Theologische Verantwortlicher Rcdacteur und Verleger: Mr. Johann Chrys. Pogazhar. JVl 28. Samstag den 14t. Juli. 1848. Hirtenbrief. Die zu Wir,, versammelten Erzbischöfe und Bischöfe Oesterreichs der gesammten ehrwürdigen Geistlichkeit ihrer Kirchcnsprengcl Heil und Lege» vom Herrn! Wie die Lämmer, welche auf den Altären des alten Bundes bluteten, ein Vorbild waren des geheimnißvollen, hochheiligen Opfers, durch welches allein sie Kraft und Werth empfingen, so sind in den Schicksalen des Volkes Israel schon ahnungsvoll die Geschicke angedeutet, welche des größeren, an Gnade überreichen Volkes harren, das der Herr sich im neuen Bunde aus allen Stämmen der Erde gesammelt hat. Wenn Israel abfiel von dem Herrn, seinem Gotte, der es aus der Knechtschaft Egyptens geführt und wider Pharao und die Kriegswagen Pharaos mit starkem Arme beschützt hatte, so floh auch der irdische Friede aus seinen Hütten. Empörung und Bürgerkrieg tobte, die Schaaren der Feinde brachen siegreich herein und beugte» das Geschlecht der Abtrünnigen unter ein hartes, schmachvolles Joch; sogar der Tempel, welchen die Herrlichkeit des Allerhöchsten erfüllt hatte, sank in Trümmer, und die Ueberreste von Juda seufzten fern von Sion in siebenzigjähriger Gefangenschaft. Die Kirche des neuen Bundes trägt das Siegel der Ewigkeit auf ihrer Stirne, und wird aus jeder Drangsal in verjüngter Herrlichkeit hervorgehen, bis das Sterbliche die Unsterblichkeit anziehet und erfüllt ist das Wort, welches geschrieben steht: Verschlungen ist der Tod im Siege! Tod, wo ist dein Sieg, Tod, wo ist dein Stachel? 1. Corinth. 15, 53—55. Aber auch im neuen Bunde gefällt cs dem Herrn, die Volker, welche ungetreue Verwalter des Schatzes seiner Offenbarung sind, mit langsam schreitenden, doch sicheren Strafgerichten heimzusuchen. Wird unter einem christlichen Volke der Glaube verdunkelt, gestaltet er sich zu einem kalten Mondenlichte, welches das Herz nicht mehr zu erwärmen, die Früchte guter Werke nicht mehr zu reifen vermag, so überläßt der Herr die Ungetreuen den bösen Neigungen ihres Herzens; er wendet sein Angesicht von ihnen ab und Verwirrung ergreift sie. Pf. 103, 29. Das römische Reich wurde gewogen und zu leicht befunden; cs erprobte sich «Is unfähig, der irdische Träger des Reiches Gottes zu sein: darum ging cs nach langen Stürme» unter. Von Asien und Afrika wurde der Leuchter hinweggenommen; in den weiten Ländern, wo Athanasius als Held und Lehrer der Wahrheit strahlte, wo Augustinus die wunderbare Fülle seines Geistes entfaltete, wo Basilius und Chrysostomus durch die Kraft ihres Wortes die Gcmü-ther lenkten, schweifet nun der Beduine durch die pfadlose Wüste, herrschet der dumpfe Türke über verkommene Bevölkerungen, und nur wenige schwache Spuren mahnen noch an die glanzreichen Tage des Christenthilins, gleich zerstreuten, herbstlich welken Blättern, welche von dem Blüthenkranze des Frühlings übrig geblieben sind. Die Länder, i» welchen die Bildung der Neuzeit zu ihrer viel bewunderte» Höhe sich anfschwang, haben es gleichfalls erfahre», daß, wen» der Herr das Hans nicht hütet, die welche cs hüten folle», vergebens Wache halten. Die Liebe erkaltete in Vieler Herzen: darum verhüllte sich auch die himmlische Sonne des Glaubens. Man hatte Eisenbahnen und Dampfmaschinen, man berechnete den Lauf der Gestirne und löste die Pflanzen in ihre Bestandtheile auf: wozu feilte ein fo hocherleuchtetes Geschlecht Gott den Herrn noch ferner nöthig haben? »Wir wollen seine Bande zerreißen und abschütteln sein Joch«: Ps. 2. 4. sprachen Jene, welche auf der Höhe der Zeit zu stehen versicherten, und groß war die Schaar, welche ihnen Beifall zujauchzte, unzählbar die Menge Derer, welche in kalter Gleichgiltigkeit, nur der Stunde u»d ihrer Güter gedenkend, dem verwvrrcue» Treiben zufahen. Da that der Allmächtige, wie er einst zuJfaias gesprochen: »Ich will dieß Volk durch ein seltsames, wunderbares Ding in Staunen setzen; die Weisheit seiner Weisen wird zu nichte und der Verstand seiner Klugen verblendet werden.« Jsai. 29, 14. Das Jahr 1848 brach herein. Deutschland, Frankreich und Italien verwandelten sich in einen Schauplatz chaotischer Verwirrung; alle Vorbedingungen menschlicher Geselligkeit wurden in Frage gestellt, und über dem wild sich kreuzenden Gedränge schwebte die rothe Republik mit der Blutfahne, und fpähte nach dem rechten Augenblicke, um in die zuckenden Glieder des modernen Staates ihre Drachen-jähne zu fchlagen. Auch unser Vaterland ward in die Wirbel des furchtbaren Sturmes hineingezogen, und mit tiefem Schmerze sehen wir, daß noch jetzt ein großes, uns verbrüdertes Volk allen Täuschungen und Schrecknissen des entzügelten Aufruhres preisgegeben ist; doch in dem weiten Bereiche der Länder, wo Ihr, theuere Mitbrüder, die Mitgenossen unserer Hirtensorgen seid, wurde der blinden Wuth anf-gestachelter Leidenschaften schon vor Monaten Einhalt gethan. Die weisen Staatsmänner, welche Seine Majestät der Kaiser an die Spitze der Geschäfte gestellt hat, erkannten die hohe Aufgabe, welche ihnen geworden war; sie erkannten, daß es nicht genüge, im Herzen des Reiches den Sturm gebändigt zu haben, sondern daß man nun alle Mächte des Geistes anrufen müsse, um die Wunden zu heilen und die Gemüther zu versöhnen, um dem Boden, welchen der Vulkan durchwühlte, die Saat des Friedens und der Freiheit zu entlocken. So erschienen die Gesetze vom 4. März, welche, wenn der Herr den Segen verleihet, um den wir in Demuth ihn anflehen, Vertrauen und Kraft erneuern und das Vaterland einer Zukunft des Glückes und des Friedens entgegenführen werden. Als die Stimme des Gesetzes schwieg und die Sturmglocke in das Wuthgeheul verblendeter Schaareu tönte, als Umwälzung das Losungswort des Tages war und Hohn und Drohung wider das Heiligthum anstürmte, vergaßen wir nicht der Warnung des Propheten, welcher ruft: »Wehe mir, daß ich geschwiegen habe!