M'.38. Mach den 24. September 1864.___________8. Jahrgang. (Beilage zur „Laibacher Zeitung.") Di^Blättcr aus Krain" erscheinen jeden Samstag, und ist der Prä'numerationöprcis ganzjährig 2 fl. östcrr. Währung. Bruchstück aus dcm Drama: ^ Iacobäa van Holland-Paiern ! von Friedrich Marx. Personen: Iacobäa, Herzogin in Baiern, Gräfin von Holland-Hcnncgau. Margaret h, deren Mutter. Philipp der Gute, Herzog von Burgund. Brederodc, Admiral Iacobäa's, Partcichef der Hock's. Frank von Vorßcl, Parteichcf der Kabcljan's. Dyntcr, Iacobäa's Gchcimfchrcibcr, später Philipp'S Kanzler. Anna, dessen Verlobte. Ort der Handlnng: Gonda in Holland; Zeit: das Jahr 1428. 21. Act, 5. Scene. Iaco biia, Brederodc. Vrcderodc. O weh mir, daß ich diese Stunde sah, Und Dir nicht sagen darf, da nimm' mein Haupt, Daö schuldige, fiir die vcrloruc Flotte! Iacobäa. Es dicn' zu Bcsscrm nns, ehrwürdiger Vater! Neun irgendwo durch eingestürzte Deiche, Das Meer, sein altes Erbe heischend, bricht, Wildreichc Forste, sacitcuvrangcndc Fluren Und all die trauten Wohnungen der Menschen Hinwegspült von dcm kahlen Schooß der Erde; Da ragt dem mit den Fluthcn Treibenden Ein Thnrm, der Heimat altehrwüdig Zeichen, Noch ans der Flnth Unendlichkeit empor, Und seinen Blick darauf gerichtet, sinkt Er unter! Also laßt mich, guter Vater, In Eure blitzgegrabncn Züge schauen, Damit ich glaub', daß Iacobäa war! Bred. Du b ist es uoch ! Es starb fiir Dich mein Sohn, Der Deine ncnen Siege schauen sollte, Nimm seinen Opfcrtoo fiir meinen an! Inc. Weil ich Euch um dcu Sohn gebracht, so nehmt Mich selber nun zur Tochter an, der ihr Bedürftig seid. Es bleibt mir wohl so viel, Womit ich Euer Alter Pflegen könne; Und sind einst nns'rc Tage um, so stirbt Der letzte Hock zu seiner Fürstin Füßen — Vrcd. Nein, lebt Durch Deinen Nuhm für alle Zeiten! 6. Scene. Vorige. Margaret!) führt Philipp von Burgund herein, der auf Iacobäa zueilt und sie umarmt. Dyntcr mit Frank v. Borßel. Ritter beider Parteien. Philipp. Laßt, schöne Base, endlich Euch umarmen, — Bci Sauct Anton, Ihr habt uns heiß gemacht! Iac. Gott hat entschieden, Vetter, und ich stünde Nicht hier mehr, wenn es nnr mein Loos bcträfc. Mein als Fürstin hab' ich letzte Pflichten Noch gegen meine Trcucu zn erfüllen. Ihr denkt so.königlich, erlauchter Vetter, Daß jeder Wunsch, ch' ich ihn kundgcthan, Gewährung fand! Zur Sache denn, mein Fürst! Margarcth (den Staatövcrtrag Dyntcr'n reichend:) Vc^'" Zerr Kanzler, hier daö Pergament! Dyutcr. „Philipp, durch Gottes Gnade, Herzog von „Burgund, Brabant, von Limbura. Luxemburg, „In Flandern Graf, von Artois, Namur, „Dann königlicher Prinz von Frankreich, — „Und Iacobäa, Herzogin in Vaicrii, „Gräfin in Holland, Seeland, Hcnnegan „Und Frau in Fricsland kommen überein: „Ein Ziel dem Bürgerkrieg zn setzen, sei „Der Name Hock und Kabeljau verpönt, „So wie ein jedes Zeichen der Partcinug." Iac. Verzeiht, da wär't Ihr mächtiger als Gott, Der jedem Dinge seine Zeit gewährt. Die Zeit schuf die Partei'n uud Zeit allein, Die Alles heilende, kann sie versöhnen. Phil. Wo nicht die Farbe feindlich trennend herrscht — Iac. Da zieht der Hader sich iu's Herz zurück, Uud ballt man erst die Fäuste in den Taschen, So jagt ein schiefes Wort die Degen aus Der Scheide! Marg. Aber einen Anfang will Wie jedes Ding, so auch der Friede haben; Das hundertjährige