J -G=^'*ixfnv- DENKSCHRIFT DES TRIESTER PROGRESSO-VEREINS in Betreff der Verlangerung der Kronprinz-Rudolfsbahn bis Triest und der Vervollstandigung des k. k. Istrianer Staatseisenbahnnetzes behufs Erzielung einer directen Eisenbahnverbindung Triests iiber Istrien mit Fiume. Aus dem Italienischen 1ii)er3etzt. TRIEST. BUCHDRUCKEREI DES OSTERR,- UNGAR. LLQ^?D. 1880 . i\ v ^„ %;r "Tl . ' : .rbet'.. DENKSCHRIFT DES TRIESTER PROGRESSO-VEREINS AN DAS HOHE K. K. MINISTERRATHS-PRASIDIUM in Betreff der Verlangerung der Kronprinz-Rudolfsbahn bis Triest und der Vervollstandigung des k. k. Istrianer Staatseisenbahimetzes behufs Erzielung einer directen Eisenbahnverbindung Triests liber Istrien mit Fiume. Aus dem Italienischen. iibersetzt. TRIEST. BUCHDRUCKEREl DES OSTERR.-UNGAR. LLOYD. l88o. f\C r- Ur- Vr^ Im Selbstverlage des Triester Progresso-Vereins. Der Triester „Progresso-Verein“, dessen Augenmerk, dem Zwecke seiner Einrichtung entsprechend, haupt- sachlich und fortvvahrend auf ali dasjenige gerichtet ist, was mit der FSrderung der materiellen und moralischen Interessen der Stadt zusammenhangt, beschaftigte sich in seiner Sitzung vom 17. d. M. mit der Besprechung der Eisenbahnfrage, deren baldige und giinstige Losung das Wobl der Stadt und einer nicht unbedeutenden Anzahl der wichtigsten Kronlander aufs lebhafteste be- riihrt; er ertheilte bei dieser Gelegenheit seiner gehor- samst unterfertigten Vertretung den ehrenvollen Auftrag, die dabei zum Ausdrucke gekommenen Wiinsche Einer k. k. Regierung zu unterbreiten, daniit selbe in ihrer hohen Weisheit und mit den ihr zur Verfiigung stehenden Mitteln in dieser hochst wichtigen Angelegenheit die geeignete Abhilfe treffe. Ein Blick auf die Karte Europas, mit gleichzeitiger Bedachtnahme der Interessen Triests, genugt, um sofort die traurige Ueberzeugung zu gewinnen, dass unser von der Natur vermoge seiner vorziiglichen Lage auf das hochste begiinstigster Hafen, was Eisenbahnverbindungen mit dem Inlande anbelangt, bisher auf das stiefmiitter- lichste behandelt wurde. Dieser trostlose Zustand, den wir Jahr auf Jahr, bei jedem fiiglichen Anlasse und in jeder moglichen Form, aber leider stets vergeblich hervorgehoben haben, wird von Tag zu Tag in dem Masse driickender, als in Folge der statigen Fortentwicklung des Eisenbahnwesens fort¬ vvahrend neue Weltverkehrslinien fiir andere Hafen zu unserem hochsten Nachtheile geschaffen werden. Statt nun an diesem allgemeinen grossartigen Auf- schwunge des Verkehrs den ihm von rechtsvvegen ge- buhrenden Antheil zu nehmen, geht fiir Triest nicht blos in stets zunehmendem Masse ein grosser Theil seiner friiheren Wohlfahrt verloren, sondern es sieht sogar jenen Handel in fortvvahrender Abnahme begriffen, welcher ihm vermoge seiner geographischen Lage gleich- sam als unbestrittenes Eigenthum vorbehalten bleiben solite. Wer die hiesigen jahrlich zur Veroffentlichung kommenden statistischen Tabellen iiber die See- und Handelsbevvegung Triests ohne eine eingehendere Priifung zu Rathe zieht, konnte leicht in den Irrthum verfallen, dass unsere Zustande doch nicht so arg bestellt sein. Zu einer solchen Tauschung geben eben die be- sagten Tabellen Anlass, weil in denselben der sogenannte Transitoverkehr nicht besonders hervorgehoben und von dem im eigentlichen Wirkungskreise des Platzes gele- genen Zwischen- und Eigenhandel in anschaulicher Weise abgesondert erscheint. Dieser Transitoverkehr stellt nun leider heut zu Tage den grossten Theil unserer Gesammthandelsbe- wegung dar, vvahrend der Eigenimport und Export des Platzes sowieder vermittelnde Commissions- undZvvischen- handel auf vvinzige Verhaltnisse herabsinkt, ein sicheres Anzeichen des Verfalles, der im Allgemeinen allen Ver- mittlungsplatzen droht, wenn nicht der naturlichen Ent- wicklung der eigenen Thatigkeit geeignete Massregeln, namlich Entfernung der Hemmnisse und Gewahrung zweckmassiger Unterstiitzung zu Hilfe kommen. Aber selbst wenn wir unseren Eigenhandel gegen unseren Willen theilweise einbtissen sollten, ware uns durch die Vertrostung auf einen grosseren Transitover¬ kehr durchaus kein gebuhrender Ersatz geboten, und es mogen in dieser Absicht was immer fiir geniigende und in gevvisser Hinsicht erfreuliche statistische Zahlen vorgefiihrt vverden, wir geben uns ins dieser Beziehung gewiss keiner Tauschung hin. Wir miissen vielmehr, auf jede nur mogliche Weise zur Selbsthilfe greifend, darnach trachten, aus Triest einen Weltmarkt zu schaffen und unser Emporium zum bevorzugten Stapelplatz fiir den Orient und dessen ent- legenste Gestade einerseits und die siidlichen, centralen und nordlichen Lander Europas anderseits herauszubilden. Um dieses Programm, wenigstens theilweise, zu ver- wirklichen, ist es vor Allem nothvvendig, die unsere gegenvvartige Eisenbahnverbindung mit dem Inlande be- trefifenden Verhaltnisse ohne Verzug zum Besseren zu wenden, d. h. die grosse Frage der billigeren Landtrans- portfrachten einer uns giinstigen Entscheidung entgegen zu fiihren. Nur wenn unserem Handel niedrige Eisen- bahntarife zur Verfugung stehen vverden, wird es moglich sein, den Verkehr nach unserem Hafen in grossartigem Massstabe zu erhohen und in Folge der mit dem geho- benen Verkehr zusammenhangenden giinstigen Riickvvir- kung die fiir einen grossartigen Export durch unseren Hafen unbedingt nothvvendige Billigkeit der Seefrachten zu erzielen. 