Beilage zur Kaibacher Zeitung. H 5». Vierter Jahrgang. " 24. Dezember R86O. Der Fischer und die Meerfrau. ^s saß ein Fischer ill seinem Kahn Und klagte die Mächte des Schicksals an. Das hörte die Mecrfrau bei Spiel und Tan;, Und sticg ans den Fluten im Kronenglanz. „Ich will Dich bedenken, mein Fischcrlcin » „Und segnen in Fülle die Netze Deiu!" Das Wort war verklungen am felsigen Hang, Daö Schifflcin belastet mit köstlichem Fang. ! „Ei," rief da der Fischer, „daö nenn' ich hold, — ! „Doch schaut ich noch lieber die Fischlein vou Gold!" ! Die Mccrfrau erfüllte auch dieses Begehr, ! Doch wogeu die Massen dcS Goldes zu schwer. Und Fischer und Fische und Nachen zur Stund, i Sie sanken und schwanden hinab in dcu Grund. i Zwei Finger. Erzählung von M. Pardoe. .-«Sor etwa dreißig Jahren stand an der Hochstraße, die ! von Paris nach Vordeaur führt, aui äußersten Ende eines > Landstäotchenö, in der Nähe von Tours, ein freundliches ! Wirthshaus mit hellgetünchten Mauern und einem sich lustig ! schwingenden Schilde, welches daö Bild des „großen Königs" — auch Heinrich IV. genannt — trug. An jeder Seite ! und im Rücken des Hauses befanden sich ausgedehnte Gärten, z die sorgfältig gepflegt waren, und die üppigen Lauben, die ! schattigeil Baume, und bunten Blumenbeete umrahmten das ^ Ganze so reizend, daß es mehr der Villa oder dem Schlosse ! eines wohlhabenden Grundbesitzers, als einem bloßen Hause ! für öffentliche Unterkunft glich. ^ Es war daher nicht zu wundern, daß es der Lieblings. ^ ruheplatz der Reisenden, Postillone und Kaufleute war: und es geschah wirklich selten, daß „der große König" keine anderen Gäste, als die eigenen Inwohner ^beherbergte. Das ! Innere des Hanfes war nicht minder einladend als sein ! Aeußeres; denn die weißen Mauern und grünen Fensterläden ! versprachen außen nicht weniger Behaglichkeit und Reinlich- keit, als die wohlgeordneten und freundlichen Zimmer dar« innen. Im Erdgeschoß befand fich eine große Eingangshalle, auö welcher man rechts in das Speisezimmer trat; links lag die geräumige Küche, wo die Kochgeschirre im Schim« mer eines großen Feuers, das lustig im Kamin loderte, hell glänzten, und woraus der verführerische Duft von manchem gut gekochten Gerichte den scharfen Appetit deS hungrigen Wanderers nicht wenig reizte. Ordnung und Reinlichkeit waren überall bcmerklich, — seltene Eigenschaften eines französischen Straßenwirthshauses; keine gebrochene Fensterscheibe, ! keine lockere Thürangel, keine Handvoll verrotteten Gemüses, weder vor noch neben dem Hause; Alles war gefegt, auf« ! geputzt und geordnet, als hätte man hier nie etwas von z Schmutz und Rachlässigkeit gehölt. Es war an einem Novemberabend im Jahre 1818; > der Sturm heulte und tobte draußen, und der Regen plät« scherte in Strömen nieder, als Herr Cbrard, der würdige Wirth »zum großen König," seine drei Kinder und ein Nach« bai, der am traulichen Herde Schutz gegen daS stürmische Wetter gesucht hatte, au einem ungeheuren Feuer von Fichten^ stammen saßen, im gemüthlichen Geplauder über die Neuigkeiten des Städtchens, und sich jenes Behagens erfreuten, das nur Jene kennen, die das Bewußtsein der Sicherheit vor den Unbilden eines solchen Sturmes fühleu. „Da höre Einer den Regen!" rief Ebrard nach einer Pause, als der Sturm lauter und wilder heulte. „Dieß ist der dritte Tag, daß es schüttet ohue Aussicht auf Vesser-werden. Als ich Abends das Haus schloß, sah ich nach den Wolken, und hätte eben so gut meinen Hutdeckel ansehen können, denn iie waren eben so schwarz und hoffnungslos. Selbst der Wind hat keine Macht mehr, Alles ist finster, wie die Kamindecke. Niemand ist