SLAVICA TGRgestina SLAVIC A T€Rgesuna volume 13 2011 Law & Literature S LAVI CA TCRgestma European Slavic Studies Journal ISSN 1592-0291 web www.slavica-ter.org email editors@slavica-ter.org published by Universita degli Studi di Trieste Dipartimento di Scienze Giuridiche, del Linguaggio, dell'Interpretazione e della Traduzione Universität Konstanz Fachbereich Literaturwissenschaft Univerza v Ljubljani Filozofska fakulteta, Oddelek za slavistiko editorial board Ivan Verč (University of Trieste) Jurij Murašov (University of Konstanz) Miha Javornik (University of Ljubljana) Blaž Podlesnik (University of Ljubljana, technical editor) editorial Antonella D'Amelia (University of Salerno) advis°ry b°ard Margherita De Michiel (University of Bologna) Patrizia Deotto (University of Trieste) Nikolaj Jež (University of Ljubljana) Alenka Koron (Scientific Research Centre of the Slovenian Academy of Sciences and Arts) Durda Strsoglavec (University of Ljubljana) Tomo Virk (University of Ljubljana) Copyright by Authors Contents ART ON TRIAL 8 „Sud nad iskusstvom" oder Wie im Gerichtsprozess gegen die Ausstellung Verbotene Kunst 2006 aus einem juristischen Prozess ein moralischer wurde „Sud nad iskusstvom" or How the Case against the Prohibited Art 2006 Exhibition turned from a Legal Trial to a Moral one $ SANDRA FRIMMEL 42 Maschinengewehre und ein Wettbewerb der Revolutionsprojekte: Der Prozess gegen Eduard Limonov Machine-guns and a Competition for the best Revolutionary Project: The Trial of Eduard Limonov $ MATTHIAS MEINDL 82 Il caso (azda) Posledna vecera: liberta d'espressione e verita religiosa nel processo di democratizzazione slovacco Caso (azda) Posledna vecera: Freedom of Expression and Religious Truth in Slovak Democratization Processes $ TIZIANA D'AMICO 104 npoTOTwn cygwT aBTopa (cnynaw M3 öonrapcKow c0^Ma«MCTMHecK0M KynKrypfci) A Protagonist Sues his Author (A case from Bulgarian Socialist Culture) $ aemka mabaapoba 116 Die Moskauer Prozesse der Jahre 1936 bis 1938 - Monströse Lehrstücke theatraler Entgrenzung The Moscow Trials (1936 to 1938) - Monstrous Plays of a Theatrical Transgression $ STEPHAN KOSSMANN slavica TERgestina 13(2011) > Law & Literature LANGUAGES OF LAW & THE LAWS OF LANGUAGE 142 „Jer moj otac je bio pravnik, jesam li to vec rekao" R. Konstantinovic, Dekartova smrt „Haven't I told you, my father was a lawyer?" R. Konstantinovic, Descartes' Death $ MARIJA MITROVIC 166 Mesa Selimovic: II derviscio e la morte Mesa Selimovic's Dervis i smrt $ MARIA CRISTINA MARVULLI 184 Pe^OpMyMMpOBKM B TeKCTe KOMMeHTapHH K pOCCMMCKOMy 3aK0H0gaTe«BCTBy b c^epe MHTen.eKTya.bHOM C06cTBeHH0CTM Reformulation of Language in the Commentaries Accompanying Russian Legislation in the Field of Intellectual Property $ LIANA GOLETIANI 212 Eine ganz andere Geschichte. Equity, Recht und Literatur A Completely Different Story: Equity, Fairness and Literature $ MAURO BARBERIS Sud nad iskusstvom" oder Wie im Gerütsprozess gegen die Ausheilung Verbotene Kun& 2006 aus einem jurihisien Prozess ein moralisier wurde1 $ Sandra frimmel ► sandra.frimmel@uzh.ch SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature Der Moskauer Gerichtsprozess gegen die Organisatoren der Ausstellung Verbotene Kunst 2006 wegen „Erregung religiöser und nationaler Feindschaft" trug deutliche Züge einer theatralen Inszenierung: vom „Casting" der Zeugen über die Skripte der Zeugenaussagen hin zum Applaus des Publikums. Hierin zeigen sich Parallelen zu den Inszenierungspraktiken der sowjetischen politischen Schauprozesse. Doch vor allem ein Vergleich mit den theatralen Agitgerichten der frühen Sowjetzeit verdeutlicht den moralischen Charakter dieses Gerichtsprozesses, der nicht nur gegen Einzelpersonen geführt wurde. Vielmehr diente er der Propaganda neuer orthodox-traditionalistischer künstlerischer Standards. Er versuchte, ein Exempel zu statuieren und mit juristischen Mitteln ästhetische Kategorien zu manifestieren sowie staatliche Normen der Kunstproduktion zu reinstitutionalisieren. VERBOTENE KUNST 2006, KUNSTFREIHEIT, AGITGERICHTE, SCHAUPROZESSE, GERICHTSTHEATER, MORALISCHE PROZESSE, SACHAROV-ZENTRUM The Moscow trial of the organizers of the exhibition Forbidden Art 2006, who were charged with incitement to religious and national hatred, in various respects resembled a theater play, starting with a "casting" of the witnesses, scripts for their testimonies in the courtroom to the applause of the audience. Herein one can discover significant parallels with the theatrical features of the Soviet show trials. But, most notably, a comparison of the Forbidden Art 2006 trial with the mock trials of early soviet times reveals its moral impact. This trial was not merely a trial of certain defendants but served the propaganda of new orthodox traditionalistic artistic standards. It was manufactured to make an example and to manifest aesthetic categories of art production as contemplated under the law. FORBIDDEN ART 2006, FREEDOM OF ART, MOCK TRIALS, SHOW TRIALS, COURTROOM THEATER, MORAL TRIALS, SAKHAROV CENTER Es handelt sich hier um die inhaltlich ergänzte Überarbeitung des bereits auf Russisch veröffentlichten Artikels: Frimmel, Sandra, 2011: Teatr na Taganke - reportaž odnogo processa. In: Viktoria Lomasko, Anton Nikolaev: Zapretnoe iskusstvo. Sankt Petersburg: Boomkniga. 9 Sandra FRIMMEL > „Sud nad iskusstvom" Die Übersetzungen folgen meiner Übersetzung von Zapretnoe iskusstvo ins Deutsche, Veröffentlichung im Herbst 2012 bei Matthes & Seitz, Berlin. PERFORMANCES VOR GERICHT ODER GERICHTSPERFORMANCES? Der Gerichtsprozess gegen die Organisatoren der Ausstellung Verbotene Kunst 2006 von Mai 2009 bis Juli 2010 lieferte den Anlass für zahlreiche künstlerische Performances: Im Vorfeld der ersten Sitzung wurde Justitia - in ein weißes Laken gehüllt, mit verbundenen Augen und mit einer rosafarbenen Waage sowie einem Schwert aus Plastik in den Händen - von einem Mann mit Hakenkreuz-Armbinde über den Innenhof des Gerichtsgebäudes getrieben. Mit einer langen Gerte peitschte er, dabei laut Gedichte rezitierend, den Rücken der Göttin der Gerechtigkeit und des Rechtswesens, der sich bald mit blutigen Striemen überzog. Währenddessen veranstaltete die Künstlergruppe Vojna eine „After-Show-Party" unter dem Motto „Unsre Faust in Eure Fresse" („Naš chuj - vaše očko")2. Mitten im Gerichtssaal performten die Künstler einen Song, der vor allem aus der Textzeile „Alle Bullen sind behindert" („Vse menty ubljudki") bestand. Am darauffolgenden Sitzungstag wurde ein Künstler in besagtem Innenhof von einer vermeintlichen Journalistin interviewt, die ihn zu seiner Meinung über das aktuelle Gerichtsverfahren befragte. Er erklärte ihr, ihm werde davon physisch schlecht und begann sich zu übergeben. Und am Tag der Urteilsverkündung, dem 12. Juli 2010, hatte ein Aktivist der Gruppe Vojna geplant, während der Verlesung des Urteils 620 MadagaskarFauchschaben, 900 Venezuela-Leuchtschaben und 2.000 Grauschaben freizulassen. Doch die Wachmänner am Eingang ins Gerichtsgebäude schöpften Verdacht und rissen die Schachteln, in denen sich die Kakerlaken befanden, auf, woraufhin sich die befreiten Tiere im gesamten Gerichtsgebäude ausbreiteten. 10 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature In diesen und weiteren künstlerischen Performances im Umfeld des Gerichtsprozesses gegen die Angeklagten Andrej Erofeev und Jurij Samodurov schufen vor allem jüngere Künstler eindringliche Bilder für ihre ablehnende und verurteilende Haltung gegenüber diesen Verhandlungen über die Freiheit der Kunst. Doch ungeachtet ihres Einfallsreichtums und ihrer Einprägsamkeit sind diese Performances vor Gericht nicht der eigentliche Grund, aus dem ich mich im vorliegenden Text den Inszenierungspraktiken vor Gericht in diesem Verfahren wegen Schürens von religiösem und nationalem Hass widmen möchte. Der eigentliche Grund sind Performances einer anderen Art, nämlich jene vielfältigen Strategien der Anklagevertreter im Laufe des gesamten Verfahrens, die diesem juristischen Prozess den Anschein einer theatralen Inszenierung - einer Gerichtsperformance - gaben. Um diese Strategien herauszuarbeiten werde ich mich auf unterschiedliche Materialien stützen, sowohl auf juristische Dokumente wie Anklageschrift, Expertengutachten und Zeugenaussagen als auch auf Berichte aus den russischen Medien. Darüber hinaus werde ich eine einzigartige Gerichtsreportage als Quelle heranziehen, den Reportagecomic Zapretnoe iskusstvo (Verbotene Kunst) von Viktoria Lomasko und Anton Nikolaev. Dieser „Gerichtscomic" - sozusagen eine „visuelle Stenographie" (Pirotte 12) des Prozesses - oszilliert in seiner Form zwischen Gerichtsreportage, Tagebuch und Comic und vermittelt einen seltenen visuellen Eindruck vom Geschehen vor Gericht. Durch diese komplementäre Nutzung juristischer, journalistischer und bildlicher Quellen kann die Aufmerksamkeit auf Details der Inszenierungsstrategien gelenkt werden, die sich in einer reinen Fokussierung auf die juristischen Dokumente nicht in dieser Deutlichkeit erschließen würden. 11 Sandra FRIMMEL > „Sud nad iskusstvom" Andrej Erofeev ist der Bruder des Schriftstellers Viktor Erofeev. Dannaja provokacionnaja vystavka grubo narusaet obscestvennyj porjadok i javljaetsja otkrovennym vyzovom obscestvennoj morali i nravstvennosti. VERBOTENE KUNST 2006 - DIE INSZENIERUNG EINES PROZESSES Die Ausstellung Die Ausstellung Verbotene Kunst 2006, kuratiert von dem ehemaligen Direktor der Abteilung für zeitgenössische Kunst der Staatlichen Tretjakov Galerie Andrej Erofeev3, zeigte - jedoch nur durch kleine Gucklöcher in den Stellwänden - Kunstwerke, die im Verlauf des Jahres 2006 in Moskauer Galerien und Museen entweder von ihren Direktoren oder von den dafür zuständigen internen Kommissionen nicht zur Ausstellung freigegeben worden waren (abb. 1). Anlass hierfür waren vor allem die Verwendung religiöser Symbole oder anstößiger Wörter sowie die Abbildung nackter Körper, beispielsweise in Arbeiten von Aleksandr Kosolapov, der Gruppe Blue Noses, von Avdej Ter-Ogan'jan und Ilya Kabakov. Erofeev wollte mit dieser Schau eine auf mehrere Jahre angelegte Ausstellungsreihe eröffnen, die Tendenzen der institutionellen Selbstzensur erfassen und zur Diskussion stellen sollte. Doch anstatt dieses Podium zu nutzen, sprachen sich wie auch schon im Fall der Ausstellung Vorsicht, Religion! zahlreiche Kirchenvertreter und Vertreter orthodoxer Splitterorganisationen gegen Erofeevs, wie der stellvertretende Vorsitzende der Abteilung für kirchliche Aussenbeziehungen des Moskauer Patriarchats Vse-volod Caplin sie nannte, „gotteslästerliche" („kosunstvennaja") (interfax) Ausstellung aus. Neben anderen reichte der Koordinator der Volkskirche (Narodnyj sobor) und gleichzeitig Direktor des Zentrums für Volksverteidigung (Centr narodnoj zascity), Oleg Kassin, Klage bei der Moskauer Staatsanwaltschaft ein, in der es hieß: „Diese provokatorische Ausstellung stört empfindlich die öffentliche Ordnung und ist ein unverhohlener Angriff auf die öffentliche Moral"4 (Narodnyj sobor). 12 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature Der Prozess Das Casting Nachdem aufgrund dieser und weiterer Klagen am 23. Mai 2007 ein Untersuchungsverfahren nach Paragraph 282, Absatz 2b wegen Erregung religiöser und nationaler Feindschaft unter Ausnutzung der beruflichen Position eingeleitet worden war, startete die Organisation Volksverteidigung einen Aufruf an alle „Mitfühlenden" („neravnodusnye") (maponz.info), sich als Zeugen in der Sache Verbotene Kunst 2006 zu melden: „Die Untersuchungen in der Sache der Ausstellung .Verbotene Kunst 2006' haben begonnen [...]. Wir bitten alle Mitfühlenden, sich daran als Zeugen zu beteiligen. Die Untersuchungen werden von Evgenij Evgen'evic Korobkov geleitet, der alle Aussagewilligen unter der Adresse der Taganer Bezirksstaatsanwaltschaft [...] erwartet"5 (maponz.info). In diesem Aufruf wurde hervorgehoben, dass „nicht nur jene [als Zeugen] auftreten können, die die Ausstellung besucht haben, sondern auch alle anderen, die über die auf der Ausstellung gezeigten Werke empört sind"6 (maponz.info). Darauf folgte eine Liste der ausgestellten Kunstwerke mit knappen Werkbeschreibungen. Auf der Internetseite der Volksverteidigung fand sich darüber hinaus ein schablonenhafter Beispielbrief, den die „Mitfühlenden" lediglich mit kleinen Veränderungen (Auslassungen oder Hinzufügungen einiger weniger Worte oder Sätze) an die Staatsanwaltschaft schickten. Zwar ist dieser Beispielbrief mittlerweile nicht mehr auf der Internetseite der Volksverteidigung auffindbar, doch sein Gerüst lässt sich durch einen Vergleich von mehrere Ordner füllenden Briefen, die als Beweismittel im Verfahren dienten, weitgehend rekonstruieren: Načato sledstvie po delu vystavki ,Zapretnoe iskusstvo 2006' [...]. Vsech neravnodusnych prosim prinjat' učastie v kačestve svidetelej. Sledstvie vedet Korobkov Evgenij Evgenevič, vsech želajuščich ždet po adresu [...] Tagansk(oj) prokuratur(y) [...]. [...] mogut vystupit' ne tol'ko ljudi, posetivšie vystavku, no tak že vse, vozmuščennye rabotami, predstavlennymi na dannoj vystavke. Seit dem 7.03.2007 findet in Moskau am Zemljanoj val 57/6, wo sich das Sacharov-Zentrum und Museum für „Frieden, Fortschritt und 13 Sandra FRIMMEL > „Sud nad iskusstvom" S 7.03.2007g. po adresu: g. Moskva, ul. Zemljanoj val dom 57 str. 6, gde raspolagaetsja muzej i obščestvennyj centr ,Mir, progress i prava čeloveka' im. Andreja Sacharova, prochodit vystavka pod nazvaniem Zapretnoe iskusstvo", na kotoroj predstavlenyj eksponaty, oskorbljajuščie naši religioznye čuvstva. Ob etoj vystavke my uznali iz radio „Echo Mosvky" 16.03.07. My znaem, čto v 2003g. v etom muzee prochodila vystavka „Ostorožno, religija!", protiv ustroitelej kotoroj Taganskoj Prokuratoroj bylo vozbuždeno ugolovnoe delo No 4616 po stat'je 282 UK RF č. 2 p. B. V dannyj moment v muzee predstavleny eksponaty analogičnogo, koščunstvennogo charaktera pod rukovodstvom togo že direktora Samodurova Ju.V., kuratorom vystavki javljaetsja Erofeev A. My prosim pereseč' soveršajuščeesja prestuplenie i zakryt' vystavku. Menschenrechte" befindet, die Ausstellung „Verbotene Kunst" statt, auf der Exponate gezeigt werden, die unsere religiösen Gefühle beleidigen. Wir haben von dieser Ausstellung im Radio, von „Echo Moskau" am 16.03.07 erfahren. Wir wissen, dass im Jahr 2003 in eben diesem Museum die Ausstellung „Vorsicht, Religion!" gezeigt wurde, gegen deren Organisatoren die Taganer Bezirksstaatsanwaltschaft das Verfahren Nr. 4616 nach Artikel 282, Absatz 2b des StGB der Russischen Föderation eingeleitet hat. Derzeit sind im Museum auf Verantwortung seines Direktors, eben dieses Ju. V. Samodurov, und des Kurators A. Erofeev Werke von gleichem gotteslästerlichen Charakter zu sehen. Wir ersuchen darum, dieses Verbrechen zu unterbinden und die Ausstellung zu schliessen7 (gif.ru). Im Anschluss an diese Briefkampagne gab ein Teil der „Mitfühlenden" - die späteren Zeugen vor Gericht - ihre Aussagen vor dem erwähnten Untersuchungsführer zu Protokoll. Diesen Zeugenaussagen, die den beiden Anklageschriften als Beweismittel beigefügt waren, lagen wie bereits den Briefen ein beziehungsweise mehrere verschiedene vorgefertigte Texte zugrunde. Anhand von Erofeevs Anklageschrift lässt sich zum Beispiel ersehen, dass die Aussage von Anna Sergejeva inhaltlich identisch ist mit der Aussage ihres Ehemannes Vladimir Sergejev („po svoemu soderžaniju analogicnye pokazanijam Sergeeva V.S.") (13), dem Vorsitzenden der Volksverteidigung (Narodnaja zaščita), der wie auch Oleg Kassin eine Klage gegen die Ausstellungsorganisatoren eingereicht hatte. Sieben Zeugenaussagen sind identisch mit der Aussage des Zeugen Michail Nalimov („analogičnye pokazanijam Nalimova M.A."), der in seiner Aussage vor allem hervorhebt, dass von den „Provokateuren, also von den Ausstellungsorganisatoren [...], offensichtlich der Plan der politischen und sozialen Destabilisierung 14 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature vor den Wahlen und der Diskreditierung Russlands und seines Volkes in den Augen der Bürger anderer Staaten geschmiedet wurde"8 (14) und zu Protokoll gab, „dass nichts von dem auf der Ausstellung Gezeigten einen Bezug zur Kultur hat"9 (15). Weiterhin sind 15 Zeugenaussagen identisch mit der Aussage des Zeugen V. Rodinov, 4 sind identisch mit der Aussage des Zeugen Kovtunenko, und 90 Zeugenaussagen sind identisch mit der Aussage von Michail Ljuksin. Ljuksin hatte bereits im Verfahren gegen die Organisatoren der Ausstellung Vorsicht, Religion! ausgesagt, nachdem er in einem vorangegangenen Verfahren wegen Störung der öffentlichen Ordnung und Sachbeschädigung wegen der Zerstörung derselben Ausstellung angeklagt, jedoch freigesprochen worden war. Der Kernpunkt seiner Aussage lautete: „Die Ausstellung war eine Herausforderung des orthodoxen Glaubens, der Russischen Orthodoxen Kirche, aller gläubigen Bürger und war geplant als wiederholte (in Bezug auf das Jahr 2003) Provokation, um religiösen und nationalen Hass sowie Feindschaft zu schüren"10 (29). Insgesamt fanden sich auf diese Weise mehr als 130 Zeugen der Anklage, die zu einer Aussage vor Gericht bereit waren: eine Prozedur, die aufgrund des mehrstufigen Auswahlverfahrens (1. die Briefkampagne und 2. die Protokollierung der Zeugenaussagen) unweigerlich an ein Casting für ein Theaterinszenierung erinnert, auch wenn dieses Auswahlverfahren keine abgelehnten Bewerber kennt. Provokatorami, to est' ustroiteljami vystavki [...], očevidno, vypolnjalsja plan na destabilizaciju političeskoj i social'noj obstanovki pered vyborami, na diskreditaciju Rossii i ee naroda v glazach graždan drugich gosudarstv. [...] čto vse predstavlennoe na vystavke nikakogo ontošenija k kul'ture ne imeet. 10 Vystavka javilas' vyzovom Pravoslavnoj vere, Russkoj Pravoslavnoj Cerkvi, vsem verujuščim graždanam i zadumyvalas' kak povtornaja (v sravnenii s 2003 godom) provokacija, napravlennaja na razžiganie religioznoj i social'noj nenavisti i vraždy. Proben, Auftritt und Applaus Mit dem Prozessbeginn am 29. Mai 2009 begannen zeitgleich die Unterweisungen der durch den Aufruf der Volkskirche rekrutierten Zeugen. Wie diese Instruierungen vor sich gingen, wird jedoch nicht anhand der Protokolle der einzelnen Sitzungen vor Gericht ersichtlich, denn sie fanden außerhalb des Gerichtssaals auf den Gängen des Gerichts- 15 Sandra FRIMMEL > „Sud nad iskusstvom" gebäudes statt. Doch die gezeichnete Gerichtsreportage Verbotene Kunst ermöglicht hier erhellende Einblicke. Zu Beginn des vierten Kapitels „Drei falsche Zeugen" („Troe lzesvideteli") begegnet uns zunächst das zentrale Utensil der Zeugen der Anklage - ein Spickzettel mit ihrer vorgefertigten Zeugenaussage (abb. 2). Auf diesem Spickzettel ist zu lesen: „Von der Ausstellung .Verbotene Kunst' habe ich aus dem Radio, von ,Echo Moskau', und aus dem Internet erfahren. Ich war tief empört von der Ausstellung. Diese Arbeiten verletzen die Gefühle der Gläubigen". Und der Texter Anton Nikolaev schreibt: „Am 26. Juni wurden drei Zeugen der Anklage befragt. Vor Beginn der Sitzung steckte der Zeuge Michail Na-limov, einer der Initiatoren des Prozesses, ihnen allen Spickzettel zu und instruierte sie, was sie auf die Fragen im Zeugenstand antworten sollten" (42). In der darauffolgenden Zeichnung hat die Zeichnerin der Reportage Viktoria Lomasko festgehalten, wie der bereits erwähnte Zeuge Nalimov der nächsten Zeugin Tatjana Areskevic vor allen Leuten genaue Instruktionen gibt und ihr einen Spickzettel zusteckt (abb. 3). Im Zeugenstand schließlich, eingefangen in der dritten Zeichnung des Kapitels, liest die Zeugin ihre Aussage vom Spickzettel ab: „Von der Ausstellung habe ich aus Radio erfahren. Die Arbeiten habe ich im Internet gesehen" (abb. 4). Diese Beobachtungen im Reportagecomic decken sich mit anderen, nur in schriftlicher Form vorliegenden Reportagen aus dem Gerichtssaal, beispielsweise von Evgenija Rile oder Vera Vas'ileva, in denen wiederholt hervorgehoben wird, dass sich die Aussagen der Zeugen der Anklage im Wortlaut glichen und teilweise sogar abgelesen wurden. Diese Instruierung der Zeugen sowie die Aushändigung der Spickzettel mit dem Text der Zeugenaussage lässt - im Anschluss an das Casting - an Proben für eine Inszenierung mit vorher verteilten Rollen denken, bei der die Darsteller auch während 16 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature der Aufführung - ihrem Auftritt im Zeugenstand - noch Mühe haben ihren Text zu memorieren. Eine Rekonstruktion des Textes dieser Spickzettel ist anhand des vorhandenen Materials nur lückenhaft möglich, doch aufgrund verschiedener Zeugenaussagen liegt die Vermutung nahe, dass auch auf Formulierungen aus den Expertengutachten zurückgegriffen wurde. Im sechsten Kapitel der Gerichtsreportage „Haben Sie überhaupt den Segen zum Zeichnen erhalten?" („Blagoslovenie na risovanie est'?") lesen wir beispielsweise, wie die Zeugin Elena Cerepanova in ihrer Aussage vorbringt: „In den Werken von Ter-Ogan'jan, Kosolapov und anderen kann ich weder künstlerische noch handwerkliche Qualitäten erkennen!!!".11 Diese Aussage scheint sich inhaltlich direkt an das kunsthistorische Expertengutachten anzulehnen, in dem es heißt: „[M]it Kunst hat das hier nicht viel zu tun, auch nicht mit kreativem Schaffen [...]" (Eneeva 2008). In diesen beiden Zitaten klingt eine Sprachregelung an, die sich bereits während des Verfahrens gegen die Organisatoren der Ausstellung Vorsicht, Religion! herausgebildet hat und mit der ihre Gegner das Ziel verfolgten, der Gegenwartskunst ihren Status als Kunst abzusprechen, um den Schutz der Kunstfreiheit vor Gericht außer Kraft zu setzen. Auf diese Sprachregelung und ihre Besonderheiten werde ich später im Text noch kurz eingehen. Die vom Blatt abgelesenen Zeugenaussagen glichen sich oftmals im Wortlaut, wurden aber dennoch (oder gerade deswegen) wohlwollend aus dem Saal kommentiert. Die Gerichtsreportage zeigt uns beispielsweise, wie die Zeugin Areskevic, die bereits als Zeugin am Prozess gegen die Organisatoren der Ausstellung Vorsicht, Religion! beteiligt war, für ihre Aussage ein Lob von einer älteren Dame im Zuschauerraum erhält: „Sonja macht ihre Sache heute wirklich gut" (abb. 4). Auch im dritten Kapitel des Gerichtscomics „Orthodoxie oder Tod" („Pravosla- Diese Textpassage ist nur in der deutschen Übersetzung sowie in der Rohfassung der russischen Reportage im Blog von Viktoria Lomasko enthalten, http://so-glyadatay.livejournal. com/50i69.html. 17 Sandra FRIMMEL > „Sud nad iskusstvom" vie ili smert"') sehen wir, wie die Aussage des Priesters Pavel Burov „Im zaristischen Russland stand darauf die Todesstrafe", von einem seiner Gemeindemitglieder mit einem unterstützenden „Ganz richtig" kommentiert wird (abb. 5). Wie diese Beispiele zeigen, nahmen die im Saal Anwesenden, genauer die Gegner der Angeklagten - die unter diesen Umständen auch als Zuschauer einer Aufführung bezeichnet werden können - den gesamten Prozessverlauf über regen Anteil am Geschehen vor Gericht, störten die Verhandlungen wiederholt durch Bemerkungen und Zwischenrufe und teilten auch persönliche Meinungen über das zu fällende Urteil mit, wie eine Szene aus dem neunten Kapitel „Die Schlussplädoyers" („Prenija storon") anschaulich macht: Das Fazit des Staatsanwalts lautete: „Die Schuld von Samodurov und Erofeev ist vollständig erwiesen... Ich fordere für jeden drei Jahre Freiheitsentzug in einem Straflager." Heftiger Applaus aus dem Saal. Anschließend war die Verteidigerin Anna Stawitskaja an der Reihe. Sie zeichnete eine Chronik der Schritte der Antragsteller aus der Volkskirche nach und zeigte, wie organisiert die Klagen eingereicht worden waren. „Nur drei Jahre für solch ein Verbrechen'?", fragte Stawizkaja ironisch. „Zu wenig!", rief das Publikum, „Erschießen!". Nach diesen Ausführungen über die verschiedenen Etappen des Gerichtsverfahrens wird augenfällig, in welchem Maße sowohl die Vorbereitungen des Verfahrens seitens der Anklage als auch die einzelnen Sitzungen des Prozesses auf Inszenierungspraktiken aus dem Theater zurückgreifen: Der Aufruf an die „Mitfühlenden", sich als Zeugen zu melden, gleicht einem Casting. Die Instruktion der so ausgewählten Zeugen auf den Gängen des Gerichtsgebäudes und die Aushändigung der Spickzettel erinnern deutlich an einen Probenprozess, bei dem der 18 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature Regisseur mit seinen Darstellern den Text repetiert. Der Zeugenstand und mit ihm der Gerichtssaal werden anschließend zur Bühne, auf der die Zeugen der Anklage ihre einstudierten Rollen - wenn auch nicht auswendig - zum Besten geben, und die Zuschauer im Saal rundeten die Vorstellung ab, indem sie den Laiendarstellern applaudierten: ein Gerichtstheater anstelle eines Gerichtsprozesses, dessen Initiatoren trotz der schlechten Qualität der Inszenierung von ihrem Erfolg überzeugt schienen. Eti eksponaty unizili moi pravoslvanye cuvstva. Ja vizu v etich rabotach glumlenie nad simvolami christianstva. Moralzeugen Durch die Anwendung dieser theatralen Inszenierungspraktiken werden offensichtliche Rechtsbrüche begangen. Es ist an dieser Stelle jedoch nicht mein Interesse, diese in ihren juristischen Dimensionen zu erfassen. Vielmehr steht für mich die Frage im Vordergrund, welche unterschwellige Funktion des Prozesses sich aus diesen Rechtsbrüchen ableiten lässt, allen voran aus den Falschaussagen der Zeugen der Anklage vor Gericht. Bereits anhand der beispielhaften Episoden mit den Zeuginnen Areskevic und Cerepanova wurde deutlich, dass es sich bei den Zeugen der Anklage nicht um Augenzeugen im juristischen Sinne handelt, also um Personen, die durch ihre eigene Wahrnehmung Angaben zur Sache machen können. Vielmehr handelt es sich bei den Aussagen der Zeugen der Anklage um Meinungen, Wertungen und Schlussfolgerungen, die zumeist auf dem Hörensagen basieren. Obwohl sie die Ausstellung nicht mit eigenen Augen gesehen haben, erklären die orthodoxen Gläubigen im Zeugenstand (wie hier der Zeuge Igor' Savin) einhellig: „Diese Exponate haben meine orthodoxen Gefühle erniedrigt. Ich sehe in diesen Arbeiten eine Verspottung christlicher Symbole"12 (Ivancenko). Indem sie aussagen, dass ihre eigenen Gefühle verletzt wurden, bezeugen sie ihre persönliche Betroffenheit 19 Sandra frimmel > „Sud nad iskusstvom" und erscheinen weniger als Zeugen, denn vielmehr als Opfer. Durch ihre hohe Zahl (mehr als 130) versuchen sie zudem, sich im Gerichtssaal als Repräsentanten der öffentlichen Meinung zu präsentieren, und bezeugen durch ihre eigene Betroffenheit auch die Verletzung gesellschaftlicher Werte durch die in der Ausstellung gezeigten Werke zeitgenössischer Kunst. Diese Zeugen sind daher keine „Sprecher von Tatsachenwahrheiten" (Schmidt 72), sondern auf sie trifft zu, was Sibylle Schmidt über die politische Funktion des Zeugen schreibt: „(Z)eugenschaft (ist) konstitutiv für die Identität einer Gemeinschaft, insofern es [sic!] die Manifestation, Tradierung und Erinnerung von historischen und politisch identitätsbildenden Ereignissen bedeutet. Der Zeuge ist also einerseits politisch relevant als Garant des Rechts, andererseits als Garant kollektiver Identität" (72). Die Zeugen der Anklage im Prozess gegen die Organisatoren der Ausstellung Verbotene Kunst 2006 bezeugen also keine Tatsachen oder Ereignisse, sondern ein bestimmtes, in diesem Fall traditionalistisch-orthodoxes Wertesystem. Sie sind daher keine Gerichtszeugen im juristischen Sinn, sondern (in einer an dieser Stelle knapp gehaltenen Schlussfolgerung) Moralzeugen, wie ich sie nennen möchte, und bezeugen nicht eine konkrete Straftat, die sie mit eigenen Augen gesehen haben, sondern eine Gesellschaftsordnung - widergespiegelt in einem bestimmten Kunstbegriff - für die sie moralisch einstehen. die heutigen russischen kunstgerichtsprozesse und ihre historischen vorläufer Die oben beschriebenen theatralen Züge des Gerichtsprozesses gegen die Ausstellung Verbotene Kunst 2006 erinnern in einem russischen 20 slavica TERgestina 13(2011) > Law &Literature Kontext unweigerlich an die sowjetischen Schauprozesse der 1920er und 1930er Jahre, wobei es mir hier keinesfalls um Ähnlichkeiten im Hinblick auf die politischen Ziele, sondern rein im Hinblick auf die Inszenierungspraktiken vor Gericht geht. Obwohl die Funktionsmechanismen der politischen Schauprozesse mittlerweile gut erforscht sind, möchte ich im Folgenden die Eckpfeiler ihrer formalen Inszenierung ins Gedächtnis rufen, um anschließend eine Gegenüberstellung des Prozesses gegen die Organisatoren der Ausstellung Verbotene Kunst 2006 mit den drei öffentlichen Moskauer Schauprozessen im Hinblick auf strukturelle Ähnlichkeiten vornehmen zu können. Sowjetische Schauprozesse Die sowjetischen Schauprozesse, die vereinzelt bereits in den frühen 1920er Jahren durchgeführt wurden, jedoch erst mit der Sachty-Affäre von 1928 eine breite Öffentlichkeitswirksamkeit erhielten (Cassiday 109), erreichten ihren verhängnisvollen Höhepunkt mit den Moskauer Prozessen in den Jahren 1936, 1937 und 1938. Sie hielten Gericht über die „inneren Feinde" der Sowjetunion. Neben ihren politischen Zielen, auf die ich an dieser Stelle nicht näher eingehen werde, sollten sie die „Beweise" erbringen, dass die damalige katastrophale wirtschaftliche Lage des Landes das Werk von ausländischen Spionen und Verschwörern war, die Sabotageakte in Fabriken und antisowjetische Propagandaaktionen durchführten. „Durch die Schauprozesse [...] wurde faktisch jedes Versagen, jede Schwäche, jede Kritik zu einer Aktion eines Diversanten und Agenten" (Pirker 61). Die zumeist ungerechtfertigt Angeklagten hatten vor Gericht ein umfassendes Geständnis über ihre Untaten abzulegen, das im damaligen sowjetischen Rechtssystem jegliche faktischen Beweise zu ersetzen vermochte und zu ihrer unumstößlichen Verurteilung führte. Durch die Schauprozesse wurde 21 Sandra frimmel > „Sud nad iskusstvom" zusätzlich zum äußeren Feind, der das Land an seinen territorialen Grenzen bedrohte, ein neuer Feindestypus eingeführt: der sogenannte innere Feind, der „Volksfeind" (vrag naroda), der das Land von innen heraus zu zersetzen drohte. Die sowjetischen Schauprozesse basierten, wie Julie Cassiday in ihrem Buch The Enemy on Trial anschaulich darlegt, ganz bewusst auf aus dem Theater entlehnten Praktiken. Das Geschehen im Gerichtssaal folgte einem von Fall zu Fall unterschiedlich detailliert ausgearbeiteten „Drehbuch". Wie Wladislaw Hedeler ausführt, finden sich in Dokumenten aus dem Privatarchiv des damaligen Chefs des NKVD Nikolaj Ezov, dem die Zeit des Großen Terrors ihre russische Bezeichnung der Ezovscina verdankt, Hinweise auf die umfangreichen Vorbereitungen der Moskauer Prozesse: den langwierigen Auswahlprozess der Angeklagten sowie der Zeugen für die Prozesse, die Bearbeitung des Manuskripts für die Schauprozesse durch Ezov selbst, Stalin und andere Parteifunktionäre sowie auf das Auswendiglernen der Rollen durch die Angeklagten im Vorfeld der Prozesse und zwischen den einzelnen Sitzungen (Hedeler 2003b 40ff.). Auch Sylvia Sasse hebt den Inszenierungscharakter der Schauprozesse, die in ihrem Ablauf einem klassischen Drama inklusive der Generalproben glichen, hervor (Sasse 347ff.). Ausgehend von dieser sorgfältigen Planung der Schauprozesse (deren Tücken in der Umsetzung durch eine sorgfältige und auch verfälschende Redaktion der originalen Sitzungsprotokolle vor ihrer Veröffentlichung vertuscht wurde) waren die Expertengutachten, die Zeugenaussagen, die oftmals von den Angeklagten selbst stammten, die Geständnisse der Angeklagten und auch das Urteil weitestgehend vorhersehbar. Eine Wiedereingliederung der Angeklagten in die Gesellschaft im Anschluss an den Gerichtsprozess, also ein Freispruch, war unmöglich. Die Angeklagten galten bereits allein aufgrund der 22 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature Anklageerhebung als schuldig (Cassiday 111), denn ihre „Fehler" waren nicht büßbar (Sasse 254). Der Chefankläger der Moskauer Prozesse Andrej Vysinskij bemerkte hierzu unmissverständlich: „Wenn wir jemand verhaftet haben, dann müssen wir auch seine Schuld beweisen, das ist Ehrensache" (Hedeler 2003a 193). Da die Schauprozesse ohne materielle Beweisstücke auskamen, hatten die Zeugen (d.i. zum Teil die Angeklagten selbst) die Funktion, die Schuld der Angeklagten herbeizusprechen (Sasse 311ff.). Das Wort des Zeugen galt ähnlich wie das Wort des Angeklagten als Indizienersatz. Auch dem Publikum war in den Schauprozessen eine wichtige Rolle zugedacht. Es applaudierte beispielsweise - animiert durch im Saal platzierte Claqueure - im Anschluss an die Verkündung der Urteile, zumeist Todesstrafen, und sollte auf diese Weise zum Ausdruck bringen, was die Pravda in ihrem Leitartikel vom 24. August 1936 für den Ausgang des ersten Moskauer Prozesses formulierte: „Das Urteil wird im Volk mit Genugtuung und Einmütigkeit begrüßt" (Hedeler 2003a 78). Presse und Rundfunk begleiteten die Schauprozesse mit breit angelegten Medienkampagnen. In zahlreichen publizierten Resolutionen von Versammlungen der Werktätigen war die Rede davon, dass die Schuld der Angeklagten zweifelsfrei erwiesen sei, wodurch das Urteil über sie bereits im Voraus gefällt wurde (Rogowin 43). In diesen Resolutionen und in den Zeitungsartikeln wurden die Angeklagten als Unrat, Abschaum, Geschmeiß, Bastarde, Schlangenbrut, tollwütige Hunde und als - der Schlüsselbegriff schlechthin - Schädlinge (vrediteli) bezeichnet. Diese Begriffspalette der Massenmedien deckt sich mit der Wortwahl vor Gericht. So spricht Vysinskij im offiziellen Prozessbericht von 1936 von den Angeklagten als „toll geworden[e] Kettenhunde" und als „Abschaum der alten Gesellschaft", bezeichnet sie als „Lügner und Clowns, elende Pygmäen, Möpse und Kläffer" (Prozessbericht 1936 77, 23 Sandra FRIMMEL > „Sud nad iskusstvom" 76, 79). Im Prozessbericht von 1937 nennt er die Angeklagten das „Aas, das die reine frische Luft des Sowjetlandes verpestet" (Prozessbericht 1937 372), und im Prozessbericht von 1938 ist die Rede von einem „übel riechenden Haufen menschlichen Abschaums" sowie von „Otterngezücht" (Prozessbericht 1938 472, 519). Diese aus einer Durchdringung des journalistischen Vokabulars mit Vysinskijs Formulierungen vor Gericht entstandene Sprachregelung, die durch die Medien eine weite Verbreitung erfuhr, sorgte dafür, dass die Angeklagten in den Augen der breiten Öffentlichkeit diskreditiert und bereits vor der Urteilsverkündung unwiderruflich aus der Gesellschaft ausgestoßen wurden. Heutige Kunstgerichtsprozesse und sowjetische Schauprozesse - eine Gegenüberstellung Viele dieser hier angerissenen strukturellen Merkmale der sowjetischen Schauprozesse finden sich auch in den heutigen russischen Kunstgerichtsprozessen, vor allem im Prozess gegen die Organisatoren der Ausstellung Verbotene Kunst 2006, wieder. Heute wie auch zur Zeit der Moskauer Prozesse kann man von Castings der am Prozess Beteiligten sprechen, wenn auch mit dem grundlegenden Unterschied, dass heute lediglich die Zeugen der Anklage rekrutiert werden, wohingegen in der Sowjetzeit auch die Angeklagten selbst einem Auswahlverfahren unterlagen; auch ist es wichtig zu bemerken, dass die Teilnahme der Zeugen an den heutigen Gerichtsprozessen in deutlichem Gegensatz zu den Schauprozessen ausnahmslos freiwillig und nicht unter Zwang erfolgt. Heute wie damals sind die Rollen vor Gericht im Vorhinein verteilt: Nicht nur die falschen Zeugen der Anklage im Prozess gegen die Ausstellung Verbotene Kunst 2006 lasen ihre Aussagen teilweise von Spickzetteln ab, sondern auch die Angeklagten und Zeugen in den Moskauer Prozessen, wie Lev Trockij und verschiedene internationale 24 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature Medien in ihrer Berichterstattung erwähnen (Hedeler 2003a 383, 401). Es muss jedoch angemerkt werden, dass im Fall von Verbotene Kunst 2006 nur die Zeugen der Anklage auf einen Spickzettel angewiesen waren, jedoch nicht die Angeklagten selbst: Die Zeugen und Vertreter der Verteidigung agierten nicht mit theatralen, sondern nach wie vor mit juristischen Mitteln. Heute wie damals ersetzen die Zeugenaussagen jegliche materiellen Beweismittel: Die Zeugen sprechen die Schuld herbei - in den sowjetischen Schauprozessen durch faktisch falsche Aussagen, im Prozess gegen Erofeev und Samodurov durch die Darstellung ihrer persönlichen Betroffenheit. Heute wie damals ignoriert das Gericht Beweise zur Entlastung der Angeklagten. Heute wie damals nehmen die Zuschauer im Saal aktiv Anteil an den Geschehnissen vor Gericht, kommentieren lebhaft die Aussagen der Zeugen und der Angeklagten oder die Urteilsverkündung, applaudieren dem Schlussplädoyer des Staatsanwalts. Heute wie damals dienten gezielt gesteuerte Briefkampagnen der Diffamierung der Angeklagten, wobei es sich im Fall der Moskauer Prozesse eher um Briefe und Resolutionen von Arbeiterkollektiven handelte, wohingegen heute vornehmlich schablonenhafte Briefe von Einzelpersonen zum Einsatz kommen. Auch das heutige Vokabular, mit dem die Gegner der zeitgenössischen Kunst versuchen, diese als schädliche und unrussische Erscheinung zu verunglimpfen, erinnert deutlich an das Vokabular der sowjetischen Schauprozesse. In den Gerichtsprozessen gegen die Organisatoren der Ausstellungen Vorsicht, Religion! und Verbotene Kunst 2006 ist beispielsweise die Rede von dem „parasitären Charakter" (Eneeva 2003) der Gegenwartskunst, von „Werkzeugen des Verbrechens" (Ljuksin 8) anstelle von Kunstwerken, von einer „Provokation schwerkranker Menschen" (Charcenko), von „psychisch anormalen" und „sozial gefährlichen" Menschen anstelle von Künstlern und von Kampagnen gegen „intel- 25 Sandra FRIMMEL > „Sud nad iskusstvom" In der Argumentation der Anklage vor Gericht sowohl im Fall von Vorsicht, Religion! als auch im Fall von Verbotene Kunst 2006 wird das russische Volk mit orthodoxen Gläubigen gleichgesetzt, und es wird argumentiert, dass die russisch-orthodoxe Religion die Grundlage des russischen Staates bilde. Po vsem priznakam [...], my imeem delo s kontrkul'turoj, ili vrazdebnoj kul'turoj, vyrazivsej destruktivyne, razrusitel'nye po otnosenijue k sovremennomu obsestvu tendencii, narastavsie d kul'ture Zapada na protjazenii 20 veka. [...] tormozom dlja processa konsolidacii rossijskich sootecestvennikov, protivorecascim provodimoj v nastojascee vremja politike Rossijskoj Federacii i razvernuto eju kul'turnym programmam. lektuellen Eiter" (Nesterov, Kvasa). Heute wie damals wird ein innerer Feind modelliert, der allerdings heute nicht nur gegen das russische Volk und gegen den russischen Staat, sondern auch - in deutlichem Unterschied zur Sowjetzeit - gegen die russisch-orthodoxe Religion agiere13: Vertreter der zeitgenössischen Kunstszene, jedoch weniger die Künstler selbst als vielmehr die Kuratoren und Ausstellungsmacher, also nicht jene, die die Kunst erschaffen, sondern jene, die sie der Öffentlichkeit zugänglich machen und für ihre Verbreitung sorgen. Und auch heute werden die Angeklagten - die inneren Feinde - der Sabotage beim Aufbau der neuen russischen Staatsordnung bezichtigt. Naturgemäß ist diesmal nicht die Rede von einem der zahlreichen Fünfjahrespläne, sondern von der Festigung der russischen Nation - ein Argument, das in der Aussage des Zeugen Nalimov bereits anklang und das das folgende Zitat der Kunsthistorikerin Natalja Eneeva nochmals vorbringt. In ihrem Expertengutachten bezeichnete Eneeva die zeitgenössische Kunst im Allgemeinen und die Ausstellung Verbotene Kunst 2006 im Besonderen als „Hemmschuh des Konsolidierungsprozesses der russischen Landsleute, der die Umsetzung der aktuellen politischen und kulturellen programmatischen Leitlinien der Russischen Föderation behindert"!4 (Eneeva 2003). Indem sie die Gegenwartskunst als für die staatliche Kulturpolitik schädlichen Faktor klassifiziert, führt Eneeva ein Argument weiter, das bereits im Prozess gegen die Ausstellung Vorsicht, Religion! eine Rolle spielte. Im sozio-kulturellen Expertengutachten war zu lesen: „Allem Anschein nach [...] haben wir es hier [bei der zeitgenössischen Kunst, Anm. d. Verf.] mit einer Gegenkultur oder einer feindlichen Kultur zu tun, die destruktive, die heutige Gesellschaft zerstörende Tendenzen zum Ausdruck bringt, die in der Kultur des Westens im Laufe des 20. Jahrhunderts gewachsen sind"!5 (Markova). Auf diese Weise werden nicht nur einzelne Per- 26 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature sonen wie Anrej Erofeev oder Jurij Samodurow, die nach Aussagen orthodoxer Aktivisten unter Beobachtung standen (Lomasko, Nikolaev 52), zu inneren Feinden stilisiert, sondern darüber hinaus auch die zeitgenössische Kunst als Phänomen in ihrer Gesamtheit. Agitgerichte - ein gemeinsamer historischer Vorläufer Im Zuge der Ausrufung der Gegenwartskunst als, um es überspitzt im Sowjetjargon zu formulieren, „Volksfeind" nähern sich die heutigen Gerichtsprozesse gegen Künstler und Ausstellungsmacher, wie gerade ausgeführt, zum einen strukturell deutlich den sowjetischen Schauprozessen an. Zum anderen lassen sie hierdurch aber auch einen gemeinsamen Vorläufer erkennen: die Agitgerichte der frühen sowjetischen Jahre, die die Inszenierungsmechanismen für die späteren politischen Schauprozesse lieferten und daher als Inkubator der politischen Schauprozesse bezeichnet werden können (Cassiday 190). Die Agitgerichte - mit Laiendarstellern besetzte Theaterstücke, die eine Gerichtsverhandlung in Szene setzten - wurden seit 1917 bis in die frühen 1930er Jahre hinein im Zuge des Proletkultes, der eine Kultur der neuen herrschenden proletarischen Klasse zu erschaffen suchte, aufgeführt. Sie dienten vor allem der Propaganda neuer hygienischer, moralischer und politischer Standards unter der oftmals ungebildeten und analphabetischen Bevölkerung, sie dienten der Propaganda einer neuen sowjetischen Moral und Gesellschaftsordnung. Im Skript des Gerichts über die Verwaltung des Kooperativs (Sud nad upravleniem kooperativa) von A. Speranskij und Ja. Manevic finden sich hierzu sehr anschauliche methodische Anmerkungen: „Der Schwerpunkt liegt hier auschließlich auf der Agitation sowie auf der Absicht, den Zuhörer zu bestimmten Handlungen zu motivieren, auf der Propaganda bekannter Ideen und der Verwicklung des Publikums in eine 27 Sandra FRIMMEL > „Sud nad iskusstvom" Centr tjazesti zdes' lezit iskljucitel'no v agitacii i pobuzdenii slusatelej k opredelennym dejstvijam, propagande izvestnych idej i vovlecenii auditorii v spor i obmen mnenij, v pobuzdenii ee k dal'nejsim iskanijam. Für diesen Hinweis und weitere Anmerkungen zu den Zielen der Agitgerichte danke ich sehr herzlich Gianna Frölicher, die derzeit an einer Lizentiatsarbeit am Slavischen Seminar der Universität Zürich mit dem Titel Die Rolle der „svideteli" (Zeugen) in den Agitsud-Inszenierungen arbeitet. Zadačej pokazatel'nogo processa javljaetsja ne nakazanie, a propaganda opredenlennych idej; poetomu obvinitel' i zaščitnik dolžnyj sosredotačivat' v svoich rečach vnimanie ne na ličnosti podsudimych i ne na prestupnych faktach, a na tech obščich uslovijach, kotorymi prestuplenie bylo vyzvano. In den späteren Agitergichten, die sich zeitlich bereits den frühen politischen Schauprozessen ab 1928 annähern, ist die Möglichkeit der Reintegration der Angeklagten immer weniger gegeben. In B. Sigals Sud nad Diskussion und einen Meinungsaustausch, auf der Motivation des Publikums zu weiteren Schritten"16 (5). Wie in den späteren politischen Schauprozessen wurde auch schon in den theatralen Agitgerichten ein innerer Feind des Volkes konstruiert, beispielsweise in Gestalt eines Alkoholikers, einer Rabenmutter oder einer Quacksalberin. Hierbei handelte es sich jedoch nicht um reale Verbrechen oder reale Verbrecher nach dem Gesetzbuch, sondern um von Laiendarstellern verkörperte soziale Typen, die letztendlich nicht wegen ihrer Taten selbst, sondern wegen der alten (zaristischen) Gesellschaftsordnung, die sie verkörperten, angeklagt waren, da deren Überbleibsel den Aufbau der neuen sozialistischen Ordnung behinderten. Speranskij und Manevic merken hierzu an: „Die Aufgabe des Schauprozesse [gemeint sind die Agitgerichte, Anm. d. Verf.] ist nicht die Bestrafung, sondern die Propaganda bestimmter Ideen; deswegen sollten sich der Ankläger und der Verteidiger in ihren Plädoyers nicht auf die Persönlichkeit des Angeklagten oder auf die verbrecherischen Fakten konzentrieren, sondern auf jene allgemeinen Umstände, durch die das Verbrechen begünstigt wurde"^ (11). Nach entsprechender Reue und Geständnis konnten die Angeklagten (zumindest in den früheren Agitgerichten)^ so in die Gesellschaft reintegriert werden (Cassiday 53), denn ihre Verfehlungen wurden im Gegensatz zu den vorsätzlich begangenen Verbrechen der Schauprozesse nur aus Dummheit, Unwissenheit oder Übermut begangen. Im Zentrum der Agitgerichte stand daher nach Frölicher nicht der einzelne Angeklagte, sondern die Gesellschaft als Ganzes. Agitgerichte waren moralische Gerichte. Deutlich wird dies auch anhand der Funktion der Zeugenfiguren, wie Frölicher in einer ihrer zentralen Thesen herausarbeitet: „Die Zeugenfiguren in den Agitgerichten ,bezeugen meist nicht die inszenierte Wirklichkeit' um das Verbrechen, sondern erfüllen eine performative Funktion, indem 28 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature sie die neue sowjetische Wirklichkeit bezeugen und durch den Akt des Bezeugens performativ herstellen." Nach diesen Ausführungen lassen sich über die bereits genannten Ähnlichkeiten der heutigen russischen Kunstgerichtsprozesse mit den sowjetischen Schauprozessen hinaus auch Ähnlichkeiten mit den Agitgerichten feststellen. So wie die Agitgerichte der Propaganda neuer sowjetischer moralischer Standards dienten, dienen auch die heutigen Kunstgerichtsprozesse der Propaganda neuer (orthodox-traditionalistischer) künstlerischer Standards seitens der Vertreter verschiedener orthodoxer Gruppierungen. Besonders deutlich wird dies anhand der Funktion der Zeugen, die auch heute - wie bereits im Abschnitt zu den moralischen Zeugen herausgearbeitet - nicht Tatsachen beschreiben, sondern ein moralisches Weltbild, d.h. einen Kunstbegriff, bezeugen, worin sie von den Zuschauern unterstützt werden. Auch die Konstruktion der zeitgenössischen Kunst per se als Feindbild der heutigen russischen Gesellschaft erinnert stark an die Konstruktion jener stereotypen Feindbilder wie sie in den Agitgerichten geschaffen wurden. Zwar ist es nicht nur aus Gründen der chronologischen Abfolge wesentlich wahrscheinlicher ist, dass die Inszenierungspraktiken der sowjetischen Schauprozesse als Vorbild für die heutigen Kunstgerichtsprozesse dienten, da diese weit stärker als die Agitgerichte im öffentlichen Bewusstsein verankert sind; doch gerade der moralische Charakter der Agitgerichte kommt in den heutigen Prozessen gegen Künstler und Ausstellungsmacher wieder verstärkt zum Tragen. znacharkoj (Gericht über die Quacksalberin), 1926, beispielsweise wird die Angeklagte zu zwei Jahren Einzelhaft in einer Besserungsanstalt verurteilt, auch wenn dieses Urteil aufgrund ihrer Unwissenheit auf sechs Monate Haft mit anschließender Vertreibung aus ihrem Heimatdorf abgemildert wird (27). Hier greift Cassidays Modell der grundsätzlichen Reintegration nicht mehr, denn die Angeklagte wird durch dieses Urteil aus der Gesellschaft ausgeschlossen. GERICHT UBER DIE KUNST Wie ich anhand dieser historischen Gegenüberstellungen zu zeigen versucht habe, sind die heutigen russischen Prozesse gegen Künstler 29 Sandra FRIMMEL > „Sud nad iskusstvom" Predstaviennye na vystavke eksponaty ne mogut podležat' ocenke kak prouvedenija iskusstva, prouvedenija chudožestvennoj kul'tury v sootvetstvii s prinjatymi v obščestve tradicionnymi ponjatijami i normami, oni ne predstavljajut nikakoj istoričeskoj ili kul'turnoj cennosti, ich uslovnaja stoimost' [...] možet icčisljat'sja neskol'kimi sotnjami rublej [...]