Jože Toporišič Ljubljana CDU 808.63-085.3 SOZIOLINGUISTISCHE PROBLEME DER SLOWENISCHEN (SCHRIFT)SPRACHE Das Slowenische als ganzes wird durch folgende sozialpo- li tische und geographische Verhaltnisse gekennzeichnet: 1 Es ist eine slawische Sprache, die sich wie ein Keil von Osten her zwischen das Germanische und Romanische ein~ schiebt; dazu kommt im Nordosten noch das Ungarische. Nur ostlich hat das Slowenische eine slawische Nachbarin, das Kroatische. 2 Die Slowenen ( und auch ihre Vorfahren) sind iahlenm'as- sig allen ihren lfachbarn unterlegen. Denn was bedeuten schon nicht einmal 2 Millionen Bewohner gegenUber 15 f!;illionen, die ostlich von uns Serbokroatisch als Schriftsprache gebrauchen, und an die 10 Millionen Ungarn, 80 oder sogar mehr Millionen Deutsche, an die 50 r-iillionen Italiener? ! NatUrlich ware die Lage fUrs Slowenische etwas gUnstiger, wenn im Ostem das Kaj- kawische als Schriftsprache wei terbestanden hatte, ·oder wenn sich im Westen das Friaulische zu einer Schrifts:!frache ent-. wickelt.und das friaulische Element auch eine politische Rol- le erlangt hatte. 3 Angesichts der bereits angefUhrten Verhaltnisse konnte das Slm~enische eigentlich nie - von den ersten Ani'!fagen un- serer Geschichte, dem siebten achten Jahrhundert abgesehen ·- in einem Staatsgebilde gedeihen, das sein Zentrum auf dem Ge- biet des Slowenischen gehabt hl::ltte. Es gehorte immer anderen Staaten oder Verwaltungsgebieten a.n: ganz am Anfang waren wir verbunden mit den Awaren, spater kamen .die Bayern (Tassilci) und danach die Franken; und hauptsl::lchlich im Rahmen deutscher Staatsgebilde sind wir dann Uber lOOOJahre verblieben,nur wurden eiiiige Teile Sloweniensnacheinander abgebrockelt; so fiel der lhisserste Nordosten an Ungarn, der .nordwestliche Teil an Venetien. Das anderte sich zwar mit der Zeit ein wenig 133 (nach den napoleonischen Kriegen befanden sich alle Slowenen im Rahmen der Bsterreichischen Monarchie),aber im Grunde genom- men blieb die in diesem Punkt behandelte Bedingtheit unserer Existenz erhalten und wird zur Zeit in der Tatsache wieder- gespiegelt, dass die Slowenen in vier verschiedenen Staaten zu leben haben: in Jugoslawien, Italien, Osterreich und Ungarn, zwar unter verschiedenen staatsjuridischen Gegebenheiten, aber mit den schon erwiihnten .gemeinsamen Charakteristika: die Sta- ateszentren liegen natUrlich ausserhalb unseres Sprachtexrito- riums, und von diesen Zentren aus gesehen, leben wir an der iiussersten Peripherie, und'in diesem Sinne werden wohl auch die Probleme dieser .Sprach- und Volksgruppe als periphlhi ge- sehen und gewertet. 4 Durch das bereits AngefUb.rte wird auch unsere 8konomi~ sche Lage bestimmt. Wir stellen kein gr8sseres 8konomisches Potential dar, auch mit Rohstoffen sind wir eher spi:irlich als mi ttelmassig versorgt. Unser gr8ssster Reichtum in diese,r Hin- sicht sind Walder, einige Gruben, eine sch8ne, sehr vielfiUti- ge Landschaft, die sich auf der einen Sei te von dem pustaarti- gen Prekmurje Cilbermurgebiet) bis ans Mittelmeer erstreckt, in der anderen Richtung aber von den Alpen.im Nordwesten bis nach Pannonien und ins Dinarische hineinreicht. Das bietet, Vjerbun- den mit recht zahlreichen Heilquellen (toulice und slatine 'Warmbader und Mineralwasser') eine recht gute Grundlage fUr den Fremdenverkehrserwerb. 5 Das gr8sste Gut des Slowenentums ist endlich de~ arbeit- same Menschenschlag; der sich unter diesen Verhaltnissen heraus- gebildet hat. Man ist sich bewusst, dass nur durch eigene Ar-· beit die Guter entstehen, durch welche unser Leben gepragt wird: Brez muje se še čevelj ne obuje 'MUb.los wird selbst der Schuh nicht~angezogen', sagt eines unserer Sprichw8rter. Dazu kommt dann noch das Bestreben, an Dingen der Seele und des Gei- stigen Uberhaupt teilzunehmen, und zwar aktiv, nicht nur pas- siv. Zeugnisse dieser allgemeinen Geistesverfassung sind etwa auch die unzahligen Kirchen, die - hyperbolisch ausgedrttckt - fast jeden unserer HUgel schmttcken und so unserem Land ein.ganz 134 bestimmtes Gepri:ige geben. Unsere diesbeztlgliche Energie offen- barte sich also nicht in grossangelegten vereinzelten Bauten, sondern in der zahlenmassigen Vielfalt kleinerer Bauten, als wollte jeder von uns das kulturelle Gut m8glichst nahe bei sich haben, damit man sozusagen wirklich auch jeden Tag was davon hat. (Im gewissen Sinne ist das einer Art Selbst- verwaltung, die dann viel spater von E. Kardelj zum wichtig- sten politischen Prinzip Jugoslawiens erhoben wurde.) Dieses sich Bekennen zum kulturellen Prinzip zeigt sich auch in der schmucken Reinlichkeit unserer alten Bauernhauser, aus deren (einst) kleinen Fensterchen Blumen herausqollen in die helle Naturwelt. Dazu geh8rt noch die Hingabe an das Prinzip der Erhaltungvon allem, was der liebe Gott und seine sloweni- schen Glaubiger geschaff en haben und was nun sch8n dasteht und gen.ossen werden kann. Ich meine da.mit das Nichtzerst8re- rische in unserem Wesen, das Nichtvorhandensein jeglicher Ag- ressiviti:it .gegenUber der Natur und den Nachbarv8lkern. Da tritt bereits eine Scheu unseres VolksgemUtes zutage, die leicht uns - zum Schaden ausgenUtzt werdenkannund von manchen auch wirklich ausgenUtzt wird und wurde. 6 Am Ende dieser EinfUhrung m8chte ich noch eine allge.'"'. meine Charakteristik dieser Sprachgemeinschaft hervorheben, die mir auch sehr wichtig scheint. Es ist der Sinn fUr Ordnung auf verschiedensten G.ebieten: Ordnung in geistiger und morali- scher Hinsicht, im Familienleben und im Gemeinschaftswesen, auf dem Gebiet der Hygiene und des 8ffentlichen Verkehrs, sei es am Bauernhof, im Dorfe oder an der Stadtstrasse, und na- tUrlich auch im Strassen- und Eisenbahnverkehr. Die Nicht-. beachtung, die Verletzung dieser Ordnungsprinzipien macht einen Slowenen unglUcklich, verletzt sein innerstes GefUhl, welches besagt, dass man das Recht hat, in dieser Hinsicht auf h8chstm8glicher Ebene zu leben, sich nichts·davon ohne a+in- gendste Not nehmen zu l:assen. Auch .nicht von den Zugezogenen aus der Welt einer anderen, mehr orientalischen .Skala der Werte (z. B. dem Prinzip "Snacti se"). 