wohl toll genug, bei sol« chem Wetter an das Reisen zu denken; daher, Nachbar, meine ich, würde es weise sein, unsere Füße auf die warme Asche zu strecken, und uns einen guten Abend anzuthun. Marie," fuhr er fort, und wendete sich an ein junges Mao« chen, das neben ihm saß, „geh' und hole zwei Flaschen vom Besten. Dn weißt wo er ist; an der linken Seite im hin-tern Theile des Kellers." Bei diesen Worten, die in einem rauhen und befehlenden Tone gesprochen wurden, fuhr das junge Mädchen auf, als ob es aus einem Traume erwachte; es warf, wie es schien instinktmäßig, einen stolzen, unwilligen Vlick auf 198 den Sprecher, faßte sich aber augenblicklich, zündete eine kleine Handlaterne an, und verließ ohne Bemerkung oder Einwendung das Zimmer. „Ah," sagte der Wirth mit einem unterdrückten, hei» sern, kichernden Gelachter. „Frl. Marie will die große Dame spielen, wie Ihr wißt, Nachbar; aber da Stolz und Armuth nur schlecht ziehen in einen: Joche, so weiß sie, daß sie gehorchen muß, wenn ich befehle; und so macht's nicht viel." «Sie ist ein schönes Mädchen!" erwiderte sein Freund bewundernd. „Sie könnte es sein; sie könnte es sein, wenn sie Vlut in ihren Adern hätte," war die frostige Antwort; „aber sie ist nicht nach meinem Geschmack, obschon sie für Euren passen mag. Doch, was nicht zu ändern ist, muß man ertragen; das wissen wir Alle." Wer immer das junge Madchen hätte sehen können, als es die Laterne anzündete, und dann mit dem Wein in der Hand zurückkehrte, mußte von der Unbeweglichkeit der Gesichtszüge und der außerordentlichen Blässe der Wangen überrascht werden; denn keine Marmorbüste konnte ein kälteres und unempfindlicheres Aussehen haben. Ihre Schön» heit war nicht gewöhnlicher Art, und sowohl ihr Gesicht, als ibre Gestalt waren vollendet, aber diese Schönheit und Vollendung hatte ein überirdisches Gepräge und war unver» einbar mit den S;cncn und Leuten, unter denen sie lebte. ! Sie war nicht Hrn. Ebrard's Tochter. So frech konnte die Natur nicht sich selbst belügen. Sie war die Tochter eines Kaufmannes von großem Vermögen und hoher Stellung, der > aber, nachdem er sich durch unkluge Spekulationen ruinirt und nicht hinlängliche moralische Kraft hatte, seinem Unglück die Stirne zu bieten, seinem Leben ein Ende machte, und > dadurch eine Witwe und eine hilflose Waise ohne einen Heller hinterließ, um mit einer Welt zu kämpfen, die ihn. den starken Mann, überwältigt hatte. Eine seltsame Feigheit, aber nicht so selten als seltsam. Madame Delfour, nicht nur an Wohlsein, sondern an jeden Lurus des Lebens gewöhnt und noch jung und schön, ^ entsetzte sich so über die Vettelarmuth, die ihr ins Gesicht starrte, daß, als sie sah, wie ihre letzten Franken sich in Sous verwandelten, sie sich nach hartem Kampfe entschloß, ihre Hand dem Wirth „zum großen König" zu schenken, ! um sich und ihrem Kinde das Vrot zu sichern; aber das Opfer war zu groß. Jede Gewohnheit, jede Erinnerung ihrer Jugend war der Sphäre, in der sie sich befand, entgegengesetzt; und obschon sie sich mit fast wahnsinniger Zärtlichkeit an die kleine Marie klammerte, so war doch selbst die Mutterliebe zu schwach, um dem Elend und der Schmach ihres neuen Lebens entgegen wirken zu können. Sie welkte hin und starb, und das arme Mädchen blieb allein zurück, um für das Verbrechen des Vaters zu büßen. Herr Ebrard hatte bald seine kränkelnde und traurige Frau vergessen und durch eine andere ersetzt, die weniger schön, aber für seine Lebensweise paffender und ihrer Stel- lung angemessener war; eine gute, gemüthliche, dralle, rührige Hauswirthin, die ihm an Energie und Wirthschaftlich-keit beinahe gleichkam. Aber