Vcrsöhnnngswerk Es schreibe sich von dieser Stunde her! Iac. Soll ehrlich die Versöhnung sein, mein Fürst, Behalte Jeder, was ihm theuer war, Und hebe seine Flagge hoch empor! Ja über diese Ehrenzeichen nur Mag sich zu gleicher Waffenbrüderschaft Der Hock nnd Kabeljau die Hände rcichcn. Phil. Ich denk's mit Euch uoch zu erleben, Base, Daß schon das nächsterblühende Geschlecht Der Väter Haß, die Unterschcidnngsfarbcn Und Namen der Partci'n belächelt wie 'Ne plumpe Waffe, die man abgelegt; — So halt' uns dieser Punkt uicht länger auf. DYutc r. „Was Jeder au dcm hcut'gcn Tag besitzt, „Soll ihm zu freiem Eigenthum verbleiben." Iac. Hier muß ich Einsprach thnn! Ich licf're mich. Doch nimmer meine Freunde an daö Messer. „Was Jedem vor dcm Krieg zu eigen war," Lante der Pnnkt, wollt Ihr statt offnen Kampfs Nicht Nanb und Fehde sonder Maaß und Ziel. Phil. Nun Euch zu Liebe steh's so im Vertrag, Obschon ich meine trcnen Kabeljau's Um die gerechte Siegcsbeute briug'. Iac. Ich glaubt' Ihr stündet über den Partci'n, Und ich nur hielte schlicht und g'rad zn meiner. D Y n t c r. „Ernennt Jakobe vorbedachten Herzog „Zum Mitregcntm aller ihrer Lande." Iac. Es führte einst der übcrmüth'ge Römer Gcfang'nc Königinnen im Triumph Gefesselt hinter seinem Sicgeswagcn; — Großmüthiger denn Jener, gönnt Ihr mir Ein Schattcnlcbcn noch an Eurem Throne. DYntc r. „Und setzt ihn anch zu ihrem Erbcu ein." Iac. Es fehlt kein Pnnkt, nun — klar ist der Vertrag! DYntc r. „Ein Iahrgchalt von zwanzigtauscud Nobclu" I a c. Für mich und meinen Hof ist dieß zu viel, Doch viel zu karg für die verarmten Frcuudc. 150 P h i l. (mit dem Rosenkränze ans Diamanten an seinem Gürtel spielend:) Ihr sendet, Base, sie zn mir, ja Keiner Soll ungctröstct seine Straße zieh'n, Und müßt ich selbst dieß ^m>5 Nm münzen. Ihr wißt ja doch, was Sparsamkeit gebeuth, Und unser Schatzgcwülb zu leeren droht, — Die Söldner räumen wacker darin ans, Darnm bin ich der Schuldner Enrcr Freunde. Dyntc r. „Verbürgt die Herzogin mit ihrem Wort, „Daß sie nnr mit Einwilligung des Vetters „Zu einer ucncn Ehe schreiten wolle." I a c. Vci diesem Punkt fragt mein Errathen Euch, Ob Ihr denn gar nicht wußt. was Fiirstcnchrc, WaS Frauenwürdc selbst in Ketten heischt? Phil. Ihr nehmt zu hoch die Sache ans. Sie soll Der ncncn Ordnung Dauer nur verbürgen, Und selbst dem Zweifelnden ein Zeichen sciu, Daß er uicht täglich den Gebieter wechsle. Ja fiel einst Eure Wahl — I a c. Nicht weiter, Herr, Die schreiende Vcrhöhnnng jedes Rechts Mit Enrcm schnöden Witze zu verbrämen! Genug, die Mutter willigte darein, So — frag' ich weiter nnr: Seid Ihr zn Ende? Phil. Nnr zwei unwesentliche Pnultc noch, Bevor Ihr unterzeichnet, schöne Base! Mich rnft der neuentbrannte Krieg nach Frankreich, Wo ich deS Vaters Mord zn rächen hab'. Der Loro-Protector schickt ein frisches Heer Dem tapfern Talbot zn nnd Orleau's Fall Hält anch das Wnndcrmädchcn nicht mehr anf. Iac. O daß mir sie als Rächerin erstünde! P h i l. Und weil die Theilung meine Gegenwart Im britt'scken Lager bald erfordern dürfte, Und ich nicht dulde, daß Rcgierungösovge Die holde Einsamkeit im Haag Ench störe, So hab' ich einen trcubcwährtcn Mann Zn meinem Stellvertreter anöcrsch'n; — (Führt Frank aus dem Hintergründe, wo dieser in heftiger Gcmilths- bcwcgnng gestanden, vor Iacobäa) Frank von Borßcl, Statthalter