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Bnonimt Mütheilungen werden nicht berücksichtigt; Manuskripte nicht zurückgesendet.
Nr. 286.
Donnerstag, 14. Dezember 1871. — Morgen: Zulia».
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4. Jahrgang.
' Unsere Lage.
ii.
vrfterrrich im Innern
Wenn unsere Politik nach Außen klar liegt, so ist dir« bei der inneren Politik noch inehr der Fall.
Daß dies eben nicht nach allen Seiten so klar ist, wie es sein sollte, das ist der Fluch, der unserem Streben nach einem innerlich geeinten Reiche, nach einem Staate, der mächtig genug ist, die Freiheit und den Fortschritt seiner Bürger zu schützen, tausendfache Hindernisse in den Weg wirft.
Heute ist die Reichspartei wieder obenan, jene Partei, die vor allem die Einzelfreiheil und das individuelle Recht auf Schutz in seinem VorwärtS-streden als die Grundlage erkennt, aus der ein wahrhaft freies Gemeinwesen, rin wahrhaft freier Staat sich aufbauen kann.
Die Gegner, feien sie weß Namen«, weß Stamme«, von welcher Kaste immer. perhorreSziren das menschliche Grundrecht, frei sich so weit eutfalten und entwickeln zu können, als dies nicht dem allgemeinen Besten hinderlich ist. Sie kennen nur Suprematien, seien sie eines Stammes, seien sie einer Kaste, seien sie eines der Geschlechter. Sie leugnen Menschenrecht und wollen es zum Sklavenslnn unter« drücken unter die Herrschaft eines Götzen.
Sie sprechen vom historischen Rechte — und dichten selbes, und leugnen in selbem Athem das älteste Erbthum des Menschen, sein ältestes, durch Jahrhunderte mißhandeltes Recht, frei zu sein und frei sich entwickeln, frei und selbständig denken zu können, denken zu dürfen.
Sir scheuen sich nicht, wahnbethörte Anhänger zum Selbstmord des Heiligsten ihrer Persönlichkeit, zum Morde des eigenen persönlichen Rechtes zu verführen.
©06 nach Außen unser Reich kräftig macht, da« haben wir letzthin gezeigt.
Noch immer kann nur der Grundsatz Kraft und Macht verschaffen, der auf dem ersten und obersten Grundrechte aller Bürger ruht, auf dem Rechte, persönlich, individuell, als Bruchtheil des Rcichsganzen, an der Bestimmung der Reichsange-legenheiten Theil zu nehmen, und das geschieht durch die unmittelbare, die sogenannte direkte Wahl der ReichSbolen, das ist der Abgeordneten zum Parlamente, das bei uns Reichsrath heißt.
So lange die Abgeordneten zum Reichsrathe an die Landtage gefesselt sind, ist kein Volksausdruck, ist feine Vertretung de« persönlichen Rechtes der Wähler möglich, sondern nur die Vertretung von Stämmen, von'GesellschaftSgruppen, von hier oder dort dominirenden Koterien.
Der Reichsrath nach dem heutigen Wahlsysteme ist keine rechte Vertretung des Reichs, und wenn er sich zu dieser Mission aufschwang, so geschah t« unter Wehen und Krämpfen, die sein bestes Thun lahm legten. Er ist eine partikularistische Vertretung, die nicht vom Willen und dem erkannten Bedürfnisse der Bevölkerung des Reiches, sondern vom Schaukelsysteme der jeweilige» Landtagsmajorität, der jeweilig dort herrschenden Gesellschaft«- oder Stammesgruppe im oder ohne Bündniß mit den das Recht zum Denken verleugnenden Dogmatikern abhängt.
Die direkte Wahl der Volksboten, die der Abgeordneten zum Reichsrathe, ist das unbedingt noth-wendige Postulat des Reichsbestandes, der Existenz eines Reiches, das Bürger besitzen und nicht das Aushängschild für ein Kompagniegeschäft sein will, in dein jeder Kompagnon thut, was ihm beliebt, wenn er auch seinen Gesellschafter zu Grunde richtet.
So viel uns bekannt ist, sind die Männer,
welche durch den kräftigen Widerstand der reichs-freundlichen Partei und durch den wahrhaft unstaat«-mäninfchen Ungestüm der Gegner zur Regierung kamen, sich klar über diese Kardinalforderung
Ob sie aber über die Durchführung sich klar sind, wissen wir nicht, und noch weniger, ob sie die Notwendigkeit der Befriedigung dieser Reichs- und Rechtsforderung auch nach allen Seiten hin rur Geltung gebracht haben.
