10931.7 ^>Mchtnisre5e auf ivcilnnd Keine FüWWslichcn Gnuden und Erceiienz den Hochwürdigsten, Hochgeborenen Herrn Ar. Johannes Japtista Awerger, Fürstbischof von Serkan, Sr. k. u. k. Apostolischen Majestät wirklichen Geheimen Rath, Ritter der Eisernen Krone erster Classe, Grobkreuz des kais. österr. Franz- Joseph-Ordens, Mitglied des Herrenhauses des österr. Reichsrathes, Mitglied des steierm. Landtages, k. u. k. Hof-Kaplan u. s. w. n.s. w., gehalten in cker Nutlreärulkirclie St. Ftgiäi zu Gruz nm von Dr. Mirlfael Uapotnilr, G r a Mertags.Wuchkandturrg ,Stnrirv. 1893. 109317 M. k. AnivLrsitnts-Gnchdrnckerei , Styria' in Grax. „Hio srwt iLLKiius saosräos, czni in äisims suis oorroboravit tsmpluni." „Dieser war ein großer Priester, der in seinen Tagen die Kirche stützte." (Dvoli. 50,1.) Andächtige, in christlicher Trauer Versammelte! Fürstbischof Johannes Zwerger ist todt. Wisset ihr nicht, dass ein Fürst und ein großer Mann in Israel gefallen! Gefallen ist ein Tugend- und Thatenheld! — So hallt es von einem bis zum an¬ deren Ende der weitschichtigen Seckauer Diöcese, hallt es hinaus über deren Grenzen und hinein nach Tirol und über die Lande des altehrwür¬ digen Donaurciches und: weiter über dessen Gaue in ferngelegene katholische s Kirchensprengel. Eine Kirchensäule ist gebrochen, die des Hohen und Heiligen soviel getragen; ein Pfeiler ist in die Erde gesunken, auf dem des Guten und Großen, des Schönen und Edlen unter dem österreichischen Episkopat soviel geruht, sagt's der Bischof dem Mitbischofe. Ein gottliebender und menschenfreund¬ licher Hoherpriester ist nicht mehr, klagt's der Priester dem Priester. Einaufopferungsvoller Hirt hat uns verlassen, wehklagen die verwaisten Schäflein. Unseren klugen und weisheitsvollen Rathgeber haben wir verloren, seufzt der fromme 1* 4 Ordensmann und jammert die gottgeweihte Kloster¬ frau. Unseren zärtlichen Vater und hochsinnigen Wohlthäter finden unsere Augen nicht mehr, weint's der Arme dem Armen vor. O, weint nur, ihr Armeu uud Kranken, ihr Witwen und Waisen um euren Vater; und wie viele Thränen ihr weinet, ihr werdet deren nicht soviele weinen, als dieser großmüthige Mann in seinem Leben ge¬ trocknet! Ein goldechter Patriot ist von hinnen gegangen, meldet's der Bürger dem Mitbürger. Und ich trauere wehmuthsvoll um meinen bischöf¬ lichen Mitbruder, lieben Nachbar und väterlichen Freund, bei dessen Hinscheiden ich das Gefühl habe, dass mir das Herz genommen. So stehen wir denn alle, Liebwerte im Herrn, tiefbetrübt und erschüttert an der Todtenbahre eines Lieblings Gottes und der Menschen, stehen am Sarge eines apostolischen Mannes und weinen und dürfen weinen. Weinte doch auch Jesus am Grabe seines Freundes Lazarus, und Jesus war mehr als Mensch, und er hat so geweiht und ge¬ heiligt die Thräne im Auge der christlichen Trauer. Ja, wir weinen, weinen aber nicht wie Heiden, die keine Hoffnung haben (I. Thessal. 4, 1.2), sondern wie Christen, welchen Christus im Himmel Wohnungen bereitet (Johann 14, 2). Was wir Woche um Woche in Angst, in Besorgnis und Bangen befürchtet, das ist nach Gottes unerforsch- lichem Rathschlusfe wirklich geschehen. Seine Fürst¬ bischöflichen Gnaden und Excellenz, der Hochwür¬ digste und Hochgeborene Herr Dr. Johannes 5 Bapt. Zwerger, Fürstbischof von Seckau, weilt nicht mehr lebend, sondern nnr mehr todt in unserer Mitte. Versehen mit den heiligen Sterbe- saeraMenten, diesen stärksten Stützen auf der Reise in die Ewigkeit, hauchte der große Mann seine große Seele aus um 11 Uhr und 15 Minuten nachts vom 14. auf den 15. August. O verhäng¬ nisvolle Nacht für das verwaiste Bisthum Seckau! Als allernächster Nachbar erhielt ich vom hoch¬ würdigsten Domeapitel mit der Trauerknnde zu¬ gleich die traurige Einladung, dem Verblichenen ein letztes Abschiedswort, einen letzten Scheide¬ gruß zu sagen. Guter Gott! In solch fährnis¬ voller Lebenslage befand ich mich bislang noch niemals. Von wehmüthiger Trauer erfüllt und herbem Herzeleid beherrscht, soll ich bei meinen schwachen Kräften in Gegenwart illustrer Kirchen¬ fürsten, sehr ehrwürdiger Ordensvorsteher und hochansehnlicher Staatswurdenträger dem an Tu¬ genden und Verdiensten so reichen Kirchenfürsten, soll ich inmitten guter Hirten und treuer Schäf- lein ihrem vielgeliebten und innigstverehrten Ober¬ hirten die Leichenrede halten. O wie gerne ver¬ löre ich mich unter den Trauernden und mischte meine Thränen mit den ihrigen; o wie viel lieber verstummte ich unter deni allgemeinen Schmerze und meinem Seelenkummer, als dass ich redete! Allein nur der Wille Gottes, den ich in dem Wunsche des hochwürdigsten 'Domeapitels erblicke, verleiht mir Muth; und zudem stärkt mich das Bewusstsein mächtig, dass ich eine heilige Pflicht erfülle, so ich die glänzenden Tugenden und Ver¬ dienste des apostolischen Bischofes Johannes öffent¬ lich rühme und Preise, der über ein Viertel¬ jahrhundert*) die Kirche Gottes in der ausge¬ dehnten Seckauer Diöeese so segensvoll, gelenkt und geleitet. Überdies tröstet mich die Überzeu¬ gung, dass meine Ansprache an die in Christo dem Herrn trauernden Zuhörer keine Lobrede auf den Verewigten sein dürfe, wie eine solche Hoch- derselbe zwar unweigerlich und unbestritten ver¬ dient, sie aber bei seiner apostolischen Demuth gewiss nicht wünscht — vielmehr soll diese meine Trauerrede nur eine Gedächtnisrede sein, mit welcher ich dem theuren Dahingeschiedenen aber keineswegs bloß die letzte Ehre erwiesen wissen will, vielmehr wünsche ich damit Hochdenselben dem dankbaren, ehrfurchtsvollen, frommen An¬ denken nachhaltigst anzuempfehlen. „Hie srnürauKnrrs saosrctos, c^niirr ckislarrs suis oorrolloravit tsrapInirrJ „Dieser war ein großer Priester, der in seinen Tagen die Kirche stützte." Wenige sind der Worte dieses meines Trauervorsprnches, aber sie umfassen eine Menge von Tugenden, welche den hochbetrauerten Fürstbischof Johannes herrlich schmückten. Die Heilige Schrift bezieht dieselben zwar auf Simon, den Sohu des Onias, den ruhmgekrönten Hohenpriester, der für das *) 25 Jahre und IO Monate. Nur drei seiner 51 Vor¬ gänger erfreuten sich einer längeren Amtswirksamkeit. Haus des Herrn, für das Volk Gottes und für feine eigene Heiligung Großes und Rühmens¬ wertes gethan, wie dieses fein Zeitgenosse Jesus Sirach im 50. Capitel seines Buches ergreifend schildert; aber eben darum ist dieser mein Vor¬ spruch ein zutreffender Lobspruch auf unseren im Herrn entschlafenen Hohenpriester Johannes, wel¬ cher in seinen Tagen die Kirche Gottes stützte, die ihm zugewiesene Seelenherde sorgsamst