Holland'ö, knie, Und hnldigc auf's Neue Deiner Fürstin! Vrcd. Er nimmt'S nicht an, soll nicht des Greises Schwert In seiner Nitterpsiicht ihn unterweisen! Iac. Daö ist des bittern Kelches Bodensatz, Den Eure Hand mir meisterlich kredenzt, Gebt Acht, daß er Euch uicht verräth, wie mich! Frank (läßt sich in höchster Erregung auf ein Knie nieder.) Ein jeder Deiner Wünsche sei mir Gott, Die Welt mir nur der Schemel Deiner Füße! Iac. Spar' Deinen Hohn. Abtrünniger, Du wirst Der beste Schcrg' uud Kerkermeister sein! Marg. Er war ihr einst ein lieber Spielgenoß, Verletzt nicht gransam die Erinnerung, Schont die Empfindlichkeit, — wählt einen Andern! Phil. Vcrläugnct Frank den ritterlichen Sinn, Der ihn znm Horte der Bedrängten macht, So zahlt er mir mit seinem Kopf! Indeß Vergönnt, daß ich auf meiner Wahl besteh'. Uud uuu den letzten Pnult. Die Siegstrophäcn, Die wir ringsum an diesen Wänden sehn, Sind Zeichen des vcrhänguißvollcn Kriegs, Den wir in eben diesem Saal beenden. Die Siegerin von Gorlnm, Alfthcn, Hoorn, Die schon das Lied dnrch alle Bänder trägt, Bedarf solch bunter Lappen nicht und stellt Den nntenuorf'uen Städten sie zurück. Marg. Es wird darnm ein großer Jubel sein. Iac. Ein jedes dieser Banner ist ein Tag, Ein großer Tag aus meinem Leben! — Nehmt Mir dieß, doch laßt mir jene Ehrenzeichen, Woran das Blut von so viel Treuen klebt. Sie sind mein letztes Eigenthum, — o laßt Sie einst im Haag von meinem Sarge weh'u! Phil. Wic's Ench beliebt, und nnn zur Fertigung! (Sie unterzeichnen den Vertrag. Kanonendonner, Glockengeläute, Fcstlnnsit und Volksjubel. Die Ritter ans Iacobäa's Gefolge nehmen die eroberten Städtebanncr auf, der Hintergrund füllt sich mitKricgs- volk und Bürgern von Gouda.) Ja, wie wir nns gemeinsam in das Reich, So theilen wir uns in des Kanzlers Dienste-Daß Edmund Dyntcr, Enrcn Schützling, ich Dazu crsch'n, beweis Ench mein Vcrtran'n'. Dynter.- Mit Eurer Gunst, erlauchte Fürstin — I a c. Nehmt Nach Frankreich gleich den neuen Kanzler mit. Daß er dort Zeuge Eurer Thaten sei; Doch werd' zuvor ihm dieses Kind vermalt. (Führt Anna. die ihre Pagentracht abgelegt, und weiße Kleider g:- nommcn, DlMcr'u zn, vor dem Anna zurückweicht und ikr? Arm? leidenschaftlich um Iacobäa schlingt,) Anna. Reißt Alles sich von Deinem Herzen los, Ich bleib' bei Dir, so lang Dn mich behältst, Und nimmer will ich des Verräthcrö sciu! Inc. O habe Dank für diesen heißen Kuß, Der mich beinah' der Welt versöhnen könnte! So lang ich selbst ein friedlich Plätzchen weiß, Woranf mein müdes Hanpt ich legen kann, So ruhst anch Dn an meinem Herzen aus. (Zwischen Bredcrode und Anna:) Sei Dn mir Vater, Vrcdcrode, — Du Die Schwester mir für meines Lebens Rest! Marg. Und nur die Mutter soll Euch ferne steh'n? Iac. (mit ruhiger Würde ihrer Umarmung ausweichend) Verzeiht, erlauchte Fran! Hier Euer Neffe. Der ganz uollknmm'ne Fürst sei Euer Sohn. Der Euch entschädige fnr's Herz der Tochter, Ihn groß zu machen war't Ihr stets bedacht; — Der hcnt'ge Tag ist Encr Werk, zerrissen Die Fahne Holland'ö nnd zerstückt die Krone, Die ich vom Sarge mcincö Vaters nahm. So schmelzt die Stücke denn in Eins znsammeu, Uud auf dem blonden Haupt des Jünglings prange Recht bald die Königskrone von Vnrguno. (Große Grnppc. Vorhang fällt.) Ein Abenteuer in Meriko. (Fortsetzung.) Im Erdgeschoß befand sich eine große