Muzikološki zbornik Musicologica! Annual XVIII, Ljubljana 82 UDK 929 Gallus J.: 943.7 Theodora Strakovä JAKOB HANDL-GALLUS UND DIE BÖHMISCHEN Brno LANDER Eine stattliche Reihe von Studien und Arbeiten beleuchtet die Persönlichkeit und das Schaffen des slowenischen Komponisten Jakob Handl von den verschiedensten Blickpunkten. Allerdings blieben aus des zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, in der sich das Leben des Komponisten abgespielt hat, nur wenige Dokumente erhalten, die seine Geschicke und sein Schaffen beleuchten. Die wichtigste Quelle für die Rekonstruktion der biographischen Daten sind Handls Vorworte zu den gedruckten Sammelbänden seiner Kompositionen, in denen er jener Persönlichkeiten gedenkt, die seine künstlerische Entwicklung gefördert haben, und denen er Kompositionen widmete. In diesen meist in zeitlichen Abständen von den eigentlichen Begebenheiten geschriebenen Vorworten, die keine Rücksicht auf die chronologische Folge der Ereignisse nehmen, gibt es Stellen, die sich kaum eindeutig auslegen lassen, wenn man sie nicht mit anderen Quellen vergleicht und im Lichte der zeitgenössichen gesellschaftlichen und kulturellen Entwicklung kritisch betrachtet. Wir denken dabei in erster Linie an die Kenntnis der Organisationsstrukturen des Musiklebens in den einzelnen Musikzentren der österreichisch-ungarischen Monarchie. Einen neuen Blick auf diese Fragen hat in der letzten Zeit der slowenische Musikwissenschaftler Dragotin Cvetko geworfen, der in seiner Monographie über Jakob Handl alles bisher Bekannte zusammenfasste und um neue Tatsachen bereichertes Cvetko prüft die Tragfähigkeit mancher Hypothesen, eliminiert eine Reihe von unbelegten Annahmen und hat das bisher glaubwürdigste menschliche und künstlerische Profil des Komponisten entworfen. Der Schwerpunkt der Monographie liegt bei der minutiösen Analyse und Stilcharakteristik von Handls Schaffen und der Wertung seiner schöpferischen Persönlichkeit. Nun ist es die Aufgabe tschechischer Forscher, auf Quellen heimischer Provenienz gestützt, zu versuchen, manche biographische Daten chronologisch genauer zu fassen und vor allem die Beziehungen des Komponisten zu den böhmischen Ländern und seinen Beitrag zur tschechischen Musikkultur klarzustellen. Das 16. Jahrhundert ist die Zeit des mächtigen Aufschwungs der Habsburgerdynastie, deren Machtfundamente im 15. 1 Cvetko, Dragotin: Jaoobus Gallus. Sein Leben und Werk, München 1972, 5 Jahrhundert gelegt wurden. In dieses Jahrhundert führen auch die Wurzeln der Wiener Hofkapelle: Nach dem Jahr 1498 entschloss sich Kaiser Maximilian I. (1493 - 1519) aus den Resten der Äugsburger und burgundischen Hofkapelle, der erzherzoglichen Innsbrucker Kapelle und der Musiker seiner reisenden Kapelle ein neues Ensemble mit dem Sitz in Wien zu schaffen.2 Organisator und erster Kapellmeister war der Slowene Jurij Slatkonja aus Laibach, der schon früher als Kaplan und Kantor in Maximilians Diensten gestanden hatte und den Kaiser mit seinen Musikern auf Reisen begleitete.3 Maximilian war ein Herrscher von politischem Weitblick, humanistisch gebildet, und beherrschte fliessend mehrere Sprachen, einschliesslich des Tschechischen. Durch sinnreich erweiterte Verwandtschaftsbeziehungen stand er mit den wichtigsten Kulturzentren Europas von den Niederlanden bis Italien in Verbindung, wo er Gelegenheit hatte, das Repertoire der Kapellen, ihre Musiker und Komponisten kennenzulernen; kein Wunder also, dass sich an seinem Hof ein internationaler Kunst- und Musikbetrieb entfaltete. Hier begegneten einander die verschiedensten Nationalitäten und suchten nicht nur Lebensunterhalt, sondern auch und vor allem künstlerischen Aufstieg.4 Als das Reich nach Maximilians Tod endgültig in zwei Teile zerfiel, den spanischen unter Karl V. und den österreichischen unter Ferdinand I., der seit 1526 auch König von Böhmen und Ungarn war, blieb dem österreichischen Zweig der Thron des römischen Kaisers erhalten (bis zum Jahr 1806). - Neben der kaiserlichen Wiener Hofkapelle nahmen auch die erzherzoglichen Kapellen in Prag, Salzburg, Innsbruck, Graz usw. Anteil an der Blüte des Musiklebens. Im ganzen Reich pulsierte ein reges kulturelles und musikalisches Leben, nicht nur in den Hofkapellen und den nach ihrem Vorbild organisierten Adelskapellen, sondern auch auf Kirchenchören, in Klöstern, Kapiteln und Bischofsresidenzen. Den grössten Aufschwung verzeichnete das Musikleben.nach dem Tridentinischen Konzil (1563), als sich der vokal polyphonen Kompositionen der Weg in die Kirche öffnete. Im Geiste der Reformbestrebungen des Konzils gründete man bei Klöstern und Kapiteln Schulen zur Erziehung des sängerischen Nachwuchses, was natürlich auch für die Hofkapellen galt. Selbstverständlich überwog in den vor allem zu liturgischen Zwecken errichteten Kantoreien die Vokalmusik. Sie stützte sich auf geschulte Sänger (cantores) und Sängerknaben (Diskantisten), die vom Präzeptor geleitet wurden; zu ihnen gehörte noch der Organist, eventuell ein Kapellmeister. Das Niveau dieser Kantoreien war von der Qualität der musizierenden Kräfte abhängig, aber auch vom Mäzen und seiner Beziehung zur Musik. In den Kantoreinen wirkten geistliche und weltliche Personen, oft namhafte Musiker und Komponisten.5 - Dies war in grossen Zügen das Bild der Organisationsstruktur des Musiklebens in den Habsburger Ländern, zu denen seit dem Jahr 1526 nicht nur die 2 Die Wanderkapelle Maximilians I. bildete Hans Burgmair ab» Fragment aus dem Zyklus Triumphzug, Unter den Musikern befindet sich der Hofkomponist Ludwig Senfl und der Hofkapellmeister Jurij Slatkonja, 3 Cvetko* Dragotin: Zgodovina glasbene umetnosti na Slovenskem I.Ljubljana 19S8, s. 62-8. 