N3WZNNM tnr Kunst, Literatur, Theater «.geselliges Leben. Nedigirt von Leopold Kordesch. ^ GH. Montag am O. Dccemder H^H ^ Von dieser Zeitschrift erscheinen wöchenllich zwei Nunimern, jedes Mal ein halber Bogen. Der Preis des Blattes ist in ?aiback aoniiabr,!, ^, N balbiadl,» <> st. Durch die f. f. Poü unier <2<,uvert »,,l porlofre,er Zuscnduna aan^iibrlg U, ba!biabr,g 4 ,1, C,M., und w,rd balb,al>r,a »»raus­ bezahlt. Alle k. s. Postamier nei>»,en Pronumerai,»,, an. I n Der Verbannte. H)urch ferne Meere steuert Ein cixsom Sch,ff daher; Ein Mann sitzt auf dem Verdecke Und schaut hinaus auf das Meer. Der Mann ist ein Verbannter,— Sitzt aber ruhig und sinnt, Und schaut, wie die Wolken ziehen Und schaut, wie der Schau,» zerrinnt. Hier grüßt er weiße Klippe» , Ein grünes Eiland dort; Jetzt kreist cineMev' um den Wimpel, Jetzt lauert ein Hai um de» Nord. Dort taucht es aus ferne». Lüden Wie schneeige Gipfel empor; Dort rudert ein Fischerlanot Aus felsiger Bucht hervor. Das Alles sieht der Verbannte, Das Alles spricht ihn so an, Daß er darüber der Heimat Bei Tag wohl vergesse» kann.— Doch wenn der Tag gesunken. Und wenn er allein so sitzt. Undsternbesaet der Himmel Auf ihn hernieder blitzt; Und wenn er sie sucht am Himmel Die Stcrnlein wohl bekannt, Die einst ihn, so lieblich geleuchtet I m lieben Vaterland. Und wem, ihm so fremd ist Alles, Was drobe» ssimmert und zieht. Und wenn er ganz and're Gestirne, Ganz andere Bilder sieht; Da faßt ihm die zitternde Seele Ein Sehnen, so riesengroß. Da fühlt er so ganz s,ch verwiesen, So ganz sich heimatlos. Da starrt er so thriinmschaucrnd Auf's schlummernde Meer hinaus, Und seufzt 1 »Ach war' ick d» unten, »So war' ich wieder zu Haus!« Ioh. Gab. Veidl. üaibocu eranumeriri man bei», Verleger am siaan, Nr. >YU, ,»> ersten Slorle. Der Vecher des Gzars Eine framischc Wappensage von Ioh. Ninzcnz Sonntag. (Beschluß.) Längst schon halte der Czar die Liebe seines Volkes und des Adels durch Härte und Ungerechtigkeit verloren. Es entspann sich zur selben Zeit eine Verschwörung, wel­che dem Czar und auch seinem Sohne und Thronfolger, Fedor Ioanowitsch, das Leben kosten sollte. Schon seit geraumer Zeit spannen die gewissenlosen Höflinge im Dunkeln den Faden des scheußlichsten Verrathes. — Der Freiherr erging sich eines Abends am Kremel im Garten des Czars. Es war die herrlichste Witterung. Er gedachte des Krainerlandes mit seinen zahlreichen Natur-Schönhei­ten, gedachte der Lieben, welche zu Hause seiner Rückkunft harrten und war glücklich, wie das nur der Gute seyn kann. Der Zufall, der ihn in die dunkelsten Laubengänge des großen Gartens brachte, hatte ihn auch vor einem ge­räumigen Gemache, wo die Pflanzer gewöhnlich ihre Werk­zeuge zu sichern pflegten, uorbeigeführt. Es war schon ziemlich spät und die Thüre des Saales nur angelehnt, in welchem sich laut und heftig mehrere Männer bespra­chen. Deutlich ersah der Gesandte den Kanzler und den Mundschenk; wohl mehr als zehn der höchsten Höflinge wa­ren versammelt und beriethen sich so sorglos und ohne alle Vorsicht, als wäre nur von einer kleinen Jagd oder ir­gend einer Hofneuigkeit die Rede. Sicher wäre der Freiherr weiter gegangen, ohne sich um das Treiben der Versammlung zu kümmern, hätten nicht folgende Worte seine ganze Aufmerksamkeit in An­spruch genommen. „Diese Tropfen gießec in den Mundbechcr des Czars« sprach der Kanzler zum Schenken, „und wenn er mit sei­nem Sohne davon gekostet hat, so verlasset schnell das Gemach, denn das Gift wirkt sogleich." — Lächelnd steckte der Mundschenk das Fläschchen zu sich und fragte: „Aber wann?" — Mehrere Stimmen schrieen: „Morgen!" — „Ja, morgen" sagte der Kanzler, „denn morgen speisen alle Ge­sandten bei Hofe; leicht trifft dann sie der Verdacht der Vergiftung." 