. und Ausstellungmacher im Allgemeinen und gegen die Ausstellung Verbotene Kunst 2006 im Besonderen nicht nur Prozesse gegen einzelne Personen, sondern sie sind auch (und möglicherweise in erster Linie) moralische Prozesse: Sie sind moralische Prozesse gegen die zeitgenössische Kunst als gesellschaftliches und kulturelles Phänomen, die mit ihrem konventionslosen Umgang mit den gängigen religiösen und nationalen Symbolen dem tradierten Umgang mit diesen Symbolen zuwiderläuft. Einer der grundlegenden Vorwürfe der Anklagevertreter ist denn auch die Verwendung religiöser Symbole in einem profanen Kontext, im Kontext der Gegenwartskunst, wodurch diese mit einer in Russland - nicht zuletzt aufgrund des jahrzehntelangen Kunstdiktats des Sozialistischen Realismus - immer noch weit verbreiteten konservativ-traditionalistischen Auffassung von der Kunst als Sphäre des Schönen und Erhabenen bricht. In den Augen der Anklagevertreter handelt es sich bei der zeitgenössischen Kunst lediglich um „Pseudokunst" („psevdoiskusstvo") (gif.ru) ohne jeglichen traditionellen oder künstlerischen Wert, wie es ein Zeuge der Anklage im Prozess gegen die Ausstellung Vorsicht, Religion! formulierte: „Die auf der Ausstellung gezeigten Exponate können nicht als Kunstwerke, als Werke einer künstlerischen Kultur in Einklang mit den in der Gesellschaft üblichen traditionellen Begriffen und Normen beurteilt werden; sie besitzen keinen historischen oder künstlerischen Wert; ihr Wert [...] beläuft sich vielleicht auf einige hundert Rubel"19 (Rjachovskij 6). Darüber hinaus ist im Kontext der Gerichtsfälle oftmals die Rede von einem „satanistischen Kult" („satanskij kul't") anstelle von zeitgenössischer Kunst, wodurch die Gegenwartskunst von ihren Widersachern überaus findig als das Böse schlechthin diskreditiert wird: „Das erste Happening hat meiner 30 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature Meinung nach Satan durchgeführt, als er in Gestalt der Schlange Eva den Apfel geschenkt hat"20 (Sergeev 6). Bereits nach dieser lediglich ausschnitthaften Betrachtung der Position einiger orthodoxer Kirchenvertreter und Gläubigen gegenüber der zeitgenössischen Kunst drängt sich der Eindruck auf, dass die orthodoxe Gemeinschaft nicht nur die Deutungs- sowie die Verwendungshoheit über die religiösen Symbole für sich beansprucht, sondern darüber hinaus auch die Entscheidungsgewalt darüber, was zulässige und im Gegensatz dazu unzulässige Kunst ist: Genau dies versuchte sie in den beiden Verfahren gegen die Organisatoren der Ausstellungen Vorsicht, Religion! und Verbotene Kunst 2006 per Richterspruch zu fixieren, um ein Exempel zu statuieren. Indem Kirchenvertreter auf diese Weise die Kunstproduktion „notwendigen" Themen und „korrekten" Ausdrucksformen zu unterwerfen suchen, rücken sie unweigerlich in die Nähe der institutionalisierten Verfechter der alternativlosen Doktrin des Sozialistischen Realismus. Auch deswegen ist der Prozess gegen die Ausstellung Verbotene Kunst 2006 zu einem großen Teil ein moralischer Prozess, in dem „abweichende" künstlerische Normen und eine andere Vorstellung von Ästhetik verhandelt wurden, und erst in zweiter Linie ist er ein juristischer Prozess. Mit juristischen Mitteln sollten hier gesetzliche Normen der zukünftigen Kunstproduktion festgelegt werden. Im Unterschied zu den früheren moralischen Agitgerichten jedoch, in denen die Angeklagten trotz ihrer (aus Unwissenheit begangenen) Verfehlungen nach einem Reuebekenntnis in die Gesellschaft reintegriert wurden, besteht diese Möglichkeit für die heutigen Angeklagten nicht: Ihre Verbrechen werden als vorsätzliche gewertet, und daher sind ihre Strafen heute - wie auch in den Schauprozessen - juristisch und real, eine Reintegration in die Gesellschaft ist nicht vorgesehen. $ Pervyj cheppening, po moemu razumeniju, provel Satana v adu, kogda vselilsja v zmeja i Eve jabloko podaril. 31 Sandra FRIMMEL > „Sud nad iskusstvom" 32 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature 33 Sandra FRIMMEL > „Sud nad iskusstvom" Literatur CASSIDAY, Julie, 2000: The Enemy on Trial. DeKalb, Illinois: Northern Illinois University Press. charcenko, alja, 2005: Provokacija tjazelobol'nych ljudej. Kommersant" 16 (3100). www.kommersant.ru/doc/543430. 01. Februar. eneeva, natalja, 2003: Iskusstvovedceskoe ekspertnoe zakljucenie po ugolovnomu delu N4616. Moskau: Taganskaja mezrajonnaja prokuratura. 28. November. Ders., 2008: Iskusstvovedceskoe ekspertnoe zakljucenie po ugolovnomu delu N402588. Moskau: Taganskaja mezrajonnaja prokuratura. 20. April. frölicher, gianna, 2011: Die Rolle der „svideteli" (Zeugen) in den Agitsud-Inszenierungen. Zürich. In Vorbereitung. hedeler, wladislaw, 2003a: Chronik der Moskauer Schauprozesse 1936,1937 und 1938. Planung, Inszenierung und Wirkung. Berlin: Akademie Verlag. Ders., 2003b: Ezhov's Scenario for the Great Terror and the Falsified Record of the Third Moscow Show Trial. In: Stalin's Terror. High Politics and Mass Repression in the Soviet Union. Hg. Barry McLoughlin, Kevin McDermott. London: Palgrave Macmillan. 34-55. Dopros svidetelja obvinenija Ljuksina Michaila Aleksandrovica, 2004. Moskau: Taganskaja mezrajonnaja prokuratura. 10. November. ivancenko, natal'ja, 2009: Ne byval, no ocuzdaju. Agressivnye svideteli vynesli „prigovor" eks-direktoru Centra-muzeja 34 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature Sacharova. Novye izvestija. www.newizv.ru/culture/2009-09-29/115088-ne-byval-no-osuzhdaju.html. 29. September. lomasko, Viktoria, Nikolaev, Anton, 2011: Zapretnoe iskusstvo. Sankt Petersburg: Boomkniga. markova, natalja, 2003: Social'no-kul'turnoe ekspertnoe zakljucenie po ugolovnomu delu ^4616. Moskau: Taganskaja mezrajonnaja prokuratura. 28. November. narodnyj sobor, 2007: O privlecenii k ugolovnoj otvetstvennosti organizatorov vystavki .Zapretnoe iskusstvo 2006'. www.pravaya. ru/word/586/11621. 20. März. nesterov, vadim, kvasa, semen, 2007: Prokuratura protiv ,mozgovogo gnoja'.www.gazeta.ru/culture/2007/03/21/a_1502714. shtml. 21. März. oBVINENIE A.V. ERoFEEVA po ugolovnomu delu NS402588. Moskau: Taganskaja mezrajonnaja prokuratura. 8. Juli. pirker, theo, 1963: Die Moskauer Schauprozesse 1936-1938. 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The court case itself at various points very much resembled a theater play put on stage - starting with a "casting" of the witnesses through the Internet, cheat sheets for the witnesses with the text of their testimonies in the courtroom and coming to an end with comments and applause from the audience for their performances. Due to its resemblance to a play in the courtroom the trial of Erofeev and Samodurov is highly reminiscent of the Soviet show trials, which were consciously based on theatrical features such as a more or less set script. One can cite numerous interferences in the court case against Forbidden Art 2006 and the soviet show trials in terms of their theatrical (not political) features, among them letter and media campaigns generating a specific rhetoric serving the aim to characterize the "inner enemy" of the state. But in terms of the legal action against the organizers of the exhibition Forbidden Art 2006 , it was not only individuals who were charged for the purpose of identifying an inner enemy, as was the case in the Soviet show trials, but contemporary art as a whole. 38 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature Herein lies a significant parallel between today's trial and the predecessors of the show trials - the mock trials. The mock trials of early Soviet times were theatrical plays with amateur actors and dramatized legal proceedings to be taken as actual legal precedents. Until the early 1930s the fictional courtroom of the mock trial concerned itself with the creation and maintenance of new socialist morality. Therefore mock trials were not legal cases but moral cases. As they served the creation of new Soviet moral norms, the trial against Forbidden Art 2006 served the creation of new (traditionalistic and orthodox) artistic norms. The trial of Erofeev and Samodurov (and also other trials of artists and curators in today's Russia in general) is therefore a moral case against contemporary art as a single social and cultural phenomenon, which deals irreverently with popular religious and national symbols in a way radically opposed to a traditionalistic approach to these symbols. One gets the impression that the orthodox society claims not only the exclusive right to interpret and utilize these symbols but also the power to decide what is acceptable art and what is not. This trial was designed to make an example to manifest aesthetic categories of art production as contemplated under the law. Sandra Frimmel is an assistant professor at the Slavic Seminar at Zurich University in the framework of the SNF project 'Art and literature on trial". Before that she worked as a curatorial assistant at the Kunstmuseum Liechtenstein, Vaduz. Selected publications: Von Perestrojka bis Putin. Die russische Gegenwartskunst zwischen künstlerischer Autonomie und staatlicher Kontrolle. In: Passion Bild. Russische Kunst seit 1970. Die Sammlung Arina Kowner. 39 Sandra FRIMMEL > „Sud nad iskusstvom" Ed. Arina Kowner. Zürich 2010: Scheidegger & Spiess. 58-69; Wie frei sind die Künste im heutigen Russland? kultura. Russland-Kulturanalysen 4/2007. Bremen: Forschungsstelle Osteuropa (guest editor). 40 Mas^inengewehre und literaris^e Zer^örungsmas^inen: Der Prozess gegen Éduard Limonov1 $ Matthias meindl ► matthias.meindl@googlemail.com SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature Der Artikel befasst sich mit dem Prozess gegen Eduard Limonov 2001-2003. Der Schriftsteller und Gründer der radikalen National-Bolschewistischen Partei wurde unter anderem des Aufrufs zur gewalttätigen Änderung der verfassungsmäßigen Ordnung der Russischen Föderation bezichtigt. Der Text „Theorie eines zweiten Russlands", dessen Autorschaft fälschlicherweise Limonov zugeschrieben wurde und der als einer der wichtigsten Beweise der Anklage fungieren sollte, skizziert mit großer Phantasie den Aufstand der russischen Minderheit in Kasachstan, den Aufbau eines zweiten Russlands dort, das dann in der Folge gegen das erste vorrückt. Höchstwahrscheinlich war diese ,Theorie" ursprünglich für einen „Wettbewerb der besten Revolutionsprojekte" in der Parteizeitung Limonka bestimmt. So lautete der Titel einer Rubrik, die offensichtlich darauf abzielte, die Grenzen zwischen literarischem und politischem Schreiben zu verwischen. Indem diese Geschichte in detaillierter Weise für den Leser aufgerollt wird, werden auch die relevanten theoretischen Begriffe diskutiert, etwa ,Ästhetisierung von Politik' und politischer Mythos'. LIMONOV, LIMONKA, NATIONAL-BOLSCHEWISMUS, TERRORISMUS, BRODSKIJ, VERSCHWÖRUNG, BENJAMIN, ÄSTHETISIERUNG VON POLITIK, POLITISCHER MYTHOS The article examines the trial of Eduard Limonov 2001-2003. The writer and founder of the radical National Bolshevik Party was charged with, besides other offenses, terrorism and instigating an uprising against the constitutional order of the Russian Federation. The text "Theory of a Second Russia," falsely attributed to Limonov and brought forward against him by the prosecution as one of its main pieces of evidence, imaginatively devises an uprising of the Russian minority in Kazakhstan, and the building of a second Russia which subsequently attacks the first. Most likely that theory was originally destined for a "competition for the best revolutionary projects" in the party newspaper Limonka, to figure in a column clearly blurring the lines between literary and political writing. In presenting this whole issue to the reader in a detailed fashion, I also discuss pertinent notions of a more general nature, such as the "aesthetici-zation of politics" and political myth. Dieser Text ist in vielem Ergebnis eines vom DAAD geförderten Aufenthalts an der University of California, Berkeley, bei Prof. Olga Matich. Dankende Erwähnung verdient auch Josefina Lundblad vom dortigen Slavic Department für eine wichtige Nachrecherche in der Doe-Library. LIMONOV, LIMONKA, NATIONAL BOLSHEVISM, TERRORISM, BRODSKY, CONSPIRACY, BENJAMIN, AESTHETICIZATION OF POLITICS, PIMENOV, POLITICAL MYTH 43 Matthias MEINDL ► Maschinengewehre und literarische Zerstörungsmaschinen Ugolovnyj kodeks Rossijskoj federacii- in der Folge UG RF. Auf die Nennung und nähere Beschreibung der Paragraphen muss in diesem Artikel aus Platzgründen verzichtet werden. Auch die Absätze werden entgegen den juristischen Gepflogenheiten hier nicht genannt. ,EIN SCHRIFTSTELLER WURDE VERHAFTET' Am 11. und am 24. März 2001 wurden in den Städten Ufa und Saratov vier Mitglieder der National-Bolschewistischen Partei (NBP) wegen illegalen Waffenerwerbs, -besitzes und -transports festgenommen. (§222 des Strafgesetzbuches der Russischen Föderation2). Bei den jungen Männern und Frauen im Alter von 24 bis 26 Jahren wurden sechs Kalaschnikows, etwa 150 Patronen Munition sowie gut 900 g. Sprengstoff sichergestellt. Zwei Wochen später drang eine Einheit des russischen Geheimdienstes FSB in einen Hof in dem abgelegenen Weiler Bannoe, in einer an Kasachstan grenzenden Gebirgsregion des Altaj, ein und nahm dort den Schriftsteller und Führer der NationalBolschewistischen Partei (NBP) Eduard Limonov (bürgerlicher Name: Savenko) sowie den Redakteur des Parteiorgans Limonka, Sergej Ak-senev, fest. Das sich über Monate hinziehende Ermittlungsverfahren, während dessen Limonov im Moskauer Gefängnis Lefertovo in U-Haft saß, sah in Limonov und Aksenev nicht nur die Auftraggeber des Waffenkaufs. Die beiden wurden darüber hinaus der Gründung einer illegalen bewaffneten Vereinigung (§208 UG RF), der Vorbereitung eines Terrorakts (§205 UG RF) sowie des Aufrufs zur gewalttätigen Änderung der verfassungsmäßigen Ordnung (§280 UG RF) angeklagt. Die Waffen wären zur Bildung einer National-Bolschewistischen Armee bestimmt gewesen, die im Namen der russischen Minderheit terroristische Akte auf dem Staatsgebiet Kasachstan durchführen sollte, um nach Machtübernahme und Gründung eines zweiten russischen Staates von dort aus das Heimatland zu destabilisieren. Auf die Verhaftung Limonovs gab es recht unterschiedliche, und oft sehr ambivalente Reaktionen. Die russische Abteilung des PENZentrums distanzierte sich in mehreren Statements ausdrücklich 44 slavica TERgestina 13(2011) > Law &Literature von den politischen Positionen Limonovs, sah sich jedoch durch ihre internationale Charta verpflichtet, ihn zu verteidigen. PEN kritisierte indes vor allem die Intransparenz des Verfahrens und die lange Untersuchungshaft und forderte eine Freilassung des Schriftstellers auf Kaution (PEN-Centr 2001). In dem langen, aus dem Gefängnis geschriebenen Artikel „Otravlennyj podarok" - das titelgebende „vergiftete Geschenk" ist eine Jugend voller Hass, den Limonov anheizen möchte - beschwert sich Limonov bitterlich über den Mangel an Solidarität in der russischen Gesellschaft. Der Artikel, in dem diese in der zweiten Person angesprochen wird, verfolgt dabei eine rhetorische Strategie, in der die Verärgerung des typischen liberalen oder kulturkonservativen Vertreters der russischen Intelligencija nicht weniger zielgebend erscheint als die Einforderung von Solidarität. Er, Limonov, habe die Ehre, sich in die Liste der besten russischen Schriftsteller einzureihen - Radiscev, Ryleev, Sevcenko [!], Cernysevskij, Pisarev, Gumilev, Babel', Mandel'stam usw. -, die der nekrophile russische Staat eingesperrt habe. Denn „Staaten sind ihrer Natur nach Nekrophile - sie lieben tote Schriftsteller" (Limonov 2001, 2: „Gosudarstva po prirode svoej nekrofily - ljubjat mertvych pisatelej") Von all den eingesperrten russischen Schriftstellern kehrt aber ausgerechnet Iosif Brodskij, mit dem Limonov im New Yorker Exil in Kontakt stand, und welcher der einzige Schriftsteller gewesen sei, den er jemals als Konkurrenz empfunden habe (Limonov 2000, 110), mehrmals im Text wieder auf. Zwar seien, als der unbekannte Brodskij angeklagt wurde, nicht alle auf seiner Seite gewesen, und deswegen habe Iosif seine Asche - „das habt ihr davon" (Limonov 2001, 2: „vot vam!") - in Venedig oder New York, nicht aber in Russland beisetzen lassen wollen. Während hier aber dennoch mehr oder weniger einstimmig alle mit „Empörung" (ebd.: „s negodovaniem") auf die Anklage des jungen, unbekannten 45 Matthias MEINDL ► Maschinengewehre und literarische Zerstörungsmaschinen Dichters reagiert hätten, sei seine Verhaftung - die Verhaftung des „vielleicht größten zeitgenössischen russischen Schriftstellers" (ebd.: „vozmozno, cto samogo krupnogo sovremennogo pisatel'ja Rossii") mit großer Genugtuung aufgenommen worden. Brodskij sei 1964 mit dem Schrecken davon gekommen und zudem hätten, wie Limonov im Kniga mertvych ausführt, „alle möglichen westlichen Kultur-Geheimdienste aufbegehrt" (Limonov 2000, 104: „vozmutilis' vsjakie zapadnye kul'tur-specsluzby" und seine Karriere in der New Yorker High Society eingeleitet. Brodskij, mit seiner anachronistischen, klassizistischen Poetik, sei gestorben, weil sein Leser in Russland in der vor Schund und Schmutz starrenden Perestrojka-Zeit starb (Limonov 2001, 107). Genug Tränen seien über Brodskij vergossen worden. Sein Schicksal und das Schicksal anderer politischer Häftlinge in Russland und den SNG-Staaten sei wesentlich schlimmer: Jetzt macht doch mal die Augen auf! Wir sind die Dissidenten dieser Zeit. Ich will, dass Vladimir Bukovskij mich vor Gericht verteidigt. fla pa3yüme we ^na3a! Mu duccudeHmu ^mo^o pewuMa. £ xony, nmoßu moum oS^ecmeeHHUM 3a^umHuxoM 6un BnaduMup EyxoecKuü. (Limonov 2001b: 3) Indem Limonov Vladimir Bukovskij, einen der Gründer der dissidentischen Bewegung, der mehr als 12 Jahre in Gefängnissen und .Heilanstalten' saß, zum Verteidiger bestellt, erklärt er die feindliche Übernahme des symbolischen Kapitals der Dissidentenbewegung. Vielleicht kann man die Implikationen von Limonovs Auseinandersetzung mit Brodskijs hier so erklären: die .passive' Taktik der Dissidenten, die Erkämpfung eines Freiheitsraums des .Andersdenkens' (,inakomys- 46 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature lija'), für die im Besonderen Maße die literarische Autonomie und ihr paradigmatischer Vertreter, der apolitische' Iosif Brodskij, stehen, ist obsolet. Limonov will hinsichtlich der russischen, weit in die vorrevolutionäre Zeit zurückgehende Tradition eines „hypertrophen literarisch politischen Nexus" (Parthé 1: „hypertrophied literary-political nexus"), den Habitus des Dichters/Schriftstellers als truth teller in seiner offensivsten Form, eben der des ,Schriftsteller-Revolutionärs' wieder aufgreifen, Für diese steht eher der Dekabrist Kondratij Ryleev als Brodskij.3 Hinsichtlich der nachstalinistischen Dissidenten spielt Limonov ein doppeltes Spiel: einerseits will er ihren Mythos annektieren, andererseits demontieren. In den nächsten beiden Kapiteln soll zuerst nach dem sonderbaren ,ästhetischen Phänomen' Limonov in seiner postsowjetischen Erscheinungsweise - als Schriftsteller, Revolutionär, ja gar Terrorist' - gefragt werden. Dies geschieht zuerst anhand der vorliegenden Sekundärliteratur und dann anhand der Dokumente des Prozesses gegen Limonov. Dabei wird vor allem auf den NBP-Text „Vtoraja Rossija" eingegangen werden, welchen die Anklage als das zentrale Beweismittel gegen Limonov einsetzte, bzw. - man muss es wirklich so sagen - der Anklage das Sujet bereitstellte. Anhand von Gedichten wie „Hymne des Platzes des Triumphs" (Limonov 2010a: „Gimn Triumfal'noj ploscady") ließe sich zeigen, wie Limonov das in Russland von den Dekabristen entwickelte politische Gedicht in geradezu mustergültiger Form wiederbelebt. DER REVOLUTIONÄR' LIMONOV - schriftsteller oder politiker? In seiner Skizze über „Das Paris des Second Empire bei Baudelaire" zitiert Walter Benjamin Marx' Kritik der Pariser Bohème: ...Sie werfen sich auf Erfindungen, die revolutionäre Wunder verrichten sollen; Brandbomben, Zerstörungsmaschinen von magischer Wirkung, 47 Matthias MEINDL ► Maschinengewehre und literarische Zerstörungsmaschinen Emeuten, die um so wunderthätiger und überraschender wirken sollen, je weniger sie einen rationellen Grund haben. Mit solcher Projektenma-cherei beschäftigt, haben sie keinen anderen Zweck als den nächsten des Umsturzes der bestehenden Regierung und verachten auf's tiefste die mehr theoretische Aufklärung der Arbeiter über ihre Klasseninteressen. (Benjamin 1978c, 5i4f.) Baudelaire partizipiere am Habitus der Berufsverschwörer - ihre Leidenschaft und ihre schroffe ideologische Unstetigkeit werden zu einem Zug in Baudelaires ästhetischer Haltung, mit der er sich, neben Flaubert, den größten Spielraum, die souveräne Position in der literarischen Welt (ebd. 528), und, folgt man Bourdieus klassischer Analyse, die Autonomie für das literarische Feld selbst erobert (Bourdieu 1999. 103-114). Limonov verehrt in Baudelaire den Urvater des „neuen Äs-thetizismus" (Limonov 2003a, 19ff.: „novyj estetizm"). Mit eben diesem Terminus, referiert er später auf die kriegerische Betätigung und auf die Tätigkeit, mit den Kameraden durch die sengende Stadt auf den Kreml zuzulaufen und „Revolution" zu schreien (Limonov 2002b, 128). Nicht zufällig sei der neue Ästhetizismus in der Welthauptstadt des 19. Jahrhunderts Paris geschaffen worden, im rückständigen Russland wurde die Literatur erst von Majakovskij revolutioniert. 1977 habe er mit Dnevnik neudacnika seine eigenen ,Blumen des Bösen' geschrieben und würde dem „Programm dieses göttlich eingegebenen Buches" (Limonov 2003a, 22) „programmu etoj knigi naseptannoj mne svyse") noch heute folgen. Wenn man sich nun vor Augen hält, dass schon Edicka, das literarische alter ego Limonovs in seinem Kultbuch Eta ja, Edicka, seine trotzkistischen Bekanntschaften mit der Frage schockt, wann man denn endlich aufhören würde zu quatschen und anfangen zu schießen (Limonov 1993, 205) - wenn also eine Kontinuität im Ha- 48 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature bitus Limonovs und seinen Inszenierungstechniken offensichtlich gegeben ist, was läge dann näher als in seiner radikalen politischen Tätigkeit' lediglich eine auf die Spitze getriebene ästhetische Subjektivität zu erblicken. Diese These kann durchaus produktiv sein, ihr muss jedoch eine Klärung folgen, wie weit ,ästhetisch' zu fassen ist. Die Behauptung jedenfalls, man habe es im Falle der Tätigkeit eines Schriftstellers, der die zeitweise erfolgreichste außerparlamentarische ,Partei', bzw. Jugendbewegung, gründete, und der zudem - wenn wir auch keinen Beweis dafür haben, dass er getötet hat - in verschiedenen bewaffneten Konflikten und Kriegen der 1990er Jahre ,zur Waffe griff', lediglich mit ,Kunst' zu tun, ist problematisch. Diese These wird nicht plausibler, wenn wir im Zuge dessen die bekannten skandalösen Sprechakte von einzelnen Avantgardisten anführen, die zweifelsohne zu wichtigen Vorbildern von Limonov gehören - Bretons Erklärung, die „einfachste surrealistische Handlung" sei mit Revolvern „blindlings soviel wie möglich in die Menge zu schießen" (Breton 2005, 392) und Majakovskijs Verse „Tiše oratory! Vaše/ slovo/ tovariše mauzer". Im Falle Limonovs lediglich von Kunst zu sprechen - eine These, die so nicht vertreten und hier lediglich formuliert wird, um analytisch einen Extrempunkt zu markieren - hieße einen Irrtum zu begehen, der komplementär zu jenem ist, die russische Kunstavantgarde zum Vorreiter des ,Gesamtkunstwerks Stalin' zu machen. Diese komplementären Irrtümer teilen ihre Voraussetzung: den „absichtsvollen Verzicht auf eben jene Differenz zwischen blutiger Realität und zeichenhafter Kunstwelt" (Hansen-Löve 1995, 83). Es seien einige Beispiele angeführt, wie Publizistik und Literaturwissenschaft dieses Problem bei der Konzeptualisierung des Phänomens Limonov bearbeitet haben. Die einzige umfassende Monographie zum postsowjetischen Limonov, Aleksandr Chancevs Bunt krasoty, zeigt sich hier recht unent- 49 Matthias MEINDL ► Maschinengewehre und literarische Zerstörungsmaschinen schieden. An einer Stelle des Vergleichs von Limonovs Ästhetik mit einem seiner Vorbilder, Yukio Mishima, hält Chancev fest: [...] der Faschismus Mishimas und Limonovs - das sind keine politische Bewegungen, sondern vielmehr gewisse Kulturerscheinungen, die dem Dadaismus oder dem Surrealismus der radikalsten Schattierung verwandt sind - das was zu seiner Zeit Marinetti und andere Futuristen gereizt hat. [...] 0amu3M Mucumu uEuMOHoea - ^mo He peanbnoe nonummecKoe deuMenue, a, CKopee, neKoe aenenue e Kynbmype, cpodHu, HanpuMep, dadau3My unu cwppeanu3My nau6onee pa^uKanbHo^o monrn, mo, nmo npuenexano e ceoe epeMa mo^o Me Mapunemmu u dpyzux &ymypuc-moe. (Chancev 163) Diese apodiktische Abgrenzung des ästhetischen Faschismus vom richtigen begründet Chancev jedoch nicht. Unverständlicherweise verweist er in diesem Zusammenhang auf Philippe Lacoue-Labarthe und Jean-Luc Nancys Aufsatz „Der Nazi-Mythos", der Benjamins These des Faschismus als „Ästhetisierung der Politik" kritisch weiterentwickelt. Für die beiden Philosophen stimmen Kunstwerk und Mythos darin überein, dass sie Instrumente einer mimetischen Identifizierung sind: „Der Nazi-Mythos [...] ist die Konstruktion, die Bildung und die Produktion des deutschen Volkes im, durch und als ein Kunstwerk." (Lacoue-Labarthe/Nancy 179). Analysiert wird der Nazi-Mythos anhand Rosenbergs Der Mythus des 20. Jahrhunderts und Adolf Hitlers Mein Kampf. Man muss aber leider feststellen, dass letztere leider, gerade weil sie Politik ästhetisiert haben, (politische) Geschichte geschrieben haben, und somit ist der Hinweis auf die Studie über den Nazi-Mythos 50 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature gerade kein Beleg für die These, dass Mishimas und Limonovs angeblicher Faschismus „keine reale politische Bewegung" darstellt. Orlova stellt mit ihrer Dissertation die klarer formulierte Gegenposition dar. Sie sieht die Kontinuität im literarischen und publizistischen Werk Limonovs in einem „infantil-narzisstischen Egozentrismus" (Orlova 145: „infantil'nyj-narcissiceskij egocentrizm"), der in der Publizistik seine literarische Reflexivität verliere und paranoide Züge (ebd. 107) bekomme. Dem Avantgardisten könne die Gesellschaft mit Recht Einhalt gebieten, wenn er jenseits des Werks im Leben zum Demiurgen würde - schließlich wäre auch Hitler Künstler gewesen (ebd. 148). Methodisch luzider ist der in Vielem bahnbrechende Aufsatz Olga Matichs „Poetik der Verärgerung". Für Matich stellt das literarische und politische Leben Limonovs eine „megalomane Form autobiographischer Mythenbildung" (Matich 739) dar. Für Matich konstruiert Limonov ein „lyrisches Ich" (ebd. 742), das, indem es vor allen Augen seine fortdauernde narzisstische Krise ausagiert und bearbeitet, ein „Reizmittel" (ebd.) für den Leser und den Autor darstellt und insbesondere die literarischen, moralischen und politischen Werte der Intel-ligenzija, die ihm mit Hass und Faszination dabei zusehe, permanent herausfordert. Matich vollzieht in ihrer Analyse eine methodische epoche: sie wolle nicht über „seine Politik und seine Taten, die allesamt unzweifelhaft empörend sind", nicht über „die Schuld oder Unschuld in der wirklichen Welt oder die realen Auswirkungen seiner Schriften" (ebd. 756) urteilen.4 Sowohl Chancev als auch Matich behandeln Limonov also vorwiegend aus Sicht der .Ästhetik', ersterer methodisch weitgehend unre-flektiert, letztere methodenbewusst. Einen weiteren Fragehorizont reißt Matichs Aufsatz, der im Rahmen der Post Communist Studies erschien, nur an, wenn sie schreibt, Limonov habe „Boris Groys' stali- In einem von mir organisierten Workshop über Politisierung aktueller russischer Literatur hielt Olga Matich einen inspirierenden Vortrag über die verschiedenen Facetten des ,Realen' (,the real') im Schreiben Limonovs. Mimesis involviert bei Limonov neue politische Repräsentationen, Gewalt, ,ewige Wahrheiten', das ,Abjekte', das zu zeigen/werden den ,bad taste' involviert. Der Vortrag wird erscheinen im Wiener. 51 Matthias MEINDL ► Maschinengewehre und literarische Zerstörungsmaschinen nistisches Gesamtkunstwerk" (ebd. 757) privatisiert. Diese etwas vage Formulierung weist vielleicht darauf hin, dass der unaufhaltsame Aufstieg des Eduard Savenko, der zahlreiche, von Matich beschriebene ,Rollenwechsel' und Neuerfindungen erforderte, mittlerweile unter den Bedingungen des hochkommerzialisierten russischen Kulturbetriebs stattfindet. Es ist dies ein Zusammenhang, den insbesondere linke Kritiker Limonovs hervorgehoben haben. Der Dichter und Publizist Dmitrij Golynko, der bei der Interpretation der anarchistischen und neoimperialen Mythen der russischen Gegenwartsliteratur gleichfalls auf Nancys/ Lacoue-Labarthe theoretischen Ansatz zurückgreift, hält etwa fest: Man wird wohl festhalten können, dass es eben Limonov ist, der die Imagepolitik des Schriftstellers zu ihrer formalen Vollendung geführt hat, eines Schriftstellers, der sich mit politischen Ansichten verschiedenster Couleur und Schattierung schmücken zu vermag und gerade deshalb der erfolgreichste Manager seiner selbst darstellt. nowanyü, UMeHHO Eumohos öoeen do $opManbHo^o coeepmeHcmea UMUöweeyw nonumuKy nucamena, xomopuü yMeem ^e^onamb nonu-mmecKUMU 63^na^aMU caMux pa3Hux v,eemoe u ommeHxoe u UMeHHo 6na^o^apa ^moMy aenaemca ycnewneümuM MenedwepoM caMo^o ce6a. (Golynko-Vol'fson) Dabei würden literarischer Skandalismus (epataz) und antistaatliche Opposition letztlich einem zuhöchst exzentrischem literarischen Projekt, nicht einem staatlichem Projekt dienen. Ähnlich bewertet dies auch der Dichter, Übersetzer und Verleger Kirill Medvedev. Limonov ist für ihn das stärkste der post-postmodernen individuellen Projekte', die 52 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature mit höchst emotionaler .Aufrichtigkeit' bewegen, ihre Warenförmigkeit verleugnen (Medvedev 2011). Limonov steht eben für beides: Antikapitalismus und .Glamour' (glamur),5 den massenmedialen „Starkultus", „jenen Zauber der Persönlichkeit, der schon längst nur noch fauligen Zauber ihres Warencharakters besteht" (Benjamin 1978c, 492). Indes sollte die Frage nach der ,Ware' Limonov hier offen gehalten werden. Sowohl Golynko als auch Medvedev gestehen Limonov seine Besonderheit zu, für ersteren hat Limonov eine konsequente ästhetische Position, die ihn von ,zweiter Ware' unterscheidet. Letzterer schätzt Limonov dafür, dass er einer der wenigen erstrangigen Schriftsteller sei, die sich nicht mit den Machthabern arrangierten, sondern mit dem Kopf gegen die Wand rennen (Medvedev 29). Auch die Frage, ob es sich bei der NBP um eine „richtige politische Bewegung" gehandelt hat, ist analytisch betrachtet ein Forschungscluster wert. Schließlich gibt man mit einem abschlägigen Urteil den staatlichen und juristischen Institutionen Recht, die während des Bestehens der NBP ihr mehrfach die Registrierung als Partei versagte und sie 2007 schließlich verbot. Vielleicht wird Limonovs zukünftiger Werdegang - im Moment kehrt er im Zuge seiner Präsidentschaftskampagne stark das Thema der Freiheitsrechte hervor und nähert sich somit an das liberale Lager an, was innerhalb seiner alten Gefolgschaft für Spannungen zu sorgen scheint (Slagetter)6 - weitere Aussagen darüber treffen, wie ernst die jeweiligen Radikalismen gemeint waren, die er zum besten gab. Angesichts des derzeitigen Forschungsstands, scheint es angeraten, erst einmal unter dem wiederkehrenden Stichpunkt der ,Ästhetisierung der Politik' den Aktivismus der NBP zu betrachten und dabei nicht zu vergessen, dass es sich hierbei eben nicht um eine staatlich durchgesetzte Ästhetik handelt, sondern eben um eine Jugendbewegung, die in all ihrer Irrationalität einen mehr oder weniger ,authentischen' S. hierzu Limonovs Buch Deti glamurnogo raja über „Mode, Stil und Reisen" (2008a). Vgl. auch eine fragende politikwissenschaftliche Prognose zum Ende des radikalen russischen Nationalismus der NBP (Sokolov 2008). 53 Matthias MEINDL ► Maschinengewehre und literarische Zerstörungsmaschinen In seiner Suche nach einem idealtypischem faschistischen Minimum' behauptet Griffin folgenden ,New Consensus': „Fascism is a political ideology whose mythic core in its various permutations is a palingenetic form of populist ultra-nationalism." Wichtige Voraussetzung dabei sei eine „eradica-tion of presumed national decadence" (Griffin 2006a, 41, 44). Ein Konsensus in der vergleichenden Faschismusforschung besteht nicht einmal ansatzweise. Insbesondere ist die Kritik Weyands und Holz' berechtigt, der Mythos der Wiedergeburt sei viel zu weit gefasst für die Definition des Faschismus, weil sie jedem Verständnis von Nation und Staat inhärent ist, welche ein Volk' als deren Grundlage ansehen. Eine FaschismusDefinition müsste daher zumindest mit mehreren Kriterien arbeiten und kann auch nur schwer von der Sozialstruktur gelöst werden (Weyand/ Holz 2006, 124-125). Ausdruck von Marginalität darstellt. Darüber hinaus muss Limonovs, mit seiner Selbstinszenierung verflochtene, politische Mythenbildung rekonstruiert werden. Mit dem Rassismus, dem ,Nazi-Mythos', wie von Nancy und Lacoue-Lebarthe analysiert, hat sie inhaltlich nichts gemein. Matich hat in ihrer psychoanalytisch informierten Untersuchung von Limonovs Schreiben diese Forschungsmöglichkeiten vorbereitet, wenn sie etwa feststellt, dass beim postsowjetischen Limonov der feminisierte Masochismus einer „atavistischen männlichen Subjektivität" eines phantasierten „Nationalhelden" (Matich 753) weicht. Die massenpsychologische und kulturtheoretische Sicht auf Limonov müsste ausgeweitet werden, und die politischen Identifizierungsmechanismen aufgezeigt werden, die in der Anhängerschaft Limonovs funktionieren. Schließlich ist der masochistische angeekelt-faszinierte Vertreter der Intelligencija schon lange nicht mehr der privilegierte intendierte Leser des populären Stars Limonov. Nützlich kann dabei der Faschismus-Begriff, der leider eine Art ,Gefühlsnebel-Maschine' ist, nur als Heurismus sein. ^Faschismus' ist als analytischer Begriff nicht unumstritten, weil schwer vom Nationalismus, dem hegemonialen politischen Subjektivierungsmuster der Neuzeit, unterscheidbar.7 Die Stellung der Gewalt im Denken und Handeln müsste hier als Scheideweg gedacht werden (etwa Ästhetisierung von Krieg als Fluchtpunkt des Faschismus bei Benjamin). Von all diesem werden die folgenden Seiten nur versuchsweise handeln. Genau erfahren wird der Leser hingegen, wie das Gericht die Aufgabe löste, die ihm gestellt war -eine Fragestellung, die die literaturwissenschaftliche Forschung zu Limonov, wie gezeigt, regelmäßig heimsucht: das (potenziell) blutige Reale vom Phantastischen und Mythischen zu trennen. 54 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature DER GERICHTSPROZESS GEGEN LIMONOV Wenn die Aufgabe des Gerichts so beschrieben wird, werden viele Leser es für impliziert halten, dass es sich bei dem Gerichtsprozess gegen Limonov um keinen Schauprozess handelte. Limonov und Sergej Ak-senev haben die ihnen angelasteten Delikte, u.a. den Auftrag zum Kauf der Maschinengewehre, nie zugegeben. Ohne Kenntnis der 13 Bände umfassenden Ergebnisse der Ermittlung,8 vielleicht auch mit Kenntnis dieser, kann nicht ganz ausgeschlossen werden, dass der Zusammenhang zwischen den Waffenkäufen durch die jungen NBP-Mitglieder und Limonov/Aksenev konstruiert wurde. Es lassen sich verschiedene Argumente ersinnen, warum Limonovs/Aksenevs Beteiligung wenig plausibel ist und verschiedene dagegen, dass die Käufer autonom gehandelt haben sollten, insgesamt aber erscheint die Rekonstruktion des Waffenkaufs durch das Gericht im ausführlichen Urteil schlüssig. Sollte es sich wirklich um einen Schauprozess gehandelt haben, dann wäre die Inszenierung als äußerst subtil zu bezeichnen. Nicht nur spricht das Urteil Limonov und Aksenev in den schweren Anklagepunkten frei und demontiert dabei die Anklage regelrecht, zudem war dem Urteil ein spezieller Beschluss beigefügt, welcher die Generalstaatsanwaltschaft der RF sowie den Direktor des FSB aufforderte, von den Rechtsbrüchen im Laufe der Ermittlungen Kenntnis zu nehmen.9 Gerügt wurden u.a. die ungenügende Systematisierung des Falls, das Ausufern der Anklageschrift, die von technischen Ungenauigkeiten, irrelevanten und tendenziös zusammengefassten Zeugenaussagen strotze (Saratovskij oblastnyj sud 2003b). Dies heißt allerdings nicht, dass ausgeschlossen ist, dass dem Gericht nicht in der Mitteilung und Beurteilung des Vorgehens des FSB Grenzen gesetzt waren. Den Umstand etwa, dass trotz der Beschattung und Verhaftung der Waffenkäufer die Verkäufer 8 Meine Bitte um Erlaubnis zum Einsehen der Gerichtsakten lehnte Limonov ab. Er könne in dieser Sache nicht frei sprechen und mein Vorhaben käme ihm „verdächtig" („podozritel'no") vor. 9 Vgl. auch die Schilderung in der Limonka kurz vor Ende des Prozesses, Richter Matrosov habe den Prozess aufmerksam verfolgt und auf die Genauigkeit der Formulierung der Anklage bestanden (Casovoj Ciferblat 2003). 55 Matthias MEINDL ► Maschinengewehre und literarische Zerstörungsmaschinen nicht identifiziert werden konnten, erwähnt das Gericht lediglich in dem Sinne, dass zur Anklage illegalen Waffenerwerbs dies nicht erforderlich sei (Saratovskij oblastnyj sud 2003a, 14). Nicht nur Limonov (2002a, 39), auch unabhängige Beobachter haben daraus geschlossen, dass der FSB selbst die Waffen verkauft habe (Dzemal' 2002). Ob das Gericht vorwiegend autonom handelte oder im Rahmen politischer Vorgaben, kann hier nicht entschieden werden, seine Beurteilung der Beweismittel ist so oder so aufschlussreich. Die Anklage stützte sich hinsichtlich der Tatbestände der Gründung einer illegalen bewaffneten Vereinigung (§208), der Vorbereitung von Terrorakten (§205) sowie des Aufrufs zur gewalttätigen Änderung der verfassungsmäßigen Ordnung (§280) auf diverse Texte der Parteikommunikation, auf Tonaufnahmen, die beim Abhören von Limonovs Moskauer Wohnung (offiziell seit dem 4. Januar 2001) entstanden waren, sowie auf eine Masse von Zeugenbefragungen und Verhören von NBP-Aktivisten, die größtenteils in den langen Monaten nach der Inhaftierung Limonovs gemacht wurden (Limonov 2002a, 40). Das Grundmuster: Die Anklageseite liest alle Schreib- und Sprechakte als Indiz für eine .blutige Realität', das Gericht folgt ihr darin aber nicht. Am Interessantesten ist die dritte Position - die Position, in der Limonov sich befindet. Angesichts eines drohenden Strafmaßes von 15-20 Jahren muss er die vom FSB ihm zugeschriebene Verschwörung entkräften. Deutlich kehrt er die Banalität seiner Tätigkeit und der seiner Kameraden hervor - dass sie ganz und gar nicht konspirativ war. Damit wird die Wirkung der .radikalen' Sprech- und Schreibakte auf die Einbildungskraft vermindert, wobei er jedoch mit dem Kapital des Opfers einer Verschwörung (vgl. Matich 2005, 752) - der des FSB - entschädigt wird. Eines der zentralen Beweisstücke gegen Limonov und Aksenev war das .geheime Dossier' (,zykrytyj bjulleten') NBP-Info N 3, ein der 56 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature eurasistischen Ideologie gewidmetes, thematisch aber insgesamt sehr heterogenes Informationsblatt, das 1999 in einer Auflage von mindestens 500 über die NBP-Zentralen verteilt wurde (Saratovskij ob-lastnyj sud 2003a, 15). In dem Blatt werden der totale Austausch der politischen Klasse Russlands, totale Nationalisierung des Eigentums, sowie die Erweiterung der russischen Grenzen um „für das nationalbolschewistische Imperium lebensnotwendige Gebiete" (NBP-Info 1999a: „ziznenno neobchodimy nacional-bol'sevistskoj imperii") als ideologische Leitlinien formuliert. Das für die Anklage entscheidende Kapitel ist überschrieben mit „Teorija vtoroj Rossii". Hier wird argumentiert, dass - da der politische Kampf im repressiven Russland unmöglich geworden ist - der Krieg in andere SNG-Staaten getragen werden muss. Während inländischer Terror im Stile der RAF oder der Roten Brigaden die öffentliche Meinung nicht für sich gewinnen könne, könne ein in einem SNG-Staat geführter Partisanenkrieg mit vereinzelten Terroranschlägen die Herzen der Russen gewinnen, und zudem könne man so im Mutterland möglichst lange legale Organisationsstrukturen erhalten. Nachdem ein zweites Russland geschaffen sei, könne man damit das erste angreifen (NBP-Info 1999b: „Sozdat' vtoruju Rossiju, ctoby potom dvinut' ee na pervuju". Kasachstan würde sich hierfür besonders gut eignen, weil der Anteil der russischen Minderheit an der Bevölkerung groß, der der kasachischen klein sei, und weil in Kasachstan allerhöchstens 84 000 Mensch unter Waffen stünden. Keine Frage, es wird Geschichte gemacht werden: Nachdem das zweite Russland geschaffen sein wird, werden dorthin zweifellos aus dem ersten die wütendsten Elemente hinströmen. Dorthin wird man flüchten, wie seinerzeit die Leibeigenen an den Don, auf der Suche nach Freiheit. Das Russland der „Registrierungen", das Russland 57 Matthias MEINDL ► Maschinengewehre und literarische Zerstörungsmaschinen der Bullen und Beamten ist allen lang genug auf den Sack gegangen. Wir brauchen ein zweites Russland. nocne mozo, xax emopaa Poccua 6ydem co3dam, myda Hec0MHeHH0, nepemexym U3 Poccuu nepeoü caMue apocmHue ^neMeHmu. Tyda öydym 6ewamb, xax, b ceoe epeMa, xpenocmHue Ha P,oh, e noucxax ceo6odu. Poccua «pezucmpauu-ü», Poccua MeHmoe u HUHoeHUxoe ecex oxomamenbHo 3ae. ana. Hyww emopaa Poccua. (NBP-Info 1999b) Der FSB versuchte im Prozess nachzuweisen, dass Limonov diesen Text am 22. Februar 2000 in einem Moskauer Vorort, in der Pension ,Zor'ka' (.Morgenröte'), vor dem III. Parteitag der NBP verlesen und als Programm habe annehmen lassen (Saratovskij oblastnyj sud 2003a, 15). Das Gericht sah es jedoch als erwiesen an, dass Limonov diesen Text nicht verlas, vielmehr auf dem Parteitag das Programm verabschiedete, das in der Folge im Zuge des dritten (und gleichfalls erfolglosen) Registrierungsversuchs der NBP beim Justizministerium eingereicht wurde. Die Anklage ließ diesen Vorwurf kurz vor Prozessende schließlich fallen (ebd. 20), hielt aber an dem Anklagepunkt des öffentlichen Aufrufs zur gewaltmäßigen Änderung der verfassungsmäßigen Ordnung (§280) fest, weil sie für die Verbreitung des .geheimen Informationsblatts' verantwortlich seien. Auch hierin folgte das Gericht der Anklage nicht. „In den Ideen selbst" (ebd. 21: „v samych ideach") - des Wechsels der politischen Klasse, der Verstaatlichung des Eigentums, der Erweiterung der Grenzen - sähe die russische Verfassung und geltendes internationales Recht kein Verbrechen. Die Anklage würde diese Betrachtung mit „vorverurteilender Tendenz" (ebd.: „s obvinitel'nym uklonom") behandeln und durch das selektive Zitieren einzelner Textstellen, 58 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature ohne Blick auf das Ganze, den Anschein des Aufrufs zu gewalttätigen Handlungen erzeugen: Das Gericht hat das Informationsblatt „NBP-Info Nr. 3" vollständig geprüft und gewissenhaft seinen Inhalt und die Texte untersucht, die als Belastungsmaterial in der Anklageschrift und in den Reden der staatlichen Ankläger vorgelegt wurden. Dabei wurden die Besonderheiten der Propaganda der National-Bolschewiken (die revolutionäre Rhetorik und der militaristische Stil) berücksichtigt. Das Gericht ist zum Schluss gekommen, dass sich im Informationsblatt „NBP-Info Nr. 3" keine Aufrufe zur Machtergreifung und zur gewaltsamen Änderung der verfassungsmäßigen Ordnung der Russischen Föderation finden. Deshalb werden gemäß §302, Abs. 1, Punkt 3 der Strafprozessordnung der Russischen Föderation, wegen Fehlen des Straftatbestandes in ihren Handlungen, Eduard Savenko und Sergej Aksenov von der Anklage gemäß §280, Punkt. 