4 Einen solchen Zustand vorausgesetzt, wird sich die Thatsache, die wir heute mit Beschamung iiber uns ergehen lassen mussen, nicht mehr wiederholen, dass wegen zu theuerer Landfracht Waaren in gewissen Richtungen auf dem Seewege von Triest iiber Venedig, Fiume und selbst Hamburg dem Orte ihrer Bestimmung zugefiihrt werden mussen. Ein neuer erheblicher Aufschwung der Handels- thatigkeit wird sich alsdann unzweifelhaft einstellen und neue Importhauser, deren geringe Anzahl wir heute, in Folge der kiinstlich herbeigefiihrten Einschrankung un- seres Verkehres, lebhaft bedauern mussen, werden sich freiwillig wieder einfinden, sobald ein erweitertes und gesichertes Absatzgebiet der eingefiihrten Producte eine lohnende Verwendung des Capitals in Aussichtstellen wird. Andererseits wird die inlandische Industrie zu kaum geahnter Grosse sich aufschwingen, wenn ihr durch billigen Bezug des Rohmateriales und auf dem namlichen Wege iiber Triest durch billigen Land- und Seetransport die Moglichkeit geboten sein wird, sich auf iiberseeischen fremden Platzen concurrenzfahig behaupten zu konnen. Wie ware es nun mSglich, sich solchen Hoffnun- gen auf eine bessere Zukunft hinzugeben, wenn wir noch fernerhin verurtheilt bleiben sollten, uns mit einer ein- zigen und iiberdies in auslandischen Hfinden befind- lichen Eisenbahnverbindung begniigen zu miissen, d. h. auf dem Standpuncte, den wir bereits vor 2 3 Jahren inne hatten, zu beharren, wahrend andere Handelsplatze alle ihre Krafte aufbieten, um ihre Verkehrsverbindungen zu verbessern und zu vermehren? Von der richtigen Erkenntniss ausgehend, dass die Grundlage der nationalen Wohlfahrt hauptsachlich in der Beschaffung guter Verkehrsmittel bestehe, haben bereits mehrere Regierungen im wohlverstandenen Staats- interesse sich bewogen befunden, neue Eisenbahnlinien auf eigene Rechnung zu bauen und andere bereits be- stehende, jedoch in Privathanden befindliche, kauflich an sich zu bringen. So hat z. B. die italienische Regierung das ge- sammte Eisenbahnnetz der Halbinsel erworben. Zwar wurde der Betrieb, mit Ausnahme Oberitaliens, jedoch nur auf einige Jahre, Privathanden iiberlassen, aber das Eigenthum ist nunmehr dem Staate gesichert. Ungarn besitzt bereits ein eigenes ziemlich ausge- dehntes Eisenbahnnetz, und vor nicht langer Zeit hat es die Strecke Karlstadt-Agram von der Siidbahn erworben, mit der deutlich ausgesprochenen Absicht, zwischen seinem Seehafen Fiume und der Donau ausschliesslich ungarische Staatseisenbahnlinien herzustellen, und wird sicherlich dessen Regierung in ihrem Bestreben fortfahren, nach und nach sammtliche Eisenbahnen des Konigreiches, welche gegenwartig noch Privateigenthum sind, an sich zu bringen. Was hat nun bisher die kaiserliche Regierung zu Gunsten dieses so bedeutenden Hafens des Adriatischen Meeres gethan ? Mit tiefem Schmerze mussen wir es leider beklagen: Triest wurde, was neue Eisenbahnverbin- dungen anbetrifft, bisher, und dies schon seit sehr langer Zeit, in der empfindlichsten und schadlichsten Weise total ausser Acht gelassen. Beinahe jahrlich werden im Innern der Monarchie bedeutende Eisenbahnstrecken dem Verkehre iibergeben, viele davon in der aufs deutlichste ausgepragten Absicht, neue Verbindungen behufs des Productensaustausches nicht nur zvvischen dem Osten und dem Westen, sondern auch jenes in der Richtung von Suden gegen Norden und umgekehrt herzustellen, ohne dabei zu beriicksich- tigen, dass dadurch unserem Platze und unserer Handels- marine ein bedeutender Schaden zugefiigt wird. Abgesehen von der andauernden und seit langeher verderblichen Concutrenz, vvelche uns die nordischen Hiifen in Folge der ihnen zur Verfiigung stehenden ver- schiedenen ausgezeichneten Fluss- und Eisenbahnstrassen rnachen, erleiden wir gegenvvartig durch die concurrirende Thatigkeit der Donau-Dampfschiffahrts-Gesellschaft und der Galizischen Bahnen, welche mit den im Schwarzen Meere ausmiindenden russischen Bahnen zusammentreffen, einen gewaltigen Abbruch in unseren althergebrachten Handels- beziehungen mit dem Oriente, einem Gebiete, in welchem wir vermoge unserer besonders gunstigen Lage und manch anderer Riicksichten stets den Vorrang behaupten miissten. Diesel' Nachtheil durfte uns in der Folge noch empfindlicher treffen, sobald die verschiedenen tiirkischen, serbischen und rumanischen Bahnen zur Ausfuhrung ge- langen und deren Betrieb, im Zusammenhange mit den ungarischen Bahnen, gehorig geregelt sein wird. Und nicht genug damit, vvahrend wir genothigt sind, auf einen ausgiebigen Verkehr mit der Sclrsveiz, Suddeutschland und den nordwestlichen Landern Europas zu verzichten, da unsere Nebenbuhlerinnen Genua und Venedig vermoge ihrer Lage dabei im Vorsprunge sind, mussen wir es noch ersehen, dass, in Folge neu ausge- fuhrter Bahnstrecken in Suddeutschland und in Bohmen, unser