4 Tittel, Ernst: österreichische Kirchenmusik, Werden-Wachsen-Wirken, Wien 1961s s. 91, 5 Bei den Kantoreien reicher geistlicher Orden9 an Kapiteln^ bischöflichen 6 böhmischen Länder gehörten, sondern vom 14. Jahrhundert bis zum Ende des ersten Weltkrieges auch Krain, die Heimat des Jacobus Handl-Gallus, eines der grossen Vertreter der europäischen Vokalpolyphonie des 16. Jahrhuderts. In meiner Studie möchte ich einige Worte zu Handls künstlerischem Wirken, besonders im Zusammenhang mit Olmütz und seinem Bischof Stanislav Pavlovsky verlieren und versuchen, manche bisher strittige biographische Daten im Lichte des Musiklebens unserer Länder im 16. und zu Beginn des 17. Jahrhunderts sowie schriftlicher Quellen heimischer Provenienz näher zu bestimmen. Die biographische Ausgangsquelle stellt die Inschrift eines im Holzschnitt ausgeführten Bildnisses des Komponisten vor, das im 4. Band der Motetten Opus musicum (Prag 1590) abgedruckt wurde: Jaaobus Handl Gallus dictus Carniolus Aetatis suae XL Anno MDXC. Dieses Zeitdokument nennt den Namen des Komponisten in deutscher und lateinischer Fassung, sein Älter und seine slowenische Abstammung. In der Literatur erscheint die slowenische Variante des Namens, Petelin, die in Slowenien noch heute verbreitet ist. Wahrscheinlich hat aber weder der Komponist noch seine Familie diese Form verwendet, wofür u.a. die Notiz in den Wiener Hofrechnungen spricht, wo der Vater des Komponisten als Georg Hahn geführt wird.6 Es ist nicht uninteressant, dass dieser Name in der Form Handl, Handle und der lateinischen Version Gallus im 16. und Anfang des 17. Jahrhunderts häufiger in Quellen heimischer Provenienz vorkommt;? doch handelt es sich um keine Verwandten des Komponisten, von seinem Bruder Georg Handl abgesehen, der seine Moralia postum herausgegeben hat,° Über Handls Familie, seine frühe Kindheit, Erziehung und die Ursachen und Zeit des Verlassens der Heimat ist nichts Konkretes bekannt. Nach Handls Vorworten und den Erfahrungen aus dem Studium des Musiklebens der Zeit vor der Schlacht am Weissen Berg in Österreich-Ungarn kann man mit Hilfe von Analogien zu wahrscheinlichen Annahmen gelangen, deren absolute Glaubwürdigkeit sich aber kaum jemals beweisen oder widerlegen lässt. Zuerst begab sich der Junge wahrscheinlich in das Zisterzienserkloster Sittich (Stièna) im damaligen Krain. Unter der Voraussetzung, dass die Organisation des Musiklebens in Krain, einem Land der Habsburger Staatsgemeinschaft, im wesentlichen dieselbe war wie sonst in Österreich oder bei uns, ist Handl wohl um das Jahr 1560 als Sängerknabe nach Sittich gegangen. Die Blüte dieses Klosters fällt in die Zeit des Abtes Wolfgang Neff. Hier konnte der kleine Jakob die Anfangsgründe seiner musikalischen und allgemeinen Bildung erworben haben.9 Zur Zeit des Stimmwechsels gingen die Knaben nach Hause; besonders begabte sandte man drei Jahre weiterstudieren. Dieser an Hofkapellen übliche Brauch galt offenbar auch an Kantoreien und betraf somit aller Wahrscheinlichkeit nach den jungen Handl. Kofer u.a. wurden Schulen zur Erziehung des Sängemachwuchses gegründet und als Präzeptoren namhafte Musiker berufen. Solche Gesangschulen gab es am Kaiserhof und an den erzherzoglichen Höfen. 6 Mantuani, Josef: Einleitung zur Herausgabe von Jacob Handl (Gallus) Opus musicum. Wien 1899. DTO VI/1. 7 In der Korrespondenz des Bischofs Stanislav "Pavlovsky stossen wir mehrmals auf Personen des Familiennamens Hahn* Handl u.a.; Im Hinterlassenchaftsbuch der Olmützer Bürger liest man einen Namen, der mit 1 Angesichts der lebhaften Beziehungen des Abtes Neff zu Wien könnte man den Abgang Handls in diese Stadt erwägen, aber auch norditalienische Kulturzentren nicht aussen!iessen. Allerdings gibt es für keine der beiden Möglichkeiten Beweise irgendwelcher Art* und es waren sicherlich nicht die einzigen Musikzentren, wo Hand! jene musikalische Bildung geniessen konnte, die dem Stilcharakter seiner Kompositionen entspricht. Die erste Persönlichkeit, die Handl expressis verbis nennt und der er das vierte Buch seiner in Prag 1580 erschienenen Messekompositionen widmet, ist "Johannes, abbas Monasterii Zwetl"; er bezeichnet ihn als seinen Wohltäter und gedenkt dankbar der Jahre, die sie in aufrichtiger Freundschaft verlebt hattenJ0 Aus dieser Äusserung geht hervor, dass Johannes Rueff (Ruoff) gemeint ist, der von 1580 bis 1595 Abt des Zisterzienserklosters im österreichischen Zwettl, später in Heiligenkreuz war (bis 1599). Zur Widmung kam es offenbar unmittelbar nach Rueffs Einführung in das Amt eines Abtes. Ruoff war ursprünglich, nach der Quelle Xenia bernardina -P.III.75, Benediktiner in Melk und wurde auf Geheiss Kaiser Rudolfs II. als Abt in das Zisterzienserkloster Zwettl installiert. Es überrascht wohl, dass ein Benediktiner Abt eines anderen Ordensklosters werden konnte, doch war das im 16. Jahrhundert keine Ausnahme; wurden doch sogar weltliche Priester, die keinem Orden angehörten, zu Äbten bestellt. Noch ein Benediktiner aus dem Kloster Melk verkehrte mit Handl freundschaftlich und blieb offenbar nicht ohne Einfluss auf die Formung seiner Persönlichkeit: es war Johann Spindler, der Prior des Melker Klosters seit 1566, der dort auch als Musiker wirkte und nicht nur in Melk, sondern auch an anderen Stätten seines Wirkens, als Abt in Garsten und Kremsmünster, das Muskleben beflügelte.^ Er vergrösserte die Sängerzahl der dortigen Kantorei und führte den Chor auf so ein hohes Niveau, dass ihn Maximilian II-. bei dem Äugsburger Reichstag auftreten liess.^2 Der Kaiser besuchte im Jahr 1568 Melk und war so begeistert von der Leistung der Sängerknaben, dass er zwei von ihnen nach Linz und später nach Wien mitnahm; auch sandte er einen Sänger der Hofkapelle nach Melk zu ihrer Musikerziehung.^ So gelangte die alte Gesangschule, die in Melk auf eine bis in das 12. Jahrhundert reichende Tradition zurückblickte, unmittelbar unter das Patronat des Kaisers. Der Gesanglehrer, den Maximilian II. im Jahr 1569 nach Melk sandte, war Lambert de Sayve, der in der Hofkapelle Ferdinands seit 1562 erscheint.^4 in Melk versah er die Funktion eines Präzeptors, ebenso wie später in den Jahren 1577-1583 bei Karls Grazer erzherzoglichen Kapel le (Capelln-Singer-Knaben-Praeceptor). Im Jahr 1570 unterbrach Lambert de Sayve seine Melker Tätigkeit, weil er den Auftrag erhielt, die älteste Tochter Maximilians II. Anna als "cappeldiener" zur Verlobung mit Philipp II. von Spanien zu begleiten.I5 jenem unseres Komponisten identisch ist: "am 28.2,1617 wurde in Olmütz der Naahlass des ehrenvollen Bürgers Jakob Handl abgehandelt", Inventarium Buch Anno 1618, Nr. 13. Arohiv der Stadt Olmütz (AMO). 8 Im Vorwort zur Sammlung der Mor alien Jakob Handls hat sieh sein Bruder mit der latinisierten Namensform "Georgius Handelius Carniolus" unterschrieben. 