1 des UK RF freigesprochen. Hccnedoeae nomocmbw 6wnnemenb «HEn-HH&O» N 3, m^amenbno mynue ezo codepwanue u ece mexcmu, npueedennue e nocmanoe-neHunx 0 npuenenenuu e xanecmee oöeuweMbix, o6eunumenbnoM 3axnwnenuu u penu zocydapcmeennux o6eunumeneü, u maxMe npunuMaa eo enuManue oco6ennocmu nponaaandu Mu,uonan-6onb-meeuxoe (peeonwu,uomaa. pumopuxa u Munumapucmcxuü cmunb) cyd npuxodum x eueody 06 omcymcmeuu e 6wnnemene «HEn-HH$0» N 3 npu3ueoe x nacunbcmeennoMy 3axeamy enacmu u nacunbcmeenno-My usMenenuw xoncmumyu,uoHHoao cmpon Poccuücxoü ®edepau,uu. ^o^moMy Caeenxo 3.B. u Axcenoe C.A. no npedwenennoMy o6eunenuw no cm. 280 n. 1YK P& nodnewam onpaedanuw e coomeemcmeuu c 59 Matthias MEINDL ► Maschinengewehre und literarische Zerstörungsmaschinen Burygin starb in der Zeit des Verfahrens, vermeintlich an einem Herzinfarkt. Eine Version die Limonov stark bezweifelt. Er gibt dem FSB die Schuld. (Limonov 2010b, 46-62). n. 3 h. 1 cm. 302 ynK P0 3a omcymcmeueM e dernuu nodcydüMbix cocmaea npecmynnenua.. (Ebd.) Diese ,Entrealisierung' der Schreibakte in der NBP-Parteikultur, ihre Reduktion zu bloßer „revolutionärer und militaristischer Rhetorik" ist in Limonovs Eingabe an das Gericht vom September 2002, vorformuliert. In der Eingabe stellt Limonov dar, wie die Bewegung schon seit Mitte der 1990er Jahre Repressalien ausgesetzt gewesen sei und welche Rechtsbrüche und Verbrechen der FSB im Zuge der Ermittlungen begangen habe. Dass er, schon bevor die NBP-Mitglieder mit den Waffen verhaftet wurden, massiv verfolgt wurde, kann sich Limonov nur durch eines erklären: „Die altmodische Organisation FSB ist auf die revolutionäre Rhetorik der NBP hereingefallen, hat sie dieser abgekauft." (Limonov 2002a: „staromodnaja organizacija FSB povelas', kupilas' na revoljucionnuju ritoriku NBP"). Auch im Hinblick auf die Straftatbestände des Terrorismus und der Bildung einer bewaffneten Vereinigung kam das Gericht zu dem Schluss, dass die von den Ermittlungsbehörden gesammelten Indizien nicht ausreichten. So stützte sich die Anklage auf einen Rekrutierungsbefehl für eine National-Bolschewistische Armee (Nacional'-Bolsevistskaja Armija, NBA) in der NBP-Info Ne 4 und Ne 5). Jede regionale Parteiorganisation sollte zwei bis drei junge gesunde, Alkohol nicht übermäßig missbrauchende Männer, wenn möglich mit Kampferfahrung, für diese Einheit stellen. Das Gericht folgte der Version der Verteidigung, nach der diese Rekrutierung, die Major Aleksandr Burygin10 und nicht die Angeklagten organisiert hatte, für politische Protest-Aktionen erfolgt war (Saratovskij oblastnyj sud 2003a, 37 u. 39). Nach Einschätzung Limonovs stellen die zwei eindrucksvollsten Aktionen der NBP die .Einnahme' des Turms des Matrosenklubs in Sevastopol' mit der Losung 60 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature „Sevastopol' ist eine russische Stadt" („Sevastopol' - russkij gorod!") am 24. August 1999 dar, sowie die friedliche Besetzung des Turms der Kirche des Heiligen Petrus in Riga, ausgeführt als Protest gegen die gerichtliche Verfolgung von russischen Partisanen und Tschekisten in Lettland11 (Limonov 2002a, 41). Eben diese beiden Aktionen erwähnt das Gericht, indem es hervorhebt, dass derlei Aktionen zwar ungesetzlich seien, aber nicht von bedeutsamen gewaltsamen Handlungen begleitet gewesen wären (Saratovskij oblastnyj sud 2003a, 36). Ein NBP-Mitglied, Artem Akopjan, der mit Limonov im Altaj verhaftet wurde, und von dem dieser vermutet, der FSB habe ihn unter Druck schon Mitte 2000 als Informant und Provokateur gewonnen (Limonov 2002a, 13f.) sagte aus, er habe im Auftrag Limonovs Aufklärungsarbeiten auf der kasachischen Seite der Grenze unternommen und die Stärke von Grenzposten und Sicherheitskräften ausgekundschaftet. Als Ziel eines terroristischen Anschlags sei eine Niederlassung des amerikanischkasachischen Joint Ventures „Altai Power and Light" in Kamenogorsk in Erwägung gezogen worden. Nachforschungen ergaben, dass die entsprechende Niederlassung bereits ein Jahr vor der Ankunft Akopjans geschlossen wurde, was, neben seiner Vorliebe für Romane von Ian Fleming als Symptom seiner „Neigung zur Spionageromantik" (Saratovskij oblastnyj sud 2003a, 36: „sklonnost' [...] k spionskoj romantike), galt. Wenig beeindruckt war das Gericht auch von dem Brief, den der FSB - ganz wie in dissidentischen Zeiten (vgl. Limonov 2002a, 26) - dem französischen Journalisten und Freund Limonovs Thierry Marignac abnahm. Für den französischen Söldner Bob Denard (bürgerlich: Gilbert Bourgeaud) - bekannt u.a. für Beteiligung an vier Staatsstreichen auf den Komoren - bestimmt, lud der Brief diesen zu einem, wie es Limonov in einem abgehörten Gespräch mit Marignac nannte, zu einem „Abenteuer" (ebd. 27: „avantjura") nach Russland ein. Der bekannteste Fall ist Vasilij Kononov, der 1998 wegen Kriegsverbrechen, der Hinrichtung lettischer Nazikollaborateure angeklagt und verurteilt wurde. Das Oberste Gericht Lettlands bestätigte seine Schuld im Jahre 2004. 61 Matthias MEINDL ► Maschinengewehre und literarische Zerstörungsmaschinen Es bleibt freilich der Umstand, dass der geständige Angeklagte Oleg Laletin, zum Zeitpunkt seiner Verhaftung und der Sicherstellung der zwei erworbenen Kalaschnikows auf dem Weg in den Altaj war. Was war also dort geplant? Limonov stellte es im Prozess so dar, dass er als Schriftsteller und Philosoph ein abgelegenes Haus in den landschaftlich atemberaubenden und ihm auch wegen seiner eurasischen Romantik zusagenden Gebirgsregion kaufen habe wollen. Er habe schließlich im Austausch gegen die Zusicherung der Bewachung des Hofs eine Imkerei gut sechshundert Kilometer beschwerlicher, das halbe Jahr zugeschneiter Straßenkilometer von der Stadt Barnaul gemietet, wo er den Winter 2000/2001 habe verbringen wollen. Letztendlich war der durch die Weltgeschichte reisende Limonov nicht viel mehr als ein paar Wochen im Altai, verhalf jedoch Aksenev und seinen Genossen zu längeren erholsamen Aufenthalten. Das Gericht fand keine Hinweise für die Planung von terroristischen Attentaten oder die Bildung einer bewaffneten Vereinigung. Der Zeuge Konstantin Gordeev, Führer der NBP in Krasnojarks, sorgte mit seiner Aussage für große Erheiterung vor Gericht: Limonovs Einberufungsversuche zum „Partisanenkrieg" in Kasachstan hätten die Parteimitglieder vergrault und er habe deswegen angeboten, stattdessen ,Zarnica' in der Taiga zu spielen (ebd. 26), um die versoffenen Kameraden auf Trab zu bringen (Voronkov 2003). Wie weit Gordeev mit dem Vorschlag zum Pionierlager-Kriegsspiel von dem entfernt war, was im Altaj vonstatten gegangen wäre, kann vielleicht nicht einmal Limonov selbst sagen. Staatsanwalt Verbin - bei ihm, so kann man in der Limonka lesen, sei alles auf Rhetorik („krasnorecie") und russischer Literatur aufgebaut - formulierte während des Prozesses: „Wenn ein Gewehr im ersten Akt auftaucht, schießt es im vierten." (Casovoj Ciferblat 2003, 2: „Esli ruz'e pojavljaetsja v pervom akte, to v 62 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature cetvertom ono vystrelit"). Das Genre .Lebensroman' gehorcht aber oft 12 So hebt Matich in oben nicht der klassischen Dramaturgie. genanntem Vortrag hervor. S. Fußnote 3. VOM ,ZWEITEN RUSSLAND' ZUM ,ANDEREN RUSSLAND' Zum Schluss noch etwas über .Literatur' - oder etwas ähnlichem. Anhand der Geschichte des Texts „Theorie des zweiten Russlands" kann man auf beispielhafte Weise die zwischen dem .KünstlerischÄsthetischen und dem Politisch-Sachlichen changierende Textpraxis in der NBP-Ästhetik untersuchen. Ich würde dies heuristisch im Sinne Benjamins als eine Ästhetisierung von Politik bezeichnen. Benjamin dachte beim Verfassen seiner Thesen im Kunstwerkaufsatz allerdings an andere ,Genres', das des nationalsozialistischen Massenaufmarschs oder der Kriegsberichterstattung in der Wochenschau (Benjamin 1978a, 467ff.). Den .Ritualwert' dieser können im literarischen Kontext aber rhetorische Topoi und eingeübte weltanschauliche zeitgeschichtliche Narrative übernehmen, oder aber im schlimmsten Fall ein master plot, wie ihn Katerina Clark (2000) für den Sozialistischen Realismus identifiziert hat. Einschränkend soll aber vorweggeschickt werden, dass in der hier untersuchten Textpraxis sich viel Widersprüchliches und Spielerisches findet. Manchmal können genuin ästhetische Wirkungen auf Kosten der politischen erzeugt werden oder es finden sich ideologische Widersprüche, ganz einfach weil literarische Texte, indem sie auf Mimesis beruhen, der Zensur weiter entzogen sind als politische Argumentationen. Limonovs eigenes Schreiben findet während des Gefängnisaufenthalts zu seiner großen Stärke zurück, das .Abjekte', das aus der symbolischen Ordnung verstoßene, zu repräsentieren (die serbischen Kriegsverbrecher, die Gefängnisinsassen).!2 Man ,er-fährt' 63 Matthias meindl ► Maschinengewehre und literarische Zerstörungsmaschinen Aksenev erklärte dieses Gespräch damit, dass Jura Sanitäter war und er ihn für den winterlichen Aufenthalt in der abgeschiedenen Bergregion für die medizinische Versorgung anwerben wollte (Saratovskij ob-lastnyj sud 2003a, 36). vieles mit Limonov, auch wenn die Rhetorik und Produktionsbedingungen dieser Produktion des ,Realen' kritisch reflektiert werden müssten. Schon der Titel der Informationsbroschüre, welche die „Theorie des anderen Russlands" enthielt, gab vor Gericht Anlass für den oben bereits dargestellten Streit um den Realitätsstatus von rhetorischen Figuren. Was macht das ,zekretnyj bjulleten'' eigentlich so schrecklich ,geheim'? Der FSB konnte ein Gespräch Aksenevs mit einem unbekannten „Jura" aufnehmen,13 in der jener tatsächlich recht geheimnistue-risch den klandestinen Charakter des Texts hervorhebt (Saratovskij oblastnyj sud 2003a, 36). Dem stand allerdings die Aussage der Verteidigung entgegen, die Broschüre sei aus für die Limonka bestimmtem Material zusammengestellt worden, und mehr noch der Nachweis, dass die Broschüre, wie jedes Exemplar der Limonka auch, zur Kontrolle an das Ministerium für Printmedien (Minpecat') gegangen sei, und (im Gegensatz zu anderen Materialien der Limonka) keine Verwarnung durch dieses zur Folge hatte (ebd. 19). In seinem Buch Drugaja Rossija („Anderes Russland") erklärt Limonov (2003b, 257), die „Theorie des zweiten Russlands" sei eine verspätete anonyme Einsendung zum „Wettbewerb der Revolutionsprojekte" („Konkurs proektov revolju-cij") gewesen. Die Frage der Autorschaft figurierte wichtig im Prozess. Die Anklage schrieb den Text Limonov zu, der im Gegenzug dem FSB (Limonov 2002a, 40). Im Laufe des Prozesses bekannte der lettische National-Bolschewik Vladimir Il'ic Linderman (Pseudonym: ,Abel'') sich als Autor des Texts und schwächte damit die Anklage gemäß §280 deutlich (Bykov 2003). Der „Wettbewerb der Revolutionsprojekte" wurde in der Limonka Ne 79 von niemand anderem als dem post-/konzeptualistischen Kult-Autor Dmitrij Pimenov eröffnet, der Anfang der 1990er Jahre seine größte Popularität mit dem Roman „Mut' revoljucii" (,Nebel der Revoluti- 64 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature on'; 1999) erreichte, von dem ein Stück aus dem Kapitel „Sumašedščij razvedčik" („Der verrückte Geheimagent") 1993 in der Limonka Ne 98 veröffentlicht wurde. Die Idee dieses Prosastücks besteht darin, dass der Protagonist zur Geheimwaffe eines Geheimdienstes wird, indem er keine Aufgabe und kein Ziel bekommt, und damit den Kreislauf der auf strategischer Rationalität beruhenden Projektionen der secret intelligence (vgl. Horn 2007, 126-155) durchbricht. Pimenov bleibt seinem Stil treu in der Ankündigung der Kolumne: Ich bin persönlich davon überzeugt, dass die Revolution eine glückliche unvermeidliche Realität ist. Die Astrologen betonen, dass jetzt (mit all diesen Uranusen, Neptuns) so eine Zeit gekommen ist, in der die Revolutionäre dutzendweise geboren werden. Es wird ein Wettbewerb der Revolutionsprojekte ausgerufen. Die Parole: Hass, Kennwort: Wahnsinn. [...] Aufgepasst!!! Der Intellekt ist nicht mehr als der verkomplizierte Scharfsinn eines Straßenverkäufers! Fürchtet weder die eigene, noch die fremde Dummheit. £ nmno yeepeH, nmo Peeonwu,ua^mo cnacmnueaa HemöewHocmb Peanbuocmu. Acmpono^u ymeepwdawm, nmo ceünac nacmynuno maKoe epeMa (eca-Kue maM Vpanu, Henmynu), nmo Peeonwu,uoHepu öydym powdambca nanxaMu. OSrnenaemca cnop-KoUKypc npoexmoe Peeonwu,uu. naponb - nenaeucmb, omsue - 6esyMue. [...] BHUMaHue!!! HnmenneKm^mo He 6onee neM ycnoMHennaa 65 Matthias MEINDL ► Maschinengewehre und literarische Zerstörungsmaschinen 14 Dass „nicht die eigene, nicht die Fremde Dummheit" zu fürchten sei, zitierte Limonovs Verteidiger vor Gericht. Pimenov, so Beljak, habe dabei jedoch an Leser gedacht, nicht aber an Ermittler (Casovoj Ciferblat 2003). CMemnrn puH0^H0^0 mop^oe^a! He 6oümecb mynocmu He ceoeü, hu nyMoü. (Pimenov 1997a, 3)14 Pimenovs beispielgebendes Projekt geht davon aus, dass die große „Stabilität der globalen Konstruktion" (ebd.: „Stabilnost' global'noj konstrukcii") nur eine scheinbare ist. Russland stelle die „Eier der Erdkugel" (ebd: „jaica zemnogo šara) und der Kreml, das Verteidigungsministerium, die Botschaften Amerikas, Deutschlands und Irans stellten besondere Schmerzpunkte dar. Ein synchroner, unerwarteter terroristischer Angriff auf diese würde die Gesellschaft schlagartig destabilisieren. Weiter würde man den Umständen entsprechend handeln - wie im Alkoholismus: „der Mensch trinkt das erste Stamperl, das zweite wird vom ersten getrunken" (ebd.: čelovek p'et pervuju rjumku, vtoruju p'et pervaja"). Zwei weitere beispielgebende Texte, (vermeintlich) von anderen Autoren schlagen Verbreitung von Panik durch Schädlinge (Schaben, Ratten, usw.), bzw die Uniformierung der Staatsbeamten in Clown-Kostümen vor, um den Charakter der Staatsmacht zu reformieren (Bazanov u. Rebunov 1997). Nicht weniger surrealistisch fallen die „Revolutionsprojekte aus der Kollektion Dmitrij Pimenovs aus" („Proekty revoljucij iz kollekcii Dmitrija Pimenova") von „Vitol'd Pantoffelmann/ Pseudonym" („Vitol'd Tapočkin/ psevdonym"; s. Pimenov 1997b) in der Limonka Ne 80 aus. In der Limonka N 83 schlägt Limonov selbst dann aber einen ganz anderen Tonfall an. Sein „Szenario eines bewaffneten Aufstands" („Scenarii vooružennogo vosstanija") hat den Charakter eines Szenarios für einen phantastischen Thriller. Radikale Jugendorganisationen organisieren im Rahmen der Saison „Sevastopol' - russkij kurort" ein Festival russischen Rocks in Sevastopol' und mischen sich unter die jungen russischen Urlauber. Als eine Rockband anfängt alte stalinistische Lieder zu 66 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature vertonen, kocht die Menge im Stadion. Die Sicherheitskräfte greifen ein. Durch die Verwendung von Mitgliedern der ukrainischen Spezialeinheit ,Berkut' (,Falke') durch leicht bewaffnete NBP-Aktivisten wird die Gewalt weiter angeschürt. Mit einem Wechsel von militärischen Provokationsakten und strategischer Fehlinformation der Massenmedien, schließlich mittels der Bewaffnung der russischen Jugendlichen aus Beständen der Schwarzmeerflotte, werden die Konflikte in einen Befreiungskrieg der russischen Bevölkerung auf der Krim überführt, welcher Moskau zwingt auf Seiten der Aufständischen einzugreifen. Die Krim wird dann zum Brückenkopf für die Radikalen auf ihrem Weg zur Macht. Erwähnenswert an diesem Aufstandsszenario ist übriges noch, dass Limonov das Argument der „Theorie des zweiten Russland" antizipiert, der bewaffnete Aufstand könne nur außerhalb der Grenzen der RF beginnen, wobei Kasachstan allerdings wegen seiner peripheren Lage nicht in Frage käme (Limonov 1998, if.). Es ist übrigens dies die literarische .Zerstörungsmaschine', die für den Limonov eine Verwarnung vom Minpecat' erhielt (Limonov 2003b, 251). Der äußerst gewalttätige Charakter des Projekts wird in der Limonka Ne 84 konterkariert durch die von der Aktivistin Katerina Izmajlova eingereichten Projekte, welche berücksichtigen, dass das russische Volk eine zitternde „geleeartige Masse" („zeleobraznuju massu") sei: Von einer revolutionären Situation könne nicht die Rede sein, für Kampfhandlungen müsste das russische Volk erst vorbereitet werden. Die drei Projekte erreichen dies zum einen durch die Befreiung der nicht-normativen Lexik (mat), zum anderen durch die Befreiung der künstlerischen Kreativität - indem alle auf die Straße gehen und zeigen was sie können -, und schließlich durch die sexuelle Befreiung, indem in großem Maßstab Sexualpartner durch Losverfahren bestimmt werden (Izmajlova 1998). Nach diesem, für die Limonka eher untypi- 67 Matthias MEINDL ► Maschinengewehre und literarische Zerstörungsmaschinen schen Plädoyer für ein Vorspiel', um das Volk erst in Stimmung für den revolutionären Gewaltakt zu bringen, kommt dieses im nächsten ,Revolutionsprojekt' gar nicht vor. Das „extrem konzeptuelle Revolutionsprojekt" („Sugubo-konceptual'nyj proekt Revoljucii") überrascht mit dem Sujet, dass der russische Brain Drain seine gute Seite hatte: den Aufbau eines weltweiten Netzwerks, welche der „Krake, deren Arme alle Kräfte aus Russland saugen" (Gruppa Tambovskich Volkov 1998: „c'i scupal'ca vysasyvajut iz Rossii vse soki") den außerhalb Russlands befindlichen Kopf abschlägt. Dieser antisemitisch gestimmte Text - darauf weist die Bezeichnung des Feinds mit ,Mondialismus' hin - ist offensichtlich weit mehr als von Limonov von dem Konspi-rologen Aleksandr Dugin (1995) bestimmt, der zu dieser Zeit noch als Hausphilosoph der NBP figurierte. Das Projekt liest sich daher auch wie ein Klappentext zu einem Roman des gleichfalls häufig von Dugin inspirierten Aleksandr Prochanov. Resümierend soll festgehalten werden, dass die dargestellten Texte eine große stilistische Vielfalt zeigen. Ausgerechnet die eröffnenden Texte Pimenovs müssen dabei als nicht stilbildend ausgeklammert werden. Es ist dies eher ein Beispiel für das ,Trittbrettfahren' von im Endeffekt stärker auf künstlerische Autonomie ausgerichteten post-/konzeptualistischen Akteuren im Projekt der NBP. Die anderen dargestellten Texte funktionieren teilweise eher narrativ, teilweise eher argumentativ, wobei es Limonov im Gegensatz zu den Tambover Wölfen, die wahllos sadistische Wunschphantasien zusammentragen, gelingt, das große weltgeschichtliche Ereignis - den Kriegseintritt Russlands gegen die Ukraine - in einem kleinen konspirativen Sujet mit Einheit von Zeit, Ort und Handlung loszutreten. Die Projekte sind ,phantasievoll' und gerade die Unwahrscheinlichkeit der ,Projekte' ist in dieser Kolumne die Voraussetzung für die Propagierung ihrer 68 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature Realisierbarkeit. Ein .Revolutionsprojekt' mit „A.B.C." (1998) unterschrieben, behauptet, die Kolumne sei gut, weil sie dazu anleite zu denken, wie die Revolution .praktisch' realisierbar sei. Abgesehen von seinem eigenen Beitrag, der dazu aufruft mit Rücksicht auf die populäre Meinung, lieber Ausländer, vorzugsweise Amerikaner, physisch zu attackieren, als Polizisten, gibt es aber nur wenig konkrete Handlungsanweisungen. Die „Theorie des zweiten Russlands" ist unter diesen Texten eher ein sachlicher Text, insbesondere aber der oben zitierte .literarische' Schluss mit seiner Gegenüberstellung der „wilden" Bewohner des zweiten, asiatischen Russlands, das wie die goldenen Horden das Russland der Beamten angreifen wird, eröffnet mit seinen ,eurasistischen', eigentlich aber auch ,selbstexotisierend' zu nennenden Konnotationen einen weiten Imaginationsraum. Limonov dringt tiefer in diesen ein in seinem im Gefängnis geschriebenen Buch Drugaja Rossija. Wahrscheinlich lässt sich dieses auf seine Ankündigung zurückbeziehen, er würde seine Version von Mein Kampf schreiben (Sigida 2001).15 Das an seine Parteikameraden gerichtete und in Lektionen eingeteilte Buch ist eines der wildesten Limonovs. Der in seiner beengten Zelle sitzende Führer berauscht sich an Lektüre über die orgiastischen millenaristischen Gemeinschaften vergangener Jahrhunderte (10. Lektion) und imaginiert eine wilde nomadische Zukunft. Sie wird für die Jugend, das im Gegensatz zum Arbeiter eigentlich revolutionäre Subjekt (Lektion 9), eingerichtet. Von Čechov, Puškin, Dostoevskij und Tolstoj, diesem „Leichengift des 19. Jahrhundert" (Lektion 7: „Trupnyj jad XIX. veka"), werden die Jugendlichen dann verschont bleiben. Stattdessen lernen sie, wie man Granatenwerfer bedient, aus Hubschraubern springt und leckeres Schaschlik zubereitet (Limonov 2003b, 8f.). Die Familie wird als Modell nicht länger gefördert, das „sexuelle Wohlbefinden" (Lektion 15: „seksual'naja kom- Genau genommen hat Limonov „Mein Kampf" wohl eher auf zwei Bücher aufgespalten, auf die Erzählung seiner politischen Biographie (Limonov 2002d: Moja političeskaja Biografija) sowie auf die weltanschauliche Abhandlung Drugaja Rossija. 69 Matthias MEINDL ► Maschinengewehre und literarische Zerstörungsmaschinen Zur Untersuchung des Themas der Ästhe-tisierung des Kriegs bei Limonov müsste SMRT (2008b), sein Memoirenbuch über seine Beobachtung der/ Beteiligung an den Jugoslawienkriegen, interpretiert werden. Man könnte hier zeigen, wie diese Ästhetisierung des Kriegs versucht von rassistischen Theorien weitgehend frei zu bleiben. Es gibt bei Limonov keine teleolo-gische, oder gleichsam apokalyptische Geschichtsphilosophie, welche die Selbstverwirklichung einer Rasse zur Selbstvollendung der Kultur macht (Lacoue-Labarthe/ Nancy 1997, 188). Limonov erwähnt in Po tjurmam seine fragmentarische Lektüre von Totem und Tabu, unterbrochen vor der Verlegung seines Inhabers, Limono-vs Zellengenossen (Limonov 2004, 179) In Podrostok Savenko wird die Gestalt des Vaters, der Gefangene überführt, als beschämend und unheroisch geschildert. Er sei lediglich ein „Bulle" (Limonov 2005, 220: „musor") in einer anderen Uniform. Während seiner kurzen ,Affäre' mit Vladimir Zirinovskij beanspruchte Limonov (1994, 58) hingegen mit stolzem Hinweis fortnost'") wird zum wichtigsten Kriterium des Zusammenlebens, und die Sexualität zur eigentlichen Sphäre der Revolution. Da Abtreibung verboten wird, gebärt eine Frau von 25 bis 35 zehn Kinder, die sie an die Gemeinschaft abgibt. Die Männer delektieren sich währenddessen am Kriegshandwerk. Er habe, so Limonov, bei seinen Aufenthalten in den Krisenregionen der 1990er Jahre verstanden, dass Krieg nicht die Sünde der Menschheit sei, kein entwicklungsgeschichtliches Relikt, vielmehr der „fighting instict" eine große Macht sei, mit der ein Teil der männlichen Bevölkerung jedes Volks ausgestattet wäre. Deutlich zeigt sich hier Limonovs Neigung zur faschistoiden ,Ästhetisierung des Kriegs', der „hemmungslose[n] Übertragung des L'Art pour LArt auf den Krieg", wie Benjamin (1980, 240) es ausgedrückt hat/6 Matich hat darauf hingewiesen, dass bei Limonov die „Sphäre des Vaters" auch in der „Gestalt des Staates" attackiert wird (2005, 754). Das ,andere Russland' ist der Staat nach dem Vatermord: das repressive Staatssystem muss überwunden werden so wie in der Freud'schen Erzählung von Totem und Tabu17 der grausame Vater der Urhorde, der seine Söhne zur Promiskuität zwingt. Bei Limonov winkt danach das mythische Modell, das nach Darwin, auf dessen Überlegungen zur ,Urhorde' sich Freud stützte, „im Naturzustande äußerst unwahrscheinlich ist": „die allgemeine Vermischung der Geschlechter" (zit. n. Freud 1974, 411). Das Problem der Brüderbande ist dabei allerdings die Ambivalenz: Hass gegen/Verehrung gegenüber dem Vater - sowie die Notwendigkeit der Stiftung einer gerechten Ordnung, die künftigen Streit zu verhindern vermag. Die Ambivalenz tritt bei Limonov nicht nur im Schreiben über seinen eigenen Vater, den MVD-Offizier, hervor/8 sondern auch im Hinblick auf den russischen Staat, der einerseits als gewalttätiges Repressionssystem überwunden werden muss, andererseits jedoch stark, wehrhaft, ja militärisch-expansiv 70 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature sein muss. .Anarchismus' und .Imperialismus', die , . den NKVD-Offizier [!], (2005) derzeit besonders gut laufenden Waren auf dem Markt der das Innenministerium n n n n im Schattenkabinett Kulturgüter, existieren bei Limonov in schöner Harmonie nebenein- der .Liberaldemokraten' Zirinovskijs. ander. Diese Ambivalenz zeigte sich in den Prozessdokumenten auf schlagende Art und Weise. Limonov bot, eigenen Angaben nach, General Pronin von der Abteilung für Terrorismusbekämpfung des FSB die Zusammenarbeit an. Schließlich könne die NBP, anders als der FSB, in der Verteidigung russischer Interessen, etwa der Verteidigung alter Tschekisten in Lettland, zu illegalen Methoden greifen (Limonovs 2002a, 8). Grund für die Empörung angesichts von Pronins Ablehnung ist, dass ein gesunder Staat sich solcher aggressiver Söhne zu nützen wisse, statt sie ins Gefängnis zu werfen. Limonovs unausgegorene, ambivalente Einstellung zur Gewalt stellt den Kernkomplex seines postsowjetischen Mythos dar. Im Hinblick auf Mitinsassen schreibt Limonov in Po tjur'mam, dass vom philosophischen Standpunkt aus betrachtet, Bandenmorde innerhalb der Welt der organisierten Kriminalität „innerartliche Aggression" (Limonov 2004, 40: „vnutrividovaja agressija") seien. Der böse Wille des strafenden Staates kann so betrachtet nur der des „Übermörders" (ebd.: „sverchubijcy") sein. Von gewöhnlichen Spießern unterschieden sich die Verbrecher lediglich in ihrem Mut. Gerade ihre bewiesene Aggression lässt sie Limonov als geeignete Rekrutierungsbasis für Aktivisten erscheinen. Dass die Taten von Verbrechern doch meistens eigentlich egoistisch sind, selten über politische Verallgemeinerbarkeit verfügen und somit das Gesetz in seiner Verletzung noch erfüllen, tritt hinter den Aspekt der Aggression zurück. Gemäß den sozial- und kulturtheoretischen Denkern, die an Freuds (und Nietzsches) Theorien anschließen (Foucault, Bourdieu, etc.), wird Gewalt im .Kulturfortschritt' in ihrer symbolischen Geltung verallgemeinert und in ihrem Zugriff verfeinert, 71 Matthias MEINDL ► Maschinengewehre und literarische Zerstörungsmaschinen Vgl. Limonovs eigene Unterscheidung in Disciplinarnyj sanatorij, 2002, 13: „Ideal žestkogo nasilija -prevratit' mir v tjur'mu strogogo režima, ideal mjagkogo - prevratit' čeloveka v domašnee životnoe." Diese Unterscheidung wurde oben etwas simplifiziert. Anfang der 1990er zum Zeitpunkt des Erscheinens dieses Buchs wird hervorgehoben, dass die Sowjetunion seit 25 Jahren, d.h. grob seit Brešnevs Machtübernahme das Sanatoriumsmodell nachahme, Anfang der 2000er wird jedoch der Gefängnisstaat wieder zur vorherrschenden Beschreibungsmetapher für Russland. sublimiert und introjiziert. Limonov befindet sich in einer double-bind-Struktur: die faschistoide (oder stalinistische) Verherrlichung von Gewalt richtet sich gegen die westlichen' Zivilisationssysteme, die er immer wieder als repressiv im Hinblick auf ihre Verinnerlichung von Gewalt, der Domestizierung des Menschen kritisiert werden.19 Gegenüber der autoritären Tradition des post-/sowjetischen Staats muss er aber westliche' Freiheitsrechte einfordern. Limonov hat Züge eines mythischen Verhältnisses zur Gewalt. Ob die Brüderbande den Aufstand gegen Vater probt oder gegen den äußeren Feind zieht - sie soll eine heroische Form der Vergesellschaftung darstellen. Das funktioniert derzeit auf dem Markt der Kulturgüter sehr gut, und es scheint, dass unter den jetzigen Bedingungen relativer politischer Stabilität in Russland gilt: je größer der massenmediale Erfolg der virtuellen Revolution, desto unwahrscheinlicher ihre blutige Realität. Ob Limonov tatsächlich eine Herausforderung für das hermetische politische Feld in Russland darstellen wird können, wird - abgesehen davon, ob man ihn ,einlässt' - vielleicht davon abhängen, ob er sich tatsächlich auf die banaleren Momente der Verwaltung' von Gewalt einlassen wird können - und damit auf konkrete soziale Interessen und Probleme. $ 72 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature Literatur aptekman, marina, 2006: „Kabbalah, Judeo-Masonic Myth, and Post-Soviet Literary Discourse: From Political Tool to Virtual Parody." Russian Review 65 (October). 657-681. a.b.c., 1998: „...Revoljucionnye akcii dolžny byt'." 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The section outlines media reactions to the arrest of "the well-known writer Limonov" and examines a polemical open letter composed behind bars by Limonov in which he accuses society of indifference. By comparing his own case with that of Iosif Brodsky and bringing discredit upon the latter, Limonov pursues the somewhat contradictory goals of appropriating the symbolic capital of the dissident movement and simultaneously destroying one of their central myths. The "hypertrophied literary political nexus" (Parte 2004, 1) becomes manifest in its most aggressive incarnation: the writer-revolutionary. The second section goes back to Walter Benjamin's characterization of political radicalism among the bohemians of Baudelaire's Paris. It emphasizes Limonov's deeply felt kinship with Baudelaire, asking whether the former's project can be viewed as an instance of radical aesthetic subjectivity in the tradition of the avant-garde. To my mind, to decide whether Limonov's is really a political or merely an aesthetic project is too complex a problem to solve satisfactorily at the present time. Providing a summary of scholarly treatises on the problem, 78 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature I argue that Walter Benjamin's notions of 'aestheticization of politics' and war in a fascist context can serve as points of departure in future research. Another useful notion might be 'myth'; it has been addressed on the one hand by French philosophers Nancy and Lacoue-Lebarthe, who further develop Benjamin's above mentioned notions, and on the other hand by Olga Matich in her psychoanalytically informed analysis of Limonov's more recent writing. Let me urge caution in the use of these leads, as we are dealing here with aesthetics, however irrational and repellent they might be, that are not state-controlled, but rather serve young people, freely representing their marginality. After thus bracketing larger questions, I devote the third chapter to the core interest of the article: the question as to whether Limonov's terrorism was judged to be a gory reality or the trial was merely and purposely addressing fiction. The strategy of the prosecution was to treat speech acts as signifying a bloody reality, while Limonov, facing several years in prison, suggested the speech acts' rhetorical nature. The court's decision followed Limonov's suggestion and acquitted him and Aksenev of the charges of terrorism and instigating an insurrection. Moreover it emphasized that the prosecution seemed rather inclined to construe a conspiracy. The last chapter explores in depth one of the main pieces of evidence brought forward by the prosecution: the "Theory of a Second Russia." This text, which was attributed to Limonov by the prosecution, but was in fact authored by a Latvian regional party leader, was published in party bulletin NBP-Info Ne 3, devoted to the ideology and political perspectives of Eurasianism. The text imagines an uprising of the Russian minority in Kazakhstan and the building of a second free and wild Russian state that would in the long run conquer the first state. Limonov has emphasized that this text was received for a column 79 Matthias MEINDL ► Maschinengewehre und literarische Zerstörungsmaschinen of Limonka devoted to organizing a competition among proponents of revolutionary projects. This competition was announced by the post-/ conceptualist poet Dmitry Pimenov, who himself contributed a couple of very surrealistic revolutionary projects. The competition, in encouraging imagination of the improbable, was a striking example of the then virulent blurring of literary and political genres. The exotic potential of the imaginary Second Russia imaginary is then further developed in Limonov's book of prison lectures, A Different Russia. Limonov's vision includes a touch of aestheticization of violence that is analyzed at the end of the article. I argue that a state in Limonov's myth is a violent father figure admired and loved at the same time, an ambivalence which makes positioning Limonov in the field of politics a difficult task. Matthias Meindl was a student of Philosophy and Russian studies in Berlin and Moscow. He has published a theory-oriented monograph on political and aesthetic judgment (Geschmack und Urteilskraft bei Pierre Bourdieu und Hannah Arendt. Berlin, Logos-Verlag, 2009) as well as numerous articles and interviews concerned with art, literature, and politics in Post-Soviet Russia. Currently he is working in the SNF-funded project Art and Literature on Trial of the Slavic Seminar at Zurich University. 80 Il caso (azda) Posledná večera: liberta d'espressione e verita religiosa nel processo di democratizzazione slovacco. $ tiziana d'amico ► damico.tiziana@gmail.com SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature L'articolo indaga, attraverso il caso del racconto di Martin Kasarda (azda) Posledná večera del 1991 e le conseguenti polemiche e denunce per vilipendio da parte di alcuni parlamentari slovacchi nei confronti dell'autore e dei redat-tori, il difficile percorso di democra-tizzazione dell'odierna Slovacchia nel periodo successivo alla fine della Repubblica Socialista Cecoslovacca e lo scontro non solo tra due libertà fon-damentali quali quella d'espressione e quella religiosa, ma anche il rapporto tra cultura e politica. L'articolo confronta altresi la vicenda slovacca con situazioni coeve quali le denunce per vilipendio della religione del film di Martin Scorsese L'ultima tentazione di Cristo e la questione dei Versi satanici di Salman Rushdie. LIBERTA D'ESPRESSIONE, LIBERTA DELL'ARTE, LIBERTA DI RELIGIONE, DEMOCRATIZZAZIONE, SLOVACCHIA, CENSURA, POLITICA, CULTURA, POST-COMUNISMO The article explores, through the case of Martin Kasarda's novel (azda) Posledna večera (1991) and the ensuing controversy and complaints of public insult against the author and the publishers by some members of the Slovak Parliament, the article explores the difficult process of democratization in Slovakia during the period following the end of the Czechoslovak Socialist Republic. The author focuses on the clash between two fundamental civil rights such as freedom of speech and freedom of religion, and between culture and politics. The article compares the Slovak case with other contemporary situations such as complaints against Martin Scorsese's film The Last Temptation of Christ and the issue of Salman Rushdie's The Satanic Verses. FREEDOM OF SPEECH, FREEDOM OF ART, FREEDOM OF RELIGION, DEMOCRATIZATION, SLOVAKIA, CENSORSHIP, POLITICS, CULTURE, POST-COMMUNISM 83 TiziANA D'AMico ► Il caso (azda) Posledná vecera II testo presenta un caso di conflitto tra due liberta, quella d'espres-sione e quella di appartenenza religiosa, entrambe represse durante il comunismo, in un periodo particolare come quello della transizione democratica nella Cecoslovacchia postcomunista. Le liberta di pensiero, di coscienza e di religione sono, con le parole degli studiosi N. Fiorita e D. Loprieno, "antecedente non discutibile di ogni assetto ordinamentale che voglia definirsi democratico, pluralista e pienamente rispettoso della dignita umana" (2009: 2). Il caso del racconto (azda) Posledná večera di Martin Kasarda e della rivista che lo pubblica ci permette di sondare alcune difficolta e particolarita del processo di democratizzazione nel contesto slovacco. L'ANTEFATTO Il 5 agosto 1991 viene pubblicata sulla rivista Kultúrny život (di seguito K. Ž.) la novella (azda) Posledná večera [(forse) L'ultima cena], con il sottotitolo Motto: Slovák bol vždy všade (prvy?)... [Motto: lo slovacco fu sempre ovunque (primo?)...] di Martin Kasarda, giovane autore e vi-ceredattore della stessa rivista. Nel mese di agosto 1991 la redazione di K.Ž. inoltra una richiesta per un finanziamento, come gli era gia stato assegnato precedentemente, al fondo della Presidenza del Consiglio slovacco destinato ad attivita politico-culturali. LA NOVELLA (azda) Posledná večera é il racconto di una notte di bravate di un gruppo di giovani, finita male, narrato dal punto di vista di uno dei parteci- 84 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature panti, "Augustin Boleslav Trnisty, ovvero io, chiamato anche Iska Riot, 1 - - - »/1 \i 1 Dal colloquio avuto bardo slovacco e impostore (Kasarda 1991: 11). Il racconto procede con Ivan strpka sulla falsa riga degli avvenimenti dell'ultima cena e di alcuni altri momenti della vita di Cristo. Il testo si colloca a metà tra un pastiche e una parodia in cui l'autore prende in giro sia il narratore che il protagonista. L'elemento parodistico si lega a una intenzionale generale eroticizzazione del racconto evangelico: Iska Riot compone un inno al pene del Cristo, il bacio di Giuda è un "bacio alla francese", l'unzione di Betania si trasforma in un accidentale cospargimento di grasso di maiale che termina in un rapporto orgiastico, ecc. Il tono satirico del testo è indirizzato al contesto slovacco, rappresentato dal narratore la cui identità nazionale sottolineata dal primo attributo del protagonista ("bardo slovacco") si scontra con il secondo ("impostore"), quasi a indicare che l'orgoglio nazionale non è altro che un nascondere la propria miseria. L'obiettivo della pubblicazione della novella era quello di generare una discussione non solo sulla religione nella nuova vita democratica, ma più in generale sulla libertà.1 Come infatti afferma Ivan Strpka, allora caporedattore della rivista, "sapevamo che il racconto avrebbe suscitato delle reazioni, anche forti, da parte del clero, di alcuni lettori. Ci aspettavamo lettere, uno scambio e anche uno scontro di idee, ma che si arrivasse a un tale livello di reazioni, no. Si è subito giunti a un piano ideologico-politico". Anche Kasarda attendeva delle reazioni diverse: "ero consapevole che sarebbero arrivate alcune lettere incandescenti, ma che ci fosse una tale reazione — una reazione non di alcuni lettori infervorati, ma di politici infervorati — non me lo aspettavo proprio" (Pastier 1992: 81). 85 TiziANA D'AMico ► Il caso (azda) Posledná vecera 2 La ricerca delle fonti per il presente testo ha presentato delle difficoltá impreviste: non esiste un archivio della rivista Kultúrny zivot; non sono rintrac-ciabili nelle biblioteche di Bratislava tutti i numeri della rivista in questione per il periodo 1990-1993, ov-vero da quando viene rieditata fino alla sua definitiva chiusura; non e stato possibile ricostruire l'intera da-tazione delle indagini della procura generale in quanto né Martin Kasarda né Ivan Strpka hanno conservato la documentazione relativa. L'indagine attraverso l'archivio nazionale e possibile solo in parte proprio a causa delle informazio-ni basilari mancanti. LE REAZIONI Nel mese di settembre un gruppo di parlamentari, esponenti di Kresfanskodemokratické hnutie [Movimento cristianodemocratico] (di seguito KDH), partito allora al governo, denuncia Martin Kasarda e Ivan Strpka in base all'articolo 198 del codice penale: "vilipendio della nazione, della razza e delle convinzioni. Comma b: di un gruppo della repubblica per le loro convinzioni politiche, per la loro confessione o perché senza confessione" (Trestné právo). La richiesta di denuncia viene comunicata durante la 17a seduta del Consiglio Nazionale Slovacco. Il 16 novembre il Vice Presidente del Governo Federale Cecoslovacco Jozef Miklosko denuncia a sua volta Martin Kasarda e Ivan Strpka, sempre secondo l'art. 198, chiedendo lo stato dell'indagine alla procura. Segue una interrogazione parlamentare da parte dei parlamentari federali Bláha, Világi, Kukucka, Sándrorová e Sahlingerová il 1 novembre 1991, a cui Miklosko risponde sia a voce sia il 3 dicembre in forma scritta. Il 24 gennaio 1992 viene discussa al Parlamento Federale Cecoslovacco la risposta del Vice Presidente. Nel mese di novembre, la procura generale comunica il non luogo a procedere per tutte le denunce in quanto "l'indagine ha portato alla conclusione che si tratta di un approccio artistico a un soggetto biblico. Consideriamo il racconto di M. Kasarda un'espressione letteraria, una finzione artistica, un collage letterario e una mistificazione la cui forma non è atta a corrispondere ai connotati del nucleo fattuale di alcuna azione penale presente nella data parte del codice penale" (Miklosko 1992). Le indagini si concludono nel mese di gennaio 1992. Se da un lato appare evidente che dei rappresentanti di un partito che "nasce da due tradizioni: da quella politica slovacca cristiana e da quella dell'Europa occidentale dei partiti cristiano-democratici" (Bo- 86 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature bula, dal sito ufficiale di KDH) e che si richiama al cristianesimo e al conservatorismo, potessero sentirsi toccati da un racconto come (azda) Posledná večera, dall'altro risulta interessante guardare alle motivazioni che hanno portato addirittura a un intervento di carattere giuridico. Sull'organo ufficiale di stampa di KDH, Slovensky denník, il 28 settem-bre 1991 viene pubblicata una richiesta ufficiale di scuse indirizzata a Martin Kasarda e alla redazione di K.Ž. : "accettiamo la libertà di stampa, ma la sua democraticità deve avere dei margini culturali stabiliti perché l'acqua torbida e stantia non si riversi sul podere delle persone per bene. E per questo pensiamo che la bravata che Kultúrny život ha pubblicato dalla penna di Kasarda faccia fortemente l'occhiolino con un'azione penale che Kultúrny život e il sig. Kasarda si sono cercati da soli" (K.Ž. 22.io.i99i[43]: 11). La pubblicazione su Slovensky denník segue3 l'intervento al Parlamento Slovacco di Helana Rozinajová a nome di alcuni parlamentari del KDH richiedenti la denuncia di Kasarda e di Štrpka. Rozinajová afferma: Per un problema técnico del sito "Spo-lecna cesko-slovenska digitalni parlamentni knihovna" non e possibile stabilire con certezza la data dell'in-tervento parlamentare. Il 17° incontro del Consiglio Nazionale Slovacco, come ripor-tato nelle trascrizioni parlamentari, si svolse il 23, 24, 25, 26, 27 set-tembre e il 10 ottobre; da una ricostruzione fatta in base alla lettura degli interventi, rite-niamo che l'intervento in questione risalga al 27 settembre. Il 5 agosto di questanno la rivista Kultúrny život ha pubblicato un articolo sfrontato di — non so se e adeguato il termine signore per questo autore — semplicemente di Martin Kasarda sotto il titolo 'Ultima cena'. [...] Il testo descrive lultima cena fino alla crocifissione di Nostro Signore Gesu Cristo, descritto dallautore dellarticolo come un immorale e che per l'intero articolo viene immoralmente oltraggiato, offendendo in modo volgare tutti i cristiani, nello specifico gli Slovacchi, perché larti-colo e uscito in una rivista slovacca (1991). L'intervento prosegue: "La Slovacchia è un paese dove secondo le ultime statistiche il 72% si dichiara cristiano e siamo orgogliosi di questa percentuale e che dopo quarant'anni di ateizzazione quasi tre quarti 87 TiziANA D'AMico ► Il caso (azda) Posledná vecera di questa nazione aderiscono a questa preziosa eredità della nostra nazione" (Rozinajová 1991). Seguono la richiesta di scuse ufficiali, di indagine della procura generale della Repubblica Slovacca nei confronti dell'autore e del redattore, di resoconto da parte del Ministero della Cultura sul finanziamento della rivista e di richiesta al Ministro della Cultura che "si controllasse che non apparissero nella stampa slovacca, ma in nessuna pubblicazione, testi che offendono in modo gretto il nostro popolo cristiano" (Rozinajová 1991). LE MOTIVAZIONI L'intervento della parlamentare Rozinajová, cui seguono altri interventi di approvazione e di critica, evidenzia i punti centrali delle accuse: • (azda) Posledná vecera non sarebbe un testo letterario, ma un testo pub-blicistico che offende la religione cristiana; • i cristiani, dopo la repressione del comunismo, hanno il diritto di espri-mere la propria libertà religiosa e questo significa anche protestare contro le offese alla religione; • i cattolici sono la maggioranza della popolazione slovacca e quindi la loro sensibilità va rispettata in quanto tale; • la rivista aveva ricevuto dei finanziamenti pubblici quindi non poteva permettersi tali azioni di offesa pubblica. La valutazione negativa della novella a livello letterario porta non a una posizione di censura diretta, ma alla negazione della sua natura letteraria: essa viene trattata come un testo pubblicistico. Il racconto, snaturato e "pubblicizzato" come un articolo, viene cosí ritenuto fruibile da tutti, mentre in realtà richiede una data capacità di lettura e interpretazione come tutti i testi letterari. Come infatti osser-va il giurista Rimoli, riferendosi all'arte contemporanea in generale: 88 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature "il giudizio dell'uomo comune, di media esperienza, si dimostra qui assolutamente insufficiente. [...] Il carattere prettamente intellettuali-stico e esoterico che la prassi e la produzione artistica contemporanee hanno assunto, rendono per lo più incomprensibile al profano, nonché il valore effettivo della singola opera, addirittura il suo senso e la sua ragione d'essere" (1991: 199-200). L'attribuzione alla novella dello status di articolo sposta la discus-sione dall'ambito della censura dell'arte e dalla valutazione di un'opera come immorale, come dovrebbe avvenire nel momento in cui si giu-dica in base a valori morali (Posner [1988] 2009: 497-518); in nessun intervento parlamentare né nelle lettere inviate alla redazione viene mai affermata la dannosità della lettura di (azda) Posledná vecera per la morale slovacca. Allo stesso tempo l'interpretare il racconto come un articolo permette agli accusatori di non dover approfondire l'am-bito della libertà dell'arte all'interno del più ampio diritto della libertà d'espressione e in un certo qual modo semplifica la discussione: se al testo letterario è riconosciuto il diritto di "finzione", a quello pubbli-cistico no. La differenza dei due ambiti delle libertà è fondamentale, scrive Rimoli: "che l'espressione artistica rappresenti, anche per coloro che prendono le mosse dalla generale libertà di manifestazione del pensiero, un fenomeno caratterizzato da tratti affatto peculiari, è avvertito da chiunque si sia trovato ad affrontarne, in modo più o meno diretto, la trattazione" (1991: 17). Questo meccanismo di negazio-ne dell'appartenenza di un testo alla letteratura non è inusuale, come osserva Posner, "to someone who believes that literature to count as such must be edififying, immoral books are by definition not literature and banning them cannot impair literary values" ([1988] 2009: 497). Il mancato riconoscimento della natura letteraria del testo ha delle conseguenze non indifferenti nella vicenda in quanto sposta l'ambito 89 TiziANA D'AMico ► Il caso (azda) Posledná vecera della polémica da quello prettamente artistico a quello "sociale": il testo di Kasarda diviene un articolo provocatorio sul rito dell'ultima cena e sulla figura di Cristo. A partire dal mese di ottobre 1991 K.Z. pubblica alcune delle lettere giunte in redazione in uno spazio dedicato, la pagina 11 della cultura, dal titolo "Sloboda versus posvàtnosf' [Libertà versus santità]: da un lato si trova lo sdegno, il profondo sentimento di offesa della sensibilité dei cristiani, della nazione, della razza e della dignità umana. Dallaltro un serio timore del vietare, dell'intolleranza e un profondo rifiuto della censura ideologica di qualunque tipo. [...] Riteniamo importante sottolineare ancora che il testo di Kasarda appartiene a una forma letteraria — la novella. Con rammarico, la maggioranza schiacciante dei suoi oppositori la segnalano come articolo" (K.Z. 22.10.19914]: 11). In questo spazio prende forma non tanto un acceso dibattito sul rap-porto tra arte e religione, tra libertà d'espressione e sensibilità religiosa, quanto uno scontro, a nostro avviso impari, tra una difesa della religione cattolica in quanto religione della maggioranza della popolazione slovacca e la libertà d'espressione artistica. Impari in quanto da un lato abbiamo riflessioni, provenienti per la maggior parte da intellettuali e artisti, come A. Marencin, L. Grendel, M. Zemko, che focalizzano l'attenzione sul fatto che (azda) Posledná vecera è un testo letterario e quindi è nell'ambito dell'arte che se ne deve parlare. Dall'altro abbiamo lettere di lettori che si dichiarano offesi dall'"articolo" di Kasarda, che ne denunciano il satanismo, che affermano che la libertà d'espressione deve fermarsi davanti al necessario rispetto della sensibilità religiosa, rispetto dovuto anche per aver sopportato la repressione della religione durante il comunismo. 