Artillerie-Unterricht ftir die k. k. Kriegs-Marine. Auf dienstliche Veranlassung gedruckt. II. Tlxeil. 1881 . Buchdruckerei von Ig. v. Kleinmayr & Fed. Bamberg in Laibach. Inhalt. Erster Abschnitt. Explosive Praparate. 1 x Seitc I. Allgemeines. 1 a) Factoren des Gasdruckes. 1 b) Ermittlung der Factoren des Gasdruckes.11 c) Zeitdauer der Entzundung und Verbrennurig. 18 d) Schiesspraparale, Sprengpraparate. Brisante, ballistische Wirkung . 25 e) Messen der Anfangsgeschwindigkeiten und Gasspannungen .... 34 f) Chemische Constitution der explosiven Praparate; Anforderungen, welche an dieselben gestellt werden.38 II. Das Schiesspulver.43 a) Wesentlichste Eigenschaften .43 b) Erzeugung, Untersuchung und Verwendung.49 Dem Schiesspulver ahnliche Praparate.53 III. Explosive Nitroverbindungen.54 A) Schiesswolle.54 B) Nitroglycerin.59 Sonstige Nitroverbindungen .62 IV. Entztindungsmittel.63 Zweiter Abschnitt. Einrichtung der Geschosse. 68 I. Aeussere Form der Geschosse.70 II. Bedingungen der Treffsicherheit und Mittel zur Erzielung derselben . . 83 III. Einrichtung der Geschosse zur Erzielung der beabsichtigten Wirkung . 102 IV. Geschossztinder.109 Dritter Abschnitt. Einrichtung der Geschutzrohre. I. Einrichtung der Bohrung.113 a) Der Plug.113 1. ) Zahl der Zuge.114 2. ) Breite und Tiefe der Zuge.114 Seite 3. ) Profil der Ziige.116 4. ) Drall der Ziige .H& 5. ) Durclimesser und Lange des Fluges.122 b) Der Geschossraum.124; c) Der Ladungsraum.125 II. Wandstarke des Geschiitzrohres.127 a) Wirkung des Seitendruckes.130 b) Wirkung des Bodendruckes.150 III. Einrichtung der Nebentheile.151 a) Der Verschluss.151 b) Die Schildzapfen.153 c) Sonstige Nebentheile.157 Sehlussbemerkungen.159 Vierter Abschnitt. Innere Ballistik. I. Verbrennungsweise der Pulverladung; Verlauf der Gasspannung . . . 161 II. Bewegung des Geschosses. Geschossgeschwindigkeit.171 III. Wirkung des Gasdruckes auf den Stossboden, Rucklauf. Beanspruchung des Rapertes.187 a) Rucklauf.187 b) Beanspruchung des Rapertes.192 c) Verhalten der versehiedenen Rapertgattungen beim Riickstosse . 198 d) Mittel zum Hemmen des Riicklaufes. 202 Funfter Abschnitt. Aeussere Ballistik. I. Die Geschossbewegung unter dem alleinigen Einflusse der Schwerkraft 209 II. Die Geschossbewegung bei Einwirkung der Schwerkraft und des Luft- widerstandes.217 III. Ermittlung der ballistischen Constanten, Porteeschiessen.244 IV. Anwendungen der Ballistik.256 V. Treffwahrscheinlichkeit.269 VI. Schusstafeln, Gebrauch derselben.277 Kurze Schiessregeln fur Marinegeschiitze.299 Erster Abschnitt. Explosive Praparate. I. Allgemeines. Explosive Praparate nennt, man solche Substanzen, welche sich infolge ausserer, mechaniseher Einwirkungen (Stosse, Schlage, Er- schiitterungen, directe Zufuhr von Warme — Steigerung der Tem- peratur iiberhaupt) moment an zersetzen und dabei Zersetzungs- producte bilden, welche sammtlich oder grossentheils in Gasform auftreten. Die gasformigen Producte der Explosion uben vermoge ihres Expansionsbestrebens einen grossen Druck auf die Umschliessungs- wiinde des Praparat.es aus und sind daher geeignet, zur Leistung von Arbeit verwendet zu werden. Die Explosion ist sohin eine sich in sehr kurzer Zeit, vollziehende chemische Reaction. Bei derselben sind im Allgemeinen zwei Mo- mente zu unterscheiden: die Zersetzung der ursprilnglichen, im Praparat enthaltenen chemischen Verbindungen und die Bildung von neuen Producten. Der erstere Vorgang ist von Warmeverlusten begleitet, wahrend der letztere eine weitaus grbssere Warmemenge liefert; der Ueberschuss dieser letzteren iiber den Warmeverlust ist die bei der Explosion frei gewordene Warme, welche die Temperatur der Zersetzungsproducte ausserordentlich steigert. Die Explosion ist daher in der Regel von einer Feuererscheinung begleitet. a) Faotoren des Gasdruckes. Die Factoren, welche auf die Grosse des Gasdruckes eines explo- direnden Praparates Einfluss nehmen, sind: 1.) Die Menge der Gase. Je grosser das Verhaltniss der gas- fSrmigen Producte der Zersetzung zu den in fester Form erscheinen- den ist, desto grosser wird (abgesehen von alien ubrigen Umstanden) 2 der Druck auf die Umschliessungswande sein. Die festen Producte nennt man den Riickstand des Praparates. Wenn man zwei Pra- parate mit einander vergleicht, so wird unter sonst, gleichen Um- standen dasjenige als wirksamer erscheinen, welches einen kleineren Riickstand hinterlasst; das wirksamste Praparat wird daher jenes sein, bei welchem eine vollstandige Auflosung in Gas (Dissociation) eintritt und der Riickstand = 0 ist. 2. ) Das specifische Gewiclit der Gase. Je kleiner das specifische Gewicht der gasformigen Zersefzungsproducte ist, desto grosser wird (unter iibrigens gleichen Umstanden) der Gasdruck sein. Denn eine bestimmte Gewichtsmenge eines Gases von geringerem specifischen Gewichte nimmt bei dem Drucke = 1 (Eine Atmosphare) einen grosseren Raum ein, als dieselbe Menge (das gleiche Gewicht) eines Gases von hoherem specifischen Gewichte; werden nun beide Gase auf ein gleiches, kleineres Volumen zusammengedriickt, so wachst nach dem Mariotte’schen Gesetze der Gasdruck im Verhaltnisse der Raumverminderung, daher bei ersterem Gase mehr als bei letzterem. Es ist daraus klar, dass sich die von gleichen Gewichtsmengen zweier Gase ausgeiibten Driicke umgekehrt wie die specifischen Gewichte derselben verhalten werden, wenn sie auf den gleichen Raum ge- bracht sind. Bei spiel: Das Praparat A liefere 1 kjg CO (Kolilenmonoxyd), das Pra¬ parat B aber 1 hjg C0 2 (Kohlendioxyd). Das specifische Gewicht von CO, be- zogen auf die atmospharische Luft, ist O'96, jenes von C0 2 aber 1 • 52. Nimmt man das Volumen von 1 hjg atmospharischer Luft bei 0° C. und dem Drucke von 1 Atmosphare mit rund 770 Liter (Cubik-Decimeter) an, so wird 1 hjg des ersten Gases CO bei dem Drucke von 1 Atmosphare das Volumen von 802 O d imt 1 des zweiten Gases CO, aber das Volumen von 507 einnehmen. Werden nun beide Gase auf ein gleiches Volumen, z. B. auf 1 zusammengedriickt, so re- sultirt nach dem Mariotte’schen Gesetz fiir CO ein Druck von 802 Atm. und fur C0 2 ein solcher von 507 Atm. 3. ) Die Temperatur der Gase. Wird die Temperatur eines Gases erhoht, wahrend es sich frei ausdehnen kann, so nimmt das Vo¬ lumen desselben fur je 1° C. Temperatursteigerung urn a = ^ jenes Volumens zu, welches das Gas bei 0° C. einnehmen wiirde. Bedeutet. also v 0 das Volumen eines Gases bei 0° G. und v sein Volumen bei t° C., so ist v = v 0 -\-v 0 at = v Q (\-\-at)\ dabei bleibt natiirlich sein Druck unverandert. Wird jedoch die Temperatur eines Gases erhoht, ohne dass es sich ausdehnen kann, so wird sein Druck fur je 1° C. Temperatursteigerung urn « = 2 ) 3 desjenigen Druckes steigen, den es 3 bei 0° C. haben wiirde. Man kann sich nitmlich den Vorgang so vorstellen, dass durch die Temperaturst.eigerung zuniichst dasVolumen des Gases ohne Aenderung des Druckes in dem oben angegebenen Verhaltnisse vergrossert. und hinterher durch Ruckfiihrung des so ver- grosserten Volumens auf das urspriingliche im Sinne des Mariotte’schen Gesetzes der Druck erhoht wird. * Hal demnach ein Gas das Vo- lumen v und bei 0° C. den Druck p 0 , so wird es bei demselben Vo- lumen und t° C. einen Druck p — p 0 - J- p 0 at — p 0 (l -)- at) haben. Beispiel: 1 hjg Kohlendioxyd nimmt bei der Temperatur 0° C. den Raum von 507 CMm ein und hat die Spannung von 1 Atm.; wird dieses Gas auf 1000° C. erwarmt, so steigt bei unverandertem Drucke von 1 Atm. sein Volumen auf 507 (l + = 2364 O dfm- Dieses Gas hat bei der Temperatur 0°C. im Raume 1 O'Hm _1 + P= P 1 -\- at Temperatur T entsprechende Spannung P sein: (Gay-Lussac’sches Gesetz). In obigem Beispiel wurde gefunden, dass 1 Kohlendioxyd in dem Raume vom 1 Qdf m und bei der Temperatur von 1000° die Spannung von 2364 Atm. hat. Wird die Temperatur dieses Gases auf 3000° gesteigert, so wurde dasselbe, in ein Gefass von constantem Volumen = 1 Qdj m eingeschlossen, die Spannung von 2364 1 +JVY = 6078 Atm. erreichen; ist hingegen in dem Gefass 1 “j— 1000a ein Stempel verschiebbar, welcher auf das eingeschlossene Gas mit einem con- stanten Druck von 2364 Atmospharen wirkt, so wurde das Gas bei seiner Er- warmung den Stempel so weit verschieben, bis das Volumen des Gefasses * Vorausgesetzt ist daliei, dass durch diese nur erklarungsweise angenom- mene Ruckfiihrung auf das urspriingliche Volumen eine Aenderung der Temperatur nicht stattfindet. ** Wenn sich das Gas beispielsweise in einem Gefasse befindet, welches mit einem verschiebbaren Stempel von bestimmtem Gewichle gesclilossen ist. *** D. h. wenn das Gas in ein Gefass von bestimmtem, unveranderlichem Rauminhalte eingeschlossen ist. i* 4 I~ +I 000 g = 2-571 O'Hm betragt. Bringt man das so ausgedehnte Gas wieder auf das Volumen von 1 O ci fm, ohne dass hiedurch eine weitere Zunahme der Temperatur eintritt, so wird es die Spannung von 2-571 x 2364 = 6078 Atm. erlangen, wie sie auch fruher gefunden wurde. Die Warm emenge, welche einemGase zugefiihrt werden muss, um bei constant bleibendem Drucke seine Temperatur um einen bestimmten Betrag zu steigern, ist grosser als diejenige, welche ihm zugefiihrt werden muss, wenn die Erwarmung bei constantem Volumen erfolgt. Denn das unter einem bestimmten Drucke stehende, sein Volumen vergrossernde Gas verrichtet hiebei eine aussere Arbeit (Verschieben des Stempels, Ausdehnung des Gases selbst), auf welche ein Theil der zugefiihrten Warme aufgewendet werden muss, der also ftir die Steigerung der Temperatur verloren geht. Es wird daher die Warmemenge, welche Einer Gewichtseinheif eines Gases zugefiihrt werden muss, um seine Temperatur um 1° C. zu steigern, d. h. die specifische Warme desselben, bei constantem Drucke grosser sein, als bei constantem Volumen. So betragt beispielsweise die specifische Warme des Kohlendioxyds bei constantem Drucke 0-2169, bei constantem Volumen 0-1662 Calorien (Warme-Einheiten). Die Warme, welche bei der Explosion eines explosiven Pra- parates auftritt und die Temperatur der entwickelten Gase erhoht, wird, wie eingangs bemerkt, durch die Bildung der Explosions- producte selbst geliefert; die Menge der so producirten Warme ist die gleiche, mag die Explosion unter constantem Drucke oder unter constantem Volumen erfolgen. Diese in beiden Fallen gleiche Warme¬ menge wird aber bei constantem Drucke eine geringere Temperatursteigerung der Gase bewirken, als bei constantem Volumen, weil im ersteren Falle fur die bei der Vergrosserung des Volumens verrichtete Arbeit eine bestimmte Warmemenge aufgewendet wurde. Die Ausgleichung zwischen den beiden Temperaturen kann man sich auf folgende Weise vorstellen: Soli das unter constantem Drucke gestandene Gas, dessen Volumen bei Zufuhr der Warme vergrossert wurde, auf sein urspriing- liclies Volumen zuruckgefiihrt werden, so muss genau die gleiche Arbeit (Ein- scliieben des Stempels und hiebei Zusammendriickung des Gases) durch eine aussere Kraft verrichtet werden, welche Arbeit wieder in Warme umgesetzt wird. Nachdem diese Wiirme, welche genau so gross ist, als die fruher verloren ge- gangene, eine weitere Steigerung der Temperatur des Gases bewirkt, so wird die Temperatur des Ietzteren sehliesslich dieselbe Hiihe erreichen, als ob wahrend der Einwirkung der Wiirme keine Volumsanderung eingetreten ware, d. h. als ob diese Einwirkung bei constantem Volumen des Gases stattgefunden hiitte. 5 4.) Die Grosse des Raumes, in welchem das Praparat verbrennt: Je kleiner dieser Raum, desto grosser die Gasspannung, daher im kleinsten Raume die grbsste Spannung. Der kleinste Verbrennungs- raum ist jener, welchen das Praparat ganzlich ausfullt; die diesem Raume entsprechende, daher unter alien moglichen die grosste Spannung wird absolute Spannkraft oder Absolutspannung des Praparates genannt. Das Verhaltniss, in welchem die Praparat- ladung den Explosionsraum ausfullt, heisst Ladungsdichtigkeit; bei vollstandiger Ausfiillung des Explosionsraumes ist die Ladungs- dichtigkeit. = 1, diese bildet daher die Bedingung fur das Auftreten der absoluten Spannkraft. Bei jeder anderen Ladungsdichtigkeit ■< 1 ist die Spannung kleiner als die absolute und wird relative Spann¬ kraft genannt. Bezeichnet P 0 die absolute Spannkraft eines Pra¬ parates vom Gewichte (? 0 , welches den Explosionsraum V 0 ganzlich ausfullt, so ist die einem anderen Explosionsraume V > V 0 ent¬ sprechende relative Spannkraft P desselben Praparates nach dem Ma- V riotte’schen Gesetze P—P 0 Die Ladungsdichtigkeit ist im ersteren Falle Z> 0 = hn letzteren D = daher ist !/’ = ^ und P=P„~ oder mit D 0 = 1, P = DP a ; derselbe Wert fur die relative Spann¬ kraft ergibt sich auch, wenn eine andere Menge G desselben Pra- G parates im Raume F 0 verbrennt und = D ist, oder wenn iiber- haupt eine beliebige Praparatmenge in einem solchen Raume ver¬ brennt, dass die Ladungsdichtigkeit = D ist. Fur eine andere Ladungsdichtigkeit D' ist die Spannkraft P' — D'P 0 , daher besteht das Verhaltniss P': P— D' :D, d. h. bei einem und demselben Praparat folgt jede relative Spannkraft aus der absoluten durch Multiplication der letzteren mit der Ladungsdichtigkeit, und die Spannkriifte jedes Praparates verhalten sich so, wie die beziiglichen Ladungsdichtigkeiten. Diese einfache Relation zwischen den Explosionsraumen und den ihnen zukommenden Spannungen eines bestimmten Praparates gilt nur fiir verschiedene, von einander unabhangige Explosionen, welche in geschlossenen Gefassen von unveranderlichem Raum- inhalte vor sich gehen, wobei ein Verlust an entbundener Warme nicht stattflndet. Tritt jedoch nach der in einem Gefasse vom Raum- inhalte v 0 vor sich gegangenen Explosion, welche die Gasspannung p 0 erzeugt, eine Erweiterung des Raumes dadurch ein, dass das Gas einen das Gefass abschliessenden Stempel verschiebt, was (nach dem 6 in 3,) Gesagt.en) einen Verlust an Warme involvirt, so erfolgt. eine grbssere Abnahme der Gasspannung, als sie sich nach dem Ma- riotte’schen Gesetz ergeben wiirde. Der Zusammenhang zwischen der Gasspannung p im erweiterten Raume v und der Spannung p n im Explosionsraume v 0 ist dann unter der Voraussetzung, dass die Explosion nur Gase (ohne Riickstand) liefert, folgender: Bedeutet c die specifische Warme der beziiglichen Gase bei constantem Vo- lumen und c' die specifische Warme bei consl antem Drucke, und wird — k gesetzt, so ist p = p 0 ( 0 j (Poisson’sches oder potencirtes Mariotte’sches Gesetz). Liefert z. It. 1 hjg eines bestimmten Praparates vom specifiscben Gewichte = 1 in einem geschlossenen Gefasse vom Rauminhalte = 1 0 — DdP n m ; setzt. man I)d — D a \ so ist P — D (1 )P a (t K P> ( ‘) bedeutet sodann die Ladungsdiehtigkeit, bezogen auf die Pra- paratdichte = 1, d. h. das Verhaltniss des Praparatgewichf.es in Kilo- gramm zum Volumen des Explosionsraumes in Cubikdecimeter, stellt daher die einfachst.e Beziehung zwischen diesen beiden Facl.oren dai’. 7 Das Beispiel eines Praparates, dessen Dichte verschieden sein kann, bietet das Schiesspulver, welches grosstentheils in Kornerform angewendet wird. Die fur den Rauminhalt, welchen ein bestimmtes Gewicht des Pulvers ausfullt, mass- gebende Dichte, die gravimetrische Oder cubisclie Dichte, ist nicht allein von der Dichte des einzelnen Kornes (Korndichte), sonderen auch von der Grosse und Form der Korner abhangig, weil dadurch die zwischen den Kornern entstehen- den Zwischenraume bedingt werden. Die gravimetrische Dichte unterliegt daher selbst bei unveranderter Korndichte grossen Verschiedenheiten und erreicht ihr Maximum , wenn die Zwischenraume zwischen den Kornern vers'chwinden, d. h. wenn die ganze Pulvermasse aus einem einzigen Korn (Pulverkuchen) besteht, wobei die gravimetrische mit der Korndichte zusammenfallt. Aber auch der Pulverkuchen kann verschiedene Dichten haben, je nach der Pressung, welche bei der Herstellung desselben angewendet wurde und welche niemals so weit gehen kann, dass die Massentheilchen ohne Zwischenraume (Poren) voll- kommen dicht aneinander liegen. Denkt man sich die Poren ausgeschlossen, so wurde dies die absolute oder Massendichte des Pulvers geben. Nach Vorstehendem hat bei jedem Praparat das Auftreten einer bestimmten Spannung im unveranderlichen Explosionsraume nur eine bestimmte Ladungs- dichtigkeit zur Bedingung, ohne Rticksicht, wie gross die Menge des verbrennenden Praparates an sich ist. So wurde beispielsweise 1 eines Praparates vom specifischen Gewichte — 1 in einem Gefasse vom Rauminhalte = 1 eben- sogut die dem Praparat eigenthumliche absolute Spannkraft produciren, als 10 desselben Praparates in einem Gefasse vom Rauminhalte = 10 O d jm- — Bemerkenswerth ist der Einfluss des Riickstandes auf die soeben erorterten Factoren des Gasdruckes und somit indirect auf die Gasspannung selbst, Der in fester oder fliissiger Form erschei- nende Rtickstand nimmt, an der Temperatursteigerung der Verbren- nungsproducte theil und entzieht daher den Gasen einen Theil der bei der Verbrennung frei werdenden Warme, so dass die Temperatur der Gase nicht in demselben Grade gesteigert wird, als dies ohne Vorhandensein des Riickstandes geschehen wurde. Der Riickstand bewirkt, deshalb und weil er direct, an der Druckbildung keinen Anlheil hat, eine Verminderung des Gasdruckes. Da aber der Riickstand einen Theil des Ausdehnungsraumes ausfullt, so verursacht er indirect wieder eine Ver grosser ung des Gasdruckes. Ebenso vermehrt der Riickstand, im Falle er gleich den Gasen durch cbemische Reaction entstanden ist, die Warmemenge, ersetzt daher theilweise die den Gasen entzogene Warme. Erscheint der Riickstand bei der im Explosionsraume herrschen- den hohen Temperatur in Dampfform, so verschwindet der Einfluss desselben auf den Ausbreitungsraum ; hingegen tritt nun der Dampf des Riickstandes zu den entbundenen permanenten Gasen hinzu, ver- 8 mehrt somit die Gasmenge und modificirt das durchschnitt.liche spe¬ cifische Gewicht des Gasgeraisches. In diesem Falle steht das Pra- parat unter denselben Bedingungen, als ob eine vollstandige Dis¬ sociation stattgefunden hatte. Fasst man alles Vorstehende zusammen, so geschieht die Be- rechnung der Gasspannung, welche sich bei einer Explosion ergibt, auf folgende Art: a) Bei volls tan diger Dissociation (eventueller Riickstand in Dampfform), wenn die Explosion in einem geschlossenen Gefasse stattfindet. Bezeichnet G das absolute, d das specifische Gewicht des Praparates, D die Ladungsdichtigkeit, d l das durchschnittliche specifische Gewicht des Gas- (und Dampf-) Gemisches, so ist das Vo- Gr lumen des Explosionsraumes V = - -,, das Volumen des Gases bei J)d G 0° C. und der Spannung = 1 Atm. V. = , • d i ’ plosionsraume herrschende Temperatur = T, nung in Atm.: P=(l + aT) y 1 sei ferner die im Ex- so folgt die Gasspan- Geschieht nach der Explosion eine Erweiterung des Raumes auf das Volumen v, wozu der Abschluss des Gefasses (Stempel) durch das Gas verschoben werden muss, so ist die dem Volumen v ent- sprechende Gasspannung ^ ^ VV c ' worin k c die specifische Warme der Gase bei constaiit.em Vo¬ lumen, c dieselbe bei constantem Drucke bedeutet. /?) Bei unvollstandiger Dissociation (Riickstand in fester oder fliissiger Form). Bezeichnen G i und G :l die absoluten, d l und d ti G G die specifischen Gewichte, F, — und F 8 = die Volumina be- Cly Cl ^ ziehungsweise der Gase und des Riickstandes bei 0° G. und der Spannung von 1 Atm., so ist bei der Explosion im geschlossenen Gefasse der Ausbreit.ungsraum der Gase V —• V a und die Gasspannung r- = (i + «i’) T iL Bei Erweiterung des Raumes nach der Explosion beeinflusst der Riickstand das Verhaltniss zwischen der Spannung im urspriing- lichen Ausbreitungsraume V — F 2 und im erweiterten Raiime v — F a , indem eine Ausgleichung der Temperatur der Gase und des Riick- - 9 standes stattfindet, wobei der letztere den Warmeverlnst der Gase theilweise ersetzt. Hiedurch erhalt. der Exponent, k des Poisson’schen C' Gesetzes eine etwas andere Bedeutung; es ist namlich k = C zu setzen, wo C und C' die durchschnittliche specifische Warme alter Verbrennungsproducte iiberhaupt (Gase und Riickstand) bei constan¬ tem Volumen und bei constantem Drucke bezeichnen. Insoferne die specifische Warme der den Gasen beigemischten festen Korper (hier des Ruckstandes) von dem Umstande, ob die Gase unter constantem Volumen oder unter constantem Drucke stehen, unbeeinflusst, betrachtet werden kann und = c, angenommen wird, ist C = und c = gi /+ g j c. G /. __ ^D c H~ ^>i c i GyC GjCj G daher c 4~ G^ i G 2 + t‘ Die demnach dem erweitert.en Raume v entsprechende Gasspannung ist V — V\ k , v »\ k = ' \~- vj Den Einfluss des Riickstandes auf die Gasspannung moge folgendes Bei- spiel darthun. Bei der Verbrennung von 1 hjg eines Praparates vom specifischen Gewichte d = 1 betrage das Gewicht des festen Ruckstandes G 2 = 0'3 das specifische Gewicht der Gase sei d l = O'001, jenes des Ruckstandes aber d 2 = 0-6; die Explosion erfolge in einem geschlossenen Gefasse, welches durch das Praparat ganzlich ausgefullt wird (.0 = 1 ); die frei werdende Warme ent- spreche 300 Warme - Einheiten (Calorien) auf jede Gewichtseinheit der entbun- denen Gase und 250 Cal. auf die Gewichtseinheit des Ruckstandes; die speci¬ fische Warme der Gase bei constantem Volumen sei c = 0'2, jene des Ruck¬ standes Cj = O'4. — Wurden sich nur Gase von den obigen Eigenschaften bilden, so ware das Gewicht derselben = 1 und das Volumen (bei 0° C. und der Spannung = 1) V t = 1000 O^m, i der Expansionsraum wurde V = 1 O't. die frei werdende Warme 300 Calorien, die Temperatur der Gase also 0 , 2 = 1500° und die Spannung P = (l + V'.’J') 1000 = 6493 Atm. belragen. Infolge des Ruckstandes vermindert sich das Gewicht der Gase auf G x = 0-7 hfg\ das Volumen auf V t = 700 O d Li hingegen nimmt der Ruckstand G das Volumen V„ = - 2 = = 0 ■ 5 ein und vermindert daher den Expan- d 2 sionsraum auf K—F" s "= 0'5 O d lm- Die frei werdende Warme betragt 285 Ca¬ lorien, die Warme, welche zur Erholiung der Temperatur des ganzen Gemisches (Gase und Ruckstand) um 1° C. erforderlich ist, 0'7 x0'2 + 0'3x0'4 = 0'26 Calorien, daher die gesteigerte Temperatur 0 “| = 1096° und die Gasspannung P 1 = (l 4 - h^t) ~ = 7022 Atmospharen. 10 Tritt nach der Explosion eine Erweiterung desRaumes auf v = 2 (X, ein und betragt die specifische Warme der Gase bei constantem Drucke c'= O'28, so ist c* unter der Voraussetzung der vollstandigen Dissociation k = — = 1-4 und die dem erweitertenRaume v entsprechende Gasspannungp = 6493(-h) 1 ' ! ‘=0'379 X 6493 = = 2460 Atm. Bei Beriicksichtigung des Riickstandes ist k = 1 • 215 und die dem Raume v = 2 entsprechende Spannung p‘ = 7022(~y ,_1 '’ = 1880 Atm. — Die Einschliessungswande des Explosionsraumes, mit welchen die gliihen- den Explosionsproducte in Beriihrung treten, entziehen diesen letzteren Warme, wodurch eine Verminderung der Temperatur und Gasspannung eintritt; jedoch ist cliese Warme-Ableitung bei der iiberaus kurzen Zeit, welche die Explosion in Anspruch nimmt, in den meisten Fallen so gering, dass sie ausser Betracht gelassen werden kann. Wenn dennoch bei den Rohren der Feuerwaffen eine nicht unbedeutende Erwarmung stattfindet, so scheint die Ursache derselben weniger in der abgeleitelen Warme der Explosionsproducte, als vielmehr in den Erschutterungen und molecularen Veranderungen, welche in Warme umgesetzt werden, zu liegen. Im Vorangegangenen wurde unter »Gasdruck« oder »Gasspan- nung« stets der Druck auf die Flacheneinheit verstanden und dem entsprechend in Atmosphiiren ausgedruckt. Fiir die Wirkung, welche die durch Explosion enlwickelten Gase unter bestimmten Umstanden hervorbringen, ist ausser der in Atmospharen ausgedriickten Gasspannung die Grosse der Flache massgebend, welche den Druck aufnimmt; hierin tritt der Unterschied zwisehen den grossen und kleinen Ladungen eines und desselben Praparates hervor. Verhrennen z. B. zwei verschieden grosse Ladungen in ahnlichen cylindrischen Gefassen, welche sie in gleicher Weise ausfiillen (gleiche Ladungs- dichtigkeit), so werden sich allerdings (wenn von dem Warmeverlust durch Ableitung der Gefasswande ahgesehen wird) in beiden Fallen gleiche Gasspannungen ergeben, jedoch wird der Druck auf einen den Cylinder einerseits abschliessenden Stempel, falls dieser fort- bewegt werden soil, daher auch die in dieser Bewegung zum Aus- druck kommende Wirkung verschieden sein, weil der Stempel im grosseren Gefasse dem Gasdrucke eine grossere Flache darbietet, als jener im kleineren Gefasse. Bezeichnet f die Flache des' Stempels (Querschnittsflache des Cylinders) in Quadrat-Centimetern, p die Gas¬ spannung in Atmosphiiren, so betragt, nachdem eine Atmosphare dem Drucke von 1'03 % auf 1\Z\% entspricht, der tot.ale Druck auf den Stempel l - 03 fp; fiir eine in Quadrat-Decimetern angegebene Flache ist der Druck 103 fp etc. Die totale Arbeit der Explosion, d. b. diejenige Kraftleistung, welche die entbundenen Gase zu verrichlen vermogen, ist rmr von 11 der bei der Explosion frei werdenden Warmemenge abhangig; auf sie haben die Factoren, welche die Gasspannung bedingen,* keinen Einfluss. Es besteht demnach zwischen der Grosse dieser Arbeit, und der Gasspannung kein direct,er, einfacher Zusammenhang; dieletztere bildet nur die Vermittlung, durch welche die im Priiparate let.al ent- haltene und infolge der Explosion frei gewordene Arbeit auf die das Praparat umgebenden Gegenstande iibertragen wird. Bezeichnet W die Warmemenge, welche Eine Gewiehtseinheit. (1 hjg) des explodirenden Praparat.es liefert, J die einer Warmeeinheit (Calorie) entsprechende Arbeit (424 */%), so ist a = WJ die specifische Arbeit des Pra- parates; ist ferner G das Gewicht der Praparatladung, so betragt. die totale Arbeit der Explosion A = G WJ. Das Verhaltniss derjenigen Arbeit A', welche unter bestimmten Verhaltnissen durch Vermittlung des Gasdruckes in der beabsichtigten Wirkung zum Ausdrucke kommt (Nutzarbeit), zu der totalen Arbeit A wird als Ausnutzungs- Quotient der Praparatladung bezeichnet. b) Ermittlung der Factoren des Gasdruckes. Aus den anderweitig festgestellten Gesetzen der chemischen Ver- wandtschaft der in einem bestimmten Praparate enthaltenen Stoffe lasst sich hypotbetisch ein Schema fur die Vorgange w&hrend der Explosion aufstellen, aus welchem sich die ehemische Zusammen- setzung der gasformigen Producte und des Ruckstandes ergibt. Dies fuhrt dann (vorausgesetzt, dass die in Frage stehenden Producte experimented erforscht. und in ihren hieher einschlagigen Verhaltnissen genau bekannt. sind) durch einfache Rechnung, also auf rein theore- tischem Wege, zur Kenntniss der absoluten und specifischenGewichte' der Explosionsgase und des Ruckstandes (erster und zweit.er Factor), sowie der bei der Explosion frei werdenden Warmemenge und der durch dieselbe herbeigefiihrten St.eigerung der Temperatur der Pro- duete (drifter Factor), woraus mil. Hilfe des als Basis angenommenen Inhalt.es des Explosionsraumes (vierter Factor) die Gasspannung folgt. Die Bestimmung der bei der Explosion frei werdenden Warme¬ menge und der Temperatur der Explosionsproducte geschieht auf folgende Art,: Die Bildung dieser Producte ist im Wesentlichen das Resultat eines Verbrennungs pro cesses, bei welchem ein Theil der ein- * Insoferne sie nicht etwa die ehemische Reaction selbst alteriren. 12 facheren Verbindungen oder auch Elemente, in die das Praparat, im ersten Explosionsstadium zerfallt, als Verbrenner, ein anderer Theil als Verbrennungsmittel auftritt. Bezeichnet man die Gewichte der Verbrenner mit m l m 2 m 3 . und die Warmemengen, welche eine Gewichtseinheit der Verbrenner bei der Verbrennung liefert, beziehungsweise mit w 1 w (2 w 3 ., so betragt die ganze durch die Verbrennung frei werdende Warmemenge, totale Verbrennungswarme, Smw = m i w 1 w 2 -\-m 3 w 3 -|-.... Diese Warme wird aber nicht ganzlich bei der Explosion frei werden, denn die Zersetzung der Bestandtheile des Praparates erfordert eine bestimmte Arbeit, welche von der Verbrennungswarme geleistet werden muss; hiedurch gehl; ein Theil der Verbrennungs¬ warme verloren und es wird nur der Ueberschuss derselben zur Erhohung der Temperatur der Verbrennungsproducte verwendet,. Die zur Zersetzung erforderliche Warmemenge, welche Zerselzungs- warme genannt werden soil, bestimmt sich folgendermassen: Be- zeichnet man mit ft, u 3 . die Gewichte der zu zersetzenden Bestandtheile des Praparates und mil (o t co, 2 io 3 . die beziehungs¬ weise bei der Zersetzung einer Gewichtseinheit. derselben absorbirte Warmemenge, so ist die totale Zersetzungswarme A'/iw = fijWj -\- ,u , 2 -f- ft 3 w 3 + • • • Die durch die Explosion wirklich frei werdende Warmemenge, die eigentliche Ex plosions war me, ist demnach 2mw — 2'i.wj. Be- deutet G das Gewicht des Praparates, W die bei der Explosion einer Gewichtseinheit desselben frei werdende Warmemenge — die redu- cirte oder specifische Warmemenge des Praparates —, so ist GW = 2mw — 2’poj, daher TJT Smw — ~imo = G oder wenn G = 1 ist, d. h. wenn die Berechnung auf eine Gewichts¬ einheit des Praparates basirt wird, W — hnw — -hw. Bedeutet ferner C die durchschnittliche specifische Warme der Verbrennungsproducte bei constantem Volumen, so ist GC die Warme¬ menge, welche nothwendig ist, um die Temperatur dieser Producte um 1° C. zu steigern; die Temperatur t, auf welche die Verbren¬ nungsproducte bei der Explosion in gesohlossenen Gefassen gebracht werden, ist also t = GW _ ~GC W C ’ Sind n 3 die Gewichte der einzelnen Verbrennungsproducte, deren Sum me = 6r, s a s 3 ... die 13 specifischen Warmen derselben bei constantem Volumen, so ist GC — 2ns = n l s 1 -[- -)- n 3 s 3 -, daher ist 2mw — 2 uo) ^ 2ns Diese Temperatur heisst Verbrennungstemperatur des Pra- parates, wahrend die Temperatur, auf welche das Praparat selbst gebracht werden muss, damit die Zersetzung erfolge, Entziindungs- temperatur* genannt wird. Die durchschnittliche specifische Warme der Verbrennungs- producte bei constantem Drucke C' folgt aus GC' — 2ns' = » 1 s' 1 -j- -\- W 8 S '* 4~ n 3 s' 3 ..wo s'js'^s'j ... die specifischen Warmen der einzelnen Verbrennungsproducte bei constantem Drucke bezeichnen; der Exponent k des Poisson’schen Gesetzes ist demnach k = ~ — . C 2ns Als Beispiel sei das bekannte hypothetische Zersetzungsschema des Schiess- pulvers: 2 KN0 3 + S + 3 C — 3 C 0, + 2JV + K 2 S angenommen. Entsprechend den Atomgewichten K = 39, N — 14, 0 = 16, S = 32 und C = 12 ist die Zu- sammensetzung des Pulvers 2 K= 78 Gthle. 2JV = 28 » 60 = 96 » 32 » 3 C = 36 » zusammen 270 Gthle., und das Gewichtsverhaltniss der Verbrennungsproducte 3C0 2 = 132 Gthle. 2N " = 28 » K 2 S = 110 » zusammen 270 Gthle., folglich ist das Gewicht der gasformigen Producte 3 C0 2 + 2JV = 160 und jenes des Ruckstandes K 2 S = 110 Oder bei der Explosion von 1 h\g Pulver 0-593 % Gase und 0-407 % Ruekstand. In den Gasen sind 0-489 % Kohlendioxyd und 0-104% Stickstoff; das specifische Gewicht des ersteren Gases, bezogen auf die atmospharische Luft, ist 1-52, die des letzleren 0-97; das specifische Gewicht der Luft, bezogen aufWasser, zu 0-0013 angenommen, ist somit das specifische Gewicht der Gase, beziehungsweise 0-00197 und 0-00126. * Die Entziindungstemperatur ist in der Verbrennungstemperatur mit in- begriffen; die Warmemenge, welche das Praparat bis zu dem Momente in sich aufnimmt, wo die Zersetzung wirklich eintritt, die Entziindungswarme, ist grosser, als die eigentliche Zersetzungswarme; der Ueberschuss ist eben jene Warme, welche das Praparat bis zur Entziindungstemperatur erhitzt. 14 Das Volumen des Kohlendioxyds bei 0° Temparatur und der Spannung von einer Atmosphare ist demnach 248-2 und jenes des Stickstoffes 82'5 0°%n.> zusammen 330-7 O 1 ^ Die Verbrennungswarme wird durch Verbindung von 0-133% Kohlenstoff mit Sauerstoff und von 0 ■ 289 % Kalium mit Schwefel geliefert, es ist demnach m 1 — 0-133 % und m 2 = 0-289 %; die Warmemengen bei der Verbrennung einer Gewichtseinheit dieser Stoffe sind beziehungsweise w, = 8080 und w 2 = 1315 Ca- lorien. Die totale Verbrennungswarme betragt demnach Zmw = 1455 Calo- rien. Von den Bestandtheilen des Priiparates wird nur der Salpeter zersetzt; das Gewicht desselben ist f.i t = 0-748 %. und wenn man co l — 1173 Calorien annimmt, so betragt die Zersetzungswarme — 877 Calorien. Als eigentliche Explosionswarme bleibt W = Z mw — Z!- 1 co = 578 Calorien iibrig. Die Gewichte der Verbrennungsproducte sind: n i (C0 2 ) = 0-489 %, w 2 (_N) = 0-104%, n 3 (K 2 S) = 0-407 % und die specifischen Warmen bei con- stantem Volumen, beziehungsweise^ == 0-1662, s 2 = 0-1742, s 3 = 0-1081, daher n 1 s, = 0-0813, « 2 s 2 — 0-0181, n 3 s 3 = 0-0440 und C = Z lls = O' 1434Cal. Mit diesen Zahlen findet man die Temperatur der Verbrennungsproducte im un- veranderlichen Explosionsraume: t = = 4030°. Das specifische Gewicht des Kaliumsulfids kann mit 2-2 angenommen werden, daher ist das Volumen des Riickstandes = 0-185 O^- Nimmt man fur das Pulver die gravimetrische Dichte = 1 und die Ladungsdichtigkeit = 1 an, so fiillt 1 % desselben den Raum von 1 aus, und es bleibt nach Ab- schlag des Volums des Riickstandes als Expansionsraum der Gase 0-815 0%i iibrig; in diesem Raume hat das Gas die Spannung Po m = 555 (! + w) = 15'762 ^| = 6400 Atm. Dies ist die theoretische »Absolutspannung« schlechtweg des Schiess- pulvers. Fiir die gravimetrische Dichte tf = l'4 ist das Volumen des von 1 % Pulver vollstandig ausgefiillten Explosionsraumes V 0 = 0 ■ 714 O d U un< l der Ex¬ pansionsraum der Gase V 0 — V 2 = 0-529 daher betragt die dieser Dichte entsprechende absolute Spannkraft P 0 ( d ) = 15 ■ 762 ~~ = 9850 Atrn. Fur die Ladungsdichtigkeit D = 0-75 des Pul vers von der Dichte 1-4 findet man V — 0-952 0%n v — F 2 — O'767 Otyni daher die Relativspannung P= 15-762 ^ = 6790 Atm. O’767 Zur Bestimmung des fur das Pulver geltenden Exponenten k des Poisson- schen Gesetzes hat man die specifische Warme bei constantem Drucke: fur das Kohlendioxyd s', =0-2169 und fiir den Stickstoff s' 2 = 0-2438, daher C‘ — = n l s\ + » 2 s' 2 + n 3 s 3 = 0-17534, somit ist k — = 1-223. Unterder Vor- aussetzung: Pulverdichte = 1, Ladungsdichtigkeit = 1 betragt im Explosions¬ raume vom Volumen =104 (Expansionsraum der Gase = 0-815 CHJ die Gasspannung 6400 Atm., bei Erweiterung des Raumes auf v = 5 Q<%, (Ex¬ pansionsraum = 4-815 O^fei) sinkt die Gasspannung auf p = 6400 (^) i m = 729 Atm. 15 Die specifische Arbeit des explodirenden Sehiesspulvers ware theoretisch, da W= 578 Calorien ist, WJ= 245072 ™/%- Die Resultate der auf ein hypothetisches Zersetzungsschema basirten Bereehnungen haben insoferne einen Werth, als sie iiber die Leistungsfahigkeit eines Praparates im Allgemeinen oder iiber das Verhaltniss mebrerer Praparate zu einander einen ungefahren Auf- schluss geben. Sie konnen jedoch in concreten Fallen nicht sofort, als richtig und unumstosslich gelten, und zwar aus folgenden Griinden: 1. ) Weicht in der Wirklichkeit haufig die Zusammensetzung des Praparates von der hypothetischen ab, wodurch sich auch die Zersetzungsproducte anders, als supponirt wurde, ergeben. 2. ) Selbst, bei einer der theoretischen ganz gleichen Zusammen¬ setzung des Praparates konnen sich andere Verbrennungsproducte ergeben, als hypothetiseh angenommen wurde, sei es, dass eine un- vollstandige Zersetzung der Bestandtheile des Praparates eintritt, oder dass die chemischen Affmitaten giinzlich oder theilweise anders als vorausgesetzt spielen, was bei der kurzen Zeitdauer des Processes und der im Explosionsraume herrschenden hohen Temperatur und Gasspannung wol denkbar erscheint. Hiedurch werden sowol das theoretisch aufgestellte Verhaltniss zwischen dem Gewichte der Gase und jenem des Biickstandes (Gasmenge), als auch das specifische Ge- wicht des Gasgemisch.es, die Zersetzungs- und Verbrennungswarme, somit auch die Temperalur der Producte, schliesslich auch der Raum- inhalt des Ruckstandes, folglich sammtliche Factoren der Gasspan¬ nung alterirt. 3. ) Der Aggregatzustand und das specifische Gewicht des Ruck¬ standes, welche fur den Ausbreitungsraum des Gases von grosser Bedeutung sind, konnen Veriinderungen unterworfen sein, welche mil. der im Explosionsraume herrschenden Temperatur und den Schwan- kungen derselben im Zusammenhange stehen. Ebenso ist auch der durch die Umschliessungswiinde verursachte Warmeverlust von der Temperatur der Verbrennungsproducte und von den ausseren Um- standen, unter welchen die Explosion stattfmdet, abhiingig. 4. ) Es ist zweifelhaft., ob die Formeln (Gay-Lussac’sches, Poisson- sches Gesetz) und Constanten (a im Gay-Lussac’schen Gesetz, die Zer¬ setzungs- und Verbrennungs-Wiinnemengen der in Frage kommenden Stoffe, die specifischen Wiirmen etc.), welche bei verhaltnissmassig geringen Temperaturen und Gasspannungen festgestellt wurden, auch 16 fur die hier auftretenden ungewohnlich hohen Temperaturen und Gasspannungen voile Geltung haben. Was speciell die specifische Warme anbelangt, so kann dieselbe bei Gasen als von der Temperatur unabhangig angesehen werden, wahrend die specifische Warme der festen Korper mit der Temperatur zunimmt. Um fur die Berechnung der Gasspannung eines bestimmten Praparates moglichst verlassliche Daten zu gewinnen, mussten die oben angefiihrten Factoren auf direct experiment alem Wege ermittelt werden. Die chemische Analyse des Praparates und der Verbrennungs- producte, verbunden mit entsprechenden Dichte-Bestimmungen, liefert die Zusammensetzung und Dichte als Charakteristik des Praparates, fur welches die Berechnung gilt, ferner die Zusammensetzung, die Menge und die Dichte des Gases und des Riickstandes. Jedoch bieten die Untersuchungen liber die Verbrennungsproducte nicht den wun- schenswerthen Grad von Verlasslichkeit, da dieselben bei der hohen Temperatur gleich nach der Explosion schwierig oder gar nicht durch- zufuhren sind, beim Erkalten der Producte aber hochst wahrscheinlich chemische Veranderungen derselben eintreten. ZurErmittlung derExplosionswarme wird das calorimetrische Verfahren eingeschlagen. Dieses besteht darin, dass die Explosion in einem geschlossenen, in Fliissigkeit eingetauchten Gefasse eingeleitet und die Temperatur gemessen wird, auf welche alle an der Tempe- raturserhohung durch die entbundene Warme theilnehmenden Gegen- stande, als: Verbrennungsproducte des Praparates, Explosionsgefass, Fliissigkeit, Flussigkeitsgefass, Thermometer etc., gebracht wurden; — wenn die Gewichte und die specifischen Warmen dieser Gegenstiinde bekannt sind, so ergibt sich aus der gemessenen Temperatursteige- rung die durch die Explosion gelieferte Warmemenge. Sind namlich «j a a a 3 .... die Gewichte, b l b 2 b 3 ... . die specifischen Warmen der Verbrennungsproducte, * beziehungsweise des Explosionsgefasses und der tibrigen an der Temperaturserhbhung theilnehmenden Gegen- stande, ist ferner t 0 der Stand des Thermometers vor der Explosion, t derselbe nach der Explosion, wenn die Ausgleichung der Tempe¬ ratur in alien Theilen stattgefunden hat (der hochste beobachtete * Die specifische Warme der Verbrennungsproducte kann allerdings, strenge genommen, nicht als bekannt vorausgesetzt werden, jedoch gentigt eine annithernd richtige Annahme fiir dieselbe, wenn das Experiment derart angeordnet wird, dass das Gewicht der iibrigen Gegenstande jenes des explodirenden Praparates um ein sehr Betrachtliches uberwiegt. 17 Thermometerstand in dem Momente, wo derselbe infolge der Warme- ableitung durch die Luft zu fallen beginnt), so betragt die bei der Explosion enlbundene Warmemenge (t — t 0 )2'ab. Hiebei ist Folgendes zu beriicksichtigen: Die Zerselzung der Bestandtheile des Praparat.es ist ein der eigentlichen Verbrennung vorhergangiger Process; es ist daher praktisch unmoglich, dass die Verbrennungswarme die Zerselzung in der ganzen Masse des Pra- parates bewirkt, sondern es muss die chemische Reaction in dem explodirenden Praparate dadurch eingeleitet werden, dass ein Theil des Praparates durch von aussen zugefiihrte Warme zersetzt wird. Dies geschiehl. durch die Einwirkung eines Entzundungsmittels. Da die in dem Entzundungsmittel zugefiihrte Warmemenge an der Temperaturserhohung part.icipirt, so stellt die auf vorstehende Art ermittelte Warmemenge nicht genau die Explosionswarme des Pra¬ parates dar; um daher diese letztere fur sich allein zu erhalten, muss die vom Entzundungsmittel gelieferte Warme selbstandig ermittelt und von der, auf Grund der Temperaturserhohung bestimmten Gesamml- warme in Abschlag gebracht werden. Wird dies ausseracht gelassen, so wird die Explosionswarme des Praparates zu hoch geschatzt, daher irrthiimlich der Leistungs- fiihigkeit des Praparates zugeschrieben, was das Product des Zusammen- wirkens zweier Ursachen: der Explosionswarme des Praparates und der Warme des Entzundungsmittels, ist. Nachdem bei der praktischen Verwendung der explosiven Prii- parate die Anwendung von Entziindungsmitteln unerlasslich ist, so muss der Einfluss des Entzundungsmittels auf die Gasspannung noeli nither erortert werden. Je nach der Menge der vom Entzundungs¬ mittel geliefert.en Warme wird diese einen grosseren oder kleineren Theil der totalen Zersetzungsarbeit verrichten, daher wird in jedem Falle ein die Explosionswarme des Praparates iibersteigender Theil der lolalen Verbrennungswarme zur Erhohung der Temperatur der Veibrennungsi)roduct.e verwendbar bleiben, wodurch diese Temperatur und folglich. auch die Gasspannung liber das dem Praparate als solchem und den Umstanden der Explosion eigenthumliehe Mass gesteigert, wird. 1st die Warme (Arbeit) des Entzundungsmittels sehr gering gegen die totale Zersetzungswarme des Praparates, so wird dieselbe ausser Betracht gelassen und die Gasspannung als blosses Product der Explosionswarme angesehen werden konnen. Nimmt man jedoch an, dass das Entzundungsmittel so viel Warme an das Praparat 2 18 abgibt, urn die vollstandige Zersetzung desselben zu bewirken, ohne dass hiezu etwas von der Verbrennungswarme des Praparates selbst in Anspruch genommen wird, so wird fur die Temperatur der Ver- brennungsproducte die totale Verbrennungswarme* massgebend, daher die Gasspannung eine weitaus grossere sein. Die in der Wirklichkeit vorkommenden Gasspannungen werden sich zwischen diesen beiden Extremen bewegen. Ob sich die effective Gasspannung in einem concreten Falle mehr dem einen oder dem anderen dieser Extreme nahert., wird von dem Verhiiltnisse der Warme des Entziindungsmittels zur Zersetzungs- warme des expiodirenden Praparates abhiingen. Eine und dieselbe Warme (Starke der Einwirkung) des Entziindungsmittels vorausgesetzt, wird sich die effective Spannung um so mehr von der dem expiodi¬ renden Praparate eigenthiimlichen entfernen, je kleiner die Quantitat des letzteren ist. c) Zeitdauer der Entziindung und Verbrennung. Die Entziindung des Praparates wird in der Regel dadurch eingeleitet, dass ein kleiner Theil desselben durch die Einwirkung des Entziindungsmittels bis zur Entziindungstemperatur erhitzt und zersetzt wird; ** die durch Verbrennung dieses Priiparattheiles gelieferte Warmemenge wirkt als Entzundungswarme auf die nachst- gelegenen Theile, deren Verbrennungswarme wieder die Zersetzung der folgenden bewirkt, u. s. f. Die zuerst. entwickelten heissen Gase breiten sich namlich mit grosser Geschwindigkeit im Explosions- raume aus und geben die Wiirme an die freiliegenden Praparat- * Ja, mehr noch als diese, nachdem jener Theil der Wiirme des Entziin- dungsmittels, welcher die Temperatur des Praparates bis zum Entzundungspunkte steigert, hinzutritt. ** Tritt die Steigerung der Temperatur des Praparates bis zum Entzun¬ dungspunkte ohne absichtliehes Hinzuthun unter gewohnlichen Verhaltnissen durch naturliche Vorgange ein, sei es, dass die Entziindungstemperatur des Praparates innerhalb der fur gewhhnlich vorkommenden oder unter gewissen unabwendbaren Umstanden moglichen Temperatur der umgebenden Luft liegt, oder dass die beirn Transporte unvermeidlichen Stosse und Erschiitterungen, in Wiirme urngesetzt, die zur Entziindung erforderliche Wiirmemenge liefem, oder dass sich diese Warmemenge durch unter gewohnlichen Verhaltnissen eintretende chemische Ver- anderungen im Praparate selbst erzeugt etc., — so wird die solchergestalt ein- geleitete Explosion Selbstentziindung genannt. 19 theile, mit denen sie in Beriibrung kommen, ab, wodurch die Tem¬ perate!' und Spannung des anfanglichen Gasquantiims bedeutend sinkt; dafiir aber entwickelt sich dureh Zersetzung der weiter er- warmten Oberfiachentheile des Praparates neues Gas, welches sich mit dem anfanglichen mischt, dessen Temperatur wieder erhoht, so dass jetzt eine grossere Gasmenge von hoher Temperatur sich iiber die Oberflache des Praparates ausbreitet, auf welche Art sich die Entziindung iiber immer grossere Theile der freiliegenden Oberflache des Praparates erstreckt. Die Geschwindigkeit, mit welcher die Zer¬ setzung nacli der Oberflache der Praparatmasse fortschreitet, wird Entziindungsgeschwindigkeit genannt. Durch die Verbrennung der oberflachlichen Schichte wird die zunachsl. darunter liegende blossgelegt, so dass nun auch diese und nach der Verbrennung derselben die nachste u. s.'f. von der Zersetzung ergriffen wird. Gleichzeitig dringt das Gas auch in die Poren des Praparates ein; dieses Eindringen wird anfanglich, so lange das Gas- quantum seine Warme grosstentheils an noch unentziindete Ober¬ fiachentheile abgibt, daher der Gasdruck ein geringer ist, nur langsam, spater jedoch, wenn sich bereits eine grossere Gasmenge entwickelt hat, welche durch die Entziinduug der Oberfiachentheile nur wenig an Temperatur und Spannung verliert, immer rascher erfolgen. Sowol infolge des successive!!Verbrefinens blossgelegter Schichten (lagenweises Abbrennen), als auch durch das Eindringen des Gases in die Poren schreitet die Zersetzung (nach dem Durchmesser) in das Innere der Praparatmasse fort. Die Geschwindigkeit, mit welcher dieses geschieht, heisst Verbrennungsgeschwindigkeit. Selbstverstandlich ist dieEntzundungsgeschwindigkeit bedeutend grosser als die Verbrennungsgeschwindigkeit. Aus dieser Darstellung des Entziindungsprocesses ergibt sich, dass sowol die Entziindungs- als auch die Verbrennungsgeschwin¬ digkeit im Anfange am kleinsten ist und spater immer mehr zuneh- men wird; ferner dass mit dem Fortschreiten des Verbrennungs- processes der Theil der Verbrennungswarme, welcher zur Zersetzung der noch nicht brennenden Praparattheile aufgewendet werden muss, im Verhaltniss zu der im bereits entwickelten Gasquantum angesam- melten Warme stets kleiner, daher der zur Steigerung der Temperatur der Verbrennungsproducte verwendbare WarmeLiberschuss stets grosser wird; dass somit, wie die Gasmenge, so auch die Temperatur und infolge dessen die Spannung des Gases in fortwahrender Zunahme 2 * 20 begriffen sein und erst bei Beendigung des ganzen Verbrennungs- processes den ihr zukommenden vollen Werth erhalten wird. * Die Zeitdauer der Entzundung und Verbrennung hiingt im We- sentlichen ab: 1. ) Von der grosseren oder geringeren Entzundlichkeit des Pra- parates im Allgemeinen; diese isL vorziiglich von dem Verhaltnisse der Entzundungs- zu'r Verbrennungstemperatur abhangig: je kleiner die erstere und je grosser die letztere, desto rascher schreitet unter iibrigens gleiehen Umstanden die Zersetzung fort, desto kurzer wird daher die Zeit der Verbrennung. Weiters wird die Entzundlichkeit durch die Warmeleitungsfahigkeit. des Praparates beeinflusst., durch Abweichungen in der Zusammensetzung und den Feuchtigkeitsgehalt des Priiparates, sowie durch den Zustand der Oberflache (rauhe Ober¬ flache ent.zundlicher als glatte) wesentlich modificirt, 2. ) Von der Dichte des Praparates: Je grosser diese isl, desto langsamer erfolgt die Verbrennung, denn mit zunehmender Dichte werden die Poren ini Praparat verkleinert, daher das Eindringen des bereits entwickelten Gases in den noch nicht entzundelen Theil der Praparatmasse erschwert und verzogert. Das Maximum dieser Ver- zbgernng, daher das Maximum der Verbrennungsdauer, wurde sich ergeben, wenn das "Praparat ganz olme Poren (absolute Dichte) ware, da in diesem Falle das Gas gar nicht in das Innere des Praparates eindringen und das Fortschreiten der Verbrennung von der Ober¬ flache aus nur durch lagenweises Abbrennen stattfinden konnte. 3 ) Von der Grosse (Menge) und Form der Praparatmasse. Dass von zwei der Dichte und Form nach gleiehen Mengen desselben Praparates das grossere eine langere Zeit zur Verbrennung braucht, als das kleinere, ist wol selbstverstandlich; nicht so aber das Verhaltniss, in welchem die Verbrennungszeit mit der Grosse des Stuckes zunimmt. Denkt man sich zwei kugelformige Praparatstucke, das eine vom Radius = 1, das andere vom Radius = 2, deren Grossen (Gewichte, Volumina) sich demnach wie 1 : 8 ver- halten, so wiirde unter der Voraussetzung, dass bei beiden Stilcken die Ent- zundung momentan die ganze Oberflache ergriffen hat (oder dass die Ent- zundungszeiten verschwindend klein sind gegen die Verbrennungszeiten), und unter der weitereu Voraussetzung, dass in beiden Fallen in gleiehen Zeiten gleich dicke Kugelschalen abbrennen, d. h. dass die Verbrennung gleichmiissig linear in das Innere der Kugeln fortschreitet, dieachtmal grossere ICugel nur * Dies setzt voraus, dass wahrend der Verbrennung eine Erweiterung des Explosionsraumes nicht stattfindet, durch welche allerdings das Gesetz der steti- gen Zunahme der Temperatur und Spannung alterirt werden kann. Das Nahere hieriiber im vierten Abschnitt. 21 doppelt so viel Zeit zur Verbrennung benothigen, wie die kleinere. Diese Zu¬ nahme der Verbrennungszeit bei Zunahme des Volums ist als ein Minimum zu betrachten, welches in der Wirklichkeit kaum jemals eintritt, nachdem die fur dasselbe gemachten Voraussetzungen nicht genau zutreffen; denn es kann erst- lich die Zeit der oberflachlichen Entziindung, so klein sie auch gegen die eigentliche Verbrennungszeit sein mag, daher auch die Differenz der Entziindungs- zeiten bei den beiden Stricken, nicht ganz ausseracht gelassen werden, ferner geschieht das Fortschreiten der Verbrennung in das Innere des Stiickes nicht gleichmassig, sondern gegen den Mittelpunkt zu init zunehmender Geschwindig- keit, daher bei dem grosseren Stuck langsamer, als bei dem kleineren. Beide Ursachen bewirken eine grossere, als die doppelte Verbrennungsdauer fur das grossere Stuck. Das Maximum der Zunahme der Verbrennungszeit mit der Zu¬ nahme des Volums wiirde sich ergeben, wenn beide Stucke den gleichen Quer- schnitt hatten, also cylindrische oder prismatische Saulen bilden wiirden, deren Oberflache nur einseitig freiliegt. Wenn diese Saulen sehr dicht gepresst sind und unter einem unveranderlichen Gasdrucke stehen, so dass sie nur lagen- weise abbrennen konnen (festgeschlagene Ziindsatze), so wird die Verbrennungs¬ zeit im directen Verhaltnisse zur Siiulenlange stehen, daher die aehtmal grossere Saule auch die aehtmal grossere Verbrennungszeit beanspruchen. Um den Einfluss der Form darzuthun, sollen ein Gubus, eine Kugel und ein Cylinder von demselben Volum und der gleichen Dichte unter einander ver- glichen und angenommen werden, dass die Oberflachen aller Stucke momentan eritziindet werden und die Verbrennung gleichmassig lagenweise erfolgt. Setzt man das Volumen = 1 und bezeichnet mit a die Seite des Cubus, mit R den Radius der Kugel, mit r den Radius und mit h die Hohe des Cylinders, so ist die Zeit der vollstan'digen Verbrennung des Stiickes beim Cubus prop. bei der Kugel R, beim Cylinder r oder — (je nachdem r oder umgekehrt); aus 1 == a 3 = 3 _ = \Eh r = rhzh folgt |- = -f = 0-6, R = \j^ = 0-62, fur h = 2 r, |■ = r = 8 _ = * 2^ = fur h = 3 r, r = 0'47, fur h = 4r, r — 0'43, fur h - r, h 1 ~2 = O'34 etc. 4.) Von der Grosse des Explosionsraumes im Verhaltniss zum Volum des Praparates (Ladungsdichtigkeit): Je grosser der von dem Praparate nicht erfullte Theil des Explosionsraumes, desto mehr ver- liert, das Gas durch Ausbreitung in demselben an Temperatur und Spannung, desto mehr wird das Fortschreiten der Zersetzung ver- zogert, desto grosser wird demnach die Zeit der Verbrennung. Nach¬ dem beim Abnehmen der Ladungsdichtigkeit auch die Gasspannung abnimmt, so stehen in dieser Beziehung Gasspannung und Verbren¬ nungsdauer im Zusammenhang : grossere Gasspannung— kurzere Ver¬ brennungsdauer, kleinere Gasspannung — langere Verbrennungsdauer. 22 Die kleinste Zeit der Verbrennung wird in dem Falle statthaben, wenn das Praparat den Explosionsraum ganzlicb ausfiillt, dies ist auch die Bedingung der grossten — absoluten — Gasspannung; die liingste Verbrennungszeit hin- gegen ergibt sich, wenn das Praparat freiliegend (ohne Einschluss) verbrennt, so dass das Gas in die atmospharische Luft frei abfliessen kann; in diesem Falle hat das Gas die kleinste Spannung. 5.) Von der Starke der Einwirkung der Entziindungsursache, des Entziindungsmittels. Die sehwachste Entziindungsursache ist die Beruhrung eines gliihenden Korpers mit einem sehr kleinen Theile des Praparates, von welchem aus sich die Zersetzung zu den iibrigen Theilen des Praparates auf die eingangs beschriebene Weise fort- pflanzt; dies bedingt, unter tibrigens gleichen Umstanden die verhalt- nissmassig liingste Verbrennungsdauer. Die starkste Entziindungs- ursache wiire eine gleichmassige St.eigerung der Temperatur in der ganzen Praparatmasse bis zum Entziindungspunkte, so dass die Ex¬ plosion in alien Theilen des Praparates gleichzeitig erfolgen und die Verbrennungsdauer die denkbar kiirzeste sein miisste.* Die Zwischenstufen zwischen der schwachsten und der starksten Entziindungsursache werden durch jene Ursachen ausgefullt, welche entweder, wie Schlag, Stoss, Erschiitterung etc., bloss dynamisch oder, wie die explodirenden Entziindungsmittel (Initialexplosionen), sowol durch ihre Temperatur als auch dynamisch (erdchutternd) wir- ken: die erschutternde Wirkung ist nicht auf die unmittelbar an- gegriffene Entziindungsstelle beschrankt, sondern dringt auch (aller- dings in abnehmender Starke) in die Praparatmasse ein und ver- richtet hier einen Theil der Zersetzungsarbeit, welche sonst den aus dem Praparat ent.wickelten Gasen zukommen wtirde, wodurch nicht bloss die Zersetzung beschleunigt,, sondern auch ein geringerer Auf- wand an Verbrennungswiirme zur Zerselzung, daher eine grbssere Verbrennungsternperatur und Spannung verursacht wird. Dies wird in um so grosserem Grade der Fall sein, je starker die Initial- explosion ist. Die verschiedene Starke der Initialexplosionen ist geeignet, ein ganz ver- schiedenes Verhalten eines und desselben Praparates unter denselben Umstanden herbeizufiihren. So geschieht bei vielen Priiparaten, wenn sie often (ohne Ein- * Dies findet haufig bei Selbstentziindungen statt. — Nachdem in diesem Falle das Entziindungsmittel die ganze Zersetzungsarbeit besorgt, so ergibt sich nach dem unter b) im Schlussatze Gesagten zugleich die grosste Steigerung der Gasspannung, so dass auch in dieser Beziehung der kiirzesten Verbrennungsdauer die grosste effective Gasspannung entspricht. 23 — schluss) liegend durch eine schwache Initialexplosion oder durch Beriihrung mit ein.em gluhenden Gegenstande geziindet werden, ein blosses Verpuffen, Auf- flammen, ja ruhiges Abbrennen ohne Explosion, da, die Verbrennungsgeschwindig- keit, so klein ist, dass die fiber dem Praparate lagernde atmospharische Luft den sich entwickelnden Gasen rasch genug ausweichen und die Spannung der letzteren sich mit jener der Luft ausgleiehen kann; bei Entzundung durch eine sehr starke Initialexplosion (z. B, von Knallquecksilber) tritt auch im offenliegenden Pra- parat eine Explosion ein, da die Verbrennung (Gasentwicklung) so schnell erfolgt, dass die atmospharische Luft nicht so rasch ausweichen kann, daher gewisser- massen den Einsehluss des explodirenden Praparates bildet. Die Explosion eines fest eingeschlossenen Praparates ist um so heftiger, je starker die zur Entzundung verwendete Initialexplosion ist. Der Unterschied zwischen der Ex¬ plosion bei Entzundung durch schwache Initialexplosionen oder durch Be- riihrung mit einem gluhenden Gegenstande, und jener bei Entzundung durch die starkste bis jetzt angewendete Initialexplosion (Knallqueksilber) ist bei manchen Priiparaten sehr bedeutend. Man bezeichnet die letztere als Detonation. 6.) Bei jenen Priiparaten, welche in mehrere Stucke zertheilt zur Verwendung kommen, wird die Zeitdauer der Verbrennung durch. den Grad der Zertheilung, d. h. durch die Grosse der einzelnen Stiicke, sowie ferner durch die Form und gegenseitige Anordnung (Schlich- tung) dieser Stiicke wesentlich beeinflusst. Bezeichnet man mit © die Zeit der ganzlichen Verbrennung der Praparat- masse, mit g aber die Zeit der Entzundung, d. h. diejenige, wahrend welcher sich die Zersetzung von dem Entziindungspunkte nach der ganzen freiliegen- den Oberflache des Praparates ausbreitet; so wird sich der Einfluss der Zer¬ theilung der Praparaimasse vorzugsweise in dem Verhaltnisse © & geltend machen. Dieser Quotient wird ein Maximum sein, wenn die ganze Masse ein einziges Stuck bildet; er wird sich umsomehr der Einheit (-9- = ©) nahern, je grosser die Zahl der Stiicke und je kleiner infolge dessen jedes einzelne Stuck wird, da bei sehr kleinen Stiicken die Entzundung mit der Verbrennung fast zusammanfallt. Als Beispiel sei 1 hjg eines Praparates von der Dichte = 1 angenommen, bei welchem die — oberflachliche — Entzundung gleichmassig linear mit 1 dfm in der Zeiteinheit, die Verbrennung (durcli lagenweises Abbrennen) ebenfalls gleichmassig linear mit O'01 dj m in der Zeiteinheit fortsclireitet. Bildet die Pra- paratmasse ein einziges cubisches Stuck, dessen Seite demnach 1 ^ lang ist, und geschieht die Entzundung an einer Kante, so wird das ganze Stuck in zwei Zeiteinheiten entzundet sein; nimmt man an (was allerdings nicht ganz zu- treffend ist), dass erst nach der volligen Entzundung das allseitige lagenweise Abbrennen beginnt, so wird dies in 50 Zeiteinheiten beendet sein, so dass Q — 52, $ = 2, somit ^ = 26 wird. Denkt man sich die Praparaimasse in acht gleiche cubische Stucke, deren Seite =0 , 5<^ v ist, zertheilt, so ist die Zeit der Entzundung jedes Stiickes = 1 Zeiteinheit, daher unter Voraussetzung der nacheinander orfolgenden Entzundung der Stucke = 8 Z.E.; jedes Stuck ver- 24 brennt in 25 Z.E., welche Zalil nur einmal (fur das zuletzt entziindete Stuck) zu 9 hinzuzuschlagen kommt, daher 0 = 8 + 25 = 33 und — = 4-125wird. y- 8 Bei Zertheilung der Masse in 64 Stiicke wird die Wiirfelseite jedes Stuckes = 0'25 dj m , die Zeit der Entzundung desselben 0'5Z. E., und bei nacheinander erfolgender Entziindung ,9-= 32 Z. E., die Verbrennungszeit eines Stuckes 12-5 Z.E., 0 daher © = 12-5 + 32 = 44-5 Z. E. und - =-- =1-4. Wird die Masse in & 32 125 Wiirfel zertheilt, so findet man — 50 Z.E., © = 60 Z.E., daher — — i9‘ = -§• = 1-2 u. s.w. Die totale Verbrennungszeit © wird bei fortgehender Zertheilung der Pra- paratmasse in immer kleinere Stiicke anfanglich ab-, sodann aber zunehmen; bei welcher Zertheilung der Uebergang von der Ab - zur Zunahme der totalen Verbrennungszeit stattfindet, hangt hauptsachlich von Schliehtung und Form der einzelnen Stiicke ab. Recapitulirt man fur obige Annahmen der Zertheilung die Werthe von 9 und 0 — 9> so hat man folgende Reihen: Zahl der Stiicke. = 1 8 64 125 Zeit der Entzundung aller Stiicke . ,1= 2 8 32 50 Zeit der Verbrennung Eines Stuckes ©—.,9 = 50 25 12-5 10 Zeit der totalen Zersetzung .... £)■ + (© — 9) = 0 = 52 33 44-5 60 Wie man sieht, zeigt die Reihe der Werthe © eine zuerst ab-. dann zu- nehmende Tendenz, jedoch findet der Uebergang von der Abnahme zur Zunahme des Werthes 0 schon zwischen den Stiickzahlen 8 und 64 statt. Erwagt man aber, dass die angefiihrte Reihe der Werthe 9 eine genau nacheinander erfolgende Entziindung der einzelnen Stiicke zur Voraussetzung hat, welche Entziindungs- weise nur bei der in Fig. 1 dargestellten Anordnung der s | Fig. 1. Stiicke, namlich wenn das in der Kante a entziindete - erste Stuck das zweite und so jedes das nachst folgende _J|_ nur in der, der Entziindungsstelle diagonal liegenden Kante 3 beriihrt, denkbar ware; dass in der Wirklichkeit jedes -Stuck mehrere andere. u. zw. an verschiedenen Stellen be- ^ riihrt, daher die Entziindung von jedem Stuck gleichzeitig und vor der vollstandigen Entziindung desselben auf meh¬ rere andere iibergeht, so wird man die Zunahme der Werthe 9 bedeutend re- duciren miissen, wodurch auch der Uebergangspunkt der Ab- zur Zunahme von © weiter hinausgeschoben wird. Nimmt man beispielsweise fur ,9 die Reihe ,9' = 2, 4, 8, 10 Z.E. an, so wiirde sich fur 0 die Reihe ©= 52, 29, 20'5, 20 Z. E. ergeben, so dass innerhalb dieser Reihe der Grundsatz: je grosser die Zer¬ theilung, desto kleiner die Zeit der totalen Verbrennung der ganzen Masse, giltig ware. Dass aber bei zu weit getriebener Zertheilung die totale Verbrennungs¬ zeit wieder zunehmen muss, folgt schon aus der Verbrennungsweise einer ganz zu Staub zerriebenen Praparatmasse, welche eigentlich wieder als ein einziges Stiick, nur von geringerer Dichle, zu betiachten ist. Der Einfluss der Form der Stiicke ergibt sich aus dem Umstande, dass bei runden Stiicken das Gas zwischen denselben frei circuliren kann, wahrend 25 bei durch ebene Flachen begrenzten Stiicken das Eindringen des entzundenden Gases zwischen dieselben um so schwieriger wil'd, je dicliter die Flachen sich beriihren. Die Verbrennungszeit beeinflusst nicht in directer Weise die Gasspannung; dies konnte nur indirect, namlich insofern geschehen, als durch die Verschiedenheit der Verbrennungszeiten die chemischen Vorgange bei der Verbrennung modificirt werden. Hingegen ist eine gewisse Beziehung zwischen der Grosse der Gasspannung und der Verbrennungsdauer allerdings vorhanden, da den wesentlichst.en Um- standen nach (Punkt 4 und 5) die grosste Gasspannung mit der kiirzesten Verbrennungsdauer zusammenfallt. d) Schiesspraparate, Sprengpraparate. Brisante ballistisohe Wirkung. Die Arbeit, welche die Gase eines explodirenden Praparates infolge ihres Druckes auf die Einschlusswande leisten, kann sich je nach der Natur des Einschlusses auf zwei versehiedene Arten iiussern. Bildet das Einschlussgefass ein solides, festgefiigtes Ganze von prin- cipiell allseitig gleicher, jedoch (gegenuber dem Gasdruck) ungenii- gender Festigkeit, so besteht die Wirkung des Gases im Zerreissen, Zersprengen des Einschlussgefasses* Ein Priiparat., welches rait. der Absicht auf diese Wirkung zur Verwendung gelangf, wird Spreng- praparat genannt. Besteht hingegen der Einschluss aus zwei nicht mit einander fest verbundenen ddieilen, von welchen der kleinere in dem grosseren nach Art eines Stemfiels verschiebbar ist, so besteht die Wirkung des Gases in der Bewegung beider r Pheile nach verschiedenen Riehtungen. Die Absicht, in welcher diese Wirkung des explodirenden Praparates eingeleitet wird, ist das Forttreiben (Schiessen) des Stempels (Ge- schosses) auf grossere Entfernung, daher zu diesem Zwecke verwendete Praparate Schiesspraparate genannt werden. * 1st die Festigkeit der Einschlusswande zu gross, so wird kein Zerspren¬ gen, sondern nur eine bleibende Oder auch nur momentane Erweiterung des Ge- fasses eintrelen, je nachdem die aus dem Gasdrucke resultirende, die Zerreiss- grenze des Einschlussmaterials nicht erreichende Inanspruchnahme der Wande die Elasticitatsgrenze des Materials erreicht oder nicht; das eingeschlossene Gas kuhlt sich durch fortwahrende Ausstralilung und Ableitung der Warme nach und nach bis zur Temperalur der Luft ab. wodureh seine Spannung sehr bedeutend reducirt wird. 26 Die Erreichung einer bestimmten Entfernung bedingt, dass das fortgetriebene Geschoss bei der Trennung vom grosseren Einschluss- theile (dem Geschiitze) eine bestimmte Geschwindigkeit* erlangt, habe; diese Geschwindigkeit, ist das Resultat der wahrend der Be- wegung des Geschosses ira Geschiitze stattfmdenden Einwirkungen der treibenden Kraft (Gasspannnng) auf das Geschoss. Nachdem die Geschwindigkeit, rnn als sicherer Factor fur die zu erreichende Ent¬ fernung dienen zu konnen, vollkommen bestimmt, controlirbar, sein muss, so mlissen auch die Einwirkungen der Gasspannung auf das Geschoss in einer bestimmten, controlirbaren Weise erfolgen; dies hat zur unumganglichen Bedingung, dass das Geschiitz wahrend des Schusses nicht zersprengt werde, da sonst die Gewinnung einer be- absichtigten Geschossgeschwindigkeit dem Zufalle anheimgegeben ware.