Sonderabdruck aus der Monatsschrift «Die Erdbebenwarte», Nr. 5 bis 9, IV. Jahrg., 1904/5. Ein herrliches Hochgebirge, die Alpen, schmiickt die Mitte unseres Wcltteils. Jahrlich durchziehen es Scharen von Forschern, um in wett- cifernder Anstrengung sein Gefiige zu ergriinden, wenn man aber einen unter ihnen fragt, wie denn wohl die Alpen entstanden sein mogen, so mufi zugestanden werden, dafi in den letzten Jahrzehnten zwar eine grofie Anzahl von Stiicken des Baurisses mit grofier Gewissenhaftigkeit fest- gestellt worden ist, dafi aber liber das Wesen der auftiirmenden Kraft noch sehr widerstreitende Meinungen bestehen. Diese Worte, mit welchen Eduard Suej3 vor dreifiig Jahren sein Buch «Die Entstehung der Alpen* begann, liaben auch heute noch und vielleicht in erhohtem Mafie Geitung. Denn derjenige, welcher aus den erweiterten Darlegungen des Altmeisters Suefi in seinem «Antlitz der Erde», aus der Darstellung, welche die Ost- alpen vor kurzem durch C. Diener in «Bau und Bild Osterreichs* fanden und aus den in letzter Zeit von Lugeon und Termier geaufierten Ansichten liber die grofien Uberschiebungen in den Karpathen und Alpen eine Meinung liber die Entstehung der letzteren zurechtlegen wollte, miifite bekennen, dafi der Widerstreit der Meinungen heute vvomoglich noch scharfer zu- tage tritt wie vor dreifiig Jahren. Damals betonte E. Stiefi die Einseitig- keit und Selbstandigkeit der einzelnen Zweige des Alpensystems und trat der alten Meinung eines symmetrischen Baues der Ostalpen, welcher durch die Hebung einer kristallinischen Achse verursacht worden sein solite, entgegen. Heute behauptet Diener in Obereinstimmung mit ahnlichen, von Bittner, Tietze und Lowl geaufierten Ansichten, dafi der Bau der Ostalpen auf keine Weise die Annahme der Entstehung seines Faltemvurfes durch einen einseitigen Schub zulasse, sondern nur durch einen Zusammen- schub zwischen zwei starren Schollen erklart vverden konne. Die eine dieser starren Schollen sei das bohmische Massiv, die andere will er in der heute versunkenen »Adriatis* erblicken. Ohne darauf einzugehen, dafi Der geologische Bau der Julischen Alpen und die Laibacher Erdbeben. Von Prof. Dr. R. Hoernes. (Vortrag, gehalten in Laibach am 10. Dezember 1904.) 2 dieser Vergleich zwischen der in ihrer geologischen Geschichte und in ihrer ektonischen Wirkung auf die Alpen nicht leicht zu erfassenden Adriatist und dem in seiner Rolle als starres, die Leitlinien der Alpen beeinflussendes Widerlager seit langem klar erkannten bohmischen Massiv betrachtlich hinkt, soli hier nur daran erinnert werden, daC die neuesten Ansichten Dieners im wesentlichen auf die alte Meinung Elie de Beaumonts zurtick- kommen, nach welchem die Gebirgsketten jenen Teilen der Erdrinde ent- sprechen, deren horizontale Ausdehnung durch ein «ecrasement transver- sal» verringert worden ist, wobei die beiderseits vorliegenden Ebenen mit den Backen eines Schraubstockes verglichen wurden. In keiner Richtung tritt die Verschiedenheit zwischen den Auffassungen von SueJS und Diener so scharf hervor, wie in jenen Erorterungen, die sich auf den Bau der Siidalpen beziehen. Diener selbst huldigte frilher (nocli 1899 in einer in Petermanns Mitteilungen veroffentlichten Abhandlung tiber den Bau der Ostalpen) der durch Suefi vertretenen Ansicht, dafi die Siid- alpen mit den westlichen Auslaufern des dinarischen Systemes durch eine siidwarts gerichtete Bewegung von dem Hauptstamme der Ostalpen abge- trennt worden seien und ein selbstandiges, sudwarts bewegtes Faltengebirge darstellen; jetzt aber verwirft er diese Meinung und tritt zumal dem von Suefi im dritten Bande seines «Antlitz der Erde» ausgesprochenen Ge- danken entgegen, dali die sudlichen Kalkalpen