JYl so. Samstag den 15. Dezember 1849. Verantwortlicher Redaeteur und Verleger: l>r« Johann Chrys. Pogazhar. Ans I. DöUinger s Mede „die Freiheit der Kirche." (Schluß.) Die dritte Frage des Regensburger Tagblattes, welche lautet: »Wie verhält sich diese angestrebte Freiheit der katholischen Kirche zur gleichen Freiheit anderer religiösen Bekenntnisse, zur allgemeinen religiösen Freiheit?« beantwortetDölliuger vvmStandpunkte des paritätischen Deutschlands aus damit, daß er sagt, der katholische Verein Deutschlands fordere für die katholische Kirche keine Bevorzugung, er gönne vielmehr auch den protestantischen Konfessionen die kirchliche Frc*1" heit, die sie wünschen, und verlange selbst nicht bei ne. auftauchenden religiösen Genossenschaften ein Entgegen-treten von Staatswegcn, wenn er auch die Seelen beklagt, die auf solche Weise verloren gehen, und so könne cs da nie eine Kollision geben. »Hat jedoch der Fragesteller,« schließt Döllingcr die Antwort auf obige Frage, »unter »»der allgemeinen religiösen Freiheit«* eine Freiheit verstanden, wie sie seinen Vorstellungen nach, dem einzelnen Katholiken innerhalb seiner Kirche uud dieser gegenüber zustande, dann muß er noth-wendig von zwei Verhältnissen eint» im Auge gehabt haben: entweder nämlich meinte er jenes Recht, welches der Katholik besitzt oder besitzen sollte, seinem Glauben in jeder Beziehung gemäß zu leben, das Recht, welches z. B. der katholische Familienvater hat, zu fordern, daß seinen Kindern auch nur eine dem katholischen Glauben entsprechende Erziehung und Bildung zu Theil werde; offenbar fällt hier die Freiheit des Einzelnen mit der Freiheit der Kirche zusammen und indem der katholische Verein überhaupt für die Freiheit der Kirche thätig ist, kommt diese Thätigkeit, in so weit sie Erfolg hat, auch jedem Einzelnen zu gut, und es versteht sich überdies von selbst, daß es nicht nur die Freiheit der Bischöfe und Geistlichen, sondern die eines jeden katholischen Christen ist, nach welcher wir streben. Ganz anders aber freilich würde sich die Sache stellen, wenn der Fragsteller unter der »»allgemeinen religiösen Freiheit«« ein anderes, ein gerade entgegengesetztes Verhältnis verstünde, jene Freiheit nämlich, welche auch mitunter in Anspruch genommen wird, in der Kirche zn bleiben, und die kirch- lichen Rechte eines katholischen Christen fortwährend zu genießen, dabei aber sich den entsprechenden Pflichten zu entziehen, ja selbst in der Kirche Aergermß und Verwirrung auzurichten, Irrlehren zu verbreiten, oder Spaltung zu verursachen. Allein ein solcher Zustand der Zuchtlosigkeit, der Verhöhnung göttlicher und menschlicher Autorität würde, weit entfernt, selbst Freiheit heißen zu können, vielmehr der Untergang aller wahren kirchlichen Freiheit sei». Jeder gläubige Christ ist von dem Gefühle durchdrungen, daß cs eine Verletzung seiner eigenen kirchlichen Freiheit sei, wenn derjenige Theil der Kirche, die Gemeinde, der er zunächst angehört, durch uh kirchliche Lehre, durch Störung oder Auslösung der kirchlichen Verfassung zerrüttet wird; gerade so wie der Staatsbürger seine eigene politische Freiheit gefährdet oder beeinträchtigt sieht, wenn der Staatskörper, welchem er angehört, durch Aufruhr und Anarchie aus den Fugen gesetzlicher Ordnung getrieben wird. - Müßte die Kirche solche Attentate auf ihre Ordnung, Lehre und Autorität in ihrem eigenen Schooße dulden, dann befände sic sich in einer schlimmer», hilfelosern Lage als jede andere menschliche Gesellschaft. Für denjenigen, dessen Ansichten mit der Lehre und Ordnung seiner Kirche nicht mehr im Einklänge sichert, gibt cs rin sehr einfaches Mittel der Selbsthilfe, nämlich das des Austritts aus der Kirche — ein Austritt, der in Deutschland Niemand mehr verwehrt wird, und mit keinem bürgerlichen Nachtheile verbunden ist. Aus Döllingers Antwort auf die vierte Frage, die in gewisser Beziehung die interessanteste war, und folgendermaßen lautet: ,,Wie verhält fich diese katholische kirchliche Freiheit zur politischen Freiheit und Mündigkeit der Völker, wie zum Ginignngsstreben unterdrückter oder diplomatisch aus dynastischem Interesse getheilter Nationalität?" entnehmen wir nachstehende höchst belehrende Stellen. »Was das erste Glied dieser Frage, das Vcrhältniß der kirchlichen zur politische» Freiheit angeht, so ist cs die Geschichte, insbesondere die der letzten Jahrhunderte, welche schon eine genügende Antwort darauf ertheilt. Da, wo die Kirche wirklich frei war, da bestand immer auch ein großes Maß bürgerlicher Freiheit, — 40L — wenn auch nicht gerade in der modernen Form der Repräsentation nach der Kopfzahl. Da wo die Kirche geknechtet, ihrer freien Thätigkeit beraubt, oder zu fremden Zwecken mißbraucht, zu einer Maschine int Dienste der Staatspolitik erniedrigt wurde, da ist immer auch ei»? Verminderung und Beschränkung der bürgerliche» Freiheit als nächste natiirnothwendige Folge eingetreten. Anderseits wird aber auch kein Beispiel aus der Geschichte angeführt werden können, daß ein Volk politisch geknechtet worden wäre, dabei aber die Freiheit der Kirche bewabrt hätte; denn die Kirche ist da, wo sie in ungehemmter Selbstständigkeit den in ihr wohnenden Geist frei offenbaren und bethätigen konnte, stets auch eine Pflegerin echter bürgerlicher Freiheit gewesen. Sie ist die geborne Todfeindin aller despotischen Willkür, aller Bedrückung eines Standes durch einen ändern, aller Unterjochung einer Nationalität durch eine fremde, und selbst da, wo sic es nicht vermocht hat, freie Verfassungen zn schaffen, hat sic als die