AUS OBERKRAIN EINE SAGE ALFRED v ZETT. L Al BACH IG. V. KLEINMAYR & FED. BAMBERG .liiiiiFMiijiiFGiijiiiiGiijnRMiiiiiiBiiijiiiBiiijiinr.ijiiiRM^iimJiiiiirMiipiniiiijiiKMnjnJiMiijii^uiiiiiiBiiiiniinHjnnnMjii^iijiiUiiiijiiir^iiiinniii.i^Mijiiiir.iiiiiiiMiiiiiMiiiiiii^iiiiiMr, — '^-'3 SCHON-ANKA. Eine Sage ans Oberkrain Laibach. Uruck und Verlag von Ig. v. Kleinmnyr & Fed. Bamberg. 1883 . A11 e R e c h t e v o r b e h a 11 e n. 00 $ 06 % Gevndmet meiner herzinnig geliebten Braut Th erese. .... erchvarts lastet jedes ird’sche Ding, Der Geist nur und die Flamme strebt nach oben! Ahasver IV., Robert Hamerling. 3>)H( jICcTT^r IKOI(()rTCT~ n^T^ri^^ri^T*TT* T T t Vt W tttttVtt ttt 11 !'t I )ie Sage geht von einem Berg — Er liegt in Oberkrain: Einst soli in dessen Sclioss ein Schatz Vergraben worden sein: Ein Schatz, so eigen wundersam, Wie es die Sage ist, Die da von einem Weibe spridit, Das seine HtiPrin ist. Erst glaubt’ ich an die Sage nicht, Dem Schatz ich nicht vertraut’; Die Htiterin — mag sein ein Bild, Das Phantasie erbaut. Nun, da ich weiss, Du weilest dort, Wo jener Schatz soli sein, Glaub’ ich an ihn und glaube auch Der vSage von Podwein. Dich griiss’ ich, du rnein Oberkrain, Du herrlich schones Land; Ich griiss’ dich, du in Oestreichs Kron Ein schimmernder Demant ! Du bergumlcrontes Paradies, Du blum’durchwirkte Scholl’, Du schone Alpenzauberwelt, Ich griiss’ dich liebevoll! Ich griiss’ dich von der blauen See, Von Adrias Uferrand; Mein Gruss steigt von dem Meere auf, Ersteigt die Felsenwand, Die mich von deinen Gauen trennt, Von deinen Matten griin, Von deinen \valdbekranzten Iioh’n, Wo Alpenrosen bliih’n u ; — -<$> 8 <$ Wo Triglavs dreigezackte Iloh’ Eisbartig ragt empor, Wo von dem Himmel sich ein Stiick Im Veldessee verlor; Wo Berg und Thal voli Farb und Duft Gleicht jenem Blumenstrauss, Der bei der Schopfung Gott dem Herrn Fiel aus der Hand heraus; Wo nocb die Sage lebt und schlingt Ihr zauberhaftes Band Um Felsen und um Burgruin’, Um Leute und um Land! Dir, du mein einzig Oberkrain, Und jener Zauberin, Die rnich zu diesem Sang gestimmt, Send ich die Grasse hin! Triest im Oktober 1882. Die Sonne war geschieden schon, Ihr letzter golcVner Strahi Klisst nocli einmal das Erdenrund, Kiisst Bergeskamm und Thal. Noch glitzert es auf Triglavs Hoh’ Wie edel Rubinstein, Es ubergiesst die dreifach’ Kron’ Ein dunkler Purpurschein. Noch lacht der Himmel aus dem See Von Veldes blau heraus, In dem auf griiner Insel steht Das weisse Gotteshaus. Bald hiillen blaue Schatten ein Der JuPschen Alpen Hoh’n, Und auf der Karawanken Kamra Die lichten Nebel stehru IO Bald deckt die Gegend Dunkelheit, Der Blitz zuckt und es kracht Der Donner; schnell senkt sich herab Die finst’re Bergesnacht. * * * Es brauset der Sturmrvind iiber den \Vald, Es jagt die Windsbraut einher; Die Tannen und Fichten, sie beugen sich, Sie stohnen und achzen schwer. Es stiirzet vom nachtlichen Himmel herab In Stromen der Regenfall; Es schwellen die Bache, sie brechen sich Bahn Und stiirmen hinab ins Thal. Die Nacht ist so dunhel, und schauerlich Wiithet und rast der Orkan; Es spuket im dichten Tannengeheg’ Gespenstisch der Heinzelmann. Es leuchtet wie Irrlicht im dunklen \Vald, Es blitzet wie Feuerschein; Es schreitet riistig auf einsamem Pfad Ein furchtloser Mann allein. An den Waldesrand, in Tannengriin gebettet, Lehnet sich Schloss Podweins ehnviirdig Gemauer. Machtig ragen sie, die altersgrau und festen Schlossesmauern, die Jahrhunderten getrotzt. Und sie widerstehen auch nocli heut’ dem Sturme, Der vergeblich riittelt am massiven Baue. Nur der Wetterhahn am Soller knarret kreischend, Und die Regentropfen, niederschiessend, prasseln Polternd auf das Eichenbohlendacli. Undurchdringbar deckt die Nacht den weiten Schlossliof, D’rin die Hunde heulen und an Ketten zerren, Dass es jeglich Menschenherz erbarmen muss. Doch im Schlosse selbst, dort ist’s gar warm und heiter; Denn wenn es im Freien draussen stiirmt und regnet, Riicken gern die Menschen enge aneinander. In dem Erdgeschoss, die Finsterstube ist es, Wo allabendlich des Schlosses Ingesinde Durch den langen Winter, bis des Kuckucks Rufen Wieder auf das Feld zur Arbeit locket, Sich zu traulichem Geplauder sammelt. •- 12 <š>— Hier erwarten sie die heissersehnte Vesper, Denn vom Felde heimgekehrt, von schwerer Arbeit, Bringet mit ein jeder im Gefolg’ den Hunger. Doch noch weit ist’s, bis des Schlosses alte Kochin, Die geschaft’ge Mica, bringt herein die Schiissel, Und so kiirzen sich die Miinner denn die Weile: Sprecben iiber ihre schlichten Fahigkeiten, Messen ihre Leistungen. Ein jeder findet Anerkennung von den andern, mancher auch noch Guten Rath, den willig er entgegen nimmt. Doch dabei die jiing’ren Burschen ihre Kopfe Nicht so enge aneinander stecken, dass sie Mit dem Auge — das bald hieher blitzt zum Sprecher, Bald dorthin lugt — es nicht siihen, wann ein Madchen In die Stube tritt. Und so merken auch die feinen Ohren allsogleicli, wenn draussen jemand Auf die Schwelle steigt, die Thiirklink’ anzufassen. Kommt dann in die Stube ein’s der iippig schonen, Jungen Magdlein, geht das Kichern und das Scherzen Los und auch das Neclcen, Kneifen, denn der Bursche Liebt sein Magdlein nicht allein nur mit dem Auge. Und so fasst er sie denn bei der Wange oder Bei dem Arme, — wo gerad’ die Hand hintrifft. Nun kommt aber Mica - - weit vor sich die Schiissel Tragt sie mit dem Nachtmahl — und mit ihr zieht Stille Ein in diesen heiter lauten Menschenknauel. Tiefes Schvveigen herrscht, denn vor dem ersten Bissen Betet man zu Gott, und ist das dann geschehen, Wird derTisch, auf dem die machtig weite Schiissel Breit sich macht, umkreist und diese mit den Loffeln Von den hungerigen Gasten streng belagert. —<£* 13 <$>— Wenn nun dieses auch. vorbei, geleert die Schussel Und der Tisch geraumt, das letzte Kreuzeszeichen Von dem Grossknecht ward gemaclit, die Magde alle Sicli gesetzt zum Rocken, suchen auch die Manner Jeder seine Arbeit sich: So fiicht der eine Korbe und der andre bindet Weidenbesen Und der dritte, vierte — wie viel grad’ es seien — Maclien Stiele fiir die Hammer, flir die Spalen Und fiir Schaufeln; schnitzen Sensenstock’ und GrifTe, Unterdes das kleine Volk der Hirtenknaben Ilulsenfriichte saubert. Alles ist in frolier Laune, denn die Glieder sind envarmt, der Magen Ist befriedigt, und das sind beim Bauer Dinge, Die sein erstes, hochstes Wiinschen in sich bergen. Nun da lost sich auch die Zunge, die Geschichten Kreisen und ein jeder spricht so gut, wie er es kann. Gestern war es, so erzahlt der eine, D as s m ein Vater auf dem Abendheimweg In dem IVald cin brciusend Tosett horte. Wie des Sturmes Rasen in den Liiften war es, Baumc kr a c hten, und doch spiirt’ er kehien Luftzug, Und dann mar' s, als ob er Hunde bellen, Wieder jetzt , als ob er IVimmern horte. Kbnnt euch denken, ivelcher Schreck! Der Spuk kam ndher, Kaum hatV er no c h Z eit, die Worte: 19 Es ruhen die Spindeln, Es horet die Magd Nicht zu mehr dem Liebsten, Was fliisternd er sagt. Es lauschet im Kreise Mit Spannung ein jeder D en Worten des b raven Geschichten-Erzalilers. Und \venn dann die Sage, Die schauerlich. sclione, Verklungen und plotzlich Verstummen die Tone — Dann horchet ein jeder Der Stille, der bangen, In die nur die Stimmen Des Sturnvvvindes drangen. Und manchem der Horer Es banget und graut, Und manchem lauft liber Die Gansehaut. Es surret das Spinnrad, Es kreiset der Eaden; — Es pochet der Regen Mit Wuclit an den Laden. Schdn-Anka errothet, Sieht vor sich und sinnet; Es zuckt ihre Wimper, Die Iland, welche spinnet. 