7 Wir Slowenen sind im Grunde genommen nur ein Grenzvolk, 135 ein sogenanntes Binnenland gibt es bei uns fast nicht, es sei denn, dass wir frUher das Herzogtum Krain als solches bezeich- nen konnten. Dieses nur-an-der-Grenze-sein zeigt sich geschicht- lich z. E. darin, dass auch unsere kleineren Verwaltungseinheiten, sogenannte Uinder, ihre Verwaltungssitze (Krain eben ausgenom- men) an der Grenze des Sprachgebietes oder auf den schon deslo- wenisierten Gebieten hatten,wie z. B. in Klagenfurt, in Graz usw. Der gr8sste Teil der Slowenen lebte also in Landern mit gemischter Bev8lkerung: slowenisch-ungarischer, slowenisch- -deutscher, slowenisch-italienischer/friaulischer, z. T. auch slowenisch-kroatischer (in Istrien, uni Delnice in Gorski ko~ tar und in der Bela Krajina). Auch die kirchlichen Zentren la- gen ausserhalb von Sprachslowenien: in Ungarn, in dem deutsch- sprachigen Teil der Steiermark und Karnten, in italienisch- sprachigen Teilen im Westen, desgleichen im Mittelalter(Aqui- laea und Salzburg). Erst seit dem Ende des 15. Jahrhunderts hatten wir eine Dioz8se (in Laibach) auf unserem nationalen und sprachlichen Gebiet, u.nd es war das Verdienst von A. M. Slomšek, dass er den Sitz der Lavantinischen Dioz8se aus dem schon deutschsprachigen Lavant in Karnten nach Marburg in der Steiermark verlegte (Hitte des 19. Jhs.), so dass sich jetzt in der Steiermark Graz und Marburg gegenUberstanden. Dieses Grenztum- und Nichtzentralseincharakteristikum des Slowenen kommt irgend- wie krass zum Ausdruck in einer Anekdote, die F. s. Finžgar vermerkt hat, aus der Zeit des Verfalls der 8sterreichisch- -ungarischen Doppelmonarchie am Ende des Ersten Weltkrieges. Da wird dieses Ereignis im Bauernhirn nMmlich nur algemein reflektiert in Form der Frage "Unter wen ni8gen wir wohl jetzt fallen"; ein Bauer jedoch schlagt hart mit der Faust auf den Tisch mit (:Len Worten: "Unter keinen:, unser eigen Herr wollen wir sein, n:iemandem ein Diener." Und bei Ivan Cankar, unserem gr8ssten Schriftstell·er aus der Zeit der Moderne, findet man auch eine charakteristische Stelle dazu. Als 8sterreichische Soldaten bei einer Musterung in Anwesenheit der h8clisten Ob- rigkeit in gnadigem Wohlwollen nach ihrer Volksangeh8rigkeit befragt werden, und andere sich stramm als Ungarn, Polen, Tschechen ••• ausgeben, halt es der slowenische Soldat fUr 136 angemessen seinem nationalen Bekenntnis einen stilistischen Vorreiter voranzusetzen, so dass dann die untertanigste Er- klarung also. lautet: Entschuldigung, ich ware als ein Slowe- ne zu betrachten. 8 Damit sind wir bereits auch schon beim Hauptthema un- seres Au:fsatzes. 8.1 Das erste Di;temma heisst: Soll die slowenische (Schri.ft)Sprache Uberhaupt weiterbestehen (.frUher: vollent- wickelt werden) oder sollte man sich an die betre.f.fende Haupt- staatssprache anlehnen, in ihr sozusagen untergehen (milder gesagt: au.fgehen). Dieses Dilemma macht sich geltend nicht nur in Bezug au:f die Schri.ftsprache, sond.ern hat ihre Geltung auch in Bezug au:f die Volkssprache Uberhaupt. Das (und die Vertei~ lung der Slowenen au:f vier verschiedene Staatsgebilde) nennt Josip Vidmar, wenn ich ihn recht verstehe, die tragische Lage des SlowenentU.ms. Im 19. Jahrhundert wurde. beschlossen, die slow. Schri.ftsprache als den wichtigsten Ausdruck einer poli- tisch sich pro.filierenden Volksgemeinschaft in voller Funktions- brei te auszubauen, und man hatte dabei auch wirklich viel Er- .folg. Funktionssattigung ist natUrlich dennoch begrenzt hinsicht- lich der Breite und des Um.fangs z. B. der .fachsprachlichen Tex- te, obwohl man dazu gleich bemerken soll, dass es nur wenige V8lker gibt, die durch Texte in ihrer Muttersprache v5llig be.friedigt werdenkt5nnen (zum Beispiel nehmen wir die V5lker mit Englisch, Russisch, Spanisch, Deutsch, Franz5sich als Mut- tersprache). Man muss sonst Sprachen dazulernen um zu reicheren In.formationsquellen zu kommen, die Uber unser Dasein jetzt und da entscheiden. (Auch das Serbokroatische ist in dieser Hinsicht nicht besonders zulanglich, obwohl nicht in einem so hohen Mas- se, wie es·mit dem Slowenischen der Fall ist.) 8.2 Etwas Besonderes in dieser Hinsicht ist die Tatsache, dass wir zum.Zweck der Sattigung unserer InformationsbedUr.fnis- se Uber viel zu wenig Geld ver!Ugen k8nnen, so dass einerseits die Zahl der von uns herausgegebenen Buchtitel, besonders in letzter Zeit, absinkt, zugleich aber steigen die Kosten der he- rausgegebenen Einheiten so sehr, dass deswegen die ln.formatio- 137 nen den Durchschnittsleser nicht erreichen, weil das Buch fUr ihn einfach zu teuer ist (zu sein scheint). Es ist wahr, dass es auch billigere BUcher gibt, aber diese sind nun einmal von besonderer Art (ideologisch, tagespolitisch, Memoirenliteratur, hauptsachlich aus der Zeit des Befreiungskrieges im 2. Welt- krieg). In diesem Mangel an Mitteln fUr besonders originelle, slowenische Texte sehe ich die gr8sste Gefahr fUr unser Fort- bestehen als selbstandige Kultur- und Volkseinheit. Daher ist es noch paradoxer, dass wir die am weitesten entwickelte Re- publik in Jugoslawien sind, aber durch eine zu grosse Finanz- mittelentfremdung (Verpflichtungen gegu.~Uber dem Bund und den unterentwickelten Volksrepubliken und -Landern: Bosnien und Herzegowina, Montenegro, Makedonien - Kosovo) in eine Lage versetzt sind, dass wir kulturell in Sachen der natUrlichen Funktionsbereiche und des Funkti9nsumfanges sogar in Jugosla- wien nicht privilegiert, sondern unterprivilegiert und Ullter- entwickelt sind. Es herrscht der Eindruck, dass in dieser Hin- sicht unsere Bruderrepubliken unseren Problemen kein-Verstand- nis entgegenbringen noch entgegenzubringen bereit oder im Stan- de sind, auch in Zukunft nicht. $.2.1 Wie ist aber so etwas m8glich? 8.2.1.1 Prešeren schon sang von dem Weg nach dem Lande, WO wir uns Religion und Gesetze frei wUrden wahlen k8nnen: "Tja bomo našli pot, kjer nje sinovi si prosti vol' jo vero in postave" 'Dahin werden wir den Weg finden, wo der Slava S8hne sich frei ihre Religion und Gesetze wahlen k8nnen' - also weg von den Deutschen und hin zur slawischen Welt. Undnach Can- kars Gesinnung kommen sich die sUdslawischen V8lker deswegen entgegen, um in einem eigenen politischen Gebilde ihre sprach- lichen und kulturellen Werte ungehindert weiterentwickeln zu k8nnen, denn fUr rein politische und auch kulturelle (und Uberhaupt zivilisatorische) Umstande war es anderswo doch besser bestellt als im slawischen SUdosten. Der Grund fUr die Entstehung des K8nigreiches der Serben, .Kroaten und Slowenen - der GrUndernationen Jugoslawiens - liegt also einzig und al- lein darin, dass Jugoslawien zu einem festen Bollwerk gegen- Uber anderen Staaten auf diesem Gebiet werde, innerhalb die- 138 ser Grenzen aber m8glichst gute VerhMltnisse herrschen, die die Individualitat der GrUnderv81ker f8rdern, dass sich somit eine gesunde und feste Interessengemeinschaft weiterentwickele und festige, um allen StUrmen der Zeit widerstehen zu k8nnen. 8.2.1.2 Wie wir wohl wissen, wurde all dies im alten (er- sten) Jugoslawien nicht voll verwirklicht, die Eigenstandig- keit der Makedonier_konnte sich gar nicht behaupten (sie wur- den zu Altserben umqualifiziert), sehr lange blieb im jungen Staat auch die Frage der Kroaten ungel8st - um nur das wich- tigste anzufUhren; ungel8st war auch die Frage der Bosnier, und vielleicht auch der Nontenegriner, von einigen Sprachson- dergruppen (der albanischen, tUrkischen, arumanischen, z. T. auch deutschen und ungarischen) gar nicht zu reden, was alles dazu beigetragen hat, dass das alte Jugoslawien auch politisch, nicht nur als Staat im engeren Sinne, im 2. Weltkrieg so leicht zertrtlmmert-werden konnte und es danach auch zu einem blutigen Bruderkrieg kam, in welchem die serbische und kroatische - und in diesemrRahmen die bosnisch-herzegowinische - Bev8lkerung viel zu leiden hatten. 