Küche mit einer durch eine Vreterwand davon getrennten Speisestube, von der aus man das appetitrcizende Prasseln des bratenden Fleisches hören konnte. In dem Speisezimmer fand ich eine saubere Frau des Wirthes, die in einem Polstcrstuhl schlief, und hinter einem langen Tisch einen blaffen sechzehnjährigen Jungen, der mit einem Kartenpackct ein Manöver, vielleicht den famosen alten Kunstgriff, welchen die französischen Schwindler den Königssprung nennen, versuchte. Etwas der Art mußte es gewesen sein, denn ich, der ich zuerst in das Zimmer trat, bemerkte deutlich die verschiedenen Farben des Kartenspiels, während der hinter niir her kommende Vater nichts davon sah, weil das blaffe Iüngclckcn mit ungemeincr Geschwindigkeit über die Karten drei offene Vüchcr hinzog und mit größtem Eifer darin zu studieren sich anstellte. Das Nachtessen war gut. Ich will Dir nicht alle die ! Schüsseln aufzählen: doch gab es natürlich Puchcro, Frijoles, wilde Vögel aus dem Gebirge, Schmorfleisch, Ollas, Früchte und Gemüse, die mir nicht einmal dem Namen nach bekannt ^ waren. Die Gerichte waren trotz der starken Fettbcigabe sehr i schmackhaft, und ich siel wie ein hungriger Wolf darüber her. ! Was das Getränk betraf, so hatte ich rauhe feurige Pulque, ! noch feurigeren Maisbranntwein, Albuqueraue - Sherrv und ^ Paso-Chamvagncr, die zwei besten Wcinsorten, die in Mexiko ! wachsen. Ich suchte bald das Bett, obwohl mich der Wirth gerne noch beim Glase festgehalten hätte. Das Gemach, in das er mich durch ein anderes führte, hatte keine Möbel, sondern war ! ein langes, niedriges Zimmer mit getünchten Wänden, indem nur ein Bett und ein Stuhl stand. An dem einen Ende befand sich ein Haufen frischen Maishülscnstrohes, wegen dessen Anwesenheit sich der Wirth höflich entschuldigte: aber ich war so schläfrig, das; ich seine Floskeln mit Ungeduld abwehrte. Endlich verließ er mich, und ich blieb im Besitze des Zimmers und der Lampe. Ich schickte mich zum Vettgchen an, indem ich mehr mechanisch, als aus Rücksichten der Klugheit, für die mein Kopf zu schwer gewesen wäre, meinen Depcschenbeutel, meine Vörsc und mein Taschenbuch unter dem Hauptpolster versorgte. Allein kaum in demselben, jagte mich das Ungeziefer wieder hinaus. Ich erinnerte mich der frischen, reinen Welsch-lornstreu, die am andern Ende des Zimmers lag, tastete mich darnach hin und fand in dem Strohhaufcn eine recht behagliche Lagerstatt. „Das ist viel besser, als ein mexikanisches Bett," murmelte ich vor mich hin, deckte mich mit meinem Poncho zu und versuchte auf's Neue einzuschlafen. Doch der Schlummer kommt nicht immer, wenn man ihn gern hätte, und nach Ablauf einer Stunde gab ich alle Hoffnung auf, meinen gequälten Leib erfrischen zu können. Kurz, ich war halbwach, als ich ein Gcmurmcl von Stimmen unter einem der Fenster hörte. Die Laute waren gedämpft und unbestimmt: auf sie folgte ein Gerausch, wie wenn ein Körper sich an einer Wand dahin schiebt, und zu meinem Erstaunen — ich darf wohl sagen zu ^ meinem Entsetzen — sah ich, daß der Kopf und die Schultern eines Menschen zu dem offenen Fenster herein kamen. Alles, was ich je von einsam gelegenen Wirtbshäusern und schurkischen Wirthen, von mexikanischer Treulosigkeit, von Raub und Mord gelesen, schoß mir mit einem Male durch den Kopf. Mittlerweile zappelte der Eindringling, der