20 Was sinnst du, Schon-Anka? Was farbt dir die Wang’? Sieh auf die Spindel, D er Faden wird lang! Es surret das Spinnrad, Es kreiset der Faden; — Pocht nicht ein Fremder Mit Wucht an den Laden? * * * Sclion-Ankas Rosenfinger spinnt, Schon-Anka iiber Stolzes sinnt. Sie traumt von Zukunftsherrlichkeit, Von Hochzeitslust und Festeszeit. Sie traumt von einem reichen Mann, Denn solcher nur sie freien kann. Was kiimmert Lieb’ ihr kaltes Iierz? Sie sehnt sich nur nach golden Erz. Ein Gauherr machtig muss es sein, Der sie mit Glanz und Prunk wird frei’n, Viel Schmuck ihr schenket und Zierat, So viel, wie eine Fiirstin hat. * 21 <£ Schon-Ankas Rosenfinger spinnt, Schon-Anka auf ein Marchen sinnt, Das von dem Schatz zu Podwein spricht, Bewacht von einem bosen Wicht. Wer ilir den Schatz wohl heben kunnt, Der solit’ ihr s.ein zur selben Stund’ Der Liebste in dem ganzen Land, Dem bot’ sie gern die schone Iland. Doch horch! es pocht von aussen an! Wer ist der fremde Wandersmann? Nach Ankas Sinnen mtisst’ es sein Der Mann, der sie nun kommt zu frei’n. H dreti rnachet auf, ihr Letite! Machet auf detli Freigesell! Stunmuind Jieulet, und durchnasset Hat der Regen mir da s Reli! Eine tiefe Stimme spricht dies, Eine Stimm’ voli Klang und Kraft, Die selbst iiber Sturmesheulen Dringt und sich Gehor verschafft. Doch dem Mann wahrt es zu lange, Bis die aufgeregte Schar Sich besinnt; er fasst den Laden, Der nur angelehnet war. Keck, der Jugend angemessen, Blickt herein der fremde Wicht — Es bescheint ein schones Antlitz Aus der Stub’ das Flackerlicht. —s> 2 3 <Š>- Auf.dem mannlich schonen Kopfe Thronet frei die edle Štirn, Und vom Blick der hellen Augen Leicht erbebet jede Dirn\ Machet auf! Hort, wie ste heulen, Sturm und Hundel Oeffnet mir! R e is st der Kdthcr gar die Kette, Drossle ich euch todt das Thier. Klihnheit zuckt in jeder Muskel. — Dieser Mann kein Diener scheint, Denkt fur sich so mancher Bursche, Gar ein Prinz, so manche meint. Audi Schon-Anka beim Erscheinen Dieses Mannes wurde bleidi, Doch gar schnell fasst sich die Schone, Denn ihr Stolz ist dieseni gleich. Sag, was fiihrt dich her in solcher Nacht? Sprich, Fremdling , zver bist dul Rufet, sich erhebend, Anka Stolz dem Manne draussen zu. Und erzdhle uns von wo du Her und wo du hin nun ziehst ? Der du Anka, dieses Schlosses Hcrrin, Fremdling, in mir siehst! -O 24 <Š>- Dank dir fiir die guie Auskunft. Komm’ aus fernen Landen her ; IVanderlust aus freien Stilekcn Treibt mich iiber Land und Meer. Bin ein Sdnger, heisse Ludolf \ Und ich sing’ a tis freier Lust, Trag* mein Lic d im freien Herzen, Trag' e s in der freien Brus tl Doch nun zog’re nicht und offne Freundlich mir dein gastlich Ha us, Sc/idne Herrin! Will dir danken, Wenn ich wieder zieh’ hinaus. * * * Gott zum Gruss! Ihr frommen, guten Lente Sagt der Fremdling, in die Stube tretend, Wirft den nassen Mantel von den Schultern Und ein Hune steht er da! Unterm Wams aus rauhem, braunem Loden Wolbt sich riesenhaft des Recken Brust. Seine Knie, von den kurzen Hosen Und den buntgestrickten Wadenstriimpfen Freigelassen, lugen wie aus hartem Marmelstein gemeisselt aus dem Schlitze. Um die breiten Lenden schlingt der Giirtel Sich, darin ein reichverzierter Ilirschfang, Dieses Kiihnen einz’ge Waffe, steekt. <3> 25 o- Alle Spindeln ruhen, und es blicket Mancher Burscbe, der zur Seite seiner Dirne sitzet, scheelen Auges auf den Prachtig schonen Mann, dem nun alleine A] le Weiberblicke gelten. Doch der Fremdling sclieinet dieser nicht zu achten, Denn sein Blick traf Anka, und verwundert Ruhet dieser eine Weile auf der Herrin, Die wie fordernd ihn und kiihn betrachtet. Neben Anka sitzt ein blasses Madchen, Nicht wie diese, doch in ihrer Weise schon. Wie der Abendstern beim Monde, wie die Lilie bei der Rose steht, so ist das Zarte Kind Elsbethe neben Ankas Stolzer Schonheit reine Lieblichkeit. Ja, wie sie so demuthsvoll bescheiden Ilire dunkle, lange Wimper senket, — Und wie sie nun ihre schwarzen Haare Von den schwanenweissen Schlafen streifet, Ist ihr Liebreiz neben Ankas Zauber Wie ein Bild, das sanfte Riihrung, Nicht bloss die Bewund’rung kalter Schonheit vvecket. Sagt mir, was das fiir ’ne JVundergegend! Hebt der Sanger an und bricht erlosend Das schon alle bang umfassend’ Schweigen. A Is ich durch den finstern JVald geschrittcn , Hort ’ ich plotzlich feincs , leises Kichern. Ueberrascht lauscht > ich den eigenart 'gen Tonen, die wie aus der weiten Tiefe Zu mir klangen. Da bemerkV ich gar nun Feuerschein , wie eines Na c h tgctpiercs 26 Augenleuchtcn , mir entgegenflimmern. Hutsam ncihte ich mich dem Geheimnis, Das nun erst so recht zu dem mir wurde: Als ob Gold und Silber und Jmvelen Mir entgegenschimmerten aus einer Schaurig iveiten Steinkluft schien rnids. Und s ekon wollt’ idi in de s Ab g rund s 'liefen Niedersteigen, um darin zu forschen, Als ich Klange deutlich hell v er na hm, Wie wenn Gold und Silber klirren iviirde; Und dazivischen hort ' ich cine Stimme Wie aus altgeword’ner Kehle singen: Gold und Silber sucht ihr nur, Eitles, habsiichtig > Geschlecht! Habet nie davon genug, Jeder mehr nur immer mochV! Steigt zu mir selbst in den Schacht, Doch ich sag 1 euch, wehe! weh’! Nehmet euch vor mir in achtl Eitle Menschen! He, he, hel Flimmert euch des Goldes Schein, Ho ret ihr nur Silber klirr'n, Schandet ihr das Heiligste, Las st euch von dem Mammon Mrd n. Steigt zu mir selbst in den Schacht, Doch ich sag ’ euch, wehe! weh’! Nehmet euch vor mir in achtl Eitle Menschen! He, he, hel -<*> 27 4 >— Schmiickt euch geni die hlode Štirn Und die Finger und die O kr* n, IViihlet nur im Geldsack geni; Seid mir lacherliche Thor’nl Steigt zu mir selbst in den ScJiacJit, Doch ich sag ' euch, wehc! weh’! Nekmet euch vor mir in achtl Eitle Menschen! He, he, hel Kommt nur, kommt, golddiirstend' Volk! Kommt zu mir, zum Škrat herahl JVasser gibt es hier genug, Diirstend’ Volk, fiir eucr Grabi Steigt zu mir nicht in den Schacht! Denn ich sag' euch, wehel weh’! Nekmet euch vor mir in achtl Eitle Menschenl He, he, hel Als Ludolf das Lied beendet hatte, Trat wieder die fruhere Stille ein. Aengstlicb sah man zur Fensterlatte, Ob nicht der Berggeist schon hinterdrein. Nur Elsbeth schuchtern das Wort anhebt Sie war die Einz’ge, die nicht erbebt’: Was du in dem finstern Wald geseh’n, Das ist der groš s e Schatz v on Podzuein, Zum Gliick die Menschen voriibergehln Und lassen ihn mit dem Sfera t allein. -<3> 2 8 <£)- Denn weh’ dem, wie es der Berggeist singt, Der in dic Uefe Doline dringt Und strebt nach des Sc/iatzes giildener Pracht, Der ist verfallen der Todesnacht! — Schweig doch, du unreifes, vorlautes Kirni! Fallt da Schon-Anka Elsbethen ins Wort, Ja freilich, wenn es nur Sclnvdchlinge siliti, Die es versuchen, zu heben den Hort — Dann mag’ s wohl sein, dass der hdmische Škrat So maneken ins Wasser gestossen kat; Doch wdr’ ich kein Weib — ein kr aftiger Mann , Bei Gott, ich wagte mein Leben daran. Dabei ihr Auge Blitze spridit, Mit dem sie auf den Sanger sieht, Der in sich selbst versunken ist Und nicht bemerkt die Frauenlist. Aber nun, hub wieder Schon-Anka an, Lass horenl JVas sahst du noch weiter dann ? Nicht s sak ich und hort' ich ferner mehr, Der Schimmer erstarb, die Statte ward leer, Und es hiillte tnich finstre Nacht ivieder ein, Dass ich geglaubt, im Traume zu sein. An dem nachsten Morgen nach dem Wetter War es hell und sonnig. Auf den Bergen Lag der Schnee, doch nur so diinn wie feiner, Durch ein Sieb gestreuter Zuckerstaub. In den thaugetrankten Tannenvvipfeln Wogt’ und summte es, wie an dem hellsten Frlihlingstage, da der Himmel lacliet Und die Sonne, wonnig warmend, neues Leben in die schlafversunk’ne Welt ruft. Wie Krystall glanzt beut’ der schone Himmel, Dessen Reinheit durch die silberweissen Lammervvolkchen, die im blauen Aether Flaumig sclvvvimmen, nicht getriibt wird. Nur der Waldbach — sonst wie Silber rieselnd, Lauschig platschernd in der Waldesruhe — Rauschet heut’ und schiesset schmutzig triibe, Ueber Stein und Wurzel springend, schneller In dem aufgewiihlten Bett dahin. Aus dem Schlaf erwacht gieng unser Sanger Schon am friihen Morgen in de*h Wald. —o 30 — Balsamgleicli floss es ihm um das sel’ge Herz und weckte d’rin ein Meer von Liedern. Sei’s, dass sicli in ihm ein wonn’ges Ahnen, Dass ein Wunsch gelieim bei ihm sich regte — Ludolf sang von Lieb’ und wusste nicht warum: Auf eine ziehende VVolke Wollt’ ich behende mich schvoijigen Und segeln durch alle Liifte Mit Frohlocken und Singen. Ich floge iiber die Meere, Flog* iiber den Berg und das Tkal; Ich Jloge zu metnem Liebchen Mit dem er s ten Morgenstrahl. Und schliefe sie siiss und wonnig, Und trdurnt’ sie von mir vielleicht hold, Hess ich die IVolke zerjiiesscn In rosiges Sonnengold. Ich schwamme auf diesem Strojne Vojn Himmel himmtcr zur Erd Ich sc/i7vdjjujie hin zur Geliebten, Und a us dem Fraum’ ich sie start'. Wejm dajm mein Liebchen enuachte, Fussi’ ich ihr die Augen sclmell zu; Ich kiissl' ihr die Rosejizvangeji, Kiisst’ sie zu seliger Ruh. —o 31 <Š>- Dami nahm’ ick mit mir die Holde Und fiihrt * in den Himmel sie ein, Dort miisst’ ich der Gott, da neb en Mein Liebchen die Gottin sein! War es Echo oder eine Waklfee, Die mit feiner, leiser Stimul’ das Ende Von dem Liede Ludolfs wiederholte? — Denn wie Spharenton klang es vom Walde: Und ndhmst du mit dir mich Siisser, Und fiihrt e st im Himmel mich ein — Dami wollte, wenn Gott du wdresi, JVohl gerne dein Liebchen ich sein! * * * Ludolf lauschte dem Gesange, Welcher leise, immer leiser Wie ein Flehruf zu ihm drang. Kaum doch war er ausgeklungen, Trat jetzt von cfer andern Seite Anka plotzlich