schützte und seine Seele unablässig heiligte. Ich beginne im Namen des heil. Geistes, des Trösters, unter dem machtvollen Schutze und Schirme der beiden Sterbepatrone, des heiligen Erzengels Michael und des heiligen Erzvaters Josef, und predige zum Seelenheile des verstor¬ benen Seelenhirten und zu unserer eigenen Seelen Seligkeit. I. „Besser ist, in das Trauerhaus gehen, als in das Haus des Freuden mahles, lehrt der weise alttestamentliche Pre¬ diger." (Eccl. 7, 3.) Denn im Hause der Trauer lernt man Gottes heiligen Willen kennen, dagegen misst und vergisst man Gott im Hause der Er- gvtzlichkeit. Was der Herr thut, ist wohl- get Han. Dieser Wahrspruch diente dem Leben des theuren Todten zur Direktive. Doch wie, im Herrn Trauernde! wohlgethan soll es sein, dass die weitläufige Diöcese Seckau ihren sichtbaren Schutzengel verloren? wohlgethan, dass den Armen 8 der Vater, den Betrübten der Tröster, den Zwei¬ felnden der Gewissensrath, den Irrenden der ver¬ lässliche Leiter und Führer auf dem engen Heils¬ wege weggenommen? wohlgethan soll es sein, dass die glühendsten Gebete und rührendsten Auf¬ opferungen für das kostbare Leben des liebenden und geliebten Oberhirten, dass die hingebendste Pflege seitens der Umgebung und die vorsichtigste Behandlung seitens der tüchtigen Ärzte*) die so sehnlichst herbeigewünschte Wiedergenesung nicht erwirkten? Ganz gewiss ist dies alles wohlgethan; denn immerdar ist wohlgethan, was Gott der Herr thut. Es sind zwar „meine Gedanken nicht eure Gedanken", spricht der Herr durch den Mund des großen Propheten Jsaias, „und eure Wege sind nicht meineWege. Denn wie der Himmel erhaben ist über der Erde, so sind meine Wege erhaben über eure Wege nnd meine Gedanken über eure Gedanken." (Jsai. 55, 8. 9.) Dessenungeachtet dürfte es kein vermessentliches Urtheil sein, wenn wir annehmen, dass der göttliche Hirt dem ge¬ treuen Oberhirten die Mitra abgenommen und sie auf den Sarg gelegt habe, um dessen Haupt mit der unvergänglichen Krone der Gerechtigkeit zu schmücken, und dass er dessen Hand den *) Die behandelnden Ärzte waren: Dr. Otto Rembold, k. k. Universitäts-Professor nnd Vorstand der medicinischen Klinik in Graz, der inzwischen mit der Würde eines k. k. Hofrathes ausgezeichnet wurde, und t?r. Emanuel Maria Leitner, Provincial der Barmherzigen Brüder zu Graz. 9 Hirtenstab habe entfallen lassen, um in dieselbe die Siegespalme zu legen. Er, der Herr des Le¬ bens und des Todes, hat's gethan. Er hat Ihn gegeben, Er hat Ihn genommen, beten wir an und benedeien mit Job Gottes hochheiligen Willen. Johannes Bapt. Zwerger war am 23. Juni 1824 zu Altrei iu Tirol geboren. Er war dem¬ nach am 23. Juni dieses Jahres, als am Vor¬ abende seines Namensfestes, in das 70. Lebens¬ jahr getreten und hatte somit „die Zeit unserer Jahre" erreicht, wie sich der gekrönte Psalmen¬ dichter David ausdrückt: „Die Zeit, unserer Jahre ist siebzig; wenn aber in Kräftig¬ keit, achtzig Jahre. Und was darüber, ist Mühsal und Schmerz." lPsal. 89, 10.) Zwerger stammte von biederen, rechtschaffenen und gottesfürchtigen Eltern ab, die den talentvollen, geist- und gemüthsreichen Knaben, sonne die übri¬ gen acht Kinder, für Gott und nicht für die Welt erzogen. Wohl schon von Kindheit auf war mit diesem Knaben, wie mit dessen Namenspatrone St. Johannes dem Täufer, die Hand Gottes. (Luk. 1, 66.) Diese Hand bildete sein noch zartes Herz für jenen erhabenen Zweck, zu welchem sie Ihn bestimmt hatte. Darum zeigte sich schon im Jünglinge jener Adel der Seele, jenes feinere Gefühl für alles Wahre und Gute, für alles Große, Schöne, Hohe und Heilige, jener Keim herrlicher Tugenden, welcher sich bei zunehmendem Alter und erweiter¬ tem Wirkungskreise immer glanzvoller entwickelte. 2 10 — Sobald Johannes Zwerger seine Studien begonnen hatte, erfasste Er mit aller Energie alles, was Ihn an Geist und Gemüth bilden und ver¬ edeln konnte. Ganz in seiner Pflicht aufgehend, kindlich fromm und unschuldig, gesetzt und männ¬ lich reif in feinem Betragen, kannte Er nur sein väterliches Haus, die Kirche und die Schule. Sein Beruf zum geistlichen Stande war keinen Augenblick zweifelhaft. Jedermann sah schon ini Gymnasiasten, noch mehr im Theologen jenen unermüdlichen Arbeiter im Weinberge des Herrn heranwachscn, für welchen rastloses Walten und Wirken zur Ehre Gottes und zu des Nächsten wahrem Wohle Bedürfnis war. Arbeiten oder Sterben war seit jeher für Zwerger einerlei. Nach vorzüglich beendeten Studien am Gym¬ nasium zu Bozen und zu Innsbruck und im Priesterhause zu Trient, allwo der glaubensinnige und tieffromme Pastoralprosessor Rigler den wohl- thätigstcn Einfluss auf Ihn übte, weshalb der Hochselige auch dessen Portrait stets in seinem Arbeitszimmer hängen hatte, wurde Johannes Zwerger vom heiligmüßigcn Fürstbischöfe von Trient, dem nunmehrigen „Ehrwürdigen Diener Gottes", Johannes Nepomuk von Tschiderer, am 14. December 1851 zum Priester geweiht.*) Hie- *) Im Inder oslonl., xaZ. 275, des Bozener Gymna¬ siums steht: I. Grammat., 1840/41, Zwerger Ioh., geb. 23. Jänner 1824 Altrey (207): Vater, Johann, Schneider. I. und II. Seni, in allen Fächern srain. prim. xr»sinit'. 11 mit hatte Er den Höhepunkt seines weltlichen Glückes und seiner irdischen Ehre erreicht; denn Priester sein, war Ihm höchstes Glück und höchste Ehre. Nun widmete und weihte Er alle seine geistigen Fähigkeiten und körperlichen Kräfte der ge- Ebcnso 1841/42, II. Cl.; 1842 43, III. Cl. Im October 1843 begab sich Zwerger mit zwei Mitschülern von Fischer, Söhnen des Coll. Gerichtssccretürs, deren Jnstructor Er war, nach Innsbruck, wo Er die 4., 5., 6., 7. und 8. Gymn.- Classe absolvierte. Sein Seminarsdirector zu Trient war Philipp Brunati nud sein Spiritnaldircctor Matth. Gottardi; seine Theo¬ logie-Professoren waren: aus der Exegese: Debiasi, aus der Dogmatik: Tonina, Kirchengeschichte und Kirchenrecht: Boghi, Moral: Planer, Pastoral: Rigler, Sohn eines Buchhalters in Bozen, geboren im Jahre 1796 auf der Flucht vor den Franzosen im Sarnthale, später Teutsch- Ordeus-Priesicr. Starb als Prior zu Lana bei Bozen am 6. December 1873 im Rufe der Heiligkeit, geehrt als Orakel der Divcese von Italienern und Deutschen. Johannes Zwerger wurde nach dem Gebrauche der Divcese um Weihnachten des vierten Curses der Theologie ordiniert, worauf Ec noch den vierten Curs absolvierte, und kam dann 1852 als Cooperator nach Kallern, wo Er etwas mehr als ein Jahr weilte. Sodann wurde Er in das höhere k. k. Weltpriesterbildungs-Justitut nach Wien geschickt, von wo Er nach abgelegten drei Rigorosen von, Fürstbischöfe abbcrufeu wurde, nm in Trient nach dem Ab¬ gänge Riglers als Pastoralprofessor zu fungieren. Hierauf wurde Er k. und k. Hofkaplan und Spiritualdircctor im vorgenannten Institute zum heil. Augustin in Wien bis zum Jahre 1863, in welchem Er vom Fürstbischöfe Ricca- bona zum Domcapitular in Trient"nnd Generalvicar für den deutschen Antheil der Trienter Diöccse ernannt wurde. Vom Jahre 1865 bis 1867 war Er Dompropst von Trient, und ward als solcher zum Fürstbischöfe von Scckau ernannt. 