90 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature Tra le motivazioni di accusa nei confronti del testo di Kasarda, la re-pressione comunista della religione trova uno spazio minore di quanto ci si potrebbe attendere. Il diritto di manifestare contro qualcosa, sia esso un articolo, un testo letterario o un'opera pittorica, perché lo si ritiene offensivo della propria sensibilita religiosa é ovviamente presente anche nelle discussioni parlamentari, ma il periodo comunista svolge una funzione un po' diversa nelle motivazioni che hanno condotto alle denunce. Innanzitutto, il fatto che in Slovacchia anche dopo il comunismo continui a esserci una elevata percentuale di cristiani viene ritenuto come qualcosa da tenere in particolare considerazione. Un gruppo specifico, i credenti, risulta cosí essere degno di una at-tenzione maggiore per aver subito maggiori violenze rispetto ad altre parti della societa civile (Rozinajová 1991; Miklosko 1992; Zelenay 1992). Contemporaneamente, la repressione comunista é usata come termine di confronto per affermare l'estrema violenza "dell'attacco" del racconto di Kasarda alla sensibilita religiosa: "Dal febbraio del 1948 sono state stampate centinaia di tonnellate di pubblicazioni antireligiose, ma nessuno si era mai permesso un tale attacco con questa modalita. I cristiani sono finalmente cittadini a pieno titolo di questo stato, il contenuto di questo 'racconto' li ha davvero colpiti nel profondo" (Miklosko 1991c). Ulteriore elemento di accusa nei confronti non solo dell'autore, ma anche della redazione che ha pubblicato la novella é il mancato rispetto del "principio di maggioranza". L'appartenenza alla religione cattolica della maggioranza della popolazione porta all'affermazione che la sensibilita cristiana deve essere rispettata anche in quanto "maggioritaria". Il Vice Presidente Miklosko lo ribadisce piu volte: "vengono offese le basi della religione, della cristianita. Piu del 70% della gente si dichiara di questa religione. Per loro la parola di Gesu significa qualcosa di sacro e bisogna usarla con molta attenzione" (1991a). E ancora: "L'ho ritenu- 91 TiziANA D'AMico ► Il caso (azda) Posledná vecera to vilipendio nei confronti di una parte della cittadinanza, o meglio della nazione perché la nazione slovacca come quella ceca ha origini cristiane. Si sono mantenute per mille anni queste radici tanto che mi è sembrato sleale che qualcuno scrivesse questa 'novella'" (1991b). L'elemento cristiano diviene cosí un elemento di identità nazionale. I continui richiami alla maggioranza cattolica sono espressione di una visione della religione come forma di cultura portatrice di una "persistente positività — quasi di ruolo culturale [...] delle fedi religiose non in quanto tali o individualmente coltivate, ma in quanto collettivamente organizzate" (Colaianni 2009: 36). Il richiamo alla maggioranza cattolica e alle radici cattoliche della nazione slovacca va a sottolineare l'inter-pretazione della religione come fattore di unità nazionale in nome della quale anche la libertà di espressione deve rispettare dei limiti. La lettura dell'identità nazionale slovacca come intrinsecamente cristiana si basa principalmente su due elementi. Il primo è la tradi-zione cirillometodiana (Mulík 2004: 415-416): la missione di Cirillo e Metodio nel Regno della Grande Moravia diviene la prima "memoria culturale" slovacca e tale "eredità" è stata posta alla base del processo di formazione dell'identità nazionale slovacca a partire dal XIX secolo (Turcan 2005: 36-41). Il secondo è dato dallo sviluppo storico dei diversi movimenti di rivendicazione dell'indentità nazionale slovacca che hanno visto tra i loro maggiori esponenti vari personaggi appartenenti al clero, protestante e cattolico (basterà citare L. Stúr, capo del movimento di rinascita nazionale, ideologo del romanticismo slovacco e pastore protestante, A. Hlinka, fondatore del partito popolare slovacco e prete cattolico, la controversa figura di J. Tiso). I limiti che la libertà di espressione, come quella di stampa, deve rispettare sono quelli della "decenza" come affermato dall'allora Ministro della Cultura Snopko in risposta alla richiesta della parlamentare 92 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature Rozinajová: "mi impegno per una soluzione dove ci si occupi del punto di vista dell'articolo, mentre la rivista, in quanto questione di grado superiore, forse anche dopo queste reazioni, probabilmente, si rendera conto dove sono i limiti entro cui una rivista finanziata dallo Stato deve e puo muoversi" (Snopko 1991). Il Ministro quindi separa da un lato la necessaria soluzione della questione del racconto di Kasarda e dall'altro quella della pubblicazione in sé come atto discutibile, ma su cui deve riflettere la redazione senza intervento ministeriale. Tra i fondi che la rivista aveva ricevuto, oltre a quelli del Ministero della Cultura, vi era quello del Fondo della Presidenza del Consiglio slovacco. Il Presidente del Consiglio, Ján Carnogursky, a cui spettava la decisione dell'attribuzione del fondo, decide di non confermare il finanziamento, precedentemente assegnato alla rivista, proprio a causa del racconto di Kasarda, come confermato dallo stesso Carnogursky.4 L'ex Presidente del Consiglio motiva infatti cosí il suo diniego: Incontro avvenuto il 27 giugno 2011 nell'uf-ficio di Earnogursky a Bratislava. La presente e le sue successive affermazioni proven-gono dall'incontro. in base alla mia lettura e alla mia ricezione del racconto e sulla base di questa preponderante valutazione negativa da parte della società sono giunto alla posizione che Kultúrny zivot non ha fatto bene a pubblicare quel racconto perché ha toccato i sentimenti di una quantità preponderante della società slovacca. Il compito del governo e quindi anche del capo del governo, tra le altre cose, è quello di mantenere larmonia sociale. Ho ritenuto la pubblicazione di quel racconto come una rottura di quellarmonia sociale e che si trattasse di una rottura lo testimoniano le reazioni negative coeve in diversi media in Slovacchia. E' questa "rottura dell'armonia sociale" cio di cui viene accusata la rivista, l'errore commesso e per la quale é stata in un certo qual modo punita: "Non doveva pubblicare quel racconto, io ho deciso cosí, perché 93 TiziANA D'AMico ► Il caso (azda) Posledná vecera Kultúrny život, eccetto questo racconto, non suscitava nessuna rottura dell'armonia sociale. Non funziona cosí... che per un anno Kultúrny život ha tot pagine e quel racconto era una sola pagina, quindi solo il 5% era sovversivo... no, quell'unica era sovversiva per tutte le 100 pagine". La valutazione negativa del racconto e le proteste vengono lette come una pericolosa alterazione di un presunto status quo pacifico. La decisione dell'allora Presidente del Consiglio, a cui era affidata la de-cisione finale sulla destinazione del fondo, appare un atto politico che riguarda sia la libertà d'espressione che quella di stampa. Allo stesso modo la decisione del Vice Presidente di denunciare l'autore e il re-dattore non puo essere recepita come un atto di un semplice cittadino, come tra l'altro egli stesso afferma: "questa interrogazione, la lettera al procuratore e a Kultúrny život e la sollecitazione alla procura li ho scritti primo come credente, secondo come Vice Presidente per i diritti umani, verso cui si sono rivolte molte persone" (Mikloško 1992). Eppure tra le azioni dei due politici c'è una differenza notevole. Se infatti le lettere e la denuncia di Mikloško possono essere letti come pressioni sulla procura, la decisione finale spetta comunque alla magistratura; la scelta di Čarnogursky di punire K.Ž. per la pubblicazione del racconto di Kasarda porta a riflettere sul rapporto tra politica e cultura in un'ottica diversa. La sua decisione va a incidere direttamente sulla vita economica di un mezzo di comunicazione, attuando un meccanismo di censura indiretta. L'impressione che sia stata attuata una forma di censura prende maggior corpo se si tiene conto della linea editoriale di K.Ž., marcatamente liberale, di ferma opposizione alla separazione della Cecoslovacchia e a sostegno di una riforma in senso federale dello Stato, critica verso il clero e il nazionalismo. Questo episodio eviden-zia come la promozione culturale da parte di organi pubblici, come il fondo del Presidente, comporti una serie di problemi, come osserva 94 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature la studiosa Ainis: Tintervento promozionale dei poteri pubblici puo assumere, rispetto a quello di stampo repressivo, connotati più insidiosi per la libertà di cultura, perché mascherati da aiuti e provvidenze, più penetranti, giacché diretti a favorire certi contenuti a scapito di altri; e in conclusione più efficaci, introducendo in alcune fattispecie i germi di una censura obliqua e sotterranea, ma non percio meno preoccupante di quella apertamente praticata" (1991: 3). (AZDA) POSLEDNÁ VEČERA, L'ULTIMA TENTAZIONE DI CRISTO e I VERSI SATANICI Le vicende del racconto di Kasarda richiamano alla memoria due epi-sodi simili e coevi riguardo due opere: L'ultima tentazione di Cristo di Martin Scorsese e I versi satanici di Salman Rushdie. I protagonisti delle tre vicende hanno in comune l'essere stati ac-cusati di blasfemia, di oltraggio alla religione, di offesa della sensibilità religiosa, in due casi cristiana, in uno musulmana. Oltre ai singoli autori vengono ritenuti responsabili coloro i quali hanno reso possibile la diffusione dell'opera, la redazione di K.Ž., la direzione della mostra del cinema di Venezia per Scorsese, la casa editrice "Penguin" e addirittura i traduttori nel caso di Rushdie. II film di Scorsese, uscito nel 1988, scatena molte reazioni in diversi paesi, in alcuni casi molto violente come in Francia e in America, dove vengono persino incendiati alcuni cinema. Prenderemo quanto acca-duto in Italia come base di confronto con il caso Kasarda. A un primo sguardo il caso di (azda) Posledná večera si avvicina a quello del film di Martin Scorsese. Leggiamo infatti nel manifesto di protesta contro la proiezione del film di Scorsese, pubblicato su Il Tempo, Avvenire e altri giornali: "se bestemmiare e attribuire a Dio cio che 95 TiziANA D'AMico ► Il caso (azda) Posledná vecera non gli conviene, o negargli ció che gli conviene', questo film costituisce una vera e propria bestemmia pubblica, presentata per giunta come 'espressione artistica' in una sede ufficiale come la Biennale di Venezia" (Centro culturale Lepanto 1988). E la presunta bestemmia é alla base delle denunce preventive per vilipendio alla religione presentate da diverse associazioni religiose. Le similitudini proseguono se si guarda ai risultati delle denunce per vilipendio, in entrambi i casi conclusesi con un "nulla di fatto". La corte d'appello di Venezia afferma: "anche volendo ammettere che la visione del film abbia causato un qualche turbamento ad una coscienza sinceramente cattolica, non si puo negare all'opera serieta di intenti e perfetta buona fede, come hanno riconosciuto anche coloro che ne hanno negato la validita artistica" (1989). Le polemiche sulla pellicola di Scorsese, per quanto siano state accese, si sono limitate pero all'am-bito cattolico. Il clero cattolico ha incitato i credenti a boicottare il film, esattamente come per il racconto di Kasarda é stata boicottata la rivista (generando sulle due opere un'eco probabilmente maggiore di quanta ne avrebbero avuta senza tale reazione), ma in Italia le denunce pro-vengono da associazioni cattoliche e singoli cittadini. Inoltre, le critiche al lavoro di Scorsese si muovono all'interno del rapporto tra liberta dell'arte e liberta religiosa, senza mettere in discussione la natura del film, semmai il suo spessore artistico, al contrario di quanto abbiamo visto per (azda) Posledná večera. Senza entrare in un'analisi approfondita del caso Rushdie, anche qui é possibile individuare alcune similitudini con l'episodio slovacco. Nel 1989 l'Ayatollah Khomeini emana la fatwa, per apostasia e blasfemia, con cui condanna a morte Rushdie per aver scritto I versi satanici. Nel caso Rushdie é stato spesso osservato che se da un lato la fatwa é inaccettabile in quanto violazione dei diritti umani ed espressione di 96 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature estremismo religioso, dall'altro molti criticano l'autore per aver com-messo un atto irresponsabile pubblicando un lavoro dove, volutamente, veniva messa in discussione la figura di Maometto. A questa posizione Rushdie ha sempre risposto che il suo era un testo di finzione sulle origi-ni dell'Islam, non un'analisi critica. L'elemento satirico é fondamentale nel testo soprattuto nella seconda parte del libro (la parte dei versi satanici) dove, secondo M. Petersson, esso si incontra con l'allegoria: "Whereas the allegorical and satirical elements reveal a local, political dimension in Rushdie's texts, the alchemical context, however, reveals an overarching, universal dimension" (1996: 51). Rispetto all'argomento della presente ricerca troviamo piu similitu-dini con il caso di Rushdie che non con quello di Scorsese. Innanzitutto sia (azda) Posledná večera che I versi satanici nascono con un chiaro e consapevole intento provocatorio rispetto a un argomento sensibile per la religione; entrambi i testi utilizzano le forme della satira, della parodia, del tutto assenti nella pellicola di Scorsese; entrambi i casi vedono, mutatis mutandis, delle autorita politiche che, sulla base di una lettura del diritto della liberta d'espressione limitata al rispetto della sensibilita religiosa, denunciano e condannano un autore e coloro che hanno permesso la diffusione di un'opera. C. Huie, E. Marshall e M. Denney pongono delle questioni importanti rispetto al caso Rushdie e che hanno valenza anche per il caso in questione: "what's the point of writing a book that isn't true yet obviously offends many Muslims? Did the fictitious nature of The Satanic Verses absolve Rushdie of accountability for the controversy he caused? Or, did the fact that it was fiction make it even more a target for criticism?" (1997). Il giurista M. R. Hisham individua due punti di vista rispetto al confronto tra liberta di parola e religione, uno interno all'islam e uno esterno: "the internal viewpoint is tied to the Trust; it treats the timeless assets of Islam as 97 TiziANA D'AMico ► Il caso (azda) Posledná vecera protected knowledge that no one may alter or dishonor. The external viewpoint flourishes on freedoms; it defends the freedom of belief, granting individuals the right to make any changes in the protected knowledge of Islam. The external viewpoint protects freedom of speech, granting individuals the right to denigrate God" (2006: 136). La polemica su (azda) Posledna vecera si lega al caso Rushdie, inoltre, perche quest'ultimo e chiamato direttamente in causa dal Vice Presidente Miklosko: "Come hanno reagito nel caso dei Versi satanici in Iran. Mi sembra che ogni cittadino, che creda o meno, dovrebbe protestare contro una tale 'novella'" (1991b). L'incitamento di Miklosko a una rea-zione attiva da parte dell'intera popolazione slovacca contro il testo di Kasarda evidenzia molti punti in comune con le riflessioni sul rapporto tra l'Islam e la liberta d'espressione sorte dal caso Rushdie. Quando Carnogursky afferma che l'arte deve "rispettare i limiti della decenza, del tatto, della morale", e in base a questo nega il finanziamento alla rivista che ha pubblicato il racconto, egli si pone, rispetto allo schema indicato da Hisham, da un punto di vista interno, preferendo la difesa della verita religiosa alla liberta. CONCLUSIONI Il professore di diritto H. Schwartz osserva che dopo il 1989 l'Europa Orientale ha dovuto affrontare diverse rivoluzioni, culturali, sociali, politiche e giuridiche: "constitutional democracy has not been the only goal of the post-1989 transformation. The achievement of the basic civil and political rights [...], freedom of conscience, privacy, personal autonomy — has also been sought" (2000: 7). L'acquisizione dei diritti civili non e stato un processo indolore, almeno per il contesto slovacco. Il Ministro della Cultura in una delle 98 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature discussioni parlamentari afferma: "da un lato si trova l'opinione rap-presentata dalla parlamentare Rozinajová, dall'altro quella che nasce dalla nostra nuova situazione democratica, e noi siamo qui [...] per trovare una soluzione" (Snopko 1991). Le parole di Snopko indicano chiaramente come la libertà d'espressione e la libertà dell'arte siano diritti percepiti come "nuovi", esterni alla storia slovacca. La situazione descritta da Snopko è quella di un incontro-scontro tra i due "valori apicali" alla base della libertà d'espressione e della libertà religiosa, la libertà da un lato e la verità dall'altro (Fiorita, Loprieno 2008:1). Nel caso di (azda) Posledná večera abbiamo uno sbilanciamento a favore della libertà religiosa da parte di alcuni rappresentanti dello Stato, che di fatto finiscono per praticare una censura indiretta della libertà di espressione artistica in nome della difesa dei diritti umani della maggioranza e della necessità di mantenere l'ordine sociale. $ 99 TiziANA D'AMico ► I caso (azda) Posledná večera Bibliografía AiNis, MiCHELA, 1991: Cultura e Política. Il modello costituzionale. Padova: CEDAM. BOBULA, peter: História KDH. KDH. Ultimo accesso 26.07.2011 . "Chi tace acconsente", 1988: Centro Culturale Lepanto. Ultimo accesso 27.07.2011 . coLAiANNi, Nicola, 2009: Diritto di satira e liberta religiosa. In: La liberta di manifestazione del pensiero e la liberta religiosa nelle societa multiculturali. Ed. Fiorita N., Loprieno D. Firenze: Firenze University Press. 23-48. Corte di appello di Venezia. Sentenza 08 giugno 1989. 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Si occupa di letteratura e cultura slovacca e ceca. Cúratela di A vent'anni dalla caduta del muro, Il torcoliere, 2011 Napoli, in fase di pubblicazione. Curatela di Il cinema in Slovacchia tra memoria e futuro, Quaderni di Cinemasud, Edizioni Laceno, 2009, Atripalda (AV). "Papierové hlavy o la necessita di una memoria del comunismo". In: A vent'anni dalla caduta del muro. Il torcoliere, 2011, Napoli, in fase di pubblicazione. Same remarks on Propaganda and Slovak Travel Literature. Studia Orienta-lia Slovaca, Vol. VIII (2009), Univerzita Komenskeho Bratislava, pp.111-135. "É forse tempo che io diventi un libro. Il mondo autobiografico di Ivan Kadlečik". Europa Orientalis, XXIII/2004:2, pp. 297-308. 103 npoTOTun cyguT aBTopa (cnynaM u3 öo^rapcKon CO^Ma^MCTMHeCKOM Ky^bTypM) $ flEHKA HABflAPOBA ► d_tchavdarova@abv.bg SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature TeKCT KOMMeHTMpyeT caynaM c 6oa-rapcKMM nucaTeaeM, aBTopoM poMaHa, co3gaHHoro no MogeaM coBeTCKMX po-MaHOB co^MaaMCTMHecKO^o peaaM3Ma (B. noaeBoro, H. OcTpoBCKoro). repoM poMaHa - MoaogoM neaoBeK, KoTopBiM ocraaca 6e3 pyK nocae B3pBiBa 6om6bi-MrpymKM, ho cuaoM Boau no6egua cbom Hegyr - nogaeT Ha aBTopa b cyg c Tpe6oBaHMeM nacTM roHopapa. ^TOT caynaM MHTepnpeTMpyeTca c tohkm 3peHMA c^e^M^MHecK0^0 gaa co^e-aaM3Ma cooTHomeHMA aMTepaTypa-peaaBHocTB, a TaK^e c tohkm 3peHMA KoH^aMKTa B CO^MaaMCTMHeCKOM KyaBType Me^gy nponaraHgupoBaH-HBIM MgeaaM3MoM, MoTMBMpyWm;MM crpeMaeHMe k ^aopM^MKa^MM repo-M3Ma (npoToTMn caM Mm;eT aBTopa gaa onMcaHMA cBoeM ^m3hm) m MaTepM-aaBHHM MHTepecoM. CO^EAAH3M, MH3HEHHAS nPABfiA, KHUFA XU3HU, rEPOH, nPOTOTHn, ^HTATE-flb, EYHrAPCKAa -flHTEPATYPA, cyg The text comments on the case of a Bulgarian author who wrote a novel, based on the pattern of 'socialist realism' (like the novels of B. Polevoy and N. Ostrovski). The protagonist - a man who has lost his arms as a result of a toy-bomb explosion during WW2 and has overcome his distress by strength of will, sues the author for a part of the fee. This case is interpreted from the viewpoint of socialist culture: the relation between reality and literature, and the conflict between propagandized idealism and material interest. SOCIALIST REALISM, TRUTH OF LIFE, BOOK OF LIFE, PROTAGONIST, PROTOTYPE, READER, BULGARIAN LITERATURE, COURT OF LAW 105 flE^KA ^ab^apoba npomomun cydum aemopa ^MTepaTypa He to.bko uHTepnpeTupyeT m K0H^nTya.u3upyeT npa-B0/cyg, OHa uHorga MO^eT nonacTB Ha CKaMBro nogcyguMHx — o6hh-ho ^T0 c.ynaeTca b paMKax T0Ta.uTapH0M cucTeMti, KOTopaa MO^eT npuB.eHB nucaTe.a k OTBeTCTBeHHOCTu 3a ero TBopnecTBO, 3a ero ugeu. (nogo6Hoe aB.eHue .uTepaTypoBegti o^HUBaroT KaK BecKuM apryMeHT npoTUB Teopuu „CMepTu aBTopa" — cm. 06 3tom b: Ko.apoB 2009.) OKa3MBaeTca, hto nucaTe.B MO^eT cTaTB o6teKroM cyge6Horo pa36upaTe.BCTBa u no gpyroM npuHUHe — BcnegcTBue ucKa co CTopo-HH ero .MTepaTypHoro npoTOTuna c Tpe6oBaHueM roHopapa. CnynaM, npuB.eKmuM Hame BHUMaHue, MO^eT 6htb aB.aeTca ^pe^egeHT0M. BnponeM, HegaBHO 6ti.a 0ny6.uK0BaHa uH^opMauua 0 npoTOTu-ne OcTana EeHgepa OcTane fflope, KOToptrn noTpe6oBa. roHopapa y H.B^a m neTpoBa, ho ^T0 0Ka3a.0CB to.bko myTKOM (KoMCOMonbCKaa npaeda b yKpauHe, l0.07.20ll — uHTepHeT u3gaHue). O6parn,eHue k npoTOTunaM, xapaKTepHoe g.a .uTepaTypti pea-.u3Ma, b npu^une MO^eT nocTaBUTB nucaTe.a b ^03M^Mro o6bmh3-eMoro: y3HaBmue ce6a b OTpu^Te^BHtix m.m KOMunecKux o6pa3ax npoTOTunH npeg'&aB.aroT k aBTopy npeTeH3uu no noBogy gucKpe-guTau,uu m HegocTOBepHOCTu. B TaKyro cuTyau,uro HeogHOKpaTHO nonaga. 6o.rapcKUM nucaTe.B HBaH Ba30B, xoTa npeTeH3uu ero npoTOTunoB He Haxogu.u ropugunecKoro Btipa^eHua (cm. MuHeB i956). ^pyroM 6o.rapcKUM nucaTe.B — roMopucT HygoMup — TO^e npu3HaeTca, hto KMTeau ero ce.a, npeBpaTUBmueca b repoeB ero roMopucTunecKux paccKa30B (uHorga co cbommm HacToa^uMu uMe-HaMu), B03Mym,a.HCB CBOMM M3BeCTHHM 3eM.aK0M, „np0C.aBUBmMM" ux TaKUM 06pa30M. B .MTepaType co^ea.u3Ma cooTHomeHue »u3HB-ucKyccTB0 Ha-xoguT c^e^M^MHecKoe Btipa^eHue. C ogHoM CTopoHH, oguH U3 oc-hobhhx npuHH,MnoB MeToga — OTpa^eHue „»u3HeHH0M npaBgti". 106 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature C gpyron CTopoHw, KaK yTBep^garoT ucc.egoBaTe.u .MTepaTypBi ^pea.M3Ma, OHa He cnegyeT 3a ^m3hbm, a arcrnbho B03geMcTByeT Ha »m3hb, yHMT „KaK ^mtb?". E. ,06peHK0 nocBarn,aeT c^e^Ma^BHoe uccnegoBaHue „<^0pM0BKe coBeTCKoro HMTaTena", cooTBeTcTByrom,eM „06^ecTBeHH0-npe06pa3ywm,eM gorcrpuHe" co^peaflM3Ma (,06peHK0 1997). H. Ecay.oB TaK^e ou,eHUBaeT .MTepaTypy cou.pea.u3Ma KaK „yne6HMK ®m3hm" m npuxoguT k BBiBogy, hto „H0Baa .MTepaTypa (b 0T.MHMe 0T T. H. KpMTMHecK0r0 pea.M3Ma') He T0.BK0 0Tpa»a^a ^m3hb, H0 m 6w^a npM3BaHa ee 'HanpaB.aTB'" (Ecay.oB 2000: 596). ^Ta ^CTeTMK0-Mfleo^o^MHecKaa gorcrpuHa nopo^gaeT oco6bim gua-.or Me^gy aBT0p0M u HMTaTe.eM, hbm cneu,u^MKy pacKpwBaeT E. ,06peHK0. C paKypca ^T0^0 guanora M0«eM nonBrraTBca o6ibschmtb m 0TH0meHua Me^gy np0T0Tun0M u aBT0p0M b uHTepecyrom,eM Hac cynae. B 1956 rogy 6o.rapcKMM nucaTe.B M. ropnuBKMH1 (nceBgoHMM ,uMMTpa MuTeBa) ny6.MKyeT cbom p0MaH Bonn., kotopbim ü0.h0ctbw c00TBeTcTByeT gorcrpuHe co^ea.M3Ma. B ^T0T M0MeHT b 6o.rapcK0M .MTepaTypH0M npecce aKTMBHo o6cy®gamca pemeHua XX KoHrpecca KnCC o .MTepaType, .MTepaTypHaa KpMTMKa .aBupyeT Me^gy Tpe6o-BaHueM no.o»uTe.BHwx repoeB u oTpu^HueM „.aKupoBKu" genc-TBMTe.BHocTu. (B ra3eTe ftumepamypen fipoHm, N 32, 1956, oTKpwBaeM 3ar0.0B0K „Hapog — repon b .MTepaType"). Cnegya ^TMM guppeKTM-BaM, nucaTenu opueHTMpymca k noucKy Hacroam,Mx repoeB b ^m3hm, k co3gaHuro o6pa3^B g.a nogpa^aHua u BocnuTaHua. BonrapcKue nucaTenu HaxogaT Mogenu TaKux npou3BegeHMM b coBeTcKon nuTepaType: KaK 3amnn.na.cb cmanb, noeecmb o wcmon^eM nenoeeKe. B pe3y.B-TaTe B03HMKaeT cno^Haa .MTepaTypHaa K0MMyHMKa^Ma: 6o.rapcKMM nucaTent cTaH0BMTca „MgeanBHBiM HMTaTeneM" (no TepMMHo.oruu E. ,o6peHKo), ero ^opMupyeT coBeTcKaa .uTepaTypa, a, BMecTe c TeM, nceBgoHMM „rop-hmbkhh" cooTBeTc-TByeT TeHgeHO,MM b .MTepaTypHoM 6biTy coBeTcKMx nncaTeneM BM6wpaTB nceBgoHM-MBI co 3HaHeHM3MM '6egHocTt', 'ropent': EegHBiH, roptKHH, ronogHMH (KaK M3BecTH0, 3T0 aB.eHHe napogwpyeT Ey.raKoB b poMaHe „MacTep m MaprapMTa"). Bo.rapcKHH nceBgoHMM „ropHMBKMH" aBnaeTca tohhbim cooTBeTcTBMeMnceB-goHMMy „roptKMH". 107 flE^KA ^ab^apoba npomomun cydum aemopa oh caM co3gaeT npoM3BegeHMa, cTaHOBamueca „yHe6HMKaMM ^m3hm". PoMaH Bonn. 3aHMMaeT b 6onrapcKon nuTepaType 50-Bix rogoB to MecTO, KOTopoe 3aHMMaroT npou3BegeHua ynoMaHyTBix coBeTCKux nucaTe-nen — oh BxoguT b cnucoK o6a3aTenBHon nuTeparypBi b mKonBHon nporpaMMe KaK npou3BegeHue, BocnuTBiBarom.ee boato k ^m3hm. 06pa3 repoa-KaneKu 3apKo BeneBa, nocrurmero Hygeca b no6ege Hag $M3MHecKMM HegyroM (oh HayHunca nucaTB u pucoBaTB, 3aKOHHun mKony KepaMuKu) craHOBuTca ugeanBHBiM repoeM nuTepaTypBi co^ peanu3Ma, nogo6HBiM KopHaruHy u MepecteBy. HuTarenaM 6biao u3BecTHo, hto ^TOT repon uMeeT npoToTun, KaK repou OcTpoBcKoro u noneBoro. Ho go HegaBHero BpeMeHu hukto He 3Han, hto Me^gy stum npoTOTunoM u nucaTeneM bo3huk koh^^ukt. Kto Mor o^ugaTB, hto BO3BenuHeHHWM b poMaHe „repon ^u3hu" npegtaBuT k aBTopy cyge6Htm uck! 3acnyra OTKpwTua ^T0^0 cnyHaa u3 nnreparypHO-cy-ge6Hon npaKTuKu npuHagne^nr 6onrapcKOMy »ypHanucTy KpyMy BnaroBy, kotophm y3Han o cyge6HOM gene ot kchm nucaTena (BnaroB 2003). H3 3tom ny6^MKan,MM y3HaeM, hto npoToTun repoa poMaHa Bonn noTpe6oBan ot aBTopa HacTB ero roHopapa u BBiurpan geno b cyge, nonyHuB TpeTt ^T0^0 roHopapa. O6pameHue k TBopHecKon ucTopuu u no3TuKe poMaHa MO^eT noKa3aTB HaM gBonHcrBeHHoe OTHomeHue nuTepaTypBi co^eanu3-Ma k »u3Hu, o kotopom 6Bina peHB — a 3ro OTHomeHue uMeeT cBa3B u c npeTeHu,uaMu npoTOTuna k aBTopy. K uHTepecHBiM BBiBogaM o c^e^u^uKe co^eanu3Ma npuBoguT caM noucK aBTopoM repoa, no-go6Horo ÁneKcero MepecteBy. 06 3tom noucKe u 3HaHuMOM BBi6ope u3 HecKO^BKux B03M0»H0creM cBugeTenBcrByeT uHTepBBW ynoMa-HyToro »ypHanucTa c »eHOM aBTopa: cHaHana M. ropHuBKuH Hamen arp0H0Ma, KOTopoMy b geTcTBe cBMHBa norpBma pyKu; n0T0M gpyron nucaTenB (naBen Be^uHOB) n03HaK0Mun ropHuBKuHa c Hen0BeK0M 108 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature no MMeHH 3gpaBKo Be.eB, ocTaBmuMca b geTcTBe 6e3 pyK Bc.egcTBMe pa3pwiBa 6om6bi — urpymKu, kotopbim caM um,eT nucaTe.a, roTOBoro onMcaTB ero ucropuro b poMaHe (cm. B.aroB 2003). CnynaM c arpo-homom, xoTa u oTBenarom,MM ugee npeogo.eHua TpygHocTeM cm.om bo.m, aBHo He roguTca g.a poMaHa, nogo6Horo npou3BegeHuaM B. no.eBoro m.m H. OcTpoBcKoro, nocKo.BKy eMy He xBaTaeT ugeo.o-ruu, oh He oTBenaeT Tpe6oBaHuro napTMMHocru .MTeparypBi, b to BpeMa KaK cnynaM c ^epTBoM 6om6bi, 6pomeHHoM aMepuKaH^Mu Hag Co^ueM, cooTBeTcTByeT ugeo.oreMe „Bparu-MMnepua^ucTw". Hgeo.orunecKyro nogon.eKy ucTopuu npugaeT u o6pa3 coBeTcKo-ro colgara, kotopbim b 6o.BHMu,e noMaraeT reporo npeogo.eTB cBoe oTnaaHue. Hgeo.orMHecKMM n.acT npou3BegeHua gono.HeH TaK^e o6pa3oM oTu,a repoa 3apKo Be.eBa — 6wiBmero no.uu.aa, yKpwiBmero cbom npecryn.eHua ot HapogHoM B.acTu, kotopwm nBeT u u36uBa-eT cBoro »eHy. CeMeMHaa ucTopua Bti3tiBaeT accou,Mau,MM c gpyruM npegcTaBMTe.BHWM g.a coupeaflucrunecKoro KaHoHa poMaHoM — Mamb M. ropBKoro. ^Ta MHTepTeKcTya.BHaa cBa3B ^KC^.M^MpoBaHa b TeKcTe: MaTB repoa HMTaeT poMaH ropBKoro u gyMaeT o cxo^ecru cBoeM cygB6w c cygB6oM repouHu ropBKoro, xoTa npuxoguT k BWBogy, hto eM caMoM He xBaTaeT repou3Ma. Pa3BMTMe ochobhoto cro^eTa — no6ega yKa.eneHHoro cwHa Hag TpygHocTaMu cm.om bo.m m caMo-no^epTBoBaTe.BHocTB MaTepu — nogTBep^gaeT cxogcTBo. TaKMM o6pa3oM poMaH Bona nogcKa3WBaeT BocnMTare.BHoe Bo3geMcTBue coH,ua.McTMHecKoM .MTeparypBi (coBeTcKoM .MTepaTypw) u npu no-Mom,u „HMTarom,ero repoa". B „6u6.uoTeKy" HUTarom,ero repoa BxogaT m poMaHBi OcTpoBcKoro m no.eBoro: Korga repoa He xoTaT npuHaTB b mKo.y xygo^ecTBeHHoM KepaMMKM, ero MaTB HanoMMHaeT gupeK-Topy mKo.w o nogBure MepecBeBa; paHeHHWM coBeTcKuM co.gaT b 6o.BHun,e, hto6w nogHaTB gyx noKa.eneHHoro Ma.BHMKa, npuBoguT 109 flE^KA ^ab^apoba npomomun cydum aemopa B npuMep repoa poMaHa KaK 3amnanacb cmanb. BnponeM, npaMtie otcbi.km k npou3BegeHuaM coBeTCKux nucaTe.eM HeyTpa.u3upyroT ^0TeH^Ma.BHwe o6BUHeHua b nogpa^aHuu. TBopnecKaa ucTopua poMaHa Bona — noucK np0T0Tuna co CTopoHw aBTopa (hto roBopuT KaK o CTpeM.eHMM k „»u3HeH0M npaBge", TaK m o c.egoBaHMu o6pa3n,aM coBeTCKoM .MTepaTypw), a TaK^e noucK aBTopa co CTopoHti np0T0Tuna — yguBMTe.BH0 nogTBep^gaeT Ha6.rogeHue E. ,06peHK0 Hag „ugea.BHtiM HUTare.eM": „Hgea.BHtm coBeTCKUM HUTaTe.B B0Bce He naccuBHtm o&teKT BHemHero B03geMcTBua, ho Tpe6oBaTe.BHWM cy6^eKT TBopnecrBa" (,o6peHKo i997: 265-266). Ho 6o.rapcKuM c.ynaM uMeeT m gpyryro 0C06eHH0CTB: HUTaTe.ro He xBaTaeT Toro, hto6bi Tpe6oBaTB ot .MTeparypti yp0K0B ®m3hm — oh caM xoHeT CTaTB repoeM .MTepaTypti. O M0TUBax ^T0^0 aKTa mo»ho T0.BK0 ragaTB: m.m »e.aHue noMaraTB gpyruM Ha CBoeM ontiTe (hto c00TBeTCTB0Ba.0 6ti Bepe b Muccuro .MTepaTypti npenogaBaTB ypo-km km3hm), m.m noucK g0n0.HMTe.BH0M K0M^eHCca^MM Te.ecHoro Hegyra. He3aBucuM0 ot motmbmpobkm 3gpaBK0 Be.eBa, aKTUBHoe ynacTue b co3gaHuu poMaHa npeBparn,aeT ero b cBoeo6pa3Horo coaB-Topa nucare.^. Mo^ho CKa3aTB, hto npou3BegeHue C03gaH0 no ero ugee — hto b gpyroM ^K0H0MMHecK0M cucTeMe HaBepHo gaeT npaBo Ha roHopap. Cyge6HwM Ka3yc c Tpe6oBaHueM roHopapa y nucaTe.a co CTopoHw np0T0Tuna CTaBUT nepeg HaMu u Bonpocw 0 cooTHomeHuu / koh$-.MKTe Me^gy C0^Ma.MCTMHecK0M Mgeo.orueM u ^K0H0MMHecKMMM 3aK0HaMM. OTpa^eHue „»M3HeHH0M npaBgw", oTKpwTue HacToam,ux repoeB b caM0M äm3hm KaK ^CTeTMHecKMM ^pMH^M^ co^ea.u3Ma npegno.araeT CTpeM.eHue caMux pea.BHwx repoeB conManucTu-HeCK0M geMCTBMTe.BH0CTM K .MTepaTypH0M r.0pM$MKaU,MM. Opu-eHTauua k BocnuTaHuro Ha npuMepe co6cTBeHHHoro ÄUTeMcKoro 110 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature nogBura cpegcTBaMu ,uTepaTypw, nponaraHgupoBaHue ugea,BHwx, a He MepKaHTu,BHwx ^HHOcreM b co^ua^ucTUHecK0M Ky,BType He npegno,araroT MaTepua,BHoro MOTuBa co CTopoHw npoTOTuna. npoTOTun 3a0gH0 c nucaTe,eM go,»eH c,y»uTB ugea,y repou3Ma, npo3B,arom,eroca He to,bko bo BpeMa bomhbi, ho u b oöwKHOBeHHOM »u3Hu („B »m3hm Bcerga ecTB MecTO nogBury!"). Mo»eM ,u npeg-CTaBuTB ce6e, hto A,eKcen MepecBeB noTpe6yeT y Bopuca no,eBoro nacra roHopapa 3a KHury! Ho b 6o,rapcKOM c,ynae, Heo^ugaHHO g,a aBTopa, npoTOTun OKa3wiBaeTca pyK0B0guM He ugea,BHWMu, a MarepuanBHtiMu MOTuBaMu u ge,o goxoguT go cyga. (npuB,eKaa o6tacHeHua ^TH0Ky,BTypH0M cneu,u^uKu, mw Mor,u 6w nogyMaTB 0 CTO,KHOBeHuu nponaraHgupoBaHHoro ugea,u3Ma c 6o,rapcKuM nparMaTu3MOM — ho 3gecB ocTaBuM nogo6Hwe o6o6m,eHua b cto-poHe.) Hto KacaeTca caMoro cyge6Horo npou,ecca, b HeM pemeHue go,»-HO 6w,o onupaTBca Ha geMCTByrom,eM 3aKOHe 06 aBTopcKOM npaBe 1951 roga, cor,acHO KOTopoMy npoTOTun He aB,aeTca coaBTopoM u, c,eg0BaTe,BH0, He Mor 6w npeTeHgoBaTB Ha roHopap. TeM He MeHee nucaTe,B npourpwBaeT ge,o. CuMnTOMaTuHHO, hto b C03gaHH0M cu-Tyan,uu aBTop npu6eraeT k apryMeHTaM, Kacawm,uMca <^uKn,uoHa,B-HOCTu ,uTepaTypw: b ^uTup0BaHH0M uHTepBBro KpyMa B,aroBa c »eHOM M. ropHMBKMHa OHa nognepKMBaeT uMeHHO Ha^unue b poMaHe xygo»ecTBeHHoro BtiMticna — HaBepHO b cyge npo3Bynanu TaKue apryMeHTw. H ohu 0CH0Bare,BHBi, ec,u ynuTWBaTB ynoMSHyTBie aneMemw cou,ua,ucTuHecKOM ugeo,oruu b TeKCTe. Torga Ha KaKOM ocHOBaHuu cyg npucy»gaeT np0T0Tuny TpeTB roHopapa 3a KHury? K co»a,eHuro, 50 ,eT noc,e npou,ecca cyge6Hwe apxuBw He xpaHaTca u y Hac HeT uH^opMa^uu 06 apryMeHTax CTopoH ge,a u MOTuBax cyge6Horo pemeHua. Mo,hut 06 3tom ge,e u TorgamHaa npecca, 111 flE^KA ^ab^apoba npomomun cydum aemopa HTO .erKO oötaCHMMO — ^TOT npo^CC 6poCM. 6ti TeHB Ha ogHO U3 KOHOHMneCKMx npoM3BegeHMM COu.pea.M3Ma, KOTopoMy npunuCaHa po.B BOCnMTaTe.3 Mo.ogoro noKO.eHMa. C.ynaM C nuCaTe.eM M. tophmbkmhmm nogCKa3BiBaeT Heo^ugaH-hbIm ^<^eKT pa3gBoeHMa nMCaTe.a-Cou.pea.MCTa Me^gy npMHuuna-Mu „ÄM3HeHHOM npaBgBi" u BO3geMCTBMa Ha pea.BHOCTB, BOCnuTaHua o6^eCTBa. C.egoBaHue Moge.M BOCnMTare.BHoro poMaHa no COBeTC-KOMy o6pa3u,y npuHOCUT nuCaTe.ro yCnex, ho npuHuun „^M3HeHHOM npaBgBi" CwrpwBaeT C hmm n.oxyro myTKy. $ 112 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature ^MTepaTypa B.AroB, KpyM, 2003: ^MTepaTypeH repon ctgu nucaTe^. CmaHdApm, 25.XI.2003. . flOBPEHKO, EBrEHHH, 1977: &opMoem coeemcKozo numamem. Coy,uanbHbie u ^cmemu^ecKue npednocunKu pey,eny,uu coeemcKoû numepamypu. CoBpeMeHHaa 3anagHaa pycMCTMKa. CaHKT-neTepöypr. ECAy.OB, HBAH, 2000: .HuTepaTypa KaK yneÖHMK km3hm. B: CovpeanucmunecKuû KaHOH. ryMaHMTapHoe areHTCTBo „ÄKafleMMHecKMM npoeKT". CaHKT- neTep6ypr, c. 596-59S. nog o6m,en pega^uen XaHca rrornepa u EBreHua ^oöpeHKo. KO.APOB, pagocBET, 2009: noemopeHue u cbmeopeHue: noemuxa Ha aemomeKcmyanHocmma. Co^ua, „npocBeTa". MHHEB, flHMO, 1956: Ba3oBu repou npoTMB Ba3oB. Eumepamypen fipoHm, Nfi 3S, 1956. 113 AE^ka ^abaapoba ► npomomun cydum aemopa Summary In 1956 the novel "Will" was published in Bulgaria, written by Mitko Gorchivkin. It was modelled on Soviet novels such as those written by N. Ostrovski and B. Polevoy - the main character of the Bulgarian novel had a real prototype - a boy who had lost his legs during the bombings in Sofia and by the strength of his will was able to learn to write and draw. The conformity with the doctrine of socialist realism - depiction of "truth of life" and, accordingly, the creation of characters to serve as models, guarantees the success. But, ironically, the principle of authenticity played a nasty trick on the author: several years after the publication the author was sued and had to give a part of his fee to his prototype. This is an example of the unexpected effect of: 1) the relationship between life and literature in socialist realism and 2) the contradiction between propaganda "idealism" motivating the wish for glorification (the man himself looks for an author to depict his life) and material interest. fleuKa Haedapoea npofy. dtfin., npenodaeamenb pyccKou numepamypu e fflyMencKOM ynu-eepcumeme „Enucxon Koncmanmun npecnaecxu" (Eomapua). Haynnue unmepecu: Kony,enmu pyccKou Kynbmypu e pyccKou numepamype XIX eexa, meMamonozua, unmepmeKcmyanbnocmb, no^muKa pyccKou numepamypu, cpaenumenbnoe numepamypoeedenue. Knuzu: Homo legens e pyccKou numepamype XIX eeKa. fflyMen, „Akcuoc" 1997; npoSneMu na SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature Mewdyxynmypnama KoMynuKa^a e pycKama numepamypa na XIX eeK. Ynueepcumemcxo rndamencmeo „EnucKon Koncmanmun npecnaecxu". HyMen 2007; Rus(oucm)Kwm udean. nonamuemo ecrecTBeHocr u ae-monopmpem^m na pycnaKa e pycKama numepamypa na XIX eeK. BenuKo T^pnoeo, „&a6ep", 2009; Xpanama/mpane3ama e pycKama numepamypa (XVIII-nawnomo na XX eeK). Memafiopa u u3o6pa3ena peannocm. Series Akademica 1. Qaxynmem no xyManumapnu nayKu. HyMencKu ynueepcu-mem „EnucKon Koncmanmun npecnaecxu.". HyMen, 2010. Adpec: yn. „AneKcand^p nyrnxun" 4, 9712 HyMen, Emapua. 115 Die Moskauer Prozesse der Jahre 1936 bis 1938 - Mon^röse Lehr^ü^e theatraler Entgrenzung1 $ Stephan kossmann ► skossmanns@aol.com SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature In den Moskauer Schauprozessen von 1936 bis 1938 kulminiert die in den Agitgerichten der frühen Sowjetzeit erprobte ^eatralisierung des Rechts in einer monströsen Amalgamie-rung von Justiz und ^eatralik. Mit Blick nicht allein auf die ästhetischkünstlerischen Produktionsvorgaben seitens des Sozialistischen Realismus, sondern angesichts insbesondere auch der rechtspolitischen Entwicklungen in den 1930er Jahren erweisen sich die nach Maßgabe einer kaum anders als dezisionistisch zu klassifizierenden Gesetzesdirektive Stalins zustande gekommenen und von Andrej Vysinskij unter Einsatz einer massiv schriftdiskriminierenden und bestehendes Sowjetrecht erodierenden Verbalität durchgeführten Moskauer Prozesse als Lehrstücke einer schier ungeheuerlichen Entgrenzung von Recht und ^eater. AGITGERICHTE, MOSKAUER SCHAUPROZESSE, ANDREJ VYSINSKIJ, CARL SCHMITT, DEZISIONISMUS, AGITSUDY, THEATRALE ENTGRENZUNG, SOZIALISTISCHER REALISMUS, SOWJETRECHT In the Moscow show trials (1936-1938) the theatricalisation of law, tried out at first in the mock trials of early Soviet times, culminated in a monstrous amalgamation of justice and theatricality. By focusing not only the aesthetic and artificial orders of production, established by the principles of Social Realism, but also in view of the political developments in Soviet law in the 1930s, one can say that the Moscow trails - as they were directed by Stalin in a specific way that can be called as a kind of decisionism and conducted by Andrei Vyshinsky, who undermined the legal standards of Soviet law by his script-discriminating verbality - functioned as moral plays of an outrageous transgression of law and theatre. MOCK TRIALS, MOSCOW SHOW TRIALS, ANDREI VYSHINSKY, CARL SCHMITT, DECISIONISM, AGITSUDY, THEATRICAL TRANSGRESSION, SOCIAL REALISM, SOvIET LAW Der vorliegende Aufsatz enthält Auszüge aus meiner 2010 an der Universität Konstanz vorgelegten Dissertation Im Zeichen der "Ent-Scheidung. Zur Medialität dezisionis-tischer Gestimmtheit in Literatur, Recht und ^eater (Deutschland und Russland, 1910-1940)". Ihr Abdruck erfolgt an dieser Stelle mit freundlicher Genehmigung des Wilhelm Fink Verlags, München. Copyright © Wilhelm Fink GmbH & Co. Verlags-KG. 117 Stephan kossmann > Die Moskauer Prozesse der Jahre 1936 bis 1938 Siehe dazu grundlegend: Niklas Luhmann, Das Recht der Gesellschaft, Frankfurt a. M. 1995 sowie ders., Die Kunst der Gesellschaft, 3. Aufl., Frankfurt a. M. 1999. Zu diesem Grundtypus des Sozialistischen Realismus siehe insbes. Hans Günther, Die Verstaatlichung der Literatur. Entstehung und Funktionsweise des sozialistischrealistischen Kanons in der sowjetischen Literatur der 30er Jahre, Stuttgart 1984, S. 40ff. Vgl. Katerina Clark, The Soviet Novel. History as Ritual, Chicago/ London 1981, S. I46f. Als 1936 mit dem Verfahren gegen das sogenannte ,trockistisch-zinov'evistische terroristische Zentrum' gleichsam die Uraufführung dessen erfolgte, was in den zwei darauf folgenden Jahren unter dem Ausdruck ,Der große Terror' seinen Höhepunkt erreichte, waren die juridischen Rahmenbedingungen, die dergestalt den gesetzesrechtlichen Schnürboden abgaben, mit welchem Stalin und der ein Jahr zuvor zum Generalstaatsanwalt avancierte Rechtswissenschaftler Andrej Vysinskij die Verschwörungskulissen der insgesamt drei großen Schauprozesse gegen die einstigen Führungsspitzen der Partei nach Belieben steuerten, nicht weniger abgesteckt, als die theatra-len Gestaltungsmöglichkeiten dieses Justizspektakels bereits in den politischen Schauprozessen Ende der 1920er Jahre wie vor allem in den film- und - mehr noch - theaterfiktiven Gerichtspielen, den sogenannten agitsudy, erprobt worden waren. Angesichts der hier manifest werdenden Verkettung von Justiz und Theatralik sind die Moskauer Schauprozesse von 1936 bis 1938 eindringliches Beispiel dafür, wie die systemische und für die moderne Gesellschaft signifikante Ausdifferenzierung von Recht und Kunst zu eigenständigen Teilbereichen2 nicht nur unterlaufen, sondern geradezu aufgehoben wird zugunsten einer monströsen Amalgamierung von Recht und Theater. Eine Amalgamierung, die insofern charakteristisch ist für die stalinistische Kultur der 1930er Jahre, als in all ihren Lebensbereichen die Grenzen zwischen Fiktion und Faktum, Theater und politischem Leben, Literatur und Wirklichkeit verschwimmen3 und die das zum Kernbestand des Sozialistischen Realismus gehörende Motiv des ,positiven Helden'4 in der Weise komplementiert, wie in den Moskauer Prozessen dem ,Schädling' als exemplarischen Gegentypus zum sowjetischen Heldenmenschen der Prozess gemacht wird. Betrachtet man den Sozialistischen Realismus mit Evgenij Dobrenko 118 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature als eine institutionalisierte ästhetische und literarische Maschine zur ,Produktion von Sozialismus', welche die Diskrepanz zwischen sowjetischer Wirklichkeit und sozialistischem Ideal im Modus ihres eigenen Realismusverständnisses permanent als ,realisierten Sozialismus' überschreibt,5 so fungieren die Moskauer Prozesse als dessen rechtstheatralische Apparatur, die die intrinsisch mitlaufende Produktion von Feindbildern juristisch sanktioniert und als ,Feind' ausstößt, wer sich in der nach Maßgabe des Sozialistischen Realismus entworfenen Wirklichkeit als ,Diversant' entpuppt. Vor diesem Hintergrund und in Anbetracht dessen, dass die Kultur der Stalinzeit gleichermaßen voluntaristisch wie „dichotomisch in einen Bereich positiver Werte und einen Bereich schädlicher Unwerte aufgespalten"6 wird, die Figurenproduktion sowjetischer Heldenmenschen durch den Sozialistischen Realismus in Theater und Film, bildender Kunst und Literatur, Presse und Rundfunk beständig neue Rekorde verzeichnet, lässt sich pointiert formulieren, dass die Moskauer Prozesse an der eigentümlich institutionalisierten Produktion von Sozialismus unmittelbar beteiligt sind, als sie den gesellschaftlichen und kollektiven Produktionsbetrieb Sozialistischer Realismus' ebenso buchstäblich von seinen mitproduzierten Antifiguren (,Verrätern', ,Schädlingen, .Saboteuren' etc.) säubern, wie sie im Gegenzug den Angeklagten damit doch zugleich ein letztes Mal die Bühne bereiten, den sozrea-listischen Modelltypus des ideologischen Opferhelden zugunsten der „Stimmigkeit einer fiktiven Welt"7 für ihr Rollenspiel zu adaptieren. Einer Stimmigkeit allerdings, deren fiktionaler Gehalt rechtstheoretisch besehen nicht anders als im Modus dezisiver Rechtsverletzungen und zudem auf der Grundlage einer kaum anders als dezisionistisch zu nennenden Gesetzesdirektive Stalins - die sogenannte Lex Kirov - realisiert wurde. Vgl. Evgenij Dobrenko, Political Economy of Socialist Realism, New Haven/London 2007, S. 2ff. Hans Günther, Der sozialistische Übermensch. M. Gor'kij und der sowjetische Heldenmythos, Stuttgart/ Weimar 1993, S. 188. Hannah Arendt, zit. n. Hans Günther, ebd., S. 186. 119 Stephan kossmann > Die Moskauer Prozesse der Jahre 1936 bis 1938 Siehe dazu im Wesentlichen: Carl Schmitt, Politische Theologie. Vier Kapitel zur Lehre von der Souveränität (1922), 7. Aufl., Berlin 1996. Die von Papernyj gerade auch unter die Kategorie der ,Zerstörung' (razrusenie) gefasste ,Kultur Eins' umfasst in etwa die Zeit von 1920 bis 1930, die in Bezug auf die Kategorie des ,Aufbaus' (sozida-nie) charakterisierte ,Kultur Zwei' den Zeitraum von 1930 bis 1954. Vladimir Papernyj, Architecture in the Age of Stalin. Culture Two, (russ. Originaltitel: Kul'tura Dva, (1983)) Cambridge Univ. Press 2002, S. 249f. dezisionistische Strukturanalogien Bevor wir uns mit der angesprochenen Gesetzesdirektive Stalins etwas genauer befassen, gilt es mit Blick auf die hier nun im Weiteren zu skizzierenden rechtstheoretischen Rahmenbedingungen der Moskauer Prozesse den an dieser Stelle ins Spiel gebrachten Terminus ,dezisionistisch' resp. das substantivische Derivat ,Dezisionismus', mit welchem Anfang der 1920er Jahre Carl Schmitt in Reaktion auf den anwachsenden Konsistenz- und Geltungsdruck dezidiert schriftbasierter Rechtsnomen die nonkonsensuale Theorie dafür liefert, wie das rechtspolitische Subjekt unter den Anforderungen der Schriftmacht handlungs- und entscheidungsfähig bleiben kann, kurz zu präzisieren. So sei in konzeptioneller Perspektive nur daran erinnert, dass Schmitts Dezisionismusmodell ein juristisches und politisches Entscheidungsdenken kennzeichnet, das den Akt der Rechtsverwirklichung - im Unterschied zum Normativismus - nicht unter eine bestehende Rechtsnorm subsumiert, sondern ganz wesentlich nach Maßgabe einer konkreten Situation begründet wissen will, die sich insbesondere in staatsrechtlicher Hinsicht an der abnormen Situation des politischen Ausnahmezustands orientiert.8 Betrachtet man die Entwicklung des Sowjetrechts 1920er und 1930er Jahre unter dem Blickwinkel der Rechtstheorie Schmitts, so lässt sich als erstes der Umstand festhalten, dass der von ihm theoretisierte Anspruch, den Ausnahmezustand im Recht zu verankern, nachgerade dort, nämlich in der von Vladimir Papernyj in seiner Studie Kul'tura Dva unter dem übergreifenden Aspekt der ,Zerstörung' verorteten ,Kultur Eins'9 seine praktische Parallele erfährt, als sich die nach der radikalen Zertrümmerung der zarischen Verfassungsordnung durch den Oktoberaufstand erfolgende Neugestaltung des Staates, in deren 120 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature Verlauf auch das „alte Justizsystem ,zum alten Eisen geworfen wurde"'/0 terminologisch unter die Schmittsche Definition der souveränen Diktatur' rubrizieren lässt. Denn während die ,kommissarische Diktatur', wie sie Schmitt zufolge die bestehende Verfassung, je nach Lage der Sache, nur temporär aufhebt - gerade um dieselbe „in ihrem konkreten Bestand zu schützen"" -, sieht die ,souveräne Diktatur' „in der gesamten bestehenden Ordnung den Zustand, den sie durch ihre Aktion beseitigen will."i2 Schmitts Begriffsbestimmung der souveränen Diktatur' als eine, welche die jeweils bestehende Verfassung nicht bloß vorübergehend und „kraft eines in dieser begründeten, also verfassungsmäßigen Rechts" suspendiert, sondern diese abschafft und einen „Zustand zu schaffen [sucht], um eine Verfassung zu ermöglichen, die sie als wahre Verfassung ansieht"i3, diese Bestimmung findet in der Praxis der den Ausnahmezustand sanktionierenden Diktatur des Proletariats gleichermaßen ihr reales Pendant wie der Umstand, wonach das sowjetische Recht seinen Geltungsanspruch weit weniger aus bestehenden Rechtsnormen, denn vielmehr aus der konkreten Situation des politischen Klassenkampfes heraus konstituiert, nun gerade mit dem von Schmitt in die rechtswissenschaftliche Diskussion eingeführten Dezisionismusbegriff korreliert. Insofern sich der hier eingenommene Blickwinkel, die spezifischen Entwicklungen innerhalb des Sowjetrechts aus einer Dezisionismus orientierten Perspektive heraus zu fokussieren, zunächst einmal damit begründen lässt, dass der Dezisionismus immer dann auftritt, „wenn der Akzent von logisch-inhaltlicher Definition sich auf eine funktionale Betrachtungsweise verschiebt, der eine zu verwirklichende Weltanschauung zugrunde liegt"i4, so ist die von uns gewählte Betrachtungsweise mit einem weiteren Argument zu rechtfertigen. Dazu gehört, dass man es noch bei dem für die Stalin-Ära in Geltung zu setzenden Andrej Vysinskij, Über die Sowjetjustiz, Moskau 1939, S. 19. Carl Schmitt, Die Diktatur. Von den Anfängen des modernen Souveränitätsgedankens bis zum proletarischen Klassenkampf (1921/1928), 6. Aufl., Berlin 1994, S. 133. 12 Ebd., S. 134. 13 Ebd. 14 Rainer Lucas, Quellen und Formen des Sowjetrechts, Herrenalb 1965, S. 113. 