vor den Sanger. Hast du es vernommen ? spridit sie Spottisch zmn erstaunten Sanger, Und kannst du es dir erklaren, Wer dir deincn Sang ci~wiedert? Und da Ludolf sprachlos staunet — Denn er glaubt, sie sei es selber, Die ihn nedcte und nun weiter Mit ihm fiihren will den Scherz — Fallt sie schnell, die seine Miene Riditig deutet, ihm ins Wort: -<*> 3 2 <€>— Nein, du irrest, sagt kopfschiittelnd Anka, wenn du glaubst, dass ich cs Bin , in deren Brusi sein Echo D ein Gesang gefunden hdtt’. Wohl nicht minder ist mein Staunen Wie bei dir, denn uoahrlich, seit du Nun bei uns in Podwein weilest, Haufet sich ein Wunder auf das Andr e — doch ich tviisst’ zu finden Dieses Zeichens rechte Deuhmg. Sprich doch, schone Herrinl forclert Er nun Anka auf, das Rathsel, Das nun doppelt, ihm zu losen. Schon dar in, dass du de s Schatzes Unsichtbaren Schimmer hattest Gestern wahrgenommen , sagt mir, Dass dir machVge Geister gunstig. Glaubst du, dass ich mich wohl irre, IVenn ich denke , dass ein solcher Dich beschiitzet, eine Waldfee Ihre Giite auf dich hauft? — Und nach einer langen Pause Tiefen Sclrvveigens hub Sclion-Aiika Abermals zu sprechen an: Wohl iviisst ' ich, wenn ich an deiner Stelle wdre, was ich tličite. Doch — brach Anka das Gespraclie Ab, sag mir nun, wie du ruhtesi Und ivas du getrdumet hastl Denn man sagt, was man im fremden Haus zum erstenmale traumet, So/l gar oft zur Wahrheit iverden. —<2> 33 Bunte Gaukelbilder schwebten Mir im Schlafe vor dem Auge, Und teh karm es dir nicht sagen, JVas es Eigcnes zvoki zvar. Sonderbar muss es gezvesen Sem, denn jetzt noch schzveb' ich miter m Eindruck des Vergangenen: Teh trdumtdass ich ein Liebchen hali '; Es zvar so cngelsckon, Wie ich noch nie ein schoneres Mein Lebtag hab' gese/in. Ich kiisste ihren rothen Mund, Ich kiisste ihre Hami — Ich zveiss nicht mehr, — auf hohem Berg JVar’s, zvo ich mit ihr stand. Das Traumbild auseinander stob. Im tiefen Herzen blieb Mir nur das selige Gefiihl Von zvonnig sit s s er Lieb’. Ich lieb te sie mit Allgezvalt, Ich liebte sie so sehr, Dass ich selbst in den kalten Tod Fiir sie gegangen zvar'. 3 Elsbethe, das liebliche Waisenkind, Sie traumet den schonsten Traum: Den Friihling der btiihenden Lilie, Der Knospe entsprungen kaum. Im Walde und auf den einsamen Hoh’n VVeilet Elsbethe so gern; Sie spielt dort mit Blumen im Sonnenscliein, Am liebsten von Menschen fern. Sie kennt im Walde fast jeden Baum, Auf dem Berge fast jeden Steg. Es leiten die milden Rojenize Sie immer auf ihrem Weg. Als Sclion-Anka aus dem Walde Gieng mit Ludolf und die Scliritte Beide nacli dem ScMosse lenkten, Blieb die Steli’, die sie verlassen, Nicht zu lange einsam leer. Scliiiclitern — wie ein scheugeword’nes Reli, das vor dem Jager fliehet Und doch wieder gern die Stelle, Wo es grad vertrieben \vorden, Aufsucbt, um dortselbst zu grasen — Stalil Elsbethe aus dem Dickiclit Sicli, behutsam, kaum es wagend, Aus dem Schatten vorzutreten. In dem krausgelockten Ilaare, Schwarz und glanzend wie der Dolile Blaulich seliimmerudes Gefieder, 3 ’ — 36 — Hat sie Rlumen eingeflocliten: Tausendgiildenkraut, Narcisse, Blaues Immergriin, Buschroschen, Weisse Filadelfia; Und am Busentuche prangt ein Strauss aus Alpenrosen, d en ihr Schon am fruhen Morgen Senner Von d er holien Alm gebracht. Eine Waise ist Elsbethe, Die den Vater und die Mutter Nie gesehen, uie gekannt hat. Den n ihr Vater war ein Jager, Der in Diensten stand des alten Schlossherrn, Ankas seVgem Vater. Dieser liatte einst beim Jagen Zufalliger Weis’ dem Jager Durcli die Brust ins Herz gescliossen, Und die Mutter zog der Schreck dann Und der Gram ins friihe Grab. Wohl n ah m dann der Vater Ankas Sich des also friih vervvaisten Madchens an, docli wie so oft dies Bei solcli Kindern es der Fali ist, Blieb Elsbethe ganz alleine Und sich selber uberlassen. Doch es walten gute Geister, Und Elsbethe schiitzten diese; Denn an ihrer Wiege standen Und bestimmten ihr das Schicksal Holde, schone, weisse Frauen, Giitig — die Rojenize. —< 3 > 37 O — In der Gegend heisst Elsbethe Nur das holde Kind der Blumen, Denn es sind dies ihre einz’gen Spielgefahrten und Genossen, Theiler ihrer Lust und Freud’. So auch lieute sclimiickt Elsbethe Sich das Haar und windet Kranze Aus dem wilden Hagedorne; Flicht darein des Waldes Bliiten: Bunten Safran, Leberbllimchen, Eberwurz und Flockenblume; Flicht so manchen Herzensseufzer Und so manchen Herzenswunsch, Der geheim im G runde lastet, In den farbig dufl’gen Kranz. Und wenn sie dann diesen fertig, Setzt sie sich die BLumenkrone Auf das niedlich solidne Kopfchen, D’raus der dunklen Augen Lichter Wie Karfunkelblitze schimmern. Doch das stille Waldessummen, Vogelzvvitschern, Kaferschvvirren Und das leise Tannenrauschen Machen Elsbeth oftmals schlafern : Lelint sie dann das blum’geschmackte Holde Kopfchen an den Baumstamin - Senkt die Wimper sich auf ihrer Augen leuchtenden Karfunkel — -$> 38 o— Nickt ins Tramureich sie hiniiber, Traumet siiss und holde Bilder. Dann kommt leise angeschlichen Dieser hiipft dann um die Schlaf’rin, Wirft mit einer Hand Kusshandchen, Mit der andern streut er Goldsand Lieb Elsbethen in das Haar, Weichet erst von ihr, bis diese Sich den Traum vom Auge scheucht. Škrat, der ham’sche, bose Berggeist, Lieder des Sangers Ludolf. I. O sagt mir einmal, was mir doch Geschehen mochte sein, Dass ich nun gar so einsam bin, Verlassen und allein! Ihr rathet hin, ihr rathet her, Errath ich’s selbcr nicht, Was mich so seltsam traurig stimmt, Was mir das Herz fast brieht! Es ist ein gar so tiefes Weh, So tief und gar so gross! Nicht nennen kann ich’ s, fiihlen nur, Mag’s bleiben namenlos ! —<> 40 II. Triibe, graue Regenvvolken, Sturmwind heult so furchterlich; Welke Blumen, kalile Baume, Aschfahl ist die Welt um mich. Und iin tiefen Herzensgrunde Liegt mir diese fahle Welt; Und kein Sonnenstralil erbarmt sich, Der die Triibnis d’rin erhellt’. * * * III. Sehnsucht, ach! erwacht in mir Und inniges Verlangen: Ein Liebgespiele liaben liier, Mein Herz an and’res hangen! Wie einsamod und lebenstriib Im Ilerzenskammerlein! Erlose mich davon, o Lieb\ Ach zieh’ versohnend ein! * — <$> 41 <$>— IV. Blaue Meereswoge fliistert, Platschernd schlagt sie an die Wand Meines Schiffes: Traumst du, Schlafer, Auf dem Ocean v o m Strand? Lass das Traumen und das Hoffen, Mensch, o lass das Selinen sein! Frische Stromung, frische Brise Fiihrt dicli in den Hafen ein! * * * V. Willst du dir ein Herz erringen, Willst du dereinst glucklich sein; — Musst du deinen Sinn bezwingen, Keliren in dicli selber ein! Liebe lasst sich nicht erzwingen, Liebe will errungen sein; — Deinen Sinn musst du bezwingen, Keliren in dicli selber ein! Suche nicht mit bosen Dingen, Was bestimmt ist, nicht zu sein! Liebe wirst du nie erzwingen, Liebe will errungen sein! * * * 42 O — VI. Kami man der Rose niclit verbieten, Dass sie knospet, duftet, bliiht, — Kann man dem Herzen auch niclit wehren, Dass die Lieb’ darin ergiiiht. * * * VIL Die alte Lieb’ envacht in mir, Ich daclit’ sie liingst entschvvunden, Ich glaubt’ sie todt und grabesstill, — Das waren alte Wunden! Sie brechen auf, das sclimerzt so tief, Das ist ein Zittern, Beben, Ein Jauchzen, Thranen unsagbar, — Das ist das alte Leben! Das zielit micli liin und stosst mich ab, Erfasst mein ganzes Sinnen; Icli \veiss niclit mehr, wie mir da ist, — Das ist das alte Minnen! Du hast mir ali dies angethan; Ach war’ ich doch geblieben, Wo mir so gut und selig war — Bei diesen Bergen driiben! * * O 43 <$>— VIII. Reseda, Veilchen und Rose Lieb’ ieh und Orchidee, Jasmin und die Lotosblume, Die Lilie weiss wie Sclmee, Viel tausend andre Blumen, Die unter der Sonne GUili/n, Und unter dem e\v’gen Himmel So wonnig duften und bliih’n. Ali diese vvollte icli nehmen Und pflticken und winden dir Mit sinnigem Scherz zum Strausse, Das Ilerz zu erfreuen dir. Zu oberst pflanzt’ icli ein Bliimchen: Wie der Himmel so blau und licht, Das mtisst’ du dann immer schauen, Man nennt es — Vergissmeinnicht! IX. Ein Bild, so ruhrend sclion, ergreifend, So traumumwoben, luftgehaucht, Steht lange schon vor meiner Seele — Doch will ich’s fassen, ist’s verraucbt. ■3> 4 4 — Das neckt mich, lachelt, spottet meiner, Hiipft wie ein Kobold rings um mich, Ich hasch’ darnach, es will entfliehen, Ich liift’ den Schleier — und selie dich * * * X. Ich trauin’ von ciner schonen Fee, Sie steht am Waldesrand, Sie schaut mich voiler Liebe an, Sie winkt mit weisser Hand. Sie winket mich zn sich heran, Winkt selig lachelnd mir, Ich eile schnell zn ihr hin dann, Herzkonigin - - zu dir! :®^§§§-H8H Es girret und koset ein Taubenpaar