2* 12 Wissenhaftesten Erfüllung seiner schweren Standes- pflichten. In allen den verschiedenen, sehr pflichten¬ reichen und verantwortungsvollen Stellungen, die Er bis zum Jahre 1867 bekleidete, als Coope- rator in Kaltern, als Pastoralprofessor in Trient, als k. und k. Hofkaplan und Spiritualdirector im höheren k. k. Weltpriesterbildungs-Institute zum heil. Augustin in Wien, ferner als Domherr, als Generalvicar für den deutschenAntheil der Trienter Diöcese und als Dompropst — allüberall bewies sichZw e r g er als Kind vor Gott und als Mann vor der Welt, war von unbeugsamer Entschieden¬ heit und Entschlossenheit, wo es die Rechte Gottes und des Mitmenschen Seelenheil galt; glänzte durch unentwegtes Gottvertrauen, durch lebendigen Christusglauben, durch rührende Liebe zur Kirche, durch innige Verehrung des allerheiligsten Altars- sacramentes, des göttlichen Herzens Jesu und der jungfräulichen Gottesmutter Maria. Wie durch innig wahre Frömmigkeit, welche nach der Lehre des gottbegnadeten Weltapostels Paulus „zu allem nützlich ist, weil sie die Verheißung des gegenwärtigen und des zukünftigen Lebens hat" (I. Thim. 4, 8), so leuchtete Er durch ausnehmende Demuth, durch bewunderungs¬ würdige Selbstbeherrschung, durch edle, natürliche Einfachheit und Einfalt, wie Er denn die Worte aus dem Spruchbnche so gerne citierte: „Hui aindulnt 8inip>Iio1ti6r, nnrloulnt oou- tuäoutsr." „Wer einfach wandelt, wan¬ delt sicher." (Sprichw. 10, 9.) Sein Fels aber 13 auf dem Lebenswege war und blieb der all¬ mächtige und allgütige Gott, wie Er dies später durch den in sein bischöfliches Wappen aufge¬ nommenen Wahlspruch offen bekannte: „Doininns kirinainsnrnnr INSNNI." „Der Herr ist meine Veste." Entlehnt sind diese Worte dem herrlichen Ein¬ gänge des 17. Psalmes, der so ganz im Geiste und Sinne des gottergebenen Fürstbischofes Zwerg er anhebt: ^DiliAnnr 1s Doiriins, lorti- tnclo rasa. Do irr irr ns lirrrrurn sirlnin rnsnnr st rslnAlnrrr rrrsnin st liksru- dor nasns. Dsns insns, aclintor irrsns, st 8p>srnlro in snrn." „Lieben will ich dich, o Herr, meine Stärke. Der Herr ist meine Veste, und meine Zuflucht, und m e i n E rr e tt e r. M e i n G o tt i st m e in Helfer, und ich vertraue auf ihn." (Pf. 17, 2. 3.) II. Was Wunder, Theuerste im Herrn, dass dieser Mann der That und der Tugend von Gott dem Herrn auf den Leuchter der heiligen katholischen Kirche gestellt wurde, damit Er weithin leuchte und alle, die seine Werke sehen, zum Guten erwärme und entflamme? Am 14. August des Jahres 1867 — sein Ernennungstag ist nun auch sein Sterbe¬ tag*) — wurde Dr. Johannes Zwerger, Dom¬ propst zu Trient, in der Vollkraft seines Alters, *) Der 14. August d. I. bleibt ein Trauertag für die katholische Kirche in Österreich, an welchem sie den Verlust 14 zum Seckauer Fürstbischöfe ernannt, und am 13. October desselben Jahres vom rühmlichst bekannten Cardinal Fürsterzbischofe Maximilian Josef von Tarnoczy im altehrwürdigen Salz¬ burger Dome consecriert, wobei Er den assi¬ stierenden Geistlichen bat, er möge Ihm das schwere Evangelienbuch ganz ans die Schulter legen und darauf ruhen lassen, damit Er es gleich fühle, welch furchtbare Bürde Er heute auf sich lade. Am 10. November des gleichen Jahres wurde der Neuconsecrierte als der 52. Seckauer Bischof in dieser prächtigen Kathedralkirche feier¬ lich inthronisiert. O glücklicher, o heilvoller Tag für Hirt und Herde! Wenn ich nun, christliche Zuhörer, den katho¬ lischen Bischof beschreibe, wie ihn der gotterlench- tete Apostel Paulus im Schreiben an Titus und Timotheus fordert und schildert, dann habe ich Euren gottgesetzten Bischof Johannes gezeichnet: „Der Bischof, ein Haushalter Gottes, muss unbescholten sein, nicht selbst¬ gefällig, nicht zornmüthig, nicht un¬ mäßig, nicht gewinnsüchtig, sondern gastfrei, besonnen, gerecht, heilig, ent¬ haltsam, festhaltend an dem glaubwür¬ digen Worte, damit er imstande sei, in der gesunden Lehre zu ermahnen und die Widersprechenden zu überführen, zweier apostolischer Bischöfe, des Fürstbischofes Dr. Johannes Zwerger von Seckau und des Bischofes Dr. Matthaus Josef Binder von St. Pölten, zu beklagen hat. 15 (Tit. 1, 7—9.) „Der Bischof muss untadel- haft sein, nüchtern, einsichtig, ehrbar, nicht zänkisch, nicht habgierig, dem eigenen Hause wohl vorstehend." (I. Tim. 3, 2—4.) Solch ein paulinischer Bischof Ivar der verewigte Bischof Johannes im hohen Grade, war korirm taotus ArsZps sx uuiuio, war Meister und Muster eines guten Hirten, wie ihr, seine geliebten Bisthumskinder dies sehr gut wisset, da ihr durch fast volle 26 Jahre sein bahnbrechendes, segensreiches Wirken und seinen tugendhaften Wandel mit eigenen Augen gesehen habt. Zwergers, des geistesstarken und willens¬ kräftigen Mannes vieljähriges, ereignisreiches Episkopat ist glänzend durch Großthaten und durch ruhmvolle Werke verschiedenster Art. Außer der neu errichteten Herz-Jesu-Pfarre mit der kunstvoll gebauten Herz-Jesu-Kirche ent¬ standen viele neue Convente, so das vielver¬ sprechende Stift Seckau, die Niederlassung der Barmherzigen Brüder in Algersdorf und Kain¬ bach, der armen Schulschwestern von Unserer Lieben Frau in Wildon, der Dominicanerinnen in Gleisdorf und die ganze Provinz der Kreuz¬ schwestern. Dazu kommen die von Grazer Klöstern unternommenen Neugründungeu der Dominicaner zu Eppan in Tirol und zu Friesach in Kärnten, der Karmelitinnen in Mayerling und Baumgarten bei Wien und in Selo bei Laibach. Während im Jahre 1867 im ganzen 905 Personen in reli¬ giösen Genossenschaften ihrem hocherhabenen Be- 16 rufe oblagen, wirkten im Jahre 1892 schon 1577. O die Klöster, diese Felsen-Burgen unserer heiligen Kirche, wie liebte sie Bischof Johannes. Sie waren stets seine Freude und sind nun seine Ehrenkrone. Nicht genug. Das Knaben-Seminar Carolinum Augustineum, die Pflanzstätte des Diöcesan-Clerus, wurde völlig umgestaltet und zählt entgegen den 10 Professoren und 125 Zög¬ lingen des Jahres 1867 nunmehr 16 Lehrkräfte und 250 hoffnungsvolle Studierende; wie über¬ haupt die Zahl der