Beschützerin der nieder» Volksklaffen als eine auch von Tyrannen gefürchtete Macht den Druck wenigstens gemildert, und die schlimmsten Mängel politischer Institutionen allmälig geheilt. Unsere Antwort auf die gestellte Frage würde demnach kurz also lauten: Die Freiheit der Kirche verhält sich zur politischen Freiheit als deren unerläßliche Vorbedingung, als ihre Grundlage zugleich und ihr festestes Bollwerk." »Das andere Glied dieser Frage, wie sich nämlich die Freiheit der Kirche zur Mündigkeit der Völker verhalte, wird keine wesentlich verschiedene Antwort zn-lassen. Zwar ist der Begriff der Mündigkeit einer Nation ein gar schwankender und unsicherer, auch dürften die Meinungen über die Kennzeichen einer solchen Mündigkeit sehr getheilt sein; wir alle würden wvhl in nicht geringer Verlegenheit uns befinden, wenn man uns aufforderte, eine Rundschau unter den Völkern Europa's zu halten, und von jedem einzelnen Volke bestimmt anznge-ben, ob und ans welchen Gründen wir es für mündig oder unmündig halten. Das aber ist doch wohl die gemeinsame Neberzeugung aller derer, welche ans dem Standpunkte der christlichen Religion stehe», daß ein Volk nur in dem Maße mündig sein könne, als es gesittet und religiös ist, und daß weit verbreitete Sitteu-losigkeit und Irreligiosität bei aller intellektuellen Ausbildung ein Volk unfähig machen, wahre Freiheit zn erlangen oder zu ertrage». Da wir nun die Freiheit der Kirche ans keinem ändern Grunde begehren, als weil wir überzeugt sind, daß nur die freigewordene Kirche ihre Aufgabe, eiii Volk sittlich nnd religiös zn veredeln, erfülle» könne, so leuchtet ein, daß wir auch die Mündigkeit der Völker als ein von der Freiheit der Kirche abhängiges und durch dieselbe bedingtes Gut betrachten.« »Die vorliegende Frage hat aber noch ein drittes, nnd zwar etwas verwickelt ansgedrücktes, und daher nicht so leicht z» beantwortendes Glied: »5ßte verhält sich, heißt cs, diese kirchliche Freiheit zu dem Einigungs- streben unterdrückter oder diplomatisch aus dynastischem Interesse getheilter Nationalität?« Es liegt tu diesem Fragesatze eine Art von politischem Glaubensbekenntnisse eingewickelt. Der Fragende drückt seine Sympathie für das in Deutschland neu erwachte Streben nach politisch- nationaler Einigung aus, und scheint zu beklagen, daß dieses Streben wieder unterdrückt, durch die dynastischen Interessen und die Bemühungen der in diesem Interesse handelnden Diplomatie gehemmt werde. Aus dieses Gebiet darf ich ihm nicht folgen; denn ich rede im Namen der katholischen Vereine, nnd Diese haben kein gemeinsames politisches Glanbensbekenntniß, sie beschäftigen sich Überhaupt nicht mit der Politik des Tages, überlassen es jedem Mitgliede hierin seinen eigenen Weg zu gehen, und ziehen nur jene Fragen in den Kreis ihrer Thätigkeit, welche mit der Eristenz und dem Wohle der Kirche in einem unmittelbaren und unauflöslichen Zusammenhänge stehen, oder welche, weil sie allgemein socialer Natur sind, und die Grundfesten der menschlichen und bürgerlichen Gesellschaft betreffen, für jeden Christen schon durch die unveränderlichen Lehren des Evangeliums entschieden fmd.« Hierauf zeigt Dölliuger noch, daß die katholischen Vereine auch in politischer Beziehung indirekt ans Deutschlands Eintracht Hiuwirkcn, indem sie durch Erzielung der Freiheit aller Kirchen den Reibungen zwi-schen den Eonfessioneu ein Ende zu machen suchen, ohne je eine coufessioitclle Amalgamiruiig gestatte» zu dürfen u. s. w. Es erübrigt uns noch Döllittgers Antwort ans die fünfte und letzte Frage des Regensburger Tagblattes. Diese Frage war folgende: „2$>citlt die Kirche diese angcstrcbte Freiheit früher besessen hat, durch wen ging sie verloren. Durch den Staat oder Durch Sie nnsehlbare Kirche, selbst vermöge ihres Bündniffes mit Ser Bureaukratie und Aristokratie zur Unterdrückung und Nie-derhaltnng der freiheitlicheu uud nationalen Bolksbestrebungen?" Dölliuger entgegnet: -.Hier nimmt die Frage offenbar die Gestalt eines Vorwurfs an. -.»Ihr strebt jetzt, will der Fragende uns entgegen halten, nach einem Gut, welches der Kirche früher nur durch ihre eigene Schuld verloren gegangen ift.'<" Wäre dieß nun auch gegründet, so würde jedenfalls darin kein Vorwurf für uns und unsere Bestrebungen liegen. Wir würden dann sagen: Mögen diejenigen es verantworte», die zn ihrer Zeit diesen Verlust verschuldet haben; uns ist innere Bahn klar vvrgezeichnet; wir erkennen i» der verlorenen Freiheit ei» unschätzbares, eilt unentbehrliches Gut, und wir glauben nur unsere Pflicht zu erfülle», indem wir der erkannten Wahrheit gemäß handeln, d. H. mit allen erlaubten und gesetzlichen Mitteln die Freiheit der Kirche wieder zn gewinnen trachten. Allein der Vorwurf ist überhaupt in seiner Allgemeinheit uitge-gründet. Ich will dieß kurz erörtern, n»d bemerke zu- vorderst, daß der Fragende schon den Ausdruck »unfehlbare Kirche« hier ganz am Unrechten Orte angebracht hat. Unfehlbarkeit oder Jrrthumslosigkcit wird, wie jeder katholische Christ weiß, der Kirche nur in so ferne bcigelegt, als sic das ihr anvertraute Gut der unveränderlichen Lehre zu bewahre», und deren Sinn zu deuten hat. Daß, abgesehen von dieser höher», nur der Reinheit der Lehre geltenden Bürgschaft, die Vorsteher und Diener der Kirche irrende und fehlbare Menschen seien, das längnet Niemand. Es wäre also allerdings möglich, daß einzelne Vorsteher der Kirche in unrichtiger Auffassung der Verhältnisse, weil sic dadnrck größer» Gefahren zu entgehen hofften, oder weil sie auf diesem Wege für die Kirche scheinbare