** Die explosiven Praparate sollen demnach entweder als Spreng- praparate das Explosionsgefass zerstoren oder als Schiesspraparate ohne Zerstorung des Explosionsgefasses einen Stempel aus demselben treiben; in ersterer Beziehung wird von ihnen eine zerstorende, in letzterer Beziehung aber eine forttreibende Wirkung gefordert. Die zerstorende (sprengende) Wirkung der Gase eines Praparates wird brisante Wirkung, die das Geschoss forttreibende aber balli- stische Wirkung genannt. Wie aus dem Vorstehenden ersichtlich, bezieht sich die Unter- scheidung zwischen Spreng- und Schiesspraparaten zunachst, auf den Zweck, welchen man durch die Wirkung der entbundenen Gase zu erreichen beabsichtigt und welchem die ausseren Umstande, unter denen die Explosion eingeleitet wird, entsprechen mussen. Diese Um¬ stande fallen im AUgemeinen mit jenen zusammen, welche in a) als Bedingung fur die Spannung des Gases bei constantem Volum und bei constantem Drucke angefiihrt wurden: das Sprengpraparat wirkt bei constantem Volum des Explosionsraumes, die Wirkung des Schiesspraparates aber kann im Wesentlichen als unter dem Einflusse eines constanten Druckes (Widerstand gegendie Geschoss- * Mit Hinblick auf die Betrachtung der Geschossbewegung ausserhalb des Geschiitzes wird diese Geschwindigkeit Anfangsgeschwindigkeit genannt. ** Die praktischen Griinde fur die Unzerstorbarkeit der Geschiitze, als: die Nothwendigkeit, ein Geschiitz fiir mehrere Schiisse zu beniitzen, die Gefahr- lichkeit des Schiessens im Falle des Zerspringens des Geschiitzes etc., kommen hier nicht in Betracht. 27 bewegung) erfolgend angesehen werden. Principiell konnte demnach jedes Praparat sowol als Spreng- wie als Schiesspraparat verwendet werden. Jedoch wird, entsprechend den verschiedenen Bedingungen fur die beiden Verwendungsweisen, auch die Eignung der explosiven Praparate zu dem einen oder anderen Zwecke eine verschiedene sein, und man nennt solche Praparate, welche sich zu Sprengzwecken sehr gut, zu Schiesszwecken aber wenig oder gar nicht eignen, Spreng¬ praparate, die vorzuglich zu Schiesszwecken sich eignenden aber Schiesspraparate im engeren Sinne. Aus der Wirkungsweise ergeben sich folgende Anforderungen an die Praparate, insoferne sie als Spreng- oder als Schiesspraparate eharakterisirt werden sollen: Das Sprengpraparat soli eine moglichst grosse brisante Wirkung haben, wahrend auf eine ballistische Wirkung iiberhaupt nicht reflectirt wird; das Schiess¬ praparat aber soil die Erreichung einer bestimmten balli- stischen Wirkung bei einer moglichst geringen brisanten Wirkung ermoglichen. Die Fahigkeit zur Hervorbringung zerstorender Wirkungen, die Brisanz, bildet demnach den Grund zur Unterscheidung der Pra¬ parate in Schiess- und Sprengpraparate. Die Brisanz ist das Result.at von zwei Factoren: der (lasspannung und der Verbrennungsdauer. Bei einer und derselben Gasspannung wird die zerstorende Wirkung um so grosser sein, je kurzer der Verbrennungsprocess andauert, weil das angegriffene Material durch einen momentanen grosseren Druck leicht.er zersprengt wird, als wenn dieser Druck langsam anwachst., in welch’ letzterem Falle die durch den Druck bewirkten Molecular- verschiebungen sich weiter fortpflanzen kbnnen, daher die unmittelbar angegriffene Stelle nicht so stark in Ansprueh genommen wird. Bei langsamer verbrennenden Praparaten reicht demnach die Wirkung raumlich weiter, ist hingegen ortlich schwacher, wahrend bei rascher verbrennenden Praparaten die raumliche Verbreitung der Wirkung beschrankt ist, infolge dessen sie ortlich um so starker und intensiver auftritt. Dass von zwei gleich schnell verbrennenden Pra¬ paraten dasjenige eine grossere brisante Wirkung ausiiben wird, welchem eine grossere Gasspannung zukommt, ist von selbst klar. Somit, gilt bei Praparaten von gleicher Gasspannung die Verbrennungsgeschwin- digkeit, bei Praparaten von gleicher Verbrennungsgeschwindigkeit aber die Gasspannung als Masstab der Brisanz. Praparate von grosser Brisanz, Sprengpraparate, sind also solche Praparate, welche bei Ent- 28 wicklung einer hohen Gasspannung sehr rasch verbrennen; Schiess- praparate aber solche, welche langsamer verbrennen und keine all- zuhohe Gasspannung entwickeln* Bei den Schiesspraparaten ist, entsprechend der Art ihrer An- wendung, eine langsamere Verbrennung geeignet, bei einer bestimmten, deni Praparate als solchem eigentliiimlichen Gasspannung die wiihrend der Geschossbewegung wirklich auftretenden Spannungen zu ver¬ min dern, daiier die specielle Brisanz noch weiter herabzudriicken. Dies wird erzielt, wenn das Praparat nicht giinzlich verbrennt, bevor sich das Geschoss in Bewegung setzen kann, d. h. wenn die Ver¬ brennung des Praparat.es wiihrend der Bewegung des Geschosses im Geschiitzrohre nodi fortdauert. so dass die Gasspannung, welche vermoge der fortschreitenden Entwicklung der Gase im unverander- lichen Explosionsraume stet.ig wachsen mtisste, infolge der durch die Bewegung des Geschosses bedingten Erweiterung des Explosionsraumes ermassigt. wird. Die Gasspannung kann in diesem Falle niemals so stark anwachsen, als dies geschehen wiirde, wenn die Erweiterung des Explosionsraumes (Bewegung des Geschosses) erst nach vollstan- diger Verbrennung des Praparates beginnt. Als Ausdruck der hrisanten Wirkung in jedem speciellen Fall der Anw'endung eines Schiesspraparates kann die im Geschiitzrohre auftretende grosste Gasspannung gelten, wahrend die ballistische Wirkung in der vom Gesehosse erlangten Anfangsgesehwin- digkeit ihren Ausdruck findet. Es ist selbst.verstandlich, dass man bei der praktischen Ver- wendung der Praparate die ausseren Umstiinde derart zu regeln sucht, um beim Gebrauche zu Sprengzwecken die Brisanz so viel als moglich zu steigern, beim Gebrauche zu Schiesszwecken aber moglichst herabzumindern. Dies spricht sich insbesondere in der Wahl der Entziihdungsmittel aus: Die Entzundung von Sprengpra- paraten wird daher in der Regel durch starke Initialexplosionen,** jene der Schiesspraparate aber durch schwache Initialexplosionen * Nachdem die liier hervorgehobenen Unterscheidungsmerkmale keinen absoluten Gegensatz, sondern nur eine gradweise Verschiedenbeit bezeichnen, so ist eine scharfe Sonderung der explosiven Praparate in Schiess- und Spreng- praparate nicht moglich; jede solche Sonderung hat elwas Willkurliches an sich und kann keine allgemeine Geltung beanspruchen. ** Die starksten Entziindungsmittel, welclie eine Detonation des Praparates hervorrufen, werden Detonateure genannt. 29 oder durch die gewohnliche Entziindungsart (Beruhrung mit einem gliihenden Korper, Flamme etc.) eingeleitet Zur naheren Erklarung der brisanten und der ballistischen Wirkung bei Schiesspraparaten moge Nachstehendes dienen. Urn einem Korper von der Masse m eine Geschwindigkeit v zu ertheilcn, muss auf denselben eine Kraft (ein Druck) P wahrend einer bestimmten Zeit wirken. in welcher der Korper den Weg l zurucklegt. 1st die Kraft P constant, so besteht zwischen diesen Grossen, wenn von den Widerstiinden. welche sicli der Bewegung des Korpers entgegen- stellen, abgesehen wil'd, folgende Relation: PI = \ mv 2 . PI bedeutet die Arbeit der treibenden Kraft, p mv 2 die lebendige Kraft des in Bewegung gesetzten Kor¬ pers, v die Geschwindigkeit, welche der Korper am Ende des Weges I erlangt hat. Wenn die Kraft P zu wirken aufbort, so bewegt sich der Korper mit der erlangten Geschwindigkeit v so lange fort, bis eine neue besehleunigende oder verzogernde (im Sinne der Bewegung oder entgegen derselben wirkende) Kraft eingreift und eine Zu- oder Abnahine der Geschwindigkeit herbeifuhrt. Nimmt man an, dass in dem Momente, in welchem die Kraft P zu wirken aufhort, eine andere constante Kraft P‘ in demselben Sinne (also beschleunigend) zu wirken beginnt und so lange wirkt, bis der Korper den Weg V zurucklegt, dass ferner diese Kraft die Geschwindigkeit des Korpers von v auf v‘ steigert, so besteht die Relation P‘l‘ — m (p‘v — r 2 ). Denkt man sich den ganzen Weg L, welchen ein Geschoss von der Masse m ' n einem Geschiitzrohre zurucklegt, in mehrere Theile (Bewegungsabschnitte) hhh • ■ ■ eingetheilt, nimmt man ferner an, dass innerhalb dieser Bewegungs¬ abschnitte beziehungsweise die constanten Ivrafte (GasdrUcke) P,P 2 P S ... herr- schen und das Geschoss am Ende der Bewegungsabschnitte successive die Ge- schwindigkeiten -erlangt hal, so hat man nach dem Vorhergehenden die Relationen: p 7 __ 1 2 r*h = 4 »(V-V) P sh = 4 m W — *’ 2 2 ) Pnln — ,, Ul (vn 2 — Vn —l 2 ) Summirt man alle Glieder auf beiden Seiten des Gleichheitszeichens und setzt zur Abkurzung P l l i -)- P 2 1 2 + P B l 3 + ... P n l n = 21 PI, so ist 2PI = ~mv n 2 (die totale Arbeit der forttreibenden Kriifte gleich der schliesslich erlangten leben- digen Kraft des in Bewegung gesetzten Korpers). v n ist die vom Geschosse am Schlusse der ganzen Bewegung, nach dem Durchlaufen des Weges L, erlangle Geschwindigkeit, dieAnfangsgeschwindigkeit, also der Ausdruck fur die ballistische Wirkung des Praparates. Die Grossen P, P 2 ... reprasentiren die nacheinander folgenden Gasdriicke auf den Geschossboden, wie sie aus der infolge der Geschossbewegung resultirenden successiv.en Raumerweiterung sich ergeben. Die brisante Wirkung ist demnach in dem grossten unter alien Werthen von P ausgedruckt. Die obige Gleichung kann man auch, wenn die Anfangsgeschwindigkeit mit V bezeichnet wird, 2PI = -,-mV 2 schreilien, woraus ersichtlich wird. dass 1 ^ ein bestimmter Werth von -/mV 2 oder, was dassellie ist (da m constant bleilit.), 30 ein bestimmter Werth von V aus unzahligen Combinationen verschiedener Werthe von P t P. 2 P 3 . .. resultiren kann, wenn nur durch diese Combinationen die totale Arbeit 2.PI nicht verandert wird. Um sich dies zu versinnlichen, kann das Diagramm Fig. 2 dienen, in welchem als Ab- scissenabschnitte die Langen der Be¬ wegungsabschnitte, als Ordinaten die Druckkriifte aufgetragen sind; die einzelnen Arbeiten PI sind durch die Flacheninhalte der Rechtecke ABa 1 b l , a t b\a 2 b 2 .. ,,die totale Arbeit 2Pt aber durch die Summe dieser Rechtecke, also durch den Flachen- inhaltdervon ABb^bWb'^ .... i 8 a 8 A begrenzten Flache dargestellt. Dass derselbe Flacheninhalt 2,’P? auch aus acht anderen Rechtecken, in welchen die kurzen Seiten IJ., . . . dieselbe, die langen Seiten P,P 2 . .. aber eine verschiedene Grosse haben (wie in Fig. 3), zu- sammengestellt werden kann, ist klar. Ebenso ist leicht ersichtlich, dass bei jeder Combination vonWerthen furP,P„. . . der grosste Werth von P ein anderer sein kann, dass daher, wenn man die dem grossten Werth von P ent- sprechende Maxim algasspan- nung als den speciellen Ausdruck der brisanten Wirkung betrachtet, eine und dieselbe ballistische Wir¬ kung (Anfangsgeschwindigkeit) sich bei verschiedenen brisanten Wirkun- gen ergeben kann, wie auch um- gekehrt verschiedene ballistische Wirkungen bei einer und derselben brisanten Wirkung denkbar sind. Hieraus folgt, dass eine Steigerung der ballistischen Wir¬ kung nicht unbedingt von einer Steigerung der brisanten Wirkung (Maximalgas- spannung) begleitet sein muss, sondern dass diese auch gleich bleiben, ja ab- nehmen kann. Ein numerisches Beispiel wird dies klar machen. Bei einem 15 c j r!h Ge- schiitze, dessen Durchmesser 149’1 ist, bringt die Gasspannung von 1 Atm. = 1-03 hjg auf 1 □%, einen Druck von rund 180 ty auf den Geschossboden her- vor; nimmt man das Geschossgewicht mit 39'2 hjg, die Beschleunigung der Schwer- kraft mit rund g = 9"8 m f an, so dass m = ” 8 2 =4 wird, bezeichnet ferner p die Gasspannungen in Atm. (daher P — 180^ den totalen Druck auf den Geschoss¬ boden in Kilogr.), so gilt fur diesen Fall, wenn die Geschwindigkeiten v und die Langen der Bewegungsabschnitte l in Metern ausgedriickt werden, die allgemeine Gleichung P n l„ — 180p n ?n = 2(y* — k|_i). Denkt man sich die ganze Lange L = 2'8 m j der Geschossbewegung in acht gleiche Bewegungsabschnitte zu 0‘35 ,,! f eingetheilt, so erhalt man bei entsprechender Variation der Werthe von^i folgende Zusammenstellung: 31 Allerdings sind die veranderlichen Werthe von P in der Wirklichkeit nicht constant innerhalb der Bewegungsabschnitte, d. h. das P andert sich nicht sprung- weise, wie hier vorausgesetzt wurde, sondern continuirlich; hiedurch werden aber die dargelegten Verhaltnisse durchaus nicht alterirt. Es erscheint nur die totale Arbeit der treibenden Kraft, wenn der vom Geschosse zuriickgelegte Weg r L allgemein mit x bezeichnet wird, unter der Form Pdx, wobei, urn die Integration * 0 ausfiihren zu konnen, P als eine Function von x dargestellt werden muss. Graphisch versinnlicht, bedeutet dieser Ausdruck den Inhalt der von der Curve AMN, der Abscisse OL und den beiden aussersten Ordi- naten OA und LN (Fig. 4) be- grenzten Flache, und es ist klar, dass man beliebig viele solche Cur- ven ziehen kann, ’oline dass eine Aenderung des Flacheninhaltes ein- tritt, sowie dass die Vergrosserung des Flacheninhaltes durchaus nicht eine Vergrosserung der hochsten Ordinate (Pmax) zur Bedingung hat, etc. An der Gleichung I Pdx = lasst sich auch der Unterschied zwischen ’ 0 brisanten und minder brisanten Schiesspraparaten deuthch machen. Die brisantesten Praparate sind solche, bei welchen die Verbrennungsdauer so kurz ist, dass die ganze Praparatmasse vollstandig verbrennt, bevor sich das Geschoss in Bewegung setzen kann; das Maximum der Gasspannung tritt irn Ladungsraume auf, da jede folgende ausschliesslich durch die Raumerweiterung infolge der Geschoss- bewegung bedingte Spannung immer kleiner werden muss. Die Abnahme der Gasspannungen geschieht nach dem Poisson’schen Gesetz. Bezeichnet man mit p 0 die im Ladungsraume, mit p die in einem anderen, durch die vom Geschoss zuriickgelegte Weglange x bedingten grosseren Raume stattfmdende Gasspannung, mit l 0 die Lange des Ladungsraumes und mit r den Radius der Bohrung (im 32 Ladungsraume und im Flug als gleich vorausgesetzt), so dass r 2 zrf 0 das Volum des Ladungsraumes, r 2 jv(l 0 + x) das Volum des erweiterten Raumes ausdriickt, so besteht nach dem Poisson’schen Gesetz die Gleichung p = » | ?—12-T * V + x)\ ' Der Druck P 0 , beziehungsweise P, auf den Geschossboden, in Kilogramm ausgedriickt, ist, wenn r in Centimeteri). p 0 und p in Atm. gerechnet werden, P c = l-03r 2 7vp o , P = 1*03 r 2 irp. Somit ist P — P„ P ( Jo- ) °Vo + *) Function, daher I P. (-—^— | dx—'-mV 2 oder Jo Vo + x ) als die behufs Migration von Pdx aufzustellende ,°f0° + x ) dx = T mF2 ‘ Die Integration ergiebt: und durch Einsetzen der Grenzen pL \(l 0 + x)dx = l ^{l tl + xj er Grenzen J> + *)*"«[('• + L PV ' | - ih [,-A; - | ' | Setzt man diesen Werth in die obige Gleichung ein. so erhalt man Pjk _ ( h \ k —1 [ L \l 0 + L) 1 \ &- 1 -mV 2 . Aus dieser Gleichung kann die einer bestimmten Maximal-Gasspannung p 0 (Gasdruck auf den Geschossboden P 0 = 1-03 r*np 0 ) entspi'echende Anfangs- geschwindigkeit V und umgekehrt die zur Erreichung einer bestimmten Anfangs- geschwindigkeit erforderliche Maximal-Gasspannung berechnet werden. Nimmt man im obigen Beispiel eines 15 % Rohres, in welchem l'03rVr = 180, ™/ = 4, L = 2 - 8™/ ist, l o = 0'G m f t v—o02 ,n j und fc = l-4 an, so flndet man den dieser Geschwindigkeit entsprechenden maximalen Druck P 0 = 671,200 kjg und die Maximal - Gasspannung p 0 — *‘ n 180 = 3728 Atm. Dies ist die Maximal-Gasspannung, welche jedes brisante (vor Beginn der Geschossbewegung verbrennende) Praparat im Ladungsraume haben muss, um die Geschwindigkeit von 502 , "/ zu erzielen, gleichgiltig, wie gross die ab¬ solute Spannkraft des Praparates an sich sein mag; das Verhaltniss dieser an- fanglichen, auf das Geschoss treibend wirkenden Spannung p 0 zu der absoluten Spannkraft hat nur auf die Ladungsdichtigkeit Einfluss: je grosser die absolute Spannkraft des Praparates, desto geringer wird die Ladungsdichtigkeit sein, d. h. um eine bestimmte ballistische Wirkung zu erreichen, wird von einem kraftigeren Praparat eine geringere Menge nothwendig werden, als von einem minder kraf- * Der Einfachheit wegen ist hier ein Praparat vorausgesetzt, welches olme Riickstand verbrennt. 33 tigen, immer vorausgesetzt, dass beide Praparate als Schiesspraparate von der grossten Brisanz sind, namlich vor Beginn der Geschossbewegung ganzlich ver- brennen. Aus der Gleichung p — p 0 (vh)‘- 3,a8 '(oW*f folgt: fiir x = 0, » x = 0'4™f, » x = 0'8 ’7 > » x = l'2 *y, » x = 1-6 m f, » x = 2-0.™j, » ,r = 2-4™/, » a; = 2'8 *7, = 3728 Atm, = 1825 » p = 1140 » p = 800 » p — 605 » p = 480 » = 390 » p = 330 » Wie’ man sieht, ist die dem Poisson’schen Gesetze folgende Abnalime der Gasspannung bei den vor Beginn der Geschossbewegung ganzlich verbrennenden (brisanten) Schiesspraparaten eine sehr rapide. Bei Praparaten von langerer Ver- brennungsdauer, von welchen vor Beginn der Geschossbewegung nur ein Theil, der iibrige Theil aber wahrend der Geschossbewegung verbrennt, kann die Ab- nahme der Gasspannung nicht nach dem Poisson’schen Gesetz, sondern muss langsamer erfolgen; es wird daher die Verschiedenheit zwischen der Maximal- spannung und den kleineren Spannungen eine geringere sein, als bei den stark brisanten Praparaten, und demnach die Maximalspannung selbst kleiner aus- fallen, da (uneigentlich gesprochen) nur die Sumrae aller Gasspan- nungen die Erreichung einer bestimmten Anfangsgeschwindigkeit bedingt. Wenn es moglich ware, die Verbrennung des Praparates derart zu regeln, dass die Gasspannung wahrend der ganzen Geschossbewegung im Rohre un- verandert bleibt, so wiirde die Gasspannung auf den denkbar kleinsten Werth herabgedriickt und es ware das Ideal dessen erreieht, was man bei den Schiess¬ praparaten anstrebt, namlich mit einer moglichst geringen brisanten Wirkung oder Anstrengung des Rohres einen bestimmten ballistischen Effect zu erzielen. Das Mittel, sich diesem Ziele moglichst zu nahern, besteht darin, einerseits die Ver¬ brennung des Schiesspraparates moglichst zu verzogern, andererseits ein moglichst rasches Weichen des Geschosses wahrend der Verbrennung des Praparates zu ermoglichen, d. h. die eventuellen Hindernisse gegen die anfangliche Geschoss¬ bewegung zu vermindern; das erstere hangt von der Natur des anzuwendenden Schiesspraparates, das andere von der Construction des Geschosses und Ge- schiitzes ab.* Wie die dritte Combination in der obigen Zusammenstellung zeigt, konnte die Anfangsgeschwindigkeit von 502 ■”*/, fur welche bei den brisanten Praparaten eine Maximalspannung von 3728 Atm. wirksam sein muss, mit einer constant bleibenden Gasspannung von nur 1000 Atm. erreieht werden. Diese beiden Grossen gelten im angenommenen Falle als Grenzen der Maximalgasspan- nungen versebieden brisanter Schiesspraparate; es kann daher die grossere oder geringere Brisanz derselben nach dem Masse der Abweichung der Maximalspan¬ nung von den angegebenen Grenzwerthen geschatzt werden. * Das Naliere hiertiber bei der Beschreibung des Schiesspulvers, sowie hauptsachlich im dritten und vierten Abschnitt. s 34 e) Messen der Anfangsgeschwindigkeiten und Gasspannungen. I-)• V ' V -t- Die Anfangsgeschwindigkeit v eines Geschosses ergibt sich aus der Zeit t, welche das Gesehoss unmittelbar nach dem Verlassen des Geschiitzes braucht, um einen Weg von bekannter Lange ab — s (Fig. 5) zuriickzu- 5 legen. Das Gesehoss beschreibt ausserhalb des Geschutzrohres eine krummlinige Bahn mit ungleichformig veranderlicher Geschwindigkeit; jedoch kann innerhalb des Weges ab, wenn dieser nicht lang ist, die Bahn als eine geradlinige und die Geschwindigkeit als eine gleichformig veranderliche angesehen werden. Unter dieser Voraussetzung kann ohne grossen Fehler die aus der gemessenen Distanz s = ab und der fur dieselbe beobachteten Flugzeit t nach der Gleichung v folgende Geschwindigkeit v f'iir die dem zwischen a und b in der Mitte liegendem Punkt.e c entsprechende Geschossgeschwindigkeit gelten. Das Messen der Zeit t kann nur durch die nach bekannten Gesetzen vor sich gehende Bewegung eines anderen Korpers (Zeit- messers) geschehen. Diese Bewegung muss in dem Momente beginnen, wenn das Gesehoss den Punkt a erreicht, und aufhoren, wenn das Gesehoss in den Punkt b gelangt, oder es muss in der fortgehenden Bewegung des Zeitmessers der Anfang und das Ende der Zeit t (An- langen des Geschosses in a und b) markirt werden. Gegenwartig wird allgemein der elektrische Strom (oder viel- mehr die Unterbrechung eines solchen) benutzt, um die Bewegung des Zeitmessers einzuleiten oder den Anfang und das Ende der Zeit t am Zeitmesser zu markiren. Der gebrauchlichste, nach diesem Princip construirte Geschwindigkeitsmesser ist der Chronograph von Le Boulengi, bei welchem die Zeit t dui’ch die Bewegung eines frei fallenden Korpers gemessen wird. Dieser Apparat (Fig. 6) besteht aus zwei Elektromagneten A und B, welche an einer Saule S befestigl sind; die Leitungen 1 , 1 , 1 ... und 2,2,2 ... der diese Magnete umkreisenden, von den elektrischen Batterien M und N a'usgehenden beiden Strome sind liber zwei mit Drahtgittern versehene Bahmen a und b gefuhrt, welche in einer bestimmten Entfernung = s von 35 einander in bekannten Abstanden von der Mundung des Geschiitzes aufgestellt, sind. Der Elektromagnet. A tragt. einen langeren, mit einer Zinkhiilse bekleideten metallenen Stab, den eigent,lichen Chronometer P, der Elektromagnet B aber einen kiirzeren Stab Q. In dem Momente, als das Geschoss in den Rahmen a einschlagt, und den an demselben gespannten Leitungsdraht 1 zerreisst, verliert der Eisenkern in A seinen Magnetismus und der Stab P fall! frei herab; dasselbe geschieht mit dem Stab Q in dem Momente, als das Geschoss in den Rahmen b einschlagt und die Stromleitung 2 durchreisst. Der Stab Q fallt auf das linksseitige Ende c (Fig. 6 , I) eines um die horizontale Axe d drehbaren zweiarmigen Rebels, dessen rechtsseitiges Ende e liaken- formig nach abwarts gebogen ist und eine am Postament der Saule S befestigte Feder f, welche ein Messer g tragt, gespannt halt.; durch das Auffallen des Stabes Q wird der Arm c nach abwarts gestossen, der Arm e lasst, die Feder f los, welche nach rechts ausschlagt und hiebei mit dem Messer g eine scharfe Kerbe in die Zinkhiilse des fallenden Stabes P schlagt. Aus der Entfennmg H dieser Kerbe von don Punkte 0 am Stabe P, mit welchem vor dem Fallen desselben das Zeit T, welche von dem Reginne der Fallbewegung des Stabes P bis zum Schlagen der Kerbe vergeht. Diese Zeit ist zusammengeselzt aus der Zeit t, welche zwischen dem Beginne der Fallbewegung der beiden Stabe P und Q (Einschlagen des Geschosses in a und b) ver¬ geht, and der Zeit t', welche die Fallbewegung des Stabes Q sowie das Ausschnellen des Feder halters und der Feder in Anspruch nimmt; es muss demnach von der Zeit T, welche die Fallhohe H gibt, die Arbeitszeit des Apparates t' abgezogen werden, um die dem Wege s des Geschosses entsprechende Flugzeit t zu erhallen. Die Zeit t' wird vor dem Schusse dadurch ermittelt., dass beide elektri- schenStrome gleichzeitig unterbrochen werden, wodurch der Beginn der Bewegung der beiden Stabe P und Q zusammenfallt und das Messer eine zweite Kerbe schlagt; aus der Entfernung h dieser Kerbe Zur gleichzeitigen Unterbrechung der beiden Strome dient der Disjoncteur D (Fig. 6), welcher in die beiden Stromleitungen ein- geschaltet ist. Der Disjoncteur (Fig. 6, II) hat zwei (nach abwarts) vom Punkte 0 ergibt sich t' 9 36 federnde Spangen k und k', welche einerseits mit den Leitungs- drahten verbunden sind, andererseits aber zwei ebenfalls mit den Leitungsdrahten verbundene Metallstifte. i beriihren; zwischen den Spangen ist der (nach aufwarts) federnde Arm L angebracht, welcher mit einem Querarm l unter die Spangen k und k' reicht und durch die Hakenfeder r derart gespannt gehalten wird, dass der Querarm die Spangen nicht beriihrt. Wird die Hakenfeder r zuriick- gezogen, so dass sie den Arm L loslasst und dieser nach aufwarts ausschnellt, so hebt der Querarm l gleichzeitig die Spangen k und k' von den Stiffen i, wodurch beide Stromleitungen unterbrochen werden. Es ist fiir die Richligkeit der Angaben des Apparates von Wichtigkeit, dass die magnetische Kraft der Elektromagnete nur so gross sei, urn die angehangten Gewichte P und Q mit Sicherheit zu tragen und bei Unterbrechung der elek- trischen Strome momentan loszulassen, welch letzteres (wegen des im Eisenkern fiir einige Zeit zuriickbleibenden — remanenten — Magnetismus) nicht geschehen wiirde, im Falle die magnetische Kraft zu gross ware. Dm die Kraft der Ma- gnete regeln zu konnen , ist der Kern (Fig. 6, III) mit einer Regulirschraube a versehen; durch Zuruckschrauben der Regulirschraube wird die magnetische Kraft bei gleiclibleibender Stiirke des elektrischen Stromes geschwacht. Zur Vornahme dieser Regulirung werden die Stabe P und Q, mit Ueberge wichts- hulsen versehen, an die Elektromagnete angehangt und sodann die Regulir- schrauben der Elektromagnete so weit zuriickgeschraubt, bis die Stabe infolge ihrcs Gewichtes von selbst herabfallen; bei dieser Starke werden die Elektro¬ magnete die von den Uebergewichtshiilsen befreiten Stabe mit Sicherheit tragen, ohne zu stark zu sein. Um die Fallhohen bequem abmessen zu konnen, ist jedem Apparat ein Masstab (Fig. 6 , IV) mit verschiebbarer Zeigerhiilse a bejgegeben, welcher an einem Ende mit einem Stift b zum Feststecken in den Stab P versehen ist. Ausser der Millimetertheilung fiir Fallhohen ist auf dem Masstab auch eine Eintheilung angebracht, welche sofort die Geschossgesehwindigkeit abzulesen gestattet. im Falle die Entfernung s = ah der beiden Drahtrahmen 50 und die durch die Disjonction erhaltene Fallhohe h derart regulirt ist, dass t' = 0‘15 Secunden betriigt. Das letztere kann durch entsprechende Veranderung der Ent¬ fernung des (am Elektromagneten hangenden) Gewichtes Q von c geschehen, zu welchem Zwecke in den Hebelarm c des Federhalters eine Schraube eingesetzt ist, auf deren Kopf das Gewicht Q auffallt: Durch Tieferschrauben dieser Schraube wird die angefiihrte Entfernung (daher auch die Zeit t‘) vergrossert, durch Zuruckschrauben der Schraube aber verkleinert. Das Messen der Gcisspannunyen geschieht gegenwartig grossten- theils mittelst des von Rodman construirten Gasspannungsmessers, welcher in Fiy. 7 * dargestellt ist. I lieser besteht. aus einem Messer A, * Fig. 7 versinnlicht die Anordnung bei den Verschliissen der Stahlrohre der k. k. Kriegsmarine. F bezeichnet den Verschluss, G die Liderungsplatte, H ein in die Liderungsplatte eingesetztes Fiihrungsstuck des Stieles C. 'itfh.im/i.k.t&a- WOtar - CorJU. I SSI. 37 dessen Schneide stumpfwinklig gebrochen ist; das Messer ist in das, mit cylindrischem Stiel C versehene prismatische Stuck B eingelassen und beriihrt rait, seiner Spit.ze die cylindrische Kupferscheibe D. Alle diese Theile sind in den Kolben E eingesetzt, welcher in das Ex- plosionsgefass (beim Messen der Gasspannungen in Geschiitzrohren in die Rohrwand an der Stelle, wo die Gasspannung ermittelt werden soli, eventuell in den Stoss- oder Geschossboden) derart eingeschraubt wird, dass die obere Flache des Stieles C, welcbe durch eine Metallkapsel c abgedicht.et. ist, der Einwirkung des Gases ausgesetzt ist. Durch den Druck des Gases wird das Messer A in die Kupferscheibe D ein- gedrlickt. und erzeugt in dieser eine Kerbe d, welche tim so langer sein wird, je grosser der Gasdruck war; es wird daher aus der Lange der Kerbe d auf die Grosse des thatig gewesenen Gasdruckes ge- schlossen. Das Verhaltniss der Kerbenlange zum Gasdrucke wird durch vorhergangige Belastungen des Stieles C (mittelst Gewichten Oder durch hydraulischen Druck) ermittelt und in einer Tabelle zusammengestellt, welcher bei Verwendung des Apparates zu Gas- spannungsmessungen der der jedesmal erhaltenen Kerbenlange ent- sprechende Gasdruck entnommen wird. 1st q in hfg der auf den Stiel vom Radius g in Centimetern thatige Druck, welcher eine Kerbe von der Lange X hervorbringt, so entspricht diesem Drucke die Gasspannung p = , 2 Atm. Beispiel fiir g = 0'5 q = 1000 ist 1. ’ Uo b 7T P = « = 1236 Atm. In der ost.err. Artillerie wird der Gasspannungsmesser von Uchatius (Fig. 8) angewendel,, welcher dem Rodman’schen im We- senllichen iihnlich eingerichtet ist und sich von demselben nur dadurch unterscheidet, dass die Messerschneide a bogenformig gestaltet, ist und gegen eine rechteckige Zinkplatte b gedriickt wird. In der englischen Artillerie wird die Gasspannung durch das Mass der Zusammendruckung eines zwischen dem Amboss B und dem Druckstempel C (Fig. 9) eingesetzten Kupfercylinders A (Crusher gauge) bestimmt, wobei die obere Flache des Stempels C dem Gas¬ drucke ausgesetzt ist. Die Uhrfeder a bewirkt die Centrirung des Kupfercylinders. Der Amboss 1st geriffelt und mit vier Kanlilen ver- sehen, welche in den Kanal b munden und den allenfalls eindrin- genden Pulvergasen den Abzug gestatten. Die Abdichtung des Stempels ist analog wie bei den vorbeschriebenen Apparaten. 38 - f) Chemische Constitution der explosiven Praparate; Anfordernngen, welohe an dieselben gestellt werden. Nachdem die Explosion ein in kurzer Zeit und ohne Hinzutreten anderer, als der im Praparate enthaltenen Stoffe vor sich gehender Verbrennungsprocess ist, bei welchem eine betrachtliche Warmemenge t'rei wird, so gehoren zu den wesentlichsten Bestandtheilen eines explo¬ siven Praparates ein Verbrennungsmittel und ein Verbrenner, welch’ letzterer mil. dem Verbrennungsmittel rasch gasformige Verbindungen einzugehen und dabei bedeutende Warmemengen zu entbinden geeignet ist. Ein kraftiges und in der Nalur reichhaltig vorhandenes Verbren¬ nungsmittel ist der Sauerstoff, wahrend der ebenfalls reichlicb ver- t.retene Kohlenstoff einen Verbrenner von den vorangefuhrten Eigen- schaften bildet: Sauerstoff und Kohlenstoff sind demnach. als Typen der beiden element.aren Hauptbestandtheile von explosiven St.offen anzusehen. Von diesen Sloffen ist der Kohlenstoff fest, und kann daher ftir sich allein Oder in geeigneter Verbindung im explo¬ siven Korper vorkommen: der Sauerstoff dagegen, der im freien Zu- stande gasformig ist, muss im Praparat, immer an andere Korper gebunden sein, u. z. in solcher Form, dass der Sauerstofftrager einen moglichst geringen Raum einnehme und dass aus der Ver¬ bindung sammtlicher Sauerstoff dureh relativ geringe Krafte aus- geschieden werden konne. Sind die im Sauerstofftrager ausser Sauer¬ stoff vorhandenen Bestandtheile geeignet, fur sichoder in Verbindungen mit einander in Gasform zu bestehen, so tragen sie zur Vermehrung der Gase bei; treten sie aber in fester Form auf, so bilden sie den Riickstand. In einem wie im andern Falle konnen sie, insoferne sie durch Verbrennung (Verbindung) entstanden sind, zur Steigerung der entbundenen Warmemenge beitragen. Im Wesentlichen lassen sich die explosiven Praparate in zwei Gruppen eintheilen: 1.) Mechanische Gemenge. Die hauptsachlichsten Bestand¬ theile derselben sind: a) Der Trdger des Verbrennungsmittels, meist eine sauerstoff- reiche chemische Verbindung, als deren Typus die Nitrate: Kalium- nitrat (Kalisalpeter) KNO s , Natriumnitrat (Natronsalpeter) NaN0 3 , Baryumnitrat(Barytsalpeter) Ba(N0 3 ) 2 , Amoniiunnitrat(WH 4 )N0 3 etc. gelten konnen. 39 b) Der Trdger des Kohlenstoffs; der wichtigste ist die vegeta- bilisehe Kohle (Holzkohle), es werden aber auch Steinkohle oder organische Kohlenstoffverbindungen: Starke, Zucker, Sagemehl, Kleie etc. verwendet. c) In der Regel kommt. noch ein dritter Bestandtheil hinzu, welcher geeignet. ist, mit Bestandtheilen des Sauerstofftragers solche Verbindungen zu bilden, dass sammtlicher Sauerstoff zur Verbrennung frei wird. Der Typus dieses Bestandtheils ist der Schwefel ira Schiess- pulver, welchem auch die Aufgabe zufallt,, das Gemisch leichter ent- ziindlich zu machen und das Kornen des Pulvers zu ermoglichen. Das Gewichtsverhaltniss, in welchem jeder dieser drei Bestand- theile im Praparate vert.reten ist, wird die Dosirung des Praparates genannt. 2.) Chemische Verbindungen. Zu diesen gehoren vorziiglich solche organische Verbindungen, welche bei Behandlung von orga- nischen Stoffen mit Salpetersaure entstehen. Man nennt diese Korper nitrirte Verbindungen oder Nitrokorper. Bei der Nitrirung organischer Korper treten ein oder mehrere Molecule Stickstofftetroxyd NO 2 aus der Salpetersaure anstatt ebensoviel Atomen Wasserstoff in die orga¬ nische Verbindung ein, wahrend der ausgeschiedene Wasserstoff mit dem Hydroxyl der Salpetersaure Wasser bildet.. Je nach der Anzahl der in die Verbindung eintretenden Molecule Stickstofftetroxyd wird die Nitrirung eine ein-, zwei-, dreifache genannt; die dreifache Nitrirung ist die wichtigste und liefert die kraftigsten explosiven Praparate. Das Schema, nach welchem die Nitrirung vor sich geht, ist: C a HbO c -\- nJlNO. t = C a H (b - n) (NO i ) n O c -(- nH, 2 0 ; fur w = 3 (dreifache Nitrirung) C a H h O c - j- 3UNO, = (ON tl ) :s O r 3H^O. Durch Nitrirung wird dem organischen Stoff, welcher bereits die beiden elementaren Hauptbestandtheile: Kohlenstoff und Sauer¬ stoff (eventuell den ersteren, allein) enlhall, die fur die Explosion (selbstandige Verbrennung) nolhige grossere Menge von Sauerstoff zugefuhrt. Die wichtigsten der bis jetzt durch Nitrirung explosiv gemachten organischen Stoffe sind: Cellulose (Baumwolle) C f .H lo 0 5 , Glycerin Amylum (Starkemehl) C a H lo O 5 , Mannit C 3 H 1 0 3 , Phenol C e H e O. Neueren Untersuchungen zufolge sind die aus einigen dieser Stoffe durch Behandlung mit Salpetersaure gewonnenen explosiven Praparate ihrem chemi- schen Verhalten nach nicht als Nitroverbindungen, sondern als Salpetersaure- 40 Aether zu betrachten. Diesem nach warden die n Gruppen NO„ eben so viele Wasserstoffatome in den Hydroxylen eines meliratomigen Alkohols vertreten. wahrend die ausgeschiedenen Wasserstoffatome mit den restirenden Hydroxylen der Salpetersaure Wasser bilden. wie folgendes Schema allgemein darstellt: CaHb(OM) c + nNO„ - OH = C a H b (0H) c - n (0-N0 2 ) n + nH 2 0. Die Anforderungen, welche man an explosive Praparate stelli, insoferne sie als Schiess- und Sprengpraparate verwendet werden sollen, sind ausser einer geniigenden Leistungsfahigkeit im Allgemeinen: 1. ) Das Praparat soli eine entsprechende Entziindungstemperatur haben, — nicht zu gross, um nicht die Anwendung ausser- gewohnlich starker Entzundungsmittel zu bedingen, insbesondere aber nicht zu klein, damit. nicht (lurch gewohnlich vorkommende Luft- temperaturen oder (lurch die bei den gewohnlichen Manipulationen mit dem Praparat unvermeidlichen Stosse, Erschiitterungen etc. eine Selbstentzundung eintritt. (Ungefahrlichkeit der Erzeugung, Elaborirung und Transportirung.) * 2. ) Bei Temperaturschwankungen soli die Entziindlichkeii des Praparates nicht. wesent.lich modificirt (erleichtert, oder erschwerl.) werden; im Falle bei niederen Temperaturen ein Gefrieren eintritt, soil das Aufthauen ohne Gefahr vor Selbstentzundung vorgenommen werden konnen. 3. ) Das Praparat soil chemische Stabilitdt haben, d. h. unter gewohnlichen Verhaltnissen nicht grhsseren Veranderungen in der chemischen Zusammensetzung seiner Theile unterliegen, wodurch einerseits seine Leistungsfahigkeit veriindert, andererseits aber infolge der chemischen Reactionen seine Temperatur gesteigert werden und zur Selbstentzundung fuhren konnte (Ungefahrlichkeit der Aufbewah- rung); ebenso soli eine Entwicklung von der Gesundheit nacht.heiligen Gasen ausgeschlossen sein. 4. ) Das Praparat soli nicht zu stark hygroskopiscli sein, da durch die Aufnahme von Feucht.igkeit die Kraft des Praparates geschwacht, und eine rasche Deteriorirung herheigefuhrt wird. 5. ) Im Tnteresse der leichteren Untersuchung des Praparates auf seine Qualitatsmassigkeit sollen die Kennzeichen fur seine GiHe und fur eine eventuell eingetretenc Verm inderung der Qualitat durch einfache Mittel leicht. zu constatiren sein: dies wird besonders der * Bei zu Itriegszwecken bestimmten Praparaten wird diese Anforderung dahin verscharft, dass das Praparat beirri Beschiessen desselben mit Kleingewehr aus einer angemessenen Distanz nicht explodiren soil. 41 Fall sein, wenn sich einget.ret.ene Deteriorirungen durch die Ver- anderung der Farbe, der Consisl.enz, des specifischen Gewicht.es oder andere auffallende Erscheinungen markiren. 6.) Bei den Schiesspraparat.en speciell soil die Brisanz je nach Erforderniss zu regeln sein; auch sollen die Verbrennungs- producte keinen nachtheiligen chemischen Einfluss auf das Material der Geschiitzrohre ausuben. In Bezug auf die Untersuchung von Sohiess- und Sprengpra- parat.en hat man zweierlei zu unterscheiden: die erste Untersuchung nacb der Erzeugung und Einlieferung des Praparates und die periodisch vorzunehmende Revision der deponirten Vorrathe. Die erste Unter¬ suchung soli constatiren, ob das erzeugle Praparat den gestellten Anforderungen entspricht, d. h. dem als Muster aufgestellten Praparate gleichkommt. Sie muss sich demnach auf die chemische Zusammen- setzung, auf die Dichte, auf die aussere Erscheinung (Farbe etc.), und insoferne das Praparat in Stiicken (Kornern) von vorgeschriebener Form und Grosse erscheint, auch auf diese Factoren, auf denFeuchtig- keit.sgehalt und schliesslieh auf die Leistungsfahigkeit des Praparates erstrecken. Die Revision hat den Zweck, zu ermitteln, ob und welche Veranderung das bei der ersten Untersuchung als qualitatsmassig be- fundene Praparat seither erfahren hat, woraus sich ergibt, welcher Grad von Brauchbarkeit demselben nunmehr zukommt, (Classification des Praparates). Die Revision ist im Wesentlichen eine Wiederholung der Untersuchung des Praparates auf seine Leistungsfahigkeit. Die Untersuchung auf die Leistungsfahigkeit ist demnach die wicht.igste und wird aus diesem Grunde vorzugsweise die Probe des Praparates genannt. Hiebei wird eine bestimmte Quantitat des zu untersuchenden Praparates unter Umstanden, welche jenen seiner wirklichen Verwendung nahe kommen, zur Explosion gebracht und aus der erreicht.en Wirkung auf die Qualitatsmassigkeit geschlossen. Bei den Sprengpraparaten wird eine bestimmte Quantitat des zu untersuchenden Praparates im leichten Einschluss auf einen Holz- balken oder eine Eisenplatte von bestimmter Starke frei aufgeiegt, auf vorgeschriebene Art geziindet und soli durch das Durchbrechen der Unterlage seine Qualitat bewahren; oder es wird die Einwirkung des explodirenden Praparates auf einen metallenen Cylinder von be- stimmten Dimensionen (nach Art der Gasspannungsmessung mittelst des Crushers) oder auf eine hohl aufliegende kreisrunde Metallplatte von bestimmter Dicke etc. hervorgerufen und aus der durch die 42 Explosion hervorgebrachten Wirkung (Verkurzung des Cylinders, Durchbiegung der Platte etc.) die Leistungsfahigkeit des Praparates beurtheilt. Bei den Schiesspraparat.en besteht, die rationellste Probe im wirklichen Schiessen aus einem Geschiitzrohre, wobei die Anfangs- geschwindigkeit. des Geschosses und die Maximalgasspannung (die letzt.ere mittelst eines in den Stossboden oder in das Verschlusstiick des Rohres eingesetzten Gasspannungsmessers) gemessen wird. Selbst- verstandlich muss durch vorhergangige ithnliche Versuche mit dem Musterpraparat festgestellt worden sein, welchen Bedingungen nach beiden Richtungen das Praparat entsprechen muss, um als vollkommen qualitatsmassig (fur Kriegszwecke verwendbar) erklart, oder im Falle es diese Verwendbarkeit nicht besitzt, seinem Brauchbarkeitsgrade nach classificirt werden zu konnen. Anstatt dieser umstandlichen Probe werden hiiufig (insbesondere bei Revisionen von Vorrathen an Schiesspulver) einfachere Proben vorgenommen; unter den mannig- fachen Probirmet.hoden sind die nachfolgenden die gebrauchlichsten: 1. ) Die Schiessprobe oder Morserprobe. Aus einem Geschiitz, einem Gewehr oder einem eigens zu diesem Zweck bestimmten Morser werden mit festgesetztem Ladungs- und Geschossgewicht, und festgesetzter Elevation mehrere Schilsse abgegeben, hiebei aber nur die vom Geschoss erreichte horizontale Schussweite als Masstab der Leistungsfahigkeit des Praparates angenommen. 2. ) Die Wagner’sche Hebelprobe. Am ausseren Ende des hori- zontalen Armes A (Fig. 10) eines um c drehbaren zweiarmigen Rebels wird ein kleiner Morser a eingesetzt, mit einer bestimmten Quantitat. Pulver gefullt und dieses mittelst einer Stoppine gezundet. Durch den Ruckstoss auf den Boden des Morsers wird der Arm A nach abwarts gedreht und gleitet hiebei mit der Zunge b an dem gezahnten Bogen b, wobei das am unteren Ende des verticalen Hebel- armes angebrachte Gegengewicht B den Ausschlag massigt; \\ r enn der Arm A zur Ruhe kommt, so stemmt. sich die Zunge b an den letztpassirten Zahn und verhindert die Ruckdrehung des Armes, so dass der Ausschlag an der Nummerirung der Zahne abgelesen werden kann. Die Weite der Zahneinschnitte wird ein Grad genannt, und es ist, fur jede Pulvergattung vorgeschrieben, wie viel Grade an der Hebel¬ probe sie schlagen muss, um als kriegstauglich oder (bei eingetre- tener Deteriorirung) fur andere Zwecke brauchbar classificirt zu werden. Diese Probe ist nur fur ldeinkornige Pulversorten anwendbar. iith. tin- 'k.k. it. Mztitdr - Comity, ISM. 43 3.) Die Pulverprobe von TJchatius. In einen vertical gestellt.en Gewehiiauf A (Fig. 11) wird nebst der bestimmten Ladung aus dem zu untersuchenden Pulver das normalmassige Geschoss geladen und unter die Ladung ein Gasspannungsmesser von Uchatius eirigesetzt., welcher auf der Platte b aufsteht; beim Schusse dringt. das Geschoss in den Receptor c ein und dreht den Hebei B nach aufwarts, wobei er an dem gezahnten Bogen C schleift. Aus dem Ausschlage des Hebels B, welcher hier die ballistische Wirkung anzeigt,* und der Kerbe des Gasspannungsmessers (brisante Wirkung) wird die Qualitats- massigkeit des untersuchten Pulvers beurtheilt. Auch diese Probe eignet sich nur fur kleinkornige Pulversorten. II. Das Schiesspulver. a) Wesentliohste Eigenschaften. Das Schiesspulver gehort zu den mechanischen Gemengen; seine Bestandtheile sind: Salpeter (Kaliumnitrat), Kohle (in der Regel Holzkohle) und Schwefel. Als Basis fur die Zusammensetzung des Praparates und der durch die Explosion entstehenden Zersetzungs- producte dient die chemische Form el: 2 KNO t +3 C + S = 3 GO, + 2N -f K,S. Nach dieser Formel ergibt. sich die Dosirung theoretisch mit, 74 - 82 Gewichtstheilen Salpeter, 13-33 » Kohle, 11-85 » Schwefel oder in runden Zahlen: auf 75 Gewicht.stheile Salpeter 13 » Kohle und 12 » Schwefel. In der Wirklichkeit gibt, man gegenwartig dem Schiesspulver eine etwas andere Dosirung; beim osterreichischen Kriegspulver auf 74 Gewicht.stheile Salpeter 16 » Kohle und 10 » Schwefel. ** * Eine dem Apparate beigegebene Tabelle gibt die jedem Hebelausschlage entsprechende Anfangsgeschwindigkeit des Geschosses. ** In den ubrigen Staaten ist die Dosirung des Kriegspulvers nicht viel hie- von abweichend; in England und Russland beispielsweise kommen auf 75 Gthl. Salpeter 15 Gthl. Kohle und 10 Gthl. Schwefel; die Dosirung des deutschen Kriegs¬ pulvers ist genau gleich jener des osterreichischen. 44 Der Grand zu dieser Abweichung liegf. hauptsachlich darin, dass die zur Fabrication verwendete Holzkohle nicht. reiner Kohlenstoff ist, sondern auf ca. 80% Kohlenst off 20% and ere Beimengungen enthalt, dass daher, um eine geniigende Menge des bei der Explosion durch seine Verbrennung zu Kohlendioxyd den Hauptbestandtheil des Gases bildenden Kohlenstoffes zu erhalten, eine grossere Gewichts- menge an Kohle in das Praparat gebracht, werden muss. Beziiglich der Verbrennungsproducte folgt aus der obigen Formel theoretisch: 100 Gewichtstheile des Pulvers geben bei der Explosion 48 - 89 Gewichtstheile Kohlendioxyd CO 2 10-37 » Stickstoff N zusammen 59-26 » Gas und 40-74 » Kaliumsulfid K - 6554 (1 — 0-5771) sein. Geschieht. riacb der Explosion (nach ganzlicher Verbrennung des Pulvers im Ladungsraume) eine. Erweiterung des Raumes auf v, so ist die Gasspannung im erweiterten Raume ■ / r—r, y<>M p/ v — Q-57j >py V v — Vj \ v — 0-57 DVJ * Die speciflsche Arbeit des explodirenden Schiesspulvers ist demnach 700 x 424 = 296800 Itjgl- 46 Setzt man das Verhaltniss des erweiterten Raumes zum Ladungsraume f = 4, so folgt p = 6554 0-43J / 1 — 0-57 J> y°” 1 — 0-57D\J — 0'57-D/ 1 ' Die aus fruherer Zeit stammenden Angaben fiber die Absolutspannung des Pulvers weichen zum Theil sehr betrachtlich von denjenigen ab, welche durch neuere Untersuchungen festgestellt wurden.* Diese Angaben lassen sich zum Theil daraus erklaren, dass bei den be- ziiglichen Versuchen eine kleine Pulverquantitat verbrannt und die Warme des Entziindungsmittels nicht in Beriicksichtigung gezogen wurde. Ein bemerkens- werthes Beispiel dieser Art bilden die Versuche von Rumford, deren Resultate eine geraume Zeit hindurch in der Artillerie Geltung hatten, gegenwiirtig jedoch nur mehr ein historisches Interesse beanspruchen konnen, aus welchem Grunde hier eine kurze Beschreibung derselben folgt. Rumford verbrannte in einem kleinen Morser Pulverladungen, welche von 1 bis 18 Gran (O'07 bis 1 '25 9f) ge- steigert wurden, wahrend der Morser 25'64 Gran (circa 1'8 3/) des Pulvers vom specifischen Gewichte 1'077 fassen konnte; als Mass fur den jeder Ladung ent- sprechenden Gasdruck wurde jenes auf die Mundung des Morsers aufgelegte Gewicht betrachtet, welches bei der Explosion eben noch gehoben wurde. Der Versuch lieferte daher eine Reihe von relativen Spannungen, fiir welche die Formel y = 1 ■ 841 x 1 + °' 0004a ’ herausgerechnet wurde, in welcher x die Ladungs- dichtigkeit in Tausendstel des Explosionsraumes, y die Gasspannung in Atmo- spharen bedeutet; fiir x = 1000 resultirt demnach die Absolutspannung von 29,178 Atmospharen. Diese grosse absolute Spannung bei der von 1 nicht viel verschiedenen Dichte ist nebst anderen Ursaehen auch dem Umstande zuzuschreiben, dass die Entziindung durch eine ausgehohlte gliihende Kugel bewirkt wurde, welche den untern geschlossenen Theil des Morserchens umschloss, dass daher das Pulver schon in bedeutendem Grade erwarmt wurde, bevor die Explosion eintrat. Das Pulver gelangt in der Regel (insbesondere bei Ladungen in Feuerwaffen) in Kornern zur Verwendung; nur ausnahmsweise wird das Pulver ganz zerrieben (Mehlpulver) Oder in einem einzigen Stuck (Pulverkuchen) verwendet. Die Grosse der Pulverkorner unler- liegt sehr bedeutenden Verschiedenheiten; als Minimum des Kom- gewichtes kann O'005 Sf, als gegenwartiges Maximum 250 9 / gelten. Die Form der Kbrner ist bei dem feinkornigen Pulver meist. unregel- massig, wie sie sich bei der Fabrication durch das Zerschlagen eines Pulverkuchens ergibt; die grosseren Pulverkorner sind grosstentheils von regelmassiger spharischer, cylindrischer, cubischer oder pris- mat.ischer Form; das prismatische Korn ist grosstentheils der Lange nach mit Durchlochungen (Kanalen) versehen. * Aeltere artilleristische Schriftsteller schatzten die absolute Spannkraft des Pulvers haufig auf 50,000. ja selbst 100,000 Atmospharen. 47 Die absolute Dichte des Pulvers ist ungefahr = 2; die Korn - dichte schwankt je nach dem Grade der Pressung zwischen 1-4 und 1 - 9. Noch grosseren Verschiedenheiten ist die gravimet.rische Dichte (das Cubirgewicht) des gekornten Pulvers unterworfen; als Minimum derselben. kann 0 - 8, als Mittel ungefahr 1 angenommen werden. Die Entzundungstemperatur des Schiesspulvers betragt ungefahr 300° G. Dieser betrachtlichen Entzundungstemperatur ent- sprechend kann das Schiesspulver nur durch Beriihrung mit einem gluhenden Korper und durch, eine geniigende Warme entwickelnde Initialexplosionen sic her geziindet werden, walirend Stosse, Schlage und Reibung, wenn sie nicht, sehr heftig sind, sowie schwachere elektrische Funken, gewohnliche Flammen etc. in der Regel hiezu nicht hinreichen. Die Entzundlichkeit des Schiesspulvers ist im hohen Grade von derNatur derKohle abhangig: starker gebrannte (schwarze) Kohle macht. das Pulver schwerer entzundlich, als weniger gebrannte (braune oder rothe) Kohle. Ferner ist gut geglattetes — polirtes — Pulver schwerer entzundlich, als ungeglattetes, dessen Oberflache rauh ist; ebenso rundes und regelmassiges Korn schwerer als unregel- massiges, eckiges; ein grosserer Feuchtigkeitsgehalt beeintrachtigt sehr bedeutend. die Entzundlichkeit des Pulvers. Die Entzundungsgeschwindigkeit des Pulvers variirt be¬ deutend, je nach der Entzundlichkeit desselhen und nach den Um- standen, unt.er welchen die Entziindung geschieht, und betragt im Maximum ungefahr 120 7n j in der Secunde; dieses Maximum findet statt, wenn das Pulver im festen Einschluss entziindet wird, wobei es jedoch den Raum nicht vollstandig ausfiillen darf, damit die ent- wickelten Gase iiber die noch unentziindete Oberflache frei streichen konnen.* Die Verbrennungsgeschwindigkeit des Pulverkorns bei gewohnlicher Entziindungsart (Beriihrung mit einem gluhenden Korper, schwachere Initialexplosionen) wird im Maximum auf 3 in der Secunde geschalzt. Aus Versuchen wurde gefunden, dass filr Pulver von hestimmter Dosirung und bei bestimmten Verbrennungs- umstanden (Ladungsdichtigkeit etc.) das Product der Verbrennungs¬ geschwindigkeit in die Korndichte eine constants Grosse ist. Nachdem die Zeit, welche eine bestimmte Pulverladung zu ihrer vollstandigen Verbrennung benothigt, hauptsachlich von der Ver- * Die kleinste Entzundungsgeschwindigkeit hat selbstverstandlich frei liegendes Pulver; sie betragt nur ungefahr 5 m f in der Secunde. 48 brennungsgeschwindigkeit und von der Grosse der Korner abhiingt, nachdem ferner fur die erst.ere die Korndicht.e wesentlieh massgebend ist, so bieten nebst der Form der Korner vorziiglieh die beiden Fac- toren: Korndichte und Korngrosse — das Mittel an die Hand, bei Festhaltung einer bestimmten Ent.zundungsart die Verbrennungszeit und diedurch dieselbe bedingt.e Brisanz des Pulvers nachErforderniss zu regeln. Handelt es sich um Herabminderung der Brisanz, so wird man dichteres und- grobkorniges Pulver anwenden, soil hingegen die Brisanz gesteigert werden, so empfiehlt sich die Anwendung von weniger dichtem und feinkornigem Pulver. Ein weiteres Mittel, die Brisanz (Sprengwirkung) des Pulvers zu vergrossern, besteht in der Verwendung von starkeren EntziindungsmiUeln, welche eine raschere Zersetzung (Detonation) des Pulvers herbeizufiihren geeignet sind. Nach Ver- suchen von Roux und Sarrau wird eine sehr rasche Zersetzung (Detonation) des Pulvers erzielt, wenn die Entziindung durch ein Ivnallquecksilberkapsel geschieht und ein Hilfsdetonateur in Gestalt einer entsprechenden Quantitat Nitro¬ glycerin,* welches durch das Kapsel detonirt wird und die Detonation auf das Pulver iibertragt, zur Anwendung kommt; in diesem Falle soil die Sprengkraft des Pulvers viermal so gross sein, als bei der Entziindung auf gewohnliehe Art. Jedoch ist zu bemerken, dass die beziiglichen Versuche mit zu kleinen Pulver- mengen vorgenommen wurden, so dass die daraus gezogenen Schliisse vorlaufig nicht als unter alien Umstanden (fur grossere Ladungen) giltig angesehen werden konnen. Hingegen ist die Thatsache festgestellt, dass das Pulver wegen seiner schweren Entziindlichkeit durch ein Knallquecksilberkapsel allein nicht detonirt werden kann, wie dies bei entziindlicheren Praparaten (Nitroverbindungen) der Fall ist. Infolge seiner Zusammensetzung und der verhaltnissmassig hohen Entziindungstemperatur ist das Pulver weder der Selbste&tziindung unterworfen, noch erfordert seine Erzeugung, Elaborirung, Transpor- tirung, Aufbewahrung etc. besondere Vorsichtsmassregeln, um als un- gefahrlich zu gelten. Bei langsamer, vorsichtiger Erwarmung lassen sich sogar die Bestandtheite des Pulvers ganzlich von einander trennen, ohne dass eine Explosion eintritt, in- dem sich zuerst der Schwefel verfluchtigt, sodann der Salpeter geschmolzen und von der darauf schwimnienden Kohle zersetzt wird. Die wesentlichste Vor- sichtsmassregel bei Manipulationen mit dem Schiesspulver ist die Vermeidung allzu heftiger Schlage, Stiisse und Reibungen; erfahrungsgemass sind Schlage von Eisen gegen Eisen sowie von Messing gegen Eisen, Messing oder Kupfer fur die Entziindung am gefiihrlichsten, weniger Schlage von Kupfer auf Kupfer, Bronze, Holz etc., daher sind bei der Manipulation insbesondere eiserne Werkzeuge aus- zuschliessen und kupferne anzuwenden. * Eventuell eines anderen, Nitroglycerin enthaltenden Praparates: Dynarnit, in Nitroglycerin getrankfe Schiesswolle etc. 49 Obwol das Pulver, besonders bei. guter Glattung, nicht stark hygroskopisch ist, so busst es doch, often den atmospharischen Ein- tliissen ausgesetzt, in kurzer Zeit bedeutend an seiner Leistungsfahig- keit. ein, ja wird ganzlich unbrauchbar. Die unterscheidenden Kenn- zeichen des guten und des deteriorirten Pulvers sind insbesondere beim Kornpulver sehr in die Augen springend: das gute Pulver hat eine schwarze, schieferglanzende Farbe, es staubt nicht und farbt nicht ab, lasst sich zwischen den Fingern nicht leicht, zerreiben; die Farbe des verdorbenen Pulvers ist dunkler, matt und zeigt, bei hoeh- gradiger Deteriorirung weisse Flecken, welche vom efflorescirenden Salpeter herruhren; es staubt, farbt. ab, lasst sich zwischen den Fingern leicht zerreiben, backt zusammen und bildet Knollen, — ausserdem lasst sich die Deteriorirung des Pulvers an der Abnahme der Dichte und der Zunahme des Feuchtigkeitsgehaltes erkennen. Der Feuchtigkeitsgehalt des guten Pulvers betragt in der Regel 0'5 bis l'5°/ 0 , darf aber 2% nicht iibersteigen. Bei Steigerung des Wassergehaltes bis ungefii.hr 5% beginnt. die Ausscheidung des Salpeters und die dunklere Farbung des Pulvers, bei 8 bis 10°/ 0 Feuchtigkeitsgehalt die Knollenbildung, bei 12 bis 15% Feuchtigkeitsgehalt wird das Pulver ganzlich unbrauchbar. b) Erzeugung, Untersuchung und Verwendung des Schiesspulvers. Der Vorgang bei der Erzeugung des Schiesspulvers ist. im Wesentlichen folgender: Nachdem die Materialien (Salpeter, Schwefel, Kohle) fur die Verarbeitung vorbereitet (beschafft, gereinigt, zer- kleint) wurden, werden sie im vorgeschriebenen Dosirungsverhaltnisse gemengt; der hiedurch gewonnene Pulversatz wird zur Erreichung der beabsichtigten Korndichte in Kuchenform gepresst, sodann das Pulver gekornt und getrocknet. Zur Herstellung des unregelmassigen Kornes wird der Pulver- kuchen in Stucke, entsprechend der Korngrbsse, zerschnitten Oder zerdriickt; dieses Pulver wird vor dem vollstandigen Trocluien noch geglattet und nach dem Trocknen gewohnlich noch polirt.. I lie regel- massigen grossen Pulverkorner werden entweder aus schon aus- gefertigtem, zumeist ungeglattetem, feinkornigem Pulver oder aus den durch Zerschlagen der Pulverkuchen gewonnenen kleinen Stucken durch Pressen in vorgeschriebene Formen hergeslellt und dann nicht mehr geglattet oder polirt. Der Salpeter wird in Salpeterplantagen als Rohsalpeter oder aus Chilisal- peter (Natronsalpeter) gewonnen und raffinirf: der Scbwefel wird aus dem Handel 50 — bezogen und behufs Reinigung umgeschmolzen. Die Kohle wird durch Verkohlung von Erlen-, Faulbaum-, Lindenholz etc. in Kohlengruben Oder Destillirofen ge- wonnen; je nach dem Grade der Verkohlung unterscheidet man die Kohle in braune und schwarze, die erstere enthalt 70 bis 76% Kohlenstoff und ist leichter entzundlich als die letztere, welclie bis zu 85 % Kohlenstoff enthalt. (Zu viel gebrannte, sogenannte t o d t e Kohle enthalt zwar einen grosseren Kohlenstoff- gehalt, ist aber wegen ihrer schweren Entziindlichkeit fur die Pulverfabrication unbrauehbar.) Das Zerkleinen sowie das Mengen der Materialien geschieht grosstentheils .in Tonnen, welche in Rotation versetzt werden, durch eingebrachte Broncekugeln; der Pulversatz wird durch hydraulische oder Walzenpressen verdichtet. In alteren Pulverwerken wird haulig das Zerkleinen, Mengen und Pressen gleichzeitig in Kollermiihlen (durch in einer Kreisrinne umlaufende Mahlblocke) oder in Pulver- stampfen (durch vertical fallende Schiesser) bewirkt. Bei Erzeugung des groberen unregelmassigen Kornes wird der Pulverkuchen durch broncene Messer in regelmiissige, meist cubische Stiicke von der Grosse des Kornes zerschnitten, welche dann beim Glatten durch Abstossen der Ecken und Kanten eine unregelmassige Form bekommen. Das Zerdriicken des Pulver- kuchens behufs Gewinnung des feineren Kornes geschieht gewohnlich zwischen mit Stacheln besteckten Walzen. Die Herstellung des groben regelmassigen Kornes geschieht in der Regel durch hydraulische Pressen mit zweiseiligem Druek, d. h. es bewegt sich sowol der Stempel gegen die Matrize (Form) als auch diese gegen jenen, wodurch das Korn eine gleichmassigere Dichte erhalt; die Kanale beim prismatischen Pulver werden durch in die Matrize eingesetzte Dome, welche bei der Pressung in entsprechende Bohrungen des Stempels eintreten, erzeugt. Das Glatten des unregelmassigen Kornes erfolgt in rotirenden Glattetonnen oder in Rollfassern, wobei sich die Korner durch Reibung aneinander und am Tonnenumfange abschleifen; durch die sich entwickelnde Warme wird ein Theil des im Pulver enthaltenen Wassers verdampft, der Dampf erweicht die Ober- flache der Korner und diese verdichtet sich beim Erkalten zu einer glatten Kruste. Zum Troeknen des Pulvers wird in der Regel durch dasselbe ein Strom erhitzter Luft durchgetrieben, bis der Feuchtigkeitsgehalt. nicht mehr als 02 bis 0'3% betragt. Das Poliren geschieht durch Schiitteln in Sacken oder Sieben, wobei haufig eigene Polirmittel (grosstentheils Graphit) zur Anwendung kommen. Das Pulver mit unregelmassigem Korn wird nach der Ausfertigung sortirt, um das brauchbare Korn von dem zu grossen und zu kleinen, und falls mehrere nach der Korngrosse sich unterscheidende Pulversorten (Gevvehr-, ordinares Ge- schiitzpulver) zugleich erzeugt werden, diese von einander zu sondern; dies geschieht durch Siebe von verschiedener Maschenweite, welche derart tiber- einander angeordnet sind, dass das zu grosse Korn auf dem obersten, die brauchbaren Korner successive nach ihrer Grosse auf den unteren Sieben liegen bleiben, wahrend das zu kleine Korn durch das unterste Sieb durchfallt. Die Dntersuehung des neu eingelieferten l^ulvers erstreckt sich auf die Gontrolirung der Koi-ngr5sse. der Korndichte, des Feuch- 51 t.igkeitsgehaltes, der Glattung und Politur und der Leistungsfahigkeit in brisanter und ballistischer Beziehung.* Die Korngrosse kann bei dera groben regelmassigen Korn durch directe Messung, evenluell durch Chablonen controlirt werden; beim unregelmassigen Korn geschieht dies durch Sortirsiebe. Die Korndichte wil'd gewohnlich nur beim groben regelmassigen Korn digens bestimmt; beim unregelmassigen. be- sonders feineren Korn begnugt man sicli mit der Controlirung der gravimetrischen Dichte, w'elche sich aus dem Gewichte eines bestimmten Volumens Pulver ergibt und bei richtiger Korngrosse einen Ruckschluss auf die richtige Korndichte ge- stattet. Der Feuehtigkeitsgehalt ergibt sich aus der Gewichtsdifferenz vor und nach dem vollstandigen Trocknen, welch’ letzteres in der Regel mittelst Wasser- dampf geschieht. Uebrigens diirfen auch die Ersclieinungen, welche auf grosseren Feuehtigkeitsgehalt hindeuten, als: dunklere Farbung, weisse Flecken, geringere Harte etc., obwol dieselben beim neu eingelieferten Pulver kaum vorkommen diirften, nicht aus den Augen gelassen werden. Die Glattung und Politur wird durch Vergleich des eingelieferten mit dem Normalpulver gepriift. Die Priifung auf die Leistungsfahigkeit geschieht beim grobkornigen Pulver in der Regel durch Schiessen aus einem Geschutz, wobei Maximalgasspannung und Anfangsgeschwindigkeit (eventuell auch die Schussweite) beobachtet wird. Fur feinkornige Pulversorten (ordinares Geschutz- und Gewehrpulver) ist in Oesterreich die Pulverprobe von Uchatius und die Wagner’sche Hebelprobe vor- geschrieben. Das im ararischen Pulverwerk in Stein bei Laibach erzeugte Ge- schutzpulver soil auf der Probe von Uchatius 220 — 240 m j Anfangsgeschwindigkeit und nicht liber 400 Atm. Gasspannung, das Gewehrpulver aber 240 — 270 ’"/ Anfangsgeschwindigkeit und nicht uber 460 Atm. Gasspannung ergeben; auf der Wagner’schen Hebelprobe soli ersteres mindestens 90, letzteres mindestens 115 Grade schlagen. Mindergradiges, sonst brauchbares Pulver wird, wenn es auf der Wagner’schen Hebelprobe, und zwar das Geschiitzpulver zwischen 70 und 90, das Gewehrpulver zwischen 95 und 115 Grade schlagt, als zu Friedensiibungen brauchbar classified! und mit Lift. B (Gewehrpulver Litt. b) bezeichnet. wahrend das zu Kriegszwecken brauchbare, vollkommen gradhaltige Pulver die Bezeich- nung L. A. (Gewehrpulver Litt. a) erhalt. Das auch zu Friedensiibungen nicht brauchbare Pulver wird als Sprengpulver classified!. Die Pulvervorrathe miissen periodisch einer Untersuchung unterzogen- und nach Befund classificirt werden. Diese Untersuchung soli sich hauptsachlich auf die wahrend der Depositirung eingetretene Veranderung des Pulvers im Aussehen, Harte, * Eine Untersuchung auf die richtige Dosirung wird in der Regel, besonders wenn das Pulver in Regierungs- oder renommirten Privat-Etablissements erzeugt wurde, nicht vovgenomrnen. Soli sie dennoch geschehen, so wird zuerst der Salpeter durch Auslaugen des Pulvers mit warraem Wasser ausgezogen, sodann der Rest mit einem Mittel behandelt, welches den Schwefel lost, die Kohle aber nicht (am besten Schwefel-Kohlenstoff in Weingeist aufgelost). 