Ara Dachfirst des Schlosses Podwein. Es buhlet Schon-Anka zum erstenmal, Sie buhlet um einen allein. VVillst morgen von hinnert schon, fremder Man??., Was treibt dich so čili g von mir? Fast scheint es, du habest cin Lieb daheim, Als zb g's dich gezvaltig zu ihr. — Noch kat sicJi mein Hcrz kein Madchen erkiirt , Bin nirgends zn Hanse, noch fest, VVenn du aber ho Id e mir komite st s ein, Band ich mir wohl gerne das Nest. Schon-Anka lachelt; \vas denkt sie dabei? Nicht Unmuth kanil deuten ihr Blick. Und doch ist es wieder wie Ilohn und Spott, Mit dem sie den Kopf wirft zuruck. Du schiveigst, schone Herrin? Verzeihe mir! IcJi ware schon langst gezogen, Allein deine Gnusi, die du mir gezeigt, Hat mich zum Bleibcn beivogen. Sclion-Anka nur lachclt, der Sanger schaut Voli Unmuth und Stolz auf die Maid; Ihr hartnackig Schweigen empdrt sein Ilerz, Erfiillt ihn mit grollendem Leid. OJmohl ein Geliibde mich bindet noch, Das mir nicht zu scigen crlaubt, Von wo ich, wess’ Standes und iver ich bin, Ilatt’ immer von dir ich geglaubt, Du ivissest, d as s ich kein reisiger Knecht, Kein dienender JVicht sein kanil; Dass ich dir iviirdig und gleichgestelll bin, Das s ich ein Edelmann! Schon-Anka, die merket des Sangers Zorn, Lenkt ein in ihrem Betragen. Besanftigend sagt sie: Ich bin dir gut! Mir s ivillst du noch mehr erfragen? Und schelmiscli lachelnd — das sclnvachste Weib Bethdret den starksten Mann — Blickt Anka voli siisser Lieblichkeit Ludolf den Ziirnenden an. Und was der Blick aus dem liimmlischen Ang’ Schon-Ankas ničlit hatte vermocht, Das that ihrer zarten Ilande Druck: Dem Sanger das Herze pocht. So willst du denn wirklich mein Liebchen sein, ScJion-Anka, du herrlichstes Kind? Mein Biindnis mit nachstem Vollmonde bricht, Dann machen iuir Hochzeit geschuuindl Sclion-Anka laclielt. Was denkt sie dabei? Was deutet ihr eisiger Blick? Hat Anka vergessen den Traum vom Scliatz? Empfindet sie walirhaft das Gliick? (i&Z * ££ - - 'v> ' r>“o * <•*-> »-r'-* *>'x- - <-w - •>~ v ’ ! »/'L- * <.*.> u.^"*’ Ludolfs Lieder an Schon-Anka. I. Einsam war ich inmitten der Welt Voli Blumen und Sonnenschein, Selbst bei den Musen, so gliicklich ich war, Fiihlt* ich micli doch nur allein. Erst als ich dich, du holdes Lieb, sah, Du siisseste, schonste Maid, Kehrte zuriick mir ins einsame Herz Verlorene Frohlichkeit! * * * II. Aus Finsternis Hess Gott die Welt ersteigen, Sein Machtvvort Hess das Sonnenlicht ergliili/n; Er Hess die Quelle springen und den Vogel singen, Sclnif den Menschen, Thiere und liess Blumen bliih’n; 49 <>- Docli damals war clie Welt noch ničlit erschaffen, Die Krone war ihr nocli nicht aufgesetzt; Der Gottheit felilte noch Begeisterurig zum Werke, Sic ward in dir zu Theil ihr ganz zuletzt! * * * III. Du wunderliebste, schonste Maid! Wollt’ ich dich einst besingen, Mein Lied, das miisste durcli die Welt In Berg und Thal erklingen. Der Leiermann miisst’ sein ein Gott, Der Vogel in den Liiften Der Siinger, und mein Liebeslied Dic Blum’ mit ihren Diiften. Die Quelle, die dem Fels entspringt, Die Baume, die da ran seli en, Die Menschen ali’, ja selbst der Stein Miisst’ dem Gesange lauschen. Nur wenig Worte in dem Lied Liess ich fur dich erklingen: Ich liebe dich, du schonste Maid! Wollt > immer ich nur singen. * * * 4 O 50 <>— IV. Am Himmel meiner Seligkeit Funkelt ein lichter Štern, Er leuclitet nur verheissend mir, Winkt Gliick mir aus . der Fern’. ledi selie zu dem Steni ein por, Er zielit, dem Fiihrer gleich, Verlockend auf dem Firmament, Er zielit ins Himmelreicli. Ich folg’ dem liolden Gliickesstern, Folg’ seinem liellen Scliein — Der Štern bist Siisse du und fiihrst Mich in den Ilimmel ein ! ¥ * * V. Du bist wie meine Anka, Du liolde, liebe Ros’, Voli siisser Wonnediifte, Bist Lieb und Giite bloss! Du bist wie meine Anka, So zart, so fein, so lieb, Voli Anmuth und voli Seele, Bist wie mein Herzenslieb! <3> 5i — I)u bist wie meine Anka, So traut und wunderschon; Wie An kas holder Liebreiz Ist mir dein duftend Weh’n! * Ich scliau dicli an wie Anka, Ich kliss’ dicli wonnesam. Wie Anlcas Wange bliihst du, Da ich soleh’ Kuss ihr nahm! Ich schau dicli an wie Anka, Es zieht so welimuthsvoll Mir Thranen aus den Augen, Ich weiss niclit, vvas das soli? Ich scliau dicli an wie Anka, Du saugst die Thranen mein Und gibst dafiir nur Wonnen Du bist wie sie allein! * * * VI. Viel blinkende Sterne glitzern Am naclitlichen Ilimmelszelt; Da ist auch einer darunter, Der mir am besten gefallt. 52 - Er schimmert nicht wie die andern Mit flimmerndem Trugesschein, Er leuchtet bestandig glanzvoll, Wie eine Perle so rein. Mir ist, als seli’ ich dich Liebchen Und deiner Schonaugen Pracht, Aus deren leuchtender Tiefe Die liellste Liebe mir lacht. * * * VIL Du bist die Schdnste von allen, Du bist meines Himmels Licht, Du bist meines Gliickes Sonne, Die aus dem Dnnkel mir bricht! Und wenn du mir audi gegeben In Sorg’ und bangender Pein, Mein Liebchen, lass dich’s nicht reuen, Ins Eden fiihr’ ich dich ein! Dort bliihen gar farbenprachtig Viel BI umen mit siissem Duft, Und goldene Kafer schwirren In lauer Friihlingsluft. 53 <£>— Die Goldkafer will ich fangen, Die Blumen pfliicken ftir dich; Mit aliem will ich dich sclimucken, Mit aliem ergotzen dich! Viel giitzernde Sterne blinken Auf dich dann, du Liebste mein! Mir soli ihr funkelnder Abglanz Ein gold’ner Sonnenschein sein! * * * VIII. O lass uns ruh'n, so Arm in Arm, So Brust an Brust geschmieget, — Wo das Herz voli Liebe warm Fiir dich empfindend lieget! O lass uns ruh’n, so Lipp’ an Lipp’, So siiss, so wohl zu pressen; — Wie die Bien’ im Keicli’ ich nipp’ So vollig schmerzvergessen! O lass uns ruhend schwingen so Hinuber ins Paradies — l)er Tod, willkommen ist er so, Kein Leben mehr, als dies! * * * IX. Es klingt cin Liederfruhling Mir in cler tiefsten Brust, Da lacht und liiipft uncl singet Das Iierz in stisser Lust. Da vvogt ein Meer der Wonne, Ein Meer der Seligkeit, Es sclrvvimmt darauf die Liebe In lieit’rer Frohlichkeit. Am Stcuerruder sitzet In sel’ger Himmelsruli’, Voli Anmuth und voli Schonheit Ein Madchen — das bist du. ^-,\SXY. 'V j' ' S* Es wircl die Nacht schon heller, Es sclieint der Mond so vveiss, Sein Liclit wird immer greller, Es glanzt wie Gleliseliereis. An jedem Tage spžitet Der Mond fast eine Stund, Er wird nun immer voller, Es wird die Scheibe rund. Es nalit der Tag, da Ludolfs Geliibd’ zu Ende geht, Es nalit die Stund’, da Anka Mit ilim zur Kirclie geht. Juchhei! juchliei, die Stunde! Singt Ludolf voller Freud’. Schon-Anka briitet Plane, Sie hat etwas bereit. * * * —O 5& <ž> Silberweiss begiesst cler Mond die Landschaft, Wie lichter Nebel schwimmt es in derLuft; Markig ist sie, scliarf, doch kraftig, munternd, Nicht so wie die wiilsche, lau zu athmen. Ali die Riesenberge: hier Begunčca, Dort der Storžek und der glatte Stou, Križka gora, wie sie alle heissen, Diese Fiirsten, die so fest da tlironen Und so lange, als die Welt schon steliet, Alle, saimnt dem schneebedeckten Triglav, Tragen lielle, glitzerndweisse Kronen, \Vie kein sterblieh grosser Erdenkdnig Sie brillantenstrahrnder tragt und schoner, Als sie hier ara Ilaupt aiis Gletschcreis. In soleh heller Nacht gar dunkle Schatten Wirft gespensterhaft ein jeder Gegenstand. In der Luft, da ist ein Silberstauben Und ein lielles Schimmern, mit denTs giesset Auf die Berge und das Thal, die bunte Welt, dass man vor Wonne, die man athmet, Selber gern in solehen Strahi zerflosse. Und wer dann ein Lieb im llerzen triigt, Traumt von wonn’gem Gliick, von Seligkeilen — Und wer gar sein Lieb in Armen haltet, Dem muss sein es, als \var’ er im Himmel d’rin! * 5^ * Die Nacht ist so stille, es leuchtet der Mond Mit bleichem, silbernem Schein; Er lugt in den Garten, dort košen Ludolf Und Anka im dunklen Hain. • -< 5 > 57 <£>- Du liebste, du schonste, du einzige Maid, Du besles, zvas ich besitzef Sagt Ludolf voli Warme, er meint es so gut, Will sein deines Lebens Stiitzel Es kiisset das Mondlicht mit silbernem Strahi Der Tannen und Berge Spitzen; Es lugt in den Garten, es lugt in den Hain, Wo Anica und Ludolf sitzen. NičJit lange me kr iv ah rt es, und du bist dami mein. SieJi, ivie der Mond sich schon runde tl Das IVachsen der Sichel zur vollen Scheib ' Das Erni’ unsres Leides bekundet. Da bricht durch das Laubdach der silberne Strahi, Er ruhet auf Anlcas Gesicht. Dort schimmert nicht Freude, kein Liebesgliick, Unmuthig zu Ludolf sie spricht: VVarum, zverin du angibst, du liebst mich so sehr, Warum v or mir das Geheimnis ? VVes/uilb soli nicht w is sen ich, zver du bist? VVarum die Rdlhsel, das Sdumnis ? Verlange von mir doch jedzveden Bezveis — Doch zvahrlich, nur schlecht hat gebaut Sein Hans, der zzveifelt beim Anfange schon, Der nicht auf den Grund vertraut. Ich zvili mich gedulden, zvenu zveiler ich kanu, Sagt Anka nun wieder voli Lieb’. Sie hatte bemerkt, dass Ludolf verstimmt Neben ihr ohne VVorte blieb. 