« Jsai. 6, 5. Auf den Herrn hoffend wider alle menschlichen Berechnung liehen wir in Mitte des verworrenen Dranges den Rechten der Kirche unsere Stimme; wir richteten an die damaligen Leiter des Staates unsere Mahnungen, Bitten und Vorstellungen, wir verlangten für die Braut Christi die Freiheit, ihre göttliche Sendung ohne Hinderniß zu erfüllen. Als das zerrissene Band der Rechtsordnung wieder geknüpft war, erhob unsere Hoffnung sich muthi-ger, und sie wurde nicht getäuscht: denn das Gesetz vom 4. März gewährt der katholischen Kirche die Freiheit, ihre Angelegenheiten selbstständig zu ordnen und zu verwalten, und entbindet sie dadurch von vielfachen Hemmnissen, welche in Oesterreich seit siebenzig Jahren die volle Entfaltung ihrer heilbringenden Wirksamkeit beirrten. Aber nun galt es, diese allgemeine Bestimmung auf's Einzelne anzuwenden uud in's Leben einzuführen. Da gedachten wir der Verheißung des Herrn, welcher spricht: »Wo Zwei oder Drei üt meinem Namen versammelt sind, dort bin ich mitten unter ihnen!« Matth. 18, 20. Da blickten wir auf das Beispiel des christlichen Alterthums, dessen Bischöfe es sich zum Gesetze machten, Kraft in der Einigkeit zu suchen und durch den lebendigen Austausch ihrer Ueberzeugungen den Aufschwung ihres Eifers zu erhöhen, und es entstand in uns das Verlangen, in der Wiedergestaltung so wichtiger Verhältnisse nicht ohne wechselseitige Verständigung vorzugehen; Angelegenheiten, bei welchen das Heil der katholischen Kirche auf der Wagschale liegt, gemeinsam zu berathen. Schon wurden Vorbereitungen zu einer Versammlung getroffen, als die kaiserliche Regierung den Wunsch aussprach, sich mit uns zu Berathung der Stellung, welche die katholische Kirche auf Grundlage der von dem Monarchen ertheilten Grundrechte künftig im Reiche einnehmen werde, in nnmittel-baren Verkehr zu setzen, nnd uns deßhalb einlud, uns am dritten Sonntage nach Ostern hier zu versammeln. Mit Dank erkannten wir darin die wohlwollende Berücksichtigung eines Wunsches, welchen Mehrere von uns mitten in dem Getümmel der Umwälzung ausgesprochen; mit Dank erkannten wir darin das Bestreben der kaiserlichen Regierung, die wahren Interessen des Staates und der Kirche gründlich und dauernd zu vereinbaren, und der bezeichnet- Tag hat uns in der Hauptstadt des Reiches versammelt gefunden. Wir fühlten und fühlen im tiefsten Herzen die Wichtigkeit eines Augenblickes, welcher in die Geschicke der katholischen Kirche in Oesterreich tief eingreifen, und über die heiligsten Interessen weitverbreiteter Länder für lange Jahre das Loos der Entscheidung werfen kann; den heiligen Geist anstehend, daß er vom Himmel herab einen Strahl feines Lichtes sende, widmeten wir unsere ganze angestrengte Thätigkeit dem Werke, zu welchem die Führsehnng uns berufen hat. Die Regierung Seiner Majestät hat unsere Wünsche und Vorstellungen empfangen, und wir hegen zu ihrer Weisheit und Gerechtigkeit das Vertrauen, daß es uns bald werde vergönnt sein, den Kindern der katholischen Kirche von den Ufern der Weichsel bis hinab zu den Gestaden des Mittelmeereö das freudige Ergebniß unserer Bemühungen freudig zu verkünden. Inzwischen ist eö uns Pflicht und Trost, Euch, unseren Mitarbeitern im Weinberge des Herrn, die Grundsätze darzulegen, welche wie ein glänzender Stern uns leiteten; vor Euch, unseren Mitstreitern im Kampfe für das Reich Gottes, die Ueberzeugungen auszufprechen deren himmlischer Hauch die Quelle unserer Kraft und Hoffnung ist. Fortschritt! Fortschritt! so lautet das Feldgeschrei des Tages. Die katholische Kirche, kennet und ehret den Fortschritt: denn Alles, was sie weiß und besitzet, lernte und empfing sie zu den Füßen Dessen, welcher gesprochen hat: »Seid vollkommen, wie euer Vater im Himmel vollkommen ist!« Matth. 5, 48. Der Christ, welcher seines Namens würdig ist, hat am Throne des Allerhöchsten seine Heimath und sein glänzendes Ziel; aber dieß vergängliche Leben der Wanderschaft hat für ihn einen hohen Werth: denn es ist ^ie Zeit, in welcher er seine Treue erproben, in welcher er seinem Heilande Nachfolge» tmb mit ihm sammelnd seinen Namen verherrlichen soll. Darum richtet der wahre Christ sein ganzes Bestreben darauf, täglich vorzuschreiten in der wahren Vollkommenheit, täglich vorzuschreiteu in der Erkenntniß Gottes und der Aufgabe, welche Gott ihm auf Erden gestellet hat, in der Liebe zu Ihm, welchen er von Angesicht zu Angesicht zu schauen hofft, und in der aufopfernden Hingebung für Alle, welche erlöset sind durch das kostbare Blut der Versöhnung. Doch auch in den Kenntnissen und Fertigkeiten, welche für irdische Zwecke frommen, wird er, wenn sein Beruf es fordert, das Streben nach Vollkommenheit erproben. Ihm schwebet das Wort vor: »Verflucht sei, wer das Werk des Herrn nachlässig thnt!« Jer. 48, 10. und jede Pflichterfüllung ist ihm ein Werk des Herrn, weil er im Geiste des Apostels lebet, welcher spricht: »Ihr mögt essen oder trinken oder was immer thirn, so thut Alles zur Ehre Gottes«. I. öorinth. 