Vortheile zu gewinne» wähttte», die Rechte der Kirche, soviel an ihnen gewesen, preisgegeben, und zum Verluste der kirchlichen Freiheit mitgewirkt hätte». Das aber steht geschichtlich fest, daß von einem Bunde, welchen die Kirche irgend eines Landes mit der Bureaukratie oder Aristokratie oder beiden, und zwar mit bewußter und absichtlicher Preisgebnng der kirchlichen Freiheit und Selbstständigkeit, geschloßen hätte, keine Rede seine kann. Vergeblich habe ich im Geiste unter den katholischen Staaten Europas Umfrage gehalten, um denjenigen Theil der Kirche zu entdecken, dem die Anklage des Fragenden gelten könnte. Einen Augenblick meinte ich, Frankreich könne gemeint sein, weil dort in dem Kampfe, den das Königthum gegen den übermächtigen hohen Adel im 17. Jahrhundert geführt, die Bischöfe größtentheils auf die Seite des Königthums sich gestellt hatten; das wäre jedoch ein Bund nicht mit der Aristokratie, sondern gegen dieselbe, und nicht mit derBureau-kratie, die damals in Frankreich noch nicht bestand, gewesen. Der Fragende muß doch wohl Deutschland, und zwar die katholischen Staaten Deutschlands im Auge gehabt haben; in welchem Staate aber, und zu welchem Zeitpunkte dieses angebliche Bündniß abgeschlossen worden sein soll, vermag ich auch nicht einmal zu errathen. Die Anfänge desjenigen Systems, welches man Bnrean-kratie nennt, fallen in Deutschland in die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts. Die Staatsgewalt hatte sich in den der protestantischen Lehre zugefallenen Theile» unsers Vaterlandes der Leitung des gesammten Kirchenwesens bemächtigt; war das Volk einmal gewöhnt, die Staatsgewalt auch als die Gebietherin und Ordnerin der kirchlichen Dinge zu denken, dann konnte die allmälige Unterwerfung auch der übrigen Kreise des bürgerlichen Lebens auf keine besondern Hindernisse in der öffentlichen Meinung mehr stoßen. Mit unaufhaltsamer Konsequenz entwickelte sich nun das System des Polizeistaats, die argwöhnische Ueberwachung und Bevormundung aller Richtungen und Lebensäußerungen, das willkührliche Eingreifen in jedes bürgerliche Verhältniß, die Zersetzung und Auflösung der Korporationen, die Verwandlung der alten Regierungsweise in eine mechanische, schreibselige, ihre Gränzen stets noch erweiternde Administration. Dieß ist jene Bureaukratie, die sich im 18. Jahrhundert zuerst in Preußen am weitesten ansgebildet darstellt, die dann etwas später auch in Oesterreich herrschend wurde, worauf denn auch die übrigen deutschen Länder dem Beispiele der beiden Hauptstaaten nachfolgten. Daß nun aber mit dieser Bnreaukratie die Kirche irgendwo in ein Bündniß getreten sein sollte, das ist ein Vorwurf, der mir hier zum erstenmale begegnet; es wäre dieß ein Bündniß wie zwischen Feuer und Wasser gewesen. Das • freilich soll nicht in Abrede gestellt werden, daß anch hier mancherlei Schuld und Versäumniß der Kirchenvor-steher zu dem Mißgeschick der Kirche beigetragen haben mag. Ist cs doch anch bei jener großen Kirchcntrcn-nniig im 16. Jahnndert nicht anders gewesen! Und deshalb tragen derlei große Verluste und Kalamitäten der Kirche immer anch den Charakter göttlicher Strafgerichte.« »Diese Frage, deren ersten Theil wir bisher beantwortet, hat noch einen zweiten Theil oder Nachsatz, den wir nicht unerörtert lassen dürfen. »»Soll — heißt es — diese angestrebte Freiheit der Kirche mehrberechtigt oder gleichberechtigt mit dem Staate sein, oder muß sie nicht wie die Freiheit jeder Genossenschaft im Staate, unter dem Gesetze des Staates d. H. der Allgemeinheit stehen?«« — 3ch glanbe den Sinn des Fragende» zu treffen, wc»n ich seinen etwas ungenau ausgedrückten Satz so stelle: »»Soll die Kirche vermöge der für sie in Anspruch genommenen Freiheit mehrberechtigt oder gleichberechtigt mit dem Staate sein?«« — und darauf antworte ich mit einem entschiedenen Nein; nicht mehrbe-rcchtigt und nicht gleichberechtigt soll die Kirche sein. Kirche und Staat sind zwci allzu verschiedene Gesellschaften, als daß sie wie zwei Menschen oder wie zwei gleichartige Körperschaften so miteinander verglichen, und eine der ändern vorgezogen, oder auch nur gleichgestellt werden konnte.« »In seinem eigenen Gebiete ist der Staat nicht nur gleichberechtigt mit der Kirche, sondern eigentlich alleinberechtigt. Auch steht die Kirche nach einer Seite hin in einer Abhängigkeit vom Staate und in einer Unterordnung unter denselben, welcher sic sich weder entziehen kann noch entziehen will. Denn die Vorsteher und Diener der Kirche sind alle zugleich Staatsbürger, sind also denselben Lasten, Gesetzen, Verpflichtungen unterworfen, wie jeder andere Bürger und Unterthan; anderseits aber sind die Träger der Staatsgewalt Glieder der Kirche nur, so weit sie wollen, und ihre Unterwerfung unter die Gesetze der Kirche ist nur eine freiwillige und auf-kündbare. Zudem ist die Kirche, da ihr nur geistige und moralische Mitte! der Gewalt zu Gebote stehen, stets in der Lage, den Schutz des Staates zu bedürfen. Weit entfernt, sich als Nebenbuhlerin dem Staate an die Seite oder gegenüber zu stellen, oder auch nur für ihre Diener im Staate irgend ein Vorrecht oder eine Ausnahmsstellung in Anspruch zu nehmen, verstärkt sie vielmehr das Ucbcrgcwlcht des Staates; denn sie ist es, welche $ mit ihrer bildenden Gewalt die Forderungen des Staates unterstützt; sie nur vermag der Staatsgewalt ein Gebiet zu eröffnen, in welches diese mit ihrer an sich blos äußern Macht einzudringen nicht im Stande ist — das Gebiet des Gewissens. Die Frage endlich, ob die Freiheit wie die Freiheit jeder Genossenschaft