4 * 52 Feuchtigkeitsgehalt, Dichfe etc. und besonders Gradhaltigkeit erstrecken. Pulver, welches sich nicht bis zum Grade volliger Unbrauchbarkeit verandert zeigt, wird vor der Leislungsprobe geliiftet, getrocknet, ausgestanbt. In der osterreichischen Marine besteht die Vorschrift, dass das depositirte Pulver jedes vierte Jahr, die von den ausgeriistet gewesenen Schiffen abgefiihrte Pulvermurtition aber jedesmal vor ihrer Depositirung untersucht und classificirt werden muss. Die von den Schiffen bei der Abriistung abgefiihrten ICardusen werden, wenn sie bei der Untersuchung keine Spur von Feuchtigkeit zeigen, nicht entleert, sondern sofort wieder verpackt; die feuchten Kardusen werden entleert und das Pulver gleich dem ledig (in Fassern Oder Kisten) depositirt gewesenen behandelt. Durch Feuchtigkeit aufgeweichtes oder knollig gewordenes sowie verun- reinigtes Pulver wird fur den Verschleiss als Sprengpulver hergerichtet, eventuell zur Gewinnung des Salpeters ausgelaugt; kleinere Quantitaten stark verunrei- nigten, giinzlich unbrauchbaren Pulvers werden vernichtet (ins Meer geschiittet). Minder feuchtes Pulver wird geliiftet, getrocknet, ausgestaubt, untersucht und nach den hiefiir bestehenden Vorschriften classificirt. Das feucht gewesene und getrocknete grobkornige Pulver wird als nicht mehr zu Kriegszwecken brauchbar betrachtet, sondern zu Friedensiibungen classificirt. Das kleinkornige Pulver wird mittelst der Wagner’schen Hebelprobo unter¬ sucht und nach der Gradhaltigkeit classificirt. Die wesentlichste Verwendung findet das Schiesspulver, wie schon sein Name andeutet, als Schiesspraparat, wozu es vermoge seiner verhaltnissmassig geringen und regulirbaren Brisanz vorzuglich geeignet, ist. Eine weitere, wenn auch verhaltnissmassig geringe Verwendung tindet das Pulver als Sprengpraparat zur Fiillung von Hohlgeschossen, von Seeminen und von Minen am Lande, ferner bei Entziindungs- mitteln (Initialexplosionen der schwachsten Gattung), zu Anfeuerungen, zur Fortleitung des Fetters, zu Treibsatzen etc. Zur Fiillung der Hohlgeschosse und Seeminen werden die brisantesten, daher in erster Linie kleinkornigen Pulversorten angewendet. Anfeuerungen korn- men bei festgeschlagenen Satzen (Brandgeschosse, Blickfeuer etc.) vor und sollen die F.ntziindung derselben vermitteln; hiezu wird in der Regel Mehlpulver ver- wendet. Als Feuerleitung werden in Salpeterlauge gebeizte und mit Mehlpulver iiberzogene Baumwollfiiden (Stoppinen) angewendet. In den Entziindungsmitteln hildet das Schiesspulver die Verstarkung des eigentlichen Ziindsatzes, von welchem es entziindet wird, urn das Feuer der zu entziindenden Ladung mitzutheilen; solche kleine Ladungen der Entziindungsmittel (Brandel, Ziinder etc.) werden Sch 1 aglad un ge n genannt, 53 Dem Schiesspulver ahnliche Praparate. Hieher sind solche Praparate zu rechnen. bei welchen die Bestandtheile des Schiesspulvers selbst in principiell anderer Dosirung vorkommen. Oder solche. in welchen einzelne Bestandtheile des Pulvers ganzlich oder theilweise durch andere verwandte Stoffe ersetzt sind. Das erstere kommt beim Sprengpulver vor, welches einen geringeren Salpeter- und einen hoheren Kohlengebalt hat, als das gewohnliche Schiesspulver (Kriegspulver). Infolge der grosseren Menge des Kohlenstoffes und der geringeren Menge des Sauerstoffes (im Salpeter) verbrennt beim Sprengpulver der Kohlenstoff nur unvollstandig, namlich nicht, zu Kohlendioxyd , sondern zu Kohlenmonoxyd; das Sprengpulver ist daher principiell Kohlenmonoxydpulver, das Kriegspulver hingegen Kohlendioxydpulver. Die theoretische Formel des Sprengpulvers ist: 2 KN0 3 + 6 C+S= K 2 S + 6CO + 2 N. Dies wiirde auf die Dosirung 66 ■ 0 Gewichtstheile Salpeter, 23'5 » Kohle und 10 • 5 » Schwefel fiihren. Die Verbrennungsproducte waxen 35’95 Gewichtstheile Kaliumsulfid, 54 "90 » Kohlenoxyd, 9 • 15 » Stickstoff, somit ungefahr 36 Gewichtstheile Rtickstand und 64 Gewichtstheile Gas. Da schon dem Gewichte nach eine grossere Gasmenge vorhanden, da ferner das Kohlenoxydgas eine kleinere Dichle hat als das Kohlendioxydgas, so liefert das Sprengpulver ein grosseres Volumen Gas als das Kriegspulver. namlich von 1 kjg Pulver circa 500 Q Nachdem jedoch die durch Verbrennung der Kohle zu Kohlenoxyd gelieferte Warme bedeutend geringer ist, als bei Verbrennung zu Kohlendioxyd. namlich von 1 2400 Calorien (gegen 8080 bei C0 2 ), so ist die Explosionswarme, daher auch die Verbrennungstemperatur und die Gasspannung, beim Sprengpulver eine kleinere als beim Kriegspulver. Ueberdies ist die Ver- brennungsdauer des Sprengpulvers grosser, daher die Brisanz geringer, als je’ne des Kriegspulvers. Das Sprengpulver ist demnacb vermoge seiner geringen Brisanz kein eigentliches Sprengpraparat, obwol es ausschliesslich als solches angewendet wird; dies geschieht jedoch nur zu Sprengungen in Erde und weichem Gestein, wo eine mehr nachhaltige, erschiitternde und zerkleinende Wirkung erwiinscht i^t. Ausserdem ist das Sprengpulver infolge des geringeren Salpetergehaltes und der minder sorgfaltigen Erzeugung billiger als Kriegspulver, was es fur minder wichtige Zwecke der Technik verwendbarer erscheinen lasst. Neuerer Zeit treten auch in dieser Beziehung die eigentlichen brisanten Sprengpraparate immer mehr an die Stelle des Sprengpulvers. Die Mitte zwischen diesem Sprengpulver und dem eigentlichen Schiess¬ pulver halt das aus 62 Gthl. Salpeter, 20 Gthl. Kohle und 18 Gthl. Schwefel bestehende Sprengpulver, welches zum Theil CO, zum Theil C0 2 liefern soil. — 54 Zu der zweiten Klasse der dem Schiesspidver ahnlichen Praparate gehoren hauptsachlich solche, bei welchen anstatt des Kaliumnitrates Oder nebst dem- selben andere Stoffe als Trager des Sauerstoffes verwendet werden. Die wich- tigsten sind folgende: Na tr o n p u 1 ve v, in welchem anstatt des Kalisalpeters Nalronsalpeter (Natriumnitrat) angewendet wird; dies geschieht wegen der grossen Hygrosko- picitat des Natronsalpeters nur dort. wo fur das momentan zu beschalfende Pulver kein Kalisalpeter zur Verfugung steht. Barytpulver, in welchem zur Herabminderung der Brisanz 40 bis 80.% des Kalisalpeters durch Baryumnitrat. ersetzt sind. Pulver mit Kaliumehlorat. von welchem mehrere Gattungen ver- sucht warden; die bekannteste ist das weisse Schiesspidver von Augendre, welches aus Kaliumehlorat ( KCIO, ), gelbem Blutlaugensalz (K i C li N l .Fe) und Zucker besteht und am wirksamsten sein soil, wenn 49 Gthl. KCI0 3 , 28 Gthl. K l C e N 6 Fe und 23 Gthl. Zucker gemengt werden. Im Allgemeinen sind die Pulversorten mit Kaliumehlorat brisanter und ent- ztindlicher als gewohnliches Pulver, daher als Schiesspraparate nicht. anwendbar. III. Explosive Nitro verbindungen. Um mbglichst kraftige Praparate zu erhalten, werden die be- treffenden organischen StofTe in der Regel dreifach nitrirt, nach der chemisohen Formel: C a E t Oc+ 3 HNO, = C a H^ t (NO t yO e + 3 H t O. Bei der Fabrication der meisten Praparate wird der Salpeter- saure, durch deren Einwirkung auf den organischen Stoff die Nit.ri- rung vor sich geht, die zwei- bis dreifache Gewichtsmenge an con- centrirter Schwefelsaure zugesetzt,. welch' letztere die Aufgabe hat, durch Ansichziehen des \\ r assers wahrend der Nitrirung die Salpeter- saure concentrirt. zu erhalten. A. Schiesswolle. Unt.er alien explosiven Praparaten, welche durch Nitrirung der Holzfaser Oder Cellulose in mancherlei Formen, als: Holzstoff, Papier, Leintaser, Baumwolle etc., entstehen und den Collectionsnamen Pyro¬ xylin fuhren, hat die Schiesswolle die grosste Bedenlung und wich- tigste praktische Anwendung gefunden. Schiesswolle ist dreifach nitrirte Baumwolle;* die Nitrirung geschieht nach dem Schema: 2 + (l—e ) 2 r + ( i -<£) 8 ’ ftir den unabgeplatteten: SB — to • . • ? T 1 Fur einen rotirenden Kreisbogen (Fig. 15), wenn die Ver- langerung von AB durch den Mittelpunkt C des Kreises geht., so dass 78 Fig. 15. /dx \ ! Xdy) (« + vT 0 + y) 2 R*-{a + yT die Seite BD des cylindrischen Geschosstheiles in B tangen¬ tial zum rotirenden Bogen lauft, daher der Uebergang von der Spitze zum Cylinder ein sanft vermittelter ist (ogivale Form), ist worin a = AC den Abstand der Rotationsaxe vom Kreis- mittelpunkte, B den Radius des rotirenden Kreisbogens bezeichnet. Hieraus folgt: (dx\ 2 R 2 / dx\ 1 \dy) Hiemit findet man den Widerstand auf die Mantelflache W = ^ [l (£* - « 2 ) - o 2 ) - 1 « (r 3 - c 3 ) - 4 (r* - c 4 )] Oder W= |^6(i? 2 — a 2 ) (r 2 — c 2 ) — 8 a(r 3 — c 3 ) — 3(r 4 '—c 4 )J. Um i? und a durch die Hohe A der Geschosspitse auszudriicken, hat man (fur den Punkt b) A 2 — ]— (a -J- c) 2 — R 2 und a = R — r, daher h 2 -)- R 2 — 2 (r — c) R -j- (r — c) 2 = A 2 , woraus A 2 -(- ( r LL. c )« _ t A 2(r — c) R — a a — R r, R + A 2 + |(r — c) T ( r + c ) A 2 — c, fi 2 — a 2 = w= und damit K7T folgt. ; ,^6rA 2 (r+ c) — 6 rc (» ,a — c 2 ) — 4/f, 2 (r 2 -(-rc-|- c 2 ) + 4 (r+c) (j’ 3 — c s ) — 3(r* — c 4 ) J, (r “ C ) [ 2A *( r + 2c ) + (r + c) (r - c)«], W7V ( r — c )*)* [ ^ “I - 2c ) ( r “t - ' c ) ( r c ) 2 ]+ C*ntO 2A 2 -f Fiir e = o ist (2AV + r 3 ) = ¥ »ror* 79 Der specifische Widerstand auf ein abgeplattet.es Ogival ist r it) (I-®) 3 [$■ + (!-<£)*]■ ~2§ 2 (i + 2®) + (1 + g) (1 — + ev 2£)2 I 2 auf ein unabgeptattet.es: 858 = -|t» ^ s _|_ Geht. das Ogival in die Halbkugel uber, so ist § = 1 und somit. 28 = y to, d. h. der Widerstand auf die Halbkugel ist halb so gross, wie jener auf die ebene Begrenzungsflache. Der specifische Widerstand. auf anders geformte Geschosspitzen ergibt sich auf ahnliche Art. So findet man fiir ein Ellypsoid, wenn die kleine Axe der rotirenden Ellypse mit dem Ende der Geschossspitze zusammenfallt, 1 — © 2 lCo 2 § 2 + E 2 - § 2 , _ §!_ i y e 2 tp 2 +(i- Lg £>- - l]j abgeplattet: SB = fo 2 v r ^ unabgeplattet: 28 = in v „ — , T.. § — 1 L® fiir ein Paraboloid, , (1 — © 2 ) 2 (1 — © 2 ) : ij ~) 2 9 (1 — S 2 ) 3 + 4 © 2 § 1 -© 2 ) 2 i + © 2 J+© 2 ro, abgeplattet: SB = — in - + ® 2 W, unabgeplattet: SB § 2 Lg (1 + 4§ 2 ). Wenn man die vorstehende Ableitung des Luftwiderstandes als Leitfaden fiir die Beurtheilung verschieden geformter Geschosspitzen annimmt, so miissen drei Factoren als auf die Grosse des Luftwiderstandes Einfluss nehmend in Beriicksichtigung gezogen werden, u. zw. die Gattung der Curve, durch deren Rotation die Oberflache der Geschosspitze entsteht (Grundform, mathematisch durch y = f(x) ausgedruckt), die relative Ho he der Spitze (§) und die Abplattung (mathematisch durch den relativen Abplattungsradius © reprasen- tirt). Im Nachfolgenden sollen diese drei Factoren einer kurzen Erlauterung unter- zogen werden: 1. ) Einfluss der relativen Hohe der Spitze. Fur unabgeplattete Spitzen von conischer und ogivaler Form findet man, wenn man § variiren lasst: fur § = 1 2 3 4 5 , Kegel = 0-5, 0-2, 0-1, 0-0588, 0-0385 ® Ogival = 0-5, 0-24, 0-1267, 0-0761, 0-0503 Diese Reihen zeigen, dass der Widerstand bei jeder Spitzenform umso kleiner wird, je langer (schlanker) die Spitze ist, was wohl schon aus dem Gange der Ableitung erhellt. Ebenso ist natiirlich, dass sich dieses Gesetz der Abnahme des Widerstandes bei Verlangerung der Spitze nicht iindert, wenn eine bestimmte (durch ein constanles 6 charakterisirte) Abplattung angenommen wird. 2. ) Einfluss der Abplattung bei gegebener relativer Hohe der Spitze. Nimmt man als Basis § = 2 (die Spitzenhohe gleich dem Kaliber) an, so ergibt sich fur © = 0 0-1 0-2 0-3 0-4 0-6 0-8 1 , Kegel = 0-2, 0-1767, 0-1724, 0-1893, 0-2293, 0-3846, 0-6435, 1 m Ogival = 0-24. 0-2304, 0-2297. 0-2424, 0-2729, 0-4040, 0-6468, 1 80 Wie ersichtlich, kommt bei unveranderlieher Spitzenhohe der kleinste Widerstand nicht der unabgeplatteten (scharf zugespitzten), sondern einer auf bestimmte Art (hier ungefahr mit dem Radius c = 0’2r* abgeplatteten Spitze zu. Um dies streng mathematisch zur allgemeinen Evidenz zu erheben, soli der specifische Widerstand in seiner Abhangigkeit von der Abplattung: SB = F( 1 (e^>r) ergeben wiirde, so kann nur © = 1 + •fcV1 Fig. 16. yi 2 + dem Minimum entsprechen. Diesel’ Aus- druck ist fur alle Werthe von § reell unci positiv, es bedingt daher bei jeder Spitzenhohe eine wirkliche Abplattung das Minimum des Widerstandes. Fur die obige Annahme § = 2 wiirde sich © = O’17157 als relativer Abplattungsradius ergeben, bei 1 welchem der specifische Widerstand auf den Kegel ein Minimum wird; dieser Widerstand ist 3B=0’17157to. Dass durch die Abplattung der Spitze bei unverandert bleibendem Ver- haltnisse der Spitzenhohe zum Kaliber der Widerstand vermindert werden kann, ist eine Folge des verschiedenartigen Einflusses, welchen eine Zunahme des Abplattungsradius auf die beiden Theile W und W‘ des Widerstandes ausiibt. Ist in Fig. 16 Aa die in ihrem Ver- hiiltnisse zum Geschossradius AB unveranderliche Hohe der Ge- sehosspitze, so wird der Wider¬ stand auf den unabgeplatteten Kegel einen vom Winkel c( 0 abhangigen Werth reprasentiren. Wenn der Winkel a abnimmt, so vermindert sich der Widerstand auf die Man- telflache und wird fur a — 0, d. h. wenn der Kegel in den Cylinder iibergeht, ebenfalls = 0. Diese Verminderung von a kann bei un¬ veranderlieher Hohe nur stattfinden, folglich vermindert die Abplattung den je grosser der Radius derselben ist. An- W' = e 2 JTto im quadratischen Verhaltnisse Ist nun der Einfluss der Abplattung auf W wenn die Spitze abgeplattet wird Widerstand W, u. zw. umsomehr dererseits wachst del’ Widerstand mit dem Radius der Abplattung. grosser als auf W‘, so wird der Gesammtwiderstand W s abnehmen; im Gegen- falle, wenn namlich der Einfluss der Abplattung auf W‘ uberwiegt, wird W„ Fiir das Elliypsoid und das Paraboloid ergibt sich Aehnliches. / zunehmen. Soil zwischen den beiden Grenzwerthen von W s (fur © = 0 und © = 1) dieses durch ein Minimum hindurehgehen, so muss es zuerst ab-, dann zunehmen, d. h. es muss der Einfluss der Abplattung zuerst auf W starker sein als auf W\ der erstere muss abnehmen, der letztere zunehmen; dort, wo sie gleich sind, findet das Minimum von W s statt, dariiber hinaus muss der Einfluss auf W‘ iiberwiegen. Diese Verhaltnisse flnden auch in der That statt, wie eine Betrach- tung des Kegels zeigt: beim Auseinanderrucken der Seiten Bb und B'b‘ nimmt der Winkel a anfangs stark, dann immer weniger ab, wiihrend die dadurch ent- stehende Kreisflache b(a)b‘ anfangs klein ist, aber sehr rasch zunimmt. 3.) Einfluss der Gattung der Begrenzungscurve (Grundform). Man findet den specifischen Widerstand fur verschieden gestaltete Geschosspitzen ohne Abplattung bei einer relativen Spitzenhohe von § = 1 2 ?? j Kegel = 05, 0-2, lu Ogival =0-5, 0-24. Ellypsoid = O'5, 0-2828, Paraboloid = 0-4025, 0-1771, 3 01 , 0-1267, 0-1840, 0-1003. Hieraus ersieht man, dass parabolische und conische Geschosspitzen einen kleineren, ellyptische aber einen grosseren Widerstand erleiden als ogivale. Fasst man das in der vorstehenden Erlauterung Angefuhrte zusammen, so ergeben sich fur die Frage nach der giinstigsten Form der Geschosspitze folgende Anhaltspunkte: Der Widerstand ist im Allgemeinen umso geringer, je liinger die Geschosspitze ist. Bei ge- gebener relativer Hohe der Geschosspitze kann, wenn eine bestimmte Begrenzungscurve fur die Rotationsflache zuGrunde gelegt wird, durch Rechnung diejenige Abplattung gefunden werden, welche ein Minimum des Widerstandes bedingt; dieses Minimum ist aber nur ein relatives, daher die dasselbe bedingende Spitzenform nur die relativ glili¬ st igste, d. h. nur insoweit die giinstigste, als die Anwendung anders gestalteter Spitzen ausgeschlossen wird. Nachdem jedoch verschie- denen Begrenzungscurven auch verschiedene Minima des Widerstandes entsprechen, so kann die (absolut) giinstigste Spitzenform nur diejenige genannt werden, deren Oberflaehe durch Rotation einer Curve ent- steht, die unter alien moglichen Curven das kleinste Minimum des Luftwiderstandes bedingt. Die Frage nach der absolut gun- stigsten Form der Geschosspitze beschrankt sich demnach nicht auf die specielle Construction einer bestimmten Curvengattung (wie dies bei der relativ giinstigsten Form der Fall ist), sondern sie geht auf die zu wtihlende Gattung der Curve selbst. Mathematisch aus- gedruckt: Bei Ermittlung der relativ giinstigsten Form der Spitze wird die allgemeine Form der Gleichung x — f(y ) der rotirenden Curve 82 als Basis angenommen unci es werden die in dieser Function vor- kommenden cons tan ten Grossen der Forderung gemass bestimmt, dass SB ein Minimum werde; bei Ermittlung der absolut giinstig- sten Spitzenform aber steht in erster Linie die Form der Function y — f(x) selbst, in Frage und muss der Bedingung gemass gefunden .r yfy +(!)■' werden, dass W — 2\v/u I ein Minimum sei. Die Losung dieses Problems fiihrt auf die Curve des klein- sten Wider stand es* Die Kenntniss derselben hat jedoch nur ein theoretisches Interesse, denn die Herleitung dieser Curve basirt auf dem nicht, unanfechlbar feststehenden quadratischen Luftwiderstands- gesetze und auf der Annahme des bestandigen Zusammenfallens der Geschossaxe mit der Bewegungsrichlung, so dass es fraglich ist, ob bei Beriicksichtigung aller den Luftwiderstand beeinflussenden Fac¬ tored! und bei verschiedenen Lagen der Geschossaxe gegen die Be- wegungsrichtung die durch diese Curve begrenzte Flache bedeutend giinstiger ist, als andere Formen.** Ueberdies verlauft diese Flache nicht glatt in den cylindrischen Hintertheil des Gescliosses, d. h. es bildet die Seite des Cylinders nicht. eine Tangente an die Begrenzungs- curve des Kopfes, wodurch das Abfliessen der Luff, kings des Ge- schosses eine Storung erleidet. Nachdem dieser letztere Umstand bei den Formen Kegel und Paraboloid, welche beziiglich des Luftwider- standes theoretisch als die zunachst gtinstigsten erscheinen, ebenfalls stattfmdet, so wird die Geschosspitze in der Regel als Ogival con- struirt. Auch wird die Spitze gewohnlich nicht, abgeplattet,*** obwol * Hiebei kommt der sogenannte Variationscalcul zur Anwendung. Nachdem derselbe fiber die Grenzen dieses Buches hinausgeht, nachdem ferner die Curve des kleinsten Widerstandes (wie ini Text weiter ausgefiihrt) von keiner praktischen Wichtigkeit ist, so mag die obige Andeutung fiber die mathematische Bedeutung des Problems geniigen, ohne dass auf die Losung selbst eingegangen wird. ** In der That haben Versuche gezeigt, dass fiir die Grosse des Luftwider- standes die Form der Geschosspitze von weitaus geringerer Bedeutung ist, als dies nach der vorstehend entwickelten Theorie der Fall sein soltte; diese Form wird immer gleichgiltiger, je grosser die Geschwindigkeit des Geschosses wird. *** Dort, wo eine Abplattung vorkommt, wie bei den mit Zfindern versehenen Geschossen (Ziindergranaten und Schrapnels), ist sie keine beabsichtigte, sondern ergibt sich von selbst durch das ausgestossene Mundloeh. Die Geschosse mit einer sehr bedeutenden Abplattung, deren Durchmesser wenig von dem Kaliber verschieden ist, die sogenannten Stempelgesctiosse von Whitworth, sind 83 Fig. 17. bei Festhaltung einer bestimmten Hohe des Geschosskopfes eine kleine Abplattung (wie nachgewiesen) fur den Luftwiderstand voiiheilhaft erscheint. Hiiufig wird das Ogival nicht ganz bis zur Spitze forlgesetzt, sondern durch einen aufgesetzten Conus {Fig. 16, a) oder eine Ku- gelhaube (Fig. 17, b), vervoll- standigt. Ausser der ogivalen Kopfform kommen noch halb- kugelformige und conisehe Ge- schosspitzen sowie ganz cylin- drische Geschosse* * vereinzelt vor. DerHintertheil des Geschosses ist in der Regel (abgesehen von dem Flihrungsmittel) vollstandig cylindrisch; eine conisehe Ver- jiingung am Boden ist zwar fur die Verminderung der Luftverdunnung hinter dem Geschoss und fiir das leichtere Eindringen in feste Medien von Vortheil, hat aber anderer- seits den Naehtheil, dass das Geschoss im Rohre dem Pulvergas eine kleinere ebene Flache zum An griff darbietet. II. Bedingungen der Treffsiclierheit und Mittel zur Erzielung derselben. Die Treffsicherheit erfordert, dass bei den unter denselben Umstanden abgegebenen Schiissen sowol die Geschosse das Rohr in derselben Richtung verlassen, als auch, dass die Einflusse, welche das Geschoss ausserhalb des Rohres von seiner Abgangsrichtung abziehen, in moglichst gleichmilssiger und bestimmter Weise auftreten. J fie Abgangsrichtung des Geschosses ist durch die Stellung des Geschutzrohres im Abgangsmomente vorgezeichnet; es kann aber nur dann ganz sicher darauf gerechnet. werden, dass das Geschoss das eigentlich als cylindrische Geschosse mit einer schwachen Verjungung am Vorder- theile zu betrachten, welcher eine gleiche Verjiingung am Hintertheile entspricht. * Diese Geschossform ist fiir die Ueberwindung des Luftwiderstandes aller-dings ungtinstig, bietet aber bei Panzergeschossen den Vortheil, dass diese beim schragen Feuer nicht so leicht von der Panzerplatte abprallen, wie die Geschosse mit abgerundeten Spitzen (sielie fiinfler Abschnitt). u* 84 Rohr in dieser Richtung wirklich verlassen wird, wenn die Langenaxe desselben wahrend der ganzen Bewegung im Rohre mit der Rohraxe zusammenfallt, d. h. wenn das Geschoss genau centrirt ist. Dies wird ; Geschoss und Bohrung conform und symmetrisch vorausgesetzt, nur dann moglichst vollkommen erzielt, wenn das Geschoss von den Bohrungswanden bestandig dicht umschlossen bleibt. (wenn kein Spiel- raum vorhanden ist), da sonst, das Geschoss eine schwankende, sprin- gende Bewegung im Rohre annimmt, was eine im Allgemeinen un- controlirbare Abweichung seiner Abgangsriehtung von der Richtung der Rohraxe zur Folge hat. Ausserhalb des Rohres ist das Geschoss der Einwirkung der Schwerkraft und des Luftwiderstandes unterwort'en, welche beiden Krafte die lebendige Kraft (Triebkraft) des Geschosses bestandig modificiren und das Geschoss aus seiner Abgangsriehtung ablenken. So lange die Angriffspunkte dieser Krafte mit dem Angriffs- punkte der Triebkraft zusammenfallen, wird die durch dieselben her- beigefiihrte Ablenkung des Geschosses aus der Abgangsriehtung in der einfachsten Weise vor sich gehen: durch die Schwerkraft, wird das (feschoss continuirlich nach abwarts gezogen, so dass es, anstalt einer geradlinigen, eine nach abwarts gekrummte Balm beschreibt, — durch den Luftwiderstand wird nur die Geschwindigkeit des Ge¬ schosses vermindert und die Bahn derart. modificirt, dass sie eine andere, von der Grosse des Luftwiderstandes abhangige Kriimmung erhalt, ohne dass die Geschossaxe aus der Verticalebene (Schuss- ebene) tritt. Fallen jedoch die Angriffspunkte der drei Krafte nicht, iiberein, so entstehen Drehmomente, welche sowol eine weitere Modification der Babnkrummung bewirken, als auch das Geschoss aus der Schussebene drangen konnen. Die Triebkraft des Geschosses kann man sich im Geschoss- schwerpunkte vereinigt denken; nachdein dieser Punkt ebenfalls der Angriffspunkt der Schwerkraft ist, so kann (abgesehen von einer etwaigen, bei der Bewegung des Geschosses im Rohre erzeuglen Drehung) ausserhalb des Rohres nur der Luftwiderstand zum Auftreten von Drehmomenten Anlass geben, im Falle die Resultante des Luftwiderstandes in ihrer Verliingerung nicht auf den Geschoss- schwerpunkt, trifft. Dass in der durch Drehmomente complicirten Bewegungsweise des Geschosses im Allgemeinen mehr Veranlassungen zu Unregel- massigkeit.en in den Flugbahnen der in einer und derselben Richtung 85 abgehenden Geschosse und in ihrem Auftreffen am Ziele liegen miissen, ist wohl begreiflich* Unter Umstanden kann jedoch das Auftreten eines Drehmomentes Von Vor- theil sein, wie die nach- stehende Erwiigung zeigt. Ist. AB (Fig. 18) die Ab- gangsrichtung eines Lang- geschosses, so wird sich- dasselbe infolge der Wir- kung der Schwerkraft immer mehr unter diese Linie senken, daher sich in einem bestimmten Zeitmomente nic-ht in a, sondern in a befinden; durch diese Senkung wird sich die Richtung seiner Langenaxe mn nicht andern, hingegen wird die Bewegungsrichtung, die Tangente pq an die Flugbahncurve, eine andere werden, u. zw. wird diese um so mehr von mn abweichen, je weiter das Geschoss sich von A entfernt,. Infolge dessen wird das Geschoss immer mehr seine Langseite nach vorwarts kehren, daher nicht nur einen sich stets steigernden Luftwiderstand erleiden, sondern auch in schief'er Lage gegen das Zielobject aufschlagen, daher schwerer in dieses eindringen. Tritt jedoch ein Drehmoment. auf, welches die Geschossaxe mn gegen die Bewegungsrichtung zu herunter dreht., so da.ss sie wahrend des ganzen Fluges nur wenig von der Bahntan- gente pq abweicht, so wird der Luftwiderstand auf das Geschoss ver- mindert. und es wird dieses mil, der Spitze auf das Ziel treffen. Hin¬ gegen ware ein Drehmoment, durch welches der Vordertheil der Geschossaxe von vorne gegen riickwarts gedreht. wird, sehr nach- theilig, nachdem dieses die Geschossaxe noch schiefer gegen die Bahn stellt oder wol gar das Geschoss ganzlich zum Ueberschlagen bringt.. Zur Orientirung iiber die Verhalf.nisse, unter welchen Drehkrafte uberhaupt auftreten, sowie welchen Einfluss dieselben auf die Geschoss- balin ausiiben, soli eine allgemeine Betrachtung iiber den Verlauf der Geschossbewegung angestellt werden; hiehei werden sich auch * Die eigentlichen Orsachen dieser Unregelmassigkeiten sind, so weit sie von der Geschosseinrichtung abhangen, in den praktisch unvermeidlichen Fehlern bei der Geschosserzeugung zu suchen, wodurch kleine Verschiedenheiten in der Form, in den Dimensionen, im Gewichle und in der Schwerpunktslage der Ge¬ schosse entstehen. 86 die Mitt el ergeben, welche angewendet werden miissen, um schadliche Drehmomente zu vermeiden nnd vortheilhafte hervorzurufen. Zur Vereinfachung dieser Betrachtung soli der Luftwiderstand als eine active, auf das Geschoss von vorne einwirkende Stosskraft betrachtet, d. h. die Sache so angesehen werden, als ob das Geschoss sich in Ruhe befande nnd die Luft sich gegen dasselbe bewegen wurde. Ebenso sollen die beiden Geschossformen: spharische Geschosse (Rund- geschosse) und cylindrische Geschosse (Langgeschosse) abgesondert, betrachtet werden. a) Rundgeschosse. Angenommen, das Rundgeschoss sei eine homogene Kugel, deren Schwerpunkt, mit dem Mittelpunkt genau zusammenfallt, so wird dieses Geschoss, welche Seite immer es nach vorne wenden mag, eine gleich grosse Oberflache dem Luftwiderstande darbieten, daher wird dieser unter alien Umstanden unverandert bleiben. Wenn ein solches Rundgeschoss die Bewegung im Rohre vollkommen centrirt. (ohne Spielraum) zurucklegen, daher in der durch die Rohraxe vorgezeichneten Richtung ohne irgend welche Drehung aus der Miindung t.reten wurde, so wurde die Resultante des Luft- widerstandes wahrend des ganzen Fluges auf den Geschosschwerpunkt. treffen, und es konnte der Luftwiderstand weder zu einer Drehung des Geschosses noch zu einer Unregelmassigkeit der Flugbewegung Anlass geben. Nun ist aber das Rundgeschoss in der Regel ein Spielraum- geschoss; infolge dessen fallt der Schwerpunkt a (Fig. 19) eines vollkommen symmetrischen (concentrischen) Geschosses vor Beginn der Bewe¬ gung im Rohre unter die Rohraxe ^ MN .. Beim Auf- treten des Gas- druckes wird das Geschoss durch das iiber demselben (beim Spielraum) vorbeistreichende Gas gegen die untere Bohrungswand gedruckt; die Repulsion der Rohrwand schnellt das Geschoss gegen aufwarts, bis es an die obere Bohrungs¬ wand anschlagt, von dieser wieder nach abwarts geworfen wird etc. Der Schwerpunkt beschreibt demnach den Weg abed das Ge¬ schoss verlasst das Rohr unter einem grosseren, als dem durch die Richtung der Rohraxe vorgezeichneten Winkel, wenn der let.zte Auf- 87 schlag an der unteren, und unter einem kleineren Winkel, wenn der letzte Aufschlag an der oberen Bohrungswand erfolgt. . Ueberdies erhalt das Geschoss im Rohre eine Drehung um eine zur verticalenSchussebene senkrechte (horizontale) Axe, u. zw. wird das in der Stellung a befindliche Geschoss, da die untere Geschoss- halfte infolge der durch das Geschossgewicht und den Druck des Liber dem Geschoss streichenden Gases erzeugten Reibung schwerer beweglich ist als die obere, eine Drehung von vorne gegen unten annehmen. 1m Punkte b entsteht infolge der durch das Anschlagen des Geschosses verursachten plotzlichen Hemmung der oberen Geschoss- halfte und den Druck des jetzt unterhalb entweichenden Gases ein Impuls zur Drehung des Geschosses in entgegengesetzter Richtung von vorne gegen oben; diese Drehung wird aber in der Regel nicht zur Aus- fiihrung gelangen, da erst die im Punkte a angenommene ent.gegen- gesetzte aufgehoben werden miisste, und da hier das Geschossgewicht dem Drehimpuls nachtheilig wirkl. Es wird demnach in b nur eine Ermassigung der im Punkte a erlangten Drehung eintreten. Im Punkte c, und so bei jedesmaligem Anschlagen an der untern Bohrungswand, wird das Geschoss einen neuen Drehimpuls im Sinne der in a an- genommenen Drehung, daher eine Beschleunigung der urspriing- lichen Drehbewegung, — im Punkte d aber, und bei jedesmaligem Anschlagen an der oberen Bohrungswand, einen entgegengesetzten Drehimpuls, daher eine Verzogerung der urspriinglichen Drehung erfahren: das Geschoss wird demnach das Rohr mit einer Drehung von vorne gegen unten verlassen, welche Drehung es wahrend des ganzen Fluges behalt. 1st das Geschoss excentrisch, d. h. fallt sein Schwerpunlct nicht mit seinem Mittelpunkte zusammen, und wird dasselbe derart geladen, dass die Verbindungslinie des Schwerpunkt.es und des Mittel- punktes in die Verticalebene, der Schwerpunkt aber unter den Mittel- punkt fallt, so wird im Punkte a der Impuls zur Drehung von vorne gegen unten nur noch starker werden, daher dieses Geschoss das Rohr mit schnellerer Drehung von .vorne gegen unten verlassen. Wird hingegen das excentrische Geschoss mit dem Schwerpunkt a (Fig. 20) genau fiber dem Mittelpunkt ON. , daher auch Om > On ist, so wird der Geschosschwerpunkt gegen C gezogen. Die Richtung der Abweichung des Geschosses von der Normal- bahn hangt in jedem speciellen Falle von der Lage der Rotationsaxe und der Richtung der Drehung ab, u. zw.: 1. ) Rotationsaxe senlcrecht zur Schussebene. Rotation von vorne gegen unten: das Geschoss weicht von der Norrnalbahn nach unten ab und erreicht, ohne aus der Schussebene zu treten, eine kiirzere Schussweite, als dies ohne Rotation der Fall wiire; Rotation von vorne gegen oben: das Geschoss weicht von der Norrnalbahn nach oben ab und erreicht eine grossere Schussweite. 2. ) Rotationsaxe in der Schussebene und senkrecht zur Bewegungs¬ richtung. Rotation von vorne gegen rechts: das Geschoss weicht nach rechts von der Norrnalbahn ab, tritt daher in dieser Richtung aus der Schussebene; Rotation von vorne gegen links: das Geschoss weicht nach links ab. 3. ) Rotationsaxe in der Schussebene mit der Bewegungsrichtung zusammenfallend .* Rotation von oben gegen rechts: die in * Obwol diese Rotation bei Rundgeschossen kaum vorkommen diiifle, so wird sie bier der Vollstandigk'eit wegen dennoch in Betracht gezogen. 90 einer zur entgegenstromenden Lull senkrechten Richtung erfolgende Rotation bringt keine einseitige Stoning des Abfliessens der ersteren, daher keine Abweichung des Geschosses hervor; Rotation von oben gegen links: ebenso keine Abwei¬ chung des Geschosses. Nachdem die Bewegungsrichtung infolge der Senkung des Geschosses eine stetige Aenderung erfahrt, so konnen die unter 2.) und 3.) angefiihrten Axlagen nicht als wahrend der ganzen Bahn unabanderlich gelten, sondern sie gehen, im Falle sie beim Verlassen des Rohres vorhanden waren, wahrend des Fluges in schiefe Axlagen iiber. Bezeichnet man den Winkel, welchen die Rotationsaxe in der Schussebene mit der Bewegungsrichtung einschliesst, mit (p, so ist, fur die Axlage 2.) (p = 90°, fiir die Axlage 3.) ff = 0; da dieser Winkel in beiden Fallen mit dem Fortschreiten des Geschosses in der Balm in demselben Sinne zunimmt, so kann cp im Allgemeinen alle Werthe von 0 bis 180 annehmen, wodurch die Richtung der Geschossabweichung modificirt wird. Ausser diesen wahrend der Geschossbewegung in der Luft selbst sich ergebenden, durch Combination von 2). und 3.) entstehenden Mittellagen der Rotationsaxe konnen sich (wie vorhin angemerkt) auch schon im Rohre Axlagen ergeben. welche aus einer Combination von 1.) und 2.), eventuell auch aus 1.) unci 3.) entstehen; die dadurch hervor- gerufenen Modificationen der oben schematise?! dargestellten Geschossabweichung bestehen darin, class das Geschoss gleichzeitig sowol vertical als transversal aus der Normalbahn tritt. Ohne hier auf diese Modificationen naher einzugehen, soil nur die Geschossabweichung betrachtet werden, welche sich bei der urspriinglichen Axlage 3.) infolge der Veranderung derselben wahrend des Fluges ergibt. Die Bewegungsrichtung weicht wahrend des Fluges immer mehr nach unten zu von dem Vordertheile der Rotationsaxe ab, daher wird das Geschoss von der ent¬ gegenstromenden Luft immer mehr von unten in Bezug auf die Rotationsaxe getroffen. Rotirt das Geschoss von.oben gegen rechts (Rechtsrotation), so entsteht die Luftverdichtung auf der rechten unteren Seite und das Geschoss muss nach links oben zu aus der Normalbahn gedrangt werden; rotirt hin- gegen das Geschoss von oben gegen links (Linksrotation), so entsteht die Luftverdichtung auf der linken unteren Seite und das Geschoss wird nach rechts oben abgedrangt. Verlasst daher ein Geschoss das Rohr mit Rotation um eine Axe, welche mit der Abgangsrichtung zusammenfallt, so weicht es wahrend des E'luges infolge der durch diese Rotation erzeugten ungleichen Vertheilung des Luftdruckes rechts rotirend nach links oben und links rotirend nach rechts oben ab* Die Abgangsrichtung des Geschosses, die anfangliche Lage der Rotationsaxe, sowie die Richtung und Geschwindigkeit der Rotation, * Dies ist von der Form des Geschosses unabhangig, gilt daher sowol fiir Rund- als fiir Langgeschosse. Bekanntlich weichen aber die rotirenden Larig- geschosse in der Regel im Sinne der Rotation, namlich rechts rotirend nach rechts, links rotirend nach links ab; die Ursachen, welche die oben angegebene seitliche Abweichung in ihr Gegentheil verwandeln, werden bei Betrachtung der Bewegung dieser Geschosse auseinandergesetzt werden. 91 daher auch die Richtung nnd Grosse der Abweichung des Geschosses von der Normalbahn, ist von der Lage des Geschoss-Schwerpunktes, von der Grosse des Spielrauraes und der Lagerung des Geschosses im Geschossraume abhangig — so sehr, dass ganz geringe Unterschiede im Geschossdurchmesser, in der gleichmassigen Dichte des Geschoss- materials, kurz in der genauen Erzeugung der Geschosse, sowie Un- regelmassigkeiten in der Lagerung des Geschosses in der Bohrung schon bedeutende Verschiedenheiten in der flotation und Abweichung des Geschosses herbeifuhren konnen. Die Spielraum-Rundgeschosse haben sonach eine ziemlich unregelmassige Flugbewgung und eine geringe Treffsicherheit. Um diese Unregelmiissigkeit einigermassen auszugleichen, wurde die Erzeugung einer ganz bestimmten Rotation angestrebt, u. zw., um Seitenabweichungen auszusehliessen, einer Ro¬ tation um die horizontale Queraxe entweder von vorne gegen oben oder gegen unten, je nachdem man moglichst flache oder moglichst gekriimmte Flugbahnen zu erhalten wiinschte. Zu diesem Zwecke wurderi stark excentrisehe Geschosse construirt und in der Bohrung der- art gelagert, dass der Schwerpunkt genau in die Schussebene oberhalb oder unterhalb der Rohraxe fallt; eine solche Excentricitat ergibt sich auf einfache Weise bei Granaten, deren Aus- hohlung excentrisch angeordnet ist (Fig. 23), (excentrisehe Granaten). Um bei excentrischen Geschossen die Schweraxe (Verbindungslinie des Schwerpunktes a mit dem Geschossmittelpunkte 5) genau zu (Inden, wurden sie in ein Quecksilberbad gebracht, wobei sie sich von selbst mit dem Schwerpunkte nach abwarts lagerten; dev oberste Punkl (der Pol P der Schweraxe) wurde bezeichnet: dies nannte man das Polen der excentrischen Granaten. In das Rohr mussten die Geschosse genau mit dem Pol nach unten oder nach oben eingefiihrt werden. b) Langgeschosse. Bei diesen Geschossen kann, selbst wenn sie einen Spielraum in der Bohrung haben, der Stoss des Gases keine Rotation erzeugen; wol aber werden die Spielraumgeschosse springend durch die Bohrung gehen, an die Bohrungswande mehrmals anschlagen, daher die Bohrung im Allgemeinen nicht in der durch die Rohraxe vorgezeichneten Richtung verlassen, wie dies hei den Geschossen oline Spielraum der Fall ist. Diese letzteren werden demnaeh im Allgemeinen eine grossere Treffsicherheit hahen als die Spielraumgeschosse. Fig. 23. I 92 Wahrend des Flnges wird die Geschossaxe, welche anfanglich mit der Bahntangente zusammenfallt (wie schon oben ausgefiihrt), immer raehr mit dem Vordertheil nach oben von der Bahntangente abweichen; wenn wahrend der ganzen Flugbewegung die verlangerte Besultante des Luf'twidertandes bestandig auf den Geschosschwerpunkt treffen wiirde, so wiirde das Geschoss mit unveranderter Lage seiner Axe die Bewegung vollenden. Trifft jedoch die verlangerte Resultante die Geschossaxe nicht im Schwerpunkte, so wird die Axe nach ab¬ warts (gegen die Bahntangente) oder nach aufwarts (von der Bahn¬ tangente weg) gedreht, je nachdem der Angriffspunkt des Luftwider- standes hinter oder vor den Schwerpunkt fallt. 1 .) Angriffspunkt des Luftwiderstandes hinter dem Schwerpunkte. Bezeichnet SB (Fig. 24) die Bahntangente (Bewegungsrichtung), SA den Vordertheil der Axe des Geschosses in irgend einem Momente seiner Bewegung, denkt man sich fer- j ner das Geschoss im Schwerpunkte Fig. 24 . S festgehalten und gegen dasselbe einen Luftstrom in der Richtung BS gefiihrt, _ s dessen Resultante die Geschossaxe im Punkte L trifft, so wiirde das Geschoss L Nv eine pendelnde Drehbew'egung um eine durch den Schwerpunkt S gedachte c Queraxe annehmen; die Mittellage die- ser Pendelung ware die Bahntangente SB, d. h. die Geschossaxe wiirde nach unten zu um denselben Winkel a ausschlagen, um welchen dieselbe bei Beginn der Pendelung nach oben hin von der Bahntangente abweicht, Diese regelmassige Pendelung der Geschossaxe um die Bahn¬ tangente als Mittellage wird aber wahrend des Geschossfluges nicht zum Ausdruck gelangen, nachdem die Bahntangente SB immer mehr nach abwarts ausweicht, daher die Geschossaxe immer grossere Wege in der Abwilrtsdrehung zuriicklegen muss, um sie zu erreichen. Ob die Geschossaxe die Bahntangente jemals erreicht., eventuell sie iiber- holt, hangt von der Geschwindigkeit ab, mit welcher sich beide gegen abwarts drehen; wahrend die Schnelligkeit. mit welcher die Bahn¬ tangente nach abwarts ausweicht, eine durch die fortschreitende Geschwindigkeit des Geschosses und durch die Senkung desselben infolge der Schwerkraft bedingte, also yon der Geschossconstruclion unabhiingige ist, hangt die Geschwindigkeit der Abwartsdrehung der 93 Geschossaxe im Wesentlichen (den Gesehosswiderstand constant vor- ausgesetzt) von der Entfernung des Angriffspunktes des Luftwider- standes vom Geschosschwerpunkte ab. 1st. diese zu klein, so dass sich die Geschossaxe nur langsam nach abwarts dreht, so wird sie die Bahntangente niemals erreichen und es wird die schadliche schiefe Lage der Geschossaxe gegen die Bewegungsrichtung nur wenig ver- mindert. Bei genligend grosser Entfernung der beiden melirenvahnlen Punkte hingegen wird die Geschossaxe die Bahntangente erreichen und sogar iiberholen, d. h. unier dieselbe gelangen; da aber alsdann sofort eine Verzogerung der Abwartsdrehung der Geschossaxe eintritt, wahrend sich die Balmtangente mit stets beschleunigter * Schnelligkeit senkt, so wird der Ausschlag der Geschossaxe unter die Bahntangente ein sehr geringer sein. Erwagt man, dass dieses Spiel der Abwarts- senkung der Geschossaxe und der Bahntangente sofort nach dein Verlassen des Bohres, wo beide Linien zusammenfallen, beginnt, so kommt man zum Schluss, dass bei geniigend grosser Entfernung des Geschosschwerpunkt.es und des Angriffspunktes des Luftwiderstandes sich die Geschossaxe wahrend des ganzen Geschossfluges nicht weit, w'eder nach auf- noch nach abwarts, von der Bahntangente entfernen kann, wodurch die Bewegung des Geschosses mit der Spitze voraus gesichert ist: dies wird Stabilitat der Geschossaxe genannt. Um also eine genugende Stabilitat der Geschossaxe zu erreichen, musste das Geschoss so eingerichtet werden, dass der Angriffspunkt des Luftwiderstandes geniigend weit hinter den Geschosschwerpunkt iallt, d. h. es musste der Geschosschwerpunkt sehr weit nach vorne in der Geschossaxe verlegt werden. Auf diese Art construirte Ge- schosse werden Pfeilgeschosse genannt, 2.) Angriffspunkt des Luft¬ widerstandes vor dem Schwer- punkte. Stellt man sich wieder das Geschoss im Schwerpunkte S (Fig. 25) festgehalten vor und einen Luftstrom in der Richtung BS auf dasselbe wirkend, w'obei die Resultante des Stromes die Geschossaxe in W trilft, so wiirde die Geschossaxe in der Richlung Diese Beschleunigung ist eine Folge der Beschleunigung der Schwere. 94 AB um diejenige Richtung als Mittellage pendeln, fiir welche das Moment der Drehkraft = 0 ist. Die.se Richtung ware, wenn man den Luftwiderstand und die Entfernung WS als constant annimmt, SB' (wo a = 180° ist) und die Pendelung wiirde bis zur Axlage SA' gehen, daher den Bogen von 360 — 2a umfassen. Nachdem aber in der Wirklichkeit. die Bahntangente SB nicht eine unabanderliche Rich¬ tung behalt, sondern sich mit beschleunigter Schnelligkeit, nach ab- warts, der Geschossaxe entgegen, dreht, so wird eine Rilckdrehung nicht eintreten, sondern es wird das Geschoss um eine in S gedachte Queraxe in der Richtung von oben gegen riickwarts rotiren. Ob diese Drehung oder eine Pendelung* des Geschosses erfolgt., auf jeden Fall wird das Geschoss wahrend des Kluges stets verschiedene und ungiin- stigere Flachen als seine Spitze dem Luftwiderstande darbieten, daher mehr von seiner Geschwindigkeit einbiissen und nicht mit der Spitze auf das Ziel treffen. Ueberdies sieht man leicht, dass die Geschwin¬ digkeit dieser Drehbewegung oder Pendelung insbesondere durch die Entfernung WS beeinflusst wird, dass daher geringe Unregelmassig- keiten in der Position von S schon bedeutende Verschiedenheiien hierin, folglich auch in dem Totale des Luftwiderstandes, verursacben miissen. Um dieser nachtheiligen Drehbewegung des Geschosses um die Queraxe entgegenzuwirken, wird dem Geschosse schon im Rohre eine regelmassige Rotation um die Langenaxe von verhaltnissmassig grosser Geschwindigkeit ertheilt. Um den Einfluss dieser Rotation auf die Gesehossbewegung zu erortern, soil vorerst wieder das Geschoss ohne fortschreitende Bewegung und der Einwirkung eines Luftstromes in constanter Richtung gegen die Geschossaxe ausgesetzt gedacht werden; die Rotation wird als Rechlsrotation (von oben gegen rechts, von riickwarts gesehen) angenommen. Durch die Einwirkung des Luftstromes, welcher die Geschossaxe von unten und vor dem Schwerpunkte trifft, wird das Geschoss (wie oben ausgefuhrt) zur Drehung um die durch den Schwerpunkt S gehende horizontale Queraxe CC' (Fig. 26) angeregt; nachdem * Eine Pendelung der Geschossaxe kdnnte nur eintreten, wenn die Ent¬ fernung WS veriinderlich und bei einer Neigung a 90° Null ware, so dass das Geschoss die Riickdrehung beginnen konnte, bevor noch infolge der Senkung der Bahntangente a = 180° geworden ist. Die Mittellage dieser Pendelung miisste auf jeden Fall stark von der Bahntangente abweichen, da diese sich immer mehr von ihr entfernt. 95 Fig. 26. das Geschoss aber bereits unter dem Ein- flusse der regelmassigen Rotation um die Langenaxe A A' st.eht,, so werden sieh diese beiden Drehungen zu einer Drehnng um eine Mittelaxe zusammensetzen. Diese momen- taneRotationsaxe DD' wird in die d urch AA' und CC' gedaehte Ebene, u. zw. nach deni Parallelogramm der Drehungen nach rechts * von der Langenaxe fallen. Nachdem jedoeh die Rotation um dieLangenach.se mit grosser Geschwindigkeit vor sich geht, nachdem fer- ner diese Rotation die dem Geschosse natur- lichste (das kleinste Tragheitsmoment, her- vorrufende) ist, so wird das Geschoss bestrebt sein, dieselbe beizubehalten; infolge dessen wird jeder Punkt der Langenaxe Spiral- linien um die momentane Rotationsaxe SI) beschreiben, wodurch sich die Langenaxe, ohne dass die Rotation um dieselbe eine Storung erleidet, immer mehr der momentanen Rotationsaxe nahern wird, Iris sie mit der- selben zusammenfallt. Durch die Einwirkung des Luftstromes von unten auf die Geschossaxe wird daher bewirkt, dass der Vordertheil dieser letzteren in kreiselnder Rewegung nach rechls aus seiner urspriinglichen Richtung (aus der Schussebene) ausschlagt. Nun greift der Luftstrom das Geschoss von links unten an, wodurch der Ast, SC der Queraxe, daher auch die Ebene ASC gegen rechts unten geneigt wird; diese Neigung erha.lt somit. auch die neue momentane Rotationsaxe, welcher sich die Langenaxe wieder in kreiselnder Rewegung nahert. Im zweiten Momente schlagt daher die Liingenaxe nach rechts unten aus. Die Rewegung der Langenaxe gegen rechts abwarts geht so lange fort, als der Luftstrom das Geschoss von links unten trifft, d. h. his die Langenaxe in die gleiche Hohe mit der Bahntangente gelangt. Denkt man sich von riickwarts auf das Geschoss sehend und betrachtet die Rewegung eines Punktes der Langenaxe, z. R. der Spitze A (Fig. 27), so sieht man diesen Punkt im * Naclidem die Rotation um AA' von S gegen A gesehen und die Rotation um CC' von S gegen C gesehen im gleichen Sinne (wie der Zeiger einer Uhr) erscheint, so entsprechen die beiden Aeste SA und SC einander. 96 ersten Momente aus der Schuss- ebene AB gegen rechts ausschla- gen und nach A t gelangen; ira zweiten Momente bewegt er sich von A t noch weiter nach rechts und nach abwarts bis A 2 ; in dieser Bewegung beharrt er in den nachsten Momenten, bis er nach A 3 in die gleiche Hohe mit der Bahntangente B kommt. Wenn sich die Langenaxe in der gleichen Hohe mit der Bahn¬ tangente befmdet, so greift der Luftstrom das Geschoss nur von links an und regt eine Drehung desselben um eine verticale Queraxe an, deren nach abwarts gerichteter Ast, dem Sinne der Drehung nach, dem Vordertheile der Liingenaxe entspricht; die mo- mentane Rotationsaxe fallt demnach gegen abwarts von der Liin¬ genaxe und diese letztere schlagt in dieser Richtung aus: der Punkt A gelangt nach A 4 . Nachdem jetzt die Langenaxe unter die Bahn¬ tangente fallt, so greift der Luftstrom das Geschoss von links oben an, die Queraxe und mit ihr die momentane Rotationsaxe neigt sich jetzt nach links unten; dieser Richtung folgt auch die Liingenaxe und der Punkt. A kommt nach A s . Diese Bewegung der Langenaxe nach links unten geht so lange fort, bis dieselbe wieder in die Schuss- ebene (der Punkt A nach A s ) gelangt. Nun greift der Luftstrom das Geschoss nur von oben an, die Queraxe wird wieder horizontal (wie bei der anfiinglichen Richtung der Liingenaxe), nur dass jetzt der linke Ast derselben in Bezug auf den Sinn der Drehungen dem Vordertheil der Geschossaxe entspricht, daher die momentane Rota¬ tionsaxe nach links fallt; die Langenaxe schlagt nach links aus und der Punkt A gelangt nach A-. Um die weitere Bewegung der Geschossaxe zu verfolgen, braucht man sich nur das bisher Erlauterte schematisch zusammenzustellen und durch Analogie zu ergiinzen: 1. ) Greift der Luftstrom das Geschoss von unten an (Stellung in A), so schlagt die, Langenaxe nach rechts aus; 2. ) greift der Luftstrom das Geschoss von oben an (Stellung in A 0 ), so schliigt die Liingenaxe nach links aus: Fig. 27. 97 3. ) greift. der Luftstrom das Geschoss von links an (Stellnng in A 3 ), so schlagt die Langenaxe nach unten aus; daher auch 4. ) greift, der Luftstrom das Geschoss von rechts an, so schlagt die Langenaxe nach oben aus; ebenso 5. ) greift der Luftstrom das Geschoss von links unten an (von A bis A 3 ), so schliigt die Langenaxe nach rechts unten aus; 6. ) greift der Luftstrom das Geschoss von links oben an (von A t bis A e ), so schlagt die Langenaxe nach links unten aus; daher auch 7. ) greift der Luftstrom das Geschoss von rechts oben an, so schlagt die Langenaxe nach links oben aus, und 8. ) greift der Luftstrom das Geschoss von rechts unten an, so schlagt die Langenaxe nach rechts oben aus. Wenn der Punkt A nach A 7 gekommen ist, so greift der Luft¬ strom von rechts oben ein, die Geschossaxe bewegt sich (7) nach links oben, der Punkt A gelangt iiber A H nach A n in gleiche Hohe mit der Bahntangent.e B: jetzt. greift der Luftstrom von rechts ein, die Geschossaxe geht, nach oben (4), der Punkt A nach A i0 , worauf das Eingreifen des Luftstromes von rechts unten erfolgt,, die Geschoss¬ axe sich nach rechts oben (8) bewegt, der Punkt A iiber A lt nach A gelangt und seine Bewegung von A gegen A,A a A 3 . ... von neuem beginnt. Nachdem die Einwirkung des Luftstromes continuirlich geschieht,, so wird der Punkt A nicht gerade Linien, sondern eine geschlossene Curve beschreiben, deren Mittelpunkt in B fallt; die Geschossaxe beschreibt demnach die Mantelflache eines Kegels (Fig. 28) mit der Spitze in S und der Axe SB. Diese Bewegung der Geschossaxe wird c o - nisches Pendeln ge- nannt. Die oben bemerkte kreiselnde Bewegung der Geschossaxe um die mo- mentane Kotationsaxe wird in einem Schwanken der Geschossaxe um die Kegelmantelflache zum Ausdruck gelangen, so dass der Weg des Punktes A nicht die Curve AA 1 A i _ selbst, sondern die Schlangenlinie Aa Y a^a 3 — sein wird. 98- So lange der Luftwiderstand das Geschoss von links trifft, drangt er dasselbe gegen rechts ab und umgekehrt; ebenso geschieht ein Abdrangen des Geschosses gegen oben, wenn der Luftwiderstand das¬ selbe von unten trifft, und gegen unten, wenn der Luftwiderstand dasselbe von oben angreift* Ausserdem tritt beim Eingreifen des Luftwiderstandes von unten infolge der dureh die Rotation hervor- gerufenen ungleicben Vertheilung des Luftdruekes (wie beim Rund- geschoss ausgefiihrt) ein Abdrangen des Geschosses nach links oben und beim Eingreifen des Luftwiderstandes von oben ein Abdrangen des Geschosses nach links unten ein.** Infolge der vollkommenen Symmetrie der Pendelbewegung der Geschossaxe gleichen sich diese Einfliisse wahrend einer Pendelung aus und es kehrt. der Geschoss- schwerpunkt am Schlusse der Pendelnng in seine ursprupgliehe Stellung zuriick. — Die vorstehend beschriebene Bewegung der Geschossaxe und des Schwerpunktes findet unter der oben gemachten Voraussetzung statt, dass die Bahntangente eine unveranderliche Lage behalt. Naehdem sich aber in der Wirklichkeit die Bahntangente fort.wahrend senkf, so wird der einer Pendelung entsprechende Weg des Punktes A auf der recht.en Seite, wo dieser Punkt m i t der Bahntangente geht., litnger sein als auf der linken, wo er sich der Bahntangente ent.gegen bewegt. Dieser Weg kann daher aucli keine in sich gesehlossene Curve, son- dern nur eine Schleife (Fig. 29) bilden. Naehdem die Geschossaxe und die Bahnlangente in der Abgangs- richtung des Geschosses zusammenfallen, daher die Abwartsbewegung gleichzeitig beginnen, so werden sich Schleifen nur dann bilden, wenn die Geschossaxe uberhaupt. nicht zu weit nach rechts ausschlagl: and sich so rasch bewegt, dass sie der Bahntangente vor- eilen und auf die linke Seite derselben gelangen kann; bei weiterem Beehtsausschlagen und lang- * Wahrend der Pendelbewegung der Geschossaxe im 1. Quadranten weicht das Geschoss (der Geschosschwerpunkt) nach rechts oben, im 2. Quadranten nach rechts unten, im 3. Quadranten nach links unten, im 4. Quadranten nach links oben ab. ** Das erstere geschieht wahrend der Pendelbewegung der Geschossaxe im 1. und 4., das letztere im 2. und 3. Quadranten. Fig. 29. - 99 samerer Bewegung der Geschossaxe wird sie bestandig auf der rechten Seite der Bahntangente verbleiben. Da die Geschossaxe unter alien Umstanden langer auf der rechten als auf der linken Seite der Bahn¬ tangente verweilt, daher der Luftwiderstand das Geschoss hauptsachlich von der linken Seite trifft und den Schwerpunkt gegen rechts ab- drangt, so wird das Geschoss wahrend des Fluges nach rechts von der Schussebene abweichen* Ebenso wird infolge des langeren Verweilens der Geschossaxe ofeerhalb der Bahntangente ein Abdrangen derselben, d. h. eine Abweichung des Geschosses nach oben von der Normalbahn eintreten Die Rechtsabweichung wird um so grosser sein, jeweiter die Geschossaxe nach rechts ausschlagt und je langsamer sie sich nach abwarts bewegt; dies tritt in um so grosserem Grade ein, je grosser die durch den Luftwiderstand bedingte Anregung zur Rotation um die Queraxe und je langsamer die Rotation um die Langenaxe ist. Die erstere hangt von der Entfernung des Angriffspunktes des Luftwiderstandes vom Schwerpunkte ab, und es wird daher ein Geschoss, bei gleicher Rotation um die Langenaxe, um so mehr nach rechts abweichen, je grosser diese Entfernung ist, d. h. je weiter sein Schwerpunkt nach riickwarts fallt. Das grossere Ausschlagen der Geschossaxe ist aber, wegen der schiefen Lage des Geschosses gegen die Bewegungsrichtung, mit einem grosseren Luft¬ widerstand und einem ungiinsligeren Auftreffen auf das Zielobject verbunden, deshalb muss demselben durch eine grossere Geschwindigkeit der Rotation um die Langenaxe entgegengevvirkt werden; es muss sonach diese Geschwindigkeit in einem bestimmten Verhaltnisse zu der Entfernung des Angriffspunktes des Luftwiderstandes vom Geschosschwerpunkte stehen. Alles hier fur die Rechtsrotation Dargelegte findet bei links rotirenden Geschossen in derselben Weise statt, nur geschieht das Ausschlagen der Geschoss¬ axe, daher auch die Abweichung des Geschosses, nach links. Die Abweichung nach oben von der Normalbahn wird hiedurch nicht alterirt. Wie aus Vorstehendem ersiehtlich, bewirkt die Rotation um die Langenaxe, dass diese’ welche sich infolge des vor dem Schwer- punkle angreifenden Luftwiderstandes immer mehr von der Bahn¬ tangente entfernen wiirde, sich umgekehrt ihr nahert, wodurch die Stabilitat, der Geschossaxe gesichert. wird. Nachdem bei den Lang- geschossen von der gegenwartig gebrauchlichen Form der Angriffs- punkt des Luftwiderstandes in der Regel vor den Schwerpunkt fallt, * Dies ist die Ursache der Rechtsabweichung der rechts rotirenden Lang- geschosse, auf welche oben in der Anmerkung zu den Rundgeschossen hin- gewiesen wurde. Die durch ungleiche Vertheilung des Luftdruckes bedingte Ab- drangung des Geschosses gegen links ist im Allgemeinen zu klein, um mehr als ermassigend diese Rechtsabweichung zu beeinflussen. 7 * 100 so bildet, das Sehiessen dieser Geschosse mit, Rotation die aus- schliessliche Norm fur die heutige Artillerie.* Um dem Geschoss die Rotation um die Liingenaxe zu ertheilen, ist das Geschiitzrohr mit den schraubenformig gewundenen Zugen versehen; deni entsprechend muss das Geschoss Schraubenansatze haben, mit welchen es in die Ziige eingreift.. Das (ieschoss, welches durch den Druck des Pulvergases geradlinig nach vorwarts getrieben * Wenn Geschosse, bei welchen der Angriffspunkt des Luftwiderstandes hinter den Schwerpunkt fallt, mit Rotation um die Langenaxe abgeschossen werden, so tritt das genau Uingekehrte von dem ein, was fur das Eintreffen des Angriffspunktes des Luftwiderstandes vor dem Schwerpunkt angefiihrt wurde: bei Rechtsrotation treibt das Eingreifen des Luftwiderstandes von unten (oben) die Geschossaxe nach links (rechts), das Eingreifen des Luftwiderstandes von rechts (links) aber nach unten (oben). Nachdem der Luftwiderstand anfiinglich von unten angreift, so schliigt die Geschossaxe sofoi't nach links aus, so dass dann der Luftwiderstand von rechts unten angreift und eine Bewegung der Geschossaxe nach links unten bewirkt. Die Geschossaxe bleibt daher haupt- sachlich auf der linkeri Seite der Bahntangente. und es miissen solche Geschosse rechts rotirend nach links (links rotirend nach rechts) abweichen; diese Abweichung wird durch die ungleiche Luftvertheilung noch vergrossert. Nachdem sich die Ge¬ schossaxe anfanglich nach abwarts bewegt, so eilt sie auch hier der Bahntangente nach; dies wurde aber ohne Rotation auch geschehen (wie oben unter 1.) aus- einandergesetzt wurde) u. zw. wurde sich die Geschossaxe in gerader Richtung (ohne aus der Schussebene zu treten) nach abwarts bewegen, wahrend sie durch die Rotation zu einer Bewegung in krummer Fliiche — zu einem weitern Wege — gezwungen wird. Hier wirkt also die Rotation nachtheilig fiir die Stabilitat der Geschossaxe, und dies um so mehr, je weiter der Schwerpunkt nach vorwarts fallt; daher wiirden gerade die Pfeilgeschosse durch die Rotation am meisten an Axstabilitat einbussen. Bei den Spitzgeschossen von der gebrauchlichen Form fiillt der Angriffs¬ punkt des Luftwiderstandes hinter den Schwerpunkt. wenn der Neigungswinkel der Geschossaxe zur Bahntangente sehr gross (nahezu an 90°) wird; nachdem sich solche Neigungen nur bei Geschossen ergeben kijnnen, welche, wie die Bomben aus Morsern, mit kleinen Rotationsgeschwindigkeiten (bedingt durch die kleinen fortschreitenden Geschwindigkeiten) und unter grossen Elevationswinkeln abgeschossen werden, so erklart sich hieraus die Erscheinung, dass rechts ro- tirende Bomben grosstentheils nach links abweichen und bei grossen Elevationen haufig nicht mit der Spitze, sondern mit dem Boden oder flach am Erdboden aufschlagen. — Bei Vollgesehossen von vollkommen cylindrischer Form fallt der Angi’iffspunkt des Luftwiderstandes bei kleinen Neigungen der Geschossaxe gegen die Bahntangente (bis ungefahr 25°) hinter den Schwerpunkt; diese Geschosse weichen daher, unter gewohnlichen Elevationswinkeln mit Rechtsrotation ab¬ geschossen , stets nach links ab und zeigen bei Elevationen iiber ungefahr 5° schon keine geniigende Axstabilitat. wird, stosst init den Schraubenansatzen an die eine Seitenflache (Fuhrungsflache) der Ziige an und wil’d dadurch gezwungen, der Richtung dieser Flclche zu folgen; nachdem es aber der geradlinigen Bewegung in der Richtung der Rohraxe nicht ausweichen kann, so muss es nebst dieser fortschreitenden Bewegung eine Drehung urn die Langenaxe annehmen. Die Gesehwindigkeit dieser Rotation ist. von der Kobe des Schraubenganges (Drallange des Zuges) und von der Anfangsgeschwindigkeit der fortschreitenden Bewegung ab- V hiingig; ist die erstere l, die letztere V, so ist - die Zahl der Um- drehungen in 1 Secunde (Tourenzahl), oder es geschieht, eine Um- drehung des Geschosses in der Zeit ^. Bekanntlich * sind die Schraubenansatze bei den eisernen Gescbossen grosstentheils nicht aus dem Geschossmaterial ausgearbeitet, sondern es wird hiezu ein weicheres Material (Blei, Kupfer, Bronce, Messing. Zinnzink) entweder in Form von Leisten undWarzen (bei Spielraumgeschossen) oder in Form von Manteln und Ringen am Geschosse befestigt. In den Manteln und Ringen werden die Fuhrungsansatze wiihrend der Bewegung des Geschosses im Rohre selbst durch das Einschneiden der Felder hergestellt, wodurch der Spielraum vermieden wird. Dies kann jedoeh nur bei den Hinterladgeschiitzen, wo das Gesehoss nicht durch den Flug der Bohrung eingefiihrt wird, daher der Durch- messer um das Fiihrungsmittel grosser gemacht, werden kann als der Durch- messer des Fluges, in directer Weise, ohne Aenderung des Mantel- oder Ring- durchmessers, geschehen. Bei den Vorderladgeschiitzen, wo der Durchmesser des Fluges grosser ist als jener des Mantels (Ringes), muss der letztere, um in die Ziige eintreten zu konnen, ausgedehnt (expandirt) werden; diese Fiihrungsart ties Geschosses wird Expansionsftihrung genannt. Die Expansion geschieht in der Regel durch das Pulvergas, welches entweder in eine glockenformige Aushohlung des riickwartigsten Theiles des Mantels eindringt und diesen erweitert, oder aber den lose auf den etwas conischen Geschosshintertheil aufgezogenen Ring vortreibt und ausdehnt. Ebenso kann die Expansionsfiihrung durch eine am Geschossboden befestigte gewolbte Scheibe erzielt werden, welche durch den Druck des Gases platt gedriickt und auf diese Art im Durchmesser vergrossert wird.** Bei den aus Blei erzeugten Geschossen der kleinen Feuerwaffen wird die Expansionsfiihrung durch eine Ausnehmung am Geschossboden, in welche * Siehe erster Theil, dritter Abschnitt. ** Eine solche expandirende Scheibe wird bekanntlich bei den Geschossen unserer Vorderladgeschutze nebst der Warzenfiihrung angewendet; sie dient jedoeh nicht zur eigentlichen Fiihrung des Geschosses, sondern nur zum Aufheben des Spielraumes am Flintertheil des Geschosses. Eine expandirende Fiihrungsscheibe, mit dem Fuhrungsmantel verbunden, haben die Stahlgeschosse der Palmkrantz- schen Mitrailleuse. 102 das expandirende Gas eindringt, erreicht. Diese Geschosse sind grosstentheils mit Ringnuten im cylindrischen Theile versehen, welche es ermoglichen, dass das Geschoss der Lange nach etwas zusammengedriickt, daher im Durchmesser erweitert wird und besser in die Zuge eingreift;* diese Ftihrungsart wird Compressionsfiihrung genannt. Bei den Geschossen der Hintei'ladgeschiitze wird durch das FiAhrungsmittel nebst der Aufhebung des Spielraumes eine vollstandige Centrirung erreicht; bei den Geschossen der Vorderlader findet das letztere durch die Expansionsfiihrung nicht oder nur unvollkommen statt, nachdem das expandirte Fiihrungsmittel sich zu weit riickwarts befindet, um eine schwankende Bewegung des Geschoss- vordertheiles zu verhindern. Hingegen kann bei der Leisten- oder Warzen- fiihrung, welche sich fiber den grossten Theil des Geschosscylinders erstreckt, die Centrirung durch die Zuge selbst erfolgen, woruber das Nahere bei Betrach- tung der Zugformen im dritten Abschnitte. Zur Mantel-, Ring- und Expansionsfiihrung wird, um den Kraftaufwand beim Einschneiden der Felder, beziehungsweise beim Einpressen des expan- direnden Fuhrungsmittels in die Zuge zu vermindern, ein moglichst weiches Material (Blei, und wo die hergestellten Bleileisten eine ungeniigende Widerstands- fahigkeit hatten, Kupfer) angewendet; die Fiihrungsleisten oder Warzen der Spiel- raumgeschosse, welche wegen der schwankenden Bewegung des Geschosses im Rohre Anschlage erleiden, mussen aus einem widerstandsfahigeren Material (Bronce, Messing etc.) erzeugt sein. III. Einriclitung der Geschosse zur Erzielimg der beabsichtigten Wirkung. Ausser der allgemeinen, hauptsachlich (so weit die Geschoss- construction in Frage kommt) von der Belastung des Querschnittes abhangigen Bedingung fur die Wirkung jedes Geschosses, dass dasselbe mit, einer moglichst grossen lebendigen Kraft am Ziele anlangt, sind die in Bezug auf Wirkung verschiedenen Geschossgattungen speciellen Bedingungen unterworfen, welchen durch die Wahl des Geschoss- materials und durch eine rationelle Construction entsprochen werden muss, wobei jedoch die Bucksicht. auf die regelmassige Flugbewegung (Treffsicherheit) nicht aus den Augen gelassen werden darf. Nachdem die Belastung des Querschnittes bei gegebenem Material und gegebener principieller Construction eine Folge der * Diese Ringnuten haben iiberdies den Zweck, dem Luftwiderstande grossere Angriffsflachen zu bielen, wodurch der Angriffspunkt des Luftwiderstandes auf die Geschossaxe weiter nach riickwarts fallt, was bei diesen Geschossen, welche als Vollgeschosse den Schwerpunkt weit riickwarts haben, fur die Flugbewegung von Vortheil ist. 103 Lange des Geschosses, insbesondere des cylindrischen Hintertheils ist, so ist eine moglichst grosse Geschosslange fur die Wirkung von Vortheil; dieser Vortheil wird bei alien Geschossen, von welchen man eine Sprengwirkung erwartet, noch dadurch vergrossert., dass das langere Geschoss eine grossere Sprengladung aufzunehmcn vermag. Man trachet demnach den Geschossen eine moglichst grosse Lange zu geben. Die Steigerung der Geschosslange findet jedoch hauptsachlich an der Riicksicht auf die Treffsicherheit, eine Grenze: Je langer das Geschoss, desto grosser der Abstand zwischen dem Angriffspunkte des Luftwiderslandes und dem Geschosschwerpunkte, desto unsicherer demnach (bei gegebener Rotationsgeschwindigkeit) der Flug des Ge¬ schosses. Gewohnlich werden die Geschosse nicht iiber 3 Kaliber lang gemacht; die gebrauchlichste Geschosslange ist gegenwartig 2 1 / 2 bis 2 3 / 4 Kaliber. hn Hinblick auf das Geschossmaterial im Allgemeinen ist zu bemerken, dass das Geschoss sowol durch den Druck des Pulver- gases im Rohre, als auch beim Auflreffen auf das Ziel hauptsachlich auf Zerdriicken in Anspruch genommen wird, daher fur Geschiitz- geschosse nur Eisensorten von grosser riickwirkender Festigkeit.: Stahl- und Gusseisen, verwendet werden. Fur die verschiedenen Geschossgattungen ergeben sich beziiglich des Geschossmaterials und der Construction nachstehende Grundsatze: 1.) Die Percussionsgeschos.se (Panzergeschosse) sollen Deckun- gen von sehr bedeulender Widerstandsfahigkeit. (Panzerwande) durch- schlagen. Die Arbeit, welche das Geschoss vermoge der ihm innewohnenden lebendigen Kraft beim Aufschlagen zu verrichten imStande ist, bewirkt einerseits eine Veranderung am Zielobjecte, andererseits eine solche am Geschosse selbst,, so dass nur jener Theil der Arbeit auf die Wirkung (Veriinderung am Zielobjecte) aufgewendet, wird, welchen die Veranderung am Geschosse nicht absorbirt.. Ware das Geschoss¬ material dem Material der Panzer wand derart iiberlegen, dass man das Geschoss als absolut unveranderlich betrachten konnte, so wiirde die ganze Arbeit am Zielobjecte geleistet werden, d. h. es wiirde die Wirkung der lebendigen Kraft des Geschosses entsprechen; ebenso umgekehrt,, wenn das Material der Panzerplatte unvergleichlich wider- standsfahiger als das Geschossmaterial ware, so wiirde sich die ganze Arbeit im Deformiren des Geschosses (Zertriimmern desselhen und Weg- 104 schleudern der Stiicke, bei weicheren Geschossen im Zerspritzen etc.) aussern und die Wirkung auf das Zielobject ware Null. Dies macht es nothwendig, fur Panzergeschosse ein Material yon moglichst grosser Festigkeit zu wiihlen, damit dieselben beim Aufschlage keine oder nur sehr geringe Deformation erfahren. Diese Geschosse werden dem- nach entweder aus Gusstahl oder aus deni besten Gusseisen erzeugt. Die Spitze, als der der Deformirung zunachst ausgesetzte Geschosstheil, wird bei den Stahlgeschossen (in Oel oder Wasser) gehartet, bei den Gusseisengeschossen aber in eine eiserne Form gegossen, wodurch sie infolge der rascheren Abkuhlung eine grosse Harte und grossere Festigkeit erhiilt; diese Art Gusseisen, welches sich von dem gewtihn- lichen (in eine Sandform gegossenen) durch ein strahliges Gefuge anstatt des kornigen unterscheidet, wird Hartguss genannt., daher die auf diese Art hergestelllen Geschosse den Narnen Hartguss- geschosse fuhren. Die Deformation, welche das Geschoss beim Aufschlagen auf einePanzerwand erleidet, besteht zunachst in einer Verkurzung seiner Langenaxe (Stauchung), welche mit einer Vergrosserung des Durchmessers (Ausbauehung) verbunden ist; bei grosserer Deformation entstehen an der Stelle der grossten Ausbauehung Sprtinge, welche sich vom Umfange in das Innere des Geschosses fortpflanzen und das ganzliche Zerspringen des Geschosses verursachen konnen. Ein hartes, sprodes Material von grosser riickwirkender und kleinerer absoluter Festigkeit wird zwar sehwerer verkiirzt und ausgebaucht, erhalt jedoch schon bei geringer Ausbauehung Spriinge, welche sich rasch verbreiten und leicht das ganzliche Zerspringen des Geschosses bewirken; ein zaheres, weicheres Material von klei¬ nerer riickwirkender und grosserer absoluter Festigkeit aber wird leichter ver- kiirzt und ausgebaucht, hingegen wird es eine grossere Ausbauehung ertragen, ohne Spriinge zu erhalten, und selbst wenn sich Spriinge bilden, werden diese nicht so leicht ein ganzliches Zertrennen des Geschosses bewirken. Dieser Gegen- satz driickt sich ungefahr in dem Verhalten der Hartguss- und der Stahlgesehosse aus: die ersteren werden wenig verkiirzt, zerspringen aber leichter; die letzteren erleiden eine grossere Verkiirzung, zerspringen aber trotzdessen sehwerer. Nach- dem die grosste Ausbauehung erst im cylindrischen Geschosstheile, ungefahr am Zusammenstoss desselben mit der Spitze, eintritt, so erklart es sich auch, dass der cylindrische Geschosstheil, zur Vermeidung der Sprodigkeit, bei Geschossen aus beiden Materien nicht hart oder wenigstens nicht so hart wie die Spitze gemacht wird. Die Panzergeschosse werden entweder als Vollgeschosse oder als Gran a ten construirt. Die Granaten haben zwar, wegen der Aushohlung, eine geringere Festigkeit, daher einen geringeren Durchsehlagseffeet; dieser Nachtheil wird aber durch den Sprengeffect. der Granaten, auf welchen man bei den Vollgeschossen verzichtet, aufgewogen. Ueberdies fallt bei den 105 Granaten, nachdem sich die Aushohlung hauptsachlich ira riickwar- tigenTheile befindet, der Schwerpunkt weiter gegen die Spitze, wodurch eine sicherere Flugbewegung bedingt ist; dies erlaubt es auch, den Granaten eine langere, schlankere Spitze zu geben, wodurch nicht. nur der Luftwiderstand, daher der Kraftverlust wahrend des Fluges vermindert, sondern auch das Eindringen in die Panzerwand erleichtert, wird. Bei den Panzergranaten mit ogival gestalteter Spitze macht man den Radius des die Spit.zenoberflache erzeugenden Bogens gegen- wartig in der Regel 2 Kaliber lang, wodurch die Spitze eine Lange von ungefa.hr 1 % Kaliber, also nahezu die Halfte der Geschossliinge erhalt. Um das Geschoss dureh die Aushohlung, besonders in den der Deformation am meisten ausgeselzten Theilen (Spitze und Beginn des cylindrischen Theiles), nicht zu sehr zu schwachen, reicht die Aushohlung nur wenig in die Spitze hinein und verjiingt sich von ruck- gegen vorwarts; meistens wird die Aushohlung nach dem grossten Theil ihrer Lange ebenfalls ogival geformt* Nachdem selbst der riickwartigste Theil des Geschosses, wohin der grosste Durchmesser der Aushohlung fallt, noch geniigende Festigkeit, daher eine bedeutende Wandstarke haben muss, so ist der Fassungsraum der Aushohlung, somil auch die einzubringen.de Sprengladung, verhaltnissmassig klein, daher zur Erzielung einer entsprechenden Sprengwirkung die An- wendung einer moglichst brisanten Pulversorte als Sprengladung geboten.