254 Leise entfernte sich der Freiherr; sein edles Herz em­pörte sich ob solcher Greuelthaten, und er dankte Gott, den Meuchlern auf die Spur gerachen zu seyn.— „Wohl hat der harte Czar leinen großen Anspruch auf die Liebe sei­ner Völker. Doch woher haben diese niedrigen Giftmischer das Recht genommen, sich eines Fürsten, welchen ihnen die Vorsicht gab, verrätherisch zu entledigen? — Warum soll der schuldlose Thronerbe für die Sünden seines Varers büssen?" sprach der biedere Freiherr und fasice den Ent­schluß, das höllische Bubenstück an den Tag zu bringen. — Er wollte sogleich zum Ruhelager de? Czars vordrin­gen und ihn warnen vor den Ränken seiner hinterlistigen Feinde; doch bald sah er ein, das; er ohne Beweis den mißtrauischen Fürsten doch nicht überzeugen würde. Er ver­schob also sein Vorhaben, nahm sich aber vor, das Thun der Verschworenen genau und strengstens zu bewachen. Es war am darauffolgenden Mittage. Der Czar saß zu Tische, mit ihm der Thronfolger, weiter abwärts die Gesandten auswärtiger Mächte, vermischt mit den Großen des Reiches. Es entfaltete der Fürst der russischen Völ­ler alle Pracht des Morgenlandes. Nur aus silbernen Schüsseln wurde gespeis't, herrliche Weine fremder Zonen perlten in Trinkgefäßen von Gold und Kristall, der Fuß­boden, so wie die Wände des Saales waren mit kostbaren Teppichen belegt; aber auch die Gäste harten sich mit präch­tigem Pelzwerke, Edelsteinen und ausländischen Stoffen geschmückt. Und es brachte der Edelknabe des Czars goldenen, mit Edelsteinen reich besetzten Mundbecher, ein höchst werth­volles Meisterstück eines griechischen Künstlers, welcher nur bei gewißen Feierlichkeiten gebraucht wurde. Schon goß der Mundschenk den schäumenden Rebensaft in das blanke Gefäß, es lächelte boshaft der Kanzler und der Wein war vergiftet. — Der Thronfolger ergriff nach damaliger Sit­te den Becher, um seinem Vater, dem Landesherrn, ein Lebehoch auszubringen. Da trat rasch der Freiherr von Cobenzl hinzu und sprach: „Haltet ein! denn der Tod lauert im goldenen Grunde des Gefäßes: der Wein ist vergiftet!" Und es knirschten die blassen Sünder voll Furcht und Wuth. Sie stürzten zu den Füssen des Czars und fleh­ten um Gnade, denn ihr böses Gewissen hatte sie schon den unbefangenen Gästen verrathen. Der erzürnte Czar aber schwang den Becher und sprach: »Nun Herr Kanzler! trinket den Wein mit euren Spieß­gesellen lustig auf Unser Wohlseyn aus!" Die Schuldi­gen krümmten sich noch immer am Thronsitze vor den Füs­sen ihres Landesfürsten. — Tags darauf wanderten sie nach Sibirien^ Der Freiherr von Cobenzl errang aber für das deutsche Vaterland seit jener Mahlzeit so manchen Vor­theil und erhielt vom Czar jenen goldenen Becher, welchen die Freiherren und Grafen dieses Stammes in ihr Wappen aufnahmen, indem sie auf dem zweiten Helme links den Becher des Czars führten. Der Thurmer. Nachtstüct von lcop,ld Kord csch. (Beschluß.) ^ Da schmorrte es draußen, wie heißes Schmalz oder eine fette Substanz, die man am Feuer zerläßt, und gleich daraufging die Thüre, die aus dem Kämmerlein in die Küche führre, leise, sehr leise auf. — Die Flamme am Herde war erloschen. Ein mattes Licht flimmerte im Hin­tergründe und beleuchtete eines Mannes Gestalt, der »,it einer kleinen Pfanne in der Hand bedächtigen Schrittes in die Kammer trat und sich mit leisen Tritten dem Bette, in welchem die Tochter schlief, tappend näherte.— Es war der Thürmer.