im Staate unter dem Gesetze d. H. der Allgemeinheit stehen müsse? — diese Frage beantwor- - teten wir mit Ja. Wir setzen nämlich voraus, daß hier jene allgemeinen, also für Jedermann bestimmten Gesetze gemeint seien, welche die Staatsgewalt in ihrem Gebiete, de», bürgerlichen und politischen, und über die von ihrer Verfügung abhängigen Gegenstände gibt oder gegeben hat. Diesen Gesetzen sind alle Mitglieder der Kirche unterworfen, und Niemand wird es entfallen, darum weil er katholischer Christ ist, eine Ausnahme von diesen Gesetzen für sich in Anspruch zu nehmen. Sollte aber der Fragesteller unter den Staatsgesetzen, von welchen die kirchliche Freiheit abhängig sein müßte, auch jene Verfügungen verstehen, welche von weltlichen Regierungsbehörden in religiösen Dingen, und oft nicht ohne tief in das innerste Leben der Kirche einzugreifen, erlassen worden sind, also z. B. das Verbot bei einem Abend-gottesdienste den Segen zu geben und Aehnliches, sollte er dergleichen Gesetze im Sinne haben, dann freilich können wir nur sagen, nicht daß wir »ns über solche Anordnungen willkürlich hinwegzusetzen gedenke», sondern daß wir alle erlaubten uud gesetzlichen Mittel anwenden werden, um die legale Aufhebung derselben zn erwirken. Gelingt dieß, und wird die Selbstverwaltuug der Kirche wieder hergestellt, da»» wird sich deutlich zeigen, daß hierin für die Autorität und Macht des Staates kein Verlust, sondern ein positiver Gewinn liege; denn je freier die Kirche ist, desto mehr Kräfte »nd Mittel besitzt sie, ihre Mitglieder zur gewissenhaften Erfüllung aller Pflichten gegen den Staat z» vermöge». Wir haben es gerade in den jüngsten Zeiten »»r allzusehr erfahren, wie sehr das Ansehen des Priesters und die Kraft seines Wortes gelähmt wird, wenn das Volk in ihm nur ein Werkzeug der Regierung, einen Man», dessen Glück und Fortkommen einzig in den Händen der Staatsgewalt liegt, zn erblicken sich gewöhnt. Wie nachdrücklich nnd beredt er dann mich die Pflicht des Christen, die Vandes-gesetze zu achten, und der Obrigkeit zn gehorchen, entschärfen mag, alles dieß wird mit Mißtrauen und Argwohn anfgenoininen. >>(Sr muß reden heißt es dann — er ist dafür bezahlt oder erwartet Bezahlung dafür.*« Und so wird das eine der ersten Segnungen ,eiu, die uns die wiederhergestellte Freiheit der Kirche bringen wird, daß der Priester wieder als daS, was er sein soll, als gottgest-ndeter Verkündiger des Evangeliums frei und offen ohne Furcht und ohne Argwohn die öffentliche Ordnung, das Ansehen der Gesetze, den Gehorsam gegen den Monarchen vertheidigen wird; und feine Worte werden, als die Worte eines freien Mannes, der nicht auf weltlichen Befehl, nicht um schnöden Gewinnes willen, sondern nach Pflicht und Gewissen also spricht, eine bessere nnd bleibende Stätte in den Gemüthern finden.« Kath. BI. v. T. Der Papst und die französische Negierung. Rach einer Hinweisung auf die römische Revolution, auf die Flucht des heil. Vaters »nd auf die endlich zu Stande gekommene Intervention der katholifchen Mächte fagt die /.deutsche Volkshalle«: Der französische General Oudinot kam mit einer zureichenden Streitmacht nach Italien, Rom wurde belagert und nach hartnäckigem Widerstande eingenommen. Hiemit aber war auch die Hauptaufgabe der Franzofen gelöst. Sie hatte» sie glänzend gelöst und würde» sich ewige Lorbeeren erworben haben, hätten sie nach der Einnahme der Stadt die Hanpträdelsführer der repnblikanifchen Verwirrung »»-fchädlich gemacht, im Uebrigen aber dem heil. Vater in der Regelung der römischen Angelegenheiten freie Hand gelassen. Dann würde de» tapfer« Bekämpfen! des Garibaldi wahrscheinlich schon längst das beneidenswerthe Loos zn Theil geworden sein, den allgemeinen Vater der Christenheit unter den Cvviva's der Gutgesinnten an die Schwelle der Apostelfürsten zurückgeführt zu haben. Statt dessen aber begann die kalte, eigennützige Diplomatie Verhandlungen anzuknüpfen. Man schien dem heil. Vater nicht genug Vertrauen zn schenken, um ihn seinen Römern unbedingt und ohne Vorbehalt wiederzu-gebeu, und doch durfte man ihm nicht mißtrauen, ohne die Geschichte von beinahe drei Jahren wegznlengnen. Frankreich genügte es nicht, den Papst wieder nach Rom zurückzuführen, es wollte überdieß die Art und Weise und die Gesetze vorschreiben, wie und nach welchen Pius fortan regieren sollte. Oder wie sich das »Univers« sehr treffend über die Zweideutigkeit der französischen Regierung ausdrückte: --Ihr wollt den Papst wieder nach Rom zurückführen, ihr selbst wollt aber den Papst beherrschen.« — Wozu würde in diesem Falle die Intervention, die so bedeutende Opfer und Menschenleben gekostet bat, genützt haben? Wäre cs nicht besser gewesen, wenn die Franzosen sich aller Mühe, Rom zn befreien, überhoben hätten? Der Papst ist unter solchen Bedingungen jedenfalls freier in Gaeta «oder in Portici), als in seiner Hauptstadt aus dem Throne, die Geschichte der Päpste z» Avignon hat cs zur Genüge bewiesen, was noch der Papst ist, wenn er vom weltlichen Arme beherrscht wird. Der heilige Vater muß frei, innß unabhängig von jedem weltliche» Eiufluße fein; er darf Niemanden neben, »och viel weniger über sich habe», als sei» Gewissen n»d denjenigen, von dem er direkt seine höhere Weihe und Sendung erhalten hat und die,er ist — Christus, dessen sichtbarer Stellvertreter der Papst ist. Jede Beschränkung, jede Verkümmerung der Rechte des Papstes ist eine Versündigung gegen das göttliche Gesetz, und eine Beleidigung der ganzen christliäien Gesellschaft, die in dem Papste ihren Hirten, ihren