(U~ O^čol Sonderabdruck aus der Monatsschrift «Die Erdbebenwarte», Nr. n und 12 , II. Jalirg., 1903 . Die Erdbeben der geschichtlichen Zeit im Konigreiche Bayern. Von Dr. Josef Reindl, Miinchen, Die Geschichte der Erdbebenforschung im Konigreiche Bayern ist erst jungen Datums. Oberbergrat v. Giimbel 1 war der erste, der den auf dortigem Boden stattgefundenen Erderschiitterungen genaue Aufmerksamkeit zugevvendet hat und seinen Bemiihungen ist es zu verdanken, daG ein annahernder Uberblick iiber alle innerhalb der Grenzen des gegenwartigen Bayern im Laufe der Jahrhunderte vorgekommenen Erderschiitterungen ermoglicht wurde. Aufier Giimbel, der 1898 starb, beschaftigte sich auch Professor Siegm. Giinther an der technischen Hochschule in Miinchen mit der seismischen Erforschung Bayerns , 2 welche Aufgabe er infolge anderer Arbeitsiiberhaufung im Juli 1902 dem Verfasser vorliegender Arbeit iiber- lieD . 3 Leider fehlt in Bayern heute noch das zu einem solchen Unternehmen notwendige Seismometer und alle unsere bislierigen Resultate konnen infolge- dessen in Bezug auf Genauigkeit der Zeit u. s. w. keinen Anspruch auf wissenschaftliche Exaktheit machen. Unsere Aufzeichnungen beruhen teils auf Aussagen von Lehrern, Geistlichen, Post- und Bahnbeamten, teils waren wir auch auf die Tagesblatter und auf die Mithilfe der meteorologischen Zentralstation in Miinchen angewiesen, welch letztere ihre Zweigstationen veranlafite, auf etrvaige Erschiitterungen zu -achten und eventuelle Erkundi- gutigen dariiber einzuziehen. Auf diese Weise wurde uns wenigstens hin- sichtlich der Quantitat des gesammelten Materials die Mdglichkeit gegeben, einen im groflen und ganzen vollstandigen Bericht iiber die Erdbeben Bayerns in der gegenrvartigen Zeit zu geben. Darnach konnen wir folgendes fest- stellen: 1 Gumbel W. v., Das Erdbeben vom 22 . Februar 1889 in der Umgegend von Ncu- burg a. D., Sitzungsberichte der Miinchener Akademie, mathematisch-physikalische Klasse, 1889, S. 77 ff. — Ferner Gumbel W. v., Uber die Erdbeben in Bayern, Sitzungsberichte der Miinchener Akademie, mathematisch-physikalische Klasse, 1898, S. 1 ff. 2 Giinther Siegm., Das bayerisch-bbhmische Erdbeben 1329. Jahresbericht der Geographischcn Gesellschaft in Miinchen, 1898, S. 76 ff.; Giinther Siegm., Handbuch der Geophysik, 1 Bd., 1897, S. 481; Giinther, Miinchener Erdbeben und Prodigienlitcratur in alterer Zeit. (Jahrbuch fiir Miinchener Geschichte 1890, S. 233 ff.) 3 Reindl Jos., Beitrage zur Erdbebenkunde von Bayern, Sitzungsberichte der Miinchener Akademie, mathematisch-physikalische Klasse, 1903; Reindl Jos., Das Bohmcr- waldbebcn vom 26. November 1902, Bayerland 1903; Reindl Jos., Die Erdbeben im Ries, Bayerland 1903. Kl«!nmayr & Bamberg, Laibacli. 