. Das steht aber fest, daß ein gekrüftigtes und geeinigtes Oesterreich nur auf diesem Wege möglich st. Hier gilt'« kein Versuchen, hier ist eine krüf. tlge That nöthig.	'
Wir verkenne» nicht, daß die Lösung dieser Frage mcht leicht ist, der Schwierigkeiten sind viele ; es tritt die Frage der Vertretung de« Großgrund besttzes bei Verwirklichung der Sache ü, den Vordergrund. Ob das Abgeordnetenhaus der Interessenvertretung oder der Volksvertretung ohne Berücksichtigung der sogenannten Stände folge,, solle ist hierbei eine gewichtige, und auch gegenüber den f)Mtifltn tatsächlichen Verhältnissen nicht leicht zu lösende Frage.	9
Und doch scheint un« prinzipiell da« Natur-
S	wenn	man
den einstigen Antrag Rechbaner« * aufareift und
ihn dem bestehenden Rechte akkomodirt; dadurch
v°n au* pEsch einer RechtSkontinuititt gerecht, die, wenn auch halb vergessen, doch besteht. Wen» man das heutige Abgeordnetenhaus in das Herrenhaus verletzt und die Zahl der ernennbaren F?	bestimmten	Ziffer limitirt. so könnte
das Abgeordnetenhaus ohne irgend ein Rechtsbedenken. daher auch ohne Einholung der VanMan«. ooten durch direkte Wahl gebildet werden.
* Länder und Bolkshans,
Jeuill'elon.
Eine Schachpartie Robespierre's.
In der Rue Saint Honore zu Paris befindet sich ein altes berühmtes Kaffeehaus, der hundertjährige Versammlungsort der Pariser Schauspieler. Während der Schreckensherrschaft der französischen Revolutionszeit war dieses sonst so beliebte Käse fast verödet, nur noch sehr wenige kamen hierher, um ihre Partie zu spielen, die meisten fühlten kein Verlangen zu solchen Zerstreuungen, denn über eines jeden Haupt schwebte ja beständig die äußerste Gefahr ; wer heute noch frei umherwandelte, konnte morgen schon im tiefsten Kerker schmachten oder gar sein Leben unter dem Beil der Guillotine verblutet habe». Außerdem war auch das Schauspiel, das mau von dem Fenster des Kaffeehauses aus hatte, ein für fühlende Herzen abschreckendes, denn fast zu jeder Tageszeit fuhren Karren mit den in rothen Hemden gekleideten Verurtheilten nach dem Richtplatze vorüber.
RobeSpierre, auf dessen steinernes Herz solche Schauspiele keinen Eindruck machen konnten, war einer der wenigen Gäste, die noch täglich kamen, um
ihre Partie zu spielen. Obgleich er selbst kein besonders guter Spieler war, so erregte doch sein finsterer Blick, sein dämonisches Aeußere eine solche Befangenheit, ja Furcht, daß sogar die geschicktesten Schachspieler in der Regel an ihn die Partie verloren. Daher kam es, daß Robespierre oft lange vergeblich auf einen Mitspieler warten mußte; es machte niemandem Vergnügen, ihm gegenüber zu sitze» oder gar mit ihm zu spielen.
Eines Abends, als er seiner Gewohnheit gemäß in dem erwähnten Kaffeehause einen Mitspieler erwartete, trat ein junger Mann mit fast mädchenhaftem Aeußeren, langem kastanienbraunem Haar, großen schönen Augen in das Zimmer. Er durchmusterte dasselbe einen Augenblick, schritt dann schnell auf den Tisch, an welchem Robespierre saß, zu und nahm diesem gegenüber Platz.
Ohne ein Wort zu spreche», rückte er eine der zum Spiele bereits ausgestellte» Schachfiguren vor, Robespierre that ein Gleiches, und die Partie hatte begonnen. Lautlos wurde sie zu Ende gespielt; der junge Manu gewann. Eine zweite Partie beginnt, und auch diese zweite Partie verspielt Robespierre.
Sehr gut, sehr gut! ruft er aus, als das Spiel beendet ist. Aber um was haben wir gespielt?
Um den Kopf eines Menschen! ich habe ihn gewonnen, geben Sie mir denselben und zwar so schnell als möglich: der Henker wird ihn sonst morgen erhalten.
Mit diesen Worten zog der juuge Mann ein Blatt Papier aus seiner Tasche, aus welchem der Befehl abgefaßt war, den jungen Grafen de R welcher vom Revolution« Tribunal gefangen gesetzt und zum Tode verurtheilt war, seiner Hast zu entlassen.	0
Es fehlte nur „och die Unterschrift des allmäch-Ügen Herrschers jener Zeit, Robespierre'«; der junge Mann hielt ihm das Blatt zur Unterzeichnung entgegen ; Robespierre nahm es, mechanisch unterschrieb er und gab das Papier mit den Worten zurück:
Aber nun möchte ich doch eins wissen : wer sind Sie, Bürger?