— „Um Gott! was soll das?" dachte sich die Fremde, und all' ihr Blut gerann zu Eis, alle Glieder erstarrten ihr zu Stein. I n ungewissen Umrissen ließ der schwache Lichtschein aus der Küche das Antlitz der Schlafenden erkennen; sie hatte, wie die meisten Menschen im Schlafe, den Mund etwas offen. Jetzt war der Alte am Bette. — Da hob er die Pfanne hinauf zum Munde und — o Einsetzen! — goß den glühenden Inhalt der Arg­ losen in den Schlund. — Mi t emporgestreckcen Armen fuhr das unglückliche Opfer rasch in die Höhe, siel aber gleich und ohne Laut, nur mit einem leisen, augenblicklichen Rö­cheln in die Kissen zurück und rührte sich nicht mehr. Aber auch bei der Fremden hätte bald der tödcliche Schreck das bewirkt, was ihr gegenüber der gräßliche Meuchelmord. Langsamen Schrittes zog sich darauf der Alte in die Küche zurück und schloß geräuschlos die Thüre hinter sich. — Jetzt war kein Augenblick zu verlieren, jetzt galt's! „das war mir vermeint, o arme, arme Marie!« dachte schrecker­füllt Agnes, sprang im Nachckleide, wie sie war, blitz­schnell aus dem Bette und in das Zimmer des Alten. Ein mitleidiger Mondstrahl ließ sie die zweite Thüre, die auf die Thurmtreppe führte, erblicken; sie riß sie auf, zog rasch den Schlüssel nach sich und flog mehr, als sie lief, am Seile sich haltend, die tiefe Schneckensticgc hinunter. Ein Glück, daß es eine Wendeltreppe war, sie wäre sonst un­fehlbar verunglückt. Keuchend war sie in der Tiefe an­gelangt; es brauchte einige Zeit, bis sie sich von dem Schwindel erholte. Sie horchte. Grabesstille im ganzen Thurme, außer dem Picken des Uhrpendels von oben.— Sie tappte und griff sich zur Thurmthüre hin, die sie viel­leicht von innen öffnen konnte. Der Schlüssel steckre nicht. Sie versuchte alle ihre Kraft; der Riegel war zu schwer, es ging nicht. Da packte sie wieder unendliche Angst. „Er wird die Thüre oben sprengen, wird mir nachkommen und mein Tod ist gewiß" schlotterte sie vor Angst und Nacht­frost. Da hörte sie Tritte, wie von einer marschirenden Truppe. Es kam näh'er; es ging vorbei. Da schrie sie, an die Thüre polternd, in höchster Angst: „Aufgemacht, um Gotteswillen! Mörder, Mörder! aufgemacht, schnell, schnell!» Und die Nachtronde blieb stehen, kam heran und nach wenigen Augenblicken siel die morsche Thurmthür vor den kräftigen Kolbenstössen der Männer in das Innere des­selben. Die Musquettiere fällten das Bajonnet und dran­gen ein, und der Offizier mit entblößtem Degen rief unter 355 Vorleuchtung eines Gemeinen in den Thurm hinein, was es sey? da stürzte ein Mädchen im leichten Nachtkleidc, kaum halbverhüllt, aus dem unglückseligen Thurme und fiel ohnmächtig dem Kommandanten in die Arme. Nur nach und nach gelang es, sie zu erwecken, und sie erzählte kurz und mit fliegendem Athem die schreckliche That des Kindes­mordes; kaum aber hatte sie ihre abgerissene Erzählung, die man mehr errathen mußte, geendet und die Mann­schaft wollte in das Innere eindringen, als kaum einige Schritte vor der Erzählerin ein menschlicher Körper von der Höhe des ThurmeZ zerschmettert niederstürzte. Es war der Thürmer. Das Entfliehen der Fremden, die schreckli­che Ueberzeugung, eine viel gräßlichere Mordthat, als er wohl vermeinte, vollbracht und sein einziges, geliebtes Kind geopfert zu haben, hatte ihn wahrscheinlich zu dem raschen und ver­zweifelten Encschluße gebracht. Er lag auf dem Steinpfla­ ster zu Brei zerschmettert. Das Mädchen sank bei dieser neuen gräßlichen Scene auf's Neue in Ohnmacht; die Ronde aber umstand dieses unerhörte Schauspiel, das die lautlose Stille der Nacht noch schrecklicher machte,sich be­ruhend, was hier am ersten zu thun sey. Da schlug die Uhr 3 am