8.3 Eines der Losungsworte der jugoslawischen Befreiungs- kMmpfer (narodnoosvobodilni) im letzten Weltkrieg hiess Brtider-~ lichkeit und Einheit: das galt vor allem fUr Serben und Kroaten, die in einen erbitterten Zwist miteinander geraten waren (den Slowenen blieben solche GegensMtze erspart); Einheit (zuerst gegenUber den BesatzungsmMchten: Deutschen, Italienern, Un- garn, Bulgaren) wurde dann der Slogan auch nach dem Krieg beim Wiederaufbau des zerst8rten Staates Jugoslawien. 'BrUd.erlich- keit' bedurfte keiner besonderen semantischen Definition oder Interpretation, Einheit ist einer Redefinierung jedoch be- - dUrftig. Denn wem gegenUber sollte die Einheit manifestiert werden? Zuerst waren es Reste der alten Gesellschaftsordnung oder sogar der Anhanger der Staatsgebilde aus der Kriegs- zei t in Kroatien und Serbien, usw.; dann wurde die Einheit deswegen wiederbetont, weil sie uns beim Kampf um den selb- standigen Weg in den Sozialismus helfen konnte, spater wieder konnte man sie gut gebrauchen zur UnterstUtzung der 139 blockfreien Politik; und nicht zuletzt die Einheit bei der Un- terstUtzung 11 gerechtfertigter Befreiungskriege 11 (Griechenland, Algerien, Vietnam, Palastina, Angola, Nicaragua). 8.4 Zu einem gewissen Zeitpunkt wurden alle diese Katego- rien als Errungenschaften- des sozialistischen Ausbaus und des Befreiungskriegs zusammengefUgt und zum Grundpfeiler unserer Politik erklart: Sozialismus + Selbstverwaltung + Blockfrei- heit; dazu kommen noch die Solidaritatsunterstutzung gerecht- fertigter Befreiungskriege auf aller Welt, die Kraftigung der jugoslawischen Armee und der territorialenMilitarverbande, Solidaritat mit den (schon aufgezahlten) unterentwickelten Ge- bieten in Jugoslawien - was alles fUr die Entwickelten eine grosse MittelabfUhrung bedeutet, zusammen mit dem alten Slo- gan vonBrUderlichkeit und Einheit, durch welchen alle diese Prinzipien zementiert werden sollten. 8.5 Diese Einheit wird allerdigs etwas getrUbt durch die Sprach- und dadurch auch Volksgemeinschaften, die nicht serbo- kroatisch sind. Im gewissen Sinne ist man im tiefsten Innern doch bestrebt, diese Differenzen auszulCSschen (der Fall Ranko- vi6 vor zwei Jahrzehnten) oder aber sie vCSllig ausleben zu las- sen und dadurch zu 18sen (die Hauptfiguren Kardelj und Tito). Nach dem Tode dieser zwei Manner scheint sich wieder die Linie der absoluten Einheit durchsetzen zu wollen, was eigentlich nichts Gutes fUr die kleineren Volks- und Sprachgemeinschaften bedeutet• Man versucht eine Hypernationalitt:it auszubilden, eine jugoslawische, die hauptsachlich darin bestehen wUrde, dass sie den Klassencharakter des jugoslawischen VolksangehCSrigen (oder StaatsbUrgers) hervorhebt, der.keine Sprach.,- oder Volksunter- schiede kennt, da das primere Interesse dieses Staatsbtirgers doch nur die Erhaltung .der oben dargestellten revolutionaren und s~ialistischen Errungenschaften bleibt, ungeachtet dessen, ob wir das auch wirklich auszufUhren .imstande sind (cf. unsei:;e internationale Verschuldung). In den Belangen der Sprachen ver- treten diese "Jugoslawen" den Standpunkt, dass auf diesem Ge- biet das Beste getan wird, wenn nichts getan wird, wenn man also die Sachen sich so entwickeln lasst, wie sie sich nun einmal. 140 aufgrund der numerischen Assymetrie des Serbokroatischen gegen- Uber den anderen Sprachen entwickeln. 8.6 Und wie entwickeln sich diese VerhiUtnisse? 8.6.1 Das Serbokroatische ist absolut im Ubergewicht, es ist die fast ausschliesslich gebrauchte Sprache in den Bundes- anstalten in Belgrad (inklusive Parlament), es ist die prak- tisch einzig gebrauchte Sprache beim Militar und im diploma- tischen Verkehr, dazu noch eine lingua franca auf dem ganzen Staatsgebiet fUr alle Veranstaltungen (z. B. Kongresse, poli- tische Veranstaltungen und Kundgebungen, wirtschaftliche Zu- sammenkUnfte u. a.); Serbokroatisch wird im ganzen Staat auch in der Schule gelehrt und gelernt, zugleich aber werden die serbokroatisch Sprechenden nicht in anderen Sprachen unter- richtet, es sei denn in Gebieten mit sprachlich gemischter Be- v8lkerung, z. B. in der Vojvodina. DarUber mehr in meinem Auf- satz 'Die Gleichberechtigung der Sprachen in Jugoslawien als Theorie und Praxis'. 8.6.2 Man ist zufrieden mit dieser Diglossie, die der ser- bokroatischen Sprache immer mehr auch den Rang einer Fremdsprache verleiht, dazu aber auch die angenehme Erfahrung mitbringt, dass man sich - weil doch Serbokroatisch alle kennen und k8nnen - um das Erlernen der anderen. Sprachen nicht bemUhen muss und also seine diesbezUglichen BemUhungen anderswohin richtet (wenn man sie natUrlich Uberhaupt offenbart). Den diglossischen Zwang be- kommen die nichtserbokroatisch Sprechenden zu spUren auch auf dem Gebiet der Filmdistribution, des Fernsehensund der niede- ren Erbauungsliteratur, von der Fachliteratur ganz zu schwei- gen. 8.6.3 nie Diglossie wird weiterhin gef8rdert durch den Um- stand des standigen Betonens,des Slogans der Einheit unserer V8lker und V8lkerschaften (narodi in narodnosti). Wie von selbst kommt unter diesen Verhaltnissen das GefUhl auf, dass man durch seine Eigenstandigkeit in den Angelegenheiten der Sprache und der Kultur, vielleicht auch der Religion und Uber- haupt in der Weltanschauung, diese Einheit doch nicht fBrdert, eher also schwacht. Und das gibt sogar dem Diglossisten ein Ge- flihl der Schuld. So wird man schuldig ohne Schuld (brez krivde 141 kriv), wie das jemand gut ausgedrUckt hat. Und natUrlich ist es noch schlimmer, tut man etwas gegen diese sich "von selbst" entwickelnde Diglossitat. Da wird man zu leicht zum Chauvini- sten erkHirt (oder wenigstens zu einem Nationalisten) , wenn nicht schon zum Feind derpolitischen Einheit, die ein Eckpfei- ler unserer Errungenschaften der Revolution und dessen, was da- rauf folgte, ist. Zum UnglUck wird uns noch das albanische Syn- drom beschert, das offiziell eine Umformung des staatsjuridi- schen Status des Gebietes von Kosovo (Amselfeld) zur Republik erstrebt. 