden verachtet haben, in den Wolken des Himmels in seiner göttlichen Majestät, umgeben von allen Engeln auf seinem Rich¬ terstuhle erblicken werden, um Recht und Gerechtigkeit für die ganze Ewigkeit herzustellen! — Wie werden die ungebesserten Sünder zittern und zagen, wenn sie gerade dell als ihren all¬ wissenden, heiligen und gerechten Richter erblicken werden, der zu ihrer Erlösung am Kreuze den letzten Tropfen Blutes hingegeben; der sich zu ihrem Heile im h. Altarsfakramente unter die Gestalt des Brotes verborgen, und sich ihnen aus unendlicher Liebe selbst zur Seelenspeise dargereicht hatte! Welche Angst wird sie über¬ fallen , wenn sie neben dem siegprangenden Zeichen der Erlösung — dem h. Kreuze jenes Evangelium, das während ihres laster¬ haften Lebens so oft der Gegenstand ihres Spottes war, im himmlischen Glanze aufgeschlagen sehen werden, als das göttliche Gesetzbuch, wornach ihr ewiges Schicksal entschieden werden wird, — wenn aus diesem Buche hervordonnern werden, jene göttlichen Gebothe, die sie hienieden muthwillig verletzt, und in ihrem Uebermuthe verachtet haben! — Der bloße Anblick des Richters Jesu Christi, wird also schon eine Ursache des Schreckens seyn, für ungebesserte Sünder, — wie dann erst die Untersuchung und das < rthcil des Richters! Wenn ich die bestimmte Zeit ersehe, dann will ich die Gerechtig¬ keiten richten, sagt Gott im 74- Psalm, das ist, zur bestimm¬ ten Zeit, am Ende der Tage wird Gott die Gerechtigkeiten näm¬ lich die Lugenden selbst strenge richten. Menn nun Gott die 27s; Gerechtigkeit selbst scharf untersuchen, die Gesinnungen, Triebfe¬ dern, Beweggründe und Absichten der Frommen auseinandcrsctzcn und alle ihre Werke beleuchten wird; wenn die genaueste Tugend nicht unerforscht bleibt, — werden dann die ungebesserten Sün¬ der minder strenge gerichtet werden? — Der Heiland schildert ihr Schicksal in der Parabel des schalkhaften Knechtes, der das verliehene Talent im Schweißtuche vergrub, über welchen dann der Herr das Urthcil fällte: Den unnützen Knecht werfet in die äußersten Finsternisse, — da wird seyn Heulen und /Zähnknir- schen, und fo auch in dem Gleichnisse des gewissenlosen Haushäl¬ ters, der die Güter seines Herrn verschwendete, den dieser ver¬ rufen ließ, und zu ihm sprach: Lege Rechnung von deiner Haus¬ haltung, — denn hinfort wirst du nicht mehr Haushalten. — Wahrlich, bei jedem, dem viel gegeben worden ist, sagt Christus, wird viel gesucht, und von demjenigen, dem viel anvertraut ist, wird viel gefordert werden- Luk. 12, 48. Die ungebcsserten Sün¬ der werden also zuerst gerichtet über das Gute, das sie hieniedcn unterlassen haben. — So lange sie lebten haben sie nicht nur jede innere Anlage zur Lugend, sondern auch alle äußern Mittel dazu an sich vereitelt. Sie haben au sich vereitelt: den Reli¬ gionsunterricht, der sie über ihre gelammten Pflichten aufklärcn konnte und sollte, dem sie aber mnthwillig ihre Ohren verschlos¬ sen, und welchen sie die verderblichen Grundsätze einer schiefen Aufklärung entgegen setzten; sie haben an sich vereitelt die Tu- gendbcispicle der Frommen, die ihnen zeigten, wie der Mensch und Christ leben soll, deren Wandel sie aber für Thorheit achte¬ ten; sie haben an sich vereitelt die h. Geheimnisse der Religion, die dahin abgeziclt haben, sie im Guten zu stärken und zu er¬ halten, die sie aber selten oder gar nicht oder allezeit unwürdig empfingen; sie haben an sich vereitelt die vielen Jahre, die ße lebten, und in denen sie in der Tugend zunehmen, und