2 Die in Bayern wahrgenommenen Erzitterungen waren zumeist Aus- laufer grofierer Kataklysmen, deren Zentrum und Epizentrum sich oft in recht bedeutender Entfernung befunden hat. So bat die ganze bayerische Hochebene keinen selbstandigen Erdbebenherd; sie gehort in das Schiitter- gebiet der Alpen, das zahlreiche Erdbebenherde zu verzeichnen hat. Hier wie dort finden sich die grofieren menschlichen Siedelungen nur den Flufitalern entlang, weshalb wir von den abseits liegenden Gebieten uber das Dasein und die Starke der Erderschiitterungen nur ganz selten menschliche Nach- richten haben. Die uns von Munchen bekannten Erschiitterungen fallen in die Jahre 1570, 1601, 1690, 1770, 1787, 1819, 1836, 1886; sechs davon hatten ihr Epizentrum in den Alpen direkt, das Beben von 1601 kam vom Ries und das im Jahre 1690 vom VViener Becken her. Augsburg wurde gleichfalls von vielen Bebenvvellen getroffen. Das Beben 1572 dortselbst hatte seinen Herd im Inntale, das von 1601 seinen im Ries. Die Erschutte- rungen von 1670, 1689, 1787 und 1826 kamen gleichfalls von Innsbruck her, diejenigen von 1769 und 1778 vvahrscheinlich vom Ulmer Kessel. Das Beben von 1690 hatte seinen Ausgangspunkt im VViener Bccken, das von 1755 sogar zu Lissabon. Die ErdstoBe von 1886 durften ihr Epizentrum wohl in der Gegend von Garmisch gehabt haben. Das grofie Erdbeben von 1848, das besonders zu Landshut, Freising und Passau wahr- genommen wurde, hatte seinen Ausgangspunkt aufierhalb Bayerns, gleichfalls das Beben vom Jahre 1876, das zu Salzburg, Reichenhall und Burghausen verspurt wurde. Im Jahre 1787 wurde die groBe Erschiitterung im Unterinntal nicht nur zu Garmisch und am PeiBenberge empfunden, sondern auch Munchen, Kempten und Landshut lagen noch im Schuttergebiet. Die Dislokationen zu Memmingen (1771), Hohenschvvangau (1883), Rosenheim {1873) und Kreut (1871) dttrften auf Erdrutschungen oder auf kleine Einstiirze mit lokaler Beschrankung zurlickzufuhren sein, desgleichen die ErdstoBe zu Schoffelding am 25. April 1764. Bayern besitzt auch Lokalgebiete, die selbstandige Erdbebenherde bilden, allerdings von nur sekundarer Bedeutung. Hieher gehdren das bayerisch-bohmische Grenzgebirge, dann das Jura-Triasgebiet mit dem ehemals vulkanischen Ries, ferner die Sudostpfalz am Rheinischen Grabenbruch und endlich die Quertalziige der Alpen im Sttden, sofern diese noch innerhalb der bayerischen Grenzpfahle liegen. Was die Rheinische Sudostpfalz betrifft, so kann konstatiert werden, daB in diesem Gebiete sich ziemlich viele Erderschutterungen ereigneten. 1 Wohl waren viele derselben Ubertragungsbeben, allein eine grofie Anzahl davon hatte seinen eigentlichen Herd in diesem Bezirke selbst, so z. B. das ‘ Solcher wird dort gcdacht in den Jahren 838, 1570, 1601, 1624, 1626, 1642, 1728, 1737, 1755, 1776, 1784, 1785, 1786, 1737, 1789, 1802, 1822, 1825, 1837, 1839, 1858, 1871, 1873, 1878, 1880, 1903. 3 heftige Beben am 24. Janner abends 7 Uhr 41 Minuten im Jahre 1880, dessen Zentrum mit den Orten Wortb, Kandel und Billigheim bezeichnet wird. Von den zvvei ziemlich starken Erdbeben in diesem Jahre (am 25., 26. und 27. Janner und am 22. Marž 1903) lag ebenfalls das Haupt- schiittergebiet in der Pfalz selbst und zvvar bei beiden in der Gegend von Kandel. A11 Heftigkeit diirfte das letztere das erstere ilbertroffen haben und auch die Ausdehnung hievon war eine ungleich grofiere. Da die Ostpfalz in das Gebiet des Rheinischen Grabenbruches gehort, wo sich Einbruche und Spannungen in der Erdkruste noch bestandig