265 Georg Rolls Komödie von Pontus und Si- donia im Vergleich zum Prosaroman Ele- onores von Österreich* Marija Javor Briški Abstract Im Fokus des Beitrags steht der Vergleich von Georg Rolls Comoedia Von Ritterliche[n] Adlichen, Manlichen Tugenden vnd Thaten, sonderlicher Tugentreicher Ehren, Erbarkeit vn[d] zucht des tewren Ritters Ponti, Königs Tiburtij Sohn aus Gallicien (1576) und Eleonores von Österreich Prosaroman Pontus und Sidonia in der Ausgabe von 1548. Die Analyse wurde auf drei Ebenen durchgeführt: im Bereich der Paratexte, auf inhaltlicher Ebene und im Kontext des Türkenbildes. Die in den Paratexten des Dramas formulierten The- menschwerpunkte setzen wichtige Akzente bei der Bearbeitung des Pontusromans und stellen einen Bezug zum soziohistorischen Kontext her. Die inhaltlichen Erweiterungen als Gegenbilder zu der von Pontus und Sidonia verkörperten Idealität enthalten sozialkri- tische Themen, die für eine Aufführungserlaubnis nicht förderlich waren. Im Unterschied zu dem nuancierten, dem dogmatischen Interpretationsmodell entsprechenden Heiden- bild im Prosaroman ist das Türkenbild im Drama angesichts der osmanischen Bedrohung nach dem apokalyptischen Deutungsmuster konzipiert. Schlüsselwörter: Georg Roll, Eleonore von Österreich/Schottland (um 1433–1480), Pon- tus und Sidonia, Prosaroman, Comoedia Von Ritterliche[n] Adlichen, Manlichen Tugenden vnd Thaten, sonderlicher Tugentreicher Ehren, Erbarkeit vn[d] zucht des tewren Ritters Ponti, Königs Tiburtij Sohn aus Gallicien, Komödie, Intertextualität, Paratext, Heidenbild, Türkenbild * Der Beitrag ist im Rahmen des Forschungsprogramms Interkulturelle literaturwissenschaftliche Studien (Nr. P6-0265) entstanden, das von der Slowenischen Forschungsagentur aus öffentlichen Mitteln finanziert wird. ACTA NEOPHILOLOGICA UDK: 821.112.2'04.09 DOI: 10.4312/an.55.1-2.265-284 Acta_Neophilologica_2022_FINAL.indd 265 12. 12. 2022 09:29:21 266 Marija javor Briški EINLEITUNG Wie in der Fachwelt allgemein bekannt, ist die deutsche Übersetzung von Geoffrey de la Tour Landrys Prosaroman Ponthus et la belle Sidoyne, der auf die um 1180 entstandene anglonormannische Chanson de geste von Horn et Rimen- hild zurückgeht und Ende des 14. Jahrhunderts verfasst wurde (Steinhoff 2010: 472), in den drei Fassungen A (Hahn 2005, Steinhoff 2010), B (Schneider 1961, von Ertzdorff 2010) und C (Hahn 2002, 2003, Streun 2010) überliefert. Jedoch gelangte nur die Eleonore von Österreich zugeschriebene1 Fassung A in Druck und hatte demzufolge im Vergleich zu den beiden anderen eine größere Breiten- wirkung. Vom 15. bis zum 18. Jahrhundert erschienen nach neuerem Erkennt- nisstand 24 Ausgaben an verschiedenen Orten: in Augsburg, Straßburg, Frank- furt am Main, Hamburg, Köln und Nürnberg (Müller 2013: 1580–1582). Diese Drucke inspirierten auch andere Dichter zur produktiven Rezeption des Pon- tusstoffes, vor allem die Straßburger Ausgabe von 1539 (Müller 2013: 1578). So entstanden in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts drei Pontusdramen: 1551 soll der Nürnberger Rechenmeister Heinrich Hoffot das Schuldrama Ein Teutsch spil von dem edlen Ritter Ponto, wie er mit dem Haydnischen Ritter vmb Gottes wort gekempfft vnd den sieg erhalten, schon, lustig vnnd lieblich zu lesen veröffentlicht ha- ben (Weller 1866: 278, Brooks 1918: 583), leider ist dieser Text verschollen. Es folgt Hans Sachs mit seiner 1558 verfassten Comedia mit 13 personen: Pontus, eins königs sohn auß Galicia, mit seiner schönen Sidonia, eins königs tochter zu Britania, unnd hat 7 actus (Keller/Goetze 1880: 378–426), die unlängst im Rahmen der Türkendarstellung bei Hans Sachs untersucht wurde (Ackermann/Nöcker 2009: 454–459). Beim dritten Drama handelt es sich um Georg Rolls Comoedia Von Ritterliche[n] Adlichen, Manlichen Tugenden vnd Thaten, sonderlicher Tugentreicher Ehren, Erbarkeit vn[d] zucht des tewren Ritters Ponti, Königs Tiburtij Sohn aus Gal- licien [...], diese erschien 1576 in Danzig. Während der Prosaroman Pontus und Sidonia des Öfteren als Bestseller (Clas- sen 2015: 689, 2016a, 2016b: 24) bezeichnet wurde und auch in den letzten Jah- ren in wissenschaftlichen Studien vermehrt Beachtung fand (z. B. Hahn 2010, Classen 2015, 2016a, 2016b, 2016c) und Hans Sachsens Pontusdrama schon Thema einer neueren Studie war, stieß Georg Rolls Comoedia weder bei den zeitgenössischen Rezipienten noch in der Forschung auf große Resonanz. Rolls 1 Zur Diskussion über die Autorschaft von Fassung A der Übersetzung der französischen Vorla- ge Ponthus et la belle Sidoyne siehe u. a. Hahn 1990: 73–85, 156–158, Backes 2004: 58, die ihrer Autorschaft kritisch gegenüberstehen, und Kästner 1982/83: 110, Classen 1993: 3–7, 19, 2000: 15, 2016a: 105f., 2016b: 23f., Classen/Dinzelbacher 1995: 66 als Befürworter. Allerdings ist die Debatte noch bis zur jüngsten Zeit nicht ausgefochten (Speth 2017: 205f.). Acta_Neophilologica_2022_FINAL.indd 266 12. 12. 