weiter anerkennt, der Papst muß auch frei und unabhängig sein als weltlicher Regent; denn es ist dieselbe Person, welche auf dem römischen Fürstcnthrone sitzt. Unsere Vorfahren, die ersten deutsche» Kaiser, haben Alles aufgeboteil, um den heiligen Vater in seiner Unabhängigkeit zu befestigen, damit durch seine Unabhängigkeit von jeder weltlichen Gewalt seine Unabhängigkeit, Freiheit und Selbstständigkeit als oberster Priester um so gesicherter wäre. Die französische Regierung aber wollte um jeden Preis an der inneren Regelung der römischen Angelegenbeiten Theil nehmen, und deßhalb sollte der heilige Later über seine Absichten, Pläne u. s. w. sich öffentlich aussprechen und der französischen Regierung gewisse Zugeständnisse in Betreff mancher politischen Fragen machen. Das Ungereimte solcher Forderungen braucht kaum nachgewiesen zu werden; denn es liegt ein Mißtrauen darin, und Mißtrauen verdient Pius IX. weniger, als irgend ein Regent der Welt. »Wie sollte ich, sprach deßhalb der beil. Vater schon am 15. Juli zum Herrn von Cor-celles, so sehr die rein moralische Natur meiner Macht vergessen, um mich in bestimmter Weise zn verpflichten, so lang ich über die einzelnen streitigen Punkte noch nicht fest entschieden bin, und besonders, wenn ich im Angesichte einer Armee von 30,000 Mann mich aussprechen soll, und gegenüber einer Macht ersten Ranges, deren Bestrebungen für Niemanden ein Geheimniß sind? Soll ich mich dem Scheine, der Gewalt nachgegeben zu haben, unterwerfen? Wen» ich etwas Gutes thue, müssen meine Handlungen dann nicht freiwillig sein, und dürfen sie wohl den Anschein haben, es nicht zu sein? Kennen sie nicht meine Absichten? Sind sic nicht beruhigend genug? Und die Zugeständnisse, von denen sie sprechen, habe ich sie nicht selbst zuerst gemacht?« »Diese Sprache ist gewiß des edlen Pius würdig. Er verschmähte es, auf Diplomatenart durch Versprechungen und nach allerlei gemachten Verträgen auf seinen Thron zurückzukehren. »Meine Werke, ruft er mit ändern Worten den Völkern und Regierungen zu, liegen offen vor aller Welt, wollt ihr diesen nicht glauben, so werdet ihr auch meinen Versprechungen kein Vertrauen schenken.« In der That ist cs eine sonderbare Erscheinung, daß man gerade denjenigen, der der Freiheit das erste Wort redete, geliebten Unrerthaiien ans eigenem Antriebe alle möglichen Zugeständnisse machte, nun mit Argwohn verfolgt und gleichsam als einen Unterdrücker der Freiheit behandelt. — So weit die deutsche Volkshalle.« Seit dem aber, als diese Zeilen geschrieben wurden, ist das französische Ministerium, welches nach dem Beschluße der Majorität der Nationalversammlung dem heiligen Vater endlich freie Hand zu lassen sich bequemte, von dem wetterwendische» Präsidenten entlassen worden, und der Präsident scheint bei seinen Ansichten, die er im Briefe an seinen Adjutanten Ney in Rom ausgesprochen hat, verharren zu wollen. Aus allem geht von selbst die Antwort auf die Frage hervor: Konnte der heilige Vater bisher nach Rom zurückkehren und kann er es vielleicht jetzt schon? W. K. Z. Die preußischen Kammerverhandlungen über Civilehe. Die Berathnngen, welche über die Civilehe in der zweiten Kammer zu Berlin statt fanden, veranlassen uns darüber Einiges mitzutheilen, da das Schicksal einer solchen Frage in einem der wichtigsten Staaten Europa's für die christliche Welt nicht gleichgültig sein kann. Der Justizminister machte in der Kammer das offene Geständ-niß: daß die Civilehe großen Widerspruch bei dem Volke finde, und daß er es deßhalb für geeigneter halte, die Angelegenheiten nach dem Antrage Evelt's der künftigen Gesetzgebung zu überweisen. Sonderbar schien es, daß der Cnltusminister beinahe entschiedener für die Civilehe sprach, als der Justizminister. L adenb erg meinte nämlich: der Staat könne eine Ehe, welche bloß (!) von Geistlichen eingesegnel werde, nicht auch für eine bürgerliche (Civil-) Ehe anerkennen, seitdem sich die Religions-genossenschaften vom Staate getrennt haben. Von Babenberg scheint aber dabei nicht zu bedenken, daß diese Trennung jedenfalls nie so weit zugegeben und verlangt wird, daß zwischen den geistlichen und weltlichen Behörden die innige Verbindung und Wechselseitigkeit aufhört. Der Cultusminister von Ladcnberg zeigte dann über die Besorgnisse gegen die Civilehe ei» Befremden, da man ja im eigenen Lande eine Provinz besitze, in welcher die Civilstandsehebestimmnngen bereits seit langen Jahren bestehen, und », keiner Weise das religiöse Element nachtheilig berührt hatten. »Es haben sich in der Rheinprovinz die Begriffe so vollständig festgestellt, daß die öffentliche Meinung eine Ehe nicht für geschlossen anerkennen würde, wenn nicht die Kirche sie geheiligt hat. Ich glaube, daß eine Civilstandsehe, trotz der gesetzlichen Bestimmungen, am Rhein in der öffentlichen Meinung für ein Concubinat angesehen werden würde, wenn die kirchliche Einsegnung nicht statt fände.