Narodna in univerzitetna knjižnica ____________v Llubljani_____________ 111651 - 3____________ MülbulM ^O^MjOV^O Ä^> Dritter Jahrgang Marburger TGsHswßOch Geschichte, Vandes« und Tagenkunde der Steiermark und der an dieselben grenzenden Lander. Nou Dr. Rudolf Gustav Paff. Drittn Jahrgang. Graz, 1859. Druck und Papier von A. KBam's Ersten. 4- M^ 111651 ^ /,qo MlH Seiner Hochgeboren Herrn Herrn Friedrich Freiherrn Rällner nun RelleMein, Commandeur de» österreichischen siopold-Vlden«. Kesltzcr dez Militär-Verdienst-Srcuzr«, Vroßkreuz des russischen 3t. Wladimir-Vrdenz. Nitler des russischen 3t. Anncn-Vrdens, t»l« 3t. Stllnisll,uö-Vlt»en» mit der Krone, Uitler des preußischen rathen Adler Vrden«, Groh-kreuz dcz Civil-Verdienst-Vrdeng der l>airischen Krone, Vroßkreuz >e« bnirischtn Sl. Michael-Vrden« und l>e« sächsischen Albrecht-Vrl»cn5, Nitter dt5 slcilianischcn 3t, Jannarins-Vrden«, Vroßknu) de« toskanischen 3t. Joses-Vrdcnz, de» hrjsischen Vrdcni Philipp dtt lVraßmnthigcn, dc5 päpstlichen It. Vregor-Vrden5. Commnndenr de« anhllltischcn Gchnmthlluz-irdene Albrecht dtt Vären, Nilttl l»t« parmlnschcn Constantin Zt. Georg-VrdenZ, k. K. wirklichen ge-Heimen Uath?, Ehrenbürger der königlichen FreWdle Debrecen und Crlau. k. k. Feld-Mnrschall-ssieutennnt nnd Inhaber dc« In-lanterie-Ntgimentz Nr. 4l, General-Adjutant 3r. Mlycstüt dt« Kaiser«, Ehrenbürger von Peltau lic. 5c.. M tiefster Ehrfurcht geweiht vom Verfasser. Marburg im Jänner 1859. Weihe. >Mie Steiermark schon seit den Hunnensagen Von Roma bis z»l jüngsten Yeuerzei! Stand ehern da. zu jedem Kampf bereit. Im Krlegsspiel treu, der Söhne Blut zu wage». Die Steiermarl bewährt ans alten Tagen: Nie Gott Gerechten nur das Recht verleiht. Daher der Sonne gleich — vom Lande weit Die Landeösprosscn Sieg und Nachruhm tragen. Vom Drave ° Gnu zum Nuphrat gezogen. Von dort zur Tiber rasch im Sieg geflogen. Im Herzen fest, der eignen Thatkraft Lohn: Nntschaarten sich zu bessrer Kaiser Walten Ans Pettau's Ahnen einst Heron - Gestalten, Die Kämpfer der dreizehnten Legion, Nie Lied und Sage jene Ahnen nennen. So wird von Pettau noch der Entelwclt Der neunten Jäger Kraft und Ruhm erzählt, Die Nälschlands Feinde längst als Krieger kennen. Die kühl im Frieden, heiß im Kampf entbrennen, Wn Muth sich mit der Menschlichkeit vermählt. Als Schuhwehr, die der Himmel sich erwählt. Daß Kopf u»d Glieder nie vom Leid sich lre:m e». Du Edelster. Dem ich die Miller weihe. Du marst einst Führer dieser Heldenschaar. Des Ka'ftrs Herold, Valksl^st in Gefahr, Mas ich z» weihn Dir cm« der Heimat wage: MlNich i>u>^es Pild und maüä)c alle Sage Vom, weit l>e,i> Wünsch »nd Dir zurück - verzeihe' Vorwort. An Jahre 1854 erschien der zweite Jahrgang ineines historischen Marburger Taschenbuches. Eben so schnell vergriffen als sein Vorgänger, eben so freundlich aufgenommen von Allen, welche der lieben Steicr-mark, dem ältesten Krön- nnd Erblande unseres Großösterreich, vom Herzen zugethan sind, welche in diesem Binnenlande den Zwilling von Nord und Süd, in seinen Bewohnern, Deutschen und Slovcnen, zwei Kammern in Einem Herzen begrüßen, hätte das Büchlein mit der lohnendsten Ermunterung, die mir von den Höchsten des Reiches so liebevoll zu Theil wurde, fördernd auf die schnellste Ausgabe des nächsten Jahrganges eingewirkt. Aber der literarische Sonnenstrahl bleibt gerade in der Heimat oft nicht ohne ernste Wolken, das heiterste Gemüth nicht ohne den unzertrennlichen Hemmnissen, welche mit dem alltäglichen Leben gleichen Schritt zu gehen pflegen. Ein trüber Schatten, der von dcn verwüsteten Gräbern meiner Voreltern bis zur stibel meines jüngsten Eohnes sich über meine Stimmung zog, lahmte durch sein böses Dun> kel in mir die gewohnte anßcrämtliche Wirksamkeit, und so übcrgcbe ich zwar verspätet aber mit dem alten Vertrauen anf die alte Güte und Nachsicht meiner Leser der Heimat — die in diesen Blättern enthaltenen Beitrage zur Kenntniß derselben. Ihre Zufriedenheit sei der reichste Lohn des Verfassers Dr. Rudolf Puff. Marburg am 15. Februar 1859. I n h a l l. I. Weihe, ll. Vorwort. III. Vei der Ankunft Ihrer Majestät der Kaiserin aus Vaiern 1 IV. Die windischen Vucheln 5 V. Der Invalide............l88 VI. Fast verstiegen 143 VII. Die Schlacht am Amselfelde......104 VIII. Veiiräge zur Kenntnis, des Nerschwörungs- prozesses der Grafen Tattenbach, Iriny, Frangipani n-. im Jahre 1<»7<» l<;8 IX. Auszug aus der Skizze einer Neise von Graz nach Italien, entworfen im Anfange des vorigen Iahrhundertes ^.0» X. Wendcnliedcr ans dem Stainzthale . 215 XI. Erst der Tod hat versöhnt. Aus dem uberstcin. scheu VoMcbr,, , , ^........21 <> Xll. Epigramme.............234 XIII. Geschichtliche Cuviosa.........235 XIV. Zur Geburtsfeier der kaiserlichen Prinzessin Gisela.............. 24 l XV. Das Grab des letzten ritterlichen Minnesaugers Hugo v. Montfort in der Nuine Pfannberg in Steiermark -ll XVI. Desterreichische Friedenshymne ^!)? XVII. Friedrich John (Vwgniphie) ..... 250 Bei der Ankunft Ihrer Majestät der Kaiserin aus Baier n. in Bavaria's Auen Wurzelt deiner Eiche Stamm, Seit aus den Bojarer Gauen Durch der Franken Oriflam: Licht mit Christenthum, Vertrauen, Sitte in die Ostmark kam: Hnnivaren — Weltbezwinger Tilgt die Hand der Karolinger. Pflug und Meißel bald ans Vaiern Banen an der Vnuö nnd Mur; Nitterspicle, Sänger feiern Schöner Tage gold'ue Sftnr; Preisen Babeuberg und Scheyeru Anf der deutsch geword'nen Flur, Die mit Heldenblnt erkaufen Wittelsbach und Hohenstaufen. 1 2 Vis des Friedens Palmenreiser Habsbnrgs Herrschcrahn so mild Rudolf bracht', der große Kaiser: Als sein liebstes Kind Mechtild Er verband als Held und Weiser Ludwig, Baicrns strengem Schild. Stern um Stern ward nun getanschet, Ost von Waffenstnrm nmrauschet. Wettcrschwarze Wolken zogen Habsburgs Karl nni dich heran; Völkerglück und Wahrheit logen, Zwietracht schürt den tollen Wahn; Näher dräu'n Osmanen-Wogeu, Um den Glauben schien's gethan; Trüb an Habsburgs heil'gc Schranken Braust der Aufruhr der Gedanken. Da erscheint die Friedenstaube, Schmnck der Fürstmeni Marie, Und der Saphyrstern: der Olanbc Schimmert an der Krön' dnrch Sie! Schimmert, daß dem Blitz zum Raube Austria ward, die Eiche, nie. Habsburgö zweite Ahnfrau walten Wird, so lang die Himmel halten. 3 Denn ei», Stamm ist ihr entsprossen, Lilienglcich im Lenzgcfild', Himmelgleich, Saphyr umflossen, Wie der Wittelsbachcr Schild; In dem Kampf, dem riesengroßen Ewig stark nnd ewig mild; Selbst die Zeiten, die sich trüben, Dürfen seine Kraft nur üben. Oestreich! aus Bavaria's Auen Stammt dein Scepter-Etern-Nubin, Mit der edelsten der Franen, Die dir Glück nnd Heil verlieh'», Der als Hoffnnngslicht vertrauen Froh die Völker all: Sofic'u, Die im Wendepunkt der Zeiten Aug' und Herz zu Gott dnrft' leiten. Schönster Stern, Stern der Liebe, Farbenbrennlicht, Diamant t Für den heiligsten der Triebe Hat dich Gott an's Herz gesandt, Daß er uns ein Vote bliebe, Der dem Himmel selbst verwandt; Einen Kaiser zu beglücken, Muß Gott Lieb' als Orden schicken. 1.' « Stern der Liebe! Scepter, Kronen Sind, Elisabeth! nun Dein? Unsern Kaiser würdig lohnen Kann Dein schönes Herz allein; Dort wo Kraft und Milde wohnen Muß der Segen Hausherr sein: Glaub' und Hoffen, Liebe feiern Ewig Oesterreich und Baieru. 5 Die winiischen Dücheln. ^ntcr den windischen Vncheln im weitesten Sinne des Wortes versteht man das große Hngelmeer, welches sich vvm Nemschnik, dem östlichen Aste der l^horalpe zwischen ^r Viur und Dran ansbrcitet und zwischen beiden Flüssen ^ls zn ihrer Vereinigung im Szalader Comitate, also noch "ber Lnttcnbcrg hinaus, eine» der gesegnetsten nnd ftncht-barsten Landstriche der Welt bildet. Die politische Grenze von Ungarn nnd Eteicrmark schneidet von diesem Gebiet in gerader Linie östlich von Polsterau bis Lnttenberg (von S. nach N.) die sogenannte 16 ^Meilen große Nm-o8i<ö-Insel ab, welche zn Croatien gehört. Die gewöhnliche Gepflogenheit sondert immer scharf das Lnttenbcrger Gebiet von den eigentlichen windischen Bncheln, welche init-H'n in engerer Vedentnng nnr jenes Hügelland sind, das 'm Westen hinter Marbnrg vo>n Posrnk, Georgen, Peß-«itzbergc nnd Platsch in gerader Nichtnng von Eüdeu nach Norden von Gams nach Ehrenhansen begrenzt wird, in einer Vrcitc von 2'/^ Meilen. Gegen Osten denken wir nns eine Linie von Fricdau nach Lukaufzen von S. uach N. in der Länge von 2 Meilen gezogen, so haben wn das Gebiet der windischcn Bncheln, deren größte 6 Länge vom Peßnitz- bis zum Kapelleuberge ?, die größte Breite von Pettau nach Nadkersbnrg 5 Meilen beträgt, die auf eiue^n Flächeninhalte von 18 ^Meilen den herrlichsten Theil des Mardurger Kreises bilden und dnrch Segen vou Wein, Geflügel nud Obst sprichwörtlich gewordcu sind. Zu bemerken ist, daß man in diesem Ländchen selbst im engsten Sinne nur jene Gegend die windischcn Bü-cheln nennt, welche zwischen der Commcrzialstraße der Peßnitz, Stainz nnd dem Sandberge liegt, also nnr den tleinsteu Theil dieses weitläufigen Gebietes. Der ganze Stamm der hier sich verzweigenden Hügel zieht von der Khoralpe über den Nadel und Nemschuik nnd wird durch zwei große nnd unzählige klciue Thaler iil drei Hauptarme nnd viele Nebenzweigc getrennt. Die zwei großen Thäler sind das Pcßnitz-Thal im Süden, welches sich Anfaugs Ost-Ost-südlich, dann aber Süd-Süd-östlich wcudet nnd dnrch die Pesmitz, die Wässer des Zirknitz-, Gatsch,lir-, Iariug-, Partiu-, Gasterei-, Vl'lkn-, Tribcni-, Beruitza- und 8olxa-Vaches ans der linken Seite aus den gleichnamigen Thälern der Dran zuführt, nnd das Stai»z-Thal im Norden, das sich Anfangs östlich, dann Süd-Süd-östlich weudet nud durch die Stainz die Gewässer des Thuria-, Lakovxo und k»»8, tertiären Schieferthon, Mergel nnd Tandschiefer bis zum älteren Gesteine hinab. McicrMmig ist diese Gestaltung Vom Peßnitz-Bcrgc — dem Beginne der windischen Büchcln von S. gegen N. " bis zn den groben Conglomeraten, welche die Mühl-^"nbrnchc von GamlH bei Ehrenhansen bilden. Ueber-"lch an Versteinerungen ist der weiße Kaltstein des Platsch. Zwischen der Dra>l und Peßnit; kommen nm einzelne Neste (tchinitcn, Foraminifercn !c. vor. Bis ans einige diluviale Uftrterrasscn sind die Win« dischcn Bncheln rein tertiäres Hügelland, dessen kalkiger, mehr mergrliger Untergrnnd zn günstigen^ Weinban befähigt. Die immerwährende Anfmmnderfolge von Leitha-Kalk-Gcbilden, Sand nild Mergel gibt dem Boden eine ncwisse Einförmigkeit, die bei Regenwetter i» ein klebriges Gelbbrann übergeht. Den Mineralogen können, da hier M' kein Bergbau besteht, nnr einzelne Steinbrüche Auf. schlnsse gebend Gelber, auch gelbgraner lehmiger Sand kommt anf ben Höhen der windischcn Bncheln ebenso in regelmäßigen Strichen vor, als nördlich jenseits der Mnr im deut-lchen Hügel- nnd Grabenlande. In ihm erscheinen häufig 8 concretionirte Sandsteine und Geröllschichten, aber anch nur untergeordnet. Ini gelblichen Sande finden sich hän-fig Bivalvcn, darunter V<'liu>j Il»^»tt!>l.«llzlw, im Mergel, unterm Sande, besonders in den Höhen bei Oberradkers-burg, Blattrcste nnd von Conchilicn: la^tttu,»!, Illlcliililnu clul0l«»ulä<>, ?nliläiutt, tluUlNtt, I^imnell, Ulllli«!?, inili'Amntn, ^'nr-cllum viluIl)l)ililN!^l), s>r«trnl>i s»Ii-. Andrä). Das fostc Konglomerat, »»eist ans Quarzgcschieben, bci Lastomcl'zcn i,n Stainzchalc wird auch zu Mühlsteine»« verwendet. Tegelähnliche Mergel, wie in Wcigelsberq bei Nad-kersburg, haben Spnren von compactcn Brannkohlen. Im Mergel bei Et. Leonhard finden sich kleine Pecten und Pinnsnadcln. Leitha-Kalk-Massen finden sich hinter GutctllMg bci Et. Ruprecht nnd bei Hl. Dreifaltigkeit schön geschichtet, aber als aolitischcr Lcitha-Kalk am Echloßbcrge bei Mnreck mit versteinerten Fischrcsten und gähnen vom 8porol1,i« ^i^mln^««, I^llinllit Kr»5<«i- Aehnliche Lcitha-Kalkc befinden sich bei St. Jakob. Um Wernsee bildet das ^Invium eine sehr seine fruchtbare Erde, so wie um Luttcnbcrg und Negau der feinkörnige, um Nadlcrsburg und Kapellen der grobkörnige Cerithiiuii pictiiin, C Rubiginosuin, Murcx sub-lasatns, BucbiiiLiiu eaccatuin, Nalica glaucionide.s, Paludina, Bullina, Limnca, stfadioln marginata, Car-dium viiulobiiit'nse, protractiim plicatuni, Mactra, Ampliidosma minima etc. (ustd) l)r, ?(nbrci). Das feste Konglomerat, lucist aus Qnarzgcschieben, bci Lastomclzcn i,u Stainzthalc wird auch zu Mühlsteinen verwendet. Tegcla'hnliche, Mergel, wie in Wcigclsbcrg bci Nad-kersbnrg, habeit Spuren von compactcu Braunkohlen. Im Mergel bci Et. Leonhard finden sich kleine Pecteu und Pinnsnadcln. Lcitha-Kalk-Masscn fiuden sich hinter Gutenhaag bci Et. Ruprecht und bei Hl. Dreifaltigkeit schön geschichtet, aber als aolitischcr Lcitha-Kalk aui Echloßbcrge bei Mureck mit versteinerten Fischrcsten und gähnen vom Sperodus pigmaeus, Lamna grassi-dciis, Carcharias mcgalodon, Sphirna inta, Clipeas ter grassicostatus. Aehnliche Lcitha-Kalkc befinden sich bei St. Jakob. Um Wernsce bildet das ^Invium eine sehr seine fruchtbare Erde, so wic um Luttcnbcrg und Negau der feinkörnige, um Nadlcrsburg und Kapclleu der grobkörnige 9 Sand vorherrscht. Ucberall veranlaßt Thoumcrgcl und Dpok oder Lapor, den schweren Lehmboden, nur ilm Maria Schnee und Frattcnberg zeigt fich gelblicher Kleiboden, in Kricchenbcrg und St. Anton Thonboden, mit Spnren von Glimmer und Kiessteinchen vermengt. Die windischcn Bücheln sind dic mineralärmste Gegend des Landes, lose Stengel von Thoneisenstcin sind nur m St. Peter bei Marbnrg, etwas Waschgold in der Dran bei Wurmberg, Kaltspath in Lannersdorf bei Lnt» tcndn-g, und Kohlenauöbisse am Schlarpfeilberge und bei ^l- Axdrä. Dafür ist dieser Boden überreich an Sauer-brllnncu, uoii denen leider nur der geringste Theil benutzt, kaum ein paar chemisch untersucht sind. Die hiesigen Eanerbrnnnen, von Herrn !),-. Kopchlv einer genauen Schilderung gewürdigt, erstrecken sich südlich von der Mur von Nadlersbnrg über das Stainzthal, über Kriechenberg bis znm Pölitschqraben. In der tnrzen Strecke von Et. Benedictcu bis Ka-pelleu ist fast jede Quelle mineralisch. Die allgemeinste» Bestandtheile sind: kohlensaures Natron, Kalk und Talk, auch schwefelsaures und salzsanres Natron, Eisenoxyd»! nnd fteic Kohlensäure. Von den meisten wird etwas Kaltsinter von weißlicher, bläulicher oder Mhlichcr Far-bnng abglft» in Gebüschen nnd Laubwäldern: ^M"Mi.l nnd uilolill. ll< I<;dalu^ ^irilli« nnd lll,m«t<»> ,l,n, ^c'nnitum l)ko«tnu,lm (am Echlpschcrge bei Nadfersburq), <'l,,-ve-l'«'»ll> t lj.lli^li. <>><»l),».x. I'iuln,^ lü>'t»i5! nnd sl^rox 1'»»-Klu-ill, l'll ^«che (s»KU8), Virte li,»-t»li^ vorherrschend sind. Näher an den Gehöften sind die Papel szwpulu«), ^lk WaNnuß (^u^lan^), Kastanie (cn«wnV» vs^e»), 12 die Nüster (ulmux), der Manlbecrbaum (mm'!!«), die Feige (licu»); uin die Gehege zieht sich dic Haselnuß scnl'vl,,.«'); den Bächen cutlaug die Weide («.ilix), wäh-rcud die Korbweide (viminll!l>i) die Hauölacken, die Erle sl»lm!,>») den feuchten Naiu umsäumet uild der Wachholder l^ln>il)elu>!) an Aostockungen wuchert, der Flieder («)?»-li«A») und die Blüthcnesche (oinus) sich iu der Nähe der Cultur halten, der Hollnnder (^lluidilou«), dcsscil Blüthen, gebacken ein Lieblingsessen der Wenden, das Eprüchwort veranlassen, daß sie Hühnereier vertheuern helfen, und Tchneeball (Vilim-innn) üppig ihre Blüthen entfalten uud die Mistel (vise»») auf alten Obst- uud Eicheubäuiuou schmarohcnd sich ausbreitet; die Korln«« äolnt^ticn (Eberesche) mit ihren schöneu rothen Becrenbü-schelu sicpflegt uud verwildert vorkounut. Die Linde (tili«,), der eigeutliche Natioualbaum der Slaven, verdiente schon der Bieucuzucht wegen mehr Schonung uud Nachpflauzuug, obschon man ihn noch hie und da in riesigen Viustcrstückeu sieht. Der Ahoru (ttc^l-) uud die Roßkastanien (nl^eulus) sind ebcu uicht besonders häufig. Die Erle gibt die Lanbbauscheu, von deueu 60 Schock auf lt bis 4 fl. zu stehen kommen, zum Düngen der Weingärte». An allen Gehegen erscheint der lind,,« Iiirw^ Brombeerstrauch, seltener die i>»-„ml5 ^>mo«u (Schleh-doru). Iu den Weingärten zeigen sich nc^il,,,»! ^rinn-ni^ (Mispel», ^lionicu, (Quitteubaum», vor allen aber, die, besonders bei Gutenhaag, auserlescuen Pfirsiche 13 (?er8io») und Aprikosen (nrmemoa). Windischbücheln '^ ein gesegnetes Obstlaild nnd mit Recht berühmt sind leine Pflanzungen von Birnen, Aepfeln, Pflanmen, Süßkirschen, Weichsel», Kriechen ,'c. Ans Johannisbeeren (liilx^^ ^nd Stachelbeeren lZra.^nIm-mj wird köstlicher ^nn bereitet. Eine reiche Flora entfaltet sich anf den ^lesen. Da gedeihen üppig die äLiesenrante (tlmlill-t> >,m), der rmmnoillil!'! aKittic»x, an trägen Bächen das Muschelblnmchen (i^l»li!'v„m). das Christofs-Krant (lll-ten), ^ahnlvnrz (<^ntilri^ lxilliil'crli bei Nadkersbnrg,, das "eilchen als viola »änl-ttw, l'iminii nnd ^ilve^tri«. das Seifenkraut (x^nn^l-m), das liegende Maßtrant ^'l»^inzl z»,'<»<-,lml»<'n>!), die Pechnelte llxl'wmx ^ i«<'n-''"), die Eternblnine (>it<'lltl!-!N>. der Eibisch (.-»ltlnn'ttj, Ttorchenschnabel (Kt)rttni„»ij in vielen Abarten, Lnzcr-uerklce (m^äicnKN ^niivtij. Klee ,«il^<>^ Maßliebe (l)- Flohkrant lp»1il-n>-l«». Beifnß (^»-^m^m». Echas-garbc («loinlll'n). Painille nj, Tausendgnldcn-traut (^»')Ui<'tt oonttnllulmj, Lungcntrant (z,>,Nn<»liil>ill iMKuxtifulin), Bilsenkrant v«»,^c-l:,n»l«j, Stechapfel l'lntm'll), die Königskerze (><^!)ll>.<'»illj. deren Blume in "no Stube gestellt alle Ratten so verwirrt machen soll, ""ß sie sich im tolle» Umrennen selbst die Köpfe zerschla- !4 gen; die Baumwnrz l^l-ttpwlwrm «^opnli und ottninn), das Gnadenkraut i:ij und zwar itlilicli bei St. Kuncgnnd und Leoichard; der Ehrenpreis t v^rani«» und zwar als latitalia bei Gamlilj», das lmilmum bei Nadkcrsbnrg, Münze sm^ntlm). Salbei trivia), Thymian (tll)'iml>»), Bcrqmnnze lcllwmmt!»»). die Melisse, Gundelrebe s^l«-kam»), das Helmtraut am Peßnitzberge, der Wegerich spinnten), Hahnenfuß solnulus,«»äi-ilmcn^), die lt<^<'«ln Ixten. Scobioscn vieler Arten, Giusel lnjossu im Stainz-thale), Fleckeubluiue < ^iltnu>-<'ll ^^«titiitii^ bei Witschein). An Schlägen nud Zänneu', sowie in Weingärten treffen wir: Weinschädling llu'l-ln'ri« v»l«,-nl-l8). Erdranch (lumini«, «Moinnli^j. Thurmtraut ^tliilriti^« ^lllljl-ttj, hie nnd da den verwilderten Neiustock lj, das Beseukraut s^lo-nlwunni,^ besoudcrs in Posrnl, die >-05!N ^«lllil'll in ihrer reicheu Blüthe in, Juni nnd Inli, Zirmet tt:l!^vli«m). ijtofttüülmel i^ilvt'l-) im Ko-schack, Hastdolde <<-nu<-illi«j in Posrul, Nadelkerbel l«oan<1ix pc< wli j, Klette i«l«ti!l>n), Habichtstrant (lii<-l'Nl'llm,). der Windling l>n>n<'Ivl)I,l>!) iu Prachtstücken aller Farben anl Kriechenberge, der Nachtschatten <«nln-nuw), der wilde Hopfen slmmxl,,«) wird vorzüglich um Nadkersburg und Wcrnsee in so großer Menge gesammelt, 15 daß er einen Verkaufsgegcustand bildet. 1844 wurden zu Wernsce allein '>li (5tr. n 1^ st. CM. verkauft. Eine ordentliche Hopfenpflanzung betreibt nur der Nadkcrsbnr-ger Brauer H. Notter. Ali feuchten Stellen treffen wir den blasenziehenden Hahnenkamm (l'nu!l„<:!ll><5 «cl-I^nil,^». die Teich-l"!e sluipllgsj, Brunnentresse jnvl'tln illiilu lilli^lliliiiunj, Sauerklee (»nnli«), Fcdertraut (in) l:r)lli!!,nn «^is-.'tt,»«), Wasserschicrlma, l«-jc,,t"). ^e ^u^^lien. Alle Arten von u^ld- und Gartenfrnchten, Knollen- nnd Hülsengcwächsen werden mit besonderem Gedeihen gepflanzt. Kohl <>>'. l'i>ü,m nnd "lll^^^I»«^ 15,'VMN, die Wicke l vitin plinnnnil'^) wächst Wild. ^st ^'i^ Büchler ist so arm, daß er nicht ein ueines Gärtchen pftegte uud in selbem von Blumen vorzugsweise Lilie, Rosmarin, Pfingstrose lf'l^omnj, Mohn lpapnv^r), Nelte (nm, I)l»!)nta <;tl:.j, ^lcbstöckel «1ml<'!» sind die 28indisch-Vücheln "icht arm; so finden wir ^lim«, «Zwiebel nnd Knoblanch) ^ißig angebaut, nicht minder Hafer Ovl'Mlj, Waizen (tritioum), Hirse (miliinn), Mais (xea), Senf (,>nni,nn), Spargel s»züz,N,'^u«), Safran (l'l'oeux). Ucppig wachsen 19 auf nassen und sumpfigen Stellen: Froschlöffel sali^lna), Wasserlinse (Icmnn). ^nllnnx^ nnd t)l»i»Ä, ili,^ u»d ?sar0l«5U5l, ^llillm t»nn^i<1„ln »nd innrtn^on, wie oben schon erwähnt in den Gärten, die 8t?vlln (Meerzwiebel) bei Nadkersbnrg .'c. Von l'»-)s)t.l,^tlm<'n treffen wir außer einer reichen Menge lllld Mannigfaltigkeit von Schwämmen den Armleuchter scillnn «It'xili>j an stehenden Gewässern, Schachtelhalm l^'lixt'wm) an der Mur und Dran, Wurm-farrcu ^^»illiiunj u, ,'c. l^i» Boden, der so gesegnet an den mannigfaltigsten Prodncten des Pflanzenreiches, nährt natürlich anch eine ziemlich bcdentende Fauna. Volt Hanöthieren bemerken wir Rind, Pserd nnd Schwein als die wichtigsten. Das Hornvieh ist von schönem Schlage, die Knhe milch-reich, doch wird leider Zahl und Gehalt dnrch das übermäßig frühe Wcgvertaufen der Kälber vermindert. Die Viehmärktc in St. Lconhard nnd St. Anna, letzterer erst seit 1854 bestehend, sind von Wichtigkeit. Zwischen 800 und 10 00 Stück Nind tommcn am ^iehmarttc zn Et. Anna am 17. Sept. in Kaufsverkehr. Auch das güustige Gedeihcu der Kühe läßt sich aus der großen Ausfuhr vou Butter und Niudschmalz ans den windischen Bncheln schließen, bei deveu Annahme doch eine Kuh jährlich 1000 Maß Milch gibt, nnd anf cinen Menschen ungefähr der Bedarf von '^0 Pfund Fett entfallen. Zu dem Milchertrage, der iu ganz Eteiermark von ^0,«N0 Kühen 17 ungefähr 14 Millionen Gulden macht, liefern die W. B. linen nicht unerheblichen Beitrag, um so bedeutender, da Schafen und Ziegen anf diesem Boden weniger Sorgfalt zugewendet wird, als sich offenbar vergelten würde. Anf ^ Vaumannshnbe in der Stainz nächst Kriechcnbcrg bestand einst eine treffliche Tchweizerci. Die Pferde in Windifch-Büchcln sind von ziemlicher Größe und Stärke. Jene um Wcrnsce bilden den schönsten nnd thenersten "ber auch zartesten Schlag im Lande, dessen Pferdezahl man etwas über 50,000 Stücke schätzt. Von großer Bc-bMnng ist die Schweinezucht, die in ganz Stcicrmark "ach Prof. Hlnbck 300,000 Stücke beträgt. Die hiesige Sau gehört der langgestreckten italienischen Gattnng an, erreicht nngemästet ein Gewicht von 3 und mehr Ccnt-""n, und steht kaum jener im Kainachthale nach. Die Bienenzucht hat seit der Znnahme der Nepspflanznngen ^hr abgenommen. Die Stöcke, theils in Stroh-, theils lu Holzkörben, letztere oft mit Bildern und sinnigen Sprüchen versehen, sind meist 20 bis 50 Pfund schwer. Ein großes Hinderniß ist noch immer der Mangel von Früh-llng- und Tommcrweide. Nimmt die Bienenzucht so rasch "b, als dies in den letzten Jahren der Fall war, so dürfte bald nur mehr das steinerne Standbild St. Gregor, des Viencnpatrons, anf dem Fahrwege von Gasterei nach Kricchcnberg an die süßere Vergangenheit erinnern, in ber, namentlich noch 1840, Steiermark 80,000 Bicnen-^cke zählte. Die Seidenraupe, wie die emsigen Versnchc Ä8 des Herrn Pugschitz, Kaplan in St. Anna, beweisen, würde hier trefflich gedeihen, wcnn die Anpflanzung von Manlbeerbänmen mehr Anklang fände. Der Maulbcer-bäum, ganz für diesen Boden geeignet, könnte leicht statt der Orlcn die Lanbbanschen liefern, seine Blätter bewirten als Schaffnttcr eine seidenartige Wolle, geben gedörrt mit Kleie vermengt eine gesunde!)tahrnng fnr die Schweine, dic Frncht aber bewirtt die feinste nnd schnellste Geflügelmast, welche nberbanpt in den windischcn Bücheln kann: von jener in der Hanna nnd in Böhmen übcrtroffen wird. Hier ist die eigentliche Heimat der steierischen Ka-panncr, wie des PnranS (Trnthahns), den die Wenden noch ans ihrer indischen Heimat mitgebracht haben. Letzteren nennt man von seinem ^ieblingobesnche der Weingärten, insbesondere aber, weil er bei der Weinlese den stetigen Braten bildet, gemeinhin anch den Winzer. Wohl gefüttert erreicht er ein Gewicht von 10 bis 1L Pfnnd. Hühner nnd tonten zeichnen sich auf diesem Boden dnrch schnelle Vermehrnng nnd zartes Fleisch aus. Von größerem Geflügel werden jährlich nngefähr I0l),l»00 Stück ver-kanft. *) Dic Teiche - in der Landwirthschafts-Filiale, Nadtcrsbnrg nach jener von Wildon die meisten in Etcier-mark — sind reich an Karpfen und Hechten, die Peßnitz *) Als eln Leckerbissen wird vl'n den Hübnern die Weingart- (nicht Wein-) Grille, kleiner als dic Fcldgiills, gesucht, die l'st schaaren-iveise 4 bis 5 Schritte vor den Lesern in den Weingärten her-zl.ht. 1» ün Weißfischen, die Stainz an sehr schmackhaften, wenn auch nur mittelgroßen Krebsen, die man mit ganz kleinen letzen au großen Stecken fängt, ^on Wild findet man besonders viele Hasen, Rebhühner, Schnepfen, anch Fasane von der oft ans Vrnnnsee wegfliegenden Vrnt. Füchse, Marder und Iltisse sind weniger häufig als die Bilche, die Etaare werden in eigenen hölzernen Brnthänfcru anf hohen Bäumen gehegt, im Augnst ziehen sie in ganzen Tchaarcn nach Kroatien und machen großen Schaden in bcn Weingärten, in welche sie einfallen. Nachtigallen sind noch häufig um Obermureck, Wachteln in den Pcßnipscl-dcru. die Eiugdrossel uud Amsel heißt mau hier häufig ^cn Giglgagl, die Goldamsel (vii^a) ist ein sehr beliebter Vogel. Das regste Naturleben entfaltet sich im Herbste, wenn Grünspecht, Nußhahcr nnd Meise die Haine beleben nnd bie mnntcre Weiugrille 'i^) au die Neife der Trauben "innert. Von Schmetterlingen zeichnen sich dnrch Größe nnd Farbenpracht ans: das Nacht- nud Tagpfaueuauge, der ^rauerinautel, grofte Blauschillcr, Segler, Schwalbenschwanz, Tilberstreif, Perlmutter ?c. Vou Käferni der Schrötter, Heros-, Holz- uud Noscubock. Sehr beliebt ist bei der ländlichen Ingeud die ltn^'o Nalikrnvtt, das Marieukäfercheu; danu gegen die Mur hin der Vuxcm (das sogenannte Lilienhähnchen) (rioc^ri« moröiKerk), der als gutes Omen von den 20 Kindern am Et. Iosefstag auf den Wiesen aufgesucht wird. Die kleinen Snmpse sind von Eidechsen und Molchen belebt, die Kröte und die grüne Eidechse siild nicht so häufig als im deutscheu Grabcnlaude, Blindschleiche, Haus- uud Walduattern kommen vor, giftige Reptilien fehlen ganz. Bevor wir von den Bewohner» der windischeu Bü-cheln sprechen, wenden wir nns zu ihrem bedeutendsten Erwerbe — zu deu wichtigsten Erzengnisse ihres Bodens — dem Weine. Es ist ein eigenes Verhängniß auf allen heimische»! Produeten, daß sic so nngerne unter ihrem eigenen Namen, bei ihrem eigeneu Werthe gelassen werden. So geht es meistens den Windisch-Bnchler Weinen, die oft als Lnttenbcrger, Marburger oder Nadtersburger, uur nicht unter ihrer augeboreueu Firma in die Welt gehen. Uud doch erzengt dieser Bodeu Weine, welche wie die von Posruf, Koschak, Eelcstrin, Victau, Kartschoviua, Et. Peter, und zwar hier besonders in Grabec, Iaring, Witschcin, Eauerberg, Kriecheuberg, Grabouo^cn uud Mnrazzen, Klappeuberg, Gru^kabcrg, Hohenwart, St. Jacob, die schwarzen alls blauer Mosler- nnd Kauka-Trauve bei St. Georgen, sich mit jedem des In- uud Auslandes messen können. Die Wind.-Büchcln, bei einem Klima, das um 3" N. milder ist als jenes in Graz, bei der sonnigen Verfachernng des Landes, würden einen kostbaren Wcinreichthnm spenden, wären nicht gerade sie am meisten nnd fast alljährlich dem Hagel unterworfen, wärm 2t Mitunter nicht ungleiche Nebsotten, Mangel an Dünger Und Kalk, der zn knrzc Zapfenschuitt n>. noch eben so 3roßc Hindernisse des Weinbcmes, al^ der Schlendrian ber Winzer, das ungeschickte Gebahren in den meist zu seichten Kellern :c. Von den 51,051 Joch Wcinbodcn, der iu Tteiermark bei 33,0l)U Menschen beschäftigt, fällt ei»! wichtiger Antheil ans die W. B. Von den Traubensorten, die hier vorkommen, nennen wir thcilweisc die Bcllina, die eigentlich fast die Hälfte bes Satzes in der Stcicrmark, Mosler, die '/,<, desselben ln Pickern, Radkersbnrg nnd Luttcnbcrg ausmacht und dort die auserlesensten Weine liefert; wir treffen noch hier, wie lü Gonobitz nnd Sauritsch die blaue Zimmttranbe, um Witschein herum die blaue Sulzeuthaler, seltener die in Pickern hänfige blaue Portugicser. Der gelbe Muskateller wird nnr in Posrnk und Gams für sich allein gepreßt. Größere Anpflanzungen edler Traubensorten: Klein- und Wälsch-Riesling, Clevner, Ruländer, ^vth Tramiuer, klein Bnrgunder, Krachgntedel ?c. findet Ulan nnr bei H. Dissauer in Witschein, Postitsch in Krie-^enberg, Maier in Murberg. Die Moslcr, Tramincr nnd ^ieslinger verdrängen allmälig mehr den Grnnstock nnd geben den W. B, Weinen einen edlern Geschmack. Wo b" Sandboden vorherrscht, sind die Weine reschcr, aber gesünder, auf Lapor süßer, aber schwerer. Postitsch in Knechcnberg hat bei 300 Ncbensorten. 22 Bei ihm, wie in den Weingärten der Grafen Stuben-bcrg, Wnrmdrand :c. werdeil dnrch die niedere Erziehungs-art der Reben gute Weine erzielt. In sehr günstigen Jahren rechnet man in den Weinbergen auf 1 Joch ein Ertragniß von fast -1 Etartinen, in Proseck nnd Negan nnr 2 bis 3, niil Luttenberg und Radkeröbnrg 1 bis 2. Das Erträg-niß der Weingarten in Bezug anf die Menge tritt in keinen Vergleich mit den nördlich über der Mnr gelegenen deutschen Mebenpstanzungen, nm Klech, St. Anna am Aigcn (von dem slavischenIgg-Bcrglchne), wo der weiße Riesling oder Kurzstanglcr ein ungeheueres Erträ'gniß — freilich nur der leichtesten Weine - gibt. Ein Uebcrblick der Aus-lagekosten für einen Weingarten nach Herrn Professor Hlubel'ö geistreicher praktischer Zusammenstellung führt zur traurigen Ueberzeugung, daß der Laudmann, wenn er bloß vom Weinbaue leben müßte, bei einer Reihe von Mißjahren nothwendig ein Bettler würde. Man rechnet die Auslage eines Joches Weingarten auf 340 st., wenn man selbes mit 7000 bis 8000 Setzlingen bepflanzt. Da selbe in 1 Jahren noch kein Ertrag-niß geben, so beträgt die Einlage sammt dem Ertrage der 5°/<, Zinseu 408 fl. Ein Joch fordert jahrlich 120 Arbeitstage und 30 Ctr. oder 60 Schock Lanbbanschen, zur Düngung vou l —5 fl., also im Jahre über 50 st. Auslagen, dazu rechnet man noch die Zinsen nnd Nepa-raturskosten einer auf 700 fl. kommenden Presse sammt Keller mit 14 fl, Nehmen wir bei den Preisen der «» Weine zwischen 50 und 80 ft. Per Startin, den Bruttoertrag cincs Jahres mit ION und ziehen davon bis Uukosten mit 74 fl. ab, so bleiben 26 st. vom Jahr, Von welchen aber erst die Stcncrn, landesüblichen Gabe», ^vllccturen, Kosten der Kellerwirthschaft :c. abzuziehen kommen. Nur Verbesserung der Weiugart- und Kellcr-^trthschaft zugleich, uud Verbindung der Besitzer untereinander kauu hier dahiu wirken, daß der einst so hoch berühmte Wciubau, der W. -Büchlcr nicht dem allmäligeu Zerfalle entgegengehe; was offeubar dahin fuhren uiüßte, baß dauu nicht mehr wie jetzt aus jeden Steirer (vom 15. Altcrsjahre au) jährlich 5! Maß Wem kämen; dann Würde das lustige Festlied der slovenischcn Studiosen zur Fabel werden, das da beginnt und schließt mit: ^Ime Pater Bache, mimda nos a crapula hesterna, et ll&ple nos nova. Siebzehn Bezirke, Großsountag, Gntcuhaag, Iahring-^f, Langeuthal, Lutaufzeu, Mallegg, Vurg-Marburg, Yelling, Ncgau, Obcrmureck, Obcrpettau, Obcrradkcrs-burg, Tchachenthuru, Spielfeld, Wildhaus, Witschem, ^uriüberg, bildeteu einst die weltliche Obrigkeit der Wind. Vüchler. An ihre Stelle traten nnn die k. k. Bezirksämter ZU Marburg, Pettan, Friedau, Luttenberg, Nadtersburg, ^ureck und daS im Herzen der eigentlichen Windisch-Sichler gelegene St. Leonhard. Fünfzig Pfarren: Ehreuhauseu, Gamlitz, wiu-l'lsche Pfarre iu Marburg, St. Peter, St. Barbara, St. 24 Martin, Margarethen an der Peßnitz, Ober- und Untern kunigund, Gams, St. Lconhard ^Dcchantei), Dreifältige keit, St. Bcnedictcn, Abstall, Maria-Schnee, St. Anna am Kriechenberg; St. Georgen in den Weinbergen, St. Maria in Negan, Iaring (Decanal), St. Jakob, St.Aegidi, St.Mickacl in Spielfeld, Witschein, St. Georgen bei Witschein, Minoritcn-Pettan, St. Urban bei Pettan, Maria in Stnbenberg, St. Ruprecht, St. Wolfgang bei Wisch, St. Andreas an der Peßnitz, St. Margarethen bei Pettan, Großsonntag, Friedan, Polsteran, St. Leonhard, Polen^ schak, St. Thomas, Kleinsonntag, St. Georgen an der Stainz, St. Anton, Allerheiligen bei Michallofzen, Mag^ dalena in Kapellen, St. Peter bei Mdkcrsburg, nnd mit Hinznzählung des Lnttcnberger Gebietes, St. Wolfgang am Kagberge, St. Nikolaus, Lnttenberg und heil. Kreuz üben hier die geistliche Jurisdiction, bei welcher das Franziskanerttoster in Dreifaltigkeit nnd 7 Decanate be-thciligt sind, St. Leonhard nnd Iaring mit 15 Pfarren sind ganz, Großfonntag nnd Lnttenberg mit dem größten Theile ihrer 1? Pfarren meist im Windisch-Hn'gcllande. Durch die nene Eintheilnng 1«58 in die Grazer nnd Marbnrger Diöccse gehören Maria Schnee !c. zur ersteren. Das Gebiet der W. B. zerfällt in 3 Hauptzüge, den südlichen, der mit St. Urbani bei Marbnrg beginnt, zwischen der Dran nnd der Peßnitz sich hinzieht nnd bei seiner größten Breite in das nntere Pettanerfcld sich ver< stacht. Er hat die trefflichen Weingebirge von Noßbach, N Koschak, Wadelberg, Kranich, Gbenkreutz, Celcstrin, Metau, Sauerberg, die Pettauer Stadtberge lc. Dieser Hügelzug ^ird gegen Osten durch den Nagosnitzbach und das gleich, "amige Thal in 2 Aeste gespalten und hat seinen höchsten Gipfel im Ostrovetzberge bei St. Urbani hinter Pettan, und dem Hohenburgerberge nördlich vonWurmberg 1459". Der mittlere Zug ist der größte und ansgc-breitetste. Er schließt sich durch den Peßnißberg unmittelbar an den Nemschnik, ans der andern Seite aber streift er durch den Oichberg und Krentzberg bis hinanf nach Sectau ob Leibnitz, während er gegen Osten unzählige 3weige bildend, durch mannigfaltige Thäler gerippt, im Hanptzuge über das Zicreck, die Höhen von St. Aeqydk, ben Wöllingberg bei Maria-Hchnee l^82^nsi de„ Litta»' süd-östlich von Mureck 1284 Fnß hoch den Kriechen-^rg, die Höhen von Triebein, Ncgan und St. Aittmi ^lber Kleinsonntag sich unmittelbar in die Lnttenderqer Gebirge verästet und nur gegen Norden und Süden l" das Mur- und Pcttauerfeld auf steirischem Boden sich ^'tflachl, das Gebirge aber weiter in die ungarische Insel "reift. Ihn begrenzt gegen Norden und Nordosten das ^tssinz-, gegen Siiden und Tndwesten das Pcßüitzchal, ^n könnte man im eigeittlichsten Sinne das Wüidisch« Züchter-Gebirge nennen. Seine breitesten Binnent a'ler ^ud das von Dreifaltigkeit und Safzen, seine längsten bas von Zirknitz und Iaring. Von 28ölling bei Maria-Schnee sendet er einen Ast gegen Norden, der vom 2 5« Stamzthalc und dem Murfelde eingeschlossen, zwischen Murcck und Radkcröburg seine größte, zwischen beiden Orten seine geringste Ausdehnung hat, am Stuben-, Pölitsch-und Kapellcnbergc seine größte Höhe erreicht und sich gegen die Mur uud Stainz im Wernseer Boden verflacht. Er hat die herrlichen Weingcbirge bei Nadkersburg, Kerschbach, Kapellen, Nadein, Pölitsch- undIanischberg^., und ist der kleinste unter dcu :l Hanptzngen dieser Hügelkette. Die Windisch-Bncheln sind nach allen Seiten von zahlreichen Straßen durchschnitte», unter denen, anßer der Hauptstraße, jene von Marbnrg über Dreifaltigkeit nach Radkersbnrg, die von Pettau ebeu dahin, die von Marburg über Gutenhaag nach Wurmbcrg, jeue von Kricchenberg nach Murcck, von Lulaufzeu nach Frieda« und von Lutten-bcrg nach Polstrau, die von St. Leouhard über Maria-Schuee die wichtigsten sind. Die Bewohner dieses Landes werden abgetheilt in eigentliche lim-^am (Wind.