10, 31. Die katholische Kirche, welche eingesetzt ist, um die Lehre der Vollkommenheit zum Gemeingntc der Menschheit zu machen, leget auch an ihre Einrichtungen und Gesetze den Maßstab der Vollkommenheit. Sie erkennet sich verpflichtet, Alles zu verfügen und vorzukehren, was nach den Verhältnissen der Zeit nothwendig ist, um das Reich Gottes auf Erden zu befestigen und zu verbreiten. Sie benützt jedes probehältige Ergebniß der Erfahrung, jeden wirklichen Gewinn der Wissenschaft, um die Lehre des Heiles dem Herzen tiefer einzuprägen, um die Geheimnisse Gottes in immer weiteren Kreisen fruchbringend zu machen, um dem Jrrthume zu steuern, um die Lüge zu entlarven, um der Leidenschaft zu gebieten. Sie macht cs insbesondere zum Gegenstände ihrer unermüdlichen Sorgfalt, die Auserwählten, welche sich ihrem besonderen Dienste gewidmet haben, zu rüsten mit dem Schilde des Glaubens, an welchem alle Flammenpfeile des bösen Geistes erlöschen, und mit dem Helme des Heiles und mit- dem Schwerte des Geistes, welches das Wort Gottes ist. Ephes. 6, 10. 17. Dieß ist das Vorbild der Vollkommenheit, welches unseren Berathungen als die Richtschnur jedes Beschlusses vorschwebte. In den Zeiten, welche den Tagen des Umsturzes voraugingeu, hatte die katholische Kirche in Oesterreich manchen Grund zu gerechter Beschwerde. Jede Regung ihres Lebens war von den Fäden zahlloser Verordnungen umschnürt. Dem Verkehre mit dem heiligen Stuhle stellten sich fast unübersteigliche Hindernisse entgegen. Der Bischof durfte an seine Gemeinde ohne Einwilligung der Behörden kein Wort der Ermahnung richten. Die mächtige Hilfe der Presse zu Belebung und Läuterung der Gesinnung anzurufen, wurde den Vertretern der Kirche beinahe unmöglich gemacht: denn über die einflußreichsten Fragen war jede Erörterung, in welchem Sinne sie immer mochte geführt werden, schlechthin verboten. Die weltliche Gesetzgebung streckte über Alles, was in die äußere Erscheinung trat, ihre gebietherische Hand aus; sie unternahm es sogar, den Gottesdienst bis in's Kleinste herab zu bestimmen, und stellte in Ehesachen sich zu dem Kirchengesetze in schneidenden Gegensatz. Allerdings waltete seit langen Jahren im Durchschnitte das Bestreben vor, den Mißklang zwischen der österreichischen und der kirchlichen Gesetzgebung thatsächlich auszugleichen oder doch zu beschwichtigen. Manche jener Anordnungen gerie-theit beinahe in Vergessenheit; die meisten wurden in der Ausführung wesentlich gemildert. Allein die Kirche kann sich nicht damit begnügen, wenn sic als ihr Recht in Anspruch nimmt und nehmen mnß, bloß theilweise und als eine Gnadengabe empfängt, welche von dem wandelbaren Ermessen eines Staatsbeamten abhängig ist. Zudem blieb das Gesetz in Kraft, und manchmal trat es ganz unerwartet in seiner vollen Schärfe hervor; die Ausnahmen und Milderungen wurden der Kirche als eine ungeheuere Begünstigung in Rechnung gebracht, und von jener Partei, welche ungebundene Freiheit für sich und ihre Zwecke, aber Knechtschaft für alle Anderen will, als ein Verbrechen an der Aufklärung dargestellt. Wir hoffen, daß die Verordnung vom 4. März diesem Zustande der Hemmniß, Bevormundung und Schwankung ein Ende gemacht hat, und alle unsere Bemühungen sind darauf gerichtet, die Herrschaft des Kirchengesetzes in Oesterreich wieder in volle lebendige Geltung zu setzen. Allein der Apostel spricht: »Prüfet Alles, das Gute behaltet!« I. Thcssal. 5, 21. Nicht wenige Bestimmungen, welche die Staatsgewalt mit Ueberfchreitung ihres Wirkungskreises traf, sind an sich zweckmässig und wären von der Kirchengewalt, wofern sie der freien Bewegung nicht entbehrt hätte, wohl schon längst in ähnlicher Weise verfügt worden. Wir wollen bauen und nicht zerstören; wir wollen verbessern und nicht verändern: wir haben es uns daher zum Gesetze gemacht, solche Anordnungen auf das kirchliche Gebiet zu verpflanzen, ihnen die kirchliche Weihe zu verschaffen und den kirchlichen Geist einzuhauchen, 'vou welchem durchdrungen sie Frucht bringen werden für das ewige Leben. Indem wir verlangen, daß die Staatsgewalt als Schirmeriu des Rechtes alle Rechte der katholischen Kirche ehre und aufrechtbalte, ehren wir als Schüler des großen Apostels die Macht, welche der Staatsgewalt, um die Bande der Geselligkeit zu wahren, verliehen ward; ehren wir nicht minder die Rechte, welche der katholische Monarch als ein ausgezeichneter Sohn der Kirche in der Kirche erworben hat. Wir bezeugen zugleich mit Dank eine weise und wohlthätige Berücksichtigung, derer die Kirche unseres Vaterlandes sich sogar in Zeiten erfreute, in welchen sic übrigens ihre heilbringende Thätigkeit vielfach und eingreifend beirrt sah. Die sehr zahlreichen, dem Monarchen zustehendeu Patro-uatsrechtc wurden sast immer mit sorgsamer Beachtung des Heiles der Kirche geübt, und dadurch dem Bischöfe die Möglichkeit gegeben, nicht nur Unwürdige und Unfähige ferne zu halten, sondern auch den Würdigsten an den Ort zu stellen, auf welchen sein Verdienst und das Interesse der Kirche ihn berief. Die Lehre des Christenthuines ist ,dic Lehre der Wahrheit und wandellos gleich dem Allmächtigen, der sic uns in huldreicher Offenbarung gebracht hat. Auch die Einrichtungen, durch deren Hilfe die Kirche Wahrheit und Gnade zu verbreiten strebt, sind im Wesentlichen durch das Gebot des Herrn für alle Zeiten bestimmt: denn im Wesentlichen bleibt der Mensch immer derselbe, daher * müssen auch die Grundsätze, nach welchen der Mensch auf dem Wege des Lebens geleitet wird, immer dieselben bleiben. Allein die Zustände der Gesittung und vorherrschenden Geistesrichtung sind wandelbar, und da die Kirche gesandt ist, um zu suchen, was verloren ging vom Hause Israel, Luk. 19. 