Sagen Sie lieber Bürgerin, war die Antwort. Ich bin ein Weib, und zwar die Braut, jetzt wieder glückliche Braut des Grafen de R . . . .
Eine schnelle Dankes-Verbeugung, ein leises Adieu, und die glückliche Schachspielerin war verschwunden.
Die Zusammensetzung des Herrenhauses würde auch die Garantie bieten, das; Strikes der Landtage erfolglos wären.
So kämen wir zu einer geordneten parlamentarische» Arbeit, durch die Oesterreich erst sich ausrichteu kann, was es durch die fortwährenden Schwankungen in seinem Berfassungörechte nicht konnte.
Doch freilich! die Gegner ruhen nicht und läuten schon die Todtenglocken des heutigen Sieges.
Der Föderalismus um jedeu Preis soll über kurzem zum Siege kommen uud in der Opposition scheut man sich nicht, deutlich kund zu geben, daß ja der oberste Faktor des Staatslebens nichts dagegen hätte.
Wir glauben das nicht.
Man kann sich ja bei unbefangener Würdigung dessen, was bisher geschah, nicht der Ueberzeugung verschließen, daß ein föderal gespaltenes Oesterreich, ein z e r t r ü m m e r t e s Oesterreich bedeute.
Daß die Deutschen wegen ihrer höheren Bildung, wegen ihres größeren Wohlstandes, wegen dadurch bedingter klarerer Einsicht in die Rechtssor-deruugcn des Staatsbürgers die Führer sind in diesem Kampfe gegen die Föderalen, das ist doch kein Gegenstand der Besorgniß.
Dächten sic auf Zertrümmerung Oesterreichs, wären sic Prcußensenchlcr, so ließen sic den Dingen ihren Lauf nnd trügen eine kurze Spanne Zeit selbst da? Joch dcr Gegner, wohl wissend, daß diese Zeitspanne nicht lang genug wäre, um die Bedingungen ihrer geistigen und ökonomischen Existenz nam-lv.it zu schädigen oder gar zu vertilgen.
Sic wollen aber ein Oesterreich, ein zivilisatious-freundliches/ fortschrittliches Oesterreich, als eine Kulturforderung, als eine Kulturförderuug Enropa's.
Wenn wir demnach Oesterreich wahren, wenn wir cs wieder erstarken und mächtig werden sehen wollen, so müssen wir mit allen rechtlichen Mitteln darauf dringen, daß die Grundbedingung seines einheitlichen Bestandes zur Geltung kommt; es ist die höchste Zeit, denn das durch so viele Stürme erschütterte Reich bedarf der Ruhe und Sammlung und kann diese nur ans dein angedeuteten Wege erlange».
Eine Bürgcrkronc den ‘Männern, die heute sein Schiss leiten, wenn sie die Energie, den Muth und die Konsequenz besitzen, der Wahrheit nach oben und unten Bahn zu brechen.
Ein Weheruf aber, wenn sie den Schissbruch selbst verschulden!
Denn was dann folgt — ist das EhaoS!
Politische Rundschau.
Laibach» 14. Dezember.
Iulaud. Wie in Krain, Tirol und Ober, österreich die Pfarrhöfe, so sind in Böhmen bekanntlich die B e z i r k s v e r t r e t n n g e n die Brutstätte» der Recht und Moral verhöhnenden Opposition. Es heißt nun, daß das Ministerium Auersperg seine Aufgabe richtig erfassen und diese» Herde» des staatsrechtliche» uud nationale» UebermutheS an den Leib gehen werde. In oen czechischen Blättern herrscht darob bereits großes Geschrei; die Maßregel wird selbstverständlich als freiheitsfeindliche Gewattthat verlästert. Dabei kümmern sie sich natürlich nicht, daß eS nur die Verfassung ist, die sie nicht anerkennen, welche ihnen die Wohlthaten der Autonomie gewährt, ihnen aber keineswegs das Recht zugesteheu kann, mittelst dieser Wohlthat das Volk gegen den Staat aufzuwiegelu. lleberhaupt sollte der nicht Rechte und Freiheiten für sich begehren können, der diese nur mißbraucht und als Waffe gegen den Bestand von Gesetz uud Ordnung wendet.