8.7 Das ungefahr ist der soziale und psychische Rahmen, in dem sich unsere gegenwartigen BemUhungen um eine effektive Gleich~ berechtigung der slowenischen Sprache hauptsachlich mit der serbo- kroatischen und um die Kultivierung des Slowenischen abspielen. s.7.1 Am sch8nsten k5nnte das am Beispiel der sogenannten Spracharbitration (des Sprachappellationsgerichtes - Jezikovno razsodišče) vor Augen gefUhrt werden. Das Sprachappellations- gericht ist ein Organ des Rates fUr das 5ffentliche Wort in Slowenien (bei der SZDL, d·. h. bei dem Sozialistischen Verband des werktatigen Volkes, einer Mantelorganisation bessonders fUr sogenannte Nichtorganisierte, geieitet natUrlich durch den kommunistischen Verband (Zveza komunistov)). Das Sprachappella- tionsgericht befasst sich hauptsachlich mit den Problemen der slowenischen Sprachkultur in unseren 5ffe.ntlichen Medie.n, es behandelt aber auch psycho..,. und soziolinguistische Probleme der slowenischen Schriftsprache, soweit sie in 5ffentlichen Text.en zutage treten. Als vor ungefahr drei Jahren diese, "Ap- pellation" einen umfassenden Aufsatz Uber die Stellung des Ser- bokroatischen in der SR S.lowenien ver8ffentlichte, 15ste das einen heftigen Proteststurm aus, und zwar kam das aus einer Ecke unserer Gesellschaft, der das Serbische besonders am Her- zen liegt. AngefUhrt wurde diese kampflustige Schar von einem bekannt.en Montenegrischen Schriftsteller, Miodrag Bulatovič, der damals sogar in Slowenien lebte, verheiratet mit einer Slo- wenin. Zu einem 5ffentlichen Auftri tt der Sprachapp.ellation in Ljubljana im Kulturhaus, das den Namen Ivan Cankars tragt, kam 142 das serbische Fernsehen aus Belgrad angereist, um sehr provo- kative ~usserungen von M. Bulatovic festzuhalten (die Sprachap- pellationsrichter waren eine arische Brut, derer die Slowenen sich sch:amen mUssten, u. a.), die natUrlich emp8rte Rekationen bei der slowenischen H8rerschaft hervoruf en mussten und tat- sachlich auch hervorgerufen haben (besonders von seiten Ivan I-1raks, eines bekannten slow. Dramatikers) • All das wurde vom Belgrader Fernsehen aufgenommen und dann, auf entsprechende Weise verarbeitet, an die jugoslawische Offentlichkeit weiter- geleitet, zuerst in den serbischen Zeitungen verbreitet, spa- ter auchnoch in bosnischen und kroatischen Zeitungen und Zeit- schriften. Und all das nur, weil die Sprachappellation die Meinung Bffentlich zum Ausdruck brachte, die slowenische Spra- che befinde sich in einer h8chst unpositiven, ja gefahrlichen Lage, hinsichtlich ihrer Selbstandigkeit. Obwohl diese erste grundsatzliche Erklarung der Sprachappellation vorerst auch von politischen Kreisen in Slowenien gebilligt wurde, sind die Appel- lationsrichter bei Ausbruch der Zwistigkeiten vorerst eben von den politischen Kreisen doch im Abseits belassen worden: die Verteidigung der kundgegebenen Prinzipien der Sprachpolitik durch die Sprachappellationsrichter wurde durch diese Spaltung fast unwirksam gemacht und der Streit wurde beigelegt durch Erkrnrungen, die alle Beteiligten z. T. schuldig erklarten. - Das ganze Geschehen wurde im gewissen Sinne synchronisiert mit einem einige Tage alteren 8ffentlichen Auftreten gegen die 11SUn- den11 des.linguistischen theoretischen Kopfes der Sprachappella- tion. Die auf Vorurteilen gegenUber allem Neuen beruhende Kri- tik des betreffenden Slowenisten wurde vom M, Bulatovic bereits als ein Argument gegen die Sprachappellation angefUhrt, so dass der betroff ene Slowenist gleich einen Zweifrontenkrieg zu fUh- ren hatte. - Soziolinguistisch gesehen ist der bereits geschil- derte Vorfall sehr lehrreich. Jede innere Spaltung der Slowenen in Sachen ihrer Sprache wird sogleich ausgenUtzt fUr das Etiket- tieren ,Belegen mit dem Vorwurf des Nationalismus oder m5glicher- weise des Chauvinismus gegen all~, die es mit der unwiderruf- lichen Selbsti:indigkeit des Slowenischen Ernst meinen~ 143 8.7.2 Die Sprachappelation wurde nach alledem natUr-:: lich durch ziemlich gezielte Handlungen, die eine bestimmte Reaktion bei den Appellationsrichtern hervorrufen mussten, fUr einige Monate lahmge_legt, danach jedoch wiederhergestellt unter einer neuen FUhrung und mit einer wesentlich ausgewech- selten Besetzung, und sie konnte ihre Funktion fortfUhren, natUrlich nicht unbeeinflusst durch die Erfahrung, die ihr in der ersten Amtsperiode zuteil geworden war. Auch im weiteren hat sich gezeigt, dass man auf Entschei- dungen der Sprachappelation Uberempfindlich reagiert, sobald sie Probleme der wirklichen Gleichberechtigung des Slowenischen mit dem Serbokroatischen berUhrt, z. B. den Gebrauch des Slo- wenischen in Bundesangelegenheiten, auch wenn die Veranstal- tung in Slowenien stattfindet, der Sprache der Fernsehensen- dungen fUr Schulen und Kindergarten (sie sind Uberwiegend wenn nicht zur Ganze serbokroatisch) und Uberhaupt all dessen 1 wo- rin das Serbokroatische gegenUber dem Slowenischen in Funkti- onsbereichen bereits das Recht abgewonnenhat. 8.8 Slowenische Sprachpolitik wurde hauptsachlich von unseren Schriftstellern und humanistischen (slowenistischen) Wissenschaftlern entworfen und entfaltet, und dann durch slo- wenenverbundene Praktiker, auch Politiker, durchgefUhrt •. Seit dem 19. Jahrhundert k8nnte man unter den Strategen zuerst etwa J. Kopitar, F. Prešeren, im gewissen Sinne auch J. Bleiweis anftlliren, spater etwa L. Svetec, F. Levstik, F. Miklošič, s. Škrabec(aus der zweiten Halfte des vorigen Jahrhunderst), und dann aus dem 20. Jahrhundert I. Cankar, A. Breznik, J. Vidmar, im breiten Sinne natUrlich auch I. Prijatelj, F. Ramovš, mehr im Verborgenen auch J. Šolar. Politiker im engeren Sinne hatten da nicht besonders viel mitzureden, wenn Uberhaupt. 8.9 Zur Staatsaktion wurden die Sachen der slowenischen (Schrift)Sprache im 20. Jahrhundert erst in den 30er Jahren, zur Zeit der Diktatur des jugoslawischen K8nigs Alexander Ka- ractorctevi6. Diese Episode, man k8nnte sie die "ein-Staat-ein- Volk-eine-Sprache-Episode" nennen, habe ich an anderer Stelle naher behandelt, spater, in den letzten 30er Jahren, hat ,man die Probleme der Sprache jenen Uberlassen, die sich mit ihr 144 schon nach der Natur der Sache am natUrlichsten befassen, den Schriftstellern und Sprachwissenschaftlern. 