10. so muß sic für jede Krankheit ein Heilmittel suchen, und jeden Fortschritt in echter Bildung der Förderung des Reiches Gottes dienstbar machen: daher ist ihr die Macht verliehen, die Grundsätze, welche die unverrückte Richtschnur ihres Waltens bleiben, ans die Bedürfnisse der Zeit durch weise Verordnungen anzuwenden. Wir haben die Vorkehrungen, welche iu diesen Tagen des Sturmes zum Heile der Seelen frommen könnten, in reife Erwägung gezogen; wir werden über die besonderen Bedürfnisse einzelner Kirchenpro-vinzen auf Provinzial-Concilien Berathnng pflegen; wir werden uns auch an Euch wenden, Mitbrüder und Freunde, und freundlich Eure Wünsche hören und bereitwillig die Ergebnisse Eurer Erfahrung und Hirtenklugheit benützen. Sollten in der Anwendung und Näherbestimmlliig mancher Kirchengesetze sich Abänderungen als nothwendig darstellen, so werden wir unsere Bitten und Anträge an dem Stuhle des heiligen Petrus voll Ehrfurcht nieder-legen, und dort, wo die Einheit des Priesterthumes wurzelt, die Genehmigung und Bekräftignng unserer Beschlüsse suchen. Es ist uns nicht unbekannt, daß Manche, welche der Freisinnigkeit sich rühmen, etwas ganz Anderes von uns erwarten oder doch zu erwarten vorgeben. JrrOesterreich wagten die Stimmen der Lästerung, welche wieder Gott und seine Kirche geradezu anstürmten, nur unter dem Schutze der Barrikaden sich zu erheben, und sie verstummten, sobald die überschäumende Welle der Anarchie an dem ehernen Damme der Heeresmacht sich gebrochen hatte. Das Herrscherhaus dienet mit treuem Herzen dem Herrn, seinen Gott, welcher sein Vertrauen nicht zu Schanden werden ließ, und die Kaiserkrone schmückt ein Haupt, welches sich vor dem Allerhöchsten zn beugen gelernt hat. Die sehr große Mehrzahl des Volkes blicket noch mit ungebrochener Kraft des Glaubens zum Kreuze empor, und setzet seine Hoffnung auf den Namen, in welchem allein uns gegeben ist, selig zu werden. Darum schlagen Jene, welchen das Kreuz eine Thorheit ist, einen Umweg ein. Sie eignen sich ein Wort an, welches fernher aus der Paulskirche zu uns herüberscholl, und sprechen: Die Religion muß man schonen, aber die Hierarchie vernichten. Daher erklären sie cs für eine unabweisbare Forderung der Zeit, daß die Bischöfe, wenn nicht geradezu ihrer Amtsgewalt entsagen, doch die Ausübung derselben an Bedingungen knüpfen sollen, unter welchen eine Kirchen-regierung unmöglich ist. Allein die bischöfliche Gewalt ist ein anvertrautes Gut, für welches der, welcher cs empfing, dem Herrn einst Rechnung lege» muß, und es ziemt sich nicht, es zu vergeuden, um den Beifallruf einer kurzen Stunde als trügerischen Lohn zu ernten. Der, welcher zu seinen Aposteln sprach: »Wie mich der Vater sandte, so sende ich euch U 2oh. 20, 21. hat das Amt eingesetzt, dessen Bürde wir tragen; er hat cs eingesetzt »zur Vervollkommnung der Heiligen, zur Ausübung des Dienstes, zur Erbauung des Leibes Christi,« Ephes. 4, 12. und es wird dauern rbis wir Allesammt gelangen zur Einheit des Glaubens und der Erkenntniß des Sohnes Gottes, zur vollkommenen Mannheit, zum Maße des vollen Alters Christi,« Ephes. 4, 13. das heißt bis die streitende Kirche die Waffen ablegt nach vollbrachtem Kampfe und in die trinmphirende eingeht zum ewigen Lohne. Die Kirche ist berufen, die Menschheit emporzuhal-ten über den Wogen der irdischen Gelüste: darum darf sie nicht selbst sich fortreHeu lassen von der tobenden Strömung. Sie soll das Wort Dessen verkünden, welcher derselbe ist immerdar: deßhalb muß sie hoch über all' den wandelbaren Schlagwörtern des Tages stehen. Was der Kern sei jener Aufklärung, welche der ewigen Wahrheit höhnet, wo das Ziel jenes Fortschrittes liege, welchen die Feinde Gottes und seines Reiches im Munde führen, hat die erste französische Revolution Jedem, der Augen hat, zu sehen, mit blutigen, riesengroßen Zügen vorgezeichuet. Und die Gräuel, deren wahnsinniges lieber-maß damals in Frankreich wucherte, sind keineswegs mit dem Schatten einer fernen Vergangenheit bedeckt; noch wandeln Menschen unter uns, welche mit ihren Augen es sahen, wie das Fallbeil sein gräßliches Werk vollbrachte, wie die republikanischen Hochzeiten einen Gedanken der Hölle verwirklichten. Allein, wenn der Mensch von Gott abweichet, so verliert er sogar für die irdischen Dinge das richtige Maß; Finsteruiß bedecket ihn, weil das Licht ihm nicht mehr leuchtet. Die Frevel und Thor-heiteu, welche jene Saat des Verderbens gereift hatten, tauchten von Neuem auf und wurden von Jenen, welche an der Spitze des Fortschrittes zn stehen vermeinen, als die Morgenröthe einer goldenen Zeit freudig begrüßt. Ein Franzose war es, welcher das eigentliche Herzens-geheimniß der Feinde des Glaubens mit klaren, trockenen Worten enthüllte: Der Mensch, so lautet das echte Ergebniß der Aufklärung, lebt nur, um während der kurzen Spanne der ihm zugemessenen Zeit von den Gütern der Erde so viel als möglich zu erhaschen. Der Glaube au Gott hindert uns, mit jede», Mittel und auf jedem Wege der irdischen Lust nachzujagen und dem irdischen Uebel zu entfliehen: also ist Gott das liebet und der Glaube an Gott ist der Feind der Menschheit. Die Reihenführer der deutschen Revolution vermögen zwar der Sache nach den Franzosen nicht zu überbieten, aber an blinder Wuth verstehen sie ihn hinter sich zu lassen; sie schleudern wahnsinnige Gotteslästerungen gegen den Himmel, gleich jenen Wilden, welche ihre Pfeile gegen die Sonne abdrücken. Es gilt aber nicht der Religion allein, vielmehr tobt man wider die Religion nur darum in wilder Raserei, weil man die gesellige Ordnung zu — L2S — zertrümmern verzweifelt, so lange die schützende Macht des Glaubens nicht gänzlich von ihr gewichen ist. Alles Bestehende soll vom Grunde zerstöret werden; die Kirche, der Staat, die häusliche Gesellschaft und alle Einrichtungen, auf welche Kirche, Staat und Familie, auf welche Gestttung und menschliches Leben sich stützen, sind demselben Verderben geweiht; Nichts, gar Nichts soll übrig bleiben, als riesige Trümmer der Zerstörung, aus welchen sic dann nach Bequemlichkeit sich Hütten zu bauen gedenken. Die Zahl Derer, welche dieß letzte Wort des folgerechten Fortschrittes ans vollem Herzen mitsprechen, ist nun freilich nicht groß: denn die Besorgniß für Kopf und Börse wirket mächtig. Aber eine sehr große Menge kniet noch immer vor dem Götzen jenes Fortschrittes, welcher, wenn seine Macht zur vollen Entwickelung gedieh, sich in einen Moloch verwandelt und seine Verehrer sammt den Kindern seiner Verehrer in flammender Umarmung vergehen läßt. »Allesammt sind sie abgewi-chen und allesammt unnütz geworden.