121 Stephan kossmann > Die Moskauer Prozesse der Jahre 1936 bis 1938 Vgl. Dieter Pfaff, Die Entwicklung der sowjetischen Rechtslehre, Köln 1968, S. 92. Es erscheint, wie Pfaff in diesem Zusammenhang schreibt, „selbstverständlich, dass gegenüber der Partei eine normativistische Theorie keine Geltung beanspruchen konnte, da dies je zu einer Selbstbegrenzung der Staatsgewalt hätte führen können, die dem bolschewistischem System wesensmäßig zuwider" gelaufen wäre. Ebd. Ebd., S. 113. Während für die sowjetischen „Rechtsschöpfer Recht das war, was ihnen notwendig, zweckmäßig und richtig erschien - für sie also unausgesprochen eine subjektiv-voluntaris-tische Rechtstheorie ,galt' -, wurde von den Befehlsempfängern, dem Volk wie der gesamten Rechtswissenschaft, eine strenge Einhaltung der gesetzten Normen gefordert. Ihre Rechtstheorie hatte die des Rechtspositivismus in Form des Gesetzespositivismus zu sein." Ebd., S. 91. Ebd., S. 113. Vgl. Rainer Lucas, Quellen und Formen des Sowjetrechts, S. 71 u. 108. Gesetzespositivismus mit einem Rechtsschöpfungsanspruch zu tun hat, den man in dem Maße als dezisionistisch apostrophieren kann, wie sich in dieser von Papernyj als ,Kultur Zwei' bezeichneten Phase des sozialistischen Aufbaus ein juridischer Voluntarismus manifestiert, demgegenüber sich der positivistisch-normative Wirkanspruch des Sowjetrechts, also die strikte Einhaltung der Gesetze, nur komplementär ausnimmt. Die an dieser Stelle zu verzeichnende Ambivalenz des Sowjetrechts, wie sie in dem Spannungsfeld von voluntaristischer Rechtschöpfungspraxis einerseits und streng geforderter Rechtseinhaltung andererseits zum Tragen kommt, ist hinsichtlich der Überlegung, wonach die positivistische' und zugleich voluntaristische Theorie dem bolschewistischen Denken von Anfang an immanent war15, prägnant als „Janusgesichtigkeit des sowjetischen Rechts"" zu kennzeichnen. Es ist die namentlich für die Ära Stalin zu berücksichtigende „strenge Unterscheidung zwischen dem Voluntarismus des Diktators und dem geforderten sturen Positivismus der Befehlsempfänge^7, welche die besagte Ambivalenz offenlegt. In Anbetracht dieser doppelten Physiognomie des Sowjetrechts, darin sich auch die Eigentümlichkeit widerspiegelt, dass die Sowjetunion einerseits zwar ein Land war, in dem geschriebenes Recht vorherrschte, dieses Recht aber andererseits in dem Maße nicht den spezifischen Charakter von Gesetzen in sich trug, wie insbesondere in den frühen Jahren nach der Revolution der Begriff des Dekrets an die Stelle eines formal anspruchsvollen Gesetzes trat", und in der Zeit von 1917 bis 1936 gleich vier unterschiedliche Rechtslehren aufeinander folgten, die - analog des Übergangs von der revolutionären zur sozialistischen Phase - einander abwechselten/9 in Anbetracht also 122 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature dieser Doppelgesichtigkeit lässt sich im sowjetischen Rechtssystem ein Dezisionismus verorten, der sich über eine streng verfassungsrechtliche Diskussion hinaus ebenso in den Rechtsetzungsund Rechtsprechungserlassen der Sowjetorgane wiederfindet, wie er sich, den Direktiven Lenins und Stalins gemäß, an der revolutionären bzw. sozialistischen Neuordnung der Gesellschaft orientierte. Wenn nun vor allem in der Frühphase der Entstehung des sowjetischen Rechtssystems ein gleichermaßen militanter wie voluntaristischer Impetus zur völligen Neugestaltung der Rechtsinstitutionen zu verzeichnen ist, in der eine klare Unterscheidung zwischen Maßnahme, Dekret und Gesetz in der Weise nicht auszumachen ist, wie an die Stelle eines formaljuristisch ausgefeilten Rechts ein, wie es beispielsweise Pjotr I. Stucka in den Anfangsjahren des Sowjetstaates forderte, proletarisches Übergangsrecht' zu treten habe,20 so gilt indes auch für den späteren Zeitraum der so genannten Stabilisierung des Sozialismus und der seit 1936 als gültig anerkannten Lehre von der sozialistischen Gesetzlichkeit', für deren Ausarbeitung Andrej Vysinskij maßgeblich verantwortlich zeichnet, dass sich noch in dieser Phase ein Rechtsverständnis offenbart, das sich angesichts seines willkürlich anmutenden Dirigismus kaum als Manifestation einer normativistischen, denn Vgl. Pjotr I. Stucka, Proletarisches Recht (1919), in: Marxistische und sozialistische Rechtstheorie, hrsg. v. Norbert Reich, Frankfurt a. M. 1972, S. 79-85. - Hintergrund des in den 1920er Jahren geführten ,Kampfes an der theoretischen Rechtsfront' für einen wahrhaft marxistischen Rechtsbegriff war der seinerzeit von Marx nicht eindeutig bestimmte Status des Rechts in der Übergangsperiode zum Kommunismus. Marx zufolge sollte das Recht absterben, wenn die materiellen Klassenvoraussetzungen für seine Existenz mit der neuen Gesellschaftsordnung entfielen. Das, was vom Recht übrig bleibe, seien allein technischökonomische Regeln, welche die Produktion und Verteilung der Güter ordnen. Vgl. dazu: Karl Marx, Die Deutsche Ideologie, Berlin 1953, S. 44. 123 Stephan kossmann > Die Moskauer Prozesse der Jahre 1936 bis 1938 Obgleich das seit dem Stalinismus vorherrschende Rechtsverständnis nicht selten als positivistisch und normativistisch apostrophiert wird, so erfüllt es genau besehen nicht die Spezifika des positivistischen Normativismus, dem es vor allem um „logisch geschlossene, möglichst ,normiden-tische' Ableitungen von Normen aus höheren Normen und obersten Grundnormen [geht], um exakte Begriffsbestimmung und klare methodisch operationalisierbare Subsumtionsregeln." (Thomas Blanke, Rechts theorie und Propaganda. Notizen zu Aufsätzen von E[vgenij] Pasukanis aus der Stalin-Ära, in: Kritische Justiz, 12 (1979), H. 4, S. 401-432, hier S. 431.) - Siehe zu Vysinskijs eigener Ablehnung einer normativistischen Rechtsauffassung: Ders., Die Hauptaufgaben der Wissenschaft vom sozialistischen Sowjetrecht (1938), in: Sowjetische Beiträge zur Staats- und Rechtstheorie (Sowjetwissenschaft, Beiheft36), Berlin 1953, S. 7-49, hier insbes. S. 66f. u. 76f. Carl Schmitt, Gesetz und Urteil. Eine Untersuchung zum Problem der Rechtspraxis, Berlin 1912, S. 43. Andrej Vysinskij, Theorie der ■ vielmehr als Ausdruck einer dezisionistisch operierenden Rechtspraktik erweist.21 Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang, dass sich Vysinskij, ebenso wie Schmitt, dezidiert gegen eine Rechtsauffassung wendet, die Recht allein aus einem abstrakten Gesetzesbegriff schöpft. Analog zu Schmitt, der schon in seiner Untersuchung zum Problem der Rechtspraxis in Gesetz und Urteil jede vermeintlich echte richterliche Entscheidung adversativ zu einem „ängstliche[n] Buchstabenglaube[n]"22 herausstellte, um sie weitestgehend unabhängig zu machen von vorausgehenden Gesetzesformeln, betont Vysinskij im Hinblick etwa auf die marxistisch dialektische Methode im sowjetischen Beweisrecht, dass die „formale Auffassung vom Gesetz [...] in der Unfähigkeit zum Ausdruck [komme], über den Buchstaben des Gesetzes hinauszugehen."^3 Gerade dem Rechtsbewusstsein des Richters obliege es in besonderer Weise, „die Anwendung des Gesetzes, das sich - wegen seiner formalen Eigenschaften - abstrakter, buchstabenmäßiger zu den Erscheinungen des Lebens verhält als seine Anwendung in der gerichtlichen Praxis"24, ständig zu korrigieren. „Die formale Auffassung vom Gesetz und seine am ,Buchstaben des Gesetzes' hängende ebenso formale Anwendung" sei lediglich ein bequemes und bourgeoises Mittel, weshalb das Sowjetrecht „die formal-juristische Methode als unwissenschaftlich und schädlich'^5 ablehne. Wenn wir an dieser Stelle mit Blick auf die Rechtslehre Vysinskijs die Eigentümlichkeit festhalten, dass sich in ihr ein deutlich (geset-zes-)schriftskeptischer Impetus zu erkennen gibt, der sich ebenso in seinen theoretischen Abhandlungen, wie vollends schließlich in seinen hochgradig narrativ organisierten Beweisführungspraktiken der Moskauer Prozesse abzeichnet, in denen sich das Phänomen einer verbal gestützten Erodierung schriftverankerten Rechts am deutlichsten wie- 124 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature derfindet,26 so wäre die Annahme natürlich völlig verfehlt, wollte man darin etwa eine affirmative Tendenz zur Marxschen Absterbetheorie des Rechts erkennen. Im Gegenteil: Wie Stalin schon 1933 in seinem Bericht Die Ereignisse des Ersten Fünfjahresplans in sehr eigenwilliger Interpretation der Lehren Marxens die Notwendigkeit der Stärkung der revolutionären, sprich sozialistischen Gesetzlichkeit durch die Festigung von Partei und Staat herausgestellt hatte, als er davon sprach, dass das „Absterben des Staates [...] nicht durch Abschwächung der Staatsmacht", sondern „durch ihre maximale Verstärkung'^7 kommen werde, so war damit die Frage, welchen Status dem Recht in der Sowjetunion beizumessen wäre, endgültig entschieden. Das Recht wurde verwendbar - nicht zuletzt als Waffe - für den Ausbau der sozialistischen Gesellschaft^8 und diente insbesondere in den Moskauer Prozessen als Leitmedium politischer Repression, mit welchem Stalin denn auch den juridischen Schnürboden einer immens theatralen Gerichtsbarkeit herrichtete. So stand in direktem Zusammenhang mit der Ermordung des Leningrader Parteichefs Sergej M. Kirov am 1. Dezember 1934 eine Direktive Stalins, die zur Grundlage eines Gesetzes wurde, welches dafür sorgte, dass in Strafsachen mit terroristischem Hintergrund die Richtlinien der sowjetischen Prozessordnung, wie sie etwa in gerichtlichen Sonderverfahren zur Anwendung kamen, bei denen die Anklage auf gegenrevolutionäre ,Schädlingsarbeit' lautete, einmal mehr zu Ungunsten des Angeklagten verschoben wurden.29 Konkret bedeutete dies, dass nach Art. 466 bis 470 StPO das Ermittlungsverfahren in Sachen terroristischer Organisationen' und terroristischer Akte gegen Funktionäre der Sowjetmacht' innerhalb von zehn Tagen abgeschlossen sein musste; die Anklageschrift dem Angeklagten erst 24 Stunden vor der gerichtlichen Verhandlung ausgehändigt und der gerichtlichen Beweise im sowjetischen Recht, 3. Aufl., Berlin 1955, S. 232. 24 Siehe zu diesem Aspekt insbesondere auch Jurij Murasov, Schrift unter Verdacht. Zur inszenierten Mündlichkeit der sowjetischen Schauprozesse in den 30er Jahren, in: Politische Inszenierung im 20. Jahrhundert: Zur Sinnlichkeit der Macht, hrsg. v. Sabine R. Arnold, Christian Fuhrmeister u. Dietmar Schiller, Wien/Köln/Weimer 1998, S. 83-94. 25 Josef Stalin, Die Ergebnisse des Ersten Fünfjahresplans. Bericht auf dem vereinigten Plenum des ZK und der ZKK der KPdSU(B) am 7. Januar 1933, in: Ders., Fragen des Leninismus, Moskau 1947, S. 439-480, hier S. 477. 28 Ernst-Wolfgang Böckenförde, Die Rechtsauffassung im kommunistischen Staat, München 1967, S. 29. Vgl. Reinhart Maurach, Handbuch der Sowjetverfassung, München 1953, S. 304. 125 Stephan kossmann > Die Moskauer Prozesse der Jahre 1936 bis 1938 Siehe hierzu: Strafgesetzbuch der Russischen Sozialistischen Föderativen Sowjet-Republik vom 22. November 1926 in der am 1. Januar 1952 gültigen Fassung mit Nebengesetzen und Materialien, übers. v. Wilhelm Gallas, Berlin 1953, S. 16-20. Vgl. Robert Conquest, Am Anfang starb Genosse Kirow. Säuberungen unter Stalin, Düsseldorf 1970, S. 67. Prozess in Abwesenheit der Parteien durchgeführt werden konnte; dass Kassationsbeschwerden gegen die ergehenden Urteile und Gnadengesuche nicht zugelassen wurden und dass das auf das höchste Strafmaß lautende Urteil unverzüglich vollstreckt werden musste. Dass der Wirkungsgrad dieser sogenannten Lex Kirov tatsächlich aber noch viel weiter reichte, als man aufgrund ihrer vermeintlichen Beschränkung auf nur zwei Tatbestände des Strafgesetzbuches der RSFSR annehmen könnte - nämlich die Begehung terroristischer Handlungen gegen Sowjetfunktionäre' nach Art. 58® sowie die ,Bildung terroristischer Organisationen' gemäß Art. 5811 StGB -, gründet in dem Umstand, dass dieser letztgenannte Artikel selbst noch so abseits stehende Vorbereitungshandlungen umfasste, wie sie in Art. 581-14 StGB unter dem Stichpunkt ,gegenrevolutionäre Verbrechen' gesondert aufgeführt waren.30 Kurzum: das den Angeklagten der Moskauer Prozesse' in allen drei Verhandlungen zur Last gelegte Vergehen (Bildung einer terroristischen Organisation und Ausführung terroristischer Akte gegen Sowjetfunktionäre) war - so absurd und konstruiert sich die Anklage auch ausnahm - als Straftatbestand in gleicher Weise gesetzesrechtlich erfasst, wie jegliche Aussicht auf Kassationsbeschwerde und Begnadigung durch den Stalinschen Gesetzeserlass strafprozessrechtlich von vornherein vereitelt war. Das Stalin nun - ganz abgesehen davon, dass alles dafür spricht, dass er in der Kirov-Affäre selbst die Fäden gezogen hatte, an denen er die in der Folgezeit stattfindenden Säuberungsverfahren anknüpfte -bereits gegen Mitte der 1930er Jahre in der Lage war, seine bezüglich des Kirov-Attentats ergangene Gesetzesdirektive ohne weitere Beratung im Politbüro zu verabschieden^ markiert deutlich die Machtbefugnis seiner Person, wie sie ihm der symbolischen Ordnung des sowjetkulturellen Hierarchiemodells gemäß als einzigem Repräsentanten und 126 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature ,wahrem Erdensohn' des »himmlischen Vaters' Lenin auch realiter zukam.32 Eine Machtbefugnis, die sich in dem Maße, wie sie in der rechtspolitischen Fiktion paternalistischer Führerschaft gründet, in einer Entscheidungsgewalt personifiziert, die man angesichts ihres quasi-patrimonialen Status und ihrer voluntaristischen Qualität auch insofern als dezisionistisch bezeichnen kann, wie sich ihr gegenüber keine höhere Instanz mehr fand, welche die Entscheidung Stalins in dieser Sache hätte revidieren können oder wollen. An der Spitze der Parteihierarchie stehend hatte Stalin nicht nur symbolisch die Kontrolle über das Wort und die Schrift und konnte in letzter Instanz persönlich darüber entscheiden, wer in den Moskauer Prozessen mitzuspielen hatte und wer nichts Ohne dass mit diesem Befund zugleich in der Weise von der Person Stalins als einem Souverän die Rede sein soll, wie Schmitt ihn aufgrund des ihm zugeordneten Entscheidungsmonopols über den politischen Ausnahmezustand definiert, lässt sich doch nicht übersehen, dass Stalin mit eben dieser Gesetzesdirektive eine Autorität bewies, die darüber hinaus noch in dem Maße als souverän angesprochen werden kann, wie das „eigentliche Novum der dreißiger Jahre [...] nicht in der Hegemonie der Partei, sondern - neben der wachsenden Bedeutung des Terrors als Herrschaftsinstrument - in der persönlichen Diktatur eines Mannes über die Partei", in Auch wenn man einräumt, dass „strictly speaking, Stalin was not the highest point in the hierarchy since above him was the invisible presence of Lenin - "I am only Lenin's pupil, and the goal of my life is to be worthy of him," he said to Emil Ludwig in 1931 -, Stalin, though, was still the only real representative of this ideal model, the only earthly son of the heavenly father; therefore, any hierarchical construction of Culture Two could be completed only by him." Vladimir Paper-nyj, Culture Two, S. 97. Wiewohl an dieser Stelle der Hinweis nicht fehlen darf, das die „vielzitierte Öffnung der staatlichen Archive" in Russland gerade mit Blick auf die Behördenarchive, in denen das entsprechende Material der Moskauer Prozesse aufbewahrt wird", nicht stattfand (Wladislaw Hedeler, Chronik der Moskauer Schauprozesse 19936, 19337 und 1938. Planung, Inszenierung und Wirkung, m. e. Essay v. Steffen Dietzsch, Berlin 2003, S. XXVII), so ist in Anbetracht der als gesichert geltenden Fakten die Feststellung mehr als berechtigt, dass Stalin spätestens ab Mitte der 1930er Jahre all die gegen die ,linken' und ,rechten Abweichler' in der Partei gezogenen Fäden in seiner Hand hielt, die dann unter seiner Aufsicht vom NKVD zu einem großangelegten Verschwörungsnetzt verknüpft wurden. Als gleichermaßen gesichert darf schließlich auch gelten, dass Stalin zahlreiche Korrekturen und Ergänzungen in die Planungs- und Ermittlungsakten der Prozesse eingefügt hat. Vgl. Schauprozesse unter Stalin. 1932-1952. Zustaadekkmmen, Hintergründe, Opfer, Berlin 1990, S. 163. 127 Stephan kossmann > Die Moskauer Prozesse der Jahre 1936 bis 1938 34 Manfred Hilder-meier, Geschichte der Sowjetunion 1917-1991. Entstehung und Niedergang des ersten sozialistischen Staates, München 1998, S. 440f. Jörg Baberowski, Der rote Terror. Die Geschichte des Stalinismus, München 2003, S. 12. Vgl. Carl Schmitt, Politische Theologie, S. 15. Vgl. Giorgio Agamben, Ausnahmezustand, S. 39f. u. 62f. Vgl. ebd., S.43. dem „letzten Wort eines Mannes in allen wichtigen Angelegenheiten" bestand.34 Namentlich in der von Stalin seit 1929 besetzten Rolle des .Führers' (vozd) besaß dieses Wort Befehls- und - in schriftrechtliche Formeln gegossen - Gesetzeskraft. Nicht der allumfassende Ausnahmezustand im Sinne einer Suspension der gesamten bestehenden Ordnung, sondern die allgegenwärtigen Ausnahmen in Permanenz sind hier Kennzeichen einer dezisionistischen Machtpolitik. Und obgleich es mithin diese Art der Machtpolitik war, die letztlich auch die definitive Unterscheidung von Recht und Unrecht, Freund und Feind, Justiz und Theatralik folgenschwer aushebelte, fußte sie analog des politischen Terrors paradoxerweise zugleich in dem „Verlangen, Eindeutigkeit herzustellen und Ambivalenz zu überwinden.'^5 Eben dies paradoxe Moment aber ist gleichsam ein Konstituens gerade auch des Dezisionismus Schmittscher Prägung. Denn wiewohl die Dezision für Schmitt immer das distinktive Entweder-oder im Auge hat,3fi so konstituiert sie doch insbesondere als souveräne Entscheidung über den Ausnahmezustand eine, mit Giorgio Agamben zu sprechen, juristisch raumzeitliche Anomie: eine Zone der Ununterscheidbarkeit,3y in welcher zu allererst die Differenz zwischen Legislative, Exekutive und Judikative abgeschafft wird. Zeitigt die Dezision, deren Wirkmächtigkeit genau darin besteht, eine Verbindung von Ausnahmezustand und Rechtsordnung überhaupt zu ermöglichen, das paradoxe Moment, dass sie damit einen Zustand in die Rechtsordnung inkludiert, der dieser wesensmäßig fremd ist, da es sich dabei um nichts geringeres als die Suspendierung eben dieser Ordnung handelt^8 und verbindet sich in der Begründungsstruktur der ,reinen' Dezision die rechtspolitische Stoßkraft Schmitts mit einem eminent wahrnehmungsästhetischen Interesse für den normlogisch nicht subsumierbaren Augenblick der Ausnahme, angesichts dessen 128 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature der Dezision in ihrer Eigenschaft einer Art creatio ex nihilo eine auch ästhetische Valenz beizumessen ist,39 so lässt sich in Anbetracht der hier erkennbar werdenden Relationen ein Entdifferenzierungsmoment von Recht, Politik und Ästhetik konstatieren, das im Modus gleichsam einer ,Ent-Scheidung' der distinktiven Bestimmung der Dezision direkt zuwiderläuft.40 MONSTRÖSE ,ENT-SCHEIDUNG': DIE AMALGAMIERUNG VON RECHT UND THEATER Wenn die hier unter dezisionistischen Gesichtspunkten aufgezeigten juridischen Rahmenbedingungen der Moskauer Prozesse in Ansehung des für die Dezision spezifischen Wirkmoments pradoxaler Indifferenzierung der Suspension systemischer Differenz von Recht und Theater direkten Vorschub leisten, so präfiguriert die unter dem Aspekt der Entdifferenzierung zu konstatierende Amalgamierung von faktischer und inszenierter Gerichtsbarkeit, wie sie in den politischen Schauprozessen von dezidiert juristischer Seite aus betrieben wird, in gewisser Weise schon in den bühnengerechten Scheingerichtsverhandlungen der agitsudy, in denen in den 1920er Jahren die proletarische (Rechts-) Gemeinschaft theatralisch über sich selbst zu Gericht saß. Obgleich die agitsudy die faktische Differenz von Recht und Theater nicht in toto suspendieren, sondern sie vielmehr geschickt unterlaufen, insofern sich in ihnen die Grenzen zwischen realjuristischem Wirklichkeitsbezug und fiktionalisierter Gerichtsbarkeit allen voran für den in das Geschehen direkt involvierten Zuschauer nahezu ununterscheidbar ineinander verschieben - und zwar in der Weise, dass man in ihnen nicht selten echte Richter, Staatsanwälte und Advokaten heranzog, die ihr juristisches Metier ebenso beherrschten wie die als Angeklagte oder Zur ästhetischen Dimension der Dezision unter der Kategorie der »Plötzlichkeit' siehe insbesondere: Karl Heinz Bohrer, Plötzlichkeit. Zum Augenblick des ästhetischen Scheins, Frankfurt a. M. 1991, S. 43ff. 40 Die ambivalente Wirkmächtigkeit dezisionistischer Entschiedenheit, wie sie sich unter medientheoretischen Vorzeichen betrachtet insbesondere in der deutschen und russischen Kultur des frühen 20. Jahrhunderts wiederfindet und in Reaktion auf den modernen Ausdifferenzierungspro-zess paradoxerweise geradewegs auf eine Entdifferenzierung von Recht, Literatur und Theater hinsteuert, ist Gegenstand meiner Dissertation, die im 2. Halbjahr 2012 erscheinen wird. 129 Stephan kossmann > Die Moskauer Prozesse der Jahre 1936 bis 1938 So berichtete beispielsweise die Pravda über ein 1923 aufgeführtes agitsud in der Weise, als ob es sich dabei tatsächlich um eine echte Gerichtsverhandlung gehandelt hatte und musste diese Einschätzung später revidieren. Vgl. Julie A. Cassiday, The Enemy on Trial. Early Sovjet Courts on Stage and Screen, Illinois 2000, S. 70. „The mock trial", so Julie A. Cassiday in ihrer für diese Thematik höchst aufschlussreichen Studie, „created the paradigm of legal mythopoesis that lay the foundation oft the Stalinist show trial." Ebd., S. 80. 43 „[The] threefold paradigm of confession, repentence, and integration into the community become the mock trial's script." Ebd., S. 59. Zeugen auftretenden Schauspieler, was den Effekt maßgeblich verstärkte, dass sich diese Veranstaltungen für das anwesende Publikum als überaus reale Gerichtsverfahren ausnahmen, deren suggestiver Wirkung sich selbst professionelle Beobachter nicht gänzlich entziehen konnten41-, obgleich sich also die agitsudy von den politischen Schauprozessen dadurch unterscheiden, dass sie objektiv besehen in der Sphäre des Symbolischen verbleiben, so leisten sie in ihrer Funktion politisch-agitatorischer Lehrstücke der Internalisierung eines sowjetischen Rechtsethos ebenso Vorschub, wie sie eingedenk ihres fiktiona-lisierten Spielmusters einer rechtsmythopoetischen Theatralisierung der sowjetischen Lebenswelt die justiztheatralische Dimension der späteren Schauprozesse antizipieren/2 Dies wohlgemerkt allerdings auch mit dem Unterschied, dass in den agitsudy der 1920er Jahre - deren Plotstruktur freilich nicht weniger vorgeschrieben war, wie der in den geheimen Schreibwerkstätten des NKVD in Zusammenarbeit mit den in den Moskauer Prozessen angeklagten Personen schriftlich ausgearbeitete Handlungsverlauf - den ,Angeklagten' nach erfolgreich durchgespieltem Schuld- und Reuebekenntnis noch die Gabe der Re-Integration in die Sowjetgemeinschaft zu Teil wurde/3 In den Moskauer Schauprozessen, in welchen Vysinskij in seiner Funktion als Generalstaatsanwalt den Handlungsverlauf dirigierte und ganz wesentlich dafür zu sorgen hatte, dass die Angeklagten nicht allzu weit von den ihnen auferlegten und anhand fingierter Untersuchungsprotokolle einstudierten Rollen abwichen, reduzierte man das in den agitsudy entwickelte Dreifachschema auf ein umfassendes Schuldgeständnis, das zur maßgeblichen Grundlage für die Verhängung von Todesurteilen wurde. Es muss kaum betont werden, dass es genau diese realjuristisch durchgeführten Todesurteile sind, wodurch sich die Moskauer Pro- 130 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature zesse nicht nur politisch und institutionell, sondern auch im Hinblick auf den hier manifest werdenden Ernstfallcharakter von dem fiktiven Wirklichkeitsbezug der agitsudy, deren theatrale Ereignishaftigkeit sie nichtsdestotrotz fortführen, unterscheiden. Und ebenso wenig ist der Umstand zu leugnen, dass es diese Ernstfalleigentlichkeit ist, welche die kategoriale Grenze zwischen Justiz und Theater markiert und die letztlich nur um den Preis der Zerstörung beider Begriffe überschritten werden kann. Das ungeheure, ja geradezu monströse der Moskauer Prozesse besteht nun allerdings darin, dass sie genau das tun. In ihrer Eigenart als Schau-Prozesse heben sie die Unterscheidung zwischen dem, was in ihnen Justiz (im Sinne faktischer Gerichtsbarkeit) und was in ihnen Theater, was Schau (im Sinne inszenierter Gerichtsbarkeit) ist, auch objektiv auf. Mit anderen Worten gesagt: obwohl das Gericht als Theater ebenso wenig Gericht ist, wie das Theater Gericht, waren die Moskauer Prozesse paradoxerweise beides zugleich. Der Ernstfall war gleichermaßen Bestandteil der theatralen Schau, wie diese zentraler Bestandteil des Prozesses war. Und die ausgesprochenen Urteile waren innerhalb dieser Logik ebenso rechtskräftig, wie das ganze Verfahren von vornherein inszeniert war. Obgleich man in diesem Zusammenhang auch sagen muss, dass die in den Moskauer Prozessen ergehenden Urteile vor dem Hintergrund der gesetzesrechtlich festgelegten Rahmenbedingungen in der Tat legal gestützte und dementsprechend gültige Rechtsurteile waren, so eignet ihnen in mancher Hinsicht gleichwohl eher die Qualität des von Schmitt in seinem Diktatur-Buch herausgestellten Maßnahmebegriffs. Denn während Schmitt zufolge das juristische Urteil einer im „voraus bestimmten generellen Entscheidungsnorm unterliegt", wie das namentlich beim „richterlichen Urteil der Fall ist" und dies überhaupt die „Gerechtigkeit des Urteils ausmacht'^, ist es das Kennzeichen der Carl Schmitt, Die Diktatur des Reichspräsidenten nach Artikel 48 der Weimarer Verfassung (Anhang von 1924), in: ders., Die Diktatur, S. 211-257, hier S. 246. 131 Stephan kossmann > Die Moskauer Prozesse der Jahre 1936 bis 1938 45 Maßnahme, dass ihr Vorgehen dem Inhalt nach „durch eine konkret gegebene Sachlage bestimmt und ganz von einem sachlichen Zweck Vgl. ebd., s. 247. beherrscht ist, so dass es nach Lage der Sache von Fall zu Fall verschiedenen Inhalt und keine eigentliche Rechtsform hat."45 Wie die Unabhängigkeit des Richters gerade darauf beruht, dass er gemäß einer richtigen Norm und nicht im Dienst eines politischen Zwecks urteilt, so wird, wie Schmitt betont, der Grundgedanke richterlicher Tätigkeit getrübt, wenn ein Richter oder ein Tribunal so entscheiden soll, wie es zur Erreichung des politischen Zwecks im gegebenen Fall das wirksamste Mittel ist/6 Als ein in diesem Sinne rein zweckmäßiges Mittel, als eine Maßnahme dezisionistischen Zuschnitts erweisen sich die gesamten Urteilsverfahren der Moskauer Prozesse, welche sich im Hinblick auf das paradoxe Moment der ,Ent-Scheidung' von Politischem und Rechtlichem, Ausnahmezustand und Norm, Recht und Theater als Lehrstücke justiz-theatraler Entgrenzung zu erkennen geben. In diesem nicht anders als monströs zu nennenden Befund einer ,ungeheuren' Amalgamierung zweier grundverschiedener Gegenstandsbereiche deutet sich des Weiteren auch semantisch schon an, dass die Moskauer Prozesse in gleicher Weise Ungeheuer waren - politische Monstren, mit denen den Menschen der ,Kultur Eins' der Prozess gemacht wurde -, wie in dem Ausdruck ,monströs' das lateinisch lautenden monstrum, was sowohl Wahrzeichen' wie eben ,Ungeheuer' bedeutet, auch das monstrare respektive monstro und die demonstratio mitanklingt, mit der im rhetorischen wie im theatralen Kontext das verbale Vor-Augen-Stellen bestimmter Sachverhalte angezeigt ist. Das ,Monströse' der Schauprozesse besteht denn auch so betrachtet in ihrem spezifischen Zeigegestus, wie er neben dem deutschen Wort ,Schauprozess' insbesondere in dem russischen Wort pokazatel'nyj 132 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature process (von pokaz = Ansicht/Schaustellung/Vorführung bzw. pokaza-nie = Aufzeigen/Vorzeigen) zum Ausdruck kommt. Was die Moskauer Prozesse zeigen - auch darin waren sie gewissermaßen Lehrstücke - ist, wie man die Abwesenheit dessen, wovon in der Anklageschrift die Sprache war, gerade im Modus der rhetorischen, mithin theatralen Rede, wie sie Vysinskij in seiner Funktion als Staatsanwalt führt, vergessen macht. In dem Maße, wie es keine schriftlichen oder sonstigen Beweise gab, anhand derer es auf legalem Wege möglich gewesen wäre, die zur Verhandlung anstehenden /Tatbestände' objektiv einsichtig zu machen, kam es letztlich darauf an, dieses visuelle Defizit auf verbalem Wege, nämlich im Modus einer oral evozierten Augenscheinlichkeit, wie sie in der klassischen Rhetorik unter dem Begriff der hypotyposis firmiert, zu ersetzen. Neben den eingeübten Geständnisreden der Angeklagten waren es nicht zuletzt die staatsanwaltlichen Schlussplädoyers, in denen die verbale Technik imaginären Vor-Augen-Stellens die faktische Absenz jeglicher schriftlicher oder materieller Evidenz ersetzte. Wie diese Art verbaler Dominanz, nämlich die hauptsächlich redegestützte Darstellung der, wie es bei Vysinskij heißt, „vor unseren Augen vorbeiziehenden Verbrechen"47, nachgerade charakteristisch ist für die dramatisch-narrativ strukturierte Stimmlichkeit des klassischen Theaterraums, darin sich das Bühnenspiel auch heutigen Tags und ungeachtet aller epischen oder (post-)modernen Programmatik vornehmlich im Modus mündlicher face-to-face-Kommunikation präsentiert - nur en passant sei an dieser Stelle auf Bertolt Brechts bekanntes Lehrstück Die Maßnahme verwiesen, das so, wie es sich schon im Titel der rechtswissenschaftlichen Terminologie Schmitts bedient, die Problematik einer dezisionistisch motivierten und straffrei bleibenden Tötung im „Schallraum" eines rein mündlich geführten Bühnen-Tribunals verhandelt48 -, so lassen sich die Moskauer Schauprozesse in eminenter Andrej Vysinskij, in: Prozessbericht über die Strafsache des sowjetfeindlichen trotzkistischen Zentrums, Verhandelt vor dem Militärkollegium des Obersten Gerichtshofes der UdSSR vom 23. - 30. Januar 1937, hrsg. v. Volkskommissariat für Justizwesen der UdSSR, Moskau 1937, S. 504. [Im folgenden abgek. als Prozessbericht 1937.] Brechts politisches, oratorisches Lehrstück Die Maßnahme eröffnet mit Blick auf ihr orales Setting einen, wie Helmuth Lethen darlegt, „Schallraum", in dem die „Situation einer vorschriftlichen Verfassung, in der revolutionäres Recht", die straffrei bleibende Tötung eines jungen Genossen, die vor einem Parteigericht verhandelt wird, „als Maßnahme gesetzt und mündlich begründet wird." Helmuth Lethen, Das Weiß der Stimme im Schallraum der MASSNAHME, in: MASSNEHMEN, Bertolt Brecht/Hans Eislers Lehrstück DIEMASS-NAHME. Kontroverse, Perspektive, Praxis, hrsg. v. Inge Gellert, Gerd Koch, Florian Vaßen, Berlin 1998, S. 158-164, hier S. 164. 133 Stephan kossmann > Die Moskauer Prozesse der Jahre 1936 bis 1938 Es ist dies das, wie Slavoj Žižek es nennt, „Paradox der erzwungenen Wahl", nämlich das Einverständnis des Subjekts in die Notwendigkeit der Aufopferung des eigenen Lebens, die ihm als Mitglied der Gemeinschaft von eben dieser ^auferlegt wird. Slavoj Žižek, Liebe Dein Symptom wie Dich selbst! Jacques Lacans Psychoanalyse und die Medien, Berlin 1991, S. I2if. Prozessbericht über die Strafsache des antisowjetischen „Blocks der Rechten und Trotzkisten", Verhandelt vor dem Militärkollegium des Obersten Gerichtshofes der UdSSR vom 2. - 13. März 1938, hrsg. v. Volkskommissariat für Justizwesen der UdSSR, Moskau 1938, S. 690 u. 722. Weise zugleich als Hörprozesse begreifen, in deren Zentrum sich alles um das verbale Geständnis der Angeklagten, das nicht weniger auch ein Einverständnis in den eigenen Tod ist,49 dreht. DIE THEATRALE pERFoRMANz DER MoSKAÜER pRozESSE Das Geständnis, als vorgeschriebene Form der Selbstbelastung an den Anfang des Prozesses gesetzt und am Schluss reumütig bekräftigt, verleiht der Verhandlung das Maß an Legitimität, die sie braucht, um sich in der Öffentlichkeit nicht zugleich als Schauspiel dezisionistischer Machtanwendung zu entlarven und fungiert insbesondere als Reuebekenntnis als Krönung des circulus vitiosus narrativer Schuldbekräftigung. Und so schließt sich der Kreis in sowohl dezisionistischer als auch in prozeduraler Hinsicht, als an eben dieser Stelle Justiz und The-atralik diffundieren. Denn damit der Prozess als ein scheinbar legales Justizverfahren überzeugt, muss das vorgefertigte Geständnis - quasi als Rollentext - so weit verinnerlicht werden, dass es, im Modus der verbalen Selbstbelastung vor Gericht wiederholt, der Anklagepraktik des Staatsanwalts zur maßgeblichen Grundlage seiner Beweisführung' gereicht, die in den Schlussplädoyers in den Demaskierungstenor feinddekuvrierender Stimmhaftigkeit mündet. „Die verabscheuungswürdigen Verbrecher", so Vysinskij in seiner Rede gegen Ende des dritten Prozesses, verstanden es, durch Betrug, Heuchelei und Doppelzünglertum die Stunde ihrer Entlarvung bis zur letzten Zeit hinauszuschieben. Aber diese Stunde hat geschlagen, und die Verbrecher sind entlarvt, vollständig und bis zu Ende entlarvt. Das Spiel ist aufgedeckt. Die Verrätermasken sind ihnen heruntergerissen, ein für allemal heruntergerissen.50 134 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature Diese Entlarvungsrhetorik ist wie die geständigen Aussagen der Be- 51 schuldigten freilich selbst wesentlicher Bestandteil der schauprozes- . v cii. wie Dich selbst!, S. 53. sualen mise en scene. Die verlautbarte Demaskierung findet realiter nicht statt. Im Gegenteil: gerade das in den letzten Worten der Angeklagten abgelegte Schuld- und Reuebekenntnis gehört mit zu jener .kunstvollen Maske', wodurch das ,Spiel' weiter geht. Ein .Spiel', das hinsichtlich der über das anklagekonforme Geständnis in Gang gesetzten Dialektik der (De-)Maskierung für den Beklagten freilich in jeder Hinsicht fatal ist. Je überzeugender der Beschuldigte unter der Maske des bußfertigen Verräters auftritt, um so mehr erweist sich ihm dies zum eigenen Nachteil, als er damit genau den Anklagepunkt stützt, der ihm in seiner Rolle als Verräter', ,Doppelzüngler' usw. von vornherein die Glaubwürdigkeit abspricht, auf die er in dieser Rolle in besonderer Weise angewiesen ist, um seine Bußfertigkeit nach außen hin als aufrichtig und vollkommen wahr bekräftigen zu können. In diesem auf Gegenseitigkeit beruhenden Vexierspiel andauernder (De-) Maskierung steht der Angeklagte in seiner Rolle, die genau besehen auch eine sprachliche Doppelrolle ist, per se auf verlorenem Posten. Wie von dem Angeklagten verlangt wird, dass er unter dem Feindbild des ,Schädlings', ,Saboteurs', ,Spions' seine Affinität zur Konterrevolution eingesteht, so wird von ihm erwartet, dass er als guter Kommunist zugleich die Abscheu vor seinem Handeln zum Ausdruck bringt - einen Abscheu, der so weit geht, die Todesstrafe für sich zu verlangen.51 „Deshalb ist das Opfer des Stalinismus", wie Slavoj Žižek vermerkt, „das perfekte Beispiel für den Unterschied zwischen dem sujet d'énoncé (Subjekt der Aussage) und dem sujet dénonciation (Subjekt des Aussagens)." In ihm zeige sich die „Spaltung des Subjekts in seiner reinsten Form: Für den Angeklagten besteht die einzige Möglichkeit, sich auf der Ebene des sujet dénonciation als guter Kommunist zu er- 135 Stephan kossmann > Die Moskauer Prozesse der Jahre 1936 bis 1938 52 Ebd. Vgl. Hans Günther, Der sozialistische Übermensch, S. I77f. 54 Vgl. Prozessbericht über die Strafsache des trotzkistisch-sinowjewis-tischen terroristischen Zentrums, Verhandelt vor dem Militärgericht des Obersten Gerichtshofes der UdSSR 19. - 24. August 1936, hrsg. v. Volkskommissariat für Justizwesen der UdSSR, Moskau 1936, S. I73ff. 55 Vgl. ebd., S. i68f. und Prozessbericht 1937, S. 613. In einem Brief an M. L. Slonimskij stellt Gor'kij im Hinblick auf die Grundeigenschaft der Helden der revolutionären Epoche fest, dass ihr „Wort [...] gleichbedeutend [ist] mit der Tat - im Grunde ist es auch eine Tat -, und deswegen kommt es darauf an, zu zeigen, wie es auf die Menschen wirkt, wie es sie beeinflusst." Maksim Gor'kij, Über Literatur, Berlin/ Weimar 1968, S. 566. weisen, darin, dass er sich selbst auf der Ebene des sujet d'énoncé als Verräter bezeichnet."52 Diejenige Rolle aber, die diese Spaltung theatralisch besehen in sich vereint und sie unter der Maske des reuigen Verräters aufhebt in der Figur des treuen Kommunisten, ist die des ideologischen Opferhelden. Als Typus des sowjetischen Heldenmythos, an dessen literarischer Ausgestaltung der Sozialistische Realismus einen gar nicht hoch genug einzuschätzenden Anteil besaß, steht er im Heldenpantheon der Stalinkultur in einer Reihe mit dem sozialistischen Arbeitsheld, dem Kriegsheld sowie dem politischen Führer-Held und verkörpert, nach dem Muster der Heiligen- und Märtyrerlegenden modelliert, die in der sowjetischen Darstellung als zentrale Kategorien des Heroismus gehandelte Selbstverleugnung (samootverzennost') und Selbstaufopferung (samopozertvovanie).53 Die dramaturgische, justiz-theatralische Adaption dieses Sujets des Sozialistischen Realismus ist kaum zu übersehen, wenn die in den Moskauer Prozessen auftretenden Angeklagten gewissermaßen die Rolle des ideologischen Opferhelden besetzen. Sei es, dass sie sich in der Unterwerfungshaltung völliger Selbstverleugnung üben, wie etwa Kamenev und Zinov'ev, die sich in ihren Schlussworten des Faschismus bezichtigen^4 sei es, dass sie wie Mrackovskij und Drobnis einen Selbstreinigungsprozess beteuern^ der jedoch um so weniger wiegt, wie sie mit ihrer verbalen Geständnisrede - und auch darin folgen die Angeklagten mit ihrer eingeübten Sprechrolle einem wesentlichen Aspekt des Sozialistischen Realismus, dessen literarische Umsetzung einer gleichsam performativen Sprachpraxis in der Formulierung Maksim Gor'kijs zum Ausdruck kommt, wonach das Wort gleichbedeutend sei mit der Tat5® - eben jene ,(Sprach-)Realität' stiften, die das Gericht zur Verurteilung ihrer Person zu allererst bedarf; oder sei es in der Weise, dass die Beschul- 136 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature digten ihre Rolle so anklagekonform durchspielen wie Pjatakov und Radek, bei deren Schuldbekenntnis sich an einigen Stellen die Frage zwangsläufig aufdrängt, ob darin nicht zugleich eine verklausulierte Überbietung des vorgeschriebenen Rollenverhaltens stattfindet.57 Vor allem Radek treibt das Vexierspiel bußfertiger (De-)Maskierung auf die Spitze, bevor er sich am Ende seines nachweislich unter der Aufsicht Vysinskijs eingeübten Rollentextes während seiner Untersuchungshaft^8 dazu bekennt, ein Werkzeug des Trockismus gewesen zu sein. Zweieinhalb Monate lang quälte ich den Untersuchungsrichter. Wenn hier die Frage danach aufgeworfen wurde, ob man uns während der Voruntersuchung gequält hat, so muss ich sagen, dass nicht ich gequält wurde, sondern dass ich die Untersuchungsrichter quälte, indem ich ihnen unnütze Arbeit aufbürdete. Zweieinhalb Monate lang zwang ich den Untersuchungsrichter dadurch, dass ich mich verhören und mir die Aussagen anderer Angeklagter vorhalten ließ, mir die ganze Situation aufzudecken, damit ich sehe, wer gestanden, wer nicht gestanden und wer was aufgedeckt hat. [...] Wir, und ich mit eingeschlossen, können keinerlei Nachsicht verlangen, wir haben keinerlei Recht darauf [...]. Wir haben restlos begriffen, welchen historischen Kräften wir als Werkzeug dienten.59 „Ich will nicht davon sprechen", so Pjatakov an den Richter gewandt, „- es wäre lächerlich, hier davon zu reden -, dass mir gegenüber selbstverständlich keinerlei Methoden des Drucks oder der Beeinflussung angewandt wurden. Ja, diese Methoden hätten, zumindest für mich persönlich, nicht der Anlass sein können, Aussagen zu machen." Prozessbericht 1937, S. 591. „Und das soll alles sein?", so Vysinskij an Radek gewandt, als der ihm, lange vor Prozessbeginn, seinen Geständnisentwurf vorgelesen hatte. „Taugt nichts. Umändern, alles umändern! Bemühen Sie sich, dies und jenes zu gestehen, dieses und jenes zu bekennen, dieses und jenes zu verurteilen usw." Schauprozesse unter Stalin, S. 192. Prozessbericht 19337, S. 601 u. 603. Die Prämie, auf welche die Angeklagten ob ihrer Geständnisleistung vielleicht doch noch zu hoffen gewagt hatten - Radek war einer der wenigen, dem sie in Form einer zehnjährigen Haftstrafe zuteil wurde -, blieb in der Regel natürlich aus. Und diejenigen, die sich wie Smirnov, Krestinskij oder Bucharin am wenigsten Illusionen über ihr Schicksal machen konnten, nutzten ihr öffentliches Schuldbekenntnis dazu, in einem letzten und zugleich widersinnigen Akt theatraler 137 Stephan kossmann > Die Moskauer Prozesse der Jahre 1936 bis 1938 Siehe zu dieser Problematik der Geständnisreden auch: Klaus-Georg Riegel, Öffentliche Schuldbekenntnisse im Marxismus-Leninismus: Die Moskauer Schauprozesse (1936-38), in: Selbstthematisierung und Selbstzeugnis: Bekenntnis und Geständnis, hrsg. v. Alois Hahn u. Volker Kapp, Frankfurt a. M. 1987, S. 136-148, hier S. 144 sowie Sylvia Sasse, Wortsünden. Beichten und Gestehen in der russischen Literatur, München 2009, S. 319f. Prozessbericht 1938, S. 835f. Vgl. ebd., S. 837 u. 839. 63 Ebd., S. 847. Klaus-Georg Riegel, Öffentliche Schuldbekenntnisse im MarxismusLeninismus, S. 144. Dienstfertigkeit durch partielle Verweigerung den verbleibenden Rest ihrer unbeschädigten revolutionären Identität zu bewahrend Das Schlusswort Bucharins verdeutlicht diese Gratwanderung, wenn er am Ende des Prozesses noch einmal wiederholt, dass er sich schuldig bekennt „des Verrats an der sozialistischen Heimat, des schwersten Verbrechens, das überhaupt möglich ist, der Organisation von Kula-kenaufständen, der Vorbereitung terroristischer Akte, der Zugehörigkeit zu einer illegalen sowjetfeindlichen Organisation"61 und anderes mehr; dann aber insbesondere den Vorwurf kategorisch bestreitet, mit ausländischen Spionagediensten verbunden sowie an der Ermordung Kirovs, Kujbysevs oder Gor'kijs beteiligt gewesen zu sein.62 Und dann fällt - buchstäblich zwischen den Zeilen seines Schuldbekenntnisses - eine Bemerkung, welche die unter der Maske äußeren konformen Bekenntnisverhaltens durchgespielte Gratwanderung (de-)maskie-renden Sprechens schlagwortartig erhellt, als sie nachgerade auf die Entlarvung der justiz-theatralen Buß- und Geständnisinstrumentalisierung schau- bzw. hörprozessualer Gerichtsbarkeit zielt. Es geht natürlich nicht um diese Reue und darunter auch nicht um meine persönliche Reue. Auch ohne sie kann das Gericht sein Urteil fällen. Die Geständnisse des Angeklagten sind nicht obligatorisch. Die Geständnisse der Angeklagten sind ein mittelalterliches Prinzip.63 Es spricht vieles dafür, dass Bucharin sein öffentliches Schuldbekenntnis dazu nutzte, den „inneren Kern seiner Lebensphilosophie'^4 und das verbleibende Maß an moralischer und ideologischer Integrität vor dem äußeren Zugriff einer skrupellosen Gerichtsbarkeit zu bewahren, indem er sich gerade in der Rolle des reuigen Sünders und somit nicht anders als unter der Maske des vorgeschriebenen Schuldgeständnisses 138 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature dem hehren Ideal seiner Ideologie zum Opfer brachte. Eine Haltung, die 65 r 11 11 1111 ii Vgl. dazu: Prozess freilich nur möglich ist, wenn der Glaube daran und das Vertrauen in richt 1938, s. 846. die Partei als unhintergehbare Garantin der revolutionären Bewegung ungebrochen sind. Dieser Glaube und die Reue im Angesicht des Todes adelt das eigene Ergeben, erhebt das beschädigte Individuum über die oktroyierte Lüge und bewahrt es vor dem dräuenden Nichts - der vielzitierten ,schwarzen Leere', von der Bucharin in seinem Schlusswort spricht.64 Als so widersetzlich sich Bucharins Verhalten unter der (Sprach-)Maske des öffentlichen Schuldbekenntnisses in der Tat verstehen lässt, so überzeugend trägt er diese Maske indes weiter nach außen, spielt seine Rolle, wie alle anderen auch, konsequent zu Ende. Und nicht nur das: während der klassische Schauspieler die Maske ablegt, der Berufsschauspieler aus seiner Rolle heraustritt, wenn er von der Bühne abgeht, tragen die Darsteller dieses Theaters ihre Masken noch dann, wenn sie die Szenerie des Gerichtsaals verlassen und ihrer Strafe in der Rolle des Verräters entgegengehen. Im Zeichen eines justiztheatralischen Entgrenzungslehrstücks, im anomischen Geltungsraum von Maßnahme und Urteil, in der dezisio-nistisch konstituierten Zone der Unentscheidbarkeit von Realität und Fiktion, Recht und Unrecht, anklagekonformen und -widersetzlichem Rollenverhalten, Justiz und Theatralik - in diesem gleichsam letzten Akt einer juridischen, den Tod einschließenden ,Theatralisierung des Lebens' treten sie ab, das Ideal ihres politischen Lebens sterbend lebend zu machen. $ 139 Stephan kossmann > Die Moskauer Prozesse der Jahre 1936 bis 1938 Summary The relationship between law and literature, especially law and theatre, is as far as their tradition is concerned no doubt just as old as our western-style culture. The fact however that we are at all able to speak about a relationship which intrinsically means distinguishing between law and theatre, politics and aesthetics, and last but not least fact and fiction in a profound way is the specific result of a process of systemic differentiation. In this light the Moscow show trials from 1936 to 1938 contrarily prove to be a paradigm of how the differentiation between law and theatre - regarded as separated parts of society - and their cultural and logical distinction dissolves in favour of a unification that also can be considered as a total amalgamation. An amalgamation characteristic of 1930s Soviet culture in so far as in all of their spheres the boundaries between fact and fiction, theatre and political life, literature and reality disappear. The amalgamation of law and theatre in the Moscow trials can be displayed by focusing on their juridical frameworks in terms of the paradoxical structures of political and juridical ,decisionism' (an expression established in jurisprudence by the German Carl Schmitt in the first decades of the 20th century) on one hand and the methods of constructing reality in accordance with the theory of Social Realism on the other including the experiments on stage of the so called agitsudy in the 1920s. Against the background of a double bound theatrically and juridically based non-differentiation of law and theatre in Soviet culture, the Moscow show trials - directed by Stalin and conducted by the general prosecutor Andrei Vyshinsky - work as a social-realistic machine to eliminate the self-constructed 140 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature enemy in the fictitious and actual arranged space of a stage-court and operate as monstrous plays of a theatrical transgression. Stephan Kossmann PhD at the department Literaturwissenschaft/Slavistik at the University of Konstanz. His thesis Im Zeichen der Ent-Scheidung. Zur Mediali-tät dezisionistischer Gestimmtheit in Literatur, Recht und Theater (Deutschland und Russland 1910-1940) presented in 2010 will be published in autumn 2012 at Fink-Verlag/Munich as Die Stimme des Souveräns und die Schrift des Gesetzes. 