-Vnchler), 8»vn^Äl'i (Stainz-thaler), volnMoi (hier gewöhnlich Croaten genannt», in den unteren Gegenden l^M<»iui>'«l»<»wö (k,-atal<), welche mit ihrem monotone» Geklapper vor< züglich in lauen Nächten zum Schlafe einladet. Anffalleud sind dem Fremden die häufigcu Ausgänge der Ortsnameu aus Tfzcu und Afzen, vom verstümmelten Wörtcheu vt.^ (Dorf) hergeleitet; auffallend die Sprachänderung gegen Luttcnberg, wo man alle u wie das französische ii ausgesprochen hört. Familien, wie die Wratschto, Köchel, Nottmann, Fcrk, Vraß, Flncher, Nnrl, Christel, bchanpten eiuc Art Adel unter den reichen Weinbauern. So wie in ver- 35 gangenen Zeiten dir Kliugcndraht, Sonet ^c., bei St. Georgen :c., noch jetzt die Ka^ovic, Prinz, Kosuh, Ferlinz bet Witschcin. Wir beginnen nnsere Wandernng vorerst dnrch jenes Hügelland, das seiner Lagc, Form, Bodenbeschassenheit und Bevölkerung nach gan^ zn den windischen Bücheln gehört, ohne im engsten Sinne diesen Namen zn führen, dnrch den westlichsten Theil vom Peßnitzberge bis znr Eisenbahn nnd Hauptstraße dnrch dasZerknihthal, zwischen dein Posrnt', dem Platsch, Leitersberg nnd den Spielfelder Höhen. Es begreift die Pfarren heil. Kreu^, St. Georgen, Witschein, ^ber- n»d Untcrkunignnd, St.Aegvdi nnd Spielfeld, ^nsamnien mit 9300 Seelen, wobei wir die Hieher gehörigen Antheile von Ehrenhansen und Gamlitz, als mehr znm großen Mnr-, die von Gams nnd der windischen Pfarre M.irbnrg znm Dranfelde gehörig, sammt ihren OrtsvcrlMnisscn übergehen. Mit deni Peftnitzber^e beginnt der westliche Rand des Wenden-landes in Steierinark. Er fällt vom heil, Weist-Gebirge ziemlich steil ab, steigt dann rasch empor nnd bildet einen große» Bogen von Nebenhügeln bis hin znm Platsch. Jeden einzelnen Gipfel I'rönen Ha'nöchen, von Weingärten nmgebcn. Dentsch- nnd Slaventhnm sind hier so sehr in einander verwebt, daß bis ans die Sprache der Wanderer eben keine» besonderen Unterschied bemerkt. Die Pestnitz, iso viel als sandiger Bach» entspringt am Dnltschelgrnnde noch in dcr Pfarre Lentschach, wendet 36 sich erst von Westen gegen Osten, später nach Süd-Ost, ist der einzige Fluß, der vom Ursprünge bis zur Mündung vor Großsonntag unter Dornau zumeist zwischen Wein, gärten seine oft trägen, und durch arge Nebcrschwemmnngen gcfürchtcten grauen Wässer hintreibt. Sie ist die Triebkraft für 25 Mühlen und Stampfe. Ihrem oft stagniren-deu Laufe und dem daraus entspringenden Fieber-Miasma köuute nur eine Regulirnnq, wie sie z. P. durch Anlage der einst fast projection Eisenbahn möglich gewesen wäre, abhelfen, und dabei zugleich deu Heu-Ertrag dieses schönen Thalcö aus das Doppelte stcigeru. Laubhölzer kommen vom Pcßnitzberge au häufiger zum Vorscheine, zwischeu den sorgsam gepflegten Weingärten zeigt der Pfirsichbanni seine anspruchslosen Zweige, die Wohuuugen, meist auf sauften Abhängen, sind sorgfältig weiß gehalten, wie dieLeinwandt'lcidnng desWeuden, den wir von da an mit freundlichen Grüßen begegnen. Die Hügel, fast ganz mit Reben bekleidet, sehen zwar einen guten Theil des Jahres hindurch kahl ans, aber vom Juli bis zum November, wenn die Neben mit ihren breiten Blättern weithin sich ranken, die klopat^ verkündet, daß die schwere Traube den Sperling lockt, der Hnther mit Stock und Kardätsche ^einrr znsammcngestoch-tenen Weidenrnthe), ein altes, rostiges Gewehr am Nucken, höchst unerwartet vor dem nngeladencn Näscher anftancht nnd seinen Tribut fordert, da gewinnt die Gegend ein ganz anderes Aussehen, dem cs durch die bunten Gruppen 3? der Leser nicht an geeigneter Staffage fehlt. Von hier geht es thalab am Saume der jugendlichen Peßnitz dahin, links wechseln Weingärten und Gebüsch, bis plötzlich eine vorgeschobene Höhe das Thal zu sperren scheint nnd man St. Georgen an der Peßnitz vor sich hat. Links in dieses Thal münden sich drei kleinere Thäler-Rinnbette kleiner vom Remschnik herankommender Va'che mit vielen Sägemühlen. Am Gasthause des Herrn Dobci, welches, nun elegant nnd geschmackvoll, einst ein festes Schloß gewesen sein soll, findet man mit gothischen Schnörkeln die Jahreszahl !5l6. Das kleine Dörfchen mit den hübschen Gebäuden des Wirthes Dobei, Schulhans, Pfarrhof, Kramerei «nd Arztenswohnung, ist recht artig auf dem Kircheuhügel grnppirt. l5s schließt das Thal zwischen dem Pcßnitzberge und Oberknnignnd ziemlich ab. Strebepfeiler stützen außen die Kirche, welche ein oberläudischer Uhr-thnrm überragt. Die Erncucrungszahl 15,24 ist gegen Osten am Presbyterium mit einigen gothischen Schnörkel-zierathcu. Das Gewölbe des Preöbyteriumö ist gerippt. Große Feuster erhellen den Raum, den der Hochaltar St. Georg, die Scitenaltäre der Mntter Gottes nnd des heil. Sebastian einnehmen. Zwei Säuleu tragen den Altar. Das Ganze ist seit 18.'i5 hellblau gemalt. Rechts, der Kanzel gegenüber, in einem großen Glasschrankc ist eine kostbar gekleidete, sitzende Marieustatne. Außen gegen Eüdeu zeigt ein Tteiu mit Pfeilspitzen im Wappen die Inschrift: Primus flott, Ciiim Tofkin sua molim;. 38 Gegen Westen am Portale ist dcr Grabstein des Jakob Venk, gewesenen Pfarrers von Oberkunigund, geb. 2!. Juli 1 7l> 1, gest. 21. December 1812. Das schöne Tabernakel wurde 1tt55> vom Krater Spengler Pelzeder geliefert. Znr Pfarre gehören 7 slovenische Gemeinden. Die nächste Umgebnng bilden vom Peßnitzbergc her Hans nnd Hnbe des Krell, oben das Weingarthans des emcri-tirten Pfarrers Ziegler, eines allsgezeichneten, zn Marbnrg 17!»') gebornen Kanzclrcdncrs, gegenüber dcr Weinberg dcs Dobei, weiter thalab lints das ferne schanende Lnst-Hans dcs Grazer Bürg er me isters, Herrn Dr. Mm, Besitzers dcs Marschallhoses. Von St. Georgen, einer seit Josef ll. von Witfchein ansgcschiedenen Pfarre, hat man '/i Stunden nach Oberlunignnd. Das Thal ist licht nnd frenndlich, die noch ganz frische Pesinitz ist ziemlich reich an Krebsen, Weißfischen nnd Karpfen. Ihr Ursprnng ist ein Brnnncn am Pcßnihberge. Anf dem Wege nach Ober-fnnignnd führt rechts eine ziemlich gnte Straße dnrch ein nettes Seitenthal in einer Stunde ^im Psarrorte beil. Krenz cnipor. l5twas spater ist links der Fahrweg nach Ulmcrhof, bald daranf der stattliche Paperlhof des Herrn ^toman Schmitt ,frnher Karnitschnigg», endlich au Herrn Iberers schönem Gohöfte nnd Garten vorüber, ist man iil Obertnnignnd. Die Kirche von St. Georgen ist nralt, das Portal trägt znr Erinnernng an das l^r. nenernngsfcst a»l I«. October I^'»') ein Wronographiton von Ziegler: Sancto (jtorgio pie ilcdicatu sic. laete 39 i^lllnt^Al-ntH. Der schmale Thurm, wie man solche imMürz-thale trifft, enthält eine llhr und l Glocken. Die schwerste wiegt 19 Centner. Die Dicke seiner Manern beträgt eine Klafter. Nebst dem Admontischcn Wappen im Innern ist noch ein zweites fast jenem der Grafen Pergen ähnliches, wenigstens der Mann und die Sterne ob dein Berge erinnern daran. An der Kanzel zeigen sich die Wappen und Gmbleme der verschiedenen Priester nnd Werkmeister, durch welche die Kirche nmstaltet wurde. Wir finden hier die Iahrzahlen !5«7, 51-'>8, ll Fenstern erlenchtet, mit einem modernen Thnrme, von den Resten einer einstigen Ringmaner umgeben, an deren einer Kante noch eine kleine viereckige Todtenkaftcllc befindlich ist. Das Chor stützt sich anf zwei Pfeiler und trägt eine hübsche, mit den Bildern Davids und Cäciliens geschmückte Orgel. Die Kirche ist ohne Säulen, hat am Hochaltare ein sehr gutes Bild des heil. Andreas, am Seitcnaltar links die unbefleckte Iungfran, rechts den heil. Florian; in der Seitenkapclle links mit vielen hölzernen Statuen den sterbenden Josef. Rechts ist die Sakristei und ein kleines Oratorium. In Witschein ist die älteste Pfarrmatrikel von 16?N, die Kirche wurde vom Domprobst von Seckau, Anton lll' I'M!», der vom 13. November 1619 bis 1657 regierte, vom Grunde aus neu erbaut. 1ti4^ war hier Johann Kot-schitsch Pfarrer, 1856, seit mehr als 3a Jahren, Herr Johann Flucher, geboren zn Witschein 10. Juni N96, zum Priester geweiht am 24. September 1822, einer der geist-reichstcnPhilologen,dergemüthvollsteuPädagogen, aus dessen Privaterziehung über ein Dutzend Doctoren, Professoren und Staatsmänner hervorgingen. Witschein ist ferner die Heimat der berühmten Brüder Tossi, von denen Josef, ge- 4» boren am 27. Februar 1824, zum Priester geweiht am 31. August 1846, Doctor der Philosophic uud Theologie, k. f. Professor in Graz; Anton, Steiermarls größter Autodidakt, ssnstos desFcrdinandenms in Innsbruck, dnrch seine Reisen in Australien berühmt ist. Hier siud ferner geboren die Herren Ka^ovü-, Professor iil Graz, Glschnigg, Professor in Trieft n. f. w, Witschcin heißt in den Berichte,i der Türken, welche 1533 das Schloß, aus dent sie von de» Banern ange< griffen wurden, sammt delll ganzen Orte niederbrannte!», Nil^'Imn!. In der Geschichte von Solimans Fcldzng in Steier-inark von Bedschewi (d. i. dem Füustirchncr) heißt es ausdrücklich i Die Uugläubigen, die ans dem Schlosse ltici-«okuni am 15. des Monat Safer «September) hervorbrachen, wurdeu theilo uiedergehaueu, theils zurückgeworfen. Ans derReihc der hiesigen Pfarrer bemerken wir 165? Martin Collar, 10»,;» Simon Nudl, 1670 Simou Harath, 168'^ Mathias Lediuigh, 1l><>1 wurde am 29. August Adam Koschuch installirt. Uutcr ihm treffen wir 1701 eine» Wregor Krautschnigg als Ecuator von Schuurenberg, 1)^. Johann ChristofHiertnig als Schloßverwalter von Witschen,. 1704, dann l7ll."> einen Friedrich v Gambenberg als Teckanischeu Canoilicns. l7^0 war Aegydius Koschuch Pfarrer uud Math. Weiß (^'operator, der dann vou 172ll bis zu seinem Tode am :t l. October 17 59, hier Pfarrer war. 1760 Anton Vouk, 1764 Urban Schautl, 1770 Sebastian Sgarzeih, 47 1790 bis 1830 Mathias Mangin nnd von 1830 bis mm Johann Flucher. In dieser ganzen Zeit wurden 18 Synoden abgehalten. Nie sehr die hiesige Gegend dem Hagel ausgesetzt sei, beweisen die Notizen in den Pfarrmatrikeln. So warf es am 7. Angnst 1785 Schlossen von der Größe einer Schcibkngcl, 1786 hagelte es 32 Male, N!N erfroren alle Reben, 1794 verheerte der Hagel alleFlnrcn. Am7.Angnst 1795 war ein Wolkenbrnch, der sich mit Hagel am 15. August wiederholte, bis am 29. Angnst ein nener Wolkenbruch die letzten Früchte wegschwemmte. Die Kirche hat einen hübschen Thurm, große viereckige Fenster, reines Pflaster, die netten Seitenaltare Maria nnd der sterbende Josef. In Witschein ist anch geboren Andreas Perlach, der als berühmter Medicincr 1550 Ilootor mnKNllis'i^ der Wiener Hochschule war. Er starb am 11. Inni 1551 und ist in der St. Stefanstirche begraben, wo ihm sein Freund Philipp Gnndel, von welchem der Gundelhof in Wien den Namen hat, ein Denkmal errichtete. Er hinterließ anch astronomische Schriften. Einige Schritte hinter der Kirche sieht man anf einem mäßigen Hügel das Stift Lambrecht'sche Sch l o ß W itschei n. Es ist ein anßen regelmäßiger, zwei Stock hoher Ban, ein vollkommenes Viereck von 9 Fenstern Vreite bildend, an jcdcr Ecke von einem Thnrme flanlirt. Ober dem einen Portale ist das Stiftswappen, eben so an dem großen, rückwärts gelegenen 46 Wirthschaftsgebäude. Dem Schlosse gegenüber ist ein zerwühlter, mit Gestrüppe bewachsener Hügel, auf welchem früher die Vestc Witschein gestanden haben soll. Witschcin ssviöma) hatte schon im 12. Jahrhunderte cinen bcdentenden Hof und ein Kirchlein des heil. Andreas. Den Hof schenkte Reinprecht von Mureck, Obristlandrichter, 117 1 an Secka», dessen erster Probst Wernher das 1,196 von Adalbert II. von Ealzbnrg geweihte Kirchlein erhielt. 1278 kam diese Pfarre von Seckau an Admont. Nicht viel freundlicher als die Türken benahmen sich die Franzosen 1797, 180',, 1ttl)9 im Pfarrhofe. Von Witschein über zwet Anhöhen, von denen man den majestätischen Anblick der Schwanbergcr Alpe, des hohen Nemschnik mit der Kirche vom heil. Geist und den malerischen, doppelgethürmten Ruinen Schmiernberg begrüßt, dnrch ein zwischenliegendes hochromantisches Thal au lieblichen Besitznngeit, darunter die einst der Freiiu v. Marschall (nun Grazer Bürger, meistcr Ulm, gehörige, besonders schön gelegen, vorüber, kömmt man nach einer halben Stunde in das reizende Thal von St. Georgeil zurück. Zur Admontischen Pfarre St. Andreas zu Witschcin, im Dccanatc Iaring, sind acht slo« venische Gemeinden, deren Einwohner aber fast alle deutsch sprechen, mit 18^6 Seelen, eingepfarrt. Die Schule zählt 149 Schüler. Die dem Stifte St. Lambrecht gehörigeHerr-schaft hatte vor 1848 eineil Bezirk von «197 Joch mit A012 Seelen in zwei Gemeinden. 49 Sic liegt 3 Stunden von Marburg. Bis 1784 qehörte sie dem Domstiftc Seckan, hierauf dem Ncligionsfonde und seit 1808 St. Lambrecht. Das nahe Dorf Ratsch, in einem Kcsselthale bei Ehrenhausen, gewährt vom Stöbcl- und Gänscrkogel einelohnende Anösicht. Es war einst Eigenthum des Nicolans, eines Sohnes des Caspar Kempinsly und der EliscPcierl, der als eifriger Protestant nach Elsaß auswanderte. Wenden wir nns von Witschein wieder znrück, so sehen wir links die Straße sich den steilen Platsch hinan' winden, rechts aber in einer halben Stnnde erreichen wir am Fnße des wcinreichcn Poörnt das hübsche Gut Lan--gcnthal, bis 1855 Hrn. Wenedilter, durch Lage und Bau« art eine freundliche Villa, nnn des Hrn. Vraniö. Hier war ein Bezirk von 4414 Joch mit 1966 Einwohnern in 4 Gemeinden, Dobcrcng, Gradiska, Knniqnnd nndNan^cnberg. Diese Herrschaft hieß ursprünglich Wissiakhl'fund hatte 730 Herrn Dr. CarlKcrn, dann Maria Kern nnd 17.^1 Benedict Kern zu Besitzern. Von Ernst Valentin kanfte <, 6t; triliu luän, gnt eiselirt sind davon Christns, Johannes, Maria und Michael, sie wurde von Metardns Ncich, die grosse von Feltl 1799 und eine kleinere mit den Bildnissen Florian, Maria:c. von Johann Feltl 1833 gegossen, 1850 wurden auf dem vom Sturme 1843 abgedeckten Thnrme Knppel und Kreuz aufgesetzt. Pfarihof und Schule siud uett. Iu 8! der Nähe wurden Münzen von l^««»? 6<^rmnmou5 gefunden. Kunigund wurde 1763 als Filiale von Iaring erbaut, 1768 wurde esStationskaplanci, 1786Cnratie. Tie Pfarre zählt 1264 Seelen, die Schnle 124 Kinder. Sehr lieblich ist die Aussicht von hier in das Peßnitzthal, anf Langenthal, Et. Margarethen u. s. w., diese erweitert sich noch mehr, weun man den hinter der Pfarre steil anfragenden Steinberg erklettert. Aufscinem Nucken erhob sich der Sage nach einst das Schloß Dobcreng. Hier ha» stell die Ritter von Dobern (Dobringe, l)<)!i,-<>! M>) als salzbnr-gische Lehenömänucr. Ans ihnen finden wir 1339 Heinrich und Eckard ,,nd 1274 Eckard ll. Später gehörte das Gut dÄ« Bärncckern. 10 Huben und 35 Bergrechte waren landes-fürstliche Lehen, womit N39 Maria Eleonore und Maria Theresia, Gräfinen vou Wel^ und Leslie, belehnt wurden. Noch heißen die Weingärten dcr Echloßberg, noch sieht man, von dichten Vnchen überwachsen, die Svllren einstmaliger Vaitten, noch nennt man das ostwärts streichende bis znm Platsch sich dehnende Thal Dobrenthal. Tie Lage in drei Abschnitten, anf schwer zugänglichen Höhen, mußte das Gcbände sehr fest gemacht haben. Der Berg, an dem jcjzt ein Eteinbrnch ange'egt ist, besteht, wie diese ganze Hngclt'ttte, ans Laftor. i^on hier mündet sich die alte Ttraße nach einer halben Stunde gerade vor dein Leiterobcrgc in die Graz - Triestcr Hauptroute, eine halbe Stnnde vor Marburg. 3' 32 Fußgänger schlagen gleich bei Langenthal einen Seiten-pfad ein, der Anfangs steil, später aber sehr bequem durch die prachtvollsten Lanbgänge am Sturmberge vorüber mit dem Geunsse der reizendsten Aussicht nächst den drei Teichen nach Marbnrg führt. Dnrch das Dobrenthal hinter Unter-kllnigund führt ein freundlicher Weg in ein paar Stündchen zum Platsch, der, 161^ hoch, eine herrliche Aussicht über den Murboden, bis zum Wildonerkogcl und tief hiucin in das deutsche Hügel- und Grabenland gewährt. Mau hat gegen Süden die ganze Länge des Rcmschnik mit den Kirchen heil. Geist, heil. Kreuz, Urbani:c. vor sich. lieber die Schneide des Platsch ging bis 1828 die Neichs-Poststraße von Wien nach Trieft. Am Platsch sind die nette Zier eg' gcr Ka ft el le, bei welcher jährlich am Tt. Angnstinstage großes Fest ist, ein alterthümliches Kellergebäudc ,nit verwitterten Wappen nnd den Buchstaben U. 1^. V. 1'. 1630, ein Stcinfrcnz von 1641. Die Gemeinde führt den Namen ?0lh<^rn<5 (uutcr dem Schloßberge), 1650 Eigenthum der Frau Sirk, geb. Klingcndrath. Die ganze Umgebung ist reich an Versteinerungen. Trichterförmige Vertiefungen im Walde am Platsch scheinen den Wasserbedarf des Stnbgraben - Baches zu sammeln. Das längste nördliche Ninnenthal der W.B. von der Peßnitz bis zn den Höhen von St. Aegydi ist das Zirknitz-thal, am gleichnamigen Bache, in der ganzen Länge von der Eisenbahn und Neichsstraße, die sich drei Mal kreuzen, 53 durchschnitten, mit den zwei Eisenbahn-Stationen Peßnitz und Spielfeld, den zwei Viaductcn bei letzterem Orte und dem 100" langen Tunnel zu St. Aegydi. Von der Station Pesnitz, über welche Hrn. Felber's geschmackvolle Villa mit ihren Gärten :c. weit hinan« schaut in die Thäler, nnd dem einstigen Gasthause zumWeingerl, aus dessen Vorfahren Mathias schon 1589 hier erscheint, spater an den großen Gehöften des Kottnig und Stelzer vorüber, kommen wir in 1 '/2 Stunden nach St. Acgydi zwischen den Gemeinden Iellenschberg und Nänzenbcrg. Zwischen dem Klciuberge und der Gemeinde ^irknitz steigt die Straße allmälig gegen Strichovetz empor. Freundlich schimmert uns der Thurm von St. Aegydi entgegen. Die Kirche steht links durch cinc 1844 vollendete Nastions-mauer gesichert, der Pfarrhof mit dem Gottesacker rechts von der Straße und Eisenbahn. Die Pfarre (8vet II^u) mit 2051 Seelen und einer von 150 Kindern besuchten Schule, deren Lehrer seit mehr als 50 Jahren Herr Neppel ist, gehört zum Stifte Admont, Uhr und Blcchkuppel schmücken den schönen Thurm. Außen am Portale ist das Khronograficon: Aegydi, Sancte Abbas succurc Miscro. Die hohe Kirche im edelsten Baustylc von 6 halbovalen Fenstern in der Höhe erleuchtet, hat am Hochaltare das Bild des heil. Aegydius, einen auf zwei Säulen gestützten Chor. Die beiden Seitenaltäre tragen die Statncn Maria und Johann Nep., der Gcwölbbogen die Erneuerungszahl 1843, vier Hänglampen und zwei Luster schimmern von der Decke »4 herab. Unfern der Kirche ist der beliebte Gasthof des Fleischers Eteixbancr. Voli Aegpdi senkt sich die Straße sanft abwärts. Fern herüber grüßt Straß mit d'e» Thürmen der Militär-Academie und der Dccanats»Kirche St. Veit, nach cincr kleinen Wendung sind wir an der Mur, an Zierngasts ^inlehrhans, bald davoli links am Eiscnbahn-Stationö-hofe und endlich am Schlosse Spielfeld; gegenwärtig Eigenthum des Herrn Wilhelm Grafen Attems; früher von 1730 bis 18L1 der Hcldcufamilie Graf Katzianer; der Halbmond auf den 3 Thürmen erinnert, daß dies Schloß vom Osmanen-Vcsieger General Graf Heister aus türkischer Veute erbaut wnrde. An der schönen Marien sä» le vrr dem Schlosse sieht nian das Wappen der Ttübiche und Kajzianer 1737. Auf dem höheren Hügel liegt die Localic St. Michael von 880 Seelen mit einer von 100 Kindern besnchten Schnlc. Das Kirchlcin entstand bereits N'.")5i, Zur Curatie wnrde es 1762 erhoben, ganz umstal-et 18 l2. In selbem befand sich früher am Bodcu der Grabstein der 165.'i verstorbenen Anna Haller, geb. Egger. Dnich den Bau der Eisenbahn drohte diesem Gotteshaus der Einsturz nnd es kam so zu neue» Veränderungen. Tic jejjige 1819 erbante Kirche ist Nein aber nett; dnrch ihr helles Vlechthnrmchen weithin sichtbar im Murbodcn. Sie hat rechts Oratorien, ovale Fenster eine ganz gemalte Decke, am Hochaltäre cm weißes Tabernakel uud 55 die Statue des Erzengels Michael; den Chor auf zwei Säulen, und cm gutes Ziegelpflaster. Die Eeitenaltärc siud der Mutter Gottes uud dem heiligen Florian geweiht. Außen ist der Grabstein des Sanitätsrathes und Protomcdicns Ritter v. Plappart, der im Alter von <>I Jahren am 29. Jänner 1805 im Schloße Spielfeld starb. Früher befand sich hier zwischen Blumen «nd Trauerweiden das Denkmal des Fräuleins Antonia Nusky, geboren den <;. Februar 180:1, gestorben den 1. Sept. 1821, Es hatte die Inschrift: „Ein frommes Mädchen von reiner Sitte, voll Sanftmuth und seltner Herzensgute." Ferner.- „Mit Wehmuth senkte hier die Elternliebe der Kinder lchtes, theuerstes ins Grab. Und Trost erstehend blickt das kummertrübc bethränte Ang' zu Gott, der dich uns gab. Er wird dich nns einst jenseits wieder geben. Er ist die Auferstchuug und das Leben." Herr von Rusty war von 1821 bis 1839 Eigenthümer von Spielfeld. Unsere zweite Wanderung gilt dem eigentlichen W. B. Lande vom mittleren Pcßnitzthale vorerst bis heil. Dreifaltigkeit, eine Strecke, die vom großen Eisenbahn-Tnnnel, der hinter dem Lci-tersberge das PeßnWal in ganzer Breite überbrückt, in gerader Linie sich in 3 Stunden zurücklegen läßt. Die in neuerer. Zeit sehr verbesserte Straße wendet sich meist 5md Pfirsiche gedeihen hier auf das Tresslichste. Die Straße fuhrt durch Lassach. Zur Rechten bleibt uns Romansckegg, Nnppersbach und Gruschan, zur Linken Mnlschen und Eamart'o, die sich aber bis auf den Weg hcraberstreckeu. Das Gehöfte eines Bauers unfern der Brücke, bei welcher der Fußweg von Et. Peter und Rnppersbach herausfuhrt, der nahe den schönen Weingart-hänsern des Ritter von Rainer, Professor Mar in Laibach (ci,!st Quardasoni) ic. niedcrleitet, ist ein Vaucrngehöfte ganz ans bchaneneu Etcinen gebaut, die in nächster Nähe an icilcr Stelle gesunden wurden, an welcher der Sage SI nach eine römische Stadt versank. Es heißt beim Bauer Kmetiö in Pristova. Bereits sehen wir den finstern Humberg mit seinen dunklen Wäldern vor uns. Einen großen hänfig trocken gelegten Teich rechts lassend, führt der Weg eine kleine Höhe hinan. Beim Wirthshanse nnd der großen Branntweinbrennerei des Schicker dreht sich die Straße links, gerade nach St. Leonhard, rechts aber nach Guten Haag (llrastjo von den vielen einstigen Eichen), welches majestätische Schloß mit seinen Außengcbäuden, seinen zwei runden Eckthürmcn nun völlig erncu,t, freundlich hernieder blickt. Ehe man den Schloßbcrg erreicht, geht rechts eine Straße zwischen malerischen Teichen nach der 1^ Stunde von hier entlegenen und in den meisten Theilen der windischen Bü-chcln sichtbaren Psarrtirche Et. Barbara bei Wunnberg. Dicsc Straße läßt die Gemeinden Aniciögasse, Iablonach nnd bcidc Wintersbach znr Rechten, Ober- nnd Unter-Wellitschen aber anf dem hohen Berge zur Linken. Schon die Keller vor dem Schlosse sind schcnswcrth. Das stattliche Gebäude mit 64 Zimmern wurde in den jüngsten Jahren durch den Besitzer Herrn Johann Pauer gänzlich im Innern nnd Aeußern verbessert und selbst in Bezug auf die Möbel so ziemlich im reichen Glänze früherer Jahrhunderte wieder hergestellt. In einer Höhe von 8 Stockwerten, durch zwei rechteckige Vorbauten an der Terrasse, dnrch zwei gewaltige Rnndthürmc an der Por-talscite begrenzt, ziehen sich seine Bauten um einen unre- «2 gelmäßigen Hof, in welchem die Kapelle mit Uhr und Glocke vorragt, wahrend das steinerne Standbild eines alten Herbcistein vom Giebel traurig herabschant. Die hohen stattlichen Fenster, die prachtvolle Haupttreppe, ein Lablmnth von Thüren, Stiegen, Gängen und Gemächern, letztere durchaus mit Lamparien, Getäfel und Doppcl-stngeln von kostbarem Holze, laden den Wanderer zum Besuche ein. Die Kapelle selbst, mit einem Privilegium von Benedict XII., ist hoch, licht nnd einfach, mit gnten Fresken und einem schöneu Krenzoildc auf dem Hochaltare aus grauem Marmor. Die Decken des Stuben wurden in ncncstcr Zeit meistens von Uctz trefflich gemalt, aber viclc derselben prangen noch mit den ursprünglichen kostbaren Gypsarbcilen. Die vielen Herbcrstein'schen Ahnen-bilder, Frucht- und Blumen-, Jagd- nnd Küchcnstücke sind sammt den alterthnmlichcn Rahmen von Meisterhand glücklich erneuert. Die Menge der Salons, die Fremdenzimmer, alles ist wohnlich nud geschmackvoll hergerichtet. Besonders anziehend für Freuudc plastischer Kunst sind: das Zimmer mit den Jahreszeiten, der große Billardsaal mit den 2ti Gemälden, das große Fürsteuzimmcr (im 2. Geschoßc von 7 Fenstern erleuchtet), das Schlafzimmer mit dem schönen Gemälde St. Sebastian uud endlich die herrliche Gallerie, der Sonnnerspeisc-Salon von 8 Fenstern erhellt. Doch beschanen wir nns die Merkwürdigkeiten etwas genauer. Ueber eine nun verschüttete Brücke, deren Graben 63 zum Theilt als Garten verwendet wird, gelangt man zum Burgthore, von welchem rechts im Nuudthurme früher die Kanzleien nebst dem sehr reichen Archive, links die Arreste, Dicnerwohnung ic. sich befanden. Ober der Pforte liest man 6. kV v. U. 165', nnd 1606 (Georg Freiherr von Herberstein). In der früheren Verwalterwohnung zur Rechten zeigen sich im Vorsaale des ersten Stockwerkes einige recht gute Bilder. Eine Spielpartie von Damen, ein Secstück ic., vor allen eine hübsche Dame im Iagdcostnme, zn ihren Füßeu einen possierlichen Zwerg mit einem dreifüßigen Kochtöpfchen statt der Mütze auf dem Kopfe. Ueber den Hof gelangt man zu dem eigentlichen 2 Stock hohen Herrschastsgebäudc. Links im Hofe ist die schon erwähnte Kapelle; durch eine mit Köpfen bemalte Thür gelangt man inS erste Stockwerk, durch ein grünes Gemach mit Himmelbetten in den Spciscsaal; den Kamin nennt die Sage als die Stelle, wo jene unglückliche KindSmörderin, deren wunderschönes Porträt noch der Inhaber besitzt, und deren Hiin'ichtungsstclle daö steinerne Kreuz auf der Waldhöhe von Et. Leouhard bezeichnet, ihr Kind verbrannt haben soll. Schöne Tapeten zieren das nächste Gemach, wo außer einem Himmelbette, einige Küchenstücke in Niederländer Manier, ein heil. Sebastian, der Kopf eines alten Mannes aussallen. Noch mehr nette Gegenstände trifft der Freund der Malerei im Billardzimmer, Küchcu< und 64 Iagdstücke, vier trefflich gemalte Hunde, der babylonische Thurmbau, Säufergruppcn, cm Tcppich mit türkischen Wappen ic. Nach dem Geschmacke dcr Zeit auch besondere Erscheinungen im Thier- und Pflanzenreiche durch den Piuscl zu verewigen, ficht man eine Aloe gemalt mit dcr Inschrift: 1653 im Monat August hat diese Aloe hier in Gutenhaag geblüht. Nun gelangt mau in eine schöue Gallerie, nur auf einer Seite durch hohe Fenster erleuchtet. Im majestäti-schcu Ernste sehen hier die Bilder dcr alten Hcrberstcincr von der Wand hernieder, vier wurden beim Verkauft des Schlosses iu die Hcrbcrstcm'schc Ahnen-Gallcric wegge-nommcn und durch Allegorien von Schiffer ziemlich unpassend ersetzt. Von den ersteren, die wir gleich beim Ein-tritte in diese Halle erblicken, steht der eine iu dem zeitgemäßen Costüm eines Marschalls, einer als Cardinal, ein dritter als Cisterzicnscr, ein vicrtcr in spanischer Hoftracht, ein fünfter in fürstlichem Prunke, zwei im Ordensgewandc dcr deutschen Herren da. Auffallend dnrch dcn tiefforschcndeu Blick und die kostbare orientalische Tracht ist Sigmnnd vou Hcrberstem, Karl V., Ferdinand I. und Max II. Nath, Hofkammerpräsident uud Botschafter in Constantinovcl und Moskau, dcr größte Reisende, der erste slovcnischc Gelehrte, dcr berühmteste Diplomat sei»er Zeit. Der Sage nach soll er nach seiner Heimkehr von der lchteu Gesaudtfchaftsreise die türtische «5 Tracht beibehalten, in ihr aber von den Bauern bei Wurm« berg für einen Spion gehalten und erschlagen worden sein. Sigmund v. Herberstein war in Moskau und Neapel, in Kopenhagen und Barcelona gewesen, sein Umgang immer mit den politisch bedeutendsten Menschen. Er selbst führt in seinem Tagebuchc an, wie er mit dem Papste, 3 Kaisern, 9 Königen und 2 kö'nigglcichcn Fürsten . Hierauf folgen die Schlachten bei Windischgraz, Laibach, Klagcnfurt, Cilli, Pctriniau. s. w., die vou Hcrber-steinern gewonnen wurden mit dem Epruche: In 8»^« vt w^ ^l», l<; ^t iil-t^. Deil ebcu erwähnten Ha uns Sig-mund von Hcrberstcin findeu wir am Schlüsse dcS 16, Jahrhunderts als steten Gefährten der steirischcn Helden Friedrich von Trautmannsdorf, Jonas v. Wülfcrsdorf, Georg v. Stubcuberg, Wilhelm v, Glcispach :c. im blutigen kleinen Kriege der Bewohner dcr wiudischeu und croatischen Grenzen gegen die Türken. 1597 eroberte er dic türkische Vestc Slatina, 1599 in Verbindung mit dem Banus Posscga ^c. ^ou 1519 an, in welchem Jahre den Stcirern dic Vertheidigung der windischeu, den Kärntnern und Krainern der croatischen Greuzeu zufiel, spielen die Besitzer und die Besatzung der uuterstmischcn Burgeu eine wichtige kriegerische Nolle. Das lu. Gemach in dieser Neihc bildet ein schöner Saal. Am Plafoud überrascht eine zwischen ihren Nymphen schlummernde, von Faunen be- «7 lauschte Diana, zwei Löwen, dic einen Hirschen zerfleischen, ein Tiger unter Kindern, Scenen ans Schlachten und dem Landleben, eine Schäferin, eine brennende Stadt :c. Alte gestickte Sesseln mit gleichem Sofa überlebten in diesem Saale glücklich die mvdernisircnde Sncht der vorletzten Jahrzehnte. Die Kapelle hat einen schön gemalten Plafond und ein gutes Krcuzbild. Ihr nachbarlich ist anch dic Haupt-aufgangstrepfte im italienischen Geschmacke, mit fresco-» bemaltem Vorhausplasonde. In der nahen Stube lagen lange dic letzten Neste der einstens reichen Waffenkammer, Stücke vou Rüstungen, Hellebarden, zwei gewaltige Doppclhaken, einige alte Fahnen. Die cine derselben zeigte einen schwarz und rothen Schild mit einem I., und die Inschrift: Aon vis virtutem «t v^riwwm ä< l^ncll'i« et zu0 släo man? Drei von diesen Fahnen sind gleich, cinc vierte ist von gelber Seide. Noch findet man im sogenannte» chinesischen Zimmer interessante Tapeten nnd alte Möbeln. Ober der Kapelle steht nebst dem Hcrberstcin'schen Wappen llnliitaeulum äl^votmm«. Weniger ansprechend war das zweite Stockwerk vor dem jetzigen Inhaber Herrn Pauer. Einige alte Gemälde und Möbeln zieren die Gemächer, dnrch welche man in das Todtcnzimmcr gelangt, also genannt, weil im selben die verblichenen Mitglieder aus der Familie des Burgherrn auf dem Paradebette bis zur Beerdigung zur öffentlichen Schau ausgestellt wnrden. Durch Herrn «8 Pauer d. j. wurde das Schloß nicht allein durch nette Anlagen verschönert, sondern znm Theile auch dnrch zweck» mäßige Bauten vergrößert und geschützt. So zeigt es jetzt bei 2 Stock Höhe gegen N. eine Fronte von 14, im neuen Verbmdungsflügel gegen N. W. von 10 Fenstern. Gutcuhaag ist zum Theile noch rückwärts, einst aber auch von der ganzen Vorderseite durch Teiche geschützt gewesen, so daß nnr die schmale Hochebene, dnrch welche es mit dem waldigen Berge im Hintergründe zusammenhängt, zu vertheidigen blieb. Bei Vi8eli0!i. Das Echlost Wnrmberg beschließt Georg von Ttnbenberg an Hanns Friedrich von Herberstcin nin .',0.000 st. und 500 Dabatcn zn verkaufe». 1547 vcrkanft Mört von Fladnitz an Georg Eig< mnnd von Hcrberstein eine Hofstatt am Puschnigbachcl, wo jrtzt der Pnlvcrstainpf steht. Zeuge: Christof Windscheid von Graben. 1507. Georg von Weisseueck nnd Bernhard Stabler machen einen Verlauf an Friedrich von Herberstcin. Eine Menge Zehent- und andere Urkunden fnr die Pfarre St. Leonhard ?c. Lehcnbrief von Stnbcuberg für Johann Ernst Graf Herberstein. 1757 dto. 176!—1554 Michael Maier, Sal^neister im Hallthale, verkauft an Georg Sigmund n von Herbersteiu das Haus zu Graz, im Sack zwischen den Häusern des Wolfgang Kleiudieust uud Barthlmä Ruch gelegeu. 1629. Verkauf von Seite des Zacharias Nürcuubergcr, Bürger in St. Leonhard. 1503 uach Et. Margareth - Tag. Friedrich uud Stefan vou Holleueck verkaufen au Lcouhard von Herdcr-stcin dic Güter Pettau, Gabelstorf, Euppan?e. Mört Narriuger verkauft an Lcouhard vou Herber-steiu 2 Huben in Mitte Peßnitz 1507. 17. Mai 1525 übergibt Kaiser Ferdinand die Pflege von Schlos; Freistem bei St. Peter ob Lcobcn au Hauns Georg von Herberstcm. 151^ Vcrtheiluug vou Bergrechten. 1590 Unterthanen-Tausch in Schilteru zwischcu Georg v< Stuben-bcrg und Hauns Friedrich vou Hcrbcrstcin. Wilhelm von Eibiswald ilnd Purgstall verkauft au Jörg Sigmnnd von Hcrbcrstml Bergrechte bei Wurmbcrg 157.'!. 1576 Felicia« von Herberstcin kauft Güter zu Salza. 1566 Niclas Rösch, Pfaudinhabcr vou Nicder-Trüchsen, verkauft an Wilhelm v. Eibiswald zu Purgstall Bergrechte bei Marburg, zu Gams und Noßbach. 1581 verkansen an ihren Bruder Hanns Friedrich v. Hcrbcrstein den Antheil an Gntcnhaag seine Brüder Eigmund Friedrich, Georg Christof, Jakob Franz nud Wolf Wilhelm (Prachtkalligraphie mit 5 Wappen, ^ Ellen lang, 1 Elle breit, auf feinstem Pergament.) 1517. Wolf v. Saurau verkauft das Amt Ameiögassen au Sigmuud Hanus und Wilhelm von Herberstein. 72 1582 sslber 1 Me lang) Alexander Wolf, Jakob und Friedrich Paradeiser zu Neuhaus Urgicht an Ursula, geb. Thurn, Gattin des Hanns Friedrich von Hcrberstcin. Klagcnfnrt, 28. März 1582. 1555 Christof Pisch überläßt Gülten in Guteuhaag an Georg Sigmund von Herberstein. 1517 Wolfgang von Weissenek verkauft an Hanns Georg von Herberstcin die Gülten in Obcrgörlitz. 1514 Achatz Büchler nnd seine Fran Agnes, geb. Müttcrstors, verkaufen Weingärten im Wiener zwischen dcin von Pjttring und von Eigmuud v. Hollenburg, dcn nnn hat Peter Preis. 1521. Wilhelm F. H. zn Prauk vergleicht sich mit den 4 Herbcrstcincrn, Georg, Sigmnnd, Wilhelm und Hanns wegen Lehen. 151? Wolf von Saurau, ein Kaufbrief mit dem F. H. von Nottal auf Thalbcrg, Herberstcin :c. 1516. Friedrich von Hollenek verkauft an Hanns von Hcrbcrstcin ein Bergrecht in Klöpping. Zcngc Anton von Hollcnbnrg. 1513. Die Erben der Echanmbnrg'schen Guter verkaufen ihren Antheil an Tigmund von Herbcrstvin, nämlich: Balthasar v. Altcnhansen für sich, Barbara, des Wolf zn Frenudsberg, Hausfrau, Margareth des Vlasins Dosyz, Psicgcr zn Fürstenfeld, verkaufen ihre Besitzungen an Sigmnnd von Herbcrstein. 1774. Felician von Herberstein verkaust an seinen Vetter Leopold von Hcrbcrstcin einen Weingarten in Rupvcrsbach. 17! 2. Franz Anton, Erzbischof von Salz- 73 burg, Leheusbrief an Carl Friedrich Graf Herberstein über Gctreidezehente. 1732. Johann Crust Graf Herber-stein dto. dtp. dto. 1704 Sigmund von Stubenberg auf Kaftfenberg an Carl Graf von Herbevsteiu Zehentlcheu 17^16. 17 50 für Johann Ernst Graf Herberstein dto. dto. 1620 Verkauf des großen und tleinen Pnlschnik-Waldes von Wolf Sigmuud v. Herbcrstcin an seinen Bruder Günther von Herberstein. 