Waarenaustausch selbst mit diesern letzteren Lande, dessen Handelsgebiet uns aus naturlichen Griinden beinahe ausschliesslich zukommen solite, ernsthaft gefahrdet erscheint. Um zur Ueberzeugung der Wahrheit des bisher Gesagten zu gelangen, geniigt eine eingehendere Prufung der nachfolgenden tabellarischen Ausweise der kilome- trischen Entfernungen von unserem und den anderen concurrirenden Hafen nach einigen der bedeutenderen Stationen, in welchen Ausweisen einige der neuprojec- tirten Linien bereits mit in Betracht gezogen worden sind. Von den Eisenbahnprojecten des St. Gotthard, des Arlberg, der Valsugana und der Tauern, welche unseren nordwestlichen Verkehr tangiren, kann man blos die 5 beiden ersten vorlaufig als gesichert betrachten, ja die Linie des St. Gotthard wird vielleicht schon im nachsten Jahre dem Verkehre ubergeben sein und Genua dabei am meisten zu Statten kommen. Wahrend, wie aus beiliegender Tabelle Nr. I. ersicht- licb, heute Venedig um Kilm. 178 und Triest umKilm, 294 von Ziirich entfernter als Genua liegen, wird diese Ent- fernung fiir Venedig nur Kilm. 1 15 und ftir Triest Kilm. 3 19 ausmachen. Venedig wird einen gewaltigen Vor- sprung liber uns gewinnen und wir werden dabei verlieren. Die Entfernung von Venedig nach Lindau am Boden- see ist heut zu Tage um Kilm. 116 geringer als jene von Triest und um Kilm. 34 geringer als jene von Genua. Mit der Eroffnung der St. Gotthardsbahn geht dieser Vortheil ftir Venedig verloren, denn es wird von Ziirich um Kilm. 275 entfernter liegen als Genua. Und wer kommt nun Venedig dabei zu Hilfe ? Zweifelsohne die jiingst beschlossene Arlbergbahn. Ist diese einmal zu Stande gebracht, wird unsere grossere Distanz im Vergleiche mit Venedig, stets Lindau als Zielpunct betrachtet, unverandert bleiben, d. h. vvir vverden fortfahren um Kilm. 116 entfernter zu liegen, vvahrend Venedig der Verbindung Genua-St. Gotthard gegeniiber eine Abkiirzung von Kilm. 190 gewinnt, da dessen grossere Entfernung, statt Kilm. 275, nunmehr Kilm. 85 betragen wird. Dies beweist auf das augen- scheinlichste, dass die Arlbergbahn, wenn auch in stra- tegischer und fiir andere Lander selbst in okonomischer Hinsicht empfehlensvverth, fiir uns nur eine unterge- ordnete Bedeutung haben konne. Ist es somit sichergestellt, dass unsere grossere Entfernung von Lindau sowie auch von Miinchen Venedig gegeniiber stets Kilm. 116 mehr betragen vvird, so ist es anderseits auch ausgemacht, dass durcb den Ausbau der Valsuganabahn nach Trient Venedig einen vveiteren Vorsprung von Kilm. 58 gewinnen wird, und dass dann unsere grossere Entfernung fiir alle unsere Verkehrsbeziehungen vvestlich des Brenners, die Hohe von Kilm. 174 erreichen wird. Ein Anschluss unsererseits an die Valsuganabahn iiber Monfalcone-Cervignano-Portogruaro-Motta-Monte- belluna-Bassano, wiirde jedenfalls unserem Waarenver- verkehre mit dem Venetianischen und dem Trentino zu Gute kommen, aber unsere inferiore Stellung, was die Gegenden jenseits Innsbrucks betrifft, nicht vvesentlich modificiren, da in jener Richtung hin sich unsere Ent¬ fernung im Vergleiche zu Venedig nicht um einen Kilo¬ meter vermindern vviirde, ganz abgesehen davon, dass wir in Trient dem Monopole der Siidbahn verfallen wtirden. In der That ergibt es sich, dass, vvahrend wir heute iiber die kiirzeste Strecke Cormons-Pontebba- Pusterthal von Innsbruck entfernt liegen . Kilm. 5 ii V enedig iiber Verona bis dahin nur . . „ 3g5 d. i. Kilm. 116 vveniger zu befahren hat, und wenn diese neue Bahnlinie zu Stande kante, wiirde unsere Entfernung alsdann wie folgt betragen : Triest-Monfalcone (mit der Siidbahn) . Kilm. 33 Monfalcone-Bassano . „ 141 Bassano-Trient. „ 94 Trient-Innsbruck. „ 1 85 Zusammen Kilm. 453 vvahrend Venedig iiber Bassano nach Trient . Kilm. i 52 von Trient nach Innsbruck .... „ 185 Zusammen Kilm. 337 mithin ebenfalls um Kilm. 116 vveniger entfernt liegen vvird. Eine Aufbesserung unserer Stellung in Bezug auf diese Linie vviirde uns jedenfalls und sicherlich zu Theil vverden, vvenn auch die projectirte Strecke Portogruaro- S. Donii-Mestre zum Ausbaue gelangte, da vvir eine rationellere und convenirendere Verbindung mit Venedig und dem jenseitigen Gebiete gevvinnen vviirden. Diese „Adriatisch-Alpinisch“ genannte Linie, ob- vvohl fiir den Augenblick, was unsere Handelsbeziehungen mit dem Westen anbelangt, von untergeordneter Be¬ deutung, kbnnte in der Folge auch fiir uns von hervor- ragendem Interesse vverden, sobald deren Vervollstandi- gung ihr den Werth einer Verbindungslinie nach dem Oriente und somit den Charakter einer vvirklichen Welt- bahn verleihen vviirde. Diese Vervollstandigung liesse sich in der besten Weise und im Einklange mit unseren eigenen Interessen vervvirklichen, vvenn man ftir die Herstellung einer Bahn¬ linie Sorge triige, vvelche Triest iiber Istrien hinvveg mit dem jenseits Fiume sich entfaltenden orientalischen Bahnnetze in Verbindung brachte, auf vvelchen Gegen- stand vvir spater zuriickkommen vverden. Dem Tauernprojecte, als einer hochst kostspieligen und ausserst schvvierigen Linie, kbnnte Triest auch in