141 „Jer moj otac je bio pravnik, jesam li to vec rekao" R. Konstantinovic, Dekartova smrt $ marija mitrovic ► mitrovic@units.it SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature Glavni lik romana, Otac, profesor je civilnog prava. Život je zasnovao na strogim pravilima Descartove racionalnosti. Sin se divi Ocu, ali istovremeno zazire od njegove nepogrešivosti i teško podnosi njegovu tiraniju prava, reda i navika. I u svojim ranijim romanima-traktatima i esejima Konstantinovic je izražavao bliskost sa postmodernistič-kim načinom mišljenja i mnogo bliži nego Descartes bili su mu filozofski sta-vovi Montaignea i Pascala. Medutim, devedesetih godina prošlog veka on prihvata i Descartesea kao autora traktata o metodu, raciu i vrednosti prava. Godine 1989, kada Jacques Derrida po prvi put uzima u razmatranje odnose izmedu literature, filozofije i prava, i on se vraca istim onim filozofima koji dominiraju u Konstantinovicevom delu; osim Pascala i Montaignea, i Derrida se vraca Descartesu, zalažuci se za iste one principe koje zagova-ra Konstantinovicev Sin-narator u diskusiji sa Ocem: pravo je sila, ono vlada ne zato što je pravedno, nego što je autoritet. AUTOBIOGRAFSKI ESEJ, FILOZOFSKI TRAKTAT, ROMAN; OTAC, CIVILNO PRAVO, DESCARTES, MONTAIGNE, PASCAL; DERRIDA, ZAKON I AUTORITET. The protagonist, Father, professor of Civil Law, lives a life paved by the rules founded on Descartes' rationality. Son admires his Father, at the same time fears his infallibility and suffers from his tyranny of law, order and habit. Both in this novel-treatise and in his earlier works, Konstantinovic expressed familiarity with postmodern thinking and the philosophical concepts of Montaigne and Pascal. However, in the 1990s he found a space also for Descartes, the author of the treatise on method, reason and the value of law. When in 1989 Jacques Derrida thought for the first time of a parallel between literature, philosophy and law, he brought from oblivion the philosophers most prominent in Konstantinovic's work: Descartes, Pascal and Montaigne. Derrida propagated the concepts which Konstantinovic's Son-narrator would present in his imaginary discussions with his Father. AUTOBIOGRAPHICAL ESSAY, PHILOSOPHICAL TREATISE, novel; father, civil law, DESCARTES, MONTAIGNE, PASCAL; DERRIDA, LAW AS AUTHORITY 143 Marija MiTROVic ► R. Konstantinovic, Dekartovasmrt U svetlu današnjih retrogradnih tendencija u postkomunističkim društvima i literaturi, gotovo neverovatno zvuči podatak da je žiri u sastavu Milan Bogda-novic, Velibor Gligoric, Eli Finci, Dragoslav Mihajlovic Mihiz i Zoran Mišic ovu na-gradu dodelio jednom romanu sa biblijskom tematikom i pismom sličnim Joyceovom Uliksu. Gligoric je bio jedini koji je svoj glas dao za roman Hajka M. Lalica. Ali nagradu nije dobio Lalicev roman o partizanskoj borbi, nego roman ispleten od apartne filozofske tematike o pitanju / ne/krivice Hristovog izdajnika, Jude Iška-riota. - Za podatak o sastavu žirija i ishodu glasanja zahvaljujem se Savi Dautovicu. Medunarodni projekat "Sto slovenskih romana", koji je pre nekoliko godina ustanovila Fondacija "Forum slovenskih kultura" sa sedištem u Moskvi, pokrenut je s idejom da čitaocima u slovenskim zemljama predstavi reprezentativna dela savremenih autora iz drugih slovenskih ze-malja napisana tokom proteklih dvadesetak godina, odnosno posle pada Berlinskog zida. „Možda sam ja ovde privilegovan /... / činje-nicom da sam pravnik. Pa se onda taj otac, o kojem se ovde Radomir Konstantinovic (1928-2011), filozof, esejista i pisac, poznat pre svega po studiji Filozofija palanke (1969), nedovoljno je osvetljen kao romanopisac, iako je za jedan od svojih izrazito avangardnih romana (Izlazak, 1960) dobio „NIN-ovu nagradu"1, tadašnje najviše državno priznanje za ovu književnu vrstu na srpsko-hrvatskom jezičkom području. Dekartova smrt (1996), tekst kojim cemo se ovde baviti, žanrovski se teško može definisati jer nosi odlike autobiografskog eseja, romana i filozofskog traktata. Iako je o njemu objavljen i jedan zbornik studija (O Dekartovoj smrti, 1998), on nikada nije doživeo čak ni ponovno izdanje, nije uvršten medu najbolje srpske romane predvidene za prevod na druge slovenske jezike u okviru projekta „Sto slovenskih romana"2 a mnoge njegove važne dimenzije i do danas su ostale nezapažene. Petnaestak autora koji su se u spomenutom zborniku bavili ovim Konstantinovicevim delom čitali su ga pre svega kao filozofski traktat (takve su studije iz ovoga zbornika iz pera Branke Arsic, Milorada Belančica i dr.), manje kao roman, a samo je Dragan Stojanovic3 insistirao na njegovoj romanesknoj strukturi, ističuci pri tom baš onu dimenziju koja ce i nas ovde zanimati: uslovljenost i povezanost ovog romana sa pravom i pravnim sistemom. Da bi se razumeo ovaj Konstantinovicev roman moralo bi se poznavati u detalje barem: Pounda4, Becketta, Rilkea, Descartesa, Montaigna, Pascala, Witgensteina, Platona, Aristotela, ali i pisce udžbenika prava, posebno civilnog prava. Pa zatim Rabelaisa, ali i Berlitzov udžbenik francuskog jezika, pa još Ionesca (zbog Celave pevačice) pa Joycea, Sveva, ali i Horacija, Vergilija. Bibliju, Hobbesa... Spisak kao da nema kraja. Pisati o Konstantinovicevoj knjizi znači nužno ograničiti se na jedan njen sloj. A nas ce zanimati pre svega pitanje: ko je i kakav lik Oca u ovom romanu i šta u tekstu otkrivamo ako pratimo Sinovljevo čitanje Descartesa, Montaignea i Pascala? 144 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature Nakon očeve smrti, sin pokušava da shvati šta mu je značila očeva figura, šta u detinjstvu, a šta sada, kada je i sam star i oseca blizinu sopstvene smrti. Istovremeno, u gradu u kojem je živeo i radio otac, čuveni profesor prava, vladaju sada niske strasti, a politički i pravni sistem je razoren. Konstantinovic gradi roman čiji je glavni lik, Otac, ne samo strogi vaspitač u porodici nego i veliki autoritet u društvu i na fakultetu, gde predaje civilno pravo. Otac je dekartovac ne po tome što bi o ovom iluministi ostavio značajne studije, nego kao čo-vek koji vodi život trasiran pravilima koja proističu iz dekartovske racionalnosti. I Sin, ja-narator se može pratiti kao romaneskni lik, najdetaljnije kao dete u odrastanju, u familiji medusobno veoma različitih roditelja, Oca, strogo racionalnog pravnika i latiniste te senzibilne, pomalo naivne Majke. Osim kao dete i kao čovek u odrastanju, narator sebe vidi i opisuje i kao odraslog čoveka koji se u trenutku očeve smrti, a pogotovu u vreme pisanja romana i sam suočava sa fenomenom starenja i blizine sopstvene smrti. Za ovo naše razmišljanje važno je znati i nekoliko detalja iz stvarne biografije Radomirovog oca, Mihaila Konstantinovica (1897-1982). Kao cenjeni pravni stručnjak bio je Ministar pravde i član poslednje jugoslovenske vlade uoči Drugog svetskog rata, ali nije prihvatio da ude u Vladu formiranu 1944. godine u Londonu, nego se 1945. vratio u svoju zemlju (posle boravka u Egiptu, Palestini i Turskoj, gde je nastojao da prikupi što više podataka o ratnim zločinima počinjenim na tlu Jugoslavije). Postao je jedan od stubova Pravnog fakulteta u Beogradu. Njegova knjiga Skica za zakonik o obligacijama (1969) čini osnovu Zakona o obligacionim odnosima koji je u Srbiji i danas na snazi, a njegov autoritet u oblasti gradanskog prava nije poljuljan ni mnogo godina nakon njegove smrti. govori, meni nužno namece kao jedan vrlo konkretan čovek, poznat i vrlo ugledan i zaslužan u našoj pravnoj struci, i ja ne mogu ovaj tekst čitati drugačije nego imajuci tog čoveka i pravnog mislioca i stručnjaka pred očima", kaže D. Stojanovic (O Dekarto-voj smrti... 1998: 18-19). 145 Marija MiTROVic ► R. Konstantinovic, Dekartovasmrt Svi citati iz romana Dekartova smrt su iz jedi-nog postojeceg izdanja ove knjige što ga je u svega 1000 primeraka objavio mali izdavač, Agencija za mir, iz No-vog Sada 1996, 227 str. Prva rečenica romana Dekartova smrt Radomira Konstantinovica glasi: „Sada je negde oko devet uveče: vreme smrti moga oca". Slično kao neimenovani mladic u romanu Prokleta avlija Ive Andrica, koji posle smrti svog duhovnog oca, fra Petra, a pre nego što čitaocu predstavi priču koju mu je ovaj ispričao, prati inventarisanje predmeta koji su posle fra Petrove smrti ostali u samostanskoj celiji, tako i ovde ja-na-rator, Sin, pravi spisak stvari posle Očeve smrti: džepni Schaffhausen, nalivpero, stona lampa. Najdetaljniji su opisi knjiga koje su nakon što je otac odveden na Neuropsihijatrijsku kliniku ostale na njegovom stolu: „mali izbor Descartesa, ili Montaigne, u tri sveske, Editions Garnier, broširano". Dok kartezijanskog filozofa smešta sasvim lako u kontekst očeve lektire, jer oca vidi „kao da je sazdan od jednog komada, poput Sokrata" (y)5, čudno mu je što je na stolu našao Montaignea, filozofa koji zagovara život bez prinude, bez obaveze, u biti život lenjivca. Iako su tri sveske Montaignevih dela ispod velike knjige Churchilovih Memo-ara („Churchill na Montaigneu materijalizuje premoc secanja i vlasti nad čovekom koji je pokušavao da odbije svaku vlast" - str. 6), Sina ne prestaje da iznenaduje činjenica da je i Otac čitao filozofa koji je toliko nastojao da opiše kompleksnost čoveka i sebe samoga i čija rečenica: „Mi smo sačinjeni od komadica, i to sastavljenih tako bezoblično i raznoliko, da svaki delic u svakom trenutku igra za svoj račun" (7) predstavlja pre srž Sinovljeve filozofije, a pravi je opozit Ocu kakav je ostao u uspomeni Sina. Žao mu je što u primerku Montaignevih Ogleda koji je pripadao Ocu ne pronalazi nikakvu belešku, ali onda shvata da Otac i nije ostavljao tragove po knjigama, za razliku od Sina, koji je podvlačio po čitave stranice. Tu, na početku, Oca „velikog gospodina - usamljenog gospodina" (8) Sin karakterše Hegelovim rečima (iz Istorije filozofije, II) kao postojanog, kao „svoga sopstvenog", kao „formu samostalne odlu-ke", kao čoveka koji je „uobličen; plastična figura ali koja se krece, čista 146 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature forma, apsolutna forma". I odmah dodaje da se sam „bojao tog čoveka apsolutne forme" (8). Tako predstavljenom Ocu još dalji nego Montaigne morao bi biti Pascal. A ipak, medu pronadenim knjigama su i dva toma Pascalovih Misli, istina u jeftinom broširanom izdanju, koje je na najdonjoj polici postalo prašnjavo i budavo. Otac ga, dakle, nije davno čitao i nije ga cenio. A ipak, na samrtničkom odru, Otac je tako spokojan, „savršeno izvajan profil, ozaren svetlošcu predvečernjeg sunca" da Sina podseca „na posmrtnu masku Pascalovu" (9). Za temu koja nas ovde zanima, posebno je važno IV poglavlje: to je ono iz kojega je i citat, koji smo izabrali kao naslov ovoga rada: „Jer moj otac je bio pravnik, jesam li to vec rekao" (15). Šta je (za Sina) značila ta reč: pravnik? Koje su karakteristike Oca-pravnika? On nije sudija, koji bi delio pravdu i brinuo se za jednakost svih pred zakonom, on propisuje zakone, propisima nastoji da služi uspostavljanju racia i reda u društvu. Kao nekakav spoljni izraz svoje pripadnosti pozivu pravnika, ovaj Otac skandira latinske stihove. Jer oni su primer pravilno rasporedenih dužina i pauzi, čisti izraz metričkih shema, besprekornog reda. Ovo skandira-nje latinskih stihova bilo je svakovečernji ritual. Za Oca, služiti Zakonu značilo je služiti Redu, savršenoj zakonomernosti, ponavljanju. Vežbajuci izgovaranje latinskih stihova Otac vežba kako da postane „gospodar bica i reči, apsolutni gospodar, jer može što drugi ne može: da bica pretvara u reči i reči u bica" (17). Sin se Ocu divi, istovremeno se boji njegove nepo-grešivosti i trpi od njegove tiranije prava, reda i navika. Otac je u očima Sina istovremeno svemocni Zakon, i strah od zakona, zakon koji tiraniše okolinu. Naknadno, u vreme haosa koji je zavladao u spoljašnjem svetu, Sin se Ocu divi, i čak se trudi da sa tim čovekom forme i reda uspostavi krajnje intimne odnose, onakve kakve za života nije mogao, jer je otac bio sam Zakon, a Sin uvek i samo nes(a)vršeni Učenik. 147 Marija MiTROVic ► R. Konstantinovic, Dekartovasmrt I Dragan Stojanovic u razgovoru vodenom za Treci program Radio-Beograda ovako detektira vezu izmedu društvenog trenutka i značenjskih tokova romana: „Ono što stvar čini zanimljivom, to je jedna dijagnoza ovog terena. Možda ja suviše pridajem tom značaja, ali to je jedan ubod ove knjige koji meni ostaje, a stavljen je u usta umirucoj majci ovog autora, kada ona, ležeci u bolnici, kaže za svoje susetke tamo - umiru a kradu. To je dijagnoza ovog terena koja zvuči vrlo aktuelno i koja priziva, meni barem, neophod-nost da se stari, veliki civilista naknadno ponovo uvede u igru. Naime, tu gde se krade još i dok se umire, kao poslednja linija odbrane ostaje upravo taj Descartes, razum, red i civilista. Jer pakao je tamo gde se više ne zna šta je čije i kad na-stupi taj mračni čas, ta Devedeset treča godina. /.../ Tu je taj senior, taj Descartes-civilista, taj mislilac zakona, taj dostojanstveni ali nevoljeni otac, neopho-dan." (O Dekartovoj smrti.... 1998:44). Sinovljev dvojaki odnos prema tom Ocu - oličenju Zakona i Reda - njegovo divljenje i strah, veličanje i detroniziranje, prevodjenje te figure u područje emocija, secanja, porodičnog života, čine taj lik slo-ženijim i privlačnijim za čitaoca. No takvim, svemocnim u pozitivnom smislu, odnosno svestranim, Sin ga je počeo doživljavati tek u refleksiji, dugo nakon njegove smrti. Ne godine 1982, kada je Otac umro, nego deset godina docnije, u trenutku kada se autoru knjige činilo da se oko njega, u društvu kojim je okružen sve raspada i rastura. Iako Konstantinovic na kraju svojih tekstova često stavlja datum završetka rukopisa, možda nijedan drugi njegov tekst - beletristički ili esejsitički - nije toliko kao ovaj uslovljen vremenom u kojem je pisan i objavljen. Na kraju romana autor je stavio odrednicu: U Beogradu, Devedeset trece. Bila su to vremena apsolutne degradacije društva6, pa dakako i grada. Beograd tada od glavnog grada dvadesetmilionske federativne zemlje, postaje glavni grad jedne republike, a uz to je pod medunarodnim sankcijama zbog ratova koje Srbija vodi na tlu Hrvatske i Bosne. Devedeset trece, gradani Beograda, i Srbije, su bez mogucnosti da putuju bilo kuda u svet, inflacijom koja je šestocifrena, vrtoglavo se obezvre-duje svaki materijalni prihod, u gradu nedostaju ne samo neke sitnice (kafa, farmerke, tranzistori...) po koje je narator povremeno, u doba komunističke vlasti, odlazilo u Trst u šoping, nego je to grad koji sve manje liči na važan urbani centar, a sve više na prostor u kojem vlada bezakonje, u kojem sila nije vezana za zakon i zakonodavstvo, nego za vlast i samovolju vlastodršca. Bilo je to ujedno i vreme poslednjih Konstantinovicevih javnih istupanja: tokom dve sezone (april-juni 1992 i oktobar 1992- februar 1993) asocijacija Beogradski krug, u čijem je formiranju i sam Konstantinovic učestvovao, organizovala je svake subote javne debate kao vid protesta protiv tadašnje gotovo unisono podržavane politike kakvu je vodio Slobodan Miloševic. Prvu sesiju 148 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature razgovora otvorio je upravo Konstantinovic, a potom redovno dolazio i aktivno učestvovao u debati na tim, tada zapravo jedinim javnim antiratnim skupovima. Svom tekstu sa prve sesije sastanaka koji su se pod naslovom „Druga Srbija" u to vreme održavali u Beogradu dao je naslov: „Živeti s čudo-vištem"7. Kao dominante tadašnje srpske politike istakao je naciona-lizam i totalitarizam, što su mahom isticali i ostali učesnici tribine, ali je Konstantinovic insistirao na tome da ta dva zla neminovno vode u nasilje. Jedini je on podvukao da nacionalizam i totalitarizam za di-rektnu posledicu imaju ukidanje svakog reda i zakona na društvenom planu, dok na planu individualne egzistencije guraju u usamljenost i apatiju. Monstrum totalitarizma - insistirao je tada Konstantinovic - deluje kao epidemija, svi smo njime zaraženi, on nas osvaja, dege-neriše, pretvara nas u čudovišta, jer u čudovišta pretvara sve čega se dotakne. Kao najeklatantnije primere deformacije tadašnjeg srpskog društva Konstantinovic je naveo: demokratu koji deluje kao nacionalista, komunistu koji postaje antikomunista, i sveštenika koji nastupa kao nacista. U takvom okruženju, Konstantinovic prestaje da objavljuje i sasvim se povlači u sebe. Javno je nastupio samo još jednom, 1997, predstav-ljajuci šest tada objavljenih knjiga Bore Cosica, beogradskog autora koji je početkom rata napustio taj grad i trajno se nastanio u Berlinu. Do svoje smrti (27. oktobra 2011)8 Konstantinovic se sasvim zatvorio u svoju samocu i patnju zbog apsolutnog odsustva Reda i Zakona. A valja znati da je svojevremeno - od poznih šezdesetih do devedesetih godina - ovaj autor objavljivao neobično mnogo, gotovo jednom sed-mično je javno čitao svoje eseje na Trecem programu Radio-Beograda koji su potom objavljeni u osam tomova i na preko 2000 strana pod naslovom: Biče i jezik u iskustvu pesnika srpske kulture dvadesetog veka. Ovaj je tekst, zajedno sa ostalim izgovorenim javno, na skupovima koji su se održavali u beogradskom Domu omladine, a potom u Studentskom kultur-nom centru, objavljen u zborniku Druga Srbija. Ur. Ivan Colovic i Aljoša Mimica. Bgd. 1992. Na italijanskom je Konstantinovi-cev tekst izišao pod naslovom Vivere con il mostro u knjizi L'altra Serbia. Gli intelletuali e la guerra. Selene edizioni, Milano 1996, koju je priredila Melita Richter Malabotta. Donoseci vest o smrti R. Konstantinovica, beogradski on-line časopis Peščanik. doneo je audio zapis ovoga govora, u kojem autor slavi prijateljstvo sa Borom Cosicem, ali se i oprašta od davno mrtvih prijatelja, trinaestorice Jevreja iz beogradske gimnazije, koji su streljani kao 15-godišnjaci. 149 Marija MiTROVic ► R. Konstantinovic, Dekartovasmrt Roman-traktat o smrti Oca-zastupnika Reda i Prava, te jedna neo-bična, čisto filološka knjiga naslovljena Beket-prijatelj u kojoj je objavio pisma što ih je njegovoj supruzi, Kači Samardžič i njemu, pisao Samuel Beckett od 1957 do decembra 1972, jeste sve što je izišlo iz pera ovog neobično značajnog i nekada veoma plodnog autora. Ako je Dekartova smrt omage ocu, ova poslednja Konstantinovičeva knjiga je omage mrtvim prijeteljima, Beckettu i Kači. U vreme devedesetih dakle, koje je autor doživeo kao nadiranje promena dalekih humanom biču, a pogotovu čoveku misli, on piše roman-traktat u kojem se seča vrednosti kojih više nema u svetu koji ga okružuje: seča se Oca-Zakonopisca i njegovog velikog uzora Descartesa. Seča se vremena koje jeste bilo teško izdržati, ali koje je imalo sluha i smisla za ljudske vrednosti i za Pravo kao zakon koji garantuje da se monstrumi društva ne pretvaraju od pretnji u svakodnevnu realnost. Kako u romanu-traktatu o Descartesovoj smrti, tako i u ranijim svojim tekstovima ovaj je autor izražavao bliskost, srodnost sa postmo-dernim mišljenjem u okviru kojega su mu, kao filozofi, svakako bliži Montaigne, svedok krize vrednosti i glasnik nemogučnosti da se dopre do istine i definitivnih saznanja, jedan od utemeljivača skepticizma, te Pascal, koji je ispoljavao nepoverenje prema golim dokaznim postup-cima, čovek koji je nasuprot racionalne ubedljivosti postavljao veru u iracionalna osečanja. Ali, devedesetih godina, u monstruozna vremena, valjalo je stvoriti prostor i za Descartesa, autora traktata o metodi, o raciu, o valjanosti zakona. Kada u romanu Sin s ogromnim poštovanjem predstavlja oca-dekartovca, te povremeno u očevom Descartesu želi i hoče da prepozna i SVOG filozofa, to valja shvatiti kao vremensku kon-tekstualizaciju ovog romaneskno-filozofskog teksta: u trenutku kada su zavladali monstrumi, iluminista Descrates je umro, definitivno, ali onaj ko se još seča njegovih vrednosti što mu ih je do skora prenosio 150 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature otac, ne može a da ga ne uzme i za sebi bliskog mislioca. Veliki filozof Descartes kakvog ovde opisuje nije samo kartezijanac i čovek reda i čvrste misli, nego istovremeno i njegov, autorov, Radetov Descartes, autor blizak jednom modernističkom misliocu par excellance! Dragan Stojanovic s pravom zaključuje: Stvar bi bilajednostavna ako bi se to iz ove knjige moglo, a ne može se, izvesti: ne Descartes, nego Montaigne, ne ovakav otac, nego majka, koja je bez senke. Ali, stvari su komplikovane. I u tom smislu tekst ima literarnu složenost kakva je teško zamisliva u jednom čisto filozofskom traktatu. /.../ Ali u trenutku tmine - i niko me ne može razuveriti da to nije jedna od ključnih stvari, što na kraju piše U Beogradu. Devedeset trece - u trenutku kad je došao njihov razbojnički čas, koji još traje, jedan civilist, odnosno duh koji on ovaplocuje, odnosno misao koju on nosi, jeste linija poslednje odbrane pred ovima koji kradu i dok umiru. A da ne govorimo šta rade pre nego što umiru (O Dekartovoj smrti... 1998: 52-53). Ne samo zato što je Konstantinovic jedan od retkih filozofski potkovanih srpskih intelektualaca koji se, osim pisanju poezije i romana, posvetio izučavanju odnosa bica i jezika u poeziji (a ta tema i u ovom delu jeste važna), nego i zato što je u roman o (de)konstruisanju kompleksnog mo-dernog mišljenja uneo niz podataka iz sopstvene biografije, Dekartovu smrt čitamo i kao svojevrsnu autobiografiju. To je roman o mišljenju, o mišljenju Radomira Konstantinovica, koji u romanu nastupa kao Sin i ja-narator. Predočavajuci vrludave puteve gradnje svoje životne filozofije, Konstantinovic stvara filozofski traktat, koji bi - da se naracija plela samo oko naratorove lektire - to (dakle, traktat) i ostao. Da je u pitanju ipak 151 Marija MiTROVic ► R. Konstantinovic, Dekartovasmrt (i) roman dokaz je to što se čitaocu neminovno namece i razmišljanje o njegovim likovima: o Ocu, Majci i samom Naratoru. Svako od njih na svoj način i svako svojim bicem, svojim profilom i načinom života ima ključnu ulogu u ovoj naraciji. Dublje simboličko značenje ima i prostor, gradovi u koje je smešten roman - Beograd, Trst i donekle Lion iz vremena kada je u tom gradu Otac studirao prava. U Beogradu Otac umire, što Sinu otvara dugačak niz tema o starosti i smrti, Trst je Sinovljev prozor u drugi svet i kao neko (staro) utočište, prostor koji je „na dohvat ruke" a ipak tako različit od onog Beograda u kojem Otac umire, a Majka, koja u Trstu nikada nije bila, stalno želi da joj se iz tog grada donese ova ili ona sitnica. Otac, pri tom, nije samo otac, nego i profesor prava. Lik Oca stvoren u romanu je čovek mere, čovek forme i reda, koji je takvu svoju ličnost izgradio uz pomoc rimskog i gradanskog prava, latinske versifikacije i klasičnih filozofa zapadno-evropske kulture. On je strog, sabran, priseban i sve čini da u istom pravcu uputi i razvoj sinovljeve ličnosti: da ga ukroti, prekali, kultiviše pre svega njegov jezik, pokrete, ponašanje. I ma koliko Sin takvo vaspitavanje u detinjstvu doživljavao kao tlačenje, tiranisanje, sada, pod starost i u haosu koji je zavladao, on čitaocu želi da ga prikaže kao nužnu pripremu čoveka za život. Tek sada, kada je zavladao haos, kao da je svestan da kada jezik i telo zanemare formu, red i zakon, onda se u čoveku pomalja životinja, čudovište. Čovek može biti dostojan svoga imena samo ukoliko nauči da gospodari sobom, iz bezobličnog on mora ovladati formom. Dobro je i lepo ono što je pravilno i skladno. Što je red. Mislio je otac, a sada tek, kada je vani zavladao totalitarizam i nacionalizam, kada čoveku preti da i sam postane monstrum, sada tu filozofiju života prihvata i Sin. Ako je nekada, kao dete, mrzeo Oca koji je u svojoj sobi skandirao latinske stihove dok se na stolu hladila večera a Majka i dečak morali 152 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature stripljivo da čekaju dok se vežba ne završi, sada, kada Oca više nema, a spoljašnja situacija se otela svakoj kontroli, Otac se prikazuje kao dragocenost, kao subjekt koji je svestan svojih koordinata i situacije u kojoj se nalazi. Izmedu dva misleca biča, Oca i Sina, Otac je stekao prednost baš zahvaljujuči svojoj vernosti redu, Zakonu. I Descartesu. Svemu onome čega u Beogradu, devedeset tereče godine nema. I baš u tom kontekstu Sin - u svojoj uobrazilji, dok se seča Oca - uspeva da pročita Descarteso-ve rečenice tako da bi sada Otac bio zadovoljan, iako je on u biti retko bio zadovoljan sinovljevim izgovorom francuskog. I baš tu Sin izgovara značajnu rečenicu: „Nesrečni moj dostojanstveni Descartes". Descartes jeste oličenje Oca9, ali evo gde i Sin ga smatra svojim. To je poglavlje jedno od ključnih u knjizi, pa ne čudi što je i njegova završna scena sjajna: Descartesove reči o staračkim suzama kao produktu fiziologije, a ne emocija, pomogle su Ocu da bez ikakve tuge i patosa posmatra sebe kao još jedan fiziološki slučaj i „da bude iznad sebe, tako što če da bude iznad tuge /.../ bio je ponovo iznad tog tela, i iznad mene, koji sam bio telo, telo na kolenima, ako se ne varam, pred njegovim telom" (31). Forma, reč, citat kojim savršeno vlada, čine Oca superiornim, čak i u poslednjim trenucima koji prethode njegovoj smrti. Proces raskučivanja očevog stana je spor, bolan i prepun scena u kojima Sin prepoznaje Oca kao sebi blisko, srodno biče. Posebno detaljno opisuje kako se Otac, pred sam kraj s naporom diže od rad-nog stola, nastoji da održi ravnotežu, ali pruža tek pristiglom Sinu ruku u znak pozdrava. Pokazuje da doživljava Sina kao gospodina vrednog poštovanja. Otac, čak i onaj iz poslednjih dana, bio je čovek ravnoteže. U tome Sin prepoznaje Pascala koji je zapisao da je čo-vek „sudija svih stvari", ali i „ubogi crv", da je „rizničar istine", ali i „smetlište neizvesnosti" (67). O ovom apsektu videti tekst Branke Arsič „Dugo putovanje u Trst" u navedenom Zborniku (O Dekartovoj smrti... 1998: 59-82). 153 Marija MiTROVic ► R. Konstantinovic, Dekartovasmrt Montaigna i Pascala čita Sin kao tumače ove dvostrukosti čovekove. I baš zbog te dvostrukosti, njegovo najvrednije svojstvo je ravnoteža, sposobnost da se opstane izmedu dve tačke. I upravo u tome je onda i vrednost Descartesa „onoga iz trece maksime Rasprave: da ne poželim ništa nedostižno, da radije menjam svoje želje nego red u svetu (71)." U biti, sva tri filozofa, Descartes, Montaigne i Pascal, kao i Otac, su ljudi sredine, ravnoteže, pravnici umerenosti, odmerenosti. Čini nam se rečitom i činjenica da u poglavljima u kojima Oca prikazuje kao ekvi-libristu, kao čoveka ravnoteže, Sin u Očevoj biblioteci pronalazi knjige Pascalovog druga iz detinjstva, docnijeg velikog pravnika, pisca jedne od temeljnih knjiga iz oblasti prava, Jeana Domata (1625-1696). Domat je bio posebno cenjen baš u oblasti civilnog prava, očeve struke dakle. „Da li je moj otac to čitao u Lionu, da li je znao za gospodina Domata, da li je moj otac čak i bio taj gospodin Domat, u poslednjim svojim danima" (77). Ravnoteža, srednji put, odmerenost - to je bio Otac ZATO što je bio pravnik. Još jedan detalj, jedna slika koja se u romanu ponavlja vezana je za Oca-pravnika, ili bolje - za pravo kao umetnost ravnoteže. To je slika bicikla. U poglavljima u kojima narator opisuje kako Sin krišom odlazi na Očeva predavanja na beogradskom Pravnom fakultetu, kao kakav lajtmotiv, kao čisti privid pojavljuje se bicikl bez bicikliste, oslo-njen o drvo na tršcanskoj ulici Viale XX Settembre, ispred prodavnice „Standa", a onda se, kao kakva replika čuvenog plakata koji je izradio Matjaž Vipotnik osamdesetih godina i usvojila italijanska levica za plakat kojim je oglašavala svoje godišnje susrete po različitim grado-vima Italije, na biciklu koji je uvek imao okrenut prednji točak ulevo, kao biciklista pojavljuje Marx. Ova slika bicikla sa prednjim točkom okrenutim ulevo, ponavlja se na više mesta u ovom romanu, pa ga vidimo čak i u svečanoj auli Pravnog fakulteta u Beogradu, gde Otac drži 154 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature predavnje. Bicikl je sada bez vozača zato što je Otac samo u mladosti čitao levičare, pa čak i Kauckog, ali je posle „napustio Kauckog /.../ ne znam tačno kad je počeo da živi po trecoj maksimi Dekartovoj" (146). Ali otac i bicikl, sprava koju ne možeš koristiti bez ravnoteže, spajaju se u jedno u svesti sinovljevoj. Pošto je, posle smrti roditelja, dugo bio okružen knjigama, slikama (medu slikama, najčešce spominje neku kopiju Piera della Francesce sa zida u predsoblju) i predmetima iz detinjstva, kada izade iz roditelj-skog stana Sin se oseca kao da je izgubio svoju vrednost, sve je jadnija njegova moc govora. Dok je Otac bio živ, on je zakonima nastojao da vlada svetom, ne i da ga menja. Sada je nastupilo doba pijace, doba haosa, poživotinjenog sveta i Sin oseca da sa takvim svetom nema ama baš ničeg zajedničkog. Da je ostao apsolutno sam. Iako mu je u brojnim situacijama Pascal bio bliži od Oca, sada Sin zna da Pascalov svet pripada onom neposrednom, onoj pijaci, a „neposrednost ubija: Naivnost ima krvave ruke" (199). Sin shvata da mu je bliži Očev svet, svet pravila, dostojanstva, govora, ravnoteže, prava, nego svet neposrednosti, pijace, jer ovaj drugi, neposredni, pravno neuredeni - krvav je i ubija. Čovek bez dekartovske strogosti, bez čvrstog sistema i stalnog uvežbavanja latinskih kadenci, bez priče o pravu i bez zakona koji uobličuju pravo jeste svet ubojstva, klanja. U noci koja je zavladala, Sin se najpre odre-kao Montaigna, onda i Pascala. Ostao je Descartes. Očev Descartes. I očeva ruka na ramenu, koja od sina zahteva da bude Katon, da bude uspravan i ispravan i u suludim vremenima. U literaturi koja se bavi mogucim paralelama i medusobnim uticaji-ma prava i literature (posebno Carpi, ed. 2007) vec je istaknuta razlika koja postoji izmedu pravnika koji pišu zakone i onih koji na osnovu tih zakona sude. Dok pisci zakona „odreduju pravila i pišuci ih nemi-novno govore u opštim pojmovima"10, sudiji, koji mora da interpretira „Lawgivers deals with legal justice, they deterimne what is the rule, and in giving the rules thay speak necessarily in general terms" Jeanne Gaakeer, „Law in Context, Equity, and Realm of Human Affairs". In: Carpi ed. 2007: 58. 155 Marija MiTROVic ► R. Konstantinovic, Dekartovasmrt Tekst je prvi put objavljen na engleskom 1990 a pod naslovom: „Deconstruction and the Possiblity of Justice". Naše se čitanje odnosi na italijansko izdanje (2003). zakonski tekst, tehničko poznavanje tog zakona nije dovoljno, i on neminovno traži „podršku" u literaturi kao onoj grani humanističkih disciplina koja, pored psihologije, najviše pažnje posvečuje ljudskom ponašanju. Zakonopisac je upučen na filozofiju, sudac na književnost i psihologiju. Ali oba su striktno uslovljena kontekstom, odnosno dobrim poznavanjem ne samo pravničkih, nego širih humanističkih struka i delatnosti. Sve knjige koje posle Očeve smrti Sin pronalazi na njegovom stolu i policama koje su mu bile pod rukom pripadaju filozofiji, ali zašto ga posebno zanima baš prisustvo Pascala i Montaignea? Možda če nam u traženju odgovora na ovo pitanje pomoči tekst J. Derrida „Force de loi. Le fondament mystique de l'autorité"11 u kojem ovaj francuski filozof po prvi puta u svojoj karijeri govori o pravu i pravdi i baš tu važno mesto pridaje kako Pascalu, tako i Montaigneu. Oktobra 1989, tada več jak američki pokret Critical Legal Studies, koji objedinjuje filozofe, teoretičare literature i pravnike, pozvao je Jacques Derrida da održi uvodno plenarno izlaganje na američkom Cardozzo Law School. Derrida se u svom ustaljenom stilu biranih reči, sa brojnim citatima, aluzijama i referencama, obratio skupu na engleskom jeziku, naglašavajuči da je naslov tog skupa, - Od prava, ka pravdi - njemu potpuno stran, da to nije tema o kojoj je do tada puno razmišljao, ali da mu se čini da mu baš dva juridička termina izgovorena na engleskom otvaraju temu na pravi način. To su to enforce the low i enforcebility of the low or of contract". „Pravo je - kaže Derrida - uvek autorizovana sila, sila koja se pravda ili koja ima pravo da bude primenjena, čak i kada ta opravdanost može biti ocenjena kao nepravedna i neopravda-na. Nema prava bez sile, ukazivao je krajnje ozbiljno Kant." (Derrida, 2003:52). Pošto oda priznanje američkoj grupi koja sebe naziva Critical Legal Studies i koja nastoji da poveže literaturu, filozofiju, pravo i političko-institucionalne probleme „koji su danas, iz ugla odredene 156 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature dekonstrukcije, najplodniji i najneophodniji", Derrida ponovo podvlači koliko je engleski u tom smislu jezik koji precizno odslikava funkcioni-sanje prava: „Enforce the low nas podseca da ako pravda nije neminovno pravo i zakon, ako nema silu ili ako se ne poziva na silu od prve svoje reči, ona ne može postati pravo zakona, ili pravo u zakonu. U početku pravde beše logos, reč ili jezik, ali to se ne kosi sa jednim drugim incipit koji glasi: U početku beše sila" (Derrida, 2003: 58). I eto, gde baš tu, ra-spravljajuci o zakonu i sili, o zakonu kao sili, Derrida izvlači Pascala i njegovu misao, koja počinje ovako: „Pravo, sila. - Pravo je da ono što je pravedno bude i ostvareno i neophodno je da bude ostvareno ono što ima vecu silu." (Derrida, 2003: 58). Derrida podseca da je baš Pascal u svojim Mislima razvio misao o sprezi prava i sile: „impotentna pravda nije pravda u smislu prava; sila bez prava je - tiranija" (Derrida, 2003: 59). Derrida, pažljivi čitalac i nekonvencionalni tumač Pascala, ukršta na ovom mestu Pascala i Montaignea, na način veoma blizak onom kako to čini Konstantinovic: obojica pričaju o Pascalu pročitanom kroz nočari Montaignea i o Montaignu pročitanom na konvencionalni, ali i na nekonvencionalan način. U svakom slučaju, kako Pascal, tako i Montaigne - podseca Derrida - koriste sintagmu „mistična osnovica autoriteta", misleci pri tom na autoritet koji proizvode zakoni, koji je rezultat zakona. „Zakoni nisu pravdeni kao zakoni. Njima se ne pokoravamo zato što su pravedni, nego zato što imaju autoritet" (Derrida 2003: 60). Pred nama su dva „početnička" dela: Derrida po prvi put ulazi u razmišljanja o odnosu prava, literature, filozofije i dekonstruktivizma, Konstantinovic piše strukturalno i sadržinski roman nepoznat (i možda do danas neprepoznat!) roman-traktat u kojem ekslpicira iste one ideje koje - mnogo zgusnutije i doista u filozofskom ključu - iznosi Derrida u svom američkom izlaganju. Derrida zastupa upravo one ideje koje ce 157 Marija MiTROVic ► R. Konstantinovic, Dekartovasmrt ja-narator u Konstantinovicevom romanu ilustrovati svojim imaginarnim razgovorima sa Ocem, svojim čitanjem i citiranjem istih mislilaca koje citira Derrida, ali i opisivanjem scena iz porodičnog života koje u prvom čitanju mogu zavesti, navesti na zaključak da je Otac-Descartes tiranin u svojoj porodici, kako prema Sinu, tako i prema supruzi. Vremenom ce baš takvo Očevo ponašanje postati potvrdom teze koju su zastupali kako Pascal, tako i Montaigne: pravo je sila. U početku beše sila. Mistični autoritet Oca rodio je u Sinu savršeno osecanje i svest o tome šta je pravo i pravda. Ova, za srpsku književnost apsolutno nova dimenzija literarnog teksta, koja jednim svojim delom dotiče pravo, drugim autobiografiju i trecim filozofiju, ostala je sasvim po strani u dosadašnjim izučava-njima. Čitan u kontekstu navedenog Derridaovog izlaganja o pravu, ali i kao porodični roman zasnovan na autobiografskim osnovama, ovaj ce Konstantinovicev tekst omoguciti prepoznavanje složenih, propustljivih, „likvidnih" (u smislu ove reči kako je u stručnu soci-lošku literaturu uvodi Zygmund Baumann), tema, koje su sve odreda obeležavale početak devedesetih godina. Rečenica koju navodimo u naslovu nama se čini ključnom jer nudi odgovor na pitanje: zašto je u kreiranju figure Oca, autoru bio važan i Očev životni poziv? Kao da je autor, i inače sklon asocijacijama, citatima koji treba tekstom i u tekstu da potvrde priču (a u ovoj knjizi tih citata ima u izobilju, i autor ih ostavlja kako na francuskom tako i na latinskom, s tim što se redaktor knjige pobrinuo da na kraju donese barem veci deo prevoda ovih citata) smatrao od posebnog značaja činjenicu da je ovaj glavni junak pravnik, tačnije onaj koji propisuje pravo, koji formuliše pravne zakone, koji se bavi formalnim pravom (legal justice). Uverljivost „dogadanja" autor hrani nizom autobiografskih i biografskih podataka o Ocu. Neobično 158 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature je značajno shvatiti da u ovom romanu Otac „veliki zakonodavac" (202) nastoji da formira Sinovljevo mišljenje. Da je Dekartova smrt bila napisana i bila dostupna na nekom od večih jezika početkom XX veka, John Wigmore bi je možda uvrstio u svoju listu knjiga koje treba da pročita svaki pravnik12. Wigmor je smatrao da složenost ljudskog biča i situacija čovek može najbolje upoznati čitajuči romane koji su pravi muzej ljudskih karaktera, karakteristika i motiva. $ Godine 1908 Wigmore je objavio spisak od čak 1800 takvih knjiga, da bi godine 1922, prilikom ponovnog objavljivanja, spisak redukovao na objek-tivnije dostižnih 100: „A list of legal novels", Illinois Law Review, 2 (1908), pp. 574-593; „A list of one hundred legal novels", Illinois Law Review, 17 (1922), pp. 26-41. - Ovde Wi-gmora citirano prema: Jean Gaakeer (2007:45). 159 Marija MiTROVic ► R. Konstantinovic, Dekartovasmrt Bibliografija Primarna konstantinovič RADOMiR, Dekartova smrt. Agencija za mir, Novi Sad 1996. konstantinovič radomir, Bice ijezik 1-8 (1983). Prosveta i Rad, Beograd; Matica srpska, Novi Sad KONSTANTiNOvic radomir, Beket-prijatelj (2000). Otkrovenje, Beograd. Monografije derrida Jacques (2003) Forza di legge. Il „fondamento mistico dell'autorita". A cura di Francesco Garritano. Bollati Borringheri, Torino Zbornici i tekstovi u zbornicima carpi daniela, ed. (2007) Practicing Ecquity, Addressing Law. Universitetsverlag Winter, Heidelberg. jeanne gaakeer, Law in Context, Equity, and Realm of Human Affairs. In: Carpi, ed. 2007, pp. 33-70. O Dekartovoj smrti Radomira Konstantinovica (1998). Uredili Nenad Dakovic i Rade Kuzmanovic. Radio B92, Beograd. aleksic branka, Dugo putovanje u Trst. In: O Dekartovoj smrti Radomira Konstantinovica (1992), str. 59-82 STOjANOvic dragan, Razgovor u studiju. In: O Dekartovoj smrti Radomira Konstantinovica (1992), str. 13-56 160 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature BELANČic milorad, O Dekartovoj smrti. In: O Dekartovoj smrti Radomira Konstantinovica (1992), str. 83-134 Druga Srbija (1992) Uredili Ivan Čolovic i Aljoša Mimica. Plato, Beogradski krug, Borba, Beograd. Laltra Serbia. Gli intelletuali e la guerra (1996). Uredila Melita Richter Malabotta. Selene edizioni, Milano 161 Marija MiTROVic ► R. Konstantinovic, Dekartovasmrt Summary Radomir Konstantinovic's Descartes' Death has the characteristics of a novel, an autobiographical essay and a philosophical treatise. The protagonist of the novel, Father, professor of Civil Law, lives a life paved by the rules founded on Descartes' rationality: for him, to serve the Law means to serve Order, perfect legality, repetition. Son admires his Father, but at the same time fears his infallibility and suffers from his tyranny of law, order and habit. In the Son's eyes, Father is simultaneously almighty law and fear of law, as well as the law that terrorizes everyone around him. Everything changed in the 1990s when chaos ruled the outside world, Serbia and Belgrade: Son endeavoured to establish with this man of form and order such intimate relationships that he could not have achieved during Father's life, because the Father was Law itself and the Son always and only an imperfect(ed) Disciple. The image related to Father-Lawyer or rather to Law as the art of equilibrium, is the image of a bicycle with the front wheel turned to the left which frequently reappears in the novel. Both in this novel-treatise and in his earlier works, Konstantinovic expressed familiarity with postmodern thinking and the philosophical concepts of Montaigne and Pascal; one of the founders of scepticism, Montaigne, witnessed the crisis of values and heralded the impossibility of reaching the truth and the absolutes, while Pascal was doubtful of the proof of bare evidence, placing belief in irrational sensations above the rational conviction. However, in the 1990s one had to find a space also for Descartes, the author of the treatise on method, reason and the value of law. The Son now knows that Pascal's world belongs to what is direct, to the market, „since directness kills: naivety has bloody 162 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature hands". He understands that Father's world of rules is closer to him, that the world of dignity, rhetoric, equilibrium and law is closer than the law of directness and the world that lacks legal organization. In the overwhelming darkness the Son first repudiated Montaigne, then Pascal. Descartes remained. Father's Descartes. When in 1989 Jacques Derrida thought for the first time of a parallel between literature, philosophy and law, he emphasized the precision of the English language in the definitions of the functioning of law: „to enforce the law" reminds us that justice cannot be properly of the law or right in law if it does not possess force or refer to force from the start. At the beginning of justice there was logos, word or language, but this does not contradict another of Derrida's statements: in the beginning there was force. And there, when discussing law and force, law as the force, Derrida brings from oblivion the philosophers most prominent in Konstantinovic's work: Descartes, Pascal and Montaigne. Not only with the first, but with the other two as well, Derrida finds the term: the mystical basis of authority, which refers to the authority produced by law and is the result of law. „Laws are not rightful in themselves, we do not respect them because they are rightful but because they possess authority." We are faced with two beginner's works: for the first time Derrida enters in deliberations about the relations between law, literature, philosophy and deconstructivism, while Konstantinovic writes a novel-treatise, new in terms of structure and content (and still unperceived), where he explicates the ideas which Derrida deals with more densely and in a philosophical framework in his American Lectures. Derrida propagated the concepts which Konstantinovic's Son-narrator would present in his imaginary discussions with his Father and in his quotations from the thinkers quoted by Derrida. As if the author, Radomir 163 Marija MiTROVic ► R. Konstantinovic, Dekartovasmrt Konstantinovič, himself inclined to associative references and quotations applied as verifications of the narrative, believed that the crucial fact in his novel is that the main protagonist is a lawyer, the one who writes the law, defines legislations and deals with legal justice. Marija Mitrovic was a full professor for South Slavic Literature at the University of Trieste, now retired as an "eminent scientist". Her research focused on the contacts between major Yugoslav cultures (Serb, Croat and Slovene (see Ivan Cankar i književna kritika, Beograd 1976; Pregled slovenačke književnosti, Novi Sad 1995; Geschicte der Slowenischen Literatur, Wien-Klagenfurt-Ljubljana 2000) and recently on Serbian culture. She edited: Sul mare bril-lavano vasti silenzi (the image of Trieste in Serbian literature), Trieste 2004; Svetlosti i senke. Kultura Srba u Trstu (Clio, Belgrade, 2007); Ivo Andric, La storia maledetta, Racconti triestini (Mondadori, Milano 2007); Cultura serba a Trieste (Argo, Lecce 2009). 