Das „Prager Abendblatt" richtet einen eindringlichen Appell au die Wähler von Böhmen, nur solche Männer zu wählen, „die für Gesetz uud Recht, die für die volle Legalität dcr verfassungsmäßigen Vertretungskörper entstehen! Ein Staat mag von noch so schweren inneren Krisen heimgesucht sein, er wird sie glücklich übersiehe», wenn er nur das Ban-
ner des Gesetzes hochhalt. Diejenigen, welche sich nur kraft der Verfassung als die Vertrauensmänner des Volkes anzuseheu berechtigt sind, sollten die allerletzten die Rechtsgiltigkeit der Verfassung bestreiten, da sie hiedurch nicht nur mit dem Gesetze, sondern auch mit sich selbst iu offenen Widerspruch geratheu. Welch' ein Widerspruch liegt darin, wenn mau das Mandat in den Reichsrath wohl aunimmt, dasselbe aber entweder gar nicht oder nur dann benütze» will, wenn man dessen gewiß zu sein glaubt, daß sich die Reichövertretung selbst für eine illegale erklären, sich dadurch selbst außerhalb des Gesetzes stellen und gewissermaßen den Boden unter den eigenen Füßen wegziehen wird. Wenn die Vertretungskörper, welche mit der Krone das Recht dcr Legislative theilen, auf diese Weise mit dem Gesetze selbst in Konflikt gerathen oder die Rechtsgrundsätze auf deu Kopf stelle» wollten, müßte daun nicht die öffentliche Rechtsordnung in der bedenklichsten Weise erschüttert werden, müßte dann nicht namentlich in den unteren Volksschichten eine gänzliche Verwirrung der Rechts-begrisse eiutreteu und die Lockerung, wo nicht die Auflösung der staatlichen und gesellschaftlichen Rechtsordnung herbeigeführt werden? Es gibt eben Beschlüsse, rücksichtlich welcher selbst die Zweidrittel-Majorität der gesetzgebenden Körper nicht über den in ihnen liegenden inneren Widerspruch hinweghelfen kann."
„Warrens Wochenschrift," die keineswegs „preußischer" Sympathien verdächtig ist, schreibt:	„Die
Zukunft Oesterreichs kann nur durch eine enge Allianz mit dem deutschen Reiche, mit germanischen Interesse» überhaupt als gesichert gelten. Deutschland muß das größte Gewicht darauf legen, daß alle jene nichtdeutschen Stämme, welche zu Oesterreich gehören, ihm ausrichtig verbündet bleiben. Die politische Bedeutung Oesterreichs uud das Interesse Mittel-europa'S ihm Frennd uud Stütze zu sein, wurzelt in dcr Kraft unseres Staates, seine ganze Bevölkerung einem politischen Zwecke dienstbar zu mache», welcher Europa allein eine» dauernden Frieden erhalten kan». In dem Momente, wann sich Deutschland vor uns fürchten »miß, sind wir int höchsten Grade gefährdet. Wann cs uns trauen kann, sind wir im höchsten Grade gesichert. Die österreichische Politik muß iu einer Beziehung sogar über die preußische hiuauögehen. Es muß von unserer Seite versucht werde», die skandinavischen Staaten, Holland, die Schweiz, vielleicht auch Belgien in einem großen Bunde zu vereinigen, der Mittclenropa's Freiheit und Zivilisation sicherstellt. Die Staate» zweiten Ranges haben seit dem Jahre l 870 keine Garantie für ihren Bestand mehr in jener Eifersucht, welche einst zwischen den Mächten derPentarchie vorherrschte. Deutschland könnte eS vielleicht heute wagen, die staatliche Existenz Hollands anszulöscheu, ohne daß die Kanone einer dritten Macht einen einzigen Schuß für jenes Land abfeuern würde. Die Staaten zweiter Ordnung haben nur daun eine Garantie für ihre staatliche Existenz, wenn sie ihre Interessen mit denen von Staaten ersten Ranges identifiziren, wenn sie sich nicht allein schützen lassen, sondern auch nach ihren Kräften Schutz und Hilfe bieken. Jener Egoismus der Kleinen, welcher sein Dasein auf die vorausgesetzte Rivalität dcr Große» allein aufbaut, würde bald in eine Grubc fallen und das eigene Dasein vernichten helfen. Wenn es der österreichischen Politik gelingt, die Staaten, welche wir genannt, in ciitc große Konföderation einzubezieheu, so kann nicht nur der Friede der Welt als gesichert gelten, sondern auch die Existenz jedes EinzelsiaateS des großen germanischen Bundes."
Die ungarische Regierung hat sich nunmehr fest entschlossen, der kroatischen Frage gegenüber feste Stellung zu nehmen. Es finden gegenwärtig eingehende Konferenzen statt, in denen, wie Pester Blätter berichten, der Aktionsplan der Regierung gegenüber dem bimtett wenigen Wochen wieder zu-sammetttreteudeu kroatischen Landtage festgestellt werden soll. BanuS v. Bedekovi ch ist bereits Samstag in Pest eingetrofsen, um an diesen Berathungen
persönlich theilznnehmen und wird bis zum Schlüsse derselben dort verbleiben. Hiemit finden die Gerüchte ihre Erledigung, welche die Demissionirnng des Banns als faif aceorapli Gezeichneten.