augenscheinlich Außen von unsichtbaren Händen in die Höhe gehoben wurde, sich ab, durch das Fenster hereinzukommen. Er benahm sich ^ dabei sehr unbehilflich, und es wäre das Wert eines Augen- ! blicks gewesen, ihn zu packen und wieder hinunter zu schleudern: i aber so seltsam es auch scheinen mag, hieran dachte ich nicht, bis der Kerl im Zimmer und auf seinen Beinen stand. Nun ' richtete ich mich auf, fest entschlossen, mich nicht ohne Kampf j abthun zu lassen, ols mich auf einmal zwei Umstände wieder ! einigermaßen beruhigten. Der eine war, daß die Personen draußen, wer sie auch sein mochten, statt ihrem Kameraden zu folgen, leise zwar, aber mit deutlich hörbaren Schritten sich wieder entfernten. Dann taumelte der Eindringling, statt mich zum Gegenstande eines Angriffes zu machen, unter trunkenem Schluchzen auf das Bett zu, warf feine Obertleider, die er mit dem Fuße zu-sammenstreiste, auf den Boden, kroch in die Federn, zog die Decke über sich, und bald hörte ich die schweren Athemzüge, welche den tiefen, aber unruhigen Schlaf dcs Rausches verriethen. Ich athmete freier. Der Eindringling war also lein Mörder, fondcrn nur cin betrunkener Kerl, der fein Schlaf-gemach verfehlt hatte, der Argwohn gegen meinen Wirth sonach ungerecht gewesen. Aber was war jetzt zu thun? Sollte ich ruhig bleiben und mein Zimmer mit diesem usurpirenden Trin-kulo theilen, oder sollte ich den Sennor Mendez rufen und den Burschen hinauswerfen lassen? Während ich diese Frage erwog, wurden meine Zweifel in einer nicht erwarteten Weise abgeschnitten. Ich hörte einen Fußtritt von dem kleinen Vorzimmer her. Dann krachte eine Diele, und es folgte darauf ein dumpfer, leiser Fluch in spanischer Sprache. Wieder ein Tritt, noch einer, das verstohlene Auftreten unbeschuhter Füße: dann sah ich einen Strahl gelben Lichtes durch einen Spalt in der schlechtschließenden Thüre hercindringcn. Im nächsten Moment wurde die Klinke langsam niedergedrückt, und die Thüre ging so weit auf, daß auf den Boden ein breiter Lichtstrcifen siel, in welchem ich deutlich den Schatten einer menschlichen Hand, die ausgestreckten Finger dessen unterscheiden konnte, der den grellen Lichtschein auszuschließen versuchte. „Er schläft natürlich, der ketzerische Hund," murmelte eine Stimme in tiefen Kehllauten. „Gemach, Diego: gemach mein Sohn. Stell' die Lampe hinter uns auf den Boden, wir werden genug sehen," zischte Eennor Mendez in einem Tone, der leine Achnlichleit hatte mit dem salbungsvollen Accent seiner gewöhnlichen Nede. „Wir Haben's nur mit Einem zu thun, und er ist unbewaffnet ," murmelte der Hausknecht. „Aber ich will die Lampe ! niedersetzen, wenn Ihr Euch fürchtet." (Schluß folgt.) Die Nsmantik in Spanien. „Fern im Süd das schöne Spanien, wo die schattigen Kastanien" u. s. w. — ach wie schmeicheln sich Emanuel Gci-bels schöne Strophen in eßi gefühlvolles deutsches Jünglings-herz, und wie schlägt höher jede romantische Brust bei dem Gedanken an das herrliche Land, Wo im dnft'gcn MondcZgla,i;c Frcicr athmct jcde Brust, Wo sich bci dcr Cithcr Tönen Icdcr Fuß beflügelt schwingt Uno dcr Knauc mit dcr Ichu'ncn Glühmd dcn Fandango schlingt! Aber die unerbittliche Prosa nnsercr Gegenwart hat auch Spanien unter ihr eisernes Joch gebeugt, und wenn dort auch heute noch wie sonst „die Mandeln röthlich blühen und die heiße Traube ! winkt," so ist doch im Uebrigcn, in des Volkes Leben und ! Bräuchen, Vieles anders, d. h. moderner, abgeflachter gewor- ! den. Ein Pariser Epicier hat in diesem Punkte unlängst trau- ! rige Erfahrungen gemacht, und es wird nicht schaden, wenn ! wir durch Mittheilung derselben ferneren Enttäuschungen nach ! Kräften vorbeugen. , Besagter Bürger und Materialwaarenhändler von Paris z also hatte sich vorgenommen, die schöne Gelegenheit, welcke die ! Eröffnung der neuen Eisenbahnverbindung zwischen dem Norden ! Spaniens und dem Südwesten Frankreichs bot, zu einem Aus- ! fluge nach der pyrenäischen Halbinsel zu benutzen, hauptsächlich ! um die ganze Romantik Spaniens, von der er bisher nur ge- ! hört und gelesen und geträumt, endlich einmal in Wirklichkeit i und an der Quelle zu kosten, nein mit vollen Zügen zu genießen. Ach was zauberte ihm seine durch den prosaischen Beruf, dem er sich gewidmet, keineswegs geschwächte Phantasie für Herr- ! lichkciten vor die entzückte Seele, als er dem Süden entgegen- ! flog! Wie freute er sich, endlich einmal den Fuß in eine l Posada setzen und mit biedern Maultiertreibern eine gcmüth- ! lichc Unterhaltung führen zu können! Und dann wollte er ! steißig Olla-potridaZ schmausen, und Burschen und Mädchen die Kunst des Fandango und der Cachucha ablauschen — denn in ! Spanien haben die jungen Leute gar Nichts weiter zu thun, als ewig nur zu tanzen — und auf dem Prado Acht geben, wie die Sennoras mit unnachahmlicher Grazie den Fächer handhaben, und was dergleichen schöne Dinge mehr sind. ! Endlich war die Grenze Spaniens überschritten, aber — ! merkwürdig — Land und Leute sahen gar nicht so absonderlich ! aus, wie der gute Pariser sich gedacht hatte. Der Epicier ! drückte sich, unangenehm überrascht, in die Ecke seines Coups ^ und schlummerte in zweifelhafter Stimmung bis nach Madrid ! hinein. Statt einer Posada mit ihrem romantischen Schmutze ! nahm ihn ein mehr als nüchtern aussehendes Hotel auf, und als er am andern Tage seine Rechnung forderte, fand er auf ! derselben die unvermeidlichen 86i'vio68 und douFies und ein 5 Facit, dessen sich der Pfiffigste Pariser Hotelier nicht zu schämen ! gehabt hätte. Jetzt richtete er seine Schritte zu einem Lands- l mann, der schon seit zwanzig Jahren in Spanien eingebürgert ! war, um von diesem zuverlässigen Gewährsmann sich Auskunft ^ zu erbitten: was er aber von diesem hörte, war ganz geeignet, ! das letzte Fünkchen von Freude in seiner Brust auszulöschen. ! Was zuvörderst den gefeierten Fandango betrifft, so theilte ihm ! der Landsmann in ziemlich gleichgültigem Tone mit, daß dieser 1 Tanz nur noch auf den Theatern der größeren Städte getanzt wird, und daß — schrecklich, aber wahr! — das feinere Publicum so wenig Geschmack an demselben findet, daß es regel- ^ mäßig das Schauspielhaus zu verlassen pflegt, sowie die Tänzer auf die Bühne treten. Der Prado ist der Sammelplatz der vornehmen und schönen Welt von Madrid — gcwescn; heute trifft man höchstens ein Dutzend alte Männer und „Philosophen" ! dort an. Die Damen tragen keine kurzen Nöckchen, keine ^ Strümpfe mit schön gestickten Zwickeln und keine hohen Kämme ^ mehr — die letztern mußten verschwinden, seitdem der französische Damenhut in die Mode kam; — die Mantillas haben ihren alten originellen Schnitt nicht mehr. Posadas gibts nur noch in Dürfern und