164 Meša Selimovic: Il derviscio e la morte $ maria Cristina marvulli ► cristinamarvulli@hotmail.com SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature La vita contemplativa dello sceicco Ahmed Nurudin, narratore e protagonista de II derviscio e la morte (Derviš i smrt, 1966) di Meša Selimovic, e sconvolta dall'arresto e dall'uccisione del fratello. Deciso a scoprire la verita, il derviscio sottopone se stesso ad un lungo e travagliato processo interiore, nel quale riflette sui suoi valori morali e sul senso della giustizia. DERVISCIO, GIUSTIZIA, PROCESSO, DIRITTO, COLPA, VERITA, CORANO Selimovic's novel Death and the Dervish (Dervis i smrt, 1966) is a first-person narrative told from the perspective of the main protagonist, Sheikh Nurudin, a dervish who has deliberately removed himself from the activities of society. This distance is shattered, though, by the arrest of his brother. In his attempt to find out the truth, he begins to question his ideology, his life choices and the concept of justice. DERVISH, EQUITY, TRIAL, LAW, GUILT, TRUTH, KORAN 167 maria Cristina MARVULLI > Meša Selimovíc: Il derviscio e la morte Mehmed-Meša Selimovíc (1910-1982) è una delle voci più autorevoli della letteratura jugoslava del XX secolo. Originario di Tuzla, dopo la laurea in Lettere a Belgrado ritorno nella propria città natia, per dedicarsi all'insegnamento in una scuola media. Nel corso della seconda guerra mondiale il suo appoggio ai partigiani gli costo l'arresto. Ottenuta la libertà, l'autore trascorse un breve periodo a Belgrado, per poi stabilirsi a Sarajevo dove fu docente universitario presso la facoltà di filologia, e si occupo di cinematografia e di teatro. La decisione di volgersi in età matura alla letteratura scaturisce dall'esperienza diretta della guerra e, in particolare, dalla sua tragedia personale: alla fine del 1944, suo fratello maggiore Sevkija, ufficiale partigiano — colpevole di aver prelevato dal magazzino dei beni popolari alcuni arredi per poter accogliere la moglie, reduce da un campo di concentramento — fu condannato a morte dal tribunale militare partigiano, e poi fucilato, con un verdetto di una severità ingiustificata, molto traumatico per 10 scrittore. Legato per la sua genesi a questa drammatica vicenda familiare, il romanzo II derviscio e la morte (Derviš i smrt, 1966), con il quale Selimovic ottenne diversi riconoscimenti (i premi Njegoš, Goran, NIN), rappresenta 11 punto di arrivo di un lungo e tormentoso itinerario spirituale. Al centro del romanzo vi è la storia, ambientata in una cittadina bosniaca, di Ahmed Nurudin, sceicco della tekija dell'ordine dei Mevlevi. Il protagonista vive in un mondo di certezze assolute e di verità eterne, codificate e sanzionate nel Corano, consapevole della propria importanza sociale e della propria onestà. La sua esistenza procede distaccata dalla realtà degli uomini, che tuttavia egli ha la pretesa di guidare. Isolato dal mondo esterno e chiuso nella preghiera e nella contemplazione, testimone degli eventi più che partecipe, all'improvviso il derviscio è chiamato a prendervi parte a causa dell'arresto di suo fratello minore, 168 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature compiuto in circostanze oscure. La sua posizione, il suo prestigio, il suo intervento presso i potenti, ai quali pensa di essere collegato a garanzia e a tutela dell'ordine e della legge, si rivelano inutili e non impediscono che Harun venga giustiziato. Si sfalda la corazza ideologica che aveva protetto Nurudin dalla realta umana, si rompe anche l'equilibrio della sua coscienza, e comincia cosí una precipitosa discesa nel male. Il derviscio e la morte é un'opera autobiografica, nella quale sono presenti diversi motivi riconducibili all'esperienza personale dell'au-tore; la verita del romazo, tuttavia non é solo la „verita della vita", ma una verita superiore, della poesia e dell'arte. Puntualizzato in una ben determinata situazione storica, politica e sociale — la Bosnia del XVIII secolo, soggetta al dominio musulmano —, il romanzo assorbe i motivi biografici iniziali per descrivere il dramma umano, nella sua perenne attualita. Il tempo dell'azione é un tempo interiore piu che „storico", dal momento che gli eventi si snodano essenzialmente nella coscienza del protagonista\narratore (cf. Costantini 2008). La sua interiorita di religioso é alquanto atipica: si direbbe piu simile a quella di un intel-lettuale e\o eroe letterario del Novecento, in contrasto con il potere dominante, verboso, turbato, risentito e infine sconfitto (cf. Skakic, 1999: 156). Ahmed Nurudin é infatti un uomo di pensiero, profondamente tormentato sul piano interiore, ma sprovveduto di fronte agli eventi che lo coinvolgono, che si logora nel tentativo di preservare la propria integrita morale, mentre l'interpretazione e il rispetto delle leggi co-raniche sono diventati arbitrari per le autorita religiose e politiche, poste a garanzia della giustizia. Il romanzo é articolato in due parti: nella prima, costituita da nove capitoli, che sara oggetto della nostra analisi, il racconto é incentrato sulla tragedia familiare che si abbatte sulla vita del protagonista, sui 169 maria Cristina MARVULLI > Meša Selimovíc: Il derviscio e la morte „Kuran je za mene svaki kodeks mišljenja, svaki kanon na koji se pozivaju ljudi... Dakle, simbol". La traduzi-one in italiano, salvo diversa precisazione, e di chi scrive. „Spomenik ljud-skoj muci". „Derviš je svaki čovjek koji vjeruje u odredenu ideologiju, bez obzira koju i kakvu. To je vjernik i komunista, svako ko se učvršcuje u opštoj dogmi." „Covjek je uvijek na gubitku" (5). Le citazioni in traduzione italiana, riportate nel testo, sono tratte da Selimovic 2008; la pagina relativa segue immediatamente la citazione. Tutte le citazioni in lingua originale, ripor-tate nelle note, sono tratte da Selimovic 1999; tra parentesi è riportata la pagina. suoi vani tentativi di opporsi ad un „sistema" repressivo e corrotto, fino alla notizia della morte del fratello, alla quale segue la sua stessa carcerazione. Nella seconda parte e descritto il suo cambiamento interiore che lo porta ad uniformarsi a quei meccanismi di potere e di sopraffazione che in principio aveva condannato. Passi estrapolati dal Corano aprono ogni capitolo del libro, assumen-do una funzione talvolta determinante nell'economia della narrazione. Essi rispondono al proposito dell'autore di ironizzare sulla mania delle citazioni, su cui poggia il dogmatismo, specie quello piü fanatico. Il testo sacro acquista, pero un valore simbolico, giacché ogni uomo ha il proprio „Corano", ossia un modello ideologico a cui richiamarsi per rafforzare il proprio pensiero: „Corano e per me ogni codice di pensiero, ogni canone al quale gli uomini si appellano... Dunque, un puro simbolo (Lagumdzija 1973: 350)."1 Alla definizione di derviscio l'autore associa anche quella di „monumento alla sofferenza umana" (Selimovic 2006: 278):2 „Derviscio e ogni uomo che crede in una determinata ideologia, non ha importanza quale essa sia. Un credente o un comunista, ogni uomo che rafforza se stesso in un dogma comune." (Selimovic 2006: 227)3 Il primo e l'ultimo capitolo del libro si aprono con la medesima citazione coranica, che fa da cornice „morale" alla drammatica vicen-da personale dello sceicco. Le sue parole finali condensano, infatti il messaggio del libro, cariche di nichilismo: „l'uomo e sempre in perdita". (Selimovic 2008: 3)4 Ahmed Nurudin affida alla scrittura le angosce che scavano il suo animo. Invoca giustizia, e nel farlo scandaglia il suo ricco bagaglio di nozioni sacre e di saggezza, insieme alla sua coscienza. Si autosottopone ad un lungo processo interiore, costellato di autogiudizi e di giudizi esterni, in cui e chiamato a giudicare anche gli altri, in un'ostinata 170 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature ricerca della verita. In questo confronto con il proprio io il ruolo dello sceicco é „ora di giudice, ora di testimone, ora di imputato" (Rudjakov 1998: 98): „La mia mano trema per l'urgenza che mi preme di chiarire tutto questo, per il peso di questo processo che comincio, nel quale io sono al tempo stesso e giudice e testimone e accusato." (4)5 Egli é deciso ad affrontare il „giudizio", ed é pronto ad accusarsi e a difendersi, gravato dal peso umano e ancestrale della colpa e della paura: „Piano, per tutto c'é tempo, l'ho dato a me stesso, ma il processo ha confronti e testimonianze, non li eludero, e potro alla fine presentare il verdetto a me stesso, perché solo io sono in questione, nessun'altro che me." (8)6 Ogni sua convinzione é „scossa dalle fondamenta" e vacilla nel di-sordine della sua interiorita. Il derviscio all'improvviso si ritrova solo e smarrito dinnanzi alla prospettiva e alla paura della morte, benché condotto dalla pratica religiosa a credere nella vita eterna e al giudi-zio divino, giusto e insindacabile. La ricerca della verita non puo non passare dalla ricerca di se stesso, dunque diviene ardua nel momento in cui egli si sente colpevole della propria identita: „Chi muove questa accusa o gran Dio, che mi hai abbandonato al piu penoso dei tormenti che possano colpire un uomo: quello di occuparsi di se stesso? Chi la muove? Contro chi? Contro di me o contro gli altri? [...] La mia colpa é di essere quello che sono, se questa é una colpa." (5)7 Il derviscio ripercorre gli ultimi due mesi della sua vita, sconvolta all'improvviso dalla notizia dell'arresto di suo fratello Harun, su ordine del cadi Ajni-efendi. Nella ricerca della verita Nurudin si ritrova cosí faccia a faccia con una realta cruda, insondabile, nella quale é difficile, se non addirittura impossibile, distinguere i colpevoli dagli innocenti, giudicare fino in fondo se stessi e gli altri. Il suo travaglio interiore, alimentato dal suo tentativo, infruttuoso, di salvare Harun dal carcere, „Ruka mi drhti zbog odplitanja što mi predstoji, zbog sudje-nja koje otpočinjem, a sve sam ja na tom sudjenju, i sudija i svjedok i tuženi" (6). „Polako, za sve ima vremena, dao sam ga sam sebi, a sudjenje ima suočenja i svjedoč-cenja, necu ih mimoici, i moci cu na kraju da donesem presudu sam sebi, jer sam samo ja u pitanju, niko drugi, samo ja." (11). „Čija optužba, veliki Bože, što si me ostavio najvecoj ljudskoj muci, da se zabavim o sebi, čija? Protiv koga? Pro-tiv mene ili protiv drugih? (...) Moja je krivica da sam ono što sam, ako je krivica." (8). 171 maria Cristina marvulli > MesaSelimovic: Il derviscio e la morte 8 oltre che da una qualche presunta colpa, gli spalanca orizzonti ina- „Dvoje jednakih sto go- 1111 \ r vore o poslovima" (47). spettati. In questo doloroso bilancio interiore e costretto a fare i conti anche con il mondo e con gli uomini, con le loro prospettive e con i loro giudizi, distorti e lontani dalla verita. Il suo autoprocesso e alimentato dal continuo intreccio con situa-zioni che vedono altri individui sottoposti al giudizio esterno, nelle quali lui stesso e chiamato in causa, come „testimone" o „giudice". Un esempio e offerto dalla posizione del nobile e ribelle Hasan, con il quale il derviscio instaura un legame di amicizia. L'uomo, esponente di una delle famiglie piu in vista della citta, sceglie di rinunciare ai propri privilegi nobiliari, e di vivere una vita a tratti dissoluta, oltre che piu ordinaria e modesta. Dal momento che il padre, hafiz Muhamed, gravemente malato, e deciso a diseredare e rinnegare pubblicamente il figlio, la sorella di Hasan prega il derviscio di parlare con il giovane — che capitava spesso nella sua tekija —, per convincerlo a rinunciare spontaneamente all'eredita, evitando cosí lo scandalo. Ahmed Nuru-din si trova di fronte a questa richiesta proprio nel momento in cui, recatosi a casa di hafiz Muhamed, e intenzionato a chiedere al vecchio di intercedere presso suo genero, responsabile del mandato di cattura contro il proprio fratello. La conversazione tra lo sceicco e la donna si trasforma in una vera e propria trattativa tra „due uguali che parlavano di affari" (23),® nella quale il destino dei reciproci fratelli diviene una merce di scambio. Il derviscio, che giudica onesti i propri propositi, ma „sporco" l'inten-to dell' interlocutrice, concorda con lei una linea d'azione, cercando di prevedere e di rispondere nel miglior modo possibile alle mosse dell'avversario, come un avvocato intento ad elaborare un'efficace strategia processuale: 172 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature E difficile diseredare il primo erede senza delle ragioniserie. [...] „Puo di-seredarlo" — dissi con calma — „ma e vecchio e malato da molto tempo. Hasan puo intentar causa per fare annullare il testamento. Dimostrera che vostro padre era debole, impotente, che non era nel pieno possesso delle sue facolta quando ha preso questa decisione, oppure che qualcuno ve l'ha indotto. [...] Bisogna convincerlo a non sporgere querela. [...] Occorre trovare delle ragioni fondate e ragionevoli che non lo irritino e non lo offendano." (23-24)9 Tornato alla sua tekija, il derviscio riflette sulla „brutta" conversazione con la donna e sui suoi propositi, dalla dubbia moralita, che egli tut-tavia ha ascoltato e assecondato senza opporsi. E inquieto, a disagio, non avendo fatto menzione alcuna del fratello né preso le sue difese nel corso del dialogo. Non si sente pero in grado di giudicare se stesso — perché quel suo tacere in fondo era parte della sua strategia — né di pentirsi o di pregare. Dopo essersi sfogato con Mula Jusuf, suo con-fratello, lo allontana infastidito dalla sua presenza, perché „testimone" della sua debolezza. Qualche tempo dopo, una notte, un individuo inseguito da alcune guardie entra furtivamente nel cortile della tekija. Il derviscio si ac-corge della sua presenza, ma non la segnala agli inseguitori che si sono precipitati nell'edificio alla ricerca dell'uomo. Inizialmente lo sceicco é come inebriato dalla sensazione di superiorita della propria posizione rispetto a quella del fuggitivo, il cui destino dipende unicamente dal suo volere. Il senso del potere, al tempo stesso, lo confonde e accresce l'indecisione sul da farsi: „Teško je razbastiniti prvog nasljednika bez krupnih razloga. [...] — Može ga razbaštiniti — rekao sam mirno — ali otac je star i več dugo boluje. Hasan može podiči tužbu za obaranje testamenta, i dokazivače da je otac bio slab, nemočan, da nije pri punoj svijesti donio odluku, ili da ga je neko nagovorio. [...] Treba ga nagovoriti, da sve prodje bez tuzbe. [...] Treba pronaci dobre i pametne razloge koji ga nece ni naljutiti ni uvrijediti." (47). Non ero né da una parte nédallaltra, ma la mia posizione era eccezio-nalmente importante. Mi eccitava il fatto di poter essere giudice, di 173 maria Cristina MARVULLI > Meša Selimovíc: Il derviscio e la morte „Nisam bio ni na jednoj strani, a moj položaj je izuzetno važan. Uzbudjivalo me što sam mogao da budem sudija, i samo jednom glasnom riječju sve da presudim. Sudbina ovog čovjeka bila je u mojim rukama, ja sam mu bio sudbina..." (76). „Nisam mislio ko je kriv a ko prav, čak me se nije ni ticalo, ljudi raščišcavaju svoje račune i krivica se lako nade, a pravda je pravo da učinimo ono što mislimo da treba, i onda pravda može da bude sve. I krivda isto tako. Dok ništa ne znam, nema ni odredenja, i necu da se miješam." (78). poter emettere la sentenza con una sola parola pronunciata ad alta voce. Il destino di quell'uomo era nelle mie mani, ero io il suo destino... (41)10 Ahmed Nurudin continua a crogiolarsi nel dubbio e nella consape-volezza che il termine giustizia puo assumere diverse accezioni nel linguaggio umano, e pertanto é avvolto da un grande alone di arbitra-rieta, di convenienza, di approssimazione, di sommarieta e soprattutto di errore: Non mi importava sapere chi avesse torto e chi ragione, la cosa non mi riguardava, gli uomini regolano i propri conti e la colpa si fa presto a trovarla, e la giustizia e il diritto di fare quello che crediamo si debba fare, e allora tutto puo essere giusto. Come pure ingiusto. Finché non sapevo nulla, non cera nemmeno nulla di definito e non volevo intro-mettermi. (43) Il derviscio interviene in quella faccenda con il silenzio, con la propria inettitudine piu che con un atto di clemenza, come gli fa osservare il fuggitivo stesso. Un tale modo di prendervi parte non puo creargli al-cuna difficolta, dal momento che potrebbe giustificarlo con la ragione piu conveniente, nell'eventualita di venire a conoscenza della verita. Dopo avergli accordato di restare nella tekija per la notte, lo sceicco ordina al fuggiasco di lasciarla allo spuntare del giorno. Questa deci-sione tuttavia genera in lui il rimorso di un comportamento ingiusto e irrispettoso nei confronti del suo ordine e dei principi della sua fede: Pensavo con tormento a quello che dovevo fare con quell'uomo [...], per non commettere il male, per non proteggere laltrui peccato, senza sapere se era colpevole, con il desiderio di non tradire la mia coscienza, 174 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature ma senza trovare la soluzione. [...] La disciplina dellordine e della tekija mi avevano insegnato ad essere risoluto, ma io stavo di fronte a quel fuggiasco senza sapere che cosa fare, e questo già voleva dire che stavo facendo qualcosa che non dovevo. (49-50)12 Indeciso sull'informare o meno, l'indomani, le guardie dell'accaduto, Ahmed Nurudin è posto di fronte ad una questione morale, che trascina lui stesso nel vortice del giudizio. Dovrà "giudicare" il fuggiasco, e per questo sarà giudicato dai suoi confratelli, un giorno, anche da Dio: Pensavo: sono un derviscio, sono posto a difesa della fede e dellordine, aiutarlo significa tradire le mie convinzioni, tradire cid in cui ho impegnato tanti anni della mia vita onorata. [...] E, tuttavia, sono un uomo, non so che cosa ha fatto e non è compito mio giudicare, e poi anche la giustizia pud sbagliare, perché averio sulla coscienza e gravarmi di possibili rimorsi? (52-53)13 È Mula Jusuf — con cui nel frattempo il derviscio si confida — ad aller-tare le sentinelle e ad alleggerire il confratello del suo peso, ma da quel momento il fuggiasco fa perdere le proprie tracce. Il pensiero di quello sconosciuto si insinua nella mente dello sceicco, che gli dà addirittura un nome di fantasia, Ishak. La sua presenza è costante e tangibile nel corso della narrazione; Ishak, che aveva messo a nudo le debolezze di Nurudin nel loro breve confronto presso la tekija, diventa l'interlocutore invisibile dei lunghi e tormentati discorsi del protagonista con se stesso, che animano Tintero romanzo. Quando si manifesta, Ishak raccoglie i dilemmi del deviscio e gli offre spunti di riflessione significativi. Pressato dall'ingiusta sorte di Harun, lo sceicco incontra il muselim per pregarlo di riesaminare la questione della condanna di suo „Mučno sam razmi-šljao sta da učinim s njim (...) da ne učinim zlo, da ne podržim tudi grijeh, ne znajuci kakav je, želeci da se ne ogriješim o savjest a ne nalazeci rješenje. (...) tekijski i derviški red me naučio da budem tvrd a stajao sam pred bjeguncem ne znajuci šta da učinim, a to je vec značilo da činim što ne treba." (86). „Derviš sam, stojim na odbrani vjere, i reda, pomoci mu znači izdati svoja uvjerenja, izdati ono u što je uloženo toliko godina moga čistog života. [...] A opet, čo-vjek sam, ne znam šta je učinio i nije moje da sudim, a i pravda može da pogriješi, zašto da ga uzmem na dušu i opteretim se mogucim kajanjem." (34). 175 maria Cristina MARVULLI > Meša Selimovíc: Il derviscio e la morte „Je li zločin upitati za brata, ma šta da je uči-nio! To mi je dužnost, i po božjim i po ljudskim zakonima, svako bi mogao da me pljune ako bih se oglušilo to svoje pravo." (138). fratello, forte dell'importanza del proprio ordine di appartenenza e del valore della propria vocazione. L'atteggiamento del governatore é impenetrabile, ma allo stesso tempo trasuda disprezzo, prepotenza e scortesia nel botta e risposta con il derviscio, sottoposto ad un vero e proprio interrogatorio, che smonta la legittimita della sua riven-dicazione. Nurudin, che in seguito si sentirá come spaventato dalla certezza di andare incontro, insieme a suo fratello, ad una condanna senza appello, in questa circostanza non riesce a contenere la rabbia, legittimando la propria richiesta, piu volte, con la parola „diritto": „E forse un delitto chiedere notizie del proprio fratello, qualsiasi cosa abbia fatto? E mio dovere, sia per le leggi di Dio, sia per quelle degli uomini, chiunque avrebbe il diritto di sputarmi in faccia se non mi avvalessi di questo diritto." (82)14 L'incontro si rivela fallimentare, ma il derviscio non demorde e si reca nuovamente dal muselim, ostinato ad affermare il proprio „diritto" a conoscere la verita su Harun. Anche il suo secondo tentativo di „trattare" con l'autorita si conclude con una sconfitta: Nurudin, infatti é schiacciato dalle capacita dialettiche e dalla facilita con cui il muselim produce le proprie „risposte-citazioni", attingendo esclusivamente al Corano. L'idea di giustizia difesa dal governatore appare eccessiva-mente dogmatica e astratta, cosí poco applicabile alle vicende uma-ne, che tuttavia é legittimata a regolare. Calmo e sicuro, egli difende i princípi di quella giustizia, che appaiono non confutabili, mentre il derviscio, eccitato e furente, difende innanzitutto se stesso, i propri princípi morali, mettendo ancora una volta in secondo piano le sorti del fratello. Le ragioni del muselim sono divine, quelle dello sceicco umane. E questa la causa della sua sconfitta, come emerge dalle sue stesse parole, cariche di amarezza e frustrazione: „Lui era posto al di 176 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature sopra delle cose e parlava con parole del Creatore, mentre io cercavo di porre la mia insignificante sventura sulla bilancia della normale giustizia umana." (137) Nurudin mostra lo stesso atteggiamento del muselim quando, di-scutendo con Hasan, il quale é convinto che la fuga sia l'unica possi-bilita per Harun di avere salva la vita, si oppone fermamente al di-segno dell'amico, che metterebbe in dubbio l'innocenza del fratello, proclamandosi paladino della giustizia, che é qualcosa di piu grande dell'interesse personale. Hasan non puo che ammmonire l'amico, cosí ostinato nella difesa di una giustizia rigida e „sterile", chiusa nella tutela dei dogmi e incurante del destino dell'uomo: Oh, povero derviscio! Accadra mai che non pensiate da dervisci? Agire secondo una determinazione, determinare secondo la volonta di Dio, salvare la giustizia e il mondo! [...] Non e possibile dunque fare qualcosa anche secondo la volonta dell'uomo e senza preoccuparsi di salvare il mondo? [...] Fa qualcosa per un uomo [...] che per caso ti e pure fratello, perché non perisca senza alcuna colpa in nome di quella giustizia che tu difendi. (122)16 „On je uzdignut iznad stvari, i govori riječima stvoriteljevim, a ja sam pokušavao da svoju sitnu nevolju stavim na vagu obične čovje-canske pravde." (l9l). „O jadni dervišu! Može li se ikad desiti da ne mislite derviški? Djelovanje po odre-denju, odredivanje po božjoj volji, spasavanje pravde i svijeta! [...] Zar ne može nešto da se ucini i po ljudskoj volji, i bez spasavanja svijeta? [...] Učini nešto za čovjeka [...] koji ti je slučajno i brat, da ne propadne ni kriv ni dužan u ime te pravde koju braniš." (173). È lo stesso Hasan a svelare al derviscio le ragioni della carcerazione di suo fratello. Scrivano di fiducia del cadi di un piccolo centro bosniaco, Harun è colpevole di aver smascherato l'arbitraria condanna a morte di un malcapitato, reo di aver manifestato apertamente il proprio dissenso nei confronti della classe dominante, e per questo prelevato dalle guardie e rinchiuso nella fortezza della città. Dai verbali degli interrogatori risultava che il condannato aveva confessato molti re-ati, riferendo i termini esatti dei suoi attacchi alla fede, allo stato e al sultano. In realtà questo verbale era stato prodotto ancora prima che 177 maria Cristina MARVULLI > Meša Selimovíc: Il derviscio e la morte l'uomo fosse imprigionato. Avevano, dunque elaborato in anticipo la sua confessione, definito le sue parole esatte, sancito la causa della sua uccisione. Lo scrivano si era imbattuto proprio in quei documenti segreti, pertanto era diventato una minaccia per il regime. Harun non è che l'altra vittima di un „caso" di giustizia arbitraria. Appresa la notizia della morte del fratello, il derviscio ne è scon-volto e inorridito. Allo stesso tempo, la disperazione gli infonde un coraggio inaspettato, tanto che il giorno stesso tiene un discorso in moschea, in memoria di Harun, nel quale indirizza pesanti parole di accusa ai suoi carnefici, colpevoli verso l'umanità intera di aver ucciso un innocente. Nel capitolo che conclude la prima parte del romanzo, Selimovic descrive l'aggressione subita da Ahmed Nurudin per mano di quattro cavalieri, all'indomani del suo discorso in moschea. Ferito e condotto nella tekija da Mula-Jusuf, lo sceicco scrive una denuncia per il mula del vali, convinto che denunciare l'accaduto sia l'unica possibilità di farsi giustizia, di potersi difendere e di poter accusare. Quella stessa notte nella sua stanza irrompono due uomini, uno dei quali, in pre-cedenza, gli aveva trasmesso la minaccia del muselim. È costretto a seguirli fino alla prigione della fortezza, la stessa in cui era stato rin-chiuso suo fratello, dove viene anch'egli imprigionato proprio a causa del suo acceso sermone. La permanenza in prigione è segnata dalla solitudine e dagli stenti, ma illuminata anche dall'improvvisa visione di Ishak e dall'ennesimo confronto con il fuggitivo, che culmina nella sua lunga riflessione sul concetto di giustizia. Al derviscio è rivolta una complessa serie di interrogativi morali sulla definizione di colpa, sul potere e sulla legittimità dell'esercizio del diritto stesso da parte delle autorità, politiche e religiose. A tutte queste domande Ahmed Nurudin non è pero in grado di dare una risposta: 178 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature L'autorità viene da Dio? Se non viene da Dio, da dove le viene il diritto di giudicarci? Se viene da Dio, come puo sbagliare? Se non viene da Dio, dobbiamo distruggerla; se viene da Dio, dobbiamo ubbidirle. Se non viene da Dio, chi ci obbliga a sopportare le ingiustizie? Se viene da Dio, sono ingiustizie, oppure il castigo per dei fini superiori? Se non viene da Dio, allora a me, a te e a tutti noi è stata fatta violenza e allora siamo di nuovo colpevoli noi per il fatto di sopportarla. Ora rispondi. Ma non dire da buon derviscio che l'autorità viene si da Dio, ma a volte è nelle mani di uomini malvagi. [...] Regolare le cose di questo mondo è governare, il potere è forza, la forza è l'ingiustizia compiuta a favore della giustizia. (217)17 Il meccanismo complesso e inesorabile della legge, che all'uomo non è dato conoscere fino in fondo, rende assurda e tragica la sua vita. Al-cuni critici, come Fadil Bukic (1970), hanno riscontrato nel romanzo di Selimovic punti di contatto con II processo di Franz Kafka. Il verbale di interrogatorio, nel quale Harun verosimilmente si imbatte, è steso ancora prima che l'imputato venga ascoltato. Lo stesso Nurudin non ottiene alcuna giustificazione dal cadi sulle ragioni dell'arresto del proprio fratello, la cui condanna appare ingiusta e la cui morte inspie-gabile. Il mondo delle leggi e della giustizia, a cui si dovrebbe accedere per dare un senso all'esistenza, altrimenti segnata dalla colpa, resta per lui inaccessibile. Sulla giustizia aleggia dunque l'assurdità. Di fronte a questa inesorabilità l'identità del derviscio è minata: viene meno „la luce nella fede",18 la possibilità di continuare ad aderire agli ideali che avevano guidato la sua esistenza. Scatta il meccanismo dell'azione, ma è un'azione dalle connotazioni umane, cosi imperfetta e distruttiva. La seconda parte del romanzo descrive questa nuova consapevolez-za, seguendo il passaggio dal bene al male, dalla ricerca della giustizia „Je li vlast od Boga? Ako nije, odakle joj pravo da nam sudi? Ako jest, kako može da pogrije-ši? Ako nije, srušicemo je; ako jest, slušacemo je. Ako nije od Boga, šta nas obavezuje da trpimo nepravde? Ako je od Boga, jesu li to ne-pravde, ili kazna zbog viših ciljeva. Ako nije, onda je nada mnom i nad tobom i nad svima nama izvršeno nasilje, i onda smo opet mi krivi što ga podnosi-mo. Sad odgovori. Ali nemoj reci derviški da je vlast od Boga ali da je ponekad vrše zli ljudi. (...) Upravljanje poslo-vima je vladanje, vlast je sila, sila je nepravda zbog pravde." (281). II nome Nurudin ha come significato proprio "luce della fede". 179 maria Cristina marvulli > MesaSelimovic: Il derviscio e la morte alla vendetta, dalla pace al tormento. Sfruttando la propria rispettabilita e la propria posizione sociale, Nurudin fomenta una rivolta con la quale riesce a scalzare il cadi e a prendere il suo posto, uniformandosi al suo nemico anche sul piano morale. Travolto infatti dai meccanismi del potere, attraverso un'azione arbitraria decreta l'arresto del nobile Hasan, il suo unico sostegno e amico. Non puo esserci giustizia, specie se l'odio trasforma il diritto in prevaricazione, cosi sia la vita che la morte diventano un nonsenso. E questo l'ultimo pensiero di Nurudin, ormai prossimo alla fine. E allora che l'autore ripropone i versi coranici con cui la storia del derviscio ha avuto inizio, che terminano con l'amara constatazione che „l'uomo é sempre in perdita". $ 180 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature Bibliografía BUKic, FADIL, 1970: Šejtanski posao Meše Selimovic. Putevi, Banjaluka, XVI, br. 5-6, str. 302-315. cosTANTiNi, LiONELLO, 2008: Introduzione al romanzo. In: Meša Selimovic, II derviscio e la morte, traduzione di Lionello Costantini, Baldini Castoldi Dalai Editore, Milano, pag. VI-XI. LAGUMDžijA, RAzijA, 1973: Kritičari o Meši Selimovicu, Svjetlost, Sarajevo. RUDjAKOv, Pavel, 1998: Istoria kao roman, (preveo je Aleksej Rikovski), Zavod za udžbenike i nastavna sredstva vukova zadudžbina, Matica srpska. selimovic, meša, 1999: Derviš i smrt, Prosveta, Beograd. selimovic, meša, 2006: Pisci, Mišljenja i razgovori (Eseji, Članci, Polemike, Intervjui), I knjiga, Book-Marso Beograd. selimovic, meša, 2008: Il derviscio e la morte, traduzione di Lionello Costantini, Baldini Castoldi Dalai s.p.a. Editore, Milano. SKAKic, mirko, 1999: Meša Selimovic u književnoj kritici, kritika kritike (studija), Narodna Biblioteka "Vuk Karadžic", Beograd. 181 maria CRISTINA MARVULLI > Meša Selimovič: II derviscio e la morte Summary The novel Death and the Dervish (Derviš i smrt, 1966), written by Meša Selimovic (1910-1982), a "Yugoslav" writer from Tuzla (Bosnia), consists of two parts: the first (the subject of our essay) speaks of the futility of one man's resistance against a repressive system (from the 1st to the 9th chapter), and the second talks about the change that takes place within that man after he becomes a part of that very system (from the 10th to the 16th chapter). The main protagonist, Ahmed Nurudin, is the sheikh of a tekke, the head of a small religious order in a town in Ottoman Bosnia. The dervish, whose name means "light of the faith", has deliberately removed himself from the day-to-day activities of society. At forty, he is a settled and respected member of the community, until pushed onto a new path by successive shocks: the arrest of his brother and an encounter with "Ishak", a mysterious fugitive, who becomes the interlocutor in the sheikh's interior dialogues, after he hides him one night in the monastery. These events lead dervish to question his previous certainties and the meaning of "right" and justice, and they also bring him into conflict with himself and the political authorities . As Nurudin attempts to find out what has happened to his brother and to intervene on his behalf, he is drawn into the "Kafkaesque" world of the Turkish political and religious authorities: he visits the local kadi, muselim and mufti, trying to effect his release, but each time he meets with either indifference or threats. The sheikh's faith in the Ottoman system gradually weakens until finally he learns that his brother has been executed. The dervish shows himself to be a profoundly troubled man, a thinker rather than a doer, ill-equipped for the challenges he SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature has to face. He struggles to find himself and maintain his integrity and dignity in this hostile political landscape. The novel also reflects Selimovic's personal experience of the loss of his older brother, a battalion commander, who was executed without trial by a partisan firing squad, in 1944. In Death and the Dervish the author describes the conflict between ideology and life, which leads the protagonist to feel morally on trial and to bring to trial the people he encounters, acting now as the accused, now as a witness, now as the judge. Nurudin ends up becoming part of the political system himself: ill-suited to that, he is resigned to his tragic fate. Each chapter of the novel opens with a quotation from the Koran, the first and the last being the same: "every man is always at a loss". Maria Criflina Marvulli e nata nel 1978 a Matera. Dopo aver conseguito la laurea in Lingue e Let-terature straniere presso l'Universita Ca Foscari di Venezia, con una tesi sullautoreserboMilošCrnjanski, haottenutoiltitolodiDottorediRicerca in Letterature slave moderne e contemporanee presso l'Universita Statale di Milano, con uno studio sulle relazioni letterarie italo\serbe. Nel biennio 2008-2010 ha insegnato lingua italiana presso l'Universita Mediteran di Podgorica. Dal 2003 ad oggi ha collaborato con l'Universita di Trieste come docente a contratto di letteratura serba e croata. 183 Pe^opMynupoBKM b TeKCTe KOMMeHTapMH K pOCCMMCKOMy 3aKOHOflaTe^bCTBy b c^epe MHTe^^eKTya^bHOM COÖCTBeHHOCTM $ liana goletiani ► liana.goletiani@unimi.it SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature CTaTBa MaynaeT aMHrBMCTMHeCKMe aKTti pe^opMyaMpoBaHMa noao^e-HMM HopMaTMBHoro TeKCTa B TeKCTe ero KoMMeHTapMa c tohkm 3peHMa noHMMaHMa 3aKoHogaTeaBHoro TeKCTa HewpMCTaMM. ABTop aHaaM3MpyeT TeKCT HeTBepTOM HaCTM rpaxdaHCKOZO KodeKca P®, nocBam;eHHoM MHTea-aeKTyaaBHoM coöcTBeHHocTM m TeKCT MemodunecKux pexoMenda^ü no npu-MeHeHUK nonoxeHuü nacmu nemBepmoü rpaxdaHCKozo KodeKca PoccuücKoü ®e^epa^uu, M3gaHHBix ToproBo-npo-MBimaeHHoM naaaToM Poccmmckom $eflepa^MM m HanpaBaeHHBix Ha no-BHmeHMe ypoBHa wpMflMHecKoM nog-roToBaeHHocTM y npegnpMHMMaTeaeM b c^epe MHTeaaeKTyaaBHoM co6c-TBeHHocTM. noKa3aHo, hto b gaHHoM ^aHpe wpMflMHeCKoro MeTaTeKCTa npu MHTep^peTa^MM 3aMBiCaa 3aKo-HogaTeaa MCnoaB3ywTCa TaKMe bmabi pe^opMy^MpoBoK KaK ^K3eM^aM^M-Ka^Ma, nepeMMeHoBaHMe, nepeHMCae-HMe, CMHTaKCMHeCKoe ynpom;eHMe m paCnpoCTpaHeHMe, yroHHeHMe. KOMMEHTAPHH K 3AKOHY, PEiOPMyjIHPOBO^HME PE^EBBIE AKTM, nPABA HHTE-MEKTYAflbHOH COECTBEHHOCTHH B POCCHH The paper studies the linguistic value of reformulation of language in the commentaries accompanying legal texts, to make them comprehensible to non-lawyers. The author has analysed the text of Chapter Four of the Civil Code of the Russian Federation, which covers Intellectual Property Rights, and the text of Methodical Guidelines, regarding their implementation, published by the Chamber of Commerce and Industry of the Russian Federation which is aimed at improving the level of legal competence of businesspeople. The author shows that in this type of legal metatext, when interpreting the intention of the legislator the most common reformulation methods are exemplification, renaming, syntactic simplification and rearrangement, enumeration and precision. LEGAL COMMENTARY, REFORMULATING OF LANGUAGE, RUSSIAN INTELLECTUAL PROPERTY RIGHTS 185 liana goletiani PefyopMynupoeKu b meKcme KOMMenmapua k poccuucKOMy BBEflEHHE B ^HTpe BHHMaHHa ropugunecKoM .MHrBucTMKM b nocnegHee BpeMa Bce nam,e oKa3tiBaroTca MHoronucneHHtie acnercrti a3tiKa npaBa u ropugunecKux TeKcTOB b nepcneKTMBe mx MHTep^peTa^MM (Bhatia, Engberg, Gotti u Heller; Endicott; Wagner u Cacciaguidi-Fahy; roneB; PoMamoB). Poccmm TaKaa ^epeopMeHTa^Ma b napagurMe uccne-goBaHMM cB33aHa, b tom nucne, c no.MTMKo^KoHoMMHecKMMM M3-MeHeHusMu. BcTynuB gBa gecaTM.eTua Ha3ag Ha nyTB paguKanB-hhx o6^ecTBeHHwx nepeMeH, rocygapcTBo u cerogHa nepe^MBaeT pag TpaHC^opMa^MM bo MHorux o6.acTax, BKnronaa o6.acTB npaBa. BaxHeMmue pe^opMw b npaBooxpaHUTenBHon o6.acTM, a TaK^e 3aaB.eHHaa BnacTBro 6opB6a c Koppy^^MeM u npaBoBtiM Huru.M3-mom, HeBo3Mo»Hwe 6e3 ynacTua mupoKux cnoeB o6m,ecTBa, cTaBaT onpegeneHHwe 3aganu u nepeg ropucnMHrBucTaMM. OgHa u3 Ba^-Henmux - onucaHue ycnoBMM ycnemHocTu npaBoBon KoMMyHMKa-^MM, pa3pa6oTKa MeTogoB cocraBneHua 3aKoHogaTe.BHwx TeKcToB, KoToptie, c ogHon ctopohw, gon^Hw 6bitb gocTynHti g.a pagoBoro rpa^gaHMHa, a c gpyron ctopohw - s^^eKTMBHw gna cygonpoM3Bogc-TBa (,o^hko; ^peB; KproKoBa). Ha npaKTMKe 3ru gBa Tpe6oBaHua He Bcerga MoryT 6wtb ygoBneTBopeHw b paBHon cTeneHM, hto gaeT ocHoBaHua ropucTaM BwcTynaTB npoTMB npe3MepHoro yBneneHua ugeen Plain Language u ga®e 3aaB.aTB o HeoSocnoeamocmu eucxa3ueaeMo^o mpeSoeaHM «upuMeHeHM e npaxmuxe 3axoHo^amenbHo^o xoHcmpyupoeaHm mepMunoe, nornm-Hbix xawdoMy uHdueudyyMy». ^mo mpe6oeanue npednonrnaem wu-poxoe ucnonb3oeaHue e 3axomdamenbHou deamenbHocmu oSuxodHbix cnoe, cmaewux wpudmecxuMu mepMunaMu. Odmxo coenadeHue 186 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature mepMUHa c oS^rnpodmiM cnoeoM numb ycyzy6naem mpydHocmu npaKmu^ecKo^o noHUMaHua padoeuMU HocumenaMU Mbixa wpudrnec-kux meKcmoe, maK KaK oho Mowem co3daeamb numb unnmuw nomm-Hocmu (PoMamoe 55). Ec.u HenocpegcTBeHHaa u no.Haa gocrynHocTB 3aK0H0flaTe.BcTBa ^pMH^M^Ma^BHO HeB03M0^Ha, to BCTaeT Bonpoc 0 tom, b KaKMx gpy-rux ^opMax MO^eT pa3BuBaTBca npaBOBaa K0MMyHMKa^Ma b o6m,e-CTBe. HeT coMHeHua, hto 3gecB Ba^HeMmyro po.B urpaeT pa3BMTMe ^aHpa npaBOBoro KOMMeHTapua. yganHBie K0HBe^u0Ha.nBHBie cno-co6bi M3H0^eHua u pa3BacHeHMa TeKcTa 3aK0Ha b KOMMeHTapuu, mhm TexHMKM KOMMeHTupoBaHua, bo MHoroM npeflonpefle.aroT ycnex npaBonpuMeHMTe^BHOM npaKTuKu. H3yneHue 3rux TexHuK u ux co-BepmeHcTBOBaHue BxoguT b Kpyr uHTepecoB ropugunecKOM .uHrBuc-tuku. npeg.araeMoe ucceflOBaHue paccMaTpuBaeT 3Ty npo6.eMy Ha npuMepe HopMaTuBHoro u K0MMeHTupyrom,er0 TeKcTa u3 o6.acru npaB uHTe..eKTya.BH0M co6cTBeHHocTu, moaoaom poccuMcKoro 3aK0H0flaTe.BcTBa 0Tpac.u rpa^gaHcKoro npaBa. POCCHHCKOE 3AKOHOflATE.flbCTBO B C^EPE HHTEi^EKTYAib-HOH COECTBEHHOCTH B nEPCnEKTHBE HCHOCTH HOPMATHB-HOrO A3WKA MHoro.eTHuM npo^cc K0flM$MKa^MM HOBoro rpa^gaHcKoro 3aK0-H0gaTe.BcTBa Poccumckom OeflepaHuu 3aBepmu.ca 1 aHBapa 2008, Korga Bcrynu.a b cu.y neTBepTaa nacTB rpa^gaHcKoro KogeKca Poccumckom Oe,^epa^MM, pery.upyro^aa npaBOOTHomeHua b c^epe uHTe..eKTya.BH0M co6cTBeHHocTu. npuHaTue ^T0^0 HopMaTuBHoro aKTa urpaeT Ba^HeMmyro po.B b 6opB6e npoTuB pa3HBix BugoB nu- 187 liana goletiani pefyopmynupoeku b mekcme kommenmapuñ k poccuückomy paTCTBa u nnaruaTa, a TaK^e gna perynupoBaHua ynacraa Poccmm b Me^gyHapogHon ToproBon geaTenBHocTu, TaK KaK Poccua aKTUBHO roTOBUTca npucoeguHuTBca k CornameHuro no ToproBBiM acneKTaM npaB uHTe..eRTya.BHoM co6cTBeHHocTu (TPHnc), u cooTHeceHue HopM rpa^gaHcRoro KogeKca PO c nono^eHuaMu gaHHoro Corna-meHua Heo6xoguMo gna BcrynneHua PO bo BceMupHyro ToproByro op^aHH3a^HK> (BTO). Ec.M BcnoMHMTB, HTO nepBBIM B PoccMM o6^MM 3aKoH o npu-Buneruax Ha u3o6peTeHua (BwconaMmuM MaHu^ecr) 6bi. u3gaH b 1812 r. (üu.eHKo 145), to mo^ho cnuTaTB, hto a3BiKoBoe o^opMneHue npaBoBon mhcím b o6nacTu npoMBimneHHoM co6cTBeHHocTu uMeeT AByxcoT.eTHroro ucropuro pa3Buraa. HecMoTpa Ha ^TO mu MMeeM ge.no c oahom u3 caMux cjo»hhx u HeycroaBmuxca, b tom nuce c .uHrBucTunecKon tohku 3peHua, BeTBen npaBa. B ^opMupoBaHMM HopMaTuBHoro a3BiKa (noHaraMHoro annapaTa u TepMuHonoruu) ^TOM c^epBi npaBa HeraTuBHo npoaBnaroTca, no MeHBmen Mepe, gBa BHemHenuHrBucTunecKux o6cToaTe.BcTBa. Bo-nepBMx, penB ugeT o c^epe SKoHoMMHecKux u npaBoBBix oraomeHMM, KoTopaa KpaMHe HyBcTBuTenBHa K 6ypHoMy HaynHo-TexHunecKoMy pa3BuTuro: una norma sui diritti d'autore che al momento della sua introduzione risultava adeguata ed evidentemene applicabile in relazione a certi tipi di opere d'ingegno e certe forme di diffusione puo divenire inadeguata e scarsamente pertinente in seguito all'introduzione di nuove tecnologie, dando cosí origine ad una zona 'grigia' in cui si collocano casi dubbi relativamente alla sua possibile applicazione (Garzone 64). 188 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature Bo-BToptix, no cpaBHeHMro co crpaHaMM 3pe.oM ptiHOHHOM ^KGHG-MMKM, noc.epe^opMeHHaa Poccua MMeeT HegocraTGHHO g.MTe.t-HWM GÏÏHT B pery.upoBaHuu GTHomeHUM B o6.acTu uHTe..eKTy-a.BHGM co6cTBeHHGCTu, htg npoaB.aeTca, b tgm Huc.e, b GTcyTCTBuu eguHCTBa B3r.agoB Ha onpege.eHue MHorux noHaTUM, Bwpa»awm,Mx 3KGHGMunecKue u npaBGBwe o6^eKTw u OTHomeHua 3tgm c^epti. H3BecTHG, HTG k HaHa.y HOBoro Twcane.eTua MHorue K.roneBwe xg-3aMcTBeHHG-npaBGBwe noHaTua pyccKoro 3aKOHogaTe.BHoro a3WKa He uMe.u HeTKux onpege.eHuM. ycKopeHHoe co3gaHue ^TGM TepMu-HG.oruu uMeeT cbgu u3gep^Ku. TaK, b o6.acru aBTopcKoro npaBa, pery.upyeMoro hgbwm 3aK0H0gaTe.BCTB0M, cuTya^ua pa3BuBaeTca HacTG.BKG 6wcTpo u npoTuBopeHuBO, HTG y^e Hepe3 gBa roga noc.e ero npuHaTua 3am.a peHB o ^e.GM page nonpaBOK. MHorue u3 hux BW3Ba.u npoTecT npegcraBuTeneM .uTepaTypHoro coo6m,ecTBa, nuca-Te.eM u ^y6.u^ucTGB, 03a60HeHHwx npo6.eMoM Heonpege.eHH0CTu ^opMy.upoBGK b aBTopcKGM npaBe, HTG He MG^eT He CKa3aTBca He-raTuBHG b 6ygym,eM npaB0npuMeHuTe.BH0M npaKTuKe. ^Bu^uMwe 6ecnoKGMCTBGM 3a npaBa Ha pe3y.BTaTti CBoeM uHTe..eKTya.BH0M geaTe.BHGCTH, GHu G6paTH.HCb C GTKpMTMM nuCBMGM K npe3ugeHTy PO. HHTepecHG, htg b CBoeM KpuTuKe npeg.araeM0M HopMw geaTe.u poccuMcKoro ucKyccTBa ucxogaT u3 ceMaHTuHecKux KpuTepueB: Mu o6paw,aeMCñ k BaM c npochëoû ocmaHoeumh npov,ecc nezanmavu-u KHUMHo^o nupamcmea, Komopuû cemac npoucxodum nod šnazuMU nozyrnaMU nonomeHua 6u6nuomeHHux fioHdoe cmpaHu ou,u$poeaH- HUMU KHUZaMU. 189 liana goletiani ► PefyopMynupoeKU b meKcme KOMMeHmapua k poccuucKOMy B Hacmoa^ee epeMa fiopcupyemca npuHamue nonpaeoK e nemeepmyw nacmb ^paM^aHCK0^0 KodeKca Poccuûckoû ®edepau,uu. Hx nnaHupy-emca odoôpumb do KoHV,a 2010 ^o^a e Coeeme no Kodu$uKau,uu 3aKoHo-damenbcmea npu npe3udeHme P&. no HameMy yôeMdenuw, HeKomopue u3 nonpaeoK, e u,enoM npo^peccueHux dna pa3eumua aem0pcK0^0 npaea e Poccuu, ceoeû Hemomocmbw u pa3Mumocmbw fiopMynupo-bok dawm na3eûKu nupamaM, nepenepKueawm caMo noHamue puHKa ^neKmpoHHoû khuzu u omKpueawm npaKmmecKu HeozpanuneHHuû npocmop dna nupamcmea. B mo Me epeMa ^mu nonpaeKu npomueope-nam cMucny u dyxy MeMdyHapodHux co^nameHUû no uHmenneKmy-anbHoû coôcmeeHHocmu, e3amux Ha ce6a PoccuûcKoû ®edepau,ueû e npeddeepuu, HadeeMca, cKopo^o ecmynneHua e BTO. nod eudoM «cHamua adMuHucmpamueHux 6apbepoe Ha nymu uhho-ea^uoHHo^o pa3eumua ^K0H0MUKU» npednazaemca eeecmu e 3aKo-Hodamenbcmeo coeepmemo pa3Mumue Hoemecmea, omKpumue dna KaKux y^0^H0 mpaKmoeoK. TaKue KaK «ceoôodma nuu,eH3ua», «ceoôodHoe ucnonb3oeaHue npou3eedeHuû ôuônuomernMu, apxueaMu u oôpa3oeamenbHbiMu op^aHU3a^uaMU» unu «MeMÔuônuomenHuû oÓMeH».(flumeum, Kypcue moû - ïïr). cno^mbmeeca no^o^ehme bemen b gahhon c^epe ^kc^epth o6tacha-wt c^egywm,MM 06pa30M: "npaBo MHTen^eKTya^bH0M co6cTBeHHocTu - cpaBHMTe^bHo Mo^ogaa' o6^acTb ropucnpyge^Mu: TepMMH0.n0raa cno^Haa, npo6^eMw 3anyTaHHwe, 3aK0H0gaTe^bcTB0 pa3BMBarom.ee-ca" (B^M3He^ u ^eoHTbeB 2). HeTpygHo npegBugeTb, hto Ko^unecTBo BonpocoB k H0B0My H0pMaTMBH0My aKTy y Hecneu,M&nMcT0B 6ygeT 6e3rpaHMHH0. npegBocxMm,aa ux, b tom ®e 2008 rogy T0pr0B0-np0-Mwm^eHHaa na^aTa Poccmmckom Oegepa^MM 0ny6.nMK0Ba.na Memo-dunecKue peKoMeHdau,uu no npuMeHeHuw nonoMeHuû nacmu nemeepmoû 190 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature ^paM^aHCK0^0 xodexca Poccuückoü ®edepau,uu (HcaKoB). Abtopckmm RO..eRTMB, eocToa^MM M3 yneHBix-npaBoBoBegoB, CTaBM. nepeg co-6om ^e.B "oKa3aHua MeTogunecKoM u npaKTUHecKoM noMom,u npeg-npuHMMaTenaM npu 3am,uTe cbomx npaB Ha oxpaHaeMBie pe3y.BTaTBi MHTe..eRTya.BHoM geaTe^BHocTu" (HcaKoB 3). B gaHHoM pa6oTe "He to.bko gaeTca on,eHKa 3aKoHogaTe.BcTBa, geMcrByrom,ero b c^epe MHTe..eRTya.BHoM co6cTBeHHocTM, ho m cogep^aTca KoHKpeTHBie npaKTunecKuee peKoMeHgan,uu no BonpocaM npuMeHeHua no.no-®eHMM nacTM HeTBepToM rK Poccmmckom Oegepa^MM" (ibidem). TeM caMWM oKa3WBaroTca HeTKo onepneHBi npegno.araeMBrn agpecaT, KoMMyHMKaTMBHwe ^.u TeRcTa, a TaR^e KoMMyHUKaTUBHaa paMKa, b kotopom gaHHWM TeKcT BocTpe6oBaH, hto m no3Bo.aeT paccMaTpu-BaTB KaK KoMMeHTapUM K 3aKoHy. ÄAHP KOMMEHTAFHS K 3AKOHY B nPABOBOH KOMMyHHKAU,HH no Mepe M3MeHeHua u c^e^M^MKa^MM poccuMcKoro 3aKoHogaTe.Bc-TBa pacTeT hmco ^y6.MKa^MM, oraocamuxca k gaHHoMy »aHpy ropu-guHecKoM .MTeparypBi. B nocnegHue rogw noaBM.ocB u HecKo^BKo KoMMeHTapueB k rpa^gaHcKoMy KogeRcy. KopHM 3roro ^aHpa ropu-guHecRoM .MTepaTypw cegyeT ucRaTB y^e b Hana.e 19 BeRa b nepuog pacnpocrpaHeHua Code Civil, Korga b cucTeMe KoHTUHeHTanBHoro npaBa yraep^gaeTca ^K3e^eTMHecKaa npaKTUKa, u b pa3HBix eBpo-neMcKux cTpaHax ogHoBpeMeHHo pa3BMBaroTca pa3.MHHwe mKo.w KoMMeHTupoBaHua rpa^gaHcKoro 3aKoHogaTe.BcTBa (Ferrante). B ropuguHecKoM .uHrBucruKe ^TM TeKcTBi no.ynu.u Ha3BaHue TeK-ctob-^m.btpob, ux 4>yH^uu, Tuno^orua u cTpyKTypa MHTeHcuBHo M3ynaroTca b nocegHuM nepuog (Busse, Sayatz). Op^aHM3a^Ma auHr- 191 liana goletiani ► PefyopMynupoeKU b meKcme KOMMeHmapua k poccuucKOMy BMCTMnecKMx cpegcTB TeKCTa npaKTMnecKoro KoMMeHTapua HanpaB-neHa Ha npeogoneHue TpygHocreM MHTep^peTa^MM, CBa3aHHBix c KareropuaMM acHocTM u gocTynHocTM, no^roMy, Hau6onee MHTepec-Hwe pe3ynBTaTBi uccnegoBaHua bo3mo^ho aoctmhb TaM, rge MeTogBi nUHrBMCTMKM TeKCTa C0HeTaMTCa C CeMaHTMHeCKMM aHanM30M. npu M3yneHMM TeKCTa npaBoBoro KoMMeHTapua Heo6xoguMo MMeTB b Bugy gBa o6croaTenBCTBa. Bo-nepBBix, Ba^Ho ynuTBiBaTB, hto »aHp npaBoBoro KoMMeHTapua aBnaeTca KpaMHe HeogHopogHBiM. Cpegu pa3HoBMflHocreM KoMMeHTapua b Poccmm nocnegHMx neT oco6eHHo nacTo ny6nuKyroTca HayHHo-npaKTMnecKUM, yHe6H0-npaKTMHecKMM, nocTaTeMHHM, aHanMTMHecKMM u gp. BugBi KoMMeHTapueB. .flpyruMu cnoBaMM, mh uMeM geno c C0B0KynH0CTBro nog^aHpoB, pa3nuHaeMBix no n,enu m agpecaTy. TaK, ot nocraTeMHoro KoMMeHTapua, agpeco-BaHHoro ropucTaM, pa6oTHMKaM cyga u opraHoB npeflBapuTenBHoro paccnegoBaHua u TonKyrom,ero Bonro 3aK0H0flaTena gna n,eneM cyge6-Horo pa36upaTenBCTBa, oTnunaeTca K0MMeHTapuM-cnpaB0HHMK, Ha-npaBneHHBm 6onee mupoKMM KpyraM HaceneHua u npecnegyro^MM, b tom Hucne, npocBeTMTenBCKue ^nu. CooTBeTCTBeHHo, npo^ccBi TeKCTonopo^geHua pa3nunaroTca b hmx KopeHHHM o6pa3oM. Bo-BTopHx, n,enecoo6pa3Ho cooTHeceHue BugoB TonKoBaHua c cy6,BeKT0M MHTepnpeTan,MM. 3gecB «BBigenaroTca pa3HHe BugH TonKoBaHua npa-Ba: o<£un,uanBHoe u Heo<£un,uanBHoe, goKTpuHanBHoe, KoMneTeHTHoe u o6HgeHHoe» (fflupuHKMHa 64). B HameM cnynae penB ugeT o kom-neTeHTHoM TonKoBaHMM TeKCToB 3aKoHa MMeHHo c u,enBro ero npaK-TunecKoro ucnonB3oBaHua HeropucTaMM. TaKon K0MMeHTapun opu-eHTupyeTca Ha mhom ropu3oHT BocnpuaTua, 6onee hm3kmm ypoBeHB nogroToBneHHocTM k noHMMaHuro 3aK0HogaTenBHoro TeKCTa. InaBHoe Ha3HaneHue ^T0^0 KoMMeHTapua - nepeBecru Bonro 3aK0H0gaTena c a3HKa cneu,ManBHoro - HopMaTMBHoro - Ha a3HK o6m,eynoTpe6u- 192 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature TeflBHHM. B npaBOBOM K0MMyHMKa^MM '3aKOHOgaTe.B - rpa^gaHMH' TaKUe KOMMeHTapUM BBmO.HaroT TeKCTOB-nOCpegHMKOB. MOÄHO CKa3aTB, HTO aBTOp KOMMeHTapua 'OT^M.BTpOBHBaeT' B TeKCTe 3aK0H0gare.na to, hto Mor.o 6bi npuBecTu k HenoHUMaHuro 3aKOHa rpa^gaHMHOM. CxeMa npaBOBOM KOMMyHMKanuu yg.uHaeTca Ha ogHO 3BeHo: '3aK0H0gaTe.B - Abtop KOMMeHTapua k 3aKOHy - rpa^gaHUH1. B COBpeMeHHOM pOCCMMCKOM CMTya^MM C0^Ma.BHaa nOTpe6HOCTB b TaKux '^M.BTpyro^ux' TeKCTax BO3pacTaeT, ohm urparoT Ba^Hyro po.B b npeogo.eHMM npaBOBoro Huru.u3Ma. .uHrBucTMKu TeK-CTa, Teopuu noHMMaHua m npuK.agHoM .mhfbmctmkm gaHHBiM »aHp cneu,uanBHOM .MTepaTypw npegcraB.aeT uHTepec c pa3Hwx ToneK 3peHua. OgHa U3 Ba^HeMmux - u3yneHue pa3H006pa3HBix uHTep-TeKCTya.BHwx CBa3eM, BO3HMKarom,ux Me^gy HopMaTUBHBiM TeKC-TOM M TeKCTOM KOMMeHTapua. TeKCT KOMMeHTapua BTOpuneH, OH He cy^ecTByeT 6e3 TeKCTa 3aKOHa, ho TeKCT 3aKOHa g.a 6o.BmuHCTBa rpa^gaH craHOBUTca 6o.ee gocrynHBiM mmêhho 6.arogapa TeKCTy KOMMeHTapua. K HeoTteM.eMWM cocTaB.arom.MM cogep^aHua npaBOBoro kom-MeHTapua b c^e^Ma.BH0M .MTepaType OTHOcaT, npe^ge Bcero, c.egy-rom,ue eguHu^i TeKCTa: 6yKBa.BHBie ^MTaTH u3 3aK0Ha, pe^opMy.u-poBKM npaBOBoro pery.upoBaHMa; opueHTupyromue Ha npuMeHeHue npuMepw; o^HKy c tohkm 3peHua cygonpou3BogcTBa; yKa3aHue Ha rpaHMHarnue npaBOBBie onpege.eHua (cp. Sayatz 296-297). Ec.u TaKue KOHCTMTyTUBHBie npu3HaKM TeKCTa KOMMeHTapua KaK ero cogep»aTe.BHwe KOMnoHeHTBi u KOMMyHMKaTUBHwe ^yH- ^MM MOÄHO CHMTaTB 6o.ee M.M MeHee yCTaHOB.eHHBiMM, TO O TOM, KaKMMM TexHMKaMM no.B3yeTca ^T0T »aHp, u pa3.unaroTca .m ohm b 3aBMCMM0CTM OT pa3H0BugH0CTM KOMMeHTapua, em,e HeT no.Horo 193 liana goletiani ► PefyopMynupoeKU b meKcme KOMMeHmapua k poccuucKOMy npegcTaB.eHM3. CaMM npaBM.a pe^opMy^upoBaHua HopMaTMBHoro 33WKa B TeKCTe K0MMeHTapua k 3aK0Hy em,e He pa3pa6oTaHti. PE$OPMy.HPOBKH B TEKCTE METOffHHECKHX PEKOMEHflA^H HTaK, MaTepua.0M uccnegoBaHua pe^0pMy.Mp0B0HHwx CTpyKTyp npaB0B0r0 K0MMeHTapua noeay^Mau gBa TeKCTa. Bo-nepBtix, Hop-MaTMBHtiM TeKCT - TeKCT nacru HeTBepT0M rpa^gaHCKoro KogeKca P0CCMMCK0M Oegepa^MM (ga.ee: rK), B0-BT0pwx, K0MMeHTMpywm,MM TeKCT, T.e. TeKCT Memodmecmx peKoMeHdauyû. (ga.ee: MP). B 0CH0BHwe 3aganu cpaBHMTe.BHoro aHa.u3a gByx TeKT0B Bxogu.o: • BtigeflMTB Kope^epupyro^ue .MHeMHwe 0Tpe3Ku rK u MP, Haxoga-rn,ueca b 0TH0meHuax «Pe^opMy.upyeMoe - Pe^opMy.upyrom.ee», • onpege.MTB xapaKTep ceMaHTunecKon CBa3u Me^gy hmmm, • bwsbutb .uHrBucTuHecKue cpegcTBa pe^opMy^upoBaHua u uHTep-npeTau,uu TeKCTa 3aK0Ha g.a HeropucroB, a Tax^e npogyKTuBHtie uHguKaTopw ^TMx MexaHu3M0B. TEKCT KOMMEHTAPHfl B nEPCnEKTHBE TEOPHH PE&OPMyXHPOBAHHS npe^ge neM npucTynuTB k HenocpegcTBeHH0My aHa.u3y MP, Heo6-xoguMo nognepKHyTB hto b hux T0.KyeTca xax ^p0^03M^M0HaaBH0e, Tax u MHTeH^M0HaaBH0e eogep^aHue ^opMy^upoBoK rK. Ha Heo6xo-guM0CTB pas^uneHua 3tux gByx acneKT0B C0BepmeHH0 cnpaBeg^uBo yxa3WBaeT ro.eB: npuMeHumenbHo k codepManuw oö^exma - ^mo eonpoc o moM, umo no^6ep^aemcñ yacHeHuw (u öanee monKoeaHuw) - nuôo oô^exmueHoe 194 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature codepMaHue meKcma, Komopoe eumemem U3 He^o e coomeemcmeuu c HopMaMU u npaeunaMU mo^o a3bim, Ha KomopoM ohu nponucaHU e 3aKoHe, nuöo uHmeHV,uoHanbHo-cy6bexmueHoe codepMaHue - mo ecmb, mo, nmo xomen cKa3amb 3aKomdamenb (22). Pe^opMynupoBKa ^p0^03M^M0Ha,^BH0^0 cogep^aHua HopMBi He-B03M0ÄHa 6e3 nOHMMaHMa aBTOpOM KOMMeHTapMa MHTeH^MM 3aKO-Hogare,a, hto m OTnunaeT erO ot agpecaTa-Heropucra. npoBegeHMa aHa,M3a HaMM BBigenaeTca MMHMMa,BHaa kom-MeHTMpyrom,aa eguHM^ (ga,ee - MKE). 