179 Heinz-Dieter Pohl ∗ UDK 811.163.6:811.112.2(497.452+436.5) Universität Klagenfurt DOI: 10.4312/linguistica.60.2.179-191 SLOWENISCH-DEUTSCHER SPRACHKONTAKT, GEZEIGT AN DER SPRACHINSEL ZARZ/SORICA IM VERGLEICH MIT KÄRNTEN 1 ALLGEMEINES 1.1 Während der deutsche Einfluss aufs Slowenische bestens dokumentiert ist (z. B. Kranz- mayer 1944 und Striedter-Temps 1963), findet man über den slowenischen Einfluss aufs Deutsche Angaben vornehmlich in Spezialarbeiten zu deutschen Mundarten (z. B. Lessiak 1944), wenn man von Arbeiten aus der Zeit der Österreichisch-Ungarischen Monarchie absieht (z. B. Lessiak 1910/1983, Štrekelj 1909). Die slowenischen Einflüs- se auf die Deutschkärnt ner Mundart sowie auf die Volks- und Umgangssprache haben Neweklowsky (1990) und ich wie derholt dargestellt (eine Zusammenfassung meiner Arbeiten dazu ist in Pohl 2009 erschienen). Deutsch als überregionale Verkehrssprache in der österreichischen Reichshälfte der Österreichisch-Ungarischen Monarchie und Slowenisch als bodenständige Volks- und Umgangssprache Krains, der Südsteiermark und von großen Teilen Kärntens koexistier ten jahrhundertelang und haben einander auf verschiedene Weise beein- flusst (vgl. Krevs Birk 2019). Während der dt. Einfluss im Slowenischen allgemein ist, also fast das gesamte Sprachge biet sowohl auf Ebene der Volkssprache als auch der älteren Schriftsprache betrifft, be schränkte sich der sl. Einfluss aufs Deutsche auf die Volkssprache im Umkreis des sl. Sprachgebietes und nur bis zu einem gewissen Grad auch auf die Umgangssprache (heute v. a. noch in Kärnten, dazu vgl. Pohl 1993, 1997 u. 2009), ist also regional. Besonders intensiv war der sl. Einfluss auf die dt. Sprach inselmundarten im Tal der Selzacher Zaier (sl. Selščica), in Zarz (sl. Sorica), Deutschrut (sl. Nemški Rut) und Huben (sl. Spodnje Danje). Bezüglich des benach- barten Zaierfeldes (sl. Sorško polje zwischen Krainburg/Kranj und Bischoflack/Škofja Loka) hat dies schon Valvasor für Feichting (sl. Zg./Sp./Sr. Bitnje) festgestellt (zitiert nach Lessiak 1944: 25f.): Unter denselben / höret man dreyerley Sprachen; als die rechte creinerische / rechte Teutsche / und / drittens / die aus der Crai ne risch und Teutschen unter einander gemengte. Jedoch wird die / also gemischte / nur allein in dem Dorff Feichting geredt: wel- ches insgemein Bitina genannt wird... Wer die Leute dieses Dorffs verstehn soll / ∗ heinz.pohl@chello.at Linguistica_2020_2_FINAL.indd 179 Linguistica_2020_2_FINAL.indd 179 24. 03. 2021 14:20:54 24. 03. 2021 14:20:54 180 der muß beydes wol Crai nerisch / und wol Teutsch / können: weil die Einwohner dieses langen Dorffs im Reden / beydes ineinander mengen. Diese „Feichtinger Mischsprache“ soll sich in einigen Familien bis Anfang des vorigen Jahrhunderts gehalten haben (Lessiak 1944: 25 Anm. 3). Eine vergleichbare Sprachform hat Kranzmayer noch 1941 in Huben (sl. Spodnje Danje) aufgenommen (veröffentlicht in Lessiak 1944: 219); die Textproben werden hier in Kap. 2 (mit Er- läuterungen) geboten. 