5 » <*>— Sclilauheit, sie ist dem Weibe gegeben, Mit Schbnheit dazu im Verein Besiegt sie das rauheste Mannerherz — Und Ludolf hatt’ keines von Stein. Schon-Anka, sie schmiegt sich der Schlange gleich An Ludolf, den liebenden Mann. Das licbreizend’ Wesen, die schone Art Einer Frau bald versohnen kann. Der Siinger umsclilang mit kriiftigem Arin Die Schone, und da er dann schied, Sang er aus frohlicher Brust im Hof Des Schlosses das innige Lied: Schlafe wohl, du s Us se s Madchen! Schlafe wohl, du holdes Kind! Mcine Abschiedsgriisse weht dir Zu der laue Abendzvindl Schlafe wohl! denn mcine Seele IVeilt bei dir tu ul schiitzt den Tratim, Der dir gaukelt v or dem Auge, Da du die s geschlossen kaum. Schlafe wohl, du hehre Jungfrau! Sing’ zu dir ich liebevoll. Mag es dich in Schlaf einzuiegen, Schone Maid, ach schlafe wohl! * * * ••<*> 59 <*> — An dem Fenster, wo das Standchen Ludolf liatte dargebracht, Steht in stiller, dunkler Kammer Eine Maid, die nock gewaclit. Und sie lausclit mit pochend’ Herzen, Lauscht erregt dem Liebessang, Selbst nachdem er sclion verklungen, Hort sie ilin noch tonen lang. Elsbetli ist’s, die liolde Waise, Die gelauscht und dann noch wacht, Da der Sčinger und selil Lied sclion War vcrstummt in stiller Nacht. Lange tont dem jun gen Madchen Ludolfs Lied wie aus der Kern’, Und es presst ihm eine Thrane Aus dem feucliten Augenstern. Heller Morgen lacht. Schon-Anka An der Spitze einer lust’gen Schar von Jagern reitet durch den Immergriinen Tan nenwald. Noch vor Tagesanbruch zogen vSie hinaus zur blauen wSave, Wo an deren rechtem Ufer Bis zur griinen, wald’gen Hohe Mit der Wallenburg am Kamme Sich die ode Flaclie hinzieht. Wellenformig, oft mit tiefen Lochern und mit ausgewasch’nen Rinnen, wo dazwischen manchmal \Viistes Straucliwerk iippig wuchert, Zieht sich hin das Haideland. Schlau beniitzt da Vetter Lampe In den weiten Regenfurchen Seinen Weg vom Waldesrande Bis zum blauen Flusse hin. -O 61 <£>- Und auch listig, wie der Fuchs es Ist, wenn er auf junge Hasen Und aucli auf das Rohrhuhn lauert, Sucht zum Ilinterhalt sich dieser Aus die senkrecht steilen Mulden. Hier auf dieser Haid’ beginnt nun — Nacli althergebrachter Sitte Dieses Landes jagdliebender Herrenleut’ — im Herbste jeden Jahrs die Jagd mit einem Treiben. Aus den Sehlossern und den Burgen Kommen sie dami mit gar lauter Heiterkeit herangezogen. Und wenn dann die muth’gen Rosse, Die sie reiten, und die Riiden, Deren Klaffen weithin schallet, Niclit zu halten mehr, die Stunde Des Beginnes auch gesclilagen, Geht die Jagd, das Ilallali los. Vetter Lampe und der schlaue Fuchs, die haben bose Stunden Dann, denn wenig lieiter ist das Fangspiel, das die armen Wichte Mit der fletschend wilden Meute Und den peitschenknallhiden Reitern Hinterdrein nun auf der Rennbahn Keuchend, angstschwejsstriefend tiben, Bis den Iletztod sie erleiden. Lustig ist ein solches Treiben Und voli heitVer Episoden. O 62 O — Nun gar, wenn (ler Frauen schones, Zarl Gesclilecht ist auch vertreten! Denn da gibt es oft zu lachen Und so maneken Witz und Scherz. Anka ist gar rminter hcute Und voli Laune und voli Frohsinn, Sprudclt liber in der Rede, Ist bal d da, bald dort im bunten Durcbeinander dieses Treibens, Spornt d en Falben, dcn sie lenket, Bald zu leichtem, bald zu schnellem Trab an, setzet iiber Graben, 'Nimmt Barrieren, hohe Hecken In waghalsig kuhnem Sprunge, So dass bald die einem Schweife Des Kom eten gleichend’ Schvvarmer, Die ihr folgen und ihr huld’gen, Weit im Hintergrunde bleiben. Nur der Sanger weilet immer An der Seite von Schdn-Anka. Ihm ist es ein leiclites Spiel nur, Mit dem er den tollen Launen Seiner Herzensdame folget. Und Schdn-Anka ist so neckisch Und so schbn heut, herzentziickend, Voli des tollsten Uebermuthes. Und dem Sanger laclit beim Anblick Ankas reizender Erscheinung Froli das Ilerz in iibervoller, Lieberfiillter Gluckesbrust. <$> 63 4 >— Doch Schon-Anka ist aucli wirklich Unter ali den schonen Frauen, Die in dieser lustbeseelten Schar dasselbe, was die Blumen Sind im griinen Wiesenteppich, Nicht als ReitVin nur die kiihnste, Sondcrn mit dem vollstem Rechte Wohl die sclionste unter ihnen. Aber, wenn da Anka ist die Allerschonste, so ist Rudolf Neben ihr am besten Platze; Denn nicht bal d gleicht diesem einer Aus der sto]zen Mannerschar. Als der erste Trieb beendet Und die kurze Rast vorbei, Schickte Anka mit dem Sanger An sicli, wieder heimzukehreti. Gleichsam, um das Jagdvergmigen Nicht zu storen, lud Schon-Anka, Wer ihr folgen wollt > nach Podwein, Dort das Friihmahl einzunehmen. Und so sehen wir Schon-Anka Mit dem staltlichen Gefolge Bald im Walde auf dem Heimweg. Viel Lust herrscht heut* zur Mittagsstund’ Im Seliloss, denn frolie Tafelrund’ Ilfilt Anka mit der heit’ren Schar, Die jagen an der Save war. Bei Scliiisseln, die herumgereicht Mit leck’ren Bissen, schnell entweiclit Die Sorge, und ein guter Trunk Liisst heiter spriilFn den Geistesfunk’. Und das versteht Schon-Anka wolil, Zu giessen stets den Becher voli; Sie selbst trinkt niclit, und nur zum Schein Nippt sie manchmal vom Ungar\vein. Acli war’ icli nur der Beclierrand — Denkt stili so mancher junge Fant, — Der diese sclidnen Lippen kiisst! Wie glucklieh docli der Sanger ist! 4> 65 <£- Und Ludolf mag es wohl aucli sein, Das sagt schon seiner Augen Schein, Die immer nur auf Anka schaidn Voli heisser Lieb und voli Vertrau’n. Slosst an auf m cine Seligkeit! Spridit Ludolf und auf Anka deut’, Stosst an auf vidne siisse Branil Hoch leb’ viein Liebchen schon und tratiti Er spricht’s und sieht voli stolzer Freud’ Im Kreis sich um, da alles sclireit: Hoch! Schonste du itn Krainer-Lami Und der so schnelle dicli er stan dl Die Beclier klirr’n; im frolien Kreis Wird’s manchem scliwul, vom Trinken heiss. Schon-Anka ihren Pian ausheckt, Sie spricht’s, was sie bisher verdeckt: Nicht soli man in dem Krainer-Land Es sageti, dass man sich erstand, IVie jede andr e Dime da, Podweinens Herrin, Schon-Anka! Im Kreis sieht sich die Herrin um, Sie lachelt, alles bleibet stumm, Man ist vor Staunen fast ersiarrt; Audi Elsbeth auf die Auskunft harrt. Schon-Anka auf den Sanger sieht, Ilir Auge blitzt und Flammen sprtih t, Und Ludolf schweigt erwartungsvoll, Nicht weiss er, \vas das deuten soli. IVillst du es dulden, dass man sagt, Sie also Ludolf spottisch fragt, Dass ich aus reinem Zifall bloss Dir 70 ar d getoorfen in den Schoss > Q 5 —■<$> 66 <£- G ar seltsam ist mir solcher Schein; VVer in den Himmel zvili hinein, Mus s klimmen auf die sirile Stuf’, D* rum sorge du fiir bess'ren Rufi Lieb Anka mein, zv a s zvillst du doch? Hast du mein Ilerz, zv a s brauchst du noch? Fiihr* ich dich heim als mein Gemahl, So bazi’ ich dir die Ruhmeshall; Denn zveithin, bis ins fiinfte Land, Wenn ich mich nemi’, bi n ich bekannt. Doch Anka, die mit Ludolf trieb Bislier nur falsches Spiel der Lieb’, Riickt naher nun mit ihrem Plan, Fiir den sie Ludolf ausersann: Hort ihr’s? Bis er mir nicht bezveist, Dass er ein Mann ist kiihn und dreist, Will ich als Landeskind vozi Krain Ihm nicht das traute Liebchen seizi! Gar sonderbar die Tafelrund Hort solchen Spruch aus Ankas Mund, Die sich bislier doch so gestellt, Als liebt’ sie Ludolf treu beseelt. Doch Anka kiimmert dieses nicht; Sie vvirft das Falsch von sich und spricht, Wie sie von Anfang an gedacht In ihres Herzens schvvarzer Naclit: Mich liistet nicht nach frommer. Lieb', Die, Ludolf, einer andern gibi Was ich von dir zvili, ist nicht leicht, Doch hast du mich da fiir erreicht. O 67 <*>■ Sprich Anka! 7 vas ist dein Begehr ? Nicht somi er fragst nach Liebe viehr, Docli fiir die ScJionst’ im Krainer-Lami Biei’ ir h zn jedem Strauss die Hand. Schon-Anka hatt’ d en Plan erbaut Auf festem G rund. Umsonst vertraut Hatt’ sie nicht da auf diesen Mann, Del* ihr das Werk vollbringen kanu. So kor' denn, kiihner Sdnger rnein! IVill ivieder ganz dein Liebchen sein, IVenn du a us d er Doline Schacht Den Schatz, den du in jener Nacht Gesehen, mir kast hergebracht. Ludolf vernahm Schon-Ankas Wort, Er springt von seinem Sitz sofort; Und selbst die eitle Maid erschrickt, Da sie ins Aug’ dem Sanger blickt. Hort ihr's, die ihr im Kreise rund, IVas Anka spridit mit kaltem Mund? Nicht hatt* gesudit sie Lieb' bei mir, Nach gohVnem Schmuck nur liistet ihr! Nun gut, will steigen in den Grund