9 Mantuani, J., ib. XI. 10 Cvetko, d.: Jaoobus Gallus, Anhang VI. 8 Obwohl Hand! an der zitierten Stelle seiner Vorrede den Ort nicht nennt, wo er mit seinem Mäzen freundschaftlich verkehrte, geht aus diesen Zusammenhängen hervor, dass es Melk war; Hand! verbrachte dort mehrere anregende und ruhevolle Jahre seines Lebens. Bei dem Niveau und der einzigartigen Stellung der Melker Vokalkapelle und ihrer Gesangschule hatte er hier Gelegenheit eine ausgezeichnete Ausbildung in der Musik, vielleicht auch in der Komposition, zu erwerben, auch dank den lebhaften Beziehungen dieser Kantorei mit den Musikern der kaiserlichen und erzherzoglichen Kapellen, in denen eine Reihe hervorragender niederländischer und italienischer Musiker und Komponisten tätig war. Am Hofe Erzherzog Karls in Graz wirkte damals als Kapellmeister der Venezianer Annibale Padovano, der Freund Andrea Gabriel is, der offenbar auch Erzherzog Karls Besuch in Venedig im Jahr 1569 vermittelte. Seit diesem Jahr datierten die engen Kontakte dieser Kapelle mit Venedig, und damit auch mit Giovanni und Andrea Gabrieli, vielleicht sogar mit Willaert J6 Es war vor allem Lambert de Sayve, der seit Ende der sechzigen Jahre des 16. Jahrhunderts die musikalische Entwicklung des jungen Komponisten beeinflusste. Er war ebenfalls ein Bahnbrecher der mehrchörigen venezianischen Kompositionstechnik, obwohl er aus einer weitverzweigten niederländischen Musikerfamilie kam. Vergleiche der Werke Lambert de Sayves und Jakob Handls führen in vieler Hinsicht zu interessanten Parallelen und weisen zumindest auf gemeinsame künstlerische Ansichten hin, die in der venezianischen koloristischen Schule fussen. Handls Ausspruch in der oben zitierten Vorrede über den Einfluss des Zwettler Abtes auf seine Komposition führte die Forscher zur Ansicht, dass Handl offenbar erst nach seinem Wiener Aufenthalt im Jahr 1574 in Melk gewesen ist.»? Dass es Handl unteriässt, in diesem Vorwort den Benediktiner Johann Spindler zu erwähnen, der als Musiker vielleicht stärker auf ihn eingewirkt hat als Rueff, kann man damit erklären, dass er Rueff hervorheben wollte, als er Zwettler Abt geworden war. Spindler hat er aber nicht vergessen: gegen Ende des Jahres 1590 sandte er ein Exemplar des 4. Buches seines Opus musicum an Spindler, den damaligen Abt von Kremsmünster, der ihm 6 1/2 Gulden mit einem lateinischen Dankschreiben sandte.'8 Die Vermutung, Handl sei aus Sittich unmittelbar nach Melk gegangen, wird auch vom Umstand unterstützt, dass damals Urban I. Perntaz, ebenfalls ein gebürtiger Slowene, dort als Abt wirkte. Unter ihm und seinem Nachfolger Kaspar Hofmann, während der Jahre 1564-1623, blühte die Melker Kantorei, in der 6 Choralisten 11 Kellner* Altman: Musikgeschichte des Stiftes Kremsmünster. Kassel 1956* s. 141. 12 Trittinger* Adolf* Stichwort Melk. MGG IX* Kassel 1961* Spalte 13-15. 13 Mantuani* J.* ib. XI* Bemerkung 27. 14 Köchel* L.R.V.: Die kaiserliche Hofmusikapelle in Wien. Wien 1869. 15 Rebscher* Georg* Stichwort Lambert de Sayve. MGG XI* Kassel 1963* Sp. 1464-6. 16 Federhofer* Hellmut: Musikpflege und Musiker am Grazer Habsburgerhof der Erzherzoge Karl und Ferdinand von Innerösterreich (1564-1619). Mainz 1967. 17 Cvetko* D.* ib. S. 19. 18 Kellner* A.* ib. S. 150. 19 Zu Handls Aufenthalt in Melk siehe Trittinger* A.: Musica sacra Mellicensis. Singende Kirche 13* Nr. 4* S. 203. 9 wirkten, -10-12 Sängerknaben als Diskantisten tätig waren; die Altpartien sangen durchwegs ältere Knaben nach dem Stimmwechsel. Damals trafen hier einander berühmte Musiker und Komponisten, von kunstliebenden Mäzenen gefördert. In der zweiten Hälfte der sechziger Jahre lebten hier Jakob Handl und Lambert de Sayve, und verkehrten mit geistlichen Personen, die nicht nur allseitig gebildet waren, sondern auch die Kunst der Musik pflegten.19 Wenn man diese Tatsachen vergleichend überblickt, liegt der Schluss nahe, dass Handl offenbar unmittelbar aus Sittich etwa vor dem Jahr 1565 nach Melk kam, wo er bis zu seinem Abgang nach Wien Ende 1570 oder Anfang 1571 geblieben ist. Auch diese Vermutung lässt sich glaubwürdig belegen: Als Lambert de Sayve Melk veriiess, suchte Handl zweifellos einen neuen Lehrer, den er vor allem in Jakob Regnart finden konnte, der im November 1570 Präzeptor der Wiener Hofkapelle geworden war.20 Lr versah hier also dieselbe Funktion wie Lambert de Sayve in Melk. Aus den Rechnungsbelegen der Hofkammer geht hervor, dass Handl noch im Jahr 1574 Mitglied der Hofkapelle war, wo ihn damals sein Vater mit dem jüngeren Bruder Georg besuchen kam.21 Manche Forscher äussern Bedenken, dass Handl noch im Jahr 1574 als "Capellnsingerknabe" geführt wurde, obwohl er schon 24 Jahre alt war. In den Verzeichnissen der Hofsänger wird Handl nicht namentlich geführt; die Sängerknaben wurden immer nur mit ihrer Gesamtzahl angegeben. Nach der Zeitpraxis wirkten sie als Diskantisten, während die Altparte meist Jünglinge-Tenoristen sangen, die man als "Capellnsingerknaben-extraordinarii" bezeichnete, ohne auch sie namentlich zu erwähnen.22 Zu ihnen gehörte wahrscheinlich auch Jakob Handl in den letzten Jahren seines Aufenthaltes in Melk und später in Wien. Dies war für ihn vorteilhafter: ausser der Teilnahme an Gesangsproduktionen konnte er sich voll dem Studium widmen und wurde kaum mit anderen Aufgaben betraut. Handls Wirken am Wiener Hof fällt in die letzten Regierungsjahre Kaiser Maximilian II., als Filip de Monte die Wiener Hofkapelle leitete. Er und Regnart waren ähnlich wie Lambert de Sayve Vertreter der sogenannten musica reservata. Sicher hat auch Filip de Monte die Kompositionstechnik Handls wesentlich beeinflusst. Mit dem Abgang aus der Wiener Hofkapelle beginnen Handls Wanderjahre, seine Suche nach tieferen Kenntnissen der Musik und künstlerischen Tätigkeit. Es ist gewiss, dass ihn diese Suche von Wien nach Norden führte - zwar nach Mähren, Böhmen und Schlesien. Allerdings ist es überaus schwierig, die Reihenfolge, Zeit und Dauer dieser Aufenthalte zu bestimmen, und wir sind abermals auf Handls Erinnerungen angewiesen, die den bereits erwähnten Vorworten zu gedruckten Bänden seiner Kompositionen einverleibt wurden. Wenn man einräumte, Handl sei erst nach seinem Abgang aus Wien, also 1574-5, zum erstenmal nach Mähren gekommen, würde man Handls Begegnung mit dem Olmützer Bischof Vilem Prusinovsky (1565-1572) in Zweifel ziehen, den er im Vorwort zum ersten Band seiner Selectiores quaedam Missae (Prag 1580) erwähnt; dieser Band ist dem Bischof Stanislav Pavlovsky gewidmet, in dessen 20 Federhofer, H.j Stichwort Jacob Regnart. MGG XI, Kassel 1963, Sp. 136. 21 Cvetko, D., ib. S. 20. 22 Kochet, L., ib. 23 Cvetko, D., ib. S. 20. 