Anbetracht des Umstandes, dass die Salzkammergutbahn den gleichen Zvveck in hinlanglich niitzlicher Weise erfiillt und denselben noch besser erreichen vviirde, vvenn die Strecke Ischl-Salzburg zum Ausbau gelangte, keine besondere Wichtigkeit beilegen. Salzburg ausge- nommen, finden vvir keinen bedeutenderen Platz, dem diese Linie zu Gute kame. Um unserseits Miinchen zu erreichen und uns entvveder in vvestlicher Richtung dem baierischen Bahn¬ netze oder durch das nordvvestliche Gebiet Miihldorf zuzuvvenden, vviirde diese Tauernbahn, selbst vvenn die von Freilassing direct dahin fiihrende Strecke erbaut vverden solite, der Concurrenz Venedigs nicht Stand zu halten vermogen. Kamen die beiden Linien der Valsugana und der Tauern zum Ausbau, vviirden vvir allerdings Salzburg 6 Venedig gegeniiber mit einer Ersparniss von Kilm. 89 erreichen, d. h. mit einer Befahrung von nur Kilm. 447; setzt man jedoch die Befahrung vveiterer Kilm. 153 von Salzburg bis Miinchen hiezu, dann betragt unsere Ent- fernung bis zu letzterem Platze Kilm. 600, vvahrend jene Venedigs blos Kilm. 512, immerhin also Kilm. 88 weniger betragen vviirde. Wenn man die Kilm. 447 bis Salzburg mit den Kilm. 85 bis Miihldorf zusammenzahlt (vorausgesetzt immer, dass die baierische Regierung diese Strecke ausbaue), werden wir bis dahin Kilm. 532, namlich Kilm. 23 mehr als die Kilm. 509 Venedigs zu befahren haben. Was uns am meisten am Herzen liegen muss, vveil es mit unseren Interessen auf das innigste zu- sammenhangt, haben wir hauptsachlich in der Verbes- serung unserer Verkehrsverbindungen und in der ent- sprechenden Herabsetzung der Frachtsatze nach den siidlichen, centralen und nbrdlichen Gegenden Europas zu suchen, indem wir gleichzeitig mit dem benachbarten Fiume darnach trachten miissen, den Handelsverkehr des reichen Donaubeckens so viel wie moglich dem Adria- tischen Meere zuzuvvenden, denn dieser Verkehr nimmt bekanntlich den grossten Theil unserer Handelsthatigkeit in Anspruch. Im Vergleiche zu Triest befindet sich heute Fiume in einer weit giinstigeren Stellung, Dank dem ausgie- bigen Schutze der koniglich ungarischen Regierung, vvelche dem Monopole der Slidbahn wohlweislich einen Riegel vorzuschieben wusste. Fiume hat nunmehr zwei Eisenbahnlinien, deren gegenseitige Concurrenz dem Platze ausserordentlich zu Statten kommt'. Fiume ist gegenwartig ganzlich unabhangig von der Siidbahn bis Battaszek an der Donau, und wenn von Dombovar, oder einem anderen Puncte der Strecke Zakany-Battaszek aus, eine Verbindungslinie mit der Semlin-Pester Bahn zu Stande kommen solite, wird es in vielleicht nicht langer Zeit, mittelst einer zweiten von der Siidbahn ebenfalls unabhangigen Linie mit seiner Hauptstadt Pest verbunden sein. Die Entfernungen, vvelche sich im Vergleiche zu Fiume fiir uns ergeben, sind aus der beiliegenden Ta- belle Nr. II. ersichtlich. Ein Project, dessen Vervvirklichung wahrscheinlich nicht lange auf sich warten lassen wird, ist jenes einer Linie Karlstadt-Sissek liings der Kulpa. Durch diese vviirde unsere gegenvvartig um Kilm. 55 grossere Entfernung von Sissek — im Vergleiche zu Fiume — um weitere Kilm. 32 vermehrt, d. h. auf Kilm. 87 gebracht vverden. In Anbetracht nun, dass Sissek an der Save der vvichtigste Stapelplatz des Handelsverkehres mit der untgren Donau ist, miissen wir diesen Umstand besonders ins Auge fassen und deshalb mit gebieterischer Nothwendigkeit darnach trachten, auf alle jene Mittel Bedacht zu nehmen, vvelche geeignet erscheinen, die uns daraus erwachsenden Nachtheile so weit als moglich abzuvvenden. Die ofters ausgesprochene Idee der Erbauung einer airecten und convenirenden Linie nach Karlstadt miisste natiirlichervveise von unserer Seite eine warme Befiir- vvortung finden, wenn sich uns nicht die Ueberzeugung von deren unpraktischer Seite aufdrangte, sovvohl der ubergrossen Kosten als auch der geringen Unterstiitzung wegen, vvelche wir vvahrscheinlich seitens der koniglich ungarischen Regierung in Bezug auf Concessionirung und Ausbau dieser, deren eigenes Territorium durch- schreitenden Strecke zu gevvartigen hatten. Dafiir bietet sich uns ein anderes Project als vorziiglich annehmbar dar, namlich die Completirung des istrianischen Staatseisenbahnnetzes in der Art, dass von der Hauptlinie ab, etwa bei Lupoglava oder einer anderen besser gelegenen Station, in der Richtung gegen Mattuglie durch eine Abzvveigung die Verbindung mit Fiume hergestellt und nebstdem das bereits durchstu- dirte Project der Verbindung Triests mit Inner-Istrien mittelst einer Abzvveigung von Pinguente oder einer anderen besser situirten Station aus iiber Figarolla und Caresana bis zu dem der Stadt Triest nachstgelegenen Vallone di Muggia ausgefiihrt vverden solite. An letzterer Stelle, sei es nun bei Servola oder St. Andrea, ware als- dann ein eigener Hafen sammt Station anzulegen, welche mittelst einer einen kleinen Tunnel unterhalb St. Gia- como durchlaufenden Giirtelbahn mit der gegenvvartigen Station in Verbindung zu bringen ware. Auf diese Art liesse sich mit einer Kostenersparniss von jedenfalls etlichen Millionen und, was