Und heben a us d er Er de Schlund Den Schatz, nach dem Schon-Anka tracht'; Nicht rtih* ich, bis ich ihn gebracht. Doch dann, wenn er emporgeschajft, IVenn ich bezzuang der Geister Kraft, Dann lad* ich euch zur Hodizeit ein, Solit euch des Anblickes erfreu^i. 5 * -(£» 68 <£>- Ich will Schon-Anka zieren dann Mit gold’ner Kelt’ und Dianian } Ali/. Silber und mit Rubinstein, Mit Sammt und Seide sc/mer und fein , Und dann mili ich — nichts sprech' ich mehr, Sag’euch nur noch: Auf IViederkehr! Damit schritt Ludolf aus dem Saal. Und als die Nacht auf Berg und Thal Herniedersank, war in dem Schloss Die Herrin nur, Schon-Anka bloss. iii k k tiiiiiiiiiiiiiiiii iitim Nachmittag ist’s, und Elsbethe wandert Ziellos in dem Walde, dessen Ruhe Unterbrochen nur, wenn eine Krahe, Aufgesclieucht vom luft’gen, hohen Standort, Kreischend flattert von dem Tannenwipfel. Elsbeth schreitet sinnend auf dem Pfade, Traumt von einem Bild, das nimmer schwinden Will, seit sie es einmal liatt’ geschaut. Hold sie laclielt jetzt, und wie dei* Sonne Schlafervvachter Morgenglanz es schimmert I ieiter liber ihre miiden Ziige. Doch was ist das? Ziehet eine Wolke Drohend sehwarz vors helle Rund der Sonne? Was ergreift Elsbethens Seele pldtzlich? Denn sie steht und starrt ins Dickicht, wo ein Mann mit bitt’rem Ernst im Antlitz wandelt. Ludolf ist es, und wie Angst und Alinung Und wie Schreck erfast’s das Madchen. Warnen muss ich ihn, den Kiihnei j»/ ruft sie Leise, und es ringt in ihrem Busen Wie ein heisses Sehnen, wie ein Flehen. Warnen will sie ilin, dass er doch lasse Von dem tollen, eitlen Unternehmen; Warnen vor dem Škrat und den Gefahren, Die bei diesem drolien. Und sie eilet, Eilt dem Sanger nach, der in Gedanken Schreitend nichts zu sehen, nichts zu horen scheint. * * * Ludolf — Groll im Herzen und Enttauschung, Die den Hass und Leidenschaft gebaren — War von Anka in den Wald gegangen, Um mit seines Herzens tiefem Leiden, Mit dem Weh’, das Liebe ihm gesclilagen, Unbelauscht fiir sich allein zu sein. Seine vSchritte nach bekannter Stelle, Wo der Schatz und seine Liebe nun im Selben Grabe liegen, lenkt er sinnend. Da! es gahnt der schvvarze Schlund entgegen Ihm, denn plotzlich stelit er vor dem Scliaclite Der Doline, wo der Schatz verborgen. Liebe, glaubt’ ich, dass ich hatt* gefunden, Liebe, glaubt ’ ich, muss meitt Hcrz ihr spenden! Und statt dieser soli ich Gold nun suchen, Soli ich Gold der eitlen Dime geben! G er n e hatt' ich in den Schoss geschiittel Ali mein Hab ihr, alle meine Schdlze, Die geiviss viehr ihre Scheunen f iillten Und die Boden dieses Schlosses, als sie Kom und Fulter in denselben /uit. Doch sie konnt’ das Ende nicht ervoarten, Lechzt nach Gold und reisst vom falschen Antlitz Ab die glade, heuchlcrische Maske. Docli es sel! Ich will den Schatz ihr heben, Kost ' es mir auch meine Seligkeit nun Und mein Leben, das doch schon verbittert Und vergallt mir hat die schone Schlange. Hochzeit, glaubt sie, iverden wir dami halten, Hochzeit, glaubt die gleisnerische Dime JVerde ich mit ihr bege h’n. Ha, ha! das IVdre, wenn in Gold ich sie ertrdnkte! Und er lacht im grimmen Sclunerz, dass weithin In dem Wald es scliallt und widerhallet. Scheu fliegt ringsum von den Tannenvvipfeln Auf das Federvolk, und selbst der Škrat scheint Nicht zu \vagen es, zu nalien diesem Zornerfullten Storefried des Waldes. Ludolf! tont es plotzlich hinter ihm da. Wer kann rufen ihn ? Noch einmal: Ludolf! Dringt es an sein Olir wie Flelieton, Und zwei weisse Ilande und zwei Arme Theilen das Gebusch der jungen Tannen, Deren Dunkel die Gestalt entsteiget. Ludolf, lasse ab von dem Beginnen, Lass, ach lass den Schatz, du solist nicht sterben! Steige in die Tiefe nicht zum Sk?’ate, Denn es ist dein Unheil. Lass dir rathen! Alles Gold der JVelt kann dir ein Herz nicht IVerben, das doch nimmer Liebe fiihlt! Elsbeth spridit so. Wie ein Bild der Ruhrung Steht sie vor dem uberraschten.«Sanger. -< 3 > 72 <§>— Von wo weisst du das nur, holdes Waldkind? Hast du gar dan Herz darnach gefragt schon? Doc h, was kummerfs dich, wenn ich ctuch sterbe, Stirbt man doch so gcrnc fiir die Liebel — Fiir die Liebe soli man doch nicht sterben Liebe soli uns in den Himmel fUkreni Lass es seinl lass abl crhor’ mein Fleke ni Kehre umi ach kehr* zu Anka scknellel Wenn sie Lieb' fiir dick im Herzen heget, IVird s’ dick mit den Armen a n sick reissen, Wird dick als den Einz'gen preisen, wird dick kiissen, IVird voli Seligkeit und voller IVonne seinl Und — sie stockt, doch sclineller fahrt sie weiter: Liebt sie dich nicht, thut sie so nicht, magst du Gliicklich preisen dich, denn nichts verloren Hast du, denn nur Leiden sind es, wo die Herzen okne Lieb' sick aneinander fesseln! Elsbeth floss die Sprache aus dem Herzen. Dieses bliekt aus .ihrem dunkien Auge, D’rin es liell wie eine Thrane glanzte. Ludolf šali geriihrt ins thranenfeuchte Auge Elsbetlis. Doch schnell weicht die Riihrung Und es schleicht der Groll ins Ilerz ihm vvieder. Nirnmer will ich anders mehr zu Anka Kehr en, als dass ich den Schatz ikr bringe. Denn du ir rest, ivenn du glaubst, die stolze Sekane komite Mitleid mit mir fiiklen. Und er vvill nichts sprechen melir, nichts hbren, Nicket griissend und lenkt in den Waid, In dem er versclivvunden bald, und singet, Dass es lange noch zu Elsbeth tont: O 73 <§> — Ich hab e mir cin Lieb erkiirt, Ein Liebchen hold und fein, Ihr Leih ist schon, ach g ar so sc ho n, N ur ist ihr Herz v on Stom! Sie liebt nur giildenes Geschmeid, Liebt Zierat allerhand Sie schmiickt den schonen Leib so geni Mit eitel Flittertand. Sie kennt nur Prunk, liebt nur den Pulz, Und ich hab' vidne Freud* Daran, denn ich bin jener Mann, D er diese M a id gefreit! Es senken die schwarzen Fitticli’ d er Nacht Herab sich auf Berg und Thal; Es biillet in dunkle Schleier sicli Das ganze Weltenall. Es decket den Wald die Finsternis, Darin nur die Eule wacht ; Unheimlicli stdret die tiefe Ruh’ Der Todtenkauz, der lacht. Es schreitet in dunkler Waldesnacht Ein furchtloser Mann allein; Er schreitet, den Spaten in der Kand Und bei Laternenscliein. Es knistert das Reisig miter dem Tritt, Es raschelt im Laubdickicht, Es iocket den Kauz, die Eule heran, Sie flattern um das Licht. Der Sanger ist’s, er tritt aus dem Wald, Er schreitet in das Gestein; Da nisten die Dohlen, sie flattern auf, Sie krachzen und sie schrei’n. — 75 Es gahnet der finstern Doline Schacht Mit Drohen ihm entgegen. Er schaut liinab, niclit graut es ihm, Kiihn ist er und verwegen. * * * Furclitlos steigt hinab der kiihne Sanger In den tiefen Schacht, der immer enger \Vird und steiler in den Grund abfallet, Von wo Brausen ihm entgegenschallet. Immer mit melir Vorsicht muss er schreiten, Denn im feuchten Schlamm die Fiis.se gleiten, Und an nassen Wanden muss er tasten, Auf der Hut stets sein und ja niclit hasten, Denn ein Schritt nur unbedacht gethan, Ihm den Tod, Verderbnis bringen kann. Da! er halt vor sich hin stets das Licht, Ihm zur Rechten war die Felsenscliicht, Sie ist niclit mehr, nur Dunkelheit Gahnt ihn nun an von jener Seit\ Doch Ludolf bleibt nicht lange steli’n, Er \vandert weiter ohne umzuseh’n. Da hemmet seinen Schritt ein Felsenpflock, Wie aus der Erde wachst der macht’ge Stock. In einer Felsenhalle sieht er sich, Die aber weiter noch verzweiget sich. Er wahlt zur Linken seinen Weg, Den breiten, harten Felsensteg. Doch horch! welch sonderbar Getos? Als wenn ein Sturzbach rasch voriiberschoss; Er leucht’ voran und sieht von mass’ger Hoh’ Viel Wasser fallhi in einen dunkle t n See, — < 3 > 76 4 ) — Der sich ruliig schmieget an die Felsenschicht’ Und ihm im Spiegel wirft zurtick das Licht. Docli Ludolfs Staunen regt niclit das allein, Zu sciner Rechten sielit er Feuerschein, Der \vie aus einem tiefen Schaclit Zu ihm lierauf ins Dunkel lacht. Verwundert eilet er zum Felsenthor; Da klinget eine Stimme ihm ans Ohr, Die er geli ort, als er zum erstenmal I11 jener Nacht zum Schacht sich stalil. Schnell wirft er nun das Grabscheit wcg, Daneben er d en Spaten legt, Das Licht behalt er in der Iland Und eilt damit zur Felsenvvand. Doch Ludolf — was er sielit, sein Auge blend’t - Eilt ungestiim, so an den Fels er rennt, Dabei ihm fallet aus der Iland das Licht, Das nun verlbscht, da die Latern zerbrieht. Niclit achtet Ludolf dieses Ungefahr, Denn immer grosser wird das Flammenmeer, Das ihm entgegenschimmert aus dem Schacht Mit feenliafter Zauberpracht. Er steht am Eingang, sielit hinab In des gesuchten Schatzes tiefes Grab, Alhvo in purpuriiberzog’nen TrulFn Viel Edelstein’ und glitzernd Schatze ruh’n. Das ist ein seltsam Bild, das er da