es war vom Schicksal verhängt, daß er in seinen Heiratsspekulationen unglücklich sein sollte, da nuch diese, nachdem sie ihm zwei Knaben geschenkt hatte, ihn zum Witwer machte; worauf Herr Ebrard, der sich vom Schicksal sehr beintrachtigl, hielt, und überdieß bedachte, daß Marie Delfour rasch in das arbeitsfähige Alter trat, den Entschluß faßte, sich selbst zu genügen, und seine behäbige Wirthschaft vom Anfang bis zum Ende eigenhändig zu besorgen. „Ich habe die beiden äußersten Fälle versucht," erörterte er mit sich selbst; „ich habe iu dem Lurus einer Welt--dame geschwelgt, die keinen Heller besaß, aber die Moden, wie ich meines Wcinhändlers Rechnung, im kleinen Finger hatte, und damit aufhörte, daß sie starb und mir ein Kind hinterließ, das nicht von mir ist; und was hatte ich von ihr? Ich fühlte in jeder Stunde des Tages, daß sie sich meiner schämte, daß sie über mich erröthete, daß ich ihr weder recht reden noch thun konnte, und daß sie zu stolz war, um mich zu tadeln, während sie nicht zu hochmüthig war, mich zu verachten. Nun, und was war das Ende davon? Ich war Witwer und hatte Marien am Halse, die nach einem Jahre zu schreien ansing, wenn sie ein Reisender hübsch fand, oder ein unternehmender Verehrer ihr von Liebe vorschwatzte. Was sollte ich thun? Natürlich versuchte ich's nochmal, und dicßmal ging's besser, denn ich brauchte mich nicht zu fürchten, konnte Herr in meinem Hause sein; aber jetzt bin ich wieder ein Junggeselle, mit zwei Vuben — dicßmal meine eigenen, wie ich glaube — und ich denke, es wird gut sein, wenn ich nicht noch ein Mal riskircn will, meine Familie zu vermehren. Ich habe die Weiber satt; sind sie unnütz, so zerzausen sie einem das Herz im Leibe, und kann man sie brauchen, so sterben sie." Man konnte Hrn. Ebrard nicht einen Schwärmer schelten. „Komm', komm', Marie!" rief er, als sie in die Küche zurückkehrte, „willst Du über Nacht im Keller bleiben? Du mußt Dich etwas mehr sputen, denn ich kann Dich nichr als Schaustück auffüttern, und wenn auch, würde ich mit Dir wenig Ehre aufheben, so lange Dein Gesicht blaß ist, wie ungebackener Teig, und Dcine großen dunklen Augen hinstarren, als sähen sie ein Gespenst vom Morgen bis in die Nacht. Habt Ihr < je so ein Mädchen gesehen?" fuhr er fort, indem er sich an seinen Nachbar wandte, „möchtet Ihr nicht meinen, sie habe aller Welt Kummer am Halse! — Nun. warum bringst Du keine Gläser? Sollen wir aus der stachen Hand trinken?" „Eure Gesundheit, Nachbar!" sagte der Gast, als cr sich das Glas vollschenkte, welches Marie gebracht hatte. Und der Wind polterte im weiten Kamin, und der Regen schlug so unablässig an die Fenster, als hätte der Sturm erst begonnen und noch nicht Zeit gefunden, sich auszu« ^ schnaufen. Die beiden Knaben schmiegten sich, halb erschreckt, halb ergötzt von dem Ungewitter draußen, in eine Ecke, 199 wahrend das bleiche Mädchen seinen Platz wieder einnahm und zu stricken begann und von Neuem in tiefe Gedanken versank. Plötzlich vernahm man zwei deutliche Schlage einer Reitpeitsche am Hausthore; die Männer schoben die Pfeifen aus dem Munde und horchten; die Knaben sprangen vom Vodcn empor, und Marie fuhr auf wie eine Person, die aus einem tiefen Schlafe aufgeschreckt wird. „Wer auf der Welt kann Das sein?" rief der Wirth, „doch kein Reisender, es hätte sich denn die Postkutsche verspätet; und überdieß —" Abermals hallten zwei Schläge durch die milche; und Hr. Ebrard nahm, obschon etwas zögernd, die Laterne, ging den breiten Gang entlang, der zum äußeren Thore führte, und fragte, ohne zu öffnen, mit rauher, ungeduldiger Stimme, wer draußen wäre? „Ein Reisender," lautete die Antwort, „wollen Sie mich noch eine Stunde im Regen lassen?" „Was wollen Sie?