vollziehen, so lassen sich die dortselbst immer wiederkehrenden ErdstoGe leicht erklaren. Namentlich die Gegend von Kandel zeigt grofie Einbruche und Dislokationen und mit vollem Rechte darf hier der eigentliche Herd vieler Pfalzbeben gesucht werden. Ein bisher nicht beachtetes Schuttergebiet liegt ganz im Stiden des rechts-rheinischen Bayern, namlich das Quertalsystem der Alpen. Speziell das Inntal von Innsbruck bis Rosenheim ist unzahligemale von oft bedeutenden Beben heimgesucht worden. 1 Zwar liegt der Hauptteil dieses Tales nicht in Bayern, allein die Faden, die alle zu uns heriiberziehen, fallen in dieses Schuttergebiet. Auch die Seefeld-Scharnitz-Partenkirchner Linie steht mit dieser Innschutterlinie in Verbindung (Seefeld: 1856, 1876; Scharnitz: 1880; Mittenwald: 1819, 1856, 1880, 1902; Garmisch: 1886, 1902; Partenkirchen: 1880, 1885, 1895, 1900, 1902) und es kanu nicht geleugnet werden, daB in den Quertalern unserer Alpen noch heutzutage Verschiebungen und Briiche stattfinden, allerdings ungleich geringer als in friiheren Zeiten. 2 Auch sind wir der festen Meinung, dafi der Durchbruch des Lechs, der Isar und des Inns ehemals nur infolge zahlreicher Briiche erfolgte und die Erosion des flie(3enden Wassers und des Gletschers nur Faktoren sekundarer Ordnung waren. Das Gesetz der Fliisse, Bruchspalten zu verfolgen, erhoht die Wahrscheinlichkeit unserer Hypothese. Wir stehen mit dieser unserer Annahme zwar der Meinung vieler Forscher gegeniiber, allein die reichliche praktische Erfahrung, die wir hiertiber haben, lafit vorerst andere Ansichten in den Hintergrund treten. Wir kommen nun zum Jura-Triasgebiet und konnen hier mehrere Schtitterlinien aufstellen. Der Jurabruch im Siiden und Osten ist z. B. eine empfindliche Erdwunde. Ulm hatte Erdbeben in den Jahren 1737, 1755, 1 Es sollen hier erwahnt werden die Erdbeben zu Innsbruck: 1571, 1572, 1667, 1670, 1689, 1706, 1731, 1745, 1787, 1815, 1812, 1817, 1818, 1819, 1820,1826,1830,1836, 1837, 1865, 1868, 1872, 1874, 1876, 1877, 1878, 1879, 1880, 1881, 1891, 1897, 1902; zu Hall: 1877, 1881, 1902; zu Schwaz: 1820; zu Jenbach: 1872, 1878; zu Rattenberg: 1865, 1877; zu Kundl: 1865, 1870, 1871, 1891; zu Kufstein: 1865, 1875, 1879; zu Kiefersfelden: 1879, 1885; zu Audorf: 1879, 1891; zu Rosenheim 1731, 1787, 1826, 1873. 2 Siche Rothpletz: Das Karwendelgebirge; Zeitschrift des Deutschen und Oster- reichischen Alpenveicines, 1888, S. 438 ff. 4 1766, 1769, 177 8 > 1796, 1828, 1889; Giinzburg: 1769, 1889; Dillingen: 1787, 1889; Hochstadt: 1889; Donauworth: 1670, 1755, 1763, 1889; Neuburg: 1763, 1889; Ingolstadt: 1755, 1885, 1886; Regens¬ burg: 1348, 1690, 1787, 1872. Viele dieser Beben waren Relaisbeben, die eben an dieser defekten Bruchstelle leicht \vahrnehmbar wurden, doch manche davon hatten auch ihren eigentlichen Herd dortselbst, so z. B. das- jenige vom 22. Februar 1889. Wir rechnen dasselbe nicht, wie Gumbel, zu den Einsturzbeben, sondern halten es fiir ein tektonisches. Schon die grofie Ausdehnung (bis Ulm) biirgt hiefiir. Das wichtigste Schiittergebiet im Jura ist das Ries. Die Chronisten verzeichnen fiir Nordlingen Erderschiitterungen