den Dinarischen angehoren und durch einen ununterbrochenen, mehr als 400 Kilometer langen und auf betrachtliche Strecken durch Tonalitintrusionen gekennzeichneten Gurtel von Dislokationen von den Alpen getrennt seien. Fiir das jugendliche, vielleicht sogar tertiare Alter der tonalitischen Intrusionen des periadriatischen Randbogens vom Adamello bis zum Bacher ist zuerst W. Salomon in einer 1897 in Tschermaks Mitteilungen veroffent- lichten Abhandlung eingetreten. Naher auf seine Darlegungen einzugehen ist hier nicht der Ort; wir wollen nur einen Blick auf das ostliche Ende des periadriatischen Randbogens werfen, wie es Suefi im dritten Bande seines «Antlitz der Erde», S. 442, zur Darstellung bringt. Wir erkennen hier, daB das Bachergebirge den siidostlichen Eckpfeiler der Zentralzone der Alpen darstellt, welcher mit der die nordliche und siidliche Triasentwick- lung scheidenden Tonalitzone nichts zu tun hat. Der Kalkzug der nord- lichen Karavvanken bricht hier bei Windischgraz quer ab und dem Bruche sind Gosauablagerungen angelagert, es mtissen also hier zur Zeit der oberen Kreide schon ahnliche Verhaltnisse geherrscht haben wie heute. Auf die durch Frech und Teller dargelegte Zusammensetzung des karnischen Gebirges aus verschiedenartigen und verschieden alten Elementen soli hier nicht weiter eingegangen werden, ebensowenig als auf die Ansicht Frechs, nach welcher das palaokarnische, zur Karbonzeit aufgericlitete Falten¬ gebirge vorbedingend fiir die Gestaltung der spater gebildeten Siidalpen gewesen sei. 3 In den karnischen Ketten ist die faltende Bewegung nach Nord ge- richtet, schon das altere karnische Gebirge ist heftig gegen Nord gefaltet, die archaischen Gesteine des Gailtalzuges zeigen diese Bewegungsrichtung ebenso wie die Karawanken und die karnische Hauptkette. Es erstreckt sich diese Bewegungsrichtung aber teilweise noch etwas weiter nach Siiden uber die dinarische Grenze und es sind langs dieser Grenze am Nord- rande des periadriatischen Gebietes dinarische Schichtreihen nach Norden tiberschoben, vvahrend sonst im dinarischen Gebiete treppenformige Sen- kung gegen die Adria und das Streben nach Uberschiebung in derselben Richtung herrschen. Die groGe Kalkmasse der Steiner Alpen zeigt an ihrer Nordseite die Wirkung der Bevvegung gegen Nord ; an ihrer Sudseite aber ist sie gegen Siiden iiberschoben und die Trias liegt auf einer iiberstiirzten Serie von tertiaren Ablagerungen. Diese Bewegungen konnen offenbar nicht gleichzeitig eingetreten sein. Suefi meint, daG die Steiner Alpen als eine ziemlich starre Masse einmal nach Nord und ein andermal nach Siid be- wegt worden seien, daG die nach Siid gerichtete periadriatische Bewegung die jiingere sei und die nach Nord gerichtete karnische wahrscheinlich alter als der Querbruch von Windischgraz, welchem die Gosau ange- lagert ist. Die Steiner Alpen erheben sich am nordlichen Rande des groGen Einbruchsfeldes von Laibach, das uns als Ausgangsstelle so haufiger und heftiger Erderschtitterungen besonders interessiert. Es stellen die Steiner Alpen die ostliche Fortsetzung der Julischen Alpen dar, von welchen sie durch einen spater erfolgten Einbruch zwar getrennt sind, mit denen sie aber gleichartige Zusammensetzung und gleichartigen Aufbau teilen. Die Julischen Alpen sind scharf durch einen groGen Bruch, den wir mit Frech als Save-Linie bezeichnen wollen, von der karnischen Hauptkette geschieden. Wahrend die letztere intensiv gestort und gefaltet ist, stellt die Triasregion der Julischen Alpen eine vergleichsweise ruhig gelagerte Scholle dar, die wir uns allerdings nicht als eine ganz flach gelagerte Tafel vorstellen durfen. Vor allem treffen wir Aufrichtung und Steilstellung der Schichten in groGerer