Welt- und Ordenspricster von 981 des Jahres 1867 auf 1032 im Jahre 1892 gestiegen ist. Der berufstreue Bischof ordinierte 817 Priester, benedicierte 6 Stiftsäbte, consecrierte 2 Bischöfe, darunter seinen ehemaligen Spiritualdirector im Augustineum zu Wien, den Hochwürdigsten Herrn Dr. Johannes Nogall, Weihbischof von Gro߬ wardein, erthcilte ungefähr 390.000 Kindern das heilige Sacrament der Firmung, besuchte sämmtliche Pfarren zweimal, den größeren Theil auch schon dreimal und viermal. Und gerade auf diesen mühe¬ vollen, apostolischen Reisen, wobei Er um 4 Uhr morgens schon eifrig Beicht hörte, im Tage öfters predigte, genaue Kirchenkatechesen vornahm, Be¬ suche empfieng und machte, heilsame Rathschläge ertheilte, kurz wo Er allen alles geworden, da hatte Er sich den Keim seiner langwierigen, so schmerzlichen und martervollen Krankheit geholt. War Er doch am 13. Juni von der kanonischen Visi¬ tation in Deutsch-Landsbergschwerkrank nach Haufe 17 zurückgekehrt und hatte seitdem keine feste Speise zn sich genommen — durch volle nenn Wochen. Insonderheit erwachte unter Zwergers ruhm¬ reichem Episkopate der Eifer für die Zierde der Gotteshäuser, was unzählbare Restaurierungen nnd Neubauten von Kirchen, Kapellen, Altären und Kreuzen unwiderlegbar bekunden. Wurden doch in diesem Zeiträume 15 Kirchen, 53 Hoch¬ altäre und 50 Seitenaltäre consecriert. Zudem blühte das religiös-sittliche Leben pracht¬ voll auf, geweckt und entwickelt durch gnadenreiche Bruderschaften und Volksmissionen, worauf Bischof Johannes in seinen gehaltvollen Hirtenschreiben, in seinen markigen Ansprachen an die Seelsorger nnd in seinen packenden Predigten an das Volk drang. Er war auch stets bereit, für jede Mission die nöthige Geldhilfe zu beschaffen und die Ab¬ haltung für die Pfarrer zu erleichtern. Was Wunder dann, dass seit 1867 bis heute ungefähr 550 Missio¬ nen und Missionsrenovationen gefeiert wurden. Bedenkt man, wie viele Gnaden jede Mission auf die Pfarrgemeinde herabzieht — außerordentliche Mittel bewirken stets auch außerordentliche Gnaden — erwägt man, wie viele arme Sünder ihr Leben ändern nud bessern, wie viel Unrecht gut gemacht wird, wie Friede und Freude und Gottessegen Einzug halten, so muss man dem im Herrn sanft und selig ruhenden Hohenpriester Johannes das Lob zollen, welches Jesus Sirach dem Hohenpriester Simon spendet, indem er schreibt: „Dieser war ein großer Priester, der in seinen Tagen das Haus 3 18 Gottes befestigte und die Kirche stützte. Er sorgte für sein Volk und erlöste es vom Verderben. Er war wie ein grünender Ölbaum, und erhob seine Hände zum Segen über die ganze Versammlung der Söhne Israels." (Ekkli. 50, 1. 4. 11. 22.) In den zwei Schlusssätzen liegt zugleich die Erklärung für Zwergers Wappen: im oberen Felde eine segnende Hand und im unteren ein fruchtbeladener Ölbaum. Unter diesem Baume habt ihr, liebe Seckauer, gewohnt; das Öl seiner Weisheit und Frömmigkeit hat Er in eure Herzen geträufelt, sein lebender Schatten hat euch erquickt. Recht, dass ihr trauert und betet, da dieser gute Baum gefallen und die Stelle leer ist, wo Er gestanden. Aicher dell ablassreichen Bruderschaften und gnadenvollen Missionen beförderte unser rühriger Bischof Johannes mit allen Kräften das katholische Vereinswesen, so dass verschiedene Vereine und Wohlthätigkeits-Anstalten Ihm entweder ihren Ur¬ sprung oder aber ihren neuen, ungeahnten Auf¬ schwung zu verdanken haben, so z. B. der christliche Kunstverein, der Cäcilienverein, der katholische Frauenverein, der Anbetungsverein, der katholische Pressverein, der katholische Meister-Gesellen-Lehr- ling-Verein und mehrere andere. Zudem wurden in den verwichenen fünf Lustren viele geist- und herzerhebende Festlichkeiten ver¬ anstaltet — wie, diverse Jubiläen unter dem un¬ sterblichen Papste Pius IX. und dem gegenwärtig glücklich und glorreich regierenden Lev XIII.; die denkwürdige, wahrhaft großartige, acht Tage dau- 19 ernde Kirchenfeier aus Anlass der Consecration der monumentalen Herz-Jesu-Kirche, der Taufe seines allerliebsten Kindes, wie sich der Hochselige damals in seiner Herzensfreude ausdrückte. Seine allerletzte Bestimmung betraf auch noch die Herz- Jesn-Kirche — sein nunmehriges Grabdenkmal — und zwar die Anschaffung eines Seidenbehanges an den Wänden beim Hochaltäre für die Festtage. Weiters wurden veranlasst zwei glänzende Katho¬ likentage im Jahre 1869 und 1891, auf welch letzterem Bischof Johannes seine tief durchdachte, höchst gelungene Rede über die maecabäische Helden¬ familie, den Mathathias und seine fünf Söhne, unter Anwendung auf die Zeitumstände hielt nnd sie mit den eindringlichen Worten schloss: „Wenn auch alle Völker abfielen, wenn auch jeglicher ab¬ siele von unserer hl. Religion, aber ich nnd meine Söhne, ich und meine Verwandten, wir, wir werden getreu bleiben dem hl. Glaubensgesetze unserer Väter. Gott der Herr wird mit seiner Gnaden¬ stärke mit uns sein." (Macc. 2. l9 — 20.) Indessen, Vielgeliebte im Herrn, ich würde ein sehr wirksames Mittel, mit welchem Bischof Zwerger das Erlösungswerk Jesu Christi an seiner Seelen¬ heerde weiterführte, übergehen, wenn ich nicht wenigstens obenhin seiner fruchtreichen schrift¬ stellerischen Thätigkeit gedächte. Zwergers Schrif¬ ten sind leicht fasslich, anziehend und lichtvoll geschrieben. Allerwege ist Er der gute Hirt, der seine Schäflein auf wonnige Weide führt; allenthal¬ ben ist Er der gute Vater, der den Kindern das 8» 20 Brot bricht, aber doch immer der würdevolle Bischof bleibt. Ein wohlthuender, Milde und Liebe athmender, echt apostolischer Ton durchweht seine theologischen Werke, aus welchen Prediger und Beichtväter, Eltern und Erzieher kostbare Lehren und Beispiele in vollen Zügen schöpfen können. Die geistlichen Schriften find zumeist schon in mehreren Auflagen und in verschiedenen Übersetzungen erschienen und haben den Namen Zwerger Weit über Österreichs Grenzen Hinairs klangvoll gemacht. Als ich am 20. April l. I. mit dem Hochseligen zu Subjaeo auf einsamer Straße nach der weltberühmten Grotte, jetzt Kirche und Kloster, des hl. Benedict wallte, gesellte sich plötzlich ein Gelehrter ans Bayern zu uns, welcher sich nm unser Nationale lebhaft interessierte. Als nun der Verewigte seinen Namen nannte, sprach der Fremde: „O diesen Namen kenne ich bestens aus den vortrefflichen Schriften des Fürstbischofes Johannes Zwerger von Seckau." In der That! Wer kennt und schätzt nicht Zwergers goldene Bücher als zum ersten: „Die Reise in die Ewigkeit", welche bereits in fünfter Auflage erschien, ins Englische, Französische und Slovenische übersetzt wurde und welche mit den ergreifenden Worten anfängt: „Von all den Mil¬ lionen Menschen, die jetzt auf der Erde leben, war vor nicht vielen Jahren noch kein einziger auf Er¬ den, und es wird nicht sehr viele Jahre dauern, wird von allen den Millionen schon kein einziger mehr übrig sein. Wohin gehen sie? Der Mensch 21 geht in das Hans seiner Ewigkeit, antwortet der hl. Geist. (Eeeles. 