« Dieses Bekenntniß des preußischen Cultusministers von Lad enb erg ist kein Beweis für die Civilehe, sondern eine indirecte Anerkennung der Stärke der katholischen Religion. Die Civilehe wurde in der Rheinprovinz eingeführt, weil der vormärzliche preußische Staat darin ein Mittel zn finden glaubte, den in der Rheinprovinz vorherrschenden Katholicismus zu untergraben. Daß dieß nichts genützt hat, beweist die Geschichte nnd das Bekenntniß Ladenberg's! Nachdem Ladenberg noch bemerkt hatte, daß viele geistliche Behörden und sogar sein eigenes Ministerium ihn vergeblich gebeten hätten, gegen die Zivilehe aufzutreteu, ergriff dauu der Graf Renard das Wort gegen die Civilehe, wie folgt: ^Meine Herren! Lassen Sic über diese» Gegenstand Preußens Frauen abstimmen, und wir wollen nicht läug-neit, dast sic wesentlich dabei betheiligt sind, daß diese Angelegenheit mit in ihr Bereich gehört, daß diese An-lcgcnhcit eine Gefühlssache ist, und nicht bloß mit dem trockenen grübelnden Verstände zu entscheiden, und ich stehe Ihnen dafür: die Nichteinführung der (Zivilehe wird eine Majorität von 9/io haben. Entziehen wir diese». Vertrage die sacrainentale Feier, so verlieren dessen Be-stimmuugen die innere Rechtfertigung, sic werden eine lästige Fesscl dcr Uugebundenhcit, ohne alle sittliche Begründung. Die Untreue ist dann nicht mehr der Bruck eines geschworenen Eides, sonder bloß dcr unerfüllt gebliebene Paragraph ciiics Vertrages.« »Treiben wir diese Consequenz auf die Spitze, und nichts ist wahr, was diesen Prüfstein nicht aushält, so kommen wir zu dem Resultate, daß solche Bündnisse anf Jahre, auf Monate, auf Wochen geschlossen werden können; dann führen öffentliche Beamte die Register der Sünde, und die Schande geht einher stolz und aufrechten Hauptes, gekleidet in magistratnalische Toga.« »Sie werden mir einwenden, daß eine Einrichtung, welche schon seit Jahrzehnten in den westlichen Provinzen eristirt, so verwerflich nicht sein könne, als sie mir erscheint; Sic werden mir sagen, was der Herr Justizminister bereits ausgesprochen hat: daß ungeachtet dieser Einrichtungen auch dort die kirchliche Feier noch nicht obsolet geworden, das Band der Ehe als ein heiliges gehalten werde. Ich gestehe mit Freuden diese Thatsache zu; doch sic beweist nicht das, was sic in dem vorliegenden Falle beweisen soll. Es hat schon dcr Herr Jnstizminister erwähnt, und ich mache darauf aufmerksam: woher kam diese Fon» in den wcstlichcn Provinzen? Noch weiter aus Westen, über den Vater Rhein herüber zu einer traurigen Zeit.« »Es beweist diese Thatsache weiter nichts, als daß die fromme Kirche stärker war, als der gottlose Staat, und daß der Sinn des Volkes gesunder war, als diese freigeisterische Gesetzgebung.« »Auf eine Thatsache will ich Sic jedoch zum Schlüsse noch aufmerksam mache». Bet der Abstimmung über Artikel 11, als darüber abgestimmt wurde, ob wir den Verbcsscrnngsvorschlag der ersten Kammer annehmen wollten, oder nicht, stellte sich das Resultat heraus, daß 152 Stimmen gegen 152 standen. Viele von Ihnen mögen dieß ein sonderbares Spiel des Zufalls nennen; ich nach meiner religiösen Anschauung erkenne kein solches Spiel des Zufalls an, und ohne abergläubisch zu sein, erblicke ich in dieser Thatsache Gottes Unheil, Gottes Gericht über den Werth der Majoritäten. Ich erblicke in dieser Abstimmung Gottes warnende Stimme, das Mene-Tekcl: Wir sollen durch Majorität nicht wandeln und ändern und vernichten, was als Heils-, alsGlaubens -Artikel in der Brust so vieler Mitbürger ruht. Meine Herren! Wenn meine Stimme hier nutzlos verhallen sollte, so hören Sic auf Gottcs Stimme, die vor kurzem laut und deutlich genug gesprochen hat.« (Bravo!) Nachdem rin Redner der Linken für die Civilehe gesprochen nnd bemerkt hatte: er bedanre, daß die Regierung nicht entschiedener für die (Zivilehe entstehe, trat der Abgeordnete Bismark-Schönha nscn ans die Rednerbühne, nnd sprach folgendermaßen gegen die (Zivilehe: »Ich meinerseits bedaure, daß das Ministerium nicht im weitern Umfange, alö geschehen, sich gegen die (Zivilehe erklärt hat, jo daß sich das Ministerium in diesem Falle inmitten des Bedauerns der beiden Seiten des Hauses befindet.« (Heiterkeit.) ;>Uaß die Lösung der schwierigen Frage der gemischten Ehen zwischen Katholiken nnd Protestanten durch Einführung der (Zivilehe wesentlich erleichtert würde, kann ich mir einerseits darum nicht denken, weil gerade in der Rheinprovinz, wo doch die (Zivilehen bestehen, die Streitigkeiten wegen der gemischten Ehen fast bis zur Flamme ausgebrochen sind, während sie in den anderen Provinzen viel weniger lebhaft werden, wenn gleich gerade in Schlesien bei einer großem eonfessionellen Mischung die gemischten Ehen viel häufiger sein müssen. Als ein wirkliches Bedürfniß kamt ich die (Zivilehe nur bei den Reformjuden anerkennen.« »Für einen wahren Inden wird die Ehe mit einer Christin eben so gut eine sittliche Unmöglichkeit sein, wie umgekehrt; wollen aber diejenigen Juden, welche nicht mehr Juden sind, sondern sich fälschlicherweise Inden nennen, mit denjenigen Christinen, welche sich fälschlich Christinen nennen, eiviliter sich zusammenti)uit lassen, so mag man ihnen diese Ausnahme gestatten. Aber wunderbar finde ich es dock, wegen dieser wenigen Renegaten eilt er Bevölkerung von Millionen, die dem Glan beit ihrer Vater treu geblieben sind, einen solchen unerhörten Zwang aufer legen zu wollen.