8.10 Zu einem Politikum erster Ordnung wurde die slowe-· nische Sprache im 2. Weltkrieg nach der Besetzung Jugoslawiens durch die drei schon erwahnten Okkupationsmachte. Auf dem deut- schen Besatzungsgebiet wurde das Slowenische wortw8rtlich ver- boten (Slogan: "Der Steirer, Karntner, Oberkrainer spricht deutsch"). Unter den Ungarn wurde das Slowenische wieder in die untergeordnete Stellung gegenUber dem Ungarischen gedrUckt, unter den Italienern hatte das Slowenische im Rahmen des neube- setzten Gebietes zwar verhaltnismassig weitgehende Rechte, nur dass das Italienische als Staatssprache zu fungieren begonnen hatte, wahrend das Slowenische in den altbesetzten Teilen (Triest, Karst, GBrz, Innerkrain, Isonzotal, Brda) unter Ita- lien sozusagen rechtlos war, und genauso - oder noch schlimmer - war es auf den Gebieten, die sich Ende der 60er Jahre im 19. Jahrhundert in einem Plebiszit fUr d.en jungen italienischen Staat entschieden hatten (die Resianer, die Venetienslowenen). - Unter solchen Umstanden nahm das Slowenentum. und.mehr noch die slowenischeSprache den·h8chsten Stellenwert ein, fUr den man zu kampfen und zu sterben bereit war. Die slowenische Sprache (wie das Slowenentum Uberhaupt) wurde so iueinem Sammelpunkt aller Slowenen, ohne Ansehen der Partei- oder Glaubenszug'eh8- rigkei t (besser: Weltanschauung),·wobei dainals praktisch alle Slowenen christlicher Religion waren. So vereinigte uns das Slowenentllin. Prešerens Wunsch nach der "Slovenšč'na cela" - 'das gesamte Slowenentum.' ging· so in ErfUllung, und zu jener Zeit wurde durch die Befreiungsfront des slowenischen Volkes (Osvobodilna fronta) - zwar unter besonderen Umstanden, in der Illegalitat, im Untergrund - auch das alte, aus der Revolution von 1848 stammende Programm eines vereinten Slowenien, einst nur ein Wunsch, zur realen Tatsache. Diese•untergrundrealisation des geeinigten Sloweniens konnte den realen politischen Verhaltnissen der Nachkriegs- zeit natttrlich nicht standhalten, sie konnte sich nicht durch- setzen auf dem ganzen slowenischen ethnischen Gebiet~ Das be- freite Slowenien schrumpfte dann hauptsachlich auf das zusam- 145 men, was schon i'rUher Teil Jugoslawiens war, nur wurden z. T. die von den Italienern nach dem l. Weltkrieg erworbenen Gebiete Inne~krain, Karst und Isonzotal i'Urs Mutterland zurUckgewonnen. 8.11 Das slowenische Mutterland ist durch die Krieg.sereig- nisse ein Teil des sozialistisch veri'assten Jugoslawiens gewor- den, dessen Komunistische Partei (zuerst im Einparteistaat) die i'Uhrende Rolle spielt(e). Slowenien (die i'rUhere Dravska bano- vina, die 'Draubanschai't') wurde sozialistische Republik, ein Staat im Bunde, und die neue FUhrung Uberliess zunach.st die Sprachangel.egenhei ten den Sprachwissenschai'tlern und -Prakti- kern. So konnte eine neue Grammatik der slowenischen Schrif't- sprache (Slovenska slovnica. 1947, 1956) herausgegeben werden, ihre erste Orthoepie in Buchi'orm (Slovensko pravorečje, 1946), eine erweiterte Ausgabe der slow. Orthographie (Slovenski pra- vopis, i95o). Schon gegen Ende der 50 es Jahre war es mit der Selbstandig- keit der slow. Sprachwissenschai't gewissermasser vorbei. Oi'i- ziell stand man den HandbUchern der slowenischen Schrii'tspra- che skeptisch gegenUber, da sie doch von Leuten veri'asst wur- den, von denen keiner der i'Uhrenden Schicht angeh8rte (F~ Ra- movš, A. Bajec, R. Kolarič, M. Rupel, J. Šolar, F. Tomšič, J. Moder, L. Legiša, A. Sovre, ••• , eigentlich auch o. Žup~nčič (der inzwischen verstorben war) nicht)~ Zum Wendepunkt in diesem verhohlenen Ringen zwischen dem weltanschaulich und sprachpolitisch Traditionellen und dem po- litisch Neuartigen kam es.1963, als man die ganze alte Garde, die sich i'ast 30 Jahre als Sprachbetreuer beh~uptet hatt~, durch einen Entschluss des Prasidenten der Slowenischen Akade- mie der Wissenschai'ten und KUnste in ihrem Ansehen i'allen liess, indem eine von ihnen eingesetzte Neuerung in der Orthographie fUr nichtig erklart wurde (die Schreibung bravec, bravka, !2I.§.y- ~' bravski anstatt bralec usw.), dem sich das Unterrichtsmi- nisterium (fUr die Ausgaben der Akademie und des Schulwesens) gleich darauf anschloss. Dadurch wurde, wie einer der Beyroi'f'e- nen - A. Bajec - sich ausdrUckte, der slowenische Sprachwissen- schaftler (der da wirklich nicht klug und.unnt:5tigerweise mit der Schrii'tsprache experimentiert hatte) um alles Ansehen in 146 der breiten Qffentlichkeit gebracht, wahrend sich zugleich bei den Leuten mit der fUhrenden Rolle (oder atich nur in spe) der Gedanke festigte, dass sie auch auf dem Gebiet der Sprachwis- senschaft gebieten k8nnten (und sogar eigentlich auch mUssten). Ans Licht der Offentlichkeit als Kampfer in dieser Richtung trat B. Urbančič, mitentschieden aber hat, wie wir jetzt wis- sen, auch Vladimir Pavšič {pseudonym. Matej Bor). Das sind (nebst J. Jurančič) zugleich diejenigen Leute, die im Vorder- grund den Kampf gegen den Entwurf der Regeln fUr die neue slo- weni sche Orthographie fUhren. Auch dazu gibt es Uberaus reiche LektUre, aus welcher ganz klar hervorgeht, dass sich die Macht- haber in der 2. Klasse (razred) der Slowenischen Akademie der Wissenschaften und KUnste C und noch welche andere) ganz ge,wiss die Dinge. in den Entscheidungen Uber die slowenische Schrift- sprache so vorstellen, dass es bei uns eben Leute gibt, die aus einer Machtposition auch Uber Sachen entscheiden k8nnen und mUssen, fUr die sie fachlich gar nicht zustMndig sind. Dabei wissen sie die Dinge so einzurichten, dass sie mei- stens aus sicherer Ferne, Uber Dritte, dirigieren und nur im aussersten Notfall sich auch selber in der Offentlichkeit zu zeigen gezwungen sind. So stehen z. B. Akademiker zur VerfU- gung, die sprachwissenschaftlich ausnahmslos ausserst konser- vativ sind, seine Dienste leistet auch J. Javoršek, der die mo- derne Richtung in allem Geistigen mit galligem Hohn verfolgt. Boris Urbančič und Vladimir Pavšič sind auchsehr ausgepragte Gegner der Sprachappellation, immer auf der Lauer, bei einem etwaigen Fehltritt der Sprachappellation, durch ihr Sprachrohr, die Zeitung Delo (oder sonstwo), sich gegen sie auszusprechen (es macht keinen Unterschied, wenn V. Pavšič sich hauptsachlich nur gegen einen, aber vielleicht den wichtigsten Appellationsrichter wendet, sei es in Epigrammen oder in sonst einer Form ) • Soleh ein Politisieren der Dinge der slowenischen Schrift- sprache schadetd.er slowenischen Sprache, nicht zuletzt dadurch, dass man die BefUrworter ihrer Selbstandigkeit und auch (ihrer) Modernisierung immer wieder zu umstrittenen Pers5nlichkeiten macht, denen man sich nicht auvertrauen kBnne und welche die 147 slowenische Sprache ins Verderben fUhrten. Dabei ist es aus- serordentlich interessant zu beobachten, wie sich ab und'zu die Interessen dieser sprachwissenschaftlicher Lenker mit den Interessen jener Uberschneiden, die 1963 ihre