« Psalm. 13, 3. Unnütz und unfähig sogar zur Wahrung ihres irdischen Northeiles, nach welchem alles Dichten und Trachten ihres Herzens mit solcher Inbrunst gerichtet ist; sic kosen mit der Hyäne, welche schon den Nachen aufthut, um sie zu verschlingen; sie tragen das Holz herbei, um ihr eigenes Haus in Brand zu stecken, und dieß Alles im Namen der Aufklärung, des zeitgemäßen Fortschrittes und des Abscheues vor aller Verdummung. Darum stehet zu uns, Ihr, ohne die wir nichts vermögen, geistliche Väter des Volkes, Verwalter der Geheimnisse Gottes! Groß zu jeder Zeit ist der Berus des Priesters, groß wie niemals ist er in unseren Tagen. Ein neues Heidenthum zieht gleich einer dunklen, donner-schwangeren Wolke wider Europa heran; ein Heidenthum, schlimmer als jenes, welches an den Altären des Jupiter und Wodan, seine Opfer darbrachte. Die neuen Himmelsstürmer unternehmen cs, in der Menschheit daS Bewußtsein ihres Zusammenhanges mit Gott gänzlich auszutilgen. Aber für ein Wesen, welches das Ebenbild des Allerhöchsten zn sein berufen ward, ist cs schlechthin unentbehrlich, irgend Etwas, das ihm als ein Höchstes gilt, zu haben; darum versucht man, ihm den Wahn der Freiheit und des Glückes, welches die Lossagung von Gott und Pflicht den Jüngern der Aufklärung verschaffen soll, zu seinem Götzen zu geben; wo man damit nicht ausreichet, dort wird die Nationalität zu Hilfe gerufen. Keine Macht der Erde oder dcr Hölle kann dem Menschen die Freiheit rauben, Gott zu dienen und ewig selig zn werden: denn keine Macht der Erde oder der Hölle vermag dem menschlichen Willen, auf welchem ein Abglanz dcr schöpferischen Kraft des Ewigen ruhet, ein Gesetz der Notwendigkeit aufzulegen. Aber der Mensch, welchem geordnet ist, seine Treue gegen Gott in den Kreisen der Sinnenwelt zu bewähren, wünscht mit vol-Icm Rechte alle äußeren Mittel zur Verwirklichung des Guten ungehindert in Thätigkeit setzen zu können. Die Freiheit, für die Ehre Gottes und das wahre Heil der Menschen auch nach Außen hin zu wirken, ist ein großes, herrliches Gut, und in wie fern die Formen der bürgerlichen Verfassung diese Freiheit zu schützen und zu erweitern vermögen, sind sie ein Kleinod, nach welchem der Christ mir Sehnsucht hinblicket und welches er auf jedem gottgefälligen Wege zu erlangen strebet. Eine ganz andere Freiheit ist jene, welche die Prediger des Umsturzes verkünden. Sic wollen alle Gelüste ihres Herzens ohne Hinderniß befriedigen^ und die Schranken zerbrechen, welche das Gesetz dem Frevel entgegenstellt. Zwar hüten sie sich, vorschnell ihr letztes Wort herauszusagen; sic verstehen vielmehr, cs mit Redensarten, die von Reät und Pflicht und Menschenglück überquellen, wie mit einem flimmernden Schleier zu umhüllen; doch ihre Werke sprechen, wo ihre Worte schweigen. Die Leidenschaft ist cs, an deren blinde Wuth sie Berufung entlegen; um Anhänger zu sammeln, wecken sie mit fluchwürdiger Kunst jede böse Begierde, welche in das Menschenherz ihren Stachel zu schlagen vermag. Was sie an den Landlcuten versucht, was sie an nur zu vielen Arbeitern vollbracht haben, liegt offen vor den Augen der Welt. Wollt Ihr aber jene Freiheit, welche wider Altar und Thron sich erhebt, an einem einzigen Beispiele kennen lernen, so blicket auf die Frevel der Verführung, welche ihre Herolde an der Unerfahrenheit der Jugend verübt haben. Der Jüngling, der Knabe soll die unersetzlichen Jahre, welche ihm zur Vorbereitung für's Leben gegeben, sind, nach Belieben vergeuden können; dieß ist, so sagen sie ihm, sein heiliges Recht. Sie eröffnen ihm die Aussicht, daß er, bevor das Gesetz ihm noch gestattet, Über eine Geldsumme zu verfügen, Völker regiere» werde, und um ihn ganz zu ihrem Sklaven zu machen, verlocken sie ihn zur Befriedigung der schändlichsten Gelüste. Die Aula der Hauptstadt kennt die Werke, mit welchen man die Herrschaft dcr Freiheit feierte; aber nicht die Aula allein. Als auf den hoch sich thürmenden Barrikaden der Sieg des Umsturzes entschieden schien, traten die eckelhaftestcn Ausgeburten menschlicher Verworfenheit vor das Auge der keuschen Sonne hervor; abgestreift war jene Scheu, welche sonst auch den am tiefsten Gesunkenen das Dunkel suchen lehrt für Thaten, die den Tempel des heiligen Geistes schänden; ausgetilgt war mit ihr die letzte Spur menschlicher Würde und der Held der Freiheit zum Thie-re gestempelt. Diese Freiheit ist aber nicht nur ein Gräuel vor Gott und eine Entwürdigung seines Ebenbildes; sie ist auch eine Lüge. Wenn alle Menschen die Schranken des Rechtes und der Pflicht zertrümmern, um mit fieberhafter Gier auf die Genüsse des Lebens loszustürmen, so wird das Menschengeschlecht in kürzester Frist von dem Angesichte dcr Erde vertilgt sein. Ist aber dieß unselige Beginnen das Vorrecht einer Partei, so wird das Men« schengeschlecht in Sklavenketten sinken, welche schwerer laste», als das Joch des hochmüthigsten Despoten, welcher jemals über verstummende Millionen geboten hat. Die Nationalität hat nicht minder ihre Berechtigung, als die wahre Freiheit; aber gleich dieser wird sie von Jenen mißbraucht, welche wie die tobenden Meereswellen ihre eigene Schande ausschäumen, Jud. 13. und, was sic vielleicht zu sagen noch sich scheuen, durch die Verkündigung der Zwietracht und des Haffes, ja der Empörung und des Bürgerkrieges an den Tag legen. Mit Recht weihen wir, wie der Familie, der wir angehören, so auch dem Stamme, aus welchem wir entsprossen sind, ein inniges Mitgefühl. Aber »wenn die Wurzel heilig ist, so sind es auch die Zweige,« Rom. 11, 16. und wenn die Zweige Früchte des Verderbens tragen, so sind sie gewiß ans reiner Wurzel nicht aufgesproßt. Paulus kannte die ganze Macht der Gefühle, die uns zu dem eigenen Volke hinziehen: denn er rief aus der überquellenden Fülle seines Herzens: »Ich wünschte selbst im Banne und fern von Christus zu fein statt meiner Brüder, die meine Verwandten sind dem Fleische nach.