24 Der Hof der Olmützer Bischöfe empfing auch später eine Reihe bedeutender 10 Dienste Handl damals eintrat. Der Komponist erwähnt ausdrücklich, Bischof Vilém (man verstehe Prusinovsky) sei in der Musik gebildet und liebe sie sehr; davon habe er sich persönlich überzeugen können.23 Zu Handls Begegnung mit Prusinovsky konnte es in Kromëffz (Kremsier) kommen, der damaligen Residenzstadt der Olmützer Bischöfe, oder auf einem anderen der bischöflichen Schlösser, und dies Ende der sechziger oder Anfang der siebziger Jahre, in der Zeit von Prusinovskys Episkopat. Der Hof des Olmützer Bischofs war schon damals ein bedeutendes politisches und Kulturzentrum, das hervorragende Persönlichkeiten, Staatsmänner, kirchliche Würdenträger und Künstler, vor allem Musiker anzog; er war eine Art von Durchgangs-station oder Korridor auf dem Weg aus Italien und Wien nach Norden - nach Prag, dem schlesischen Breslau und dem polnischen Königshof in Krakau.24 îm jahr 1567 war hier Kaiser Maximilian 1Î. zu Gast.25 Es ist nicht ausgeschlossen, dass man damals oder später bei dem Besuch des Kaisers und seines Hofes die Sängerknaben der Melker Kantorei zu den Musikfeiern eingeladen hat, die - wie wir wissen - ihren hohen Patron Kaiser Maximilian IÎ. gelegentlich auf Reisen begleiteten. Als Mitglied der Melker Kantorei oder in der Zeit des Wiener Aufenthaltes als Capellnsingerknabe--Extraordinarius konnte Handl nicht nur Mähren und den Hof des Olmützer Bischofs sondern auch Prag besucht haben, wohin der Kaiser häufig und gerne reiste. So liesse sich am ehesten erklären, weshalb Handl seine Wanderjahre nicht im italienischen Süden, sondern im Norden verbrachte, wo er offenbar schon früher Freundschaften geschlossen hatte. Wien verliess der Komponist wahrscheinlich bald nach des Vaters Besuch, Ende 1574 oder Anfang 1575. Er wanderte über Mähren nach Prag und zielte von hier nach Breslau. Aus dieser Zeit datieren Handls handschriftliche Kompositionen, die in Prag und Breslau erhalten blieben, und die er später in seine gedruckten Sammlungen aufnahm. In Breslau verkehrte er mit dem späteren Breslauer Bischof Andreas Jerin, der dort Domprost war. Hier konnte er auch den Kanoniker Stanislav Pavlovsky kennenlernen, einen gebürtigen Schlesier und Freund Jerins seit den Studentenjahren, in dessen Dienste Handl später eintrat, als Pavlovsky Bischof von Olmütz wurde. Nach der Datierung der in der Breslauer Universitätsbibliothek verwahrten Handschriften zu schliessen. fällt dieser Aufenthalt Handls in die Zeit zwischen 1575-1578.26 Damals besuchte er wahrscheinlich auch andere Städte und Orte in Böhmen, Mähren und Schlesien, wie man aus seinem Vorwort zum 3. Buch des Opus musicum herauslesen kann.27 Besuche, die sich aus Wien oder Italien nach Norden begaben. Man findet über sie Bemerkungen in der Korrespondenz des Bischofs Stanislav Pavlovsky. So machte hier beispielsweise im Jahr 1588 der Kardinal Ippolito Aldobrandini halt, der an den kaiserlichen Hof von Prag und von hier aus nach Krakau reiste. (Staatsarchiv Brunn, Sign. G. 83, Karton 42.) 25 Pef>inka, F.V.: Dëjiny mesta KromeŽiše (Geschichte der Stadt Kremsier). Teil I, KromeMz 1913, S. 177. 26 Bohn, Em.: Die musikalischen Handschriften XVI.-XVII. Jhdts zu Breslau, Breslau 1890, S. 138, 340-1. 27 "In Bohemia, Moravia, Silesia, quascunaue vidi et obivi urbes, ornnes musicae non tantum benevolas, sed quasi devotas comperi, quam ipsi senatores et cives cum intra parietes clam, tum in Domo Dei palom exercent celebrantque." (Cvetko, D., ib. Anhang XVII.) 11 Wann Jakob Handl zu komponieren begann, 1st nicht genau bekannt. Er selbst stellt seine ersten Kompositionen in Zusammenhang mit dem Abt Rueff; das bedeutet, dass er schon wehrend seines Melker Aufenthaltes komponierte. Wahrscheinlich war er auch in Wien schöpferisch titig, und aus Prag und Breslau blieben schon Kompositionen erhalten. In Handls Wanderjahre fallen auch Aufenthalte in anderen österreichischen und mährischen Klöstern, wie aus der Vorrede zum 2. Buch der Motettensammlung Opus musicum hervorgeht: "Non unum vidi domioilium vestrum ... peregravi multa, sed praeoipue Austriaca Moravioaque trivi et prope habitavi monasteria: in his etiam non raro, ut ille, silvestrem tenui Musam meditatus avena» "28 Von mährischen Klöstern kommen Aufenthalte in den Prämonstratenserklöstern von Louka (Bruck) bei Znaim und in Zlbrdovice bei Brunn in Betracht. Anscheinend hat er zuerst in Louka haltgemacht und dies zu einer Zeit, als hier Kaiser Rudolfs II. Erzieher Sebastian Freytag von èepiroh Abt war, eine der führenden Gestalten der Gegenreformation, die in Louka ein Zentrum besass. Louka liegt auf dem Weg von Wien nach Prag und es ist somit nicht auszuschliessen, dass Handl dort seinen ersten mährischen Aufenthalt nahm. Vielleicht war es auch nur ein ganz kurzer Besuch, den er später wiederholte. Das Kloster verfügte nicht nur über eine reiche Bibliothek und ein Gymnasium, sondern hatte auch ein Seminar für 30 Knaben. Seit dem Jahr 1576 stand hier eine vierjährige Musik- und Gesangschule in Betrieb, an der Musiker der kaiserlichen Kapelle unterrichteten. Es ist nicht ausgeschlossen, dass auch Handl sie besucht hat, aber doch wahrschenlicher, dass er dort als Musiklehrer wirkte.29 Nach der Rückkehr aus Breslau verfügte er bereits über das hinreichende Rüstzeug für diese Tätigkeit. Um unsere Vermutung zu beweisen oder auszuschliessen, wird es notwendig sein, das reiche Schriftenarchiv des Klosters in Louka zu studieren, aber auch andere Schriftstücke, die sich auf die dortige Schule beziehen und in den verschiedensten Fonds verstreut sind, was das Studium begreiflicherweise sehr erschwert. Dem Abt Sebastian Freytag sandte Jakob Handl offenbar ein Exemplar des ersten Buches seiner Messekompositionen, für die er 10 Dukaten als Geschenk erhielt, wie aus dem in Louka am 1. Januar 1581 datierten Schreiben des Abtes hervorgeht.30 Wann und woher Handl dann nach Zébrdovice (Obrowitz) gekommen ist, ob dies aus Prag oder Louka geschah, können wir vorläufig nicht sagen. Es ist jedoch gewiss, dass Handls Aufenthalt in diesem Kloster seinem Wirken am Hof des Olmützer Bischofs Stanislav Pavlovsky unmittelbar vorausgegangen ist. Das Kloster von Zlbrdovice erlebte seine Blütezeit unter dem Abt Kaspar Schönauer (1569-1589), einem Kenner und Liebhaber der 28 Cvetko, D., ib. Anhang XIV. 29 Das Aktenmaterial der Prämonstratenser von Louka ist im Staatsarohiv Brunn hinterlegt und hier in mehreren Fonds verstreut. Am wertvollsten sind die Kopienbüeher des Abtes Sebastian Freytag von Öepiroh (Sign. E 57). 30 Protooollum seu Copiarum Literarum Latinorum, Hispanioarum et Italioarum de anno MDLXXXI (Staatsarohiv Brunn, Sign. E 57, Bücher 4-5, Sahaehtel 3, fol. la.). 