Thurme, und zugleich ras­selte ein Wagen heran, und immer näher, und blieb end­lich seitwärts am Thurme stehen. Ein Jüngling sprang heraus und half einer alten, unbehilflichen Frau behend aus dem Wagen. „Nun, lieber, ungeduldiger Herr Schwiegersohn, sind wir zur Stelle, allein Sie haben auch diese tolle, nächtli­che Fahrt auf Ihrem Gewissen, von der ich mich lange nicht werde erholen können" sprach die Frau aus der Ka­lesche steigend. „„Was ist denn das?"" fragte der junge Mann, die Männer im Kreise bemerkend, die mit der La­terne einen am Boden liegenden Gegenstand und ein Frau­enbild umstanden. „Es ist der Thürmer« referirte der Offizier, „er hat sich so eben aus Verzweiflung vom Thurme herabgestürzt, nachdem er seine einzige Tochter ermordet. Nur Schade um das schöne Mädchen!" „„Ja so ist es!«" bekräftigte Agnes, aus der Ohn­macht erwachend. Und hin auf die zerschmetterte Leiche stürzte bewußt- und lautlos die alte Frau, neben ihr sank mit einem Schrei der Jüngling zu Boden. — Es war Marions Mutter und — Heinrich. Theater - Zustände. Von W. A. «cile. l. Bühnen-Kritik. Die poetische Kritik, zumal jene der Bühne, ist in der neuesten Zeit so sehr in Verfall gerathen, daß es sich wohl der Mühe lohnen dürfte, einige ihrer Hauptgebrechen et­was näher zu beleuchten, und über dieselben — auf die Gefahr hin, daß die Stimme ungehört verhalle — einen Ruf in die Wüste hinaus ertönen zu lassen. Die beiden ersten Kapitaltugenden des ästhetischen Kritikers, deren Mangel bei der Mehrzahl unserer soge­ nannten Theater-Necensenten so fühlbar wird, sind Red­lichkeit und Unpartheilichkcit. Wenn wir in unsern neuesten Blättern Lob oder Tadel des Dichters oder des Darstellers lesen, so erfahren wir in der Regel, -— leider mit sehr wenigen Ausnahmen — nicht mehr, als ob der No­tizenuerfertiger dem Künstler wohl oder übel null, und un­sere Referenten, wenn sie auch in allem Uebrigeu weit hin­ter den Kritikern der früheren Zeit zurückgeblieben sind, haben wenigstens eine bewunderungswerthe Fertigkeit vor diesen voraus, sich für jeden einzelnen Fall ein eigenes Sy­stem zu bilden, wie sie es gerade bedürfen; ja wir lesen oft dicht hintereinander in einer Zeitschrift die Beurtei­lung zweier Dramen von ganz gleichem Geiste und Ten­denz, manchmal von demselben Korrespondenten, der sich für das eine — das Werk eines Freundes — Principien er­funden hat, die diesem eine Stelle neben Shakespeares und Schiller's unsterblichen Werken anweisen, während das zweite — von einem Gleichgültigen oder Verhaßten ge­dichtet —nach einer Gegenfüßler-Aesthetik verworfen wird. Eben so geht es mit den Künstlern, und nur durch diese Manipulatio n (man verzeihe mir diesen Ausdruck, da doch bei Notizlern solcher Art die Hände mehr Theil an ihren Aussprüchen nehmen, als der Kopf) wird es erklär­lich, warum Hr. A" und Mad. B* in C" bis an die Wolkon cr­hoben, in D* aber ohne Gnade in den Erebus gestürzt werden. Mancher Kritikus steht auch in zu genauer Ver­bindung mit Dircctionen und Schauspielern — am gcfähr­lichsten bleibt es, wenn er selbst Bühnendichter ist — und ich habe schon am Morgen das Urtheil eines solchen Herrn über die Produltion des vorigen Abends gehört, worin er auf Ehre versicherte, die Leute hätten unter aller Kritik gespielt, und am Abende las ich seinen Bericht, welcher eine ganz vollendete Darstellung schilderte. Nicht minder selten fehlt Geschmack und Reife des Urtheils, und das mag wohl daher kommen, daß in vielen deutschen Städten die älteren Männer vom Fache sich ganz von der Bühnenkricik zurückgezogen, und dieselbe der lieben Jugend preisgegeben haben, die, eines