« Rom. 9. 3. Und dennoch predigte Paulus den Syrern und den mannigfachen Stämmen Kleinasiens, den Griechen, den Macedoniern und Römern mit Flammeneifer das Wort des Lebens, und wird von uns dankbar als der Apostel der Völker gepriesen. Unsere nächsten Blutsverwandten sind uns inniger verbunden, als unsere übrigen Stamm- und Sprachgenossen, und wäre es nicht Thor-heit und Frevel, wenn Jemand es für sein geheiligtes, unveräußerliches Recht betrachtete, um willen seiner Geschwister und Vettern und Muhmen alle ändern Menschen nach Möglichkeit zu bevortheilen und zu bedrücken? Die Sprache ist von Gott gegeben, um die Menschen zu verbinden, nicht um sie zu trennen. Wir Alle sind Kinder desselben himmlischen Vaters und Erlos'te desselben Herrn Jesus Christus; wir Alle sind Bürger desselben irdischen Staates, und hoffen dereinst Mitgenoffen desselben unvergänglichen Reiches zn sein. Die Nationalität in jener Auffassung, welche noch immer schwärmerische Prediger findet, ist ein Götze, welcher verlangt, daß man ihm die Pflicht und nebenbei auch das irdifchc Glück zum Brandopfer darbringe; in einer christlichen Seele findet er feinen Raum. Als Bosheit und Abfall in Juda wucherten und die Wolke der göttlichen Strafgerichte sich zufammenzog über Sion, erfchien der Herr dem Propheten Jfaias in ge» heimnißvollem Gesichte und es erscholl die Stimme: Wen foll ich senden und Wer soll für uns gehen? Jfaias aber sprach: Siehe, hier bin ich, sende mich! Wenn wir ein so begeistertes Vertrauen nicht in uns fühlen, wenn wir nicht wagen, uns dem Herrn zu fo schwerem Werke anzubieten, so ist es doch uitfere heilige Pflicht, an dem Orte, welchen die Fürsehung uns angewiesen, mit unerschütterlicher Treue auszuharren. Wir sind in einer großen Zeit der Entscheidung zn Hütern des Glaubens und der Sitte bestellt. Die Wahnsinnigen, deren Feldgeschrei Ausrottung der Religion und Zerstörung des Staates ist, werden zwar eines vollständigen Sieges sich nimmer erfreuen: denn das Siegel der Gottähnlichkeit gänzlich wegziuilgen von der Stirne der Menfchhcit wird ihnen nimmer gelingen; doch wenn nicht die verjüngte Kraft des Christenthnmes dazwischentritt, fo können sic Unzählige auf die breite Straße locken, welche zum Verderben führt, und eine Flamme entzünden, deren gierige Lohe nur über den Trümmern der europäischen Gesittung aus-lischt. Der Apostel der Völker ermahnt Euch, wie uns: »Jeder, der sich im Wettkampfe übt, enthält sich von Allem, und Jene (thun es) um eine vergängliche, wir, um eine unvergängliche Krone zu erlangen!« I. Korinth. 9, 25. Blicket auf die bethörten Werkzeuge jener Partei, welche nach Altar und Thron und häuslichen Herd den Feuerbrand schleudert! Mit welchem Eifer juchen sie Stadt und Land in ein listig gefponnenes Ney zu verwickeln ! Welche rastlofc Thätigkcit entfalten sie, wenn es Schwache zn verfuhren, Einfältige zu bethören gilt; wie wenig fchrecken sie vor Beschwerde und Gefahr zurück, um Genossen des Frevels anzuwerben? Sollen wir, welchen der Sohn Gottes das Seelenheil feiner Erlösten anvertraut, sollen wir, welche der Gnadenbringer in das Innerste seines Hciligthumes eingeführt und mit der Macht des Priesterthumes begabt hat, nicht gleiche Tätigkeit, nicht gleiche Entfchlvsscnhcit entwickeln, um der Wahrheit die Pfade zu ebnen, um den Jrrthum zu ver-fcheucheit, um die Seelen zu retten ? Zu jeder Zeit ergeht an die Diener des Altares die Mahnung: »ohne Fehl zu sein, wie es dem Haushälter Gottes geziemt«. Tit. 1, 7. Die Reinigkcit des christlichen Wandels, zu welcher das Gesetz der Heiligkeit alle seine Bekenner anweiset, ist für ihn auch überdieß Berufspflicht. Durch jedes Beispiel der Sünde hemmet er den Samen des Lebens, welchen sein Wort ausstreuet, durch jede Abirrung vom Pfade der Gerechten verlocket er Jene, welche er zu Christus führen foll, nach der wafferlofen Wüste der irdischen Begierden. Jetzt aber üben wir, wenn wir durch unheilige Gelüste uns beflecken, Verrath an der europäischen Menfchhcit, weil wir uns unfähig machen, in der Kraft des Herrn das heranfluthende Verderben zn bekämpfen. Der, welcher gefetzt ist, die Sünder zu bestrafen und den Unvollkommenen den Spiegel der Vollkommenheit vorzuhalten, darf, wenn das hochzeitliche Gewand ihm felbst gebricht, niemals auf Nachsicht rechnen. Jetzt aber beobachtet eine Partei, welche sich's zur Aufgabe stellt, Euren Einfluß auf die Herzen Eurer Gemeinden zu vernichten, mit fcharfent Falkenauge Eure Schritte. Sie übet im vollsten Maße Dasjenige, dessen sie einen vielgenannten Orden fälschlich anklagt; sie fetzt zur Erreichung ihrer Zwecke jedes, auch das schändlichste Mittel in Bewegung, und Lüge und Verläumdung ge* hören zu ihren beliebtesten Waffen. Wofern aber ein Verkündiger des Evangeliums, ein Bote der Erbarmnn-gen Gottes wirklich in den Staub herabsinkt und von dem Kelche der Lüste fostet, von welchem er Andere abmahnet, dann feiern die Männer des Fortschrittes einen Tag des Triumphes und beuten die leidige Thatsache mit rastloser Geschäftigkeit aus. Allein es genügt nicht, daß wir tadellos dastehen, so