1657 Schirmbrief über die Namer'schen Güter zu Nebaukreuz an Erasmus Friedrich Graf v. Herberstein. Carl v. Etnbenbcrg aufKaftfenbcrgan Johann Ernest Graf Herbcrstein. Lehenbrief 1677. Susanna Baumgartcn, geborne Hauk, verkauft 2 Weingärten an Friedrich Graf von Herberstein. 1692. Lehenbrief von Georg v. Stnben-berg an Karl Friedrich u. Herbcrstcin. 1613. Johann Jakob, Bischof von Gurk, an Hanns Friedrich v. Herderstein wegen Weinzrhent dcr Marbnrger Pfarre in Celestri», unter Pfarrer Georg Pileator, „die Weingärten dienen dem Kloster dcr Clarissincn zu Allerheiligen in Graz." lS09. Dietrich v. Idnnsbcng zu Püchel und Frcihof an Hanns Friedrich v. Herberstein, dessen Tochter, seine Frau, ihm als Heiratsgut 1000 fl. zugebracht. Hanns Christof von Etübich, Heiratsbrief mit I. Elisabeth, Tochter Weiland des Gabriel Lanlbcrg zu Nottenbüchel und Has-bach. 1609. Maria Salome, Gattin des Hanns Friedrich von Herbcrsteiu, Hciratsgut 1000 ft. 1609 ebenso von 4 IN den Brüdern Schwarzcustein und Christes Moriz von Herbcrstcin, daß ihm Sigmuud v. Hcrberstein 20,000 st. väterliche Erbschafts-Ablösnng gab. 1620, 1630 von Georg Klingendrath an Günther von Hcrbcrstcin Bcrg-recht-Vcrtanf bci St. Jakob. Gräfin Thurn, Gattin des Hanns Friedrich v. Herberstein, Tochter des Erasmus von Tricbcneck anf Schwarzenstein, Feld- und Grenz-proviantmeisters, wegen Heirathsgnt, 1609. 170.^. Georg Weidacbcr, Verwalter von Gutenhaag. 1718 war Georg Krigeh Sftitalineister in St. Lconhard, die Damisch, Tschntschek, ansehnliche Banern iil Schiltern, Auila, Tochter Lndwig des Sachsen nnd Witwe dos HannS von Lindeck 1419. Kaiser Max l. Lehcnöbrief an Erhard von Pollhcim über dic Gntcr des verstorbenen von Neidberg. Margarets), Tochter dcö Ehristof von Raknitz, Gattin dcö Hanns von Herberstein. Jörg v. Hcrbcrstein 14^8. 1508. Amalie, Witwe des Hanns Hartmann von Hollcneck ein Kanfbrief. 1569. Wolf v.Graswein zuWeier verkauft an Georg Sigmnnd v. Herberstein einen Wald bei Grajena. 1444. Math. Niese verkauft die Eägmühlc an der Peßnitz. 14 54. Panl Plochcl an Andrä von Hollencck seine Hnben in Nuppcrsbach. Andra Hollencckcr nnd Friedrich der Herbersdorfer ^n Marburg vergleichen sich über ihre Besitzungen, 1657. Otto Wilhelm Rawer von Hohenraiu, auf Nebaukrcutz vertauft seinen Weingarten an Friedrich Graf v. Herberstcin, darüber sind bei 2« Urkunden vorhanden. 75 Die Herrschaft Gutenhaag hatte ein ausgedehntes Landgericht und einen Bezirk von 18,986 Joch mit 9799 Einwohnern in 44 Gemeinden. In früherer Zeit erscheint ein eigenes Geschlecht, die Haager, im Besitze dieser Herrschaft, Anna von Haag, die Letzte ihres Stammes, brachte sie 1409 an Heinrich v. Herberstein. 14N1 wurde Leon-hard v. Herberstein damit belehnt. Mn Ulrich v. Gntcn-Haag erscheint 1348. Eine Schweighilde war Gattin des Albrecht v. Hollenck, Günther von Mtenhaag war der letzte Sprosse. Im Jahre 1457 erhielt Andrä v. Holleuck, Inhaber von Gntenhaag, für seine trenen Dienste, vorzüglich bei der Krönnng Friedrichs IV. in Rom Hals- nnd Landgericht mit Stock nnd Galgen für Gutenhaag nnd dazu die Dörscr Iablona nnd Nnppersbach. Von dem Grafen v. Hcrbcrstein kanfte Gntenhaag (H»»«tj<) Herr Johann Paner; nach dessen Tode sein Herr Sohn Johann 1841 diese Herrschaft übernahm. Vor dem Schloßberge zn Gutcnhaag wendet sich rechts eine Straße in recht gutem Zustande, über St. Barbara nnd Wnrmberg nach Pcttan. Da St. Barbara gewissermassen den südlichsten Ast der Wiudksch-Bücheln krönt, so wollen wir diesen freundlichen Punkt in Kürze berühren. Die Kirche selbst ist sehr einfach mit einer ftachcu Decke, dem schlichteu Hochaltare mit dem Bilde der heil. Barbara zwischeu den Heiligen Petrus, Bartholomä'us, Paulns und Philipp, dem Eeitenaltare 4' 76 des gekreuzigten Erlösers und einem Maricnbildc. Am Chore St. Isidor. Am Thurme ist die Jahreszahl 1578. St. Barbara war schon 1639 Filiale von St. Peter, dessen Pfarrer Franz Garzarolli 1667 eine noch vorhandene, 1662 gegossene Glocke hierher schenkte. 1761 entstand hier eine Curatie, 1782 und 178« wurde die Kirche vergrößert und 1798 zur Pfarre erhoben, zu welcher gegenwärtig 1612 Seelen gehören. Die nächste Umgebung bilden die Häuser des Arztes, des Ledcrers Manker in Graz ?c. Die Aussicht nmfaßt einen großen Theil der W. B. bis ferne hin zum Hochgebirge. Gewaltig steigt hinter der Gemeinde Ziglenzen und der ernsten Veste Wurmberg der Hohenbllrger-Berg empor, während die Camilla, der Sand- und Grajcna-Berg, bekannt ans Volftam von Eschenbachs „Perceval", die rauhen Nordwinde von der üppigen Vegetation dieses gesegneten Bodens abhalten. Nach einer gemüthlichen Sage der Landlcnte soll hier einst geisterhaftes Gclänte in der Nacht den Leichnam cines erschlagenen und unter dem Schnee verscharrten Pilgers entdeckt haben. Noch sieht man hie und da Spuren von Gruben, in welchen einst hier, so wie noch auf der Sobath durch ein anf ein Fallbrett geködertes Schwein Wölfe gefangen wurden. Zu den ansehnlichen Wcingarthcrren dieser Gegend gehören die Brüder Pemsel. 77 Um St. Barbara und Amcisgasse trctcn die Leitha-kalke ebenso zu Tage, wie am Herzogs- uud Pöllitschbcrgc, bei Kapellen, bei Dreifaltigkeit :c. Vou Gutenhaag über einen sanften Bergrücken des Wellitsch, an bedeutende» Kalkanbrüchen vorüber, komiltt man in einer halben Stunde zu dem freundlich gelegenen Dorfe St. Ruprecht. Ein Kranz von artigen wohlgebauten Häusern umgibt die Kirche, au der man die Jahreszahlen 1538, 1752 und 1823 bemerkt. Der rothe Kupvcl-Uhrthurm ist hoch uud stattlich, außen bemerken wir Strebepfeiler an den Resten der Ringmauer. Am Hochalter ist das Bild des heiligen Nnpert, am Prcsbyterinm die Jahreszahl 1849. Am Bogen des Kirchengcwölbcs gewahrt man an den Etciuknäufcn verschiedene Wappen, unter andern den Anker der Stubeu-berge. Das Presbyterkum ist von oblongen, das Schiff von viereckigen Fenstern erhellt. Die zwei Scitcnaltärc Maria nnd Herrgott ans der Wiese sind ohne Kunstwerth. Links der heil. Anton von Padua und rechts die heil. Nothbnrga bilden zwei andere Seitcnaltäre, zwei Säulen stutzen den Chor. Dic Orgel ist von 1797. Das Gewölbe der Kirche, breit nnd gedrückt, scheint im ziemlich baufälligen Znstande zn sein. In der Gruft liegen acht Herberstein!,'. In dem von einer ziemlich hohen Ringmauer umgebeneu alten Fricdhofc ruhen zwei junge Paner. Noch bemerken wir in der Kirche die Statuen der Segen strahlenden Mnttcr Gottes und des Erlösers 78 im Kerker, dann vor dem Hochaltäre links das herrliche Bild Maria-Nosenkranz vo» Tnnuers Meisterhand. Die Pfarr-Protokolle beginnen mit 1670, früher war hier ein Vicariat von Pcttau, zn welchem auch die Dörfer und Gemeinden Vis, Oit'ancen, Lerinabcrg nnd Sobiak gehörten. Nun umfaßt die Pfarre 6 Gemeinden: Obcr-und Untcr-Völi6en (von lwl^ Ochsenwcidc); in letzterer Gemeinde steht die Kirche kamn ^ Stunde von der Grenze des Psarrsvrengels: St. Leonhard, Selca (Selea-berq), Götschdorf nnd Götschbcrg (La^) an der Straße von Dreifaltigkeit nach Pettau, l)ermlen>bnl. 1722 Heinrich Frei. 1728 Math. Bratu>a. 1735 Johann Georg Krovath. 1739 Johann Schalamun, 1745. Math. Etrntz. 1718 Gregor Knauer. 1750 Math. Stelzer. 1758 Bruno Maier. 1759 Gregor Frischner. I7«<» Gregor Mathenschitz. 1762 Josef Klcischer. 1772 Gregor Firschner, Pfarrer. 1774 Andreas Slckovitsch. 1782 sshiblich. 1790 Ornik. 1791 Jakob Schein. 1793 Sebastian Gvamftnis. 1794 Andreas Elakovetz, Pfarrer. 1815 Florian Mnrko dto., daun die Kapläne: Kilrnigg, Ferrcnz. 1826 Politsch. 1831 Meichenitsch (Enper-nnuierär). 1817 Suchatsch. 1819 Leopold Pctaujek, Minorit. 1851 Josef Dreisibuer. 1852 Provisor, und 185)5, Johann Strach, Pfarrer. Die in der Nähe gebrochenen Steine werden häufig zn Fenster- nnd Thnrstöckeu verwendet. Sanerberg hat seineu Namen vom windischen Worte, 8ll-v<>>-ji (Hinter-bcrg). St. 3lnprecht ist der Geburtsort des noch lebenden ausgezeichneten slovenischcn Sprachforschers, Verfassers der wmdischcn Sprachlehre und eines windischen Wörterbuches, Priester Anton Mnrko, nun Dechant in Sauritsch, geb. 8. Juni 1801. Setzen wir uach dem kleinen Ausflüge 81 hinter dem Berge unseren Weg anf der St. Leonharder Straße fort, indem wir Sanerberg mit den benachbarten Gemeinden Selcabcrg, Hikancen nnd Prcntcndorf, Armsdorf am südlichen Abhänge des Gasterciberges, welcher die Leonharder Straße hinansteigt, zurücklassen. Nachdem man den waldigen Berg, Echwarzwald genannt, anf welchem anf 3 Etnfen erhöht das 1665 und 1789 erneuerte Krenz der Kindesmörderinen steht, erreicht hat, liegt der Markt Et. Leo »hard dnrch den gedehnten Nucken, anf welchem er sich ausbreitet, ziemlich ansehnlich vor den Blicken. Das besagte Kreuz besteht aus einer viereckigen 10 Fnß hohen Säule von dunklem Sandstein, ans verticalen Platten zusammengesetzt, mit 4 kleinen Nischen und den Buchstaben 15. ^. K. II. Der Wald, dnrch welchen der Weg sich senkt, war in früheren Zeiten als unsicher bekannt. Der Markt St. Leonhard hat vielc Wirthshäuser, uurer denen das Bräuhans nnd die Lebzelterci hervorragen. - Andere nette Gebäude sind das k. f. Bezirksamt, die Häuser des Notars Mraulagg, des Grundbuchführers Vaubosegg, deS Färbers Wenzel ?c. Sehenswert!) sind die kleine Münz- unt>Alterhümer< Sammlnng des Hrn. Bezirtsvorstehers Zirkelbach, die große und wahrhaft ausgezeichnete Käfer-Sammlnng des Herrn Josef Spitzt. St.Leonhard, anf einer lehmigen Anhöhe zwischen der Vclka und Bolovmca gelegen, gewährt durch seine schlau» 4" 82 ken Pappeln, den gartcnähnlichcn Friedhof lc., besonders von ferne cincn sehr schönen und frcnndlichcn Anblick. St. Lconhard ist am reichsten an Voltssagen, die fich abcr um die Orgien der Tpringersecte und die Ein--falle der Türken bewegen. Noch vor 300 Jahren waren alle Hügel um den Markt öde Hutwcidcu. Auf einer der Anhöhen soll eine kleine Bnrg gestanden haben, welche die Türken mit allen Insassen verbrannten. Mit der zerstörten Kapelle derselben versank auch eine Glocke, an dieser läuten Nachts die Geister der Erschlagenen, weun sie »m Erlösnnq rnsen. Als die Türken die Pfarrkirche verwüsteten, schüttete ein Bauer vom Thnrme einige Körbe voll Bienen auf die Unholde, deren Enmsen und Stechen sie eine Zeitlang vertrieb. Dafür hingen sie einen lLhristenknaben, statt dem Klöppel, bei den Füßen in die große Glocke und läuteten. Der Knabe war längst schon todt, aber die Glocke tönte so lange, bis in der Nacht die Bergbewohner sich sammelten und mit Sensen und Drischeln, ja sogar mit de» Todtenknochen, welche die Moölims ans den Gräbern gewühlt hatten, die Unglänbigen erschlugen. Der Tabor um die Dechantei-Kirche, einst Schauplatz dieser Granel, ist bis anf den westlichen Theil vc--rcits gänzlich weggerissen. Im Pfarrhofe sehen wir daS Porträt des Abtes Ansclm von Admont, einst Pfarrer vou St. Leonhard. M3 An der Kirchenthnre links ist das Wappen des Wolf Erasmus Grafen Herberstein mit dem Chrouo-graphicon: ?iu« ^Voll^an^u» « vlw olnit tldl)uuw Betreten wir die Kirche. Hier fiel einst zuerst links ein großes aufHolz gemaltes Epitaphium auf. Ucbcr einer Schlachtscene sah man Christum und den himmlischen Vater. 7 weibliche und 6 männliche Figuren in den zeitgemäßen Kostümen erschienen nntcrhalb. Das Hcrbcr-steinische Wappen erklärte ihre Familie. Es waren: Wolf, Franz, Ehristof, Inkob, Fran^, Friedrich, Sigmuud, Hanns, Friedrich, Katharina, Magdalcna, Lucia, Wal-burga :c. Dies Denkmal führte gewöhnlich den Namen: der lutherische Altar; es war, nach dem kostbaren steinernen Unterbau zn schließen, der vielleicht durch die Gegenreformation unterbrochene Anfang eines Pracht-Monumentes, enthielt ein ziemlich verwittertes Schlachtbild, abgestandene Fresken von Trophäen, leere Nischen nnd einen Schulzengel mit der Devise: tti»>-Ait<> vox mm-tm. Unter dem Chore rechts ist ein ähnliches kleineres Monnment, anf dem eS heißt: Diese Gcdächtnißtaftl hat malm lassen der edle Simon Mändck zu Samarko, ihm, seinen beiden Hausfrauen nnd Kindern zum Gedächtniß am 12. Februar 1575t. Er führt einen schwarzen Krebs im gelb und schwarzen Wappen, seine Gattin eine halbe Eiche auf einem Hügel. Das Gemälde stellt ihn, vier Kinder und zwei Frauen vor. Eine davon war eine ge- 64 borne Wuchcriu. Der Welsch dieser Familie war das nachbarliche Samarso. Die Gruft, zu welcher mau auf einigen halb vermoderten Stufen hinabsteigt, birgt vier große kupferne Särge, von denen zwei längst geöffnet und geplündert, zwei aber mit eiserne» Schrauben wohl verschlossen sind. Die messingenen Tafeln, welche darauf liegen, enthalten sehr gut lesbare Inschriften. Vorn gegen den Hochaltar ist ei» Epitaphium, wo nebst dem Herbcrstcin'-schen Thurme und Winkelbaltcu auch uoch zwei Füchse im Wappen sichtbar sind: Wolf Ernest Graf v. Herber-steiu, alt 23. Auf der ersten Tafel am Sarge rechts steht: Erasmus Comes ab Ilerberstein L. B. in Neuberg, Lankovitz et Gutenhaa^ (tapifor Cariiithise in Castro Gutcnlmug 1691. V. Feb. obiit, aetat: 00 anno. 9Cnf der zweiten Tafel, wo man das Herberftein'schc Wappen mit dem Fuchse im Herzschilde fiudct, ist.- 'Wail^anK Nrn^m,^ (><»me« n!i Iltr1»l'»t^i,i n^liit 2^. Auf der dritten: llmli^ mil», »n-^ ülii. Hier liegt begrabeu die edle 3c. ic. Eva Elisabeth von Tchärffeubcrg, geborue Freiin v. Hcrberstciu, -j- 5,. März 1i't, 1543 und 1659. Das Gewölbe hat deutsche Nippen, der Chor steht auf 2 Säulen, die Orgel ist von Herburger in Eilli. Früher wareil Et. Georgen uud Dreifaltigkeit Filialeu von St. Leonhard, ersteres ist erst seit 1784 selbstständige Pfarre. Am geuaucsten vertraut mit den Geschicken dieses Marktes ist Herr Postmeister Leserer. Eine redende Ehronil der Gegend war Herr Kuruik, der frühere Richter von Schillern, der am 10. Jänner 1843 über einen Steg in die Pcßnitz stürzte und ertrank. In dem Markte St. Leonhard hatte >'ch die Sccte der Springer gebildet, welchc unwillkürlich an deu Orden der tanzenden Derwische crinnnert. Sie verrichteten ihren Gottesdienst mit Hupfen nnd Springen uud Gaukeleieu, erzählten dabei die im Traume gehabten Erschciuuugen und glanbten fest, daß die Engel das heil. Grab von Jerusalem in ihre Grabtirche nach St. Leonhard übertragen 87 werden. Die Gegeureformations-Commission am 5. Jänner 1600 führte einige, darunter drei Rädelsführer, in Verhaft nach Radkcrsburg, sprengte die Kirche, zerstreute die Schwärmer, und setzte an die Stelle ihrer Kirche das Hochgericht. Diese späteren Springer hatten wenigstens nicht die arge Unsittlichteit, durch welche in den W. B., sowie in den Gräben der Echwanbergeralpe fast 300 Jahre früher jene Schwärmer berüchtigt wnrdcn, welche in die Fnßstapfen der auS Krems nnd Steier 1312 hereingenommenen Adamiten, Nolarden, Waldenser :c. traten. Letztcrc verwarfen die Sacramente bis auf Tanfe und Abendmahl. Gegcu sie eiferten Conrad, Erzbischof von Salzburg und Lcouhard von Passan. Herzog Albert befahl die Widerspenstigen durch Feuer zu vertilgen, jene aber, die sich belehrt hatten, durch ein Kreuz am Kleide zn bezeichnen. Für Untcrstcicr ernannte Ottokar, Patriarch von Nquileja, den Gottfried Prior von Seitz zum Inquisitor, für die Wind. B. den Erzuriestcr Dietrich, Pfarrer in Pettau. Nach einem im Besitze des früh verstorbenen Historikers Sonntag gewesenen Scckaucr Manuscriptc kamen 1527 selbst einige vom Olmntzcr Bischöfe Stanislaus Thurzo ans Mähren vertriebene Wiedertäufer, als: Müller, Weber :c. in diese Gegenden. Sie schienen mit dem 1559 zu Clausen nnd Kihbüchel in Tirol verbrannten Glanbcnsgenosscii, deren Weiber erträntt wurden, in Verbindung gestanden zu habeu. Wenigstens auf 88 die Grausamkeit Zwingli's, der in Zürich 20 wiedertäuferische Weiber und Kinder in einen Thurm sperren und verhungern ließ, sowie auf die Parteien der Schwertlcr und Sabathcr, auf die Lieder des Osseriis Vrcisiuger, der 1598 zu Vri.reu, Hanns Züinrauer, der 154U in Schwcch, Hanns Puckner, der 1556 zu Echlanders geköpft, deS Hannö Meister, 1558 in den Niederlanden erdrosselt, des Heinrich Sanier, der mit Jakob Mändl am 19. October I562 zu Baden iu der Schweiz ertränkt wurde, findeu sich in den in jenem Manuscripte angeführten Verhören viele Anspielungen. Alls dem Ganten geht hervor, daß die Springer viele Aehnlichkeit hatten mit den Zitterern <8Imkt.'i-5l», die 1771 ans England nach Nordamerika kamen. Wir finde» aber auch bei ihnen Ernlnernngen an die sogenannten Eselsfcsie, die lange statt den römischen Taturnalien in den ersten Tagen nach Weibnachten in ssugland, Frankreich nnd den dentseden Städten am Nhcine, mit solchem Unfnge zum Theile bis in die zweite Hälfte des 15. IahrlMderts begaugen wurden, daß Bischöfe und Päpste dagegen anstraten. Von St. Leonhard führt eine Straße in "/, Stunden nach St. Georgen, eine zweite in 1 '/2 Stunden nach St. Auua iu Krieche»oerg, ciuc dritte nach St. Nnprecht; anf der bedeutendsten Straße aber erreicht man in '/^ Stunden heil. Dreifaltigkeit, einen in Untcrsteier weit berühmten Wallfahrtsort, welcher durch das anf 89 einem Hügel gelegene Kloster, 2 Stock hoch, 11 Fenster lang, und die Kirche mit ihren 3 Thürmen an die italienischen Castelle erinnert. Der Ort selbst besteht wie die meisten Wallfahrtsorte meist ans Wirthshäusern, unter denen die dcS Fleischers und Lederers die annehmbarsten sind. Eine doppelte Trepftenflncht führt anf 70 Stnfen zur Kirche empor, deren Vanform an jene der Barmherzigen in Graz erinnert. In der lichten überraschenden Halle sieht man vorne das Stubcuberg'sche Wappen und ein zweites mit dem Löwen und Adler, links aber ein Monument, auf welchem es heißt: Nie jacet Excell. D. D. Fonlinandus Ernestus, Comes de Trautmannsdorf, Gcncralis Excubiarurn Magister, Comraendator Arcis Graecensis obiit 25. Febr, 1622 aetatis 55. Am Hochaltäre mit Gottes allsehendem Auge ist das Bild der heil. Dreifaltigkeit, wie man erzählt, durch ein Wunder gemalt. Links ist die Kanzel, rechts die Lorctto-Kapclle mit der Gruft der ehemaligen Augustinermönche. Die Seitenaltäre zur Rechten sind: n) Kreuzabnahme, !)) die leidenden Seelen, c) St. Nochns: znr Linken: n) h. Kreuz, d) Maria-Himmelfahrt, c) St. Florian. Von Monumenten ist noch hier am Eingänge der Loretto-Kapclle: das der Maria Elise Gräfin Trantmannödorf, geb. Kisl 16N2. In Dreifaltigkeit ist eine Pfarre von 1778 Seelen und eine von 192 Kindern besuchte Schule. Das Kloster, 90 in welchem sich auch der Pfarrhof befindet, ist cm nicht gar großes Gebäude, nüt schönen, hohen Gäuqen, das sich einer eurzückenden Anssicht erfrent. Et. Lconhard, der Nemschnick, die Schwanberger-Alpcn ragen als auffallende Punttc dcr herrlichen 3ülndschan, die man von hier genießt. Die Kirche von heil. Dreifaltigkeit (kvotn Iraio») bestand schon 1ti4l); wnrde 1062 zur kuratic erhoben. 1631 stiftete hier Wolf Graf Stubcnbcrg, Herr auf Mureck, mit seiner Gattin Crescentta v. Scheidt das im Jahre 1812 aufgehobene Angnstinerkloster, wie ni^n sagt, für seine Rettung aus gefährlichen Nachstellungen, die ihm in Venedig drohten. Seit 1853 haben es die ssranzis-kancr. Im Angnst 18.'>5 spendete hier Bischof Ottotar Graf Attenis die Firmung. Das Kloster ist rein und nett, die Bibliothek nicht unbedeutend. Es beM eigene Weingarten bei St. Anton, nahe denen des StistcS Nein. Die Lorettolapelle wnrde 18.15 ernenert. Am westlichen Thnrm kündet ein Stein, daß am 5. Inni 1636 die Kirche dnrch Mar. Sitticnö, Bischof von Seckan, geweiht worden sei. Die Pfarre besteht seit 1784. In Dreifaltigkeit ist dcr talentvolle und thätige Slavist Georg Zaff, seit 183? Cooperator m Frauhcim, am 13. April 1814 geboren. Dreifaltigkeit hat bedeutende, viel besuchte Märtte, als am 4. Mai nnd Sonntags darauf am Dreifaltig-leitssountage, am 16. und 28. August, am Qnatcmber- 9t sonntage im September. Ueberhanpt sieht der wohlgebaute Ort mit seinen 44 Häusern mehr einem stattlichen Marktstecken, als einem Dorfe ähnlich. Da er so ziemlich im Mittelpunkte der windischcn Bücheln liegt, so wäre er der bcqnemste Aufenthalt, nm nach allen Richtungen von hier aus dieses Land zn durch-wandern, nm so leichter, als man hier immer, wenn anch nicht beqneme, doch sichere und billige Gelegenheiten zu den schnellsten Ausflügen bekommt. Schöne Gebäude im Orte sind: hoch oben das Gasthans des Kotzbcck, mitten im Orte das des Kaufmannes Iantschitsch, am untersten Schlüsse das des Arztes Ablcitner. Hier steht seit 1 «4 9 eine schöne große Steinstatue des h. Johannes in der Wüste. Von Dreifaltigkeit erreicht man, auf einem freundlichen Gcbirgspfade am weit schauenden Hause des Banern Zaff vorüber, zwischen Ober- nnd Unter-Purgstall über den südlichen Abhang des Kopilla-Bergcs, reich an dem herrlichsten Blumcnwechscl, den die wmdischen Vüchcln nach allen Richtungen gewähren, in einer Stunde St. Bcuedic-tcn, eine nralte Pfarrkirche anf einem kleinen wellenförmigen Hügel, über das beschränkte aber höchst pittoreske Thal wcgschauend. Ein alterthümlichcr halbrunder Thurm steht ober dem schmalen, gedrückten Eingänge, mit einer Uhr, ober welcher m-, Ncstnm-atm'Nool^mrllln, öx«mz>Im- ?«>-<,l:Illuit regem Eifer das Christenthum beförderten. Im Jahre 853 hatte Erzbi-schof Luipram an die Stelle des verstorbenen Otto, den Oswald zum Bischöfe der Wenden geweiht. Die Iahr-zahl 1050 belltet auf die Einwölbnng der Kirche. Eine» hochromantischcn Anblick gewährt von hier aus die auf einem nahen Hügel sich erhebende echt deutsche Drei-köuigstirchc, besonders im Frühlinge, wenn der Obst-haiu, welcher die braunen Dächer der nachbarlichen Häuser beschattet, in voller Blüthe steht. Der Küster in einem der nahe stehenden Häuschen besorgt gefälligst die Ausschließung. Das Portal uud der schmale Dachgiebcl mit den am Gesims-Winkel befindlichen gothischen Spitzhäus-chcn machen die Front gegen St. Benedictcn. In acht Minuten ist die Höhe erstiegen, die dunkle Mauer mit ihren Strebepfeilern, dein hohen vierkantigen Thurm, an welchen sich ein sechs Stock hoher Minaret lehnt, stellen sich zuerst dem Beschauer dar. Alle Thnr-stocke sind mit altdeutschen Schnörkeln, die Außenwände mit massiven Strebepfeilern verziert. Symmetrisch mit dem 94 minaretartigen Zuban zu dem Thurme zeigt sich einige Klafter hoch der Anfang eines ähnlichen Thurmes. Die drei Thore der Kirche stehen im vollkommenen Ebenmaße und zeigen den Anfang zur herrlichen Ausschmückung, die die aber vermuthlich im Dränge der Zeiten unterblieb. Das Innere ist ein äußerst regelmäßiger Bau. Die Seitenschiffe haben nngefähr die halbe Breite deS Mittel« schiffcs, von welchem sie dnrch sechs schlanke Pfeiler ge» schieden sind, au zwei derselben stützt sich der l^hor, welcher die ganze Breite der Kirche einnimmt, und zwei in schönem Gbenmafte stehende Anfgäugc, zwei Wendeltreppen volltommcn entsprechend den am Preöbytcrinm befindlichen Thurmstiegcn, besitzt. Das Presbyten'nm hat in mittelmäßigen Fresken die Evangelisten, Maria Himmelfahrt ic. Am Hochaltäre ist ein nicht übles Bild, die Anbe« tung der heil. Dreiköuige. Die Kanzel, auf einen Kir-chenpfeilcr und zwei kleine Süulen gestützt, enthält in steinernen Reliefs die Gestalten predigender Priester. Leider ist das ganze ans den schönsten Quadern erbante Gotteshaus weiß übertüncht. Der gegenüber stehende "Vttar mit der Statue der heil. Barbara enthalt vier alterthnmlich gemalte Flügel mit der Anbetung der Hirten, der Flucht nach Egypten, dem Tode Mariens, und der Anbetung der Weise» inwendig; außcu aber vier Scenen aus dem Kreuzwege. Die zwei nächsten Seitenaltäre an den Strebepfeilern sind mit zwei sehr guteil 95, Gemälden eines unbekannten Meisters geschmückt, ^inks Christus: „Lasset die Kleinen zu mir kommen", ei» Stück, Wo die aufgehende Sonne einen herrlichen Purpurglauz über die Mienen der Apostel verbreitet, rechts die Jünger mit dem Heilande in Emaus, besonders die Züge eines greisen Kopf es wunderschön. Unter dem ersten Vilde ist eine Votiv-Tafcl von Han»s Weber uou Seibersdorf für die Wicdergcnesnng seines Kindes, das, durch einen großen Hund erschreckt, Fraisen bekam. Ueber der Seitcn-pforte zur Rechten befinden sich drei sehr große Kreuze. Der letzte Seittnaltar links enthält die hölzernen Etat.icn auS der Anbetung der heil. Dreitöuige, eine steife Arbeit, die sich früher am Hochaltare befand. An dem Pfeiler zur Rechten aber befindet sich eine schöne Schnitzarbeit ans Holz, welche dnrch Alter und Form an denselben Meister erinnert, von welchem die Schnitzereien zn St. Sebastian im Kainachthale sind. Zwei Tabernakel-Flügel, an welchen der Etammbanm des k. Hauses Inda, von dem unten liegenden Abraham ausgehend, angebracht sind, schließen sich über ein chr< windiges Mntter-Vild, das in herrlicher Holzsculptnr die Anbetung der Hirten enthält. Die ganze Arbeit drückt in den Figuren gute Proportion der Glieder, in den Mienen fromme Einfalt aus. Auch die Rückseite der Flügel ist mit guten Bildern aus der mittlern dentschen Schule geziert. Wir finden hier den englischen Gruß, und iiougiuus öffnet dem gekreuzigten Erlöser die Seite. 96 Die kleine Orgel auf dem Chore enthält die Bilder der heil. Cäcilia und Davids, besser als sie sonst in Doch kirchcn vorkommen. Der Sacristei gegenüber ist der Eingang zur Thnrmtrcppe, welche äußerst zierlich 116 steinerne Stufen um eine eben so feine, als sichere Spindel windet. Drei bedeutende und eine kleine Glocke befinde» sich im viereckigen, durchaus ohne Mittclgewölbc dastehende», ungewöhnlich schwachen Thnrmc. Die größte Glocke ist von 1731, sie hat eine» herrlichen Klang; überhaupt ist das Geläute hier äußerst lieblich. Diese Kirche wurde uach Krempl von 1558 bis 156l erbaut. Die windi-schen Bücheln hadcn so wenig Nninen, daß man von Drcikönig aus immer den tlcmcu Weg bis zum völlig verschwindenden Gute Tribe in (^ Stunde) machen kann. Hier läßt Karst nud Winzerhaue deu verfallenden Trümmern nicht Zeit, durch Jahrhunderte kahl und öde gespenstig dazustehen. Das Mancrwerk wird schnell zu neuen Wohnnngen, die Stelle selbst für dcu Ncbengott verweudct. Mau kann von Drcitönig anch über Tribcin uach Negau gehen. Das einstige Schlößchen Tribcin cuthält im (Hrdgeschoße die Werkstätten, in den 3 Stuben der ersten Etage die Wohnungen ciues Töpfers. Statt Helmen und Pokalen stehen sehr prosaische Gefäße herum. Im Hintergründe befinden sich die Reste erst kürzlich weggeschaffter Nuiuen, Ringmauern, Bruchstücke vo» Stcincu mit Inschriften. Liebliche, mit Sand bestreute 97 Spazicrgänge durch den nahen, zu», Park veränderten Wald beurkunden die einstige Größe. Bei Vischcr finden wir das Schloß als Eigenthum der Fran Anna von Sil-berbcrg, von Thürmen und drei Thoren stattlich beschützt und von malerischen Teichen umgeben. Gegenwärtig war das Gut Gigcnthnm des Herrn Cajctau Schluetenberg. Tribcin (117 einen Haufen von Kugeln und Pfeilspitzen aus geschmiedetem Oisen, plumpe Schäfte von Doppclhacken, Trümmer von Hellebarden undTnrnicrlanzen, zahllose Hand- nnd Beinschienen, über 30 Brustharnische, meist mit tiefen Kngelspurcn, fast alle gleich in den Zeiten der Bauernaufstände gebraucht, über !U» Helme und Pickelhanbe», darunter einige ungarische. Zwei prachtvolle metallene Kanonen zeigen durch Wappen und Aufschrift, daß sie Mar von Trautmannsdorf 15:t!) gießen ließ. Die einst so schöne Annenkapelle, eine der ältesten in den W. Bücheln, hat das (5hrouogra-phicon: Die, ,jnu aniw »cilovnwm putlt^ ? Schön sind die musterhaften Gärten, welche Neaau nach allen Seiten umgeben, meist Denkmäler von Pen: regen landwirth-schaftlichcn Eifer des Herrn von Schluctcnberg. Die Pfarrkirche ist mit einer Mauer umgeben, hat einen netten Thurm, an dem man die Iahrzahl 1825 sieht, außen aber eine doppelte Flucht von Treppen, welche in den Chor nnd Thurm führt. Ueber der Kirchthür gegen Westen ist das Trautmannsdorf'sche Wappen, das Chronographicon: Zur Ehre der Uubesieckteu. Die Kirche ist tlciu, ohue Säulen, licht und nett. Man sieht an dcr Decke die Iahrzahl 1710. Am Hochaltäre ist eine künstliche Marieustatuc, und darüber ein Bild aus dem alten Testamente. Nechts ist die Kanzel, links eine Scitenkapclle mit dem Bilde des Gekreuzigten, 5' 100 die heilige Familie ic. Vier Fenster erleuchten das kleine niedliche Gotteshaus. Neue Bilder sind die vom Rosenkranze, Anton von Padua und Alois. Die Pfarre besteht erst seit 1720, der jetzige Pfarrhof wurde NU3 erbaut. Die Seelsorgc wurde zuerst durch einen hier ablcbenden Priester, Namens Pobcgg, veranlaßt, welcher eine eigene Oel-Stiftung für die Augustiner in Dreifaltigkeit machte, um hier einen beständigen Gottesdienst zu veranlasse». Nach Krempl aber war hier schon 1050 ein Beneficium. Eingepfarrt sind Ill50 Seelen und eine von 12N Kindern besuchte Schule. Die Herrschaft (M^ovu), Eigenthum Er. Durchlaucht des Herrn Johann Josef Fürsten von Trautmannsdorf, hatte eiuen Bezirk von 1N,552 Joch mit 6160 Einwohnern in 38 Gemeinden, von denen Negauberg (M'K»v5ivt'ro<^<,v-skttv^ls) dem Schlosse am nächsten liegen. Bei bischer erscheint Negan als Eigcuthnm des Slgmund Grafen von Trautmannsdorf, sehr weitläufig mit zwei groftcn viereckigen Thürmen und drei kleinen Terrassen garten. Die von Winde» nnd die Edlen von Volkersdorf kamen als die frühesten Besitzer dieser Herrschaft vor, welche hieranf Bartholomä von Bärneck 14!)2 pfandweise besaß. N'50 machte sie Maz Graf Trantmannsdorf zum Fidcicommiß, das noch gegenwärtig die fürstlich Traut-mannsdorf'sche Familie besitzt. Ncgau nimmt sich änßerst stattlich gegen das Stainzthal ans, in welches man vom 101 Schlosse tanm cine Viertelstunde hat, und zwar entweder -über Paufratz oder über Iswanzen hinaus. Da wir das mittlere und untere Stainzthal einer eigenen Schilderung bei dem östlichen Theile der Windischbücheln vorbehalten, . so wenden wir uns von Negau wieder gegen W. zurück ^ in das Herz der windischen Biichelu, nach Et. Anna in Krieche nberg. Vou Negan nach St. Anna in Kriechenberg hat man 2^ Ttnnden über den Stangel-, > Triren- und Ncnberg; man hat rechts ein altes kleines > Schloß, 2 Stock hoch, l7.'>6 erneuert von I. E. V. C., , Eigenthum des ^uchöbäckcr in Radkeröbnrg. Bald ist man bei dem oben erwähnten Töftfclhause, > dem letzten Neste des einstigen Schlosses Tribciu, dessen , Teiche und Gärten mm in Wiesen verwandelt sind. Noch erinnern an schönere Tage die reizenden Wege, die im nahen Walde der einstige Besitzer Nanchenbüchler augelegt hat. Man steigt gleich beim Psarrhofe in das Ncgauer-ftld hinab. Weite feuchte Wiesen füllen die Stellen aus, an welchen einst Teiche fast den ganzen Fuß des Schloß-Hügels umgabeu. Gegenwärtig gehören zu Negau nur mehr zwei große Teiche, darunter einer vou 16 Joch, der alle drei Jahre abgefischt wird und bei !ll» Kcutnet^ Hechte und Karpfen liefert. Zu Ncgau gchöreu auch 84. ^ Joch Weingärten. Gegen N. O. im nahen Walde sind'' noch 1.'» größere und kleinere alt-wendische Grabhügel, Unter die Sonderlinge am Schlnsse des vorigen Jahr- , Hunderts gehörte der einstige Inhaber des jetzigen Fuchs- > 102 bäckcr-Schlößcheu, der immer Sonntags im vollen Staate nach Negau zur Kirche ritt. Lebende Chroniken dieser Gegend sind die greisen Schulmeister Wissiack in Negau und Grösliuger in St. Georgen. Das Gut Tribciu war bis 185li Eigenthum des Herrn von Scklunterbcrg, der noch in Iauischberg de» prachtvollen 7" hohen Keller besaß. 