in den Jahren 1471, 15 11, 1517, 1590, 1601, 1670, 1690, 1822. Welches sind die Ursachen dieser Storungen? Das Ries ist ein Senkungsfeld, bei dessen Bildung sich wahr- scheinlich die dislozierenden Krafte in ahnlicher, wenn auch ungleich schwacherer Weise kombinierten, wie bei der Auffaltung eines Stiickes der Erdoberflache, und die gleichzeitig vulkanische Reaktionen auslosten. Doch waren letztere, die zwischen der unteren und mittleren Miocanzeit statt- fanden, nicht von groCer Bedeutung und schon in der Obermiocanzeit erloschen, wie die ungestorten Sylvanakalkschichten und andere obermiocane Absatze in der Riesniederung bevveisen. Der Ries ra n d jedoch war bis in die Quartarzeit herein von den groCten tektonischen Storungen betroffen. Hier ist namlich alles regellos zerriittet und durcheinander geworfen. Der Zusammenhang der urspriinglichen Ablagerungen ist aufgehoben und der ganze Bau in einzelne groCere oder kleinere Schollen auseinandergebrochen, welche bald emporgestaut, bald niedergesunken, bald auf den Kopf gestellt und sogar iiberkippt sind, bald seitlich ineinander gepreCt oder ubereinander weg- geschoben liegen, oder auch in lang hinziehenden Spalten eingesunketi und ein- geklemmt erscheinen. Zuweilen sind die ordnungslos durcheinander geworfenen Formationstriimmer auch zu einem unentvvirrbaren Mischmasch, dem Ries- grus oder der bunten Breccie des Rieses, zusammengeknetet. Dazu kommt, dafi man schwerlich in einem anderen deutschen Gau eine solche Vielartig- keit von Schichtengliedern auf so engem Raum hart beieinander hat, wie am Riesrande. Er und die Inselberge iiber der Niederung bergen fast alle Gebirgsarten in der verschiedensten petrographischen Zusammensetzung: Granite, altkrystallinische Schiefer und vulkanische Aufschuttungen, meso- zoische, tertiare, quartare und alluviale Ablagerungen u. s. w4 DaO hier Spannungen, Einbriiche, Verschiebungen noch heutzutage auftreten konnen, ist leicht moglich. Die Ries-Wornitzspalte hat im Taubertal ihre Fortsetzung. Ob aber die vielen Erschiitterungen im letzteren Gebiete (Rothenburg n 12, 1519, 1556, 1514, 1690, 1902; Tauberbischofsheim 1839, 1873) mit den Riesbeben im Zusammenhange stehen, konnte bis jetzt nicht ervvieseti werden. 1 Siehe Gruber: Das Ries, S. 209. 5 Eine ebenso grofie, aber in der jiingsten Erdzeit weniger Storungen aus- gesetzte Querspalte des Jura-Triasgebietes ist die Welheim-Altmiihl-Main- spalte, von Neuburg a. D. bis Gemiinden am Main sich erstreckend. Hier fanden Erdbeben statt: zu Eichstadt 1769, zu Treu elit lin gen 1886 und zu Wii rzburg 841, 1138, 1607, 1807, 1846, 1872, 1891. Bei den iibrigen hercynischen Querspalten dieses Gebietes scheint die Erdkruste seit langerer Zeit in Stagnation getreten zu sein, wenigstens haben wir bisher trotz eifrigen Nachforschens keine Belege fiir eine entgegengesetzte Annahme gefunden. Die Beben von Emskirchen (1823) und Ebermannstadt (1625) durften ihres lokalen Charakters wegen auf kleine Einstiirze, die Erschiitte- rungen von Erlangen (1756) und von Niirnberg (1670, 1690, 1769, 1790) auf Ubertragungsbeben zuruckzufiihren sein. Die Hauptlokalitat bayerischer Erdbeben liegt endlich im bayerisch- bohmischen G r e n zg eb i r ge. Es diirfte nicht uninteressant sein, die dortigen, von Giimbel und mir gesammelten Beben aufzuzahlen: upS. Am 4. Mai grofies Beben im Bayerland, Nordskaw von dem Bebmerwald. 