Opfer waren, wie sich diese beiden Gruppen zu einer recht einheitlichen Front gegen das Zeitgen8ssische in der slowenischen Linguistik zu- sammenschliessen. Wie aber kann man das verstehen? Die Sache ist ganz einfach, Die Inhaber der FUhrungsrolle sind nicht besonders gewillt Schwerarbeit zu verrichten (das gilt aber nicht fUr die Literaturwissenschaft), deshalb mUssen sie sich einen Mohren unter ihren eigeneri Opfern suchen. Diese aber sind zur Kooperation unter der (freilich nicht offen aus- gesprochenen) Bedingung bereit, dass sie wieder Uber 1"ragen r.:iit- entscheiden, um derer L8su.ng willen sie 1963 einer scharfen Kritik unterzogen wurden. DafUr dUrfen sie hierbei auch ruhig ausserst konservativ im Sinne der traditionellen Norm der Schriftsprache sein, d. h. bleiben. Und das weitere folgt: Was der Arbeitsbeauftragte liefert, wird dann von den Auftrag- gebern gepriesen (so z. B. ~uch die Rechtschreibung 1962) als eine Bestleistung oder wenigstens etwas, woran nicht gerUttelt werden darf. (Nach dem Vorbild, dass man sein eigenes Kind zwar nach Bedarf straft, aber als eigenes dennoch liebt und bewahrt.) 8,12 In diesem Zusammenhang m8chte ich Uberhaupt .auf die Bevormundung der Sprachwissenschaftler durch Hichtsprachwis- senschaftler aufmerksam machen. Das zeigt sich z. B, in der Tatsache, dass die Leitung der Kommission, die....die kritischen Erwiderungen auf den Načrt pravil za novi slovenski pravopis bewerten sollte, einem liguistischen Laien anvertraut ist, wahrend seine Autoren nur als Mitglieder dieser Kommission auftre'ten dUrfen. Es ist unter solchen Umstanden natUrlich sehr schwer, die linguistische Rason bei der L8sung der strit- tigen Fragen aufrechtzuerhalten. Sofern man eine solche Uber- haupt zu berUcksichtigen bereit ist; unterstellt man sie einer populistischen Forderung nach Verstandlichkeit auch fUr den bildungsmassig kleinsten Mann, unter anderem sozusagen auch fUr den SchUler der Grundschule, obwohl man fUr Schulen schon 148 lange eine Kurzfassung der Rechtschreibung herausgibt (so eine Ausgabe hatten wir schon in den 30er Jahren, aber auch in der Nachkriegszeit). Der zweite Berufungspunkt bei der Forderung nach allgemeiner Versti:indlichkeit sind Bildungsschichten, de- nen nur die traditionelle sprachwissenschaftliche Bildung zu- teil wurde und die nichts Neues hinzuzulernen bereit sind. Na- tUrlich steckt hinter dieser Forderung ein manchmal auch fast reaktioni:irer Traditionalismus, der die Entwicklung aller ge-- sellschaft,licher Strukturen zum Stillstand bringen m8chte, in der festgefahrenenMeinung, dass man, wenn man schon das Beste bereits hat, zu nichts besserem gelangen kann: dass also jede Anderung gleich ein Schritt hin zum Verfall, zur modernen De- kadenz bedeutet. In dieser Hinsicht werden dann alle Konserva- tiven, welch ideologischer Farbung auch immer, zu natUrlichen WaffenbrUdern im Kampfe gegen das Neue, Moderne, Strukturali- stische, und zugleich um die Erhaltung der alten Werte, die man aber nur postuliert und nicht zu definieren braucht. 8.13 Das ideologisch Bedingte tritt ab und zu stark zuta- ge t auch in der Personalpolitik auf der Universiti:it nach dem Tode von F. Ramovš und nach dem Abgang in den Ruhestand von R. Nahtigal, also in der 2. Hi:ilfte der 50er Jahre. Ein Pendant zur bekannten Affaire mit Prof. A. Slodnjak bildet die Nicht- bef8rderung zum ordentlichen Professor von A. Bajec, oder der Abgang von R. Kolarič aus Ljubljana an die Universiti:it in Novi Sad, oder von N. Preobraže~ski an die neue Universiti:it in Zadar. Dazu kommt noch die Abl8sung des Redaktionsauschusses der Zeit- schrift Jezik in slovstvo. Dieser Redaktionsausschuss wurde von A. Bajec und unter Mitwirkung von J. Mahnič und L. Legiša seit der GrUndung dieser Zeitschrift geleitet. Bajec wurde durch B. Urbančič ersetzt, sein Helfer war F. Jakopin. Diese ideologisch scharfe Richtung auf der Universiti:it und bei der Zeitschrift hat sich bis zur Mitte der 60er Jahre gehalten und fUhrte zu einer Krise (wie Ubrigens auch bei der Slavistična revija, die von A. Ocvirk geleitet wurde), der mit dem darauffolgenden Li- beralismus Mitte der 60er Jahre abgeholfen wurde. (Die Slavi- stična revija wurde durch den Einsatz einer jUngeren Genera- tion Literaturhistoriker (und einigen etwas i:ilteren Slavisten, 149 z. B. M. Boršnik, T. Logar) gerettet und erscheint seit 1967 wieder regelmassig.) 8.14 Durch so schwere Bedingungen musste sich die moderne Sprachwissenschaft hindurchzwangen, konnte dann einige Zeit un- gehindert prosperieren und auch einen betrachtlichen Einfluss auf den Sprachgebrauch ausUben, nicht zuletzt durch Arbeiten, die ihr Abbild in der neuen slowenischen Grammatik, im W8rter- buch und dem Načrt pravil za novi slovenski pravopis wider- finden. Mit einer neuen Ausgabe der slowenischen Rechtschrei- bung wollte man namlich der ganzen Erneuerung der Norm unse- rer Schriftsprache gesetzliche Wirkung oder Kompetenz verschaf- fen, und dann all das in den verschiedensten Sprachproben ge- deihen und sich bewahren lassen. Letzteres versucht man, wie wir bereits gezeigt haben, in m8glichst weite Ferne zu rUcken, da es doch wieder nicht in erster Linie durch Leute realisiert wurde, denen in jeglicher Hinsicht die fUhrende Rolle zukommt, ja, von vornherein zugesprochen oder anvertraut wird. 8.15 Ich m8chte hier noch einen Punkt herausstellen. Das ist die Organisation der Abwehr der M-Sprachem Cli steht.fUr klein(er), minder u. a.) gegenUber den G-Sprachen (Q bedeutet mir gross, gr8sser, mehr u. a.). Zur Wehr setzen muss sich das Slowenische als eine M-Sprache gegenUber einer unberechtigten Diglossie von seiten der Staats- zentralsprache, und andererseits gegen den schadlichen Einbruch der Kontaktsprachen in ihre Struktur (auch in ihre Strukturmen- gen). Keines von diesem beiden kann sich selbst Uberlassen wer- den. Man muss sich zielbewusst gegen die Verdrangung der M-Spra- chen aus den verschiedensten Funktionsbereichen wenden, und auch den Kampf darum fUhren, dass die M-Sprache auch jene Funk- tionsbereiche beherrscht, in denen sie sich bisher nicht be- haupten konnte. Da genUgt es nicht, dass diese Probleme 'in en- gen Kreisen von Fachleuten geklart werden, sondern man darf nichts unterlassen, diese Probleme dem einfachsten Manne immer wieder vor Augen zu fUhren, damit er sich ihrer bewusst wird und sich dann in den konkreten Sprechsituationen nach seiner Erkenntnis richtet: und zwar nicht nur als Privatmann,sondern auch als Vertreter (Delegierter) der Basis der sozialen ',Gemein- 150 schaft, die sprachlich ganz bestimmt gepragt ist,.namlich slo- wenisch. Aus der