1848 ließen sich Bauern von Kleinsonntag und Murazzeu zum Sturm aus Negau schriftlich ansagen, so daß von Nadlersburg aus 72 Mauu Infanterie und Cavalleric das Schloß besetzten. Der Gipfel des reichbercbtcn Etaugelbergcs, durch den die wiudischen Vüchelu im engsten Sinue begrenzt erscheinen, gewährt eine güustige Fernsicht. Links an ihm erhebt sich eiuc thurmartige Kapelle, nach Beuedictcu ge^ hörig, d.'ren Wettcrgcsantc bei dem Landvolke in großen Ehren steht. Rechts uutcu bleibt das Stainzthal, links steigen wir die letzte Höhe hinan nach St. Anna. Im Mittelpunkte der gesegneten windischen Bnchelu, jener weiten Hügelverfacherung, mit welcher dic majestätische Choralpe, über deu Nadl uud Nemschnick sich fortsetzend, mit dem Schober-, Posruk- und Pcßnitzbcrgc abfallend, weit über Lutteubcrg hinab iu der croatischcn Insel zwischen der Mur uud Dräu eudet, erhebt sich auf einem allseitig freien, dreifach verzweigten Bergrücken der Pfarrort St. Au na im Kriecheuberge, die Krone auf deu schwcllcudeu grünen Sammtkiffeu, welche von den walleudeu Bändern Peßuitz uud Etainz umzogen, die 103 Nüchelu im engsten Sinne zwischen der Mur und Dräu bilden. Windisch-St. Anna — zum Unterschiede von dem in gleicher Ferne gegen N. O. auf den vulkanischen Höhen beiGleichenbcrg gelegenen Deutsch-St. Anna am Algen — bietet von der Ferne gesehen das Bild eines blendend weiften Schwanes, auf schmaler Insel in weiter grüner See gelagert. Der Kricchenbcrg (Kremberg), so genannt von seinen gekrümmten, anf ihrem Nucken ganz ebene weite Svazicrgängc zwischen wahrhaft tropischen Nebgeländen bietenden, meist steil abfallenden Armen, macht die polilische Grenze zwischen dem t. k. Bezirksgerichte St. Leonhard und Obermnreck und zeigt die auffallende Gr-scheimmg der einzigen gnt gangbaren, meist ganz trockene» Wege in den sonst lehmschweren Weingebirgen. Er erreicht jene Hohe, in welcher alle Hügel der östlichen Steiermark von der Grenze Ungarns an über Feldbach, sowie über Wasen herunter in dem deutschen und wiudi-schcn Hngellande Iägerberg und Poppendorf, Gleichendcrg uud Straden, wie bei Maria-Schnee und Klcinsonntag, bis jenseits der Dran in der Kolks mit einer Schichte feinen trockeuen Sandes bedeckt sind, über dessen Entstehen nnd gefahrdrohende ^agc, wäre nicht darüber die Culturdecke, Professor Georg Mally in den Heften det^ steirischen Zeitschrift so interessante Aufschlüsse gab. Die Wiudisch - Vücheln selbst, durchaus tertiärer Formation, 1854 von Dr. Andrä gcognostisch untersucht, bieten wenig Interesse für den Mineralogen und Zoo- 104 logen, schon mehr für den Botaniker, am meisten aber für den Oinologcu und Landwirth im Allgemeinen. Dnrch Klima und Mannigfaltigkeit der Producte sind sie das Eldorado der Steiermart', nnd damit es an gar nichts fehle, hat die Mntler Natur diesen ihren Lieblingsgarten zwischen der Frnchtstätte der trefflichsten Weine noch mit cill Paar Dutzend erquickender Sancrbrnnncn ansgcrüstct. In der windischen Stciermark sind nur vier Nnssichts» punkte uutcr tausend Fnß Höhe, die einen Ueberblick über mehr als 50 ^ Meilen, mehr als 50 Kirchen und halb so viele Schlösser gewähren: St. Urbani bei Marburg, die Xal-nilün nächst der Pfarre Süßcnheim, Maria-Schnee und St. Anna am Kricchcnbcrgc. Das letztere Panorama dürfte für die Besncher von Gleichcnbcrg nach jenem von der R^ersbuvg d^ö nächste, bequemste uud lohnendste, die anderthalb Wegstnndcn von der Post Murcck bis hinauf leicht einzubringen sein. Drei Fahrwege auf eben so vielen, beiderseits rasch abfallenden glücken zwischen gerade gezeilten Nebengelandcn, nctt gemanerten Häusern, unter üppigen Obstbäumen führend, vereinen sich auf dem schmalen Platze, der nnr einen engen Raum für Kirche, Pfarr- uud SchulhauS, zwei Kramereien und zwei Gast< wirthschaften gewährt. Die Kirche ist ein stattlicher, lichter, 1815 nnd in den Dreißiger Jahren erneuerter Ban, von großen viereckigen Fenstern erhellt, mit einem schlanken Uhrthurme geziert, dessen weißblccherne Knppcl weithin schimmert über 105 Untcrsteier und Ungarn. Der Thurm ist 19 Klafter hoch, eben so ties der vor ihm befindliche Nadbrunnen. Vier Glocken, darunter die größte und kleinste aus dem einstigen Angnstincrtloster, das an der Kirche St. Panl im Walde in der Sporgasse zu Graz bestand, bilden das wohlstimmige Geläute; reinliches Pflaster; Freisein von jeder Ueberladung, einige nette Bilder erheben das gefällige Innere des Gotteshauses. Zwei Säulen stützen den Chor. Am Hochaltare sind von guter Bildhauerarbeit St. Anna, Maria, Christus, sitzende fast lebensgroße Statuen; in der SeitcnkaVellc rechts, dcr ciustigcn Sacristei, ein schönes Krenzbild, das Denkmal des Gutsbesitzers igeb. 177 0, gest. 18^2! Marcns Prei, und die trefflichen Fresken, Christus am Oclberge, in Einaus, seine Auferstehung, Himmelfahrt.'c., von dem verdienten Marburger Maler Josef Ncitter. In der Sacristei ist ein jüngst restaurirtes ziemlich großes Bild dcr heil. Anna init einer zu Füßeu knieenden Familie: Mann, Frau, 5 Söhue und zwei Töchter, in der nun allmalig verschwindenden einstigen Tracht der mittelsteirischen Landleute: lange grüne Heftelröcke ohne Kragen, Vollbärte der Männer, weiße Hauben, blane Nöcke uud Schürzen, meist rothe Korsette dcr Weiber. Die Inschrift ans dem Anfange des vorigen Jahrhunderts erzählt in naiver Legende die Erbauung dieser Kirche. , Dcr ehrsame Panl Maurer ^n Mureck rief einst Nachts seinem Weibe zu, im Weinberge auf dcm Krie-chenberge, wo der Wind den großen alten Kirschbaum 5" 106 umgestürzt habe, werde bald der heil. Anna eine Kirche erbaut werden. Die mürrische Gattin erwiderte: „To wenig als der dürre Kirschbanm mehr Früchte trägt." Aber am nächsten Tage kam die Meldung, daß wnnder-barcr Weise der besagte Banm über Nacht Vlatter, Blüthen mid Kirschen bekommen habe. Nun verwendeten sich mehrere Fromme eifrig znm Ankanfe des Grundstückes, der Haupteigenthümer aber wollte es nicht abtreten, bis ihn die Krankheit, die einst Nom vom Dictator Snlla befreite, auf mildere Gedanken brachte. So schenkte dcnu Herr Maurer die Stelle, wo nun die Kirche steht, die Herrschaft Obermureck den Hügel des »u!» Urb. Nr. 3K8 dienstbaren Wcingebirges, und Hanns Zech einen Weingarten im Werthe von ^5>o st., Anton Wagerin 10l» fi. zum Vanc der Kirche, zn welcher 1695» der Grnndstein gelegt wurde. Der Ban selbst, von einem unbekannten Meister geleitet, danerte bei 20 Jahre. Das Grnndnngsbild ist vom 82jährigen Hanns Spieler im 47. Jahre seiner glücklichen Ehe geschenkt. Noch 1720 stand der besagte Kirschbanm im vollen Schmucke an derselben Stelle, wo der Pfarrhof sich er, hebt, bei dessen Vrbanung sich noch der Baumstrunt vorfand. Die ursprüngliche Kirche hatte ein hölzernes Thürmchen mit :; kleinen Glocken am Dache, einen plumpen Hochaltar, den Floriansaltar an der Stelle der jetzigen Kanzel nnd den Fraueualtar dort, wo nun jener des heil. Fenerpatrous ist. Runde abgestandene Scheiben warfen ein 107 trübes Licht auf die ärmliche Einrichtung des Gotteshauses, das, eine Filiale von Abstall, nur am 1. Sonntage' eines jeden Monats sich eines eigenen Gottesdienstes' erfreute, Kaiser Josef?I. erhob die Filiale zu einer eigenen Pfarre, die nun unter zwei Priestern 2360 Seelen.' zählt. Es wurden von der Pfarre Murcck Hieher ausgeschieden Stücke der Gemeinde Oberstainz und Drassen-' berg, von Abstall Stücke der Gemeinde Nassaubcrg, von Bencdictcn etwas von Fröhlichberg, von St. Leonhard Schützen oder Purgstall, von St. Georgen, das kurz vorher erst selbst von St. Lconhard getrennt wurde/ Unterwölling, Klcinberg, Gasterei, und endlich wurde die nach allen Seiten früher cingepfarrte Gemeinde Kriechen? Vera, ganz hier vereint. Patron wurde der Landesfürst, Vogtei die Herrschaft Obermureck. Ein großer Theil der Pfarrinsassen von SK Anna besteht aus Deutschen, dic zur deutschen Volksinsel am rechten Mnrufcr in Abstall gehören uud die schöne Hüqelstrecke am linken Stainzufer vom Rofengrund an über Huudsdorf und den Nassaucrberg bei dem Gute Stainhof hinab bewohnen, den Dialect, die Tracht, Gebräuche, Aberglauben «. der Grabenbewohner theilen, und zu den Wenden im selben Verhältnisse stehen, wi« die Deutschtiroler zu den Wälscheu. Man tauscht gegenseitig auf einige Zeit Kinder und Dienstboten, nm sie beider Sprachen mächtig zu bilden. Der erste Pfarrer war durch 5. Jahre Georg Urbanisch, 108 der manchen schweren Strauß zu bestehen hatte. Er laufte Von Obermureck einen Weingarten, aus welchem der jetzige schwer heizbare Pfarrhof geballt wurde, nachdem sich das sogenannte Meßner- oder Unterstandshäuschen denn doch als etwas gar zu erbärmlich für eine Pfarrerswohnung Herausgestellt. Er verlegte den Friedhof weiter hin gegen O., wo er sich noch befindet. Der Kirchenpropst Michael Semlitfch ließ das hölzerne Thnrmchen abreißen und erbante aus Stein den stattlichen Thurm, zu welchem der Grund 6" tief gegraben/alle Steine ans der Ferne zugeführt werden mußten. Thomas Horiupp ans Kriechenberg schaffte das nötbige Bauholz, Franz Natri in Klciuberg und Coloman Spind« ler in Nosttschen erwarben sich Verdienste um die innere Ausschmückung der Kirche und um den neuen Hochaltar. Auf Urbanisch folgten die Pfarrer Johann Allitsch und Anton Kronabethvogel der I8U4 gestorben, sein einfach schönes Denkmal im Fricdhofe, uoch mehr aber in Aller Herzen hat. Wir wollen nun versuchen, unseren geehrten Lesern ein gedrängtes Bild der Nnndschau vom Glockenhanse des Kirchthurmes zu entwerfen, indem wir dabei die aller« nächsten Pnnkte, di» herrlichen Wcingebirge von Fröhlichberg, Drassenberg, Mappcnberg, Hohenwart, Grufchkaberg, Wöllitlg bis znni Knschermgg und dem Saucrberg, den Pvlitsch- und HerzoMcrg bei Radkcrsburg eiustweilen gauz übergehen. 109 Wir haben es mit einem riesigen Bilde zu thun, dessen äußersten Rahme» im Nordosten der Wechsel, und die Conftnen von Oesterreich und Ungarn 15 Meilen in gerader Luftlinie vou hier, im O. Luttenbcrg 4 Meilen, die Ivansica 7 M. am Nandc von Croatien, im Süden der Matzcl, Donati und Bo<- .^ Meilen, im W. die 480N< hohe Kappa und der Pacher, die Choralpe, der Gresscnbcrg »c. an Kärntens Grenze 7 Meilen, bilden. Die Verbindung zwischen den bezeichneten Kanten des Rahmens bilden die Hand- und Hebalpe, die Stnbalpc, der Brandkogel, die Klein- und Fensteralpe, der Spcick, die Hochalpe, die Mugel und das Roßeck, am rechten Ufer der Hauptwendnng der Mur; am linten der hohe Lantsch, Teichalpe, Osserkogel, weiter vorgerückt der Schocket mit dein Zeh, die Fischbachcralpeu, Rabenwald, der Knlm, endlich der ganze Zug der vulkanischen Höhen vom Gleichenberger-, Stradner- und Klecherklochel bis zu den saiN'tblanen Höhen des Szalader Comitates in Ungarn, also l'io zum Austritte der Mm ans dcr Steiermark, Nun folgt in gauzer Lauge das Luttenbergcr>Gebirge bis zum Anstritte der Dran ans dem Lande am liuken Ufer, am rechten aber als Vorlage des Mahcl und Donati, die Hngclwelt dcr Kolles, endlich der Pacher vom DreitouiMogel über die Planina bis zur Kappa am rechten User der Dräu, beim Eiutritte dieses Flusses in die Tteiermart. Das Gegenüber bildet der lange Berg- 110 rücken, der von der Schwanbcrger Alpe sich über den Radl, Remschnick, Schober und Posruck i», die windischen Vücheln niederdehnt. Als zweiten näheren Gürtel haben wir den Rosenkogel bei Stainz, die Höhen bei Planken-wart und St. Oswald, den Plesi6 bei Rein, Temel- und Kreuzkogel in Sausal, den Wildoncrberg, das ganze deutsche Hügel- und Grabcnland, vom Hünnerberg und Schemcrl bei Graz bis Kaltenbruun, ober Limbach, St. Georgen und der protestantischen Kirche in Ungarn, die Höhen von Kapellen, Fricdau,Knlnl, Kuradis, den Muraz-zcnberg, das Pcttauer Stadtgcbirgc, den Hum bei Guten-Haag, den Koschack und Schloßberg bei Marburg, Pickern, den Plaö :c. Der Großartigkeit der Gegeud fehlt nichts als ein See — indessen lebt wenigstens in der Volks-sagc ein solcher, der das ganze Stainzthal ansgefüllt, und sich bei Wernsee durchgebrochen haben soll. Die ernstere Zeit des Mittelalters hat hier die wichtigsten Schauplätze der Hexenversammlungen in Steiermark: den Pleschitsch, Schöckcl, Glcichenberger«, Stradncr-Kogel, den Schwarzwald bei St. Leonhard, den Schloßberg bei Marburg. Die alten Herenprocesse in den Archiven zu Feldbach, Gleichenberg und Gutenhaag bieten eine düstere Topographie dieser Berge. Diese bezeichnete Ruudschau umfaßt 55 Kirchen, eine Stadt (Radkcrsburg), 3 Märkte (Stradcn, Gnas und Luttenberg) und 15 Schlösser, nach der wechselnden Beleuchtung der Tageszeit mit freien Augen gut sichtbar; ferner über 20 der wichtigsten Punkte zu Fern- Ill und Rnndsichten, do» denen wir anßer den bezeichneten Bergen nnr noch heil. Gcisi, St. Urbani, St. Anna in Kolles, Maria-Schnee eine Stunde von hier bemerken. Die höchste lohnendste Aussicht über diese Landstrecke genießt man von der7N00Fnß hohen Choralpe, die niederste von dem 7W' gelegenen Kirchlein Jerusalem bei Luttenberg. Von den von St. Anna ans sichtbaren Kirchen nnd Schlössern wollen wir dem freunde der Heimat nur die wichtigeren bezeichnen. Anf einem Drittel der Höhe des Schöckels ist St. Radegnnd mit seinem herrlichen Calvarie und der Wassercnranstalt; weiterhin das doftpel-sscthürmte Maria am Weinberge, die vielen Kapellen am steirischen Montserrat, am Knlm, der altdclltsche Münster am Pöllauberge, die Herrenbnrg Gleichenberg mit ihrem finsteren Hcr,enthurm; das vielgethürmte Straden, an dessen Manern nnd Vnrgerlanzen sich die Kruzzen die Schädel zerschlugen; das Bad Glcichcuberg, das Ili^no des jungen geselligen Lebcns, nlit Wickenbnrgs schönem Denkmale, der freundlichsten Kirche des Landes; Gnas, tief im sonnigen Thale gebettet, das weitschauende Jäger-berg, erbaut von Friedrich dem streitbaren Vabenbcrger, die düstere Nnine. die heitere Kirche von Klöch, Pfarre und Schloß Halbenrain, an Freundlichkeit der Lage und Banart wetteifern, die für jetzt nur zu stille altgetrene Stadt Radtersbnrg, vor Ernst der Eiserne 1418 der Osmanen Macht zerstäubte; Oberradfersburg, der Sitz der uralten Ddnastenfamilie Grafen von Wurmbrand; 112 Luttenberg, die Pforte zum Nectar, mit der gespenstigen Burgruiue, dic in der Christnacht die frechen Schlemmer begrub; die lange Reihe von Weingarthäusern von Jerusalem bis St. Wolfgang am Kaag, näher her Kapellen, Kleinsouutag, Schauplatz und Grab des zu wenig gewürdigten Slovcnenhistorikcrs Pfarrer Krempel, das drei-thürmige Dreifaltigkeit, Sitz frommer Ordenspriester und kindlicher Andacht, mit dem Monumente des Helden Trautmannsdorf, des Befestigers des Grazer Schloß-bcrgcs; Drcikönig mit seiner schönen deutschen Vauform nnd Ornamentik über dem von Cyrill erbauten, mehr als tausendjährigen Beucdicten, die Burg Negan in stiller Telbsttrauer über dic großartige Vergangenheit; der Francuberg bei Sanritsch, Schloß Ankcustein, der letzte Wohnsitz des schottischen Heldengeschlechtes Leslie; St, Anna und Angustin mit dem Türken- und Bachusbcrge iu der Kolleö; hoch oben am Pachcrberge der Schreck-und Geisterthnrm mit den Sagen vou den CiUicrgrafen; bei Kötsch das Kirchlein St. Lconhard nnd das Schloß „mit Fenstern wie brennende Spiegel" Hausambacher; die Kircheutrnminer von St. Wolfgang; Zinke's Glasfabrik; das Gotteshaus St. Heinrich, ein Denkmal des Kaiser Heinrich des Heiligen; St. Lorenzen, Trahnttcn, St. Anna an der Tchwanbergeralpe, h. Geist, die silberne Taube am Nemschuick; h< Kreuz, die Worte des Christenthums im ernsten Waldgebirge; die Ruine Schmirenberg, einst der Wohnsitz der stolzen Gera; Franenberg bei Scckan nnd St. 113 Barbara bei Wurmbcrg, zwei liebliche Idyllen im großen Epos der Bergwelt; Schloß Oberlimbach, St. Iohaun und die wcitschimmernde protestantische Kirche in Ungarn. Unter den Kirchtagen in den windischen Bnchcln gehören die zu St. Jakob, Maria-Schnee am 5. Anglist, St. Anna nm 26, Inli nnd dem darauffolgenden Sonntage zn den lebhaftesten. Zahllose Buschenschenken, Krämerstände ?c. gruppiren sich schon am Vorabende unter obligatem Geschrei in den engeü langen Wegen nnd um die Kirche. Ein halbeo hundert Bettler, hänfig recht humoristische Grcisengestaltcn, aber anch znm Theile recht eigenthümliche Gcwinnficrantcn, die mit einer wahren Industrie-Ausstellung wirklicher und gemachter Gebrechen anf das Mitleid rechnen, zanken sich nm die bessern Sammlungsftlä^e, nnd Wären oft leichter im Stande, das Standgeld zu entrichten als die Krämer, Proeessioneu ans St. Georgen, St. Leonhard, Bencdieten, St. Peter in Nadt'ersbnrg verstärken am frühen Morgen das Heer der heimischen Andächtigen. Weit hinaus über Berg nnd Thal weht mit Glockenklang nnd Orgclton der bei den Wenden so liebliche nnd sonore Voltsgesang. Allma'lig nach der Andacht beginnt das bewegte Volksleben. Sogenannte Geischntzcn tragen aus weiter Ferne schwere Lasten frischer Semmeln herbet, ie weniger sie davon absetzen, ein desto gewisseres Zeichen für den hiesigen Landmann, daß iu diesem Jahre keine Hungersnoth entstehe. 114 Der Mcth — jenes echte Nationalgctrank aller Slovcnen ^ wird unter großen Zelten von einem Halbdutzend zugefahrener Lebzelter ausgeschenkt. Immer lauter wird das bunte Treiben. Unter Bäumen an schattigen Grasplätzen lagern die heiteren Schaaren, sich an Wein und Brot zn erquicken, und wer ein recht volksthnmliches Original zum Grazer Florianifeste sehen will, mnß einen Wendenkirchtag besnchen. Herrlich nnd friedlich, wenn anch in der Mehrzahl mit zn dielen Beweisen bacchantischer Libationen, trennen sich am Abende die Gruppen, zwischen denen in würdevoller Freundlichkeit die Männer des Gesetzes, unsere wackern Gendarmen wandeln, selten in die Nothwendigkeit versetzt, von ihrem Ansehen Gebrauch zu machen. Sehr wichtig sind hier die Vichmärkte, die seit 185,4 stets am 1^. September abgehalten werden. Im Jahre 1855 wurden allein 1107 Stück Rinder, und zwar manche drei- bis viermal an Ort und Stelle verkanst. Bei Seifrieds Winzerei stand früher die Triangn-lirnngspyramide dieser Gegend. Das netteste Gebäude in St. Anna ist das Haus des ausgezeichneten ArzteS nnd Landwirthes Hrn. Franz Postitsch d. ä. Es krönt die Spitze des nordwestlichen Hügels und gewährt außer dem Kirchthurme die größte Fernschau. Rebengelände, Garten- und botanische Anlagen bilden seine uumittelbare Umgebung Es enthält eine ziemlich reiche medieinischc Bibliothek. Der Freund der Epigrafthik findet in den Anf-schriften über den Thüren cine freundliche Blumenlese. 115 So über dem Speisezimmer: Verschlossen den Feinden, Geöffnet den Frommen, Den Guten und Freunden Von wo sie anch kommen; Damit sie sich laben An dem, was wir haben. Im Ordinationszimmer: Tugend ist des Lcuzcs Kraft, Ist'die beste Wissenschaft, Mehr als Trank nnd Kräuter; Sie macht unsern Körper stark. Noch im Alter jung das Mark Und das Leben heiter. Ueber der Apotheke: Neue Glieder, frisches Blut, Der Gesnndheit köstlich Gut, Kann lein Arzt mehr geben; Was er gibt, ist frommer Rath; Für die Wnnde rauhe Naht, Flickwerk nur am Lebeu. In der Apotheke. ^ Der Kräuter und Metalle Kraft ist mancherlei, Eins ist dir Gift, das andere Arzenei; 156 Doch hilf deinem Bruder und Schwester i» der Noth, Dies ist der Christen erstes Gebot. l>) Mancher hat nichts, um sich sein Kraut zu schmalzen, Und kann sich doch die Suppe versalzen. ?) Grau, Freund, ist alle Theorie, Doch Grün des Lebens goldner Baum. /, Stunden über die Wiudisch-Bücheln diese alte Murstadt erreichen kann. Auf dem Wege vou St. Anna nach Nadkcrsburg kommt mau au der schönen Hübe des Nadkersburger Fleischers einer wahren Mustcrwirthschaft, vorüber, hinaus uach Schcrgenthal, cud-lich au der Iägcrdorfcr Mühle und Dreschmaschine vorbei über Leitcrsdorf, zu Kau«.U6'ö Gasthans znr blancu Tranbe, 118 zum Schlößchen Rothcnthurm (Eigenthum des Nadkers-burgcr Kaufinanns Gissing) und in der Vorstadt Grieß zu Nadkcrsburg. Auf dem Fußpfade aus dem oberen Stainz- in das Murthal, also auf dem Wege nach Freudenau und Nad-lersburg, trifft man am Waldsanme ein altes Steinkreuz mit dem Graf Trantmannsdorfischen Wappen und der Inschrift.- Negauerische Wildbahn Franz Graf zn Traut-manusdorf r^nuvllwin 1751, auf der zweiten Seite ?. 6.2, I. 1626, auf der dritten: das Stnbenbcrgische Wappen und Mnregnschc Wildbahn, nnd auf der vierten: li. U. v. 8. 1N20. Von St. Anna erreicht man in 2/, Stunden auf sehr lieblichem Wege die Pfarre Maria-Schnee in Welling. An einem bemalten Steinkrcnzc vorüber kommt man vorerst znr schönen Straße, die von St. Leonhard über Neutnhncgg nach Mureck führt. Durch einen köstlichen jungen Nadelwald über zwei Bcrgschneiden, an großen rothen KreNzcn und blanken Gebäuden vorbei, einen sehr steilen Hügel den Welling hinan, tömmt man zum netten Gasthansc des Fleischers und bald daranf zu Pfarrhof und Kirche. Letztere, 1790 erbant, mit einem kleinen Thnrmchcn gegen O., ist ziemlich geränmig, von 8 großen viereckigen Fenstern crlcnchtct, mit gedielter, fast salonartigcr Decke. Maria am Hochaltare, Christus am Kreuze zwischen den Franen am Scitenaltare rechts und die heilige Familie an jener links, von Wonsicdlcrs 119 Meisterhand, wurden in feierlicher Procession erst am 6. August 1855 aufgestellt. Die Statuen Sebastian und Rosalie sind von Klein in Radkcrsburg, die Architectur der Scitcnaltäre von einem schlichten Landtischlcr. Hinter der Kirche ist der Grabstein des am 20. Mai 1805 verstorbenen Pfarrers Mathias Pnrgay mit der Inschrift: lzui bone z'inlt 0V08 z)ci' tlia I«i8t,.l «u^«. Auf der Fortsetzung dcS Bergrückens liegt der weitschanendc Friedhof. Das Panorama gibt jenem von Kriechcnberg nichts nach, da die Lage hier noch 50' hoher, die Aussicht besonders in der Frnhbcleuchtung gegen 28. wahrhaft entzückend ist. Die Schlösser Hollenegg, Schwanbcrg, Landsberg :e. tanchen in überraschend scheinbarer Nähe empor. Nichts netter und reinlicher als die Häuschen der Wenden um Maria-Schnee, die Außenwände derselben wetteifern mit den Beinkleidern ihrer Bewohner an Weiße. Zur Localic Maria-Schuee gehören 1080 Seelen und eine von 1'!0 Kindern besuchte Echnle. Von hier nach Mnreck hat man eine gute Stunde. Die höchste Nergscheide auf dem Wege dahin lrönt das hübsche Gnt Nenkühnegg; ein länglicher lichter Bau von Obstgärten umgeben. Ein langer Banmgang führt zn dem netten Gloriette, von welchem sich eine herrliche Aussicht über Murcck, Spielfeld, Ehrenhanscn bis Wildon, in das Hügel- nnd Graben-land und ans die ganze Bcrgwelt vom Wechsel, über den Schocket und die Schwanbcrgeralpen bis zum Rem- 120 schnick und Pachcr eröffnet. Das Gut Ncutühucgg entstand durch Hrn. Johann Georg Koll, der am 28. März l804 Alttühnegg voin Grafen Lichtenbcrg kaufte und mit Bewilligung der Stände am 8. Jänner 1810 hier ein neues Dominium errichtete. Wir haben nun noch die nordwestliche Partie der windischen Bücheln zwischen der Spielfelder und Mar-burger Straße, der Peßnitz, dem Tribcinbache und der Mur ein schönes Hügelland, dcsseu wohlbcbante Nucken scharf südöstlich gegen die Peßnitz anslausen und parallel das Zirtnitz-, Gatschnit., Iaring-, Wolfs-, Jakobs-, Partin, Georgen- und Vetta-Thal bilden. Gleich gegen Westen grüßen sich nachbarlich auf l parallelen Hügelrcihcn uur durch anuntthige Thäler getrennt die Gemeinde» Iellcu-scheubcrg, Gatschnik und Wachsenbcrg, Wolfsthal, Kuschcr-iligg und Partiu; während zur Rechten die Triesterstraßc uud Eisenbahn die Gemeinden Zirtnitz, ebenso Nänzen-berq nnd Dobrengberg ans parallelen Hügelreihcu liegen. Wie iul Dobrengthale die Namen Udl, Christel ic. zu den Magnaten zähleu, so in den obigen zuerst aufgezählten Hügeln die der Fluchcr, Hauptmaun ic. Wir nehmen nun zuerst entweder auf guter Straße bei Peßmtzhofcn vorüber oder auf angenehmem Fußwege die Wanderung nach Iaring (2 Stunden vonMarbnrg, "/, Stunden von St. Aegydi) vor. Wo das Zirknitzthal in jenes der Pcßnitz übergeht, eine Meile von Marburg, wendet sich rechts ein hübscher 121 Fußweg bei dent Wirthshause „Weingerl" nach Iaring. — Die „Weingerl" t'olnmeu schon im 16. Iahrhnndcrt als reiche Banern im Zirknitzthalc vor. Man übersteigt eine« unbcdcntendcn Bergrücken bei H. Fclbcrs schöner Villa, welcher, so weit das Ange reicht, mit herrlichen Weingärten und netten Herrenhäusern, mit Baumgärten »nd Anlagen geschmückt ist. Auf seinem Rande zieht sich der Pfad eine Zeitlang äußerst anmuthig hin, bis er slch seut't, ein kleines fruchtbares Thal durchschneidet und neuerdings einen freundlichen Hügel übersteigt. Man befindet sich am ssußc eines Buchwaldes und bereits bei Iaring (1 Stunde von der Hauptstraße). Das Dorf besteht ans wenigen, aber durckaus großen gemauerten Häusern, unter denen jenes des Backers, Fleischers lc. den ersten Rang einnehmen. Den Friedhof weiter gegen Osten umgürtet ein lebendiges, frisch-grünes Gehege. Das Iaringer-Thal (/ni-iim, so viel als Graben oder Rinne) wird gegeu Osten durch den Iaringerberg - dessen Ausläufer die zur Kirche gehörigen Micheler Weingärten trägt — geschlossen. Von seinem Gipfel, den einst eine Kapelle zierte, genießt man eine köstliche Aussicht bis zu den Schwanberger-Alpen. Au seinem Fuße auf einer Wiese gerade der Kirche gegenüber ist ein oft wiederholendes, Echo. Die Dechantei ist seit 18 l0 ein schöner, ebenso geschmackvoller als geräumiger Ban an der Stelle des alten häßlichen Pfarrgebändcs. Eine Ringmauer mit 3 zum Theil auf Stufen emporführenden Eingängen nm- k 122 gibt die altcrthümliche Kirche, an deren Westseite über dem Hauptthore der gewaltige Thurm sich erhebt. Keine Kuppel, kein Dach bildet die Decke des massiven Vaucs, sondern Quadern an Quadern gefügt überwölben ihn. An jedem der vier Ecken, wo diese sonderbare kegelförmige Steinhüllc beginnt, steht eine kleine Pyramide und vermehrt das mittelalterliche Aussehen des Baues. Im Thnrme sind 4 stattliche Glocke», darnntcr die größte von mehr als 33 Ccntnern in neuester Zeit von Fcltl in Graz gegossen. Eine trägt die Inschrift: Vivo« voco, mortuos plango, fulgora srango. 15!Ki turcus deva-Stavii Styriam. Protege domine. agros et vineas nostras. Ego cainpana non pronuntio vana, vivos convoco ad templum. mortuos offero Deo. Plebanus Caspar Knechtl per signum .sanctae crucis. Georgius Sucic, Pancraet. Vollak, Victrici dabo Jacob. Pohl ^nlll-ü Hto/^l-. Anna, sein Weib iu Iariug. Urban Sirm'g, Glockengießer. Eine andere Glocke hat die Inschrift: 1'lllis äonuu lu«» l«4N. N>. 8lpt. » ^uumw Feltl Graecii sancta Maria gratia plena, raater misericordiae, Dei genititrix et Virgo, ora pro Clero et devoto semineo sexu. Amen. ?(nf bcr oicrtcn ©lürfc »en 1<)91 ftd)t: Defendat hane parochiam ab omnibus ma I is, triiunphalis Jesus Nazarenus, rex Judeorum. Das Portal unter dem noch mit Schießscharten versehenen Thnrm ist ans verschiedenen Eäulcnfragmenten zusammengesetzt, an den Stützen sind rechts und links 123 sehr gute Römerköpfe en meclaillon. Der herrliche Qua-dcrbau ist leider übertüncht. Ueber dem Eingänge steht: 1546 «mnin p(?i' il»8um lueta «unt, ot «in^ ipso lttetum t^^t nikil. Im Inneren der Kirche finden wir zuerst zwei symmetrische Eciteukapellen, jene links enthält cm Krucifix und die Jahreszahl 1826. Die rechts ein hübsches Heiligenbild und die Jahreszahl 1838. Am Parapet des Chores nehmen sich die Brustbilder der zwölf Apostel gar nicht übel aus. Von dcn beiden anderen kleinen Eeitenaltären enthält der links den heil. Laurentius, der rechts den heil. Blasins; der zweite daran die Statue St. Nicolaus. Am Hochaltäre befindet sich eine Maricn-Statne. Herrlich aber ist an der linken Kirchenwaxd ein Bild Ver unbefleckten Iungftan, eine musterhafte Leistung der neueren Wiener Schule, von einem jungen Jesuiten, Schüler Kupel-Wiescrs, gemalt. Vor dem Hochaltare ist ein kleiner Grabstein. Maria, Tochter des Ernst Frcihcrrn von Lang und der Maria Theresia Frciin von Apfan. ^ 1710. Nahe dabei der Grabstein des Admonter Priesters PlaciduS Mausenberger. 1-5« Jahre alt. Eeiue lVrabschrift lautet: Cujiis mors suit ita Sicut vita Deo unita. Außen an der Nordseite der Kirche steht die Jahreszahl 1745. An der östlichen Seite der Ringmauer befindet 6' 124 sich eine runde, thurmförmige Kapelle mit dcn, Bildc des Erzengels Michael. Man schätzt ihr Alter auf 80 0 Jahre und der Sage nach war sie ei»c von jenen Kapellen, welche Lirillus und Mcthodins im Wendcnlande erbauten, zu denen auch Benedicten :c. gehörte. Noch heißen drei kleine zu Iaring gehörige Weingärten der Michaclsberg. Die untere Wölbung dient als Einsetze, die obere ist von auffallend schöner symmetrischer Form. Die Anßeu-seite der Kirche und die Fricdhofmaucr sind mit vielen Grabsteinen von Landlcuten versehen, deren Inschriften im Vergleiche mit anderen auf Dorstirchhöfcn auffallend gut sind. Den Chor stützen 4 Säulen, die in Krcnzform gebaute, trefflich gepflasterte Kirche wird vo» 4 eckigen Fenstern erleuchtet. Am Presbyteriumöbogen sind die Iahrzahlen I6M» und 1811. Am St. Blasiuoaltar ist da? Wappeu von Admout. Seheuswcrth sind die prachtvolle reich vergoldete Kanzel und am Laureutiuöaltare in der Christzeit das große Krippcnspiel, eines der schönsten im Lande. Presbyterium und Schiff sind gerippt und blaß gemalt. Das Presbyterinm mit dcm Bilde der unbefleckte» Empfa'ttgniß Maria wird im Enden von drei schlanken, viereckigen Fenstern erleuchtet. Iaring war eine von den großen Pfarren: Gams, St. Peter und St. Leoxhard, welche vor Kaiser Josef die wiudischen kücheln von der Dräu bis zur Mur zu versehen hatten; daher sich immer drei bis vier Priester hier befanden. Die Dcchantci Iariug enthält 7 Pfarren mit 12,729 Seelen. 125 Die hiesige Schule wird voll 243 Kindern besucht. Di? Kirche St. Maria in Iaring wird ausdrücklich genannt im Admontischen Etiftsbrief 1074. Iaring (5»romna) schenkte 113', Weriand oder Rudolf von Wittcnwald sammt dem Gnte Iaringen an Admont. Die gegenwärtige Kirche wnrde 1516 erweitert, der Thurm ist von 1518. Die Stiftung wurde 1203 vom Salzburger Erz-bischofc Eberhard dahin bestätigt, daß das Stift für immer Wcltgcistlichc anzustellen habe. Die Pfarre grenzt nach 3/, Stuuden gegen Osten an die St. Iakober Gemcinye Wolfsberg, gegen Süden an die Margarethner Gemeinden Kuschernigg, Willkamm und Wachseilberg, gegen Westen an das Zirknitz- und Peßnitzthal, die Localie Untertnuigund und an die windischc Vorstadtpfane Marburg, gegen Norden an die Gemeinden Sroboien nnd Söblc von St. Aegydi. Die Kirche hat eigene Weingärten in Waigcn, Kuschernigg und Wachsenberg. Von Stiftungen ist dic stärkste die des Adam Hcllweger 1768 von 2000 fl. für jährliche 1«« Messen. Mit dem Pfarrer Panl Posasko 1t»51 und vor ihm 164!t beginnen die Taufprotokolle. Als Pfarrer finden wir 1074 Acgyd, Ianschitsch, 1680 Johann Stubauitsch, 1704 UrbanPecheimb, 1708 Johann Tolay, 17 20 Lorenz Kratz, 1722 Gregor Pock, 1738 Johann Skrobctz, 1733 Friedrich Patron, 1703 Johann Supanitsch, 1788-^1818 Lorenz Pogatschnigg, 1818 bis 1834 Franz Gollob, 1855 Franz Tscheppc, Domherrn. Die ältesten Tranungsprotokollc sind von 1648. Da? 12» älteste Todtenbuch von 1640. Aus ansehnlichen heimi< schen Familien finden wir die Patron, die Klingcndrath, von denen Jörg, Josef am 5i«. März N»6.'l und Carl am 26. Februar 1669 beerdigt wnrden. Nicht uninteressant ist daS Handbuch deS Andrä Fucdcrici Patron, Pfarrers 1739, in Vezug der Ncchnnngen der Nosen« kranzbrudcrschaft ic'. Die meisten Gewittersturmc waren !759, die besten Weine 17 li, 175,0, 175«, 1511, 18!ll .'c. Den alten Registern fehlt es nicht an körnigen Sinnsprnchen, so: „Der Tod ist allen ausgesetzt, „Wir müssen doch alle dran zuletzt. „Dem Hanns Uur.^ gibt ein Jeder gleich, „Er sei jung, alt, arm oder reich." „Eb ist nichts lustiges mehr auf Erden, „Gs will alles noch ärger werden; „Krieg, Hnngcr, Sterben, alle Plag, „Die häufen sich von Tag zn Tag." Im Fcbrnar 1775 fand Simon Teutscher, 50 Jahre alt, vom Negimente Graf ErnaniS, sein plötzliches Ende. Von czvonirtcn Kavlänen treffen wir 1761 in St. Aegydi Herrn Jantschitsch, in Untertnnigund Blasius Floriantschitsch, in St. Ialob 1699 Paul Potetschnigg lc. St. Ialob, Aegydi nnd Unterkunigund wnrdcn aus hiesigen Filialen 17«4 uud 178« eigene Pfarren. Vor Iaring gegen Westen steigen die Hügel immer höher, 127 besonders am Klcinberg, hinter welchem zwischen Stri-chovetz »nd dein Zahlbcrgc, der sich mit dem Nenberge gegen Norden fortsetzt nnd mit deni Bubcnberge bei Spielfeld an der Mur endet, die Straße gegen St.' Aegydi hinausführt. Man findet hie und da im aoliti-schen Grobkalke fossile Thierrestc, besonders von Clipcastern. Ringsnm, so weit das Ange reicht, ist gesegnetes Wcin-land. Bei dem Weinberge des Herrn Dechantcs erfreut man sich einer so köstlichen Nnndschau, wie sie mir von jener in Maria-Schnee und Kriechcnbcrg übcrtroffen wird. Zu Füßen liegt das schöne Wolfsthal (Vu^l^ki IloI von V,lK» die Goldamsel, also nicht von den Wölfen). Darüber die Besitzung des Naturforschers und Astronomen Hasawend aus Graz, näher das lijnöna- iirrig lill^n»-oder Schlangen-) Thal. .Der Weinl'crg in Graun oder Krautschädel (von krnv» Kuhwcide) auf der entgegengesetzten Seite das schroffe, Mi Theil bewaldete Weingebirge der Gemeinde Waigen. Lang hin dehnt sich der Xusm-NlKA von der Realität des humoristische» Bürgermeisters Burgei, bis zu der deS Fcrt und zum Will« kommhofe. Der schönste Aussichtspunkt ist vom Weingar« ten Schesscnthal in der Nähe der Besitzung des Herrn Vlnsterlehrcrs Udl, dessen Bruder eine große Rolle in der Mnsikwelt zu Warasdin spielt. Unfcrne sind die trefflichen Weingärten des Stiftes Admont, dann der des Herrn Schanperl, Rettenbacher lc. Bald überragt das herrliche Gehöfte des Herrn Hauptmann mit seinen Gär- 128 ten mid Wirtschaftsgebäuden und dein riesigen yon 3 Pfeiler» getragenen Keller, auf 120 Startin, das weite Hügel-meer. Zur Pfarre Iaring gehören 11 Gemeinden, darunter auch Kanischa (einst ?<;^lk Hundsdorf). Iaring hat eine treffliche, wcitgesuchteMnsikbande, die sogenannten Pollakcn. Bei der Firmung dnrch Fürstbischof Graf Attems 1855 waren über ajetan von Langenmantel zu Langenthal, 1779 Kajetan Graf v. Ancrsbcrg, N^! Antou v. Wolfavth ans Weißcneck, 1^10 Ignaz Boß. Zu St. Jakob wurde Nl',5 geboren Johann Georg Tirk. Er studirtc unter den Iesniten in Marbnrg, absolvirte in Graz, wurde dann Verwalter in Schleims, heirathetc 179 l Elise Seiler. Nur einer von vier Söhnen nber-lebte ihn: Carl Sirt, Präsident des Colleg.-Gcrichtes in Zara. Georg Sirt bekam am I.Iuli lt<32 die goldene Medaille nnd starb am 30. Augnst 1«l0 zn Marbnrg. Der zierliche, mit einer weit schimmernden offenen Nlechkuppel versehene Kirchthnrm von St. Jakob hat ein 131 treffliches Geläute. Die von einer Ringmauer umgebene ziemlich lange Kirche besteht aus zwei schwerfälligen Gewölben. Im Presbytcrium sind Scenen aus dem Leben des heil. Iatob gemalt, dessen gutes Bild der Hochaltar enthält. Am ersten Seitenaltar links sind Sebastian und Rochus, am zweiten Maria vom Rosenkranz, a» jenem rechts dic Steinigung des heiligen Donatus. Unter den wenig bedeutenden Grabsteinen anßen ist der des Pfarrers Kronabethvogel, 1-1828. Der Friedhof ist fast '/^ Stunde ins Thal hinab entlegen ans einem Hügel. Nei Mädchcn-lcichen wird der ganz mit Rosmarin umwundene Sarg von schwarzgekleideten Jungfrauen getragen. Das alte schöne Tabernakel der Kirche wurde vom Pfarrer Res-man» in das nun halbödc Beueficiaten-Hanö HellwegerS in die dortige Kapelle übertragen. Rings um St. Jakob sind Rebenhügcl nnd die stattlichen Gehöfte der Vesiher: Fluchcr, Neingerl und Schercr ^-, Zur Rechten mit ziemlich ödem Aeußcru ist ei« schloßartigcs Gebäude, l Stock hoch, 9 Fenster lang, 7 tief, mit einer hübschen Kapelle. Es war der Maierhof, den der sizvanomcus von Rehberg in Kärntcn, Hcllwcger, für das Neneficium erbaute. Der Thurm in St. Iatob wnrde 1X50 erneuert, von den 5 Gl»cken wurden 2 neu nnd 3 übergössen von Fcltl in Graz. In St. Jakob lebte einst als Pfarrer ein gewisser Gut mann, vorher Pfarrer in Sobath, der Lucian der Elovenen, Verfasser der Sybilla, Lyriker und Gelehrter, unglücklich im Leben, 132 wüst, uustat, ein kleines Männlein, sehr geschickt im Latein, Griechisch und als Orgelbauer. Gutmanu war in einem der siebe» Dörfer geboren, die am linken Murufer zur Pfarre Nadkersburg gehören. In seiner Sybilla geißelte er in gelungenen sloveuischen Reimen, die dnrch Zahle» bestilnmt wurden, seine ganze Nachbarschaft. Das Manuscript, durch Stauko-Vraz, Terstenjak und Koschar im Drucke veröffentlicht, ist ganz vergriffen. Gutmann starb als Deficient in Heilbrunn, wo ihu bei einem Sturze in den Bach der Schlag traf. <5r hatte viele Aehnlichkeit mit Thomas Hogard — dem Oheime des humoristischen Malers dem lustigen Dichter im Thale Trautbel in Westmoreland. Gutmann war berufen, das zu werdcn, was Robert Burns fnr die Schotten, Veranger nir die Franzosen wurde. Gauz nahe bei St. Jakob ist die freuudlichc Bc-si^uug des Herrn Nittero vou Födranöperg, früher der Familie Goruigg, aus welcher der tapfere korppral Franz Gornigg war, der mit seiuen 17 Kinst'yanern I^ll^ das Pulvermagazin von St. Spirito ganz Venedig zn»l Trotze behauptete. Von St. Iatob über einen ziemlichen l^el'irgö-rücken kommt man in das obere St. Georgeuthal und den Weg immer nordwärts verfolgend erreicht man in 1'/2 Stunden die hochgelegen Pfarre Maria-Schnec. Man übersteigt zwischen den Gemeinden litothschi'che!! und Meilenberg den Nothschützenberg und toinmt entweder über Obergasterci, Ploderberg,Untcrwölling uud Schwcinö- 133 Hof »ach Maria-Schnee oder über Meilenbcrg, das obere Völtathal durchschneidend, über Schittanzen, den Tchitleu-berg undTaßler lints lassend, durch die Gemeinde Trassen-berg hinauf. Den schönsten »nd herrlichsten Punlt vom ganzen westlichen Theile der windischen Bncheln, St. Anna am Kriechenberg, haben wir bereits geschildert. Auf dem nächsten Wege von Marburg hat man 1 starte Stunden dahin. Man ist in ^/z Stnnden auf der Höhe des Kuscherniggs, wo u,an nächst dl'm gcniancrten Krenzo einen reizenden Hinblick auf Tt. Barbara, St. Anna und Maria-Schnee genießt, Bon hier sind V^ Ttuuden uach St. Georgen. Rechte» gegen Osten bilden dcr Langeuberg nnd Navarja-Rückeu ciue waldige Bucht, in welcher die Gemeinde Partiu » des Pfarrers Georg Wobnigg, ^20. August 18'N; l,, Pfarrer Jakob Spesi^ -Z- 1848: e) Michael und Margaretha Schönwetter, 5 1833. Der weiße Marmor trässt die Inschrift: „Süsje hcil'gc Rnhe wehr „Nieder anf ihr kühles Grab, „Schwebt von enrer Glanzeshöhe „ftriedensengel, schwebt herab. „Mchelt leise, fächelt milde „Ulu der Tchlaier liebes Haupt, „Vis die grünenden Gefilde „Einst kein Todeshauch entlaubt. Die Pfarre wurde erst 1784 gründet. Ihre Protokolle beginnen mil diesem Jahre. Nicht bald hat eine Gemeinde ftböileren Kirchenqesana, al^> Tt. Georgen. Den nahen Taubcübcrg nnd die übrigen Hügel, anf denen ein l'össlicber Wein ^edciüt, bedeckten einst dichte Wälder. Eine lohnende Aussicht geiii^slt man am der Höhe bei dem Hause des Bauers ^anell. Von hier nach St. Anna in Kriechenberg sind 1 '^ Stunden. Wir kommen zuerst auf dem Bergrücken der unteren Gasterei, sckmal und lang, anf seiner Schneide überall mit Hausern besetzt, zu denen auf beide» Seiten liebliche Weingebirge gehören. Die Gasterei kommt schon in N. St. vor. Wie vor St. Georgen, so dehnt auch hier tief im Walddnnkel ein Teich seine ernsten l^cwässcr ans, Nacbdem wir eine 136 Schlucht durchstriche» und über ein träges Bächleiu gesetzt, lassen wir Wagrin zur Rechten und Slatenegg zur Linken und biegen thalab durch einen herrlichen Wald, dessen größte Eiche vor wenigen Jahren erst gefällt wurde. Wir sind nun im Vclka-Thale, das von Schittanzen bis Dreifaltigkeit dreimal scharf sich wendend, in einer Länge von 2 Stunden meist in ansehnlicher Breite sich hinzieht, reiche Felder und Wiesen und eine fortlaufende Kette von Gehöften zeigt. Seine östliche Wand bilden die Ausläufer des Kapilla-Verges, der selbst eine Fortsetzung des Kremoder Kriechcnberges ist. Um ihn liegen die Gemeinden Unter- »nd Ober-Schcriafzcn mit ihren malerisch grup-pirten Häusern und einem erquickende» Sauerbrunnen in der Waldschlucht. Durch diese beiden Dörfer führt der Fahrweg von Kriechenberg in Mi Stunden nach St. Leonhard; wir können ans dem Velkathale entweder nächst dem Wiesenbachc über Lcdencgg nach St. Anna emporsteigen, oder beim Greiner oder endlich über Schützen. Auf einem Vorhügel vereinen sich die verschiedenen Wege. Steil windet sich die Straße zwischen Sandhügeln empor, während der Fußweg auf mehr als hnndert Stufen durch die Weingärten führt, und mit jedem Schritte ein um Stunden erweiterter Gesichtskreis überrascht. Au Dr. Kickers Weingarten vorüber gelangen wir nächst den, fchö» ncn Weingarthausc des Herrn Gallina, nun Netwed, auf die Schneide des Kremberges, der von St. Anna in drei Armen sich ausdehnt. Neben Netweds Haus seheu wir 137 ein gemauertes Kreuz, welches brave Fresken von Nektter enthält, darunter das letzte Abendmahl, die heilige Dreifaltigkeit, St. Anna, Magdalena, St. Wenzel :c. Gegen 40 Hänser dehnen sich an den Bcrgkauten aus. Pfarryof, Schnlhaus, vor Allem das stattliche Gebäude (1833, der Keller 1«4tt erbant) des berühmten Arztes und Oetonomcn Franz Postitsch fallen angenehm auf. Von hier führt der Weg gegen Osten in und dnrch das Stainzthal in ^ Stunden nach Stein Hof, Gut des Grazer Convict-fondcs, ! Stock Koch, 10 Fenster lang, 2 tief, mit 10 Zimmern :c. und über 1A7 Joch Grundstücken. Von da hat man 1 '/i Stunde nach Nadkcrsburg. Da wir aus den östlichen Theil der W. B. dei einer Ginzclnschilderung in Verbindung mit Luttenberg vorbehalten, so sagen wir einstweilen diesem herrlichen Boden Lebewohl. 