« (Bravo.) »Ich glaube nicht, daß cs Aufgabe dcr Gesetzgebung sein kann, das was dem Volke heilig ist, zu igno-riren. Ich glaube im Gegettfhcil, daß, wenn die Gesetzgebung das Volk lehren und leiten will, es ihre Aufgabe ist, dahin zu wirken, daß das Volksleben sich in allen Verhältnissen fest auf 6eit Stab des Glaubens, an die Segnungen der Religion stütze, nicht aber diesen Stab da, wo er vorhanden ist, als ein unnützes Zubehör von Obrigkeits wegen verwerfe, und so die Achtung vor dcr Kirchc und den religiösen Einrichtungen da, wo sie tiefe Wurzeln in dein Volksleben geschlagen hat, untergrabe, und dieß in einer Zeit, die uns mit blutiger Schrift gelehrt hat, daß da, wo cs deu Freigeistern, die sich gebildet nennen, gelungen ist, ihre Gleichgültigkeit gegen jedes positive Bekenntnis) den großen Massen insoweit mitjutheilen, daß bei ihnen von dein Christenthum als schaler Bodensatz nur eine zweideutige Moral-Philosophie übriggeblieben ist, daß da nur das blanke — 40? — Bajonnct zwischen den verbrecherischen Leidenschaften und dem friedlichen Bürger steht, daß da derKrieg Aller gegen Alle keine Fiction ist. Haben Sic dem Menschen den geoffenbarten Unterschied zwischen gut und böse, den Glauben daran genommen, so können Sie ihm zwar beweisen, daß Raub und Mord durch die Gesetze, welche die Besitzenden zum Schutze ihres Eigenthnmes und ihrer Person gemacht haben, mit schweren Strafen bedroht werden, aber Sic werden ihm nimmermehr beweisen, daß irgend eine Handlung an und für sich gut oder böse sei. Ich habe in dieser Zeit manchen Lichtfreund zu der schnöden Erkenntniß kommen sehen, daß ein gewisser Grad von positivem Christenthum dem gemeinen Manne nöthig sei, wenn er nicht der menschliche» Gesellschaft gefährlich werden soll. So lange diese unklaren Bekenner der Humanitäts-Religion nicht zu der Ueberzeugung gelangt sind, daß ihnen selbst dieser >,gewisse Grad« am allernöthigsten sei, so lange kann ich mich nicht des traurigen Gedankens erwehren, daß es uns noch lange nicht schlecht genug gegangen ist!« »Man hat uns im Laufe der Discussion von dieser Stelle gesagt, daß Europa uns für ein Volk von Denkern halte. Meine Herren! Das war früher. (Heiterkeit. i Die Volksvertretungen der letzten zwei Jahre haben uus um diese» Ruf gebracht; sie haben dem enttäuschte» Europa nur Uebersetzer französischer Maculatur, aber keine Selbstdenker gezeigt. Es kann sein, daß wenn auch die Civilehe sich Ihrer Majorität erfreut, dieß dahin führen wird, daß das Volk aufgeklärt wird über de» Schwindel, dessen Beute es ist; daß ihm die Augen aufgehe», we»n ihm eines feiner uralten christlichen Grundrechte nach dem anderen genommen wird: das Recht, sich auf die Weife christlich zu verehelichen, welche fein Glaube von jedem fordert, ohne von consti-tutionellen Ceremonien abhängig zu sein.« --Fahren wir auf diesem Wege fort, so hoffe ich cs noch zu erleben, daß das Narrcn-schiss der Zeit an dem Felsen der christlichen Kirche scheitert; denn noch steht der Glaube an das geossenbarte Wort Gottes im Nolke fester, als der Glaube au die seligmachende Kraft irgend eines Artikels der Verfassung.« (Bravo! Zischen.) Als es zur Abstimmung kam, wurde der Antrag von Evelt, welcher vom Instizminister so warme Unterstützung gefunden hatte, angenommen, ungeachtet sich die intelligenteste» Kammermitglieder dagegen erklärt hatte». Diesem Beschlnße zu Folge kann nun die preußische Regierung die Civilehe durch ein besonderes Gesetz einführen, und zwar, wann es ihr beliebt, ganz oder stückweise. Wir haben indeß Grund zn glauben, daß die Verhältnisse einen solchen Gang nehmen werden, welche den Regierungen bessere, höhere Ansichten über die Bedeutung des Christenthums und der Religion beibringen werde», als es bisher der Fall war. Es dürfte sich daher leicht zutragen, daß ein Gesetz für Civilehe in Preußen nicht mehr zur Anwendung kommt. Oe. Volksfreund. Katholischer Männer-Verein zur Beförderung der leiblichen und geistigen Wohlfahrt der verwahrlosten armen männlichen Jugend. Häufig sieht man arme Knaben und Jünglinge ohne schützende Obhut, ohne gesicherte Existenz, ohne Bildung des Geistes, ohne religiöse und sittliche Erziehung oder Unterricht für ihre künftige Erwerbsfähigkeit heranwachsen. Dieser Anblick erregt in jedem christlich fühlenden Herzen desto wärmere Theilnahme, wenn man die Zukunft dieser Unglücklichen bedenkt, welche an keine geregelte Thätigkeit gewöhnt, oft von zartem Alter a» in die Irrwege des Lasters gerathe», einem jammervollen Dasein entgegen gehen, nnd dann für die bürgerliche Gesellschaft nicht nur eine Last werden, sondern auch in eine für sie bedenkliche Geißel ansarten können. Mächtig ertönt daher in jeder liebenden Brust der Ruf: Hülfe der armen, verwahrlosten Jugend! D'> vereinzelnte Kraft vermag wenig; sie zerrinnt, wie der Tropfen im Sande; die vereinigte» Kräfte leiste» Großes. Es hat sich demnach in Gratz ein Verein katholischer Männer gebildet, der es sich znr Aufgabe gemacht hat, »ach Möglichkeit für leibliches Wohl, geistige Ausbildung, religiöse Veredelung im Geiste der katholische» Religio», n»d entsprechenden Unterricht der armen, männlichen Jugend zu sorge», u»d wo cs u»r immer thnnlich ans die Moralität derselben wohlthätig einzuwirke». Das frohe Bewußtsein, diese Unglücklichen im zarten Alter vor drückender Roth, erwähnter Verwahrlosung und mancherlei Verirrungen zn schützen, der innige Dank, den dieselben in reiferen Jahren gegen ihre Wohl-thäter im Herzen tragen werden, der große Lohn, welchen der Allmächtige für jede Liebesthat verheißen hat, die erhebenden Worte Jesn: »Wer einen Kleinen anf-nimmt in meinem Namen, nimmt mich auf,« wird die Mitglieder dieses Vereines, welche sich mit Gottes Beistand gewiß vermehren werden, zu dem wohlthätigen Werke begeistern. Die verwahrloste, männliche Jugend befindet sich entweder bei den Aelteru, welche durch ihren Erwerb gehindert sind, ihre Kinder zn überwachen, und für sie entsprechend zu sorgen, oder selbst der gehörigen religiösen und sittlichen Bildung und eines geregelten Lebenswandels ermangeln; oder es sind ganz verwaiste Kinder, sich selbst überlassen, dem Müßiggänge, Betteln oder sittenverderbenden Erwerbe preisgegeben. — Erstcrc werden über Ansuchen der Aeltern oder über Vorschlag eines Vcreinsmitglicdes, welchem die Verhältnisse in der