« war die nächste Frage. Was ich will? Nun, natürlich ein Nachtmahl und ein Vett, wenn ich nicht schon ganz ersäuft bin, ehe Sie mich einlassen." »Nun, sind sie nur nicht böse, mein Herr, wer Sie auch sind," brummte der Wirth, indem er den schweren Riegel zurückschob und den großen Schlüssel im Schlosse drehte, „Kommen Sie herein und bedenken Sie, daß, da unsere Gegend voll Räuber ist, ein Mann, der Etwas zu verlieren hat, schon Acht geben muß, wenn er nicht am Ende seine Thür Einem von der Vande öffnen will." Während er so sprach, hielt er die Laterne dem Frem« den unter die Augen. Die Untersuchung endete offenbar befriedigend, denn sein Benehmen änderte sich plötzlich; er machte eine ehrerbietige Verbeugung, hob einen Koffer, dcr an der Schwelle lag, auf die Schulter, schloß das Thor, und geleitete den Ankömmling in die Küche. Ein schöner, junger Mann warf seinen von Koth und Regen triefenden Mantel ab, machte, einen Sprung an das prasselnde Feuer, und sprach, indem er sich auf eine Vauk, Marien gegenüber setzte, mit einer hellen, fröhlichen Stimme.' „Dieß ist reizend, dieß ist köstlich, mein Herr Wirth! Hätten Sie mich erwartet, so hätte ich ke^n angenehmeres Willkommen finden können. Und nun muß ich sie schon bitten, mein Nachtmahl zu beschleunigen, denn ich muß morgen bei Tagesanbruch nach —, ich möchte daher sobald als möglich zu Bette gehen." „Alles ist in- zehu Minuten fertig," sagte Ebrard. „Aber entschuldigen Sie, wenn ich mir zu bemerken erlaube, daß wenn der Postwagen durch die Stadt kommt, Sie weiter fahren können, ohne hier übernachten und in der Morgen« dämmcnmg aufbrechen zu müssen." „Ha, ha!" lachte der Fremde; „Sie sind entweder sehr neugierig oder sehr furchtsam, Herr Wirth, denn Sie sind Ihr Mißtrauen noch nicht los geworden. Nun, zu Ihrer Beruhigung will ich Sie schon aufklären. Meine Familie wohnt in einem Landhause unfern der Stadt. Hätte ich nun meine Reise mit der Post fortgesetzt, so wäre ich gerade um Mitternacht angekommen, was ich um jeden Preis vermeiden wollte, während ich, wenn ich um sechs Uhr Morgens mit dem Voote abfahre, gerade zur Mittagszeit heimkomme. Sind Sie nun von der Ehrlichkeit meines Reisezweckes überzeugt?" „O, mein Herr!" lautete die etwas verlegene Antwort des Wirthes, als er dem schlauen Lächeln des jungen Mannes begegnete; „Sie haben mich völlig mißverstanden. Ein Blick in Ihr offenes, hübsches Gesicht genügte; obschon ich, aufrichtig gesagt, mir nicht erklären konnte, was Sie zur Einkehr bestimmen mochte, da Sie doch die Reise ohne Aufenthalt fortsetzen konnten." (Fortsetzung folgt.) Der astrologische Esel. „Zu Pferde, meine Edlen und Getrenen, zu Pferde! Es gilt, die Fährte des mächtigen Ebers zu verfolgen! Lasset die Hunde los, im Namen unseres Schutzpatrones, des hei« ligen Hubertus, zur Jagd, zur fröhlichen Jagd!" Mit diesem Zuruf bestieg Ludwig der Elfte, König von Frankreich, sein mulhig wieherndes Roß und ritt an der Spitze cincs glänzenden Gefolges dem Walde zu. Lustig ertönten die Jagdhörner, daß das Echo der schmetternden Fanfaren weithin erschallte; die Kavaliere zerstreuten sich im Gehölz, die Meute der Hunde auf die Spur des Wildes zu hetzen, und auch der König verlor sich, indem er sich dem Vergnügen der Jagd mit Eifer und Interesse hingab, immer tiefer in das Dickicht des Waldes. Plötzlich erblickte er ein Bäuerlein, das ihm auf dem Rücken seines Esels im langsamen Trott eutgegcnreitet, beim Anblick des Königs aber sein Thier, so viel dieß überhaupt möglich, zur größeren Eile anspornt, und nachdem er ihn erreicht hatte, folgendermaßen anredet.