nicht minder in die Wagschale fallt, binnen einer nicht allzulangen Zeitfrist, da nur die Erhebungen auf der gčringen Strecke Lupoglava-Mattuglie fehlen, eine um circa 40 Kilm. klirzere, von der gegenvvartigen unabhangige Verbindung Triests mit Fiume und Karlstadt herstellen. Die Durch - fiihrung dieser Linie vviirde auf keine bedeutenden Schwierigkeiten stossen; einige Kunstbauten, von ubrigens nicht allzugrosser Bedeutung, waren hochstens bei Ospo und bei dem Uebergange vom Vragnathale bis zum Abhange Lovranas nothvvendig, jedoch vvurden deren Kosten durch den Ertrag der Gesammtlinie reichlich eingebracht vverden. Diese Bahn vviirde nach Vervoll- standigung der Strecke Karlstadt-Sissek nicht nur unsere Verbindung mit letzterem Platze in convenirender Weise herstellen, sondern uns auch den unschatzbaren Vortheil einer niitzlichen Concurrenz mit der Siidbahn darbieten. Dieser letztere Umstand allein reicht schon hin, diese Linie zu befiirvvorten, selbst wenn unsere effective Ent¬ fernung bis Sissek im Vergleiche zur gegenvvartigen iiber Nabresina-Steinbriick-Agram (Kilm. 338) beinahe gleich (Kilm. 340) ausfallen solite. Vermoge dieser Eisenbahnverbindung wiirde Triest, bis auf die Belastung fiir die Strecke nach Fiume,. vvelche 7 auf das niedrigste gestellt werden solite, aller Vortheile letzteren Platzes in den Verkehrsbeziehungen mit Dal- matien, Bosnien, der Herzegowina, Slavonien, Serbien und allen iibrigen siidostlichen Landern theilhaftig werden, wahrend letztere umgekehrt durch die liber Triest-Cor- mons und die ubrigen nach dem Brenner, Arlberg, St. Gotthard und Mont Ceniš fiihrenden Linien eine directe internationale Verbindung mit Oberitalien und den westlichen Gebieten Europas erhielten. Was jedoch unsere Verbindung mit den siidlichen, centralen und nordlichen Landern Cisleithaniens, welche das uns von der Natur vorbehaltene Handelsgebiet dar- stellen, betrifft, diirfen wir uns wohl der Hoffnung hin- geben, dass die Hohe k. k. Regierung nichts unterlassen werde, um durch Verbesserung der Verkehrsmittel der uns auch auf diesem Felde drohenden Gefahr in zweck- massigster Weise zuvorzukommen. Diese Gefahr besteht aber darin, dass, wie beiliegende Tabelle Nr. III. erweist, nach Ausbau der Valsugana-Linie, Venedig uns durch einen kiirzeren Weg sogar bis Prag iiberfliigeln wiirde. Es ware gewiss hochst wiinschenswerth, wenn die Hohe Regierung es durchsetzen konnte, in den freien Besitz der Siidbahn und des ganzen von derselben ab- hangigen Bahnnetzes zu gelangen, da durch ein solches Radicalmittel den durch das Monopol dieser Gesellschaft uns zugefiigten und immer schlimmer sich gestaltenden Uebeln ein fiir alle Mal ein Ende bereitet sein wiirde. Aber solite auch dieser Wunsch jetzt nicht ausfiihrbar sein, so ware unserem Wohle fiir den Augenblick nicht minder vortheilhaft gedient, wenn die Hohe Regierung, den Vorsatz verfolgend, alle Bahnen nach und nach an sich zu bringen, gegenwartig rasch beschliessen wollte, die gesammte Kronprinz-Rudolfsbahn nebst der Salzkammer- gutbahn als Eigenthum zu erwerben und den Ausbau der ersteren bis Triest mittelst einer von der Siidbahn giinzlich unabhangigen Verlangerung zu vollenden. Zwar ware die Pontebbabahn, als die kiirzeste und mit vortheilhaften Betriebsbedingungen ausgestattete, am besten geeignet, eine billige Verbindung mit der Rudolfs- bahn zu ermoglichen. Nachdem jedoch die Strecke Triest- Cormons von der Siidbahn abhangt und iiberdies der Uebelstand der Durchschreitung fremden Gebietes im Wege steht, bleibt kein anderes Mittel zur Verfiigung, um der Siidbahn eine wirksame Concurrenz zu bereiten, als der Ausbau der Rudolfsbahn bis Triest. Der Ausweg, sich mit der Siidbahn zu vereinbaren, um billigere Frachtsatze auf der Strecke Laibach-Triest zu erzielen, ware eine halbe Massregel, nur dazu geeignet, vveniger klugen und minder weitsichtigen Leuten ein wenig Sand in die Augen zu streuen. Der Nutzen dieses Auskunftsmittels bliebe immer ein hochst unvoll- standiger und ware jedenfalls nur „temporar“, wabrend in der Hauptsache die Wirkung die ware, dass durch weitere neunzig Jahre der Siidbahn das Recht vorbe- halten bliebe, als einzige Eisenbahnlinie iiber unseren Handel und unsere Schiffahrt unumschrankt zu walten und zu gebieten. Die Stadt Triest muss sich daher wohl hiiten, zu wiinschen oder sich etwa bereit zu erklaren, einen der- artigen Ausgleich iiber sich ergehen zu lassen. Zwei Alternativprojecte behufs Verlangerung der Rudolfsbahn stehen bereit zu unserer Verfiigung, namlich die Linie Tarvis-Predil-Gorz-Vallone-Triest und jene von Laak-Prawald-Triest. Wir halten es fiir iiberfliissig, uns iiber dieselben in weitere Einzelheiten hier einzu- lassen. Nach Allem, was dariiber schon gesagt und geschrieben wurde, hatten wir heute blos Allbekanntes und sattsam Erortertes zu wiederholen. Im Wesentlichen handelt es sich darum, Triest mit einer neuen Eisenbahn zu versehen, welche dessen directen Anschluss an die Rudolfsbahn zu bezvvecken hatte. Die Aufgabe liegt klar vor! — Man priife demnach sofort die beiden Projecte, vergleiche dieselben mit