** Die Anwendung eines Zunders zur Entzundung der Spreng¬ ladung ist iiberflussig, da diese durch den Choc beiin Auftreffen des Geschosses von selbst erfolgt. Die eigentliche Ursache der Entzundung der Sprengladung beim Auftreffen des Geschosses ist bis jetzt nicht geniigend aufgeklart; es scheinen dabei mehrere Umstande mitzuwirken: die Erwarinung des Geschosses, der Schlag der Pulver- rnasse beim Vorstiirzen gegen die vordere Wand der Aushohlung, die starke Rei- bung der Pulverkorner aneinander und an den Wanden der Aushohlung, vielleicht auch die Erwarmung der Luft vor der Ladung, welche durch die Pulverrnasse stark comprimirt wird. Darnit das Zersprengen des Geschosses durch die Spreng- * Siehe Fig. 87 und 90 im ersten Theil. ** Aus dem ersten Theile ist bekannt, dass bei unseren Panzergranaten Gewehrpulver als Sprengladung angewendet wird. Die Bemiihungen, als Spreng¬ ladung fur Granaten iiberhaupt, insbesondere aber ftir Panzergranaten, ein bri- santes Sprengpraparat zu verwenden, haben bis jetzt zu keinem befriedigenden Resultat gefiilirt, nachdem die Entzundung dieser Praparate durch den Stoss, welchen das Geschoss bei Beginn seiner Bewegung im Rohre erhalt, nicht hintan- gehalten werden konnte. 106 ladung den Durchschlagseffect nicht beeintraehtige, darf es nicht friiher eintreten, als nachdem das Geschoss die ganze Panzerwand durehschlagen hat und in die Rucklage (die eigentliche Bordwand bei Sehiffen) eingedrungen ist; um die Ent- zundung der Sprengladung entsprechend zu verzogern, wil’d bekanntlich bei unseren Panzergranaten die Sprengladung in einem Sackchen verwahrt. 2.) Die Sprenggeschosse (Ziindergranaten)* bei welchen der Sprengeffect in erster Linie steht und nebstdem nur das Durehschlagen von weniger widerstandsfahigen Deckungen gefordert, wird, werden aus gewohnlichem Gusseisen hergestellt, erhalten in der Regel eine kiirzere (gedrungenere) Spitze und eine durchaus gleiche, kleinere Wandstarke** als die Panzergranaten, so dass der Fassungsraum der Aushohlung moglichst gross ausfallt.. Nachdem der Choc beim Aufschlagen des Geschosses nicht gross genug ist, damit sich die Sprengladung rechtzeitig von selbst, enlzunde, so wird hiezu ein/tinder angewendet, zu dessen Aufnahme das Geschoss in der Spitze mit einem Mundloch versehen ist. Damit die Ziindergranaten der kleinen Geschiitze, Fig. 30. welche in den meisten Fallen (gleich den Kartatsch- geschossen) gegen lebendes Material zu wirken haben, in moglichst viele, jedoch zur Ausserkampfsetzung von Menschen (und Thieren im Landkriege) geniigend grosse Stucke zerspringen, erhalten sie im Innern noch eine besondere Einrichtung, u. zw.: a) In die Wand der Aushohlung werden der Lange und dem Umfange nach Rinnen hergestellt (Fig. 30), nach welchen die Zertheilung des Geschosses durch die Sprengladung vor sich gehen soli; diese Geschosse fuhren den Namen: Granaten mit vorgezeichneten Sprunglinien. b) Das Geschoss is! doppelwandig, d. h. es be- steht aus zwei Theilen, von welchen der aussere die eigentliche Geschosshiille, der innere eine Art Fullung bildet; dieser Theil ist an der Tnnenseite glatt und nach der beabsiclitigten Gestalt der Aushohlung ge- * Die Sprenggeschosse der kurzen, fiir Verticalfeuer bestimmten Geschiitze (Morser) fuhren den Namen »Bomben«. ** Nur der vorderste Theil der Spitze wird gewohnlich etwas starker gehalten. Die Wandstarke im iibrigen Theil des Geschosses darf nicht so gering gemacht werden, dass das Geschoss der Gefahr ausgesetzt ist, durch den Stoss des Pulvergases im Rohre zu zerschellen. 107 formt, an der Aussenseite aber mit regelmassig gestellten vierseitigen Pyramid en versehen (Fig. 31). Durch die Sprengladung soli der innere Theil nach den Zwischen- linien zwischen den Pyramiden, der aussere Theil aber nach den durch das Yortreten der Pyramidenkanten vorgezeichneten Linien zertheilt werden. c) Der innere Theil des doppelwandigen Geschosses ist nicht aus Einem Stiicke, sondern durch iiberein- ander geschlichtete Ringe hergestellt, welche anstatt mit Pyramiden, mit, abgerundelen Zacken versehen sind;* hiedurch wird die durch die Sprengladung zu bewirkende Zertheilungsarbeit vermindert, daher die Zertheilung besser durchgefuhrt. Diese Geschosse heissen doppel- wandige Ringhohlgeschosse. d) Das Geschoss ist, ahnlich dem vorbeschriebenen, mit Ringen angefullt, jedoch sind diese Ringe glatt und radial in mehrere Stiicke (Ringsegmente) zerschnitten, so dass die Nothwendigkeit einer weitern Zertheilung der Ringe durch die Sprengladung entfallt und diese nur die aussere Hiille zu zerreissen hat; diese Einrichtung streift demnach schon sehr nahe an jene der Shrapnels. Diese Geschosse werden mit dem Namen Segmentgranaten bezeichnet.. 3. ) Die Brandgeschosse sind von derselben Construction, wie die einwandigen Ztindergranaten, nur erhalten sie anstatt der Spreng¬ ladung einen Brandsatz** und sind in der Spitze mit mehreren Lochern versehen, durch welche der entziindete Brandsatz nach aussen spriiht. Haufig werden die Brandgeschosse durch Ztindergranaten ersetzt, in welche nebst der Sprengladung cylindrische oder conische Brand- satzstiicke eingefullt sind. 4. ) Die Granatenkartatschen (Shrapnels) sind ebenfalls im Wesentlichen ahnlich den Ztindergranaten construirt, nur besteht die Fiillung aus der Sprengladung und aus Schroten, kleinen Kugeln aus Eisen, Bronce, Blei etc. Die einfachste Granatkartatsche ist jene, bei welcher Sprengladung und Schrote ungesondert in die Aushohlung ein¬ gefullt sind. Nachdem jedoch bei dieser Fullungsart ein Zerreiben des Pulvers beim Stosse im Rohre und eine unvollstandige Verbrennung Fig. 31. * Siehe Fig. 89 im ersten Theil. ** Der Brandsatz besteht aus Pulver, Schwefel und Schwarzpech mit einem kleinen Zusatz an Terpentin. 108 der Sprengladung stattfmdet, sowie die Schroie zu sehr zerstreut. werden, so sondert man in der Regel die beiden Theile der Fiillung von einander. Es wird entweder die Sprengladung in eine central eingesetzte Rohre eingebracht und befindet sich demnach innerhalb der Schrot¬ fullung: Rbhrenshrapnels, oder die Sprengladung befindet sich in einem Raume (einer eigenen Kammer) oberhalb oder unterhalb der Schrotfullung, von dieser durch ein Diapfragma (eine eiserne Scheibe, eine Lage eingegossenen Schwefels etc.) getrennt: Diapfragma- oder Kammershrapnels. Die Kammershrapnels mit der Kammer unter¬ halb der Schrotfullung haben vor den beiden andern Shrapnelgattungen den Vortheil, dass die Schrote durch die Sprengladung wie ein Stempel nach vorwiirts zu ausgestossen, daher weniger zerstreut werden; diese Wirkung wird dadurch begunstigt, dass die Wandstarke‘in der Kammer verhaltnissmassig gross, vorne aber moglichst klein gemacht wird, so dass der Kammertheil nicht zersprengt, sondern die ganze Wirkung der Sprengladung auf das Ausstossen der Schrotfullung aufgewendet. wird, welchem Vorgange der leicht abziisprengende Kopftheil nur geringen Widerstand bietet* und die Anwendung einer Stosscheihe als Diapfragma zu (lute kommt. Sie haben aber den Nachtheil, dass bei grbsserer Geschwindigkeit des Geschosses die Slreuung der Schrote zu gering ist. und dass die durch den Schrotraum geflihrle, leer blei- bende Gommunicationsrohre, welche den Ziinder mit der Spreng¬ ladung verbindet, die Schrotfullung beeintrachtigt. Dieser Verstoss gegen die Oekonomie mit dem Hohlraum ist hesonders bei kleinen Kalibern nicht ohne Bedeutung. 5. ) Die Kartatschen sind in einer leichten Hiille, grosstentheils einer Blechbuchse, vereinigte Schrote, welche durch die Pulverladung nach dem Zerreissen der Hiille aus dem Rohre als einzelne Geschosse herausgeschleudert werden; urn eine zu grosse Streuung der Schrote zu verhindern, ist auch hier eine starke Stosscheibe hinter den Schroten in die Biichse eingesetzl. 6. ) Die Geschosse der kleinen Feuerwaffen sind in der Regel Vollgeschosse; ** diese Geschosse sind grosstentheils aus Blei * Haufig isl der Kopftheil des Geschosses aus Holz und mit Spangen an das Geschoss hefesligt. ** Die Anwendung von Sprenggeschossen fiir die Handfeuerwaffen, welche ausschliesslich gegen lebendes Material zu wirken haben, ist vermoge internationaler Vereinbarung in alien europaisehen Staaten ausgeschlossen. 109 angefertigt, doch kommen bei den Waffen grosseren Kalibers (gross- kali brigen Mitrailleusen, Wallbiichsen etc.) auch Geschosse aus Guss- eisen oder Stahl vor, nachdem diese in erster Linie Deckungen zu durchsehlagen haben, daher eigentlich als Percussionsgeschosse kleinster Gattung zu betrachten sind. IV. G-eschossziinder. Die zur Entzundung der Sprengladung in Zilndergranaten und Shrapnels zur Anwendung kommenden Ziinder sind derart eingerichtet, dass die Entzundung der Ladung entweder beira Auftreffen anf das Ziel, eventuell am Erdboden (kurz, beim Aufschlage auf einen geniigend widerstandsfahigen Gegenstand), Oder aber wahrend des Geschossfluges, eine bestimmte Zeit., nachdem das Geschoss die Geschiitzmtindung verlassen hat, erfolgt: die ersteren heissen Aufschlagzunder , die letzt.eren Zeitziinder. Nachdem die Bedingung einer guten Wirkung bei den (Iranaten das Zerspringen beim Aufschlage, bei den Shrapnels das Zerspringen wahrend des Fluges ist, so sind Aufschlagziinder im Allgemeinen Granatziinder, Zeitziinder aber Shrapnelziinder. Die Aufschlagziinder sind entweder Concussions- Oder Per- cussionsziinder. In den ersteren befindet sich ein Brandsalz, welcher im Geschiitzrohre entziindet. wird und mil der Sprengladung durch Kanale communicirt, welche wahrend des Geschossfluges durch Knopfchen versehlossen bleiben; beim Aufschlagen des Geschosses fallen diese Knopfchen durch die Erschiitterung aus den Kanalen heraus, wodurch die Entzundung der Sprengladung ermoglicht wird. Bei den Bercussionsziindern geschieht. im Aufschlagsmomente die Ent¬ zundung eines im Ziinder enthaltenen Ziindpraparates durch den Schlag eines lose in den Ziinder eingesetzten Korpers (Schlagers), welcher infolge der Hemmung des Geschosses und seines Bestrebens, den friiheren Bewegungszustand beizubehalten, im Geschosse eine relative Bewegung von riick- gegen vorwarts annimmt und auf einen oberhalb desselben befindlichen Theil des Ziinders schlagt. In der Regel ist das Ziindpraparat in einer Kapsel (Ziindpille) verwahrt und wird durch das beim Schlag bewirkte Eindringen einer stahlernen Ziindnadel in die Pille entziindet. Grosstentheils ist die Ziindnadel in den Schlager, die Ziindpille aber in den fixen Ziindertheil, gegen welchen der Schlag gefuhrt wird, eingesetzt.; es ist aber auch die entgegengesetzte Anordnung nicht ausgeschlossen. 110 Die Entziindung des Brandsatzes des Concussionsziinders geschieht durch das Gas der Geschiilzladung; dies ist, nachdem sich der Ziinder in der Geschosspitze befindet, nur bei Spielraumgeschiitzen moglich, daher die Goncussionsziinder nur bei den Granaten solcher Geschiitze anwendbar sind. Fiir Geschosse ohne Spielraum sind nur Percussions- ztinder zu verwenden, was selbstverstandlich ihre Anwendbarkeit fiir Spielranmgeschosse nicht. ausschliesst. Jedoch ist die Bedingung der Wirkung der Percussionsziinder, dass das Geschoss mit, der Spitze auftrifft, welehe Bedingung bei den Concussionsziindern nicht besteht, da es sich hier nur um Erschiitterung handelt; aus diesem Grunde kann bei Spielraum-Rundgranaten der Percussionsziinder nicht, son- dern nur der Concussionszunder angewendet werden. Die Zeitziinder miissen einen Brandsatz enthalten, welcher im Rohre entziiridet wird und, nachdem er eine bestimmte Zeit gebrannt hat, das Feuer der Sprengladung mittheilt; je langer diese im Ver- haltnisse zur Schussdistanz stehende Zeit, ein desto liingeres Stuck des Brandsatzes muss verbrennen, desto grosser muss daher die Ent- fernung von der Entztindungs- bis zur Feuermittheilungsstelle des Brandsatzes sein. Die Regulirung dieser Liinge des Brandsatzes heisst bekanntlich »Tempirung des Ziinders*; behufs dieser Tem- pirung kann entweder die Feuer mitt heilungsstelle im Ziinder fix und die Entzundungsstelle des Brandsatzes veriinderlich sein oder um- gekehrt. Je nachdem der Brandsatz saulenformig in einen rohren- formigen Ziinder oder aber in eine ringformige Nut einer Plalte eingepresst ist, unterscheidet, man die Zeitziinder als Siiulen- und Ringztinder. Bei den Saulenziindern ist grosstentheils die Entzundungsstelle fix und es wird die Tempirung durch Abschneiden. der Rohre oder durch Oeffnung eines Kanals in verschiedener Saulenhohe* bewirkt. Bei den Ringziindern ist die umgekehrte Anordnung vorherrschend, * Grosstentheils sind solehe Kaniile in nach den einzustellenden Tempi- rungen verschiedenen Hdhen der Rohre schon vorhanden, nur verschlossen; das Tempiren besteht dann darin, dass der Verschluss des betreffenden Kanals durch- stochen wird. Dies sowie das Abschneiden der Rohre bedingt das Einsetzen des Ziinders unmittelbar vor dern Scliusse, ist also nur ausnahmsweise, bei Positions- geschiitzen, anwendbar. Giinstiger sind die Rohren, welehe mit offenen Kanalen versehen und in eine Hiilse mit einem spiralformig laufenden Schlitz eingesetzt sind; die Tempirung besteht dann in einer derartigen Drehung der Rohre, dass der betreffende Distanzkanal in den Schlitz gelangt. Ill d. h. der Satzring befmdet sieh in einer drehbaren Scheibe und es wird beim Tempiren die Entziindungsstelle durch entsprechende Drebung der Scheibe von der Feuermittheilungsstelle im Ziinder ver- schoben. Die Entziindung des Brandsatzes der Zeitziinder kann entweder durch das Gas der Geschiitzladung oder durch einen Percussions- Apparat. geschehen; das erstere ist. nur bei Spiel raumgeschiitzen moglich, daher sind die nach diesem Princip const.ruirt.en Ziinder nur fur die Gesehosse dieser Geschiitze anwendbar* Der Percussions- apparat zur Entziindung des Brandsatzes bei Zeitziindern hat die umgekehrte Anordnung, wie der Percussionsziinder der Granaten, d. h. es schlagt. der Schlager nach riickwarts, indem er bei Beginn der Geschossbewegung im Rohre infolge seines Beharrungsbestrebens eine relative Riickwartsbewegung im Gesehosse annimmt; auch hier kann entweder die Ziindpille oder die Ziindnadel im Schlager ein- gesetzt. sein. Um bei den Percussionszundern und den Percussionsapparaten der Zeitziinder die Gefahr einer unbeabsichtigten Entziindung fern- zuhalten,,muss der Schlager durch eine Versicherung an der nicht beabsiehtigten Bewegung verhindert werden; diese Versicherung muss aber entweder vor der beabsiehtigten Wirkung des Schlagers entfernt werden oder aber so leicht sein, dass sie durch die Bewegung des Schlagers selbst ausser Kraft gesetzt. wird. Als Versicherungen werden angewendet: Vor sleeker, welche von aussen oberhalb des Schlagers (bei Granatziindern) eingeschoben und dann durch die Rotationsbewegung des Geschosses wahrend des Pluges herausgeschleudert werden, — Drahte oder Stifte, welche den Schlager im Ziinder festhalten und bei seiner Bewegung zerrissen oder abgebrochen werden, — Bleiringe, Spiralfedern, auf- gestiilpte leichte Hiilsen etc., welche den Schlager von dem fixen Ziindertheile, gegen welchen er schlagen soil, fernhalten und beim Schlag zusammengedriickt oder die Stiilpen der Hiilsen gerade gebogen werden, u. s. f. Haufig werden zur grosseren Sicherheit zwei verschiedene Versicherungen bei einem und demselben Ziinder an- gewendet. * lliese einfachere und fiir die Sicherheit der Lademanipulation vortheil- haftere Einrichtung des Zunders konnte nur dann bei den Geschossen der Ge- schiitze ohne Spielraum angewendet werden, wenn es moglich ware, den Ziinder in den Geschossboden zu verlegen. 112 Die meiste Anwendung bei den Geschiitzen neuerer Sisteme finden die Percussionsziinder fiir Granaten und die Percussions-Ringziinder mit drehbarer Scheibe fiir Shrapnels. Schliesslich waxen die ausnahmsweise vorkommenden Doppelziinder zu erwahnen, welehe die Vereinigung eines Aufschlag- und eines Zeitziinders bilden und den Zweck haben, die Verwendung eines entsprechend eingerichteten Ge- sehossen (z. B. einer Segmentgranate) sowol als Granate wie als Shrapnel zu ermoglichen, so wie bei den Shrapnels die Entziindung der Sprengladung min- destens beim Aufschlage zu bewirken, im Falle der Zeitziinder versagt. Dritter Abschnitt. Einrichtung der Geschiitzrohre. Die Bohrung der Geschiitzrohre ist in Bezug auf ihre Form, ihre Dimensionen und die specielie Einrichtung in erster Linie durch die festgesetzte Construction der in Gebrauch kommenden Geschosse bedingt; weiters nimmt hierauf (insbesondere auf die Dimensionirung) die Riicksicht auf eine moglichst. rationelle Ausniitzung der Triebkraft der Pulverladung, auf den /week der Verwendung des Geschiitzes und auf die praktische Handhabung desselben Einfluss. Die Starke dimensionen der Geschiitzrohre sind einerseits von der Grosse des in der Bohrung auftretenden Gasdruckes, anderer- seils von der Festigkeif des zur Herstellung des Rohres verwendelen Materials und von der Erzeugungsweise abhangig. Fur die Einrichtung der Nebentheile ist die Riicksicht auf die Bedienung des Geschiitzes hauptsachlich massgebend. I. Einrichtung der Bohrung, Die Bohrung zerfallt der 1 dinge nacli in drei Riiume: den Raum fur die Pulverladung (Ladungsraum oder Rammer), den Raum, in welchem das Geschoss lagert (Geschossraum), und den Raum fur die Bewegung des Geschosses (den Flug); haufig fallt der Ge¬ schossraum mit dem Ladungsraum oder dem Flug zusammen, oft sind alle drei Raume der Construction nach nicht von einander unter- schieden und bilden geometrisch ein Ganzes. a) Der Plug. Der sphiirisehen und cylindrischen Form der gegenwilrtig ge- brftuchlichen Geschosse entsprechend ist die Form des Fluges im Wesentlichen eine cylindrische; bei Geschiitzen fur Rundgeschosse ist 114 dieser Cylinder glatt (glatte Geschutze), bei Geschiitzeu fur Lang- geschosse aber mit schraubenformig gewundenen Ziigen versehen* (gezogene Geschutze). 1. ) Zahl der Ztige. Um dem Langgeschoss die Rotation am die Langenaxe zu ertheilen, wiirde Ein Zug geniigen. Hiebei ware aber die Ftihrung des Spielraumgeschosses eine niangelhafle und die Isolirung des Geschosskorpers von den Bohrungswanden nicht vor- handen, daher das Geschoss starken Schwankungen und Anschlagen an die Bohrungswiinde ausgesetzt; iiberdies wiirde der Druek der Fiihrungsleiste des Gesehosses gegen die Ftihrungsflache des Zuges auf eine einzige Stelle concentrirt, was eine Besehadigung beider, insbesondere aber der aus weichem Material erzeugten Fiihrungsleiste, daher eine Ungleichmassigkeit der Rotations-Geschwindigkeit zur Folge haben konnte. Ura diesen Dr.uck gleichmassiger zu vertheilen und die Geschossfuhrung zu verbessern, wil’d die Zahl der Ztige so gross als moglich angenommen, wodurch bei Geschossen mit Mantel- oder Ringfiihrung noch der Vortheil gewonnen wird, dass das Einschneiden der Felder einen geringeren Kraftaufwand erfordert und correcter erfolgt. Naehdem aber mit der Steigerung der Zugzahl die Breite der Ziige und Felder abnimmt, so zieht. dieRticksicht auf die geniigende Widerstandsfahigkeit der Felder der Bohrung und der Fiihrungsleisten des Gesehosses dieser Steigerung eine Grenze. Diese Grenze wird bei Spielraumgeschutzen wegen der Anschlage, welche die Fiihrungs- leisten oder Warzen erleiden, sowie uni die durcli das Einsetzen der Leisten (Warzen) bedingten Erzeugungsschwierigkeiten der Geschosse zu vermindern, eine engere sein, als bei Geschiitzen ohne Spielraum; diesen gibt man demnach irn Allgemeinen mehr Ziige, u. zw. um so mehr, je widerstandsfahiger das Fiihrungsmaterial ist (fur Kupfer- ftihrung mehr als fiir Bleifuhrung), wahrend die Spielraumgeschiitze eine kleinere Zahl von Ziigen erhalten. Bei einem und demselben Geschiitzsistem wachst die Zahl der Ztige mit dem Kaliber. 2. ) Breite und Tiefe der Ztige. Die Breite der Ztige steht in selbstverstandlichem Zusammenhange mit der Zahl der Ziige: je grosser diese, desto kleiner die Breite; dasselbe gilt im Wesentlichen auch von der Zugtiefe. Beziiglich des Verhaltnisses der Zug- zur * Fiir Langgeschosse, welche nach clem Pfeilprincip construirt sind, braucht die Bohrung nicht gezogen zu sein; naehdem jedoch die Pfeilgeschosse nirgends in Anwendung sind, so kann von diesem Umstande abgesehen werderi. 115 Feldbreite gilt bei Geschiitzen ohne Spielraum der Grundsat.z: mog- liehst kleine Felderbreite, um das Einschneiden der Felder in das Fiihrungsmittel zu erleiehtern and geniigend widerstandsfahige Fiihrungsleisten zu erhalten; jedoeh darf diese Verminderung der Felderbreite andererseits nicht so weit gehen, dass dadurch die Wider- standsfahigkeit der Felder selbst ungeniigend wird. Bei den Spiel- ranmgeschiitzen gilt der umgekehrte Grundsatz: moglichst kleine Zugbreite, um das Geschoss nicht durch Einsetzen von breiten Fiihrungsleisten Oder Warzen unnothig zu schwachen; es wird daher die Zugbreite im Allgemeinen nur so gross gemacht, als dies durch die Riicksicht auf geniigende Festigkeit der Fiihrungsleisten oder Warzen geboten ist, wodurch sich bei der kleineren Ziigezahl breite Felder ergeben. Dies gilt aber nur fur Ziige, welche im Profil vier- seiiig sind; bei dreiseitigen Ziigen kann die Ausdehnung der Zugbreite bis zum ganzlichen Verschwinden der Felder ausgedehnt werden. Ziige von verUnderlicher Breite kommen sowol bei Ge¬ schiitzen ohne Spielraum, als auch bei Spielraumgeschiitzen vor. Bei den ersteren erstreckt sich die Veranderlichkeit der Breite in der Regel auf die ganze Lange der Ziige, die sich von riickwarts gegen vorne zu continuirlich verengen (Keilziige);* diese Verengung be- wirkt das leichtere Einschneiden der umgekehrt. keilformigen Felder in den Fiihrungsmantel bei dem Beginne der Geschossbewegung, wodurch das Maximum der Gasspannung weiter nach vorwarts verlegt und somit ermassigt wird. Bei den Spielraumgeschiitzen tritt die veranderliche Zugbreite als locale Zugverengung am inneren Ende der Ziige (im Geschoss- raume) auf, welche durch eine Annaherung der Lade- an die Fiih- rungsflache entsteht;** dies hat den Zweck, die Flihrungswarzen, welche wahrend des Einfuhrens des Geschosses an der Ladeflache schleifen, an die Fiihrungsflache zu bringen, wobei die durch den Breitenspielraum der Warzen bedingte geradlinige Bewegung des Ge¬ schosses im Anfange, welche ein heftiges Anstossen der Warzen an die Fiihrungsflache und somit eine Beschadigung derselben zur Folge haben konnte, vermieden wird. Die Zugtiefe wird, um die Rohrwandungen nicht erheblich zu schwachen, sowie um am Geschosse liohe, fur die Geschossbewegung * Siehe erster Theil, erster Abschnitt, gusstahlerne Geschutze. ** Siehe erster Theil. 18%, Geschiitz. 8 * 116 ausserhalb des Rohres nachtheilige Fuhrungsleisten zu vermeiden, moglichst klein gemacht; hiedurch wil'd ferner bei Geschiitzen mil. Fressionsfiibrung das Einschneiden der Felder in das Fuhrungsmitt.el erleichtert. Jedoch muss die Zugtiefe mindestens so gross sein, dass das Eingreifen der Fuhrungsleisten in die Zuge wahrend der Geschoss- bewegung im Rohre gesichert erscheint. Hieraus folgt, dass bei Ge¬ schiitzen ohne Spielraum die Zugtiefe eine kleinere sein kann, als Die veranderliche Zugtiefe kommt in zwei Formen vor, u. zw. kann dieZugbasis aus zwei Theilen bestehen, welche parallel zu ein- ander in verschiedener Entfernung vom Bohrungskreise laufen, wie beim Zug II (Fig. 32), oder es kann die Basis excentriseh zum Boh¬ rungskreise gefuhrt sein, wie beim Zug III; der erstere Zug heisst Doppelzug oder Staffelzug, der letztere exeentrischer Zug. 3.) Profil der Zuge. Von der Anordnung der Zugtiefe und der Neigung der Seitenflachen des Zuges biingt das Zugprofil ab. Das einfachste, regelmassigste und am leichtesten herzustellende Zug¬ profil ist das rechteckformige I (Fig. 32), in welchem die Seiten¬ flachen ad, bb' parallel zuin Halbirungsradius Cc des Zuges gefuhrt sind und die Zugbasis a'b' concentrisch zum Bohrungskreis ab lauft (concentrischer Zug): die Zugtiefe ist uberall eine gleicbe. Dieses Zugprofil wird in der Regel angewendet, wenn die Centrirung des Geschosses durch die Einricbtung der Zuge nicht beabsichtigt wird, also bei Geschiitzen ohne Spielraum, bei welchen die Centrirung durch das Einpressen des Fiihrungsmittels in die Zuge erreicht ist. Hingegen wird bei den Spielraumgeschiitzen den Ziigen grosstentbeils ein anderes Profil gegeben, urn hiedurch eine theilweise oder ganzliche Centrirung des Geschosses zu erzielen. Dies kann auf doppelte Art geschehen: Durch den Staffelzug (Schiebzug): die Fiihrungsleiste bewegt sich beim Laden des Geschosses in dem tieferen Theile des Zuges, bei Spielraumgeschiitzen. Fiy. 32. a 117 beim Schusse aber in dem seichteren; der Uebergang der Leiste aus dem einen in den anderen geschieht an einer schiefen Ebene, durch welche am inneren Ende des Zuges der tiefere Zugtheil zum seich- teren ansteigt; nachdem der Durchmesser innerhalb der Basen der seichteren Zugtheile dem Durchmesser am die Fiihrungsleisten nahezu entspricht, so bewegt sich das Geschoss centrirt beim Schusse;* durch die schiefe Stellung der Fiihrungsflache gegen den Bohrungsradius, Zug IV(Fig. 32): der Druck der Fuhrungsleiste gegen die Fiihrungsflache geschieht tangential, also in der Richtung de, senkrecht zum Radius Cd; zerlegt man diesen Druck in zwei Com- ponenten de l und de , t , so bewirkt die zur Fiihrungsflache senkrechte Druckcomponente de, — de cos <; die Reibung der Leisten an der Fuh- rungsflache, wahrend die Componentc de i = desinq> die Leiste in der Richtung dE verschiebt, wobei das Geschoss gegen das Bohrungs- centrum C ausweicht. Nachdem dieses durch den diametral gegen- uberliegenden Zug in derselben Weise und in demselben Masse statt- findet, so wird die Geschossaxe wahrend der ganzen Bewegung in der Rohraxe erhalten. Die centrirende Componente tie., ware nur dann nicht vorlianden, wenn v ; so mtisste das Hohlgeschoss ajas diesem Grunde, wenn die Differenz der * Unter X kann, nachdem es sich um blosse Relationen handelt, anstatt des senkrechten Abstandes der Luftwiderstands-Resultanlen der in der Geschoss- axe gemessene Abstand des Angriffspunktes des Luftwiderstandes vom Schwerpunkte verstanden werden 121 Dichten ausser Betracht bleibt, einen schwacheren Drall bedingen. Nachdem aber v'fi' = l = (l — v &> somit v'§' <] v$ ist, d. h. da dem Hohl- geschoss nicht nur eine kleinere Masse iiberhaupt (in' < m ) zukommt, sondern auch die auf den Umfang reducirte Masse kleiner ist (/■<’ < so erfordern Hohlgeschosse im Allgemeinen einen starkeren Drall als Vollgeschosse.* ** — Das Vorangefuhrte setzt voraus, dass sich die Anfangsgeschwindigkeit des Geschosses (V) nicht andert. Durch eine Aenderung von V wird der rait Be- riicksichtigung der auf die Gescbossconstruction bezaglichen Factoren ermitlelte giinstigste Drall insoferne verandert, als ein grosseres V ein kleineres a zur Folge hat. In einem Geschutzsistem , d. h. in einer Reihe von Geschutzkalibern, in welcher sowol die Geschiitzrohre als die Geschosse nach einem einheitlichen Princip construirt sind und die letzteren auch gleiche Anfangsgeschwindigkeiten erhalten, sind V, r und (5 constante Grossen. wahrend si in der Form ui — er, X aber in der Form X = yvl = ytr erscheint, wobei t und y constante Grossen bezeichnen. Demnach ist tg a = ~ = \ durch ausschliesslich constante, y V V 2nd durch den Unterschied der Kaliber nicht beruhrte Grossen ausgedruckt, d. h. in einem Gesclititzsistern erhalten alle Geschiitze ohne Unter schied des Kalibers einen gleich starken Drall: der Drallvvinkel uud die in Kalibern ausgedriickte Drallange sind bei alien Geschiitzen gleich, die im Lan- genmass ausgedriickte Drallange steigt mit dem Kaliber. Der veranderliche Drall kommt. als von riickwarts gegen die Mlindang zu ansleigender oder Progressivdrall vor; die Hola- tionsgesehwindigkeit, welche das (leschoss erlangl, entspricht dem Dralle, welchen das Geschiitz an der Miindung hat. Nachdem durch den Drall iiberhaupt die fortschreitende Bewegung des (reschosses verzogert wird, so hat. die beim Progressivdrall stattfindende Ver- kleinerung des Dralles von vorne gegen riickwarts den /week, ohne Verlust. an schliesslicher Rotationsgeschwindigkeit diese Verzogerung der Vorwart.sbewegung iiberhaupt, insbesondere aber im Beginn det Bewegung zu vermindern, wodurch der Baum fur die Ausbieitung des Gases der im Ladungsraume verbrennenden Pulverladung raschei erweitert, daher das Maximum der Gasspannung vermindert wild. * Dieser fur Hohlgeschosse uberhaupt gillige Grundsatz kann aber wesenthch alterirt werden. wenn durch die Aushohlung der Schwerpunkt welter nach vor- warts verlegt, also X verkleinert wird, wie bei den Panzergranaten, be, welchen sich die Aushohlung hauptsachlich im Geschosshinteit lei e in e . ** Der Progressivdrall hat also in, Wesentlichen denselben /week, wie die Keilform der Zuge. 122 Grosstentheils ist der Drallwinkel am Anfang der Zlige = 0 und wachst stetig bis zur Mundung; jedoch kann der Anfangsdrall- winkel > 0 sein, sowie vor dem Erreichen der Mundung der Progressiv- drall in einen constanten Drall iibergehen.* Der Progressivdrall unterscheidet sich geometrisch vom constanten Drall dadurch, dass auf der aufgerollten Mantelflache des Bohrungscylinders die Zug- kante bei dem ersteren eine Curve, bei dem letzteren aber eine Gerade bildet. Bekanntlich benennt man die specielle Art des Progressivdralles nach der Natur dev Drallcurve; untersucht man das Gesetz. nach welchem die Drallwinkel zu- nehmen, so findet man, wenn der Ursprung der Coordinaten in jenem Punkte angenommen wil'd, wo die Drallcurve die Erzeugende des Cylinders beruhrt. wo also der Drallwinkel = 0 ist: fur kreisformigen Drall: die Gleichung der Drallcurve ist (R — x) 2 + !/ 2 = R~: daher tg a = y- = -Jr = ■ —-- : : dy Rx — y2 ’ fiir ellyptischen Drall: Gleichung der Drallcurve: a 2 (b — x) 2 + b 2 y 2 = a 2 b 2 , daher tg a = — 2 ' j ----- - = — ' —=rL~- ;** a- o — x a y a 2 — y 2 fiir parabolischen Drall: Gleichung der Drallcurve: , , , 2 y‘ — px , daher tg a = --. y. Wie man sieht, ergibt sich beim parabolischen Drall das einfachste Gesetz fiir die Zunahme des Drallwinkels: die trig. Tangente des letzteren, und fiir kleine Winkel dieser selbst, steigt in demselben Verhaltnisse, in welchem die in der Rohraxe gemessene Entfernung des beztiglichen Punktes vom Anfangspunkte (wo ct = 0 ist) zunimmt. Aus diesem Grunde wird der parabolische Drall auch gleichmassig ansteigender Drall genannt und vorzugsweise als Progressiv¬ drall angewendet. 5.) Durchmesser und Lange des Fluges. Der ] lurch - messer des Fluges*** der Bohrung wird etwas grosser gemacht,, als der Durchmesser des eisernen Geschosskorpers, um die Reibnng des letzteren an den Bohrungswanden zu vermeiden (Isolirung des Geschosses); der Abstand zwischen Geschoss und Bohrung, der Spielraum des Geschosskorpers, wird bei Geschossen mit Mantel- und Ringflihrung durch das Fuhrungsmittel ausgefullt. Aus leicht begreiflichen Grlinden Irachtet, man, den Spielraum so klein als moglich zu machen: jedoch findet dies bei Geschossen mit Mantel- * Siehe erster Theil, broncenes 15%, Geschiitz. ** Der hyperbolische Drall gibt fur tg a einen Ausdruck von ahnlicher Form. *** Unter Durchmesser des Fluges schlechthin wird bei gezogenen Geschutzen stets der Durchmesser zwischen den Feldern verstanden. 123 nnd Ringfiihrung an der unumganglich nothwendigen Dicke des Fiih- rungsmittels, bei Geschossen mil Leisten- oder Warzenfiihrung daran eine Grenze, dass die Leisten (Warzen) selbst nach d'em Geschoss- durehmesser einen Spielraum haben mdssen, der kieiner als der Spielranm des Geschosskorpers sein muss. Von der Lange des Fluges hangt die Geschwindigkeit ab, welche das Geschoss durch eine bestimmte Pulverladung an der Miindung erhalt: je langer dieBohrung, welche das Geschoss zu durch- laufen hat, desto mehr Impulse bekommt, dasselbe zur Vorwarts- bewegung, wodurch seine Geschwindigkeit fortwahrend gesteigert wird, selbst wenn der 1 truck des Pulvergases abnimmt, — bis das Geschoss einen Punkt erreicht, wo der. Druck des Pulvergases eben noch den Widerstanden fur die Geschossbewegung das Gleichgewieht halt, wo also die treibende Kraft Null ist. Dariiber hinaus wird bei continuirlich abnehmendem Gasdruck dieser kieiner als die Bewegungswiderstande, daher die treibende Kraft negativ; infolge dessen tritt eine Verzogerung, also eine Verminderung der Geschwindigkeit ein. Dm daher die Pulver- kraft vollstandig auszuniitzen, miisste die Miindung mit dem Punkte zusammenfallen, wo die treibende Kraft Null ist: dies ware die giin- stigste Rohrlange und zugleich die obere Grenze derselben. In der Regel wird nichl bis an diese Grenze gegangen, — aus prak- tisehen Griinden, namlich aus Riicksicht auf das Rohrgewicht, auf den beschrankten Aufstellungsraum, auf die Handhabung und Bedienung des Geschutzes etc. Jedoch darf die Rohrlange auch nicht zn klein sein, wobei aus Ursaehe der zu geringen Ausnulzung der Pulverkraft die Pulverladung behufs Erreichung einer entsprechenden Geschwindigkeit zu viel ge- steigerl werden miisste, sowie die Ftihrung des Geschosses und die Erlangung der Rotation unsicher wiirde. Nimmt man ein bestimmtes Ausniitzungsverhaltniss der Pulver¬ kraft durch die Rohrlange an, so wird sich sowol die Pulverladung als auch die Rohrlange nach der beabsichtigten Anfangsgeschwindig- keit des Geschosses richten mussen. In dieser Beziehung unterscheidet man drei Gattungen von Geschlitzrohren: Kanonen, Haubitzen und Morser. Die Kanonen sind Geschiitze fur den horizontalen oder directen Schuss, namlich solche, aus welchen die Geschosse mil grosser Geschwindigkeit abgehen, um mit moglichst ldeinen Elevationen grosse Distanzen zu erreichen, wobei sie sich verhaltnissmassig wenig fiber den Horizont. erheben und das Ziel (die vertieale Deckung) 124 auf directe Weise treffen; die Haubitzen sind Geschiitze fur den indirecten oder Bogenschuss, mit welchem verticale Deckungen' iiberschossen ’ werden, — nachdem hiezu eine grossere Erhebung des Geschosses liber den Horizont, also eine grossere Rohrelevation noth- wendig ist, so muss das Geschoss zur Erreichung einer bestimmten Distanz mit kleinerer Geschwindigkeit abgehen, als bei den Kanonen; die Morser sind Geschiitze fur den verticalen Scbuss zum Durch- schlagen von horizontalen Deckungen, wobei die Geschosse in mog- lichst verticaler Richtung niederfallen, also sich sehr hoch erheben miissen, was grosse Elevationen, daher zur Erreichung einer bestimmten Distanz kleine Geschwindigkeiten erfordert.. Sonach haben die Kanonen grosse Liingen und grosse Ladungen, die Haubitzen mittlere Liingen und mittelgrosse Ladungen, die Morser kleine Liingen und kleine Ladungen. Als Grenze zwischen den Kanonen und den Haubitzeu kann die Fluglange von 10 Kaliber, als Grenze zwischen den Haubitzen und den Morsern aber eine Fluglange von 6 Kaliber angenoinrnen werden. Wegen del - Bezeichnung »Wurf«, welche dem Bogenschuss beigelegt wird, fuhren die Haubitzen und Morser die Collectivbenennung Wurfgeschiitze. Gegenwartig finden die Wurfgeschiitze, insbesondere die Haubitzen, eine sehr besehrankte Anwendung. da man nothigenfalls auch aus Kanonen Wiirfe machen kann, zu welchem Zweck man solchen Kanonen nebst ihrer Scliussladung noch eine Oder mehrerere kleinere Ladungen (W u rf I ad u n gen ) gibt Selbstverstiind- licli kann die Kanone allenfalls die Haubitze, aber niemals den Morser ersetzen. b) Der Geschossraurn. Der Geschossraurn, als eigener Theil der Bohrung, kommt in der Regel nur bei Hinterladgeschutzen vor. Er hat den /week, das Geschoss, welches beirn Laden mit Spielraum durch den Ladungsraum gehen muss, zu centriren, damit. es beirn Schusse in der fur seine Bewegnng gunstigsten Weise in den Flug eintritt. Zu diesem /week ist der Durchmesser des Geschossraumes etwas grosser, als jener des Fluges, und etwas kleiner, als jener des Ladungsraumes; nachdem ini Ladungsraume die Geschossaxe infolge des Spielraumes unter die Rohraxe fallen muss, so wird durch den Uebergang des Geschosses in den engeren Geschossraurn dessen Axe gegen die Rohraxe gehoben. Dieses Emporheben der Gesehossaxe wird nicht bis zur vollkommenen Centrirung gehen konnen, im Falle das Fiihrungsmittel (Mantel oder Ringe) ebenfalls vollstandig in den Geschossraurn eintritt, well der Durchmesser des letzteren alsdann etwas grosser sein muss, als der gross te Geschossdurchmesser, iiber das Fuhrungsmittel gemessen; nachdem der letztere, damit im Fluge der Spielraum vollstandig auf- gehoben werde, nicht kleiner sein darf, als der Flugdurchmesser zwischen den Zugen, so folgt, dass bei dieser Anordnung der Durch- messer des Geschossraumes noch etwas grosser sein muss, als der Durchmesser zwischen den Zugen. d. h. dass sich die Ziige nicht bis in den Gesehossraum erstrecken konnen, dass dieser also glatt bleibt. Durch den glatten Gesehossraum* findet daherkeine vollkommene Centrirung des Geschosses statt. 1st hingegen der Gesehossraum gezogen, d. h. ist der Durch¬ messer desselben kleiner. als jener zwischen den Zugen, so dass sich diese in den Gesehossraum fortsetzen und in dem Uebergangsconus zwischen diesem und dem Ladungsraume auslaufen, — so kann das eigentliche Fuhrungsmittel nicht in den Gesehossraum eintreten, son- dern nur bis an diesen heranriicken. Der gezogene Gesehossraum kommt daher nur fur Geschosse mit. der als Bandfuhrung bezeichneten speciellen Form der Ringfuhrung in Anwendung. Bei dieser ist zur Fuhrung in den Zugen ein breiter Ring, das Fiihrungsband, in der Nahe des Geschossbodens angebracht, wahrend sich am Vorder- ende des cylindrischen Geschosslheiles ein zweites Band, Centrir- band, befindet, dessen Durchmesser nur um sehr Geringes grosser ist als der Flugdurchmesser, so dass dieses Band in den Gesehossraum und das Fiihrungsband in den Conus zwischen Geschoss und Ladungs- raum eintreten kann, wodurch eine moglichst vollkommene Centrirung des Geschosses geschieht.** c) Der Ladungsraum. Der normale Ladungsraum ist ein glatter, zum Flug con- centrischer Cylinder, dessen Durchmesser bei Vorderladern gleich dem Flugdurchmesser, bei Hinterladern aber um so viel grosser als dieser ist, dass das Geschoss bequem bis an den Flug eingefuhrt werden kann. Die normale Lange des Ladungsraumes ergibt sich aus dem Rauminhalte, welcher zur Aufnahme der sistemisirten Pulverladung nothwendig ist; liiebei muss jedoch auf den unvermeidlichen Spiel- * Eirien glatten Gesehossraum hat unter den Marinegeschiitzen nur das 9%, Gesehtitz (siehe erster Theil, erster Abschnitt), wo er durch die Fuhrungs- ringe, welche alle von gleichem Durchmesser sind, bedingt ist. ** Siehe Fig. 4 im ersten Theil, 28%t, broncene 16 %n und gusstahlerne 16%, Geschiltze neuer Construction. 126 raum der Patrone Riicksicht genommen werden.* Abweichungen von dieser normalen Einrichtung des Ladungsraumes kommen fol- gende vor: 1. ) Der excentrische Ladungsraum, bei Hinterladern ohne eigenen Geschossraum, zur Centrirung des Geschosses beim Ein- fuhren: die Axe des Ladungsraumes ist um so viel holier gelegt als die Flugaxe, dass die Geschossaxe schon wahrend des Einfuhrens mit der Flugaxe zusammenfallt.** 2. ) Der Ladungsraum von grosserem als normalen Raum- inhalte zur Herabminderung der Gasspannung; der grossere Raum- inhalt kann durch Verlangerung des Ladungsraumes mit. Beibehaltung des normalen Durchmessers, Oder durch Vergrosserung des Durch- messers bei normaler Lange, oder schliesslich durch Vergrosserung dieser beiden Dimensionen erzielt, werden. 3. ) Der Ladungsraum von kleinerem Durehmesser als der Flug, bei Vorderladgeschiitzen*** mit kleinen Ladungen (insbesondere Morsern), um der Patrone eine entsprechende Liinge geben zu konnen. Der Uebergang vom Flug in den Ladungsraum (die Wolbung) ist entweder conisch oder halbkugelformig. Hieher gehort auch der seiner ganzen Liinge nach conisch gestaltete Ladungsraum. Eine (geringfiigige) Abweichung von der streng cylindrisclieri Form des Ladungsraumes besteht aucli im halbkugelformigen, kugelhaubenformigen oder conischen Abschlusse derselben am Stossboden; jedoch findet diese Anordnung gegenwiirtig nur vereinzelt eine Anwendung. Der Name »Kammer« wird im Allgemeinen deni Ladungsraum gegeben, wenn er sich als eigener Bohrungstheil vom Flug auch geometrisch unterscheidet, u. zvv. entweder durch seinen Durehmesser oder durch seine Einrichtung. Bei den glatten Geschutzen, bei welchen von einer besonderen Einrichtung des Fluges (vvie sie gegenwiirtig durch die Ziige charakterisirt ist) nicht die Rede war, konnte die Kaminer nur durch einen vom Flugdurchmesser verschiedenen (in der Regel kleineren) Durehmesser entstehen; man nannte solche Geschiitze speciell Kam- mergeschiitze; die Morser waren ausschliesslich, die Haubitzen grosstentheils Kamrnergeschiitze, die Kanonen aber in der Regel Nichtk am me r geschiitze. Diese Unterscheidung hatte weiters den Sinn, dass bei Kammergeschtitzen der * Der Durchmesserspielraum wird bei cylindrischen Patronen mit ungefalir ein Zehntel des Kalibers angenommen; zur Lange muss ein entsprechendes Stuck hinzugeschlagen werden, um dem Pati'onenbund und den eventuellen Abweichungen in der Patronenlange Rechnung zu tragen. ** Siehe erster Theil 24 %, 26 % und gussliihlerne 15%, Geschiitze alterer Construction. *** Diese Anwendung konnte bei Hinterladgeschutzen nur gegeben werden. wenn der Ladungsraum in den Verschluss verlegt wiirde. 127 Ladungsraum einen unveranderlichen Rauminhalt hat, nachdem das Geschoss nicht in die engere Kammer eintreten, sondern beim Laden nur bis an diese angeschoben werden kann, daher (vorausgesetzt, dass die Patrone nicht langer ist als die Kammer) stets dieselbe Lage im Rohre einnimmt; wahrend bei Nicht¬ kammergeschutzen dieser Rauminhalt von der Lange der Patrone abhangt.* — Die gezogenen Geschiitze sind strenge genommen sammtlich Kammergeschiitze, nachdem bei ihnen das Geschoss principiell stets in eine und dieselbe Position eingefuhrt wird; jedoch macht man auch da haufig die Unterscheidung zwischen Kammergeschutzen und Nichtkammergeschutzen, indem man die Benennung »Kammer* auf jene Ladungsraume beschrankt, welche einen vom normalen ab- weichenden Durchmesser haben. Bei den Geschiitzen neueren Sislems, insbesondere jenen grossen Kalibers, wo im Interesse der geniigenden Widerstandsfahigkeit des Rohres auf die mog- lichste Herabminderung der Gasspannung hingewirkt wird, bildet der vergrosserte Ladungsraum die Regel. Diese Vergrosserung wird meistens durch Steigerung der Lange bei normalem Durchmesser erzielt; jedoch wird neuestens das andere Princip: Vergrosserung des Kammerdurchmessers, um bei einer durch die Praxis bedingten Rohrliinge nicht an Flugliinge einzubiissen, — in Anwendung gebracht. Diese letzteren Geschiitze mil erweiterlem Ladungsraum werden vorzugsweise »Kammergeschiitze« genannt. II. Wandstarke des Greschiitzrohres. Die Wandstarke des Geschiifzrohres muss an jeder Stelle eine derartige sein, dass das Rohr nicht nur dem an dieser Stelle auf- tretenden grossten Gasdrucke mit Sicherheit widersteht, sondern auch, dass die durch diesen Druck hervorgerufene momentane Erweiterung der Bohrung durch die Elaslicil at des Materials aufgehoben wird, daher das Rohr in seinen ursprunglichen Zustand zurlickkehrt, nach¬ dem der Gasdruck aufgehort hat. Die letztere Anforderung ist dadurch hedingt, dass sonst, —- wenn naeh dem Aufhoren des Gasdruckes eine Bohrungserweiterung zuriickbleiben wurde, welche sich bei jedem weiteren Schusse vergrossert, — einerseits die Fiihrung des Geschosses im Rohre (daher die Treffsicherheit) leiden, andererseits das Material bald an der Grenze seiner Festigkeit anlangen und dann das Rohr zerspringen wiirde. * Eine eventuelt beabsichtigte Vergrosserung des Ladungsraumes konnte demnach bei Nichtkammergeschutzen nur unabhiingig von der Rohrconstruction durch Verlangerung der Pati’one, bei Verminderung ihres Durcbmessers, erreicht Werden; dies fiihrte bei d,en glatten Kanonen zur Anwendung der sogenannten allongirten Patronen. 128 Es sollte also, damit die Unveranderlichkeit und die Ausdauer des Rohres vollstandig gesichert werde, das Rohrmaterial an keiner Stelle iiber die Grenze seiner vollstandigen Elasticitat (Elasticitats- grenze) in Anspruch genommen werden. Es ist jedoch zu beriicksichtigen, dass eine gewisse Zeit noth- wendig ist, damit eine bleibende Formanderung eintrete, weil die Molecule nicht momentan die neue durch die Beanspmchung an- gestrebte Gleichgewichtslage annehmen konnen; wenn daher die Be- anspruchung, wie im Geschutzrohre durch den Gasdruck, nur sehr kurze Zeit andauert, so wird selbst beim nicht allzuweiten Aus- schwingen der Molecule iiber die Elasticitatsgrenze noch ein Zuriick- kehren derselben in den urspriinglichen Zustand stattfinden konnen. Aus diesem Grunde kann hier im Allgemeinen von der strengen Forderung, dass die Beanspruchung des Materials die Elasticitatsgrenze nicht iiberschreiten darf, bis zu einem gewissen Grade abgegangen werden. Bei zahen Materien tritt iiberdies infolge ofterer Einwirkung des Gasdruckes eine Verdichtung der inneren Rohrschichten ein, so dass bei solchen Materien noch eine weitere Steigerung der Bean¬ spruchung zulassig ist. Es wird daher fur jedes Material eine grosste zulassige Belastung, niimlich eine solche, deren Nichtiiberschreiten eine prak- tisch geniigende Ausdauer des Geschutzrohres sichert, ermittell und der Festigkeitsberechnung zu Grunde gelegt. Die Materialien, welche am haufigsten zur Erzeugung von Geschutz- rohren verwendet werden, sind: Bronce (Legirung von Kupfer und Zinn), Guss- eisen, Schmiedeeisen und Gusstahl. — Die wesentlichsten Eigenschaften, welche von den zur Rohrerzeugung zu verwendenden Materien gefordert werden, sind: Grosse Elasticitat und Festigkeit, in erster Linie Zugfestigkeit, weil das Rohr durch den Gasdruck auf Zerreissen in Anspruch genommen wird, ferner auch geniigende Druckfestigkeit; Zahigkeit (Dehnbarkeit), welche Eigenschaft, wie oben bemerkt, vorzugsweise die Steigerung der Beanspruchung iiber die Elasticitatsgrenze ge- stattet, — ferner wird ein zahes Material im Falle des Berstens des Rohres in einer fur die Umgebung weniger gefahrlichen VVeise zerspringen als ein sprodes; Harte, damit nicht durch die Reibung und durch eventuelle Anschliige des Geschosses die Bohrung, insbesondere an den Zugflachen, abgeniitzt werde; Homogenitiit, niimlich Gleichformigkeit der Structur und Zusaminen- setzung in alien Theilen, damit die Festigkeit eine gleichmassige sei und das Material den Einwirkungen der heissen Pulvergase (den S tichf lam in en) besser widerstehe, welchg im Eisen durch Verbrennung des beigemengten Kohlenstoffes und in der Bronce durch Ausschmelzen desZinnes sogenannte Ausbrennungen bilden; 129 keine chemische Verwan dtschaft zu den Verbrennungspro - ducten des Pulvers, um nicht durch die damit bedingte chemische Reaction deteriorirt zu werden. Von den oben angefuhrten Materialien steht, was Festigkeit und Homo- genitiit anbelangt, der uberschmiedete Gusstahl obenan; da derselbe iiber- dies eine bedcutende Harte und geniigende Zahigkeit besitzt, so iindet er zur Erzeugung von schweren Gesohiitzen, welche einem hohen Gasdrucke ausgesetzt werden miissen, vorzugsweise Verwendung. Das Schmiedeisen eignet sich wegen seiner grossen Zugfestigkeit und Zahigkeit ebenl'alls fur schwere Geschiitze; nachdem es aber zn weich ist, so wird in ein aus demselben hergestelltes Rohr gewohnlich eine Bohrungsrohre aus einem harteren Metall (grosstentheils Gussthal) eingezogen. Das auf gewohnliche Art (durch Giessen in Sandformen) hergestcllte Gusseisen hat zwar grosse Harte und Druckfestigkeit, aber eine geringe Zug¬ festigkeit und Homogenitiit und ist uberdies sehr spriide; aus diesern Grunde eignet es sich nur zur Herstellung von Rohren. in welchen ein kleiner Gasdruck herrscht. Dasselbe gilt auch von der auf gewohnliche Art hergestellten — or- dinaren — Bronce, welche zwar alle Eisensorten an Zahigkeit tibertrifft, aber eine geringe 11 arte und eine kleinere Zugfestigkeit als selbst das Gusseisen hat. Jedoch ist zu bemerken, dass gerade bei der Bronco als Geschiitzmaterial die grosse Zahigkeit eine, fiber die fiir dauernde Belastungen giltige Elaslicitats- grenze gesteigerte Beanspruchung zulasst. lleberdies lasst sich bei Gussmetallen durch Giessen in Metallformen (Coquillenguss) die Festigkeit und Harte iiber- baupt. sowie durch ein eigenthiimliches Verfahren bei Herstellung von Rohren (Ilohlguss mit innerer Abkiihlung, wovon spater ausfuhrlicher gehandelt_ wird) die Widerstandsfahigkeit derselben gegen inneren Druck erhohen. Die grosse Zahigkeit der Bronce inacht sie zu einem weiteren Fabricationsverfahren (Walzen von innen)* geeignet , wodurch eine fernere,. sehr bedeutende Steigerung der Festigkeit und Harte erzielt wird, so dass die auf diese Art bearbeitete Bronce m die Reihe der zu schweren Geschiitzen geeigneten Materien eingetreten ist. Zu dieser Fabrication wird ausscliliesslieh die sogenannte Stahlbronce ver- wendet, welche sich von der ordinaren Bronce durch den Zinngehalt: 8% bei der Stahlbronce, 10 °/ 0 bei der ordinaren Bronce, unterscheidet, der eine grossere Homogenitiit zur Folge bat; auch wird die Stahlbronce stets durch Coquillen¬ guss hergestellt. wie die ordinare Bronce durch gewohnlichen Guss. Bronce sowol als Risen haben keine chemische Verwandtschaft zu den Verbrennungsproduelen des Pulvers. Andere Metalle. deren Heranziebung zur Erzeugung der Geschiitzrohre versucht wurde, welche aber bis jetzt nur eine beschrankte Anwendung gefun- den haben, wie Phosphovbronce, Bessemer- und Martinstahl. Whitworlh’sches Homogeneisen etc., konnen bier fiiglich ausser Betracht bleiben. * Dies geschieht, wie weiters auseinandergesetzt werden wird, in der Ab- sicht, die inneren Schichten zu verdichten, daher das Rohr schon bei dev Fabrication in einen Zustand zu versetzen. in welchen es sonst durch den Gasdruck beim Schiessen iiberfuhrt werden wiirde, welch letzteres jedoch mit einer Er- weiferung der Rohrung verbunden wlire. 130 a) Wirkung des Seitendruckes. Der auf die Seitenwandungen der Bohrung wirkende Gasdruck, Seitendruck, strebt ein Aufreissen des Rohres nach der Lange, d. h. in jedem Rohrquerschnitte (Fig. 35), die Trennnng des inole- cularen Zusammenhanges nach einem Durchmesser BB' an. Auf diese Trennnng arbeiten alle Druckcomponenten hin, welche in die y.u BB' senkrechte Richtung fallen. Bezeichnet p den grossten in einem Bohrungsabschnitte von der Liinge l uud vom Radius r auftretenden Brack des Pulvergases auf die Fliicheneinheit ,* so wirkt in einem besliinmten Funkte .)/ des Querschnilt.es von diesem Drucke Mm nur die Componente Mm' auf das Aufreissen nach BB.' 1st « der Nei- gungswinkel des Radius OM gegen OB, so isl Mm'= psin a; demnach betriigt der wirkliche Brack auf den elemen- taren Fliichenstreifen von der Liinge / und der Breife r da (innerhalb welches derselbe als constant gilt) plr sin a da, und der gauze auf das Aufreissen nach BB' hinarbeitende Brack auf den oberen Halbcylinder AMM'A' isl. P = Irp j since da = — rlp(cos7i — coso) — 2 rip, J u d. h. der Brack P isl genau so gross, als ob die Spannung p auf eine ebene Fliiche von der Breile des Bohrungsdurchmessers (2r) vvirken vvlirde.** Die Einwirkung der Druckkraft P auf die Molecule ties Liingenschniftes von der Liinge / und der Breife AB -)- A'B' isl. dieselbe, wie die einer gleich grossen i'm umgekehrten Sinne angrei- * Dieser Druck wirkt normal zur Bohuingsfliiche, also in jedem Quer- sehnitte in dor Richtung des Radius. 1st p' die griisste Gasspannung an der betrelTenden Stelle. in fUmosphilrcn ausgedruckt. so ist die Spannung p in ft jg auf 1 □%, = 1-03 p'. ** Der gleich grosse Druck auf den unteren Halbcylinder kann bier nicht in Anschlag kommen. da er nur den Gegendruck bildet, welcber eben erst das Aufreissen durch den Druck V moglicb macbt; denkt man sicli diesen Gegen¬ druck binweg. so kiinnte kein Aufreissen stattfinden. sondern es wiirde das gauze Rohr in der Richtung des Druckes 1’ fortbewegt werden. Fig. 35. A 131 fenden Zugkraft,, sie bring! niimlieh eine Ausdehnung des Materials in der zu BB' senkrechten Richtung hervor; diese Ausdehnung darf an keiner Stelle des in Betracht gezogenen Langenschnittes diej.enige iiberst,eigen, welche der gross ten zulassigen Belastung des Materials entspricht. Ob dieses stattfindet., wird von der Art und Weise ab- hangen, in welcher die Kraft P auf die verschiedenen Theile des Lan¬ genschnittes als Zugbelastung sich vert.heilt. Die Vertheilung nach der Ltinge ist eine gleichmassige, weil vora.usgeset.zt wurde, dass in jedem Querschnitt.e des in Betracht stehenden Bohrungstheiles eine und dieselbe Oasspannung j> herrschl. Nimmt man an. dass eine solche gleichmassige Vertheilung auch auf die Breite, niimlieh auf die nach dem Badius verschiedenen Schichten von A bis li (beziehungs- weise von A' bis B'), daher auf den ganzen Langenschnitt, statt¬ findet, und dass auf die Fliieheneinheit des letzleren die Zugbela¬ stung . nicht statt. so kann es im isotropen Cylinder auch durch keine andere Belastung geschehen. Her Werth von q r (und hieraus nach obiger Relation jerter eines beliebigen q x ) ergibt. sich aus der Gleichung P = < t >, wobei Q wegen der Variabilitat von q x aus Q — 2 I ldx‘q x zu berechnen kommt; es ist. * J r 2 lr\ 1ir R rl q r , daher nach P Q 2 rip — R- R r , — rl q,., woraus p = R und — P R folgt. Folgerungen: 1.) Nimmt man die moglich beste Ausniitzung der Festigkeit des Materials an. d. h. setzt man q r -- e, wo e die grosste zulassige Belastung des Materials bedeutet. und fiihrt man die Wandstarke S = R — r ein, so ist p — — — qr = = —-— e, hieraus S= -- 1 '- r und ~ = ~ • . J— , d as erstere gibt die Wand- A + ;■ e — q* 1 e — starke im Langenmass. das lelztere in Kalibern des Rohres. Beispiel. Fiir ein Rohr vom Radius r = 10%, welches einer Maximal- gasspannung von 1000 Atm. ausgesetzt werden soil, ist die Wandstarke in dem- ienigen Rohrtheile, in welchem diese Spannung eintritt, zu bestimmen. Man kann fiir Gusstahl « = 2700 ty auf 1 □%. » Schmiedeisen « = 2000 » » 1 » » gewohnliches Gusseisen* e = 1100 » » 1 » » ordinare Bronce e = 800 » » 1 » setzen; nachdem p = 1000 Atm. — 1030 kfo auf 1 □% ist. so findet man fiir Gusstahl S = 6'17% = 0'358 Kaliber. » Schmiedeisen 8' = 10'62 » = 0'531 » » Gusseisen S — 147 • 1 » = 7 • 35 » » Bronce S — — 45 %. Die letztere Zahl zeigt. dass die ordinare Bronce nicht widerstandsfahig genug ist, um eine Gasspannung von 1000 Atm. auszuhalten. ohne dass die Beanspruchung der innersten Rohrschichte die grosste zulassige Belastung des Materials iibersteigt. 2.) Aus 7 >= s .^j_ e folgt der grosste Gasdruck. welchem ein Rohr von gegebener Wandstarke ausgesetzt werden darf. * Das beste Gusseisen vom zweiten Guss. oo Kaliber 135 Man findet fur Beispiel. Die Wandstarke eines Rolires sei 1 Kaliber, welcher Gas¬ spannung kann dasselbe ausgesetzl werden, dainit in keiner Schichte die grosste zulassige Belastung iiberschritten werde? Nachdem p = ~ e, so ergibt sich die grosste zulassige Gasspannung fiir ein Rohr aus Gusstalil p = 1800 % auf 1 = 1748 Atm. » » Schmiedeisen p = 1333 „ » 1 » = 1294 » » » Gusseisen j> ~ 733 » » 1 » —712 » » » oi'd. Bronce p = 533 » » 1 » =518 » 3.) Die Gleichung p = — e = e — ' e zeigt. dass p<^e sein muss. d. h. dass das Rohr keiner Gasspannung ausgesetzt werden darf, welche grosser ist, als die zuliissige Belastung des Materials; die Grenze der in einem Rohre liberhaupt zulassigen Gasspannungen ist clem- nach diejenige, welche der grossten zulassigen Belastung des Materials gleicli- kornmt. Bei dieser Spannung miisste aber, wie aus Gleichung S= - r fiir e — p e — p folgt, die Wandstarke S = cc sein. 4.) Aus q r = j,--- - p = — p folgt die Beanspruchung der innersten Schichte eines Rohres von der Wandstarke S, wenn die in dem- selben herrschende Gasspannung p ist; diese Beanspruchung ist um so kleiner, je grosser die Wandstarke ist, wie natilrlich. nachdem sich die Wirkung des Gas- druckes auf eine grossere Flache vertheilt. Es ergibt sich fur S = 1, 1% 2. 3, 4. 5. 10, 20. oo Kaliber V 2 , 3 4 5 T ’ F’ F’ 5.) Aus der Gleichung q x = 7 11 21 41 1 F’ F’ 10’ 20 ’ 40 "‘ 1 * - - 7 , Qr findet, man die Beanspruchung in den vers chi edenen Schichten. d. h. den Antheil der Schichte am ganzen Widerstande des Rohres: fiir j = 1. 1-1. 1-2, 1'5. 2. 2-5. 3. 4. 5. 6. 10 ,p: = 1, 0-826, 0-673. 0-444. 0’25. 0'16. 0-11. 0-063, 0-04, 0-028. 0'01. ?!• 6.) Der Gesammtwiderstand, welchen ein isotropes Roln- dem Gasdrucke entgegenstelleu konnte, wenn alle Schichten gleichmassig (nftmlich so wie die innerste) in Anspruch genommen wiirden, ware W = 2(/f — r)lq r ; nachdem sich aber die Schichten in um so geringerem Grade am Widerstande betheiligen, je weiter sie von der Bohrungsschichte abliegen, so wird nur ein Theil dieses Gesammtwiderstandes wirklich ausgeniitzt. Das Ausnutzungsverhaltniss yy — 2—-^-— rlqr : 2 (R — r)lq r — ^ = ^' ist um so kleiner. je grosser die Wandstarke des Rohres ist. u. zw. fiir die Wandstarke von: 136 1. iy 2 . 2. 3, 4 . 10 Kalibern Es wiirde also bei einer Wandstarke von 1 Kaliber nur mehr — des Wider- standes des Robies ausgeniitzt und ! derselben blieben vollkommen unbeniitzt. Nachdem die Beanspruchung q x in verschiedenen Schichten des Quer- sehnittes eine verschiedene ist, so wiirde die rationelle, vollsl iindige Ausniitzung der Festigkeil des Materials erfordern, dass auch diese letztere, d. h. die grosste zuliissige Belastung e x , je nach den Schich¬ ten verschieden, narnlich dass eben so wie e T --- q r sein muss, auch allgemein e x = q x sei. Tragt man auf den End- punkten der Radien der Schichten OM — x (Fig. 36) die entsprechenden Beanspruchungen q x als Ordinal,en auf, so ergibt sich durch Verbindung der Endpunkte derselben amb als Curve der Beanspruchungm ;* wenn man mit den Festigkeiten (den grossten zulassigen Belastungen e x ) auf dieselbe Art verfahrt, so erhalt man die Curve der Festigkeiten. Diese beiden Curven miissten identisch sein, damit, kein Theil der Festigkeil, des Materials unbeniitzt bleibe. Durch die gewohnliche Bearbeitung des Materials; Schmieden oder (liessen eines massiven Blockes und nachheriges Ausdrehen der Bohrung, — kann diesern Principe nicht geniigt werden. Das Schmieden (Schmiedeisen und iiberschmiedeter Stahl) gibfc im besten Falle eine in alien Schichten gleiche Festigkeit (ein isotropes Rohr), wo also e x = e eine constante Grbsse ist und die Curve der Festigkeiten durch die zu AB parallele Gerade aft dargestellt, ist. Man kann sich die gesammte Widerstandsfahigkeit, welche das Material leisten konnte, unter dem Bilde der Rechteckflache ABa(t — e(It — r) und den wirklich in Anspruch genommenen Theil derselben unter i‘it dem Bilde der Flache ABamb — q x dx vorstellen, so dass die Flache * Diese Curve kehrt ihre convexe Seite der Abscissenaxe zu, wie der zweite Differentialquotient der Gleichung derselben q x ■■ durch sein positives Vorzeichen beweist. !?'