138 Der «Invalide. Fenster sind verhüllet Die Lampe flackert kaum, Den Todeshanch erfüllet Der Stnbe düstern Ranm. Die Mutter ächzet leise Zum letzten schwersten Gang, Die Kinder kuie'n im Kreise Und beten still und bang. Das Crncifir nnr leuchtet Noch matt der Kranken Blick, Der Herr, dem sie gebeichtet, Beschützt der Hoffnnna, Glück. Und stttmm nnd immer stummer Und schwüler wird's im Haus, Als stürb' mit Einem Kummer Des Kummers Saat nicht aus. Doch draußen jauchzt im wachen Gefühl, um Martt und Wall 139 Das Aolk, Geschütze krachen In des Geläut's Choral. Da rafft sich auf der Gatte, Von Angst und Schmerz so mild', Dcun die Kanonen hatte Noch lieb der Invalid. Ihm dämmert durch die Seele, Sechs Jahr mm fast vorbei, Gin Tag gar schaurig helle: Der blut'ge sechste Mai. Da zittert vou Geschützen Wohl Saut Lucia's Grund, Da ward in Todesblitzen Der Muth der Deutschen kund. Da halten auf den Rossen Rings um Radetzt'y her Die Kampf- und Ruhmgeuossen Gin Pharus-Licht im Meer. Gen diesen, hei! wic flogen Die wälfchcn Kugeln dicht, Gin Sturm von Todeswogen, Der sich au Herzen bricht. l40 Gluck auf.' der künftige Kaiser, Wie blickt er kühn und frei, Als klang' für ihn viel leiser Die Todesmelodei. „Daß Heil und Nnhm nie weichen Von Oesterreichs Haus und Staat! Herr Gott, gib uns ein Zeichen!" Rllft lant da ein Eoldat. Da zischt es auf am Himmel . Mit grellem Feuerschweif, Mit schaurigem Getümmel Platzt der Granate Ncif. Öb sich das Roß auch scheute,-Sich bäumt in Nauch und Sand, Franz Josef hielt wic heute So ruhig damals Stand. Wenn Gott mit solchen Zeiche» Den Pfad des Kaisers zieht, Kann nie der Muth entweichen, Der in den Kriegern glüht. Gedenkt der Heldentage Der Invalid so arm, 141 Wird schnell trotz Leid und Klage Das Herz ihm wieder warm. Ihn wirbelt das Gedränge Mit in den Dom hinein, „Gesegnet!" fleht die Menge „Soll nun die Trauung sein!" Gesegnet! senfzt der Krieger Mit thränenfeuchtem Blick; Denkt an den Herrn und Sieger Und an sein Hans zurück. „Herr Gott gib noch ein Zeichen „Für meines Kaisers Heil „Für Segen seinen Reichen „Ihm und der Braut zu Theil." Im Dome wird es dunkel, Es war die Vesper aus, Da schleicht im Sterngefunkel Der Krieger still nach Haus. Und an der Schwelle hangen Die Kinder sich an ihn: „Sei Vater ohne Bangen, Die Mutter schläft darin! 142 Beim letzten Glockcnschalle Zum Segen ungefähr, Da wich mit einem Male Der Fieberwahn so schwer. Da deckt die kalten Glieder Ein seltsam warmer Schweiß, Sie schloß die Augenliedcr Und schlummert sanft und leis'. So schlummert sie am Abend, Erwacht am Morgen leicht, Gesundheit frisch und labend Hat wieder sie erreicht. Wenn Gott mit solchen Zeichen Den Pfad des Kaisers zieht. Was soll der Liebe gleichen. Die jedes Haus durchglüht. 143 Fast verstiegen. Iägerwirth ill Gröbmmg siedelten lustig die Geiger auf, der Hackbrettclschläger schien mit jedem frischen Trunke auf frische Variationen zu verfallen und der Baß brummte so wacker darauf, wie es seit der Hochzeit des Bräuers von Murau nicht mehr geschehen war. Hatte fich aber auch eine lustige Gesellschaft zusammengefunden, als die frischen Iungcu aus der Sölk und aus Irdning, denen lein Aucrhahn in der Falz entging, deren Auge jeden Gcmsbock vom Thal aus erspähte, Bursche, die jeden Steig, wo der Hirsch wechselt, besser wußten, als die städtischen Herren die Promenaden ihrer Schönheiten. Da saß eine Gruppe von Schladmingern, von dcnm Mehr den» einer schon in die glitzernden Glctschcrsvrunge geschaut, dort rollte im Spiele das Geld in blauten Thalern, deren jeder mit der Gefahr, den Hals oder wenigstens die Beine zu brechen, erkauft war. Mitten durch aber trippelte Frau Gertrud, die Jäger, Wirthin, und brachte gewaltige Klöße mit lockender Schiukcn-zugabe, und das von ihr selbst bereitete Brendelkoch, im frischen Schmalze schwimmend, und die Holzkuccht-Nocken, würbe wie Flaumeu uud wohlgcbräuut, wie die Wangen «neS rüstigen Bergsteigers. 144 Aennchen aber, die Tochter, eilte wic ein Reh flink und leicht mit den zinnernen Weinkrügen ab und zn und lächelte den einen Burschen freundschaftlich an nnd stichelte den zweiten nnd schmollte mit diesem und that jedem Bescheid aus dem Kruge, wenn der Vater Iagcrwirth nicht mehr ausreichte mit dein Crcdenzcn, oder die Mutter bedächtig mit den alten Junggesellen ein Ehrcntänzchen machte. Aber am liebsten machte sie sich zu thun um den schlanken, stattlichen Almnahel, den Glanzpunkt der Gemsjägcr zwischen Murau nnd Eteinach und zwischen den Bruckergebirgcn und den Eölkeralpcn, der sonderbarer Weise so trübselig, so verstimmt da saß, als sei es ihm angethan worden; nnd doch war er Anfangs so lustig gewesen, hatte auch mit ihr einen Ländler getanzt, hatte den Burschen erzählt vom Fcdermichel, dem Wildschützen, dem er neulich die Rippen gebrochen, und vom Grünhiescl, der ihn mit beiden Läufen gefehlt nnd dann kopfüber Reißaus genommen; und nnn ans einmal saß er so unwirsch da, nnd gab verkehrte Antworten, uud beschmierte mit den Händen die ueue Ledcrhosc nnd verbrannte den Gemsbart am Lichte und feuerte die neugestopfte Pfeift au, und rief nach Wein, während der Krug noch voll war. Ei, das wurde dem schlauen Aennchen zu viel, sie wandte den Blick nach allen Seiten, sie horchte, ob etwa einer der Tanzenden eine anzügliche Stelle auf den Jäger gesnngen? aber ihr Ohr erlanschte keinen beleidigenden Ton, sie spähte, ob der Tisch nicht 145 blank gescheuert, ob eine Spinne an den Bodendielen sich zeigte, aber es wollte ihr nichts vorkommen, was den Unmuth des stattlichen Waidmannes verdiente: da plöh-' lich tanzte Brigitte, die einzige Tochter des reichen Hasel-bauers, vorüber mit dem Irdninger Müller und Alm-natzel schaute so finster nach, als ob ihm einer die schönste Gemse vor den Angcn erlegt habe und seufzte so laut, als sei sein letztes Stündlciu gekommen. Jetzt hatte es Aennchen auch weg, was vorgefallen sei. Taufend, war sie denn so vergeßlich, daß sic sich nicht erinnerte, Wie schon langc die Rede, daß der Jäger und die schönt Vrigitta sich lieben, und daß der alte Haselbauer nicht nngeneigt sei, eine stattliche Hochzeit herzurichten, blos, um sagen zu können, der kühne Almnatzel, der Schreck der Wilddiebe, die Zierde der Jäger, der Stolz und Neid aller Schützen, fei sein Schwiegersohn geworden. Richtig, sie hatte bemerkt, daß er bei Brigittens Ankunft schon getanzt, daß sein hochmüthiges Liebchen dies übel genommen und mit ihm geschmollt, ja ihm sogar den nächsten Ländler abgeschlagen und doch eine saure Miene gezogen' habe, als Almuatzel, vermuthlich um sie zu kranken, mit dem flinken Aeuncheu getanzt habe. Ei, bloS um seine Schone zn kränken, kam er zu ^ nur? brummte Acnuchen, und ließ beiuahe einen Stoß-Schüsseln fallen, bin ich denn einc Vogelscheuche, mit der man Andere schreckt? Wollen sehen, ob mau den schmucken Bnrschcn nicht trösten kann. - Willst Du 7 !N> bessern Wein, Almnatzel, fragte sie mit etwas coquetter Miene, dcnn Evas Töchter sind alle gleich, vom Pariser Salon, bis zumHnttchen des Vnnsthalcs. - Nein, versetzte finster der Jüngling. Wirst Du nicht mehr tanzen, dif Mnsik ist so gut, nnn wave sic gerade am besten. Ncin! grollte trocken der Jäger. Bin ich Dir im Wege? fragte Aennchen mit dem fast trostlosen Tone der beleidigten Eitelkeit. Almuatzel stand auf, ohne eine Silbe zu erwidern, nnd setzte sich zum Baßgcigcr. Grober Mensch, der Almnatzcl! lispelte die beleidigte Schöne, nalun den Strauß von Nelken nnd Hcrzenstrost, den sie ihm früher abgeschwatzt hatte und warf ihn znm verlassenen Wemkruge, tummertc sich, fest entschlossen, dcn Burschen keiner Nedc mehr zu würdigen, nm die anderen Gaste, tanzte anch, um ihn zn ärgern, ein paarmal so nahe an ihm vorüber, daß Simon, der Woltensiciner Förster, ihr Tänzer, ihm fast anf die Bundschuhe stieg, konnte es aber doch nicht uuterlaffcu, manchmal nach ihm hinzuschielen und den kaum weggeworfenen Strauß wieder au ihre Brust zu stecken. Almnatzel hatte aber nur Augen für Vrigitta. Nein, nicht möglich, daß es ihr Ernst scin kann, tröstete er sich, so leichtsinnig hatte er sie noch nie gesehen, sogar mit dem Nmtkschrciber, dem blöden Kleckser, der noch anf keiner Alpe war uud Brillen trug, um die Leute in der cben nicht allzugroßen Stube zu sehen, uud beim Essen, wo doch kein ehrlicher Mensch Fäustlinge trägt, Handschuhe an hatte, sogar »n't dem 14? that sie freundlich, nur für ihn, den treuen Aelpler, der oft bei Nacht und Graus hinaufstieg, wen» ein Wetter gegen ihre Seuuhütte sich zog, uur für ihn, mit dem sie schon versprochen war, hatte sic keinen Blick, und blos, weil er sich erdreistet hatte, zu tanzen, ohne auf ihre Ankunft zu warten. Also herrschen, jetzt schon herrschen wollte sie über ihn, vor der Hochzeit, Potz Blitz, das könnte einem Gemsjäger gefallen, lieber laß ich sie fahre», brummte er, stand auf, und mit einer Miene, der man seine Auf-rcguug ansah, ging er auf Brigitta zu. Mit Vcrgunst, Haselbaucrn-Tochtcr, sie spielen die Iur.er, treten wir ein zum Tanz, es ist mein Lieblings-Ländler. Ei, da mußt Du Dir auch Deine Lieblings-Tänzerin suchen, dort steht sie eben; Wirths-Aennchen, rief mit erkünstelter Kälte die stolze Iungfran. Parbleu! lachte der Schreiber, behalte er seinen Korb, Freund, er sieht, daß man mit mir die stlmvcrscttio» fortsetzen will. Den Schützen zog es gewaltig in den Armen, aber er mäßigte sich. Ihr betrachtet unsere Unterhaltung im falschen Lichte, Herr Schreiber, erwiderte er gelassen, das kommt von den Augengläsern mW Parblau hin und Pargrün her, wenn Ihr noch einmal rcdcl, so macht man Euch übrig, oder, was dasselbe heißt, man befördert Euch auf die Strahe, ohne daß Ihr zu gehen braucht. Willst Du tanzen, Brigitte? Nein! erwiderte die Tchonc nud sal» verlegen zu Boden, mit einer Miene, ?' 148 dcr man es ansah, sic hatte lieber Ja gesagt, wenn es die liebe Eitelkeit und gekränkte Gifersucht erlaubt hätte'.«. Anch gut, meinte Almnatzel mit finsterem Trotze, horchte wenig auf die Verhandlungen des alten Hasclbaner, der gerne die Liebenden versöhnt hätte, und stand in wenig Augenblicken mit dem schönen Aennchcn, dessen Wangen von trinmphircnder Freude glühten, mtter den Tanzenden. So ist's recht, jubelten die Bursche, die alle dem untadel-hafteii Schützen vom Herzen gut waren, jetzt ist der beste Tänzer wieder eingetreten. Almnahel legte aber einen blanken Silberguldcn anf das Hackbrett; einen besonderen für mich! gebot cr und began» nun scine Geschl'cklichteit in einer Mannigfaltigkeit sinniger Figurcn zn cntwickcln, daß sich Vrigittas Bnscn in stürmischen Wellen hob, nnd sie im Stillen ihren Trotz nnd die schöne Wirthstochter verwünschte, nn: welche dcr Geliebte seine» Arm schlang und anf welche immerhin ein Theil des stürmischen Vei-fall4, der ihm galt, zurückstrahlen mnßte. l5inc lleinc Unterbrechung drohte dem Tanze. Waldmann, der branne Hnnd, der trene Genosse Allnnatzclö, hatte unter dem Tische sich herumgetrieben, war des Schreibers saffrau-gelben Veintlcidern nahe gekommen u»d hatte vom Tin tenhelden eiueu so heftigen Schlag bekommen, daß er winselnd zu seinen, Herrn kroch. Im Nu ließ Almnatzcl seine Tänzerin los, trat mit geballter Fanst znm Tische m,d sprach.- Herr, wer nieinen Hllnd beleidigt, beleidigt mich, schl, er verhält sich zu mir. wie Ihr Euch znm 149 gestrengen Herrn Pfleger, der würde es Euch übel nehmen, wenn Ench Jemand die Nase zerschlüge, obschon Ihr selbe zu Gurcm Dienste weniger brauchet, als mein Waldmann die seine. Macht den Gänsekiel übrig, polterten die Bursche, aber mit einem donnernden: Laßt ihn gehen, hatte Almnatzel Ruhe geboten und setzte, mit einem wehmüthigen Blick ans Brigitta, seinen Tanz fort. Wie cö bei den muntern Unterhaltungen der Oberstcirer geht, so fehlte es nicht, daß bald der Wolkenstciner Förster lustig beim Tanze sang: Ein Jäger ist frisch und hat wallendes Blut Und zieht nnr aus Liebe und Treue den Hut, Die Bock, die er schießt, sind branchbar und echt, Die aber vom Schreiber sind allemal schlecht. Die andern Bursche aber jubelten im Chor: Wer Gemsen will schießen, der furchte sich nicht, Und schau ohne Gläser dem Sturm in's Gesicht, Liegt alles im Nebel, so küßt ihn znm Preis Die Sonne so roth uud die Sennin so weiß. Der Almnatzel fiel aber mit weicher Stimme ein: Das Bächlein mnß stürzen, die Liebe muß zanken, Zu spät kommen Beide auf kluge Gedanken, Die Lieb' stirbt im Herze», das Bächlein im See, Und könnten doch meiden in, Anfang das Weh, Brigitta mnßte dem Vater etwas Wichtiges mitgetheilt haben, denn kaum war der Tanz zu Ende, so erhob sich auch der alte Haselbauer, ging vornehm an Alm- 150 natzcl vorüber, legte einen Thaler auf die Cither und ließ sich heimgeigen. Während die Musikanten dem reichen Bauer vor das Thor folgten und ihm noch im Hofe lustig Einen aufspielten, wußte dcrGcmsjagcr nicht, ob er seiner bitterdösen Braut, an die sich mit thriumfi-rendcn Blicken der Schreiber angeschlossen hatte, folgen oder hier zurückbleiben sollte. Eein gekränkter Stolz entschied sich für daö Letztere, er pfiff den treuen Waldmann zurück, der schmeichelnd mit der wohlbekannt!,'!! Brigitta sprang, setzte sich zn einem Kreise lustiger Zecher nnd goß in wilder Anftegnng Becher nm Becher hinein. Gr hat mit mir doch nur aus Aerger getanzt, senfztc Aenn-chcn, aus einer l^cke schüchtern den Jäger betrachtend, d'r nir den wettern Verlauf der Nacht ieiuen Antheil mehr nahm au dem Tanze, sondern bis Tagesanbruch mit den Genossen zechte, dann mürrisch zahlte, den frenndlichcn Grns; der niedlichen WirtlMochter tanm erwiderte, nnd nach einem tnrzcn Abschiede von Frau Gertrud, denn Hausherr Iägcrwirth war in Folge des vielen ßredenzens unfähig geworden, mit Hund und Büchse-gegen den Grimnung stieg. II. Einige Tage waren vergangen seit der Tanz-Unter-haltnng beim Iägcrwirth in Oröbming, die schöne Bri-gitta befand sich anf der Alm, wo ihr Vater einige bedeutende Sennhütten, welche mit den zwischenlicgendcn !51 Stallungcn und Heubchaltcrn fast ein kleines Dorf bildete», besaß. Nicht leicht führte ein Sandmann im ganzeil oben, Enusthale mchr Butter und Echiualz von sciiml Brendelhüttcn Heini, nicht leicht wurden irgendwo reinem nnd schmackhaftere Käse bereitet, als bei dem reiche Haselbancr. Brigitta verstand es aber anch vollkomnlcn, anf die. Wirthschaft zu sehen, ihre Dirneil waren die schmuckesten und sittlichsten in ganz Grimmiug. Dic Milchgefaße schimmerten blant nnd glatt gescheuert nnd in der großen Hütte anf der Alpe, da , wo vor dem Thore lustig der Brunnen plätscherte und am Fenster in den schwarzen Töpfen litosmariu nnd Nosen weidlich dufteten, h^t'e auch der vornehmste Waidmann einiM-chrn und ^lsru^en töunen. Der Abend lagerte mit purpurnen Fittigen auf den rosigen Hänpteru der Alpen, würziger dufteten die aromatischen Blüthen, leiser säuselte der Wind dnrch das Krummholz, welches sich gleich hinter der Hntte gegcil die nächsten Kämme uud Oefen (Glattwä'nde) des Orim-niiugs hinzog. Anza, rief Brigitta, und anö dein benachbarten Etallc entwickelte sich eine unförmliche dicke Magd; die schweren Bundschuhe schienen mit den plumpen Füßen uud dem groben Nockc gut zusammen zll taugen, vom Mieder und Brustfleck ließ sich keine bestimmte Farbe angeben, die blauen Arme schienen ge« schaffen, ein Pferd im raschen Laufe aufzufangen, und 152 , der kurze breite Hals schien Hohn der Aufforderung Bri-, gittas zu sprechen, welche da gebot: Geh' Anza, Du jodelst sv wunderschön, stell Dich dort znr Waud hin und sing hinaus gegen die Scharte, durch die der Mond so traulich hercinschimmert, als wolle er mir was Liebes sagen und könnte nicht recht heraus mit dcr Sprache. Nu, wenn es sein muß, meinte die Magd, so mag es sein, schon Euch zu lieb. Sie schritt rüstig vor gegen die Abdachung des Felsens, hielt sich dort den Kopf mit beiden Handen, und Töne, viel zu weich fnr Glockenklänge, viel zu kräftig fur die Menschcnstimme, in jener tief ergreifenden Weise, welche den Alpengesang bezeichnet und unterscheidet von allen ähnlichen Töne», in welchen sich Sehnsucht und Msimuth wie Mondcöstrahleu im Hinzitteru leicht gekräuselter Wellen malen, schwebten Anfangs leise und schüchtern, wie die erste Frage der : Liebe, dann kühn und feurig uud endlich in sanftem Per-< weheil ersterbend, dnrch das schmale Alpenthal nnd zuckten ' wie Geister verblichener Liebe weit und fern im leisen Echo zmück. Aber Plötzlich hatten sich die Töne träftig verdoppelt, ein Ioddeln, fest uud mäunlich, wie keine der Alpendirnen es znwcgc brachte, scholl ans dcr waldigen Ticfe empor, schien sich zu nahern nnd vcrstnmmte /plötzlich. Das ist der Almnatzel, rief Brigitta im freu-' digen Schrecken, das ist seine Stimme, wir wollen sehen; > sie begann: 153 Wenn der Winter entflicht, das weiß' Röcklcin versteckt, Daß Niemaud ihn leimt, der die Leute geschreckt, DaS Edelweiß und die Speikpstanze grünt, Ei, sage, was dann wohl die Sennin gewinnt. Eine wohlbekannte Stimme sang rasch daranf: Tie eilt auf die Alpe, dem Himmel ganz nah, Sie jubelt, ist nnr erst der Gemsjäger da, Dem flieg ich entgegen, den drück' ich an's Herz, Den lohn ich mit Küssen für Sehnsucht und Schmerz. O! Dich nicht, Almnatzcl, rief halb lachend, halb schmollend das Mädchen, indem es sich den Armen des Jägers entwand, der leise hingeschlichen war und Miene machte, den Sinn der letzten Worte zu erfüllen. Vrigitta, kannst Du denn noch zürnen, fragte weich der Jüngling, sich, ich dachte mir, wcnu Du d, herauf stiegest, da wurdest Du zurücklassen im Thalc alle Deine kleinen Untugenden, den Eigensinn uud den Hochmuth und die Eifersucht. Eifersucht? fragte zürnend Brigitta, ei der Einbildung, Du meinst wohl gar, mir sei etwas gelegeu an Dir, weil Du für einen gepriesenen Jäger giltst, ei, deren gibt es noch viele im Lande Eteicr, und das Sprichwort! nicht weit her, das sieht mau an Dir wahr geworden. Wenn alle Untugenden im Thale zurückbleiben, warum bleibst denn Du nicht unten beim Iägerwirth? Nun wahrhaftig, wenn es Dir lieb ist, dafür tanu ja Rath werden, fiel der Jäger rasch ein, warf den Stutzen trotzig zurück und rief seiucu Waldmanu, der sich indeß 7" 154 tn der Milchkammcr bewirthe» ließ. Vielleicht kommt eine Zeit, meine liebe Brigitta, wo es Dir leid thut, einer üblen Laune zu lieb unsere Verbindung aufgegeben zu haben. Gab ich denn sie anf? fragte ctwab kleinlaut das Mädchen. Meinst Du, es sei eine Freude an einer Liebe, die blos zankt, fuhr der Jäger mürrisch fort, gibt es kaum alle Jahr ein paar Mal einen Tan^ in Wröb-miug nnd da muß man an Dir dic Verbitterung der Freude erlebe», So geschmeidig bin ich freilich nicht, wie der Schreiber, dafür handhaben meine Finger Stahl uud Eisen — seine Gänsekiele, und wo deö Waidmanns Spnr mit Blllt bezeichnet ist, wird die des Schreibers mit Tinte gekleckst; doch genng, beim Wettcrloche ist eine große Ealzlackc, dort wechselt gerne der Hirsch, leb' wohl, Vrigitta. Almnatzcl! bat die Iuugfran nnd faßte dir Hand des Jägers, bist Du denn toll, in der Nacht auf den Kamm des Grimming zu steigen? Nnn, wäre dies das erstemal? fragte lächelnd der Inugling, hat mir der Mond nicht hundertmal geleuchtet in's todte Karr und zu den Oefen, und bin ich nicht hundertmal geklettert über das Gerölle? Der Wind ist heute gegen mich und dn lohut es sich schou. Aber ich bitte Dich, fiel Prigitta ein, siehst Dn dort die grancu Schäfchen, die Wolken, die so schmutzig au den Alpen hängen, wie die Vorhänge an den Fenstern der Frau Hammerschreiberin, die deuten nichts GntcS an, Sturm, oder zum Mindesten einen ge- 155 fährlichen Nebel. Nun, da wird doch Niemand klagen wenn ich mich versteige oder abstürbe, wie eine getroffene Gemse. Nein, ich wahrlich nicht, schmollte Brigitta, vielleicht des Iägerwirths Aennchen. Ohne ein Wort mehr zu verlieren, drehte sich Almnatzcl um, stieg schweigend den nächsten Steinhaufen hinan n»d verschwand bald aus den Angeu des Mädchens. Brigitta aber fühlte sich beklommen in tiefster Ecele, sie war ihm doch gut, vom Herzen gut, aber nachgeben sollte er, nicht widersprechen, meinte sie, und nicht so herrisch thun, wie würde es erst uach der Hochzeit werden, wen» ihm jetzt schon das Ne> fehle» gestattet wäre. Der Mond verdunleltc sich allmälig, die Schäfchen hoben sich, in Wolkennngehener verwandelt, die wie die Geister der wilden Jagd in grauiVn Formen schnell von Horn zu Horn strichen. Auch säuselte der Wind so unheimlich, und der Kater hatte sich Abends die Pfoten geleckt, das deutet ein Wetter an, mein Gott, wenn der Trohtopf geblieben wäre, ich hätte ja gern geschwiegen und ihn für meinen Eigensinn um Verzeihung gebeten. Von der nächsten Höhe tönte aber die wohlbekannte Stimme: Der Winter desertirt über Hügel und Stock, Wirft ab deu bekannten, den schneeweißen Rock, Das Vächlcin bemerkt's, bricht die Fessel von Eis, llnd murmelt und rauscht uach gewöhnlicher Weis. Jetzt kommt wohl die Sennin und täudclt nut mir, 156 Der sag' ich, Dein Jäger ist nimmermehr hier, Er hat sich verstiegen aus Liebe und Gram, Da war der Berggeist, der helfen ihm kann. Der hüllt mit dem Mantel von Nebel ihn zn, Und singt in der Schlucht ihn zur ewigen Ruh'. Mit aller Kraft jodelte Brigitta, aber der Wind verwehte dic Stimme, teinc Antwort scholl vom Felsen herab, nur der heulende Sturm, der mit wilder Gewalt erwachte nnd seinen Fittig gegen die Alpcnhäuptcr schlug, spottete ihrer Rene nnd Sehnsucht nnd zwang sie, mit ängstlichem Herzen in die Hütte zu flüchten. AlmnaM stieg aber mit trotzigem Ernste den Berg hinan. Sind' die Stürme denn wandelbarer, brummte er, als Weibcr-launc, herrscht da unten im Herzen einmal Muth nnd einmal Frost, was Wunder, wenn der Grimming ^nst hat, sich ein Menschengesicht zu borgen, und einmal dic sengenden Sonnenglnthen verstärkt und ein andersmal die Winterkälte verdoppelt. Er mochte wohl einige Stunden, nnbeirrt vom heftigen Winde, gestiegen sein, denn gegen die Admontcr Alpen hin wurde es roth nnd helle, und der Kaibling und Natterricgcl und die spieen Nadeln bei Iohnsbach wnrdcn sichtbar, anch dehnte der Grimmiug seinen Rücken so ziemlich als schmale Fläche vor dem kühnen Gcmsjägcr. Jetzt plöjzlich hob Waldmann die Ruthe nnd wedelte nnd schien Spur zu haben, und lief lints hin gegen die Zerrissenen Wände, nnter denen im Morgenncbcl das 157 Thal von Grnbeck und Mitterborf lag. Almnatzcl stccktc den Stummel, aus welche»» er bisher emsig geraucht hatte, ein, that einen Men Zug aus der Kurbisflasche voll Moosbeergcist, wischte sich die Haare, an welchen der gefrorne Thau hing, zurück, und folgte behutsam feinem treuen Hunde. Dieser aber schien nach einiger Zeit alle Fährte verloren zn haben, sprang zurück, schmeichelte seinem Herrn und schien gar nicht der Ansicht des Jägers, den Weg noch weiter fortznsetzcn. Almnatzel aber wies seine Schmeicheleien unfreundlich zurück, kletterte hinans nach der Schneide und traf, eben den Fuß in einen Spalt setzend, auf loses Gerölle, auf dem er pfeilschnell in eine Tiefe von wenigstens zehn Mannshöhen hinuntcrglitt. Mühsam sich anfraffend vom schweren Falle, au den Händen und Knieen blntend, sah er znrück, eine beinahe glatte Wand war es, über die er abgcfahrcn, uor ihm im nächtlichen Halbdnnkel lag der Abgrund, steil, wie von Ricsenarmen gemeißelt, wie sich die Wände des Grimming fast von allen Seiten darstellen, nur ein kleiner Nuck noch, und Almnatzel wäre seiner Flasche gefolgt, die vor ihm in das Thal hinnnterflog. Des IägerS erstes Gefühl war, dem Himmel zn danken, daß er ihn vor dem schanderbaften Sturze in die Tiefe gerettet, das zweite, nach der Möglichkeit eines Ausweges zn spähen. Vor sich den Abgrund, rechts und links die senkrechten Wände, hinter sich die Wand, von der er das lose Gerölle mit sich herabgerissen, über dem Hanpte die jagenden 158 Nebel, lein lebendes Wesen nahe, als der treue Wald mann, der am Rande oben bellte und henlte und winselte, als trolle er dem unglücklichen Herrn seinc hoffnungslose Lage recht anschaulich machen; wahrhaftig, da gehörte des Waidmanns unerschrockener Sinn dazn, um in solcher Lage nicht zn verzweifeln. Das nächste Haus lag unten im Thalc, wenigstens fünf Stunden ent,crnt, nicht viel näher die Brcndclhütte des Hasclbaner, dahin tonnte tcin Hilferuf dringen, auch wenn der rauhe Nord, der sich von Nenem heulend erhob, geschwiegen hätte. Der Vcrsnch, mit dein Stutzen Signale zu geben, konnte leine Aufniertsamteit in den fernen Weiden nnd Triften erregen, denn man wusste, daß Wilddiebe hänfig ihrem Gewerbe nachschlichen, nnd wagte sich nicht gerne in die Mhe der unheimlichen Gesellen. Auch bemertte Almuatzcl erst jetzt, daß bei dem Sturze der Boden des Pnlverliornes durchgebrochen nnd seine Munition bis zum letzten Korne zerstreut worden sei. Er setzte sich nieder; sciuc blutenden Wunden schmerzten ihn nicht, er stützte die Arme anf die Knie und sann wehmüthig nach. Von Ncnem sprang er auf, und snchtc nur einen Etranch, einen vorspringenden Stein zu entdecken, durch welchen er seine Rettung versuchen tonnte. Vergebliche Mühe, Alles tahl nnd glatt, als hätte der Winter im Hohn dieses Felsengrab den tcckcn Jäger bereitet. Er strengte alle Kräfte an nnd schrie sich heiser, aber nichts, leine Antwort tlang zurück, als das Rauschen 159 des Windes, das ängstliche Heulen des Hundes, und das Krächzen eines Geiers, der, hoch in den Lüften kreisend, das Ende seines Todfeindes zn erwarten, nnd sich der unfehlbaren Veute zn freuen schien. Best! grollte der Jäger, hätte ich nur noch eine Ladung, ich wollte dir die Lnst vertreiben; aber selbst der Hahn brach von der sonst treuen Büchse. Eisiger Nebel jagte vorüber, zog sich dicht und dichter zusammen und hüllte den armen Waid-manu iu jeuen schrecklichen Schleier, deu der Aclpler nur durchbrechen lanu, wenu er sich dem gewissen Tode weihen will. Nur das Gewinsel des trcueu Hundes, verstärkt durch deu Schmerz, daß das Thier seinen Gebieter nicht mehr sah, schlug an das Ohr des Jägers. 3tuu wird es aus! seufzte Almnatzel, nahm deu kleiuen Mariazellcr Rosenkranz aus seiner Tasche, eine Gabe seiner alten Mutter, und betete recht aus warmem Herzen. Manchem Wildschützen lkß ich kanm Zeit, die letzte Pflicht zu thun, wenn er mit mir in's Handgemenge kam, seufzte er, nimm meinen innigsten Dank, gnter Himmel, daß Du mir doch Zeit gibst, meiner Sunden zu gedenken. Leb wohl, schöne Brigitta, ganz vergessen wirst Du doch nicht auf Dcineu treuen Jäger; arme Mutter, nun bringt Dir Dein Sohn keine warme Hirschdecke für den Winter und keinen Fuchspelz mehr. Etnndeu vergingen, die Nebel verzogen sich nnd die Mittagssonne brannte furchtbar gcgeit die Wand, au, welcher Almnahel lehnte. Seine Nnndcn schmerzet« 100 ein verzehrender Durst zog seinen Schlund zusammen. Hätte ich dvch Acht gegeben auf mciuc Flasche, klagte er, aber Unbesonnenheit war von je mein Fehler. Wald-manu, armes Thier, klage nicht, geh' nicht zu weit vor, denn wenn Dn herabfällst, kann ich Dir nicht mehr helfen. Immer glühender wurde die Hitze, immer furchtbarer der Durst, anf Augenblicke verliest den Jäger alle Besinnnng nnd er mnßte die Hand vor das Gesicht halten, um nicht vom Schwindel erfaßt, in den Abgrnnd zu sinken. Auch der Hund winselte nicht mehr. Hat auch recht gethan, das arme Thier, flüsterte Almnatzcl, was soll mir seine Trene, nnd wenn er sich zn Tode heult da oben, helfen kann er mir doch nicht. —Tief unten im Thale saßen die Mädchen beim Mittagscssen, aber ihr Auge bemerkte nicht den dunklen Punkt an der Grimming-wand, an ihr Ohr hätte kein Schnß, viel weniger der menschliche Nnf gereicht. Es kam der Abend, die Sonne, alö wolle sie noch dem verlassenen das Leben zum letzten Male in den reichsten Farbenglanz hüllen, sauk majestätisch gegen die Alpen des Salzkammergntes, der Jäger stopfte sich seine Pfeife, stützte den Kops anf die Hand und saß, bis die lieben Sterne rein und kalt am Himmel funkelten. Jetzt war es ihm, als höre er seinen Hund wieder bellen, höre Menschenstimmen, nnd die Hoffnung »'.it all' ihrer trügerischen Lust bemeissertc sich von Neuem seines Herzens. Er schrie aus voller Kehle, er horchte, aber Alles blieb still nnd stumm. iai Da plötzlich bellte der Hand wieder am Rande oben. Almnatzcl, um Gottes willen lebst Du noch, rief die wohlbekannte Stimme Brigittas, halte ans, wir helfen Dir. Znrück vom Rande, warnte der Jüngling, lasst Euch Zeit, seid unbesorgt, mir geht es gnt. Jetzt kamen mehrere Stimmen nahe, lauf zurück, Anza, lauf, drei Kühe sind Dein, wenn Du einen Strick bringst. Bis Mitternacht nnterredetcn sich die Liebenden, von Hoffnung durchdrungen, von Angst gefoltert. Jetzt, halb todt vor Anstrengung, erschien die treue Magd mit einem Seile. Haltet oben Alle daran, rief Almnatzel, etwas hinter der Schneide ist ein großer Stein, gegen den stemmt euch, und nun in Gottes Namen laßt cs herab. Wohl befolgten die Sennerincn seinen Rath, aber nm eine gute Manneslange war der Strick zn kurz. Perzweifelnd weinte Brigitta, denn des Jägers Kräfte schienen schwächer zn werden. Links oben mnß mein Gricsbeil liegen, schrie er, knüpf' das darau. Rasch ricß Brigitta ihr seidenes Kopftuch herunter und fest und sorgsam knüpfend über» zeigte sie sich von der Haltbarkeit des Seiles. Nun ließen sie es hinab. Almnatzel band sich mit den Hosenträgern fest. Zieht in Gottes Namen, schrie er, und mit den uacktcu Füßen sich au die lahlc Wand stemmend, daß ihm das Blut über die Sohlen lief, kam er langsam empor, und lag in wenigen Minntcn in den Armen der zagenden Brigitta. 