einander von allen Gesichts- puncten aus auf das gewissenhafteste, und jenem von beiden, welches das Interesse des Staates, der verschie- denen daran mitbetheiligten Lander und unser eigenes zugleich am meisten fordert, gebe man alsdann den Vorzug. In Anbetracht, dass der Termin der tempo- raren Verzichtleistung der Siidbahn auf ihr Pralations- recht baldigst ablauft, kann die Hohe k. k. Regierung bei dieser Gelegenheit unmoglich in Unthatigkeit ver- bleiben. Wir enthalten uns absichtlich, unsere Ansicht iiber die Wahl des einen oder des anderen der beiden in Rede stehenden Projecte auszusprechen, damit nicht etwa, bei eventueller Meinungsverschiedenheit, dieser Umstand wieder hervorgehoben werde, um nichts zu be¬ schliessen, wie es in den vergangenen Jahren immer geschehen ist. Wie die Hohe Regierung es vveislich verstanden hat, die temporžire Verzichtleistung der Siidbahn auf ihr Pralationsrecht rechtzeitig auszuniitzen, um noch in diesem Jahre den Bau der Arlbergbahn zu Guirsten Vorarlbergs und anderer an dieser Linie mitinteressirten Lander zu beschliessen, ebenso mbge sie, wie wir es hoffen vvollen, verfahren, um zu Gunsten Triests, Bohmens, Oberosterreichs, Steiermarks, Karntens und Krains die Verlangerung der Rudolfsbahn bis Triest aut Staatskosten, ebenfalls noch rechtzeitig, zum Beschlusse zu erheben. Diese Bahn, welche man durch so viele Jahre zur Passivitat verurtheilte, so dass bisher beinahe an 5o Millionen Gulden daran so zu sagen verschleudert vvurden, wiirde nach ihrer Vervollstandigung in eine der activsten und rentabelsten umgestaltet werden. Falls die kaiserliche Regierung sich z. B. ent- schliessen solite, die Eisenbahn Bodenbach-Dux, die Kaiser-Fran^-Josefs-Bahn und vorlaufig auch nur blos die Strecken Saatz-Weipert der Buschtehrader, jene 8 Pilsen-Saatz-Dux der Pilsen-Priesner, endlich jene von St. Valentin-Budvveis der Kaiserin-Elisabeth-Bahn in ihren Besitz zu bringen, wurde der Staat, mittelst der bis Triest verlangerten Rudolfsbahn, ein grossartiges, unabhangiges Schienennetz von liber iooo Kilometer vom Adriatischen Meere bis zu den Grenzen von Eger, Weipert und Bodenbach zur Verfiigung haben und uns dadurch in entsprechendster Weise mit den vorziiglichsten Stadten und Hafenplatzen des nordlichen und nord- westlichen Deutschlands, wie Dresden, Altenburg, Chem¬ nitz, Leipzig, Halle a. S., Magdeburg, Braunschweig, Hannover, Bremen, Hamburg, Llibeck, Stettin und Berlin in Verbindung bringen. Ferner wlirden wir, Krain, Karaten, Steiermark und Oberosterreich durchschreitend, den westlichen Theil Centralbohmens und rnithin Prag auf dem kurzesten Wege erreichen, ohne von der weiteren vortbeilhaften Verbindung zu sprechen, die wir durch den Anschluss bei Scheerding mit Bezug auf die Grenze von Passau flir unsere Handelsbeziehungen mit dem siidvvestlichen Deutschland uber Regensburg gewinnen wiirden. Eine derartige Eisenbahnlinie, mit niederen und convenirenden Frachtsatzen ausgestattet und zu unserer Verfiigung gestellt, vvtirde flir sich allein schon hinreichen, um unsere commerciellen und maritimen Verhaltnisse, sowie jene der Industrie des Inlandes auf das giinstigste umzugestalten und jeder schadlichen Concurrenz gleich in ihrern Entstehen Einhalt zu thun. Die Hohe kaiserliche Regierung konnte auf keine bessere Art dem Gemeinwohle niitzen, als sie es durch Herstellung und Freigebung einer derartigen Verkehrs- verbindung erzielen \viirde, durch \velche dem Inlande die billige Ausfuhr der landwirthschaftlichen, Montan- und Forstproducte ermoglicht, die vaterlandische Indu¬ strie gehoben und der Hafen von Triest, sowie auch die Schiffahrt zu neuem Flore gebracht wlirden. Zur Vervollstandigung derselben wlirde nur noch der Ankauf der Sud-Nor ddeutschen Verbindungsbahn, der Nordivestbahn und der Anschluss der letzteren an die Rudolfsbahn, mittelst einer Linie von Amstetten iiber Zwettel-Schwarzenau nach Iglau und eventuell weiter iiber Saar bis Wildenschwert fehlen. Ist einmal auch dieses erreicht, dann konnte man den Plan, den Hafen Triests mit dem grossen Staatseisenbahnnetze in Verbindung zu bringen, als beinahe vollstandig erreicht betrachten. Unsere Verbindungen mit Bohmen vviirden sich dadurch zu den besten gestalten, und indem wir solcher Art bis zu den Grenzen von Zittau, Seidenberg, Liebau und Niederlipka gelangten, wlirden sich auch unsere Handels¬ beziehungen mit den Stadten und HafenplStzen des nord- ostlichen Deutschlands, wie Gorlitz, Frankfurt a. O., Schweidnitz, Liegnitz, Breslau, Posen, Thorn, Brom- berg, Danzig, Konigsberg verbessern, ja selbst bis War- schau und andere darliber hinausliegende Stadte Russ- lands ausdehnen, sobald die Linie von Breslau iiber Kempen-Sieradz bis nach Lodz ausgebaut sein wlirde. Nachdem die Eisenbahnlinie Triest-Wien, sowie jene des Brenners, Eigenthum der Siidbahn sind, wird letztere, wie es sich von selbst versteht, durch die in Rede ste- hende von allgemeinen Riicksichten verlangte Abhilfe eine niehr oder minder grosse Einbusse in ihren Sonder- interessen erleiden. Dies kann uns jedoch von der Ver- folgung unseres hoheren Zweckes