1.2 Zum sl. Einfluss auf die dt. Sprachinselmundarten in Krain vgl. v. a. Lessiak (1944: passim, Wortschatz 75ff., WB 17ff.). In den von Lessiak (1944: 202ff.) zusammen- gestellten Sprachproben der Krainer dt. Sprachinselmundarten fand ich folgende bemer kenswerte Interferenzen: 1.2.1 Satzkonstruktion ohne es brt furt nåuxgäibm ce žnāeban (WS 2) ʻes wird sofort nachgeben (= aufhören) zu schneienʼ; šaent šwåxe cāetn/šent šwåxe cāetn/šaent šläxte cāetn (WS 13) ʻes sind schlechte (schwache) Zeitenʼ; haent nåxt hout gežnibm (WS 25) ʻheute Nacht hat es geschneitʼ. Solches ist im Kärntner Deutsch gang und gäbe, z. B. rēgnet ʻes regnetʼ, hait wår khålt ʻheute war es kaltʼ (vgl. Pohl 2009: 126 bzw. Pohl 1993: 655 mit Lit. u. weiteren Beispielen). 1.2.2 Zeitformen Das Perfekt (als allgemeines Präteritum) wird nur mit sein gebildet, z. B. de ǭltn lāete žint genoumen ... ʻdie alten Leute haben genommenʼ (sind nach sl. Vorbild, das im Prä- teritum nur sein als Verbum auxiliare kennt, 1 vgl. 2.8., 2.10 u. 2.14); desgleichen das Futurum, z. B. …, lež de milix drbǭǝlala ʻdamit die Milch zu sieden beginntʼ (wörtlich ʻaufwallen wirdʼ, s. 2.1). Das Hilfsverbum sl. bom, boš usw. ʻwerde (sein)ʼ fehlt dabei oft (wie u.a. in 2.1). Es wird beim Verbum sein im Dt. dann durch werden allein wie- dergegeben, z. B. ...wer i pāme hāože ʻwerde ich beim Hause (sein oder bleiben)ʼ (nach sl. Vorbild bom, boš usw. ʻich werde seinʼ). Beides ist auch in Kärnten zu beobachten, z. B. i(ch) pin ferschlå:fn ʻich habe mich verschlafenʼ, ...wer i pis åchte då: ʻich werde bis 8 h da (sein)ʼ (vgl. Newe klowsky 1990: 490 u. 491). Das typisch Kärntnerische ich bin geschlafen (statt habe) dürfte aber damit nicht zusammenhängen, denn schlafen bedeutete ursprünglich ʻschlaff liegenʼ, und liegen hat im Perfekt sein (und nicht wie im nördlichen Deutschen haben). 1 Die Bildung des Präteritums und Futurums erfolgt im Sl. mit dem gemeinslaw. l-Partizip, sspr. -l [w] (m.), -la (f.), -lo (n.), pl. -li, -le, -la. Die ins Sl. entlehnten dt. Verba werden wie die sl. Verba auf - ati flektiert, wobei das m. Partitizip -al zu ma. [ow] wird, die anderen Formen regulär: -ala, -alo, -ali usw. Linguistica_2020_2_FINAL.indd 180 Linguistica_2020_2_FINAL.indd 180 24. 03. 2021 14:20:54 24. 03. 2021 14:20:54 181 1.2.3 Lehnbeziehungen und -bedeutungen Vielfach wird dt. aber (ma. åfr) im Sinne von ʻundʼ (wie im Sl. pa) verwendet. Das Adjektiv dt. schwach hat (analog zu sl. slab) auch die Bedeutung ʻschlechtʼ angenom- men (vgl. WS 13). Sl. Lehnwörter sind nicht selten, darunter allgemein-südbairi sche wābe, Kärnten Wābm ʻFrau, Weib (pejorativ)ʼ oder auf Krain beschränkte wie kesle ʻStückchenʼ, Diminutiv zu sl. kós ʻStück, Teilʼ (mit dt. Umlaut < *kösle). 1.2.4 Historisches (s. a. 1.1) Die Besiedlung des Gebiets durch (süd-)bairisch sprechende Bauern aus dem Hoch- pustertal um Innichen (Tirol) erfolgte um 1200, mehr als hundert Jahre vor der Be- siedlung der Gottschee/Kočevje. Bis ins frühe 20. Jahrhundert wurde in Zarz/Sorica ein altertümlicher südbairischer Dialekt gesprochen. Trotz der deutschen Amtsspra- che im alten Österreich ging der Gebrauch des Deutschen in Zarz angesichts der im- mer enger werdenden Beziehungen mit der