162 Dirnen, das habt ihr gnt gemacht, jubelte der Jäger, aber sagt, wer führte euch zu meiner Rettung? Uud nun erst erzählte Vrigitta, wie ihr das Gewissen leine Ruhe gelassen uud sie sich getränkt habe, daß sie dem treuen Jäger wehe gethan, und nie sie wcit hinaufgestiegen sei hinter den letzten Weideplatz, da sei ihr heulend der edle Hund entgegengekommen und habe sie gezerrt am Rocke und wieder gebellt gegen den Grimming, bis sie gewahrte, dasj ihrem Almnatzcl ein Unheil widerfahren sein müsse, da habe sie alle Dirucn mitgerufcn und die ganze Hecrdc dem Schutze des Himmels überlassen, dem sie nicht genug danken tonne für die Rettuug des Geliebten. Willst Du denn gar nicht zankcu heute? fragte Almuatzel beim Herabsteigen zur Brendelhütte, welches, dnrch seine Wunden erschwert, etwaö langsam von Statten ging. Brigitta aber legte die Hand auf's Herz und sah feierlich zum aufgehenden Morgen. Gott ist mein Zeuge, rief sie, daß ick gestraft genna, bin dnrch die unaussprechliche Angst, die ich gelittcü, und daß es mir uie n Wicn, Zrinp und Fraugipan zu Neustadt, Tattcnbach zu Graz ernteten, sind Ereignisse, die jedem Leser so vertraut siud, daß wir sic hier meist als bekannt voraussetzen, und nur dort historische Aufklärung bringen wollen, wo uns das Archiu im Gnberuinm zu Graz und spatere Nachforschungen in Neustadt uc»e Aufschlüsse über die Charaktere der handelnden Personen, auch über solche Be-thciligtc in jeuer trüben Tragödie, dcrcu bisher nicht erwähut wurde, über Episoden, welche kciucn unwichtigen Veittag zur Skizze jener Zeit und ihrer Träger bringen,— gewährten; um so mehr als mancher Irrthum zu berichten kömmt, der seit je sich in die Erzählung jeucr Verschwörung eingebürgert hat. Jene, welche dcu Hochvcr-rath der ungarischen Magnaten mit der freien Bewegung des damals noch bestandenen Wahlrciches entschuldigen, bitten wir, uicht zu vergessen, daß die Haupttriebfeder der Verschwörung darin zu sehen, daß uach dein Tode. des Palatinus Wcsseleni weder Nadasdy, der 5u'd vier Söhne, b» Christof Herr von Tattenbach, Herr ans Gonobiß, Wiscll, Hinbcrg, und Tricbneck, S. M. Nath, 1-1027 nnd ist hier mit seinen beiden Frauen, 4 Töchtern :>nd x Söhnen beigesetzt. Hans von Tattenbach fiel ritterlich als kaiserlicher Obrist 1567 in Croatien; Wilhelm Freiherr uon Tattenbach, geboren 1588, erscheint gleich beim Anfange des dreißigjährigen Krieges in die böhmischen Unruhen verflochten, und in einer Schrift (im Besitze des Verfassers) heißt cö ausdrücklich - „Er ernennt seinen Brnder Gott-„fried zur Mchcbung jener 3000 Gnldcn, welche sei-„ncm seligen Vater die Marburger Bäcker Huber und (5b- 174 „nor für Getraide schulden, was maßen cr sich seiner „Sicherheit wegen außer Landes habe begebe» muffen." Hans Erasmus Graf von Tattenbach, gebaren am 3. Februar 1631, wurde 1009 iunerösterreichischer Rcgie-rnngsrath »nd zu Graz als Hanpt-Thcilnehmer der ungarischen Verschwörung in dem Rathhanse hingerichtet, am Morgen drs ersten December 1671. Er war ein Mann von großer Eitelkeit, mehr alS lindischcm Wankclmuthe, feig in hohem Grade, äußerst genuß> und lcbenssnchtig. Für letzteren Charakterzug spricht das von ihm selbst in sehr frivolen Nennen verfaßte: „FaschinMnchel", das noch vor einigen Iahrzchn-ten im Schlosse Kranichsfeld handschriftlich bei der Fa-uulie Rainer von Lmdenbn'chel vorhanden war. Den < i^eni'ch zu ihm bildete die stolze unternehmende Anna Katharina Gräfin Zriny, mit welcher Tattenbach ein ziem« lich ernsthaftes Verhältniß unterhielt, und eben in der tollen Energie dieser Dame den Muth fnr sein noch tolleres Unternehmen fand. ?lls cr sein Todesurtheil, erst die Hand, dann den Kopf in drei Streichen zu verlieren, vernommen, verlangte und erhielt er noch eine Untcrrc-dnng mit Gräfi» Zrini), welche bereits als Staatsgefangene auf dem Grazer Schloßbcrge saß. Hier, einige Tage vor seiner Hinrichtung, tauschten sie die Rollen, die Gräfin wurde schwach und trostlos, Tattcnbach aber ging gefaßt feiuem Lose entgegen. 17! Irrig ist die Angabe der meisten stcirischcn Historiler, darunter auch Kumar, Polsterer u. A., dic Gräsin Zriny wahnsinnig als Staats - Gefangene am Schloß» berge sterben lassen. Sie beschloß ihr trübes Leben Hicnl« lich spat im Kloster der Karmeliterinen zu Graz. Als ein schöner und edler Charakter in dieser vcr-^ hangnißvollcn Geschichte erscheint Tattcnbachs Gattin Anna» Theresia Gräfin von Forgacz. Gleich nach der Vcrhaf-^ iung ihres Gemahles eilte sie nach Wien, wurde in^ Frohnleiten angehalten und ihr sämintlichc Kostbarkeiten abgenommen, welche sie aber acht Tage nach der Hinrichtung ihres Gemahls am 9. December Ili'l zurück«'^ erhielt nebst einer Mrlichcn Pension von zweitausend ^ Gulden. F>' Z.Ü. le ^>,, L»^ /^?7^ Cin gänzlicher Irrthum ist die rielüch nacherzählte Thatsache: Graf Tattenbach habe in seinem Hanse zn Graz für 6U0a Mann Waffen verborgen, habc 0l)l»U Bosnier in Stcicrmark versteckt gehabt, während cS sich aus den gerichtlichen Verhandlungen herausstellt, daß er nie cm Haus in Graz, wohl aber das sogenannte Freihaus (später Lanthicrische) in Marburg, das in seiner Verschwörung eine wichtige Nolle spielt, in Graz nur "eine gemiethete Wohnung im Lngcck besessen habe, ebenso Wie das zwei Stunden von Marburg entfernte Säüoß Kranichsseld, welches die Rheinischen Tattenbachc erst "l"6«9 von den Teufenbach an sich brachten, nachdem sie einen Theil der unterstcirischen Gnter der wegen cifri« 176 gen Protestantismus nack Schweden ausgewanderten Freiherren von Regal, ssekauft hatten. Um auf Tattcnbachs Gattin zurückMominen, so wird sie uns als eine sanfte, stattliche, hohe, bleiche, abgehärmte, geistreiche Frau geschildert, ebenso liebevoll als tugendhaft und unglücklich neben ihrem ausgelassenen Gatteu, der zwei Jahre nach seiner Vermählung bei der Erbhuldignng Leopold I. iu Gra^ 1660, die geistreiche, aber überspauute Grästn Zrim', geborne Fraugipani kennen und lieben lernte uud ebeuso glühend von ihr geliebt wnrde, was sich bald darauf bei einem Bcsnche der unternehmenden Dame in Kranichsfeld bestätigte. Von da au lebte Gräfin Tatteu-bach meist eiusam und zurückgezogen in Krauichsfeld, ihr t^emal'l am häufigsten auf Zriuy's Schloß in ()akaturn, T'ie tiefe Seelenkrankuug der edlen Auna Theresia spricht sich am wärmsten in ihrem Briefwechsel mit ihrer würdigen Freundin Regina von Pnrgssall, gebornen Gallcr, onf Riegersbnrg, Gattin des Landrathes strnst Frei-l?errn, späteren Grafen von Purgstall aus. Der Brnder der Gräfin Zriny, Christof Graf ssrangipani von Ter« saz, machte sich bei derselben Erbhnldkguug in Graz 1660 gls neuuzehnjähriger Jüngling durch seine wilde, feurige Beredtsamteit nnd sein steifes Festhalten an alten starren Formen eingebildeter Rechte auffallend. Ein wichtiges Zeugniß für Tattcnbachs wankel«lü< thigcn Pharalter gibt ein von ihm eigenhändig geschrie-bener Vricf (noch iiu Wbttnial^Arck^ an n? Se. Majestät, worin cr bittet^ ihm als mederöstereichi-schcn Negierungsrathe einen viermonatlichen Urlaub zn ertheilen, damit er für dic glückliche Genesung von schwerer Krankheit, die ihn 20 Wochen an das Lager fesselte, znr heil. Mutter Gottes nach Lorctto und zu St. Anton nach Padna wallfahrten könne. Der Urlanb wnrdc ihm ertheilt, von ihm aber nie die Wallfahrt angetreten. (5r scheint ihn zum Vorwande genommen zu haben, um sich vielleicht noch vor dem Ansbrnchc der Vcrschwörnna, zn stückten, wofür das Aufladen so vieler Kostbarkeiten in Kranlchsfcld nnd seine Abreise dahin sprechen. Indessen war Tattcnbach auf Anordnung des Ministers Hurst Wenzel vM LobkolrH von Wien aus sHon längere Zeit scharf beobachtet, die Vcrdachtsqründe gegen ihn mehrten nch durch sein zweideutiges Benehmen, als von <)aka-luru aus die Neiter des ZriiN' ?lllerheiliqcn n,id Klein-sonntaq plünderten und verbranntcu. Vom 1,3. bis ^>. März I<^7<> war er in M"'" dnrg uud Krauichsfeld, b^ld da/ans ^'l^rde^er m^dcr Burg zn Graz dnrch Thomas Eahier von der Windmühlen von Iaqnes Gerard Dragonern innn Liechtenstein» Obristlieuteuant, vor der Nathsstnde verhaftet, nachdem er noch früher vom Stallmeister Nudolft gewarnt worden war. Tatteubachs bcfä^iüle^'unstäter nnd un-llua.er Sinn beschleunigte die Katastrophe^ Hr^UcZ sci^ nen Liebliilgsdieucr 3tiebl ^iach cini^^lngaben einen gcboruen Italiener), mit dem er sich einer profanen 8" !?8 Liebe wegen überworfen hatte, mttcr dcm Vorwande, Riebt habe ihn bci dcr Verwaltung der Forste, durch unbefngte^ ?lnshanen von Wäldern, Vegünstigung der Wilddiebe, eigeumächtigcn Wildfrcvel und H^lzverkau^^rc, betrogen, fcstnebmen und einscrlVrn, Pci reiflicher Neber-legnug fand er cö für ^ut, d^hiii ^u lvirlen, daß sein mir zu vertrauter Diener durch seinen Einftnß ohne Au« klaqe und Verhör freigelassen, aber auch von der bittersten Nache erfüllt wnrde. ,,NlM covirte fein und nur allzu getreu die Liga und überqab daö Oriqiual dem Hnkob ssl'drn^, Stadtschreiber ^i '.!>!,nd!,>,i, der nicht ^'uNc, es dem Laudesprofoften G^or.^ ?>ranz von der Will einzuhandiqeu. Letzterer schickte es am 10. März 1ü7() au den Minister Fürst Lobkowiy, der aber bereits durch den Dolmetsch dcr Pforte, Herrn Panagiolti theilweise in qenauer Kenntniß der Umtriebe der Verschworenen war. Tattenback's Aeußerungen über einen nahcu Umschwung der Dinqe warcu in Nntersteier so offen uud unvorsichtig, daß sich der Ciliier Bannrichter Paul Schatz verpflichtet fühlte, sogleich darüber an den Präsidenten Grafen von Brenner in Graz die Anzeige zu macheu. Es war Tatteubackö letzter Bcsuck von Kranichöfeld, bei welcher Gelegenheit c^bcreits^in Marburg eine starte VMtziM.. >^l». illcgilneute Iaques Gerard Dragouern antraf, dadurch aber so wellig beunruhigt wurde, als durch die offcueu Vemerkuugeu Nudolfi's für seine Si< cherheit bedacht zu sein. Rudolfi war ein Italiener, 179 groß und stattlich, fein gebildet, verschmitzt, treulos, beredt, kühn und tapfer, rachesüchtig, ungewöhnlich sinnlich, was ihn allein zur Sympathie für den sonst von ihm verachteten Tattcnbach bestimmte. Zrinv, dessen recht? Hand er war, wurde ganz von ihm beherrscht. Unter seiner Leitung sammelten sich bedeutende Schaarcn von Bewaffneten in ^'akatnrn, über deren gefahrbringende Stellung der Pater Regens der Franziskaner in Agram an Gras Brenner berichtete. Tattenbach hatte um 10MH^ Gulden eben^dic.....AerrMg^HrMeM, bei. Pulsgau getauft, dort und Ner sich und seine Zukunft einen so prahlerischen Unsinn geredet, daß nach seiner Verhaftung die als Zeugen jenes Gespräches berufenen Herren Wolf - l5hristofcr, Christian von Führenberg und Sigmund Friedrich vo« ^wttenan in ihren Aussagen ihn förmlich der Narrheit beschuldigten. Am 7. März fielen Zriny's Reiter abermals in daö Viertel Cilli ein und brannten St. Florian bei Schiltcrn und andere Orte nieder. Tattenbach verhehlte nur schlecht seine Freude über diese Bewegungen, obschon von ihnen seine eigenen Unterthanen nicht verschont blieben. Er verweilte kurze Zeit in Kranichs-feld, wurde aber Frciherrn von Losensteiu damals bei der Regierung zu- der fähigsten Männer, gleich gewandt mit Klinge und Feder, dem letzten Sprößlinge eines den Ottokaren von Stcicr verwandten Hauses, der bei ilim 180 im höheren Auftrage auf Vesuch war, scharf beobachtet. In Kranichsfeld, das ganz vom Waffer nmgeben, von des Grafeu Bewaffneten besetzt war, hatte Tattcnbach noch eine Zusammenkunft mit dem Stallmeister Rudolf! qan; allein, daher die historische Ansicht ga»; irrig, daß dic Verschivornen hier znletzt alle ^>>!> in^-l zusammengetroffen seie», wohl aber wnrden damals die Tattenbach'schen Schlösser Eonnenberg und ^.'idcrschii^l bei dem Marlte Lembcrg ^nr Mterbringnug der Bosnier, die Gra^ überrumpeln sollten, bestimmt, ebenso die festen Thürme der lleinmi Tatte'lbach'schen Schlösser zwischen dem Pacher und der Dräu nächst Schleinik bei Marburg, Nnssendorf und Podova n»d mit bewaffneten n»d woblberittcucn Dieneru besetzt. Unter dein Scheine, anö den untersteirischen Gütern ?ekne Schätze vor dem herumstreifenden Gesindcl iu Sicherheit ^u bringen, wollte Tattenbach eiilc Neihe ftc-deckter Lastwagen nach Gra^ schassen, schon früher aber cine Sebaar Bosnier in seinem Wohnhanse am ^ngeck verbergen. In den Lastwagen sollen Bosnier versteckt, durch das vorbereitete Breche l eines Nades beim eisernen Thore in Gra; eine Zögerung veranlaßt, während derselben die Thorwache dnrcb die Bosnier niedergehauen, dicsc in die Stadt eingedrnngen mit ihren Ge-„ojseil vereinigt, und der Sch,<»«l 1'oi-^l« Mn xunt in prn- s!inl^w l»r(»Aro«8U8 fu^t„><>/' Kaum in Graz angekommen, eilte Tatteubach von dnutleu Gerüchten beunruhigt in dic Vnrg. Es war Freitaq am ^'1. März KNl). Hier als er vor der RatlMnbe wartete, traten ihm dcr Etadtrichtev und der Obristlientenant Johann Thomas Eayer, richtiger Sahicr, von dcr Windmühlen von Iaqncs Gerhard Dragonern mit Bewaffneten entgegen. Als dcr Obristlicutenant die verhängnisvollen Worte gesprochen: „Herr Johann Erasmnö Graf zn Neinstcin nnd Tattendach ich verhafte Ench wegen Hochverraths; gebt Ener Schwert ab!" gitterte Tattcnbach so, daß er kanm die Klinge adgnrten tonnte. Der Bnrg-l>of und alle Oä'nge waren mit Dragonern besetzt. Zwei Unteroffiziere mnftten Tattenbach stützen, als er durch den geheimen Gang auf den Ichloßbcrg gebracht und ^....^l^'giiißanfseber, Wachtiitelstcr Georg Vamvrecht i«bcrge5en^ lvurd/, der ^ihm eine wohlverschlosscne Stllbe "änwieß. Eahicr deckte nun mit seinen Dragonern die Be-sctznng der Tatcenbacb'schen Herrschaften, die Inventur und Beschlagnahme des Eigenthumes. Außer dem Graf Zrinyschen Stallmeister Nndolfi finden wir als weniger bekannte Personen in der Verschwörung den Bedienten Hans Christos Schäfer, dann 182 den zweiten Diener Juri Gwouigg, der dic Anzeige ge« macht haben soll. Von anderen Mitvcrschworncu, denen wenigstcils dic Absicht des Unternehmens nicht fremd war, finden wir Johann Freih. v. Locatclli, Inhaber des Gutes Lepschina bei l'akatnrn, den Hauptmann kaldi, und thcilweisc als Mitwisser Karl Grasen von Thnrn, Landeshauptmann von Görz, der nach achtzehnjähriger Haft im März 1689 auf dem Echloßberge zu Graz starb. Charakteristisch sür den Geist jener Zeit isi ciu strenger Anftrag, jene Erzzaubcrin bei Thurnisch am Pettauerselde aufzusuchen, "welche 5en Tattcubach von seiner schweren Krankheit heilte und ihm dann boßhafte Rathschläge ertheilte; dem Paul Achaz, Bamirichtcr im Viertel Cilli wurde iusbesondere eingeschärft, sie auf das Strengste zu inquiriren, Eiu anderer Vefehl vom 16. ssedruar K^l ging an Georg Vambrecht, Wachtmeister am Tchloßberge zu Gra;, dem Tattenbach, den er bisher zu glimpflich behandelte, fiirder kein Schreibzeng mehr zu gestatten. ?lm thätigsten zur Einziehung des Tattcndach'schcn Vermögens und zur Zerstreuung der auf seinen Schlössern befindlichen bewaffneten Landleute benahm sich un-streilisi der den beiden Commiffären Caspar von Kellers, berg und Franz Adam Graf Dietrichstcin beigegebens Obristlientenant, Sahier vou der Windmühlen, der zur Velohnung seiner absonderlichen Pigilauz um eine a,ol<° 183 dene Medaille bat, mit seinem Ansuchen aber ebenso abgewiesen wurde, wie der Landesprofoft Georg Franz von der Will, welcher auch von der Hoftammer eine Remuneration für sein besonders gutes Verhalten wünschte. Tattenbach besaß viele und große Güter, aber mit weit und breit öde liegenden Gründen. Das Inveutar seiiler Kostbarkeiten weiset ein fürstliches Vermögen, aber auch mehr als 1lN),00N Gulden Schulden uach. Seine vornehmsten Besitzungen waren außer dem Freihause in Marbnrg die Herrschaft in Kranichsfeld mit den kleinrn benachbarten festen Schlössern lThürmen,» zu Podova und Nusscndorf, die Herrschaften Triebeneck, Gonobitz, Windisch-Landöberg, Etattenbcrg, Frcistein und ein Hof in Wildon, der Sage uach aber auch ^wei uun qauz zerstörte Vestcn: Sonnenbera, und Widcrschucck, deren Trünlmer ober dem Markte Lemberg eine Stunde von Tauerbnmn Nohitsch, licgeu. Es heißt vou diesen beiden uuter dem Laudvolke, sie seien vom Kaiser ver-branit worden, weil Tattenbach hier Tinten versteckt habe. Ihre Ruinen sind hinter dem Michaelsbcrge, eine Stunde vom Eüdbahnstations - Hofe Pöltschach. Wie schnell mau sich in dcu Besitz der Tattenbach'schen Güter sehte, qcht aus de» Protokollen hervor. Noch am 22. Mttrz 1^Nt> ließ Tattcnbach 18 mit Silber und Kostbarkeiten bepackte Wägen von Kranichsfcld nach dem festeren Altstättenberg, !i aber mit anserlesencn Schätzen «ach Gonobitz führen. Aber schon am 25. erschienen 184 die (iommiffäre, unter Sahiers Vedccknng und nahmen den Pflegern Simon Inda Stnpan zn Gonobitz, Christof Iamnik zu Etattcnberg und Jörg Sigmnnd von Ger-tcren, Rudolf Äugustin Schmidt zu Krauichsfeld und Juri Gwonigg in Landsberg die Schlüssel ab. Nirgends wurde ernstlicher Widerstand, trotz der Anwesenheit bewaffneter Bauern, die nur einen Anführer zu erwarten schienen, versucht. In Triebeneck und Gonobitz befanden sich die meisten Kostbarkeiten; die Nanern, welche die Besatzung der Schlösser bildeten, wurden durch die Iaques Gerhard'schen Dragoner, die aus Feistritz uoch mit einem Fähnrich ,md 12 Mann verstärkt waren, abgelöst. Alle Schätze, darunter in Gonobitz Gefäße aus Krystall uud Jaspis, goldene nnd silberne Schüsseln, je A3 Pfd. schwer, wurden über Ghrenhauscn wohlbewacht nach Graz geschasst, eben dahin in das Zeughans 20 Verschlage mit Waffen, sieben metallene Geschütze, einige hundert Gewehre und Pistolen A'. durch Herrn Echaffmauu von der Kammer-procnratur abgeliefert. Letzterer wurde von der Kommission alö Gi'lterdirector ill Kranichsfeld eingesetzt. An« meisten Wein fand sich in den Kellern zu Gollitsch und Landsberg (über 4000 Eimer), Dienstlcute erschienen in Kranichsfeld allein über 70, ein Viehstand von 15.0 Stück. An Silber fauden sich in Gonobitz 5!>5 Pfd. 5 Lth., die Goldsachen ?c. ungerechnet. Wein in Gonobitz 3000 1tt5 Oimer, Getreide 2^l Görz lgeqnpfte), in Etattcnbcrg 2310 Elm., 472 Gorz, 12 Faß Houig, ein Faß Branntwein, 9 Reitpferde :c. Drci Wägen Kostbarkeiten ließ Tatteubaeb früher nach Graz brinqen, diese sind spe< cistcirt. Die Armaturen reichten t'aum auf 50« Mann hin, sie wurden durch den Hof^engwart Ieremias Konrad in daö kais. Zeughaus nach Graz abqcliefert, als: Äns dem ^reihanse zn Mardnrsi l l Ctt. sseschla-^cneS und ^ehaIles (iiscn, dann 112 Feuerrohre, 38 Flinten, 1!) Bandellers, 253 Carabiner, 24k Paar Pistolen, 1 Nüstwagen, 147 Patrontaschen, 7 Carabmer-rienlen, K',^ Mnsketen mit Feuerschlössern. Ein eiserner Pusfcr mit zwei Läufen, 496 Musketen, 312 Degen und Eäbel, 3k Wcdiße; 14 EteiMgel; daun in Go-uobitz 139 Handgranaten, 210 große, 122 mittlere, 263 kleinere, 3^2 ganz tleine Gcschnhruqcln, 14 Etr. Mus-letentugcln. Kehreu wir wieder zurück zum Gange des Processes, der dem Grafeu Tattcnbach gemacht wurde — und zwar vom qeheimeu Rathe, dessen Sitzungen in jenem Theile der Grazer Hofburg stattfanden, welcher l854 abgetragen wurde — Präsident war Graf Breu-ner, Vizepräsident ^chentner Freiherr von Zchentgrub, Nechtsdirector Georg Sigmund Graf Hcrbcrstein, Kauzler Freiherr von Iöchlingcn; als Räthe treffen wir die Grafen Stubeubcrg, Ttnrgkh, Dietrichsiein, Auersbcrg, die !8« Freiherren Türndl, Iaucrburg, die Herren von Rchbach, Argcnto, Hirschfcld, Markovil-, Calanci, de Crignis, von Prcntegg und Kellcrsbcrg. Tattcnbachs schwankender Character zeigte sich bei der ganzen Verhandlung in gewohntem Schatten. Hcnte geneigt, Alles reuig zu bekennen, morgen trotzig läugnend, kleinlaut hentc, morgen auffahrend, jetzt stolz und verschlossen, gleich darauf bereit, des Kaisers Guave anzuflehen. Als Antlager auf Hochverrat!) stand ihm der Kammerprocurator Dr. Megerlc, einer der tüchtigsten Juristen seiner Zeit, gegenüber, als Uutersu-chuugscommissäre die Rcgierungsräthe Calanci und Neh< dach; zu Vertheidigern und Anwälten hatte er die Docto-ren Johann Pfeiffer, Mathias Patricius und Julius Trntius. Am 27. März, also 0 Tage uach der Verhaftung, war das erste Verhör, bei dem der Kanzler Freiherr von Iöchlingeu den Vorsitz führte. Während der Dauer der Verhöre wurden, wie schon erwa'hut, die Güter in Beschlag genommen nnd dic Kostbarkeiten durch Sahicr nach Graz gebracht. General Spankau schloß den Zriny in Czakaturn ein und war eben in einer Unterhandlung wegen einer Amnestie für ihn, als Frangi-paui sich mit 2000 Morlakcn nach Czakatnrn warf nnd die Lust zum Widerstände steigerte. Diese Söldlinge aber, weil sie nicht gleich bezahlt wurdeu, fingen schnell an mürrisch zu werdeu und auf Ucbergabe zu dringcu. So flüchteten bei Nacht und Nebel Zriny und Frangipani aus Czakaturu, Spankau rückte fast ohne Widerstand ein. 187 nur der Stallmeister Nndolfi wurde durch einen Muske-tcnschnß vou ciucm kaiserlichen Hakcnschützeu getödtct, die Gräfin Zriny gefangen genommen und auf den Grazer Schloßberg abgeführt. Zrinv und Frangipani eilten zu ihrem Gastfreimde, dom ^jrafen Nagy Fcrencz, der sie zwar gütig aufnahm, bei näherer Eachkenntniß sie aber am 1«. April Früh gefangen nach Wiener-Neustadt ablieferte. Krusten Widerstand von Seite der Verschworenen fanden die Kaiserlichen nnr vor Frangipcmis Schloß Vrod in Croatien, das mit Sturm genommen und die Besatzung niedergehauen wurde, Nakotzy, dessen Anhänger durch Sport in Oberungarn zerstreut wurden, floh zu seiner Mutter uach Tokay und erhielt auf ihre Fürbitte Verzeihung. Wessclenys Witwe vertheidigte längere Zeit Mu-ratw gegen Herzog Karl von Lothringen, bis sie gefan« gen und nach Wien geführt wnrdc. Die bei ihr gefundenen Papiere veranlaßten Nadasdy's Verhaftung in Pottendorf, er wurde Nachts aus dem Bette abgeholt und nach Wien gebracht. Kehren wir wieder zu Tattenbachs Geschick. Sein Unverstand gab ihm ein, sich närrisch zu stellen, er spielte die Rolle eines Wiegenliedes. Dr. Eisenschmidt, der ihn behandelte, und später, als er sich mit allem Eifer den Pestkranken zuwendete, nahe der Lecht'irche, dort wo nun die Elisabethstraße beginnt, mit seinem eigenen Degen erstochen gefnnden wurde, brachte seine verstellte Narrheit da« 188 durch an den Tag, daß er rasch in seine Zelle trat und und ihm meldete, Frau Gräfin von Hriny sei eben gefangen auf den Tchloßbcrg gebracht worden. Tattenbach gab augenblicklich seine Nolle als Tangling anf nnd überließ sich dein bittersten Schmerze. Man entfernte von ihm jedes Werkzeug, durch das er einen Selbstmord ver-snchen konnte. Tattenbach hatte im Ganzen 15 Verhöre, in denen December blieben alle Stadtthore um eine Stunde länger geschlossen, die ganze Garnison zu Fuß und zu Pferde, nebst der Stadt-guardia marschirte auf. Das Schaffot war im Hofe des Rathhauses aufgeschlagen, tattenbach betrat es ruhig und ergeben, Früh um 8 Uhr am Arme des Jesuiten Pater Scitz. Der schöne, eitle, noch nicht 37 Jahre alte Mann war blaß, gebeugt, ergraut und runzelig geworden. Mit Dank vernahm er die Gnade, daß ihm das Abhauen der rechten Hand erlassen sei. Knieend, nicht sitzend, wie cS ihm erlaubt worden, empfing er dic drei Todesstrciche. Als sein Kopf fiel, wnrden alle Glocken der Stadt geläutet. Sein Leichnam wurde Abends in aller Stille in den Fricdhof der Dominikaner zu St. Andrä in der Murvorstadt überführt, und hier an der Nordseitc der Kirche, anßcn beim zweiten Fenster bestattet. Ueber das Schicksal von Tatteubachs einzigem Sohne Anton, der als Knabe des Adels vcrlnstig der Hinrichtung 190 seines Vaters beiwohnen mußte, schweigt die Geschichte lange. Nur so viel geht hervor, daß er unter der Vormundschaft dcr Regierung in Graz studirtc und 1675 einc Fericureisc nach Admoitt machte, wozu ihm 50 Gulden ausbezahlt wurden. Erst im Herbste 1847 bei einem Vcsuchc dcö Stiftes Rein nächst Graz wurde ich aufmerksam gemacht auf ein Mcßklcid zu Seelenmessen aus demselben schwarzen Tuche, auf welchem Erasmus Graf Tattenbach in Graz enthauptet wnrdc. Sein Sohn Anton heißt es, der in den Cister-zicnscr-Orden zu Nein trat, soll es hichcr geschenkt haben. Und wirklich fand ich im Nekrologe von Nein, daß Anton Tattcnbach als Probst von Straßcngcl 171« gestorben sei. Wörtlich lautet die Stelle: Autonius Tattunbach del'unctus est 20. Nov. 1718 tune temporis Praepositus in via Angeloruin. Der Stiftöhistorikcr P. Alan Lehr hat m seinem Oo!!t)e<ÄM!»lm Ii folgenden Zug ans dem Leben dieses Tattenbach: In ara S. Barbarae V. et M. (ecclesiae nostrae) publicao venerationi expos ita sLstitur super ligneam telani dopicta ima^o U. V. ÄI. pmrulum Jesum in forachio doxtro geslantis: quaiu illustrissinms Gene-ralis S. R. J. comes de Forgatsch a collo pendulam supra pectus gesture solebat, quoties cunque ad conflictum aliquem pu^naturus descendit. Accidit autem in cekberrima ilia liberatioJie urbis Yicnnen- 191 sis ab osdidione Turcica anno 1683, cui praefactus belli dux interfuit, ut triplici glande et ietu gWii ab adversa parte in pectore peteretur. Quuin ictuni et glandes lignea inde pendens imago absque lae-sione devoti hujus clientis ita excepit, ut vestigia glandium et ictus in fronte pueruli et iamnunc in eadem viscnda sint. Finito dchinc bello anto dictus comes iam grandevu.s hanc sibi dilectam imaginem deriit carrissimo sibi ex sorore nipoti A.R.P. Antonio de Tatt(4nbach, qui earn cnm Superioriiin licentia publicac veiuM-ationi in ecclesia Runcnsi exposuit. cujus Monasterii Professus tune temporis erat. Patcr Hieronymus HanSqenoß, seit mchr als einom halben Jahrhunderte llaftittilar des ehrwürdigen Cister-zienstiftes Rein bei Graz, erhob, daß Anton Graf Tatten-bach, der Sohn des enthaupteten Verschwörers, 167? in das Stift trat, am 19. Mai 1N78 dic Ordensgclnbdc in die Hände des Äbten Candidns cchleM», 168.^ aber erst zum Priester geweiht, hieran f.PMrer in Liboch, danil/Probst zn Straßengcl geworden sei. " Im Diario h^ißt es wörtlich: ^nwniu« l)oln<^ bewaffnete Bürger mit einem Hauptmanne, der Lieutenant der Stadtgnardia Panl Anton Grotto besetzte mit 5« Auserlesenen seiner Mannschaft die Bnrgerstube, während bei jedem Richter 19? bewaffnete Bürger in Vereitschaft blieben. Wir gebe» die Zusammenstellung vollständig, weil unseres Wissens wohl die Einzeluheitcu von Tatteubachs Hinrichtung, nie aber beim Abthun der Mitverschworuen ausführlicher mitgetheilt wurden. Am 27. April reisten Freiherr von Adele und Molitor mit Post nach Wiener-Neustadt und beschicden zum dortigen Bürgermeister Mathias Eierl von Eycrsbcrg den Kapuziner-Guardian Peter Otto, der ihnen mittheilte, daß die beiden verhafteten Grafen ZriM) undFrangipani an alles eher glauben, als an ein nahes Todcsurthcil. Der Pater erhielt den Auftrag, sie noch hcutc auf selbes vorzubereiten, damit sie am nächsten Tage gehörig sicher in die Armcnsünderftubc in das büra^siche Zeughaus üocrbracht werden tonnten. Die beid.u Kommissäre besichtigten das letztere, setzten dcn Burgcommandanten Ernst Freiherrn von Ehr vom Pijischen Negimente in Kcilittniß, schrieben um den ssreimann nach Oedcnburg uud bestimmten im Kirchhofe die Grabstätte. Am 28., Früh verfügten sie sich zu Zriny und bemühten sich bis !2 Uhr von ihm noch cmsge Mitschuldige zu erfahren. Er weinte oft nnd lange, schrieb alk Fragen und Antworten selbst auf^, crllärtc'aöer fest, er wisse Niemand mehr anzugeben. Die Kommissäre verfügtcu sich hierauf zu Fraugipani, wo sie dieselbe Angelegenheit bis 2 Uhr betrieben. Er hatte keinen anderen Schlus; seiner Neden, als er bitte nun um baldige Freiheit, er glaube au einem 198 Arreste von einem ganzen Jahre bereits genug zu haben. Es war überhaupt ein charaeteristischer Unterschied, der in den Verhöre»! der Verschworenen scharf geschieden hervortrat. Zriny gestand trocken, mit männlichem Ernst ohne Trotz gleich alles ein, Frangipani langnete Alles, ge-bcrdete sich wie toll, schmähte auf Zrinv nnd erklärte das ganze Verfahren für ungesetzlich. NadaZdy hatte Alles gestanden. Zwischen l und ', Uhr wurden die Stadtthore bis auf das Wiener gesperrt, und die beiden Com-luissäre verfügten sich mit Stab und Degen mit dem Secretär Podcsta und den 5 geheimen Kauzlei-Verwandten in die Vllrg, wo sie den beiden Grafen das Todes" urtheil für den Morgen des 30. April ankündetcn; Zriny lvurde bleich bis in die Lippen, zuckte krampfhaft zusammen uud wurde vom Hauptmann von Ehr, der an der Spitze seiner 5N Mann paradcmäßig in Schuh und Strümpfen mit Vaudclier und spanischem Stoßdegen da-siaud, sogleich iu das Zeughaus abgeführt. Frangipani wechselte beiui Urtheil rasch die Farben, griff bald in seine langen Locken, bald in den Echnnrrbart, schlug sich auf den Dolman, wollte rasch und viel sprechen, ver-stnnnnte aber endlich und ergab sich iu sein Schicksal, Zriny war tief betrübt wegen seinem Sohne. Die Zimmer, welche den beiden Grafen iu der Burg zur Haft gedient batten, wurden versiegelt uud nur die Betten ausgeliefert. 199 (Ks war vor dem Gang zum Schaffot dcr letzte Blick zum freien Himmel, den die Verurthcilten bei ihrer Ueberstedlung noch am Baume im Zeughanshofe über die crenclirtcn Mauern frei hatten. Zu gleicher Zeit wurden ihre Schriften durch den Hofsecrctär Podesta und den Kauzlisten Valentin Vogt inventirt. So finster bei dem Ueberführen Zriny schwieg, so beredt war UssnMam, der sein- naiv meinte, er fönne so schnell zum Sterben so wenig sich vorbereiten"^" als seine vielen Geschäfte "'^ Oie drei Stadtthore blieben von heute an, das Wiener aber von der Nacht vor der Hinrichtung an verschlossen. Frangipani ließ nicht nach, um Aufschub der Hinrichtung zu bitten, um für seine Gattin und seine Seele sorgen zn könncn, aber Abele lc' >ig ihm jede Bitte mit der Erwidernng ab, die Sorgc fnr die Erstere falle durch die angeordnete Confiscation seiner Güter weg, die für Letztcrc müsse er Gott anheim stellen. In der vorletzten Nacht steigerte sick Frangipani's Unwille gegen die Hinrichtung, „ich bin zn jung zum Sterben", tobte er, „ich bin es ist nnmöglich." Hierauf wendete er sich rasch zn den anwesenden Räthen von Neustadt, um an den Kaiser schreiben zu dürfen, waö ihm nach langen Debatten Abele endlich erlanbtc. Der Brief ist unterzeichnet: Neustadt am Erchtag den 28. April 1N71 um 11 Uhr m der Nacht. Ein Schatten des Todes Franz Frangipani. 200 Ganz entgegengesetzt war Zriny's Benehmen. Da jeder der beiden Grafen in einer abgesonderten Stube sah, so wechselten die <'» Kapuziner, die Tag und Nacht bei ihnen blieben, immer ab. Kalt und ruhig hörte ^rinv ihren Gebeten und Erbaunngsrcdcn zn, blieb immer gleich freundlich, aber auch gleich besonnen in jeder seiner Reden. Mit der Gcneralbcichte am 2!>. April ^rnl, il» Uhr war er in wenig Minuten fertig, während ssran-gipani damit bis Mittag zu thun hatte. Nachdem ssrangi-pani mit seinem Gewissen in Ordnung schien, wurde er ruhiger und hielt eine eben so treffliche al>5 geistreiche Abschicdsrede, in welcher cr seinen Vetter Orsens von Frangepan, sowie seine Gattin der Gnade des Kaisers empfahl. Abele erwiderte, daß sein Vetter alö Rebell d.rsellen so wenig würdig sei, als ftine Gattin Julia, die sich nach Venedig geflüchtet; doch dürfe er an Letztere noch schreiben. Frangipani schrieb einen italienischen Vrief voll Glnth nnd Innigkeit an sie lNcustadt den 28. April Nachts), nimmt von ihr rührend Abschied, gedenkt sehr gemüthlich seines Vetters Orfenö und empfiehlt ihr seinen Lieblingspagen, den Watschen Bernardino. Ueberhaupt finde» wir, dast in der ganzen Verschwörung Wälsche zwar untergeordnete aber äußerst wichtige Rollen spielen, ^iangipani bat dringend, daß man ihm wenigstens das Mhanc,, der rechten Hand nachsehe, eine Bitte, welche auch ^»riny, trotzdem, daß sein Stolz je näher dem Tode, desto größer und ernster wurde, mehr als einmal wiederholte. 201 Man ließ Beide über diesen Act in peinigender Ungewißheit, obschon man den Befehl, ihn 'licht zn vollstrcckeil, bereits mit sich hatte. Zriny fragte, ob leine Hoffnung der Begnadigung da sci, und als es hieß: keine, so wandte er den Kommissären trotzig den Rucken, kehrte sich aber eben so schnell wieder um, und empfahl — bei der unvermeidlichen Confiscation seiner Habe — Gattin, Sohn und Tochter dem Kaiser. Um " Uhr Abends hatten die beidon Vei urtheilten die letzte Unterredung i„ Gegenwart der Commissäre, der Wachen >'c., auf a»5-, drücklichen Befehl durften sic nur deutsch spreche». Ihr Abschie^war lurz und rührend, sie tußten sich schweigend, biö aus Wiedersehen in einer anderen Welt. Noch lange zeigte man in Neustadt die gedielte. Stube mit dem largen Fenster aus runden halo blinden Scheiben, in welcher die beiden Grafen schieden. Zrnw, welchen GrafSpringcn-stein der österreichischen Landmaunschaft entsetzte, schrieb noch »ach ? Uhr Abends einen ..roatlschcn Brief an seine auf dem Schloßbergc zu Gra^ o^aflctr Gattin Anna KMssrlna?" «» welchem er ihr besonders seine Tochter Aurora Veronica empfiehlt. (Der Brief findet sich in Kumars Streifzügen :c. abgedruckt.) Am 30. April Früh zogen die Bürger unter Waffen, 4 Fähnlein stark anf, nm l, Uhr wurde den Verurtheilten die letzte Messe gelesen, um ^ Uhr die schwarze Bühne mit ^ Klötzen znm Abhauen der Hand aufgerichtet. Zriny mußte i» der Früh gelabt werden, denn er hatte bereits 9" 202 seit !l Tagen nichts mehr gegessen, nnd war daher in Ohnmacht gefallen. Die Beisitzer Michael Martl und Hans Grubel dentcten ihm an, daß alles zum letzten l^angc bereit sei, rasch ermunterte cr sich und folgte ihnen und den Vortretenden Musketieren, vom Beichtvater, einem zweiten Priester, dem Hanptmaun Ehr und der <5orporalschaft begleitet, in den ersten Hof. Hier würde der Wagen bestiegen und nach dcm ssroften Hanfttplatze qefahreu. Die Bl'k'^crwchr hatte sich so qeorduet, daß das erste Fähu-lci.l unter Hanptmann Wilhelnl Oehrlein, i^ieutenaut Adam Eeidl und Fähnrich Hans Marlin die ciuc Seite, dael ^. Fähnlein nnter Franz Bernhard, HierouymnsWrad und Hans Gerebelt die 2. Seite, das :l. Fähnlein unter Mattin Beer, AndreaS Ott uud Il'h>lnn Pichler die 3., m,d das l. Fähnlein nnter Anton Klcssle, Magnus Schwinghammer nnd Georg Köfflcr die !, Seite des Planes besetzten. Mit .',riny saßen Adele, Molitor »ud Podesta im Wagcn, den eine große Volksmenge, das auch die nahe Etadtmauer, das Dach des Kapuzinerllosters,'c. besetzte, nnldiängte. Noch eiüiual wurde, das Urtheil vcrleseu, dem Zriur, das ssrneifi^ in der Hand, rnhig zuhörte nnd nur zuletzt fragte, od teiile Gnade zu hoffen sei. Da vcrtnndete ihm der Stadtschrciber Stocker in Mele's Naiucn, das; ihln da? Abhauen der Hand er> lassen sei, der Stadtrichter brach den Stab, ein Thor 203 wurde geöffnet, und es zeigte sich die 0 Klafter lange, 4 Klafter breite, mit schwartn Tuche bedeckte Bühne. Zrinv zog seine» Obcrrock aus und überreichte ihn seinem Pagen Tarrody, der ihm das kostbare mit goldenen Knöpfen besetzte Uuterwamms, welches er den Tag vorher um den Hals hatte ausschneide?! lassen, öffnete, die langen Locken anfstrich nnd die Augen mit eiuem goldgestickten Sacktuche verband. Puntt 9 Uhr mit dem Ausruft: Herr, in Deine Hand! fiel Zrinv's Haupt erst nach dem zweiten Streiche. Das durch eine Röhre abftiesiende Blut wurde mit schwarzem Tuche bedeckt, der Kopf dem Volle gezeigt und dann ,'ammt dem Leibe in schwarze Tücher verhüllt weggetragen. Der Guardian betete laut, während die Kommissäre den Frangipaui holten. Frangipani hielt bei Verlesung deö Urtheiles die Auge» fest geschlossen, fußte danu d.is Crucifir, betete laut und dankte für das Erlassen des Haudabhanens. Noch auf dem Echaffote betete er fast eine halbe Stunde lang lateinisch, gab seinen Oberrock dem Pagen Bernardino, „ahm die Binde noch einmal von den Augen, rief dem Volke ein dreimaliges Adieu, und setzte sich mit einem.- Jesus Maria! auf den verhäng-nißvollen Stuhl. Den ersten Hieb erhielt er in die rechte Schulter, erst der zweite trennte den Kopf. wofür später dem Nachnchter der Proeesi gemacht wurde. Die beiden Hingerichteten wurden in 2 Särge gelegt und vom Hauptmanne Ehr begleitet in den Domfricdhof getragen, wo 204 sic der Official Michael Agricola unter Assistenz des Cbormcissers Jakob Vnrgisscr, der Beucficiaten Pogner, Mnzinger ^'. feierlichst einsegnete. Tic wuidcn dicht an der Kirche neben einander begraben. Im Jahre 1824 fand ml Stndiosns, Hermann von Steiger-Amstciu, bei einer Umgrabuug dcn Kopf Zrinv's, kennbar an den qri'men Streifen, welche die Goldstickerei des Augen tuches daranqelassen; er trug ihn heiin, warf ihn aber später aus Furcht in die nahe befindliche Kalkgrube. Die kostbaren Knöpfe von den Unterkleidern der Hingerichteten, in ihren Gräbern aufgefunden, werden noch in der Antiken-Sammlung im Neustädter Nathhause gezeigt. Nach der Hiurichtuug wurden die Stadtthore geöffnet und Abclc eilte n^ch Larenburg, wo er uoch um Mitternacht dem Kaiser Bericht erstattete, welcher für dic .", Enthaupteten NW» Messen lesen ließ. ^riuv's Tochter, an den Fnrsteu Rakotzv vermalt, würbe anmestlrt, sein Sohu Balthasar aber verlor alle Güter und umßtc den Nameu Wfl^ füliren, 167! erhielt er oo,u Kaiser Namen und Rang wieder, starb aber wahnsinnig. Nadaödy's Söhue erhielten den Namen m«d Nang nebst einem Theil der Güter ihres Paters wieder. Graf Ladiölans Nadasdy wurde Bischof von k^auad, Thoinas Obergespan nnd Krouhütcr, Fran^ österrcichi« scher General. Gräfin Zriny starb im Kloster der Kanne» literinen in der Nenthorgaffe in Graz. 20.'. Auszug MIZ del 3kM einer Reise vlNl Eraz nach Italien, entworfen im Anfange des vorigen Iahrhuudcttes. H^ährend dic schnanbeitden Dampfer in unseren Tagen den Reisenden manchmal fast schneller, als essein Willc ist, den köstlichen Fluren Steicrmarks nnd Krams entführen, war vor einem Jahrhunderte noch eine Rcisc von Graz bis Görz eine Lebensfrage, deren Lösung wenigstens eine ziemlich hohe Zeit kostete. Wir wollen aus einem gleichzeitigen Mannskripte einen kleinen Auszug mittheilen. Im Jahre NU>, als die nachbarlichen Unruhen ein wenig beigelegt waren, unternahm der Hofkammer« Präsident Karl Weikard Graf von Brenner mit seiner Gattin Maria Cä'cilia, geb. Gräfin uon Dietrichstein, und 6 Personen eine Wallfahrt nach Loretto, welche ihr Go fährte, Herr von Abele niederschrieb. Das Mannskript wurde vom Verfasser aus Sonntag's Nachlaß erstanden. Die naiven und charakteristischen Ulge der Reise machen die Skizze lesenswerth. 20» Am 2l. April um 8 Uhr Früh wurde von Graz abgereist; um 1 Uhr war man in Wildon; in Feistriß in einem schlechten Wirthshause bci ciner Flcischerswitwe wurde übernachtet. Am 22. ucich der Messe wurde der schöne Garten des Grafen Wildcnstein besichtiget und in der Minoriten-Kirche der Grabstein vom Vater des Grafen Brenner: Ornst Graf Brenner auf Sta'tz, Kubinz :c>, gestorben am x. August ^672, — in Augenschein genommen. Nun ging es über h. Geist nach Cilli, beim Milesi wurde gespeist, beim Postmeister Plaftpart in Franzcn schlecht übernachtet. Am 33. ;n Oswald die Messe gehört, zu Mittag in Podpetsch an der Save von dem Grafen Auerspcrg empfange»; in Laibach bei der Fürstin Anersperg gewohnt, Fürst Portia und den Landeshauptmann Fürsten stggen-berg besucht. Bci der Abcndtafel war auch Wolf Graf Lamberg, Dismas Gras Steiupciß und Herr von Abcle. Es kam eine Einladung durch den Dr. Kappus, Sccre-tär des Landesvicethum Grafen Lanthieri, nacb Wivpach. Dazu wurden Schiff und Pferde beim Obereinnehmer von Ghrberg bestellt. Am 24. wurden zu Laibach bei den Augustinern und Jesuiten Besuche abgestattet und um l Uhr zu Wasser nach Ober-Laibach gefahren. Einkehr über Nacht beim Filialeiunelimer ttollin. 307 Am 25. in 2 Sanften mit 13 Pferden in N Stun-den nach Podgraj, dann von :t bis N Uhr nach Wippach. Nach dem Empfang dnrch dcn Bcrgverweser H. Stampfer von Idria und Gegeuschrcil'er von Lichtenheimb. Am 26. nach Gö'rz. Empfang zu St. Päräß durch des Landeshanptiuanns <5sspcNan; Begleitung durch tt Dragoner, der Unsicherheit wegen. Empfang durch den Landeshauptmann Kobenzl beim Abendcsseil. Am 27. die Gräfin Coronini hesncht. Mittagessen bci der Gräfin Rabata, Grafen Thurn, Grafen Stra-soldo. Dann ging es, von Allcn begleitet, nach Gra-diska. st.mpfang dnrch s)00 bewaffnete (^;,-„lä^ (Unter, thanen); in Gradisla präsentirte die ganze roth unifor-mirte Garnison. Abgestiegen beim Grasen Thnrn, wo viele Gemälde und in Spiritus eine fliegende Meerschwalbe, die bci Duino mit der Angel gefangen wurde, aufbewahrt »varcn. Am 2k. April nber Palmata, Kodroipo und den Tagliamento. Dann eingeschifft und im Schiffe bei sson-cordia übernachtet. Am 29. nber ssavalino, wo in der Kirche ein großer Korb steht, um die Fische lebendig zn erhalten- nach Venedig. Einkehr nllo >^m1<»