Ausdehnung am Nordrand der Julischen Alpen in den tieferen Gliedern der Trias, aber auch im Innern des Gebirges, in den weit uber 1000 Meter machtigen Dachsteinkalkmassen ist stellenweise steile Schicht- stellung zu beobachten. Diener, dem wir die genauere Kenntnis der Juli¬ schen Alpen verdanken, die er 1884 im Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt monographisch behandelte, schreibt gerade einer solchen energischen antiklinalen Aufrichtung die gewaltige, die benachbarten Gipfel wesentlich iiberragende Hohe des Triglav (2864 m) zu. Die weitaus iiber- wiegenden Storungen in den Julischen Alpen aber sind Senkungsbruche. Staffelformig bricht das Triasgebirge gegen den nordlichen Teil des Sen- kungsfeldes von Laibach ab und auch im Innern der Julischen Alpen be- gegnen wir grabenartigen Einbrtichen, wie dem Flitscher Kessel. Teilweise 4 hangen die lokalen Aufquetschungen tieferer Schichten gerade mit den Senkungsbriichen zusammen. Im groGen und ganzen aber ist der Bau der JuliSchen Alpen ein einfacher und das beriihmte Triasprofil von Raibl er- schlieGt uns eben wegen der nur durch untergeordnete Bruche in kaum nennenswerter Weise gestorten Einheitlichkeit der von der Schlitza durch- schnittenen Gebirgsscholle die ganze Schichtserie der dinarischen Trias, wie sie in gleicher Vollstandigkeit und zugleich uberaus leichter Zugang- lichkeit kaum an einer anderen Stelle der Sudalpen angetroffen wird. Die Schichten fallen in diesem grofiartigen und ungemein lehrreiclien Profil ins- gesamt nach Silden, aber um so flacher je weiter nach innen und aufwarts. Wahrend die untersten, den permischen Ablagerungen folgenden Trias- bildungen, die Werfener Schichten, die bunten Konglomerate, die dunklen, Pflanzenreste bergenden Tuffe von Kaltwasser, die Einlagerung des felsiti- schen Raibler Porphyrs unter den erzfilhrenden Kalk des Konigsberges noch ziemlich steil nach Siiden einschieGen, sehen wir in den hoheren Teilen des Profils in dem auf den machtigen erzfuhrenden Kalk fol¬ genden Fischschiefer der Raibler Scharte, den darauf folgenden eigentlichen Raibler Schichten und den von ihnen durch den Zwischendolomit getrenn- ten Torer Schichten ein zwar stetig nach einer und derselben Seite ge- neigtes, aber immer flacher werdendes Fallen, bis endlich der Dachstein- kalk, der die stolzen Zinnen des Hochgebirges, den Mangart, Wischberg, Canin, Montasio usw., bildet, nahezu horizontal gelagert ist. Heute kann ein Zweifel an der normalen Schichtfolge des ganzen, durch SueJ3 1867 geschilderten Profils, wie er 1868 durch Stur geaufiert wurde, nicht mehr zutage treten. Stur nahm irrig in der Gegend von Kaltwasser eine groGere Storung an und erklarte demzufolge den doleritischen Tuff und die Sandsteine von Kaltwasser fur gleichalterig mit dem Fischschiefer der Raibler Scharte, obwohl in Wahrheit diese Fischschiefer auf dem erzfuhrenden Kalk ruhen, vvahrend die Schichtfolge von Kaltwasser ihn unterlagert. Der erzfiihrende Kalk des Konigsberges entspricht dem Schlerndolomit Sudtirols, die Kepha- lopodenfauna des Fischschiefers von Raibl gleicht, wie v. Mojsisovics ge- zeigt hat, jener der Schichten von St. Cassian (Zone des Trachyceras Aon), in den tuffigen Schichten von Kaltvvasser aber haben wir es mit der Ver- tretung der Buchensteiner Schichten zu tun. Es bleibt also kein Zvveifel weder an der normalen Lagerung, noch an der Deutung der Schichten iibrig. An dem ganzen Nordrande der Julischen Alpen, dem Laufe der Fella und Save entlang kann man die Riffzone des erzfuhrenden Kalkes mit den Tuffsandsteinen im Liegenden und den Raibler Schichten im Hangenden als FuGgestell der hoheren Dachsteinkalkmassen hinziehen sehen. Ostlich vom Pischenzatal aber sind die