Aktivitat der Sprachappellation kennen wir Bei- .. spiele, dass von Slowenen selbst eine Bescheidnungsthese in dieser Hinsicht vertreten wird, wonach es doch viel wichtiger ware, mit Eingriffen in die Entscheidungsprozesse Erfolg zu haben, als auch in solchen Beispielen die Sprachgleichberech- tigung des Slowenischen demonstrieren zu wollen. Wir sind also noch sehr weit von der Verwirklichung der in der Verfassung festgesetzten Gleichberechtigung der Sprachen in Jugoslawien entfernt. Die Frage der Gleichberechtigung aller Sprachen in Jugo- slawien kl:Snnte auch eine negative Folge fUr die M-Sprache ha- ben, wenn versucht wUrde (und solche Falle hat es in Slowenien gegeben), eine nichtslowenische Sprache auchauf Funktionsbe- reichen des Slowenischen geltend zu machen. z. B. kl:Snnte man versuchen als Angestellter bei einem slowenischen Betrieb (oder einer sl_ow. Anstalt) schriftlich (und anderweitig) ser- bokroatisch zu verkehren u. a. Man versucht auch die Sprache der serbokroatisch sprechenden Immigranten zu einem Stand auf- zuwerten, der fUr die sprachlichen Rechte der sogenannten V5lkerschaften (narodnosti) gesichert ist. (In Slowenien fUr das Italienische im KUstenland, fUr das Ungarische im Raum von Lendava und (zum Teil) von Murska Sobota.) Diese Probleme wol- len wir hier unberUhrt lassen. Das gilt auch fUr das Problem der Zweisprachigkeit auf den vier Staatsgebieten, in denen die Slowenen zu leben haben, und welche auf ausserjugoslawischem Gebiet, besonders vielleicht in Osterreich, zu einer Aufgabe des Slowenischen fUhrt. 8.16 Und jetzt noch zur Frage einer organisierten Abwehr gegenUber, den fremden Elementen auf vereinzelten Strukturebe- nen der Schriftsprache. Eine Ubersicht Uber den Umfang und die Charakteristika dieser Bedranger habe ich auch in einem geson- derten Artikel verl:Sffentlicht. Das Problem stellt sich zuerst in Form der Frage, ob solche Abwehr Uberhaupt n8tig ist, ob man nicht lieber die Dinge so lasst, wie sie eben sind, :und nur vorgeht gegen das Unnl:Stige, St8rende, das eben erst im 151 Gange ist. Mit dem schon Bewahrten (was das sein soll, wird nicht erklart, es wird nur als solches deklariert) soll man ruhig weiterleben, obwohl es dadurch in einem weiteren Rahmen, etwa einer Wortfamilie, zu Schwierigkeiten kommt. Leute, Sprach- wissenschaftler, welche die naturbedingten Charakteristika des Slowenischen in Schutz nehmen (etwa das Recht, das Eigene dem Ubernommenen vorzuziehen - wie etwa schon Kopitar und Breznik vorgeschlagen haben), werden als reaktionare Puristen abge- stempelt, die der Ausdrucksfahigkeit der slowenischen Sprache geschadet hatten, nicht also dieser zurUck verholfen, so dass sie wieder eine fUgsames Instrument geworden ist, mit dem man die f einsten Regu.ngen der poetischen Seele und des wissen- schaftlichen Gedankens echt zum Ausdrucke bringen kann. Der Auf stand gegen das unntitigerweise in die Schriftsprache Dber- nommene fallt nicht zufalligmit der BlUte der slowenischen Literatur in der Zeit der Moderne zusammen (Cankar, Murn, Žu- pančič). Puristische Tendenzen werden direkt mit den reaktio- naren Handhaben eines Metternich verbunden (Urbančič Uber Ko- pi tar), obwohl schon Kopitar selbst, besonders aber sein Vor- ganger in dieser Hinsicht, o. Gutsman, ihre diesbezUglichen sprachpolitischen Auffassungen schon in der Zeit vor Metter- nich vertreten hatten. Wahrscheinlich verbindet man auch mit Breznik eine reaktionare gesellschaftliche Ideologie, namlich die der katholischen Partei im ersten Jahrzent unseresJahr- hunderts. In diesem Sinne soziologisiert man "fortschrittlich" ohne RUcksicht auf die wirklichen BeweggrUnde aller puristi- schen Bestrebungen, die ihren letzten Sinn eben in der Erhal- tung der Eigenstandigkeit des Slowenischen fUr jetzt und immer vor Augen haben. Denn in Wirklichkeit besteht keine Tendenz, sich vor allen Innovationen aus der grossen modernen Welt zu verschliessen, wie den Puristen so gerne und leichtfertig vor- geworfen und unterschoben wird, sondern es geht einfach 'lWl das rechtmassige BemUhen, dieses Einwirken des Fremden auf' das Slo- wenische in ertraglichen Schranken zu halten, damit eben·der Kern des Slowenismus erhalten bleibe. Ubertreibungen, zu denen es dabei ab und zu kommt, sind unvermeidlich (etwa bei .L. Le- giša, J. Moder und besonders bei J. Gradišnik), sie geben aber 152 keinem das Recht, sich absch§tzig tlber .diese Bemtlhungen im ganzen auszudrttcken. Denn MissbrMuche gewisser Ideen und Bestrebungen gibt .es auf allen Gebieten, deswegen k8nnen aber nicht diese Ideen und Bestrebungen als solche (samt ihrer Au- toren und. Verwirklicher) als etwas SchMdliches abgetan werden. Das gilt ebensogut fttr die allgemeine Verst.Mndigungs- so wie auch fUr andere Funktionssprachen, publizistische und Fach- sprachen nicht ausgenommen. Besonders in den Texten der Letz- teren huldigt man oft zu sehr dem fremden Fachausdruck und da- bei wird das bereits vorhandene Einheimische so wie die M?Sglich- keit es neu zu entwickeln vernachl§ssigt. Auch dazu habe ich in mehreren Ver8ffentlichungen (aus dem Gebiet der Medizin, der Technik und z. B. der Geographie) Stellung genommen. Auf dem Bereich der Fachsprachl?H vertrete ich den Standpunkt, dass sie den allgemeinen Regeln des Slowenischen unterliegen und dass sie sich nicht unn8tigerweise internationalisieren, da sie doch auch mit ihrem Wortschatz in die alltMgliche Sprache eindringen. Man sollte also keine unn8tige Bildungsmauer zwi- sc:Q.en den mehr und den weniger gebildeten Schichten unserer Sprachgemeinschaft errichten. 9 Das ungefMhr wUren die wichtigsten Fragen, die ieh im Rah- men meines Aufsatzes hier vortragen wollte. Ich wMre froh, wenn es mir gelungen sein sollte, mit den vorgelegten Gedanken ei- niges Interesse fUr diese Probleme geweckt zu haben. Literaturverzeichnis Jože Toporišič: l. Probleme der slowenischen Schriftsprache, Scando-Slavica VI (1960), 53-74. 2. Misel o našem sloven- skem jeziku, JiS 1968 124-127, 3~ Zakaj zatajujemo svoj materni jezik? 1 JiS 1969, Nr 6, Umschlag IV. 4. O jezikov-nem in stilističnem delu učnega načrta slovenščine za gi- mnazije, JiS 1973/74, 164-173. 5. Slovenski jezik za neslo- veniste na Filozofski fakulteti v Ljubljani, JiS 1969, Nr. 7, Umschlag III-IV. 6. Petdeset let jezikoslovne slavisti- ke na ljubljanski filozofski fakulteti, JiS 1969/70, 76- 84, 113-120, 146-158. 7. O Urbančičevi jezikoslovni kul- turi, SR 1977, 359-371. 8. Je mar pravopis domena ozkega kroga, Komunist, 7. 11. 1977, 20. 9. A Language of a Small Nationality in a Multiligual State, Sociolinguistic Prob- lema in Czechoslovakia, Hungary, Romania and Yugoslavia 153 (Oolumbus, Ohio), 1976, 480-487. 