daß der Widersacher nichts Böses finde, was er (ohne hüllenlose Verläumdung) von uns sagen könne. Tit. 2, 8. »Der Eifer für Dein Haus verzehret mich,« Psalm 68, 10. spricht David. Wir müssen der dunklen Flamme der Leidenschaft den hellen Strahl der Begeisterung entgegensetzen; wir müssen den Mächten des Verderbens, welche den Kindern der Erlösung ihr Kleinod zu entreißen trachten, mit jener Kraft des Eifers begegnen, welche ihren Lebenshauch aus dem Wehen des heiligen Geistes schöpfet. Blicket auf die zarten Kinder, die Früh-lingskuospcn der Menschheit, welche im Frieden der Unschuld und berührt von leisen Klängen der Ahnung harren, daß ihnen verliehen werde, sich zur Blume im Garten Gottes zu entfalten! Sollen die hütenden Engel des Glaubens und der Sitte von ihrer Seite hinweggescheuchc werden, und die Verlockungen zum Bösen sich in Wort und Beispiel um ihr anfdämmerndcs Bewußtsein lagern? Blicket auf die Millionen von Landleuten, welche noch ihren Gott im Herzeu tragen und verwundert das Haupt schütteln, wenn abgebrochene Laute der neuen Errungenschaften zu ihnen dringen! Sollen sie den Künsten der Verführung ansgefetzt sein, deren Wirksamkeit wir im vorigen Sommer erfahren haben? Soll man ihre Arglosigkeit durch schlaue Vorspieglungen täuschen, soll man daS Erbe der Ewigkeit ihnen für ein armseliges Linsenmus ablocken und bald darauf auch die Brandfackel in ihre Hütten werfen und sie nach dem Schlachtfelde treiben, um dort zu Nutzen und Frommen der Revolution zu verbluten? Blicket auch auf die Bethörten, welche den falschen Göttern des Tages mit vollen Händen Weihrauch streuen: denn mehr Mitleid als Abscheu verdienen sie. Sie thateu, wie der Herr gesprochen hat: »Mich, den lebendigen Quell, haben sie verlassen inid sich Brunnen gegraben, gespaltene Brunnen, welche kein Wasser zu bewahren vermögen«. Jcrem. 2, 13. Aber nun werden sie von brennendem Durste verzehrt und finden nicht, wo sie ihn stillen. Zahlreich sind die Trugbilder, welche sie umgaukeln und Erquickung verheißen und die Fülle des Glückes; doch höhnend zerfließen sie in dämmernde Nebel, wenn der Heißverlangende sic in seine Arme zu schließen glaubt. Boten der Wahrheit! Priester des reinen Lammes! Der Herr, Euer Heiland, zeiget Euch die Wunden, die er für Euch und Eure Brüder empfing, und spricht: Rette die Seelen, für die ich gestorben bi»! Und sie sind gerettet, wenn mächtig wieder die Flamme emporlodert, von welcher Euer Meister geboten hat, daß sie angezündet werde. Luk. 12, 49. Darum verkündet das Gesetz der Liebe voll der Kraft dxx Liebe, von welcher getragen der Apostel spricht: >Wer wird uns scheiden von der Liebe Christi? Trübsal oder Angst oder Hunger, oher Blöße, oder Gefahr, oder Verfolgung, oder das Schwert? Doch über dieß Alles siegen wir um Dessen willen, der uns geliebt hat!« Rom. 8. 35, 37. Ziehet die Lehren der Verführung aus den Schatten des Eigennutzes, in welche sie sich verbergen, muthig hervor an das Licht der Wahrheit, welches vom Kreuze niederstrahlt! Groß ist die Gnade, welche Euch durch die Weihe des Priesterthumes verliehen ist! Erwecket und belebet sie durch Vertrauen und Gebet, und Ihr werdet lehren, wie Einer, der Macht hat, weil der mit Euch ist, welcher allein Macht hat! »Wer ist wie Gott? Er winket und wie Rauch schwinden sie dahin!« Psalm 36, 20. Ja, Herr der Heerscharen, der Du thronest über den Cherubim, sende einen Blick der Erbarmung auf diese Lande, welchen Du Licht und Gnade geschenkt hast in Jesus Christus, Deinem eingebornen Sohne! Verwirf uns nicht von Deinem Angesichte uild nimm Deinen heiligen Geist nicht von uus hinweg! Laß die Engel der Liebe und Demuth den Verirrten nahen, daß sie, wie aus einem Fiebertraume anfwachend, die Last der Begierden, welche sie zur Erde uiederbeugt, von sich werfen und aufblicken zum Himmel, für den Du sie geschaffen hast! Dann wird auch ein Hauch Deines Friedens zu uns niederwehen, und vereint um Deinen heiligen Altar werden wir Dich preisen in Glauben und Hoffnung, bis wir eingehen in das selige Land des Schattens. Amen. Wien am 17. Juni, dem dritten Sonntage nach Pfingsten 1849. Folgen die Unterschnfken. Selbstständigkeit der Kirche. Ein Staatsmann, der vor dem März 1848 eine einflußreiche Stelle in Oesterreich bekleidet hatte, bespricht in einem Schreiben an Herrn Georg Schwartz, Consul der Vereinigten Staaten von Nordamerika in Wien, das Verhältniß von Staat und Kirche in Oesterreich. Er beginnt die ganze Erörterung mit der Frage: »Soll die Kirche in Oesterreich ein Organismus sein, oder eine von der Staatsgewalt in Bewegung gesetzte Maschine?« Auch nach seiner Ansicht ist die Frage, soweit die weltliche Regierung hierauf antworten kann, dem Grundsätze nach, durch den Wille» des Kaisers im §. 2. der gewährleisteten politischen Grundrechte entschieden: »Jede gesetzlich anerkannte Kirche und Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbstständig«. »Unwissenheit und gemeine Rabbulisterei haben, schreibt derselbe, zu Kremsier die Frage aufgeworfen: wer ist die Kirche? und darauf allerdings richtig geantwortet: die Gemeinschaft der Gläubigen. Aber sie haben weiter den Katechismus aus der Theorie der rothen Republik erklären, die Kirche zu einer Demokratie der Gläubigen machen wollen. Allerdings sind die Gläubigen die Kirche, nicht die Heiden und Publikanen. Ein Gläubiger aber istEmer, der da glaubt, und zum katholischen Glauben gehört die Annahme der göttlichen Einsetzung des Papstes, der Bischöfe, der ganzen Hierarchie der Weihe. So wie in jedem Staate nur die besondere Verfassung desselben entscheidet, wem die Souveränität zustehe? und so wie jede Gesellschaft nur durch ihre Statuten ist, was sie ist, so auch