- „Mit Eurer Erlaubniß, Sire, ich möchte Ew. Majestät anrathen, für heute die Jagd zu unterbrechen. Es ist ei» i Gewitter im An;uge, das sich entladen wird, ehe Ew. l Majestät das Schloß Plcssis du Parc wieder erreichen können, und ich möchte Euch deßhalb den Vorschlag machen, in meiner niedern Hütte, deren Dach Ihr dort zwischen den Väu« ! inen hervorschimmern sehen könnt, Schutz gegen das hereinbrechende Unwetter zu suchen." „Wer hat Dich gelehrt, das Wetter vorher zu bestim- i meu, Du großer Lümmel? Glaubst Du, Ludwig von Frank- ! reich werde sich an die Vorhersagungen eines Bauern kehren? Du bist ein Einfaltspinsel, wenn Du Dir nur einen Augenblick einbildest, daß Wahrheit in Deinen Worten enthalte« ! sei;" so ließ sich ein Mann in schon vorgerücktem Alter vernehmen, dessen hoher Wuchs durch die reiche; pyautasiische Kleidung, welche er trug, noch mehr hervorgehoben wurdc. Ein langer, weißer Bart floß ihm bis zur Brust herab und das Obcrklcid wurde von einem kupfernen Gürtel zusammen- 2»tt ^ gehalten, auf dem die Zeichen des Thierkreises eingegraben h »varen. ^ Es war Galeotti, der berühmte Astrolog Ludwig des ^ Elften, den dieser in hohen Ehren hielt, mit Gaben über» ^ häufte und ohne dessen Rath er nichts unternahm. l Auch heute vor Veginn der Iagdparthie hatte er sein 5 Orakel befragt und von dem Weisen die Versicherung des l herrlichsten Wetters für dieselbe erbalten. z „Mein königlicher Herr," fuhr der Astrolog, sich an l Ludwig wendend, fort, „ich lese mit Sicherheit in den - Sternen, die Sprache jener zahllosen Welten ist mir ein ^ aufgeschlagenes Vuch, das mir die wichtigste, wie die geringste Begebenheit enthüllt. Setze «»besorgt die Jagd fort, die Gestirne verheißen Dir eine fröhliche Jagd und einen heitern ^ Himmel, und laß Dir Dein Vergnügen nicht durch die Albern« ^ heiten dieses VauerS stören." ' Auf diesen Nath des Weisen gab der König seinem Pferde die Sporen, und bald war er sammt seinem Astro- .. logen den Augen des ihnen kopfschüttelnd nachblickenden - Bauers entschwunden. Vald aber begann sich der Himmel mit dunklem Gewölk zu überziehen, der Sturm heulte durch die Vä'ume, daß sie sich seufzend bogen und ihre Zweige ängstlich knack-» ten, einzelne Tropfen sielen, zackige Blitze, gefolgt von rollenden Donnerschlägen, zuckten hernieder, und der König und Galeotti sahen sich, ehe sie sich recht zn besinnen ver« mochten, von einem furchtbaren Gewitter überrascht. i In der sie umgebenden Dunkelheit verloren ihre er« schrockenen Pferde den Weg und trabten mit ihnen auf gutes Glück in den Wald hinein. Der Ton des Jagdhornes verhallte in dem Ausruhr der Elemente, so daß sie sich endlich glücklich schätzten, als sie ermüdet und durchnäßt von dem jetzt in starken Strömen herabstürzenden Regen nach langem Umherirren zu der Hütte desselben Bauers gelangten, dessen Warnung vor kurzer Zeit so verächtlich verworfen worden. Dieser empfing die Verirrten mit biederer Gastlichkeit und führte sie zu dem Herde, auf dem ein lustiges Feuer ! flackerte, damit sie dort ihre nassen Kleider trocknen und ihre erstarrten Glieder wieder erwärmen konnten. Nachdem dieß geschehen, wendete sich der König, der nnter dem schützenden Dache seine gute Laune wieder gefun« den, mit der Frage an seinen Wirth, wer ihn denn so klug z gemacht, daß er die Veränderung der Witterung mit solcher Bestimmtheit vorauszusagen wisse. „Niemand anders, als mein Grauchen," entgegnete der ! Vauer, indem er auf seinen Esel deutete, der in einem Ver« > schlag bei der Hütte ausgestreckt lag. „Ist ein Unwetter im ! Anzug, so spitzen sich seine