1329. Am 22. Mai abends Erdbeben in ganz Bohmen und Bayern. 1348. GroCes Erdbeben in Passau, daO die Hauser und Kirchen schwankten und die Glocken anschlugen. Die Leute sollen von heftigem Kopfweh und Taumel befallen worden sein, so daC sie hin und her wankten. 1823. Am 18. Oktober Erschtitterungen in Mtinchberg (Fichtelgebirg). 1824. Am 9. und 13. Janner Erdstofie im Fichtelgebirge, welche wohl mit dem am 18. in Eger und zu Falkenau verspiirten in Zusammenhang stehen. 184.0. Am 19. Oktober Erdbeben zu Mitterfels im bayerischen Walde, NO. von Straubing. 1838. Am 28. Janner StofSe in Passau. 1870. Am 4. und 5. November Erdbeben zu Mitterteich. 1871. Am 13. Oktober Erschtitterungen an der Nordostgrenze von Bayern. 1872. Am 6. Marž Beben im Fichtelgebirge. 1873. Am 6. Dezember morgens 4 h 30 m ein ErdstoC von SO. nach NW. in Metten. 1880. Am 26. Juli morgens 8 h 26 m Erzitterung des Bodens zu Sulzbiirg bei Neumarkt. 1881. Am 10. und ir. Februar zwei StoGe in Deggendorf. Am 23. April abends 7 h 45 m ErdstoG in Neunburg v. W. in SW. — NO.-Richtung mit donnerahnlichem Rollen. Im S.- und SO.-Teil der Stadt wurden zwei Stofie wahrgenommen. Viele Leute eilten bestiirzt aus den Hausern. Die Bewegung war an Tischen und Banken bemerkbar. Gleichzeitig wurde die Erschiitterung verspiirt in Kroblitz, Eichendorf, Schwarzhofen, Denglarn, Gornitz, uberhaupt im Schwarzatal. 6 Dasselbe Beben (?) wurde abends 7 h 30 m in Eslarn, NO. von Neunburg v. W. sieben Sekunden dauernd, mit anfangs starken, sich nacli und nach verschvvachenden Undulationen in der Richtung von SSO. nach NNW. beobachtet. i88j. Am 8. Janner mittags uh zu VVegscheid im bayerischen Walde ein Erdbeben in der Richtung von N. nach S. Am 29. September nachts 10 h 45 m und lih groGes Fichtelgebirgs- Erdbeben mit Getose, wie wenn ein schwerbeladener Wagen durch die StraGen fahrt (Hof). Wahrgenommen wurde die Erschiitterung auCer in Hof noch in Mtinchberg, Vordorf, Selb, Markleuthen, Helm- brechts, Wiistenselbitz. 1885. Am 2.Mai I2h 5 m in Passau ein acht Sekunden andauerndes Erdbeben, das auch in Linz beobachtet wurde. VVeitere VVahrnehmungen wurden gemacht in Egglham, Metten, Viechtach, VVegscheid, Obernzell, Oster- hofen, Ergoldsbach, Ingolstadt, Burghausen, Freyung, Vilshofen, Aiden- bach, Griesbach, Landau a. I., RoGbach bei Eggenfelden bis Landshut. i88y. Am 26. Juli wurden in Obernzell bei Passau um 11 h 55 m vormittags drei ziemlich starke Erschiitterungen mit Stofien in der Richtung- von NO. nach SVV., begleitet von donnerahnlichem schvvacher vverdenden Rollen, wahrgenommen. 1888. Am 25. April zivei ErdstoGe bei Pfaffenreuth bei Passau. Am 26. Dezember groGes Erdbeben im Voigtlande, das auch im NO. von Bayern noch verspiirt wurde. (Gegend von Hof und Feilitzsch.) 1889. Am 9. Februar wurden in Neunburg v. VV. um 2 h 15 m mittags und 6 h 10 m abends von N. nach S. verlaufende Erschiitterungen von fiinf bis acht Sekunden Dauer vvahrgenommen. 