12, 5). Mit schnellem Schritte durchwandert der Mensch dieses Thränenthal und tritt ein in das Jenseits, wo er ewig wohnen wird." — Wer kennt nicht zum zweiten das auch schon in vier Auflagen und in slovenischer Über¬ setzung erschienene, Aufsehen erregende Buch: „Die schönste Tugend und das hässlichste Laster", worin die beseligende Herzensreinheit so wunderbar schön geschildert wird, dass sie der Leser unwiderstehlich lieben und das Gegentheil hassen muss? Wer kennt nicht ferner Zwergers: „Die Schätze des römisch-katholischen Christen" „Der Glaube als göttliche Tugend" — „Die wahre Kirche Jesu Christi in ihrer Wesenheit und ihren Be¬ ziehungen zur Menschheit" ? Diese herrlichen Prv- duete des regen Zwergcr'schen Geistes sind bereits in 70.000 Exemplaren unter den Gläubigen ver¬ breitet, und haben so ihr Apostolat geübt und werden es noch lange, lange üben. Unser Bischvs Johannes verfasste auch „Regel und Statuten der Schulschwestern", ein Meisterwerk der Menschen¬ kenntnis und des inneren Lebens. Gleiches Lob verdient auch der zum Beginne dieses Jahres erschienene „Ünterricht für die Vorsteherinnen in den Filialhäusern der Klosterfrauen". So wirkte Fürstbischof Johannes für Gott und seine Kirche, Welt- und Ordensleute durch Wort, Werk und Schrift. Ob Mangels an Zeit, kann ich des Verblichenen rnhmwürdige Werke nicht weiter verherrlichen; übrigens ist dies auch nicht 22 nöthig. Haben doch diese seine Werke selbst ihre Zunge, die da rüst: Ds saxa st taots, loguuutnrr! Dich rühmen Steine und Thaten! III. Meine im Herrn trauernden Lieben! Der gott selige Bischof Johannes vergaß aber bei aller Hirtensorgfalt um die Ihm anvcrtraute Seelen¬ herde von 836.000 Katholiken - mit vollstem Rechte heißt Er in der Grabesinschrift: optiiuus pastor — vergaß, sage ich, keineswegs seine eigene unsterbliche Seele zu vervollkommnen und zu heiligen. Er bahnte den Weg des Herrn wie in die Herzen der Diöcesanen, so in seine große Seele. Was würde es Ihm auch nun frommen, so Er alle Seelen gerettet, die eigene aber verloren hätte. Doch während Bischof Zwerger andere Seelen rettete, verlor Er nicht die seinige. Mit den Ihm von Gott reichlich verliehenen Gnaden wirkte Er beständig mit und stieg so von Tugend zu Tugend. Groß, riesengroß war Zwerger durch seinen Gebetseifer; betete Er doch, oft schon ganz matt und müde, das canonische Stundcngebet auch auf dem Marterbette während der grässlichen, so qual¬ vollen Krankheit noch. Groß war Er in der Andacht und im Ge¬ sammeltsein bei allen, auch den längsten und er¬ müdendsten gottesdienstlichen Verrichtungen. Groß war Er durch seine Weisheit in den Rathschlägen, welche Er mündlich und vielleicht noch häufiger brieflich Einzelnen wie ganzen 23 milien ertheilte — hinsichtlich des ewigen aber auch zeitlichen Wohles. Groß war Er in der Wissenschaft, zumal in der des Gekreuzigten, ähnlich dem Apostelfürsten Paulus. Wer Christum nicht kennt, weiß nichts; wer Christum kennt, weiß genug, wenn er auch soust nichts weiß, Ivar Zwergers Maßstab für das Wissen. Wegen seiner Gottesgelehrtheit wurde Er von der theologischen Facultät zu Wien im Jahre 1865 bei Gelegenheit der 500jährigen Feier der Universitätsgründung zum Doctor der heiligen Theologie ernannt. Groß war Zwerger in seiner christlichen Barm¬ herzigkeit gegen die Armen, deren Bittgesuche Er noch am Sterbebette eigenhändig mit Bleistift¬ notizen erledigte, wie z. B.: „Also monatlich drei Gulden noch auf ein Jahr." Der selbstlose Bischof war wie Job arm für sich — er hinterlässt laut Testamentes vom März 1887 wenig an irdischen Gütern — und wie Crvsus reich für andere. Mit den großen Spenden des hochedlen Grafen Lilienthal linderte Zwerger die Nothlage unzähliger Hilfebedürftiger und ermöglichte die Erreichung heilsamster Zwecke. Groß, unglaublich groß war Zwerger durch Opferung seiner selbst. Im Dulden und Leiden offenbarte sich seine Seelengröße noch strahlender als im Wirken. Die furchtbaren Schinerzen während der monatelangen Krankheit beugten seine stark- müthige Seele nicht. Fürwahr! Ich will künftighin nicht mehr Helden und Eroberer bewundern; denn 24 der gottergebene Johannes hat mir die Wahrheit der Schriftworte gezeigt: „Besser ein Geduldiger als ein Tapferer. Und wer sein Gemüth beherrscht, besser als Städteeroberer/' (Sprich. 16, 32.) Ent¬ setzlich waren die Martern des heftigen Schluchzens, qualvoll war die Pein allmählicher Entkräftung, aber Zwerger ertrug alles mit bewunderungs¬ würdiger Geduld und litt mit heroisch-christlichem Gleichmuthe. Kein Murren und kein Klagen ent¬ floh seinen Lippen. „Ich bin ein Gefangener Gottes", sagte Er einmal, „und insoferne ja glück¬ lich, als ich gerade da bin, wo Gott mich haben will." Auf die Frage wie es Ihm gehe, antwortete der Kranke regelmäßig: „O, ich meine, recht gut." Je unerträglicher sich das Übel gestaltete, das im Inneren wühlte, desto ruhiger und gelassener wandelte Zwerger als treuer Schüler des gött¬ lichen Lehrmeisters den königlichen Weg des Kreuzes, welchen der dornengekrönte König dein vorschreibt, den er liebt. Allerdings ein schwerer Weg, ein harter Gang. Stark muss der Dulder sein, der auf demselben nicht erliegt und erlahmt. Hat doch selbst St. Paulus gewünscht, endlich auf¬ gelöst und bei Christus zu sein. Betete doch auch Job: „Erlöse mich, o Herr, und nimm mich zu dir." So durfte auch unser Bischof beten, „betete aber weder um Gesundheit noch um Auflösung, weder für das Leben noch für den Tod, sondern Er flehte nur, dass Gottes heiligster Wille ge¬ schehe". Bei der Nachricht über die vielen für 25 Ihn verrichteten Gebete sprach Er befriedigt nnd erfreut: „Meine Krankheit dient auch zur Ehre Gottes." Als dein hohen Patienten bereits am 25. Juni die Ärzte erklärten, dass die menschlichen Mittel erschöpft und das Schlimmste zu befürchten sei, vernahm der Leidende diese erschütternde Nachricht mit lächelndem Munde und sagte kein Wort; aber Er handelte, wie rechte und echte Christen in diesem Falle handeln. Er empfieng unverweilt die heiligen Sterbesacramente, ließ sich die Gencral- absolution mit vollkommenem Ablasse crtheilcn und