Ausland. Das Friedenswerk zwischen D e u t s ch I a n 6 und Frankreich ist jetzt abgeschlossen, indem in Frankfurt auch die Zusatzkonvention, welche einige minder wichtige Fragen regelt, endlich zu Staude kam. Die Diplomaten haben aber neue Arbeit bekommen. Der deutsche Gesandte in Paris wird Satisfaktion verlangen müssen für einen verräterischen llebersall im fernsten Osten, ein förmliches Gefecht zwischen Franzose» und Deutschen.
Die Haltung der reaktionären Rechten der f ranzösischen Natioital - Ve r s a ui in luttg läßt es immer deutlicher erkennen, daß sie entschlossen ist, in der laufenden Session die Dinge zur Entscheidung zu drängen und die monarchische Lösung, sei es mit Hilfe Thiers', sei es gegen ihn, herbeiztt-sühren. Die Niederlagen, welche die Führer der Rechten bei den Generalrathöwahlen erlitten haben, haben dieselbe mir belehrt, daß angesichts des immer mehr um sich greifenden Republikauismus durchaus keine Zeit zu verlieren fei, wenn noch etwas für die Monarchie zu retten möglich fein soll. Wie die «achen heute stehen, soll erst der Eintritt der Prinzen von Orleans in die Kammer abgewartet werden, um den offenen Kampf gegen die Republik auf der ganzen Linie zu beginnen, die Zeit bis dahin aber zur Ebnung des Terrains für die monarchischen Aspirationen benützt werden. Zn den hervorragendsten Hindernissen für diese Pläne gehören die noch iu Amt und Würden befindlichen Republikaner, an der Spitze die Minister Jules Simon und Dufaurc, einige Präfekten und ein Theil des Richterstandes.
Der Prinz von Wales entwickelt mehr Zähigkeit, als feine besten Freunde zu erwarten wagten. Trotz aller düsteren Bulletins und voreiliger 'Nekrologe leistet er dem Tode hartnäckigen Widerstand. Sämmtliche englische Journale, die radikalen nicht ausgenommen, bezeugen ihr tiefes Mitgefühl mit dem Prinzen, und die hauptstädtische Bevölkerung hat ihre alte Abneigung gegen denselben ebenfalls vergessen.
Der „Pall Mall Gazette" wird von ihrem Korrespondenten in Rout unterm 2. d. geschrieben, daß der Papst sehr erzürnt über den Kaiser von Brasilien ist, der mit der Kaiserin eben Rom verlassen hat. Er faim eö Dom Pedro nicht verzeihen, daß er der Eröffnung des italienischen Parlamentes beigewohnt hat. Das Erscheinen eines invito sacro vom Kardinalvikar wird angekündigt, das den Gläubigen unter Androhung der Exkommunikation verbieten wird, den Siamiuerbebattcu beizuwohnen oder den Fuß in die entheiligten Räume des Palastes Montecitorio (den ParlantentSsaal) zu setzen.
Die letzte Cap - Post mit Daten aus der Eap-Stadt vom ü. November meldet, daß die engli -l" ch e Regierung die Diamantenfelder vermittelst einer Proklamation amtexirt hat. Die Felder wurden in drei Gerichtsbezirke cingetheilt und die betreffenden Justizbeamten ernannt. Die Regierungen der Freistaaten trugen, bevor der Gewaltakt Englands vollzogen wurde, auf schiedsrichterliche Entscheidung mit dem Kaiser von Deutschland, dem König von Holland oder dem Präsidenten Grant als Unparteiischen an; doch wies Sir Henry Barkly diesen Vorschlag als zu spät kommend zurück.
Zur Tagesgeschichte.
.—_jp eifert gibt im dritten Bande seiner „Geschichte Oesterreichs vom Ausgange des Wiener Oktober-Aufstandes 1848" eine interessante Schilderung der Vorgänge bei der Abdankung Kaiser Ferdinand« in Olmtitz und erzählt unter anderem folgende Episode: „Nachdem die Abdankungs-Urkunde vom Kaiser und vom Erzherzog Franz Karl unterfertigt, vom Minister des kaiserlichen Hauses gegengezeichnet war, trat der neue jugendliche Kaiser zu dem alten Herrn und ließ
sich vor ihm auf das Knie nieder. Vor heftiger innerer Bewegung keines Wortes mächtig, schien er seiner dankbaren Rührung Ausdruck geben und den Segen feines gütigen Oheims sich erbitten zu wollen; der neigte sich über ihn, segnete und umarmte ihn und sagte in seiner gutmiilhig schlichten Weise: „Gott segne Dich, sei nur brav, Gott wird Dich schlitzen; es ist gern geschehen!" Diese Worte — sie wurden nur von den Ncichslstehendcn vernommen — waren die einzigen des ganzen Akte«, die nicht im Programm vorgezeichnet waren."