Theils vorschnell im Urtheile, leicht zu enthusiasmiren, selbst für das Unvollkommene und Fehlerhafte, wenn es nur glänzt, andern Theils auf alle Weise leicht zu blenden ist, da we­der ihre Bildung vollkommen abgeschlossen, noch sie die nö. thige Umsicht sich erworben hat, um mit Festigkeit und Si ­cherheit vergleichen und abwägen zu können. Ein Jung­ling, der vom Lande zur Hauptstadt kommt, hat in seiner Vaterstadt mit einer Population von 20«o Seelen, wo­runter auch ein schöner Geist, höchstens die Produktionen einer herumziehenden Truppe gesehen; zum Unglück macht er im Kaffehhause die Bekanntschaft eines literarischen Werbers, der ihn durch die Aussicht auf ein kleines Hono­rar, das ihm etwa sein Theater-Abonnement ganz oder zum Theile deckt, manchmal nur durch ein Freiexemplar dieser oder jener Zeitschrift —der Wonne nicht zu gedenken,sich gedruckt zu sehen — kirrt, daß er die Korrespondenz für das viel­gelesene Blart übernimmt. Die erste Nummer, in wel­cher seine Beunheilung über das neueste Drama von E' enr­ SHO halten ist, erscheint, und der bartlose Kunstrichter trägt das Blatt so lange, bis es in Zunder zerfällt, aus seinen Zirkeln in's Kaffeh- und Speisehaus, um es Jedem vorzu­lesen, der es hören will oder —muß. Zufällig hat er sich aus den vielen Notizen, welche er gelesen, einige Floskeln und Kunstausdrücke gemerkt, die er in einem recht reno­mistischen Tone verarbeitet, wie er seinen jungen Bekann­ten vorzüglich zusagt. Noch zufälliger finden sich unter den Zuhörern, vor welchen er sein Licht leuchten läßt, ein Paar Schauspieler, die Herren F* und G^, die aus dem brillanten Pathos, womit er sein Werk vorträgt, den Ver­fasser leicht errathen, und in ihm einen Dramaturgen pro­phezeien, der Lessing und Schlegel und Tiek in die Tasche und aus der Tasche foppt. Man ungarnt ihn mit den freundlichsten Schmeicheleien; man macht ihn mit ein Paar weiblichen Mitgliedern des Kunstoereins, Mad. H" und Dem. I * bekannt, und bald hat er gelernt, Alles schön zu finden, was man ihm vorspielt. (Beschluß folgt.) G h a r a d e Zweisilbig. Flüge . Wem blühet wohl am herrlichsten das Leben? — A»tw . Wem noch die erste Silb e nicht entschwunden. Frage . Wer mag des Glückes Gipfel wohl erstreben? Antw . Wer nach des Herzens Wunsch die zweite hat gefunden. Frage . Wo ist der Unschuld Nlüthe still «erborgen? Antw . I n meines Ganze n frohem Lcbensmorgen. Nevue des Mannigfaltigen. I n einer süddeutschen Stadt, schreibt der „Spiegel " wurde unlängst von einigen jungen Leuten ein bejahrtes, unverheirathetes Mädchen, das sich vielleicht etwas zu jugendlich geschmückt haben mochte, auf einem Balle als sogenannte „alte Jungfer" so sichtbar verhöhnt, daß die Unglücklich? sich im Nebenzimmer aus dem Fenster hinab auf die Strasse stürzte und zerschmettert niederfiel. — Warum finden nicht nur thörichte Jünglinge, sondern selbst gereifte Männer häufig eine alte Jungfrau lächerlich? — Viele dieser einsam Alternden sind einst reizende Schön­heiten gewesen. Unsere Väter haben für sie geglüht. Weil aber vereitelte Hoffnungen das Glück ihres Lebens auf immer vernichtet haben, verspottet man die Armen! Warum erregen nur die Reste einer gewesenen Menschen­schönheit nichts als verächtliche Gefühle, und auf die Mau­ern alter Burgtrümmer schreiben »vir ehrfurchtsvolle, schwär­merische Lieder? Sind doch die Burgtrümmer nur Steine und Schutt, hier aber haust eine menschliche Seele. I n Brüssel trug sich unlängst eine orignelle Gauner­geschichte zu. Ein dem Ansehen nach sehr vornehmer Fremder, der das dortige Theater besuchte, bemerkte bei seiner Rück­kehr in seinem Gasthofe