slowenischsprachigen Umgebung schon im Laufe des 19. Jahrhunderts zurück. Die Volkszählung 1910 (publ. 1918), noch in Österreich-Ungarn, wies Zarz/Sorica bereits als überwiegend slowenischsprachig aus. In Huben/Spodnje Danje bestand noch längere Zeit eine Mischsprache mit deutschem Vokabular und slowenischer Grammatik (einige Bemerkungen zur Geschichte dieser „Hubner Mischsprache“ s. bei Lessiak 1944: 67, 25ff.). Da das Slowenische 1945 be- reits von allen Bewohnern von Zarz/Sorica gesprochen wurde, waren diese nicht von der Vertreibung der deutschen Minderheit im Rahmen der A VNOJ-Beschlüsse betrof- fen. Bergnamen deutscher Herkunft wie Altemaver (< ålte māur ʻAlte Mauerʼ) oder Tonderškofel (< tondrškhouvl ʻDonnerskofelʼ) und Gewässernamen wie Driselpoh (< drišlpåx ʻDrischelbachʼ) oder Štajnpoh (< štǭǝmpåx ʻSteinbachʼ, auch Siedlungsname für Podrošt, eigentlich ʻUntere Rastʼ zu dt. ma. råšt ʻRast(platz)ʼ) sind bis heute in Ge- brauch, ebenso Haus- und v. a. Familiennamen. 1.2.5 Umschrift Die von mir verwendete Umschrift für die Krainer dt. Sprachinselmundarten, v. a. in Kap. 2, ist gegenüber dem Original (s. Lessiak 1944: 218f.) vereinfacht und für dt. wie sl. Wörter gleich (ohne Berücksichtigung der Unterschiede zwischen den 3 Klassen von Spiranten, vgl. Lessiak 1944: 81, was hier irrelevant ist; s stimmloses, z stimmhaf- tes s, c = ts, w = bilabial (ähnlich wie engl. w), x = ch, ę̄ ǭ langes offenes e o; die übrigen Zeichen dürften keine nähere Erläuterung benötigen). Im Dt. wird sl. b oft als w, umge- kehrt dt. w im Sl. als b wiedergegeben. Da das dt. ma. bilabiale w fast wie stimmhaftes b gesprochen wird, ist es in den Textproben auch so geschrieben. Der historische und z. T. hochsprachliche b-Laut wurde (v. a. im An- und Auslaut) zu p. Linguistica_2020_2_FINAL.indd 181 Linguistica_2020_2_FINAL.indd 181 24. 03. 2021 14:20:55 24. 03. 2021 14:20:55 182 2 TEXTPROBEN („HUBNER MISCHSPRACHE“ NACH LESSIAK 1944: 219 BZW. 7) 2.1 (WS 3) dāj khol in oufm, lež de milix drbǭǝlala. dāj (sl.) ʻgibʼ (Imperativ 2.Psg.); khol (dt.) ʻKohleʼ (ma. n.); in oufm (dt.) ʻin den Ofenʼ; lež (dt.) ʻdass, damitʼ (zu als, vgl. WB 34); de milix (dt.) ʻdie Milchʼ (wie auch südbair.); drbǭǝlala (dt./sl.) ʻsiedenʼ (d. i. dt. ma. drwåln ʻerwallenʼ = ʻzu sieden beginnenʼ + sl. -ala 2 ). Ü: Gib Kohle in den Ofen, damit die Milch zu sieden (erwallen) beginnt. HD: gip kheldr ēn oufn, lež dē milix brt drbåln. 2.2 (WS 5) je fōr fīr pa žekš boxn štę̄rbow (oder geštōrbm). je (sl.) ʻistʼ; fōr (dt.) ʻvorʼ, fīr (dt.) ʻvierʼ; pa (sl.) ʻaber, undʼ (hier: ʻoderʼ); žekš (dt.) ʻsechsʼ; boxn (dt.) ʻWochenʼ (pl.); štę̄rbow (dt./sl.) ʻgestorbenʼ (d. i. dt. sterben + sl. -ow 3 ), alternativ statt dessen das dt. PPP ʻgestorbenʼ. Ü: Er ist vor oder sechs Wochen gestorben. HD: ę̄r išt fōr fīǝrn afr žękšn båxn gestōrbm. 2.3 (WS 6) ce štǭrkhe fājr je biw, gebę̄ǝnclar sa (oder žajn) čist šwǭrc. ce (dt.) ʻzuʼ; štǭrkhe (dt.) ʻstarkʼ; je biw (sl.) ʻist gewesenʼ; gebę̄ǝnclar (sl./dt.) 4 die (Weihnachts-, Oster-)Kuchenʼ; sa (sl. ma.) ʻsindʼ, alternativ statt dessen auch dt. ma. žajn ʻsindʼ (bair. sain(t)); čist (sl.) ʻreinʼ (hier: ʻganzʼ); šwǭrc (dt.) ʻschwarzʼ. Ü: Das Feuer war zu stark, die Kuchen sind ganz schwarz. HD: s fāer iškežn (< išt gežen ʻist gewesenʼ) ce štǭrkh, de gebę̄nclar žēnt gotš šwǭrtš. 