langen Ohren, er bewegt sie ! hin und ber, stampft unruhig den Boden mit seinen Füßen, j schreit oft und laut, und diese Anzeichen sind so untrüglich, , daß ich mich stets nach ihnen richte und sobald ich sie bemerke, nieine Hütte wieder zu erreichen beeile." „Nun beim Himmel," rief der König in spöttischem Tone, indem er sein durchdringendes Auge nach der Seite wandte, wo Galeotti saß, und seine Worte mit einem sar« kastischen Lächeln begleitete, „wenn sich die Esel als so gute Astrologen bewähren, so will ich recht gern glauben, daß die Astrologen Esel sind." Die Zigeuner in England. England hat noch eine ziemlich zahlreiche Zigeuner« bevölkerung, deren Zahl zwischen 19.000 bis 40.000 schwankt, und die unter einem eigenen Titular»Wahlkönig leben. Sie theilen sich in Stämme, worunter die Lees, Stanleys und Coopers die angesehensten sind. Ein großer StaatSakt dieses Zigeunervolkes ist die Ausstoßung eines Gliedes, und zwar eines Lee, aus der Gemeinde. Wenn eine solche Szene stattfindet, versammeln sich 3—400 Zigeuner. Der Schuldige wird in die Mitte eines Ringes gestellt, welchen der König und die Erzväter der verschiedenen Stämme bilden. Diesen Ning umschließt ein zweiter, bestehend auö dem männlichen Theile der Bevölkerung, den dritten äußersten Theil schließen die Weiber und Kinder. Der König, ebenfalls ein Lee, ein ehrwürdiger Greis von 90 Jahren, hält nun in der Zigeunersprache und mit lebhaften Geberden an den Schuldigen eine Rede, die fast immer eine Stunde dauert. Es ereignet sich sogar, daß die Zigeuner allein wissen, um welches Vergehens willen der Verbrecher ausgestoßen wird) jedenfalls muß es ein in ihren Augen sehr schweres sein, da solche Ausstoßungen höchst selten vorkommen. Nachdem der König seine Nede vollendet, spuckt er dem Verurtheilten ins Gesicht, die drei Ringe öffnen eine Gasse, und unter Nuthenhieben der Zigeuner verläßt der Bestrafte die Stelle. Geht eine solche Szene etwa unter einer alten tausendjährigen Eiche vor sich, so mag deren Eindruck doppelt imposant sein. Irrlichter. Wenn auch die Eristenz der Irrlichter nicht mehr be« zweifelt werden kann, fo weiß man doch über das Wesen derselben noch so wenig, daß jede neue Beobachtung schät« zenswerth sein muß. Eine solche macht Theodor List in ,/Voggendorff'S Annalen" bekannt, welche er zwischen Ober« wegfurth und Steinbach lm Großherzogthnme Hessen zu be« obachten Gelegenheit hatte. Das Fuldathal war mit sehr schweren weißen Nebeln bedeckt und stark riechende feuchte modrige Dünste erfüllten die Luft. Bei hellem Mondschein sah er kaum 2 Schritte vor sich neben der Chaussee ein Flamm-chen. Als er auf dasselbe zuschritt, verschwand es. Doch dauerte es keine Sekunde, als er l, 2, 3, 4 andere bemerkte. Alle Flämmchen blieben ruhig an einem Platze stehen. Doch mußte er sich ihnen sehr behutsam nähern, wenn sie nicht verlöschen sollten, auch mußte er jeden Luftzug vermeiden. Bei großer Vorsicht konnte er sich bis zu 1 V2 Fuß Entfernung über sie herabbeugen. Es waren Flämmchen von der Größe eines Hühnereies, die ganz ruhig auf und zwischen den Grashalmen standen. Die meisten hatten grünlich-weißes Licht mit ziemlich hellem Glänze. Etliche Male konnte er in die Flamme greifen, spürte aber nichts von Hitze. Bewegte er dabei aber nur einen Finger, so verschwanden sie. Manche entstanden mit einer Art Knall, demjenigen, den man beim selbstentzündlichen Phosphorwasserstossgas vernimmt, ganz gleich. Die Luft war vollständig ruhig. Länger als 1—l^/2 Minute hielt selten ein Flämmchen Stand. Druck und Verlag von Ign. v. Kleinmayr N F. Bamberg in Laibach. — Verantwortlicher Redacteur F» wamderg.