Raibler Schichten nicht mehr als Mergel entwickelt und im Triglavstock und weiterhin nach Osten macht sich eine einheitliche Kalkentfaltung bemerkbar. Die gleiche Ausbildung 5 eines machtigen, einheitlichen und gerade wegen des Fehlens einer kalk- armen Ausbildung im Niveau der Raibler Schichten schwierig zu gliedernden Kalkkomplexes tritt uns auch in der ostlichen Fortsetzung der Julischen Alpen, in den Steiner Alpen, entgegen. Nur ara Siidabhang der Ojstrica werden die einformigen Kalkablagerungen der letzteren durch eine Einlage- rung kephalopodenfuhrender Kalkschiefer des Wengener Horizontes unter- brochen. Auch im Gebiete der Steiner Alpen treten, um die Analogien mit den Julischen Alpen zu vervollstandigen, Eruptivgesteine der Trias auf: die Quarzporphyre des Vellach-, Kanker- und Feistritztales, welche Teller als Aquivalente der Porphyre von Raibl betrachtet. Auf die Ahn- lichkeit der Berg- und Talformen der Steiner Alpen und des Zentral- stockes der Julischen Alpen soli hier nicht weiter eingegangen werden. Beide, Sanntaler oder Steiner und Julische Alpen bilden offenbar einen urspriinglich einheitlichen Gebirgsteil, dessen Zusammenhang heute durch eine tiefer eingesunkene Scholle, welche der Senkung von Laibach ent- spricht, unterbrochen erscheint. Wir haben aber eigentlich zwei Senkungs- felder: zvvei Niederungen, welche durch einen Hiigelzug von karbonischen Schiefern und Sandsteinen getrennt sind. Das Kastell von Laibach steht auf einem dieser Hiigel zwischen den beiden Niederungen, die sich deutlich als Einbruchsfelder kennzeichnen durch die Art und Weise, in welcher die Falten und Storungen der umgebenden Gebirgsteile an sie herantreten und plotzlich enden. Von dem Senkungsgebiete von Laibach sind wiederholt heftige Erderschiitterungen ausgegangen, welche in der Umgebung der Landeshauptstadt zerstorend wirkten, Laibach selbst oft hart heimgesucht haben und sich auf gewaltigen Flachen in- und auGer- halb der Alpen fiihlbar machten. Das gervaltige Beben, das Laibach in der Osternacht vom 14. zum 15. April 1895 erschlitterte, ist noch in frischer Erinnerung. Dieses Beben ist aber nur eines von den vielen, die in fruherer Zeit von der Laibacher Senkung ausgingen und die manchmal, wie jenes vom Jahre 1511, noch ungleich groGere Schaden im Lande Krain und in seiner Hauptstadt anrichteten. Die Laibacher Beben konnen aber nur im Zusammenhange mit den in der nordlichen Umgebung der Adria so haufig auftretenden periadria- tischen Erschiitterungen richtig beurteilt werden. Die ganze Tektonik des dinarischen Gebietes der Sudalpen wird von der im geologischen Sinne sehr jungen Senkung der Adria beherrscht. Das erste Aufleben der peri- adriatischen Briiche mag allerdings in eine ziemlich ferne Zeit zuriickreichen, in jene noch nicht mit erwunschter Genauigkeit festgestellte Epoche, aus der die Narbe des groGen tonalitischen Randbogens stammt. DaG spater, zur Tertiarzeit, wiederholte groGere Storungen erfolgten, lehrt uns als nahe- liegendes Beispiel die geologische Geschichte der Steiner Alpen. Ihre Trias- kalkmassen miissen schon vor der mittleren Oligozanzeit eine Zerstuckelung durch teilweise Einbruche erlittcn haben, sonst konnte die Ingression der 6 marinen Ablagerungen der Gomberto - Schichten zwischen Menina und Rogač, ja bis ins Innerste der Triaskalkmassen ins Feistritztal nicht ein- getreten sein. Atn Beginne der Miozanzeit erfolgten neue, gewaltige Dis- lokationen, durch welche die Bruchspalten aufgerissen wurden, die das Zutagetreten der andesitischen Laven des Smrekovz-Gebietes ermoglichten. Neue und noch groGere Storungen, Faltungen und Uberschiebungen er¬ folgten aber nach Ablagerung der jiingeren Tertiargebilde, denn in dem ostlich