10. Mali jezik vvečjezi­ kovni državni skupnosti (S stališča zgodovine slovenskega knjižnega jezika), SR 1977 (Kongressnummer) 1 101-114. 11. Ob Urbančičevi kritiki Načrta pravil pravopisa in njegovem sestavku o veliki začetnici, SR 1978, 208-226. 12. Sloven- ski jezik in jezikoslovje, kot sta, NRazgl., 21. 4. 1978, s. 240 + 230-231. 13. Dinamika-razvoja slovenskega knjiž- nega jezika .JiS 1980/81, 193-199; auch in S.lavica Slova- ca 16 (19815, 263..;.271. 14. Slowenisch-deutsche Sprachkon- takte, Kulturelle lind sprachliche Minderheiten in Europa, TUbingen, 1981, 69-79. 15. Sl.owenisch als Fremdsprache, Linguistica, Ljubljana, 1981, 299-316. 16. Moderni sloven- ski knjižni jezik, SR 1982, 436-461. 17. Kopitar kot bra- nilec samobitnosti slovenskega jezika, SR 1982, 69-88. In englischer Fassung flir "Conference Held in r1emory of Ro- bert Auty and Anne Pennington at Oxford 6-11 July 1981 erschienen 1985 im Buch The Formation of the Slavonic Li- terary Languages (Slavic Publishers, Inc., Columbus, Ohio) unter dem Titel Kopitar as Defender of the Independence .of the Slovene Language, l. c. 19 3-205. 18. Strukturalisnms in der Slowenistik (Am Beispiel der Wortartentheorie), Lingui- stica 22 (1982), 211-~37. 19. Ilešičevstvo, Obdobje simbo- lizma v slovenskem jeziku, književnosti in kulturi, Obdob- je 4, 2. Teil, 1983, 305-327. 20. Theorie und Praxis der slowenischen Literaturs:i:rache in der 2. Halfte des 19. · Jahrhunderts, ZSlaw 29 (1984), 883-891. 21. Teorija in prak- sa slovenskega knjižnega jezika v drugi polovici 19. stolet- ja (mit einer GegenUberstellung eigener Thesen denen von . Anton Slodnjak), SR 1983, 437-456. 22. The Social Situation of the Slovene Literary Language in 1584 and 1984, Slovene Studies 6/1-2 (1984), 247-258; slowenische Version dieses Vortrages fUr eine Konferenz in Chicago: Družbeni položaj slovenskega knjižnega jezika leta 1584 in 1984, Ob štiri- stoletnici Dalmatinovega prevoda Svetega pisma in Bohoriče­ vih Zimskih uric, JiS 1984/85, 137-145. 23. Enakopravnost Slovenščine v Jugoslaviji kot teorija in praksa, Sveske In- stituta za proučevanje nacionalnih odnosa, Sarajevo, 1984, 171-176. Cf. noch: Sveske ••• 9 (1985), 140, 146, 148, 182, 190. 24. Osebni pogledi na delo pri Jezikovnem razsodišču, Jezikovno razsodišče, 1984, 333-339. 25. Slovenska slovni- ca, 1984, der neue Teil, 589-739. 26. "Samoupravna" sloven- ščina, in: Povejmo naravnost, Ljubljana, 1985, 85 s. 27. · Prevzete prvine slovenskega knjižnega jezika, sh 1972, 285-318. Jezikovno razsodišče 1980-1982, 1984, 351 s. Josip Vidmar, Kulturni problem slovenstva, 1932, 95 s. Boris Urbančič, O jezikovni kulturi, 1972, 168 s.; 1973, · 180 s. Slovenščina v javnosti, Posvetovanje o slovenskem jeziku, Por- toroz, lll-. in 15. maja 1979; Ljubljana 1983, 224 str. 154 Povzetek DRUŽBENOSTNA VPRAŠANJA SLOVENSKEGA (KNJIŽNEGA) JEZIKA Družbeni položaj slovenskega (knjižnega) jezika v osnovi določajo naslednji faktorji: njegova vklinjenost med germanski in romanski (deloma še madžarski) svet ter slovansko· sosedstvo na vzhodu; sorazmerno velika neštevilnost nosilcev jezika; s tem povezana stalna. pridruženost državam (in pogosto tudi up- ravnim, posvetnim in cerkvenim, enotam), ki imajo svoja sre- dišča seveda zunaj slovenskega jezikovnega ozemlja; sorazmer- na skromnost naravnih virov gospodarstva. Na drugi strani pa so: delavnost, nravstvena in kulturna higiena prebivalstva, ki vendarle že drugo tisočletje omogočata statični čudež sa- mobitnosti, in sicer v narodnostnem, jezikovnem in gospodar- skem oziru, nekako po načelu vsemu navkljub. Tako se navsezadnje rešujejo vse dileme tega jezika in njegovega nosilca v smislui ki ga je izrazil že Prešeren - da bodi, kar je vzklilo, pri zivljengu do "sodnjega" dne, ko bo tudi vsemu drugemu, večjemu, obseznejšemu in kakšnemu še dolo- čena resnična vrednost s strani nepristranskega razsodnika. Taka VPrašanja razsoje pa so: samobitnost slovenskega jezika in knjižnega še posebej ter njegov nadaljnji obstoj ali obsta- nek; pravica do funkcijske enakopravnosti v dani združbi poli- tičnih interesov; samostojnost, svobodnost odločanja v narod- nih in nazorskih zadevah (.Prešeren: "tja bomo našli pot, kjer /Slave/ sinovi· si prosti vol' jo vero in postave"); upiranje vsem poskusom raznarodenja, stopitve v čem večjem (po Prešer- novo: v '.'bolj množnem Slave rodov"), in sicer ne glede na tre- nutno ideologijo na oblasti ali njenih zastopnikov v javnih občilih in ne glede na to, ali pobude za stapljanje prihaja- jo neposredno od zunaj ali pa preko narodno-jezikovnih disi- dentov in odpadnikov (.npr. ilirizem); življenjsko tolmačenje gesla "bratstva in enotnosti" ter solidarnosti v državi in v mednarodnem naprednem, osvobojevalnem prizadevanju; zvestoba tem načelom ne glede na izredne oblike obstaganja slovenske skupnosti (med okupacijo in NOB; ali zlasti se, ko gre za biti ali ne biti); ravno tedaj je bila 7 sicer v oficialnem podtalju, uresničena ideja zedinjene Slovenije tudi v političnem smislu, v mirni dobi pa se uveljavlja kot zedinjena, tj. nerazdružena kulturna enota - trenutno pod nazivom enotni kulturni prostor); vodilnost v tej skupnosti in njenih delnih interesih naj bi iz- hajala iz "naravnega prava", tj. pripada naj tistim, ki so ob- jektivno vodilni, kar dokazujejo z nosilnostjo razvoja na svo- jem področju, ne pa strukture, ki svojo vodilnost odvajajo od vodilnosti določene združbe v političnem smislu; s tem tudi na- ravno reševanje odprtih stvari z močjo argumentov, ne položa- ja (primer novega slovenskega pravopisa in SAZU); postavljanje manj ustreznih ljudi na vodilne položaje in kvarni VPliv le-tega zlasti na projektiranje dela in kvaliteto v takih pogojih nas- talih del; pravica in dolžnost organizirati t. i. malemu jezi- ku obrambo pred nezaželenimi VPlivi sosednjih večjih jezikov, seveda še zlasti, če so ti spodbujani z napačno politično ideo- logijo po enotenju kulturnih raznolikosti v nekaj ne- ali nad- narodnega, t. i. državnega, ali ideološkega ali nazorskega ali 155 razrednega; v tem okviru tudi zgraditev zavesti o jezikovni politiki nasproti velikemu številu drugojezičnih v okviru iste upravne enote v d.ržavi. Reševanje vse te in take problematike v matični Sloveniji naj bi bilo - ob spremenjenem, kar je spremeniti treba - tudi vzorec za reševanje jezikovnih (in narodnih) vprašanj še:v t.i. zamejski Sloveniji v Italiji, na Koroškem (in Stajerskem) v Avstriji in v ·Porabju na Madžarskem. Slab zgled v matici go- tovo usodno negativno 'VPliva na naše zamejstvo, pa tudi na zdomstvo in izseljenstvo. 156