31 Hurt, Rudolf: Hostel Nanebevzett Fanny Marie v Brne-Zabrdovioioh (Die Maria-Himmelfahrt-Kirahe in Brünn-Zabrdovioe). Vlastivedny ve*stnik 12 Musik, der im Kloster hervorragende Musiker versammelte und freundschaftliche Beziehungen zu den übrigen Musikzentren Mährens unterhielt.31 Es ist fast unbegreif1 ich, dass aus diesem hervorragenden Kulturzentrum weder musikalische noch sonst schriftliche Belege erhalten blieben, die das musikalische Geschehen und Handls Anteil beleuchten könnten. Abermals sind wir auf seine Worte aus der Vorrede zum 3. Buch der Kaspar Schönauer gewidmeten Messekompositionen angewiesen. Handl gedenkt dort dankbar des genannten Abtes, der einen hohen Einfluss auf die Entwicklung seiner Persönlichkeit gehabt habe, und der schönen Augenblicke, die er in diesem von Musik gesättigtem Milieu verbrachte. Ob Handl nur Gast des Klosters war oder auch als Musiker verpflichtet wurde, wissen wir nicht.32 Sicher hat er hier Kompositionen geschrieben und Schönauer förderte sein Schaffen. Kurz nach seiner Wahl zum Olmützer Bischof besuchte Stanislav Pavlovsk^ (nach dem 11.6.1579) das Kloster in Zlbrdovice.33 Sein Besuch verfolgte unter anderem das Ziel, einen hervorragenden Musiker zu verpflichten, der imstande wäre, die bischöfliche Kapelle zusammenzustellen und zu leiten. Vielleicht kam er sogar um mit Jakob Handl zu sprechen, von dessen musikalischen Qualitäten er schon früher erfahren haben konnte. Handl schrieb unmittelbar nach der Wahl Stanislav Pavlovsky zum Olmützer Bischof eine siebenstimmige verherrlichende Komposition "Undique flammatis Olomuaum sedibus arsit", aus deren Text "Plaudite, ooelesti Paulouius exit ab urna" hervorgeht, dass sie zwischen dem 11. Juni und 27. August 1579 entstanden ist, als Pavlovsk^ von Papst Gregor VIII, in seiner neuen Funktion bestätigt wurde.34 Ausserdem verwendete er den Tenorpart dieser Komposition als cantus firmus für eine seiner siebenstimmigen Messen, die einen Band seiner Selectiores quaedam Missae einleitet, der ebenfalls Stanislav Pavlovsk^, seinem künftigen Dienstgeber, gewidmet war.35 Nicht einmal nach seinem Abgang aus Zäbrdovice unterbrach Jakob Handl die Kontakte mit diesem Kloster und dessen musikliebendem Abt. Kaspar Schönauer ist dann auch die erste Komposition aus Handls Madrigal Sammlung Harmoniae morales (Prag 1589) "Dii tibi si qua pios respectant numina" gewidmet. Die beigefügte Bemerkung C.A.Z.S. bestätigt ihre Dedikation: Gasparo abbati Zabrdovicensi aa Syloensi.^ Anlässlich von Schönauers Ableben und der Wahl eines neuen Abtes komponierte Jakob Handl-Gallus eine dreiteilige Komposition mit dem Namen Epioedion Harmoniaum / piae et nunquam intermoriturae me/moriae, Caspari Abbatis Zabrdovicensis ao Sy/loensis, viri vitae integritate dootrina elo/quentia praestantissimi Musarum moeaenatis aeque deuotissimi et vigilantissimi,/quiete I.Janiarii anno ultimae patientiae 89. funoti./ Admodum Reverendo/ viro, Domino Ambrosio Teleczeno,/ abbati Zabrdoviaensi, legitimo illius suc/eessori So. Domino amico meo instar patroni, cum observantia honorando âc/solatii loco offert e dicat / Jacobus Handl, Gallus dictus C./Pragae, excudebat Georgius Nigrinus /. Anno M»D. LXXXIX (1589).37 moravsky 1969, S. 29. 32 Sehnal, Jif€: Hudba na dvo$e olomouck§ch biskupu od 13. do pol. 17. stoleti (Musik am Hofe der Olmützer Bischöfe vom 13. bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts). Èasopis vlastivtdne spoleënosti muzejnt v Olomöuci 1970, 73-4. 13 Der erste Teil dieser Komposition ist all achtstimmiger Trauergesang über das Ableben des Abtes geschrieben, die folgenden Abschnitte, ein acht- und vierstimmiger Teil, beglückwünschen und feiern seinen Nachfolger. Aus dem Titel der Komposition und deren Vorwort geht klar hervor, dass Handls Aufenthalt in diesem Kloster offenbar einen entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung seiner künstlerischen Persönlichkeit ausgeübt hat, wie er in seinem Vorwort unterstreicht. Seine Beziehungen zu den Prämonstratensern von Zäbrdovice waren herzlich und freundschaftlich, und zwar nicht nur zu Schönauer, den Hand! als seinen geistigen Vater bezeichnet, der seine Schritte im Leben und Kunst leitete, sondern auch zu seinem Nochfolger, mit dem er freundschaftliche Kontakte unterhielt, sonst hitte er ihn wohl kaum "amicus meus" genannt. îm Milieu des Klosters Zäbrdovice beendete Handl offenbar den Grossteil seiner Messekompositionen und befasste sich mit der Auswahl dieser Werke zum Druck. Vielleicht begann er hier auch die Motetten zu schreiben, die er später unter dem Namen Opus musicum herausgab. Das vierte, zu Prag im Jahre 1591 erschienene Buch dieser Motettensammlung widmete er ebenfalls dem Abt von Zäbrdovice Ambrosius Teleczen.38 Relativ am besten informiert sind wir über Handls Tätigkeit am Hof des Olmützer Bischofs Stanislav Pavlovsk^. Es ist zwar nicht bekannt, zu welchem Termin er in seine Dienste trat, doch die oben erwähnte Apotheose Handls nach der Wahl und dem Aufenthalt des Bischofs um die Mitte des Jahres 1579 im Kloster Zäbrdovice spricht schon an sich dafür, dass die Entscheidung über die Teilnahme des Komponisten am Musikleben des Bischofshofes bereits gefallen war. Es scheint also, als sei er im Jahr 1579 mit der Aufgabe engagiert worden, eine Musikkapelle zusammenzustellen. Vielleicht wurde er gleichzeitig als Olmützer Domorganist aufgenommen, wie die Literatur anführt.39 Stanislav Pavlovsky war schlesischer Abstammung. Er beherrschte nicht nur die tschechische Sprache, sondern beschäftigte an seinem Hof mit Vorliebe tschechische Beamte und Diener, aber auch Slowenen und Polen. Die besten Zeugnisse von der Persönlichkeit des Bischofs und des damaligen gesellschaftlichen und kulturellen Lebens an seinem Hof bietet sein umfangreicher Briefwechsel, aus dem man das Angestelltenverzeichnis und Itinerarium ziemlich verlässlich rekonstruieren kann.40 Trotzdem gibt es beträchtliche Lücken der 33 Mantuani, J., ib. XX. 34 Mantuani, J., ib., Bemerkung 83. 35 Mantuani, J., ib., Bemerkung 85. 36 Cvetko, D., ib., S. 44. 37 Cvetko, D., ib. Anhang XXII. 38 Cvetko, D., ib., Anhang XXI. 39 Sehnal, J., ib. S. 74. Zu Handels Auf enthalt in Olmiitz siehe auch Cvetko, D.: Jacobus Gallus h Olomouc et h Prague (Contribution h la biographie pour la période 1579/1580 - 1591). Sbornik praoî filosofioke fakulty bmSnske university. Jhg. XIV- 1965, F 9, S. 59-69, 40 Staatsarehiv, Brunn, G. 83, Karton 42-63. Enthält die Kopienbücher des Bischofs Stanislav Pavlovskiy, die Kopienbücher der Patente aus den Jahren 1579-1591, der Polnischen Legation 1587-8, freie Korrespondenz aus den Jahren 1579-98, das Urbarium 1588 und Urkunden aus den Jahren 1567-1598. 14 Daten Ober die Musikkapelle und ihre Zusammensetzung. Es war eine Vokalkapelle, die auch Instrumentalisten beschäftigte. Etwa Anfang 1580 wurde Handl Kapellmeister; im Entlassungszeugnis vom 26.7.1585 führt Pavlovsk^ nämlich an, Handl habe 5 Jahre lang die Funktion eines "Musicorum oapellae noetrae ahoro praefeotum" ausgeübt. Der Komponist stand also an der Spitze der Vokalkapelle des Bischofs, deren Hauptsitz in Kremsier lag, und hatte vor allem für die Aufführung von Kirchenkompositionen in der St.