— Die Redakteure des „Dziennik Polski" haben eine Beschwerdeschrist an den Preßminister gerichtet, in welcher sie über das Gebähten der Semberger Staatsanwaltschaft Klage führen. So oft wir, lassen sich die Redakteure vernehmen, die Koterie angreifen, welche bei uns alle Landesangeleg-nheiten gleichsam in Pacht nahm, da ist sofort der Herr Staatsanwalt bei der Hand, um die betreffenden Exemplare als staatsgefährlich zu konfiSziren. Und gar eigentümlich ist die Begründung dieser Maßregel. „Sie scherzen Uber Herrn Kasimir (Grocholski), und Herr Kasimir ist mein Schulkollege, über den ich keinen Scherz gestatten kann. Sie sagen, Herr Kafiititr wäre ein Faul-lenzer, während ich selbst öfters Zeuge seiner Arbeitslust war." So hat ein Mitglied der Lemberger Staatsanwaltschaft die Beschlagnahme eines Blattes gerechtfertigt, und als da letzthin der „Dziennik" wieder dem staat'sanwaltlichen Grimme oder richtiger der persönlichen Freundschaft, die -Anwalt und Ex-Minister verbindet, zum Opfer fiel, kam etwas vor, was nur im Reiche der Unwahrscheinlichkeiten sich ereignen kann. Der Redakteur erhielt auf die Frage, nach welchem Paragrafe die Beschlagnahme erfolgt sei, den Bescheid: „Der Paragraf wird sich schon finden!"
— Seit einigen Tagen weilt in Agram der berühmte Naturforscher und Afrika-Reisende A. E. 58 r e h nt und beabsichtigt einige Jagdausflüge nach Severin und Bozjakovina zu machen, wo auf Bären und Wölfe Treibjagden veranstaltet werden sollen. Der eifrige Naturforscher benützt aus seiner wissenschastlichen Reife diese willkommene Gelegenheit, um feine Erfahrungen über „das Thierleben" zu bereichern. Weiler sind Dr. Hermes, Schriftsteller und Chemiker, und Dr. Ed. M o h'r, der in wissenschaftlichen Kreisen wegen seiner dreimaligen Wellnmseglung, die er unternahm, in großem Ruse steht, in Agram angekommen. Die benannten Herren beabsichtigen die dortigen wissenschaftlichen Anstalten sowie industrielle Unternehmungen zu besichtigen.
— 'Pfahlbauten in österreichischen Seen. Mit sehr günstigem Erfolge sind mit den vom Grafen I. Wilczek zur Disposition gestellten Mitteln unter der Leitung des Grafen G. Wnrmbrand auch im letzten Sommer die Baggerungen nach Pfahlbauresten in unseren Seen fortgesetzt worden. Eine beträchtliche Zahl neuer Stationen im Attersee, dann auch im Gninndner See und im Keutschach er See in Kärnten wurden aufgefunden und in ihnen eine reiche Ausbeute an Steinwerkzeugen, bearbeiteten Knochen, Topffcherben tc. rc. gemacht.
— Erlieft Rena n, der bekannte französische Schriftsteller, führt in einem soeben in Paris erschienenen Buche aus, daß die Wiedererwerbung der verlorenen Provinzen das erste Gebot der französischen Zukunftspolitik fein müsse. Er erinnert, daß Frankreich die Schleppe Rußlands tragen, daß es mit dem Papstthum einen Pakt schließen, daß es sich vielleicht dem Legitimismus in die Arme werfen werde, desien Anhänger allein noch eines richtigen Fanatismus fähig seien. Renan scheint zwar selbst überzeugt zu fein, daß eine solche Politik nur Unheil für Frankreich im Gefolge haben würde, aber es gehe nun einmal nicht anders. Die besten Köpfe Frankreichs sind Fatalisten geworden.