Flecken. Wer Olla-potrida essen will, muß sich in Fuhrmannskncipen bemühen. Das war dem guten Unterthan Napoleons III. doch zu stark. Darum Hicr wendet sich dcr Gast mit Grausen: „So kann ich hicr nicht ferner Hansen." Und er ging von danncn, erkundigte sich nach der Stunde, wann dcr näckste Eisenbabnzug nach dem Norden abgehe, fuhr mit diesem Zuge dcr sckönen Heimat, seiner beiio I'i'Wok entgegen und verwünschte hundertmal das gar nicht romantische Spanien und seinen unglückseligen Entschluß, dahin zu reisen. Ein Glück übrigens, daß er nicht mit hitzigen Söhnen der stolzen spanischen Nation in Berührung gekommen war, denn diese hätten seine Fragen nach Olla-potridas u. dgl. vielleicht gar für hühnische Anspielungen auf einen Zustand dcr Barbarei gehalten, aus dem sie sich längst befreit haben. S'alzberge in Siebenbürgen. Bei Gelegenheit eines Ausfluges, den die ungarischen Aerzte und Naturforscher machten», kamen sie auch nach Szovata. Nicht weit von diesem Orts liegt ein niedriger Bergrücken, an dessen Rändern man schneeweiße Flecken sieht, dH aus reichem Kochsalz bestehen. In dem Szovataer Salzbcrge tritt nämlich das Salz ganz entblößt an die Oberfläche. Eigentlich besteht der ganze Berg aus einer Salzmasse, welche bloß mit dünnen Schickten von Mergel und Thon bedeckt ist. Wo nun diese Erdschichten eingesunken oder weggeschwemmt sind, dort tritt das Salz zu Tage und bildet mitten in den Erdschichten steile Salzwände oder Kegel, dic an mehr als 22 Stellen sichtbar sind. Solche Salzkcgcl und steile Wände, trichtcrartige Vertiefungen mit größeren und kleineren salzigen Wassertümpeln, grüne Vouauets von Haselsträuchcn und Ulmen, Ackerfelder und grüne Wiesen, oder sumpfige, mit salzliebenden Gewächsen bedeckte Flecken, wechseln mit einander und versetzen den Wanderer in Staunen. Die Gesellschaft begab sich zuerst auf den Salzberg, Herr Houchard, cmeritirter Vcrgbcamter und einige mit Flinten bewaffnete Salzhüter geleiteten dieselben auf den Berg. Dort ging es durch ein Labyrinth von Vertiefungen und Lachen, die mit einem weißen Salzübcrzug bedeckt sind, zu einem der größten Salzfelsen, von welchem sich jeder eine Stufe abbrechen konnte; dann weiter aufwärts zu einem auf dem Bergrücken befindlichen größeren Teich, der ebenfalls mit Salz geschwängert ist. Wie Herr Houchard bemerkte, findet man entblößte Salzfelscn außer in Siebenbürgen nur noch in Spanien bei Eordova. Außer den Salzfelsen und Salzlachen gibt es bei Szovata 129 salzhaltige Quellen. Damit nun dem Salzmonopol kein Abbruch geschehe, muß das zn Tage tretende Salz durch Wachposten Sommer und Winter hindurch bewacht werden. Die Salzparthien sind numerirt, und eine Reihe von Hütten liegt auf dem Berge zerstreut, welche den Wächtern zur Wohnung dienen. Dic Salzbrunnen, dic schon im Nyaradthale vorkommen, sind mit gesperrten Häuschen bedeckt, welche zu bestimmten Zeiten geöffnet werden, damit sich das betreffende Dorf, zu welchem der Brunnen gehört, mit Salzwasser versehen könne. Ein interessanter /und. Der „N. Zürich. Ztg." zufolge wurde auf dem Pfahlbau Robenhausen bei Wctcikon am 8. d. in unmittelbarer Nähe von Ur- und Visonknochcn der beinahe vollständige Schädel eines erwachsenen Menschen gefunden. Verantwortlicher Redacteur I. v. Kleiumayr. — Druck und Verlag von Ign. v. Kleinmayr i5 F. Vamberg in Laibach.