2022 09:29:21 267Georg Rolls Komödie von Pontus und Sidonia im Vergleich Komödie wurde in Danzig nicht einmal uraufgeführt.2 Seine in den Jahren 1600 und 1605 gestellten Gesuche an den Danziger Rat um eine Aufführungserlaubnis des Stückes wurden nicht bewilligt (Bolte 1895: 16, 29), vielleicht aufgrund der bei der Stadtobrigkeit eingebrachten Beschwerden über die bisweilen ausgelasse- ne Darstellungspraxis von Komödien (vgl. ebd.: XV)? Oder gab es (auch) andere Gründe? Wer war Georg Roll und was sind die allgemeinen Merkmale seiner Komödie? Welchen Einfluss der zeitgenössische historische Kontext und die in den Paratexten formulierten Aussagen auf die Bearbeitung des Pontusromans, die Rezeptionssteuerung der Adressaten und die Darstellung der ‚Heiden‘ und Türken hatte, soll in der folgenden, auf der komparativen Methode beruhenden Untersuchung eruiert werden. DATEN ZU GEORG ROLL Über den Autor selbst gibt es nur einige spärliche Angaben. Georg Roll stammte aus Brieg (Brzeg) in Schlesien und war als kaiserlicher Notar in Danzig tätig, Geburts- und Todesdatum sind nicht bekannt (ebd.: 14, 29).3 Neben der Schul- komödie von Pontus und Sidonia verfasste er in seiner Freizeit auch die Comoedia vom Fahl Ade und Eve (1573) und die Historia Samaritani (1574) (ebd.: 14, 29, XIVf.). Mittels seiner schriftstellerischen Tätigkeit versuchte er, wie man seiner oben erwähnten Bittschrift (ebd.: 29) von 1600 entnehmen kann, seine Existenz- grundlage zu verbessern, was ihm seine Prokuratur „bey jetziger vberheuffung der Mechtiger vnd der eingerißnen vnordenung“ (ebd.) nicht ermöglicht. Mit den eingetretenen Wirren mag er u. a. wohl die negativen Folgen der am Ende des 16. Jahrhunderts eskalierenden polnisch-schwedischen Auseinandersetzungen und der religiösen Konflikte für die einst prosperierende Handelsmetropole Danzig, die sich 1454 der polnischen Krone unterstellt hatte, gemeint haben (vgl. Loew 2011: 63, 95f., Müller 2016). DRUCKVORLAGE FÜR ROLLS KOMÖDIE Welche der bis 1576 erschienen Druckfassungen die Vorlage für Rolls Komö- die bildet, lässt sich aufgrund der mir zur Verfügung stehenden Drucke nicht 2 Zumindest einmal soll jedoch das Stück in Königsberg unter der Leitung des Schulmeisters Dani- el Brodach gespielt worden sein (Bolte 1895: 16). 3 Das in der Online-Version der Deutschen Biographie angegebene Todesdatum 1573 ist unzutreffend (vgl. https://www.deutsche-biographie.de/search?_csrf=656c55fa-b33e-4f0d-9604-8a5892b34257&na- me=Georg+Roll [Zugriff 23.01.2022]). Sein Tod ist nach dem 1605 an den Danziger Rat gestellten Gesuch (siehe oben) zu datieren. Acta_Neophilologica_2022_FINAL.indd 267 12. 12. 2022 09:29:22 268 Marija javor Briški eindeutig festlegen. Roll (1576: Aij r) verweist in seiner Zueignung4 auf die „His- toria Ponti (welche eine Ertzhertzogin aus Osterreich/ sonderer ergetzlikeit/ wie es die Præfation gibet/ transferiret)“5, weiter unten schreibt er, dass er sie auf einer Reise in seine Heimat „zur kurtzweil vberlesen“ (ebd.: [Aij v] 6) habe. Ferner enthält seine Zueignung recht ausführliche Moralisierungen (ebd.: [Aij v]–Aiij r). Diese u. a. Merkmale, wie die vorangestellte Phrase im Titel (vgl. Hahn 2010: 58) Von Ritterliche[n] Adlichen, Manlichen Tugenden vnd Thaten […] deuten auf die Druck- fassung von 15487: Im Unterschied zu der 1539 erschienenen Ausgabe, welche als erste eine ausführliche Vorrede enthält, findet man hier im erweiterten Titel den Hinweis auf das kurzweilige Lesen. Bei den späteren Fassungen, die weitgehend auf der Prachtausgabe von 1548 beruhen, ist dagegen die Vorrede um die mora- lisierende Auslegung der Geschichte erheblich gekürzt (vgl. Wüst 1903: 30–50). Allerdings fehlt im Titel der Ausgabe von 1548 der meines Wissens nur im Titel des Straßburger Druckes von 1539 erhaltene Hinweis auf Pontus’ Tapferkeit „gegen den Heyden“ (vgl. Gotzkowsky 1991: 145–152), wie er auch modifiziert auf dem Titelblatt der Komödie zu finden ist. Eine genauere Bestimmung der Vorlage ist umso schwieriger, als Roll seine Komödie recht eigenwillig gestaltet und im Ver- gleich zum Prosaroman erweitert hat. Deswegen soll aus heuristischen Gründen die Ausgabe von 1548 in der folgenden Untersuchung als vorläufige Vergleichsgrund- lage dienen, zumal der eigentliche Text der Handschrift mit dem der Druckfassun- gen, abgesehen von Nebensächlichem, identisch ist (Hahn 2010: 58). DIE PARATEXTE IN DER KOMÖDIE UND DER DRUCKFASSUNG DES PROSAROMANS VON 1548 Paratexte als Beiwerke des eigentlichen Textes steuern u. a. die Lektüre (Genette 2016: 10), indem sie die Aufmerksamkeit des – potentiellen – Lesers auf be- stimmte inhaltliche Aspekte des Werkes und deren Verständnis lenken. Während die verlegerischen Rahmentexte keinen erheblichen Einfluss auf den Autortext haben, wie das bei den Editionen des Prosaromans von Pontus und Sidonia der Fall ist (Hahn 2010: 58), indizieren die auktorialen Paratexte von Rolls Drama die Bearbeitungstendenzen. Die Pontus-Komödie weist mehrere, vornehmlich 4 Zur Differenzierung zwischen ‚Zueignung‘ und ‚Widmung‘ siehe Genette (2016: 115). 5 In den Zitaten des Dramas ist die Schreibung der s-Grapheme und der Umlaute dem heutigen Usus angepasst. 6 Da die Lagen- und Blattzählung im Druck nicht konsequent durchgeführt wurde, stehen die feh- lenden Angaben in eckigen Klammern. 7 Im Folgenden abgekürzt als PS 1548. Acta_Neophilologica_2022_FINAL.indd 268 12. 12. 