-Moritz-Kirche Sorge zu tragen. Dabei war er offenbar auch für das Niveau der Musik in den beiden Olmützer Kirchen, vielleicht auch in Wischau verantwortlich, wo der Bischof wichtige Besuche aus den Reihen der weltlichen und geistlichen Hierarchie zu empfangen pflegte. Den tatsächlichen Umfang und die Zusammensetzung der bischöflichen Kapelle kennen wir nicht; jedenfalls handelte es sich um eine Kapelle, deren Mitglieder auch mit anderen Diensten und Aufgaben bei Hof betraut waren. Musiker gab es an allen Kirchen der Diezöse; jedenfalls waren es der Kantor, der Organist und die Choralisten, deren Zahl nach der Grösse und Bedeutung des Wirkungsortes schwankte. Die Aufnahme und Entlassung der Kirchensänger stand in der Rechtsbefugnis der Stadträte, war aber an die Zustimmung des Bischofs gebunden. In Kremsier hatte der Bischof bei St. Moritz 10 Musiker: den Rektor, Kantor, Organisten, 5 Choralisten und 2 Diskantisten. In Wischau standen ihm ein Rektor, Kantor, Organist, 2 junge Sänger, offenbar ein Tenorist und Bassist, und 2 Diskantisten zur Verfügung.41 Wie der Stand der Musiker im Olmützer Dom und in der St.-Moritz-Kirche war, ist leider unbekannt. Gewiss war er nicht kleiner als in Kremsier; die Funktion der Diskantisten versahen hier aller Wahrscheinlichkeit nach Schüler der Gesangschule von St. Moritz. Die Tafelmusik besorgten Instrumentalisten, die auch bei der Aufführung von Vokalkompositionen aushalfen. Die Instrumentalisten seiner Kapelle ergänzte der Bischof je nach Bedarf durch städtische Bläser und Pfeifer, wie die schriftlichen Quellen sagen. Nur wenige Musiker der Kapelle Pavlovskys sind dem Namen nach bekannt. Die meisten verbergen sich unter den Namen der Beamten und Bediensteten des Bischofs, wie es bei den Hauskapellen in den böhmischen Ländern üblich war. Die Musiker begleiteten den Bischof oder folgten ihm aus Kremsier nach Olmütz, Wischau, Brunn und andere Orte, wohin er in Ausübung seiner Pflichten zu fahren hatte, Häuser oder Güter besass, und auch Angestellte und Beamte aus den Reihen des niederen Adels beschäftigte, die oft tschechischer Herkunft waren. Auf die Reise nahm der Bischof wahrscheinlich nur jene Kapellenmitglieder mit, die - von örtlichen Musikern ergänzt -imstande waren kirchliche und weltliche Musik aufzuführen, je nachdem es die Situation erforderte. Auf offizielle Besuche und Amtsreisen zum Prager Hof, nach Nikolsburg zu Kardinal Dietrichstein, nach Breslau, an bischöfliche und erzherzogliche Höfe begleitete ihn auch sein Kapellmeister. So hatte Handl Gelegenheit Kontakte mit den Musikern dieser Höfe anzubahnen, vielleicht auch mit den Musikern der heimischen Adelskapellen, von denen besonders die Kapelle des Petr und Vilém von Rosenberg zu den bedeutendsten und grössten gehörte. Die Rosenberger standen in freundschaftlichen Beziehungen zu 41 Staatsarchiv Brünns G BZS Karton 58a Schreiben vom 11.1.I594, 15 Bischof Pavlovsky und manchen Mitgliedern des böhmischen und mährischen Adels; im Repertoire ihrer Musikkapelle treten Jakob Handls Kompositionen in den Vordergrund, was die erhaltenen Musikinventare bezeugen.42 Jakob Handl bedeutete für Stanislav Pavlovsky und seine Kapelle einen wichtigen Beitrag: Der ausgezeichnete Musiker und hervorragende Komponist schrieb Kirchenmusik von hohem künstlerischem Wert. Als Handl in des Bischofs Dienste eintrat, war bereits eine Reihe seiner Werke fertig. Pavlovsky widmete er das erste und zweite Buch der Messekompositionen, die im Jahr 1580 erschienen.43 Ausserdem arbeitete er an Motetten. Diese für die Aufführung im Laufe des liturgischen Kirchenjahres bestimmten Stücke, die Handl in Prag erschienen liess, bildeten einen wesentlichen Teil des Repertoires der Kremsierer Musikkapelle, nicht nur unter Pavlovsky, sondern auch unter seinem Nachfolger.44 Als Fürst hatte der Bischof Hofpagen. Nach dem Beispiel anderer Höfe wurden sie auch in der Musik erzogen. Offenbar besuchten sie eine Gesangschule, wie dies an anderen Höfen der Habsburger, beispielsweise in Salzburg oder Innsbruck, der Fall war. Diese Schule wurde bei St. Moritz in Olmütz gegründet, wo ihr Präzeptor während des Episkopats von Vilém Prusinovsky der Rektor des St. Moritzchors Havel Holleyn war. In der Zeit Bischof Pavlovsk^s leitete die Erziehung des Sänger- und Musikernachwuchses am ehesten der bischöfliche Kapellmeister Jakob Handl; einer seiner Schüler war der nachmalige Domorganist und Kantor der Gesangschule Abraham Nymphaeus,45 der dem Olmützer Stadtrat seine Offizien für 24 Stimmen und mehrere Motetten widmete und eine Belohnung erhielt. Seine Kompositionen blieben leider nicht erhalten.46 In der Korrespondenz des Bischofs findet man eine Reihe von Entlassungsurkunden bischöflicher Angestellter, die von einer starken Fluktuation sprechen; ihr Grund lag vor allem bei den niedrigen Löhnen, die überdies in unregelmässigen Vorschüssen ausbezahlt wurden. Pavlovsky war infolge der kostspieligen Baumassnahmen verschuldet, die er u.a. am Kremsierer Schloss vornehmen musste, das zu Beginn seines Episkopats durch einen Brand beträchtliche Schäden erlitten hatte. Aus den Diensten des Bischofs schieden vor allem Musiker: am 15. Juni erhält der Pfeifer Georg Strauch die Entlassung,47 am 12. Dezember 1581 nach einjähriger Tätigkeit der slowenische Tenorist Mihael Restel und Mitte 1585 auch Jakob Handl: Testimonium fidelis servitii et dimissionis ex aula Jacobi Hanðelii Carnioli, musici. Nos Stanislaus Pawlovsky, Dei et apostolicae sedis gratia episaopu8 Olomucensis, notum facimus tenore praesentium omnis et 42 Die Rosenberger Musikalieninventare aus den Jahren 1599 und 1610 im Staatsarohiv TZeboft, Sign. I 8 B J. 4Z Cvetko, D., ib. Anhang I & IV. 44 Im Musikarchiv des Kremsierer Schlosses blieben die vier Bücher von Handls Opus musioum erhalten» allerdings nicht alle Stimmhefte. Anmerkungen am Titelblatt oder Umschlagsdeckel zeigen, dass sie noch am Anfang des 17. Jahrhunderts beliebt waren. ^ 45 Vencelides, Otto: Das Geistesleben unserer Heimat. Troppau 1922. 