immer bessere Menschen werden konnten, die sie aber fruchtlos vorbei- streichcn ließen, — sie haben endlich an sich vereitelt die Reich- thümer, die Macht, das Ansehen, die Wisstnschasten, mit denen sie für sich und ärgere sehr viel Gutes schaffen konnten, bas sic aber nicht schafften. Alle diese Menge von wohlthätigen, natür¬ lichen und übernatürlichen Mitteln zum Guten, werden wider sie zeugen vor dem Angesichte des göttlichen Richters. O meine Lieben! wenn der Men ch, besonders der Christ, der hieniedcn 279 a« eingebildet groß war, sich dann am Lage des Gerichtes leer und nackt von allem erblickt, was die Würde des Menschen und Chri¬ sten ausmacht, — wenn er nichts gar nichts an sich findet, was seiner Bestimmung gemäß wäre, wenn er wahrnimmt, daß die Zeit seines leeren Großthuns vorbei, und die Zeit Gottes, der Tag seines Gerichtes und seiner Strafe eingetreten ist, — wenn Jesus der Richter nun allein über ihn groß und erschrecklich ist, wie wird er vor ihm bestehen? wie diesen Anblick, dieses Forscher¬ auge, — diesen Herzenergründer aushalten? — Doch noch mehr: Jesus der göttliche Richter wird auch strenge richten an dem ungebesscrten Sünder das Böse das er an und für sich gethan, und das Böse, das er in seinen Folgen nicht gut gemacht hat. Er wird richten die vergessenen und ver¬ letzten Pflichten gegen Gott. Der Gott so viele Jahre versagte Dienst der schuldigen Anbethung und Verehrung im Geiste und in der Wahrheit, — der, seinem untrüglichen Worte bezeugte Unglaube, der neumodische und aus elendem Flickwerk zusammen- gctragene Eigensinnsglaube, die gegen alle ausgemachte und seit Jahrhunderten bewährte Lehre Jesu gefließentlich gesuchte Ucber- zcugung, die freiwillig unterhaltenen Religionszweifel, der un¬ biegsame Starrsinn gegen die Kirche Jesu, ihre Aussprüche und Anordnungen, die freien und frechen Gespräche wider alles Hei¬ lige, — alles dieses wird Jefns an dem unbußfertigen Sünder richten. — Ferner wird er richten, die vergessenen und verletzten Pflichten gegen sich selbst. Die schändliche Schwächung, Abstum¬ pfung und Verwüstung aller Seelenkräfte, die Erniedrigung der Vernunft unter die Bothmäßigkeit der eingesogenen Vorurthcile — und aller thierischen Triebe, — die Entncrvung und vorzei¬ tige Ertödtung des Körpers und seines Lebens durch Ausschwei¬ fungen ohne Ende. — So wird Jesus auch richten die vergesse¬ nen und verletzten Pflichten gegen den Nächsten — durch Ver¬ achtung, Mißhandlung, Kränkung und Verführung der Mensch¬ heit auf mancherlei Weife. Endlich so wie Jesus der göttliche Richter das Böse an und für sich, so wird er es auch nach seinen nicht wieder gutge¬ machten schlimmen Folgen richten. Der Psalmist Asaph. läßt aus Antrieb des göttlichen Geistes den höchsten Richter Himmels und der Erde, in Hinsicht des in seinen Folgen verübten Bösen also reden: Zum Gottlosen spricht Gott: Dein Mund floß vom 2L0 Lösen über, und deine Zunge zettelte Betrug an. Du fassest und sprachs wider deinen Bruder und deiner Mutter Sohn stelltest du Aergernisse. Das thatest du, und ich schwieg. Da dachtest du denn, ich werde dir gleich seyn. Aber ich will dich strafen und dirs vor Augen stellen. Ps. 49. Dein Mund, spricht Gott, stoß vom Bösen über, und deine Zunge zettelte Betrug an: d. i. Du nahmst dir alle Freiheit zu reden, was du wolltest, — du gingest wie ein Apostel des Satans umher, giftige Lehren wider die Religion, den Glauben und gute Sitten auszustreuen; du betrogest so viele mir dem blendenden Lichte