2022 09:29:22 269Georg Rolls Komödie von Pontus und Sidonia im Vergleich auf den Autor8 zurückgehende Paratexte auf. Im Folgenden sollen Titel, Vorwort, Zueignung, Prolog und Epilog näher vorgestellt werden. Im Titel als thematischem Indikator (Genette 2016: 82–86) werden die vor- trefflichen Eigenschaften und tapferen Taten von Pontus und sein hohes gesell- schaftliches Ansehen sowie Sidonias Tugendhaftigkeit hervorgehoben. Er enthält ferner die Gattungsangabe (vgl. ebd. 60) Comoedia, die im 16. Jahrhundert ein gutes Ende suggeriert (Profitlich/Stucke 2007: 312), was die auf der Titelseite angeführte, in Mittelalter und Früher Neuzeit gebräuchliche Sentenz „TAN- DEM BONA CAVSA TRIVMPHAT“ („Endlich triumphiert die gute Sache“, Schmidt 1986: 709) unterstreicht. Dem Titel folgt ein Hinweis auf einen weite- ren thematischen Schwerpunkt des Stückes, „des Türcken gewalt vnd Tyranney/ gegen den armen Christen“, und auf die Vorbildfunktion eines christlichen Kö- nigs und aller Obrigkeit gegenüber ihren Untertanen. Angesichts der damaligen Konflikte zwischen dem polnischen König und Danzig und der gesellschaftli- chen Spannungen zwischen dem regierenden Rat der Stadt und den niederen Bevölkerungsschichten, die sich zur Zeit der Abfassung der Komödie besonders zugespitzt hatten (vgl. Loew 2011: 86–88), wird der König als nachahmenswertes Ideal präfiguriert, an dem sich die herrschende Schicht orientieren soll. Erwähnt wird auf der Titelseite schließlich der Autor mit Nennung seiner Herkunft und gesellschaftlichen Position als Notar. Das auktoriale Originalvorwort9 (Roll 1576: [A r]) ist, stellvertretend für alle unerbittlichen Kritiker, an Zoilus bzw. Zoilos von Amphipolis (vgl. Stephanos 2002) gerichtet, mit der Bitte um wohlwollende Aufnahme des Dramas und Zu- rückhaltung eines vorschnellen negativen Urteils, um die Rezeption des Werkes nicht zu gefährden, denn der Autor verfolgt mit diesem Stück, wie er schreibt, etwas Gutes und verweist in Anbetracht auf etwaige Mängel, dem Bescheiden- heitstopos entsprechend, um potenzieller Kritik vorzubeugen (Genette 2016: 201), entschuldigend auf die Unzulänglichkeit eines jeden Menschen: „Denn es ist keiner nicht geborn/ Der nicht thut tragen Esels ohren“ (Roll 1576: [A r]). Mit der Anspielung auf das in seinem Umfeld allgemein vorherrschende Lob der Esel als Symbol der Laster (Zeitler-Abresch 2002) stellt Roll abschließend durch ironisch-satirische Umkehrung noch einen zeitkritischen Bezug zu den beste- henden gesellschaftlichen Missständen her. Die folgende Widmungsepistel (Roll 1576: Aij r–[Aiij v]) als besonderer Form der Zueignung (Genette 2016: 117–124) ist mittels einer damals üblichen, 8 Inwieweit die Gestaltung der Titelseite auf den Verleger Jacobus Rhodus zurückzuführen ist, ist nicht mehr feststellbar. 9 Zum Begriff und den Funktionen des auktorialen Originalvorwortes siehe Genette (2016: 190– 227). Acta_Neophilologica_2022_FINAL.indd 269 12. 12. 2022 09:29:22 270 Marija javor Briški Respekt zollenden Anredeform adressiert an die vornehmlich aus Patrizierfami- lien rekrutierten Ratsherren und Schöffen der Stadt Danzig, denen die Rechts- sprechung oblag (vgl. Loew 2011: 86). Roll erwähnt die Quelle seines Dramas und dessen – dem Horazischen Grundsatz entsprechenden – Nutz- und Un- terhaltungswert (vgl. Bertelsmeier-Kierst 2014: 163), betont aber, wie schon im Titel, die Exempelhaftigkeit der Protagonisten. Vor allem der vielfache Nutzen bewog ihn zur Abfassung seiner Komödie. Als Zielpublikum angegeben ist die Jugend, für die das Stück als Tugend- und Zeitspiegel fungieren soll, der nicht nur die Probleme reflektiert, sondern auch deren Lösung präfiguriert, wie die Erret- tung der Christen durch Gott angesichts ihrer Bedrohung durch die Osmanen, den Schutz der Untertanen vor den Intrigen des Hofes durch eine Recht und Gerechtigkeit praktizierende Obrigkeit sowie die Abwehr der Feinde durch stän- dige Verteidigungsbereitschaft der von Gott eingesetzten Obrigkeit und durch Gottvertrauen. Allerdings ist das wichtigste Ziel der Komödie die Deskription „eines Gotseligen Christlichen vnd Gerechten Königes“ (Roll 1576: Aiij r), wie ihn Justinian in der Vorrede zu seinem Corpus Iuris Civilis beschreibt, wonach ein Monarch nicht nur mit Waffen, sondern auch mit Gesetzen gerüstet sein müsse, um sowohl in Kriegs- als auch in Friedenszeiten gut zu regieren. Die Zueignung des Werkes an die ‚Herren‘ der Stadt ist ihrer Funktion als herrschenden und richterlichen Gewalt und ihrer apostrophierten Gerechtigkeitsliebe geschuldet. Mit der Bitte um Gunsterweisung schließt Roll die Widmungsepistel in übli- chem Demutston. Der Prolog (Roll 1576: Av r–[Aviij r]) enthält neben der einleitenden Inten- tionsbekundung, ein tugend- und ehrenreiches Spiel „zur Lehr/ Als vbung Rit- terlicher Ehr“ (ebd. [Aviij r]) vorzutragen, im Wesentlichen ein stark verkürztes Resümee des bekannten, aber nicht bis zum Ende geführten Handlungsver- laufs, wie er, mit einigen Abweichungen, im Prosaroman dargeboten wird: von der Expansion des türkischen Sultans, der gewaltsamen Eroberung Galiziens durch dessen Sohn Produs, der Flucht von Pontus und 13 anderen Knaben nach Britannien, der ritterlichen Erziehung des Protagonisten, seiner tugendhaften Liebe zu Sidonia, der siegreichen Bezwingung von Corodus, dem zweiten Sohn des Sultans, von Pontus’ weitreichendem Ruhm, seiner Einsetzung als Statthal- ter des Königs in Britannien bis zu den aus Neid initiierten Ränken Gendulets, um Pontus in Ungnade zu bringen. Die entsprechenden Inhaltsabschnitte wer- den anschließend in den Argumenta, die die folgenden fünf Akte einleiten, in detaillierter Form mit Ergänzungen und gewissen Akzentsetzungen nochmals vorgetragen. Der Epilog (Roll 1576: Nij r–[Niij v]) bietet gewissermaßen eine Quintes- senz der aus dem Stück zu ziehenden Lehren, die im Vergleich zur Widmungs- epistel etwas modifiziert sind, und stellt so eine abschließende, für das Publikum Acta_Neophilologica_2022_FINAL.indd 270 12. 12. 