erhielt alsbald auch den heiligen apostolischen Segen von Sr. Heiligkeit Papst Leo XIII. Seitdem empfieng Er oft die heilige Com- munion, betete ohne Unterlass das Brevier, ver¬ richtete seine Tagesandachten, sprach mit be¬ wundernswerter Ruhe vom Tode, der sich zwar langsam, aber mit umsomehr Schauer an Ihn heranschlich, sah völlig gefasst dem Sensenmanne entgegen und traf Anstalten für das Begräbnis. Hieher gehören die Worte ans seinem Testamente: „Wie ich im heiligen, allein seligmachenden Glauben in der römisch-katholischen Kirche gelebt und ge¬ wirkt habe, so will ich auch darin sterben und die göttliche Barmherzigkeit finden, und bitte den Herrn um seine Gnade dazu." Wahrlich, wahrlich! Bischof Johannes war ein ganz ungewöhnlicher, hochcdlcr Mensch. Gewöhn¬ liche Menschen leben aus einem Augenblicke in den anderen, edle aber aus der Zeit in die Ewig- 26 keit. Vom Hohenpriester sagt die Heilige Schrift: „Er war wie ein hellglänzendes Feuer; ein Weih¬ rauch, der im Feuer brennt; ein Gefäß, gediegen von Gold." (Lsoll. 50, 9. 10.) Eine ähnliche Feuerseele war Bischof Johannes, sich für Gottes Ehre und das Seelenheil verzehrend; war wie Weihrauch im Feuer, angenehm duftend durch den Wohlgeruch seiner Tugenden und seiner christ¬ lichen Vollkommenheit; war wie ein Gefäß, ge¬ diegen von Gold, geprüft und besterprobt im Feuerofen der Trüb- und Drangsale. Der Ver¬ blichene war in Wahrheit saosräos uruKirus, ors irusunclias laotus sst rsoorisiliatio. — Ein solch erhabener Hoherpriester war Fürst¬ bischof Johannes. Was Wunder, dass Er geliebt, geachtet und gefeiert ward von allen, welche die Tugend und das Verdienst nach Gebür ehren und achten? Vorab schätzten und ehrten den verehrungs¬ würdigen Dahingeschiedenen unsere beiden gemein¬ samen Väter, Papst und Kaiser, und zeichneten Ihn huldvollst aus. Der Heilige Vater Papst Leo XIII. nannte Zwerg er einen hervor¬ ragenden Bischof, hieß Ihn seinen Freund und Tröster, welch letzteres Lob ich gelegentlich der am 16. April d. I. stattgehabten Audienz mit eigenen Ohren vernommen; übermittelte Ihm an¬ lässlich des silbernen Bischofsjubiläums eine goldene Denkmünze mit seinem Bildnisse und ein väterliches Gratulationsschreiben vom 8. Oetober 1892, worin „die kindliche Ergebung, 27 Treue und Anhänglichkeit gegen den Heiligen Stuhl" mit allem Nachdruck gelobt und gepriesen werden. Zudem ließ sich der Heilige Vater öfters Bericht über das Befinden des erkrankten Fürstbischofes erstatten und beauftragte mit den Erkundigungen stets seinen Privatseeretär, der zu seinem un¬ mittelbaren Dienste steht. Unbegrenzte und unwandelbare Liebe zum Heiligen Stuhle ist thatsächlich ein Grundzug im hohenpriesterlichen Leben Zwerg ers, der nebst¬ dem, dass Er aus dem hochbedeutsamen Vatieaui- schen Coneil, dessen Verhandlungen er im Manu- seripte hinterließ, lauge weilte, Rom noch sieben- undzwanzigmale besuchte, um den heil. Petrus in der Person des jeweiligen Papstes zu sehen, sich von Ihm im Glauben stärken und zu neuen Opfern aneifern zu lassen. Bischof Johannes wusste es wohl, rvie im Papstthume alle Aueto- rität wurzelt, und wenn die Auetorität füllt, wanken die Fundamente, auf welchen die mensch¬ liche Gesellschaft und Gesittung basiert. Indes wie unser Bischof Johannes ein pietätsvoller Sohn der gottgestifteten Kirche war, ebenso war Er ein unverbrüchlich treuer Sohn seines wunderschönen Vaterlandes, unseres viel¬ lieben Österreich. Wie Er den gemeinsamen Vater der Christenheit kindlich liebte und ver¬ ehrte, desgleichen ehrte und liebte Er seinen Landes¬ vater, unseren Apostolischen Kaiser und Herrn, ganz nach der Mahnung des ersten römischen 28 Papstes, des heil. Petrus: „Liebet einander, fürchtet Gott und ehret den König." (I. Petr. 2, 17.) Als ich am verflossenen Pfingstmontage den hohen Pa¬ tienten besuchte, sagte Er tief gerührt zu mir:,, Seine Majestät haben sich auch um mein Befinden er¬ kundigt- Unser Kaiser ist wohl ein guter Vater seiner Landeskinder." Ein andersmal betheuerte Er mit großem Nachdruck: „Dem Kaiser, unserem besorgten Landesvater werde ich treu sein bis zum letzten Athemzuge." Der stets treue und opfer¬ willige Sohn des Vaterlandes erhielt für seine großen Verdienste nm Staat und Kirche hohe Auszeichnungen, als, das Großkreuz des kais. österr. Franz-Joseph-Ordeus (1883i, den Ritterorden der eisernen Krone erster Classe (1891), die Geheim¬ rathswürde (1888) und anlässlich der Feier des Wsten Jahres vom Bischofs-Jubiläum ein Aller¬ höchstes Beglückwünschungstelegramm, in welchem Seine Majestät „mit dankbarer Anerken¬ nung der ausgezeichneten Dienste ge¬ denken, welche Zwerger während dieser Zeit mit treuer A n hä n g lich k e it a n das Allerhöchste Herrscherhaus der Kirche und dem Staate geleistet". Wie herzinnig und aufrichtig den nun Hoch betrauerten im Leben seine Diöcesanen liebten und ehrten, dessen vollgiltigcr Beweis ist das im October vorigen Jahres, also vor kaum zehn Monaten glänzend gefeierte fünfundzwanzigjährige Bischofs-Jubiläum, wobei den geliebten Jubilanten die Untergebenen 29 ohne Unterschied des Geschlechtes, Alters, Standes und Ranges beglückwünschten und denselben mit den sinnigsten und kostbarsten Geschenken über¬ häuften. Am denkwürdigen 13. October 1892 Wal¬ es, wo der Jubelbischof an dieser heiligen Stätte stand und sich selbst drei Mahnungen gab und eine euch, seinen lieben Diöcesan-Ängehörigen. „An mich richtet sich zunächst", sprach so herz¬ ergreifend der Jubilant, „die ernste Mahnung an die unermesslich große Schuld der Dankbarkeit gegen Gott für die unzähligen Wohlthaten und die endlose Gnadenmenge, welche der Herr mir an jedem Tage dieser fünfundzwanzig Jahre ge¬ geben hat für mich selbst und für meine Amts¬ führung. Und eine einzige übernatürliche Gnade ist schon viel mehr wert als alles, was in der natürlichen Ordnung wertvoll sein kann. — An mich richtet sich weiter die ernste Mahnung an die unendliche Schuld der Abbitte, der Buße für so viele nicht gebrauchte oder gar missbrauchte Gnaden, so viele nichterfüllte oder nur halb¬ erfüllte Pflichten, so viele Sünden, Übertretungen und Fehler, von denen wohl kein Tag in diesen langen fünfundzwanzig Jahren frei geblieben. — An mich richtet sich endlich die ernste Mahnung an die Nähe meines Todes und Gerichtes. — (Prophetische Worte, die nur zu schnell wahr ge¬ worden!) — Am Anfänge und am Ende des bischöf¬ lichen Amtes steht ein Examen, des Bischofes, und zwischen beiden verläuft die ganze bischöfliche Amtsverwaltnng. Bevor der Priester zum Bischöfe 30 geweiht wird, examiniert