— Ein Herr in London bot eine Wette von einhundert Pfund Sterling, daß kein Mensch im Stande sei, eine Million Striche mit Feder und Tinte in einem Monate zu machen. Die Striche sollen aber leine Punkte oder Schmitze fein, sondern so groß, wie sie Kinder im Anfänge bei dem Schreibunterricht zu
machen haben. Ei» anderer Herr nahm die Wette an. Der Monat Februar, von 28 Tagen, wurde zur Ausführung der Wette angenommen. Darnach hatte der Strichmacher nun täglich 36,000 Striche zu liefern. Das ist 60 in einer Minute oder 3600 in einer Stunde bei zehn Stunden Arbeitszeit. Mit schuldiger Rücksicht auf den Sonntag beschloß der Streichende, die tägliche Durchschnittszahl auf 41.000 zu erhöhen. Am ersten Tage brachte er 50.000, am zweiten ebenso viel fertig. Aber mit der Zeit sanken die Kräfte; die Hand wurde steif und matt; das Handgelenk schwoll an und cs wurde nöthig, daß selbst während der Arbeit auf dem Papier jemand die §mnd des Arbeitenden mit stärkenden Bütteln besprengen mußte, um sie zu stärken. Am 23. war die Wette mit einer Million und einigen Tausend Strichen gewonnen und wurde auch pünktlich bezahlt.
—	Im „Athenäum" liegen intereffante Mitteilungen -über die von Herrn I. T. Wood geleiteten Ausgrabungen in Ephesus und namentlich über die Vage des Tempels der Diana vor. Vor zwei Jahren stieß Herr Wood auf die von Augustus errichtete Mauer, die nahe einem Winkel vier eingemauerte Inschriften trug, denen, zufolge die Mauer den Tempel der Diana und bas Augusteum umschloß. Man verfolgte die Mauer mehrere hundert Fuß weit und stellte innerhalb des heiligen Weichbildes mehrere Berfuchs-nachgrabungen an, wobei man das Pflaster des Tempels, sowie Frusta von weißen Marmorsäulen und zwei Kapitale von kolossalen Dimensionen entdeckte. Später fand man die aus dein Fußgestell und dem untern Theil bestehenden Ueberrefte einer der äußeren Säulen, die 6 Fuß 1 Zoll im Durchmesser hatte. Das Fußgestell scheint roth gewesen zu fein. Während der heißen Jahreszeit hatte man die Arbeiten eingestellt, dieselben sind jedoch wiederum ausgenommen worden, und Herr Wood zweiselt kaum, daß das Resultat die alte Kontroverse über die Bauart des Tempels der Diana u. s. w. beilegen wird. Herr Wood bereitet dem Vernehmen nach ein Werk über die Ausgrabungen in Ephesus für die Presse vor.
Lokal- und Provinzial-Angelegenheiten.
Original-Korrtsponde«;.
Gottschee, 12. Dezember. Wie die klerikale Partei in Kram das Landvolk in ihr Netz zu bringen weiß, hat der Kaplan von Soderschitz, Herr Valentin Pcnüg, gezeigt, indem er in der Nacht vom 8. auf de» 9. Dezember (. I. die Zettel mit den Namen der Wahlmänner in den Häusern der Urwähler kol-portirte, ein Vorgang, welcher sicherlich außerhalb .der Ssäre feines Wirkungskreises als Geistlicher liegt. Ein Antrag auf Nichtigkeit der Wahl wegen dieses moralischen Zwanges würde im krainischen Landtag erfolglos fei» — eine Ahndung von Seite des Oberhirten in Laibach ist nicht zu erwarten, abgesehen davon, daß dies nur palliative Mittel wären. Sollen dem Volke die Augen sur die Dauer geöffnet werden, so müßten radikale Mittel in Anwendung kommen. Freisinnige Patrioten oder die Regierung selbst, welche schon oft zur Ausforschung von Verbrechern, Beantwortung industrieller Fragen Belohnungen in Aussicht gestellt hat, sollten Preise für eine volkstümliche Beantwortung von Fragen, wie: ob die Zahlung von Messen nützlich oder demoralisirend ist :c. rc. ausschreiben. Derlei Fragen gibt es in Menge und wir sind überzeugt, daß durch eilte schlichte Beantwortung derselben jenes Uebergewicht, dessen sich Geistliche bei minder Gebildeten erfreuen, bald verschwinden und selbst einfache Landleute einfeheit würden, welch' ein großer Mißbrauch mit ihnen zu lange schon getrieben worden ist.
Lokal-Chronik.
—	(Die heutige Wahl in Laibach) endete abermals mit einem eklatanten Siege der liberalen Partei. Es erschienen 707 Wähler. Als Abgeordnete für die Landeshauptstadt wurden gewählt: Dr. v. Kaltenegger mit 377 und Dr. Suppan mit 378 Stimmen. Die klerikalen Kandidaten Val.
KriSper und I. Wilcher erhielten ungeachtet der äußersten Anstrengungen ihrer Partei nur 331 und 325 Stimmen.