2022 09:29:22 271Georg Rolls Komödie von Pontus und Sidonia im Vergleich verbindliche Deutung des Stücks dar: Die erfolgreiche Abwehr der Bedrohung der Christenheit durch die Türken gründet auf festem Vertrauen auf Gott, der den Menschen in Not beisteht, dies wird, so Roll, an Pontus exemplifiziert. Dem- nach ist Pontus’ Vorbildhaftigkeit hier auf seinen unerschütterlichen Glauben fokussiert, der die Grundlage für seine Errettung und sein gesellschaftliches An- sehen bildet. Sidonia ist ein Exempel für Sittsamkeit und Tugendhaftigkeit, die über allen Reichtum zu stellen sind. Als dritte Beispielfigur fungiert schließlich der König nicht allein um seiner unparteiischen Gerechtigkeit willen, sondern vor allem wegen seiner Liebe zu seinen, ihm von Gott anvertrauten „leut vnde land“ (Roll 1576: Niij r), seiner friedvollen Regierung, seiner nach göttlichem Gebot praktizierenden Rechtsprechung und seiner Anerkennung ritterlicher Tugen- den, wie sie durch die Einsetzung von Pontus in das Amt des Statthalters offen- bar wurde. Im Unterschied zum Prosaroman, wo die allseitige Vorbildhaftigkeit durch Pontus (vgl. von Ertzdorff 1974) allein verkörpert wird und König Agril als schwacher Herrscher erscheint (PS 1548: 5v, 13r, 15r, 17r, 20r, 32r, 35r, 42v, 43r, 49r), repräsentiert er hier eine Idealfigur, damit an ihm exemplifiziert wird, welch große Verantwortung er gegenüber seinen Untertanen hat, die seinem Schutz anvertraut sind. Denn so groß das Glück eines einzelnen auch sein mag, wie Roll (ebd.: Niij r– [Niij v]) in seiner folgenden Hofkritik formuliert, kann es nicht der bösen Zunge des Neiders standhalten: Dauon lernt jr an diesem end/ Das kein glück so gros es werd gwend/ Durch falsche zungen in der zeit/ Vnd dadurch bracht in noth vnd leid/ Wie dann solche gifft vornemlich/ Bein hoffe viel vnd vnzehlich/ Erfaren wird mit sondern Spott/ Vnd manch Ehrliebend man in not/ Vnehr vnd schand wird gedrungen/ Das es ist vmb sein glück gesungen. Am Ende des Epilogs bittet der Autor das Publikum um wohlwollende Be- urteilung seines Stücks, indem es trotz etwaiger Mängel seine Bemühungen würdigen soll. Was die Begleittexte des Prosaromans der Frankfurter Ausgabe von 1548 (vgl. Hahn 2010: 58) anbelangt, die neben dem Titel nur eine Vorrede aufweist, sollen an dieser Stelle lediglich einige markante inhaltliche Unterschiede zu den Para- texten der Komödie erwähnt werden. Das Titelblatt enthält neben der Angabe des Themas und der Autorennen- nung schon den Hinweis auf die Funktion des Werkes. Es dient der Belehrung Acta_Neophilologica_2022_FINAL.indd 271 12. 12. 2022 09:29:22 272 Marija javor Briški und Unterhaltung, was der in der Widmungsepistel des Dramas angeführ- ten Funktion entspricht, allerdings geht es hier um eine Unterweisung in ein dem ritterlichen Kodex konformen Verhalten „bei Fürsten und Herren“ (PS A 1548: [* j r]). Die anschließende Vorrede (PS A 1548: * ij r–[* iv v]) umfasst den Inhalt der Historie, eine Leseinstruktion mit dem Hinweis auf die zu erbringende Inter- pretationsleistung und eine Rechtfertigung der Geschichte durch Hervorhebung ihrer Exempelhaftigkeit, um sie vor dem Vorwurf, sie sei „ein schlecht geschicht/ oder onnütze fabel“ (ebd.: [* iv v]), zu feien. Die oben angekündigte Adelsdi- daxe wird hier abgewandelt zu einer „Leer des eusserlichen lebens/ sitten vnd haußhaltung auch anrichtung gůtter policeien“ (ebd.: * ij r) durch Kenntnis alter Historien, in denen den Rezipienten Bewältigungsstrategien in verschiedenen Lebenslagen und vor allem das allmächtige Eingreifen Gottes in den Lauf der Welt und der menschlichen Existenz in Exempeln anschaulich vermittelt werden. Anschließend werden vier Lehren anhand von Bibelstellen und der Romanin- halte explizit formuliert: 1. Die Bedrohung der Christen durch die Heiden wird erklärt als Strafe Gottes; 2. Gott erlöst die Gläubigen aus der Gewalt der Feinde und rettet sie vor dem Tod „damit er jn dester bekanter vnnd lieber werde/ vnd seine wunderwerck dester grösser in jren augen erscheinen“ (PS A 1548: * iij r); 3. Pontus ist eine Verkörperung Gottes;10 und 4. wenn das Laster des Neids von dem Menschen Besitz ergreift, verdrängt es all seine Tugenden und wird ihm schließlich selbst zum Verhängnis, während Gott den Tugendreichen seinen Schutz angedeihen lässt. HINZUGEFÜGTE EPISODEN UND FIGUREN IN ROLLS DRAMA ALS GEGENBILDER ZU DER VON PONTUS UND SIDONIA VERKÖRPERTEN IDEALITÄT Im Vergleich zum Prosaroman hat Roll sein Drama um Episoden und Figuren erweitert, die auf den ersten Blick befremdlich erscheinen. Was ist der Sinn die- ser Zusätze? Beschränken sie sich tatsächlich nur darauf, „die Ritter- und Lie- besgeschichte zu einer figurenreichen Komödie“ (Bolte 1903: 15) auszubauen? 10 „[…] sihestu in der Histori in dem jüngling Ponto/ wie Gott so herrlich inn jm erscheinet/ daß er fürtrifft alle andern inn hüpsche vnnd schonheyt/ in zucht/ erbarkeyt/ weißheyt/ vernunfft vnd verstand/ auch an mannlichen thatten vnnd ritterlichem gemuͤt/ also daß er herfür zogen/ vnd vom Künig/ seinem hoff/ vnnd dem gantzen land/ geliebt/ hoch vnnd werd gehalten/ vn᷉ für ein son- derlichen gottes freund/ in dem Gott offentlich wircke erkant würt/ vnnd also Gott in jm ersehen/ erkant/ gelobt vnnd gepreißt wirt/ […]“ (PS A 1548: * iij r–[* iij v]). Acta_Neophilologica_2022_FINAL.indd 272 12. 12. 