■ d\ x 0 2 -A = 2 r-q r ax“ 137 ambfi den unbeniitzt bleibenden Theil des Widerstandes darstellt * — Beim Massivguss (ordinare Bronce, gewohnlichesGusseisen) schreitet die Abkiihlung und Erstarrung der Schichten von aussen gegen innen fort; durch die Erstarrung der ausseren Schichten erhii.lt der Block ein nicht melir veranderliches Volumen, so dass sich die inneren Schichten bei ihrer Erkaltung nicht mehr im gehorigen Masse zu- samtnenziehen konneri, daher zwischen den Moleculen derselben eine gewisse Ausdehnung (Spannung) zuriickbleibt, welche eine ver-minderte Festigkeit bedingt. Da dies in umso grosserem Grade der Fall ist, je weiter die Schichte nach innen liegt, so nimmt, die Festigkeit von aussen gegen innen ab: die Festigkeitscurve «/?' hat. den umgekehrlen Verlauf. wie die Curve der B eanspruchungen, das Ausnutzungsverhaltniss ist noch ungiinstiger, als beim geschmie- deten Material. Naehdem beim gegossenen Rohre die Festigkeit von innen gegen aussen hin zunimmt, so ist die grosste zulassige Belastung je nach der Schichte ver- schieden, daher e x —f(x) zu setzen; die totale Widerstandsfahigkeit des Rohres bestimmt sich demnach aus W — j e x dx (wenn 21 hinweggelassen wird). Sei e x = a + wo a und b constante, von x unabhangige Grossen bedeuten, so ist W= a(R — r) — r 2 ); der ausgenutzte Theil der Festigkeit ist. da q r = er — a + b sein muss. Q '- 2 dx = q,- A {li — ;•) = (« + V) A (li — r). Beispiel: In einem massiv gegossenen Rohre, dessen Wandstarke 1 Kaliher betragt ( R — r = 2 r, daher li = 3r). verlaufe die Curve der Festig- keiten nach der Gleichung e x = 750 + 15()A, so dass sich fur die Festigkeiten folgende Reilie ergibt: fur A = 1, 1-5, 2, 2-5. 3 ) = 900, 975, 1050, 1125, 1200% auf 1 U%\ hiefiir ist W = 2 • 750r + ~ 150 • 8r — 2100r, und da q r — e r = 900. Q = -^-(750 + 150) r = 600r, daher das Ausnutzungsverhaltniss * Die Ausdrucke e (li — r) und j q x dx bedeuten W und Q, wenn die hier gleichgiltige Lange l und der Widerstand der anderen Seite A'B' des Querschnittes hinweggelassen wird; das Ausnutzungsverhaltniss, d. h. das Verhaltniss dieser beiden Flitchen. ist unter Punkt 6.) der Folgerungen fur verschiedene Wandstarken angefuhrt. 138 Q. _ y — i52L - I. Nach der Formel p = —=;— n r konnte das Rohr einem Gas- J Y 2100}* 21 L 1\ drucke von p = - f gy = 600% auf 1 QjU = 582 Atm. ausgesetzt werden. Ware das Rohr isotrop und von derselben totalen Widerstandsfahigkeit W = 2100/-. so ware e = 1050 und fur q r = e, Q = ■§■1050/' = 700/', demnach das Aus- niitzungsverhaltniss= yf; das Rohr konnte einem Gasdrucke von p — ~ ■ 1050 = 700% auf 1 □%, = 680 Atm. ausgesetzt werden. Um die Festigkeit des Materials besser auszuniitzen, als dies bei den durch Massivguss Oder durch Schmieden hergestellten ein- fachen Rohren der Fall ist. werden folgende Fabricationsmethoden angewendet, welche man unter dem Namen kiinstliche Metall- Constractionen begreift. a ) Der Hohlguss mit Abkiihlung des Rohres von innen; es wird namlich die Bohrung schon im Gusse hergestellt, und damit sich die inneren Schichten moglichst rasch abklihlen und vollstandigzusammen- ziehen, bevor die ausseren erstarren, der innere, der Bohrung ent- s))rechende Theil der Gussform aus Metall hergestellt und haufig durch denselben noch ein continuirlicher Strom von Wasser oder kalter Luft durchgetrieben, wahrend der aussere Theil der Form moglichst lange warm erhalten wird. Das Princip dieses Verfahrens ist demnach, die Festigkeit der innersten Schichten auf Kosten jener der ausseren zu erhohen, also die Festig- keitscurve, wenigstens der Tendenz ihres Verlaufes nach, der Curve der Bean- spruchungen nahe zu bringen. In der Kegel gelingt. dies nicht vollstandig, da die Abkiihlung der ausseren Schichten nicht. lange genug verzogert werden kann. und es ergibf sich gewohnlich der in Fig. 37 dargestellte Verlauf der Festig- keitscurve ucb: in der Sehiehte C die kleinste Festigkeit. Beispiel. Aus demselben Material, welches im obigen Beispiel fur den Massivguss vorausgesetzt wurde, wird ein Rohr in denselben Dimensionen, aber durch Hohlguss und innere Abkiihlung erzeugt, so dass die grosste Festigkeit {e = 1200 % auf 1 □%>) nun an die innerste Sehiehte gelangt; die Curve der Festigkeiten verlauft nach der Gleichung e x = 1525 — 400 — + 75 —„, woraus sich die Reihe: 139 fitr = 1. 1*5, 2. 2’5. 3 r e K = 1200, .1094. 1025. 993. 1000 ergibt. Die totale Widerstandsfahigkeit (•‘i 200 25 W = I e x dx= 1525 (R — r) — — ( R 2 — r 2 ) + (l? 3 — c 3 ) = Jr V V = 3050c — 1600c + 650c = 2100/' ist genau dieselbe wie friiher. aber die innerste Schichte dieses Rohres darf bis q r — e r — 1200 auf 1 \Z\ c fm in Anspruch genommen und das Rohr einem Gas- drucke von p = q r - ^ = j- • = 800 auf 1 □% l = 777 Atm. ausgesetzt () ♦ werden; das Ausniitzungsverhaltniss ist, da Q = — q r r = 800c, - 1 ' = ,, 8 - Resumirt man die Resultale. welche fiir die drei als Massivguss, isotroper Cylinder und Hohlguss erzeugten Rohre von derselben totalen Widerstandsfahigkeit IE = 2100c erhalten wurden, so hat man: Massivguss: Ausniitzungsverhaltniss —, zulassige Gasspannung 582 Atm. isotropes Rohr: » — » » 680 » Hohlguss: » 2 8 » » 777 » In diesen Zahlen ist der Vortheil dieser Erzeugungsweise ausgedriickt. /?) J lie Zusammensetzung (Schichtung) des Geschiitzrohres aus mehreren liber einander gezogenen Rohren aus versehieden festen Materien, u. zw. derart, dass das Material der innersten Rohre die grosste Fest.igkeit besifzt. und jene der ausseren successive abnimmt.: solche Rohre werden geschichtete Oder Muntelrohre genannt. Bezeichnel man mil r, R die Radien des innersten oder Kernrohres, mit. E den Elasticitatsmodul, mit e** die grosste zulassige Belastung des Materials des Kernrohres, mit r, li i E l e t die analogen Eleinente des ersten Man- telrohres, mit c, 2 /i',, A' 2 e, 2 jene des zweiten Mantelrohres u. s. f., so ist unter der Voraussetzung, dass die Rohren zwar ohne Fressung, aber vollkommen dicht aneinander anschliessen. r, = R i , r„ — R i .... Q E * Nimmt man das oben angeluhrte (lesetz dx — ,, dr fur das x- Verhaltniss der relativen Ausdehnungen als in jeder Rohre, daher * Um sich zu iiberzeugen, dass trotz der anfanglichen Abnahme der Festigkeit von innen nach aussen die Inanspruchnahme in keiner Schichte die j.2 Elasticitatsgrenze iiberschreitet, braucht man nur die Reihe der q x =— > q r mit jener der e x zu vergleichen; es ist fur: - = 1 1-5 2 2-5 3 r q x = 1200 533 300 192 133 Atm. ex = 1200 1094 1025 993 1000 » ** Die Rohren sollen der Einfachheit wegen als isotrop betrachtet werden. 140 auch in dem ganzen geschichteten Cylinder, giltig an. .so ist .o ,o dr t — 6R = ~ dr, dr t — OP, — ^ dr ... Die Beanspruchung der innersten Schichte isl demnach : fur das Kernrohr q r = Edr, » zweite Pa Vb-Hn■ • • sind an dieBedingung gebunden, dass gvO, qr sein. muss. Die guristigste Ausnutzung der Festigkeit erfordert q,. — e, q,-,— e i> p 2 = e t ■ • ■, woraus sich das Verhaltniss der Wand- slarken der einzelnen Rofiren, d. h. die Auftheilung der ganzen Rohr- slarke (P„ — r) an die verschiedenen, zur Verfugung stehenden Ma- . , . . A', r* E, r a terialien bestimmt. Aus e, — r e, e, t — „ . e... ist Iti JrJ ** _\ A 1 e __ \ /A 2 _ a r ‘ ~ r V E 7 t ' r,1 ~ V ~E e s '' ’ Die totale Beanspruchung des Kernrohres ist: Q*=q r r- B r =q,-r{ 1 ^ des ersten Mantelrohres: ft*= gvfti j. q,R\\ zweilen = <2 + ft + ft + • • = 2>-r(l - ~) + ffr.n (l - 1 - -g) + . • ■ Nach der Gleichung P = ft, wo P — pr *, ist * r = 1 ~ p) + ” P,) + ?r ^' 2 ( 1 “ pj) + • • ’ Oder wenn q r ,q^ ■ ■ ■ durch q r ausgedriickt werden: pr = ?r r (1 - 'J + ~ [l - ^ ] + Pr ^ ^ [l - ■ U nd p =tr [i - ^1 • ; : (i -;')+§ •(1 - il )+■ • •] * Mit Hinweglassung des constanten Factors 2?. 141 Setzl man zur Abkurzung ‘ == ~ It 1 | R, o,,..., wobei R. r , r„ r r t r ' = oo.. r, R, r, r <2 R. r K L- r i- r A r, /■„ //„ qo { g»... ist, so hat, man fur q r = R) — e i e, ist. Diese Fabricationsmethode wird hauptsachlich angewendet, um ein aus einem Material von geringerer Widerstandsfahigkeit (hiev Gusseisen) erzeugtes Rohr durch Einziehen einer Rohre aus einem widerstandsfahigeren Material zu verstarken, damit es einer grosseren Gasspannung ausgesetzt werden konne. Ein gusseisernes Rohr von der Wandstarke S ----- 2'63r konnte nur einen Gasdruck von p = S S + r - e = 725 ty auf 1 \J°i = 700 Atm. aushalten; wird aber dieses Rohr durch Ausbohren auf ungefahr l‘/ 2 Kaliber erweitert und in dasselbe eine Stahlrohre von */., Kaliber Wandstarke eingezogen, so konnte es naeh obigem Beispiel einem Gasdrucke von 1750 Atm. ausgesetzt werden* Durch die beiden soeben besprochenen kitnslliehen Metallcon- structionen wird der Grundsatz, dass die im Rohre auftretende Gas- spannung nicht grosser sein darf, als die Festigkeit (grosste zuliissige llelastung) des Materials an der innersten Schichte betragt, nicht alterirt. Damit die Gasspannung iiber diese (irenze hinaus gesleigert werden konne, mussen die Rohrschichten kiinstlich verdichtet, niimlich in einen Zustand der Pression versetzt. werden, so dass die auf jede Schichte entfallende Beanspruchung erst diese Pression aufheben, d. h. die Schichte in ihren naturlichen Zustand uberfiihren muss, bevor die Ausdehnung derselben beginnen kann. Nachdem das Aufheben der Pression einen Theil der Beanspruchung absorbirt und nur der Rest der letzteren die wirkliche Ausdehnung hewirkf, so wird die zuliissige Beanspruchung der Schichte grosser sein, daher die Gasspannung ohne Gefahr fur das Rohr gesleigert. werden konnen. Bezeichnet man die Belastung, welche in irgend einer Schichte zum Aufheben der Pression nothwendig ist, mil. r lX , die Belastung, welche diese Schichte (von ihrem naturlichen Zustande an) bis zur zuliissigen (irenze auszudehnen geeignet ist, wie friiher mit e x , so ist die zu¬ liissige Beanspruchung dieser Schichte >] x e x . * Nach diesem Princip wurden in England.. iiber Vorschlag des Capiliins Palliser gusseiserne glatte Geschiitzrohre durch Einziehen einer schmiedeisernen Rohre verstarkt und mit Ziigen versehen. 143 Fig. 38 . 1st in Fig. 38 ab die Curve der e x (isotropes Rohr), a l b l die Curve der Pressionen, so ergibt sioh die Curve ab' der zulassigen Beanspruchungen (der Festigkeiten), wenn man jede der nach aufwiirts aufgetragenen Ordinaten e x urn die nach abwarts aufgetragene Ordinate der Pressionen verlflngert, Itie totale Widerstandsfahigkeit. des Rohres ist durch die Fliiche aba t b { — ABa'b' dargestellt. Nachdem die wirklich staltfindende Bean- spruchung in keiner Schichte die zuliis- sige iiberschreiten darf, so muss die Curve d'er wirklichen Beanspruchungen unter jeno a h' fallen. Die vollstandige Ausniitzung der Widerstandsfahigkeit des Rohres wiirde hedingen, dass a(i mit ah' zusammenfalle; dies wird jedoch in der Hegel nicht erreicht,, sondern man muss sich mit einer moglichst gunsligen Ausniitzung begniigen, d. h. die wirkliche Belastung wenigstens in einer Schichte his zur zuliissigen zu bringen. Geschieht dies beispielsweise in der innersten Schichte, so ist ABctft der ausgeniitzte, a fib' aber der unbeniitzte Theil der Widerstandsfahigkeit. Zur Verdichtung des Materials werden folgende Mittel an- gewendet: y) Innerer Brack: Durchtreiben von mehreren successive star- keren Conusen durch die Rohrung. Dieses Verfahren ist einem ein- seiiigen Walzen zu vergleichen, bei wel- ehem die Molecule theilweise, nach aussen bin, dem Drucke ausweichen kbnnen; es werden demnach in der Regel nur die inneren Schichten wirklich yerdichtet, die ausseren aber ausgedehnt, so dass sich der Zustand des Materials in den ver- schiedenen Schichten durch die Curve a i\ (Fig. 39) versinnlichen lasst, wo die nach abwarts aufgetragenen Ordinaten der Schichten von A bis M Verdichtun- gen (Pressionen), die nach aufwiirts aufgetragenen der Schichten von M bis B Fig. 39 . 144 aber Ausdehnungen (Spann ungen) bezeichnen; die Schichte it/, welche weder verdichtet noch ausgedehnt ist, heisst neutrale Schichte. Gezeichnet man mit rj x die Spannung, in welche die Schichte vom Radius x dutch die Bearbeitung versetzt wurde (wobei die Rressionen als negative Spannungen zu betrachten sind), und mit (.i x die Spannung, in welche die Schichte beim Auftreten des Gasdruckes uberfuhrt wird, so ist p x = i) x -(- q x ; ist r jx = r jr q>(x) die Gleichung der Curve a l Mb l der ursprlinglichen (vor dem Schusse stattfmdenden) Spannungen, so ist p x = r ir cp(x) -f- q r ,, die Gleichung der Curve nmp cc der schliesslichen (durch den Schuss herbeigefiihrten) Spannungen. Aus der allgemeinen Bedingung: ii x < e und — + <( e, worin e die zulassige grosste Zug- und s die zuliissige grosste Druckbelastung des Materials bedeutet, folgt, wenn u r und — r; r die grossten beziiglichen Werthe sind, fur die gunstigste Ausnlitzung der Festigkeil. u r = e und rjr — E ; demnach ist q,. — e - (-e und der Gasdruek, welchem das Rohr unterworfen werden darf, p — ^ = (e -)- s) (1 — o). Als Riehtschnur fur die Bearbeitung, d. h. fur die Spannung, welche jede Schichte durch diese erhalten darf, dient q x = p x — q x : da als grosster zulassiger Werth u x = e gilt,, so darf rp nicht grosser sein als q x — e — q r ' „ — e — (e —)— *) j ,,: wiirde bei der Bear¬ beitung die urspriingliche Spannung der Sehichten derart geregelt, dass dieser Gleichung gentigt wird, so wurde sich die vollstiindige Ausnutzung der Zugfestigkeit ergeben, da alsdann fi x — e ware, d. h. die Curve nmp der schliesslichen Spannungen mit der Curve ah der Festigkeiten zusammenfallen wiirde. also allc Sehichten gleichmiissig bis zur Elasticitatsgrenze gespannt. wurden. B e i s p i e 1. Gegeben: e = 2000. e ----- 1000. p — 2400 !! — P 0 und -)/ = P n folgt, Fig. 40. Vr ~ Po r(R r) — o(l o) ' Die Curve der tj x und der rf x nehmen ungefahr den in Fig. 40 durch a l b i und //, c t angezeigten Verlauf; da r /x << t sein muss, so folgt fur die beste Ausnutzung der Druckfestigkeit im Kernrohre •>],.—s. 147 l)er brack I\ wird durch die Ditferenz D dev Radien B and r, erzeugt: diese I lifferenz isl I> = It r, — J n B -f- J'„r t . I tie Grbssen J,Jf raid J' 0 t\ bestimmen sicli aus JJf = BAB f> V‘* h E B >,r r _ T>Pn 1 _ pPo E It- ~ E r(B - r) ~ E B t, ^ n' l — G — r \ p r Pn l E t It ,— r, daher isl D = i{A _JL r . oder wean /i aastalt r, and b n — /* rj , /) j — R~ ^ \ = * eingefnhrl wird. /> - %,(# , ^ 1 i'J- Wird far Kernrohi - and Ringlage dasselbe Material verwendet, Kl=B = /••>(, i-+ r ij 2.) Reim Auftrel.en des (iasdruckes p. tin Kernrohr werden die Pressionen aafgehobea und in Spannungen verwandelt, ’in der Ringlage werden die schon vorhandenen Spannangen ver- grossert* Fiir da.s Kernrohr sollen wieder die Bezeichnnngen q x and t-E beibehalten. fiir die Ringlage die analogen Bezeichnungen q x and x eingefnhrl. werden. Die sehliesslic.be Spannang isl im Kerarohre = q x — q x , in der Ringlage p x = c/.,, -j- »/*, and es muss u x (1 — )J, und da Q s — P—2prl sein muss, so isl j> = + j\ £>(1— (h)J * Die Curven «b und h’c versinnlichen die Spannungsverhaltnisse in den beiden Rohven. 10 * 148 der Gasdruck, welehem das Rohr ausgesetzt werden kann. Nachdem ferner q r — ,«,■ -(- r lr und bei glinstigster Ausniitzung der Festigkeit. ,«r = e,T] r = s ist, so folgt p = (e -)- s) £l — q -j- ^ q (1 — ?1 )J. Soli filr eine bestimmte Gasspannung p die Wandstarke des combinirten Rohres fi l — r berechnet werden, so folgt aus obiger E ( E \ r Gleichung {e -f e) -A qq x = {e -f e) {1 — q + f ', o j —p, und da oo, = p - , so ist B x = E. E{l- q ) + E lQ —^- e E. Hiebei ist zu beriicksichtigen, dass der in dieser Gleichung vor- V V kommende Werth q — = - , welcher das Verhaltniss der Auf- li theilung der Wandstarke zwischen Kernrohr und Ringlage ausdriickt, E r* E E nach q’,-,= J, q r - 2 = 1! q r q' l = ‘ (r-[-£)o 2 mit der Beanspruchung Hj fj jOj JIj der innersten Schichte der Ringe im Zusammenhange steht, das;? daher, nachdem q' rt = p n — r/ r _ x isl und als hochsten zulassigen * 1 ~ll Werth a' rt —e l hat, wahrend if ri = ry,. ' ^ 1 Qi t - : - - ist, fur 0 , 1 ~ £>i den angenommenen Fall der giinstigsten Ausniitzung der Festigkeit die Gleichung e 1 — t ' (e -(- t)q" besteht; sie dient dem- nach als Hilfsgleichung, wenn p aus B t oder B x aus p berechnet werden soil, und bestimmt die giinstigste Auftheilung der Wandstarke. Die Differenz D, um welche der innere Radius des Ringes vor dem Aufziehen kleiner gemacht werden muss, als der iiussere Radius und wenn Po =6o(1 — q) eingeselzt wird,Z)=5ef^,- 4- ^1. LA E 1 1 — q t .] Sind Kernrohr und Ringlage aus demselben Material {E l = E, des Kernrohres, ist D r (B r) B 2 e 1= =e), so ist, wenn p gegeben: B 1 = r Wandstarke gegeben: w + «— P , und wenn die B, (e -)- «), ferner die Hilfsgleichung fill- die Auftheilung der Wandstarke e — t -- 1 — ^ = (e -\- s)q' 2 und °= s y\ i—i ■■Qi El 149 \ Beispiele. 1.) Aus Gusstahl ( E = 2000000, « = 2700. e = 2700 k jg auf 1 □%.) soli ein Rohr hergestellt werden, welches einer Gasspannung von 4000 Atm. = 4120 kjg auf 1 □%, widerstehen soli. Nachdem p j> e ist, so kann das Rohr nicht als einfacher Cylinder construirt, sondern muss bereift werden. Man findet if, = r ^ = 4’25r. daher die ganze Wandstarke if, — r = 3-25/-. 1 iir die Auftheilung derselben zwischen Kernrohr und Ringlage findet man aus 1 ~ 9 5400p 2 , 1 — P, — P + Q 2 = 2p 3 (l — ?,), wenn berfick- 0-2353 Q ist, womit sich die 2700 — 2700b sichtigt wird, dass p, = = - * • ' j = - • ' ’ M p p if if, p if, Gleichung p 3 + 0-5294p 2 — p +0-2353 = 0 ergibt., p = 0-523, daher if = r, = l"912r, wofiir rund if = 2r gesetzt werden kann; es ist daher die Wandstarke des Kern- rohres it — ,■ = r , jene dcr Ringe if, — if = 2-25/-. Der innere Radius der Ringe miisste vor dem Aufziehen urn I) = 0-00195)- kleiner sein. als der aussere Radius des Kernrohres; fQr ,. = 2 0 % ware D = 0-39 2.) Ueber ein Rohr aus Gusseisen (E = 1700000, e = 1000 % auf 1 □%»), dessen Wandstarke ‘/ 2 Kaliber betragt (if — r = r, daher if = 2;-), sollen Ringe (Fretten) aus Gusstahl (iJ, = 2000000, «,= 2700*^ auf 1 D%) derart auf- gezogen werden, dass die innerste Schichte desselben eine Pression von e = 3000 ty auf 1 []%, erleidet; welche Starke mtissen die Fretten erhalten und welchem Gasdruck bekannt ist, so findet man aus der Gleichung ke kann dann das Rohr ausgesetzt werden ? Nachdem hier p = — = 0 ■ 5 i~ £ Q i_o = E (e + ?* = 0-508 Oder rund q, = 0-5, daher if, = 2if = 4 r, die Wandstarke der Ringe if, — r, = = 2;- = 1 Kaliber und jene des ganzen Rohres if, — r — 3/- = 17a Kaliber. Aus p = (e + e)\l - p + p(l - p,)] folgt p = 3176 kjg auf 1 = 3080 Atm.; ebenso aus D - Rs Ye + e 1 1 - p,J' „ D = 0• 0012 if = 0-0024>-, fur r = 15' 1 - Qi- ware D = 0-36 '%,. Es wiirde also das gusseiserne Rohr von */, Kaliber Wand¬ starke, welches als solches nur einen Gasdruck von weniger als 500 Atm. aus- halten konnte, durch gusstiihlerne Fretten von 1 Kaliher Wandstarke, die mit einern inneren Radius von 1-9976)- aufgezogen werden, zum Ertragen einer Gas¬ spannung von fiber 3000 Atm. geeignet gemacht. — Wollte man umgekehrt ein gusstahlernes Rohr von der Wandstarke = 7 2 Kaliber durch gusseiserne Fretten v on 1 Kaliber Wandstarke verstarken (p und p, behalten ihre Bedeutungen, jene von E und 1?, sowie e und e, werden verwechselt), so miisste, damit die Ringe durch den Gasdruck nicht fiber die Elasticitatsgrenze angestrengt werden, f l V, = e, = 1000 gesetzt werden. Hieraus ergibt sich der Werth von rj r , r /r v q r Un d q'r t auf folgende Art: es ist ftV, = e, = pV, + ftV,, nun ist pV, = = ^ (« + 7>)P 2 , ferner und da q r = « + t ] r ’ 2 r die Gleichung U, , ^ , 2 , r n 1 ~ g . e, = it (® + + irQ T^-tTi 1 — P v ** = w nr Qi E**' so besteht. 150 woraus durch Einsetzen von — 1000. e — 2700. o— 1 . p, = ' l jf.; 20 s 2 «l 2 fur ij r = 600 f'olgt; ferner ist J/r, = ijrg 1 ^ — -L >,,• = BOO. fur gV, hleibl 1000 — 300 = 700 und q r ist e + r/, = 2700 + 600 = 3300. Die Gasspannung. welcher das Rohr ausgesetzt werden konnte, ware p = (e + tjr) (l — Q + o t ’ _o ) = 2350 »b auf 1 □%, = 2280 Atm. Dieses Rohr konnte also nur einen um 800 Atm. kleineren Gasdruck aus- lialten als das fruhere; die Ursache ist klar: nachdem das Material der Ringe eine kleine Zugfestigkeit hat. so kann das Kernrohr nicht geniigend zusammengepresst werden, ohne dass eine Ueberanstrengung der innersten Schichte der Ringe erfolgt. somit wird die Druckfestigkeit des Kernrohres nur im geringen Grade (hier tjr — 600 kfg auf 1 □%►) ausgeniitzt. Hieraus folgt. dass man bei bereiften Rohrcn, wenn sie aus Materialien von verschiedener Festigkeit hergestellt werden sollen. das widerstandsfahigere Material fur die Ringe und das schwachere Material fiir das Kernrohr verwenden muss. Hierin unterscheiden sich. abgesehen von der Fabricationsweise. die Ringrohre von den Mantelrohren, bei welch’ lelzteren das Material des Kernrohres die grosste Widerstandsfaliigkeit haben muss. — Bei zwei oder mehr Ringlagen lassen sich die Verhaltnisse nach den fiir Eine Ringlage entwickelten Grundsatzen leicht entwickeln. worauf bier nicht weiter eingegangen wird. b) Wirkung des Bo&endruckes, Der Druck des Pulvergases auf den Stossboden des Rohres strebt eine Ausdehmmg desselben nach der Lange, daher ein Ab¬ reissen nach deni Querschnitte an: dies geschiehl jedoch nur in dem Theile hinter den Schildzapfen, weil nur durch Festhalten dieser letzteren in ihren Lagern eine solche Wirkung moglich ist.. Bedeutet p die grosste im Rohre auftretende (lasspannung, so ist der Druck auf den Stossboden r' l ;rp, und da die angegriffene Blache (B *— r 2 )/r ist, so muss, damil die Belastung nicht liber die zit- lassige Grenze e geht,, r*7tp < {B* — r*)tve und darf hochstens r"np — (IV 1 -- r 2 ); re sein. Hier auf muss bei Bestiinmung der Wand- slitrke des Rohres I tucksicht genommen werden. Die Wandstarke, welche der Bodendruck bedingt, ware: fur ?■ = i, 1. V/.. 2. 23. »•/.. 4. e fur r = 0-124. O'207, 0-290. 0-366. 0-435. O'5, 0-561. 0• 618 Kaliber. 2 r Nachdem fiir auf gewohnliche Art (Massivguss. Schmieden) erzeugte ein- fache Rohre p < e sein muss, so gentigt eine Wandstarke von 0'2 Kaliber, uni das Abreissen zu verhindern; diese Starke ist bedeutend geringer als jene, wetctie das Rohr im riickwartigen Tlieile erhalten muss, damit es nicht nach der Lange aufgerissen werde, daher bei solchen Rohren auf das inogliche Abreissen nacti 151 dem Querschnitt nicht reflectirt zu vverderx braucht. Ebenso genugt bei kunstlich verstarkten einfachen Rohren die zur Sicherheit gegen den Seitendruck nothige Wandstarke auch gegen den Bodendruck. da der letztere, selbst wenn p = 3e ist, nur eine Wandstarke von '/a Kaliber bedingt. Hingegen ist bei Ringrohren zu beriicksichtigen. dass die Ringe das Kemrohr gegen das Abreissen nicht schutzen, daher die Wandstarke dieser letzteren allein hiezu geniigen muss. So wfirde das im zweiten Beispiel zu d) angefiihrte Kemrohr aus Guss- eisen, nachdem -- = 3'176 ist, gegen den Bodendruck eine Wandstarke von mehr Ms l / 2 Kaliber erfordern, wahrend sie auf Basis des Seitendruckes mit ‘/ 2 Kaliber bestimmt wurde; bier mtisste also eine kleine Verstarkung des Kernrohres platz- greifen; es genugt iibrigens vollstiindig. wenn R — r = l'lr gemacht wird, da dies dem Gasdrucke von 3410 kjg auf 1 entsprechen wurde. Bei den Mantelrohren muss das Bodenstuck ein Theil desjenigen Mantels sein, welcber die Schildzapfen tragt (der ausserste. wenn alle Mantel bis fiber die Schildzapfen reichen). da sonst durch den Bodendruck die nicht mit Pressung uber einander gezogenen Rohren verschoben werden; es wird daher dieser Mantel und nicht das Kernrohr nach der Lange ausgedehnt. Die angegriffene Flache 1st dann (R\ — r \)n , welcbe bei gleicher Wandstarke weitaus grosser ist. als jene des Kernrohres. so dass auch hier die fur die Sicherheit gegen das Auf- reissen hestimmte Wandstarke in der Regel keiner Rectification bedarf. Ausserdem wirkl der Bodendruck a uf Hinausstossen des Bodens, d. h. er I t'achtet aus der riickwartigen Wand des Bohres einen Cylinder MNmu (Fig. 41) abzuseheren und liinaus zu treiben; damit, dies nicht geschehe. muss die Starke b des Bodens eine genugende sein. Nach¬ dem das Abscheren nach der Mantel- tlache des Cylinders MNmu geschehen wurde, so muss Fnp << 2rnbe und darf Fig. 41. ft _ M -y hochstens r^vp = 2rnbe. sein: hieraus ergiht sich die kleinste zu- assige Starke des Bodens mil III. Einrichtung der Nebentheile. Die wichtigsten Nebentheile eines Rohres sind: der Verschluss bei Hinterladern und die Schildzapfen. a) Der Verschluss. Der Verschluss bildet den mobilen Stossboden des Rohres, dessen Bohrung in der Begel durch das zum Einfuhren der Ladling erfor- derliche Ladeloch bis nach ruck warts verlangert, ist. Man kann 152 im Wesentlichen zwei Arten von Verschliissen unterscheiden: der Verschluss tritt entweder als Kolben von riickwarts oder als Quer¬ riegel von der Seite (eventuell von oben) in das Rohr ein, um die Bohrung abzuschliessen. Diese einfachen Formen: Kolben und Riegel, sind fur sich allein als Verschlusse ungeniigend: der Kolben bedarf, damit er nichi durch den Bodendruck des Pulvergases hinaus- geschleudert wird, einer Befestigung; der Querriegel muss, damit, er trotz des fur seine Bewegung unumgangliehen Spielraumes im Quer- loche die Bohrung dicht abschliesse, bei oder nach dem Einschieben etwas nach vorwarts gedriickt werden. Diesem wird auf die ein- fachste Weise enLsprochen, wenn der Kolben mit Schraubengewinden versehen, der Querriegel keilformig construirt wird: Schraube und Keil reprasentiren demnaeh die einfachsten Formen der beiden Ver- schlussarten. Fig. 42. Nachdem bei der gewohnlichenSchraube das Ein- und Aus- schrauben zu viel Zeit in Anspruch nehmen wiirde, so werden die Schraubengewinde so- vvie die Muttergewinde im Rohre an rnehreren Stellen der Lange nach abgestossen (durch- brochene oder file- t.irte Schraube, Fig. 42), so dass sich der Sehraubenbolzen ungehindert aus- und einschieben lasst, wenn die stehen gebliebenen Theile der Schraubengewinde mit den ausgestossenen Theilen der Muttergewinde correspondiren, und eine kleine Drehung der Schraube geniigt, um den Eingriff der beiderseitigen Gewindtheilo zu bewirken und den Sehraubenbolzen zu versichern. Die Schraube erfordert einen Support, von welchem sie beim Zurtickziehen aufgenommen wird, um zum Frei- machen des Ladeloclies nacii seitwarts gedreht oder verschoben zu werden.* — Eine andere Form des Schraubenverschlusses ist .eine Schraubenmutter, welche auf den riickwartigen, mit Schraubengewinden versehenen Theil des Rolires aufgeschraubt wird. Beim Keilverschluss wird der Keil in der Regel von seitwarts eingescho- ben; das Einpressen desselben zum dichten Abschluss der Bohrung geschieht. * Dieser Schraubenverschluss kommt bei den franzosischen und schwe- dischen Geschutzen vor. 153 gewohnlich durch eine, in der Langen- richtung des Keiles wirkende Schraube.* — Eine Abart ist der Doppelkeil- Verschluss (Fig. 43); nach dem Ein- schieben des Keils wird der riickwartige Theil desselben niittelst einer Schraube noch weiter vorgeschoben, wodurch das feste Einpressen erzielt wird.** Ausserdem kommen aus Bolzen (Schraube) und Querriegel combinirte lerschliisse vor, u. zw. bildet entweder ein Querriegel (Quercylinder) die Ver- sicherung des Verschlusskolbens, welcher alsdann nicht mit Schraubengewinden versehen ist,*** oder es wird eine von ruckwarts eingreifende Scliraube an- gewendet, um einen den Verschluss bil- denden Querriegel gegen die Bohrurigs- wand zu pressen.f ZurDichtung des Verschlusses wird m der Regel ein elastischer metallener (stahlerner oder kupferner) Ringff an- gewendet; er wird entweder in das Rohr v or dem Verschlusse oder (bei Kolbenverschliissen) in den Verschluss fix ein- gesetzt, kann aber auch (bei kleineren Geschiitzen) als mobiler Abschlussboden vor jedem Schusse in die Bohrung eingefiihrt und nach dem Schusse wieder entfernt werden. Fig. 13. b) Die Schildzapfen. Nachdem der auf den Stossboden wirkende Druck des Pulver- gases infolge des Zuriickweichens des Rohres auf die Schildzapfen ubertragen wird, so muss die Starke der letzteren derarl bestimmt werden, dass sie diesem Drucke mit Sicherheit widerstehen. Die Schildzapfen werden hiebei auf Bruchfestigkeit in Anspruch genommen * Siehe ersler Theil, Verschlusse der gusstahlernen und broncenen Marine- geschutze. ** Ivreiner’scher Verschluss, bei einigen preussischen Geschiitzen in An- wendung. *** Siehe erster Theil, Verschlusse der gusseisernen Geschiitze. f Armstrong-Verschluss, bei einigen alteren englischen Geschiitzen in An- wendung; das Querstiick wird von oben eingeschoben, die Schraube braucht nur jedesmal geluftet und angezogen zu werden. ft Andere Mittel, als Kautschuk- oder Lederringe, sind ihrer geringen Halt- barkeit wegen, besonders bei schweren Geschiitzen, nicht verwendbar. 154 und mtissen als ein cylindrischer. beiderseits festgekleminter Balken angesehen werden, welcher durch rSrp zwischen den Aufliegepunkten gleichmassig belastet ist. Bezeichnet r den Radius der Schildzapfen, A die Entfernung der Aufliegepuukte derselben (die Angussweite), d die grossle zulassige Bruchbelastung des Materials. so muss is r-ji p ■ A woraus 3 Fttr p — e' unci A — Sr ist /■’ — r\2 — 1 -2ti r. Warden die Schildz&pfen- scheiben ganz dicht. ohne Spielrauni, an die Schildpfannen dev Laffete anschliessen. so dass ohne Moglichkeit einer vorhergangigen Ausdehnung der Schildzapfen nur ein Abscheren derselben einlreten konnte. so ware rhxp — 2'r’-ne zu setzen. woraus sich /•'= >\j J- ^ ergeben wurde. Fur p — e ware darm r'= 0-707r, also bedeutend geringer, als bei Zugrundelegung der Bruchbelastung. wenn die grossle zulassige Bruchbelastung des Materials e’ der grossten zulassigen Zug- belastung e gleich geachtet wird. In der Regel ist aber der Brechungsinodul grosser, als jener der Zugl'estigkeit, so dass sich bei der gewohnlich vorkom- inenden Angussweite von 4 Kalibem (A — 8r) die nach beiden Formeln berech- nelen Radien der Schildzapfen einander nahem und fiir Gasspanniihgen, welche die Elasticitatsgrenze des Materials nicht viel ubersteigen. ungefabr ‘/ 2 Kaliber stark geinacht werden. Die Festigkeit der Schildzapfen ist von der Lange derselben unabhiiugig. diese also fur die Festigkeit ohne Bedeutung. Man machl die Schildzapfen so lang, als dies fur die gute Lagerung in den Schild¬ pfannen und fiir die Vertheilung des von den Schildzapfen auf die Laffete iibergehenden Stosses auf eine grossere Flache nothwendig ist; die Schildzapfenliinge isl also durch die Construction der Laffete bedingt. Ebenso ist die Laffeten-Construction fiir die Position, in welcher die Schildzapfen am Rohre angebracht werden. massgebend. I >ie normale und beiden neueren (ieschiitzen hauligste Anbringungs- weise der Schildzapfen isl jene. vermoge welcher die Axe derselben die Rohraxe sehneidel und durch den Schwerpunkl des Rohres gehl: liiebei isl das Rohr in jeder Lage in den Schildzapfen balancirt, kann demnach mil deni geringsten Kraftaufwande in beliebige Neigungen gebrachl werden. Durch den Druck des Pulvergases auf den Stossboden wird das Rohr nacli riickwarts gestossen. wodurch der Riicklauf desselben sammt der Laffete her- vorgerufen wil'd. Nachdem die Schildzapfen stels einen. wenn auch kleinen, Spielrauni in den Schildpfannen habeu, so wird sich ini ersten Momente des Riick- stosses das Rohr allein nach riickwarts bewegen, bis die Beriihrungslime zwischen Schildzapfen und Pfannen, welche ursprunglich in it (Fig. 44) ist. bis nach b 155 gei'iickl ist. Nachdern der Riick- stoss in der Rohraxe, welche bei obiger Anordnung der Schild- zapfen mil. cb zusammenfallt, wirkt, vvahrend im ersten Mo¬ ment desselben die Dreiiaxe des Rohres (Beriihrungslinie der Schildzapfen end Pfannen) unter " c liegt, so wird durch den excentrischen Stoss eine An- regung zur Drehung von oben gegen riickwarts erzeugt; diese Drehung gelangt nur insoweit zur Ausfuhrung, als die Richt- maschine, eventuell der riick- wartige Theil der Laffete oder der Unterlage, nachgibt. wird darm aber durcli die Repulsion der Riclitmasehine in das Gegentlieil. nainlieh in die Drehung von oben gegen vorwarts verwandelt: dies ist. die Ursache des Biickens des Rohres. Geschieht das Ansteigen der Schildzapfen, beim Uebergarig der Beriihrungs- linie der Schildzapfen und -Pfannen von a zu b, sowie die beginnende Drehung des Rohres nodi vor deni Austrelen des Geschosses aus der Milndung, wie dies der Beobachtung nacli der Fall ist, so kann das Rohr im Abgangsrnomenle des Geschosses eine andere Neigung liaben als jene. welche ihm vor deni Schusse gegeben wurde; in der Regel ist der Geschossabgangswinkel grosser als der Elevationswinkel des Rohres. die Differenz wird Erhebungswinkel genannt und muss bei Ertheilung der Elevation beriicksichtigl werden. Die Herabsetzung der Schildzapfen hat den /week, das Rohr Riehr aus der Laffete herauszuheben, d. h. die Rohraxe in eine fur die praktische Handhabung bequeme Hohe zu hringen. ohne die Hohe der Laffete zu steigern. (lurch welch’ letzteres das Gewicht der Laffete vermehrt. die Stability,! aber verminderl wird: auch litssl sicli durch dieses Hoherlegen der Rohraxe bei gleicher Laffetenhohe dent Geschiitze eine grossere Elevation gehen. Die Entfernung der Schild- zapfenaxe von der Unterlage des Geschutzes (voni Roden) heisst Lagerhohe, die Entfernung der horizontal gestellten Rohraxe vom Roden aber Fetter hohe des Geschutzes. Durch die Vorsetzung der Schildzapfen wird eine Vertheilung des Rohrgewichtes zwischen Schildzapfen und Richtmaschine, daher eine Belastung der letzteren. die Hinterwucht, erzielL Diese isi nothwendig, wenn die Richtmaschine nichl. mit dem Rohre verbunden ist., damit dieses folgen konne, wenn die Richtmaschine gesenkt wird. Darnii dies mil Sicherheit geschehe. muss die Hinlerwuchl betrachtlich 156 grosser sein als jener Druck, welcher zur Ueberwindung der Reibung der Schildzapfen in den Pfannen nothwendig ist. Die Hinterwucht ist von der Vorsetzung der Schildzapfen, von der Construction und der Entfernung der Richtmaschine von der Schildzapfenaxe, ferner von der Rohrelevation, und falls eine Herabsetzung der Schildzapfen vorhanden, auch von dieser abhangig. Ist S (Fig. 44) der Rohrschwerpunkt, AA' die Verticallinie, in welcher das Rohr durch die Richtmaschine unterstiitzt ist, c die Schildzapfenaxe, SC — v die Vorsetzung, Cc — h die Herabsetzung der Schildzapfen, s die horizontal gemessene Entfernung der Verti- calen durch S von c, z die Entfernung von AA' bis c, a der Ele- vationswinkel, Q das Gewicht des Rohres, q die Hinterwucht, so ist auf c als Momentanaxe bezogen Qs = Q (v cos a -(- h sin ct ) = qz, daher q — Q I — cos a -|- sin a f. \Z Z / 1st der Unterst.utzungspunkt an der Richtmaschine bei wech- selnder Elevation nur in verticaler Richt.ung veranderlich (wie dies bei einer vertical stehenden Schraube angenommen werden kann), so ist z von a unabhangig, daher constant; im Gegenfalle (wie bei den am Rohre befestigten Richtbogen) iindert sich z mit a. Ware irn letzteren Falle die Entfernung des Unterstiitzungspunktes von der Schildzapfenaxe parallel zur Rohraxe gemessen cB = b, senkrecht darauf AB — d, so ware z = bcosci + d sin a zu setzen, wobei das obere Zeichen fur d nach aufwarts, das untere fur d nach abwarts g,lt; daher let allgemem '1 = Q hcma 7 Die Belastung der Schildzapfen ist Q — q, daher das Moment der Reibung in Bezug auf die Axe c: M=(Q — q)f >\, wo /' den Coefficienten der Zapfenreibung, r 1 den Radius der Schildzapfen be- deutet; folglich muss qz)>(Q — q)f r i se i n - Beispiel. Es sei v = 2 %, h — 4%,, b = 100 %, — a = 5 %, >\ = 8%, f— O'08; man findet fur die horizontale Rohrlage (a — 0) aus q= Q- — = 0’02^, z = b = 100, qz - 2Q und M— 0’6272 Q, — fur a = 5°: q — 0'0236ft 2 = 99-184, 22 = 2-341 Q, M= O'6249ft — fur a= 10°: 2=0-0273$, 2 = 97-612, 22 = 2-664$, .¥=0-6225$, Nachdem das Moment dev Hinterwucht schon bei horizontaler Rohrlage hinreichend grosser ist, als jenes der Reibung, nachdem ferner mit dem Wachsen der Elevation die Hinterwucht zu-, die Reibung abnimmt, so kann die Hinterwucht als fur alle Falle genugend angesehen werden, uni das Rohr mit der Richtmaschine in Verbindung zu halten. Ware z constant und = J = 100%, so ware fur a = 5°: 2=0"0234$, fur a = 10°: q = 0'0266$, also nur unbedeutend kleiner als fruher. 157 Es ist zu bemerken, class, wenn selbst das Rohr principiell keine Hinter¬ wucht hat (?; = 0, h — 0), diese dennoch nach dem Einfiihren des Gesc.hosses und der Ladung, welche beide im Hintertheile des Rohres zu liegen kommen, auftreten muss. Diese Hinterwucht bestimmt sich, wenn G das Geschoss-, L das Ladungsgewicht, g und l die Entfernung der beziiglichen Schwerpunkte von der Schildzapfenaxe bedeuten, mit q' = — . Ware G — 0-01Q, L = 0-0020, & — 30%, l = 60 z — 100%. so ware q' — 0‘0042(>. Die Vorsetzung der Schildzapfen vermindert infolge der Hinterwucht die Labilitat des Rohres, triigt also zur Ermassigung des Biickens bei. Hingegen wirkt die Herabsetzung der Schildzapfen im umgekehrten Sinne, indem sie den Hebelsarm des Riickstosses in Bezug auf die Drehaxe vergrossert, daher die An- regung zur Drehbewegung befordert; allerdings erzeugt sie auch fur sich allein bei Elevation eine Hinterwucht, denn es ist fiir v = 0, q = Q — sina, diese ist z aber sehr unbedeutend und compensirt nicht die verstarkte Drehanregung. Die Laffeten (Schleifen) der Morser haben in der Regel die Richtmaschine vor der Schildzapfenaxe, daher bei dieser Geschiitzgattung haufig die Schild¬ zapfenaxe vor den Schwerpunkt gesetzt ist. c) Sonstige Nebentheile. Heim Ziindlocli ist nebst clem Durchmesser desselben die Riehtung, in welcher es gefuhrt ist, und die Einmundungsstelle in den Ladungsraum von Bedeutung. Die Stelle, wo das Zundloch m den Ladungsraum einmundet, ist fur die Verbrennungsweise der Rulverladung massgebend. Diese Stelle wird entweder im Centrum des Stossbodens oder in der Mant.elflache des Ladungsraumes an- genommen; die erstere Ziindungsart heisst bekanntlich Central- ziindung, die letztere aber Oberziindung, weil das Zundloch in der Regel von oben gegen die Bohrung gefuhrt ist. Bei Oberziin- dung verlegt man die Einmundung hochstens auf 1 / 3 der Litnge des Ladungsraumes vom St.ossboden, weil die Entzundung der Patrone nahe am riickwartigen Ende kleinere Gasdriicke auf den Stossboden bedingt* — Infolge der Gasentweichung durch das Zundloch und der dadurch hervorgerufenen Reaction in der entgegengesetzten Rieh- tung entsteht ein Druck auf einen in der Verliingerung der Ziind- lochaxe liegenden Punkt, der Bohrung, dessen Grosse vom Durch- messer des Zundloches und dessen Riehtung von der Richtung der Ziindlochaxe abbiingig ist. Wirkt dieser Druck von obGn, wie bei der Oberzundung, so wird durch denselben die Belastung der Richt¬ maschine vergrossert; dies geschieht, im grossten Grade, wenn die * Das Nahei’e hieruber im vierten Abschnitt. Zundlochaxe dieselbe Richtung haL wife die Unterstiitzungslinie der Richtmaschine, also, borizontale Rohrlage vorausgesetzt, wenn die Zundlochaxe senkrecht. zur Rohraxe gefiihrt ist. Urn diesen Druck zu vermindern, gibt, man deni Ziindloch einen moglichst kleinen Durch- messer* nnd der Zundlochaxe haufig eine nach riickwarts geneigte Richtung. Hiedurch wird noch der praktische Vortheil erreicht, dass die Patrone mil der Raumnadel leichter nnd bequemer aufgestochen werden kann: zu gleichem Zweck wird auch das Ziindloch aus der Oberlage nach seitwarts verlegt. Nachdem das Ziindloch Erweiterungen infolge von Ausbrennungen durch die Pulvergase sehr stark aus- gesetzt ist, so wird dasselbe gewohnlich nichl. direct in den Rohr- korper, sondern in einen eingesetzten Ziindlochstollen oder Kern gebohrl. welcher bei weil, fortgeschrittener Ausbrennung des Zund- loches gewechselt werden kann: den Ziindlochkern macht man ge¬ wohnlich aus Kupfer, weil dieses durch das Pulvergas weniger angegriffen wird als andere Metalle. Die Ausnehmungen und Kanalefiir dieAufscitze werden moglichst nahe der Bodenflache des Rohres angebracht, einerseiis nm die vilalen Theile des Rohres nichl zu schwachen, anderseits lira das Visiren zu erleichtern. Die Entfernung der Visirkorne von den Aufsatzen (die Liinge der Visirlinie) dart nicht zu klein sein, damit sich even- luelle Fehler in der Aufeatzstellung oder Visur nicht am Zielobjecte zu sehr potenziren: anderseits darf diese Entfernung nicht jene (Irenze uberschreiten, welche noch ein scharfes Erfassen der Korn- spitze mil. dem Auge gestatt.el. Rei langeren Geschiitzen, bei welehen die Postirung des Visirkornes am Geschosskopfe unthunlich, miissen die Aufsatze und Visirkorne seillich von der Rohrmitte angebracht werden, da sonsl der Rohrvordertheil in die Visur trill und das Visiren unmoglich macht. Haufig haben die Geschutze, besonders solche iilleren Sistems, eine Verstarkung am Kopfe (den eigent,lichen Kopf). Diese Verstar- kung hat den Zweck, das Austreiben der Bohrung an der Miindung durch Geschossanschlage zu verhindern. Naehdem solche Geschoss- anschlage bei den Geschiitzen neuen Sistems nicht vorkommen, so wird der Rohrkopf als diesbezuglich zwecklos grosstentheils weg- gelassen oder als Mittel zum leichteren Erfassen des Rohres bei * Dass dies auch aus Ursache tier geriiigereii Uasentweichung selhst ge- schieht. ist wol selbslverstandlieli. 159 Manipulationen (Abtransportirungea etc.) angebracht.. Zu letzterem ^weck dienl. auch die Traube am ruekwarligem Rohrende, welc.be bei Vorderladern gewohnlich vorkoinml. Schlussbemerkungen. Das Vevhaltniss der beiden Geschiitzsisteme: Vorderlader, Hinterlader /u einander lasst sich wie folgt pracisiren: Der Vorderlader ist principiell Spiel- raumgeschiilz, der Hinterlader aber Nichtspielraumgeschutz; dem ersteren Sistem 'st die Warzen- oder Leistenfiihrung, dem letzteren die Pressions- (Mantel- oder Ring-) Fiihrung die entsprechendste. Die diesem Grundsatze widerspreclienden Bisteme: Vorderlader mit Pressionsfiihrung und Hinterlader mil Spielraum — sind als Bestrebungen zu betrachten, die Mangel des einen Sistems durch Entlehnung der vortheilhaften Seiten des anderen zu verbessern. Bei Erwagung der Vor- und Naclitheilc der beiden Sisteme mussen die- selben unter den drei Gesichtspunkten; Treffsicherheit, Ausdauer der Rohre, Be- dienung des Geschiitzes — betrachtet werden. Die vortheilhafteste G eschossfiihru ng. namlich jene. vvelcbe das Ge- schoss wahrend der ganzen Bewegung im Rohre centrirt erhalt und daher die grosste Treffsicherheit bedingt, vvird beim Hinterlader auf die einfachste Art un d in der vollkommensten Weise erreicht, wahrend beim Vorderlader eigen- Ihiimliche Zugprofile in Anwendung tret.en mussen, um eine theilweise und unvollkomniene Centrirung des Geschosses zu erzielen: in dieser Beziehung ist daher das Hinterladsistem jenem des Vorderladers zweifellos iiberlegen. Die Ausdauer des R o h r e s bangt von der in demselben herrschenden Gasspannung, in erster Linie von der Maximalgasspannung, ab; das Anwachsen der Gasspannung im Ladungsraume. daher die Anstrengung des Rohres, wird befordert, wenn die anfangliche Bewegung des Gescliosses verzogert wird. Dies geschielit ini Hinterlader, wo sicli das Fuhrungsmitte! in die Ziige einpressen muss, wahrend im Vorderlader durch das leichtere Weichen des Geschosses der Baum fur die Ausbreitung des Gases rascher erweitert, daher die Maximal- Kpannung vermindert wird.* Diesbezilglich ist somit der Vorderlader im Vortheil; dieser Vortheil spricht sich hauptsachlich im Kostenpunkte aus, da der Vorder¬ lader aus einem weniger widerstandsfaliigen, daher billigeren Material (z. B. Schmiedeisen anstatt Stahl) hergestellt werden kann. Das Manuelle der Geschiitzbedienung ist beim Vorderlader unzweifel- kaft einfacher, da die Manipulation des Verschlusses entfallt: insofern als die letztere zu Storungen Anlass geben kann, ist die Bedienung des Vorderladers auch sicherer. Hingegen kann beim Vorderlader ein eventuelles Steckenbleilien des Geschosses (besonders beim langeren Schiessen infolge von Verschleimungen dev Bohrung) eine Stbrung verursachen, welclie beim Hinterlader nicht leicht vorkommen kann. Nichtsdestoweniger wird bei kleineren Kalibern und bei un- gedeckter Aufstellung des Geschiitzes der Vortheil einer grosseren Feuerschnelligkeit * Hier muss von den Mitteln, welclie sonst zur Ermassigung der Gas¬ spannung dienen, als: Wahl einer entsprechenden Pulversorte. Anwendung des Progressivdralles etc., abgeseheu werden, da sie beiden Sistemen zu Gute kommen. 160 in der Regel auf Seiten des Vorderladers sein. Bei grosseren Kalibern, welehe im gedeckten Raume (Schiffsbatterie) aufgestellt sind, wird sich das Verhaltniss umkehren, da beim Vorderlader nach jedem Sehusse die gauze Bohrung aus- gewischt, die Ladung (Pulver und Geschoss) auf eine grossere Lange eingefiihrt und angesetzt, diese Arbeit, einschliesslich des Einbringens der gewichtigen La- dung in die Miindung, im bescbran'kten Raume zwischen Miindung und Stiick- pforte ausgefiihrt werden muss, wahrend beim Hinterlader alle diese Verrich- tungen auf kiirzerem Wege vor sich gehen und die Arbeit hinter dem Geschtitze im freieren geschiitzten Raume auszufiihren ist. Rechnet man dazu, dass das Innere des Hinterladers von zwei Seiten zuganglich ist, daher eventuelle Storungs- ursachen in der Bohrung leichter entdeckt und beseitigt, die Bohrungstheile besser gereinigt, die nach dem Sehusse in der Bohrung etwa zuriickbleibenden glim- menden Theile des Kardussackes leichter entfernt werden konnen, dass die Ein- bringung einer doppelten Ladung unmoglich ist etc., so wird man aus praktischen Griinden dem Hinterlader, mindestens was grosse Kaliber anbelangt, den Vorzug geben miissen. — Die aussere Form eines Geschiitzrohres ist durch die Wandstarke bedingt, welehe dem Rohre in den verschiedenen Theilen gegeben werden muss, um der grossten an der betreffenden Stelle in der Bohrung auftretenden Gasspannung zu widerstehen. Nachdem im Ladungsraume und im ruckwartigen Theile des Fluges bis zu der Stelle, wo sich das Geschoss befindet. wenn die Maximalgasspannung eintritt, eine und dieselbe grosste Spannung (eben die Maximalspannung) herrscht, so wird dieser Theil des Rohres eine durchaus gleiche Wandstarke, daher eine cylindrische Form erhalten miissen. Von dieser Stelle an gegen die Miindung wird die abnehmende Gasspannung eine abnehmende Wandstarke bedingen; diesem Grundsatze wird im Allgemeinen dadurch Rechnung gelragen, dass man den Vordertheil des Rohres conisch anordnet. Das Geschiitzrohr bildet. demnach in der Regel einen Cylinder und einen dai’an anschliessenden Conus. Doch kom- men. besonders bei bereiften Rohren, locale Abweichungen von dieser normalen Form vor, indem der bereifte Theil nach vorne zu nicht genau conisch, sondern in Stufen abfallend gemacht wird; ebenso wird die Bereifung, nachdem sie das Kernrohr nur gegen den Seitendruck des Pulvergases schiitzt, gewohnlich nicht oder nur in stufenformig abnehmender Starke iiber den Stossboden nach riick- warts gefiihrt, so dass das Bodenstiick einen eigenen, sich vom starksten Rohr- cylinder geometrisch unterscheidenden Rohrtheil bildet. — Obwol die Oekonomie mit dem Rohrmaterial jede nicht durch die Riick- sicht auf die geniigende Widerstandsfahigkeit des Rohres gebotene Vergrosserung der Wandstarke verbietet und die Forderung nach leichter Maniabilitat des Rohres eine moglichste Beschriinkung des Rohrgewich tes fordert, so ist doch under¬ sells zu beachten, dass mit der Verminderung dieses Gewichles die Rticklauf- geschwindigkeit und die Eimvirkungen auf die Laffete verstiirkt, daher an die Ausdauer dieser letzteren und an die Mittel zum Hemmen des Riicklaufes hdhere Anforderungen gestellt werden. (Siehe den folgenden Abschnitt.) Hierin findet demnach das Streben nach Verminderung des Rohrgewichtes eine Grenze; in der Regel geht man bei den Kanonen mit dem Rohrgewichte nicht unter das lOOfache des Geschossgewichtes herab. Vierter Abschnitt. Innere Ballistik. Die Ballistik ist die Lehre von del’ Bewegnng des Gesohosses. Die Geschoss¬ bewegung wurde im zweiten Abschnitt in allgemeinen Grundzugen, so- weit dies fiir das Verstandniss der Gescho?sconstruction nothwendig war, boschrieben; in der Ballistik wird dieser Gegenstand selbstandig, in eingehcnderer, hauptsachlich niathematischer Form, im Xusammenhange mit anderen, als Ursache Oder Folge der Geschossbewegung auftretenden Verhaltnisscn, behandelt. Man unterscheidet die innere und die a us sere Ballistik, die erstere bat die Geschossbewegung im Rohre, die letztcre jene ausscrhalb des Rohres zum Gegenstandc. In diesem Abschnitte wil'd die innere Ballistik abgehandelt. Der Betrachtung der Geschossbewegung soil eine kurze Erorterung fiber die Ver- brennungsweise der Pulverladung und den dadurch bedingten Verlauf der Gas- spannung vorhergehen, sowie eine Betrachtung uber die Wirkung des Gasdruckes auf den Slossbodcn, die sich in der Bewegnng des Geschulzes (dem Rucklaufe) und in der Beanspruchung des Rapertes iiussert, folgen. I. Verbrennungsweise tier Pulverladung, Verlauf tier Gasspannung. Nachdem die Pulverladung an der Einmiindungsstelle des Ziind- loches entziindel. wurde, schreitet die Enlzilndung, infolge der Aus- breilung des zuerst enl.wickell.en Pulvergases im Spielraume der Karduse, an der freien Oberfliiehe der Ladling und vermoge des Ein- dringens des Eases von der Oberfliiehe in die Zwischenrilume der Eulverkbrner in das Innere'der Ladung sehichtemveise fort,; es wird daher .jedes Korn im Wesent,lichen um so spider zur Enlziindung kommen, je welter es vom Enlzlindungspunkte und von der Ober- fliiche abliegt..* Da sich das aus der zuerst entziindeten Partie der * Die Lage des zuletzt zur Entziindung kommenden Kornes ist von dem Verhiiltnisse der von der Oberfliiehe in das Innere fortgehenden Entzundungs- geschwindigkeit und jener nach der Oberfliiehe bin abhiingig; die letztere Ge- schwindigkeit ist unter anderem auch durch das Material und die Starke des Kardussackes bedingt. 11 162 Ladung entwickelte Gas im Spielraume ausbreitet und einen grossen Theil seiner Warme zur Entziindung anderer Ladungstheile abgibt, so wird die Spannung desselben eine geringe sein; je weiter die Entziindung und die Verbrennung der bereits entziindeten Korner fortschreitet, desto grosser wird die Menge des entwickelten Gases, desto kleiner verhiiltnissmassig die zur weiteren Entziindung auf- gewendete, dem Gase verloren gehende Warme sein. Es werden demnaeh wahrend der ganzen Dauer der Verbrennung tier Ladung die beiden auf Steigerung der Gasspannung wirkenden Faetoren: Gasmenge und Temperatur — in fortwahrender Zunahme begriffen sein, wahrend der die Verminderung der Spannung bewirkende Factor: der Ausbreitungsraum der Gase — unter der- Voraussetzung, dass sich das Geschoss vor Beendigung des Verbrennungsprocesses nicht in Bewegung setzt, — nur in dem Masse waehst, als sich der nocli unverbrannte Theil der Ladung vermindert. Der Einfluss des letzteren Factors ist. kleiner als jener der beiden ersteren, es ist daher bei der gemachten Voraussetzung eines unver tinderlichen Explosions- raume’s die Gasspannung von dem Momente der Entziindung bis zu jenem der vollstandigen Verbrennung in fortwahrender Zunahme begrilfen. Die Zunahme der Gasspannung wird bis zu einem gewissen Momente eine raschere sein, als die Zunahme der Verbrennungszeit; von hier an wird sich das Verhaltniss umkehren. Man kann sich den Verlauf der Gas¬ spannung unter dem Bilde der Curve Mnp vorstellen, wo die Abscissen die Verbrennungszeit, die Ordinaten die Gas- spannungen darstellen; diese Curve kehrt zuerst. die convexe, dann die concave Seil.e der Abscissenaxe zu. Bei den nur von aussen in gleichmiissigenSchichten veVbrennendcn Pulverkornern wird der Uebergangsmoment N von der rascheren zur langsameren Zunahme der Gasspannung ini Wesentlichen mil. der Entziindung des letzten Kornes zusammenfallen, daher MN die Zeii der vollstiindigen Entziindung der Ladung darstellen, innerhalb welcher immer mehr Korner an der Gasentwicklung theilnehraen; wahrend der Zeil NP, welche die Verbrennungszeit Eines Pulverkornes be- deutet, werden bei alien noch brennenden Pulverkornern in der gleichen Zeitdauer immer kleinere Fliichen abbrennen, daher die Fig. 4.1. / / /i / y IF 163 Zunahme dei* Gasspannung eine immer langsamere sein. Bestiinde die Ladung aus Pulverkornern, welche bloss von innen heraus ver- brennen oder welche iiberhaupt immer grOssere (lasmengen liefern, je weiler die Verbrenuung fortschreitet., so wdrde die im Verhaltnisse zur Zeit. raschere Zunahme der Gasspannung fast bis zum Ende der Verbrennungszeit fortgehen, daher N sehr nahe mil, P zusammenf'alien. I lei Kornern, welche sowol von aussen als von innen verbrennen, wird ein Uebergangsmoment von der rascheren zur lapgsameren Zunahme der Gasspannung ebenfalls zu merken sein, aber der Punkt N wird niiher an P fallen, als in dem zuerst betraehteten Falle. Fig. 40. NacMem die Zeil dev vollsliindigen Entziindung der Ladung von der Sunnne der Oberflachen allcr Korner abhiingt, so wird sic bei einer Ladung aus fein- kornigem Pulver grosser sein, als bei derselben Ladung aus grobkornigem Pulver; bingegen wird bei der Verbronnungszeit Einos Ivornes das umgekehrte Verhaltniss stattfinden (siche erster Abschnitt). Das grobkornige Pulver mit Verbrennung von aussen und innen (kanalirtes prismatisches Pulver) wird in beiden Beziehungen zwischen dem feinkornigen und dem gewohnlichen grobkbrnigen Pulver stehen. Die totalo Verbronnungszeit der Ladung wird, da die Eritziindungs- geschwindigkeit weitaus grosser ist als die Verbrennungsgeschwindigkeit, im We- sentlichen demselben Gesclz, wie die Verbrennungszeit Lines Kornos, folgen, also beim feinkornigen Pulver am kleinsten, bcim gewohnlichen grobkornigen am grossten, beim kanalirten Pulver mittclgross sein. Diese Verhaltnisse und den daraus folgenden Verlauf der Gas- spannungseurven kann man sich in dor in Fig. 40 angedeutelen Wcisc versinnlichen, fiir welche angenommen wurde, dass in alien drei Fallen eine glcich grosse La¬ dung in einem und demselben Raume verbrennt und daher eine gleiche schliessliche Gasspannung liefert. M'l\, MT 2! bezeichnen die Entziindungs-, MP 1} MP 2 ,MF 3 die totalen Verbrennungszeiten der Ladung, beziehungsweise aus fein- kornigem, kanalirtem und gewohn- lichem grobkornigem Pulver, P t p t — P„p a = P s p 3 die schliessliche Gasspannung in den drei Fallen, n l n 2 n 3 die Wendepunkte der Curven, welche fur gewohnliches fein- und grobkorniges Pulver mit 7', und 7!, zusammenfallen; fiir kanalirtes grob- korniges Pulver ist der Wendepunkl, in die Niibe von 7', geriickt. Die Folgerungeri beziiglich der Gasspannungen in verscbiederien Momenten der Verbrennungszeit sind hieraus lciclit zu zieben. / /] / / / / /n< / / /\ {/ / /ft. / 2i T, 4 t A -5 Utn die Art und Weise zu ermil.teln, wie dieser hei Verbrennung desPulvers im unveriinderlichen Explosionsraume sfaltfmdende Verlauf n* 164 der Gasspannung durch die Geschossbewegung modificirt wird, muss zunachst der Moment, in welchem sich das Geschoss in Be- wegung setzt, ins Auge gefasst werden. Ware das Geschoss absolut, leicht. beweglich, so dass der ge- ringste auf dasselbe ausgeubte Brack genugt, um es in Bewegung zu setzen (wie dies bei einer in einem Punkte concentrirt.en und frei schwebend gedachten Masse der Fall ware), so miisste es sofort im Entziindungsmomente der Ladung die Bewegung beginnen. Infolge der Widerstande, welche bei der Bewegungsertbeilung des Geschosses zu iiberwinden sind* konnte das Geschoss die Bewegung erst, von dem Momente an beginnen, in welchem der Gasdruck auf den Ge- schossboden den Widerstanden das Gleicbgewicht hall. Aber auch in diesem Momente wird das Geschoss als Ganzes die Bewegung nicht wirklich anfangen, sondern es wird der Brack zunachst eine Be¬ wegung der Molecule des (lescbossbodens bewirken, welche sich erst der ganzen Masse des Geschosses mittheilen muss; die Zeit dieser Mittheilung, im Wesentlichem von der Geschossliinge abhangig, isl zwar an sich sehr klein, aber im Vergleich zu der ebenfalls kleinen Verbrennungszeit der Pulverladung bedeutend genug, damit die wiih- rend derselben rasch anwachsende Gasspannung schon eine betrachl- liehe Hohe erreieht. Bei langeren Geschossen, kleinen und sehr rasch verbrennenden Ladungen kann sogar der Anfang der Geschoss¬ bewegung mit dem Ende der Pulververbrennung zusammenfallen; in den meisten Fitllen jedoch, besonders bei Anwendung von langsamer verbrennenden Ladungen aus grobkornigem Pulver, wird das Geschoss die Bew-egung noch withrend der Bauer der Pulververbrennung beginnen. Durch die Bewegung des Geschosses wird der Ausbrei- tungsraum fur das Pulvergas erweitert und somit eine Verminderung der Gasspannung verursacht; nachdem die Geschwindigkeit des Ge¬ schosses eine zunehmende ist, daher dieses in gleichen Zeitabschnitten immer grossere Wege zuriicklegt, so wird die Raumerweiterung und die durch sie bedingte Verminderung der Gasspannung in grosserem Verhaltnisse als die Zeit zunehmen. Dies ist durch die Curve AB (Fig. 47) versinnlicht, deren Ordinaten die Spannungsverminderangen darstellen; diese Curve muss ihre convexe Seite der Abscissenaxe, auf welcher die Zeiten aufgetragen sind, zuwenden. MA bedeutet die Zeit von der Entzundung der Ladung bis zum Beginne der Geschoss- * Von diesen Widerstiinden wird sp&ter ausfiilirlicher gesprochen werden. 165 hewegung, Map die Spannungs- curve, wie sie sich ergeben hatte, wenn das Geschoss wah- rend der Pulververbrennung nicht von der Stelle gewichen ware. Nimmt man an, dass die Fig. 47. Raumerweiterung infolge der AL Geschossbewegung auf den Ver- lauf der Curve Map keinen Ein- fluss hatte, so wiirden sich die s V. a #' wirklich stattBndenden' Span- nungen aus der Differenz der Ordinaten der beiden Curven ap und AB ergeben, daher der Verlauf der Gasspannung durch die Curve Masp dargestellt sein, welche in ■5 ihr Maximum hatte. Aber die Geschossbewegung beeinflusst die Gasspannung, beziehungsweise die Curve Map, noch in anderer Weise, als durch die blosse Raumerweiterung, u. zw. erst.lich dadurch, dass das Gas bei Bewegung des Geschosses Arbeit verrichtet und dabei einenTheil seiner Temperatur und Spannung einbiisst* zweitens dadurch, dass infolge der verminderten Tempdratur und Spannung des Gases die Verbrennungsgeschwindigkeit des Culvers verminderf, daher der Endpunkt der Verbrennungszeil. weiter hinaus, nach Q, geruckt wird. Man kann sich vorstellen, dass durch ersteres die Curve AB noch mehr nach abwarts gekriimmt ( AB '), durch letzteres aber die Curve Map in jene Maq verlangert wird; die Curve der wirklichen Spannungen nimmt den Verlauf Mas q und liat, ihr Ma¬ ximum in s’, welches kleiner als jenes Ss ist.. Von dem Punkte Q an muss die Curve der wirklichen Gasspannungen qz parallel zu .jener AB’ sein. Man karm demnach in der Curve der Gasspan¬ nungen drei Theile unterscheiden: 1.) den Theil Ma von der Ent- ziindung der Ladung bis zum Beginn der Geschoss¬ bewegung, — hier folgt. die Curve bloss dem Gesetz, nach welchem die Pulververbrennung im unveranderlichen Explosionsraume statt- findet, der Entziindungs- und Verbrennungsgeschwindigkeit des Pul- vers; 2.) den Theil aq vom Beginn der Geschossbewegung * Bekanntlich findet dieses darin seinen Ausdruck, dass die Spannungs- verrninderung bei Verschiebung eines Stempels von bestimmtem Drucke nicht dem einf'achen Mariotte’schen, sondern dem Poisson’schen Gesetze folgt. bis zur Beendigung der Pulververbrennung, — bier isl, fur den Verlauf.der Curve sowol die veriinderliche Verbrennungsgeschwin- digkeit der Ladung als auch das Geselz, nach welchem die Raum- erweilerung slattfinde!, die Ceschossgeschwindigkeit, massgebend; 3.) den Theil q'z vom Momente der vollstiindigen Verbren- nung der Ladung bis zum Austreten des Geschosses aus der Miindung, — bier folgt die Curve bloss dem Gesetz der Raum- Von Wichligkeit ist die (Irosse der Maximalgas- spannung und die Cage derselben in der Span- nungscurve. Waren in Fig. 48 Mp l und Mp^ die bei Verbrennung itn unver- anderlichen Raume stal.t- fmdenden Spannungscur- ven von zwei gleiehen La- dungen (z. B. aus feinkor- nigem und grobkornigem Culver), nimmt man in beiden Fallen den Bewe- gungsanfang des Geschosses im Funkte (Zeilmomenle) A und einen gleichmiissigen, durch AB dargesteilten Einfluss der Gescbossbewegung auf die Spannung an, so wliren Ma l p\ und Ma,,p\, die Curven der wirklichen Spannungen; die Maxima derselben wiirden von p t und p s nacb s, und s 8 zuriiek rucken. Wio nalurlieb, erleidet das Maximum bei der langeren Curve (langsam verbrennendes Culver) eine grossere Vorriickung als bei der ki'trzeren Curve (sehnell verbrennendes Culver) und ist infolge dessen kleiner als bei dieser. Ebenso sieht, man, dass bei scbnell verbrennendem Culver der zweite Tbeil der Curve selir kurz ist, die Spannung bald nach dem Eintreten des Maximums dem blossen vermindernden Einflusse der Raumerweilerung folgt., daher sehr rasch abnimmt; bei langsam verbrennendem Culver hingegen ist der zweite Theil der Spannungscurve lang, dem vermindernden Ein- llusse der Raumerweiterung wirkt die fortdauernde Gasentwicklung entgegen, die Spannung nimmt langsam ab, ist somit viel gleich- massiger. Man kann also den Unterschied zwischen scbnell und langsam verbrennendem Culver in Bezug auf den Verlauf der Gas- erweiterung, der Geschossgescbwindigkeil, Fig. in. ^ __ _ /f . 1 Va? // j ,/ l s 167 spannung im Allgemeinen folgendermassen charakterisiren: Beim schnell verbrennenden Pulver 1st zu Beginn der Geschossbewegung schon eine bedeutende Spannung vorhanden, die Maximalspannung isL grosser und I rift sehr bald naeh deni Bewegungsanfang ein, darnach findet eine rasche Verminderung der Spannung statt, — das' langsam verbrennende Pulver setzt. das Geschoss rnit geringerer Spannung in Bewegung, gibteine niedrigere und spater eintretende Maximalspannung und einen gleichmassigeren Verlauf dor Spannungen uberhaupt. Die Grenzen waren: einerseifs ein so schnell verbrennendes Pulver, dass der Verbrennungsprocess zu Ende ist, bevor sich das Geschoss in Bewegung setzt, das Maximum der Gasspannung mit dem Beginn der Geschossbewegung zusammenf'iillt und die folgenden Spannungen aus- schliesslich nach dem (durch den Riickstand modificirten) Poisson’sqhen Gesetze verlaufen;— anderseits ein langsam und derart verbrennendes Pulver, dass der vermindernde Einfluss der Raumerweiterung auf die Spannung stets durch die fortdauerride Gasentwicklung compensirt wird, daher die Spannung wahrend der ganzen Geschossbewegung im Rohre unverandert bleibl. Nachdem durcli das letztere bei der geringsten brisanten Wirkung, d. h. mit der geringsten Anforderung an die Widerstandsfahigkeit und Ausdauer des Rohres, eine beslimmte balistische Wirkung crreicht werden wiirde,* so richten sicli alle Bestrebungen der Neuzeit darauf, die Pulververbrennung diesem Prin¬ cipe so nahe als moglich zu bringen; die Moglichkeit der Erreichung dieses Zieles steht in Frage und ware nur denkbar, wenn ein immer in dem Vorhiiltnisse der Raumerweiterung rascher (beispielsweise von innen nacli aussen) verbrennendes Pulver zur Anwendung kiime. Wenn eine und dieselbe Ladung in verschieden grossen La- dungsraumen zur Entzundung gelangt, so wird im unveranderlich gedachten Ladungsraume die schliessliche Spannung um so kleiner, je grosser der Raum im Verhitltnisse zur Ladung, je kleiner demnach das A u s f ii 11 u n g s v e r hii 11niss desselben oder die Ladungsdich- l igkeit ist; infolge der uberhaupt kleineren Spannungen im grosseren Raume wird auch die Verbrennungsgeschwindigkeit eine kleinere, duller die Verbrennungszeit eine grossere, die Curve Map (Fig. 47) eine langere sein. Es wird demnach nicht nur die durch die Geschoss- bewegung inodificirte Maximalspannung, sowie jene, bei welcher sich das Geschoss in Bewegung setzt, eine niedrigere sein, sondern es wird auch die Curve der wirklichen Gasspannungen gleichmassiger verlaufen. * Man siebe ersten Abschnitt, Allgemeines. Punkt d. 168 Recapitulirt man das Vorbesagfe, so ergibt sich, das.s folgende Faetoren auf die Grosse und den Verlauf der Gasspannungen wah- rend der Geschossbewegung im Rohre einen wesentlichen Einfluss haben: 1. ) Die Natur (Dosirung, Diehte, Form und hauptsachlich Grosse des Kornes etc.) des Pulvers: rasch verbrennendes (feinkbrniges) Pulver gibt, ungleichmiissige Spannungen, anfangs rasch ansteigend, dann ebenso rasch abnehmend, — iangsam verbrennendes (grobkor- niges) Pulver aber gleichmiissigere Spannungen. langsamer ansteigend und ebenso abnehmend. 