3a Hee npuHMMaeTca TeKc-tobbim ^parMeHT MP, pe^epeHTOM KOToporo aB,aeTca cogep^aHue KaKOM-,u6o eguHM^i TeKCTa rK (KaK npaBM,o - CTaTBM m,m KaKoro-TO ee nyHKTa, MHorga - u,e,0M r,aBBi m,m pa3ge,a). B u,e,u Harnero ucc,egoBaHua BxoguT KaK ycTaHOB,eHue tmhmhhbix KOMnoHeHTOB cogep^aHua MKE, TaK u onucaHue K0HBeHu,M0Ha,BHBix cnoco6oB mx o^opM,eHua. AHa,u3 BHgeaaeMHx Kope$epupyrom,ux ,MHeMHBix OTpe3KOB ocHOBWBaeTca Ha MeTogax, npegnaraeMBix b Teopuu pe^opMynu-poBaHua (Gülich u Kotschi ; Ko6o3eBa u .flay^ep; Freidhof; Grimm; Blakemore; Hyland; Franzreb). Hcc,egoBaHua pe^opMy,upyro^ux BBicKa3BiBaHMM b pa3HBix gucKypcax Ha MaTepua,e HecK0,BKux a3Bi-KOB BH3BMJM OcHOBHBie cTpyKTypHBie, 4>yH^M0Ha,BHBie M ceMaH-TunecKue npu3HaKM 3roro ^MHraucruHecKoro ^eHOMeHa. Bo MHorux pa6oTax yKa3BiBaeTca Ha npMHn,MnuanBHyro no,M^yHKn,uoHa,BHocTB pe^0pMy,up0B0K. CTpyKTypHaa ocHOBa caMOM pe^opMynupoBKu, KaK npaBu,o, TpexK0Mn0HeHTHa. B Hee BxogaT gBa o6a3aTe,BHBix K0Mn0HeHTa - pe^opMynupyeMBrn u pe$opMynupyrom,uM u oguH ^aKy,BTaTMBHWM - MHguKaTop pe^opMynupoBKM (ero po,B MoryT Bwno,HaTB pa3,MHHBie no cTaTycy eguHUH,Bi: BBogHBie c,0Ba, co- 195 liana goletiani PefyopMynupoeKU b meKcme KOMMenmapux k poccuücKOMy M3bi, ^KC^OHeHTBI ge0HTUHecK0M M0ga.BH0CTu). H3 uMerom,uxca b pacnopa^eHuu ucc.egoBaHuM Hau6o.ee 6.u3kum k HameMy aB.a-rnca pa6oTw, nocBam,eHHBie pe<£opMy.upoBKaM b ^aHpax HayHHoro gucKypca (Grimm; Hyland) u b MaccMeguaa.BHBix ^aHpax skohomu-HecKoro gucKypca (Franzreb). ,fl,.a onpege.eHua 4>yH^uoHa.BHoro 3HaneHua pe^opMy.upoBKu Heo6xoguM, npe^ge Bcero, ceMaHTu-HecKMM aHa.u3 o6oux o6a3are.BHBix ^.eMeHT0B (Grimm 290), ho bo MHorux c.yHaax TaK^e u aHa.u3 uHguKaTopoB pe^opMy.upoBKu (Freidhof; Blakemore). CeMaHTUHecKoe oTHomeHue Me^gy pe^opMy-.upyeMBiM u pe^opMy.upyrom,uM, KaK b uHTeHCU0Ha.BH0M, TaK u b ^KCTeHCu0Ha.BH0M n.aHe, Mo^eT 6bitb ^KC^aHCuBHWM, pegyKTUB-hhm u BapuaTUBHWM (cm., npe^ge Bcero, Gülich u Kotschi). Ha6op B03M0KHMx $yH^UM pe^0pMy.Up0B0K, CeMaHTUHeCKUx TUnoB 0T- HomeHUM Me^gy pe^opMy.upyeMBiM u pe^opMy.upyrom,MM, a TaK^e ux uHguKaTopoB 3aBucuT ot »aHpa K0MMyHUKa^uu. ^T0 n03B0.aeT npegno.o^uTB, hto b HameM c.yHae no cpaBHeHuro c yKa3aHHBiMu pa6oTaMu 6ygeT BBiaB.eHBi b KaHecTBe npogyKTUBHBix uHBie Tunw 4>yH^uoHa.BHo-ceMaHTunecKux oraomeHuM. HaK0He^ cpaBHUTe.BHBiM aHa.u3 MP u rK He Mo^eT He yHUTBi-BaTB ogHo Ba^Hoe pa3.uHue Me^gy TeKCToM 3aK0Ha u TeKCToM ero KoMMeHTapua. Oho coctout b tom, hto «Gesetzeskommentierungen auf deontische Sachverhalte als Fakten in einer Welt W referieren, die in Gesetzen erst per Deklaration geschaffen wurden» (Sayatz 282). C.o^Haa cucTeMa cooTHomeHUM Me^gy TunoM HopMBi u BugoM ge-0HTUHeCK0M M0ga.BH0CTU B pyCCK0a3BiHH0M npaBe UHTe..eKTya.B-hom co6cTBeHHoCTu y^e ucc.egoBa.ocB b MeHKoBCKaa Ha MaTepua.e npegBigym,ero 3aK0H0gaTe.BCTBa PO u 3aK0H0gaTe.BCTBa Be.apycu. H3WK0B0e (nepe)Bwpa^eHue geoHTUHecKoM M0ga.BH0CTu b TeKCTe KoMMeHTapua TaK^e aB.aeTca ero K0HCTUTyTUBHBiM npu3HaK0M. 196 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature XAPAKTEPHCTHKH MHHHMA^bHOH KOMMEHTHPyM^EH EflHHHU,bI nepBWM o6^mm pe3y.BTaT ucc.eg0BaHua coctomt b c.egyrom,eM: MKE MO^eT OTHOCUTBCa KaK K .ro6OMy KOMMyHMKaTMBHO 3HaHMMO-My acneKTy TeKCTa 3aKOHa, TaK u - nepe3 npu3My TeKCTa - k .ro6oMy acneKTy cym,ecTByrorn,eM b gaHHOM 0Tpac.u npaBa cuTya^uu, T.e., k TOMy no.o^eHuro Bem,eM, KOTopoe 3aKOH npu3BaH per.aMeHTu-poBaTB. MKE MO^eT OTHOCUTBCa u k bhobb C03gaBaeM0My 3aKOHOM no.o^eHuro Bem,eM, npegB0cxurn,aa nocnegcTBua, K0T0pwe MO^eT Bti3BaTB KOMMeHTupyeMaa HopMa b ropugunecKOM npaKTUKe. Ha ypoBHe TeKCTa mo^čt KOMMeHTupoBaTBca KaK MoganBHBiM, TaK u np0n03Mu,M0Ha.BHBiM n.aH (ot 0Tge.BH0r0 TepMUH0yn0Tpe6.eHua go CMBicna - u ga^e 3aMBic.a - ^.oro pa3ge.a) no.o^eHUM rK. B MP ycTaHaB.uBawTca TaK^e uHTepTeKcrya.BHBie CBa3u Me^gy kom-MeHTupyeMWM TeKCTOM u npegTeKCTOM (T.e. npegmecTByrom,uMu 3aK0HaMu), a TaK^e Me^gy KOMMeHTupyeMBiM TeKCTOM u cmckhmm TeKCTOM (T.e. HopMaTUBHBiMu TeKCTaMu, gono.Harom.uMu o6m,yro HopMy rK, Hanp., n0CTaH0B.eHuaMu npaBUTe.BCTBa). Bce 3ru hucto ropugunecKue, .uHrBoropugunecKue u ucTopuKO-npaBOBOBie acneK-tbi, nogBepraacB ou,eHKe b npoeKTupyeMOM aBTopaMu KOMMeHTapua nepcneKTUBe noHUMaHua HOBoro 3aK0Ha, HaxogaT CBoe BBipa^eHue b TeKCTe MP. 06teM MKE MO^eT BapBupoBaTBca: oxBaTBiBaTB ogHO u.u 60.ee npeg.o^eHUM u.u ga^e a63a^B. B cocTaB MKE BxogaT b pa3HBix K0M6uHau,uax c.egyrom,ue KOMnoHeHTBi: • pe^epepupyrom,aa ccBi.Ka Ha KOMMemupyeMyro CTaTBro rK (T.e. Ha pe^opMy.upyeMoe b TeKCTe HopMBi), • npaMaa u,uTaTa, 197 liana goletiani ► PefyopMynupoeKU b meKcme KOMMeHmapua k poccuucKOMy • pe^opMy.upoBKa (c uHguKaTopoM m.m 6e3 Hero) • o^HKa / KGMMeHTapUM, • MeTaKGMMyHUKaTUBHtie eguHu^i, conpoBG^garornue gpyrue kgm-nGHeHTW MKE. CTpyKTypHaa ocHOBa caMOM pe^opMy.upoBKM, KaK npaBu.o, TpexKGMnoHeHTHa. B Hee BxogaT gBa o6a3aTe.BHBix KOMnoHeHTa - pe^opMy.upyeMWM m pe^opMy.upyro^uM m oguH ^aKy.BTaTUB-hbim - uHguKaTop pe^opMy^upoBKu (ero po.B MoryT BBino.HaTB pa3.HHHwe no cTaTycy eguHunw: BBogHBie c.OBa, coro3Bi, ^KC^GHeHTH geoHTUHecKGM Moga.BHocTu). nPOAYKTHBHUE BHflW PE$OPMy.HPOBOK: AHA.H3 nPHMEPOB B KanecTBe Hau6o.ee npogyKTUBHBix b TeKcTe MP o6Hapy»eHBi c.e-gyrom,ue Bugwi pe^opMy.upoBKM: ^K3eM^.M^MKa^Ma, nepeuMeHO-BaHue, cuHTaKcunecKoe ynpom,eHue m pa3BepTBiBaHue, nepenuce-Hue m yTGHHeHue. Ha3BaHHBie KaTeropuu aB.aroTca 6a3OBBiMu m.m 3.eMeHTapHWMu, b TeKcTe MP BcTpenaroTca TaK^e coneTaHua gByx m 6o.ee pe^GpMy.upoBGK b cocTaBe ogHoM MKE, a TaK^e nepexog-HBie TUnBI. PaccMGTpUM HecKO.BKO caO^HMx npUMepOB, B KGTOpwx BcTpenaroTca KaK TunuHHwe cogep^aTe.BHwe KGMnoHeHTw MKE, TaK m pa3Hwe Bugw pe^opMy.upoBOK. npuMep l: KoMMeHmupyeMuü meKcm: rK, cm. 1473, nyHKm 2: &upMeHHoe HauMeHoeaHue 198 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature $upMennoe HauMenoeanue wpudunec^o nuu,a donwno codepwamb yKa3anue na ezo op^aHU3a^uoHHo-npaeoeyw fiopMy u co6cmeenno nauMenoeanue wpu^u^ecKo^o nuva, Komopoe ne Mowem cocmoamb monbKo u3 cnoe, o6o3nanaw^ux pod deamenbnocmu. KoMMenmupyw^uu meKcm: MP, 2.3: &upMennue nauMenoeanw Cmamba 1473 rK P& ycmanaenueaem, b omnunue om ^eucmeyw^e^o 3aKonodamenbcmea, o6^ue mpe6oeanua k fiupMennoMy nauMeno-eanuw - ono donwno codepwamb ym3anue na ezo op^aHU3a^uoHHo-npaeoeyw fiopMy u co6cmeenno nauMenoeanue wpu^u^ecKo^o n^a, Komopoe ne Mowem cocmoamb monbKo u3 cnoe, o6o3nanaw^ux pod deamenbnocmu, HanpuMep, "MexoBaa $a6puKa", "cTpoMTe^BHtm TpecT" u T.n. KaK BuguM, MKE cogep^uT pe^epupyromyro cctMKy Ha KOMMeHTupy-eMyro craTbro (cmamba 1473...) , ucropuKO-npaBOBOM KOMMeHTapuM, yc-TaHaB^uBaromue uHTepTeKCTya^bHyro CBa3b c npegTeKCTOM (e omnunue om deucmeyww,ezo...), ^KC^,^uKa^uro uMnepaTuBHOM geoHTunecKoM MOga^bHOCTH (npegnucaHue ycmanaenueaem... mpeSoeanua), npaMyro u,uTaTy (donwno codepwamb ym3anue na ezo op^aHU3a^uoHHo-npaeoeyw $opMy u co6cmeenno nauMenoeanue wpu^mecKo^o n^a, Komopoe ne Mowem cocmoamb monbKo u3 cnoe, o6o3nanaw^x pod deamenbnocmu) u, HaKOHe^ ^K3eM^^u^uKa^uro pe^epema, BBipa^eHHoro b TeKcTe 3aKOHa uMeHaMu a6cTpaKTHoM ceMaHTuKu (pod deamenbnocmu) u cnOcO6HOrO BH3BaTb KOMMyHHKaTHBHyro Heygany y agpecaTa. ^K3eM-^^u^uKa^ua BBoguTca K0HBeH^u0Ha^bHHM uHguKaTOpOM nanpuMep u npegcTaB^aeT co6oM otkpbitbim nepeneHb. 199 liana goletiani ► PefyopMynupoeKU b meKcme KOMMeHmapua k poccuucKOMy npuMep 2: KoMMeHmupyeMuü meKcm: rK, cm. 1228 1. AemopoM pe3ynbmama unmenneKmyanbnoü deñmenbnocmu npu-3naemcñ ^paw^anun, meopnecKUM mpydoM Komopo^o co3daH maKoü pe3ynbmam. KoMMenmupyw^uü meKcm: MP, 1.2. Aemop npomeedenuñ AemopoM npomeedenuñ MoMem npu3naeambcñ monbKo nenocpedc-meenno mo fymunecKoe nuu,o, meopnecxuM mpydoM Komopo^o co3daHo maKoe npou3eedenue. MKE cogep^uT no cpaBHeHuro c KOMMeHTupyeTMtiM TeKCTOM gBa oxnuHua: BO-nepBwx ^KC^.MKa^MW MHgMKaTMBHOM accepTopunecKon geoHTunecKOM Moga.BHOCTu (HacToam.ee BHeBpeMeHHoe 3aMeHaeTca Ha KOHCTpyKuuro c Moga.BHHM r.aro.OM MoMem m HacTun,eM monbKo) m, BO-BToptix, pe^opMy.upoBKy ge^uHUTUBHOM HopMw - nepeuMe-hobahue. noc.eghaa pe^opmy.upobka hocmt npu^unuanbhtm xapaKTep. ÄBTopti Memodunecxux peKoMendau,uü coh.m hy^hhm 3a-MeHUTB HOBWM TepMUH Ha o6m,eynoTpe6MTe.BHoe c.OBO, cmhohmm HOBoro TepMUHa (pe3ynbmam unmenneKmyanbuoü deñmenbnocmu ^ npouseedeHue), HecMOTpa Ha to, hto TepMUHO^orunecKaa CMHOHMMMa TaK^e MO^eT BecTu k KOMMyHUKaTUBHOM Heygane b MHTepnpeTan,uu 3aKOHa (o npo6.eMax cmhohmmmm b ropugunecKOM TepMMHO.oruM cm. nuro.KMH l99o). BuguMO, Heo6xoguMOCTB nepeuMeHOBaHua CBa3aHa c TeM, hto TepMMHO.oruHecKaa HOBan.ua pe3ynbmam unmennexmyanb-noü deñmenbnocmu Hapagy c HeKOToptrnu gpyruMu no.ynu.a Hera-TUBHyro ou,eHKy b cpege cneH,ua.MCTOB (no3UH,Ma Ka^egpti WHecKO Bm^). 200 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature npuMep 3: KoMMenmupyeMuû meKcm: rK, cm. 1465: Cexpem npomeodcmea (noy-xay) CeKpemoM npou3eodcmea (noy-xay) npusnawmcn ceedenua nw6o^o xa-paKmepa (npou3eodcmeennue, mexnmecKue, ^KonoMunecKue, op^anu-3av,uonnue u dpyzue), e moM nucne o pe3ynbmamax unmenneKmyanb-noû deamenbnocmu e naynno-mexnunecKoû cfiepe, a maKMe ceedenua. o cnocoëax ocy^ecmenenua npo^eccuonanbnoû deamenbnocmu, Komo-pue UMewm deûcmeumenbnyw unu nomeny,uanbnyK KoMMepnecxyK u,ennocmb e cuny neu3eecmnocmu ux mpembUM nuujaM, k KomopuM y mpembux nuv, nem ceo6o^no^o docmyna na 3aKonnoM ocnoeanuu u e omnomenuu Komopux oönadameneM maKUx ceedenuû eeeden peMUM KoMMepnecxoû maûnu. KoMMenmupyK^uû meKcm: MP, 4.1. nonamue u npu3naKU noy-xay CexpemoM npomeodcmea (noy-xay), co^nacno cm. 1465 rK P&, npu-3naKmca ceedenua nK6o^o xapaxmepa (npou3eodcmeennue, mexnu-necKue, ^KonoMU^ecKue, op^anu3a^uonnue u ^py^ue), e moM nucne o pe3ynbmamax unmennexmyanbnoû deamenbnocmu e naynno-mexnu-necxoû cfiepe, a maKMe ceedenua o cnocoëax ocy^ecmenenua npo^ec-cuonanbnoû deamenbnocmu, Komopue UMeKm deûcmeumenbnyK unu nomeny,uanbnyK KoMMepnecxyK y,ennocmb e cuny nemeecmnocmu ux mpembUM nuujaM, k KomopuM y mpembux nuy, nem ceo6o^no^o docmyna na 3aKonnoM ocnoeanuu u e omnomenuu Komopux oônadamenb maKux ceedenuû eeeden peMUM KoMMepnecxoû maûnu. KaK eudno U3 cmambu 1465 rK, e Kanecmee ceKpema npou3eodcmea (noy-xay) Mo^ym oxpanambca ceedenua nK6o^o xapaKmepa (3aKonodamenb ne daem ucnepnueaKW,ezo nepenna c$ep deamenbnocmu, e Komopux Mo^ym 201 liana goletiani ► PefyopMynupoeKU b meKcme KOMMeHmapua k poccuucKOMy oxpanambca ceedenua e xanecmee noy-xay). npomeodcmeo aenaemca odnou U3 cfyep deamenbnocmu, no^moMy na36anue maxo^o o6^exma xax cexpem npomeodcmea npedcmaenaemca neydannuM. Ha3eanue noy-xay (know-how) npou3owno om aH^nuucxo^o «I know how» (a 3naw xax). B ^moM npuny,unuanbnoe omnunue cexpema npomeodcmea (Hoy-xay) om moSpemenua u none3nou Modenu. B xanecmee nocnedHux Mo^ym XBanufyy,upoeambca monbxo mexnunecxue pewenua. no cfiepe ceoezo npuMenenua Hoy-xay 6nuMe x pay,uonanu3amopcxuM npedno-MenuaM, x xomopuM omnocamca mexnunecxue, op^aHU3a^uoHHue u ynpaenennecxue pewenua. Momho eudenumb nemupe XBanu$u^upyw^ux npmnaxa ceedenuu, oxpanaeMux b peMuMe noy-xay: 1. Mx deucmeumenbnaa unu nomenv,uanbnaa xoMMepnecxaa v,en-nocmb; 2. Heu3Becmnocmb (xon$udeny,uanbnocmb) ceedenuu b omnowenuu mpembux nuu,; 3. OmcymcmBue cBo6o^Ho^o docmyna x cBedenuaM na 3axonnoM ocno-Banuu; 4. BBedenue oSnadameneM noy-xay peMuMa xoMMepnecxou maunu b omnowenuu coomeemcmeyw^ux cBedenuu, m.e. npunamue um adexeamnux Mep dna o6ecnenenua xon$udenu,uanbnocmu cBedenuu. TaxuM o6pa3oM, oxpany ceedenuu momho cnumamb anbmepnamu-eou namenmnou $opMbi pewenuu mexHunecxo^o xapaxmepa. KoMMeHTMpyrom,MM TeKCT cym,ecTBeHHO npeBBimaeT KOMMeHTM-pyeMBIM TeKCT. KpOMe nOAHOM ^MTaTBI KOMMeHTMpyeMOM CTaTBM u gbomhom pe$epmpyrom,em ccbmkm ha hee nacno cm. 1465, xax eudno u3 cmambu 1465) b MKE npMBaeKaroT OCO6Oe BHMMaHMe Tpu KOHCTMTyTMBHBiX KOMnOHeHTa: 202 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature • BO-nepBBix, pa3BepHyraa .MHrBoropuguHecKaa o^HKa noHaTua ceK-pem npouseodcmea: ^T0 Ha3BaHue npu3HaeTca aBTopaMM MP HeygaH- HHM. OTMeTUM TaKKe, HTO C^e^Ma.MCTBI OTpaC.M CHMTaroT CnOpHHM caMO BK.roHeHue ceKpeTOB npou3BogcTBa (Hoy-xay) b nepeHeHB pe-3y.BTaTOB MHTe..eKTya.BHOM geaTe.BHocTM, oöocHOBWBaa 3ro TeM, HTO MMeeTCa C^e^Ma.BHBm 3aKOH O KOMMepneCKOM TaMHe. OTMeTMM, hto TaKaa o^HKa hopmbi 6o.ee xapaKTepHa g.a HayHHoro m aHa.u-TMHecKoro BugoB KOMMeHTapua. • bo-btopwx, 3Kcn.uuuTHoe nepeHuc.eHue KBa.M^Mn,Mpyrom,Mx npu3HaKOB b coHeTaHuu c CMHTaKCMHecKMM ynpom,eHueM. B TeKCTe HopMw 3tm npu3HaKM ^opMy.upyroTca b mokhom cuHTaKcuHecKOM KOHcrpyKu,MM c TpeMa npugaroHHBiMM npeg.OKeHuaMM u homm-Ha.M3auuaMM. Pe^opMy.upoBKa ^TMx npu3HaKOB b Buge HeTKoro HOMMHaTMBHoro nepeHHa cym,ecTBeHHO o6.erHaeT noHMMaHue Toro, hto b cyge6HOM pa36upaTe.BcTBe Mo^eT KBa.M^Mu,MpoBaTBca KaK ceKpeT npou3BogcTBa; • b TpeTBux, pe^opMy.upoBKa-yTOHHeHue, gaHHaa b cKo6Kax b n. 2 (KOH$udeHy,uanbHOcmb). ^T0 yTOHHeHue gy6.upyeTca HM^e b pa3Bep-HyTOM Buge b n. 4: m.e. npurnmue um adeKeamnux Mep dnn. oöecneneHua. K0H$udeHy,uanbH0cmu ceedeHuü. BMBOflW Hcc.egoBaHHwM TeKcT MemodmecKux peKOMenda^uü Bno.He Mo^eT 6bitb OTHeceH k KaHpy npaKTMHecKoro npaBOBoro KOMMeHTapua He to.bko no 3aaB.eHHWM aBTopaMM 3agaHaM u npegno.araeMO-My agpecaTy ny6.MKau.MM, ho m no KOHcTMTyTMBHBiM npu3HaKaM. BMecTe c TeM, Ha.MHue HeKOTopwx BBicKa3aHHBix aBTopaMM o^hok KpuTMHecKoro xapaKrepa c6.MKaroT ero c aHa.MTMHecKMM u HayHHo- 203 liana goletiani ► PefyopMynupoeKU b meKcme KOMMeHmapua k poccuucKOMy nparcrunecKUM BHgaMH. ^T0 n03B0.aeT cge.aTB npegno.o^eHue 0 HeKOTOpOM ^aHpOBOM HeyCTOMHUBOCTU, BnOJHe 06'aCHUM0M b Bugy Ha6.rogaeMoro b Hacroam,uM MOMeHT yBe^uneHua ^T0^0 poga ropugunecKOM .urepaTypBi, btopuhhom nO 0TH0meHuro k 3aKOHOgaTe^BHMM goKyMeHTaM, ho KpaMHe B0CTpe60BaHH0M b C0BpeMeHH0M poccmmckom o6m,ecTBe. ,fl,a.BHeMmee u3yneHue 3tot poga ropugunecKoM .uTepaTypBi n03B0.uT yTOHHUTB ^aHpoByro Tuno.oruro. Bwge^eHMe mhhhmmbhoh 6a30B0M K0MMeHTupyrom,eM eguHu- b TeKCTe memoduneckux pekomehdav,uu n03B0flM.n0 ycraHOBUTB OCHOBHwe K0Mn0HeHTw TeKCTa KOMMeHTapua. K hum OTHOcaTca: pe^epepupyrom,aa ccBi.Ka Ha KOMMeHTupyeMyro HopMy, npaMaa HUTaTa M3 hopmbi, pe^opMy.upoBKa hopmbi, ee ou,eHKa u/u.u kom-MeHTapMM, MeTaKOMMyHMKaTMBHwe eguHu^i, c0np0B0»garorn,ue gpyrue K0Mn0HeHTw MKE Hto KacaeTca pe^epupyrom,eM ccbi.ku Ha CTaTBro 3aK0Ha u co-np0B0^garom,ux KOMMeHTapuM MeTaKOMMyHUKaTUBHBix eguHu^ to ohm o$opM.aroTca c n0M0^Bro K0HBeH^ua.BHwx g.a gaHHO-ro ®:aHpa peneBwx cpegcTB, bbi6op kotopwx BecBMa orpaHuneH. npu cpaBHUTe.BHOM aHa.u3e TeKCTa 3aK0Ha u TeKCTa KOMMeH-Tapua k HeMy u,e.ec006pa3H0 npuMeHeHue gaHHBix Teopuu pe-^opMy.upoBaHua. Pery.apHoM pe^opMy.upoBKe nogBepraroTca BBipa^eHua geoHTunecKoM M0ga.BH0CTu, TepMUHO.orunecKue H0Ba^uu, a6cTpaKTHwe u 0^H0HHBie noHaTua, cjo^HHe cuHTaK-cunecKue K0HcrpyKu,uu. KpaMHe mup0K0 npegcraB.eH K0Mn0HeHT 'npaMoe n,uTupoBaHue'. Pa3.uHHwe Tunw pe$0pMy.nup0B0HHBix aKTOB 6bi.u paCCMOTpeHBi C TOHKU 3peHUa ^yH^UOHmBHOM ce-MaHTUKu. Hau60.ee mup0K0 npegcraB.eHBi: ^K3eM^.u^uKa^ua, nepeuMeHOBaHua, nepenuc.eHue, cuHTaKCTunecKoe ynpom,eHue 204 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature u pa3BepTMBaHMe, yTOHHeHMe. Hx Mcno^B3OBaHue cnocoöcTByeT öo^tmeM noHSTHOCTM TeKCTa 3aKOHa, CHMTarom,eroca oahmm m3 CaMBix CaO^HHx M flMHâMMHeCKM pa3BMBaW^MxCa B COBpeMeHHOM poccuMCKOM npaBe. V 205 LIANA GOLETIANI ► pefyopmynupoeku b mekcme kommehmapua. k poccuückomy ^MTepaTypa BHATIA, VIJAY K., JAN ENGBERG, MAURIZIO GOTTI H DOROTHEE heller, 2005: Vagueness in normative texts. Bern: Peter Lang. BLAKEMORE, diane, 2007: 'Or'-parentheticals, 'that is'- parentheticals and the pragmatics of reformulation. Journal of Linguistics, 43, no. 2. 311-339. Cambridge University Press. busse, Dietrich, 1992: Recht als Text: linguistische Untersuchungen zur Arbeit mit Sprache in einer gesellschaftlichen Institution. Tübingen: Niemeyer. 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MocKBa: HayKa. 63-71. kpwkoba, e.a., 2000: 0 cpegcTBax gocTM^eHua tohhoctm Bwpa^eHua npaBoBwx HopM. npedcmaeumenbnaa. enacmb - XXI eeK: 3aKonodamenbcmeo, KoMMenmapuu, npoSneMU, Ne 4. 33-36. ahtbhha, maph3 2010: nucaTenu Hanucanu npe3ugeHTy. PEK daily, 16.12.2010. mehkobckah, h.b., 2000: 3aKoHw o6 aBTopcKux npaBax: MoganBHwe onepaTopw b guarHocTMKe ko..m3mm m TeHgeH^MM pa3BMTua. B: Eo^u^ecKuu ananu3 n3UKa. fobiKu ^muKu. nog peg H.,.ApyrroHoBoM, T.E. Hhko, H.K.Pa6^BoM. MocKBa: A3bikm pyccKoM KynBTypw. 293-305. nuroflKHH, a.c. (nog PEg.), 1990: %3UK 3aKona. MocKBa: WpugunecKaa nuTepaTypa. nH^EHKO, a.a., 2001: npaeo mo6pemamena.. McmopuKo-^o^MamunecKoe uccnedoeanue. Mocxea: Cmamym. 31.07.2011. . ^03M^Ma Ka^egpti WHECK0 no npoeKTy neTBepToM nacTM rK PO. 31.07.2011. . 208 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature poMAmoB, P.A.20l0: HHTep^peTa^Ma npaBa: .uHrBucTunecKuM m TexHMKO-ropugMHecKMM acnercrwi. B: WpucnumeucmuKa 10: XuH^60K0H$nuKm0M^M u wpucnpydeHU,w. nog peg. H.^. ro.eBa. H3g-BO A.t. yH-Ta. 52-58. ^APEB, A.ro., 2002: O npaBM.ax 3aK0H0gaTe.BH0M TexHUKM, Mcno.B3yeMwx npu HanucaHuu TeKCTa 3aKOHa. npedcmaeumenhHañ enacmh, Nfi 5/6. 29-33. mHPHHKHHA, M.A., 20l0: O HeK0T0pwx napaMeTpax MHTep^peTa^M0HH0^0 gucKypca b c^epe npaBa. B: Wpucnu^eucmum 10: XuH^60K0H$nuKm0M^M u wpucnpydeHV,w. nog peg. H.^. ro.eBa. BapHay., H3g-BO A.t. yH-Ta. 62-68. 209 liana goletiani ► PefyopMynupoeKU b meKcme KOMMeHmapua k poccuucKOMy Summary The changes taking place today in Russian legislation, with all its new subtleties, raise the issue of making legal language comprehensible to the ordinary citizen. Dealing with this question largely depends on improvements in juridical procedures and making use of the best possible linguistic resources. At the same time, there are some areas of legislation where typically, on the one hand, there are profound changes in the laws themselves while on the other hand, they are governed by their relationship to this law. These areas include that of intellectual property rights, which are codified in the Russian Federation's Civil Code, Chapter IV. The wording used in the chapter in question was used as material for discussion regarding the clarity and comprehensibility of legal texts. It was found that, in its legal formulations, this document uses an excessive amount of new and borrowed terms, approximate and ethical concepts, nominalizations and complex syntactic structures, thus making it more difficult to make sense of the legislation. In overcoming comprehension difficulties regarding new legislation a key role is played by the practical commentary which accompanies the law. Acting as a kind of text-broker, this commentary interprets and clarifies the law, thereby fostering the successful understanding of legal rights throughout the whole population. The commentary examined in the current study offers guidelines regarding recommendations for the application of provisions pursuant to Part IV of the Russian Federation Civil Code, issued by the Russian Federation Chamber of Commerce and Industry. This text is of linguistic interest in terms of its structure, core content and discourse techniques which aim to ensure that anything that cannot be understood by the layman 210 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature is "filtered out". The methods adopted in the comparative analysis of the legal-normative text and the commentary were those employed in other works analysing the reformulation of acts in different forms and types of communication. The unit of analysis adopted was the minimum commentary unit - the main component of any commentary text. In the Guidelines the size of the unit may vary, extending over one or more sentences or even paragraphs. It is made up of various combinations of the following components: a reference to a commented-on text, a direct quote from a legal text, a reformulated norm (with or without indication) and the actual commentary itself, as well as meta-communicative devices accompanying other components of the unit which is being commented on. This article offers an analysis of some of the most productive types of reformulating techniques found in the Guidelines. These are principally: exemplification, renaming, syntactic simplification and rearrangement, enumeration and precision. Liana Goletiani PhD in Slavic Languages at Frankfurt Goethe University, is a Tenured Researcher in Russian Language and Translation at Universita Statale di Milano, Faculty of Political Science, where she teaches in the degree programme in Linguistic and Cultural Mediation. Her publications and research are mainly concerned with pragmalinguistics and conversational analysis. She is the author of the book about communication failures in Russian and Ukra-nian dialogue (Kommunikativnaja neudaca v russkom i ukrainskom dialoge, Verlag Otto Sagner 2003). Her current research interests include the investigation of public communication and legal discourse in a sociolinguistic and textlinguistic perspective. 211 Eine ganz andere Ges^i^te. Equity, Re^t und Literatur $ maüro barberis ► barberis@units.it SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature Der Sammelband The Concept of Equity. An Interdisciplinary Assessment (Universitätsverlag Winter, Heidelberg 2007), herausgegeben von Daniela Carpi, ist ein gelungenes Beispiel für den Forschungsansatz des Law and Literature. In den drei Teilen dieses Artikels werden hierzu drei kritische Anmerkungen vorgebracht: a) Literatur- und Rechtswissenschaft sind klar zu trennen, b) in der Rechtstheorie sowie in der Rechtsgeschichte ist zwischen "externer" Billigkeit als ethischem und "interner" Billigkeit als rechtlichem Problem zu unterscheiden, c) die Geschichte der Billigkeit lässt sich auch anders lesen: keine "gute" Billigkeit gegenüber "schlechtem" Recht, sondern gerade umgekehrt. EQUITY, RECHT, LITERATUR, GESCHICHTE Reading The Concept of Equity. An Interdisciplinary Assessment (Universitätsverlag Winter, Heidelberg, 2007), edited by Daniela Carpi, is a good example of the Law and literature approach. In the three sections of this paper, however, three qualifications to this approach are produced: a) literary criticism and legal theory remain different matters; b) legal theory, and legal history too, have to distinguish external from internal equity, which are branches of morals and law respectively; c) a different story of equity is possible: not good equity vs. bad law, but just the opposite. EQUITY, JUSTICE, LITERATURE, HISTORY 213 mauro barberis . Eine ganz andere Geschichte. Equity, Recht und Literatur Vgl. D. Carpi (Hrsg.), The Concept of Equity. An Interdisciplinary Assessment, Univer-sitatsverlag Winter, Heidelberg, 2007. Eine Darstellung findet sich in G. Minda, Postmodern Legal Movements. Law and Jurisprudence at Century's End, New York/ London, New York University Press, 1995, S. 149-166 (ital. Übers.: Teorie postmoderne del diritto, Bologna, Il Mu-lino, 2001, S. 247-276). Ein kontinentaleuropäisches Beispiel findet sich in F. Ost, Raconter la loi. Aux sources de l'imaginaire juridique, Paris, Odile Jacob, 2004. 0. EINLEITUNG Der Sammelband The Concept of Equity. An Interdisciplinary Assessment, 2007 von Daniela Carpi herausgegeben, kann als gelungenes Beispiel für den als Law and Literature bezeichneten Forschungsansatz an der Schnittstelle von Rechts- und Literaturwissenschaft gelten.1 Gleichwohl erscheinen drei Präzisierungen angebracht, die in den drei Abschnitten des vorliegenden Artikels erörtert werden. Erstens ist Literaturkritik klar von Rechtstheorie und juristischer Doktrin abzugrenzen, zumindest sofern es sich nicht um rechtshistorische Betrachtungen handelt. Zweitens wird am Beispiel der equity die Bedeutung der Unterscheidung zwischen "externer Billigkeit" (equitä esterna) als Alternative zum common law und "interner Billigkeit" (equitä interna) als Faktor bei der Anwendung des Rechts deutlich, wenngleich das Beispiel England zeigt, dass externe Billigkeit mit der Zeit fast zwangsläufig im Recht aufgeht. Drittens legt gerade das Beispiel der equity eine andere Version der Geschichte der Billigkeit nahe als die, die gemeinhin erzählt wird: gewissermaßen nicht "gute" Billigkeit gegen "böses" Recht, sondern gerade umgekehrt. 1. RECHT, LITERATUR UND GESCHICHTE Der Band The Concept of Equity. An Interdisciplinary Assessment stellt ein gelungenes Beispiel für die Forschungsrichtung Recht und Literatur (Law and Literature) dar, die nach ihren mehr als dreißig Jahre zurückliegenden Anfängen an den amerikanischen Law Schools seit geraumer Zeit auch in Europa Fuß gefasst hat.2 In ca. 20 Beiträgen befassen sich Literaturwissenschaftler und Juristen, insbesondere Komparatisten, mit der equity, jenem Teilbereich des englischen Rechts, 214 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature der sich zunächst parallel zum common law entwickelte, im 17. Jahrhundert mehr und mehr mit ihm in Konflikt geriet und durch die Judicature Acts (1873-1875) schließlich mit dem common law zusammengeführt wurde, jedoch bis heute in Gestalt von Rechtsinstituten wie dem trust oder dem Konzept der equity of the Statute in der Auslegungspraxis im englischen Recht nachwirkt. Auf einige der in dem genannten Band enthaltenen Beiträge wird noch gesondert eingegangen, zunächst soll jedoch der Zweck des Unterfangens erörtert werden. Die Forschungsrichtung Recht und Literatur lässt sich bis zur Monographie The Legal Imagination (1973) zurückverfolgen, deren Verfasser James Boyd Whites - wie auch die späteren Vertreter dieses Ansatzes - die Einführung von literaturwissenschaftlichen Kursen an den bis dahin streng technizistisch geprägten nordamerikanischen Law Schools befürwortete. Die Forderung stand im Kontext weiterer "Recht und..."-Ansätze, wie Recht und Wirtschaft (oder Ökonomische Analyse des Rechts), Recht und Gesellschaft (oder Rechtssoziologie), Recht und Wissenschaft, Recht und Rasse, Recht und Geschlecht usw., aber auch im Zusammenhang mit einer allgemeinen Rückkehr der nordamerikanischen Kultur zu den kontinentaleuropäischen Humanities, im Bereich der Philosophie noch mehr als in der Rechtswissenschaft - man denke nur an den Erfolg des französischen Poststrukturalismus in den Vereinigten Staaten oder auch an den Wechsel von Philosophen wie Richard Rorty an Fakultäten für Humanities. Es sei hinzugefügt, dass diese Entwicklung aus einem kontinentaleuropäischen Blickwinkel im Allgemeinen und einem italienischen im Besonderen nicht nur eine Rückkehr, sondern gleichsam einen Rückfluss darstellt - nicht etwa in dem Sinne, dass sie keine neuen Erkenntnisse mit sich brächten3, sondern weil ursprünglich europäische, zunächst in die Vereinigten Staaten exportierte und später nach Vgl. z.B. R. Marra, Una giustizia senza diritti: Billy Budd di Hermann Melville (2006), in ders., La religione dei diritti. Durkheim -Jelinek - Weber, Turin, Giappichelli, 2007, und V. Zeno-Zencovich, G. Rojas Elguera, Storia di scrittori falliti e di fallimenti letterari, in "Materiali per una storia della cultura giuri-dica", 2007, S. 289-312. 215 mauro barberis . Eine ganz andere Geschichte. Equity, Recht und Literatur Bereits geäußert wurden die hier angedeuteten Bedenken in M. Barberis, Deconstructing Gary, Einleitung zu G. Minda, Teorie postmoderne del diritto, Bologna, Il Mulino, 2001, S. vii-xix. Eine Bestätigung findet sich etwa in P. G. Monateri, Black Gaius. A Quest for the Multicultural Origins of the Western Legal Tradition (2000); zu Einwänden hierzu vgl. zumindest E. Can-tarella, Diritto romano e diritti orientali, in Scrit-ti in ricordo di Barbara Bonfiglio, Giuffre, Mailand, 2004, S. 101-117. Zu dieser Dichotomie vgl. D. R. Papke, Problems with an Uninvited Guest. Richard A Posner and the Law and Literature Movement, in «B. U. L. Review», 69, 1989, insb. S. 1070 Nr. 18. Europa reimportierte Ansätze alle Gefahren einer verfremdenden Rückübertragung bergen4, wie in dem Bonmot des italienischen Juristen Giovanni Tarello deutlich wird: ebenso wie aus dem Ausspruch "Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach" nach Übersetzung in eine andere Sprache und anschließender Rückübersetzung "Der Schnaps ist stark, aber das Fleisch ist ungenießbar" zu werden drohe, könnten auch kulturelle Motive, die in Kontinentaleuropa mindestens seit der Aufklärung als überholt gelten, nach ihrer Aufbereitung in den USA mit einem (post)modernen Anstrich zu uns zurückkehren. Besonders in der italienischen Rechtskultur - und hier nicht nur in den nicht-exegetischen Fächern wie dem Römischen Recht, der Rechtsphilosophie oder der Rechtsgeschichte, sondern auch im Bereich des positiven Rechts, wie dem Zivil-, Straf- oder Prozessrecht - hat es immer schon eine derart umfangreiche (und minderwertige) Literatur gegeben, dass Neuerscheinungen - auch gute - geradezu gefürchtet sind. Auch jenseits aller Vorurteile ist das Forschungsprogramm des Bereichs Recht und Literatur in der Tat wenig ermutigend. Dies gilt für beide Forschungszweige innerhalb dieses Bereichs, also sowohl für "Recht in der Literatur" (law in literature) als auch für "Recht als Literatur" (law as literature).5 In dem theoretisch weniger anspruchsvollen Zweig "Recht in der Literatur", dem ein großer Teil der Beiträge in dem angegebenen Band zuzurechnen sind, begnügt man sich mit Überlegungen zu juristischen Themenbereichen, die bei großen und kleinen Erzählern von Homer bis Franz Kafka wiederkehren. In dem Zweig "Recht als Literatur" sind die theoretischen Ansprüche höher, aber auch widersprüchlicher. Wie jeder andere Teilbereich der menschlichen Kultur, in dem Texte produziert werden (vom phi- 216 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature losophischen Traktat bis zum Telefonbuch), ist auch Recht Literatur, wenn auch eine spezifische Literatur mit den ihr eigenen Regeln. Ein tieferer Einblick in die Schreibregeln juristischer Textsorten, wie Gesetz, Gesetzbuch, Urteil, Urteilsanmerkung, rechtsdogmatischer oder -theoretischer Aufsatz) könnte sicherlich zum Selbstverständnis der Juristen beitragen, auch zu jenem der Rechtstheoretiker bzw. -analytiker, die nicht selten die literarische Natur und damit das Erfordernis der Lesbarkeit der von ihnen verfassten Texte übersehen. Allerdings hat dieses Selbstverständnis als Literatur Schaffende bisher allenfalls Metaphern von zweifelhaftem heuristischem Wert hervorgebracht, so zum Beispiel bei Ronald Dworkin, der in der common law-Rechtspre-chung eine Parallele zum chain novel sieht.6 Eine differenziertere Betrachtung ist allerdings für ein besonderes literarisches Genre erforderlich, nämlich für die Geschichtsschreibung, insbesondere im Bereich der Rechtsgeschichte. Diskutiert werden mag zwar über Eigenschaften und Bedeutung des narrativen und das interpretativen Elements oder der Technik des storytelling, das einen konkreten Beitrag der Literaturwissenschaft zum Recht und allgemein zur Ethik darstellt7, doch zweifellos sind diese Elemente unmittelbar relevant für die Geschichtsschreibung, auch für die juristische. Schließlich erzählen auch Historiker Geschichten, und eine Proble-matisierung der Regeln ihres literarischen Genres könnte für sie nur mit Vorteilen verbunden sein. Gleiches ließe sich freilich auch über die Geschichte der equity sagen sowie ganz allgemein über jene der Billigkeit, die Gegenstand dieser Anmerkung ist. Insbesondere von der Billigkeit lässt sich eine alternative Geschichte erzählen, die im Folgenden skizziert werden soll. Hingewiesen wird hier auf R. Dworkin, How Law is Like Literature (1983), in ders., A Matter of Principle, Cambridge, MA, Harvard University Press, 1985, S. 146-166. Gemeint ist, dass jede ethische Bewertung die Kenntnis und damit auch eine detaillierte Erzählweise der Tatsachen voraussetzt; es ist nicht die Rede von den verschiedenen "Ethiken" des Lesens, bei denen es in der Regel nur um ästhetische Gesichtspunkte geht; ein lesenswerter neuerer Beitrag hierzu ist E. Raimondi, Unetica del lettore, Bologna, Il Mulino, 2007. 217 mauro barberis . Eine ganz andere Geschichte. Equity, Recht und Literatur Vgl. U. Mattei, P. G. Monateri, Introdu-zione breve al diritto comparato, Padua, Cedam, 1997, S. 63. Vgl. M. Bussani, F. Fio-rentini, The Many Faces of Equity. A Comparative Survey of the European Civil Law Tradition, in D. Carpi (Hrsg.), The Concept of Equity. An Interdisciplinary Assessment, Universitätsverlag Winter, Heidelberg, 2007, S. 101-134. Der Beitrag ist eine lohnende Alternative zu sperrigeren Darstellungen der Begriffsgeschichte, wie P. Silli, Stichwort "Equità" in Digesto delle discipline privatistiche, 4. Auflage, Turin, Utet, 1991, Bd. VII, S. 477-498. Im Italienischen wird auch dieser Begriff mit equita (dt.: Billigkeit) wiedergegeben, besonders in feststehenden Ausdrücken wie "justice as fairness" (dt.: Gerechtigkeit als Fairness), mit der die Gerechtigkeitstheorie John Rawls' bezeichnet wird; die Konnotationen des englischen Begriffs sind allerdings recht weit von jenen des Begriffs "equity" entfernt. 2. EQUITY UND BILLIGKEIT Das Beispiel der Geschichte der equity - als Teil der Geschichte des englischen Rechts bzw. des europäischen oder abendländischen Rechtskreises - zeigt paradigmatisch Aufstieg, Triumph und Fall einer alternativen Form des Rechts, die sich von der in Europa und der westlichen Welt vorherrschenden Form unterscheidet. Die Unterschiede sind zumindest ursprünglich derart grundlegend, dass man zögern könnte, hier noch von Recht im engeren Sinne des Wortes zu sprechen, wie es in der westlichen Welt verstanden wird, und eher dazu neigt, die equity in die Nähe von Formen des Rechts im weiteren Sinne zu rücken, wie die Kadijustiz Max Webers, das prédroit Louis Gernets oder die verschiedenen Formen sozialer Regulierung (nicht professionell-juristisch, sondern politisch oder traditionell-religiös), von denen Komparatisten wie Pier Giuseppe Monasteri sprechen.8 Vor den weiteren Ausführungen ist jedoch eine Klärung der Beziehung zwischen den Begriffen equity und Billigkeit (equità) notwendig, sowie die Abgrenzung zweier deutlich unterschiedlicher Bedeutungen von Billigkeit. "Equity" hat sich zwar zur Bezeichnung eines bestimmten Teils des common law und des englischen Rechts entwickelt, doch gehört es - wie in dem lesenswerten Beitrag von Francesca Fiorentini und Mauro Bussani in dem angegebenen Band dargelegt9 - zu einer Gruppe von Wörtern (wie auch griechisch "epieikeia", lateinisch "aequitas" und "clementia", italienisch "equità" und, gleichfalls im Englischen, "fairness"10), die jeweils ganz unterschiedliche Phänomene beschreiben, die sich jedoch alle um eine von zwei zentralen Modellvorstellungen gruppieren lassen. Die erste, für die ich den Begriff externe Billigkeit (equità esterna) vorschlage, ist eine Reglementierung des menschlichen 218 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature Verhaltens als Alternative zum Recht im engeren Sinne: keine festen Regeln, unscharfe Abgrenzung zur Moral, geringer Formalisierungs-grad, keine Herausbildung eines Juristenstandes. Rechtliche Probleme werden hier von einem Philosophenkönig, einem alten Weisen oder einem Kadi gelöst, der sich nicht auf Gesetze, Prozesse oder formale Vorgaben stützt, sondern allein auf sein Gewissen oder seinen Gerechtigkeitssinn.11 Die zweite Modellvorstellung, für die ich den Begriff interne Billigkeit (equitä interna) vorschlage, ist als Reglementierung des menschlichen Verhaltens nicht alternativ, sondern komplementär zum Recht im engeren Sinne zu sehen und setzt dieses Recht sogar voraus. Bei der Anwendung des ius strictum werden die besonderen Umstände des jeweiligen Falles berücksichtigt, und nur in Ausnahmefällen - wenn das summum ius einer summa iniuria gleichkäme - kommt es zur Nichtanwendung des Rechts und einem Urteil, das sich auf die externe Billigkeit stützt.12 Bei der englischen equity scheint nun eine Entwicklungslinie vorzuliegen, die diese beiden Pole miteinander verbindet. Sie gründet ursprünglich ganz auf der externen Billigkeit als Alternative zum common law und ist allein dem Gewissen des Lordkanzlers unterworfen, gerät später mit dem common law in Konflikt und kann mit der Entscheidung Jakobs I. von 1616 einen Pyrrhussieg erringen, doch nach der Glorious Revolution und dem erneuten Vormarsch der common lawyers wird sie durch die Bestimmungen der Judicature Acts von 1873-75 schließlich vom common law aufgesogen. Bekanntermaßen hat die equity ihre Wurzeln in den Appellen an das Gewissen des Königs, dessen "Hüter" der häufig dem Klerus zugehörige Lordkanzler war. Diese Appelle waren in den forms of action des common law formalisiert und zielten auf die Herstellung materieller Gerechtigkeit ab. Sie führten zur Herausbildung einer autonomen Literarischen Niederschlag hat diese Art der Billigkeit in der Figur des Armeleuterichters Azdak in Bertolt Brechts Kaukasischem Kreidekreis gefunden. Die Figur verweist ihrerseits auf biblische Vorbilder, insbesondere auf das Urteil des Königs Salomo. 12 Dies gilt ganz offensichtlich für die aristotelische epi-eikeia. Ihre klassische Beschreibung findet sich in Aristoteles, Nikomachische Ethik (ital. Übers.: Aristotele, Opere, Rom/Bari, La-terza, 1973, Bd. VII, S. 134f (V, 10, 1137b-1138a), vgl. hierzu wenigstens F. D'Agostino, Epieikeia. Il tema dellequita nellantichita greca, Mailand, Giuffre, 1973. 219 mauro barberis . Eine ganz andere Geschichte. Equity, Recht und Literatur 13 Vgl. G. Restivo, Shylock and Equity in Shakespeare's The Merchant of Venice, in D. Carpi (Hrsg.), The Concept of Equity. An Interdisciplinary Assessment, Universitätsverlag Winter, Heidelberg, 2007, S. 223-248. Das Standardwerk hierzu ist nach wie vor F. W. Maitland, Equity. A course of Lectures, Cambridge, Cambridge University Press, 1909. Zur equity of the statute als Gesamtheit der nicht sprachlichgrammatikalischen Auslegungsmethoden, die den Wortsinn - extensiv oder restriktiv - "korrigieren" vgl. insb. P. G. Monateri, The Prophetic Nature of Equity, in D. Carpi (Hrsg.), The Concept of Equity. An Interdisciplinary Assessment, Universitätsverlag Winter, Heidelberg, 2007, insb. S. 78-81. Rechtsprechung am Court of Chancery, die mit dem eigentlichen common law in Konflikt geraten musste, das in England als ius strictum und damit als Recht schlechthin galt. Besonders aufschlussreich über den im 17. Jahrhundert ausgebrochenen Konflikt zwischen equity und common law (als einem Aspekt des übergeordneten Konfliktes zwischen dem Absolutismus kontinentaler Prägung der Stuart-Dynastie und den parlamentsfreundlichen Ansprüchen der common lawyers) sind literarische Texte wie William Shakespeares Kaufmann von Venedig, den Giuseppina Restivo in ihrem Beitrag klug analysiert hat.13 Der Sieg des Parlaments und der Ansprüche des common law in der Glorious Revolution von 1688 läuten den Niedergang der equity-Recht-sprechung ein, nicht aber der equity selbst: einige ihrer Rechtsinstitute, wie der trust, sind noch heute wesentliche Bestandteile des englischen Rechts. Das Ende der eigenständigen equity-Rechtsprechung - wenn auch nicht der ebenfalls so bezeichneten Rechtsinstitute - wird mit den Judicature Acts von 1873-75 besiegelt, in denen die forms of action abgeschafft werden und die englische Gerichtsbarkeit neu geordnet wird 14 Heute ist die equity lediglich ein Teil des common law, für den dieselben Gerichte zuständig sind. Die "externe" Billigkeit ist also zu "interner" Billigkeit geworden. Exemplarisch nachvollziehen lässt sich dieser Wandel am Gebrauch des Begriffs in der Wendung "equity of the statute", mit der eine im Vergleich zur herkömmlichen statutory interpretation weniger buchstabentreue und formalistische Bedeutungszuweisung gemeint ist.15 Eine mögliche Lehre aus dieser Entwicklungslinie ist folgende: Im abendländischen Kulturkreis geraten eher moralisch oder politisch als juristisch geprägte Institute wie die externe Billigkeit, die ursprünglich in der Machtvollkommenheit einer Autorität lagen und auf die Herstellung materieller Gerechtigkeit abzielten, mit der Zeit 220 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature zwangsläufig in Konflikt mit der paradigmatischen Form des westlichen Rechts, nämlich dem Weberschen formal-rationalen Recht. Um dem unvermeidlichen Vorwurf der Willkürlichkeit zu entgehen, werden Institute wie die equity (die freilich nie ganz unabhängig vom ius strictum sind, wenn man mit Frederick Maitland davon ausgeht, dass das common law16 stets als Voraussetzung für die equity zu sehen ist) dazu neigen, das Recht im engeren Sinne nachzuahmen. Die Folge ist, dass diese Institute schließlich im ius strictum aufgehen und, wenn überhaupt, nur mehr eine ergänzende, behelfsmäßige und untergeordnete Rolle spielen. 3. EINE ALTERNATIVE GESCHICHTE DER BILLIGKEIT Betrachtet man den soeben skizzierten Entwicklungsgang der equity als plausibel, so erlaubt dies Kritik an der herkömmlichen naturrechtlichen Vorstellung von Billigkeit: der Vorstellung nämlich, die Billigkeit spiele in der abendländischen Ethik stets die Rolle des "Guten", das Recht jene des "Bösen". Dieses Bild ist insbesondere in den naturrechtlichen Ausdeutungen der Geschichte des abendländischen Rechts verwurzelt. Sie beginnt in diesen Fällen mit der Ablehnung Platos des gleichen Rechtes für alle, das doch nur ein starrköpfiger, blinder Tyrann wäre, fährt fort mit der aristotelischen Lehre der fronensis und der epieikeia als Einzelfalljustiz sowie der aequitas des römischen und später des kanonischen Rechts und mündet schließlich - unter Auslassung des Übergangs zu verschiedenen Formen positiven Rechts in England und Kontinentaleuropa - in die aktuellen Neuformulierungen des ethischen Partikularismus.17 Bei dieser Lesart - in der die Billigkeit der Entwicklung des ius wie eine Art Schatten, Gegenspieler oder auch Schutzengel folgt - spielt Vgl. F. W. Maitland, Equity, zit. nach d. ital. Ubers. (L'Equita,, Mailand, Giuffre, 1979), S. 42 ("aequitas sequitur legem") und S. 22f (die Festlegung des Vorrangs der equity und common law im Art. 25 des Judicature Act von 1873 darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die beiden Rechtsmassen nicht miteinander konkurrieren, sondern einander vielmehr ergänzen.) Repräsentativ für diese Neuformulierungen ist vor allem das Werk Jonathan Dancys, insbesondere Moral Reasons, Oxford, Blackwell, 1993, und Ethics without Principles, Oxford, Clarendon, 2004. 221 mauro barberis . Eine ganz andere Geschichte. Equity, Recht und Literatur Zu Beispielen vgl. M. Barberis, Benjamin Constant. Rivoluzione, costituzione, progresso, Mulino, Bologna, 1988, S. 271-300. das Recht fast immer die Rolle des "Bösen", die Billigkeit jene des "Guten". Tatsächlich steht in der Literatur die Billigkeit häufig für den natürlichen Gerechtigkeitssinn, die Stimme des Gewissens oder des Herzens, das Recht hingegen für die kalte Vernunft, und hierbei noch nicht einmal für die natürliche Vernunft im Hobbes'schen Sinne, sondern für die künstliche Vernunft Edward Cokes, die sich nur durch das mühevolle Durcharbeiten von Bergen staubiger Wälzer erschließt. Am Anfang hätten Gerechtigkeit, Billigkeit, die Stimmen des Gewissens und des Herzens gestanden; dann hätte das kalte Recht alles in die harte Schale seiner formalen Zwänge gepresst, und nur dort, wo diese Schale Risse bekäme, könnte die Billigkeit durchsickern und mithin wieder ans Licht kommen. Nun lassen Aufstieg und Fall der equity aber auch eine völlig andere, alternative Lesart der Geschichte der Billigkeit zu. Sieht man die Geschichte des abendländischen Rechts als Geschichte des Konstitutionalismus, der Herrschaft der Gesetze, die die Herrschaft von Menschen allmählich ablöst, so stellt sich die Frage: auf welcher Seite steht dabei die Billigkeit? Auf der Seite der Herrschaft der Gesetze oder auf der Seite der Herrschaft von Menschen? Die Antwort fällt nicht schwer. Bereits die aristotelische epieikeia ist nur noch ein Abglanz des platonischen Philosophenkönigs, die dementia im römischen Reich und später im Kirchenrecht rechtfertigen die Verletzung der Garantien des geschriebenen Rechts, und dies gewiss nicht zugunsten der Untertanen bzw. der Gläubigen, sondern zum Vorteil von Despoten an der Spitze von Reich und Kirche, und auch die equity selbst, die von den Stuarts gegen common lawyers wie Coke verteidigt wurde, fügt sich nahtlos in diese alternative Geschichte ein. Billigkeit ist, wie Benjamin Constant es ausdrückt, einer der besten Vorwände für das Arbiträre.18 $ [Aus dem Italienischen übersetzt von Ralph Ackermann] 222 SLAVICA TERgestina 13(2011) > Law & Literature Summary The recently published volume The Concept of Equity. An Interdisciplinary Assessment (Universitätsverlag Winter, Heidelberg, 2007), edited by Daniela Carpi, is a good example of the Law and literature approach in the studies of English literature. However, this approach calls for further assessment in three particular problem areas, which this paper attempts to address. It first has to be pointed out, that literary criticism is essentially foreign to the theory of law, even though some parallels do exist, when both fields are viewed historically. The second problem is the understanding of equity itself: it calls for differentiation between external equity, which can be viewed as an alternative to common law, and internal equity, which is an in independent factor of fairness, even though external equity - as shown in the case of English literature - often becomes internal in relation to the law. The third topic is the possibility of a different story of equity: the one that is not based on the opposition between good equity and bad law, but confronts the concepts of bad equity the good law. Mauro Barberis is a full professor of legal philosophy in the Faculty of Law, Trieste's University. His subjects are legal and political history and general jurisprudence. His more recent books include Etica para juristas (in Spanish, 2007), Europa del diritto (2008), Giuristi e filosofi (2011), Manuale di filosofia del diritto (2011). 223 SLAVICA TSRgestina