schaut, Gar seltsam, fast dem Auge er niclit traut; Denn auf dem Hohlengrund tanzt eine Gestalt: Ein Mann gleich einem Knablein klein und alt. - 77 - Es ist der Škrat, der liiipfet da und trillert, Im Zauberlicht sein griines Wamsclien scbillert Er lacht und tanzt und singt ein Spotterlied. Erstaunt der Sanger zu dem Treiben sieht. Auf jedem Dach pfeift es der Spah, Dass hier begrabeh liegt ein Schaiz . Mit Grabscheit, Spat en suchet man, Und mir d en Tod si e jinden dami. Die Spahe n nicht gelehrig sind, Denn weis > ist mir das Menschenkind, Und nun leidet es Schiffbruch da, Bei diesem Schahe. Ha, ha, hal Im schonen, i veiten Krainer-Land Ist mir mir eine Maid bekannt, Die mil der Himmelsblum > sich schmiiekt Und sclbst d en wachsam ’ Škrat enhiickt. Doch Spahen nicht gelehrig sind, Denn weis’ ist nur das Menschenkind. Nun aber leidet’s Schiffbruch da, Bei diesem Madchen. Ila, ha, hal Ja, wenn der Mensch nur dieses iviisst', Dass jene Biutn ' am Berge ist, Der wie ein Zaim beim Triglav sieht, Auf den nur die se Jungfrau gehtl Doch Spahen nicht gelehrig sind, Denn weis ’ ist nur das Menschenkind, Und nun leidet es Schiffbruch da, Bei diesem Berge. Ha, ha, hal 78 4 >— Und der da auf den Berg nicht steigt Und mir die Himmelsblum ' nicht zeigt, Sucht ganz umsonst — e s pfeift der Spalz Umsonst — denn keiner hebt den Schalz! Die Spatzen nicht gelehrig sina, Denn weis ’ isl nur da s Menschenkind, Doch nun leidet es ScJiiffbruch da, Bei mir dem Škrate. Ha, ha, ha! * * * Es scluveigt der Škrat, sein Lied verhallt, Er kriecht in einen Felsenspalt. Wie Donner und Gebraus es kraclit, Da er verschwunden in dem Scliaclit. Die Hobi’, davor der Sanger stand, Schliesst sicli mit einer Felsemvand. Und wie aus einem Traum erwaclit Stelit Ludolf da in finstTer Nacht. Nocb weiss er nicht, was er beginnt, Wie er den Weg nacli aussen find’t, Er tastet an der Felsenvvand Und vviseht sich mit der zitternd’ Hand Den Angstschvveiss von der kal ten Štirn, Darunter brennt ihm das Gehirn. Wo immer ihn der Weg hinfuhrt, Nur immer er im Finstern irrt. Schon mehre Stunden, dass er geht, Wie kalter Tod es ihn anweht. -<$> 79 Sclion iibermannt ilin Miidigkeit, Er fiililt nur lcalte Feuchtigkeit, Er sinket nieder fast erstarrt, Er sinket hin am Felsen hart. Lang mag er so gelegen sein, Denn heller, goldner Sonnenschein Aus einem Spalt zu ihm her lacht, Al s er aus tiefem Schlaf envacht. Er steigt nun wieder himmelan, Und als am Tagesliclit er dann, Sehon-Anka lachend ih n erwart’, Als hatt’ sie seiner da geharrt. Schon-Anka voller Uebennuth, Fragt Ludolf, der voli Zorn und Wuth, Ob er den Schatz gehoben bat, Ob er bekampft den bosen Škrat? Ludolf, den Ankas Spott emport, Erzahlt ihr, was er hatt’ gehort; Bestellt am dritten Tag sie dann, VVenn er zuriick vom Jungfernzahn. Es ragt auf steiler Felsenwand, Der schlanken Fichte gleich, Ein grauer Felsenzack empor, Er ragt ins Ilimmelreich. Er ubersieht das ganze Land, Sieht iiber die Wochein, Er schaut dem hohen Triglav nach, Bis in das Meer hinein. Er gleichet einem Berg am Berg, Doch fiihrt kein Steg hinan. Fragst du nach ihm, so sagt man dir: Das ist der Jungfemzahn f * * * * * Eigentlich «Weiber/ahn», da er im Slovenischen «l>abji zob» heisst. < 5 > 81 <£> Erst zwei Tage sind es, seit der Sanger Ludolf von Schon-Anka sicli entfernt. Dieser wird die Zeit schon lang und langer, Nimmer hatte si e Geduld gelernt. Hin und her sie eilet, von dem Schlosse Zur Doline in den Wald, zuriick. Und nun muss sie, ihre Hand’ im Scliosse, Duldsam harren aufs ersebnte Gliick. Der Abend dammert und Schon-Anka sitzt In dem hellerleuchteten Gemacli, Da tritt Elsbeth herein, ihr Auge blitzt, Sie ist nicht Tnehr das sanfte Madchen, schwach, Denn Kraft hat die Verzvveiflung ihr geliehhi, Mit der sie gegen ihres Herzens Stimme rang; Seitdem der Sanger ihr verloren schien, War ihr so schwer, entsetzlich bang. Wo ist der Sanger? Spridil Du musst es ivissen! Sag mir, kast wohl in den Tod du ihn gejagt? Nicht nur, dass du das Herze ihm zerrissen, Zwangst du ihn noch, dass er es hat gezvagt, Fiir deine Eitelkeit sem junges Leben, Fiir deine Prunksucht dieses hinzugeben! Die Herrin schaut venvundert auf die Maid, Die in soleh schmerzlich’ Tone klagt ihr Leid. Was aber fallt dem Madchen docli nur ein, Dass sie an Ankas Herz sicli wendet, das von Stein. 6 -<£> 82 <$>- Du eitle Dimi sagt Anka, und sie lacht Voli Spott hellaut, dass es im Saale hallt. Du liebst Ludolf? Wer halt' sich das gedacht, Dass solchem Kind das in den Sinu noch falltl Du mochtest also wissen, wo er ist? Ha, hal IVelch neugieriges Kind du bistl Schau dich nur um, ist er im Berge nicht, Dann ist er wohl auf ihm l So Anka spricht. Ludolf steigt, er steiget immer hoher, Klimmt von Zink’ auf Zink’ im Felsenmeere. Vor ihm steht die machtig holie Zacke, Und si e ragt bis in den Wolkenhimmel. Ludolf sieht hinauf nur, nicht zur Seite, Kreist herum stets, schauet niemals riickwarts, Wo nur bodenlose Tiefe gahnet; Himnielan nur strebet ihm die Seele. Dort auf jener Felsenplatte muss sie Bliih’n, die Himmelsblume, die er pfliicken Soli fiir Anka! Nur noch zweimal kreisen Muss er, um sie zu erreichen! Doch die Sonne hatte auch schon zweimal Ihren Kreis vollbraclit. Sie sinket nieder. Nacht deckt finster droh’nd die gaffze Bergwelt. -< 3 > 84 <$— Ludolf wartet, bis des vollen Mondes Scheibe aufgeht, dass sie ihm dann leuchte. Nicht gar lange harrte er, bald strahlt sie, Und bergauf stieg er nun vvieder vveiter, Musst’ um jede Handbreit keuchend ringen, Musst’ sich an den Felsen immer klammern, So den steilen Weg hinauf sich vvinden. Sclion erblasst der Mond, denn wieder tagt es. Wann wird endlich er das Ziel erreichen? Sieh! da winkt ihm eine graue Felswand! Dort muss sein, was er gesucht: die Spitze, Auf der bliiht die Himmelsschliisselblume. Er schwingt sich hinauf — was muss er sehen? Was macht ihn erblassen und erbeben? Vonvarts kanu er nicht, zu keiner Seite. Wi!l zuriick — doch wehe, nicht ein Schritt rnehr, Denn er fiihrt in sicheres Verderben! Was beginnen? Da ist keine Rettung: Ueberall nur Kliift, in der nur Wolken, Blauer Aether, wo der Adler sclnvebet. Ober ihm zur Rechten eine Felswand Ueberneigend, als wollt’ sie ihn erdriicken. Mittlerwei!e \var der Tag im Osten Blutroth angebrochen, und der Sonne Gold’ner Strahi trifft den Verirrten. In das Wolkenmeer, das unter seinen Fiissen sich ausdehnet, schaut der Siinger, D’raus der Berge Spitzen .ragen. »5 Seitdem er von Anka war gegangen, Lebte er von Gletschereis und Felsmoos; Nun fand dieses selbst er nicht mehr, denn ara Fels, auf dem er steht, klebt nicht ein einz’ger Diirrer Strauss. Nun hiess es: Hungers sterben Oder in der Tiefe sich zerschellen. Gold musst’ er ihr suchen! Nun umflutet Sonnengold ihm gliihend heiss die Štirne. Todesahnen zielit hinab und driickt ihn Nieder auf den Stein. Noch denkt er Ankas. Noch ein andres Wesen — Elsbeths Bild ist’s, Das vor’m Aug’ ihm schweb.t, er glaubt die klagend Stimm’ des Madchens wie im Traum zu horen. Und ihm schwindelt, denn die Bergeshaupter Tanzen unter ihm und dreh’n sich kreisend In der endlos blauen Runde. Und er fiillt — ermattet sinkt er nieder, Bald raubt die Besinnung ihm der Schlaf; er traumet. irn rr- Als Elsbethe von Schon-Anka War gegangen, eilt’ sie in die Berge mit dem einsam’ Herzen. Achtet nicht auf Nacht und Nebel, Die auf Berg und Thal sich senken. vSie bekummert nur das Eine, Dass der Sanger in dem Schachte Musst’ sein junges Leben lassen. Ihre tiefe Trauer tragt sie, Ihre unglttckserge Liebe, Die geheim, wie manclie Blume Auf der Alpe, einsam bllihet; Ihren Schmerz, ihr ganzes Leid Fiihrt sie in die hohen Berge. Dort, so weit, allein, von Menschen Ferne, wird sie Kuhe finden. Nimmer will sie zu den Mensclien! In das Thal hinab sie nimmer Kehrt zuriick. So nimmt im Stil len Sie sich vor; denn eine Sennhin Will von nun an sie nur sein. < 3 > 8 7 Elsbeth steiget in derselben Mondnacht, die des Sangers letzte Solite sein: da sein Geliibde Und sein Leben endet, nufwarts. Furchtlos steigt sie immer holier In den Alpen, sicher klimmt sie, Klimmt liinan, \vo nur die Gemse Mit den leicliten, schlanken Fiisschen Hinkommt, denn es schiitzen ihre Schritte die Rojenize. Und so steigt Elsbeth die ganze Nacht empor. Bis sie am Kamme Angelangt, wo eine Matte Saftig griin und voller Blumen, Wie der schonste Wiesenteppich, Hinter einer Felswand liegt, vor Jedem Wind und Schnee geschiitzt. Das ist nun Elsbethens liebstes Pliitzchen in den boben Bergen, Wo kein Menscli sie kann erreichen, Wo goldglanzend gelbe Glocken Bliihen, wie gar nirgends in dem