46 Abraham Nymphaeus trat offenbar in die Dienste von Pavlovskys Nachfolger ein und ist 1622 in Olmütz gestorben. Im Hinterlassensohaftsprotökoll vom IB.7.1622 wird er als "gewesener 16 singulis, quorum interest, earum exhibitorem honestum ao eruditum nobis dileetum Jaeobum Handelium, Carniolum, musicum, familiarum nostrorum numero gratiose benigneque a nobis asoitum atque musioorum aapellae nostrae ehoro praefeotu fuisse* quoquidem in munere cum nobis operam suam per quinquennium debita fide ao diligentia looasset honesteque pro eo, ao virum probum et oatholiaum decet, se gessisset, tandem partim mutandae aurae minus sibi hie faventis causa, partim ob alias aequas et suffieientes rationes ab aula nostra dimittipetiit liberari. Honestae itaque illius petitioni ampliorique forunae alibietiam quaerenda deesse nolentes eum ab officio proedioto liberum feoimus ao aum ea, qua susoeptus erat, gratia benevole dimissum literarum quoque no8trarum ratione vitae honestatis et debitae in obeundo munere suo diligentiae testimonio cohonestandum censuimus* Omnibus et singulis, ad auos perventurus est, illum ut i virum bonum et hone s tum arti8que inprimis suae peritia singulari insignem de moliori nota commendantes amantesque postulamus ab iisdem,ne Uli benevolentia sua atque ohristianae oharitatis officiis desint, quin potius eo, quo viros quosque honestos ao liberalium disoiplinarum ornamentis eonspiouos oompleati soient, amore eundem quogue ao benevolentia presequantur faoturi rem nobis pergratam et similibus vieissim offioiis per omnem oooasionem compensendam. Datum Cremsirii ex aree nostra die XXVI Julii anno Domini MDLXXXV.48 Drei Jahre später, am 8. März 1588, folgte ihm Andreas Ostermeier aus Torgau in Sachsen,49 der in der Kapelle zuerst als Tenorist gesungen hatte und nach drei Jahren Vizekapellmeister geworden war. Ostermeier ging zurück nach Deutschland, wo er in derselben Funktion bei dem Grafen Moritz von Hessen tätig war, mit dem er einige Zeit in Schmalkalden verbrachte und dem dortigen Stadtrat seine Messen widmete.50 Ancheinend war Jakob Hand! an des Bischofs Hof sehr angesehen. Der Sekretär des Bischofs Johannes Jerger (Irger) war der Autor apologetischer Verse, die den Druck mancher Kompositionen Handls begleiteten. Jerger war Dichter, Beamter und Priester in einer Person; man begegnet ihm später als Olmützer und Brünner Kanoniker.51 Auch der deutsche Sekretär des Bischofs Valentin Lauban war Hand! gewogen und vermittelte ihm den Zutritt zu bedeutenden Persönlichkeiten; auch zu dem gefürchteten Jesuiten spanischer Abstammung Hurtado Perez, der Handl bei Kaiser Rudolf II. allem Anschein nach ein Privilegium zur Herausgabe seiner Kompositionen erwirkte.52 Cantor zu St. Moritz, Mittbürger allhier" angeführt. AMO, Handschrift 122, Eintragung 60. Unter den Zeugen wird Johannes Praetorius, wahrscheinlich Musiker und Komponist, angeführt. Staatsarchiv, Brunn, G 83, Karton 60 (Kopienbuch der Patente aus den Jahren 1579-1591), S. 32-33; deutsch geschrieben. Ibidem, S. 217-218. - Entlassungsurkunde des Tenoristen M. Restel ib., S. 87-88; lateinisch geschrieben. Ib., S. 550; auch lateinisch. Über Ostermeiers Wirken in Deutschland siehe Kraft, G.: Die Chorbücher der Lutherstube zu Schmalkalden. ZfMw XII, 1929/30, S. 510-511; XIII, 1930/31, S. 97-8. PeHnka, I., ib. 481 fürt Jerger unter den bischöflichen Sekretären erst im Jahr 1585, obwohl er schon im Jahre 1579 diese Funktion ausübt. Mantuani, J., ib. Die Jesuiten besassen zur Zeit der Gegenreformation 17 47 48 49 50 51 52 Weshalb hat wohl Hand! Pavlövskys Kapelle verlassen? Wahrscheinlich kommen zwei Gründe in Betracht, die seine Gesundheit und künstlerische Arbeit betrafen. Das nicht sehr günstige Klima des Marchbeckens, das Umherreisen zwischen verschiedenen Orten und die Verantwortung für das künstlerische Niveau der Produktionen mit Kräften, die oft zufällig und je nach Bedarf aus verschiedenen Orten berufen wurden, dazu die pädagogische Tätigkeit an der Olmützer Gesangschule - all das erschöpfte ihn offenbar übermässig und nagte an seiner ohnehin schwachen Gesundheit: Hand! starb 41 Jahre alt! Dabei komponierte er ununterbrochen und bereitete seine Motetten zum Druck vor, die ja dem allgemeinen Wohl dienten sollen, nicht nur den Musikproduktionen des bischöflichen Olmützer Hofes. Es ist so gut wie sicher, dass Pavlovsky seinen Kapellmeister ungern ziehen liess, aber seine Gründe respektierte. Auch der Druck seiner Kompositionen erforderte stete Anwesenheit in Prag. Es ist unwahrscheinlich, dass in Handls Fall finanzielle Erwägungen eine wesentliche Rolle gespielt hätten. Wie hoch sein Gehalt bei Pavlovsky gewesen ist, wissen wir nicht genau; aus späteren Verzeichnissen erfährt man, dass die höchsten Beamten des bischöflichen Hofes 100 bis 140 Gulden jährlich bezogen haben.53 Und Handl war zumindest so gut, wenn nicht besser bezahlt als diese Beamten. Obwohl der Gehalt im Vergleich mit den Bezügen der Hofmusiker wesentlich kleiner war, sehnte sich Handl nicht danach, zur Hofkapelle überzugehen, um seine finanzielle Position zu verbessern. In Prag nahm er den Posten eines Organisten der Kirche St. Johannes in Vado an, die zwar unter der Patronanz des Kaisers stand, aber in finanzieller Hinsicht offenbar dem Gehalt eines bischöflichen Kapellmeisters entsprochen hat. Ausserdem hatte Handl in des Bischofs Diensten sicherlich volle Verpflegung und konnte als unverheirateter, kinderloser Mann seine finanziellen Bezüge vor allem in die Editionen seiner Werke investieren; in dieser Hinsicht halfen ihm ausserdem freigebige Mäzene aus geistlichen und weltlichen Kreisen, denen er nach und nach die einzelnen Bände seiner Kompositionen widmete. Auch nachdem er Kremsier verlassen hatte, unterbrach Handl die Beziehungen zum Olmützer Bischof nicht, und widmete ihm das 1. Buch seiner Motetten Opus musicum (Prag 1586), für das sich der Bischof mit folgendem Schreiben bedankte: Jacobo Bandi Carniolo, musico, Honeste et erudite in Christo nobis sincere dilecté. Recentem ingenii tui factum, opuscula musica, quae ex parte nobis dedicasti et ad nos transmisisti, una cum litteris tuis grate accepimus. Quam operam iis tum compendis, tum in lucem edendis non inauspicate impendisti eoque magis probamus, quo illa, cum in usum venerint, ecclesiae Dei utiliora fore, speramus. Porro in sublevavem sumptum eorum, quae in hane editionem fecisti proque nostra veteri in te behevolentia, nonnihil aeris per ablegatum nostrum, quern prope diem istud expediemus, tibi missuri. Recte interim in Domino vale. Datum Cremsirio ex arce nostra 15. Novembris anno Domini 1586.54 sozusagen unbeschränkte Machtbefugnisse: sie hatten die Möglichkeit neueste Musikliteratur kennenzulernen, weil sie die Zensur aller der im Druck erschienenen Kompositionen in Prag ausübten. Siehe Trolda, 18 Noch zu Weihnachten 1590 sendet Pavlovsk^ Hand! ein Schreiben und 10 Dukaten als Dank für ein weiteres Buch der Motettensammlung Opus musicum: Jaoobo Banal Gallo* musico* Opus musicum ab ilio editum sibi gratum acaidere significat et 10 ducatos strenae loco eidem mittet* Opus tuum in honorem Deiparae Virginis nee non sanctorum et sanetarum editum nobisque transmissum amanter et