  • ?»n< i« oder l,ul»«i-,,l1. Am ^0. war Graf Brenner krank. Die Gräfin hörte in der Marien-Kirche die Messe, die Graf Stcinvciß las. Dann besah man hinter dem Hochaltare dic 4 Alabaster-Säulen, die 2, zwischen denen Christus als Lc<^ lwmo 208 stand, daS Eteinfaßl des heil. Marcus aus weißen und grauen Marmor-Säulen ans den, Hause des Pilatus. l. Mai. Auf der Brcnta hinauf. Von Fusina bis Lollo sind vier Schleichen Mi Schwellen des Wassers. Por Padua der Palast des Gicarelli mit schönen Gemälden. In Padua Einkehr beim deutschen Wirthe » 8. U»ron (nächst der St. Antonikirchc), der !)t> Jahre alt, aber noch sehr frisch war. 2. Mai. In der St. Antonikirchc speiste Graf Stein-peiß die ganze Reisegesellschaft auo; dann ging man nach St. Iustina, wo ein Brunnen in einer Seitenkapelle, der einst heilige Gebeine barg. In der St. Antonilirche ist die Znnge dieses Heiligen noch frisch. Man speiste im Garten der Gräfin Morosini. Abends im Gasthause alla mir» 5. l>'»Ma»(», einem schlechten Gasthanse an der Nrenta über Nacht. 3. Mai. Auf dem Canal gegen Ferrara' Mittag in der kleinen Stadt Loreo im Venetianischen. Nun ging es die Etsch aufwärts, dann auf einem Canal nach Adria, wo man über Nacht blieb. 4. Mai. Mittags auf einem Canal nach Fossa, wo venetianischc Garnison war; den Po herab nach Polisella, schlechtes Wirthshaus zu Mittag. Dann nach pont,« ä«l l»K<> ok««'»»»-». Abends nach Ferrara, wo das Thor erst aufgemacht werden mußte. Da war zu Ehren des Cardinals Russi, als neuen päpstlichen Legaten, Feuerwerk. Man übernachtete im Wirthshausc St. Marco. 209 5. Der Besuch der Thcatincr, Jesuiten und der Dom» firche, letztere ist 158 Schritte lang. Palast der Herzoge vou Modena, einst der von Este, Von hier bis Bologna, tt dentschc Meilen, verlangte der Postmeister 22 Scndi. s». Fri'ch fort; zn Gallo Pferde gewechselt; zu Potro in Casal Mittags, zu St, Giorgio Pferde gewechselt und um 5 Uhr war man in Bologna. Einkehr u! p^n^rimi. 7. Da geblieben; dic Dominilancrtirche beschaut.-Gemälde von Anitale liaraici, das Altarblatt St. Hya< cinch ist von Ludovico liaracci. Herrlich ist dic Kirche det heil. Katharina von Bologna, dic dort uuverwefen in einem Sessel sitzt. Dic Frcsten von Franccschini, einem Schüler Ciani's von Forli. ?luf einem Hügel sind Kloster und Kirche der Olwctaner zu S. Michele. Dcr Kloster, gang ist 214 Schritte lang und 100 breit. In der Mitte der Decke ist eine Ocffnung, durch welche die Sonne auf dem Boden das Anf- und Abnehmen des Tages zeigt. Der Thurm ll^ll' u^inlM ist :!7s» Fnß hoch; der neben dem schiefen halb so hoch. Graf Brenner wnrdc zum Cardinal-Legaten Kasoni Fladen. 8. In Bologna geblieben und sehr schon den Dom St. Pictro befunden. 9. Ueber S. Nicolo, Imola, ?Mnza, Forli, Ce< sana, Carignano nach Rimini. 10. Das Castcl ssattolica, hicr ist ein Wirthshaus mit einer Cisterne, wo ein gutes Echo. Pesaro, Fano 210 mit seinem Theater, Sinigaglia. Casabrucciata; in Ancona gab der k. k. Consul Graf Mathci Erfrischungen. 1l. Die Domkirchc St, st,iriacus, wo sich ein Fuß der heiligen Anna beftndct. Die Gassen sind uneben und klein. Von hier ging es nach Gamburauo und dann nach Loretto. Man zeigt dort eine türkische Tafel und Schrift von einem vornehmen Pascha hergeschickt. Der meiste Kirchenschmuck stammt vom Papst Siztus V., das silberne Gitter vom Cardinal Dietrichstein. In der Schatzkammer zeigt man eine Lampe von gediegenem Golde, von einer Taube getragen: Geschenk des Cardinals Panftli. Ein goldenes Muttcr-Gottes-Gewand mit Diamanten von der Gemahlin Philipp I?. von Spanien; Diamanten von 73 und 32 Karat anf Ningcn; eine Perle, die Mutter Gottes vorstellend. Mn Berg von Smaragden von Phi< lipp II. Vor dem Gxadenbild sind IN goldene Lampen, Geschenk des Herzogs von Urbino; die Kinder des Markgrasen von Badcn, Churfürsten von Vaiern, Königs von Frankreich ans Gold. Das Gnadcnbild, aus l^cdernholz vom heil, Lulas geschnitzt, ist vier Spannen hoch, voll Gold nnd Diamauten. Ferner das Brustbild des Herzogs von Lothringen aus Silber. Man zeigt drei irdene Schüsseln aus der Küche Mariens, dann in einem Trnherl das Kleid der Mutter Gottes. -^ Im Keller trefflicher Wein; in der Apotheke ein Hirschgeweih mit 30 Enden. Oben ist der von Ravhael gemalte Teller. 211 Der 12. und 13. wurdc ganz der Andacht geweiht und ein Engel mit einem goldenen, diamanten besetzten Herz in der Hand, Gabe der Gattin Jakobs, Königs vou England, beschaut. Während dem täglichen Abstau« beu der Mutter Gottes wurde laut einer Stiftung eines Grafen Mannsfeld das Gebet lu oonslption^ gesprochen. In keinem andern Kloster in Loretto darf Messe gelesen werden, so dast taglich in der Hauptkirchc 20N, in dein Gnadeuhause :;2 bis !l3 Messen sind; fiir jede Messe wird ein Tcston von ;, 36 Kreuzer gezahlt. 14. Abreise bis vor Einigaglia. Dort in einem Wirthshausc übernachtet. 15). Vis Nimiui und bis 11 Uhr Nachts bis Forli. Tchlechtes Essen. 16. Bis Vologna. 17. Große Hitze bis Fcrrara; Jahrmarkt; Opera, 18. Mit der Prozession, die ssardiual del Vermc führte. 19. Abreise. Mittag zu Novigo; Abends bis Padua. 2N. Ausflug zur Oper nach Vieeuza. 21. Nachmittag 3 Uhr in Venedig. Aufwartung beim kaiserlichen Votschafter, Mrsteu (hrcolani. 22. Eiue großartige Fischjause durch Lorcnz dc Ber« lendis; dauu Ausivartuug beiul Botschafter durch Graf Vreuner, seinen Sohn; Graf Stcinpeiß, H, v. Abele ic 2li. Früh nach Murano, die zwei Glashütteu, die Michaeli-Kirche und das Romualdo-Kloster besucht. 212 24. Besuch beim Graf Ferment und im Palaste des Kaufmanns Vczzi, wo ein Diamant, röthlicher Farbe, von 200 Karat. Mittag beim Botschafter, dann im adeligen Claren-Klostcr. Abends nach Rialto Corso. 25. Das Arsenal mit Contc Eavornion und Fos» carini besehen. Besuch bei Cavalicre Dolftni, der früher Botschafter in Wien war. 26. Zu den Dominikanern in Giov. ed Paolo, Mit« tag bei Graf Stubcnberg, Nachmittags am Markus« Thurme. 27. Zur Certosa, wo der balsamirte Körper eincö Narbarigo, der in der Schlacht bei Lepanto blieb. Das Theater Tt. ßhrisostomo, dann dr» Palazzo Ducalo beschaut. 2«. Früh zu St. Moise. Dann in der Galleric der Vermahlung mit dem Meere beigewohnt. Der Doge rief laut die Worte: ,,8j»nn8»lmi8 in 8issn,iin perpotlium Domiui." 29. Aufbruch von Venedig. 30. Mittag über Codroipo, Abends Gradiska. 81. Ueber Duino an den Isonzo nach Sagrada, das dem Grafen Thurn und Monfalcone, das Venedig gehört, daher da ein Podcsta regieret. Dann nach Bagni, wo ein Kirchlein und einstige Bäder zwischen dem Meere rechts, und einem Moraste links, auf kaiserlichem Gebiete find. Und nun über einen Fluß, der unter dem Palaste des Grafen Thurn entspringt, und schon schissbar ist, nach 2l3 Duino, das ein Zeughaus, Basteien und kaiserliche Geschütze hat. Bei heiterem Wetter sieht man von hier nach Aquileja, Capo d'Istria, Trieft, Pirano. 1. Inni. Messe bci den nahen Servilen. Fahrt nach St. Johann, wo ein Schienbein des heil. Laurentii ist. Dann über Gradiska nach Kebbia, das dem Grafen koronini gehört, anf cincm Berge am Flusse Wippach. Hier ist ein 21" tiefer Brunnen. Dann nach Görz. 2. In Görz geblieben; Besuch des kaiserlichen Zeughauses. 3. Früh nach Kastanoviza zn den Kapuzinern. Uebernachtet in Ossik. 4. Drei Uhr Früh auf nach Obcrlaibach, um 11 Uhr Nachts in Laibach. 5. Fahrten nnd Aufwartungen; Ausflug nach Zobels» berg; ebenso am 6. ein Ausflug nach Ebensfeld, 1 ^ Stunden von Laibach, das der Fürstin Anersperg gehört. Hier wnrdo geschlafen. 7. Um 3 Uhr Abends in Cilli, Einkehr bci Mathias Milest; Visitc von Angustin Graf Thurn und Gemahlin. 8. Um 8'/2 Uhr Messe in heil. Geist. Mittag im Schloß des Grafen Wildcnstein in Feistritz. Abends prä-sentirte Graf Wildenstein den Trinkwillkomm, eine große silberne und vergoldete Muschel, dann das Fremdenbuch in rothem Sammte ic. Man schlief hier vortrefflich. 2l4 9. Um 3 Uhr auf über Marburg und den Platsch; um 1 Uhr in Ehrcnhauftn empfange» vom Grasen Sin-ronovich, Obristcn der Banatischen Grenzer, im Hause deS Postmeisters v. Azzula. Abends 9 Uhr in Graz. 215 Wcn>c«llieder aus icm 3tain)thale. Der Wirth und sein Töchterlein. Waul, der Wirth, drei Weine schenkt, Dreierlei sein Acnnchen denkt; Arme Bursche — leichter Wein, Manchmal noch ein Küßchen drein. Herb der Trank, doch mild der Gruß, Frisch der Geist und süß der Kuß, Schale rauh und gut der Kern, Gleich und gleich gesellt sich gern. Fein're Gäste, bejsrcr Wein, Zech' und Wort muß klüger sein, Manche Bitt' bleibt ungchört, Eh' ein Küßchcn wird gewährt. Vornehm Volk, der Bückling tief, Wein, der lang im Keller schlief; Unverstanden Nrd' und Blick: Geld herein kein Kuß zurück. 21« Erst der Tsd hat versöhnt. Aus dem obersteierischen Volksleben. l. Hcrbstwind, des crstorbenen Sommers klagender Geist, rauschte durch das G'säus und rüttelte mit zürnender Kraft an den überhängenden Fichten, die das Nfer der tobenden Enns umgürteten. Schwere Regenwolken schienen wie eine falbe endlose Brücke die himmelnahen Berge sich näher zn rücken, dcrcn Schoße entsetzt in donnernder Eile die Enns durch stundenlange Kataralten entflieht. Nicht weit von der Stelle, wo der schaumende Fluß den Iohnsbach aufnimmt, der grüne Etromgott den mnthwilligcn fclsenrollcnden Knaben empfängt, lass zwischen der Felswand und der l5nns auf schmaler Fläche ein kleines aber nettes Vauernhaus, von buuten Astern umblühet, von einem üppig wuchernden Schlehdornzaun umschlossen. Ein Jäger, schlank und fiuster, schritt in sich gekehrt gegen die Hausflur, als ihn Plötzlich der mnntcre Gesang eines etwa fünfjährigen Knaben, der unbekümmert um Wind nnd Wetter mit den Blumen spielte, ans seinen Träumen zu wecken schien. „Frisch auf's Korn genommen, und die Schande lebt nicht mehr!" murmelte 2N er in den Bart, zog den Stutzen vom Rücken, spannt« den Hahn und wollte eben auf den kleinen Sänget anlegen, als dieser ihn erblickte und mit einem herzlichen: „Mußt mich nicht erschießen, Vetter Mathes", ans ihn zueilte. „Sieh, ich bin recht folgsam gewesen, frage nur die Mutier, bin nicht zum Wasser gegangen, und nicht auf die Felsen geklettert." „Werde nie so folgsam, nie so ungehorsam, wie die Mutter," brummte sichtbar erweicht der Jäger, strich dem Kinde die blonden Locken ans dem Gesichte, und führte es an der Hand in das Haus. „Gottlob, daß du wieder heim bist, Bruder!" rief ihm ein freundliches junges Weib, dessen Schönheit kaum die Spuren erduldeter Leiden vertilgt zu haben schienen, entgegen. „Sei mir gegrüßt, Katharina," erwiderte der Jäger, drückte ihr die Hand, sehte sich in die dunkelste Ecke der Stube, stützte den Kopf anf den Arm und verfiel in trübes lautloses Nachsinnen. Wohl dreimal hatte Katharina die ssragc gestellt, ob er nicht zu essen wünsche, eö erfolgte keine Antwort. Erst als der kleine Jakob ihm einen Strauß duftender Speickblmncn reichte, fuhr er wild auf: „Bube! woher sind diese Blüthen?" „Der Gcrichtsdiener von Admont gab sie mir," erwiderte schüchtern der Knabe. „Der Gerichtsscherge," sprach Ma-thes gedehnt, und heftete den fragenden Blick auf Katharina. „Sei ruhig, Bruder," meinte diese besänftigend, „es wird so arg nicht sein, der Hofnchter wünscht dich übermorgen zu sprechen, vermuthlich wegen eiuer Jagd" 10 21» <^,„wo ich das Wild sein soll," fiel Mathes donnernd ein, „das cr Lust hat, im Thiergarten einer Frohnfestc zu hegen? nimmermehr! so fängt man den freien Jäger nicht." „Ach Bruder, wie oft bat, beschwor ich dich mit Thränen, dem Wildschützcnlrben ^n entsagen," erwiderte schluchzend Katharina, „aber all' mcine Bitten scheitern an deinem eisernen Sinne." „Sich Katharina," versetzte der Bruder mit wehmüthigem Lächeln, „so ist der Mensch, was ihn frommt, will er nimmer und nimmer, suche in dir selbst den Beweis meiner Worte. Wie bat dich der Vater, wie beschwor ich dich zu lassen von dem Gallen« stciner Förster, wie stellten dir Alle, die es redlich meinten, diesen Nuppert als einen elendeu Schürten dar, es war vergebens; welchen Namen sie deinem armen Kinde gaben, weißt du — weißt wie der Vater in die Grube sant, wie wir verfolgt, verachtet, die ansehnliche Habe verschleuderten, um uns vor den Menschen nnd ihren Natterblicken in dieser elenden Schlucht ;u verbergen, deine Thränen, deine Hoffnnngen entwaffneten den heiligen Vorsaß meiner Rache. Noch arbeitete ich gerne für dein Kind und dich, noch tonnte mich im weiten Oberlande Niemand eines Fehlers beschuldigen, noch hegte ich den leisen Glaube», Nnppert werde an dir ehrlich handeln, da fängt Müller, der Amtmann zu Hall, mich kalt und unfreundlich ;u behandeln an, und erklärt mir endlich trocken, aus meiucr Heirath mit seiner Tochter Elisabeth löuue nichts werden, denu der Gallcustcincr Förster 2l9 habe um fie geworben, er sei ein feiner, ein vermöglichcr Herr und ich sollte nur so wen suchen, wie meine Schwe-ster wäre. Meine Hand spielte krampfhaft mit dem Messergrisse, ich hörte die Schläge meines Herzens, doch ich sah Thränen in Elisabeths Augen, hörte ihren Schwur, nie von mir zu lassen, und verließ ergeben nnd lantlos das Haus des Amtmannes. Es war vor Weihnachten, wie dn dich erinnern wirst, die Nacht war rauh uud talt, aber ich hatte keine Empfindung für ihren eisigen Hanch, Halb bewußtlos stieg ich über Schnee und Gerölle empor, oft glitschte ich aus, oft zerriß ich die Haut im dürren Gestrüppe, aber ich bemerkte es nicht; dies mochte wohl Stunden gedanert haben, der Mond war längst hinunter und graue Nebel zogen dichter und dichter über die Sterne, da erscholl aus der Tiefe das Glöcklein zur Frühmette, einzelne Lichter wachten auf iu deu zerstreuten Häuseru des Thales; hie und da leuchteten Kien-fackcln den Andächtigen zur Kirche, die Sterne, die über mir erloschen, schienen neu anfzuglimmeu in der Tiefe, angefacht von der Gluth des frommen Sinnes, ich dachte au Tod uud Auferstehung, nnd fühlte mich so weh, so weich in der trotzigen Brust, daß ich laut zu weinen begann. Vielleicht ist Nuppcrt meiner Elisabeth doch würdiger als ich, dachte ich mir, dann wird sie mit ihm glücklicher, dann sei sie nicht an mich gcbnndcn, Frevel wäre es, ihrem Glücke im Wege zu stehen. Ergriffen von dieser Betrachtung flog ich rasch den steilen Pfad 10' 22N hinab, der dämmernde Morgen schicn sich zu spiegeln auf dem Grunde meines Herzcus, und ich stand in Hall, als eben die Andächtigen aus der Frühmette heimkehrten —- an ihrer Spitze der Amtmann und Ruppert, der die Nacht auf dem Frauenbergc zugebracht hatte. Mit dem Bewußtsein des guten Willens ging ich Müllern entgegen, als Rupperts Worte: „wie, ist dieser Landstreicher auch schon wieder da?" gleich dem Blitz mir durch die Seele fuhren. Wie die junge Birlc von frevelhafter Art durch-hauen, daß weit weg die frische Krone vom getödteteu Stamme fliegt, nie mehr Zweige und Blätter treibt, so war mein besseres Sein und Wollen durch dieses rohe Wort für immer vernichtet. „Ja du bist ein Schurke," rief ich wild auf, und die Faust, fast rascher als mein Wort, hatte den Elenden zu Boden geschmettert, erbleiche nicht, arme, Katharina, ich weiß, wie weh es dir thut, wenn Jemand diesen Undankbaren kränkt, aber sieh, es war so und tonnte nicht anders sein. Freunde und Feinde drängten mich mit gleicher Hast aus dem Dorfe, Um meine Arbcitsliebe, um meine Gutmüthigkcit war es geschehen, geschimpft, gcbrandmarkt von erbärmlichen Menschen, haßte ich das ganze Geschlecht, mit Eturmesgewalt trieb es mich fort ans seiner Mitte; in der Stille der Wälder ward mir allein wohl, und wenn ich die Gemse aufs blitzende Rohr faßte, wenn sie scheu von Klippe zu Klippe sprang, wenn auf der höchsten abgerissenen Felsenzacke mich ihr weher Blick fast wie bittend traf, und 221 sie dann von der sichern Kugel ssetroffen, zermalmt in den Abgrund stürzte, da glaubte ich die eitle Menschen-brut in das Herz getroffen, da lachte ich wild auf und hätte mich oft in schmerzlicher Freude gerne selbst nachgestürzt in die bodenlose Tiefe. Da war's mir wieder, als hielte Elisabeth mich mit weichen Armen zurück vom Naudc des Verderbens, als flehte sie für dich und deinen Kleine», als müßte ich leben zu größeren Quäle» cmfbe-wahrt. Nicht der gemeine Diebssinn treibt den Wildschützen siunevcrwirrend durch das Revier des Todes, es jst sein mit der Menschheit zerfallenes Herz, der stolze Uebermuth, schroff und unzugänglich wie die Berge rings-um, der Gesetze zu spotten und Glück und Leben einer trotzigen Freiheit zu opivni. To verginge Wochen und Monden, nur zweimal sah ich Elisabeth wieder, am Oster-fonntage in der Kirche, als keiner der Burschen mich zu ergreifen wagte, und ich kalt und finster dnrch ihr scheues Gedränge zurück in meine Berge ging, - und heute. Der wackere Pfleger auf Strechcm hatto mir Vergebung und den Iägerdienst in seinem Gebiete versprochen, in innerster Seele frente ich mich, diesen Morgen suchte ich Elisabeth anf, um ihr mitzutheilen, daß ich mich umändern, wieder redlich leben und sie vielleicht doch einst heimführen dürfe, da hing sie sich weinend nm meinen Hals und klagte schluchzend, daß jede Hoffnung für uns verloren sei, daß Ruppcrt alles zu hintertreiben nnd durch grelle Verleumdung mich so anzuschwärzen wußte, daß der 222 Dienst schnell vergeben, ich für vogelfrei erklärt und vom Vater ihre Verbindung mit dem Gallenstciner Förster auf den Spätherbst festgesetzt wurde. Die Einladung des Ge> richtsdieners au mich nach Ädmont ist also leicht erklärt." Katharina horchte lautlos auf die Worte ihres Bruders, furchtbar schnitten sie ihr durch das Herz, aber sie hatte dulden gelernt, und wußte nur zn gut, wie der Schmerz weit schrecklicher im rauhe» Gemüthe des Wildschützen wüthen möge. Ibren freundlichen Tröstungen, ihren liebevollen Worten gelang es, deu Bruder wenigstens scheinbar zu beruhigen, uud weicher gestimmt, als sie erwartet hatte, uchte er seiu Lager. II. Des Morgens rosiger Hauch küßte die greisen Verge, Licht uud Lebe« erwachten auf den schroffen Alpen, uur in der wildbrausendcu Thalschlucht des G'jauses lag uoch fahle Dämmerung, uur der letzte Felsricsc des Iohnsba-1'achcr Gebirges hüllte sich noch in den finsteru Nebel-illantel, aus dem der Vach wie eiu blanker Dolch hervorblitzte. Den Hut iu der Hand, Tasche und Stutzen nachlässig umgeworfen, schlich Mathes auö dem Hause, fein Neg führte ihn Anfangs am schmalen Rande der Enns dahin, endlich als die Sonne sckou höher stieg und er durch das sogenannte Landel gekommen war, eilte cr auf uur ihm bekannten Pfaden dem Vnchkogel zu. Acngstlich harrte Katharina den ganzen Tag auf seine Ä23 Wiederkehr. War er wirklich der Gerichtsladung nach Admont gefolgt? Konnte ihn nicht sein Weg mit Nuppert zusammenführen? Sie zitterte für den geliebten Bruder und bangte für Beide. Ihre Angst mehrte sich, als gegen Abend ein Bancr einsprach und ihr meldete, cr habe den Schildhahn Mathes, so nannte ihn die Nachbarschaft, auf dem Wege gegen den Buchkogcl gesehen. Dieser Fcls-rücken lag im Ncvier des Gallcnsteincr Försters, seit längerer Zeit wurden bereits dort Anstalten zu einer glänzenden Jagd gemacht, durch die der Abt von Admont die Anwesenheit eines sehnlich erwarteten, hochgeachteten ungarischen Magnaten verherrlichen wollte. Auf morgen war die Jagd festgesetzt, begegnete da Mathcs den Jägern, so mußte ^ blutige Auftritte geben. Die arme Katharina iv.lßte doch nicht cmmal genau, was der Bruder mit Elisabeth gesprochcu, ja bei all' ihrer Hochherzigkeit konnte sic ihrer schuldlosen Nebenbuhlerin nicht qanz mit ruhi-ge^ Gemüthe gedenken, und unterließ daher die Frage, zu der sie ihre Besorgniß für Nnppcrt schon fast bewogen hatte, die Frage, ob Elisabeth den Bruder etwa gar in seinen rachgierigen Gedanken gestärkt und ermuntert habe. Mit unheimlichen Blicken sah sie nach der Hansflur, auf welcher seit ewigen Tagen sich ungewöhnlich oft eine mißgestaltete Crcatnr, eine nur allzuhäusigc Erscheinung in den von Kalkwässer durchrauschteu tiefen Schluchten des Oberlandes, sehen ließ. Das unglückliche Wesen, laum in den dürftigsten Umrissen von menschlicher Gc- 224 stalt, hatte bei KatharinenS Eltern viele Wohlthaten ge« nosscn, und offenbarte eine Art instinktmäßiger Anhänglichkeit an Mathcs und seine Schwester. Nach Art aller dieser Blödsinnigen zeigte er eine auffallende Aufmerksamkeit für das weibliche Geschlecht, und schien fast überspannt aufgerrcgt und froh gestimmt, wenn er Katharincn in ihren häuslichen Geschäften Hilfe leisten konnte. Nur mit dem ersten Erscheinen des Gallenstcincr Försters wurde Blautoni, so hieß der Unglückliche, wild, änßerte bei jedem Wiederkommen Nuppcrts dnrch Poltcin und Toben seinen Unwillen und konnte nicht znr Ruhe gebracht werden, so lange der Förster im Hause war. Nachdem er eincö Abends einen schweren Holzklotz gegen den Förster geschleudert, ihn aber nicht getroffen hatte, verschwand er plötzlich ganz und kam durch einen Zeitraum von beiläufig fünf Jahren nicht wieder zum Vorscheine. Seit einigen Wochen erschien er sehr häufig, saß an dem hölzernen Kreuze an der Ennsbrücke und starrte mit ausdruckslosen Blicke» nach dem einsamen Hanse Katharinens. Das Landvolk, außer dem angebornen Mitleid gegen Unglückliche — einem vorstehenden Zuge im Nationalcha-racter des Steirers — hegt auch in manchen Gegenden eine gewisse scheue, geheimnißvolle Vorliebe für die Cre> tins, sie gelten für glückbringende Wesen, und mag der Aberglaube in dieser Vorliebe zu weit gehen, sie schützt den Armen sicher vor tansend Mißhandlungen, denen er ohne Zweifel bei sogenannten Anfgeklärten, sich gebildet Li! 5 meinenden Völker» ausgesetzt wäre. Diescs Gefühl von Mitleid und Schell hielt auch dic ^andleute ab, dem unbekannten Aufenthalte Blantonis, der vermuthlich eine einsame Höhle an der Berglehne hoch über dein Bette der Enns war, nachzuforschen. Seine hentc ungewöhnlich lebhaften Bewegungen zogen Katharincns Aufmerksanltcit auf sich; dachte sie auch richtiger als ihre Nachbarschaft, so steigerte dock jeder Blick auf den Zwerg ihre namenlose Angst. Mil wildein Feuer im Auge deutete er nach der Richtung von Gallenstein, ahmte die Miene eines rasch Gehenden nach, figurirte einen Jäger, der nach einem Zielc mißt, kurz machte solche Gesten und Sprünge, daß in denselben Katharina die schauerlichen Anzeichen vorstehenden Unheils für ihren Bruder oder drn Förster sah. Sie richtete dem Zwerge Fleisch und Brol, gierig verschlang er beides, zeigte dann aus den schäumenden Fluß, klatschte in die Hand»- nnd deutele wieder nach der Rich^ tung von Gallenstein. Von Ahnungen gequält kniete sie endlich mit Jakob am Kreuze nieder, der Abend war mild uud freundlich, das Gebet goß Kraft und Nuhe in ihr Herz mid ziemlich gestärkt kehrte sie in die Stube zurück. Hl. Lustige Horncrmusil schmetterte im Schloßhofe zu Gallenstein, die Jäger füllten ihre Flaschen, die Treiber folgten ihren Führern, die hungrigen Hunde klafften ihre» ltt" 22» Morgengrnß mid im Mondscheine zog die rüstige Jäger« schaar munter in den Wald hinans. Der cdlc Magnat fesselte durch sein lentseligcs Benehmen alle Herzen und mit freundlicheren Mienen, als sie sich sonst dem eitlen Förster näherte», schlössen sich heute manche an ihn, um durch seine Gunst ihren Stand in der Nähe des herzli. chen, geistreichen Magyaren zu erhalten. Mit kriechender Höflichkeit gegen die edlen Gäste, mit herrischer Rohhcit gegen seine Untergebenen, ordnete Nnppcrt mit Geschmack und Umsicht die Unterhaltung, theilte überall den Einzel, nen mit der gefälligsten Mirne von der Nelt den Anstand zn, und erntete nach dem ersten Triebe lauten Beifall dcr rüstigen Waidmänner. Die Sonne war schon über Mittag, als lino schmetternde Fanfare das Zeichen zum Imbiß gab. Anf einer ausgchauenen Fläche des Vuch-kogels auf üppigem Grasboden erhob sich ein geräumiges Zelt mit bunten Fahnen geschmückt, mit blanken Waffe» verziert, rechts und links vor dem Eingänge lagen die Trophäen des Tages, von den wohlverdienten Rndcn be« wacht; im Hintergrunde einer langen Tascl, an deren Mitte der erhabene Sitz des gefeierten Gastes angebracht war, stand der Mnsikchor und empfing die nach nnd nach eintreffenden Schnjzenpartien mit rauschende»» Jubel. Schon waren sie fast alle versammelt, nnr der Graf fehlte noch; da seine Hausoffizierc bereits erschienen, so begann zu seinem Ompfauge auf einen Wink des Försters ein rüstiger Chor munterer Bursche.- 32? 1. Es freut sich der Adler hoch kreisend in Lüsten, Es freut sich die Gemse auf wolkichtcm Sitz, Es springet so munter der Hirsch auf den Triften, Sie wähnen nicht nahe den todtenden Blitz; Den wirft nächst dem Himmel nur der Jäger allein. Drum will er der Erste unterm Himmel sein. 2. Drum mag nni den Vorzug der Hirt nimmer streiten, Der Bergmann nicht in dem finstern Schacht, In Freiheit darf ^a der Jäger nur schreiten, Der fürchtet allein nicht Gefahren und Nacht, Der labt sich seit Nimrod als Sieger beim Wein, Drum will er der Herr auch der Erde sein. 3. Wenn Klippen auf vor den Pfaden sich thürmen. Der Abgrund gähnt, wird es Andern so bang, Der Jäger, der freut sich im Lauf zu erstürmen, Das Schwerste, mit munterem Siegesgcsang, Vom Gletscher blickt er in den Himmel hinein, Als müßt er ihm näher nnd würdiger sein. Bei den letzten Worten wnrde es plötzlich laut unter den gedrängten Jägern, eine Schaar von Troßbuben brachte gebunden einen schwulen Burschen, und vor dem trium-phirenden Nuppert von den rohen Treibern verhöhnt, stund der Schildhahn Mathes. Sein funkelndes Auge 2ßtz stammte zürnend auf die spottende Menge, traf vernichtend den lächelnden Ruppert. Er hatte während der Jagd einen Hirsch qepürscht, ward dabei ergriffen, »ach lebhafter Gegenwehr entwaffnet, geworfen, gebunden nnd nun trotz seines Stiäuoens vor die Gesellschaft geführt. Lange weidete sich Ruppert an seinem Anblicke, ein spöttisches Lächeln zückte um seinen Mund, endlich sprach er im hochmüthigeu Tone: „Der Landstreicher hat mir den Nichtswürdigcn nicht vergeben; dein Wilddieb verzeihe aber ich von Amtswegen nichts!" Da trat rasch der Secretär des Magnaten vor. „Herr Förster," sprach er im festen Tonc, „Ihr werdet meinem Herrn einen schlcch-Dicnst erweisen, wenn Ihr einen Tag der Fronde dnrch eine Handlung dcr Strenge trüben wolltet; zudem scheinet hier Persönlichkeit im Spiele, die Euch nicht vom Verdachte der Parteilichkeit freisprechen wurde. Ich weiß, daß wir in Eure sogenannten Amtsrechtc nicht einzugreifen haben, versichere Euch aber auch, daß mein Gebieter seinen ganzen Einfluß geltend macheu wird, nm den jungen Mann Eurer Hartherzigkeit zu entziehen." Bescbämt, entrüstet blickte Nnppcrt ans den Secrctär, der fast Miene machte, seinen Worten noch mehr energischen Nachdruck zu geben. „Sei es um Eurer Fürsprache willcu, daß ich das strenge Recht bei Seite setze, aber merken muß sich's der Bursche, daß er Unrecht that, schnell da Rüdcubnbcu, legt ihn dort über jene Schachtel, die aus Versehen geschosseu wurde, und meßt ihm einige Schimpf- 229 hiebe über den Rücken, dann mag er laufen, wohin eS ihm gefällt." „Nun und nimmer," knirschte Mathes, zersprengte mit fast übermenschlicher Kraft die Stricke, entriß einem Jäger die Büchse nnd führte einen so kraftvollen Schlag gegen Ruppert, daß Schaft u»d Zeltstange zerbrachen, und Rupftcrt, wäre er getroffen, würde gewiß nie mehr erstanden sein. Nun fielen fünfzig Arme über den Wildschützen, aber er hieb sich meisterlich dnrch, ver« wundete einige Waidjungen, und flog uuaufgehalten den nächsten Abhang hinunter. In diesem Augenblicke erschien von einem einzigen Diener begleitet der Magnat; seine Vorliebe für Botanik hatte ihn weiter geführt als der Zweck der Jagd, seine Stirne fnrchte sich bei Erzählung des eben stattgefundenen Vorfalles; „Herr Förster," sprach er finster, „wäre ich Ener Gebieter, ich wurde nicht lange einen Mann in meinen Diensten haben, der eben so viel Kopf — als wenig Herz zn besitzen scheint." Verächtlich wandte er Nnppert den Rücken, würdigte alle seine geschmackvollen Anstalten keines Blickes und wanderte noch Abende, von einigen Jägern begleitet, nach Hiestau, fest elltschlosscn, wie er sich äußerte, die Zukunft des armen Mathes, von dein er nnr Gutes vernommen hatte, gün» stiger zu gestalte». IV. „Herr Gott, verzeihe mir, wenn es unrecht ist, sich zu rächen, aber der Schimpf lastet brennend auf meiner 230 Seele. Rechten will ich, mit ihm nur rechten, nur wenn «r Gewalt will, muß ich sie auch wollen," sprach MatheS, indem er mit hastigen Schritten in seinem Dachstübchen ab< und zuging. Wohl einige Male hatte Katharina an die Thür gepocht, sie ward nicht geöffnet, wohl flehte seit zwei Tagen schon öfter Jakob an der Thüre, ob dem Vetter nicht wohl sei, und ob er nicht mit ihm spielen wolle, die Aengstlichen blieben ohne Antwort. „Nun da kehrt er gewiß durch das G'säuö zurück," sprach Mathcs lebhafter zu sich selbst, „Ruppcrt, Nuppert! mit dir muß ich fürchterliche Rechnung halten." Er ergriff den Stutzen und versorgte ihn mit cinem tüchtigen Blei. „Pfui! nicht also," fuhr er auf, „unbewassnet will ich ihm entgegen treten, dort, wo der Engwcg berghoch über dem wogen-schäumenden Mgruudc schwebt, dort muß er mir Rede stehen, der Wohlgcrüstctc dem Waffenlosen." Er nahm den stattlichen neuen Hut, noch geschmückt mit dem zier» lichen Edelweiß, das ihm vor einigen Wochen Elisabeth beim Abschiede gab. Kr richtete Strauß und Vand in Ordnung; „gegen Abend kann er znrückkommen," brummte er, als er in die Stube trat, „ich will mir im Garten etwas zu schaffen machen." Als er aus dem Thore trat, kam ihm Blautoni mit wilder Freude und halb todt vor Erschöpfnng entgegen, wahnsinnig lächelnd wies cr zurück auf den Pfad gegen Admont, uud seine Pantomime zeigte, daß er von daher gelaufen sei und der Förster sich cbcu auch von dort auf den Weg nach dem G'säus gemacht 2.1 l habc. „Dann rust mich mein Schicksal," seufzte Mathes, setzte deu Hut aus und wollte eben aus dem Hause, als Jakob ihn entgcgensprang. „Vist du wieder gut, du lieber, herzcuslieber Vetter?" „Auf euch war ich nie böse, ihr Armen," erwiderte Mathes. „Wo ist die Mutter?" „Ist nach Hall gegangen," klagte Jakob, „zu Amtmanns Elisabeth, weil du gar so sremd und mürrisch gegen uns bist, >ind ich werde auch nicht mehr da bleibn,, wenn du so uufreuudlich bist, ich werde ein vornehmer Herr werden, wie der Hosrichtcr." „Gruße mir die Mutter," sprach Mathes leiser, als es soust wohl seine Gcwohuheit war, kufttc deu Knaben anf die Ttirne, übergab ihu der Aufsicht einer Magd und schritt rüstig den schmalen Pfad am linken Ennsnfer aufwärts. Hinter ihm mit wild, frohlockender Gcberde sprang Blautom. Ecinc sonst fast steinern starren Augen funkelten, er schnalzte mit der Klinge, Naschte in dic Hände und gebcrdete sich wahnsinnig lustig. Mathes hattc nun den schwindelnden Pfad erreicht, der au eine kahle Felslchne geheftet, fast senk» vecht tlnirinboch nber der l5mis hängt. Das zagende Auge blickt nber largcs Gestrüppe und dürres Gerölle in dcu Echaum der Gnns, die hier über dämmende Fclsblöcke in milchweiße» Echaum zerspritzend, sich iu die Tiefe stürzt. Noch hatte Mathes den gefährlichen Steig kaum betreten, als er Tritte veruainn und nach einer kleinen Wendung deu Förster in der Mitte zweier Waidjungeu sich gegen-übersah. „Echießt mir den Hund nieder, dem ich den 232 heutigen Verdruß dankte," brüllte Ruppcrt. Der vordere Forstjunge machte Miene, den Befehl zu vollstrecken, aber rasch hatte Mathes ihn beim Stutzen ergriffen, und so heftig gegen den Abgrund geschleudert, daß es nur wie durch ein Wunder möglich schien, daß sich in einer Tiefe von mehr als zwanzig Fuß der Iuuge an einem Busche erhielt und allen Heiligen dankte, nach Wcgwerfung der Waffen an einer anderen Stelle wieder dem etwas breiteren Psadc zutlettern zu können. Der zweite Begleiter Ruppcrts hatte bet diesem Anblicke sich sogleich durch die Flucht gesichert, „So sind denn wir allein hier Mann gegen Mann," knirschte Mathes. mit Blitzesschnelle Rup-pert den Stutzen entreißend und in die Tiefe schleudernd. „Mit dir rechte ich nicht," fluchte Rnppcrt, „mit dir nicht, du Verhaßter, der sich mit Teufclokünste» in Elisabeths Herz stahl." „Mit nichten, Ruppert," erwiderte Mathcs, „daß ich ausartete, trägst du die Schuld, wie an all' dem Unheile der Meinigen, doch mit dem Bösen magst du Freund sein, ich wünsche, daß Gott mir helfe." „Laß mir die Bahn frei," brüllte Rnftftcrt und faßte den Wildschützen am Halse. Dieser auf Vertheidigung bedacht, ergriff den Förster um die Mitte, und grimmig rangen die beiden Feinde auf einem Pfade, so schmal, daß es nicht möglich war, sich gegenseitig auszuweichen. Da ward plötzlich ein Schrei des Entsetzens laut, ihm folgte ein durchdringendes Lachen des blödsinnigen Zwerges, vor dessen Augen die beiden Feinde in den Abgrund kollerten, 233 wo sie der tobende Fluß für immer verschlang, Mathes Hut »nd Rupperts zerrissene Halskrause lagen am Pfade, der Cretin setzte sich hinzu und betrachtete sie aufmerksam; da erschienen von der Admonter Seite her zwei weibliche Gestalten, es ware» Katharina lind Elisabeth. Grinsend zeigte der Zwerg iu die Tieft, wies Hut und Krause vor, und bald war kein Zweifel mehr, was hier vorgegangen. Die Waidjunget!, die mit Leuten herbeieilten, fanden Katharine» vom Uebermaße ihrer Leiden geknickt, entseelt in Elisabeths Armen. An der feuchten Gruft der Todfeinde setzte Elisabeths Vater ein warnendes Kreuz und fand nun in dem her-anblühcndcu Pflegesohn Iatob Entschädigung für seine, wenige Mondeu nach Mathcs verblichene Tochter. 