Weiten Thale unten; Wo sie mit den zabmen Gemsen, Die nocli nie den Jager sahen, Spielet; wo sie ganz zu Hause, Denn sie ist dem Himmel nahe; Wo sie singt und sich die Haare Scbmticket mit der Himmelsblumb Tag \var es, als sie die Matte Hatt’ erreicht. Sie war nicbt miide Und nicht scblafrig, denn die Sonne - <£> 88 <£>- Lachte glanzend ihr ins Auge, Und ein frischer Wind ihr brachte Aromat’sche Alpendiifte. Da war ihr ums Herz so wonnig, Und sie setzt sich an den Rand des Schrundes, der die Matt’ begrenzte, Šali liinab ins Wolkenmeer und Sah den Aar dariiber schweben. Šali die glitzernd Bergeshaupter, Pfllickte Blumen sich und stimmte An das Liedchen, das im Traume Ludolf glaubt’ gehort zu haben: Schoner Fremdling} bi st im Herzen Mij' so lieb wie meine Bliiten. Und doch musste ich dich /neiden, Musst’ vor deiner Lieb’ mich hiiten! Schoner Fremdling! liebtest eine Eitle Dirne y die im kalten Steinherz keine Liebe kennet; Die nur zuiinscht zu herrschen, schalten! Schoner Fretndling! musst’ dich lassen, Denn nur eine arrne IVaise Bin ich , hab’ nur Blumen bliihend\ Meine Lieder , klingend leisel Und Lieb-Elsbeth wirft die Blume, Die sie sinnend in der Hand halt, In den Abgrund, schaut ihr nach noch, Wie sie in der Tief ’ verschvvindet. —$> 89 — Doch was sieht sie? Dicht am Abgrund Von dem schmalen Felsenvorsprung, Wohin ihre Blume schwebet Und dann liegen bleibt, da schimmert Deutlich eine Hand herauf. Leiclit kann sie dortliin gelangen, Denn sie kennt ja alle Pfade, Die in dem Gesteine fiihren. Und so springt sie auf voli Neugier — Wahrlich, hold sind ihr die Geister, Doch auch Ludolf sind sie hold! — Eilet wie die flinke Gemse Bergab zn dem Felsenvorsprung, Lugt verstolilen um die Kante, Sieht den Sanger schlafend liegen. Ludolf schiaft. Er traumet Bilder, Die entsetzlich anzuschauen, Voller Grauen, voller Grauel; Sieht sich in Gefahren, Kampfen, In Getummeln und in Wirren, Bis dann diese schwinden und er Ruhig vvieder \veiterschlummert. Da! oh mbcht’ es ewig wahren, Dieses Bild voli hold er Anmuth, Voli enlziickend heitrer Schonheit, Das im Traume ihm vorschwebet! Eine Fee — der Rojenize Eine selbst muss es wohl sein, -- 90 <£- Die auf lichten, lufVgen Schvvingen Eines Schwanes flieget ober Dem entsetzlich tiefen Abgrund, Sich dann auf den Felssprung schvvinget, Ober ihm sich setzt und lachelt. Rosig durch den luftgehauchten, Aus der flaumig’ Silberwolke Feingewob nen weissen Schleier Schimmert ilires Korpers Schone. Und es flattern ihre Haare, Die mit Zephyr kosend spielen, Sonnengoldgekiisst im blauen Himmelsather \vie die Schwingen Eines dunklen, schwarzen Aars. Hold und freundlich, voller Liebe Lachelt sie ihm. Ihrer dunklen Augen Sternenblick sie richtet Voli Entziicken auf den Schlafer. Und sie schwebet und sie lachelt Und sie blickt so lieb auf Ludolf, Mit der einen Hand sie reichet Ihm die Himmelsblume hin. Da ervvacht er — ist es Wahrheit? Oder ist es noch der Traum? Kaum wagt er das Aug’ zu offnen, Will fiir ewig traumen so: Sieht das Traumbikl in Elsbethens Lieblicher Gestah vor sich. -<£ 9 1 — Und er schaut, nocli in Entzticken Vom Getraumten, schaut auf Elsbeth, Die im Haare hat die gold’ne, Gelbe Blume, die die Fee ihm Hatt* gezeigt. Und vor ihm lieget Auch soleh Bliimchen wundersam. Wer hat dich gesendet ? fragt er Sich erhebend. Sirni es Fe en, Die, als Schivester dich betrachtend, Dich zu mir entsendet haben, Dass du mir glas Leben und das Herz , das ich verloren, bringest? Elsbeth lachelt, denn die Stimme Ilat versagt ihr, den geliebten Sanger, den sie todt geglaubet, Hier zu sehen! Fast betaubet Sie jetzt des Geschickes Gunst. Da erschallet von der Hohe Zu den Beiden, die erstaunet Lauschen diesem neuen Zauber, Chorgesang wie Flotenton: Es ist der Rojenize Chorgesang, Der tont zu ihnen hinab. Sie singen von einem glucklichen Paar, Sie singen von einem Grab, — 92 <$>- Sie singen: Es schauet der Jungfernzahn In die Runde weit und breit, Da bltihet am Gipfel die Himmelsblum', Sie bliiht nur fiir eine Maid! Die schmiickt sich das glanzende, schvvarze Haar Mit dieser Blume allein; Sie ist die lioldeste, lieblichste Maid Im ganzen Lande von Krain! Es singen die holden Rojenize Weiter den hehren Gesang; Doch niclit mehr frohlich und heiter er ist, Er klinget traurig und bang. Sie singen von einem eitelen Weib, Von einem Schatz und dem Škrat, Sie singen von Anka, wie die ihr Grab Im Schachte gefunden liat. Kaum war dann das Lied verklungen, Fieng der Himmel unter beiden An zu grollen. Blitze schossen In der schwarzen Wolkendecke. Unter ihnen Donner grollten. Aengstlicli schmiegte Elsbeth an den Sanger sich, ihr war so bang. Ludolf hielt das holde Mitdchen In den Armen. Und ihm war es, Als miisst’ er nun selig sterben. Ihm war es, als miisste er nun —<$> 93 O— In den Himmel blau sich schwingen Oder in die Tiefe sinken: Denn vereint ist selig sterben. Doch es lost sicli das Gevvitter, Und der Wolkenschleier reisset, Uncl die vvaldesgriinen Landen Schauen wieder auf zu ihnen. Willst du, holdes, schones IValdkind, Mit mir sterben? Nun so klamm’re Dich cin mich. Ich zvili im Tode Dick umschlingen. Nimmer lass’ich Von dir. Komni ’ mit mir hinab! Gerne stirb mit dir vereint ich, Wenn du nimmer hier auf Erden Glaubst das Gluck noch zu erreichen, Na eh dem du gestrebet hast. Doch zvozu dein edles Leben Opfern? VVill dich gerne fiihren In das blum'durchzjvirkie Thal. Gerne steig ins blumenreiche Thal mit dir ich , doch mir gerne, Wenn du mir die schbnste Blume Meines Lebens bleiben zvillst. Bin ein Gauherr reich und machtig, Bin ein Fiirst in meinen Landen; Habe einst im Jiellen Hochmuth Mich an meinem Feind vergangen, Der besiegt dure h mich erlag. Habe dami gebiisst, und heute Ist zu Ende mein Geliibde. ■< 3 > 94 <$>- G er ne folg' ich dir, geliebter Mann, du meines Herzens JVonne, Meines Herzens Gliick und Freude! IVill nur dort sein, wo du bist! Beide stiegen nieder in das Thal und zogen dann vereinet In des Sangers Heimatsland. Mein Lied ist zu Ende, Die Sage ist aus. Ich kann niclits dagegen, Sie endet mit Graus! * * * Es wartet Schon-Anka Am dritten Morgen Beim Schachte auf Ludolf Mit Bangen und Sorgen. Sie wartet. Die Wolken Den Himmel umdiistern, Die Tannen rauschen, Die Winde fliistern. Sie wartet. Will Ludolf Immer nicht kommen ? Hat er den Berg wohl Bestiegen, erklommen? — (J. 96 4)' Vielleicht ist er unten Beim Schatze im Schaclit, Dass er schon gestiegen Iiinab in der Nacht? Sie wartet und fraget Und zweifelt und denkt, Bis sie dann entschlossen Die Schritte lenkt In die Doline Zum Škrate hinab, Der hamisch kichernd Bereitet ihr Grab. De n n Anka nicbt schtitzet Der Zauber Elsbeths, Der Ludolf, den Siinger, Umvveht hatte stets. Schon-Anka dacht’ Ludolf Beim Schatze zu finden. \Vohl hatte sie Aengsten, Doch musst’ sie’s bewinden Kiihn springt sie hinunter Da lost sicli ein Stein, ' Er fallt in die Schiissel Des Skrates hinein. Der hatte schon gestern Grabscheit und Spaten Gefunden. Er merkte, Dass Menschen hier traten Er lauert’ auf diese Voli boshafter Freude — Da merkt’ er Schon-Anka Zur Augenweide. —97 Er locket, im Dunkeln Voran ihr schleichend, Mit flackerndein Irrlicht Den Pfad ihr beleuchtend. Sie glaubt es sei Ludolf, Sie eilct nun schneller. Es leuchtet der Schatz schon, Die Grotte wird heller, Da steht sie inmitten Der funkelnden Praclit! — Da donnert’s und braust es, Das blitzet und kracht! Es wanken die Wande, Sie stiirzen zusamm’ Und Strome von Wasser Brausen lieran. Es toset und tobet Und kichert und lacht Der Škrat bat verschiittet Den Eingang zum Schacht ! # * Die Lente, sie sagten: Seit vici hundert Jaliren Nicht so entsetzliche Unwetter waren, Wie damals am Morgen, Da Anka im Schacht Vom Sturm iiberrascht, Dic ITimmelsschlacht 7 —< 5 > 98 — So furchtbar tobte, Dass sie ničlit mehr konnt’ Sich retten. Das Wasser Iiat sie nicht verschont. Es sturzten die Bache Vom Berg mit Gewalt, Der Blitz zersplittert’ Die Tannen im Wald, Es bebte und wankte Die Erde im G rund — Sckon-Anka verschlang der Finstere Schlund! Jbs murmelt und tonet vom Grunde herauf, Es poltert und rasohelt und rauscht, Wenn nah’ der Doline im Walde man ist, Wenn hinab in den Schacht man lauscht. Was stohnt wohl so schmerzlich und achzet im Grund? Ist’s miter der Erde der Lauf Des Baches? Sind’s Geister in lvetten gebannt, Die klirren und klingen herauf? Dem Fremdling, der fraget und lauscht dem Getos’, Wird dann nach dem Volksmund gesagt: Schdn-Anka, die hiitet den goldenen Scliatz, »Sie weinet und seufzet und klagt! v ?.. ]* 1 measamrn BUCHDRUCKEREI IG. V. K L E I N M A Y R & FED. BAMBERG IN LAIBACH. «