2022 09:29:23 273Georg Rolls Komödie von Pontus und Sidonia im Vergleich Im 2. Akt spricht Sandoletus, ein integrer Ritter, in ironisch-sarkastischem Ton von den vor allem durch Neid initiierten Intrigen am Hof und ihren Folgen für den Betroffenen, der Scheinheiligkeit des Adels und der Titelsucht der Geist- lichen. Thematisiert werden ferner die Bestechlichkeit der Räte und die Amts- führung der Funktionäre, die zu Lasten der einfachen Leute auf das eigene Vor- teil bedacht sind. Claus, ein Narr und Vertreter des Bauernstandes, klagt in einer der Volkskultur eigentümlichen ‚familiären Rede‘11 (Bachtin 1995: 52) über die Ausbeutung und das Unrecht, das ihm von seinem Herrn, einem wahren „Pauer schinder“ (Roll 1576: [Ej v]) widerfahren ist, der ihn nicht nur materiell zugrunde gerichtet, sondern auch dessen Kinder in die Leibeigenschaft gedrängt hat. Er hofft seine Beschwerde dem König vorzubringen, wird jedoch von Susa, einem korrupten Sekretär, der auch das allgemeine Aufbegehren der Bauern fürchtet, daran gehindert: „Weistu nicht ha ha/ wo gelt gebricht/ wird gar selten Recht gericht/ Gelt für allen mir wol gefelt/ So wird das Vrteil recht gestelt/“ (Roll 1576: Ev r) Durch Claus’ Beschuldigungen in seiner Ehre angegriffen, weist ihn der Sekretär in grobianischem Ton schroff12 zurück. Desgleichen ablehnend tritt ihm der Mar- schall gegenüber, der einem Angehörigen des niederen Standes nur mit Ironie be- gegnet und dessen Rechtlosigkeit als unveränderbare Normalität betrachtet (ebd.: Ev r–[Ev v]). Nichtsdestotrotz beharrt der Bauer auf seinem Recht, das er sich von dem König erhofft (ebd.: [Evj r]), mit gutem Grund, denn König Agril präsentiert sich als ein von Gott in sein Amt eingesetzter Monarch, der an seiner statt gegen je- dermann, ungeachtet seines Standes, Recht und Gerechtigkeit obwalten lässt (ebd.: [Evj v–vij r], [Eviij v], [Fvij v]– [Fviij r]), auch wenn ihn seine Berater, die der König eines Besseren belehrt, immer wieder davon abzuhalten versuchen. Am Ende der 2. Szene des 2. Aktes übt Claus, der Narr, in saloppem Jargon Kritik an den korrupten Räten, die um ihres Vorteils willen das Recht verdrehen (ebd.: Fij r–[Fij v]), wo- durch ihr rechtswidriges Verhalten nochmals in den Fokus rückt. Im 3. Akt werden der Exempelhaftigkeit Sidonias und ihrer keuschen Liebe zu Pontus die verwerflichen Praktiken des Adels und die Verdorbenheit der Welt gegenübergestellt, die u. a. in einem eingeschobenen Gespräch zwischen Agrip- pina und Corona, zwei Jungfrauen am Hofe König Agrils, thematisiert werden (ebd.: [G iij v]–[G v r]). Als Antipoden zu den Idealfiguren Pontus und Sidonia 11 Z. B.: „Es wird der König das ist gwis/ Den Junckern einlegen ein gbiß/ Das er das maul wird halten/“ (Roll 1576: Eiij r). 12 „Packe dich Bub durch mein geheis/ Ehe ich dir da die haut volschmeis“ (Roll 1576: Ev r). Acta_Neophilologica_2022_FINAL.indd 273 12. 12. 2022 09:29:23 274 Marija javor Briški agieren in der 4. und 5. Szene des 3. Aktes (ebd.: H iiij r–[H viij r]) Asmodeus, der „Eheteufel“ (Bolte 1903: 15) und Vetula, ein altes Weib, das entgegen sei- ner tradionellen Rolle in der antiken Literatur (vgl. Hömke 2021: 43–50) nicht als Kupplerin, sondern als Zwietracht stiftende Wahrsagerin, die die Liebenden im Auftrag von Asmodeus zu entzweien trachtet, in Erscheinung tritt. Jedoch lässt sich Sidonia, fest an ihre tugendhafte Liebe glaubend, nicht beirren und lässt die böse Alte durch den Narren Jakupki in einer burlesken Szene die Treppe hinabwerfen, schließlich wird Vetula als Personifikation des Bösen in die Hölle geschleppt, wo sie von Satan empfangen wird. Die 2. Szene des 5. Aktes (Roll 1576: [Lij v–Lvj v]) bietet einen Einblick in das wüste Leben und Treiben gesellschaftlicher Randgruppen. Zwei umherziehende Landsknechte, Harbastus und Piandrus, Holler, ein Trossbub, und Gerda, eine Dirne, melden sich zu Wort. Ihre in ironisch-derber Sprache13 gehaltenen Dia- loge weisen auf ihr erbärmliches Dasein, das beherrscht wird vom egoistischen Kampf um das eigene, vor allem materielle14 Wohl. Die käufliche Liebe steht in krassem Kontrast zu der tiefen, auf ethischen Werten basierenden Verbundenheit zwischen Pontus und Sidonia. VON DER RUTE GOTTES ZUM BLUTDÜRSTIGEN WÜTERICH: ZUM HEIDEN- UND TÜRKENBILD IM PROSAROMAN UND IN ROLLS DRAMA Im Zuge der osmanischen Expansion in Europa (Matschke 2004) – vor allem nach der Eroberung Konstantinopels im Jahr 1453 – setzte in der Literatur ein „Diskurs der Türkengefahr“ ein, der die Bedrohung durch die Osmanen ins Be- wusstsein einer breiteren Öffentlichkeit rückte (Thumser 1997: 66, Höfert 2003: 51–87, 314f.). Der Prosaroman, der Mitte des 15. Jahrhunderts aus dem Fran- zösischen ins Deutsche übertragen wurde, könnte aufgrund des dargestellten Konfliktes zwischen Christen und Muslimen ein Reflex auf die aktuellen politi- schen und militärischen Auseinandersetzungen sein, wenn die Heidenthematik nicht schon auf die um 1180 verfasste Chanson de geste zurückginge, in der ver- mutlich zur Eroberung Spaniens durch die Mauren15 Bezug genommen wurde 13 Z. B.: „Wieuilmahl bin ich vom hauffen/ Als ein ehrlich Kriegsman entlauffen/ Dauon gar nichts mehr getragen/ Denn flöh vnd leus vmb den kragen/ Die tetten mich redlich gleitten/ Mit jnen allein must ich streitten/ Schlug jr gar offt zwey schock zu todt/ Ja meint jr diß sey keine noth/ In Kriegsleufften ausgestanden/ Vnd durchstrichen alle landen“ (Roll 1576: [Liij v]). 14 „So mangelt mir gar nichts denn gelt“ (ebd.: Liiij r). 15 Vgl. „Darnach kamen sie in Hispania zu dem kriege der Heyden vnnd der vnglaͤubigen […]“ (PS 1548: [61v]). Acta_Neophilologica_2022_FINAL.indd 274 12. 12. 