ihn der weihende Bischof feierlich in der Kirche über feine Gesinnung und Entschlüsse, und nimmt ihm am Ende den Eid ab, diese seine guten Vorsätze zu halten. Dieses Examen habe ich vor fünfundzwanzig Jahren be¬ standen. Aber jetzt bin ich dem zweiten Examen nahe,, dem strengen und furchtbaren, welches der göttliche Richter Jesus Christus selbst vornimmt im Augenblicke nach dem Tode über die Haltung oder Übertretung jener Vorsätze während der ganzen Dauer des bischöflichen Amtes. Ach, wie werde ich einst diese Rechenschaft bestehen! Wie wird der Spruch des ewigen Richters lauten! — Und mm sehet ihr wohl, in all dem liegt anch eine ernste Mahnung an euch alle, an die ganze Diöcese enthalten, die Mahnung, durch fleißiges Gebet mir zu Hilfe zu kommen, dass ich mich von jetzt an ernstlicher bemühe, meine Schuld der Dank¬ barkeit gegen Gott zu bezahlen, meiner Schuldig¬ keit der' Äbbitte und Buße zu entsprechen und so bei meinem Tode das strenge Gericht zu bestehen. Dann würde ich auch im Himmel noch fortan helfen und bitten können für alle, die mir an¬ vertraut waren." Wahrhaft apostolische Worte! Gewiss vom Himmel aus kannst Du uns, o Bester, noch mehr helfen als hier auf Erden! Als nach der feierlichen Jubelmesse gegen 200 Priester durch den beredten Mund des Hochwür¬ digsten Herrn Domprobstes Dr. Winterer dem getreuen Oberhirten ihre Glück- und Segens¬ wünsche darbrachten, sprach dieser die bedeutungs- 31 vollen Worte: „Ich bin zuerst in die Diöcese gekommen in Maria-Zell. Der Bischof von St. Pölten, mein väterlicher Freund Fessler hat mir gesagt: ,Sie kommen zu mir und ich führe Sie zur Muttergottes und werde Sie ihr über¬ geben/ Dann sind wir dort eingctroffen bei der Muttergottes in Maria-Zell. Als die Zeit heran¬ kam, dass das fünfundzwanzigste Jahr danach vollendet werden sollte, habe ich gedacht, die Jubel¬ messe in Maria-Zell zu halten, und nachdem ich von dort werde nach Hause zurückgekehrt sein, wenn jemand von der Jubelfeier spricht, daraus zu sagen, ich habe sie schon gehalten. Das habe ich auch gethan, aber so heimlich ich es thun zu können glaubte, in der That diesen Gedanken heimlich auszuführen war nicht möglich, weil es am ersten Tage des fünfundzwanzigsten Jahres schon öffentlich hieß: Heuer ist das fünfundzwanzigste Jahr vom Jubiläum." — Bei dieser erhebenden Jubelfeier kam auch die evangelische Eintracht und Liebe zwischen Bischof und Clerus zum Ausdrucke. Denn Fürstbischof Zwerger sprach sichtlich gerührt weiter: „Ich bin hergekommen als Fremdling, und wenn man mich ausgenommen hätte mit jener Liebe und Ehrfurcht, die man dem vom Papste gesendeten Bischöfe schuldig ist, aber nicht mit mehr, sondern mich da und dort, wenn auch noch so verborgen, hätte fühlen lassen: du bist ein Fremdling, der zu uns gekommen, so hätte ich das nicht übelgenommen, ich war auf das auch gefasst; ich habe das aber nirgends gefunden. — 32 Ich habe immer mit großer Rührung gelesen diesen Vers, den ich mir gerade vor wenigen Mi¬ nuten habe herausgesucht voui Galater Brief. Der hl. Paulus schreibt an die Galater: „8viÜ8 arrtsin, grria ^sr inbirrliitatsrn sariris svaiiAsli^avi vodis. Uon sprsvistis nsgrrs rv8^rri8ti8 nry, sscl sioub niiKsIrurr Osi aoss^isbis ins, siorrt Oliristrun ilssriirr. Isstinrorrrnin srriirr psr- üiioso vodis, ^rria, sr trsri ^)O88st, ooulos vsstrv8 srrri88SÜ8 st äsärssstis iriilri." Wenn ich in diesen 25 Jahren diesen Vers las, erinnerte ich mich immer daran, wie ich selber sagen kann und wie das recht an mir sich bewährt hat: 8srti8 urrtsro, gnia gisr iirlrririitatsrn sariri.8 «vanAsli^avi vo1oi8 — non s^rsvistO nsc^ns rs8pni8ti8 ins, 8sä sisnt anAslnin Osi ns- ssxistis ins, 8isnt ilssnur Oliri8tnin. Das ist zwar der Bischof, ein Stellvertreter des Herrn, ein von Gott gesandter anA-sIrm; und ich hätte nicht gemeint im Anfänge, dass ich außer dem, was die Priester dem Bischöfe geben, auch noch materielle Gaben bekommen sollte. Die göttliche Vorsehung hat es mir so gefügt, dass sie mir in 25 Jahren hindurch immer mehr gegeben hat — für unser liebes Knaben-Semiuar. Also 8i irsri PO88SV, osnlo8 vsstros srnissstis st äsäi.8- ssti.8 inilri." Diese oberhirtlichen Worte athmen Liebe und melden von Liebe. Gewiss! Bischof Johannes liebte die Seinigen und die Seinigen liebten Ihn. Auch im Testamente gedenkt Er dankbar all der 33 Semigen mit den Worten: „Den hochw. Herren des Domcapitels und der bischöflichen Kanzlei, sowie allen übrigen Welt- und Ordensgeistlichen der Diöcese, die mich in der geistlichen Verwal¬ tung meines Sprengels so opferwillig unterstützt haben, ebenso den übrigen Gläubigen, welche bei meinen Bestrebungen für das Seelenheil der mir Anvertrauten nach ihren Verhältnissen mitgewirkt haben, sage ich den herzlichsten Dank. Für alle werde ich im Jenseits dankbar Fürbitte leisten, wenn ich bei Gott Gnade finde." Der liebende und geliebte Hirt fügte seinen Lieben wohl nur einmal Leid zu — am 14. August, da Er ge¬ storben. Ja! was ihnen, hochwürdige Mitbrüder im Herrn, Bischof Johannes gewesen, dies ver- rathen heute die Züge des Kummers auf ihrem Antlitze und die Thränen in ihren Augen. Was der zweiundfünfzigste Seckauer Bischof seiner Diä¬ rese war, dies zeigte die allgemeine, tiefempfundene Theilnahme an der schweren Erkrankung und dies beweist sein heutiger Leichenzug — ein wahrer Kreuzzug. S chlu s s. Im Herrn trauernde Zuhörer! Wie die Sonue sich in ihrer Farbenpracht am schönsten zeigt, wenn sie eben uutergeht, und wie sie beim Unter¬ gänge noch lange anmuthig nachleuchtet, so ein edler Mensch in seinen Tugenden und durch seine Werke, wenn er gestorben ist. Gestorben ist der 34 tagend- und thatenreiche Bischof Johannes, aber sein Tugendbeispiel und sein tiefgreifendes Wirken — zumal sein geschriebenes Wort — wird der S o n ue gleich noch lange in der alt¬ berühmten Diöcese Seckau nachleuchten und wird deren Bewohner zur Beharrlichkeit im Guten an¬ feuern. Könnte der Tiefbetrauerte sein Haupt aus diesem Sarge emporheben und zu euch, seinen nun verwaisten Diöcesanen, sprechen, Er könnte und dürfte euch mit aller Zuversicht wie der scheidende Apostel die Gläubigen von Milet und Ephesus anreden: „Ihr wisset meinen Wandel unter euch vom ersten Tage an, da ich zu euch kam, bis auf diese Zeit, wie ich dem Dienste Gottes oblag mit aller Demuth und unter Thränen und in Bedrängnissen, die ich auszustehen hatte; wie ich euch nichts entzogen habe von allem, was frommte, sondern euch lehrte öffentlich und geheim. Nichts fürchtete ich, mein Leben selbst war mir nicht zu kostbar, wenn ich nur meinen Lauf vollende und den Dienst des Wortes, welchen ich vom Herrn Jesus empfangen habe." (Apostelgesch. 