falscher Aufklärung. Du gingest aus der Welt, und ließest ein ungeheures Verderb¬ lich zurück; noch führen die von dir irre Geführten die nämliche Sprache, und zerstören, wie du mein Reich auf Erden. Du glaubtest, ich werde dir gleich seyn, aber strafen will ich dich, und dirs vor Augen stellen. — Du fassest, sagt Gott ferner, und sprachst widcr deinen Bruder: d. i. Du fassest entweder als ein ungerechter Mann zu Gerichte, urtheiltcst nach dem Ansehen der Person und nach dei¬ nem Vortheile, und ließest den unschuldigen Armen fallen; oder, du fassest bei bösen Gesellschaften, und brachtest mit ihnen Lügen und Verleumdungen auf, die die Ehre des Nächsten verdunkelten und tödteten. Der Tod machte zwar den Ungerechtigkeiten deiner Verleumdungen ein Ende; aber noch schreit dir die übervorthcil- te Unschuld nach, noch leidet dein Mitbruder aus deiner Schuld hier an seinem Vermögen und dort an seiner Ehre. Du glaub¬ test ich werde dir gleich seyn, aber strafen will ich dich und dirs vor Augen stellen. — Du fassest und stelltest deiner Mutter Sohn Aergerniß, spricht Gott: d. i. du hörtest zwar aus meinem Evangelio oft: Wehe dem Menschen, welcher Aergerniß gibt! — und doch was war dein Leben anders als ein unausgesetztes Aer¬ gerniß durch Wort und Beispiel? Du hast aufgehört zu leben, aber deine Aergernisse leben noch — und pflanzen sich weiter fort. Du glaubtest, ich werde dir gleich seyn — aber strafen will ich dich, und dir's vor Augen stellen. Werden nun nach diesen göttlichen Aussprüchen, die unge¬ besserten Sünder sich am Tage des Gerichtes noch hinweg setzen können über das, worüber sie sich in ihrem Leben hinweg gesetzt hatten? Ach dem Stolzen und Verwegenen wird der Muth, dem prahlerischen Weltweisen der Witz, dem Sprecher seine Be¬ redsamkeit entfallen — zagen und zittern werden sie voll Angst 261 und Verwirrung vor dem Richtcrstuhle dessen, dem nichts ent¬ geht, vor dem nichts ungestraft bleiben kann. Von der All¬ wissenheit bis auf den Grund untersucht, von der Allmacht fest- gehalten, von der Allgerechtigkeit verurtheilt, wo werden sie sich hinwenden, wo ihren Retter finden? Merket das doch ihr Gott¬ vergessenen, so führt Asaph den Herrn abermals redend an: Merket das doch ihr Gottesvergessenen, damit ich euch nicht da- hinraffe und zu Grunde richte, und kein Erretter sey. v. 22. O meine Lieben! unsere Sündenschuld ist gewiß, gewiß ist unser Lod, aber unsicher seine Stunde. Wehe uns! wenn er uns un¬ vorbereitet ergreift und ungebcssert, beladen mit unserer Sün¬ denschuld vor Gottes Richterstnhl hinstellt! O lassen wir doch nicht zu, daß die freundliche Warnung Jesu an uns ohne Wir¬ kung bleibe: Wachet, denn ihr wisset weder den Tag noch die Stunde. Lassen wir doch nicht zu, daß die fürchterliche Drohung an uns in Erfüllung gehe: Ihr werdet mich suchen, aber nicht finden — ihr werdet dahin sterben in euern Sünden. Wie könnten wir wohl säumen aus unserer Verblendung heraus zu¬ gehen, und einem so furchtbaren Schicksale, als das eines Ge¬ richtes ohne Barmherzigkeit und einer unglückseligen Ewigkeit ist, zuvorzukommen! Denn es ist und bleibt ewige Wahrheit: Wir alle, der Regent wie der Unterthan, der Gelehrte wie der Ein¬ fältige, der Reiche wie der Arme, der Angesehene wie der Nie¬ drige — wir alle müssen vor dem Richterstuhle Jesu Christi offenbaret werden. Und was wir nicht übersehen dürfen meine Lieben, wir sind Christen, erträglicher aber wird das Gericht für die Nichtchristen als für die Christen werden. Denn jene