nicht abhalten, nachdem das Wohl der Gesammtheit dem des Einzelnen vorangeht und ersteres mit Vorzug vom Staate in Schutz zu nehmen ist. Nur durch den Ausbau der Rudolfsbahn, als einer von Scheerding, St. Valentin, Amstetten bis zum Meere ganzlich unabhangigen Linie und besser noch, durch den Erwerb der tibrigen oben angedeuteten Strecken, behufs Herstellung einer Gesammtlinie, wird es dem Staate moglich sein, den Wohlstand der daran bethei- ligten Lander und unseres Hafens insbesondere, zu rege- neriren und sicher zu stellen. Bei Eisenbahnen mit lang ausgedehnter Fahrstrecke ist eine Reduction der Tarife leicht durchfiihrbar und dies um so leichter, wo es sich um einen weit ausge- breiteten und ausgiebigen Verkehr handelt, wie solcher in -unserem Falle vermoge der vorziiglichen Lage Triests sich unzvveifelhaft einstellen wiirde. Mit der projectirten Linie konnte wohl der Staat, ohne eigenen Schaden einen Special-Ein- und Ausfuhr- Tarif zvvischen Triest, den Grenzpuncten und den be- deutenderen Stadten obenbesagter Kronlander einftihren, wobei der Satz von einem Kreuzer per Kilometer und Tonne als hochstes Mass anzunehmen ware. Auf Grund eines derartigen Tarifs konnten wir z. B. von Prag Zucker mit einer Fracht von circa 90 Kreuzer per 100 Kilogr. statt der heute zu bezahlenden fl. 2.44 beziehen, und mit der gleichen Fracht von 90 Kreuzer konnten bis dort Kaffee, Baumvvolle, Farbe- holzer und Petroleum importirt werden, statt wie heut zu Tage der Fracht von fl. 2 . 65 5 und fl. 2 . 23 5 zu unterliegen. Um so vorzuglicher werden sich alsdann, wie natiir- lich, unsere Beziehungen mit den uns naher gelegenen Pliitzen, der nordischen Concurrenz gegenuber, gestalten. Wir wollen uns hier mit dem Gegenstande der Tariffrage nicht besonders befassen. Es wiirde zu weit fuhren, vvenn wir durch Discutirung der einzelnen Frachtsatze den Beweis liefern wollten, wie wir nur in Folge der zu hohen und willkurlichen Tarifaufstell- ungen, hinsichtlich gevvisser Artikel, in der Concurrenz mit anderen Platzen unterliegen mussen und wie dieses Uebel sich in der Folge noch lirger gestalten wird, wenn uns nicht bald die gevvunschte Hilfe entgegen- kommt. Wir wiederholen es noch einmal und auf das bestimmteste: durch die Ausfuhrung der in Rede ste- henden Linie wird die Regierung sich im Allgemeinen 9 ganz gewiss in der Lage befinden, uns die erwiinschten und wirklich convenirenden Tarife bieten zu konnen. Man konnte nie genug den Irrthum Derjenigen bekiimpfen, welche noch immer der falschen Ansicht sind, den Werth einer Eisenbahn nach dem einzigen Kriterium der mehr oder minder grossen Abkiirzung der effectiven Distanz zu bemessen. Wir sind der festen Ueberzeugung, dass nicht eine Ersparniss von 10, 20, ja selbst 5 o Kilometer fiir sich allein, sondern nebstdem die Betriebsbedingungen, die Kosten und vor Allem die vollstandige Unabhangigkeit die entscheidenden Factoren sind, um zu bestimmen, ob eine Linie geeignet sei, mit einer anderen bereits bestehenden in Concurrenz treten zu konnen. Mussten wir nicht von diesem Gesichtspuncte aus- gehen, konnten wir uns geneigter finden, das Tauern- project, sowie jenes einer Linie liber den Loibl von Fesnitz nach Klagenfurt zu befiirworten. Durch dieses letztere Project wiirden z. B. die beiden Hauptstadte Klagenfurt und Laibach, den Um- weg liber Tarvis-Villach vermeidend, durch eine von der Stidbahn unabhiingige circa 80 Kilm. kiirzere Bahn mit einander in Verbindung treten, welche Thatsache allein hinreichend erscheinen konnte, um den Ausbau dieser Linie zu empfehlen und zu rechtfertigen. Eine derartige Distanzersparniss wiirde auch uns zu Gute kom- men, was Klagenfurt und alle nordlich von Launsdorf gelegenen Stationen anbelangt. Wenn wir jedoch be- denken, dass diese Strecke Fesnitz-Loibl-Klagenfurt, sowie jene von Triest-Vallone-Gorz-Predil-Tarvis nicht geeignet ist, den passiven Betrieb der Strecke Laibach- Tarvis aufzubessern, miissen wir uns der Ueberzeugung hingeben, dass der momentane Verzicht unsererseits auf den Vortheil der Abkiirzung in der Richtung gegen Norden, reichlichen Ersatz finden wird in der Moglich- keit einer grosseren Herabsetzung der Tarifsatze, welche die directe und unabhangige, obvvohl langere, Verbin- dungslinie darbieten wird. In der vorausgegangenen breiteren Auseinander- setzung haben wir es unternommen, durch Hervorhebung der gegenvvartigen und kiinftighin sich ergebenden Ent- fernung Triests nach gewissen Richtungen hin, die wahre Lage unseres Platzes vergleichsweise darzustellen, aber wir halten gleichzeitig fest an unserer innigen Ueber¬ zeugung, dass die Wiederbelebung unseres Handels hauptsiichlich davon abhiingt, dass uns Concurrenzlinien zur Verfligung gestellt vverden, welche vermoge ihrer relativ geringeren Anlage und geringeren Betriebskosten sich in der Lage befinden sviirden, auch im eigenen wohlverstandenen Interesse uns factisch mit moglichst niedrig gestellten Tarifsatzen dienlich sein zu kSnnen. Jede andere wie immer gestaltete Massregel, welche nicht ernstlich das Ziel verfolgen solite, endlich mit dem Monopole der Stidbahn und zwar