20, 18, 19, 20, 24.) Ja freilich, o Bester, o Unvergesslicher! frei¬ lich war das Leben dir selbst nicht zu kostbar dieses allen Guten so theuere Leben! Und nun werdet ihr, Liebwerte in Christo, sicherlich die treuherzige Gemeinde von Milet nachahmen, als der heil. Paulus von ihr Abschied nahm. „Ihr alle," sprach er, „welchen ich das Reich Gottes ge- 35 predigt, die Wege des Herrn gezeigt, wisset nun, die Stunde der Trennung ist gekommen. Der Herr will es so. Ich rede mit euch zum letzteu- male. Ihr werdet mein Angesicht nicht mehr sehen. Und nunmehr empfehle ich euch Gott und dem Worte seiner Gnade, ihm, welcher mächtig ist, euch das Erbtheil unter allen Heiligen zu ver¬ leihen." (Apostelgesch. 20, 25, 32.) Bei diesen Worten weinten alle, fielen dem geliebten Apostel und geistlichen Vater schluchzend um den Hals und küssten ihn. Sie konnten sich von ihrem Lieblinge nicht trennen und folgten ihn: bis ans Meeresufer, wo er sich einschiffen musste. Das Schiff fährt ab, Paulus verlässt die Lieben auf immer, lässt sie in ihrem Schmerze zurück, der um so bitterer ist, da sie sein liebliches Angesicht nicht mehr sehen werden. Auch ihr, meine vielliebcn Seckauer, habt euren würdigen Apostel und Vater, euren treuen Ober- Hirten und Freund, „der euch liebte, wie ihren einzigen Sohn die Mutter liebt" sil. Reg. 1, 26), verloren und niemals, nein, niemals werdet ihr sein mildes Antlitz mehr sehen, außer dort in der Ewigkeit. Ihr trauert und habt Ursache zu trauern; aber in dieser gerechten Trauer vergesset des Betrauerten nicht im Gebete, um welches Er euch i.m Testamente so dringend bittet: „Alle Welt- und Ordensgeistlichen und alle Klosterfrauen und übrigen Gläubigen der beiden Diäresen Seckau und Trient, besonders jene, welche Gott jemals in den unmittelbaren Bereich meiner 36 priesterlichen oder bischöflichen Thätigkeit geführt hat, bitte ich dringend, meiner armen Seele fleißig und beharrlich mit ihrem Gebete zn Hilfe zn kommen, und lange Zeit hindurch ja nicht zu meinen, dass ich ihrer weiteren Hilfe nicht mehr bedürfen werde. Finde ich bei Gott Gnade, so werde ich nach Möglichkeit bestrebt sein, ihre christliche Liebe gegen meine arme Seele durch meine Fürbitte bei Gott zn erwidern." Betet also für Ihn und bleibet seiner würdig; übet, was Er euch gelehrt; eignet euch das köstliche Erbe seiner Tugenden an, wie dies der gefeierte Völkerlehrer Paulus wünscht: „Gedenket eurer Vorsteher, die zu uns das Wort Gottes ge¬ redet haben. Schaut hin auf den Ausgang ihres Lebens und folget ihrem Glauben nach." (Hebr.13,7.) Dieser apostolischen Mahnung füge ich im Alainen der trauererfüllten Diöcesancn zum Schlüsse innigsten Dank bei, ehe ich denn scheide von dieser heiligen Statte, welche nur für alle Zukunft in heiligtrauriger Erinnerung verbleibt. Und dieser Dank gebürt Ihnen, Hochwürdigstcr Herr Metro¬ polit und Fürsterzbischof, der Sie aus weiter Ferne gekommen, um dem treubewährten Freunde sein stilles Ruhebett einzusegnen; und Ihnen Hoch¬ würdigste Herren Fürstbischöfe, die Sie ihren liebenswürdigen bischöflichen Mitbruder zur Grabes- gruft, der Pforte in die Ewigkeit, geleiten, wie auch Ihnen, sehr ehrwürdige Stiftsäbte und Ordcns- vorstehcr, die Sie ihrem Weihcspender und trauten Hausfreund die letzte Ehre erweisen. — Und dieser 37 Dank gebürt Ihnen, Excelleuz, Hochgeborner Herr Graf Wolkenstein-Trostburg, der Sie als Bevollmächtigter im Namen unseres so geliebten und so theuren Kaisers erschienen sind, nm vor der trauernden Divcese das Zeugnis zu geben, wie die Huld und Gnade unseres Apostolischen Monarchen, welche das Leben des Dahingeschie¬ denen verherrlicht haben, Ihm auch folgen in das dunkle Grabesreich. Dieser Dank gebürt Ihnen, Excellenz Herr Cultus- und Unterrichtsminister, der Sie durch Ihr Erscheinen einem pflichtgetreuen Kirchenfürsten Ehre und Anerkennung zollen. Und Ihnen gebürt der Dank, Excellenz und Hoch¬ geborener Herr Statthalter, und Ihnen, Excellenz und Hochgeborener Herr Landeshauptmann, der Sie beide im Namen der grünen Steiermark einen großen Wohlthäter derselben zur Grabes¬ ruhe geleiten. Und dieser Dank gebürt Ihnen, Hochwohlgeborener Herr Bürgermeister, der Sie trauererfüllt stehen an der Bahre des Kirchen¬ fürsten, der sich durch zahlreiche Acte christlicher Nächstenliebe dankbare Erinnerung in den Herzen der Bewohner der Landeshauptstadt Graz für immer sicherte. Und dieser Dank gebürt Ihnen, hochgestellte und sehr ansehnliche Herren, sowie Ihnen hochedle Damen, die Sie uns durch Ihre Theilnahme an dieser Trauerfeier bestätigen, dass, wie Sie unsere Liebe und Ehrfurcht für den lebenden Kirchenfürsten getheilt, Sie auch unseren Schmerz um den UnvergesslichM theilen! Und nun leb' wohl, Du theuerer, Du unver- 38 gesslicher Bischof, Vater, Mitbruder und Freund! Unsere Thronen, Gebete und Opfer folgen Dir zum Throne des allmächtigen und allgütigeu Gottes. Möge er Dir ein barmherziger Richter sein. Hast Du aber Gnade gefunden vor seinem Tribunale und bist ausgenommen in den Ort der ewigen Glückseligkeit, wohin immer all Dein Sinnen und Sehnen gieng und wohin Dich auch Maria, an deren Himmelaufnahmefest-Vigilie Du das Zeitliche gesegnet, sicherlich durch ihre alles vermögende Fürbitte stets rief — dann sei ein Fürsprecher für Deine geistlichen Söhne, die Priester, welche der Gegenstand Deines Betens, Deiner Liebe und Deiner Pläne waren. Sei Fürbitter für diese Deine Bischofstadt, in welche Du wie ein Hirtenknabe von den Bergen Tirols eingetreten bist mit dem Hirteugruße: Uax vodi», der Friede sei mit euch! Wie an dieser reizenden Stadt der Murfluss dahinzieht, so ziehe der Friede und der Segen Gottes im Strome dahin. Sei Schutz- und Schirmpatron dieser Diöcese, die Dich mit einer Liebe geliebt, wie Du kaum geglaubt hast, und die nie aufhören wird, Deinen Namen in dankbarem und frommem Andenken zu bewahren. Sei Fürsprecher für Deine bischöflichen Mitbrüder, für mich und für alle heute hier Versammelten, damit in dem für die ganze Ewigkeit entscheidenden Augenblicke, wo wir beim letzten Capitel unseres Lebensbuches, mit der Aufschrift „der Tod", angelangt sein werden, damit dann unsere Namen aus dem Buche dieses 39 zeitlichen, leidensvollen Lebens ausgelöscht und in das Buch des ewig-freudenvollen Lebens einge¬ tragen worden. Amen, und ^geschehe es! O Herr, gib dem Verstorbenen die ewige Ruhe! Und das ewige Licht leuchte Ihm! O Herr, lass Ihn ruhen im Frieden! Amen.