Familie bekannt geworden sind, nach vorhergegangener, schriftlich erklärter Zustimmung der Acltcrn, Letztere ebenfalls nach abgegebener schriftlicher Zustimmung des Vormundes und nach Umständen selbst der betreffenden Behörde ut die Obsorge des Vereines übernommen. Diese Uebernahme findet jedoch nur Statt nach vorausgegangencr genauer Erhebung der Dürstigkeits- und Würdigkeits-Verhältnisse der Familie, des Knaben selbst und seiner Bildungssähigkeit, dann mit steter Rücksicht auf die Geldkräste des Vereines. Um den Zweck des Vereins nach Möglichkeit zu erreichen, ist derselbe a. vor Allem bemüht, die Pfleglinge bei wohlthätigen, tugendhaften Familien in der Stadt, in Landgemeinden, oder aber in einer wohlthätigen Anstalt unterzubringen, welche entweder die ganze Obsorge unentgeltlich oder mit Unterstützung für Kleidung, Nahrung und nothwendige Gegenstände zum Unterrichte aus den Geldmitteln des Vereines, so weit diese reichen, übernehmen. Vorzüglich dankbar wird der Verein jenen wohlthätigen Menschen sein, welche Pfleglinge übernehmen, um sic für ihren Broterwerb zu befähigen, zugleich aber auch für deren eifrigen Schulbesuch, fleißige Beiwohnung beim Gottesdienste und nach Umständen bei dem sonntäglichen Unterrichte in der Religion und anderen nothwendigen Lehrgcgenständen sorgen. b. Die Sorge sür verwahrloste Kinder dürftiger Adlern, welche selbe bei sich zu behalten wünschen, kann der Verein nur dann übernehmen, wenn er sich genügend überzeugt hat, dass von seinen Unterstützungen keinerlei Mißbrauch gemacht, und der Zweck der Vereinswohlthat nach den persönlichen Eigenschaften der Aeltern vollkommen erreicht werde. c. Jedem Pfleglinge wird vom Vorsteher ein thätiges Vereinsmitglied, welches möglichst in der Nähe desselben wohnt, als Obsorge beigegebeu, welcher über dessen körperliche, geistige und sittlich-religiöse Ausbildung im geeigneten Wege sich in genauer Kenntniß zu erhalten, selben zu ermuntern, zu warnen, seine Bedürfnisse väterlich in Acht zu nehmen, und dem Vereine von Zeit zu Zeit über ihn Bericht zu erstatten hat. d. Auf diese Art, durch eine feierliche Aufnahme, öffent- liche Prüfungen, freundliche Gespräche, gutes Beispiel, lehrreiche, leicht faßliche Schriften, wird der Verein auf seine Pfleglinge und ihre Familien beständigen, heilsamen Einfluß zu üben bemüht fein. e. Der Verein beabsichtet seine Sorgfalt für die Pfleg- linge bis zum Austritte aus der Lehre, oder sonstigem Beginne ihrer Selbstständigkeit, nach Umständen und Möglichkeit aber seine freundlichen Beziehungen zu denselben auch noch weiter fortzusetzen, s. Der Verein wird feine Wirksamkeit auch auf das flache Land auszudehnen, und sich mit anderen wohlthätigen Vereinen in Verbindung zu setzen suche». Kirchliche Nachrichten. Die Väter der Gesellschaft Jesu waren gesonnen ihr Kollegium in N e a p e l im Monate November zu eröffnen, sobald sie eine hinreichciide Anzahl von Gesuchen zur Zulassung als Alumnen haben würden. Die Familienväter, welche die Erziehung ihrer Söhne den Vätern der obbe-iiannten Gesellschaft anvertrauen wolle», wurden demnach eingeladeu, ihre Gesuche sobald als möglich in die Hände des Superiors der Gesellschaft zu überreichen. In Belgien wurde am 12. August vom Kardinal-Erzbischof zu Wolvertheim an der Eisenbahn ein feierlich gesegnetes Kreuz ausgestellt und 12 Akolitheu empfingen aus den Händen Sr. Eminenz gesegnete Kreuze, uni sic auf den einzelnen Stationen aufzupflanzen. Unsere Lichtsreunde werden wohl ein Aergerniß daran nehmen; »ns aber ist das ein Zeichen, daß in jenen Ländern, wo man das Denken nicht verlernt hat, als Belgien, Frankreich und England, der Katholicismns zum Wohle der Staaten und Völker sich immer segensreicher entfalte. Ein katholisches Genfer Blatt berichtet, daß die Bischöfe der Schweiz auch ein Konzilium zu veranstalten gedenken, wie ihre Brüder in anderen Ländern, und daß auch der Erzbischof von Mailand, dessen Kirchen-sprengel über einen bedeutenden Theil der Schweiz sich erstreckt, demselben anwohnen werde. — Es ist hohe Zeit, daß sich die Hochw. Bischöfe der katholische» Sache i» der Schweiz eifrigst «»nehmen, denn die radikalen Machthaber räumen barbarisch in den katholischen Kantonen auf, da sie sich nicht entblöden jene Seelenmessen, welche für die im Jahre 1844 und 1845 gegen die Freifchaaren gefallenen Soldaten gestiftet wurden, kurzweg abzuschaffen und selbst die von Privaten gestifteten Seelenmessen zu verbieten; andere Tyranneien nicht zu gedenken. Hildesheim. Das Domkapitel von Hildesheim hat in der am 27. November stattgehabten kanonischen Wahl den bisherigen Generalvikar Jakob Wedekin — einstimmig zum Bischos gewählt. Am 16. Oktober starb der frühere Bischof. Heinzen, der große Socialist, schreibt in der deutschen Zeitung zu London: »Das bevorstehende große revolutionäre Heilverfahren kann Europa möglicher Weife zwei Millionen Köpfe kosten, aber was will das Leben von zwei Millionen Schurken bedeuten, wo es sich um das Glück von 200 Millionen Menschen handelt.« Die Socialisten meinen es sehr gut mit Europa. Heinzen ist doch wenigstens aufrichtig. Die Journale, welche sociale Tendenzen verfolgen, die mit der Verhöhnung des Christenthums beginnen, führen auf dem Wege wohlduftiger Phrasen am Ende zu demselben Blutbad, was Herr Heinzen der eben so rare Mann als liebenswürdige Tyrann ehrlich und offen verlangt. W. K. Z. Berichtigung. Zn der »lijcol. Zeitschrift« Nr. 49, S. 400, Sp. 2, Zeile 20 von unten ist statt 835 fl. 54 ft i» >eftn: 8L4 fl. 54 fr. Gedruckt bei Josef Blasnik in Laibach.