ein fiir alle Mal und griindlich aufzuraumen, wlirde die Erreichung des beab- sichtigten vvohlthatigen Zweckes ganzlich verfehlen. Das Monopol der Siidbahn allein ist die Ursache unseres gegenvvartigen traurigen Verfalles. Nur diesem Monopole miissen wir es zuschreiben, wenn uns gegen- wdrtig von allen Seiten gefahrliche Concurrenzen er- wachsen und sich andere, noch gefiihrlichere, fiir die Zukunft in Aussicht stellen. Wenn wir nun das bisher Gesagte kurz wieder aufnehmen und vvir von den Massregeln, die besprochen wurden, jene, deren nahere Wiirdigung von der vor- laufigen Erfiillung der nun darzustellenden Wtinsche abhangt, von denjenigen abscheiden, welche wegen ihrer Dringlichkeitkeinenweiteren Aufschub zulassen, so miissen wir uns vor Allem gehorsamst erlauben, einer Hohen Regierung auf das nachhaltigste in Erinnerung zu bringen, dass mit Ende des gegenvvartigen Jahres der Termin der Verzichtleistung der Siidbahn auf ihr Pralations- recht zu Ende geht, und dass, bei nicht gehoriger Aus- niitzung dieser kurzen Zeitfrist, der Handel Triests und der mitinteressirten Lander bis zum Jahre 1970 dem Monopole der Siidbahn preisgegeben sein wiirde. Dies vorausgesetzt, erlauben wir uns Ein Hohes k. k. Ministerium auf das instandigste zu ersuchen, Hoch- selbes moge geruhen: 1. Die Fortsetzung der Rudolfsbahn bis Triest auf Staatskosten, ungefahr mit den bei der Arlbergbahn angewendeten Modalitaten und jedenfalls rechtzeitig genug, damit der Bau noch in diesem Jahre beschlossen und gesichert werden konne, zu beflirworten und in Vor- schlag zu bringen, vvelcher Vorschlag darin zu bestehen hiitte, dass die sofortige Inangriffnahme des Baues der von der Siidbahn vollstiindig unabhangig herzustellenden Verlangerungslinie, sei es in der Richtung von der Station Laak iiber Pravvald bis Triest oder in der Richtung Tarvis-Predil-Gorz-Vallone ebenfalls bis Triest erfolgen solite, jenachdem das Parlament, nach Kenntnissnahme beider ihm gleichzeitig vorzulegenden, auf das Gewissen- hafteste ausgearbeiteten, gepriiften und revidirten Projecte, sich fiir die grossere Convenienz des einen oder des anderen derselben entschieden haben wird. 2. Das Nothige zu veranlassen, damit die Vervoll- standigung des gegenwartigen k. k. Istrianischen Staats- eisenbahnnetzes so bald als moglich zum Beschlusse erhoben vverden konne, welche Vervollstiindigung darin zu bestehen hiitte, dass mittelst einer doppelten Ab- zvveigung von der Hauptlinie, einerseits von Lupoglava oder einer anderen besser convenirenden Station aus in der Richtung gegen Mattuglie die Verbindung mit Fiume, andererseits von Pinguente oder einer anderen besser convenirenden Station aus liber Figarolla-Caresana die Verbindung mit Triest in der Bucht von Muggia her- gestellt, und dabei gleichzeitig darauf Bedacht genommen vvlirde, sei es bei Servola, sei es bei St. Andrea, die 10 mit einem eigenen Hafen zu versehende Station anzu- legen und letztere mit der gegenwartigen Station in Gretta mittelst einer einen kleinen Tunnel unterhalb St. Giacomo durchlaufenden Verbindungslinie in Verbindung zu bringen. Gelingt es Einer Hohen Regierung, durch wohl- wollendes Entgegenkommen und kraftige Unterstutzung diese unsere Wiinsche zur That werden zu lassen, dann wird Hochselbe auch das unbestreitbare Verdienst fiir sich in Anspruch nehmen konnen, die Grundlagen fiir das Wiederaufbliihen des sinkenden Wohlstandes dieses TRIEST, ara i8. September 1880. ersten und vorziiglichsten Emporiums der Adria gelegt zu haben. Dann wird es aber auch Sache unserer Han- delsleute und Rheder, sowie auch der Industriellen des Inlandes sein, vermoge ihrer erprobten Tiichtigkeit das Uebrige zu thun, um die Scharten, welche eine ver- fehlte und schon seit mehreren Decennien andauernde Handelspolitik unserer und der allgemeinen Prosperitat beigebracht, in kiirzester Zeit auszuwetzen und den Han- del Triests sowie jenen des Inlandes, zum Wohle der Gesammtheit, auf den vor Jahren bereits innegehabten hohen Standpunct wiederum zuriick zu bringen. Der leitende Ausschuss des Progresso-Vereins. Adv. Antonio Dr. Vidacovich Prasident. Adv. Felice Dr. Consolo — Vintenzo Puschi Vice-Prasidenten. Adv. Giovauni Dr. Benco — Antonio Boccardi — Cesar e Combi — Adv. Bdoardo Dr. Janovitz Eugenio Dr. Morpurgo — Adv. Tancredi Dr. Raicich. -A/VW*. .. v BEILAGE I. C © -p © a o d M g © N ti ti -P •H fl d o -d c CC „-/3 ££ c5 -O S ** o 3 rt 2*2 S s s S ^2 &a « Fl ^ .cj c« - £f'rt 2 3 g 22 & |g P -Ef -3 O 3 « e "2 M JC* t£ ^ ^ C O 5 6 a 2 TJ o c Cf M 43 C 5 2 ^ j| g-g 2 = •S?|J l|l N.S O > , 4£ 2~*-).2 ar ti >a, s >£’"f ižši |>2 1-8 - o ^ — "O s o rt ^ oJ»K rtCU: 3 _i. > , >2 * « TS -H u rt 1 ^=5 5 g /tNJ TJ 2 c rt a sS« O U ^'O C o O «—. [£= CB .2 '«.0 C 1 p. u rt -O Sgrt ^N-a | § El -J '. Sr krt C0.«3 OJ (3 ^.is ^ s 15 -2 S* >CJ • -5 >&. • cŽ II? ‘ 5 c U o_S- c.. — : ■ > - rt W 3 « £ g/i «Xl c J p « rt x< «2 o-= 1—4 N TJ o e •232 >u . o g .5 •_ °:3 - ^ c rt r-- ■' >5' g s c 2 g '8 ►^CQ .3 .Ji 5 >0- - rt tf> - 'O 5^5 -2 C- 3 3 > I 0:3 >0 eg_ rt "t? •Jo.H .3 Šn >2 . 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