benevole aeeeptamus* non minus Studium et conatus tuos ecclesiae Dei causa utiliter magnaque cum laude impensos comprobantes* quam promptam et paratam tuam erga nos observantiam ampleetentes* quam ut nobis tanto gratiorem esse agnoscas* decern ducatos strenae loco tibi mittimus* quos ut aequi bonique consulas magisquae ad honorem Dei eiusque ecclesiae pro talento tibi concesso augendum atque amplificandum accendaris* cupimus reetaque valetudinem faeliciaque ingruentis anni auspicia tibi in Domino precamur. Datum Cremsirii 24. Decembris anno 1590*55 Vom Ende des Jahres 1585 hält sich Handl bereits dauernd in Prag auf.56 Er war keineswegs als unbekannter Komponist gekommen und hatte in Prag bereits aus früheren Zeiten eine Reihe von Freunden bei Hof, aber auch unter den tschechischen Komponisten, Musikern, Humanisten und Dichtern, deren Texte er vertonte. Vor allem beendete er hier eine Reihe von Motetten, die im vierten Buch seines Opus musicum erschienen und deren Entstehung zweifellos mit Handls Wirken an der Prager St. Johannes-Kirche zusammenhing. Ausserdem öffnete das Prager Milieu dem Komponisten den Weg zu der weltlichen Musik - seinen Madrigalensammlungen Harmoniae morales und Moralia. In ihnen konnte er seine Kompositionskunst zur vollen Geltung bringen und die Vielseitigkeit seines Könnens beweisen, vor allem die Kunst mit Textvorlagen umzugehen und sie dem eigenen künstlerischen Wollen unterzuordnen. Handl war der Typ des bescheidenen, redlichen und arbeitsamen Menschen und Künstlers, der sein ganzes Leben dem Studium, der Komposition, der Wiedergabe von Musik und der Musikerziehung weihte. Seine hervorragende Begabung und ausgezeichnete musikalische Bildung ermöglichte es ihm, in dem von Musik gesättigten Milieu jener hohen künstlerischen Qualitäten, derer sich das Rudolfini sehe Prag rühmen konnte, reiche schöpferische Impulse zu empfangen und mit der Kraft seines Ingeniums in Werke umzugiessen, die eine neue Zeit und einen neuen Stil angekündigt und verweggenommen haben. In manchen seiner Kompositionen gelangt er sogar in die Atmosphäre der Manieristen. Emilidn: Jésuite a hudba (Die Jesuiten und die Musik)* Cyrill 66* Prag 1940* S. 55. 53 Staatsarchiv* Brunn. G. 83* Karton 62* Neue Urkunden 1579-1598. 54 Ibidem* Karton 49* Kopienbuch 23* 1586* fol. 128v. 55 Ibidem* Karton 55* Kopienbuch 29* 1590* fol. 94V-95. 56 Den Prager Aufenthalt behandle ich nicht ausführlich; er wurde von Mantuani* Cvetko u.a. gewürdigt* neuenstens von Jitka Snizkovd: Prispevek k odnosom Jacobusa Gallusa Handia do Prage. MZ VI* 1970 und Dokumentu okolo umrti Jakoba Handla Galla* u.a. 57 Kancionðl* to jest Sebrdni zpkv&v poboenych (Gesangbuch* das ist eine Sammlung frommer Lieder). Olomouc u Jifôka Handle* 1601. 19 Prag wurde für Hand! schon deshalb lebenswichtig, weil er hier in Georg Nigrin den verständnisvollen Verleger seiner Kompositionen und in seinem Bruder Georg Hand! den treuen Geführten fand, der sich um die postume Ausgabe der Moralien (Nürnberg 1596) verdient machte. Die weiteren Lebensgeschicke dieses Bruders wurden noch nicht erforscht. Es wird wohl notwendig sein, sich mit der Herkunft und dem Leben und Wirken des JiHk Handle (Georg Hand!) zu befassen, der in Olmütz das katholische Gesangbuch des Jan Rozenplut herausgegeben hat, und festzustellen, ob es sich nicht um dieselbe Person oder ihren Nachkommen handelt.57 Schliesslich wäre zu sagen, dass Jakob Handl in den böhmischen Ländern ein zweites Vaterland, eine zweite Heimat gefunden hat; man nahm ihn hier herzlich auf und sein unerwartetes Ableben wurde von vielen tschechischen Poeten betrauert. Seine Kompositionen waren nicht nur an den Stätten seines Aufenthaltes und Wirkens verbreitet, sondern auch auf dem flachen Lande Böhmens und Mährens weit bekannt. Das bezeugen erhalten gebliebene gedruckte Notenhefte, aber auch handschriftliche Kompositionen, von denen besonders die Mottete Ecce quomodo moritur iustus als tiefe und rührende Äusserung der Karfreitagstragödie in unseren Kirchen noch im 19. Jahrhundert gelebt hat. POVZETEK Avtorica posveèa posebno pozornost Gallusovi dejavnosti v Olomoucu in skuša osvetliti vrsto spornih biografskih podatkov v zvezi z glasbenim življenjem èeških dežel v 16. in na zaèetku 17. stoletja, pri cerner se tudi naslanja na nekatere vire domaèe provenience. Verjetno se je Gallus mudil na Èeškem oziroma Moravskem že precej pred svojim odhodom z Dunaja leta 1574/75. Kdaj je to toèno bilo, sicer ne moremo dognati, vendar kaže predgovor k zbirki "Selectiores quaedam missae", da se je prav ob tej priliki seznanil z olomouškim škofom V. Prusinovskim. Po odhodu z Dunaja je med svojim bivanjem v Wroctawu nekje od 1575 do 1578 imel osebne stike s stolnim proštom A. Jerinom, èigar prijatelj je tedaj bil kanonik Pavlovsky. Zato ni izkljuèeno, da je spoznal tega že v tem èasu. Od moravskih samostanov* ki jih je Gallus obiskal, prihaja najprej v poštev samostan premonstratov v Louki. Kdaj je Gallus prišel v samostan v Zabrdovicah ni toèno znano. Gotovo pa se je tu zadrževal neposredno po svoji izvolitvi za olomouškega škofa (11.VI.1579) S. Pavlovsky, ki je iskal sposobnega glasbenika za vodstvo stolne kapele. Oèitno je v Zabrdovicah Gallus dokonèal veèji del svojih maš in se ukvarjal z izborom teh del za tisk. Relativno najbolje smo obvešèeni o njegovi dejavnosti na dvoru S. Pavlovskega, kjer je nastopil službo kapelnika na zaèetku leta 1580. Zdaj je naèeloval pevski kapeli škofa, èigar glavna rezidenca je bila v Krome*$îzu. Tako je bila njegova glavna naloga skrbeti za glasbeni repertoar v tamošnji cerkvi sv. Morica, hkrati pa je bil v tem pogledu še odgovoren za obe cerkvi v Olomoucu. Kot kapelnik je spremljal škofa na razliènih uradnih potovanjih, tako na habsburški dvor v Prago, h kardinalu Dietrichsteinu v Nikolsdorf, v Wroclaw in še drugam, kar mu je 20 vse omogoèalo navezovati stike z raznimi glasbeniki. Razen tega je vodil v Olomoueu škofijsko pevsko šolo. Med vzroki, da je Gallus zapustil Olomouo in Kromežiž* je poleg tega* da si je želel širših umetniških možnosti in da je hotel v Vragi nadzorovati natis motetov "Opus mus i cum"* tudi njegova prevelika službena obremenjenost in nezadovoljstvo z izvajalci* ki so mu bili na voljo. Nedvomno mu je prav Praga odprla pot do posvetne glasbe* do zbirk "Harmoniae morales" in "Moralia". Ob tem je še znaèilno* da si Gallus ni prizadeval za službo na dvoru* ampak se je kratkomalo zadovoljil kot tako ugleden skladatelj s službo kantor ja v cerkvi sv. Jana na Bregu* ki je bila znatno slabše plaèana in mu je prinašala približno enake dohodke kot prejšnja v Olomoueu. 21