hatten nur ein einziges und oft schwaches Licht, das Licht der Vernunft, das an und für sich nicht im Stande war, alle Finsternisse zu vertreiben. Uns aber strahlte nebst dem Lichte der Vernunft auch noch das Licht der Offenbarung durch Jesus den göttlichen Lehrer. Jene hatten noch, so viel guten Willen, daß, wenn sie das Böse deutlicher erkannt hätten, es nicht würden began¬ gen haben, wir aber verwarfen das Licht selbst, und setzten ihm eigensinnig die Finsterniß entgegen, damit wir um so weniger Gutes und desto frecher Böses thun könnten. Jene nahmen die bessere Kenntnis bloß aus Vvrurthcil ihrer Erziehung nicht an — wir verwarfen dieselbe ost und gewöhnlich aus Bosheit des Herzens. Zeit, höchste Zeit ist cs also meine Lieben! daß wir 262 die wenigen Tage, die uns die göttliche Barmherzigkeit hienic- den noch verwilliget, dazu verwenden, um unfern Richter Je¬ sus Christus durch aufrichtige Besserung und Busse zu besänf¬ tigen und zu entwaffnen, damit wir an jenem grossen Tage an¬ statt der ewigen Verwerfung die trostreichen Worte zu hören verdienen: Kommet ihr Gebenedciten meines Vaters, besitzet das Reich, das euch von Anbeginn der Welt bereitet ist. Amen. Inhalt der Fcstpredigten. Seite Am Feste der unbestekten Empfängniß Mariä. Ueber die Mittel, wodurch Maria rein, unschuldig und Gott wohlgefällig wurde und blieb r Am heiligen Christtage. Betrachtung der Umstände, welche die Geburt des gött¬ lichen Kindes Jesu begleiteten.8 Am Feste des heil. Mart. Stephan. Von der Grösse und Strafwürdigkeit der Widersetzlich¬ keit gegen den h. Geist .......... r6 Am Neujahrstage. Was sagt uns das alte Jahr? Mit welchen Vorsätzen sollen wir das neue aufangen? . 23 Am Feste Mariä Reinigung. Man soll das Gesetz Gottes mit aller Genauigkeit er¬ füllen, und in der Erfüllung desselben keine Beschwer¬ den scheuen .............. 32 Am Feste des heil. Joseph. Von dem Unterschiede zwischen der wahren und der Scheintugend .............. 40 Am Feste Mariä Verkündigung. Von der Unterwerfung unserer Vernunft in Hinsicht auf die Geheimnisse — und von der Ergebung unseres Wil¬ lens in Hinsicht auf die Führungen Gottes. . . . . 5o Am Ostermontage. Wie sollen wir uns zum Empfange Jesu Christi im hei¬ ligen Äbendmahie vorbereiten? ........ 57 Am Pfingstmontage. Die Religion Jesu von ihrer trostvollen und beruhigen¬ den Seite betrachtet ........... Serie Am Feste der allerheil. Dreieinigkeit. Kon der wahren Kirche Christi......... Am Feste der h. Apostel Petrus und Paulus. Wie wunderbar die göttliche Vorsehung die Schicksale beider Apostel leitete. 8» Am Feste der Himmelfahrt Mariä. Von der hohen Seligkeit des Tugendhaften am Ziele sei¬ nes Lebens ........go Am Feste der Geburt Mariens. Von den Beweggründen zur Andacht und Ehrfurcht ge¬ gen Maria .98 Am Kirchweihfeste. Von den Wohlthaten, die uns in den Gotteshäusern zu Tbeil werden. ..106 Am Feste aller Heiligen. Man kann in jedem Stande selig werden.n5 Inhalt der Fastenpredigten. Erster Jahrgang. Sieben Fastenprcdigten über die Leidensgeschichte Christi. . isZ Zweiter Jahrgang. Sechs Fastenpredigtcn von der Sinnesänderung. .... 197 Bei Heinrich Adam Hohn sind folgende krainischcn Bücher mit alten Lettern zn haben, als: Istlli ino LvsnKelii, vom Jahre 1825. 8Avstt,e svetila pitina, 4 Lhcile in 3 Bänden, vom Herrn Raunich er, Bischof in Triest. ItertNanftii katoliki«! nauk, 2te Austagc 1831, vom Herrn Probst Albrecht. lie ist, an stri kato^lH" naul< 5» vstiatkeno nstastost, Von eben demselben. IXanIc I