2. ) Die Ladungsdichtigkeit: grossere Ladungsdichtigkeit, un- gleichmassigere Spannungen, — kleinere Ladungsdichtigkeit, gleich¬ miissigere Spannungen. 3. ) Die Construction des Geschosses und der Bohrung', von welcher die Art und Weise der Geschossbewegung, d. h. die Zeit, die das Geschoss zur Inbewegungsetzung erfordert, die Natur and (irosse der Bewegungshindernisse und der sonsligen Arbeit, die der Gasdruck ausser der Bewegung des Geschosses zu leisten hat, etc., abhangt. Hauptsachlich sind hier die Vorgange von Bedeutung, welche die anfangliche Geschossbewegung, solange die Pulververbrennung andauert, begleiten: setzt. sich das (ieschoss, oline starke Hindernisse zu finden, leicht in Rewegung, so wird die rasche Raumerweiterung einen gleichmassigeren Verlauf der Gasspannungen bewirken; haufen sich hingegen die Hindernisse, welche die anfangliche Geschoss¬ bewegung verzogern, so wird ein rascheres Anwachsen der Spannung, daher ein ungleichmassigerer Verlauf der Spannungen die Folge sein. Treten in der weiteren Bewegung des Geschosses Momente ein, wo dasselbe eine augenblickliche grossere Hemmung erleidot (wie z. R. ein Spielraumgeschoss beitn Anschlagen an die Rohrungswiinde), so wird der normale Verlauf der Gasspannungen Storungen erleiden: fallen solche Momente in die Periode der fortdauernden Pulverver¬ brennung, so werden sie momenlan ein Anwachsen der Spannung, daher partielle Spannungsmaxima zur Folge haben. Einen obwol geringeren Einfluss als die vorerwahntcn Faetoren hat die Entztindungsstelle der Ladung, nachdem die Zeit der Entziindung am kleinsten ist, wenn die Ladung in der Mitte ent/.undet wird und bei Verlegung der Ent- zundungsstelle gegen die Endcn der Karduse zunimmt. Der Spielraum des Geschosses beeinflusst zwar, wenn er betrachtlich ist, nicht unbedeutend die Grosse der Spannungen, aber nur im geringen Grade den Verlauf, d. h. das Verhaltniss derselben zu einander; dies geschieht nur inso- —- 169 weit, als die durch den Spielraum verursachte Verminderung der Spannungen uberhaupt die Verbrennungsgeschwindigkeit modificirt. Dasselbe ist mit der Ab- gabe der Warme an die Bohrungswande der Fa,ll.— Im Vorhergehenden wurde stillschweigend vorausgesetzt, dass die dem Explosionsraume und so jedem anderen durch die Geschoss- hewegung erweiterten Raume entsprechende Gasspannung in alien Punkten dieses Raumes gleichmassig stattfindet; dies ist. jedoch nicht der Fall. Pas an irgend einer Stelle aus dem brennenden Pulver sich entwickelnde Gas hat im Verbrennungsmomente eine sehr hohe Spannung, welche sich in dem Masse vermindert, als sich das Gas in dem Explosionsraume verbreitet und mit, dem iibrigen schon vor- handenem Gase mischt; es wird daher wahrend de.s Verbrennungs- processes an den Stellen, wo sich die verbrennenden Pulverkorner befinden, steis eine grossere Gasspannung sein, als an anderen Stellen des Explosionsraumes, wo die Spannung um so kleiner sein wird, je weiter die betreffende Stelle von dem verbrennenden Pulverkorne entfernt, ist. Denkt man sich die Karduse an der riickwartigen Fliiche entztindet (wie bei der Central*undung), so muss das locale Ma¬ ximum der Gasspannung anfanglich ganz rlickwiirts, am Stoss- boden, sein; wurde die Ladung nur lagenweise von rtick- gegen vor- warts abbrennen, so wurde das locale Spannungsmaximum mit der Verbrennungsstelle immer weiter gegen den Geschossboden zu vor- riicken und sich am Ende des Verbrennungsproeesses am Geschoss¬ boden befinden, am Stossboden ware in diesem Momente die kleinste Gasspannung. Aber auch bei nicht lagenweiser Verbrennung der Ladung wird im Falle der Entziindung der Karduse an der riick¬ wartigen Fliiche etwas Aehnliches stattfinden, nachdem das anfangs entwickelte Gas den unverbrannten Theil der Ladung am Geschoss¬ boden zusammendrangen wird; nur wird dies nicht ein genau regel- massiges, querschnittweises Fortschreiten des localen Spannungs- maximums, sondern ein solches nach der Oherfliiche der zusammen- gedrangten Pulvermasse sein. Pie Ausgleichung der Gasspannung im ganzen Explosionsraume tritt. erst nach der vollstandigen Ver¬ brennung der Ladung ein, vorausgesetzt jedoch, dass indessen der Raum nicht, erweitert wird. Nachdem die localen Spannungsmaxima um so grosser werden, je weiter die Verbrennung fbrtschreitet, je grosser daher die ausgeglichene, durchschnittliche Spannung ware, so wird wahrend des ganzen Verbrennungsproeesses die kleins te Spannung an der Entziindungsstelle, bei Centralziindung am Stossboden, sein. 170 Diese ungleichmassige Vertheilung der Gasspannung im Explosionsraume hat zur Folge, dass das Rohr an der Stellc des localen Spannungsmaximums momentan einen grosseren, fur seine Ausdauer nachtheiligen Druck erleidet. Man trachtet deranach eine raschere Ausgleichung der Gasspannung zu bewirken. Hiezu wird bei Anwendung des gewohnlichen, niclit kanalirten Pulvers die Enl- ziindungsstelle (Ausmundung des Zundioches, Oberzundung) elwas nacli vor¬ warts verlegt, wodurch nacii dera Durchbrennen des Querschnittes an der Ent- zundungsstelle die Ladung in zwei Theile, einen am Stossboden und einen am Gescliossboden, zerlegt wird, daher sieh die von den beiden Verbrennungsherden ausgehenden Gasstromungen rascher treffen;* dies hat nocli den Vortheil, dass das unverbrannte Pulverquanlum, welches am Geschosse zusammengedrangt wird und naeh Beginn der Bewegung mit diesem nach vorwarts versclioben werden muss, ein kleineres wird. Ein zu weites Vorverlegen der Entziindungsstelle, bei- spiclsweise an das vordere Ende der Karduse, wiire hezuglich der ungleich- massigen Spannungen ebenso nachtheilig. wie die Entziindung riickwarts, wahrend sich das Enlfallen der Verscliiebung des unverbrannten Pulvers mit dem Ge¬ schosse dadurch compensiren wiirde, dass nunmehr das Geschoss schwachere Impulse erhielte. Ein rationelleres Mittel zur Erzielung gleichmassiger Spannungen im Explosionsraume, als die Verlegung der Entziindungsstelle nacli vorwarts, besteht in der Anwendung des kanalirten Pulvers, fur welches die Centralzundung die geeignetste Ziindweise ist; hiebei wird die Entziindung durch die Kanalsiiulen, zu welchen sich die Kanale der regelmassig geschlichteten Korner zusammen- setzen, rasch in der ganzen Ladung fortgepflanzt, wodurch die in der Ladung gleichmassiger auftretende Verbrennung ebenfalls eine gleichmassigere Vertheilung der noch unverbrannten Pulvermenge erhalt. Sobald sich das Geschoss in Bewegung gesetzt hat, tritt eine Ausgleichung der Spannungen iiberhaupt nicht mehr ein. Nimmt man vor Beginn der Geschossbewegung die Ladung gtinzlich ver- brannt und die Spannungen im Explosionsraume ausgeglichen an, denkl. man sich sodann das Geschoss momentan um ein kleines Stuck nach vorne geriickt, so musste im ersten Zeitmomente hinter dem- selben ein leerer Raum entstehen, in welchen das Gas aus dem Explosionsraume einstromt; das Einstromen geschieht von der vor- deren Flache des Gasquantums aus, wo infolge dessen eine Vermin- derung des Druckes entsteht und eine Bewegung der nachsten und so aller folgenden Schichten nach vorwarts zur Ausgleichung des gestorten Spannungsgleichgewichtes verursacht,, wmdurch sich die Druckverminderung in abnehmender Starke his an das riickwartige Ende des Gasquantums fortpflanzt. Anderseits staut sich das mit * Die Entziindungsstelle der Ladung, fur den Verlauf der ausgeglichen gedachlen Gasspannungen von geringerer Bedeutung, ist daher fur die localen Verschiedenheiten der Spannung von wesentlichem Einflusse. grosser Geschwindigkeit nach vorwiirts stromende Gas an dem Ge- schossboden und es enlsteht bier eine Gasanhaufung, welche eine Steigerung des Druckes liber das Normale der ausgeglichen gedachten Spannung zur Folge hat. Nachdem das Geschoss nicht sprungweise, sondern continuirlich vorriickt, so kann man sich die dadurch her- vorgerufenen Fluctuationen des Gases als eontinuirliehe Siromungen von Druckverminderungen, von vor- gegen riickwarts und gleichzeitige Stromungen von Druckerhohungen von ruck- gegen vorwiirts vor- stellen; diese Stromungen erzeugen mehrfaehe locale Maxima und Minima der Gasspannung, welche sowol in ihrer Grosse als in der Position ihres Auftretens variiren* — Befmdet sich hinter dem Ge- schosse noch brennendes Pulver, so wird das aus demselben sich entwickelnde Gas, welches in den Explosionsraum abslxomt, die vor- beschriebenen regehniissigen Fluctuationen des Gases storen und die localen Maxima und Minima modificiren. Von den vorbesprochenen localen Verschiedenheiten der Gasspannung soil im Folgenden, bei Betrachtung der Gesehossbewegung, abgeschen und die Gas- spannung in dem Raume hinter dem Geschosse als ausgeglichen angenommen werden. II. Bewegung des Gesehosses. Gescliossgeschwindigkeit. Das in seiner Spannung als ausgeglichen vorausgesetzt.e Pulver- gas tibt einen gleich star ken Druck auf die Fliicheneinheit. aller Um- schliessungswiinde aus. Der Druck auf die Seitenwande bewirkt eine momentane Ausdehnung derselben ,** — der Druck nach riickwarts, auf den Stosshoden, verursaeht hauptsachlich die Bewegung des Ge- schiitzes, den Riicklauf,*** — der Druck nach vorwiirts, gegen den Geschossboden, ertheilt dem Geschoss die fortschreitende und rota- torische Bewegung und bewirkt die Ausdehnung des Gases, beziehungs- weise die Bewegung des hinter dem Geschoss vorhandenen noch * Erleidet das Geschoss an irgend einer Slelle seines Weges eine grossere Ilemmung (Spielraumgeschosse beim Anschlagen an die Bohrungswande), so wird sich hinter demselben eine grossere Gasanhaufung bilden, daher ein locales Span- nungsmaxitnum entwickeln, welches sich von der Reilie der continuirlich ver- laufenden localen Maxima abheben und in der momentan grcisseren Beschleu- nigung der Gesehossbewegung bemerkbar machen wird. ** Die Wirkungen dieses Druckes, als Beanspruchungen der Elasticitat und Festigkeit des Rohrmaterials, warden im dritten Abschnitt in Betracht gezogen. *** Von den Wirkungen dieses Druckes wird weiterhin die Rede sein. 172 unverbrannten Fulvers mit demGeschoss nach vorwarts* Das letztere, namlich die Versehiebung der Ladung, sei es im vollstandig ver- brannten oder noch theilweise im unverbrannten Zustande, absorbirt einen Theil des nach vorwarts gerichteten Druckes, so dass dieser nicht ganzlich auf die Ertheilung der Geschossbewegung aufgewendet wird. Aber auch von dem wirklich auf das Geschoss entfallenden Drucke geht ein Theil fur die Ertheilung der fortschreitenden Geschoss¬ bewegung verloren, nachdem dieser Druck zugleich die Bewegungs- hindernisse uberwinden und dem Gescliosse die Rotation ertheilen muss; die wiehligsten Bewegungshindernisse sind: das Einschneiden der Felder in das Fubnmgsmittel, falls dieses im Princip der Geschoss- fuhrung liegt, und die Reibung des Geschosses an den Bohrungs- wanden. Der Einflnss dieser die fortschreitende Geschossgeschwin- digkeit beeintrachtigenden Factoren ergibt sich folgendermassen: 1.) Bewegung der Ladung. 1st die Ladung vollstandig ver- brannt und nimmt. man sowol das Gas als den Riickstand stets gleich- massig vertheill in dem Raume tenter dem Gescliosse, daher den Schwerpunkt der Ladung stets in der Mittte dieses Raumes an, so wird dieser Schwerpunkt. in einer bestimmten Zeit die Halfte des Weges zuruckgelegt haben, welchen das Geschoss in seiner fort¬ schreitenden Bewegung gemacht hat, die Geschwindigkeit der Bewegung der Ladung ist also gleich der halben Geschwindigkeit der fortschrei¬ tenden Geschossbewegung;** dasselbe wird auch der Fall sein, wenn das etwa noch vorhandene unverbrannte Pulver in dem Explosions- raume gleichmassig vertheill ist. Befindet sich hingegen unmittelbar hinter dem Geschoss eine Quantitat unverbrannten Fulvers, welches sich mit derselben Geschwindigkeit wie das Geschoss bewegt, so wird die Geschwindigkeit des Ladungsschwerpunktes grosser sein, als im ersten Falle; die Different wird grosstentheils eine so wenig betracht- liche sein, dass die Annahme der halben Geschossgeschwindigkeit. * Allerdings wird das Gas auch nach riickwarts zu, durch den gegen den Stossboden gerichteten Druck, ausgedebnt, jedoch ist diese Ausdehnung sowie der wahrend der Geschossbewegung im Rohre vom Stossboden zuriickgelegte Weg sehr gering, kann daher hier ausser Betracht bleiben und der Stossboden als unbevveglich angenommen werden. ** Die Theile des Pulvergases ain Stossboden sind in Ruhe, jene am Ge- schossboden haben die Geschwindigkeit v des Geschosses, dernnach ist die mittlere Geschwindigkeit des Gases . = A . U d 173 fur die Ladung irn Allgemeinen stall haft, erscheint* Bedeutet p die Gasspannung in Atmospharen, P— 1'03 r"-np den Druck des Pulver- gases in der Richtung gegen den Geschossboden (den Burchmesser des Ladungsraumes jenem des Geschossbodens gleich. angenommen, r in c / m , P in kjg ausgedriickt), P,, den Theil dieses Druckes, welcher die Ladung bewegt. P, den auf das Geschoss selbst wirkenden Druck, «P, die Kraft, welche dem Geschosse die forl.sehreil.ende Geschwin- digkeil. ertheilt ([1 — o]P, ware dann der auf die Rotation und die Bewegungswiderstiinde verloren gehende Druck), m die Masse des Geschosses, m die Masse der Ladung, v die fortschreitende Geschwin- digkeit, x den zuriickgelegten Weg des Geschosses, — so ist zunachsl P, -| - P„ — P, ferner fur die Geschossbewegung aP t dx — mvdv, fur die Bewegung der Ladung P,, • jdx = m'~ v--dv oder P^dx = m - • vdv; —• d. h. die Kraft, welche auf die Ausdehnung der Ladung aufgewendet wird, ist gleich derjenigen, welche die halbe Masse der Ladung mil. einer der fortschreitenden Geschossgeschwindigkeit. gleichkommenden Geschwindigkeil bewegen wiirde. 2.) Einschneiden der Felder in das Fiihrungsmittel. Denkt man sich das Geschoss unit, einem Mantel (Ring) bekleidet, dessen Durchmesser iibera.ll gleich ist, dem Durchmesser der Bohrung zwischen den Ziigen, so wird man sich denVorgang beim Einschneiden jedes Feldes etnerseits als ein Abscheren des Materials an den Riin- dern des Feldes und Dnrchpressen des abgelosten Stiickes, welches mil. einer fortschreitenden Verdichtung desselben verbunden ist, an- dererseits als ein theilweises Zurseitedriingen des Materials und Ver- dichl.cn der stehenbleibenden Leisten vorstellen konnen.** Betrachtet man das Abscheren und Dnrchpressen als die Hauptarbeil, (was bei I’arallelzugen. statthaft ist), so kann man die dazu erforderliche Krafl der Querschnittsfl&che des Feldes und, im Hinblick auf die das Durch- pressen begleitende Verdichtung der ausgestossenen Leiste, der Lange des in das Material eingedrungenen Feldes proportional annehmen. Bedeutet C die Breite, h die Hohe des Feldes (Zugtiefe) bei recht- eckformigen Ziigen, n die Zahl der Felder (Ziige), e einen von der * Dieser Annahme wird urn so besser entsprochen. je schneller die Ladung verbrennt und die Ausgleichung der localen Spannungsverschiedenheiten stattfindet. ** Das Abscheren und Durchpressen wird bei der Lange nach gleicli breiten Feldern (Parallelziigen). das Verdichten der Leisten bei Feldern von zunelunemler Breite (Keilziigen) vorherrschen. 174 Natuv und Festigkeit des Fiihrungsmaterials abhangigen Coefficienten, a den Drallwinkel, x den vom Gesehosse in der Zeit t nach dem Beginn des Einsehneidens zuriiekgeleglen Weg in der Richtung der cc Rohraxe, daher die Liinge des in das Material eingedrungenen cos a Feldes, so ist die auf das Einschneiden der Felder aufgewendete Kraft cc xdx P„ — nbh— - e und die Elementararbeit derselben P„clx = kbhe —; cos a cos a bei der Integration sind als Grenzen x = 0 und x — X, die Liinge des mil. dem Mantel bekleideten Geschosstheiles, zu nehmen. P 3 ist der dureh das Einschneiden der Felder verursachte Verlust, an fort- treibender Kraft, folglich betragt diese lelzfere wahrend des Ein- p_ p schneidens P t — P, = o'P, ; der Quotient a — 1 ,! ist daher ■* 1 wahrend des Einsehneidens ■ l/* + 7 dx \ oW. 2 F{x) ergibt. Um die Anwendung dieser Formeln zu zeigen. soli nachfolgendes Beispiel durchgefuhrt werden: In einem 15%, Geschiitzrohre (»- = 7-5% l ), welches eiu Geschoss vom Gewichte 35 - 2% mit der Ladling von 8% schiesst (Gewicht von Geschoss und halber Ladung 39 • 2 kjg, Masse m + =4), verlaufe die Gas- spannung wahrend des Geschossweges von L = 2-8 ’"/ Liinge nach der Formel / i \ 3 u p = jjq i-—— l , worin l 0 die Lange des Ladungsraumes = 0-6 m j, p 0 die Gas- ”o r x ' spannung in demselben = 2130 Atm. bedeutet; der Druck des Pulvergases in der Richtung des Geschossbodens ist P — l'03/ ,2 ?rp= 180 iP'jg, daher der an- fangliche Druck P 0 = 180p o = 383400 % Die Integration der obigen Gleb-hung gibt allgemein 4P 0 Z 0 ' /4 (y/ 0 + x — y/„) = .' (w + ) r-, und fur x = ? 4P 0 t 0 3/ yyt7+7 - yg = y(« + '“')p Man findet fur l = 0 0 05 0-10 0-15 0-2 O’!! 0'4 «•(! 0'S 10 12 1-6 2'0 2'i 2'8 «"/. die Oasspannung p = 2130 201X1 1897 1802 1710 1572 1452 1287 1 128 1021 934 804 709 G37 580 Atm. die Ueschwilldigkeit v = 0 90 134 162 185 222 250 295 330 358 381 420 451 477 500 Urn die Zeit zu bestimmen, ist allgemein I Pdx — 4/ J 0 / u '* / ‘[ y/ u + x -. Vki\ > daher dt - 1 j m' ,/ ' 1 i / . m' (*[ __ 1 m + 2 1 / in + g I — V 8 p 0 i 0 3,t X 'K + x-iT 0 und ' ~ V s pj‘n Jo V Vi 0 + -Vi 179 Behufs Integration setze man \' ~]/l 0 + x — yi 0 — z, so ist ~\/l 0 +x = z 2 -j- l 0 ' /4 , r* dx /„ + h - («* + l 0 ' u )\ dx = &(»*.+ C ( uh-. daherj Vy'/ 0 + x - l, 1 '* = = 8j(z 2 + Z 0 l/< ) 3 (fe = 8[4^ 7 + 4 ? o 1/4s5 + C /s **+ C /<2! ]; fur * =7 ist * = \ / V- ■ i, = \!yi 0 + 7 — 7„fur x = 0, * = 0. Die gauze Zeit der Bewegung ergibt sich. wenn x = L = 2-8 eingesetzt wird, mit 0'009107 Secunden. Das Geschoss braucht somit 0-0091 Secunden, um das Rohr zu durchlaufen, und erlangt dabei eine Geschwindigkeit von 500 ™/; die Gasspannung hat im Anfange der Bewegung ihr Maximum = 2130 Atm., nimmt wahrend der Bewegung continuirlich ab und betriigt an der Mundung noch 580 Atm. Um in concreten Fallen die Geschwindigkeiten und die Dauer- zeiten der Geschossbewegung durch Rechnung zu linden, werden die oben aufgestellten Formeln kaum von Nutzen sein konnen, weil liiezu der in P=f(x) ausgedruckte Verlauf der Gasspannung genau fest- gestellt. werden musste. Hiezu konnten, nachdem sich die Verbrennungs- weise der Fulverladung nicht mil Verlasslichkeit ermitteln lasst., nur directe Gasspannungsmessungen in verschiedenen, nicht zu weit von einander entfernten Funkten der Bohrung ffthren. Aber abgesehen von der nicht vollstandigen Verlasslichkeit der bisher zur Anwendung gekommenen Gasspannungsmesser,* geben dieselben auch nicht die hier vorausgesetzten ausgegliehenen (durchschnill lichen) Spannungen, sondern die zufiilligen localen Spannungsmaxima, welche auf sie ein- gewirkt haben. Ferner ist zu beriieksichl igen, dass auf alle innerhalb des Geschossweges bis zum Eintre'ten des absoluten Spannungs- maximums eingesetzten Spannungsmesser eine und dieselbe grosste Spannung (eben das absolute Spannungsmaximum) wirkt, dass dalter die von ihnen angezeigten Spannungen nicht identisch sind mil jenen. welche in den beziiglichen Funk ten auf das Geschoss gswirkt haben. Balioneller erscheint. es daher, nicht Pz=f(x), sondern x = xp(t\ die Abhangigkeit der Weglitnge von der Dauerzeil der Bewegung, zum Ausgangspunktezu nehmen und Zeitmessungen auszufuhren. welche die Daten zur Feststellung dieser Function ergeben. Aus x — ib(t) lblgt dx = dtp it) — xp'(t)dt, daher die G eschwindigkeit am Fade des Geschossweges x dr r = * Die Beschreibung derselben siehe im ersten Abschnitt. 12 * — 180 ferner kt dv — = xp"(t)dt und der Gasdruck P, wenn zur Ab- ■ .. i . , kurzung m = m t geset.zt. wird, ,, dv ... = m > (/t ~ V’ (0- Zur Feststellung von x — werden die Zeiten t , it 2 b, . . . gemessen, welche das Geschoss braucht, urn die successiven Be- wegungsabschnitte C 0 —- C\, 6', — C 2 . C 2 —■ C t . .. (Fig. 50) von der Lange l t l t l 3 ... zuruckzulegen. Als Reprasentant der Apparate, welche zu diesen Zeitraessungen verwendet werden, soil das Chronoskop von Noble hier kurz beschrieben werden. Dieser Apparat, hal fol- gende Einrichtung: Der Leitungsdraht. des elektrischen Stromes einer Batierie A (Fig. 50), mit welchem die innere Spule eines Inductions- apparates B in Verbindung stehf, ist in den, radial in das Geschlitz- rohr eingesetzten Kolben C bis zur Bohrungsflache gefuhrl: von den Enden der ausseren Spule des Inductionsapparates gelit ein Leitungs¬ draht a zur rotirenden Metallscheibe 1), welche am Umfange mit einem Papierstreifen uberzogen ist, wahrend der zweite Leitungsdraht b mit einem Entlader E verbunden ist, welcher dem Papierstreifen der betreffenden Scheibe so nahe steht, dass er ihn eben nicht, beruhrt, Wenn der inducirende elektrische Strom unterbrochen wird, so tritt der inducirte Oeffnungsstrom auf und es iiberspringt an der Unter- brechungsstelle der Leitung desselben vom Entlader zur Scheibe der elektrische Funke, wodurch in dem Papierstreifen der Scheibe D eine Marke erzeugt. wird. Der Papierstreifen ist mit Lampenruss ge- schwarzt, um das von dem Funken erzeugte kleine Loch leichter auf- linden zu konnen, da sich dasselbe als weisser Punkt kennzeichnet. Zum Unterbrechen des inducirenden Stromes dient ein Messer c, welches am inneren Ende des Kolbens C charnierartig eingesetzt ist und in die Bohrung etwas hervorsteht; der (lurch den Kolben ge- fiihrte Leitungsdraht e ist durch ein entsprechendes Loch im Messer gezogen, und wenn das Geschoss bei seiner Bewegung im Rohre die Stelle erreicht, wo der Kolben C eingesehraubt ist, so driickt es das Messer gegen einwarts, wodurch der Leitungsdraht. zerschnitten wird. Zur Ausfuhrung des Versuches werden in das Rohr in den be- stimmten Entfernungen l y / 2 l s ... von einander die Kolben C 0 C, C ti C 3 eingesehraubt: zu jedem Kolben gehort ein eigener Inductionsapparat (oder mindestens eine eigene Spule fur den inducirten Strom) und eine eigene Scheibe 1), welch' letztere mit einer Winkeleinlheilung Fig. 50. 181 versehen ist. Vor dem Schusse werden alle auf der gemeinschaftlichen Axe F, F.. befestigten Scheiben D 0 I) l D„... mittelst eines Uhrwerkes in gleichmassige Rotation versetzt.: nach dem Schusse werden die Winkelpositionen der Marken auf den Scheiben abgelesen und aus den Rifferenzen je zweier unmittelbar aufeinander folgender Winkel mil Hilfe der bekannten Rotationsgeschwindigkeit der Scheiben die Zeiten t t t s t 3 ... berechnet. Sind, vomNullpunkte der Winkeleintheilung der Scheiben an gezahlt, « 0 «, a„ a 3 ... die beziiglichen Winkeldistanzen der Marken in Graden, und bezeiehnet n die Zahl der Rotalionen der Scheiben in Einer Secunde, so ist __ «i — « 0 «a— «i f 360 n ' 8 360w ' 3 360« Liisst sicli aus den Daten der Messung keine fur den ganzen Verlauf der Geschossbewegung giltige analitisehe Function [x — hingegen eine Reihe fiir die Zeiten t,t 2 t s ..in welchen die successiven Bewegungsabschnitte 0 — 1,1— 2, 2 — 3... von der gleichen, geniigend kleinen Lange A zuriickgelegt werden, ab- leiten. so kann innerhalb jedes dieser Absclinitte die Bewegung als gleichformig beschleunigt angesehen werden. wornach sich die Geschwindigkeiten in den 5 J 2 mittleren Punkten /, II, III ... der Absclinitte aus v. — v.,= —, 1 r, 2 % 8 t 3 ergeben. Werden ferner unter P l I'.. I’.. . . . die bewegenden Krafte verstanden, welche, in den Theilen /— II, If — III.. . constant wirkend, die beziiglichen Zu- nahmen der Geschwindigkeiten herbeifuhren wlirden, so foigen diese Krafte aus den Gleichungen P,A=~ m l (v 2 ' J — v,*), I\,). = 2 — y. 2 2 ), P 3 X — »* 1 (» 4 2 — r 3 2 ).. ■PjPjP,.... konnen als inittlere, den Punkten 1, 2, 3.... entsprechende Gas- driicke gelten. Eine andere Methode , die Gescbossgescbwindigkeiten in verschiedenen Punkten des Rohres zu ermitteln und auf Grund derselben den Verlauf der Gas- spannung festzustellen, besteht darin, dass das Rohr durch stuckweisesAbschneiden von der Miindung her successiveverkiirzt und jedesmal die Geschwindigkeit des Geschosses beim Verlassen des Rohres, also die der beziiglichen Rohrlange entsprechende Anf'angsgeschwindigkeit auf die bekannte Art* directe ge- messen wird. Nachdein die Messung der Anfangsgeschwindigkeit ini Grunde eine Zeitmessung ist, so trifft diese Methode ini Principe mit der vorher beschriebenen zusamrnen, nur dass bei derselben die Zeitmessung nach ausserhalb des Rohres verlegt wird. wo sie viel praciser und genauer durchgefuhrt werden kann, um so mehr, als man es in der Hand hat, die Zeil (Geschwindigkeit) auf eine beliebige grossere Wegliinge des Geschosses zu basiren. vvodurch etwaige Felder weniger ins Gewicht fallen. Diese Methode kann dalier als die verlasslichste angesehen werden. — Wird einerseits der Verlauf der Gasspanuung wahrend der Ge- schossbewegung, andererseits der Verlauf der Geschossgeschwindigkeit * Siehe erster Abschnitt. 182 dureh eine Curve dargestellt, indent man auf der Abscissenaxe All (Fig. 51) die vom Geschoss zuriickgelegten Weglangen und als Or- Fig. 51. T - B jr //— dinaten die Gasspannungen (Gasdriicke). beziehungsweise die (ieschwin- digkeiten auftragt, so besteht zwischen diesen beiden Curven folgender Zusammenhang: Infolge der continuirlichen Einwirkung des Gasdruckes auf das Geschoss, welches diesem stets neue Bewegungsimpulse ertheilf. und seine Bewegung beschleunigt., muss die Geschossgeschwindigkeit bis zur Miindung fortwahrend wachsen, gleichgiltig, ob die Gasspannung zu- oder abnimmt. Denkt man sich jedoch das Geschiitzrohr von un- begrenzter Tiiinge. so dass das Gas bei fortgehender Abspannung die Spannung von 1 Aim. und darunter erlangt, so gewinnen die ihrem Betrage nach vom Gasdrucke unabhangigen Bewegungshindernisse (Adhasion und Reibung vermoge des Geschossgewiehtes, wozu noch der Widerstand der atmospharischen Luft vor dem Geschoss'e trill), welche bei grosserer Gasspannung als unbedeutend vernachlassigl. werden konnten. gegeniiber dem kleinen Gasdrucke an Bedeutung, und es wird ein Punkt erreicht, in welchem der auf die Ertheilung der fortschreitenden Bewegung entfallende Gasdruck gerade noch hin- reicht, diesen Widerstanden das Gleichgewicht zii halten: bis zu diesem Punkte reichl die beschleunigte Geschossbewegung, von bier an trill, bei der weiteren Bewegung Verzogerung ein.* 1st s 0 Ss' die Curve der Spannungen, Av(V die Curve der Geschwindigkeiten, und zieht man durch A' die zu AH Parallele A' 11' in solcher Entfernung, dass das abgeschnittene Ordinatensttick der Spanrfungscurve den zur Ueber- windung der vorangefiihrten Bewegungswiderstande erforderlichen Gasdruck bezeichnet, so ist die von A'II' an gemessene Ordinate * Siehe dritter Abschnitt, Liinge des Fluges. der auf die liewegung* aufgewendete Theil des Gasdruckes, welcher als thatige Gasspannung bezeiehnet werden soil. In deni Punkte C(s'), wo die Curve der Spannungen A'JJ' scbneidet., ist die thatige Spannung = 0, daher der Uebergang von der be- schleuniglen zur verzogerten Bewegung, hier muss also die Gesehwin- digkeit ihren grossten Werth haben: das Maximum der Geschwin- digkeit, fallt mil. dem Minimum (= 0) der thatigen Spannung zusammen. Das Maximum der Gasspannung BS markirt sich in der Curve der Geschwindigkeiteri dadurch, dass an der St.elle desselben der Uebergang der Geschwindigkeitscurve aus der zur Abscissenaxe convexen in die concave Richtung stattlindel. So wiinschenswerth es ware, sich bei Construction eiries neuen Geschiilzes iiber die zu erwartende Anfangsgeschwindigkeit des Geschosses durch Rechnung auf Grund der Constructionsdalen des Rohres und Geschosses: Inhalt des La- dungsraumes, Lange der Geschossbewegung. Geschossgewicht, — sowie des in Aussicht genommenen Gewichtes der Pulverladung zu orientiren, so kann eine solciie Rechnung. weil sie einen bestimmten, von der unbekannten Verbrennungs- weise der Pulverladung abhangigen Verlauf der Gasspannung als Basis nehmen rniisste, zu keinem genauen Resultat fiihren. Dennoch soil im Folgenden der Gang einer solchen Rechnung, bei Supposition der einfachsten Verbrennungsweise der Ladung: vollslandige Verbrennung derselben vor Beginn der Ge¬ schossbewegung, skizzirt werden. Hiebei werden die Bezeichnungen fiir die Masse des Geschosses m und der Ladung in' -j- ^ —m\, fur den Radius des Fluges r, fiir die Lange des Ladungsraumes l ( ** und die Liinge der ganzen Geschossbewegung L beibehallen. ferner das Geschossgewicht mit G, das La- dungsgewicht init y, der Ladungsquotient mit q, das Verhaltniss - mit jl. die G _ Uj Dichligkeit der Ladung bei Reducirung der Pulverdicbte auf 1 mit I) bezeiehnet; 1> bedeutet demnacli das Gewicht der Pulvermenge in welche auf 1 Q>dj m des Ladungsraumes entfallt, und es ist D= . wenn y in %. r und l 0 in dj m ,-7Vl 0 eingefubrt werden. Der Raum, welchen das Pulver, auf die Dichte = 1 reducirt, ganzlieh ausfiillen wttrde, ist Dr-ul 0 \ sei das Volumen des Riickstandes (iDr 2 7rl u , so hleibt von dem Yerbrennungsraume fur die Ausbreitung der Gase der Raum r 2 7 f? 0 — (:3Dr-nl 0 — (1 — (3D)r 2, JCl 01 oder wenn zur Abkiirzung 1 — (3D -- d * Hierunteristdie fortschreitende und rotaloriscbe Bewegung des Geschosses. die Bewegung der Ladung und die Ueberwindung der durch die Bewegung be- dingten, daher vont Gasdrucke. abhangigen Widerstande (Reibung in den Zilgen etc.) zu verstehen; auf das Einschneiden der Felder ist hier Uberhaupt nicht Rucksichl genommen. ** Wenn der Ladungsraum einen vom Fluge abweichenden Radius hat, so bedeutet l 0 die reducirte Lange desselben. d. h. die Lange eines Cylinders vom Radius r, dessen Rauminbalt so gross ist. wie jener des Ladungsraumes. 184 gesetzt wird, dr' 2 nl 0 iibrig. Wtirde die Explosion in dem Raume Dr-icl„ statt- finden, so ware der Ausbreitungsraum des Gases (1 —■ (i) Dr 2r /vl 0 und es wiirde sich die absolute Spannung p max Atm. ergeben; die Spanrumg im Ladungsraume ist daher (1 (1 -p)D P 0 = () v " . Aim. dr a irl„ 1 und der urspriingliche Druck zur Fortbewegung der Masse m 1 in % il — ft)D p o = = 103/’Vr — ^ ■ j) max y Oder nach Einsetzung von I) = --- - r*JtL _ (1 —13) °' H ~df„ 7Pmax Wahrend der Geschossbevvegung verlauft die Gasspannung nach dem Poisson’schen Gesetze, daher ist der Druck am Ende des Weges x T> = P (Jk V 0 Wo + x) Die Gleichung fur die Berechnung der Anfangsgeschwindigkeit ist PA I, _/ i d +sL io" 9 6 Nimmt man ferner an, dass sich hiebei P 0 gegen friiher nicht (oder nur unbedeutend) andert, so kann t«i'^=io gesetzt werden. Hieraus folgt r= V 20 ' 6 (i ~ ^ 9p ™*' V 2~+ v\ ,L9 ^ und wenn q/20-6 (1 — ff)9P max — S' gesetzt wird t + ?' V d ’ mit den von Noble und Abel gefundenen Werthen fiir und p M ist V = 754 0-57 D+A — 0-57 D Fiir die im obigen Beispiel angefiihrlen Daten wiirde sich aus dieser Formel V = 512 ,n j ergeben. In der lebendigen Kraft A! — ! w V- = -1 — V-, welclie das aus der Miin- 2 g dung tretende Geschoss in sich aufgenommen, ist die Nutzarbeit der Pulver- * In dem weiter oben durchgefiihrten Beispiel wurde, bei Vernachlassigung des durcli den Riickstand eingenommenen Raumes, k = — angenommen; dem vollkommen gleichmassigen Verlauf der Gasspannung wiirde k = 0 entsprechen. 186 lacking ausgedriickt; der Ausniitzungscoefficient der Laduug ist demnach, wenn a die specifische Arbeit des Pulvers, daher A — ya die totale Arbeit der Ladung bezeichnet. 4t = ~ = — . V- = — " A 2gay 2gaq Beispiel. Fiir ein 15% Gesclioss vorn Gewichte (7 = 35 - 2%, mit der Ladung y = 8% abgeschossen, wird durch directe Messung eine Anfarigs- gesciivvindigkeit von V — 500 "f constatirt, die lebendige Kraft, welche das Ge- schoss in sich aufgenomtnen, die Nutzarbeit ist demnach A' = 448980 ™/%; die totale Arbeit der Ladung ware, wenn « = 700 x 424 = 296800 angenommen wird, A = 2374400 ™/-%, daher der Ausniitzungscoefficient 3t=0 , 19.* Der Ausniitzungscoefficient ist von dem Verlauf der Gasspannung im Rohre, also hauptsachlich von der zur Anwendung kommenden Pulversorte und von der Construction des Rohres abhiingig. Kennt man daher in einem bestimmten Rohre und bei einer bestimmten zur Anwendung kommenden Pulversorte den Ausniitzungscoefficienten St, so gewinnt man eine einfache Formel zur Berech- nung der Anfangsgeschwindigkeit fur verschiedene Geschoss- und Ladungs- gewichte, denn es ist die Anfangsgeschwindigkeit in diesern Falle nur von dem beziiglichen Ladungsquotienten q abhiingig, namlich V — i/2^oSl • "J / q, oder wenn ~\/2t/a% = St' gesetzt wird, V='il'~\/q. Dies kann dazu dienen. urn sicli iiber die zu erwartende Aenderung der Anfangsgeschwindigkeit annahernd zu orien- tiren, wenn in einem Rohre das Geschoss- oder das Ladungsgewicht oder beide geandert werden. Sei die einem bestimmten Ladungsquotienten q zukommende bekannte Anfangsgeschwindigkeit = V und die einem anderen Ladungsquo¬ tienten q' entsprechende = V, so ist V = St 'yq und V — i il , yq', daher V \ /i7 die Proportion y- = \ , d. h. »die Anfangsgeschwindigkeiten ver- halte.n sich wie die Quadratwurzeln aus den Ladungsquotienten.« y y v f \ ly' \ I G Fiihrt man q — '- r und q 1 = ' fri ein, so ist -y = \l -- ■ \ d. h. »die An- fangsgeschwindigkeiten verhalten sich wie die Quadratwurzeln aus denLadungsgewichtenund die Quadratwurzeln aus den um- gekelirten Geschossgewichten.* Jedoch ist zu bemerken, dass dies nur bei kleinen Aenderungen der Geschoss- und Ladungsgewichte ziemlich verlasslich ist. nachdem grossere Aenderungen dieser Factoren in der Regel eine Aenderung des Verlaufes der Gassparinungen, daher auch des Ausniitzungscoefficienten zur Folge haben. Wie fur ein und dasselbe Rohr, hat die obige Proportion auch eine an- nahernde Giltigkeit fiir zwei vollkommen ahnliche, sich nur im lvaliber unter- scheidende Rohre. wenn sicli die Pulversorte nicht andert und der Unterschied der Kaliber kein grosser ist. * Die Ausniitzung der Ladung in einem bestimmten Falle wird haufig auch dadurch charakterisirt, dass die auf 1 des Ladungsgewichtes entfallende leben¬ dige Kraft des Geschosses angegeben wird; im obigen Beispiele warden sich 56120 ’"/W? oiler 56’12 Metertonnen pro Kilogramm der Ladung ergeben. 187 III. Wirkung des Gasdruckes auf den Stossboden, Riicklauf. Beanspruchung des Rapertes. a) Riicklanf. Her Druck des Pulvergases auf den Stossboden bewirkt zunachst eine Bewegung des Rohres nach riickwarts, in der Richt.ung der Rohr- axe: diese selbsfiindige Bewegung des Rohres kann nur so iange andauern, bis die Schildzapfen um den Spielraum in den Schildpfannen zuruekgewichen sind und an die lelzteren anstossen. Hiedurch wird die Bewegung dem Raperte mitgetheilt und es beginnt der Riicklauf des Geschiitzes. Naehdem der Riicklauf nur in der zur Unterlage des Rapertes parallelen — horizontale Unterlage vorausgesetzt — horizon!.alen Richfung erfolgen kann, so wird, im Falle das Rohr eine Elevation hat, nur die Horizonlalcoinponenle der Stosskraft auf die Bewegimgsmil! hoiking wirken, wiihrend die Verticalcomponente das Rapert gegen die Unterlage pressen und eine Reibung erzeugen wird, welche die sonstigen Bewegungswiderstande verstarkt. Infolge des forldauernden Bruckes auf den Stossboden wird die durch den Stoss auf das Geschiitz tibergegangene Bewegung eine Beschleu- niguug erfahren: die bewegende Kraft ist in jedem Zeitmoment K = P'(cos a — f sin a) — Qf — B, worin P' den Gasdruck auf den Stossboden, a den Elevationswinkel, Q das Gewicht des Geschtitzes (Rohr und Rapert), f den Reibungscoefficienten und B die durch den Bremsdruck reprasentirte Kraft bedeutet. Wenn dor Gasdruck auf den Stossboden aufhort, P'= 0 wird, so wirkt ferner nur die ver- zogernde Kraft K' = Qf -J- B, welche das Geschiitz zum Stillstand bringt, Denkt man sich zuerst das Rohr unabhangig vom Raperte sich bewegend, so besteht wahrend der Geschossbewegung im Rohre und der Bohrbewegung folgender Zusammenhang: Bezeichnet r l n dieQuer- schnittsflache des Geschosses* auf welche die Gasspannung p wirkt, r^n die Flache des Stossbodens, so wird das Geschoss sammt der halben Ladung, die Masse m i — m -f- -1. durch die Kraft P—1 ’03 r^np, Cl das Rohr von der Masse /< durch die Kraft P'= l - 0 3>\ <2 rcp gleich- zeil ig bewegt; die auf Geschwindigkeit und Zeit basirte Gleichung ist, * Hierunter ist bei Gescbossen, welche die Bohrung dicht abschliessen. der Lichtenquerschnitt des Fluges, einschliesslich der Ziige. zu verstehen. 188 wenn p — cp(t ) vorausgeselzt wird, fiir die Bewegung nach vorwarts J m t v = 1 *03r 2 /r l cp{t)dt und fiir die Bewegung des Rohres mi — Jo nt> = 1 'OB/'j"/) I ip(t)dt, es ist also fur gleichzeitig (am Elide einer und Jo derselben Zeit t) eintretende Gesehwindigkeiten v und u der beiden IU( Bewegungen —woraus die Rohrgeschwindigkeit u — -\ m. and, wenn das Flaehenverhaltniss r, V : r' l u m" 2 r- /t n gesetzt wird, m m. n — v a v folgt. Die Bobrgesehwindigkeit am Ende der Zeit T (beim Austritte des Gescliosses aus der Mundung) ist m! m + g V — n - V; wiirde in diesein Momente der Gasdruck P. zu p wirken aufhoren, so wiire V die grosste Geschwindigkeit des Rohres. Nachdem aber in den meisten Fallen beim Geschossauslritte das Gas noch eine betrachtliehe Spannung hat,* welclie wegen der Lange der Bohrung nicht an alien Stellen momentan in die Atmospharen- spannung iibergehen kann, daher der Gasdruck auf den Stossboden noch einige Zeit nachwirkt, so wird die Rohrgeschwindigkeit noch eine Steigerung erfahren; diesein Umstande wird dadurch Rechnmig ........ rr W/ — J— TTlfl Tr getragen, class die grosste Rohrgeschwindigkeit U—n — ! —— V gesetzt wird, wo rj einen praktisch zu ermittelnden Zahlencoeflicienten > A bedeutet. Setzt, man in die obigen Bewegungsgleiehungen v= - ^ , u— , c‘ r‘ so ist m x x — l'03r a yi dt\ ij(t)dt und iiz = 1'03 r*n dt I = 1, und da auch n = 1, so ergibt sich die Geschwindigkeit If’’, welche das Geschiitz ini Momente 191 ( 4 : in + -g-j V mit W = ~ • 500 = = 3-92 wegen del’ Nachwirkung des Gasdruckes auf den Stossboden ist fur die g r o s s t e Geschwindigkeit des Geschiitzes IV zu setzen: MW = ( m 4- fjm') V, woraus mit der Annahme rj = 1. in + ijm' = 4 ■ 408, W = 4 ■ 32 m j folgt. Fur die Weglange lies Geschiitzes bis zur Erreichung der grossten Geschwindigkeit 4-408 ist MX a = ( m + Tjm')L, daher X 0 = 2-8 = 0-024 ™/ = 24 m f m , welche Zahl klein genug ist, uin in der ganzen Lange des Rucklaufes unberucksichtigt bleiben zu konnen. Fiir den nun beginnenden eigentlichen Rucklauf ist die Antangsgeschwin- digkeit W- = 4-32 m j. die verzogernde Kraft K' = Qf -(- B = 2500%; die Riick- lauflange X ergibt sich aus K’X = ‘ MW- mit X = 1-904 und die Zeit © der Bewegung aus A"© = MW mit 0 = 0-881 Secunden. — Nachdem der auf die Schildptannen iibertragene Gasdruck das Geschiitz nicht im Schwerpunkte angreift, so entsteht, insoferne die Richtung des Druckes (wenn keine Herabsetzung der Schildzapfen vorhanden, die Rohraxe) nicht. auf den Schwerpunkt trifft, ein Impuls zur Drehung von vorne gegen ohen. Riese Rrehung kann jedoch wegen des Widerstan- des der Unferlage nicht, um den Schwerpunkt S (Fig. 52), sondern um Z, die rii'ckwar- tigste Aufliegekante der Rapertwande, erfolgen. Dieser letzteren Dre¬ hung wirkt das Ge- schiitzgewiehf Q ent- gegen, indem es das Geschiitz gegen un ten zuriickzudrehen strebt; der Drehnnpuls wird daher nur dann wirklich vorhanden sein, wenn das Drehmoment, der Druckkraft grosser ist, als jenes des Geschiitzgewichtes. Bezeichnet man den Hebelarm ZN der Druckkraft mil L', jenen des Geschiitzgewichtes ZS' mit a , so ist ~P' — oQ das Moment der Drehung gegen oben; ist MM'— h die Hbhe der Schildzapfenaxe fiber der Unterlage, 2fcMZM' — (i der Raffetenwinkel, so ist MZ = - - _ = MZ sin (ft — a) = sm j - v Fig. H2. = h sin (/? — a) sin fi ■■ h (cos a — sin a ctf/fi) und hP'(eosa — smactgff). 192 Wie ersichtlich, nimmt das Drehmoment der Druckkraft bei einem und demselben Gasdrucke mit dem Wachsen der Elevation ab. wiichst alter rnit der Hohe h des Rapertes und mit dem Laffetemvinkel, welch’ letzterer bei constanter Raperthohe mit der Verkurzung des Rapertes zunimmt; nachdem bei kiirzeren Raperten iiberdies (J kleiner wird, so ist das Rapert um so mehr der Drehung, dem Aufspringen, unterworfen, je kurzer und hbher dasselbe und je kleiner der Elevationswinkel ist. b) Beanspruchung des Eapertes. Von den Vorgangen bei Mittheilung der Bewegung des Rohres an das Rapert. kann man sicli ungefahr folgendes Bild machen. Infolge des von den Schildzapfen auf die Pfannen ausgeubten Druckeswird zunachst eine Molecularverschiebung in der angegriffenen Stelle (rtickwartige Schildpfannenpartie) eintreten, d. h. es werden die Molecule an dieser Stelle dem Drucke weichend sicli in der Richtung desselben nach riickwarts bewegen. Hiedurch wird der elast.isehe Widerstand des Materials wachgerufen, welcher das Fortsehreiten der Impulsion in der Masse der Rapertwand verzogert, so dass die Be¬ wegung zwar sehr rasch, aber nicht mo men tan den entfernteren Raperttheilen mitgetheilt wird. Es wird demnach eine — wenn aueh kleine — Zeit vergehen vom Auftreten des erslen Bewegungsimpulses an den Schildpfannen bis zu dem Momente, in welchem das Rapert als Ganzes die Bewegung wirklich beginnt; dieselbe Zeit, welclie mit % bezeichnet werden soli, vergeht vom Auftreten jedes folgenden Impulses bis zu dem Momente, in dem sich die ihm aquivalente Be- schleunigung der Rapertbewegung-geltend macht. Wahrend der Zeit % werden sicb demnach die verschiedenen Punkte der Rapertwand in versehiedenen Bewegungszustanden befinden, u. zw. wird die Schild¬ pfannenpartie das griisste Mass der Bewegung haben, withrend der entfernteste Punkt (der Rapertschwanz) noch atu Ende der Zeit % in — absoluter oder relativer — Ruhe sein wird; dies wird ein Zu- sammenpressen der Rapertwand, also eine Beanspruchung der Materialfestigkeit zur Folge haben. Nach der Zeit c wird die repulsive Wirkung der Elasticitat den gleichmassigen Bewegungszustand im ganzen Raperte herstellen und das Material in seinen urspriing- liehen Zustand zuruckfuhren* Nachdem wahrend der Zeit T, so lange der Gasdruck auf den Stossboden andauert, eine ununterbrochene * Vorausgesetzt selbstverstandlich, dass die Beanspruchung die Grenze der vollstandigen Elasticiliit des Materials nicht iiberschreitet. 198 Folge von Impulsen vom Rohre auf das Rapert, iibergeht., so kann man sich die Molecularbewegung in den Rapertwanden als eine im¬ pulsive Stromung vorstellen, welche von der riickwartigen Wand der Sehildpfannen ausgeht und eine entgegengesetzt gerichtete — repulsive — Stromung hervorruft; der Ausgleich dieser Stromungen geschieht, erst nach der Zeit. % -j- T. Ware das Rapert absolut un- beweglich, so wurde die ganze Arbeit des Gasdruckes auf den Stossboden, eben weil sie nicht in der wirklichen Bewegung zum Ausdrucke gelangt, sieh in der For man derung des Rohres und des Rapert.es, oder wenn man das erstere als unveranderlich betrachtet, des Rapertes allein aussern; um die Ausdauer des Rapertes sicker zu stellen, miisste die Elasticitat und Festigkeit desselben stark genug sein, diese Formanderung wieder aufzuheben, d. h. es miisste die Arbeit des wachgemfenen elastisehen Widerstandes der Arbeit des lolalen Gasdruckes gleich sein. Diese letztere ist. in der leben- digen Kraft 8 = ~iiTP ausgedriickt, welche das ausser Verbindung mit deni Raperte gedachte Rohr bei Erreichung der grossten Ge- schwindigkeit in sich aufgenommen hiitte; da f.tU — nm t V und 111 1 v= r i" m + V m ' y ft /•'- tt so ist #= jf<(«-^ v) = Dies ist die grosste Beanspruehung, welche das Bapert erleiden konnte. Ist hingegen das Rapert nicht unbeweglich, so entfallt in jedem Falle derjenige Theil von S als Beanspruehung des Rapertes, welcher nicht in der Bewegung des Gesehiitzes zum Ausdrucke kommt. Um dem Geschiitz die grosste Geschwindigkeit. W zu ertheilen, ist die lebendige Kraft S t = A (ft 4 u') W°- nothwendig; wegen W=vn 5 7 Gist 8, =|-(ft 4ft') (vn F vV -J- (jm t F s )> 1 2 1 7 \ p-f-ju / u ' daher die wirkliche Beanspruehung des Rapertes 8 % = S-S t =n* M ' • F2) = F+ (!-;> 8 = S8 i 1 -■ ■■ 1 a V2 1 ' u 4- tt ft ft wo A /;'—[— (1 — einen Goefficienten A 7 < 1 bezeichnet. ft -)- ft' In dem Ausdrucke fur die mogliche Maximalbeanspruchung des Rapertes 8 — «*— • ‘ (m -j- -rpri) V' L kann wegen der Nacli- 13 194 wirkung des Gasdruekes auf den Stossboden im Allgemeinen r t — 1 yyi | ^ / gesetzt, werden, wodnrch S ~ n"- m ) F 1 2 wird. Ver- steht. man untei' dem Ausdrucke »Ladung« kurzweg das Geschoss und die Pulverladung, deren Masse m -j- m ist, so sieht man, dass S von der lebendigen Kraft, der Ladung beim Geschossaustritt.e, von dem Verhaltnisse des Ladungsgewichtes zum Rohrgewichte und von dem Verhaltnisse der Stossboden- zur Geschossquerschnittsflache ab- hangt; bei einer und derselben lebendigen Kraft der Ladung wird S im Wesentlichen um so grosser sein, je grosser das Ladungsgewicht und je kleiner das Rohrgewicht ist.* Fur den Coefficienten N — —~ - ,t( . welcher das Ver- f-t — j— f.1 haltniss der wirklichen Beanspruchung zur Maximalbeanspruchung ausdriickt, ist bei einem und demselben Geschutze (constantes Rohr- und Rapertgewicht) der Werth von v = cos a — f since, also der Ele- vationswinkel a massgebend; fur Winkel >• a max , welch’ letzterer sieh aus ctga — f ergibt, ist v — 0. N == 1, S 2 — S, d. h. die wirkliche Beanspruchung gleich der Maximalbeanspruchung, eben weil eine Bewegung des Geschutzes nicht stattfindet. Je kleiner die Elevation, _ Li —j— LI S: Dies ist die kleinste Beanspruchung desto kleiner wird die Beanspruchung; fur a — 0 ist N — 1 , „ 1 und = 1 + 1 + des Rapertes. Wie der Factor -- zeigt, ist die Minimalbean- 1+ ^' spruchung um so grosser, je kleiner das Verhaltniss zwischen dem Rohr- und Rapertgewichte ist., dasselbe gilt von jeder anderen, einer bestimmten Elevation entsprechenden Beanspruchung es leiden * Hierin ist die Aufklarung desjenigen zu suchen, was am Schlusse des dritten Abschnittes fiber das Rohrgewicht gesagt wurde. 1 + (1 — v 2 ) L ** Denn es ist N = -, so lange S 2 <[ S, ist 1 — v- 1 und 1 + y’ es iiberwiegt der Einfluss des Nenners; fur S 2 = .S’, r = 0, _V = 1 kommt das LL Verhaltniss nicht mehr in Betracht. 195 also die Raperte ran so mehr (lurch den Riickstoss. je schwerer sie sind. Resumirt man den Einfluss des Ladungs-, Rohr- und Rapertgewichles auf die Beanspruchung des Rapertes, so ergibt sich: Ein grosses Ladungsgewicht, ein kleines Rohrgewicht und ein grosses Rapertgewicht sind naehtheilig, um- gekehrt ist ein kleines Ladungs- und Rapertgewicht bei grossem Rohrgewicht von Vortheil. — Was den Einfluss einer bestimmten Elevation anbelangt, so ist der- 1 + (1 — v*)^, II IV/ .ft selbe um so grosser, je grosser das-Verhaltniss'ist, wie aus N == ... —— hervorgeht; 1 1 + ^-7 fur betrachtliche Werthe von , wie sie bei den Schiffsraperten uberhaupt, ins- besondere bei Schlittenraperten vorkommen, konnte nur fur ganz kleine Elevations- winkel v = 1 gesetzt, d. h. die Elevation unberiicksichtigt gelassen werden. Im obigen Beispiel des 15 Geschiitzes ist die lebendige Kraft der Ladung beim Geschossaustritte ^ ^ • 250000 = 551000 das Verhaltniss zwischen dem Ladungs- und Rohrgewichte ^ = 0-0108. daher die inogliche Maximal- 408 beanspruchung des Rapertes .S’ = 5950 %™/, — diese ware bei Elevationen iiber 102 82" vorhanden; fur die horizontale Rohrlage (« = 0) ist N = = 0-2, 102 40o daher die Minimalbeanspruchung NS — 1190 fur a — 10° ist N = ' = = 0-259, die Beanspruchung NS — 1540%™f. Einen gewissen Einfluss auf die Beanspruchung des Rapertes hat auch die Zeit r, welehe die vom Rohre auf das R.apert iiber- gehenden Rewegungsimpulse zur Fortpflanzung im ganzen Raperte henothigen, besonders wenn man das Verhaltniss dieser Zeit zur Zeit T, wahrend welcher der Uebergang aller Impulse stattfindet, ins Auge fasst,. Je grosser die Zeit r, desto langer dauert der ungleichmassige Bewegungszustand der verschiedenen Theile der Rapertwande, desto mehr wird die Schildpfannenpartie dem Raperlschwanze genahert, daher die Wand zusammengedriickt; das Mass dieser Zusammen- driickung muss um so grosser sein, je rascher die Rewegung der Schildpfannenpartie anwachst, je kleiner die Zeit T ist. Wie klein auch die Zeit % sein mag, so ist sie doch im Vergleieh zur Zeit T, welehe ebenfalls sehr klein ist.* nicht ohne Bedeutung; mindestens * Im obigen Beispiele ist die Zeit der Gesohossbewegung, wahrend welcher der grosste Theil der Bewegungsimpulse (abgeseben von der Nacliwirkung des Stossbodendruckes) auf das Rapert iibergeht. 0-009 Secunden. 13 * 196 ist sie im Stande, bei vollkommener Gleichheit. aller anderen Factoren einen Unterschied in der Grosse der Beansprucliung zweier Raperte zu begriinden. Diese Zeit hangt von dein Material, der Form und den Dimensionen, hauptsaehlich von der Lange der Rapert.wande ab; hieraus folgt irn Wesentlichen: Raperte aus verschiedenem Material erleiden unter iibrigens gleichen Umstiinden verschieden grosse Be- anspruchungen, und langere Raperte leiden durch den Rticksloss mehr als kiirzere. Hinsiehtlieh der Art undWeise, in welcher die Festigkeit, des Rapertes (der Rapertwande) in Anspruch genommen wird, ergibt sicli Folgendes: cte, so ist die wirkliehe Verkiirzung der elementaren Schielite 3x‘dx wird; nennt. man ferner die Verkiirzung der Langeneinheit in A 8(o) und nimmt eine gleichmassige Abnahme der Verkiirzungen von A bis = jl 4 d(o). 1st e die Belastung auf die Flacheneinheit, welche die relative Verkiirzung d(o) hervorzubringen geeignet ist, daher wenn a die Dicke, b die Breite der Wand bezeichnet, ub(*"'■*) nur dass hier v einen von a, (} und 3 (oder 5)Z) abhangigen Werth hat. Bei diesen Raperten kommt, wegen der einfachen Form der Rapertwande (Streben) die Art der Beanspruchung des Rapertes und die Abhiingigkeit derselben vom Elevations- und Laffetenwinkel am klarsten zur Anschauung; der Umfang der Elevationen, von der grossten Elevation bis zur grossten Depression, ist so gross, dass sowol (bei grossen Elevationen) ein Ueberwiegen der Beanspruchung auf Zerknicken, als auch (bei grossen Depressionen) ein Ueberwiegen der Beanspruchung aufVerbiegen der Wande stattfinden kann. Bei der 7%, Laffete ist ft — 50°, die grosste Elevation betragl 18°, die grosste Depression 30°, daher ft — a = 32°. beziehungsweise = 80". d) Mittel sum Hemmen des Eiicklaufes. Von (ten mannigfachen Mitteln, den Riicklauf des Geschiitzes auf ein bestimmtes Mass zu beschranken, als Taue (Brohks) oder ahnliche Mittel zur directen momentanen Hemmung des Geschiitzes in bestimmter Entfernung, — Stossballen (Federn, Kautschuk-, Holzpuffer), welche durch iliren elastischen Widerstand das anstossende Geschutz zum Stillstande bringen, — starke Gewichte, welche vom Geschiitze beim Riicklaufe oder bei der Riickdrehung gehoben werden 203 niiissen (Gegengewichtslaffeten), — die nach riiekwarts ansteigende Neigung der Unterlage, — die Reibungs- und die hydrau- lischen Bremsen etc. — sollen nur die drei letzten als die ge- brauchlichsten hinsichtlich ihrer Wirkungsweise niiher in Betrachl gezogen werden. 1.) Neigung der Unterlage. 1st in Fig. 54 S der Schwerpunkt. des Geschiitzes, Q sein Gewicht, tp der Neigungswinkel der Unterlage, zerlegt man ferner die Kraft Q in die Componenten Q cos cp normal zur Unterlage und Q sin (p in der Rich- tung der Bewegung, so wirkt. wah- rend des Riicklaufes Fig. 54. K'~ Q sin cp -j- Q-fcostp = Q(sin

U-. oder nachdem f- sehr klein ist, wenn A II ist, d. h. wenn der Rucklauf durch die blosse Neigung der Unterlage gehemmt wird, so kann dies nur in einer Entfernung geschehen, welche grosser ist. als die Geschwindigkeitshohe der nn- fanglichen Rucklaufgeschwindigkeit. 204 Beispiel. Es sei W=i m j, 1 und verschiebt diese und durch Vermittlung derselben alle folgenden Lamellen und Schienen gegen die letzte Lamelle a c _ j_ welche als unverriickbare Widerlage vorausgesetzt wird; infolge des Widerstandes, welchen die Lamellen und Schienen der Verschiebung enlgegensetzen, wird die von einer Anliegeflache zur nachsten mitgetheilte Pres- sung immer melir geschwacht, so dass dieselbe als von der ersten, der ausseren Druckkraft unmittelbar ausgesetzten Lamelle gegen die Widerlage hin abnehmend gedacht werden muss. Urn die Pressungen mehr auszugleichen, lasst man in der Regel die aussere Druckkraft von beiden Seiten, namlich sowol gegen a t als gegen a e , 1 , wirken; in diesem Falle nimmt die Pressung gegen die Mitte zu ab. Eine noch grossere Gleichfbrmigkeit der Pressungen wird erzielt, wenn das ganze Sistem von Schienen und Lamellen in zwei Oder mehrere von ein- ander unabhangige Gruppen mit eigenen Druckvorrichtungen getheilt wird. — Die Wirkungsweise der Bremse erleidet keine Aenderung, wenn die Zahl der Schienen (Schlittenbremstheile) c + 1, die Zahl der Lamellen (Rapertbremstheile) c ist; der Druck wirkt dann auf die beiden ausseren Schienen. Zur Erzeugung des Druckes q, welcher die Schienen und Ea- niellen zusammenpresst, wird grosstentheils eineSchraube angewendet welche entweder direct oder durch Vermittlung eines (eventuell mehrerer) Hebei auf die Bremstheile wirkt; die Drehung der Brems- schraube geschieht durch einen Hebei, den Bremshebel,* durch eine Handhabe, welche mit einem an der Schraubenwelle sitzenden Stellrad verbunden ist,** etc. Bezeichnet q' die auf den Bremshebel ausgeiibte Kraft, A den Hebelarm derselben, namlich die Entfernung des Angriffspunkt.es am Bremshebel von der Schraubenaxe, q t den Druck in der Richtung der Schraubenaxe, o den mittleren Radius, 8 die Ganghohe der Schrauben, so bestimmt sich das Verhaltniss von q’ zu q t auf folgende Weise: Um den Druck y, in der Schraubenaxe hervorzubringen, muss am Umfange 2q7t derselben eine zur Axe parallele Kraft -/ wirken, deren Betrag aus 2 qjcy. — 8q t (Keilgleicbung) mit y. = q, f , nnd bei Berucksichtigung der Reibung in den Ge- 207f winden mit -/. — +/ (h -_ 1 J '2.q.r 8-\-2fQ7C ( h 2qu~Jd 0 gt: nachdem ? z/: hQ 8 -2/b.r ■ — f3 ist, so ergibt sich , = a , ,y dy dt . Die Differentiation von x~ Vtcosa und y=Vt sin a — * gt- ergi dx dt — Vcosa, v y dy rr . ^ = V sin a — gt] durch Einsetzen von t — , r X wird v s = Vsin a — J )X - und mit Vcosa Vcosa QX I = Vi cos a(tgu — tgcp) = Vsin a — Vcosa. tgcp , v y — Vcos a . tgcp. Fur die Geschwindigkeit, in der Balm — Tangentialgeschwin- digkeit v - — findet man ® = W + V = V v ' 2cos ' a + ( Vsin « — Vcosa) = Aus v r Vcosa ist. auch v = V ( - cos cp Zusammenstellung der abgeleiteten Gleichungen: Gleichung dev Flugbahn: qx 2 X — x y = xtga — , — 5 — = xtga — , 2 V i cos- a X _ 9 2 V 2 cos 2 a ' F 2 X = sin 2a. > S (absteigender Ast) ist q> negativ und zunehmend. Setzt man wieder x — S — x’ und * = S -|- x', so ist tgq — ' tga x' und tgcp — — ^ tga, d. h. in symmetrisch liegenden Punkten sind die Richtungswinkel der Grosse nach gleich, folglich ist der Winkel am Ende der Bahn — der Einfallwinkel — gleich dem Abgangswinkel. 4. ) Die horizontal Componente der Geschwindigkeit bleibt wah- rend der ganzen Bahn unverandert;* die verticale Componente iinderl sich mit dem Richtungswinkel, ist. daher von A bis S positiv (im urspriinglichen Sinne, nach aufwarts) und abnehmend, im Scheitel = 0, von S bis Z negativ (nach abwarts) und zunehmend, fur * Dies ergibt sich ubrigens als directe Folgemng aus der Richtung der das Geschoss aus seiner geradlinigen Bahn ablenkenden Ursache, der Schwer¬ kraft. welche im verticalen Sinne wirkt. daher auf die Geschwindigkeit im horizontalen Sinne keinen Einfluss baben kann. 213 symmetrische Punkte der Grosse nach gleich, sornit, im Endpunkte so gross wie am Anfang. Nachdem die horizontale Componente constant ist, so folgt die Tangentialgeschwindigkeit selbst beziiglich ihres Ver- laiifes demselben Gesetz, wie die verticale Componente; sie nimmt von A bis S ab, hat in S ihr Minimum (v = v x ), nimmt von S bis Z wieder zu und hat in symmetrisch gelegenen Punkten dieselbe Grosse; die Geschwindigkeit in Z — Endgeschwindigkei t — ist daher gleich der Anfangsgeschwindigkeil. 5. ) Die Flugzeit t nimmt im directen einfachen Verhaltnisse mit der horizonlalen Entfernung von der Miindung zu. 6. ) Die Gleichheit der Hohen und Neigungen der Curve in Punkten, welche gleich weit von der Mitte entfernt sind, zeigt, dass der Scheitelpunkt S die Flugbahn in zwei vollkommen gleiche Theile theilt, dass daher der absteigende Ast gleich lang wie der aufsteigende isl. Ferner folgt aus der syinmetrisehen Gleichheit der obigen, auf die < Irundlinie AZ sich beziehenden Factoren, dass die im Theilungspunkte auf AZ gezogene Senkrechte SS, die Axe der Curve sein muss. Die Curve ist, wie aus der Gleichung y = tqa . x —• . x 2 her- 2 V-cos 1 a vorgeht, eine Parabel, deren Scheitel nicht mit dem Ursprung der Coordinaten zusammenfallt, deren. Axe aber zur F-Axe parallel lauft; es kann daher nur S der Scheitel, SIS', die Axe der Parabel sein. Dass dem so ist., iiberzeugt man sich leicht, wenn man die Trans¬ formation der Coordinaten auf S als Ursprung vornimmt. Fur diese Transformation ist, wenn man die neuen Coordinaten mit £ und t bezeichnet. V"- V"- x = S -1- £ = since . cosu 4- S, y — Y — ’C= - sin^a — L'; 9 ^9 durch Einsetzen dieser Werthe in die obige Gleichung y — f{x ) erhalt 2F 2 „ F 2 man als neue Gleichung der Curve £* = - cos 2 a . £ = 4 • — cos' 1 a. £, 9 - 2g ■’ die Scheitelgleichung einer Parabel; der Parameter, d. h. die Ent- V' 1 fernung des Brennpunktes vom Scheitel, ist p — -cos 2 a. 6(J 7.) Die Lange L der Flugbahn ergiht, sich folgendermassen; Behalf man die Coordinaten bezogen auf das im Scheitel angeordnete Sistem bei, so ist dl — - ' , daher die halbe Lange der Bahn cosq> ° tL pS ; me | cosep chdem cos ip 1 VI + tg\ und tgcp ■ %. ist, wofiir d£ 2U man rlurch Differentiation der Curvengleichung ty q = ^ £ oder, wenn zur Abkiirzung .,„ -- „ = y gesetzt wird, t£ + Vi + yT]; nachdem fur £ = 0 das Integral = 0 ist, so ergibt sich y l = s [j vr+ + 2 ys Lg ^ + VI + ^> I und das Verhaltniss der ganzen Bahnlange zur horizonfalen Bchuss- weite X = 2S: L X yVl+y^ + 1 2yS Ly (yS Vl + yW) oder wenn yS = U V'coa'a V“ . — sin cc. cos a — tq a eingellihrl wil’d, ' x yi + ^* + l*A>U* + /I + ty 3 *)— l sec a + ~ctgaLy(tya + seca). ^ F 2 8.) Wie die Gleichung X = sin 2cc zeigt, ist die horizontale Schussdistanz von der Anfangsgesehwindigkeit und vom Abgangs- winkel abhiingig. Bei constantem Abgangswinkel nifnmt die Distanz im quadratisehen Verhaltnisse mit deni Wachsen der Anfangs¬ gesehwindigkeit zu * Bei constanter Anfangsgesehwindigkeit nimmt. die Dislanz, welche fur a = 0 ebenfalls X = 0 ist, mit dem Wachsen des Abgangs- yi winkels zu, bis a = 45°, wo wegen sin 2a = sin 90° = 1, X = ~~ wird; beim weiteren Wachsen des Abgangswinkels von 45° bis 90°, wobei 2a die Werthe von 90° bis 180°, daher sin 2a die Werlhe von 1 bis 0 durchlauft, nimmt die Distanz wieder ab, bis fur a — 90° * Aus dem vierten Abschnitt, II.. ist als ungefahres Verhaltniss bekannt, class zur Vergrdsserurig der Anfangsgesehwindigkeit bei constantem Oeschoss- gewiebt die Pulverladung im quadratisehen Verhaltnisse zur Geschwindigkeit gesteigert werden muss; nachdem dies dasselbe Verhaltniss ist, in welchem bei gleich bleibender Elevation die Schussdistanz wachst, so stehen die Aenderung der Pulverladung und die dadurch bedingte Aenderung der Schussdistanz im directen einfachen Verhaltnisse. Es miisste beispielsweise. um die Anfangs¬ gesehwindigkeit zu verdoppeln, die Pulverladung vervierfaeht werden, dies wtirde aber eine Vervierfachung der Schussdistanz zur Folge haben. (verticaler Wurf) X = 0 wird. Es ist daher die grosste Distanz, welche das Geschoss mit der Anfangsgeschwindigkeit V erreichen V s kann, X max = —, sie findet bei der Elevation von 45° statt; jede andere Distanz X < X max kann mit zwei versclriedenen Abgangs- winkeln erreicht werden, wovon der eine « •< 45° und der andere a' >> 45° ist. Die beiden einer nnd derselben Distanz entsprechenden Abgangswinkel a und a' erganzen sich auf 90°. denn es ist fur a' =90 — a, sin 2a'— sin (180 — 2a) — sin 2a; man muss daher, um eine bestimmte Distanz zu erreichen, einen bestimmten Abgangs¬ winkel a von der HorizontalenAH U (Fig. 57) oder den- selben Winkel von der V e r t, i c a 1 e n AY anwenden, das erstere gibt den n i e d e r e n . das letztere den ho hen Wurf. Die Flug- hahnen dieser bei¬ den W iirfe ASZ und ^ AS'Z treffen nur im Anfangs- und Endpunkte zusammen und konnen zu ihrer Unterscheidung durch die Differenz der Scheitelhohen SS l und S'S 1 charakterisirt werden: •lie Scheitelhohe fur den Winkel a ist v F* . „ F* w V\ 2g 2g 2 4 q und fur den Winkel «' = 90 — « Y ' = ig t 1 - cos ( 18 ° - 2«)] = ^ (1 + «» 2a), die Differenz der beiden Scheitelhohen somit V' 2 V 1 Y — Y= . .2 cos 2a — -jr- cos 2a. 4 g 2g Fur u = 45” ist diese Differenz = 0, d. h. die beiden Bahnen fallen in eine (die der grossten Distanz) zusammen; mit dem Abnehmen von u wachsl die Differenz und erreicht fur a = 0, a’— 90° den 216 F 2 y 8 grossten Werth -jr-. Die Grosse Y nmx = -- bezeichnet die Steig- 2<7 2 (/ hohe des Geschosses im verticalen Wurf, welche sonaeh halb so gross ist als X max , die grbsste Distanz. Zieht man nur die niederen Wiirfe in Betracht, so zeigt die F 2 Gleichung X = —sin 2a, dass die Schussweiten nicht in demselben, sondern in einem kleineren Verhaltnisse zunehmen, wie die Abgangs- winkel, dass daher, nm die doppelte Distanz 2X zn erreichen, rnehr als die doppelte Elevation angewendet werden muss; nachdem sin 30° = ist, so wiirde schon bei a — 15° die halbe Maximal- distanz erreicht werden. Beispiel. Ein Geschoss verlasse rnit einer Anfangsgeschwindigkeit V— 500 ’"/ die Miindung; unter dem blossen Einflusse der Schwerkraft wiirde dieses Geschoss, wenn die Acceleration der Schwerkraft roit g = 9• 805 ’"/ ein- gefiihrt wird, die Maximaldistanz (fur « =45°) X max = 25497 ’"/ erreichen, die grosste Steighohe desselben im verticalen Wurf ware Y m m — 12749 m j. Ferner ergibt sich Zwischen den Flugbahnen, welche sich bei einer und derselben Anfangsgeschwindigkeit unter verschiedenen Elevationen ergeberi, besteht folgender bemerkenswerthe Zusamrnenhang. Die Entfernung des Brennpunktes F (Fig. 58) der Bahnparabel vom Scheitel ist allgemein V 2 FS = — cos* a, zieht man davon die Scheitel- V 2 hohe SS. — sin 2 a ab, 2y so findet man, dass der Brennpunkt Fum FS t V 2 25 (cos 2 a — sin 2 a) = = --cos2a unter die Horizontale AH fallt; 2 a v v 2 V 2 nachdem AS, = — sin 2a, daher wegen „ = 2 g 2g —■ Ymax, FS, — Ymm cos 2a, AS | — Yniax sm 2a /- 2 - 2 und AF=vAS 1 + FIS, = Y ma x ist, so miissen die geometrischen Oerter der Brennpunkte einen Kreis bilden, dessen Mittelpunkt A und dessen Radius Ymax = V 2 2 V die grosste Steighohe des 217 Geschosses (irn verticalen Wurf) ist. Fur den Durchschnittspunkt dieses Kreises mit AH ist FS = 0, AF = Y m ax = Xmax, dieser Punkt muss daher der Brenn- purikt der Parabel fur die grosste Distanz (a = 45°) sein; der Viertelkreis F 0 . F ib errthalt die Brennpunkte der Bahnen fur Winkel von 0 bis 45° (niadere Wiii'fe), der Viertelkreis F a .A i die Brennpunkte der Bahnen fur Winkel von 45 bis 90° (hohe Wiirfe), die Brennpunkte der beiden Einer Distanz zukommenden Bahnen liegen vertical iibereinander. Ferner ist die doppelte Scheitelhohe 2 Y = - 2sin z a = — (1 — cos 2a) = Ymax(A — cos 2a). 2 !) 2 u'n" ist, ebenfalls g'g )> g'g" sein, d. h. die wirkliche Fallhohe des Geschosses h wiihrend des in horizontaler Richtung gemessenen Weges Av — x ist grosser als die Fallhohe h' = Jff u , welche sich in der gleichen horizontal 2 V* cos 1 a gemessenen Entfernung von der Mundung bei der Bewegung im leeren Raume ergeben hatte. Setzt, man das Verhalt.niss der Fallhohen p = 3), so ist die der Abscisse x zugehorige Ordinate gv = y = ax 2 = xtacc — , „ • 2): dies ist die Gleichung der vom Ge- schosse wirklich beschriebenen Bahncurve AgM". £) — xp(x) bedeutet eine Function, welche die durch den Luftwiderstand bedingte Modification der Fallhohe, beziehungsweise der Flugbahn selbst dar- stellt; da h )> h', so muss > 1 sein. Aus der Gleichung t/ = xtriu — T ^' _ • 2) erhalt man durch ° J 2 V 2 cos~ct ' I (iffereritiation Fig. 59. B 21 !) oder wenn man den Differentialquotienten ~~ = 2)' setzt, + 1 *) Bei der Bewegung im luftleeren Bauine besteht fur den Rich¬ in ngs win kel rp' in der horizontalen Entfernung = x von der Mlin- dung die Gleichung tycp' — ty a _. V t cos i ct ’ x di) .setzt. man 2) 2, • j — gf, so ist in der wirklichen Bahn f = tycp = tga - X. dx Jl ' V*cos 2 cc® J die Function g stellt demnach die durch den Luftwiderstand bedingte Modification des Winkels der Bewegungsrichtung gegenliber jenem im leeren Raume dar. Nachdem der Unterschied der Fallhohen mit x c^2) zunimmt, so muss der Differentialquotient ^ positiv ($'>0), somit 5 > 2), und da 2) 2> 1. um so mehr ^ > 1 sein. Bei der Bewegung im leeren Raume erleidet. nur die Vert.ical- eomponente der Geschwindigkeit eine Aenderung, wahrend die Hori¬ zontalcomponente v'cos cp'— Vcos a constant bleibt.; durch den Luft¬ widerstand geschieht, eine Verzogerung des Geschosses in der Be¬ wegungsrichtung, wodurch nicht nur die Vertical-, sondern auch die Horizontalcomponente vcoscp eine Aenderung erfahrt. Diesen Unter¬ schied in Bezug auf die Horizontalcomponente der Geschwindigkeit in heiden Fallen kann man dadurch ausdrucken. dass man fur die Bewegung im Luftraume vcoscp— Vcosct. ~ setzt, wo 33 2> 1 ist; hiedurch wird die Tangentialgeschwindigkeit Tr cos a 1 v = V • ; cos cp 2> 33 ist demnach eine Function, welche die durch den Luftwiderstand bedingte Modification der fur den leeren Raum giltigen Gleichung der Tangentialgesch windigkeit bezeiehnet. Ebenso ist klar, dass infolge der Verzogerung durch den Luft¬ widerstand die Zeit t, welche das Geschoss zum Zuriicklegen eines bestimmten horizontalen Weges = x benolhiget., grosser sein muss, als die Zeit t', welche es hiezu im leeren Raum gebraucht hal.te: es 220 kann demnach t x x __ 1st, t — - ■% Vcosa Vcosa f.f£, and da t' gesetzt werden. wo % die die Flugzeitgleichung modificirende Function darstellt und % 2> 1 ist. Die Fundamentalgleichungen der Geschossbewegung im Luft- raume, basirt, auf jene der Bewegnng ira leeren Raume, sind dem- nach in der allgemeinsten Form qx- ii = xtga — — s— 3 3 2 V 2 cos -a ■ S, ty