2022 09:29:23 275Georg Rolls Komödie von Pontus und Sidonia im Vergleich (Hahn 1990: 209). So gründet entsprechend der mittelalterlichen Tradition die Darstellung der Muslime im Prosaroman auch auf der „Dichotomie von Hei- den16–Christen“ (Höfert 2003: 56) – nur an zwei Stellen ist von „Türcken“ (PS 1548: [41v], [53v]) die Rede –, während im Drama das zeitgemäße „Gegen- satzpaar Türken–Christen“ (Höfert 2003: 56) dominiert.17 ‚Christen‘ einerseits und ‚Heiden‘/‚Türcken‘ andererseits bilden, um Reinhart Kosellecks Termini zu gebrauchen, „asymmetrische Gegenbegriffe“, wonach die eigene Position durch Negation der Gegenposition definiert wird, so dass dem Anderen die Gleichrangigkeit abgesprochen wird (Dipper 2016: 36, Bole Maia 2019: 136f.). Wie sich die Darstellung der feindlichen Fremden auf der Ebene der Hand- lungsmotivation, der Religion, ihrer Bezeichnungen, ihres Verhaltens und Ausse- hens in beiden Werken manifestiert, soll im Folgenden skizziert werden. Im Prosaroman (PS 1548: [* ij v], 5r, [40v], [55r]) wird der Einfall der Heiden in christliche Territorien einem gängigen Topos (vgl. Thumser 1997: 63, Acker- mann/Nöcker 2009: 446) gemäß als Gottesstrafe für die begangenen Sünden gedeutet, mit dem Ziel, die Christen noch frommer und gottesfürchtiger zu ma- chen, indem sie Gottes Gerechtigkeit und sein wunderbares Eingreifen erkennen: Das sihestu hie inn diser Histori/ mit dem Soldan dem Heyden/ wie er wi- der18 sein fürnemen/ durch ungewitter in Galiciam das Künigreich geworffen wirt/ das landt einnimpt/ vil vn᷉ groß blůt vergeußt/den Künig Tiburt mit vil volcks/ vnnd den seinen erwürgt/ jedermann durch wu ͤten vnnd dra ͤwen/ zů seinem glauben zubringen befleißt/ dem Gott zůsicht/ allen můtwil ver- hengt/ vnnd nach seinem fürnemen alle ding laßt glücken/ braucht zů einer rhůten seiner bestimpten zeit über das land vnnd volck/ biß zuletzst/ so wirt die rhůt zerbrochen/ vnd jm mit gleicher maß gemessen/ wie er gemessen hat. (PS 1548: [* ij v]) Durch die Instrumentalisierung der Heiden als Rute Gottes erscheint die Ver- antwortung der Aggressoren für ihre Gewalttaten und so auch deren Schuldhaf- tigkeit in gewisser Hinsicht gemindert, ihr Vorgehen ist dargestellt als göttliche Fügung,19 die sie ihrer Entscheidungsfreiheit beraubt. 16 Zu Etymologie und Gebrauch von ‚Heide‘ siehe Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, digitalisierte Fassung im Wörterbuchnetz des Trier Center for Digital Human- ities, Version 01/21. https://www.woerterbuchnetz.de/DWB [Zugriff 12.03.2022]. 17 Das Verhältnis von ‚Heide‘ (Roll 1576: Kij r, [Kij v], [Kijj v] (zweimal), Kiiij r, Kv r, [Kvj r]) / ‚heidnisch‘ (ebd.: [Avij r], Biij r, [ Jij v], [Kj v], [Kiij v]) im Vergleich zu ‚Türcke‘ / ‚türckisch‘ (ebd.: Av r, B[j r], Ev r, G[j r], Jij r, [ Jij v], Jiij r, Jv r, Nj r, Nij r). 18 Hervorhebung durch die Verfasserin. 19 „[…] dises volck ist durch Gottes willen kommen zu fechten/ vnnd durch das geschick Jesu Chris- ti“ (PS 1548: 52r). Acta_Neophilologica_2022_FINAL.indd 275 12. 12. 2022 09:29:23 276 Marija javor Briški Im Vordergrund der muslimisch-christlichen Auseinandersetzungen steht we- niger das Streben der Eindringlinge nach dem Gewinn neuer Territorien als der Glaubenskampf,20 dessen von Gott gewollter siegreicher Ausgang (ebd.: 54r) für die Christen als Beweisführung für die ‚wahre‘ Religion dienen soll, so dass auch die Gegenpartei von der Richtigkeit des Christentums überzeugt wird. Nachdem Soldan von dem Tod seiner drei Söhne erfahren hat, da warde er gantz vnmůtig/ vnnd betru ͤ bt/ vnd ergrimmet über seinen Gott den Machmet/ vnnd sprach offentlich für jedermann/ als in eyner vnsinnigkeit/ Daß der gecreutziget Gott seinen Machmet überwunden hette/ vnd sehe nun wol daß der Christen Gott ma ͤ chtiger were dann jr Gott Machmet/ seittemal er seinen suͤnen vnnd volck/ nit helffen hette künden/ […]. (PS 1548: [54v]) Wie der Islam im Sinne der dogmatischen Deutung als Irrlehre (vgl. Klein 2004: 26) oder als Verkehrung des Christentums entworfen wird (vgl. Deeg 1992: 175), indem beispielsweise Jesus als „des waren Gottes son/ Machomet aber [als] des Teufels son“ (ebd.: 10r) bezeichnet wird, so findet man für dessen Anhänger auch Benennungen, die negative Gegenbilder der Christen repräsentieren, wie „feind des Christlichen Glaubens“ (ebd.: [* iij v]), „feind vnd widerwertige[…] vnsers glaubens“ (ebd.: [13v]), „onchristlich volck“ (ebd.: 6r), „vnglaubige[…]“ (ebd.: 12r, [12v], 16r, 42r, 44r, [51v], [54v], 59r, [61v]) und „vnglaubig volck“ (ebd.: 12r). Vielfach werden sie lediglich als ‚Feinde‘ (ebd.: 1r, 12r, [13v], 14r, [14v], 15r, [15v], 16r) apostrophiert und nur einmal als „wuͤtrich“ (ebd.: [* iij v]), aber nicht in dem auf die Handschrift A zurückgehenden Text, sondern entsprechend dem vorherr- schenden Türkendiskurs des 16. Jahrhunderts (vgl. Ackermann/Nöcker 2009: 439, 443f., 452) in der sekundär hinzugefügten Vorrede. Allerdings werden die ‚Heiden‘ nicht nur durch plakative Etikettierungen charakterisiert, ihre Eigenschaften werden darüber hinaus durch ihr Verhalten nuanciert vermittelt. Als Beispiel angeführt sei das Agieren von Produs bei der Einnahme der „stat Colognen“ (ebd.: 1r-[2v]), das ihn als (hinter)listigen und er- barmungslosen Herrscher darstellt. Er zeigt aber auch Dialogbereitschaft, indem er Pontus’ Vater vor die Wahl stellt, „eins harten todts“ (ebd.: [2v]) zu sterben oder zu konvertieren, und entpuppt sich später als manipulierbarer – oder positiv aus- gedrückt – als besonnener und einsichtiger Machthaber, der dem Rat von Patrises, einem zum Schein zum Islam konvertierten Ritter, folgt (ebd.: [3v], 4r). Auch legt er geradezu höfliches Verhalten an den Tag (ebd.: 3r) und zeigt sogar Emotionen, 20 Immer wieder kommt die Zwangskonversion der unterjochten Christen zur Sprache, der sie sich ent- weder durch erfolgreichen Kampf oder durch höhere Abgaben an die neuen Machthaber entziehen können (PS 1548: [* ij v], 1r, [1v], [2v], 4r, [4v], 5r, [9v], 10r, [10v], [12v], 14r, 16r, 40r, [40v], 45r). Acta_Neophilologica_2022_FINAL.indd 276 12. 