— (Die Besetzung des neuorgani- • f i r t e n Sanitätspersonales) für die LandeS-anstalten wurde aus Anlaß einer aufgeworfenen Priu-zipienfrage von Seite des hiesigen LandesauSschuffeS vertagt.
— (Eine neue Telegraphen st ation) mit beschränktem Nachtdienste wurde zu I d r i a eröffnet.
— (S ch a de nfeu er.) Am 10. d. ist im Ort Slaridop, Bezirk Krainburg, im Wirthfchaftshaufe des Michael Sakotnik Nr. 7 aus unbekannter Ursache Feuer ausgebrochen. Der Stall, Dreschboden, drei Schupfen, 506 Ztr. Klee-, Heu- und Strohvorräthe sind ein Naub der Flammen geworden.
— (Aus dem Amtsblatte der „Laib.
Z t g.) Am Gymnasium zu Sign in Dalmatien ist eine Lehrerstelle zu besetzen. Bewerbungen bis 20. d. M. an den LandeSfchnlrath. — Aufforderung des Stadtmagistrates, zum Besten des ArmenfondeS die Gratu-lalions-Enthebungskarten zu erheben.
— (W a h 1 r e f u 11 a t e.) Von auswärts sind uns bisher nachstehende Wahlresultate bekannt geworden :
In Adelsberg-Oberlaibach-Laas: Der klerikale Kandidat K o t t n i g.
In Krainburg-Lack : Der klerikale Kandidat I u -goviz.
In Gottfchee-Reifniz: Einstimmig der Kandidat der VerfasiungSpartei Krome r.
Eingkscndrt.
Das Haus 8. Sacke * Co. in Hamburg
wird uns wegen prompter nnd cinsmerksciiner Bedienung seiner Interessenten so angelegentlich empfohlen, daß wir nicht umhin können, auf die im heutigen Blatte befindliche Annonce desselben ganz besonders hinzmveisen.
Angekommene Fremde.
Ain 13. Dezember.
Elefant. Ravniker, Moriiutsch. — Riipschl, Arzt, St. Georgen. — Valeniic, Spediteur, St. Peter. — Dr. Ho topf, Hannover. — Hotops, Pianist, Altona. — Potocniq, Kropp. — Patz, Wien. — Wogrin Josef und Anna und Wollstein, Handelsmann, Böhmen. — Hornjasek und Söro, Kaufleute, Wien.
Sta«lt Wien. Schwarz, Kfm., Wien. — Lilittger, Kfm., Graz. — Seitner, Forstmeister, Aßling. — Ritter von Savinseg, k. k. Oberlinttenant, Wien. — Mallner, Be sitzer, Beides.
Haler, llol'. Blaz, Handelsmann, Fiume, llloliven. Babnik, Student, Cattaro. — Feget, Privat, Jdria. — Perschmann, Magdeburg.
Verstorbene.
Den 1 i). Dezember.- Dem Herrn Michael Koncar, Schneidermeister, seine Gattin Alvisia, alt 42 Jahre, in der Stadt Nr. 226 in Folge von Tysns. —. Franz Juvan, Schustergeselle, alt 49 Jahre, im Zivilspital au Gelnrnläh tnnng. — Barbara Talcrin, Inwohnerin, alt 76 Jahre, im Zivilspital an Altersschwäche. — Josesine Hellwig, Private, alt 68 Jahre, in der Stadt Nr. 69 an der Lungentuberkulose.
Gedenktafel
über die am Iß. Dezember 1871 stattfinderden Lizitationen.
3. Feilb., Kutiaro'sche Real, ad St. Peter, BG. Vaibad).
—	2. Feilb, Svolsak'sche Real., heil. Geist, BG. Sacf. — 3. Feilb., Hiti'sche Real., Zala, BG. Laas. — Feilb.. Kristos'sche Real., St. Mareiu, BG. Laibach. — 1. Feil!'., Zokel'sche Real., Seuosetsch, BG. Seuosetsch.
Telegramme.
Wie». »4 Dezember. DaS Abendblatt der „N. Fr. Pr?' meldet: Der österreichische Gesandte Karolyi in Berlin und der deutsche Gesandte Schweinitz in Wien wurden nunmehr zum Range yyn Botschaftern erhoben.
Brünn. 13. Dezember. Don bekannten Land-«meindewahlen acht Verfassungstreue, 21 Deklaranten.
Linz, 13. Dezember. Städtewahlen: sämmt-liche Abgeordnete wiedergewählt, sämmtlich liberal.
London, 13. Dezember. Der Prinz von Wales verbrachte verflossene Nacht abermals in Aufregung ; Zustand besserungslos.
Wiener Börse vom 18. Dezember.
Staatsfonds.
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Verleger und für die Redaktion verantwortlich: Ottomar vamberz.