= tga — rr • X, wird hier J 3 V 2 cos 2 a u oder r = 1 ," *> » » •=»« (»-* 1 ). nachdem der Einfallwinkel negativ ist, fur den absoluten Werth desselben tg <1> — tga ( 2 — l \. — wird umgekehrt statt tga \ .vo 2 fw« ■ eingefahrt ’ 80 ist - tl J ® = 2 f w*,; - So) ; fur die Endgesehwindigkeit: U = F -cos z a 1 cos © 58 0 ’ fur die totale Flugzeit.: T: A' Fcos« ‘ A °' Wird f'erner fur den Scheitel der Bahn ^ = g, und 9) — 2), gesetzt, so ist die Gleichung gS_ V 2 cos 2 a zur Bestimmung der Scheiteldistanz: tqa= ,.2 —— S? t , woraus * 1 / tons*rt J V 2 S0f, _ sm 2a folgt, und 221 fur die Scheitelhohe: Y — Sty a — - ( J S : _ 2 ) 2V 2 cos 2 a 0” — wird hier einmal -- T - r -Jr —r~ = und das anderemal — - = t ~- 2V 2 cos 2 a Xy) 0 V 2 cos 2 a eingefiihrt, so ergeben sich zwei neue Gleichungen fur Y, u. zw.: 7 = 8M mJ und Urn den Zusammenhang der Funetionen 9), ^ un d unler- einander und mit. der Grosse des Luftwiderstandes aufzustellen, werden im Nachfolgenden die obigen Fundamentalgleichungen auf Grand der auf das Geschoss einwirkenden Krafte selbstandig abgeleitet. G . Das -Geschoss vom Gewichte G und der Masse m — habe 9 in irgend eineni Punkte M(x, y) seiner Balm die Geschwindigkeit v und der Winkel seiner augenblicklichen Bewegungsrichtung mit der Horizontalen AH sei = , so wirkt auf die Bewegung in der horizontalen Richtung zur Veranderung der Geschwindigkeit v x die verzogernde Kraft — 1 Vcoscf, und auf die Bewegung in der verticalen Richtung 222 (nach aufwarts) die verzogernde Kraft. — {G -f- Wsin cp), es bestehen demnach die Differentialgleiehungen der Bewegung dv x Git oder d(v cos cp ) dt — —Wcoscp und ih ~ — —(G -f- Wsin (p) W dfvsinw) W . cos cp und n - — —(j — - sm cp. in ' dt " m Setzt man das Luftwiderstandsgesetz eingliederig (siehe zweiter Abschnitt) voraus, so ist. W — Av n ; fur das quadratische Gesetz ware W — Ir^nd [ , daher A — X . d. Dieser Ausdruck fur A kann 2 [/ 2

/ =4) die Reciproke einer Grosse von zwei Dimensionen u. s. f. 223 vorgenommen werden. Urn auf der recht.en Seite der Gleichung die Integration auszufuhren, soli anstatt des variablen ——ein con- cos (p n — 1 1 dl stanter Mittelwerth eingefuhrt, werden. -= , - bedeutet das Ver- cos dx haltniss des elementaren Weges in der Balm selbst. zum Wege in der horizontalen Richtung, hieftrr soil das Verhaltniss der ganzen Bahn- lange L zur Horizontaldistanz X, d. h. — -= gesetzt werden: cos qp X einen annahernd richtigen Werth fur ^ erhalt man, wenn man den Verhaltnissen der wirklichen Bahn jene der bei demselben Abgangs- winkel a sich ergebenden parabolischen Bahn substituirt, in welchem Falle Y sec a -J- ~ ctg a Lg (tg a -)- sec a) L X ist.. Uieser Werth ist nur von a abhangig, daher fur alle Runlet e einer und derselben Bahn constant; bezeichnet man denselben zur Ab- kiirzung mit b* so nimmt die Bewegungsgleichung die Form d (v cos qp) (v COS qp) w - 1 an. Die Integration gibt a n b n — 1 dx — - -(vcosq>)~ M + 2 = — a n b n ~ 1 x -(- C;** da fiir x — 0 , v cos qp = Fcos cc ist.,- so folgt. ( vcos(p) 2 ~ n — (n — 2 )a tl b n ~ 1 x -(- (Vcosa) 2 und wegen v cos rp = dx It dx dt I - I n —2 )a n b n ~ l x -]- (Vcosa) 2 Um die Gleichung der Flugbahncurve zu erhalten, muss in der zweiten Bewegungsgleichung, welche wegen v sin qp = ^ in * Fur kleine Abgangswinkel, bis ungefahr 8°, kann 6 = 1 gesetzt werden; fur grossere Winkel erhalt man b etwas genauer, wenn man in die obige Formel anstatt « das Mittel zwischen dem Abgangs- und dem Einfallwinkel einsetzt. ** Wenn man den Ausdruck -~ j n dieser allgemeinen Form, ohne ( v cos o)« — l ° ’ Riicksicht auf specielle Werthe von n, als Potenzdifferentiale behandell 224 iibergeht, dt durch dx ersetzt werden; hiezu hat man wnmif Gir»Vi wnmif Gir»Vi geben, die zweite Integration auf die Gleichung y — f(x) der Bahn- curve fiihren. Nachdem jedoch ausser den Variablen cp und x, nach welchen die Integrationen auszufiihren sind, im Glied a n v n sinq> auf der rechten Seite auch die Variable v vorkommt, so miisste sie vor der Integration durch einen qp und x enthaltenden Ausdruck ersetzl werden, was das Problem bedeutend compliciren wiirde; durch Weg- lassung von a n v n sinq >, wenn eine solche statthaft ware, wiirde die Auflosung sehr vereinfacht. Hiertiber ist Folgendes zu bemerken: Das Glied a n v n sin cp bedeutet den Einfluss der Verticalcomponente des Luftwiderstandes auf den Verlauf der Flugbahn; diese Componente wirkt, im aufsteigenden Aste der Bahn mit der Schwerkraft, im ab- steigenden Aste aber gegen die Schwerkraft, bewirkt also, dass sich das Geschoss im ersten Theile der Bahn rascher, im zweiten Theile aber langsamer senkt, als dies ohne Mitwirkung dieser Componente der Fall ware. Bezeichnet AS'Z' (Fig. 61) die Geschossbahn, wie der Kraffe entsprechende wirkliche Bahn ASZ sein. Die Weglassung von a ri v n sin(p hat daher dit? Bedeulung, dass der wirklichen Bahn eine etwas hoher liegende substituirt wird, wobei der Endpunld, Z und die Richtungswinkel in verschiedenen Punkten der Bahn nicht wesentlieh alterirt werden, vorausgesetzt, dass der Abstand beider Bahnen nicht sehr betrachllich ist. was bei nicht zu grossen Elevations- Fig. 61. sie sich unter dem Einflusse der Schwer¬ kraft bei Ausseracht- lassung der Vertical¬ componente des Luft¬ widerstandes darstel- z Z' len wiirde, so miisste die der Wirkung bei- 225 winkeln angenommen werden kann* Die Weglassung von a n v n sincp erscheint also fur Gesehiitze, die nicht mit grossen Elevationen feuern (Kanonen im Allgemeinen). statthaft; liiedurch vereinfacht sich die obige Differentialgleichung auf = — q (n — 2 )a n b n ~ 1 x -I- (Vcos a) 2 n ~\ dx l L J Dei; far die mathematische Form der Curvengleiehung wichtige Exponent auf der rechten Seite der Differentialgleichung hat je nach dem gewahlten Luftwiderstandsgesetze («) eine versehiedene Grosse, u. zw. ist, wenn von n = 1 abgesehen wird, 2 _2 n — 2 fur n = 2 (quadratisches Gesetz) = od , d. h. fur dieses Gesetz ist die aMx Gleichung in der obigen Form iiberhaupt nicht giltig, nachdem die Integration der ersten Bewegungsgleichung d(vcos cp) d(vcos cp) __ ( v cos y) n — 1 (v cos 9) schon auf einen Logarithmus fuhrt; 2 n — 2 2 17^2 2 n — 2 2 n — 2 _2^_ n — 2 » n = 3 (cubisches Gesetz) » n = 4 (biquadr. Gesetz) » n — 5. » 11 = fi. » n — 7. = 2 = t u. s. f. Fiir alle Werthe von n ]> 4 ist ein Bruch, es muss demnach das aus der zweimaligen Integration der Differentialgleichung hervorgehende y = f(x ) * Aus dem zweiten Abschnitte ist bekannt, dasg bei rotirenden Lang- geschossen die Geschosspitze grosstentheils oberhalb der Bahntangente bleibt und infolge dessen der von unten angreifende Luftwiderstand eine Hebung des Geschosses verursacht, wodurch sich eine hohere Bahn ergibt, als wenn, wie hier im fiinften Abschnitte geschehen, der Luftwiderstand in der Bewegungs- richtung (Bahntangente) wirkend angenommen wird; dieser Hebung tragt die Weglassung von a n v n siny im gewissen Sinne Rechnung. jedoch eigenllich nur im ersten Theile der Bahn. Nachdem diese Hebung auf die ganze Lange der Bahn der Schwerkraft entgegenwirkt, daher den Endpunkt der Bahn weiter verschiebt, so miisste, im Falle die hebende Kraft betrachtlich ist, die Schwerkraft um den Betrag derselben vermindert, also in der Bewegungsgleichung g — g’ anstatt g eingefiihrt werden; es geniigt hier, auf diesen Umstand aufmerksam zu machen, die Entwicklung der weiteren Gleichungen erleidet dadurch, insoferne g’ als con¬ stant angesehen wird, keine Aenderung. in complicirterer E’orrri erscheinen, als fur n = 3 und n — 4; die einfachste Bahngleichung muss das biquadratische Gesetz geben, vveil der Exponent 2 « — 2 1 ist. — BeiAnnahme des quadratisch.en Luftwiderstandsgesetzes und Einfuhrung der oben angefiihrten Abkiirzungen sind die Bewegungs- gleichungen -a. 2 bdx und ~ 9 = — e ' 2 U - Vcos a -co V. e m — co — 1 _ > v 2 0J ‘ daher die inodficirenden Functionen fur die analogen Gleichungen der Bewegung im leeren Raume e '"— 1 — 1 2 - , » = — S = — . ,2 W T W Wil'd 6“ und eVj<» nach der Formel z z 2 z 3 z* * 2==1 + 1 + 2l + gl + 41 + ••■ in eine Reihe aufgelost, so erhalt man fur die modificirenden Functionen folgende 9 — 1 + T “ + W w2 + sr'° 3 + 3 = 1+ r"‘+ f*>* + s"> 3 + *-=!+ f"+ l“ 2 + ,+'* 3 + ••• S = l + 4. u + A«*+ i l 15 * Werthe: 228 Nachdem w fur alle positiven Werthe von x (und nur solohe haben einen Sinn) positiv ist,* so wird beziiglich der Functionen |), S8 und % aus dieser Reihenform klar ersichtlich, dass dieselben stets )> 1 sein miissen, wie dies eingangs als allgemeine Eigenschaft derselben angefiihrt wurde. — Fur das cubische Gesetz (n = 3) bestehen die Bewegungsgleichungen d(vcos + > 2 ) , cos a 1 x (l+ T">) 2 —1 = F cos ? 1 + -- w Vcos a somit sind die modificirenden Functionen Vcos a (1+ *-)■ * Die beiden anderen Factoren von w: a = —- und b, das Verhiiltniss wil¬ der Bahnliinge zur Horizontalprojection derselben, sind selbstverstandlich stets positiv. 229 8 = i + f u + i«* r .g = i + i u + S8 = 1 + fo>, 2 - = 1 + 4 - <*>• Vergleicht man diese Werthe mit den fur das quadratische Gesetz giltigen. so sieht man, dass jeder Ausdvuck die ersten zwei Glieder der analogen Reihe des quadratischen Gesetzes enthalt.* — Fur das biquadratische Gesetz (n — 4) bestehen die Bewegungs- gleichungen ct.b'hlx und d 2 g ■ 9 , d (v cos (p) (vcosa ) 3 "' i ’ J “““ dt 2 wobei a i die Reciproke einer Grosse von drei Dimensionen bezeichnet. Werden diese Gleichungen auf dieselbe Art wie friiher behandelt, so erhalt man successive — ( 1 - _1 -) 2 \v 2 cos 2 o R 2 cos 2 a/ vcoscp ■ V cos c y 1 + 2a, t b 3 xV 2 cos s a R 2 cos 2 a cos a v — V - . . , dx 2 ferner mit ^ = 1 + 2 ^ 3 ^ lcogSa dx 2 cosy y 1 + 2x = 2 —,bx und fiir das cubische Gesetz to, = 2a.,b 2 xVcos a = mv 2 3 3 IR JR R R 1 = 2 ; b 3 x Vcos a =-- 2 -—bx- ■ b cos a = oj„ • b cos a, und da b den Werth mv 3 mv 2 v v cos

., die Form w, = w, ' °' s ' a wo p e j s ; c h Vcosa. und vcosa VCOSi p in ihrer mathematischen Bedeut.ung entsprechen und daher gegenseitig aufheben. 230 Wird 2nJ> 3 xV-cos "a = w gesetzt, so sind die Fundamentalgleichungen y =xtga. — r~ (l + '■ <0 )- — -irt 0- + * w )> J * 2 F 2 cos 2 a V 1 3 /’ ^ y F 2 cos 2 o+ 2 » = F-• — , < - cos «> yi _|_ „) und daher die modificirenclen Functionen a; _ (l + to)'' 2 — 1 Feosa L„, D = 1 + f“> 3 = 1+ f (l>, ® = i/r+" 1 ausgedriickt, folgt unmittelbar, dass die ballistische Rahneurve der ganzen Lange nach unter die parabolische fallt., dass somit durch den Luftwiderstand die Rahn auch in horizontaler Rich- tung verktirzt wird; es muss also nicht nur die Scheitelhohe, sondern auch die Scheitel- und die Horizontaldistanz verkleinert warden. Rezeichnet man fur den leeren Raum die Horizontaldistanz mit X', die Scheiteldistanz mit S' und die Scheitelhohe mit Y', ferner die gleichen Grossen in der ballistischen Rahn beziehungsweise mit X, S und Y, so ergibt sich das Verhaltniss der analogen Grossen fol- gendermassen: V- ftir die Horizontaldistanz ist X' = —sin 2a und 9 ATS),, = sin 2a, somit ist A9) n = X': fur die Scheiteldistanz hat man S'— sin 2a und 2 9 V 2 S < \§ 1 — c :--sin 2a, daher S$ t = S’; 2 9 231 S' fur die Scheitelhohe ist Y' = — tga und Beispiel. Fur dieses und alle folgenden Beispiele wird ein 15%, ogivales Langgeschoss vom Gewichte G = 35 -2% vorausgesetzt, welches mit einer An- fangsgeschwindigkeit von V = 500 abgeschossen wird und an der Miindung einen specifischenWiderstand von l - 05*/ 1 folgt fur von der Miindung horizontal gleich weit entfernte Punkte tycp 0, so muss 1 -j- X ^ 0 >>1, Do so ist tg®=tga(l-\-X ; daher tg® >■ tga und ® > a sein, d. h. der Einfallwinkel ist nicht, wie in der parabolischen Bahn, gleich dem Abgangswinkel, sondern grosser als dieser. Es ist fur a = 5° 10° 30° der Einfallwinkel <1> = 7° 22', 17" 36', 54" 58', Differenz — a = 2° 22'. 7° 36', 24° 58'. 3.) Die Tangentialgeschwindigkeit ist im aufsteigenden Ast, der ballistischen Bahn gleich wie in der parabolischen eine fort- wahrend abnehmende, nachdem beide Ursachen fur ihre Aenderung: die Sehwerkraft und der Luftwiderstand, auf Verminderung derselben wirken. Im absteigenden Ast der ballistischen Bahn wirkt die Sehwer¬ kraft auf Vermehrung, der Luftwiderstand auf Verminderung der Geschwindigkeit, der Einfluss der letzteren Kraft ist gleich nach dem Ueberschreiten des Scheitelpunktes iiberwiegend, daher die Geschwin¬ digkeit noch immer abnehmend; gegen das Ende der Bahn zu kehrt sich bei grosseren Abgangswinkeln das Verhiiltniss um und es wird die Geschwindigkeit wieder zunehmend. Die Minimalgeschwindigkeit ist daher nicht, wie bei der parabolischen Bahn, im Scheitel, sondern in der Regel in einem Punkte zwischen diesem und dem Endpunkte der Bahn. In diesem lelzteren Punkte wird die Sehwerkraft einen - 233 - Theil der im Aufsteigen verloren gegangenen Geschwindigkeit ersetzt haben; in der parabolischen Bahn ist diese Ersetzung eine vollstan- dige (die Endgeschwindigkeit gleich der Anfangsgeschwindigkeit), in der ballistischen Bahn kann dies wegen der fortgehenden Wirkung des Luftwiderstandes nicht statt linden, es muss daher die End- gesehwindigkeit kleiner sein als die Anfangsgeschwin¬ digkeit. Beispiel. Bei der Elevation von a = 10° nimmt die Geschwindigkeit im absteigenden Ast folgenden Verlauf: es ist fur x = 2488 ™/ (S), 3000™/, 3500 ’'V, 4000’7, 4340’7(X), v= 294 ™/, 265™/, 241 <7, 220 ™f, 210 *7; hier nimmt die Geschwindigkeit bis an das Ende der Bahn ab und es ist die Endgeschwindigkeit (U = 210™/) zugleich Minimalgeschwindigkeit. Bei der Elevation von a = 30° ist fur. x = 4040’"/ (S), 5000™/, 5500 ™/, 6000 '7, 6597 ™/(X), v= 180 m j, 156™/, 154’7, 161™/, 179 ™/; hier nimmt die Geschwindigkeit anfangs ab, erreicht bei ungefahr x — bb00'"i das Minimum und nimmt dann wieder zu; die Endgeschwindigkeit (17 = 179’7), obwol grosser als die Minimalgeschwindigkeit, bleibt noch selir bedeutend gegen die Anfangsgeschwindigkeit (F = 500 m j) zuriiek. — Als Resume aus dem Vorstehenden ergibt sich: Die ballistische Bahn ist niedriger und kiirzer als die parabolische, — der Scheitel fallt nicht in die Mit.te der Bahn, sondern dem Endpunkte naher als der Mundung, — der aufsteigende Ast ist langer und flacher, der absteigende kiirzer und steiler, — der Einfallwinkel ist grosser als der Abgangswinkel, — die Endgeschwindigkeit kleiner als die Anfangsgeschwindigkeit. Man kann sich den Einfluss des Luftwiderstandes auf die Modification der parabolischen Bahn versinnlichen, wenn man die Bahnparabel AS'Z' (Fig. 62), Fig. 62. u” = —~ - (91 — 1) ist; nach // = y' — y" bezeichnen die Ordinaten der Curve 2 V 2 cos 2 a. ylNz den durch den Luftwiderstand bedingten Verlust an Steighohe des Geschosses, die zwischen die beiden Curven fallenden Ordinatenabschnitte MN sind die wirk- lichen Ordinaten der ballistischen Curve; ZZ' ist der Verlust an horizontaler Schussweile, weil in z y' = y", daher y = y ' — y" = 0 ist. Zieht man in ein- ander entsprechenden Punkten M und N der beiden Curven Tangenten an die- selben, so ist der Winkel MPN annahernd genau der Richtungswinkel tp der 234 ballistischen Curve, denn es ist MPp = o' (Pp || AZ) der Richtungswinkel der parabolischen Bahn und NPp = 9” der Richtungswinkel der Curve ANz; fur was bei kleinen Winkeln zulassig, 9 = 9' — 9". Der Scheitel der ballistischen Bahn ist jener Punkt, fiir welchen 9 = 0 , 9'= 9" ist, d. h. wo die beiden Tan- genten parallel laufen. Man kann die ballistische Curve als eine »modificirte Parabel« be- zeichnen, namlich eine solche, welche iin Sinne der Curve ANz nach abwarts gebogen wurde. 4.) Dass die Flugzeit fiir horizontal gleiche Entfernungen in der wirklichen Balm grosser sein muss als in der parabolischen, is! selbstverstandlich und wurde schon eingangs angefuhrt ($ > 1). Ver- gleicht, man jedoch die totalen Flugzeiten T und T', welche das Geschoss unter ahnlichen Anfangsbedingungen zum Zuriicklegen der bezuglichen Horizontaldistanzen X und X' benothigt, so ist. aus Zwisehen den Flugbahnen, welche einem und demselben Geschoss bei einer und derselben Ladung unter verschiedenen Abgangswinkeln zukommen, bestehen folgerule bemerkenswerthe Beziehungen: 1.) Mit dem Wachsen des Abgangswinkels a ramint bis zu einer bestimmten Grenze A die horizon tale Schussweite X zu, wor- nach eine Abnahme der Horizontaldistanz eintritt, bis a — 90° und X — 0 wird. Der Abgangswinkel A, welcher der Maximaldistanz X max entspricht, ist. nicht. vvie im luftleeren Raume — 45°, sondern in der Regel » 51-0 » in der parab. Bahn ist fiir X die Flugzeit t'x = hingegen die totale Flugzeit 235 Wiirfe grosser als jener der niederen, der Debergang von den letzteren zu den ersteren fitidet daher vor Erreichung desWinkels von 45° statt. Die ebenfalls durch den Luftwiderstand hervorgerufene Ver- schiedenheit zwischen dem Einfallwinkel 0 (X) einerseits von der Horizontaldistanz X. andererseits von dem Verhaltnisse abhangt; COS 0 anfanglich, so lange der Unterschied zwischen 0 und « klein ist, wird der Einfluss der zunehmenden Distanz tiberwiegen und die End¬ geschwindigkeit abnehmen, —■ bei grosseren Abgangswinkeln wird wegen der grosseren Verschiedenheit von 0 und « der Einlluss von cos ct —- iiberwiegend und daher U noch vor dem Erreichen der Maximal- cos r/> distanz zunehmend; es wird daher das Minimum der Endgeschwin¬ digkeit ebenfalls nicht mit dem Maximum der Distanz zusammen- fallen, sondern friiher als dieses eintreten. Im obigen Beispiel ist bei a — 10° 20" 30" 35" 40" 45° X = 4340 ™/> 5909 m f, 6597™/, 6725’7, 6731’7, 6485 ’7, <]> — a= 7° 36', 18° 54', 24"58', 25° 48', 25° 31', 24"36', U= 210 7, 173 7> 179 7, 188 7, 198 7, 207 7. Das Maximum der Horizontaldistanzen lindet daher bei ungefa.hr a = 40". das Maximum der Differenz <1> — « bei ungefahr a = 35°, das Minimum der Endgeschwindigkeit bei ungefahr a = 20° statt. I 236 Zieht man nur kleine Abgangswinkel, wie sie bei Schiessgeschiitzen (Ka- nonen) in der Praxis vorkommen, in Betracht, so kann als allgemeine Regel gelten: Mit dem Wachsen des Abgangswinkels nimmt die Horizontaldistanz und die Differenz zwischen dem Einfall- und dem Abgangswinkel zu, die Endgeschwin- digkeit aber ab. 2.) Der Punkt M(x, y) (Fig. 63), einer Bahn AS 0 Z 0 , fur welche der Abgangswinkel — a 0 und die horizontale Schussweite = X 0 ist, ist durch die Gleichung y — xt 9 a 0 — 2yv 9 X cos‘a, x 2 cos kr 0 [ sin2a °~ bestimmt. Fiir x = AZ als horizontale Schussweite der Bahn ASZ mil dem Abgangswinkel a besteht. die Gleichung tga — f a ' g) Oder sin 2« 2 V 1 cos a ^ (JX wird dies in die obige Gleichung substituirt, so I'olgt y = -—— 5 — (sin 2« n — sin 2a). J 2cos*a 0 K 0 ' Liegt. der Punkt Z nahe an Z n , was bei geringer Hohe des Punktes M iiber AZ 0 der Fall sein wird, so kann ohne grossen Fehler sin = tg a g ese t z t werden, womit sich y = x(tg « 0 — tga) oder u COS CCq annahernd y — xtg(a 0 — «) ergibt, Verbindet man M mit A und bezeichnet den Winkel MAZ mit 3-, so ist ^ = tg 9 = tg(a 0 — «) und daher A = « 0 — a. Denkt man sich die Bahn ASZ um den Winkel 9 nach aufwarts geschwenkt, so fallt der Punkt Z auf M, die Grundlinie AZ der Bahn auf AM, die Abgangsrichtung AB auf jene AB„ der Bahn AS 0 Z n , daher die Bahn ASZ selbst. in jene AS 0 Z 0 , von welcher sie alsdann den Theil AS 0 M bildet. Es lasst sich also einerseits ,jede Flugbahn ASZ als Theil einer anderen, grosseren AS 0 MZ n hetrachlen, wenn die horizontalen Schussweiten nicht viel von einander verschieden sind; andererseits kann jede Schussweite tiberhaupt, d. h. die Entfernung eines zu treffenden 237 Punktes von der Mtindung, wenn die Hohe dieses Punkt.es ober oder unter der Horizontalen nicht gross ist, als horizontale Schuss- distanz angesehen werden, wobei nur der Abgangswinkel nicbt von der Horizontalen, sondern von der Verbindungslinie des Treffpunktes mit dem Miindungsmittelpunkte, als der Grundlinie des Schusses, gerechnet wird. .1 )er Winkel &, welchen die Grundlinie des Schusses mit der Horizontalen einschliesst, wird Positionswinkel des Treffpunktes, der Winkel « 0 — A der corrigirte oder relative Abgangswinkel genannt. Beispiel. In der Flugbahn, welcher der Abgangswinkel a 0 =5° und die Horizon taldistanz X 0 = 2863 m ] zukommt, hat der Punkt, dessen horizontale Ent- fernung von der Mtindung x = 2700 m j ist, eine Hohe von y = 19 • 4 ™/ iiber der Horizontalen, es ist daher der Positionswinkel dieses Punktes •8- = 24' 15" und a 0 — 8- = 4° 35'15”; der Horizon taldistanz X = 2700 ‘ m f entspricht ein Abgangs¬ winkel a — 4° 35' 3”, man begeht demnach, wenn man anstatt des richtigen rela- tiven Abgangswinkels a 0 — 8- den Winkel a, welcher X— 2700 m j als Horizontal- distanz zukommen wiirde, nimmt, einen Fehler von 12”. Dass in dem Bahnstiick AS 0 M auch der auf die Grundlinie des Schusses bezogene ■— relative — Ein fall wink el AMT nur wenig von dem Einfallwinkel der Bahn ASZ abweieht, geht aus Folgendem hervor: Zieht man EM parallel zu AZ, so besteht der Winkel AMT aus dem Richtungswinkel TMH = cp x im Punkte M und aus dem Positionswinkel 0 ; fur

1 58’ x VCOS a % coscp x 18 ! 31, und es kann 2 cos «. cos a gesetzt 238 Im obigen Beispiel ist fur x = 2700™/ ?x = 6° 13'3". daher ox + & = 6°37'48", = 286-5™/, t x = 7-262 Sec., hingegen ist ( I> = 6°36'51", Z7 = 286-9™/, T — 7-257 » daher Differenz 57” 0-4*7 0• 005 Sec. 3.) Fur sehr flache Flugbahnen kann das in 2.) ausgefiihrte Princip des Schwenkens der Bahn zu folgender allgemeinen Regel erweitert werden: Jede Flugbahn kann als Theil einer an- deren, einem grosseren Abgangswinkel entsprechenden Bahn angesehen werden, und umgekehrt: In jeder Bahn sind alle, kleineren Abgangswinkeln zukommenden Bahnen als Theile der Hauptbahn enthalten. Fig. 64. Das erstere ist in Fig. 64 graphisch ausgedriickt und bedeutet, dass die Flugbahn AZ beliebig hoch (mit deni Endpunkte Z bis M, M ,,...) innerhalb des Umfanges der flachen Bahnen, fur welche diese Regel gilt, d. h. um einen beliebigen kleinen Winkel .7,!),,... gesehwenkt werden kann, ohne dass sich die Verhaltnisse derselben wesentlich andern. Hieraus folgt, dass (innerhalb der Hohe der »flachen Flug¬ bahnen*) fur alle in einer Verticallinie liegenden Treffpunkte ZM i M q ... die auf die jedesmalige Grundlinie des Schusses AZ, AM,, AM,, _ bezogenen — relativen — Abgangs- und Einfallwinkel sowie die End- gesehwindigkeiten und Flugzeiten annahernd gleich sind. Beispiel. Fiir X = 2000'"’/ als Horizontaldistanz entspricht ein Abgangs¬ winkel a 0 =3°l'31"; hat ein in derselben horizontalen Entfernung von der Miin- dung liegender Punkt die Hohe y — 10™/, 20 '” » » D 0 = 15 %,. . X= 4340 7, 17=210’"/, » » » » D 3 = 7-5%,.. X= 3066’"/, <7=148’"/. Der Unterschied ist, besonders zwischen den beiden extremen Kalibern, ein sehr betrachtlicher: Das 30%, Geschoss erreicht bei derselben Elevation und Anfangsgeschwindigkeit eine fast doppeit so grosse Schussweite, wie das 7-5%, Geschoss, und hat selbst auf dieser grosseren Distanz noch eine fast doppeit so grosse Geschwindigkeit, wie das 7 ‘5%, Geschoss auf der kurzeren.— Die Factoren A und y begriinden, wenn man nur die specifische Quer- schnittsbelastung ins Auge fasst, folgende Unterscheidungen : * Aus diesem Beispiel wird auch ersichtlich, dass in Bezug auf Schuss¬ weite eine grossere Anfangsgeschwindigkeit weniger giinstig ausgeniitzt wird, als dies bei der Bewegung im leeren Raume der Fall ware; denri wahrend irn leeren Raume die doppelte Anfangsgeschwindigkeit eine vierfache Schussweite (8721 ™f bei V = 500 ™/ gegen 2180 ™/ bei V— 250 ™/) zur Folge hatte, wird diese in der Wirklichkeit durch die doppelte Geschwindigkeit nur ungefahr verdoppelt (4340’"/ gegen 1964 ’"/). 243 Beziiglich der durchschnittlichen Massendichte A: gleiches Kaliber und vollkommen gleiche Construction (gleiches Volumen), Unterschied: Geschoss- material, — das schwerere Material im Vortheil (z. B. Blei gegen Eisen, Stahl gegen Gusseisen); — ferner gleiches Kaliber, gleiche aussere Construction und Material vom gleichen specifischen Gewicht, Unterschied: Grosse der Aus- holilung, — kleinere Aushohlungim Vortheil (Vollgeschosse gegen Ilohlgeschosse, Panzergeschosse gegen Ziindergranaten); beztiglich der relativen Lange y: gleiches Kaliber, gleiches Geschossmaterial und gleiche principielle Construction, Unterschied: absolute Geschosslange, — das liingere Geschoss im Vortheil; ferner gleiches Kaliber, gleiche durchschnitt- liche Massendichte und gleiche absolute Lange, Unterschied: Form des Ge- schosses, — Cylinder im Vortheil gegen das Ogivalgeschoss, dieses gegen dieKugel. Das letztere drilckt aus, dass beziiglich der specifischen Querschnitts- belastung schon das Ogivalgeschoss von derselben Lange wie die Kugel (1 Kaliber) gegen diese im Vortheil ware; dieser Vortheil ist daher um so grosser bei den Ogivalgeschossen von der gebrauchlichen Lange (2 1 /* bis 3 Kaliber). Hiezu tritt noch der Unterschied des specifischen Widerstandes zu Gunslen des Ogival- geschosses. Mit Beriicksichtigung dieses letzteren Momentes hat man das Verhaltniss der linearen Verzogerung beim Rundgeschosse g,- zu jener beim ogivalen Lang- geschosse g„, wenn beide denselben Kaliber und dieselbe durchschnittliche Massen¬ dichte haben, die specifischen Widerstande aber 3Sr und 2Bo, die relativen Langen Tr = + und y c sind, — = sr • ~ = IT T° ' liT • ®ei e ’ nem Ogivalgeschoss, go xis o yr -nio dessen Spitze mit dem Radius von zwei Kaliber abgerundet ist, hat die Spitze eine Ilohe von 1-323 Kaliber und ein Volumen wie ein Cylinder von 0-7337 Kaliber Lange; ist die ganze Lange des Geschosses 2 3 / 4 Kaliber, so ist der eylindrische Theil 1-427 Kaliber lang, daher ist fur ein solches Geschoss To = 0-7337 + 1-427= 2-1607 und — = 3-241 . Nirnmt man das Gewicht go S»o von 104 Eisen mit rund 8% an, so hat eine 15%, voile Rundkugel aus diesem Material ein Gewicht von 14-14% und ein wie vorstehend angegeben construirtes 15%, ogivales Vollgeschoss ein Gewicht von 3-241 x 14-14 = 45-82 %. Bei einer Anfangsgescliwindigkeit von 500’"/ erleidet die Kugel an der Mundung einen specifischen Widerstand von 1-51% und das Ogivalgeschoss einen solchen von 1-05%, daher sind die Gesammtwiderstande beziehungsweise 266-8 % und 185-55%. Setzt man wieder a = 10° voraus, so sind Horizontaldistanz X und Endgeschwindigkeit U fiir die 15%, Vollkugel = 2167 17=109™/, » das 15%, ogivale Vollgeschoss X=4850™/, 17= 237®'/, folglich erreicht das Ogivalgeschoss bei gleicher Elevation eine mehr als doppelt so grosse Horizontaldistanz wie die Kugel und hat auf dieser Distanz eine mehr als doppelte Endgeschwindigkeit wie die Kugel auf der kurzeren. Noch ersicht- licher wird der Unterschied, wenn beim Vergleich von bestimmten Distanzen ausgegangen wird: is* 244 Auf der Distanz X = 1000 m j X = 2000 f 1 } ist fur die Vollkugel a = 2° 1', cfc = 3°16', U— 238 w /, a = 8° 2', ([» = 19°44', U— 119 m f, » das ogivale Vollgesehoss a = l n 15', cp = 1"24', U— 427 m f, a = 2°49', (p = 3°29', U= 364 m f. Die Maximaldistanz ist bei der Kugel ungef3.hr 2800"y, beim Ogival- geschoss 7900 m j. III. Ermittlung' der ballistischen Constanten, Porteeschiessen, Um die aufgestellten (ileichungen zur Losung von Fragen des. praktischen Schiessens verwenden zu konnen, miissen in jedem con- creten Falle vorher diejenigen (irossen fest.gest.ellt werden, welche dureh die ausseren Umstande, unter denen die Schusse abgefeuert werden, nicht beeinflusst. werden, fur welche nur das angewendet.e Geschoss und die Palverladung massgebend sind, die also beim Schiessen mit einem und demselben Geschosse und mil unveranderter Ladung constant sind. Als Constant.e konnen (ausser der Geschoss- masse m und der Beschleunigung der Schwerkraft g) die Anfangs- geschwindigkeit V und die von dem Luftwiderstande abhangige Grosse a (oder A), der Luftwiderstandscoefficient, betrachtet werden und wurden aucli im Vorhergehenden so betrachtet.; hiezu tritt noch, im Falle es sich um die dem Rohre in einem bestimmten Falle zu gebende Elevation handelt, die Differenz zwischen dem Ele- vationswinkel /S und dem Abgangswinkel «, der Erhebungswinkel s = a — (3.* Die Bestimmung der Anfangsgeschwindigkeit gesehieht, durch eigene Messapparate, von welchen der gegenwartig gebrauch- lichste (von Le Boulenge) im ersten Abschnitt, beschrieben wurde. Die Geschwindigkeit v, welche sich aus dem Quotienten v = y ergibt, entspricht dem Punkte in der Mitte zwischen den beiden Scheibenrahmen, ist daher nicht sofort schon die Anfangsgeschwindigkeit V (an der Mundung), sondern es muss V"^>v sein. Um V aus v zu bestimmen, d. h. um die Apparat- geschwindigkeit v an die Mundung zu reduciren, geniigt es, wenn unter der Voraussetzung, dass das Geschoss den kurzen Weg von der Mundung bis zum Mittel des Rahmenabstandes geradlinig zuriicklegt und innerhalb dieses Weges der Luftwiderstand als constante Kraft wirkt, die Grosse der letzteren annahernd richtig angenommen wird, wozu die oben unter II. angegebene Tabelle der spe- cifischen Luftwiderstande fiir verschiedene Geschwindigkeiten als Anhaltspunkt * Siehe dritter Abschnitt. 245 beniitzt werden kann. Bezeichnet die Entfernung der ersten Scheibenrahme von der Mundung und s den Abstand der Scheibem-ahmen von einander, so ist f = s,A der vorangefiihrte Weg des Geschosses; sei ferner SB der der Ge- schwindigkeit v annahernd zukommende specifische Luftwiderstand, so besteht fiir die geradlinige Bewegung des Geschosses innerhalb des Weges l die Gleichung 2 g woraus V- = v‘ + yf r'biSSl Gr folgt. Beispiel. Bei dem ogivalen 15 Geschosse vom Gewichte G = 35• 2 kjg betrage die Apparatgesclnvindigkeit v = 495 m ], die Entfernung der ersten Schei¬ benrahme von der Mundung s, = 25 m j, der Rahmenabstand s = 50 m f, daher 1=50'”*/; fiir diese Geschwindigkeit kann 28 = 1 • 05 % pro Quadratcentimeter gesetzt werden, mit welchen Daten sich V = 500'2 oder rund V — 500'"*/ ergibt. Um den Erhebungswinkel zu messen, wird in moglichster Nahe der Mundung eine Zielscheibe aufgestellt und auf derselben die Stelle markirt, wo das Geschoss einschlagen miisste, wenn der Ab- gangswinkel genau gleich dem Elevationswinkel ware;* aus der Ab- weichung des wirklichen Einschlages vom markirten und der Distanz der Zielscheibe ergibt sich der Erhebungswinkel. Zur Festsetzung des Luftwiderstandscoefficienten muss der experimental-analitische Weg (Beobachtung und Rechnung) ein- geschlagen werden. Hiezu wird eine der ballistischen Gleichungen als Basis angenommen, die in derselben vorkommenden variablen Grossen praktisch ermittelt und durch Auflosung der Gleichung nach der W r' K ic Constanten diese bestimmt. In dem Ausdrucke a = — = l ■ -— . <1 mv n 2(/m der in den ballistischen Gleichungen vorkommt., ist d, das Eigen- gewicht der Luft, von dem Zustande der Atmosphare (Barometer- und Thermometerstand, Feuchtigkeitsgehalt der Luft) abhangig, also als von Schuss zu Schuss veranderlich zu betrachten ,** so dass l oder, * Hiezu kann wegen der geringen Distanz der Scheibe der Einfluss des Luftwiderstandes ausseracht gelassen und nur die Senkung des Geschosses infolge der Schwerkraft in Rechnung gebracht werden. ** Hier, wo es sich um moglichst genaue Feststellung der fur die balli¬ stischen Rechnungen nothwendigen Grossen handelt, muss S aus den Constanten ausgeschieden werden: beim praktischen Schiessen kann auf die Veranderlichkeit von 8 keine Rticksicht genommen, sondern es muss dafiir ein constanter Werth eingenommen werden, welcher dem mittleren Zustande der Atmosphiire entspricht. 246 r^ji „ X.r^7 v a nachdem nnabanderlich gegeben, der Complex , = -j = 2 gm 6 8 ’ 2 gm ci die zu errechnende Gonstant.e bildet und daher a = a'8 in die Gleichung eingefuhrt werden muss. Die Schiessversuche zur Feststellung der ballistischen Constanten iiberhaupt, insbesondere des Luftwiderstandscoefficienlen, werden unter der Bezeichnung »Porteeschiessen« begriffen. Der einfachste Vor- gang dabei ist das Schiessen gegen das freie Terrain bei Zu- grundelegung der Bahngleichung y — xtga yx‘ 2 V” ros'^CC 9) selbst., in welcher, nachdem g) = i p\b(a), a', 8, x\ ist, die Variablen a, x, y, 8 und b vorkommen. Als Basis zur Ermittlung derselben durch den Schuss wird die dem Rohre durch ein genaues Winkelinstrument (Quadrant) ertheilte Elevation angenommen. Aus folgt mit dem vorher bestimmten Erhebungswinkel t der Abgangswinkel a = /J -)- e, und aus diesem durch Rechnung nach der dalur aufgestellten Formel der Werth von b ; derWerth von 8 wird nach den wahrend des Schiessens vorgenommenen meteorologischen Beobachlnngen* gerechnet. Die Entfernung x des ersten Geschossaufschlages am Roden wird auf gewohnliche Art gemessen, die Hohe y des Aufschlages iiber oder unter dem Mtindungshorizont. durch Nivellirung gefunden .** — Ware das Geschiitz von absoluter Treffsicherheit, d. h. konnte darauf ge¬ rechnet werden, dass bei alien, unter einer und derselben praktisch eingestellten Elevation abgefeuerten Schiissen das Geschoss in dem- selben Punkte am Boden aufschlagen wird, so wtirde ein Schuss genugen, um die einem bestimmten Abgangswinkel a zugehorigen Werthe x und y festzustellen; nachdem dies jedoch nicht der Fall ist, so muss eine grossere Zahl (Serie) von Schiissen mil. derselben * Die Formel zur Berechnung von 8 ist 8 = 1-293 — JJ(1 ' 897 + 0 ' 319 ^ 760 C 1 + 273* wo B den Barometerstand in Millimetern, p den Feuchtigkeitsgehalt der Luft in Theilen der Maximalsattigung, t die Temperatur in C und 8 das Gewicht von 1 0®V Pah in Kilogramm bedeutet; als Normalzustand der Luft an der Meeres- flache kann B = 760 , t = 15°, p = 0 • 5 angenommen werden, wofiir 8 = 1 • 22 k/g ist. ** In der Praxis werden als Hilfsmittel fur die Messung von x im Terrain Distanzen von 100, 50, eventuell 10 ™/ abgesteckt und die Distanzpunkte in voraus nivellirt. 247 Elevation abgegebeo unrt als wahrscheinlicbster Werth von x, be- ziehungsweise y, das arithmetische Mittel aller resultirenden x(y) genommen werden. Aber auch eine Schusserie, d. h. eine geniigend genaue Com¬ bination der Grossen a, x, y, d und b, geniigt, noch nicht. zur Fixirung des wahren Werthes von a' oder A, denn erstlich setzt der Ausdruck T^7t a! = A • , wenn A constant sein soil, voraus, dass das Geschoss 2 gm wahrend seiner Bewegung stets eine und dieselbe Flache dem Luft- widerstande darbietet, was wegen des conischen Fendelns der Ge- schossaxe nicht der Fall ist, — es bezeichnet, daher das aus Schiissen auf einer bestiminten Distanz abgeleit.ete a' nur einen dieser Distanz enlsprechenden Mittelwerth, welcher nicht ohne Weiteres als fur andere Disianzen giltig angenommen werden kann: ferner ist die m Grunde gelegte Gleichung selbst sowie der Werth von b nur annahernd richlig; ebenso ist es nicht gleichgiltig, welches Luftwiderstandsgeselz (welche Gleichung) der Berechnung zu Grunde gelegt, wird, da, von einer einzigen Combination der ballistischen Grossen ausgehend, sich versehiedene Reihen fur die analogen Grossen (z. B. Schussweiten fur bestimmte Abgangswinkel) ergeben, je nachdem das eine oder das andere Luf'twiderstandsgesetz angenommen wird * Aus diesen Grilnden * Geht man z. B. bei einem Geschosse, dessen Anfangsgeschwindigkeit mit V = 500 ™/ geinessen wurde, von der Combination a = 6°, X = 3274 ™/ aus und rechnet die verschiedenen anderen Abgangswinkeln zukomnienden Schussweiten einmal nach dem quadratischen und dann nach dem biquadratischen Luftwider- standsgesetze, so findet man fur a = 2° 4“ 6" 8° 10° 12° quadratisches Gesetz X= 1443™/, 2453*/, 3274 ™/, 3737 ’"/, 4340’"/, 4762’"/, biquadratisches » X=1404’7, 2429 ’"/. 3274 "7 , 4006’"/, 4658’7, 5248’"/. Wie dieses Beispiel zeigt, charakterisirt sich das biquadratische Gesetz gegeniiber dem quadratischen dadurch. dass die bestimmten Abgangswinkeln zukomnienden Schussweiten weiter auseinander rucken. Der Unterschied zwischen diesen beiden Gesetzen tritt noch greller hervor, wenn man von einem bestimmten Luftwiderstand an der Miindung ausgehen, beispielsweise, um das PorhSeschiessen ganz zu uingehen, die Angaben der unter It. angefuhrten Tabelle der specifischen Widerstande beniitzen wurde. Rechnet man fur das ogivale 15 Geschoss vom Gewichte 35-2^ und der Anfangsgeschwindigkeit 500™/, den specifischen Wider- stand an der Miindung mit 1'05 pro Quadratcentimeter genommen, die Horizon- taldistanzen, so hat man fur a = 2° 4° 6° 8° 10° 12° quadratisches Gesetz X= 1443™/, 2453 ™/, 3274’"/, 3837™/, 4340’"/, 4762’7, biquadratisches » X = 1478™/, 2611 ’7, 3562’"/. 4393’7, 5137’"/, 5813’"/. 248 ist. es nothig, mehrere, verschieden weit auseinander liegenden Di- stanzen Oder Elevationen entsprechende Combinationen zu erraitteln, um einen Anhaltspunkt fur das zu wahlende Luftwiderstandsgesetz zu gewinnen und einen alien in der Praxis vorkommenden Elevalionen genugend gut entsprechenden Mittelwerth von a' zu finden. Die gleichzeitige Berechnung der Anfangsgeschwindigkeit aus den Resultaten der Schusserien und der Vergleich derselben mit der ge- messenen Anfangsgeschwindigkeit. bietet das beste Mittel, um das passendste Luftwiderstandsgesetz zu finden. Um aus einer Reihe von Schusserien gegen das freie Terrain die wahr- scheinlichsten Werthe der Constanten (Anfangsgeschwindigkeit und Luftwider- standsconstante) zu bestimmen, kann mit Vortheil die Methode der kleinsten Quadrate beniitzt werden. Der Vorgang hiebei ist im Allgemeinen folgender: Wird die Gleichung der Flugbahn auf die Form 2 cos 2 a. I, u\ 1 m gebracht. so entha.lt der linke Theil der Gleicbung 2 cos 2 1 gx / v\ 2cos 2 o X' J * - x) = - gx (tgx — ty9) — A, wo D- den Positionswinkel des mittleren Treifpunktes bedeutet, nur variable Grossen, welcbe sich aus den Beobachtungen beim Schiessen ergeben, so dass, wenn in diesen Ausdruck fiir a, x, »/({)■) successive die Mittelresultate der Serien, namlich eingesetzt werden, annimmt. Im zweiten Theile der Gleichung 1 9 = kW,Z,«(b),V,x]. V- kornrnen die beiden Constanten Fund a' nebst den Variablen 3, a (b) und a; vor; wenn D durch Einsetzen der obigen Mittelresultate der Serien fiir x und a sowie der Werthe hj . . . bn 0 . und o., On die Werthe D, ty., f) 3 . . . erhalt, so bestehen principiell die n Gleichungen 4 _ ft , _ h A _ V, A _ , Ao - , A. 6 y- 2 , . . . ^J 249 diirch welche die beiden Grosseti F und a' iiberbestimmt sind. Wei'den zwei dieser Gleichungen nach den Constanten aufgelost, so erhalt man annahernde Werthe fiir F und a', welche mit F 0 und a\ bezeichnet wei'den sollen und von den richtigen (wahrscheinlichsten) Werthen F und a' urn die kleinen Grossen AF und Aas' verschieden sind, wobei AF= F — F„ und Att'= a ' — a\ ist. Be¬ zeichnet man die Werthe, welche { Q l p, D- . . . annehmen, wenn in denselben die errechneten angenaherten Werthe F 0 und a' a eingesetzt werden. mit 9°. 9°. S°3 9 # «. setzt man ferner allgeniein 1 9 ° = n, a- B : C dB - ’ dV„ 2 V - 3 D° da „ 1 rj (W da' I, E, wobei die Grossen B, C, D und E durch Einsetzen der Serienwerthe fur a, x, b und 8 in B t B 2 B t . . . Bn C 2 C ;i . . . C n n, d 2 d, . . . D n E t E 2 E 3 . . . En iibergehen, so ergeben sich A V und A«' aus ZE 2 .Z CD — X I)E. Z CE _ ZDKZCE — ZDE .'LCD ~ ZD 1 . ZE 1 — ( ZDE) 1 ’ a ~ ZD\ZE* — (ZDEy~ wobei ZE 1 = Ef + E 2 - + E 3 2 + . . . + -EVL ZDE = DJ\ + D 2 E 2 + D 3 E 3 + . . . Dn En u. s. f. bedeuten. Beispiel. Bei sechs Schusserien wurden die Abgangswinkel (durch den Erhebungswinkel corrigirte Elevationswinkel) * = 2° 4° 6° 8° 10° 12° angewendet und hiebei x — 1451, 2483, 3264. 3798, 4284, 4721 m j y = —1-4, —5-5, —3-4, +1-2, +11, + 17-5™/ it = —3'19", — 7'39", —3'35”, +1'5", +8'50", +12'59" 5 = 1-20473, 1-20964,1-21064,1-21183, 1-25731,1-25618 gemessen, beziehungsweise aus Beobachtungen berechnet. Lost man die fur a = 4° und a = 10° geltenden Gleichungen nach den Constanten auf, so erhalt man: bei Annahme des quadr.Luftwiderstandsgesetzes F 0 = 487-24 m j, a' 0 = 0-00015537. » » » cubischen » F 0 = 515™/, «' 0 = 0 6 • 4643. Nach Durchfiihrung der obigen Rechnung findet man fiir das quadratische Gesetz AF = +1-09™/, A a' — +0 5- 13, » » cubische » AF= — 1-24 *//, A«'=+0 I0 -84; daher sind die wahrscheinlichsten Werthe von F und «' beim quadratischen Gesetz F 2 = 488-33™/, a' 2 = 0-00015667, » cubischen » F, = 513-76™/, a' 3 = 0 G • 464384. 250 Bei Annahrne des bic|uadratischen Luftwiderstandsgesetzes* ergeben sich als wahrscheinlichste Wertlie F, = 551-55 m j, a\ = 0 8 -134099. Rechnet man, zur Probe, rnit diesen Werthen von V und a' und mil den gegebenen a (b), 8, und ft die den angewendeten Abgangswinkeln zugehorigen Schussweiten *, so findet man fur a = 2° 4° 6° 8° 10° 12° quadratisches Gesetz * = 1442 *7, 2486’"/, 3241™/, 3851 *7, 4280*7, 4706*7, cubisches » * = 1471 ’7, 2477™/, 3211 ’7, 3823 "7, 4275’7, 4737’7, biquadratisches » * = 1494™/, 2465”'/, 3188™/, 3806™/, 4282’7, 4776™/, beobachtet wurden * = 1451 ”7, 2483™/, 3264 ’7 , 3798*7, 4284*7 , 4721 "7. Wie man sieht, ist die Oebereinstimmung der beobachteten und der ge- rechneten Schussweiten in alien drei Fallen eine ganz gute, .jedoch weichen die Anfangsgeschwindigkeiten, welche die Basis dieser Berechnungen bilden, selir bedeutend von einander ab, so dass ein Vergleich derselben mil der durch directe Messung gefundenen Anfangsgeschwindigkeit einen deutlichen Fingerzeig fur das zu wahlende Luftwiderslandsgesetz bietet. Wiirde beispielsweise die gemessene Anfangsgeschwindigkeit 490 ”7 betragen. so wiirde dies darauf hindeuten, dass bier das quadratische Gesetz das passendste ist; mit einer kleinen Correct nr wiirde der gefundene Werth von a'., dieser Geschwindigkeit noch gut entsprechen, denn mit F = 490’7 und a' 2 = 0-0001587 erhalt man folgende Schussweiten: fur «= 2° 4° 6° 8° 10° 12° * = 1448*7 , 2486*7 , 3242*7 , 3853*7 , 4274 "7, 4696*7. Zur scharferen Bestimmung der Constanten wird man Daten zu gewinnen trachten, um dieselben auch aus anderen Gleichungen zu berechnen und die Rechnungsresult.ate unter einander zu ver- gleichen, wodurch sich weitere Anhaltspunkte zu einer eventuellen Richtigstellung Oder Aenderung des Luftwiderstandsgesetzes ergeben. Zu diesem Zwecke wird man bei den Schusserien eine Messung der den verschiedenen Schussdistanzen x entsprechenden Endgeschwin- digkeiten, Flugzeiten und Einfallwinkel nach Thunlichkeit ausfiihren, * Die einfachere. fiir dieses Gesetz gillige Formel gestattet folgendes ein- fache Verfahren: Die Gleichung auf die obige F'orm gebracht, ist ^ * {tg a — tg ft) = gx = — + “ 8bx 3 cos 2 a.a', wird ~ bbx-'cos-tt = M gesetzt, so ist A = -yr, + Ma', wobei M durch Einsetzen der successive)) Werlhe von oa(b) und * in If, M 2 M 3 ...M n iibergeht; die wahrscheinlichsten Werthe von Fund a' ergeben sich directe aus 1 Sif 2 . ZA — 2M . I, AM , nZAM— 2U. SAf. V 2 nZM 2 — (ZAf) 2 ’ a ~ ' % 67 . ItiQi. ini k.k. t.$ a,. MUctdr- CcwM.6,1821. wobei nach vorgenommener Correctin' der Abgangswinkel durch die Positionswinkel & der Aufschlagspunkte ^tg A = die x als hori¬ zontal Schussweiten angesehen werden. Die Endgeschwind.igkeit.en werden mit. denselben Mit.teln gernessen wie die Anfangsgeschwindigkeit, wobei die Rahmenscheiben, fiber welche die elektrischen Drahtleitungen geffihrt sind, in mog- lichster Niihe des Aufschlagpunktes aufgestellt und die gemessenen Geschwindigkeiten, welche sich auf einen Punkt in der Mitte zwischen den Rahmen beziehen, mit Hilfe der ungefa.hr ermittelten Luftwider- standsconstanten an den Aufschlagpunkt reducirt werden. Zur Beobachtung der Flugzeit bedient man sich genau gehen- der Uhren, welche derart eingerichtet sind, dass sie im Momente der Schussabgabe in Gang gesetzt und im Momente des Geschossaufschlages eingestell! werden konnen. Rationeller sind Zeitmesser, welche auto- matisch, niimlich nach dem bei den Geschwindigkeitsmessern angewen- deten Principe durch Unterbrechung von elektrischen Stromen* in und ausser Thatigkeit geselzt werden. Der gegenwartig gebrauehlichste derartige Apparat ist der Klepsyder (Quecksilberuhr) von Le Bou- lenge, welcher in Fig. 67 dargestellt ist. Der Klepsyder bildet ein scbalenformiges Gefass A mit einem cylindrischen Fortsatze B nach unten, welcher sich am Ende conisch verengt. und in einen sehr engen Kanal b auslauft; das ganze Gefass ist mit Quecksilber gefullt. Central durch das Gefass geht. eine Stange C, welche unten mit dem conischen Ventil c versehen ist, das die Oeffnung b verschliesst. Die Stange C ist gelenkartig mit dem um die fixe Axe d drehbaren zweiarmigen Hebei D verbunden. Oberhalb des Hebels D ist der Oeffnungs- hebel E angebracht., welcher durch den Elektromagneten M in der gezeichneten Lage gehalten wird; die Stromleitung dieses Elektro¬ magneten ist fiber eine Rahmenscheibe geffihri, die in moglichster Niihe der Geschfitzmfindung aufgestellt ist. Sobald das Geschoss beim Durchschlagen der Rahmenscheibe die Stromleitung unterbricht., fallt. der Oeffnungshebel mit der Schraube e auf den Hebei D herunter, der * Bekanntlich sind die Gescbwindigkeitsmesser eben auch nichts anderes als Zeitmesser, nur dass die zu messende Zeit eine sehr kurze ist. Die fiir die- selbe eigens eingerichteten Apparate eignen sich grosstentheils nicht zum Messen der ganzen Flugzeiten, welche, besonders bei grossen Distanzen, mehrere Secunden betragen; dies ist beispielsweise beirn Geschwindigkeitsmesser von Le Boulenge der Fall, weil die Fallhohe viel zu gross ware. 252 hintere Arm des letzteren steigt. in die Hohe und nimmt die Stange C mit, wodurch der Kanal b f'rei wird und das Quecksilber in ein kleines, darunter gestelltes Gefass F auszulaufen beginnt. In der Nahe des ersten Geschossaufschlages ist eine zweite Rahmenscheibe aufgestellt, iiber welche die Drahtleitung eines den Elektromagneten N umkrei- senden elektrischen Stromes gefiihrt ist; dieser Elektromagnet halt das obere Ende des am die Axe g drehbaren, rahmenformig urn die Stange C und unter den Hebei E greifenden Schliessungshebels G. Beim Einschlagen des Geschosses in die zweite Rahmenseheibe fallt der obere Arm des Schliessungshebels G herab, der untere Arm geht in die Hohe und hebt den OefFnungshebel E, wodurch der Hebei D t'rei und die Stange G niedergedriickt wird, das Ventil c die Ausfluss- offnung verschliesst und das Auslaufen des Quecksilbers einstellt. Aus dem Gewichte des ausgeflossenen Quecksilbers* ergibt sicli die Zeit T =t’-\-1", wo t' die zwischen den Einschlagen des Geschosses in die beiden Rahmenscheiben verstreichende Zeit, - t" die Arbeitszeit des Apparates bezeichnet; die letztere Zeit wird wie beim Le Bou- lenge’schen Geschwindigkeitsmesser durch gleichzeitige Unterbrechung der beiden Strome mittelst des Disjoncteurs ermittelt. Zur Zeit t' muss die annahernd richtig ermittelte Flugzeit, des Geschosses von der Miindung bis zur ersten Rahmenscheibe und von der zweiten Rahmenscheibe bis zum Geschossaufschlage hinzugeschlagen werden, um die ganze Flugzeit zu erhalten. Zur Ermittlung des Einf all wink els wird in der Nahe des ersten Aufschlages eine geniigend hohe Bretterwand als Zielscheibe MN (Fig. 68) aufgestellt; aus der Hohe MN = y des Treffpunktes Fig. 08 . M(x, y) in der Scheibe iiber der Grundlinie des Schusses und aus der Entfernung NZ = X — x der Scheibe vom Geschossaufschlage * Selbstverstandlich muss vorher die in Einer Seeunde ausfliessende Quan- litat des Quecksilbers genau ermittelt sein; damit diese als constant gesetzt werden konne, darf die Druckhohe nur sehr wenig veranderlich sein, welcliem Zwecke eben die schalenffirmige Erweiterung des Gefasses dient. 253 ergibt, sich der Einfallwinkel niZA = ' X _ x substituirt werden; fur diese gilt die Gleichung y = xtg <& —, woraus ta CP = ~ folgt. Bezeichnet. man den Winkel MZN , * x X — x weleher sich ergeben wiirde, wenn das Flugbahnstuck MZ als gerad- X linig betrachtet wird, mit, xp, so ist — — tg xp und tg CD = — • tg xp\ zx. - SC SC ist, das Verhalt,niss ■ nicht viel von der Einheit verschieden. was x bei grosseren Distanzen der Fall ist, so kann CD = xfi gesetzt, d. h. CD aus dem Dreiecke MNZ bestimmt werden. — Um das Gesetz der Abhangigkeit der durch die Geschossrotation hervorgerufenen Seitenabweicbung (Derivation) von der Scliuss- distanz zu finden, wird bei jeder Schusserie die Riehtung der Ver- ticalebene durch die Boh rax e durch scharfes Einvisiren (mit.telst Aufsatz und Visirkorn) auf einen Zielpunkt festgestellt und die Ab- wei chung der ersten Aufschlage (wenn auf eine Scheibe geschossen wird, auch die Abweichungen der Treffpunkt.e) von der Schussebene gemessen; das Mittel der Abweichungen aller Schiisse der Serie gilt als die der betreffenden Schussdistanz entsprechende Derivation. Fur dieses Gesetz kann man eine einfache Form annehmen; in der Regel wird man geniigend ubereinstimmende Resultate erhalten, wenn man z = ex ' 1 setzt, wo x die Schussdistanz, z die Derivation, c und v die zu ermittelnden Constant,en bezeichnen* Das Porteeschiessen, vom praktischen Gesichtspunkte betrachtet, ist das erste Einschiessen einer Feuerwaffe,** wobei es sich in erster Linie * Helie hat aus Versuchen folgende Formel fiir die Derivation abgeleitet: z — k■ tff'i. K 2 sm 2 a, wo^) das Geschossgewicht, r den Bohrungsradius, y den Drallwinkel an der Miindung und k eine zu ermitlelnde Constante bedeutet; fiir ein bestimmtes Geschiitz und Geschoss, wo r, 21 und y unvei'anderliche Grossen sind, ist z = !'■’. V 2 sin 2 a. ** »Feuerwaffe« nicht als Individuum, sondern als Gattung versta.nden: alle Geschiitze gleicher Construction und desselben Kalibers umfassend, welche gleiche Geschosse mit einer bestimmten Ladung schiessen; das Einschiessen beschrankt sich daher auf nur ein Geschiitz jeder Gattung, muss aber mit diesem so oftmal wiederholt werden, als Combinationen von Geschoss und Pulverladung bei dieser Geschiitzgattung sistemisirt sind. 254 um die Ermittlung der, bestimmten, in der Praxis vorkommenden Elevationen entsprechenden Tragweite (Portde, Schussweite) des Geschosses, oder umgekehrt der zur Erreichung bestimmter Tragweiten anzuwendenden Elevationen handelt. Es wiirde zu einer allzugrossen Ausdehnung dieser Yersuche fiihren, wollte man fiir alle Distanzen, welche als Normaldistanzen fur die Schusspraxis angenommen sind (in der Marine von 100 “"f zu 100 m j steigend), die zugehorigen Elevationen ermitteln; dies ist aber auch wegen des Zusammenhanges, welcher zwischen den Elevationen und den ihnen entsprechenden Schussweiten besteht, nicht noth- wendig, sondern es genligt die directe experimentale Ermittlung einiger (nicht zu weniger) Combinationen von Elevation und Portee, um daraus durch Inter- Fig. 69. polation die auf die praktischen Nor¬ maldistanzen basirten analogen Com¬ binationen abzuleiten. Das einfachste Verfahren bei dieser Interpolation ist das graphische. Tragt man namlich* von dem Punkte A (Fig. 69), im be- iiebig angenommenen Masstabe, hori¬ zontal die gemessenen Schussweiten als Abscissen, vertical die denselben ent¬ sprechenden relativen Abgangswinkel (die bei den einzelnen Schusserien an- gewendeten Elevationswinkel, durch Er- hebungs- und Positionswinkel corrigirt) als Ordinaten auf, verbindet man ferner die so erhaltenen Schnittpunkte 1, 2, 3 ... durch eine continuirliche Curve, so kann man diesem Diagramm die jeder beliebigen Abscisse (Schussweite) entsprechende Ordinate (Abgangswin¬ kel) entnehmen.** Auf gleiche Art kon- nen, wenn eine genugende Reihe von Endgeschwindigkeiten, Flugzeiten, Ein- fallwinkeln oder Seitenabweichungen ermittelt wurde, die alien praktischen Normaldistanzen zukommenden beziig- lichen DaJ.en bestimmt werden. Jedoch ist dieses rein graphische Verfahren in mehrfacher Beziehung unzulanglich: erstlich gehort eine ziemlich grosse Anzahl von Punkten dazu, um die Curve * Am besten mit Benutzung eines in kleine Quadrate eingetheilten Papiers, — Gitterbogens. ** Werden als Ordinaten nicht die Abgangswinkel, sondern die relativen Elevationswinkel Pi P 2 Pa - ■ ■ (Fig- 70) aufgetragen, so kann graphisch der Erhebungs- winkel s = Aa ermittelt werden, was zur Controle des direct gemessenen Er- hebungswinkels dient. 255 mit geniigender Genauigkeit zu ziehen; — ferner miissten, ura die Resultate des Porteescliiessens sofort als Nonnaldaten fur die Praxis betrachten zu konnen, alle Beobachtungen einer bestimmten Reihe bei dem normalen oder mindestens einem nicht stark davon versehiedenen Zustande der Atmosphare (ruhige Luft, normale Luftdichte) angestelit worden sein, was haufig nicht der Fall ist; — ebenso kann man, wenn iiber einen der im unmittelbaren Zusammenhang stehenden ballistischen Factoren, beispielsweise iiber die Endgeschwindigkeit, keine oder nur ungeniigende Beobachtungen angestelit wurden, die darauf beziig- lichen Daten aus keiner anderen Beobachtungsreihe ohne Anwendung ballistischer Rechnung ableiten etc. Nachdem somit die ballistische Rechnung schon zur eventuellen Vervoll- standigung der Beobachtungen in Bezug auf die ballistischen Fundamentalfactoren (Schussweite, Endgeschwindigkeit, Flugzeit, Einfallwinkel), noch mehr aber zur Losung verschiedener hieher einschlagiger Aufgaben* unerlasslich ist, so muss an die Stelle der bloss graphischen Interpolation** die analitische Inter¬ polation treten, welche eben in der Berechnung der Constanten der ballistischen Gleichungen aus Beobachtungsreihen besteht und im vorangegangenen Texte ihren Grundziigen nach dargelegt wurde. Nachdem eine (und die wichtigere) Gruppe dieser Constanten (Anfangsgeschwindigkeit, Luftwiderstandsconstante) alien auf die Verticalprojection der Flugbahn beziiglichen Gleichungen gemeinschaftlich ist, so konnen aus einer oder aus wenigen, fur die Interpolation genfigenden Beobachtungsreihen nicht nur die auf dieselben beziiglichen, sondern auch alle anderen nicht beobachteten Nonnaldaten der Schusspraxis durch Reciinung ge- funden werden. Auch konnen beirri analitischen Verfahren die Verschiedenheiten des atmospharischen Zustandes (Luftdichte, Luftbewegung) in Berucksichtigung gezogen und daher alle Glieder einer Beobachtungsreihe auf gleiche — normale — Umstande reducirt werden. Die Art, wie eine abweichende Luftdichte zu beriicksichtigen kommt, wurde schon oben im Text angegeben. Der Einfluss des Windes, selbst eines solchen von betrachtlicher Starke, auf die Schussweite und die ubrigen auf die Vertical- projection der Bahn beziiglichen Factoren ist so gering, dass er, besonders bei grosserer Geschossgeschwindigkeit und schweren Geschossen, ganz ausser Betracht gelassen werden kann, wie folgende ungefahre Berechnung zeigt. Der Druck IS des Windes von einer Geschwindigkeit = 0 auf eine Flache vom Inhalte = f ist U 2 SB f — . 6 wo rtt einen von der Grosse und Form der getroffenen Flache 2 g * Zur Bestimmung anderer, fiir die Schusspraxis wichtiger Daten; siehe die folgende Abtheilung IV. ** Die graphische Darstellung der Resultate des Porteeschiessens kann immerhin als Hilfsmittel angewendet werden, um sich iiber den Grad der Ueber- einstimmung der Mittelresultate der Schusserien unter einander zu orientiren und auf etwaige, bei einzelnen Schusserien vorgekommene ausserordentliche Storungen oder Unregelmassigkeiten in einfacher Weise gefiihrt zu werden. Weicht namlich bei Verzeichnung des Diagramms einer der erhaltenen Punkte auffallend weit von der durch die ubrigen Punkte markirten Mittelcurve ab, so wiirde dies auf eine Unregelmassigkeit bei der betreffenden Schusserie hindeuten. 256 abhangigen Coefficienten bezeichnet; fiir Meine ebene Flachen (Geschossboden) kann m = 1 • 86, fiir abgerundete Flachen (Geschosspitze) ungefahr m = 1 • 5 gesetzt werden. Nimmt man nt = 1 • 86 und das Eigengewicht der Luft o = 1'22 hfe pro Cubikmeter an, so kann der Druck des Windes auf den Geschossboden SB = 0 • 12 f . » 2 gesetzt werden, wo f die Geschossquerschnittsflache in Quadrat- metern, D die Windgeschwindigkeit in Metern bedeutet und SB in h/g resultirt (der Druck auf die Geschosspitze ungefahr SB = 0'093f . ti 2 ). Bei einem 15% t Geschoss, dessen Querschnittsflache f = 0'0177Q™/ betragt, ware der Druck des Windes von der Geschwindigkeit » = 12 '"’j (ungefahr Windstiirke 6 der zehn- theiligen Scala) auf den Geschossboden SB = O'3 k lg, — eine gegen den normalen Luftdruck, der bei einer Geschossgeschwindigkeit von 400 ™/ nahezu 150 hfe betragt, verschwindende Grosse, welche die Schussweite nur unbedeutend alterirt. — Hingegen ist der Einfluss eines stiirkeren Windes auf die Seitenabweichung des Geschosses in den meisten Fallen so betrachtlich, dass er nicht unberiicksichtigt bleiben kann. Fiir m = 1 ■ 5 ist SB = 0'093f . 0 2 , wobei f nunmehr die Langen- schnittsflache des Geschosses bedeutet; fur ein 15%. Geschoss, dessen Liingen- schnitt nahezu 0'05n™/ Flacheninhalt besitzt, ist bei der Windgeschwindigkeit n = 12 der Seitendruck SB = O'67 ty. Durch diesen Druck wiirde das, sonst in Ruhe gedachte Geschoss vom Gewichte G = 35'2% in der Zeit t = 10 Sec. uni den Weg von £ = 9'4 m j* nach seitwarts bewegt; nimmt man an, dass dies wahrend des Geschossfluges in demselben Grade stattfindet, so wiirde die durch die Geschossrotation bedingte — normale — Seitenabweichung (Derivation) um dieses Mass vergrossert oder verkleinert, je nacbdem der Wind das Geschoss von der linken oder der rechten Seite trifft. Mit der Anfangsgeschwindigkeit von 400 ®y wiirde das Geschoss in 10 Sec. ungefahr 3000 Distanz erreichen und seine Derivation ware beilaufig 20™/, — eine Veranderung derselben um fallt daher sehr bedeutend ins Gewicht. Hieraus entspringt die Nothwendigkeit, beitn Porteeschiessen auch die Richtung und die Starke des Windes zu beobachten, um den Einfluss desselben, mindestens bei der Seitenabweichung, in Anschlag bringen zu kijnnen. Die Windrichtung wird folgendermassen in Rechnung gebracht: 1st rj der Winkel, welchen die Windrichtung mit der Schussrichtung einschliesst, so ist der Druck in der Schussrichtung von der Geschwindigkeitseomponenle ticosv), der Seitendruck von der Componente ti sin r t abhiingig, daher der letztere 28s = m . f . 6 s i H ^ ■ 3 zu setzen. 2 g IV. Anwendungen der Ballistik. 1.) Die wichtigste Anwendung der Rallislik betrifft die Frage: welche Richtung dem Geschutze gegeben werden muss, um einen Punkt. im Milndungshorizont, dessen Distanz von der Miindung = X ist, zn treffen? Bezuglich der Hohenricht.nng ist liiefur dieGleichung * Nach der Formel t = A — < 2 = A q , t 2 . 2 m 2 G 257 tg a ffX 2V-cos"a 9 massgebend, aus welcher fur den Abgangswinkel a sin 2 a = |Jg) folgt..* Wird von a der Erhebungswinkel e abgeschlagen, so ergibt sich der dem Rohre zu ertheilende Elevationswinkel ft = a — s. Soli dem Rohre die Elevation nicht mittelst. eines Winkelinstrumentes, sondern mit dem Aufsatze gegeben werden, wie dies grosstentheils geschielit, so bestimmt sich die dem Elevationswinkel § enlsprechende Aufsatzhohe 21 wie folgt: 1st in Fig. 71 M der Mlindungsmittelpunkt, Z der Zielpunkt, MZ — X die Schussdistanz, NMZ = ft der Elevationswinkel, K die Fig. 71. Spitze des Visirkornes, AK—& (parallel zur Rohraxe K'M) die Rrundvisirlinie, AA' = 2t die Aufsatzhohe, -^A'KA = ft', so ist 21 = £ tg ft'. Um tg ft' auszudrucken, ist im Rreiecke MZN X-.MN = = sin ft' : sin r h und da ft' ~ ft -(- tj, daher rj — ft' — ft, so folgt X sin (ft' — ft) — MN. sin ft' * Nachdem im zweiten Theile der Gleichung in die von a abhangige Grosse b, evenluell (bei Annahme des cubischen oder biquadralischen Luftwider- standsgesetzes) auch cos a vorkommt, so fiihvt hier eine Naherungsrechnung am einfachsten zurn Ziele. Man nehme zur Bestimmung von 5?) einen ungefahren Werth fur a an, mit welchem sicli aus sin 2a, = y„ $ ein erster Naherungswerth a, fur a ergeben wird; diesen beniitze man zur genaueren Bestimmung von D als Di, womit sich aus sin 2x.,= ~ D, ein zweiter Naherungswerth a 2 ergibt; wird mit diesem auf dieselbe Art wie mit dem ersten verfahren, so erhalt man einen dritten Naherungswerth a :1 u. s. f. Grosstentheils wird der zweite Naherungswerth schon geniigend genau sein, d. h. es wird $ 2 so wenig von ‘§ l abweichen, dass durch die Weiterfii lining der Rechnung a nur unwesentlich moditicirt werden wiirde, daher die Rechnung bei a 2 abgebrochen werden lcann. 17 258 Bezeichnet MK' = ® die senkrechte Entfernung der Kornspitze von der Miindungsflache, KK' = § die Hohe der Kornspitze Liber der Rohraxe, so ist § = (® -|- MN) tg ft' und MN = § ctg ft' — ®. daher durch Einsetzen dieses Werthes in die obige Gleichung X sin (ft' — ft) = § nos ft' — ® sin ft' und weiters X ( sin ft' cos ft — cos ft' sin ft) — Jp cos ft' — ® sin ft', X (tg ft' cos ft — sin ft) — .