entscheiden über das Subject der Kirchen-gewalt innerhalb jeder Religionsgesellschaft ihre eigenen Normen und positiven Gesetze, nicht Nernunftschlüsse und Folgerungen auö dem Princip der Bolkssouveränität. In der katholischen Kirche ist die Quelle jener Entscheidungen das kanonische Recht. Nur derjenige gehört ihr an, der sich diesem und der rechtmäßigen Autorität in der Kirche unterwirft. Ist demnach die Selbstständigkeit der katholischen Kirche von cincr Regierung gewährleistet, so »»»faßt dieser Ausspruch die Anerkennung der, nach positivem kirchlichem Rechte bestehenden Verfassung, so wie der verfassunasmäßigen Träger der kirchlichen Regierung und Verwaltung. In diese kann der Staat, nachdem er der Kirche die Selbstständigkeit zugesprochen, sich nicht einmischen, wenn gleich die weltliche Macht andrerseits ihre eigenen Rechte allerdings in so weit wahren durfte, daß sie jede ReliHionSgefellschaft, aber nicht mehr »wie jede andre Gesellschaft/ den allgemeinen Staatsgesetzen unterworfen« erklärt. Dieß ist daS in den österreichischen Grundrechten ausgestellte Princip. Werfen wir jetzt einen Blick auf die Folgerungen. Eine selbstständige K^irchengewalt hat in ihrem Kreise und innerhalb ihres Rechts die unzweifelhafte Befugniß: ohne Staatseinmischung Beschlüße zu sasseu und zu vollstrecke», und die Uebertretungen der kirchlichen Gesetze an den schuldigen Mitgliedern der Gemeinschaft zu ahnen. Das völlige Wegfällen jedwedes Versuches von weltlicher Seite die Geistlichkeit zu Trauungen oder sonstigen geistlichen Functionen zn zwingen, die dem kanonischen Rechte widersprechen, ist die einfachste und erste Folge der Selbstständigkeit. Die Straf- und Disciplinargewalt liegt in der natürlichen Berechtigung der Obern jeder Gesellschaft. Aber sic muß in einem Lande, wo die volle Glaubensfreiheit Jedermann gewährleistet ist, mit einer in der Natur der Sache liegenden Einschränkung verstanden werden. Die kirchliche Disciplinargewalt hört demjenigen gegenüber auf, der sich lieber aus der Kirche ausfchließen lassen, als sich jener unterwerfen will. Ist (»ach §. 3.) »die Lehre und Wissenschaft frei,« so muß sie cs auch innerhalb der selbstständigen Kirche und für kirchliche Zwecke sein. Daß sich unter dem srü-bern System der Staat indirect und selbst direct der Erziehung und Bildung des jungen Clerus bemächtigt hatte, war eine der tiefsten, verderblichsten Wunden, die er der Kirche und mittelbar sich selbst schlug. Für den Dienst der Kirche kann nur die Kirche erziehen, nicht die Büreaukratie. Die Kirche allein muß auch die sittliche und wissenschaftliche Befähigung zur Weihe beurtheilen. Sic allein muß, weil von ihr die Sendung anSgeHt die Religion zn lehren, die Professoren der Theologie und die Religionslehrer an den katholischen Schulen und Lehrstellen wählen, prüfen und bestellen. — Auch andere Un« terrichtS- und Erziehungsanstalten zu gründen und in solchen Unterricht zu ertheile» ist jeder Staatsbürger, mithin auch jede geistliche Korporation und jeder Geistliche, berechtigt, »vorausgesetzt daß er die Befähigung hierzu i» gesetzlicher Weife nachgewiesen hat.« (§. 3.) Die katholische Kirche ist eine einige und untheilbare auf dem ganzen Erdboden. Daß sie seit 18 Jahrhunderten ein sichtbares Oberhaupt in der Person des Nachfolgers Petri bat, ist ein katholischer Glaubenssatz. Wer der selbstständigen Kirche die volle Glaubensfreiheit gewährt, kan» den öffentlichen freien Verkehr des HaupteS mit den Gliedern, die ungehemmte Mitteilung zwischen den Bischöfen und dem Papste, den Klostergeistlicben und den allgemeinen Vorstehern ihren Orden nicht Hemmen wollen; den nichtöffentlichen Verkehr zu beschranken oder zn beeiiiträchtige» hat ohnedieß, da >daS Briefgeheimniß nicht verletzt werden darf«, (§. 11), die Regierung we» der die Macht noch ei» gesetzliches Mittel. Hat die Kirche daö Recht ihre Angelegenheiten selbstständig zu ordnen und zu verwalten, so versteht sich die völlige Freiheit der Bekanntmachung aller Erlasse kirchlicher Behörden, — ohne andre Beschränkungen als die für jede andre Veröffentlichung gelten, um so mehr von selbst, als »die Presse nicht unter Lensnr gestellt werden darf.« (§. 5.) Jene Species der Ccnfur, welche das absolutistische Staatsrecht Placct nannte, ist demnach fortan in Oesterreich verfassungswidrig. In der Berechtigung der Bischöfe durch ihre Verfügungen die Angelegenheiten der Kirche selbstständig zu ordnen und zu verwalte», si»d namentlich auch, wie sich von selbst versteht, alle de» Glauben, die Verwaltung der Sakramente, den Gottesdienst und daö christliche Leben betreffenden Anordnungen begriffen.« Personal - Nachricht ans der Laibacher Diöccse. Das Pfarrvikariat Mariathal im Dekanate Litai ist dem Lokalkaplane von Savraz, Herrn Johann Sa-verl, verliehen worden. , Der pensionirte Pfarrer von Ainöd, Herr Johann Rogel, ist am 4. d. M. gestorben. Bücheranzeige. Bei Ig- Al. Edlen v. Kleinmayer ist in guter slo-»eitischer Übersetzung (von I. M. i. e. Jernej Mcdved) erschienen: Der geistliche Kampf von Lorenz Skupuli. (Duhovna vojska od Lorenca Skupuli). Den Slo-venen wird gewiß dieses Buch eine willkommene Erscheinung sein; die typographische Ausstattung wird jedermann befriedigen. Den Wunsch aber können wir nicht unterdrücke», daß statt der I1ul>«,rie'schen die gegenwärtig schon ziemlich allgemein gangbare von allen slov. Zeitschriften reiipirte Orthographie gewählt worden wäre. Bei Georg Lercher ist zu haben nnd besonders Schulvorständen als Prüsungsgeschenk zn empfehlen: Zgodbe in povesti polne lepih naukov za olroke pa tudi za odrasene Ijudi. Von Aegidius Jais; ins Slovenifche übersetzt von Franz Zegner. Gedruckt bei Josef Blasnik in Laiback.