12. 2022 09:29:23 277Georg Rolls Komödie von Pontus und Sidonia im Vergleich wie Liebe (ebd.: 3r), Angst, Traurigkeit (ebd.: [3v], 4r) und Freude (ebd.: 5r), die ihn sogar menschlich erscheinen lassen. Aufgrund der positiven Züge weisen die Beschreibungen der äußeren Erscheinung mancher ‚Heiden‘ (ebd.: [41v]) und die Erwähnung ihrer ritterlichen Fähigkeiten (ebd.: [14v]–15r) stellenweise Pa- rallelen zu den Darstellungen in Wolframs von Eschenbach (1989: z. B. 26,9, 86,3) Willehalm auf. Dennoch überwiegt generell eine Negativdarstellung der fremden Eindringlinge, die, solange ihnen der Kampferfolg gesichert erscheint, der sündigen Superbia verfallen sind (ebd.: [40v]), aber bei Überwindung durch die Christen von negativen Emotionen wie Erschrecken, Unmut und Verzagtheit übermannt werden, so dass sie in der Beschreibung ihrer Flucht degradierend mit Hasen und wilden Tieren verglichen werden (ebd.: [41v]). Im Unterschied zu dem im Prosaroman vorherrschenden dogmatischen In- terpretationsmodell der Muslime und des Islam dominiert in Rolls Drama das apokalyptische Deutungsmuster, das angesichts der Ausdehnung des Osmani- schen Reiches im späten Mittelalter und in der ersten Hälfte des 16. Jahrhundert das Türkenbild maßgeblich bestimmte (Klein 2004). Das Ziel der Türken, wie es in der Comoedia klar formuliert wird, ist – einhergehend mit der Ausdehnung des Osmanischen Herrschaftsraumes (ebd.: [Aviij r], Bij r, [Biij v], Bvj r u. pas- sim) – die Ausrottung der Christen und ihres Glaubens (Roll 1576: Av r –Avj r, B r–[Bij v], [Bvi r], Jij r u. passim). Bei der Beschreibung der Feinde bedient sich Roll der im 16. Jahrhundert gängigen negativen Türken-Topoi (vgl. Ackermann/ Nöcker 2009: 439, 443f., 452), die sie als blutdürstige, erbarmungslose Bestien, Kindermörder und Frauenschänder präsentieren.21 Im Gegensatz zu dem eher differenzierten ‚Heiden‘-Bild im Pontusroman wird der Türkendiskurs in Rolls Drama von einem negativen Grundton beherrscht, was u. a. auch in der verächtli- chen Bezeichnung „Bluthund“ (Roll 1576: [Ciiij v], [Cvj v], [Gj r]) zu Tage tritt. Ihr brutales Vorgehen gegen die Christen, die sich ihnen widersetzen, erscheint aus ihrer Perspektive gerechtfertigt als Strafe für deren Sündhaftigkeit (ebd.: [Bij v]–Bii[i]j r). So ist das Zuchtruten-Motiv auch in diesem Text präsent, aber eher losgelöst von dem Motiv der Strafe Gottes, denn die Türken agieren hier primär im Einklang mit ihrer Expansionspolitik aus eigener Initiative (ebd.: [Av v], Bij r, [Bij v], Biij r–[Biij v]). 21 Z. B.: „All aber so darwider sein/ Verdammen wir mit grosser pein/ Vertilgen sie alle samen Als jren Christlichen namen/ Sein wir ein Geschworner Erbfeind Von vnserm Anfang biß ans end. Die gfangen Menner/ Weib vnd Kind/ Edel vnd vnedel wie die sind. Erwürgen wir schrecklicher pein/ Oder verkauffen sie in gmein. In hart vnd schwere dienstbarkeit/ Mit grossem wehklagen vnd leid/ Der Schwanger Frawen seit bericht/ Auch der Frucht im Leib schon wir nicht. Sondern schneid sie auff biß an rücken/ Reissen sie vor den augn zu stücken. Die Jungfrawen nach vnserm willn/ Schenden wir offentlich zur stelln. Die jungen Kinder ja viel mehr/ Spiessen wir auff die Zeun daher.“ (Roll 1576: B–[Bj v]; siehe auch [Av v], Avj r, Aviij r u. passim). Acta_Neophilologica_2022_FINAL.indd 277 12. 12. 2022 09:29:24 278 Marija javor Briški FAZIT Der Vergleich von Rolls Komödie und der Druckfassung des Prosaromans von 1548 wurde aus drei Perspektiven durchgeführt: im Bereich der Paratexte, auf inhaltlicher Ebene und im Zusammenhang des Türkenbildes. Beide Werke sind mit verschiedenen Paratexten ausgestattet, die in ihren Funktionen und inhaltli- chen Schwerpunktsetzungen zum Teil differieren. Rolls Drama begleiten neben dem Titel, der neben den Protagonisten Pontus und Sidonia die Türkenprob- lematik und einen idealen König als Vorbildfigur hervorhebt, im Wesentlichen ein auktoriales Originalvorwort, eine Widmungsepistel, ein Pro- und ein Epilog. Im Vorwort versucht der Autor etwaiger Kritik vorzubeugen, um die Rezepti- on seines Werkes zu favorisieren und rekurriert durch eine ironisch-satirische Äußerung auf soziale Probleme seiner Zeit. In der Widmungsepistel, die an die Ratsherren und Schöffen von Danzig als Vertreter der Justiz gerichtet ist, formu- liert Roll die Intention des Dramas als Tugend- und Zeitspiegel für die Jugend, das aktuelle Probleme konstatiert und deren Lösung vor Augen führt, besondere Bedeutung kommt hierbei einer intakten Rechtsprechung zu. Während der Pro- log hauptsächlich einen Überblick über den Inhalt der Komödie bietet, enthält der Epilog im Vergleich zur Widmungsepistel modifizierte Lehren, die durch die Protagonisten praktiziert werden: Gottvertrauen durch Pontus, Sittsamkeit und Tugendhaftigkeit durch Sidonia und vorbildhaftes Verhalten als Herrscher durch König Agril, der sich durch Gerechtigkeit, Liebe gegenüber seinen Untertanen, vorbildhafte Rechtsprechung und Würdigung ritterlicher Tugenden auszeichnet. Die in den Paratexten vom Autor angeführten Themenschwerpunkte setzen wichtige Akzente bei der Bearbeitung des Pontusromans und stellen einen