von den Steiner Alpen gelegenen steirischen Htigellande finden wir in der Umgebung von Tiiffer selbst sarmatische Ablagerungen von den gebirgsbildenden Bewegungen mit beeinfluGt. DaG dieselben im ganzen dinarischen Gebiete hauptsachlich durch treppenformiges Absinken und Oberschiebung gegen die Adria bestehen, wurde bereits erwahnt. Diese Senkungsvorgiinge haben erst in sehr spater Zeit die nordliche Adria dem Mittelmeere hinzugefiigt und daG sie heute noch andauern, dartiber belehren uns die Erderschtitterungen, welche im periadriatischen Gebiete iiberaus haufig sind. In meinen 1878 im Jahrbuche der Wiener geologischen Reichsanstalt veroffentlichten «Erdbebenstudien» habe ich zu zeigen versucht, daG dieses Gebiet sehr haufig von Erschiitterungen heimgesucht wird, die bald von peripherischen, bald von radialen Bruchlinien ausgehen. Auf einer peripheren Bruchzone fand 1870 vor und nach dem zerstorenden Beben von Klana in Istrien ein ahnliches Wandern der StoGpunkte statt, wie bei den Beben Calabriens im Jahre 1783, deren Zusammenhang mit einer die tyrrhenische Senkung umgebenden Bruchzone Eduard, SueJ3'm seiner 1874 veroffentlichten Monographie der Erdbeben Unteritaliens nachwies. Hier wie dort finden aber auch auf Radiallinien, die hochstivahrscheinlich quere Abgrenzungen der sinkenden Schollen darstellen, heftige Erschiit- terungen statt, wie das zerstorende Beben von Belluno 1873, dessen Zu¬ sammenhang mit Querbrtichen A. Bittner zeigte. In der meinen Erdbeben- studien beigegebenen Karte des Bebens von Belluno und der StoGlinie des groGen Villacher Bebens vom Jahre 1348 habe ich auch etliche bypo- thetische Radiallinien verzeichnet, darunter eine, die von Triest liber Adels- berg gegen Littai gezogen wurde und wohl besser direkt Triest mit Lai- bach verbunden hatte, denn beide Stadte wurden gar oft zugleich von heftigen Erderschtitterungen heimgesucht. Das Beben vom 24. und 26. Marž 1511 mag hier als bestes Beispiel angefiihrt sein. Es war, wie zumal P. v. Radics durch Sammlung der beztiglichen Nachrichten nachgevviesen hat, eines der heftigsten, von welchen Krain und seine Landeshauptstadt heim¬ gesucht wurde. Laibach btiGte acht Ttirme und einen Teil der Ringmauern ein, auch das Landhaus kam zum Einsturz. In Triest fielen zwei Torttirme und die Eimvohner fliichteten vor dem anschwellenden Meer, so daG die Venetianer den Hafen einzunehmen suchten, aber mit Verlust zuriick- geschlagen wurden. Diese Erschutterung pflanzte sich aber in heftigster 7 Weise quer durch die ganzen Alpen und noch weithin daruber hinaus fort: in Wien wurde der Stephansturm beschadigt, ein grober Teil von Bohmen und Mahren fuhlte eine heftige Erschutterung, in Olmutz sttirzten Gebaude ein und der Leitmeritzer und Schlaner Turm sollen bewegt worden sein wie eine Wiege, ohne jedoch beschadigt zu werden. Dieses Beben vom Jahre 1511 gibt demnach ein gutes Beispiel far die weite Fortpflanzung eines heftigen Erdbebens auf Bruch- und Storungs- linien von ungleicher tektonischer Bedeutung: eine in Bevvegung ge- setzte Scholle der Erdrinde teilt dieselbe der benachbarten mit und die Bevvegungen machen sich auf weite Distanzen an den Abgrenzungslinien der Schollen bemerkbar. So scheint gerade die dem ostlichen Abbruche des Wiener Waldes folgende Thermallinie von Wien sehr haufig von dem Nordrande der Adriasenkung ausgehende periadriatische Bevvegungen mit grober Intensitat nach der osterreichischen Reichshauptstadt zu leiten. Auch das Laibacher Beben vom Jahre 1511 gibt hiefur ein gutes Beispiel. Moge es uns erspart bleiben, die zerstorenden Folgen eines ahn- lichen Ereignisses durch eigene Anschauung kennen zu lernen! kleinmayr & Bamberg, Laibach. : : ■ ' f 1 . ! ■ Jgi. ' C' - ■