1890. In der Nacht vom 23. und 24. Janner ein Erdbeben in Schierling in Niederbayern. Am 24. November ih, ih 6 m, ih 7111, ih 8 m, 1I1 iom und 1I1 45 m nachmittags ErdstoGe in VVegscheid. 1891. Am 23. Juli ih 10 m nachts ein Erdbeben in der Richtung von NO. nach SW. in Obernzell bei Passau. 1893. Am 17. Marž um 9I1 45 m und ioh 25 m abends ErdstOGe in Breiten- berg an der Landesgrenze bei Passau. i8pj. Erdbeben im Bohmerwald am 5. Janner um 7 h 30m morgens. Es beschrankte sich auf einen relativ kleinen schmalen Strich des Bayerischen VValdes langs der Landesgrenze gegen Bohmen stidostlich von Zwiesel. 1 Das groGe erzgebirgisch-vogtlandisch-fichtelgebirgische Erdbeben in den Monaten Oktober und November des Jahres 1897. 2 1 Siehe nahere Ausfiihrung: Sitzungsberichte der mathcmatisch-physikalischen IClasse der kon. bayerischen Akademie der VVissenschaften, 1898, S. 7 — 10. 2 Ebenda, S. 10—19. 7 Ip02. Grofies Bohmervvaiderdbeben vom 26. November 1902 iiber einem Flachenraum von zirka 4000 Quadratkilometer. Es erstreckte sich von Marienbad im Norden bis VValdmiinchen im Siiden und von Waldthurn im Westen bis nach Mies im Osten. 1 1903. Erdbeben im Erz- und Fichtelgebirge am 5. und 6. Marž. Die auBerste Schutterlinie erreichte Meifien, Jena, Bamberg, Regensburg, Passau, Prag, Dresden. Del- Herd lag bei Asch. Nun zu den Ursachen dieser nordostbayerischen Erdbeben! Gtimbel glaubte, 2 dafi 'durch die in diesem Gebiete in der Tertiarzeit an einzelnen Stellen erfolgten Basaltaufbriiche in nicht selu- betrachtlicher Tiefe Zerbrockelungen des Gesteins veranlafit wurden, wodurch schrvach unterstiitzte Stollen von solcher Gleichgewichtslage entstanden, da!3 die geringste Beeinflussung eine Lagerungsanderung derselben bevvirken konnte, wie es z. B. durch meteorologisch starke Schvvankungen moglich ist. Wir konnen uns dieser Annahme nicht anschliefien, da sie die grofie Ausdehnung vieler dieser Erdbeben nicht erklart. 3 Die Ursache mancher Bohmerwalderdbeben mag allerdings auf einer raumlich ziemlich beschrankten Auslosung von Spannungen beruhen, welche in der Tiefe zwischen ver- schiedenen Gesteinen sich vorfinden, allein fiir die groDen erz-fichtelgebirgischen Erschiitterungen reicht die Giimbelsche Erklarung nicht aus. Hier miissen wir der Crednerschen Schrumpfungstheorie den Vortritt lassen. 4 Darnach haben diese Beben darin ihren Grund, dafi in der apodynamischen Tiefe der Erdrinde infolge der AbkUhlung Schrumpfungen und Verwerfungen nebst Spaltenbildungen stattfinden. Jede dieser Verschiebungen ist imstande, einen Stofi oder eine Anzahl von Stofien zu erzeugen, die auf der Ober- flache als Erdbeben empfunden werden. Nun ist das Gebiet des Plchtel- gebirges, des Thiiringer VValdes und Erzgebirges so dicht von Spalten und 1 Siehe Reindl: Das B5hmerwalderdbeben vom 26. November 1902, Bayerland 1903- ferner: Sitzungsberichtc der Munchener Akademie, mathematisch-physikalische Klasse, 1903. 2 Sitzungsberichtc der mathematisch-physikalischen Klasse der konigl. bayerischen Akademie der Wissenschaften, 1898, S. 17. 