den Verlust einer Brillamnadel von hohem Wcrche. Nachdem Alles vergeblich durchsucht wor­den, bar er einen Theater-Oekonom, einen Preis von 2«o Franken auf die Wiederauffindung dieser Nadel auszu­setzen. Der Oekonom glaubte der Artigkeit halber, dies thun zu müssen, und bald erschien eine Person, welche, nachdem sie sich erst sehr genau das verlorne Kleinod be­schreiben lassen, dasselbe gegen die versprochenen 200 Fran­ken ablieferte, die der Oekonom gutmüthig auslegte. Al­lein derjenige, der die Nadel verloren, ließ sich nicht seh­ en, und so kam man auf den Einfall, den Werth des an­geblichen Kleinods einer Untersuchung zu unterwerfen, und da fand es sich denn, daß dasselbe kaum 5 Franks werth war. Der Finder und Verlierer, die nicht mehr ausge­mittelt werden konnten, schoben inzwischen die erbeuteten 200 Franken in ihren Sack. — Neuerlich wiederholte Versuche führen das Resultat, daß die Wärme der Erde sich auf 51 Fuß Tiefe um ei­nen Grad steigere. Daraus folgt, daß in einer Tiefe von 8200 Fuß das Wasser siedet, und in einer Tiefe von 12 deutschen Meilen Felsen schmelzen, woher auch die vulka­nischen Ausbrüche und die heißen Quellen sich erklären lassen. I n Philadelphia haben zwei Aerzte gegen eine Lun­genschwindsucht die inwendige Ansehung uon Blutegeln, welche mittelst silberner Rohren in die Kehle gebracht wur­den, mit dem besten Erfolge angewandt. Flüchtige Bemerkungen über das Leben in Prag An Herrn Moschus in Laibach! lieber uns zwei, mein Verehrter, wird die l!arri!n1!n nicht gut zu sprechen sen», denn Sie schrieben eine Ewigkeit hindurch keine turrenic» Briefe, und ich keine Genre« und Guckkastenbilder. Ich kann auch keine Ur­sache davon angeben, will jedoch nicht zweifeln, daß wir vielleicht snmpaihi­siren, denn ich glaube w Do» Ouirotte und Soncho Pausa, zu einem Mustkkorps und endlich sogar zu Duellanten zu verwenden. Doch auch hier fand sich ein Herr Novak , dem es durch jahrelanges Mühen ge­lungen ist, gleiche Wunderdinge hervorzubringen. — Staunen Sic, lheuer­ster Herr Moschus, über die Forlschritte unserer Kunst, bei deren Erwäh­nung man über seinen Palctüt noch einen ungarischen Pelz anziehen mochte. I n unserer Literatur wird es sehr rege. Friedrich Buch , ein jun­ger, sehr tale,ilirtcr Dichter, gab in Leipzig ein Bündchen Gedichte heraus, die durch ihre Gemülhlichkeit und zugleich Kraft ungemein ansprechen; es herrscht in viele» eme idyllisch erklärende Prävalenz der schönsten Saiten des menschlichen Gefühls, und die oft frappanten, oft barotken Wendungen stnd höchst interressaut. Johann G r i »i endete ei» Drama : »Der Maler und Bildhauer", das eine schöne Sprache, aber Mangel an krustiger Markirung der Charaktere und an dramatische,» Effect besitzt; —ein Heft: »Lieder eines deutschen Jünglings« von demselben Verfasser soll nächstens erscheinen. Die mitgelhcllten Proben schwächen bedeutend die Erwartungen. Der Almanacy: »C amelIie n« vom Grafen Schirnding wurde in diesen Tagen herausgege­ben und zeichnet für,, der prachtvollen Ausstattung als seine,» InHalle nach, seor vortheilhaft »us; «Naphtali« eine Novelle von Isidor Heller wird als die beste gerühmt; Gedichte vo» Ebcrt, Her! of, söhn, Fried. V » ch und Alfred Meißne r lobt man sehr.—Dies Unternehme» hat das Gute > März oder April von mir ein Almanach: »Erinnerung anTepüz" erscheint, wird Ihnen Ornwli a scho» mKgetheilt haben; ich bemerke nur, daß !>>!> diese,» Unternehmen Literaten von bedeutendem Nnfe angeschlossen habe», und daß demselben von Nielc» ein sthr günstiges Horoskop gestellt wird. (Beschluß folgt.) Laibach. Druck und Verlag von Joseph Blasnik.