_|.xsinft ®-f X cos ft ergibt. Setzt man in der Gleichung fiir die Aufsatzhohe X = 0, ivobei a = 0. p = —e wird, so folgt fiir die anfangliche Aufsatzhohe, d. h. um den an die Miindung geriickt gedachten Zielpunkt anzuvisiren. ?t 0 = S = ; lasst man X und <£) infolge dessen auch (J wachsen, so wird sowol der Ziihler als auch der Nenner von ^ ^^ S "’ p zunehmen, aber anfangs, so lange die Elevalionen klein sind, der Nenner im grosseren Grade als der Zahler, so dass fiir kleine Distanzen die Aufsatzhohe immer kleiner wird; in der Folge wird sich wegen der rascheren Abnahme von cosp das Verhaltniss umkehren und die Aufsatzhohe mit der Distanz zunehmen. Es wird also die kleinste Aufsatzhohe nicht der kleinsten Distanz (X = 0), sondern einer anderen entsprechen, welche von §, $ und dem Verhaltniss von X zu (3 abhangt. Sei z. B. 2 = 2™/, § = 0'75 OT f, $ = 2-50 7, s = 0, und fur X = 0, 50 */, 100 7, 200 7, 300 7 , 400 7, 500 7, P = 0 3' 7' 15' 23' 32' 42' so ware 3t = 600 7,,, 30”%, 18%, 16%, 18 7™, 22%, 27%. Es wiirde also in diesem Falle die Aufsatzhohe bis zur Distanz von 200 7 ab-, dann zunehmen, die Aufsatzhohe fiir 300 7 ware dieselbe wie fiir 100 7- jene fiir 500 7 kleiner als fiir 50 7 etc- For grossere Distanzen wird § gegen Xs?»p und ® gegen Xcos p so klein, dass sie vernachlassigt werden konnen, daher fiir die Aufsatzhohen die einfachere Formel % = 2t?P beniitzt werden kann. Beziiglich der Seitenrichtung ist, wenn das Geschoss eine Derivation (z. B. nach rechts) hat, zu beriicksichtigen, dass die Schuss- ebene nicht auf den Zielpunkt selbst, sondern um den Betrag der Derivation seitlich (nach links) von demselben eingerichtet werden muss; um den Zielpunkt selbst anvisiren zu konnen, muss das Ab- sehen am Aufsatze um ein entsprechendes Mass auf die der Geschoss- abweichung entgegengesetzte Seite (nach links) verschoben werden. 259 Die Seit.enverschiebung @ /jya § = -g- — V ^ - XHctg 00 zu nehmen. Beziiglich des bestrichenen Raumes ist noch Folgendes zu bemerken: Ebenso wie am Ende wird auch am Anfange die Flugbahn auf eine Lange 5' bestreichend * Eine solche Annahme, als ob das Geschoss von Z gegen A anstatt von A gegen Z geschossen wiirde, ist wegen der vollstandigen Symmetrie der para- bolischen Bahn zulassig und wird aus dem Grunde vorgenommen, weil es sich hier um das Bahnstuck MZ handelt. 263 sein, welche sich analog dem fruheren annahernd aus E' = X V¥- XH ctg a. bestimmt; nachdem so muss E'> ? sein. Eine bestimmte Zielhohe H vorausgesetzt, muss sowol E als E' mit der Zunahme der Distanz kleiner werden, nachdem infolge des Wachsens der Winkel <1> und a die Endstiicke der Bahn immer steiler werden; umgekehrt zeigen die obigen Gleichungen, wenn man sie ? = f (i - Vl - x^jj und ?' = f (d - V 1 - SChreibt > dass mit der Abnahme der Distanz. wobei auch d> und a kleiner werden, auf beiden Seiten 4 H ein immer grosserer Theil der Bahnhalfte bestreichend wird. Fiir = 1 oder X X H = — tg a wird E ' = 0 , d. h. es reicht der bestrichene Raum am Anfange der 4 u Bahn bis zur Bahnhalfte, fiir II = — tgQ> findet dies beim bestrichenen Raume X am Ende der Bahn statt; nachdem H= - tg bei einer kleineren Distanz als H = ~tga eintritt, so ist mindestens fiir alle Distanzen X <[ &Hctg die Flug- bahn der ganzen Lange nach bestreichend. Wird die Zielhohe H vergrossert. so wachst der bestrichene Raum im grosseren Verhaltnisse als die Zielhohe; denn es ist fiir die Zielhohe H (XE — E 2 )^ = XH und fiir die Zielhohe 2 H ( X E; — Ei 2 ) tg O = 2 XH, wird die erste Gleichung mit 2 multiplicirt und von der zweiten abgezogen, so folgt XE, — 2XE—5i 2 + 2E 2 = 0 Oder XE, — M 2 = X.2 E — 2E 2 = X(2E) — (2E) 2 + 2E 2 , daher Ei > 2 E. Fur eine bestimmte Zielhohe ist auf einer und derselben Distanz der be¬ strichene Raum um so grosser, je kleiner < t>(a), d. h. je flacher — rasanter — die Flugbahn ist; nachdem der Einfallwirikel um so kleiner wird, je grosser die Anfangsgeschwindigkeit des Geschosses und je kleiner der Luftwiderstand, so sind diese beiden Factoren fiir die Erzielung rasanter Flugbahnen mit grossen bestrichenen Raumen massgebend. Die Rasanz der Flugbahn gewahrt den Vortheil, dass auch dann noch das Ziel nicht verfehlt wird, wenn die Distanz des Ziel- objectes um die Lange des bestrichenen Raumes falsch geschatzt oder das Ge- schiitz bei einer dieser Lange entsprechend abweichenden Elevation abgefeuert wurde; je langer daher der bestrichene Raum, desto grosser kann der Fehler in der Distanzschatzung sein, ohne dass der Schuss fehl geht. Der bestrichene Raum innerhalb der Geschossbahn bis zum ersten Aufschlage gleicht nur fehler- hafte Schatzungen der Distanz aus, wenn diese z u gross angenommen wurde; ist die Distanz zu klein gesehiitzt worden, so wird fiir den bestrichenen Raum der Abprallwinkel, unter welchem das Geschoss den weiteren Geller macht, massgebend; dieser Winkel ist in der Regel (mindestens auf kleineren Distanzen) grosser als der Einfallwinkel, daher der bestrichene Raum nach dem Aufschlage kleiner als vor dem Aufschlage. Es muss bemerkt werden, dass in vorstehender Formel II die Zielhohe iiberdemMiindungshorizont bedeutet, dass daher der wirkliche hestrichene Raum nur dann gleich dem hier berechneten ware, wenn sich der Fusspunkt des Zielobjectes auf der durch die Miindung A (Fig. 74) gedachten Horizontallinie 264 Fig. 74. AZ bewegen wiirde. Dies ist jedoch in der Wirklichkeit (insbesondere bei Be- schiessung von Schiflen) nicht der Fall, sondern es muss angenommen werden, dass sich der Fusspunkt des Zieles auf dem naturlichen Horizont az bewegt, von welchem der Miindungshorizont AZ um die Hohe Aa = h 2 der eigenen Geschiitzmiindung abweicht. Die Hohe des Zieles fiber dem Miindungshorizont ist dann MN l = II — h. 2 = h l und der dieser Hohe entsprechende bestrichene Raum N. hiezu tritt aber noch der bestrichene X tg <1> J Raum N 2 z = lj 2 hinter dem in der Entfernung AZ = X gedachten Ziele, fur welchen die Hohe h 2 der Geschiitzmiindung iiber dem naturlichen Horizont rnass- gebend ist. Um ij 2 zu fmden, ist nach der Relation der Fallhohen fur die Punkte 0 Und A (*» - tg <1>) :Xtg> 1> = ? 2 2 : X», woraus sich S 2 = 4/j 2 I A' tg J ergibt; somit ist der totale bestrichene Raum fur die Zielhdhe 11 nunmelir e = & + ? 2 4 h„ A tg 1 Xtg J ’ Die Differenz zwischen ? (ohne Beriicksichtigung der Miindungshohe) und ?' ist bei etwas grosseren Einfallwinkeln nicht sehr bedeutend, wie nachstehendes Beispiel zeigt: Fur X = 1500 ®y, = 4°, 11= 6 ™/ ist ? = 91 "jf; die Mundungs- hohe mit h 2 = 3 m f angenommen , wobei h t = 3 ‘ m f ist, betragt der bestrichene Raum vor dem Ziele = 45 ™/, jener hinter dem Ziele ? 2 = 42 , ' 1 /, daher 5' = 87 m f. Die Differenz wird noch geringer, wenn man erwagt, dass der be¬ strichene Raum ? von 1409 m } bis 1500 m f, jener % aber von 1455 m j bis 1542 ‘"‘f geht, daher eigentlich 5 = 87 ™/ als bestrichener Raum vor dem Ziele fur die Distanz von 1542 ’7 gilt; rechnet man fur diese Distanz X = 1542 m f und 11= 6 “ m j den bestrichenen Raum ohne Riicksicht auf die Miindungshohe, indem man den Einfallwinkel mit 4°5' annimmt, so ist ij = 89 m f. Es braucht daher in der Regel (besonders auf grosseren Distanzen) die Miindungshohe, wenn sie nicht sehr betrachtlich ist, nicht in Beriicksichtigung gezogen zu werden. — Wenn 5 in der Bedeutung des gedeckten Raumes genommen wird, so ist, im Falle es sich um die Sicherung eines Objectes von der Hohe II' durch eine Deckung von der Hohe II handelt, nur die Differenz II — IV in die obige Formel einzufiihren; in diesem Sinne wird !■ der gesicherte Raum des Objectes genannt. — 265 Beim Shrapnelschiessen nehmen \ und II die Bedeutung von Spreng- intervall und Sprenghohe an, wobei zu II noch die Hohe des Treffpunkl.es, d. h. desjenigen Punktes in der Scheibe, durch welchen das nicht krepirte Shrapnel gehen wiirde, hinzugeschlagen werden muss, ran die wirkliche Sprenghohe fiber dem Boden zu erhalten. 5. ) Beim Schiessen auf ein in Bewegung begriffenes Ziel muss berucksichtigt werden, dass dieses wahrend der Zeit, T, welche das Geschoss zum Durchlaufen der Schussdistanz braucht,, seinen Ort verandert hat; hieraus ergibt sich die Nothwendigkeit, dem Zielobjecte um so viel vor Zurich ten, als die von demselben in der Zeit T zuriickzulegende Wegstrecke § betragt. Bezeichnet C die als gleich- formig vorausgesetzte Gesehwindigkeit des Zielobjectes, so folgt § aus 3 = CT t wobei T aus der dafur aufgestellten Gleiehung auf Grund von X, a und V berechnet. werden muss. 6. ) Fur die P er cuss ions wirkung, welche das Geschoss am Zielobjecte zu leisten vermag, ist die lebendige Kraft des Aufschlages Y mU 2 , daher die Masse des Geschosses und die Endgeschwindigkeit. auf der betreffenden Distanz massgebend; die letzlere lindet man nach CDS Ct 1 der Gleiehung TJ —V. ■ auf Grund von a. V, X (95 0 ) und cos W des Einfallwinkels (I). Die thatsachliche Wirkung, welche in der Ein¬ dr ingungstiefe des Geschosses in das widerstehende Object Aus- druck findet, ist von der Natur und Fest.igkeit des Objectes selbst. und des Geschossmaterials,* sowie von der Form und Construction des Geschosses, hauptsachlich des Geschossvordertheils, abhangig. Die Bewegung des Geschosses innerhalb des Zielobjectes kann als eine geradlinige angesehen werden, fur welche die Gleiehung mudu = wdx besteht, wo w den Widerstand des Zieles bezeichnet; ist J die dem Geschwindigkeitsverluste U — u entsprechende Eindringungstiefe, d. h. der Weg des Geschosses im Zielobjecte, wahrend welches die AuftrefF- geschwindigkeit U auf u sinkt,, und D die totale Eindringungs¬ tiefe, namlich der Weg des Geschosses bis u = 0 wird, so gelten die Gleichungen — — u ®) = Cwdx und ~mU‘* — fwdx. J 0 t/0 Behufs Integration muss w = f(x) eingefiihrt werden. f(x) ist von den in jedem speciellen Falle das Eindringen des Geschosses * Siehe zweiter Abschnitt »Percussionsgeschosse«. 266 begleitenden Umstanden, d. h. von dem supponirten Widerstands- gesetze* abhangig, im Allgem einen begniigt man sich. w — g -]- vx zu setzen und die beiden Coefficienten a und v fur verschiedene widerstehende Mittel durch praktische Versuche zu ermitteln: in speciellen Fallen kann selbst diese Form des Widerstandsgesetzes noeh vereinfacht werden. Von besonderer Wichtigkeit, fur schwere Geschiitze ist der Ein- dringungseffect der Panzergeschosse in Panzerplatten ; zur Aufstellung eines verlasslichen Widerstandsgesetzes wurden (besonders in England) sehr ausgedehnte Versuche angestellt, deren Resultat sich in Fol- gendem zusammenfassen lasst: Beim Durchdringen des Geschosses durch die Panzerplatte geschieht ein Abscheren des Plattenmaterials am Geschossumfange und gleichzeitig eine Verdich- tung des ausgestossenen Materials, welches wie ein Stempel durch die Platte getrieben wird; bei frei- stehenden Platten ist das letztere von einem theilweisen Ausbrechen der riickwartigen Plattenpartie nach dem Umfange eines Stutzconus mn — m'n' (Fig. 75) be- gleitet. Das gegenwartig gebrauchlichste (von Noble aufgestellte) Widerstandsgesetz basirt auf der An- nahme, dass das Abscheren des Plattenmaterials nach dem Geschossumfange als die hauptsachlichste Leistung des Geschosses zu betrachten ist, und dass dieses Ab¬ scheren wegen der Verdichtung des ausgestossenen Stempels in dem Masse schwieriger wird, je weiter dasGeschoss eindringt; dieser Voraussetzung entspricht der Ausdruck w = 'ir-ic . x . 2k, wo k einen praktisch zu ermittelnden, von dem Geschoss- und Plattenmaterial und der Geschosseonstruct.ion abhangigen Coefficienten bezeichnet. Fiihrt man diesen Werth in die obigen Gleichungen ein, so ergibt sich — m 2 ) = 2 nikd* und , 1 . 1 — mV 1 — 2rnkD'\ Hieraus folgt D— l / - 9) . r ■ als Dicke derjenigen Panzerplatte, welche vom Geschosse mit der Geschwindigkeit. U eben noch durchschlagen wird; ist die wirkliche Dicke der Platte J <( D, so durchschlagt das Geschoss dieselbe mit einem Kraftuberschuss, * Die Bewegung des Geschosses innerhalb des Zielobjectes ist principiell dieselbe, wie die Geschossbewegung in der Luft. nachdem das Geschoss nur aus einem Medium in ein anderes tritt. 267 welcher sich aus jMu' 1 = * mil 2 — 2 ruled* berechnet. Trifft das Geschoss nicht normal, sondern unter einem Winkel 0 von der Normalen gegen die Platte auf, so muss es einen Weg bis zum Durch- schlagen der Platte von der Dicke J zurucklegen. dessen Lange /l'— ist: die Wanddicke, welche vom Geschosse noch durch- cos 0 schlagen wird, ist dann D — cos © Noble hat aus Versuchsergebnissen den Werth k fur schmiedeiserne Platten und Stahlgeschosse mit ogivalen Kbpfen von 1 — Kaliber Lange, wenn im englischen Mass G- mU 2 in Fusspfund, r und D in Fuss) gerechnet wird, mit k = 4821480' berechnet. Fur metrisches Mass (lebendige Kraft in Kilogramm-Meter, r und D in Meter) ist k = 23638500 m j; wird hingegen, wie gebrauchlich, die lebendige Kraft in Metertonnen, r in Centimeter, D in Millimeter eingefiihrt, so ist k = 0 ■ 000236385 zu setzen. Aus englischen Versuchen hat sich ferner ergeben, dass eine aus zwei Oder mehreren durch Verbolzung gut mit einander verbundenen einzelnen Platten zusammengesetzte Platte ungefahr denselben Widerstand leistet, wie eine massive Platte von derselben Dicke; dasselbe gilt auch von der durch die Panzerriick- lage verstarkten Platte, wobei in Bezug auf den Widerstand eine 10 %, dicke Holzlage einer Platte von 1 %, gleichwerthig ist. Sind hingegen mehrere Platten von der Dicke A, A 2 A 3 . .. in solcher Entfernung hinter einander aufgestellt, dass das Geschoss aus der einen ganzlich austritt, bevor es in die folgende eindringt, so bestimmt sich die Geschwindigkeit U, welche zum Durchschlagen des ganzen Sistems von Platten nothwendig ist, auf folgende Art: Hat das Geschoss nach dem Durchschlagen der ersten, zweiten, dritten ... Platte beziehungsweise die Geschwindigkeit n 1 u 2 u s , mit welcher es auf die nachstfolgende Platte auftrifft, so ist fur die erste Platte — m{U t — m, 2 ) = 2 r 7 rfcA , 2 » » zweite » y m ( u i 2 — “ 2 ”) ~ 2>‘nk\./ » » dritte » -L»(w a 2 — u 3 2 ) = 2rxkk 3 2 » » tl le » y m(iJ . W„, wo W 2b die Treffwahrscheinliehkeit fur den der Hohe nach unbegrenzten ver¬ ticalen symmetrischen Parallelstreifen von der Breite = 2b und W 2h die Treff- * Anstatt der 50percentigen Streuung S kann auch die doppelte mittlere Abweiehung S' = 2 A' oder die doppelte quadratische Abweiehung S" — 2A" der Berechnung zu Grunde gelegt werden; es ist dann x = . ** Die Reihe der Trefferpercentzahlen auf verschieden breite symmetrische Parallelstreifen gestattet eine ubersichtliche Darstellung der Vertheilung der Treffer 275 wahrscheinlichkeit fur den der Breite nach unbegrenzten symmetrischen Parallel- streifen von der Hohe 2 h bedeutet; das Trefferpercent auf dieses Rechteck ist ■Prt, -A — wo p 2b = 100 w 2i , p 2h = mw. A ist. Die Treffwahrscheinlichkeit fur P* ■ P* 100 ' einen Kreis vom Durchmesser d, in dessen Mittelpunkt der mittlere Treffpunkt liegt, ist, wenn die Treffwahrscheinlichkeit nach alien Richtungen der Trefflache als gleich angenoinmen wird, in dieser Form el ist k = ~ , D = = 1’75 = 2 ist, W 2i = 0 • 8227, auf diesen Streifen ent- fallen daher 82'27% Treffer; die Treffwahrscheinlichkeit fur einen horizontal unbegrenzten symmetrischen Streifen von der Hohe 26 = 90%, betragt, da x h = 2-5 ist, W 2h = O'9082, somit entfallen auf diesen Streifen 90'82 % Treffer. Die Wahrscheinlichkeit, ein symmetrisches Rechteck von der Breite 26 = 60%, und der Hohe 2h = 90 %, zu treffen, ist W 2b 2h = W 2b . W 2h = 0 ■ 7472, auf dieses Rechteck entfallen somit 74-72% oder rund 75% Treffer. — Nimmt man die 50percentige Streuung nach alien Richtungen der Trefflache mit im Mittel 30 “j - 36 S =- g — =33%, an, so ist der Durchmesser des Kreises der GOpercentigen Streuung Z)= 57-75%,. Die Treffwahrscheinlichkeit ftir einen Kreis vom Durch¬ messer d = 82%, betragt, da k = ~ = 1-42 und ^ - = 0-25 ist, Wd = 0-75; auf diesen Kreis, welcher ungefahr denselben Flacheninhalt wie das vorangefuhrte Rechteck hat, entfallt demnach nahezu die gleiche Anzahl (75 %) Treffer. — Die Treffwahrscheinlichkeit fur einen zum mittleren Treffpunkte n i c h 1 symmetrischen Parallelstreifen (wenn der Punkt, auf welchen die Schtisse angetragen werden, der beabsichtigtemittlereTreffpunkt. nicht in der Mitte der Zielflache liegt) ergibt sich auf folgende Art: Betragt die senkrechte Entfernung des beabsichtigten mittleren Treffpunktes von dem einen Rande des Parallel- streifens = a it von dem anderen = a 2 und S die 50percentige Streuung nach der beziiglichen Richtung, ist ferner P 2aj , beziehungsweise P 2aj , das Trefferpercent auf den symmetrischen Parallelstreifen von der Breite 2n,, beziehungsweise 2a 2 , so ist das Trefferpercent auf die nicht symmetrische Zielflache von der Breite n, + a 2 und die Treffwahrscheinlichkeit H 7 a ,4 -a 2 = Pa, + a,; liegt der mittlere Treff- punkt ausserhalb der Zielflache, deren Breite a, — a 2 ist, so ist das Trefferpercent auf diese und die Treffwahrscheinlichkeit W ai —a 2 = {js-fo,— 05 O rH CO -H »o t> CO o rH t-I tH t—( CM (M p- Q o o o o 05 tO th l> CM CM (M (M CM CO CO CO o »o Sj h h « oi ■ I> l> CO CO CO CO CO CO CO H [N. ^ O r-( CM CO >0 CM CM (M CM COCOI>(MI> CM X X rH ^ O O O O O O O O O O o o o o o O rH CO rH rH _J>_ CM o o o O tO I> £> CO I> rH X CM CM COiOCOHi- O O O H H iQ CO I> CO O CM CM CM CM CO H iQ GJ CO CM CM CM CO 05 "CM CO rH H CO CO CO CO CO O rH (M CM CO o o o o o rH tO CO CO o o o 6 o th CM CO CM M 9 M CO i C CO CO O * CO 05 05 CO CO CO —t CM CO rH CM CM CM CM o © o o o H (M M ^ 1C O O C C O cc l>- CO os © o © o TH cm CO c c o o rtf l© 279 H (M r)C lO P- CM CM CM CM CM CO CO 05 rH CO co co co ^ ^ rH CO CO 05 H rH rH rH rH tO CO tO C- 05 O iQ lO lO lO co 280 Ueber den Gebrauch der Schusstafeln in der Schusspraxis ist Folgendes zu bemerken: 1.) Nachdem die Aufsatzhohen und die Seitenverschie- bungen furalle in der Praxis voraussichtlich voi'kommenden Distanzen auf dem Aufsatze aufgetragen sind, so ist beim Vormeislerfeuer mit Aufsatz unter normalen Verhaltnissen eine Heranziehung der Schusstafel bei Angabe der auszufuhrenden Richtung nicht noth- wendig. Sollte ausnahmsweise auf eine, die auf dem Aufsatze auf- getrage Maximaldistanz iibersteigende Entfernung geschossen werden, so unterliegt die annaherungsweise Ermittlung der dieser Distanz zukommenden Elevation und Aufsatzeintheilung keiner Schwierigkeit, indem man die beziigliche Reihe, die Differenzen der letzten Glieder derselben als Leitfaden nehmend, bis zu der betreifenden Distanz fortsetzt. In der Regel sind die in der Schusstafel angefiihrten Zahlen derart ab- gerundet, dass in den Differenzen der Charakter der Reihe nicht deutlich her- vortritt, wodurch die Fortsetzung derselben unverlasslich wird; so enthalt die obige Schusstafel folgende Reihe der Elevationswinkel: 281 Der Charakter dieser Reihe ist ziemlich deutlich: sie kann als eine Reihe der zweiten Ordnung angeseben werden, deren zweite Differenz =4 ist; die nachsten Glieder der ersten Differenzreihe waren dann 1 ° 10 ' 1° 14' 1 0 18' 1 ° 22 ' 1° 26', daher die Glieder der ilauptreihe Hieraus ergibt sich mit geniigender Verlasslichkeit filr die von 100 zu 1.00 ’7 fortschreitenden Distanzen folgende Reihe der Elevationswinkel: u. s. f. 1. Differenz 17' 17' 18' 18' 18’ 18' 19' 19' 19' 19' 20 ' 20 ' Wird auf ein sich bewegendes Ziel ein Vormeisterfeuer ab- gegeben, so ist das nach der Geschwindigkeit des Zieles nothwendige Vorriehten ins Auge zu fassen. Die Schusstafeln geben das Mass des Vorrichtens fiir 10 Meilen Geschwindigkeit des Zielobjectes; wird die Geschwindigkeit abweichend hievon geschatzt, so findet, man das Mass des Vorrichtens, wenn man die Angabe der Schusstafel mit dem Verhaltnisse der wirklichen Geschwindigkeit zu 10 Meilen multiplieirt. So betragt z. B. auf der Schussdistanz von 2000 *7 das Mass des Vor¬ richtens fiir 10 Meilen Geschwindigkeit 27 ™f; ist die Geschwindigkeit des feind- 15 lichen Schiffes 15 Meilen, so miisste um ^ x 27 = 40 1 7 vorgerichtet werden. 282 Sollte sich nach mehreren aus unveranderter Distanz auf das- selbe verticale Ziel mit einer und derselben Richtung (Aufsatzstellung) abgegebenen Schiissen, wegen der constanten Abweichung aller Treffer nach einer Seite (zu hoch Oder zu tief, nach rechts Oder nach links),* die Nothwendigkeit herausstellen, die Richtung zu iindern, so ergibt sich das Mass der Verschiebung des Visirabsehens am Aufsatze aus Folgendem: 1st in Fig. 78 Z der beabsichtigte Treffpunkt (Zielpunkt), Fig. 78. Jk jp 2 b. T T der Mittelpunld der erzielten Treffergruppe, ZT= .d die Abweichnng des mittleren wirklichen Treffers vom beabsichtigten (der Treffehler), K das Visirkorn, A die Stellung des Absehens, mit welchem die fehlerhaften Schusse abgegeben wurden, so bezeichnet der in die Verlangerung TK am Aufsatze fallende Punkt a die richt.ige Stellung, daher Aa — d die nothwendige Verschiebung des Absehens nach der, der Trefferabweichung entgegengesetzten Richtung; denn wird nach der Verschiebung des Absehens von A auf a durch Verruckung des Geschiitzes die Visirlinie aK auf Z eingerichtet, wodurch der Punkt a raumlich wieder an die Stelle A gelangt, so werden die Punkte Z und T zur Deckung gebracht. Est, ist d = AK KZ far AK kann die Lange der Grand visirlinie = L, fur KZ die Schussdistanz —x ge- setzt werden, so dass ft = A resultirt. Die Schusstafel gibt auf x alien Distanzen fur A, = 1 ' ni f m die Verruckung des Treffpunkt.es J, in Metern; betragt die Abweichung des wirklichen Treffpunktes vom beabsichtigten = A Meter, so ergibt sich die nothwendige Ver¬ schiebung des Absehens in Millimetern aus d = . Beispiel. Beiiri Scliiessen auf 2000 ™/ Distanz betrage der Treffehler t = 2'5*f; nachdem die Schusstafel A, = O’93 m f angibt, so rniisste das Absehen des Aufsatzes um S = 2-5 0-93 = 2-7 % v^rschoben werden. — * Die Ursache hievon kann entvveder eine unrichtig geschiitzte Distanz oder, insbesondere bei constanler Abweichung der Tretfer in horizontaler Rich¬ tung, ein starker von der Seite einfallender Wind sein. - 283 Ware die annahernd richtige Schatzung von A (wegen der grossen Ent¬ fernung des Zieles oder aus sonstigen Griinden) mil Sehwierigkeiten verbunden. so empfiehlt sich folgendes praktische Verfahren zur Berichtigung der Aufsatz- stellung: Ohne an der Gesehutzriehtung, mit welcher die fehlerhaften Schiisse abgegeben wurden, irgend etwas zu iindern, wird das Absehen am Aufsatze derart verschoben, dass der erzielte wirkliche mittlere Treffpunkt 7’ anvisirt werden kann, mit. dieser Aufsatzstellung wird sodann das Geschiitz auf den beabsichtigten Treffpunkt Z eingericlitet. Dieses Einrichten des Geschfitzes nach dem wirklichen mittleren Treffpunkte setzt aber eine vollkommen unver- anderliche Geschiitzunterlage voraus, welche bei Schiffsgeschutzen wegen der selbst bei ruhiger See unvermeidlichen Schwankungen des Schiffes nicht vor- lianden ist; dieser Vorgang konnte daher nur bei Landungsgeschiitzen Anwendung finden, wenn sie auf einer festen Unterlage (Bettung) stehen. 2. ) Beim Richten mit aussergewohnlichen Richtmitteln ist zu beachten, dass weder bei der Einstellung der Geschutze die Derivation des Geschosses berucksichtigt, noch auch das Peilinstrument, fur Seitenverschiebung eingericlitet ist. Diesem Umstande muss beim Schiessen auf grossere Distanzen, wo die Derivation bedeutender ist, dadurch Rechnung getragen werden, dass das Abfeuern der Geschutze in dem Momente veranlasst wird, in welchem die Visur des Peilinstrument.es um das in der Schuss- tafel eingetragene Mass der Seitenabweichung links vom beabsich¬ tigten Treffpunkte einschneidet. Auch bei dieser Feuerart muss beim Beschiessen eines Ziel- objectes in Bewegung das Vorrichten im Auge behalten werden. 3. ) Die Kenntniss der Schussdistanz bildet eine der Grund- bedingungen fur die Erzielung von Treffern. Allerdings gleicht. die Rasanz der Flugbalm den Einfluss einer eventuell fehlerhaften Schatzung der Distanz t.heilweise aus; nachdem aber mit zunehmender Distanz einerseits die Schatzung der Ent.fernungen schwieriger, an- dererseits aber der bestrichene Raum immer kleiner wird, so ist das Schiitzen der Distanzen nach dem Augenmass nur auf kleineren Ent- fernungen statthaft, wahrend auf grosseren Distanzen zur Vermeidung von Fehlschiissen die Entfernung des Zieles mittelst eines Dislanz- messers gemessen werden muss. Die in der Schusstafel angegebenen bestrichenen Rilume fur verschiedene Zielhbhen sollen daher dem Arlillerie-Offizier den Fingerzeig bieten, bis zu welcher Schussdistanz ungefii.hr er sich, gemiiss der erlangten Uebung im Abschatzen von Distanzen, mit. dem lilossen Schiitzen der Entfernung nach dem Augen¬ mass begniigen kann, ohne aus dieser Ursache Fehlschusse befiirchten zu miissen. 284 Der bestrichene Raum gibt ferner die Strecke an, welche ein sicii naherndes feindliches Schiff durchlaufen kann, ohne aus dem Trefferbereich der eigenen Geschtitze zu treten, selbst wenn diese die urspriingliehe Elevation nicht iindern. Darnach kann der mil, der Leitung des Feuers betraute Offizier den Zeitmoment beurtheilen, in welchem in solchen Fallen eine Aenderung der Elevation unbedingt geboten erscheint. Sollte die Hohe des Zieles von den in der Schusstafel eingetragenen Ziel- hohen betrachtlich abweiehen, so kann man sich iiber die Lange des bestrichenen Raumes annahernd orientiren, wenn man, das Endstiick der Flugbahn als gerade Linie betrachtend, 5 = annimmt, wo H die Zielhohe, <1> den Einfallwinkel, tg'v ? den bestrichenen Raum bedeutet. Nachdem tgV — O'00029 ist, so kann H 3448 S = q■ 00029(!>' = GF ^ gesetzt werden, wobei in Minuten einzufiihren ist; diese Formel wird besonders auf grosseren Distanzen ziemlich richtige Resultate geben. Fur die Distanz von 2000™/, <1> = 4° 6' = 246', erhalt man bei einer Zielhohe II = 10 ™/ nach dieser Formel ? = 140 ™/, wahrend die in IV. 4.) auf- gestellte genauere Formel ? = 150 ™/ ergibt. Auf kleineren Distanzen kann die in der Schusstafel eingetragene Scheitel- holie einen ungefahren Anhaltspunkt iiber die Rasanz bieten: Fur Zielhohen, die grosser sind als die Scheitelhohe, ist die Bahn der ganzen Lange nach rasant. 4.) Soil ein hoher gelegenes Object beschossen werden, so dienen zur Orientirung bezuglich der Elevationen, mil -vv r elchen dies moglich.ist, die Angaben der Schusstafel iiber Scheitelhohe Ist M(Fimax — [Jx' 3448 y x' — —— gesetzt und selbst bei grosseren Hohen dieser Werth als erste An- naherung betrachtet und entsprechend nach ohen abgerundet werden. Beim 26 % Geschiitz ist faax = 9°, ftir y l = 60 ‘‘"j ergibt sich nach der obigen Naherungs- formel x’ = 383 ™/; wird hiefiir rund x’ = 400 genommen, so entspricht dieser Werth geniigend genau der Minimaldistanz, denn es ist (nach der Schusstafel) 3448 v 60 fa = 38', daher faax — fa = 502' und hiemit x’ = - qQ2 ~ = ^12 ™/. Uebersteigt die Hohe y l des anzuschiessenden Punktes ilber dem Mundungshorizont die grosste in der Schusstafel eingetragene Scheitel- * ?/, + h bedeutet die Hohe des anzuschiessenden Punktes iiber dem Meeresspiegel. 286 - hohe, so kann der Punkt auch mit der grossten Schusstafel-Elevation nicht mehr erreicht werden, und es mussten zur Ermittlung der Dist&nz, aus welcher die Beschiessung vorgenommen werden kann, die beiden Reihen »Scheitelhohe« und »Scheit,eldistanz« auf die in Punkt 1.) angegebene Weise bis zur Scheitelhohe ij l fortgesetzt wer¬ den; gleichzeitig miisste auch die Reihe der Elevationswinkel um die entsprechende Anzahl Glieder erweitert werden, um sich liber die zur Anwendung kommende absolute Elevation zu orientiren. 1st diese grosser, als die nach der Construction des Rapertes zulassige gro'sste Elevation, so miisste durch Ueberkrangen des Schiffes auf die ent- gegengesetzte Bordseite die Moglichkeit geschaffen werden, die ermit- telte Elevation zu ertheilen. Wiirde z. B. die Hohe des anzuschiessenden Punktes y, = 250 betragen, Hieraus ergibt sich, dass dieser Punkt aus der Distanz von 2550 mit einer absoluten Elevation von ungefa.hr 10° 33' beschossen werden konnte; nach- dem das Rapert nur eine Elevation von 9° gestattet, so miisste ein Ueberkrangen des Schiffes um circa l'/a 0 stattfinden. — Zur Ermittlung der unter 3.) und 4.) angefuhrten Oaten (bestrichener Raum und Grenze der Beschiessbarkeit hoher gelegener Ziele) kann auch das graphische Verfahren eingeschlagen werden. Der Vorgang hiebei ist folgender: Nachdem (siehe unter II.) jede Flugbahn als ein Theil einer grosseren angesehen werden kann, so folgt fur eine Reihe von flachen Flugbahnen, dass in der, dem grossten in der Schusstafel eingetragenen Abgangswinkel zukommenden Geschossbahn alle den kleineren Abgangswinkeln entsprechenden Bahnen enthalten sind. Zum Ver- zeichnen der grossten Geschossbahn dient die Gleichung y= 2 (««2« — «» 2 ota) oder die einfacheren y — xffgamax — tga *), y = O’00029* (a! max — «*), in welchen x und y die Coordinaten eines Punktes der Bahn, «« den Abgangs¬ winkel der grossten Bahn, a x den Abgangswinkel der Distanz x bezeichnen; in der letzten Gleichung sind a mr , x und a x in Minuten einzufiihren. Markirt man auf einern Gitterbogen vorn Punkte A (Fig. 80) als Miindungsmittelpunkt auf der 287 Horizontallinie AZ 0 die fortschreitenden Distanzen x(Ac x =100 ™/, Ac , = 200 ...), tragt man ferner auf den Verlicalen in den Punkten c 1 c 2 c 3 . .. die aus der obigen Gleichung sich ergebenden Werthe von y{c l b 1 = y i , c 2 b 2 — y 2 , c s b 3 = y s .. .)* auf, so erhalt man eine Reihe von Punkten b l b 2 b 3 ..., welche, mittelst eines bieg- sarnen Lineals verbunden, die grosste Geschossbahn ei-geben. Die kiirzeste Distanz, aus welcher ein Ziel von der Ilohe AH , beschossen werden kann, ergibt sich, wenn man in dieser Entfevnung eine Parallele zu AZ a zieht, als horizontaler Abstand des Punktes A vom Durchschnittspunkte der Parallelen mit Ab l ... Z 0 . Die Distanz des ldeinsten noch moglichen Elevations- winkels (der flachsten Flugbahn) findet man, wenn man zwei parallele Gerade AZ l und H l S l im Abstande AH t zieht, von welchen die eine durch A geht, die andere aber die Geschossbahn tangirt: Der Tangirungspunkt S 1 ist der Scheitel der gesuchten Bahn, deren Horizontaldistanz AZ t . Die anzuwendende absolute Elevation ist jene, welche der Distanz AZ t (auf der Basis als AZ\ abzulesen) entspricht, die auf dem Aufsatz einzustellende relative Elevation ist jene fiir die Distanz AS\. Urn diese Winkel (unabhiingig von der Schusstafel) auf dem Dia- gramm abzulesen, verzeichnet man auf einer Verticallinie BC, vom Einschneiden der Ursprungstangente AB angefangen, eine Gradeintheilung (nach den Tangenten), * Man findet nach obiger Formel fiir 26 %t Stahlgranaten, wo fiir die grosste Distanz von 4000 in f a m ax = 8° 25' = 505' ist, 288 der Schnittpunkt r, der verlangerten AS, maxkirt den relativen Elevationswmkel Br„ der Schnittpunkt a, der verlangerten AZ, aber den absoluten Elevations- winkel.* , Die Zielhohe, welche erreicht werden kann, wenn die grosste in der Schusstafel eingetragene Elevation als absolute Elevation in Anwendung kommt, ist S 0 S' Q , wo S 0 den Tangirungspunkt einer zu AZ 0 Parallelen bezeichnet; die Distanz ftir die Beschiessung des Zieles von dieser Hohe ist AjS" 0 . Soli ein Ziel von der Hohe AH. 2 ]> S 0 S' 0 beschossen werden, so fallt die durch A zu ziehende der beiden Parallelen unter die Basis, die.obere aber langirt die Geschossbahn in einem Punkte S 2 , welcher weiter als S 0 von A. abliegt, die Distanz, aus welcher das Ziel beschossen werden kann, ist HSi,. Die anzuwendende absolute Elevation wird auf der Gradeintheilung BC abgelesen, wozu diese noch unter die Basis fortgesetzt werden muss; diese Ablesung dient als Richtschnur ftir den Winkel, um welchen das Schiff eventuell fibergekrfingt werden muss, urn die Beschiessung des Zieles zu ermoglichen. Zum Auffinden der Punkte S und Z der Bahn der kleinsten Elevation, mit welcher ein Ziel von bestimmter Hohe beschossen werden kann, bedient man sich am beslen eines transparenten Papiers (Pauspapiers), auf welchem die beiden Parallelen gezogen werden und welches dann auf das Diagramm derart gelegt wird, dass die untere Linie durch A geht, die obere aber die Curve tangirt: Ein leichtes Einstechen des Tangirungspunktes der oberen und des Durchschnitts- punktes der unteren Linie markirt diese beiden Punkte auf dem Diagramm. Soil die Beschiessung aus einer gegebenen Distanz** erfolgen und die Richtung mittelst des Richtstabes eingestellt werden, so kann das Winkeldiagramm zur Ermittlung des Positionswinkels tt + 8-' benfitzt werden; hiezu tragt man von der Basis im Distanzpunkte die Hijhe des Zieles fiber dem Meeresniveau auf, verbindet den betreffenden Punkt mit A und verlangert die Verbindungslinie bis BC, wodurch der Positionswinkel & + 8-' von C aufwarts abgeschnitten wird. — Zur Ermittlung des bestrichenen Raumes ffir eino bestimmte Zielhohe H wird zuerst die Miindungshdhe h von A gegen A! aufgetragen, A! mit dem End- punkte Z der der Schussdistanz zukommenden Bahn verbunden, von der Linie A'Z senkreeht (oder in der Richtung der Ordinaten) die Zielhohe = MN derart aufgetragen, dass der Endpunkt in einen Punkt M der Curve fallt; MZ ist der bestrichene Theil der Bahn, die Lange des bestrichenen Raumes wird auf der Basis als N'Z’ abgelesen. * Fur das Einstellen des Aufsatzes und der Richtstabhiilse ist das Ablesen der Winkel nicht noting, nachdem dieselbon Distanzeiritheilung haben. Hingegen ist fur das Einstellen der Kriingungsrectification der Positionswinkel 8, = r,a, der Zielhohe fiber dem Mfindungshorizont, sowie der Positionswinkel 8-' der Mfin- dungshiihe nothwendig; den letzteren findet man, wenn man die Mundungshohe von Z, nach abwiirts bis P, auftragt, J\ mit A verbindet und bis BC verlangert, dann ist aj>, = IFj, folglich kommt die Krangung um den Winkel r,p, = D-, + zu rectificiren. ** Diese muss selbstverstiindlich grosser sein, als die zulassige kiirzeste Distanz. aus welcher das Ziel noch beschossen werden kann. 289 5.) Die Angaben der Schusstafel iiber die 50percentigen Abweichungen nach der Breite, Hohe und Lange dienen zur Beurtheilung der Schusspriicision des Geschiitzes, wobei zu. beachten ist, dass sich diese Angaben in der Regel auf die beim Porteeschiessen, also unter den giinstigsten Umstanden erzielten Resultate griinden. Sie geben daher einen Fingerzeig, welches Mass von Treffwahrscheinlichkeit bei Beschiessung eines Zieles von bestimmter Ausdehnung erwartet und welche Anforderungen in dieser Beziehung bei Ausbildung der Mannschaft im Zielen bei den Schiessiibungen gestellt werden konnen. Aus V. ist bekannt, dass, giinstigste Umstande (vollkomrnen genaue Ivenntniss der Distanz, richtiges Zielen und Erfassen des Zielpunktes beim Abfeuern, un- bewegliches Ziel, ruhiger Zustand der Atmosphare etc.) vorausgesetzt, nur dann mit annahernder Sicherheit darauf gerechnet werden kann, dass kein Schuss fehlgehen wird, wenn beim Zielen auf die Mitte des Objectes die Ausdehnung desselben viermal so gross ist wie die oOpercentige Streuung oder achtmal so gross wie die 50percentige Abweichung. Wird z. B. ein verticales Zielobject auf 1000 *7 Distanz beschossen, so betragt nach der Schusstafel die 50percentige Hohenabweichung O'57 m j, 50percentige Seitenabweichung O'48’7, es konnte also sicheres Treffen erwartet werden, wenn das Zielobject mindestens 4 1 / 2 m i hoch und 3'8 7 breit ist. Bei kleinerer Ausdehnung des Zieles reducirt sich auch die Sicherheit des Treffens; ist z. B. die Zielhohe (bei sehr grosser, in dieser Beziehung als unbegrenzt zu betrachtender Breite) gleich der einfachen 50percentigen Streuung = l'14f, so kann die Halfte der Schusse, — auf ein Ziel von der Hohe der doppelten 50percentigen Streuung = 2'3 *7 ungefahr 82°/ 0 der Schusse als Treffer erwartet werden. Vermindert sich auch gleichzeitig die Breite des Zieles, so ist das zu erwartende Trefferpercent das Product der Treffer- percente nach beiden Richtungen; so konnten, wenn sowol die Zielhohe als auch die Zielweite gleich ist der bezuglichen 50percentigen Streuung (im angenommenen Beispiel die Hohe 1'14 ™/ und die Breite 0'96 *7), nur 25% Treffer erwartet werden. Bei Beurtheilung der vom Vormeister erlangten Geschicklichkeit im Zielen nach den erreichten Treffresultaten muss in ersler Linie die Zahl der Treffer auf jene Seheibenflache, welche nahezu 100 % Treffer bedingt (vierfache 50percentige Streuung), sodann die allseitig gleichmassige Gruppirung der Treffer um den Ziel- punkt zum Masstabe genommen werden; bei der geringen Zahl der Schusse, auf welche sich die Beurtheilung in der Regel basirt, hat die Entfernung der einzelnen auf die obige Seheibenflache gefallenen Treffer vom Zielpunkte nur geringe Bedeutung.* * Der Treffer im Zielpunkt (Centrumschuss) ist als ein Zufall anzusehen, der vereinzelt an sich fur die Richtigkeit des Zielens gar nichts beweist, nachdem die Erzielung desselben (insbesondere auf grossere Distanzen wegen der grosseren moglichen Streuungen) nicht vom Schiitzen all ein abhangt. 19 290 6.) Die auf die Durchschlagsfahigkeit der Panzergeschosse bezuglichen Angaben der Schusstafel dienen zur Orientirung, ob und auf welche Distanzen die eigenen Geschiitze einem Gegner, der durch einen Panzer von best.irnmt.er Starke geschiitzt ist, gewachsen sind, um darnach die richtige Wahl des Gegners, mit dem man sich mit Aussicht auf Erfolg in einen ernstliehen Geschiitzkampf einlassen kann, sowie die Distanz fur die Eroffnung des wirksamen Feuers treffen zu konnen. Es kann als Grundsatz fur die erfolgreiche Durchfiihrung des Feuer- gefechtes gelten, dass jedes mit Panzergeschiitzen bestiickte Schiff sich nur mit einem solchen feindlichen Panzerschiffe in einen erristen, anhaltenden Geschiitz- kampf einlassen soil, welches nicht vermoge seines Panzerschutzes (insbesondere an der Wasserlinie) als fur die eigenen Geschiitze unverwundbav gelten kann. Beim schiefen Auftreffen des Geschosses vermindert sich die Eindringungs- tiefe, u. zw. ist diese Dcosy, wo D die in der Schusstafel eingetragene Wand- starke, y den Winkel der Schussrichtung gegen die Normale zur Panzerplatte (siehe V., Punkt 6) bezeichnet. Fur kleine Winkel y (bis y = 8°) ist der Einfluss des schiefen Auftreffens sehr unbedeutend und kann vernachlassigt werden, bei grosseren Winkeln nimmt die Eindringungstiefe ungefahr im folgenden Masse ah: fur y = 8° um 1 Percent, » y = 11° » 2 » y = 14° » 8 » » y = 16° » 4 » » y = 18° » 5 » » y = 20° » 6 » » y = 21 Y 2 0 » 7 » y = 23° » 8 » » y = 24'/2° » 9 » » y = 26° » 10 » Hieraus ist ersichtlich, dass auf das durch den Einfallwinkel bedingte schiefe Auftreffen innerhalb der in der Praxis (in der Seeschlacht) gewohnlich vorkommenden Distanzen keine Rucksicht genommen zu werden braucht, nach- dem beispielsweise beim 26% Stahlgeschoss der Einfallwinkel erst bei einer Distanz von 3300 m f y = 8° ubersteigt. Beispiel. Die Starke der feindlichen Schiffswand (Panzer sammt Bord- wand) ware 10 Zoll engl. = 254 m j m ; nach der Schusstafel durchschlagt die 26% Stahlgranate, normal auftretend, eine lOzollige Wand schon auf 1400 m ] Distanz, es konnte also das Feuer schon auf dieser Distanz mit Aussicht auf genugenden Sehusseffect eroffnet werden, wenn sich die feindliche Breitseite normal prasentirt. Wenn sich die feindliche Breitseite unter einem Winkel von 20° gegen die Nor¬ male prasentirt, so wiirde die lOzollige Schiffswand einem Widerstande von 10'6" = 269 m j m entsprechen, welchem die 26% Stahlgranate auf ungefahr 800 ‘ m j Distanz gewachsen ist; in diesem Falle konnte also erst auf 800 m j auf genii- genden Sehusseffect gerechnet werden. — 291 Sollte man in die Lage kommen, auf Grund einer un vollstandigen Schusstafel (namlich einer solchen, welche nicht alle eingangs erwahnten Daten, sondern nur einige derselben enthalt), sich iiber die ballistischen Ver- haltnisse eines bestimmten zu beschiessenden Punktes zu orientiren, oder sollie es wiinschenswerth erscheinen, eine solche unvollstandige Schusstafel durch Hinzufugung der fehlenden Reihen zu vervollstandigen, so fuhrt folgendes Ver- fahren zum Zweck. Als der gewohnlichste Fall kann angenommen werden, dass eine voll- standige (fur alle Distanzen durchgefiihrte) Reihe der Abgangswinkel oder Ele- vationswinkel oder auch nur der Aufsatzhoheii * zur Verfiigung steht. 1.) Um aus der Reihe der Aufsatzhohen die Elevations win kelreihe abzuleiten, hat man aus der Gleichung at = s $ + Xsin[i ® -j- A' cox's ’ nach welcher die Berechnung der Aufsatzhdhe geschieht, ji zu bestimmen. Fur kleine Winkel kann * ermittelt werden, so ist, nachdem x 0 in x und a 0 in a tibergeht, tg < 1 * 0 , = - — 2 cos -1 dsin 2a , tg*b x = . A sin 2a. 2 cos 1 a 2 cos 2 a dx tg x — x .Ah? a , tg*b x = x™ . A arc a , und fiir kleinere Winkel * = xn , Aa; ebenso ist tg x = xn . Aa welche Reihe durch entsprechende Ausgleichung der Differenzen geordnet wer¬ den kann. 4.) Aus den Gleichungen ' = — g und = vcoso** folgt fiir die Ge- schwindigkeit v oder die Horizontalcomponente vcusy derselben 9 _ _ _ dieser Distanz eingesetzt wird. Sind die Glieder der beniitzten (Elevationswinkel- oder Aufsatzhohen-) Reihe derail abgerundet, dass die zweiten Differenzen nicht mit geniigender Ge- nauigkeit bestimmt werden konnten,* so empfiehlt sich die Heranziehung der * Wie dies in der obigen Schusstafel der Fall ist, wo die Elevationswinkel auf Minuten abgerundet sind. 296 Einfallwinkelreihe, welche entweder nebst der Elevationswinkelreihe gegeben ist oder aus dieser auf oben beschriebene Weise abgeleitet wurde. Nach Obigem ist tg ? = x 2 cos 2 a. cl sin 2a dx ’ setzt man diesen Werth in die Gleichung dy . 1 = tg o = s - t— ax 2 cos- a. ( . . cl sin 2a\ sin 2a 0 — sin 2a — x — ——J ein, so erhalt man dy dx 9 (*»» 2 “o — «» 2a ) — J COS OL q cos 2 a cos 2 a 0 tg ( 1>; ebenso ist annahernd dy dx ==*9%— tgz — tg x (® cos tp) 2 2 cos 8 a u 100 <7 y A arc a -|- A arc die (»cosip) 2 ldii ’ (roosip)- 100 0 _ _ A tg<& x {vcosi) 2 - 100S + 100 ’ aus diesen Gleichungen folgt mit (fur kleinere Elevationswinkel) hinreichender Genauigkeit 1836 . f— —W~ ccostf - _ —, ccos

x -j/Aa' + A' 31-31 \/" « cos * V i9l + 0 • 00029 gA«l>' Oder auch, nachdem fur kleine Winkel cos nicht viel von der Eirdieit ver- schieden ist, rr 1836 > / ' V *91 + o • 00029 8 A 4 >'' Rechnet man fur die 26 Stahlgranate die Endgeschwindigkeiten: (I) aus der Elevations- und Einfallwinkelreihe, sodann (II) aus der Aufsatzhohen- und Einfallwinkelreihe und vergleicht die Resultate mit (III) den Angaben der Scliuss- tafel, so hat man 297. U = Wie man sieht, stimmen die Reihen .1 und II geniigend gut mit der Schusstafelreihe iiberein; werden diese Reihen durch Ausgleichung der Rifferenzen geordnet und die Zwischenglieder durch Interpolation eingefiigt, so erhalt man die vollstandige Reihe der Endgeschwindigkeiten; durch Fortfiihrung derselben bis x = 0 ergibt sich die Anfangsgeschwindigkeit. 5.) Fur die einer bestimmten Entfernung x entsprechende Flugzeit t folgt aus dx dt VCOSf, V COS tp ’ t = dx VCOS'-D ’ zur Berechnung der Flugzeit fur x als Horizontaldistanz kann annahernd fur v cos

x ) gesetzt werden, womit — (Vcosa Uxcos^x) wird, fur kleine Winkel auch T x = — .— . t( v +u *.) Nach diesen Gleichungen findet man fitr obiges Geschoss 6.) Wird in der Gleichung tg<9 = = . ( sin 2a 0 — sin 2a — x* A sin 2a) 2 cos 2 a 0 ” ' = 0 gesetzt, so bedeutet x die Scheiteldistanz der Bahn vom Abgangs- winkel, = a 0 ; bezeichnet man die Scheiteldistanz mit x u den derselben als Horizontaldistanz zukommenden Abgangswinkel mit a, (Aufsatzhohe = SI,), so ist 298 oder annahernd sin 2a 0 = sin 2a t -|- x 1 n hsin2x 1 tg« 0 = tg a, + xfbtg a,, arca 0 = arc*! + xptiarc^ , 2t 0 =_'J(, + Sas,»A8t,, fur kleine Winkel auch a 0 = a, + x,™ Aa,. Bei Bentitzung dieser Gleichungen muss in der Reihe der Abgangswinkel (Aufsatzhohen) diejenige Distanz gesucht werden. welche im Zusammenhalt mit ihrem Winkel (ihrer Aufsatzhohe) der Gleiehung geniigt. Dieser etwas umstand- liche Vorgang lasst sieh durch Heranziehung der etwa vorhandenen oder bereits ermittelten Einfallwinkelreihe vereinfachen. Wird namlich, wie oben unter 3.) x = 2 cos 2 a, . tg l eingefiihrt, so hat man die Gleichungen sin 2a 0 = sin 2a, + 2 cos 2 a, . tg , , tg % = tga. l -\- tg ,, 2C 0 = 9f, -f- S tg , und fur flache Bahnen a 0 = a, -j- <[>,. Um nach der letzteren Gleiehung die Scheiteldistanz z. B. fur die Horizontal- distanz X = 1000 zu finden, so nimmt man zuerst den dieser letzteren ent- sprechenden Elevationswinkel a 0 aus der Schusstafel heraus, dieser ist fur 26% Stahlgranaten a 0 =l°39'; sodann setzt man versuchsweise X, = -j-X== 500®y und vergleicht die Summe des Abgangs- und des Einfallwinkels dieser letzteren Distanz (a, -f- ,) mit a 0 , diese Summe ist 1°38', folglich muss ~X entsprechend der Differenz « 0 — 1° 38' = 1' corrigirt werden. Beim Uebergang von 500 auf 600 m j Distanz wachst sowol a als <1> fur jeden Meter um 0 - l', folglich a -|- <1> um 0‘2', demnach ist fur x — 505 a -f- ‘I> = 1° 39' und x l = 505 ‘ m j die ge- suchte Scheiteldistanz. Aus der Scheiteldistanz ergibt sich die Scheitelhohe y l nach den in 2.) aufgestellten Gleichungen, wenn in derselben x, statt x eingefiihrt wird; es ist namlich Hi = 9 * a - [s<« 2 a 0 sin 2a,] oder annahernd Hi = X, (tg — Hi — (sin a 0 — sin a,), //, = 0 • 029 *,» («' 0 — a',), y. = 5(«o-*.)- Rechnet man nach den einfachsten Formeln a 0 = a, + 4*, und i/ l = 0'029x,»(a' o —a',) die Scheiteldistanzen und Scheitelhiihen fiir die 26% Stahlgranate, so hat man 299 Der Vergleich dieser Zahlen mit den analogen, in der Schusstafel ein- getragenen, zeigt eine geniigende Uebereinstimmung. 7.) Nach Ermittlung der im Vorstehenden angegebenen Hauptdaten unter- liegt die Berechnung dev etwa noch wiinschenswerthen Daten, als: bestrichener Raum fiir verschiedene Zielhohen, Mass des Vorrichtens beim Schiessen gegen ein mit bestimmter Geschwindigkeit sick bewegendes Zielobject, iebendige Kraft des Geschosses und Durchschlagseffect des Panzergeschosses gegen Panzerplatlen, — keiner weiteren Schwierigkeit, nachdem die hiefiir giltigen Gleichungen unter IV. angegeben sind. Um aus den vom Aufsatze abgenommenen Seitenverschiebungen die Seiten- abweichungen (Derivationen) des Geschosses zu bestimmen, hat man durch Um- kehrung der fur die Berechnung der Seitenverschiebung dienenden Formel ©= ®(* + 2 ) x v * = x i ±: wo S in demselben Masse wie die Seitenverschiebung ©, 2 aber, die Seiten- stellung des Aufsatzes, gleich X in Metern einzufuhren ist und z ebenfalls in Metern resultirt. Die Seitenverschiebung nach rechts ist negativ einzusetzen; das obere Zeichen vor S gilt fiir den rechtsseitigen, das untere aber fiir den links- seitigen Aufsatz. Kurze Schiessregeln fiir Marinegeschiitze. 1.) Kampf von Schiffen gegen Schiffe. Von den Hauptgeschutzen des Schiffes werden feindliche Panzerschiffe mit Panzergeschossen,* ungepanzerte Schiffe aber mit Zundgranaten bekampft. Nachdem ein Treffer an der Wasserlinie der wirksamste ist, so wird im Allgemeinen die Hohenrichtung gegen diese Linie angetragen. Hiebei ist jedoch, besonders bei nicht genau bekannter Distanz, die Elevation lieber etwas grosser zu nehmen, um zu kurz gehende Schiisse, welche nur als wenig wirksame Geller treffen konnten, zu vermeiden. Der Feuerart nach empfiehlt sich das Lagenfeuer (con- centrirtes Feuer bis hochstens 800 m j, daruber eventuell Parallelfeuer, mit gleich- zeitiger Abfeuerung aller Geschiitze) nur auf kiirzere Distanzen, — auf grossere Distanzen wird Vorineisterfeuer abgegeben. Die Schussdistanz (insbesondere bei grosserer Entfernung des Zieles) soli, wenn thunlich, stets mittelst des Objectiv- mikrometers gemessen und wahrend des Vormeisterfeuers jede grossere Aenderung der Distanz sofort den Vormeistern avisirt werden.— Die. richtige Wahl des Ab- feuerungsmomentes ist eine wesent.liche Bedingung des Treffens. Bei Rollbewe- gungen des Schiffes muss die Visirlinie fest im Auge behalten werden, um das * Sollte ein Schiff den Kampf mit einem Gegner, welcher vermoge seines Panzerschutzes als fiir die eige’nen Geschiitze unverwundbar erscheint, niclit ver¬ meiden konnen, so empfiehlt sich die inindestens theilweise Anwendung anderer Kampfmittel, welche, soweit die Artillerie in Frage kommt, im Beschiessen un- gepanzerter Schiffstheile mit Zundergranaten bestehen. 300 Eintreflen derselben auf den Zielpunkt beurtheilen zu konnen; dies geschieht leichter in der hebenden Phase der Rollbewegung, wobei der Endpunkt der Visirlinie die Wasseroberfliiche zwischen dem eigenen und dem fremden Schiffe durchlauft, daher in der Regel diese Phase abgewartet werden soli, — ausser bei sehr bedeutenden, schnell verlaufenden Schiffsschwingungen, in welcliem Falle die nach dem Schusse stattfindende Neigung der Geschiitzunterlage gegen ruck- warts den Riicklauf betrachtlich vergrossern wiirde. Beziiglich der Seitenrichtung ist die Bewegung des Zielobjectes sowie die Starke und Richtung des Windes zu beriicksichtigen, um diesen Einflfissen durch entsprechendes Vorrichten (nach der Schusstafel) und Abhalten nach der Windseite Rechnung tragen zu konnen. Die B eigeschiitze auf Panzerschiffen, sowie kleine Geschfitze fiber- haupt, schiessen gegen ungepanzerte Bordwande und Deckhfitten, sowie gegen Torpedolancirvorrichtungen und Torpedo, Zundergranaten, gegen Holztheile und andere brennbare Objecte Brandgeschosse, gegen Mannschaft auf Deck, in den Marsen etc. je nach der Distanz Shrapnels Oder Kartatschen. Die Matrailleusen richten ihr Feuer gegen Torpedovorrichtungen und Torpedo sowie gegen die feindlichen Decke und Marsen, wobei sie im Bereich des wirksamen Ertrages der Hand feuer waffen von diesen untersttitzt werden und als Zielpunkte in erster Linie die Commandanten, die Offiziere an den Peil- instrumenten und diese selbst zu wahlen haben. 2.) Bekampfung von Booten. Die Torpedoboote werden von den kleinen Geschutzen mit Zunder¬ granaten beschossen, weil die Kartatschgeschosse, der geringen Durchschlags- kraft der Schrote wegen, in der Regel ungeniigende Wirkung batten. Die wirk- samste Watte gegen diese Boote ist jedoch die Mitrailleuse, weil die Geschosse derselben eine genugende Percussions wirkung haben und das continuirliche Feuer ein unausgesetztes Verfolgen des Zielobjectes mit dem Trefferrayon ermoglicht. Jedoch darf, um ein nutzloses Verschiessen der Munition nicht eintreten zu lassen, auf Distanzen fiber 1000 ™/ das Feuer nur langsam abgegeben und erst beim Anlangen des Bootes innerhalb dieser Schussweite zum Schnellfeuer ubergangen werden. Gegen andere, offene Boote, werden von den kleinen Geschutzen ausserhalb des Ertrages der Kartatschgeschosse Zundergranaten, auf kfirzere Distanzen Shrapnels und auf die nachsten Distanzen Kartatschen angewendet. Ausserdem lasst man gegen solche Boote auch Mitrailleusen und das Kleingewehr wirken. 3.) Beschiessung von Kiistenbefestigungen. Gegen gepanzerte Werke werden Panzergeschosse, gegen gemauerte Werke oder Erdwerke aber Zundergranaten angewendet. Das Feuer wil’d in erster Linie gegen die Schiesscharten gerichtet, um diese zu zerstoren und die feindlichen Geschfitze zu demontiren. Darnach wil'd die Zerstorung der Befestigung als Bau ins Auge gefasst, zu welchem Zwecke die Schfisse gegen die Strebe- pfeiler, gegen Schlussteine von Gewolben etc. die wirksamsten sind. Ueber die Distanz, aus welcher eine feindliche Befestigung von bekannter Hohe fiber der eigenen Batterie beschossen werden kann, orientirt man sich mittelst der Schuss- 301 tafel und des derselben beigeffigten Diagramms in der zum sGebraueh der Schuss- tafel«, Punkt 4, angegebenen Weise. Hiebei ist jedoeh Folgendes zu merken: Die Aufstellung auf sehr kurzen, innerhalb der Scheiteldistanz der flachsten Flug- bahn fallenden Distanzen ist nicht von Vortheil, weil dadurch dem Feinde Ge- legenheit geboten wird, Stechschiisse gegen das eigene Schiffsdeck anzubringen, wahrend andererseits durcli den Umstand, dass alsdann der Zielpunkt in den aufsteigenden Ast der eigenen Flugbahn fallt und scbiefes, mit der Verminderung des Schusselfectes verbundenes Auftreffen des Geschosses stattfindet, der Vortheil der kleineren Distanz theilweise compensirt wird. Man wird daher in der Regel keine kurzere Distanz als die Scheiteldistanz der flachsten Flugbahn wahlen. — Auch hier soli auf grossere Distanzen das Vormeisterfeuer und nur auf kurzere Distanzen (in der Regel unter 1000 m j) das Lagenfeuer platzgreifen; im letzteren Falle ist bei Anwendung des Richtstabes zur Hohenrichtung zu beriicksichtigen, dass die Distanzscala auf das Schiessen gegen die Wasserlinie eines feindlichen Schiffes basirt ist, daher der Positionswinkel, welcher sich aus der Hohe des feindlichen Werkes fiber der Wasseroberflache ergibt. bei der Krangung in An- schlag gebracht werden muss.* Ebenso muss in Betracht gezogen werden, dass das Peilinstrument nicht fur Seitenverschiebung eingetheilt ist, daher einer grosseren Seitenabweichung des Geschosses sowie dem eventuellen Einflusse des Windes durch entsprechendes Abrichten Rechnung getragen werden muss. Unter alien Umstanden muss vor Ausfuhrung des Lagenfeuers, besonders wenn die Distanz und Ilohe des Zielpunktes nicht ganz genau bekannt ist, die einzustellende Rich- tung durch einige Schfisse mit einzelnen Geschfitzen festgestellt werden. Dieses Einschiessen** auf den Zielpunkt muss fibrigens auch beim Vormeisterfeuer statt- finden, bevor den Vormeistern die definitive einzuhaltende Richtung (Aufsatz- stellung) angegeben wird. Um sich rasch einzuschiessen, soli die angenommene Richtung nicht frfiher corrigirt werden, als bis der ihr entsprechende mittlere Treffpunkt mit ziemlicher Genauigkeit ermittelt ist, wozu ungefahr drei Schfisse nothwendig sind; es darf daher nach dem ersten Schusse nur dann eine Correctur der Richtung vorgenommen werden, wenn fiberhaupt kein Treffer erzielt wurde. Nachdem die — horizontale und verticale — Abweichung des einer bestimmten Riclitung entsprechenden Treffpunktes vom Zielpunkte constatirt wurde, wird die Correctur der Richtung nach der Schusstafel, welche die einer Aenderung der Aufsatzeinstellung (Aufsatzhohe und Seitenverschiebung) von 1 zukommende Verlegung des Treffpunktes angibt, ausgeffihrt. Durch eine neuerliche Serie von (drei) Schfissen versichert man sich fiber die Genauigkeit der corrigirten Richtung, welche eventuell nochmals corrigirt wird. Die kleinen Geschfitze wirken gegen die offenen Kfistenbatterien und die Platlformen der KustentliUrme mit Shrapnels, eventuell, wenn die feindlichen * Siehe Gebrauch der Schusstafel, Punkt 4. ** Nachdem es sich beim Einschiessen nur um die Controle der supponirten Position des Zielobjectes handelt, so ist es nicht nothwendig, dass dasselbe mit der zum wirklichen Kampfe zu verwendenden Geschossgattung vorgenommen werde; man wird beispielsweise zum Einschiessen nicht Panzergeschosse, sondern stets Zfindergranaten, eventuell solche der Nebengeschfitze, anwenden. 302 Geschiitze durch Schiesscharten feuern, durch indirecte Schiisse mit Ziinder- granaten und Wurfkardusen. Der indirecte Schuss muss, um wirksam zu sein, moglichst nahe iiber der Kammlinie des feindlichen Werkes angetragen werden, jedoch nicht an die Kammlinie selbst, weil in diesem Falle alle zu kurz gehenden Schiisse die feindliche Brustwehre treffen und als Geller wirkungslos iiber den Wallgang hinweggehen; * die Hohe des Zielpunktes iiber der Kammlinie kann gleich der 50percentigen Hohenabweichung des eigenen Geschiitzes angenommen werden, so dass nur die Halfte der zu kurz gehenden Schiisse die feindliche Brust¬ wehre treffen. Die Beschiessung von feindlichen Hafen und Kustenstadten (das Bombardement) geschieht mit Ziindergranaten, wobei in erster Linie die mari- timen Etablissements: Arsenale, Werften etc., und sonstige wichtige Gebaude als Zielpunkt genommen werden. Zur Unterstiitzung von Landungen werden feindliche Truppen, welche die Landung zu verhindern trachten, von den Beigeschiitzen der Schiffe und den Bootsgeschiitzen mit Shrapnels, ferner mit Mitrailleusen und Kleingewehr be- schossen. 1) Schiessen aus dem Landungsgeschiitz. Die Landungsgeschiitze werden selten im Stande sein, feindliche Befesti- gungen zu durchschiessen; sie werden daher in der Regel gegen feindliche Deckungen Shrapnelschtisse Oder Granatwiirfe anwenden. Beztiglich der Wiirfe ist das unter 3.) Gesagte zu beachten. Am haufigsten werden ungedeckt stehende Truppen zu beschiessen sein, gegen welche je nach der Distanz Kartatschen, Shrapnels Oder (ausserhalb der wirksamen Shrapneldistanz) Ziindergranaten an- gewendet werden. Zur Feststellung der Distanz, welche nach dem Augenmass geschatzt wil’d, bedient man sich in der Regel selbst innerhalb der wirksamen Shrapneldistanz der Ziindergranaten, da diese infolge der beim Aufschlage erfolgenden Explosion die erreichte Distanz am besten beurtheilen lassen.** Bei diesem Einschiessen muss man trachten, mit dem ersten Schusse nicht zu weit zu kommen, um den Aufschlag beobachten zu kbnnen. Sollte dies dennoch geschehen sein, so muss fiir den nachsten Schuss der Aufsatz um so viel vermindert werden, dass man sicher zu kurz kommt; hiedurch bringt man das Ziel in die Gabel, d. h. man lernt die Grenzen kennen, zwischen welchen die richtige Aufsatzstellung liegt, * Solche Geller an der Krone der feindlichen Brustwehre sind nur dann von Vortheil, wenn die feindlichen Geschutze iiber Bank feuern, wobei die Spreng- stiicke der an der Krone explodirenden Ziindergranate den feindlichen Geschiitz- bedienungen gefahrlich werden; in einem solchen Falle wird man aber in erster Linie Shrapnels anwenden, ausser es wiirde die Entfernung des feindlichen Werkes die wirksame Shrapneldistanz (ungefahr 2000 m f) iibersteigen. ** Nur im stark coupirten Terrain, welches die Beobachtung des Auf- schlages erschwert, empfiehlt sich das Einschiessen mit Shrapnels, wobei Spreng- intervall und Sprenghohe beobachtet werden und die Aenderung der Tempirung mit jener des Aufsatzes Hand in Hand gehen muss. 303 und kann auch nach dem beobachteten Aufschlage des zweiten Schusses besser beurtheilen, um wie viel der Aufsatz corrigirt werden muss. 1st man mit dem driiten Schusse dem Ziele nahe gekommen, so miissen mit derselben Aufsatz- stellung noch weitere zwei Schusse abgegeben werden, um den diesem Aufsatze zukommenden mittleren Trelfpunkt mit geniigender Genauigkeit zu constatiren und auf Grund der Abweichung desselben vora Zielpunkte die letzte Correctin' des Aufsatzes vornehmen zu konnen, deren Genauigkeit durch einige weitere Schusse gepruft wird. Nachdem die Ziindergranaten beim ersten Aufschlage am Boden explodiren, daher erst von hier an wirksam sind, so muss getrachtet werden, den Aufschlag stets vor die feindliche Aufstellung zu bringen, daher eigentlich zu kurz zu schiessen. Beim Schiessen der Kartatschen ist die kiirzere Aufsatzeintheilurig (fiir ebenen Boden) nur dann anzuwenden, wenn der Boden das Gellen der Schrote begiinstigt. Wahrend des Schiessens iiberhaupt muss die Wirkung der Schusse unaus- gesetzt beobachtet werden, um allenfalls nothwendig werdende Correcturen des Aufsatzes und bei Shrapnels auch der Tempirung vornehmen zu konnen, jedoch darf zu diesen Correcturen erst dann geschritten werden, wenn sich die Wirkung bei einer grosseren Zahl von Schussen ungeniigend zeigt. Bezuglich der Correcturen beim Shrapnelschiessen ist zu beachten, dass im Wesentlichen das Sprengintervall von der Tempirung, die Sprenghohe vom Aufsatze abhangt. Berichtigungen. Seite 25 ist in der Aufschrift tl) zwischen »brisante« und »hallislisohe« ein Beistrich zu setzen.