3 Giimbels Hypothese ist insofern mit Nachsicht zu behandeln, als zu Gumbels Zeiten eben cine eingehendere Forschung iiber die Ausdehnung der Erschiitterungen u. s. w. infolge Fehlens zahlreicher Beobachtungskrafte nicht stattfand. Unsere in dieser Hinsicht gemachten Veranstaltungen, so primitiv sie noch sind, fiihrtcn bereits zu besseren Rcsultaten. (Siehe Sitzungsberichte der Munchener Akademie, mathematisch-physikalische Klasse, 1903.) Siehe auch: ICnett, Das erzgebirgische Schwarmbeben zu Hartenberg, Prag 1899. 4 Beilage der «Allgemeinen Zeitung* vom 6. November, Nr. 251. — Siehe auch: Knctt, Uber die Erregungsart von Erdbeben und andere die Propagation bestimmende Faktorcn, Prag 1900. (Sonderabdruck aus den Sitzungsberichten des deutsehen natur- wisscnschaftlich-medizinischen Vereines fiir Bčihmen, «Lotos», 1900, Nr. 5.) 8 Verwerfungen durchzogen, wie keine andere Gegend Deutschlands ; 1 infolge- dessen ist dieses Gebiet haufig von Beben heimgesucht, indem durch die sich unter dem gewaltigen Gebirgsdruck vollziehende Bildung neuer sowie durch die Erweiterung alter Klufte, ferner durch unterirdische Berstungen und Rutschungen der losgetrennten Gebirgsteile sich solche Erschiitterungen haufig ereignen. Die Abkuhlung der inneren Warme der Erde und ein dadurch bewirktes Zusammenziehen der tieferen Gesteinsmassen ist also die Grundursache dieser, wenn auch nicht so heftigen, doch sehr haufigen erz- fichtelgebirgisch-vogtlandischen Erdbeben. Nun zum Schlusse unserer Betrachtungl Wir haben im vorhergehenden einen kurzen Uberblick tiber die bayerischen Erdbeben und ihre Schiitterzonen gegeben. Zwar schwankt immerhin auf bayerischer Erde die Kruste in ungleich geringerem Mafie wie in den eigentlichen Erdbebenlandern Italien, Japan u. s. w., allein in volliger Stagnation ist sie doch nicht, wie wir gesehen und deshalb des Interesses des Geologen und Geographen gewifi vviirdig. Es ist beabsichtigt, im nachsten Jahre schon Erdbebenmesser zu Munchen, Passau und in einem noch nicht festgestellten Orte im Fichtelgebirge aufzustellen. Dafi die Erd- bebenforschung in Bayern dadurch endlich einmal erlosend aus ihren ersten Anfangen heraUstritt, ist wirklich notwendig und nutzlich. Von grofierer Bedeutung wird diese Einrichtung aber fiir die aufierhalb der blau- weifien Grenzpfahle liegenden Erdbebengebiete werden und die internatio- nale Erdbebenkommission wird einen ihrer vielen berechtigten Wunsche erfullt sehen. — 1 Der Sudrand des Erzgebirges ist von groben, der Hauptachse nach von NO. nach SW. verlaufenden Briichen und Spalten vielfach durchzogen, an welchen sich in frviherer geologischer Zeit grobartige Absenkungen in den bohmischen Kessel volizogen haben. Diese Bruchspalten kreuzen sich fast rechtwinkelig mit jenen, welche in der Richtung des Thiiringer Waldes verlaufen und hauptsachlich auf das Vogtland treffen. Beide Bruchzonen, namentlich aber die erstere, wurden in spaterer geologischer Zeit von Basalteruptionen benutzt, welche auf solehen Spalten sich empordriingtcn. Dahin gehort namentlich der Basaltzug des bohmischen Mittelgebirges. 1 NARODNA IN UNIUER2ITETNA ij KNJIŽNICA 00000439571 * 4