234 Epigramme. t. Der Mensch. Die Welt so groß, der Mensch so klein: Und Wcltgebietcr will er sein! Und hat für seinen Weltentranm, Für Eine Wahrheit oft nicht Ramn. I. Der Atheist. Dir war Gebet an Gott: nm Glück ersuchen; Es war umsonst; mm legst du dich anfs Fluchen, Dasselbe Kleid ist's halb mir umgewendet. Ein Ende, das im Anfang schon geendet. 3. Der Blinde. Der Blinde hat seinen Morgen Am Abend vom Lebcnslanf, Da schließen die Andern die Augen, Da thut er die seinen auf. K. Moderne Kritik. Ein Preisgesang voll Tadel, Ein Donner ohne Blitz, Ein Lobbrief ohne Adel, Ein Spottlied ohne Witz. 235 Geschichtliche Curiosa. unsere» Tagen, in welchen zur Ehre der Welt Oesterreich so kräftig und würdevoll für die heiligsten Rechte der Pforte gegenüber anftrat, sind die Gegensätze von Hochmnth »nd Sicgerstolz doppelt merkwürdig, mit welchen einst der Padischah die christlichen Völker zn behandeln pflegte. In der Sammlung meiner Urkunden finde ich die Uebersetznng einer Original-KriegSerklärnnq, mit welcher Soliman II. der Prächtige vor drei Jahr« Hunderten das Abendland erschreckte. Ich gebe sie hier mit allem Vombastc der Stilisirung wortgctren wieder' I. Khriegs - Declaration. Des Groß Soltan wider die ganze Christenheit. „Auß Gnaden des Großen Gotts in Himmel, wür Soliman allein Gott ans Erden, Großer allmächtiger Vend Unüberwindlicher Khayßer, Vend Soltan Zu Babilon, Herzog der Heroischen ?ru«uz»ien, lnz,mä mi surmi, nol mio ««n l-ijm.«-^^ iDer mich schuf, ruht in meinem Schooße), und das Symbol der göttlichen Gnade als Morgen- und Abendstcrn mit der Devise: „8e^ult„r et praeouri-it" (Er geht uoran und folgt nach). 239 Die Sitte der Stammbücher war in früherer Zeit viel allgemeiner als jetzt und viele Familien-Archive Oesterreichs berget« solche Stammbücher, in denen eine ergiebige Nachlese zur Radowitz'schcn Tammlnng gehalten werden könnte. Jeder Freund ließ in das Stammbuch sein Wappen malen und darunter schrieb er seine» Wahlspruch und Namen. Es gehören hiehcr von den Devisen: Die beiden Säulen des Herkules — ..PIu« oultre.^ (Darüber hinaus,) Devise Kaiser Carl V. Eine Keule von einem Oelzweig umschlungen — „Vtrum liket.« Wie ihr wollt.) (Devise Kaiser Rudolfs I- nach Trypotius. Ein Adler der ciucn Blitz und einen Lorberzwcig halt — ,.I5v xn.^lO exA-r^Qv." (Zu beiden bereit.) Devise Kaiser Maximilians II. „A» Gottes Segen ist Alles gelegen." Motto der Grafen Johann Wilhelm v. Althann. „Trage Gott mit Freuden, die Welt mit Geduld." Des Grafeu Sebastian von Abensbcrg. .,k(5v >-6A,lin l-i^t^ ,-l'Kit.^ (Der Könige König regiert die Könige.) Stephan Bathory. .,?«l,l'l ^ln^ l»^'! li„c!,i> Mche^vin, Pfche werd' ich.) Lobl'owitz. /"" " '- -^-^ - 5 / .,In I)00 «po,-0." (Auf Gott mein Hoffen.) Pappe nh ei m. „llumilitg,^/' (Demuth.) Vorromei. 240 „Lt 8i l»Nn«8, eZ^a N0N." <^Wenn auch Alle, ich nicht.) Clermont-Tonnere und Fürstenberg. „Devot luij 8ui8>' (Ihni ergeben.) Lothringen. „lek äien. - Motto dcs Königs Johann von Böhmen, von welchem es auf die Prinzen von Wallis überging. „Ich mein's." Wurmbrand. .Funoti« e1omen5!/' (Allen gnädig.) König Wenzel. „k'iäe äiffiäo." (Trau, schau, wem.) Ulrich Graf von Killy. „Allzeit fröhlich ist gefährlich, allzeit traurig ist beschwerlich, allzeit glücklich ist bctruglich. Eins ums Andre ist vergnüglich." Markgraf Karl v. Burgau. „Halt Maß!" Trautmannsdorf. ,,1'ene m«i8urllm, et respio? Nnom." (Halt Maß und denk ans Ende.) Kaiser Max I. ,^v tt; 8m»i^'." (Unverzagt!) Trivulzio. „veorevi." (Ich beschloß.) Nugent. »«rip ?N8t." (Greift fest.) Graf Leslie. «4l Zur Geburtsfeier der Kaiserlichen Prinzessin Gisela. MUas donmrt über Berg und Thal Von Oesterreich herein? Des frühen Donners Wicderhall Muß Glück verkündend sein! Horcht! Glockcntlana, so laut und klar, Mit ihm der Iubclruf, Verkünden: daß dem Kaiserpaar Und unS Gott Freude schuf. Dem Kaiscrpaar gleicht Styria's Bild: Die Tanne grün und stark, Die Nebe se^enörcich nnd mild, Symbole uns'rcr Mark. Franz Josefs Blick das Alpenglüh'n Hoch überin Land voll Erz, Elisens Aug.- daö Blumeublüh',,, Zwei Schöpfungen, Ein Herz. li 242 Der Schütz auf grünem Alpenrand Schmückt sich mit Edelweiß, Drum beide Farben Stcircrland Trägst Du als Ehrenpreis. Sie zierten Deines Kaisers Ahn, Und Paierns Schmnck Marie, Steh'» gut den späten Enkeln an. Denn sie erbleichen nie. Daß sie in Oesterreichs Farbeuland Fortdauern hell und licht, Gab Gott nun selbst ein Unterpfand, Das Liebe doppelt sticht. Die Liebe in dem Kaiscrpaar, Die Lieb von Volk und Land, Ein Angebind so treu und wahr, Ein Eproße gottgcsandt, Den jedes Herz so warm umschließt. Als war's die Wiesse sein. Als Fricdcnscngel froh begrüßt, Als lichten Hossnungsschcin. Sei frisch, den Wittclsbachern gleich Im Land Bavaria, 243 Nie Haböbnrg mild für Oesterreich, Hehr wie Theresia. Kommt Sorge einst, so streif sie ab Recht oft in Stcicrmark, Die Sorge weicht hier bald zn Grab, Dem Lebeusmuth so stark. Und jeho hoch das Glas empor Mit uns'res Weines Gold, Und Wcnd' und Deutscher ruf' im Chor: „Gott sei dcm Sprößling hold!" Er sei begrüßt als Elternlust, Als Hort von Oesterreich, So juble jede Steirerbrust An Gnus und Sann zugleich. n* 244 Das Grab deö lehlen ritterlichen Minnesingers Hugo von MMM in der Ruine Pfannbcrg in Stciermark. ^Uirol und Kärnten ausgenommen, dürfte keiil Land Oesterreichs so reich an Denkmälern des Mittel-alters sei», als die Etciermark — in keinem durch Zeit, Indolenz und Zerstörungssucht so viel an denselben gefrevelt worden sein, als in diesem. Meine Fußwanderungen durch mehr als 30 Jahre brachten mich in eigenem Antriebe und ans eigene Kosten znr Kenntniß der meisten und wichtigsten Monumente dieses herrlichen Landes, von denen ich viele, eben im Vcrlanfe dieser Zeit, mehr als je ihrem Verschwinden entgegensinken sah. Nur Verständniß und energische Kraft möchten noch viele retten können. Reich an zum Theile verwahrlosten kostbaren Ncsten aus dem christlich-heroischen Zeitalter der Stcircr sind das Mürz- und Murthal. In letzterem, auf der Strecke zwi-schcu Brück und Graz, rundet sich ein lieblicher Thallcsscl um Frohulciten (ivlart't und Eisenbahnstation), in welche»! trotzig der Nöthclstem mit seiner bekannten Drachenhöhle, 245 ober der Station Mir.nitz, wehmüthig die Halden eines ehemaligen SilberbcrgwcrtS und die Halbruine Rabcn-stcin, ernst und herrschend die Ruine der Vestc Altpfann-bcrg mit ihrem himnielnahen stattlichen Thurme schauen. Die schon ziemlich öden Trümmer dieser gewaltigen Burg bergen das Grab, und in schon völlig verwischten Fresken die Grabschrift des Hngo von Montfort, des letzten ritterlichen Minncsimgcrs dcr Eteiermark, wie sein gewaltiger Freund Oswald von Wollenstem dcr letzte von Tirol war. Die herrlichen, leider, fast verwitterten Fresken verrathen dieselbe zwar steife, aber meisterhaste Hand, die ich in den starl beschädigten Wandmalereien im Glocken-Hause des Pfarrthurmes zu Peilenstcin in der untersten Ecke der sndlicbon Etcicrmark mit Newimderunsi wieder begrüßte. Altpfannberg, nnn dachlos, dnrch seinen Mittel-thurm an Engelhaus in Böhmen erinnernd, mit hohlen Augen niederstarrcnd auf den reichen Gau sciuer einst noch reicheren Gebieter, erscheint noch in Vischcrs Topographie 16k:t zwischen zwei riesigen Echntzthürmcn gegen Osten, von denen nur einer mehr deu Winden und Wettern trotzt. Wer es in seinem alten Glänze sehen will, der bemühe sich zu dein Kastellane des schönen Fürst Lob-kowitz'schen Schlosses Ncnpfannbcrg dicht an der Allee neben der Eisenbahn-Station; hier geben im Corridor zwei große Bilder eine volle Uebersicht dcr einstigen Burg, die eine Ansicht vom Hofe des Bauers Kohlbcrgcr, die andere vom Fricdhofc in Frohuleitcn aufgenommen. Da 246 thürntt sich noch die dreifache Ringmauer, da schon birgt sich bescheiden am Fuße des Schlosses der noch stehende Pichelhof. Wichtiger noch dürfte dem Kunstfreunde in der Kapelle, am Seltenaltare links, ein schönes altitalio nisches Gemälde, die heilige Katharina, sein, das einst ein frommer Schmuck im Closete der Burgfrauen zu Altpfannberg gewesen. Steigen wir den schattigen Waldpfad znr zertrümmerten Veste neben Steinbrüchen und Kalköfcn empör. Niedere Mauerrcstc links zeigen den einstigen Umfang des Vurggartens; an noch benutzten Stallgcbanden vorüber, kommen wir reckls zum zwei Stock hohen Jägerhause. Eine Krone, schwarze Streifen im goldenen Felde, zeigen sich hier in zwei Wappen. Durch die Trümmer eines Vorwerkes und verfallene Thürme fteht es zn dem Wallgraben, dessen lebendigem Gesteine schwarz und schlank die gewaltige Warte in die Wolken entsteigt. Dnrch eine Pforte gelangt mau in den weiten ,nit üppigem Krafe bewachsenen unteren Hof, iibcr welchen sieb, 3 Stock hoch, 70 Schritte lang, mit 1« ziemlich großen Fenstern, die eigentliche Fronte der Burg erhebt, in die wir durch den mit Schießscharten, einer Sonneunhr, einem Spitzbogen-Portale aus gelbem Tuf-stem, versehenen Mittelthurm gelangen. Unter seinem Schütte ragen in 5/ langen und 2' hoheu Nischen aus weißem Marmor zwei römische Brustbilder (zwei Männer und eine Dame) hervor. Vor Jahren entzifferte ich noch die Inschrift, die mir durch die romanisittcu Namen 247 heimischer Ureinwohner wichtig war, nämlich: M. MOC. VALENTINUS. SIBI. ET. MOG1TVS IENNA. CON, V. F. SIB. ET. ATAGURSO. Inner der Pforte in der Höhe sieht man einen Römer in der Toga, mit seiner Frau, znm Theile verstümmelt, mit der Legende: C. VITAL. VITALVS. TERTINIAE. SABINAB. 0- CON. AN. XXX. Wir gelangen nnn in eine lange Reihe wüster Gemächer. ^ Ucbcr dem ersten sah ich noch vor ;wci Jahrzehnten das Wappen der einstigen Grafschaft Pfannbcrg. Drel Rauten (Wecken) im rothen Felde nebeneinander stehend .— anch davon ist keine Spur mehr, wo^l aber überall schwache Farbcn'^ste, verblichene Ocisterschattcil d« schönen Fresken, mit welchen einst der sinnige Minnesänger, nach Gebrauch der edleren Ritter seines Ahncnlandes Tirol, die Wände schmücken ließ, freilich nicht von jener Künsslcrhand, von welcher Konvad von Eintel, der Min» ncsängcr, und Niklas der Reiche von Vintcl, ihre Pvacht-bürg Rllntstein, hoch über der wilden Talfcrs bei Bo-tzeu, ihre noch schönere Vcstc zn Präscls schmücken ließen — völlig aber aus derselben Zeit. Besuchen wir den einstigen Rittersaal. Von den vier fast kolossalen Gestalten, die sich in seltsamer Mischung von rothen Farben an den Wanden zeigten, ist kaum ein Hanch geblieben. In der Kapelle unter der herabgeschalten weißen Uebertünchung sind noch St. Lconhard, Christus am Kreuze 248 das Looswerfen über seine Kleider, im Chore Marta, Sebastian, Michael und Elisabeth tennbar. Hier war die Gruft, hier sind die letzten Neste vom Grabmale des Sängers Hugo von Montfort, schon 1817 so schadhaft, daß ich es für ein unschätzbares Glück halte, daß mir Herr Josef Tcndlcr d. j. (ausgezeichneter stcirischcr Historienmaler in Eisenerz» das Ganze in Farben treu co-pirte. Aus einer Art Ruhebett mit der Weltkugel auf dem Schooßc sitzt Gott Vater, ihm zur Rechten, die Hände über die Brust gekreuzt, vor der erhobenen Hand Gottes die selicft Jungfrau, auf welche der heilige Geist hernieder schwebt. Links an den Stufen des Ruhebettes kniet eine schöne Dame, den Rosenkranz in der Hand, die Wortc: m«tl r mi«0l isol-äi»^ vor sich, vor ihr drei liebliche Jungfrauen, wie die Mutter in blaßblaue, faltige Mantel mit Hermelin gekleidet. Die hinter ihr stehende Schutzheilige war so wie die Engelsgcstalten im tiefen Hintergrunde bei meinem Besuche schon völlig verwischt. Rechts zu den Fnßen des SitzbcttcS kniet in ritterlicher Rüstung mit einem kurzen dunklen Mantel darüber, schwarzem Barette ic. cin bla-ßer, blonder Mann mit ziemlich eingefallenem Gesichte, mit der von einem stattlichen Schutzheiligen im Hintergrunde gehaltenen Devise: „klisl'lv»^ llwi ilmnlnt; «e» eunäüin ilMKnzmi mixoicnl-ltinln." Vor dem Ritter knieen drei blonde blühende Knaben in weiten blaßblauen Ueberwnrfcn und rothe» Unterkleidern. Unter der weib- 249 lichen Gruppe ist ein weißes oder später weiß übertünch-tes Feld. Unter dem Sitze der göttlichen Personen ein großes Feld, dessen Hintergrund eine Kirchenfahnc zeigt. Im Vordergrund weiset der rechte Echild mit der Bischofsmütze als Helmzier, die Kirchcnfahne (Hauswappen der Grasen MmttforN, der linke mit einem Kranze von 5 goldenen Scheiben ans dem Helme, eine gleiche Scheibe im blauen Felde. Unter der Männergruppe rechts aber fand ich folgende sehr wichtige Inschrift: Anno Domini MCCCC viceshno tertio obiit Comes Hugo tic Monteforti, Domimis in Bregancia, proxima die post festum sancti Ambrosi Episcop .... Depict» est ha.ec capella anno VCU . . . (Im Jahre des Herrn 1423 starb Hugo Graf Montfort, Herr zu Vregcnz, am Tage nach dem Feste des hl. Bischofs Ambrosius. Diese Ca-pelle wurde gemacht im Jahre... .1 Keim und Wüthe des Minnegcsangcs gehören dem österreichischen Vodcn an, und der ritterliche Hof der Babenberger war wohl ebenso ein Sammelplatz für Lied und Klang, als er es fü< Ritterdienst und Franenhuldignng gewesen. Er war die geheiligte Statte des Minnegesanges an der Donau, wte es der Hof der Hohenstaufen am Rhein, der Thüringer Landgrafen auf der Wartburg, des Königs Ren«'; in der Provence gewesen. Aber auch das letzte Verblühen des Ritterthums und des Minnegcsanges verklärt den Boden Oesterreichs, beide gingen hier erst mit dem biederen Kaiser Max I. zu Grabe. !1" 250 Die letzte Erinnerung an den ritterlichen Sänger H»go von Montfort, geb. !354, gest. ll2ll, der nach Troubadour-Sitte mit Schwert und Leier zu Jerusalem und Campostella, in Frantrcich und Lithanen den Rnhm der Heimat und ihrer Schönen sang, birgt die Eteicr-mark. Ueber die Frauen ausiert sich der liebliche Tanger, auf dessen Grabsedrift nun Nesseln wuchern und Füchse hausen, so innig: Wer Weiber schilt, und übel spricht. Den wird es nock gereuen; Ihm wird sieb, weil cr ist ein Wicht, Ied Unglück stets crneucu. vielleicht hier ans Pfannberg fetzte sein treuer Die« ner, Burl M»»siolt, die heiteren Lieder in Musik, denen wir in der Eammlunq der AnMmrsscr Nonne stlara Häßler zum Theile wieder begegnen, so wie einiqe im geistlichen Lieder-Register des Domdeckants von Harden-berg (daö den Anfang von nicht weniger alo 7^,732 deut-schen Liedern ;eigt> antreffe». Fin Manuseiipt von Hugo's Lieder» soll noch in der Bibliothek zu Heidelberg sein. Auf den Waudenmgen im Slide» machte für Hugo sein Freund Oswald von Woltensteiu, dessen Ahnensih 'ind Geburtsort in» Grödncrthale war, der »ich daher leicht in die romanischen Dialekte fand, den Dolmetsch. Dornen sind das Dcntmal Hngo's, während Oswalds schöne Bildsäule in ftrovem-alischcr Trackt mit dem Schwerte umgürtet, stolz und ernst nnö im Rittersaals zu Trostburg 251 in Tirol begrüßt, und wir noch in dem 1142 von Hnrt-mann Bischof von Brizcn gegründeten Kloster Ncustift das Grabmal dieses trotzigen Mitgliedes dcr Elefanten-brndcrschaft gegen Herzog ssricdrich mit dcr leeren Tasche schauen. Eine sehr interessante, weit verbreitete Kloster-sage vom Nonncnstiftc Göß bei Lcobcn über die Witwe des Hngo von Montfort, unseres Sängers, kann ich hier nicht nbcrgchen. Sie war die reizende Veronika Gräfin von Sonncnberg, die nach dem Tode ihres Gatten hundert lockenden Hcirathsanträgen znm Trotze den Schleier bei den Bencdictincrinen zu Goß nahm, und hier über «0 Jahre als Nonne lebte. Trotz ihrer sanften und heitern Lanne nannten die jungen Khorfrauen sic nie anders, als die gespenstige Gräfin. Ejncr ihrer Nachkommen, Wolfgang von Montfort hanstc anf der dem Schlosse Pfannbcrg unfcrnen, auch den Montfort gehörigen Vestc Pcckan in Taus und Braus. Als cr 1U16 wieder ein tolles Banfett geben wollte, lain er anf den Gedanken, seine noch lebende Ahne aus Goß dazu einzuladen. Um Mitternacht trat sie richtig in dcu Festsaal und machte ein Ohrentänzchen mit, weil, wie sie sagte, sie — gerade in dieser Nacht und in dieser Stunde vor 1W Jahren mit ihrem Gemahle Hugo den Hochzeitörcigen gecanzt habe. Spurlos, wie sie tam, war sie anch verschwunden. Bald daranf lam die Nachricht, daß sie in derselben Mitternacht in Goß gestorben sei. Dcr genaueren s58 Uebersicht wegen si'lgcn wir noch einige Andeutungen übel das Haus Moutfort bei. ^n den Geschlechtern, deren Abstammung weit hinauf reicht iu die erste Hälfte des Mittesalters und durch den Namrn an Nomanisiruug oder au römischen Ursprung erinnern, gehören, so wie die Kuckler im Salzburgische» (ll^ <«ceuN« sdie Montfort^ Namcnsgleichheit mit dem uraltcu deutschen Geschlechte der Etarhcmbergc, analog mit dem slavischen ?lr<^, Berg, daher der Name Bregens vor dein Arlberg, dort wo das rhätische und allemanische Volt'selemeut sich begegnen. Schou im 9. Jahrhunderte finden wir sie dort heimisch im altrömischen Vinoma und ^ Etadt Feldtirch entstand, Sinter deren weisen alten Gesetze» wir die schöne Anordnung finden, dafl jedc>> Brautpaar zwei Eichen pflanzen müsse. Noch zeigt die Voliösage ein heroisches, beinahe herkulisches Denlmal der Montfort: zwei gewaltig hohc Felsen, den Margarethen-Kopf mit den, gleichuamige« Kirchlein und Schlößchen und den Veit-Kopf mit den Ruinen der gleichnamigen Kapelle, zwischen beiden rauscht 253 tief unten die III, in demselben Bette, welckcs die Mont-fort durch diese einst verbundene Klippcnwand sprengen liesien, und so den oberen Sümpfen und Morästen durch das neue Bett der III einen geebneten Abftns;, dem Lande ein schönes, fruchtbares Thal gewonnen. EZ ist dieselbe Stelle, die nächstens ein österreichisches Heldenmonnment zieren dürfte zum Andenken, daß hier am 2'!. Mar; 1700 General Iclal'U» mit 5000 Ocsterreichern und den Landesschützen, unterstützt von Wei. dorn und Kindern, welche die Felsenköpfe besetzt hielten, sich gegen l!»,0W Franzosen unterMassena vertheidigte und sie mit einem Verluste von 4000 Todten, Verwundeten und Gefangenen znrnckwarf, selbst aber nur 400 Ocster-rcicker todt nnd kampfunfähig hatte. Schon 935 nennt Prngger l Psannberg kainen die Monlrort nach Erlöschen des gleichnamigen Heldeilgeschlechtes, ans dem Heinrich von Pfannberg, wiewohl schwer verwundet, I?7tt znr Entscheidung der Schlackt am Marchfcldc beitrug, Ul< rich unter Kaiser Friedrich m. die Vcronescr ans Padua jagte. Ulrichs Sohn Hanns (so wie sein Vater Marschall von Oesterreich) schloß den Maunsstanim, seine Güter Fronsbcrg, Mousberg, St. Georgen ic. fielen an das Hans Oesterreich, welches sclbc aber an den Gatten seiner mit Magaretha von Ortenbnrg erzengteu Tochter, vermählt an Hugo Grafen von Montfort, überließ. Sie war die Mtwe des am 29. April 137^ kinderlos versterbe- 25» ncn Johann Grafen von Cilli, des ältesten Sohnes Her-mann l. von Cilli; der am 21. März 1385 verstorben in Wien bearaben liesst. Im Jahre 1452 am 13. December erlaubte Friedrich der Friedsame seinen Grafen Hanns und Hermann von Montfort, Vürqern in Obdach und Weißkiichen, Wein von der Etadt Eteicr hereinzuführen. Am o.Mai 1458 verpfändete er die Etadt Windischfeistritz an Hanns von Montfort; !462 heirathete Hermann von Montfort, Herr anf Pcckan und Eemriach, Cäcilie, die Tochter des Niklas vou Lichtenstcin anf Mnran. Hanns und Hngo von Montfort brachen jeder eine Lanze mit Kaiser Mar. l. im prachtvollen Turniere, das 1489 Friedrich und Max dem Könige von Unqarn in Linz aaben. Ferner finden wir 1586 einen Johann von Montfort als Landeshauptmann, wie auch Heinrich, Iatob und Hermann, die Eöhue des Grafen Georg von Montfort und der Prinzessin Katharina, Tochter des Königs Siss/ mund von Poleu. Sie verkauften ihre Gnter iu Etcier-mark, um ihre angefallenen Rcichslchcu schuldenfrei antreten zu können. 257 Veltcrrcichifchc /ricdenshymne. t855. IDit den Schwalben, mit dem Lenze Zog der Friede bei uns cm, Statt auf rauhe Waffentänze Strahlt auf Blüthen Sonnenschein. Zu der Mutter von den Söhnen Kehrt zurück das starre Erz, Sens' und Sichel, Glocken tönen. Zu erfreuen Ohr und Herz. Wo der Krieg die blut'gen Garben Eingescharrt im schwarzen Grund, Gibt der Fried' durch Dust und Farben Ihre Auferstehung kund. Wo sich wild zu Mord und Harme Finstre Kämpen angeblickt, Oessnen Brüder nun die Arme, Ist Versöhnung schnell geglückt. Denn zum Himmel war gedrungen Das Gebot um Ruh uud Rast. Völker hielten sich umschlungen Inuig, die sich erst gehaßt. Uud der Himmel, auKzugleichen Alle Nirreu fern und nah, Wird dem Fricdcnbengel rcicheu Das Pauicr der Austria. Durch dies Zeicheu wirst Du siegen! Ihm vertraut der Völker Echaar, Auch in Waffen, auch iu Kriegen, Friede will der Kaiscraar. Um ihn fest und treu zu schirmen, Schwinget Scepter er nnd Schwert, Mögeu neu sich Wollen thürmcn, Mit dem Blitz bleibt er bewehrt. Friede! schling' die Palmcnrciscr Um die Völker inniglich; Gott erhalte uusern Kaiser, Großer Gott wir lobeu Dich. 2H8 259 Friedrich John. (Biographie.) Winter den bildcndeil Künstlern, welche aus dem 1k. Jahrhunderte wie hehre Gestirne hcreiulcuchten in den trübe» Morgen des 19., verdient Friedrich John durch sein Leben, seine Werke, seine erlisten Schicksale und sein fast spurloses Verschwinden in Marburg die Theilnahme jedes Gntcn, dem Kunst nnd Menschheit mehr gelten als die Alltäglichkeit des flachen Daseins. Ans dem Ma-nnferipte von Iolin's Selbstbiographie, einem thcnren An-denlen in den Händen seines Schwiegersohnes H. l^ame-ral>Secrctärs Opravil, theilen wir Folgendes in gedrängten Zngen miti John war am 27. Mai 1769 zu Ma-rienburg in WesipreHen geboren. Sein Vater, ein fein-gebildeter, unbemittelter, ans 6>?gland stammender Ncchts-qelchrter, bestimmte den feurigen Knaben bei seiner Vorliebe für daö Militär ^um Geniewesen und ließ ihn daher vorzngswcisc in der Mathematik und im Zeichnen unterrichten. Kaum 12 Jahre alt, kam John in die For« tifieations-Schule und erbante in den Ferien mit seinen Genosseu eine Festung von 3li Klafter Durchmesser, nnd bald darauf eine noch grünere nach Vauliau's Sofiem. Da 260 dicfcr Bau in der Nähe des E.rerzicrvlahes Statt fand, so begaben sich die Grafen Schwerin und Wartcnsle« bcn mit dem Generale Krakau und dem Officicrscorps oft dahin, sahen dein regen Treiben des jungen Generalstäblers zu, belobten und bewunderen ihu. Aber die ängstliche Liebe der Mutter, welche für den thcucru Sohn im Kriegerstande zuviel Gelegenheit zur Freiheit zu fnrch» len glaubte, vereitelte John's heißeste» Wunsch, den ersehnten Eintritt in das Geniecorps in Berlin. — Mit gebrochenem Muthe und trübem Willen musite er mit 15 Jahren in ein Handlnngshans nach Warschau. Aber seine eiserne Selbstbeherrschung, die Briefe seines Paters, das Lesen der wichtigsten Werke über den Welthandel, seine praktischen Kenntnisse in der Mathematik und die vollkommene Fertigkeit in vier Sprachen machte), ihn bereits in drei Jahren zu einem Muster eines vollendeten Commis und zum Glanzvuncte seines Handluugshauses. Die Folge davon war, daß er im Jahre 17K9 mit sehr liberalen Justructioncn und freien Vollmachten für sein Haus eine größere Reise autrctcn konnte. Er besuchte ganz Dänemark uud England und war eben im Begriffe, im Jahre 1790 die schottische Grenze zu überschreiten, als ungünstige Nachrichten über den Stand seines Hand« lungshauscs ihn nach London zurückriefen. Das endlose Warte» anf günstigere Briefe, das veränderte Betragen der Handelsfreunde, welche ihn bei seinem ersten Er« scheinen vergötterten, bei dem zweite» uun iguorirten, 201 die innige Bekanntschaft mit dem französischen Kupferstecher Nvirdemanger in Lcicestcrfields zu London, all' dieses trug wesentlich bei, seine miihsam erworbene Vorliebe für die Handlung abzukühlen und die alte Neigung für die Kunst zu entstammen. Er begann also mit Eiser die Kupferstechers und bemerkte bald das Unvollkommene der Rouleau-Manier seines Meisters nnd wurde ebcu durch die Schwierigkeiten, welche ihm Bartolozzi machte, angefeuert, die Punctir-Manicr zu versuchen, in welcher er später so hoch, wir können sagen einzig dagestanden. Ein Deutscher auö Vcucrn, Namens Graf, machte ihn aufmerksam, daß sich Bartolozzi eines Punzen und eines Hammers mit elastischem Etyle bediene. Nasch wurden diese Instrumente bestellt und schon am nächsten Tage das Porträt der Maria Cosvay begonnen. Bald sollte der feurige Kunstjünger nicht nur mit den materiellen Schwierigkeiten der Kunst, fondern auch mit den finanziellen der Existenz kämpfen. Nach 5 Monaten kündigte ihm Lewis Palcske jcden Vorschuß für das Warschauer Hand-lunqshaus auf, und nur der Vrcmcr Kaufmann Iamen war herzlich genug, ihm hnndcrt Guineen vorznstrcckcn. Damit schaffte er sich Zeug und Platten, besuchte seine Eltern zum letzten Male und ging endlich nach Warschau. Schon hatte sich das Handlungshaus von seinen Unfällen erholt und nahm den geliebten John mit altem Jubel anf, aber feine Ncignug für die Handlung war vorüber, das Geschätztscin nach dem Credite seiner 2«2 Zirma in London hatte ihn mit einem unüberwindlichen Ekel erfüllt, er sagte dem Handlnngsweseu Lebewohl und widmete slch ganz der Knnst. Die erste Aufgabe, die er in Warschau übernahm, war, eine Kupferplattc für den Hofmaler Emuglcwicz zu stechen, mit der Darstellung, wic Bolcölav dcr Kühne den Böhmenlönig zum Throne führt. Er versuchte eö mit dem Grabstichel, der il?m zufällig abbrach nnd so die Idee zur Manier mit dem kurzen Grabstichel veranlaßte. John war der erste Künstler, welcher als Kupferstecher in Warschau auftrat, und schon die ersten Porträte, welche cr lieferte: Graf Soltyk, die Fürsten Sapicha und Nillas Nadziwill, die Wacsvodrina, Wilinöta :c. erwarben ihm die Gunst des kunstsinnigen Königs, dem er durch die Baronesse Schlitten vorgestellt worden war, und der sich mit ihm in fünf Sprachen nn-terhielt, von ihm einen Abdruck jeder Platte bestellte, und ihn reichlich beschenkte. Der König übernahm es nun, dic alademischc Ausbildung John's zu veranlaßen, verschaffte ihm Reisegeld, und ließ ihn durch seinen Gesandten Gra, fen Wojna in Wien persönlich beim Aladamic-Director Fugcr aufführen, am 27. Mai 17i)2. Nun schien sich eine glänzende Zukunft für den edlen Künstler zu entfalten, aber die Entthronung seines Beschützers Königs Stanislaus des Hochgebildeten entschied John'S Schicksal für immer. Er mußte die Tage anwenden, um Kupferstiche zur Fristnng seines Lebens zu liefern, und kounte nur die Mor, gen- und Abendstunden für die Akademie benutzen. Er «03 arbeitete mit solchem Eifer, daß er in Kurzem Fugcr's Liebling und seine Zeichnungen Vorlegblatter für die höchste Damenwelt wurde». Sein beschränktes, häusliches Lcben War ein stiller Tempel eben des häuslichen Glückcs. Er hatte in Warschau die von dem Fürsten Niklas Nadzi-Will erzogene Tochter eines Obristc» der polnische» National-Kavallerie gcehelicht, welche ihm auch fern von der Heimat die ernsten Stnnden deS Berufes uud die heiligen Stunden der Kuust versüßte. Duvch dcu Dichter Alzinger Wurde er mit dem Fürsten Carl Lichtcnstcin, durch die-!en mit dem damaligen Grafen, später Fürsten und Minister Mcttcrnich bekannt. Anf die Ermunterung dieser Gönner begann John die Herausgabe der Porträte der Hofschauspieler in ihre» Charakterrollen mit dem Vilde der Adamberger. Da aber das Unternehmen sich nicht "ntirte, so hörte es »ach dem ersten Hefte wicdcr auf. besser lohnte eine zweite Kuustaufgabe, welche ihm ein Nraf übertrug, die Bestellung, 32 Porträte bairischer Künstler und Gelehrter „ach Edlmger'S Gemälden in Kupfer zu liesern. Die herrliche Lösung dieser Aufgabe gewann ihm die persönliche Gunst des Kaisers Franz, der 'hn oft durch den Cabinctssecrctär Sonnlcituer zu sich ein« '"d und alle seine Stiche bestellte, so daß die Sammlung des scl. Kaisers Franz alle Echöpsungc» vou John's Grabstichel enthielt. Mit riesigem Fleiße arbeitete er "nige Jahre für Göschen iu Leipzig, stach 12 Platteu für bit Prachtausgabc vou Wieland, 6 zu Klopstock, eiuen 284 Christuskopf nach Annibalc Caracci, 7 Großoctav-Platten zur Prachtausgabc von Alr.inger's Doalin von Mainz und dessen VliomberiS sammt dem Porträte des Dichters. Er lieferte ferner eine Quart- und mehrere kleine Platten zu Schiller's Wallcnstein; dann Abels Tod nach Fuger, viele Gelegenheitsstückc und Porträte, darunter das Kniestück Litta von Estc. Von 1800 schuf er 20 Fvlio - Platten nach Fngers Zeichnungen z>l der vom Grafen Meermann von Dalcn in das Holländische übersetzten Mcssiade nebst den Porträten Klopstock's (nack Hickcl) und Mccr-mann's (nach Boily). — Aber wahrend der sieben ange« strellgten Jahre voll gegebener Aufgaben lieferte er noch eine kleine Folio- Platte, Johann der Tanfer (nach Na-fael d'Urlmio), Blätter zu Collin's Werken, ciue Menge Porträte ^c. — Unvollendet blieb die Anbetung der 6n-gcl nach le Brun, woran ^um Theil die damals begin-nende Aglaja Ursache war. Für dieses schönste aller Ta« schenbüchrr lieferte John im 1. Jahre drei, in jedem folgenden Jahre aber sechs Platten. In derselben Zeit entstanden aus seiner Hand die Porträte des Fürsten Ponia-towsky, des Kaisers Alexander, seiner Mutter, der Großfürsten Konstantin, Nikolaus, Michael, Herzogs von Neich-stadt, Rudolph Graf Salis, Tenorist Wild, Kaiserin sta« rsliuc Auguste. Wichtig in der Aglaja durste dem Kunst« freunde sein, daß alle 105 von John gestochenen Platten nnr nach solchen Original-Gemälden sind, die sich in Wiener Gallcrien befinden. 2»5 Die zunehmende Schwäche der Augen erlaubte dem Künstler in Stahl nur mehr 2 Gemälde zu stechen: Die heilige Appollonia nach Felice Schiavonni und die heil. Magdalena nach Guido Ncni, beide für Leipzig bestimmt. — Die bei Wallishauscr in Wien erscheinende Aglaja verdankt von 1816 bis 1832 John's Meisterhand ihren Vorrang vor allen Taschenbüchern. Unübertrefflich find eine Katharina nach Earlo Dolce, ein Amor nach Guido Reui, Engclsköpfc nach Corrcggio, der Flötenspie, ler nach Dow. John, der in seinem Leben nie ein Vlatt eines andern Kupferstechers copirt hat saußer der Maria Cosvayi schuf sich durch fünfzehnjähriges Studircn eine eigene Manier durch den Gebrauch des Grabstichels mit nmder Bahn, welchen er insbesondere bei den Platten für die Messiade anwendete. John arbeitete in Wien durch volle 4N Jahre jeden Tag 15 Stunden, im Winter regelmäßig bis Mitternacht. Er vollendete in dieser Zeit 302 Platten. Seine Veweggrüude zu dem anhaltendsten Fleiße waren zuerst der Ehrgeiz, später das Pflichtgefühl, seine Begeisterung, die glänzende Liebe zur bildende» Kunst. John war im Umgänge ernst und sanft, dem ersten Anscheine nach mehr zurückhaltend, in seinem häuslichen Le» ben ein seltenes Muster der Eltern- und Kindesliebe. Die gewissenhafteste aufopferndste persönliche Erziehung seiner Familie — zwei Söhne und drei Töchter — hielt ihn ab, Professor, ja auch nur Mitglied einer Akademie zu werden. Am 26. Mai 1832 beendete er in Wien seine 13 2HH letzte Platte, schon am 3N. Mai 183L kam er in Mar. burg in Unterstciermark an, mit dem festen Entschlüsse die Worte Horazens: ulM,!« lun>«orum ol)Nvi-,el'nl!u> et iM,', wahr zn machen, die große Welt zu vergessen, von ihr im U3. Jahre seines Lebens wie ein Verstorbener vergessen zn werden. Vergebens waren die gnädigsten Beweise von Aufmerksamkeit, selbst I. M. der Kaiserin Mntter Caroline Anguste, welche ihr Porträt dnrch die Hofdame Gräfin Hochenegg bei John besorgen ließ. Das letzte Iahrzchent bis Ikl3, wo er zu Ostern seine Selbstbiographie niederschrieb, brachte ihm viel Schmerzliches. Er verlor seinen ältesten Sohn im Jahre 1836 durch die Cholera, bald daranf dnrch Unfälle scmcs zweiten Sohnes in Nordamerika den größtA Theil seines Vermögens, später den hochgebildete» Gatten seiner ältesten Tochter Adelheid, Herrn Hctnzl, Präfcctcn des k. k. Gymnasiums in Görz, endlich 1849 seine,,