Be- zug zum soziohistorischen Kontext her, in dem Roll die Komödie verfasst hat, insbesondere zur verwerflichen Rechtspraxis und der immer noch aktuellen Türkenproblematik. Das Titelblatt des Prosaromans vermittelt dagegen u. a. die Intention des Wer- kes: neben der Unterhaltung die ritterliche Tugendlehre, die in der Vorrede, wel- che eine Leseanleitung und eine Rechtfertigung der Geschichte vermittelt, zu einer allgemeinen Lebenslehre umgestaltet wird. In den von Roll hinzugefügten Episoden werden sozialkritische Themen, wie nicht integres Verhalten von Räten und Funktionären und Ausbeutung der Un- tertanen durch den Adel angesprochen, was die Aufführungserlaubnis der Ko- mödie sicherlich nicht favorisierte, weil der Bezug zu den damaligen prekären gesellschaftlichen Zuständen zu offensichtlich war. Etliche Figuren dieser ein- geschobenen Szenen, zum Teil Angehörige gesellschaftlicher Randgruppen, sind negative Gegenbilder von Pontus und Sidonia, wodurch deren Idealität noch zu- sätzlich hervorgehoben wird. Acta_Neophilologica_2022_FINAL.indd 278 12. 12. 2022 09:29:24 279Georg Rolls Komödie von Pontus und Sidonia im Vergleich Das Bild der Muslime, das auf der Ebene der Handlungsmotivation, der Re- ligion, ihrer Bezeichnungen, ihres Verhaltens und Aussehens untersucht wurde, hat im Vergleich zum Prosaroman einen deutlichen Wandel erfahren. Während im Prosaroman die Darstellung des Islam als Irrlehre und der Muslime als Ne- gativfolie der Christen und als Rute Gottes dem dogmatischen Deutungsmuster entspricht, dominiert in der Komödie unter dem Einfluss der Osmanischen Ex- pansion im späten Mittelalter und im 16. Jahrhundert das apokalyptische In- terpretationsmodell, wonach die Türken im Gegensatz zu dem differenzierten Heidenbild des Prosaromans als blutrünstige Vernichter der Christen erscheinen, deren Ausrottung aus ihrer Perspektive wegen der Sündhaftigkeit der Christen als gerechtfertigt erscheint. Sie agieren aber weniger als Werkzeug Gottes denn aus eigenem Antrieb im Rahmen ihrer Herrschaftserweiterung. LITERATURVERZEICHNIS Primärliteratur Eleonore von Österreich (1548): Von Adelischen Mannlichen Tugenten, Erbarkeyt, unnd Zucht, Ritter Pontus: Ein Rhumreich, Zierlich, unnd Fruchtbare Histori, Von dem Edlen, Ehrnreichen, unnd mannhafftigen Ritter Ponto, des Königs Son auß Gallicia, Auch von der schönen Sidonia, Königin auß Britannia, vil gutter nutzlicher Leeren und underweisungen, bei Fürsten und Herren sich rittermes- sig, frommlich und höflich zuhalten. Durch die Hochgeborne fraw Leonora, Ku- engin auß Schottenland, Ertzhertzogin zu Osterreich, auß Frantzösischer zungen ins Teutsch bracht, Kurzweilig zulesen. Frankfurt am Main: Christian Egenolff. https://download.digitale-sammlungen.de/pdf/16430375958888bsb00069404. pdf [Zugriff: 1.12.2021]. Hahn, Reinhard (Hg.) 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Acta_Neophilologica_2022_FINAL.indd 282 12. 12. 2022 09:29:25 283Georg Rolls Komödie von Pontus und Sidonia im Vergleich Zeitler-Abresch, Gabriele (2002): Esel. In: Robert-Henri Bautier u. a. (Hgg.): Lexikon des Mittelalters. Bd. IV: Erzkanzler bis Hiddensee. München: Deut- scher Taschenbuch Verlag, Sp. 13. Internetquellen Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, digitalisierte Fassung im Wörterbuchnetz des Trier Center for Digital Humanities, Version 01/21. https://www.woerterbuchnetz.de/DWB [Zugriff 12.03.2022]. Dipper, Christof (2016): Reinhart Kosellecks Konzept „Semantischer Kämpfe“. In: Forum interdisziplinäre Begriffsgeschichte. 2/5, 32–41. https://www.zfl-ber- lin.org/files/zfl/downloads/publikationen/forum_begriffsgeschichte/ZfL_ FIB_5_2016_2_Dipper.pdf [Zugriff: 09.03.2022] Holstein, H. (1889), Roll, Georg. In: Allgemeine Deutsche Biographie. Bd. 29: v. Rodde – v. 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Marija Javor Briški Universität Ljubljana marija.javorbriski@ff.uni-lj.si Komedija o Pontusu in Sidoniji Georga Rolla v primerjavi z romanom v prozi Eleonore Avstrijske Prispevek se fokusira na primerjavo drame Comoedia Von Ritterliche[n] Adlichen, Manli- chen Tugenden vnd Thaten, sonderlicher Tugentreicher Ehren, Erbarkeit vn[d] zucht des tewren Ritters Ponti, Königs Tiburtij Sohn aus Gallicien (1576) Georga Rolla in romana v prozi Pontus und Sidonia Eleonore Avstrijske v izdaji iz leta 1548. Avtorica je analizo izvedla na Acta_Neophilologica_2022_FINAL.indd 283 12. 12. 2022 09:29:25 284 Marija javor Briški treh ravneh: v sklopu paratekstov, na vsebinski ravni in v kontekstu podobe Turkov. Te- matska težišča, formulirana v paratekstih drame, pomembno vplivajo na priredbo romana o Pontusu in se sklicujejo na družbeno-zgodovinski kontekst. Vsebinske dopolnitve kot nasprotja idealnosti, ki jo utelešata Pontus in Sidonia, vsebujejo družbenokritične teme, ki so otežile pridobivanje dovoljenja za uprizoritev komedije. V nasprotju z niansirano po- dobo poganov v romanu, ki ustreza dogmatičnemu interpretacijskemu modelu, je podoba Turkov v drami pod vplivom osmanske grožnje koncipirana po apokaliptičnem razlagal- nem modelu. Ključne besede: Georg Roll, Eleonora Avstrijska/Škotska (ok. 1433–1480), Pontus und Sidonia, roman v prozi, Comoedia Von Ritterliche[n] Adlichen, Manlichen Tugenden vnd Tha- ten, sonderlicher Tugentreicher Ehren, Erbarkeit vn[d] zucht des tewren Ritters Ponti, Königs Tiburtij Sohn aus Gallicien, komedija, intertekstualnost, paratekst, podoba poganov, podo- ba Turkov Acta_Neophilologica_2022_FINAL.indd 284 12. 12. 2022 09:29:25