2.4 (WS 7) iste ǭjr ålewajle ounan žǭǝlc pa ounan påpr. iste (dt.) ʻisst + dieʼ; ǭjr (dt.) ʻEierʼ; ålewajle (dt.) ʻalleweile; fortwährend, jederzeitʼ (hier ʻimmer, stetsʼ, bair., vgl. WB 34); ounan (dt.) ʻohne einenʼ (ohne + unbestimm- ter Artikel im Sinne des bair. Teilungsartikels); žǭǝlc (dt.) ʻSalzʼ (in Huben/Spodnje Danje m.!, vgl. WB 132); pa (sl.) ʻundʼ; påpr (sl.) ʻPfefferʼ (sspr. pǭper). Ü: Er isst die Eier immer ohne (ein) Salz und ohne (einen) Pfeffer. HD: ę̄r išt dōǝjr štę̄jtš (ʻstetsʼ) ǭunan žålc ēn ǭunan pfęfr. 2 S. o. 1.2.2 u. Anm. 1. 3 S. o. 1.2.2 u. Anm. 1. 4 gebę̄ǝnclar ist pl. von gewancle ʻWeihnachts-, Osterkuchenʼ, Diminutiv zu gewånce, entlehnt aus sl. gubánica ʻds.ʼ (WB 72). Linguistica_2020_2_FINAL.indd 182 Linguistica_2020_2_FINAL.indd 182 24. 03. 2021 14:20:55 24. 03. 2021 14:20:55 183 2.5 (WS 8) fiǝse me bę̄ tuǝnaja, mislim, ka me rīwow. fiǝse (dt.) ʻFüßeʼ; me (sl.) ʻmirʼ; 5 bę̄ (dt.) ʻwehʼ (ma. wę̄); tuǝnaja (dt./sl.) ʻ(sie) tunʼ (d. i. dt. ma. tuǝn + sl. -aja 6 ); mislim (sl.) ʻ(ich) denke, meineʼ; ka (sl.) ʻdassʼ (eigent- lich Relativpronomen); rīwow 7 (sl.) ʻgeriebenʼ (zu sl. ma. ribati, entlehnt aus dt. reiben, vgl. WB 128). Ü: (Die) Füße tun mir weh, ich meine, dass ich mir (die Haut) aufgerieben habe. HD: de fīǝse tōǝnt mr bęǝ, ī mōǝn, že žent gerīwaet. 2.6 (WS 13) sa žleǝxte cajte sa (sl. ma.) ʻ(sie) sindʼ; žleǝxte (dt.) ʻschlechteʼ; cajte (sl.) ʻZeitenʼ (sl. cajt dt. Lehn- wort). Ü: (Es) sind schlechte Zeiten. HD: šēnt šwåxe csāetn. 2.7 (WS 16) te se net grǭs genukh, lež du wån trinkhala a flåša bājna. måraš še båkšow da bla geǝn grǭs. te (sl.) ʻduʼ (sspr. ti); še (sl.) ʻdu bistʼ (sspr. si); net (dt.) ʻnichtʼ; grǭs (dt.) ʻgroßʼ; ge- nukh (dt.) ʻgenugʼ; lež (dt.) ʻdassʼ (s. 2.1); du (dt.) ʻduʼ; wån (sl.) ʻ(hin)ausʼ (sspr. vèn); trinkhala (dt./sl.), d. i. dt. trinken + sl. -ala 8 ; a flåša (dt.) ʻeine Flascheʼ; bājna (dt./ sl.) ʻdes Weinesʼ (d. i. dt. Wein + sl. Genitiv sg. -a); måraš (sl.) ʻ(du) musstʼ (sspr. moraš); še (sl.) ʻnochʼ; båkšow (dt./sl.), d. i. dt. ma. båkšn ʻwachsenʼ + sl. -ow 9 ; da (sl.) ʻdass, damitʼ, bla (sl.), d. i. sspr. bila, l-Part. zu biti ʻseinʼ (hier Futur 10 ); geǝn (dt.) ʻgehenʼ (im Sinne von ʻwerdenʼ, vgl. Lessiak 1944: 187). Ü: Du bist nicht groß genug, dass du austrinkst eine Flasche Wein. Du musst noch wachsen, damit du größer wirst. HD: du pišt nox et (ʻnichtʼ) krōǝs kēnōǝkh, lež du āustrīnkhašt a flåše bāǝn, du måšt nox båkšn ēn grēǝsar geråutn (ʻgeratenʼ). 5 Eigentlich Akk. wie sl. noge me bolijo ʻdie Füße schmerzen michʼ. 6 Ins Sl. entlehnte bzw. slowenisch flektierte dt. Verba werden wie die sl. Verba auf -ati flektiert (s. o. 1.2.2 u. Anm. 1). Hier liegt der Infinitiv tun der sl. Flexion zu Grunde; in dieser Verbalklasse lautet die sl. ma. 3. Ppl. -aja, 3. Psg. -a. 7 S. o. 1.2.2 u. Anm. 1. 8 S. o. 1.2.2 u. Anm. 1. 9 S. o. 1.2.2 u. Anm. 1. 10 S. o. 1.2.2 u. Anm. 1. Linguistica_2020_2_FINAL.indd 183 Linguistica_2020_2_FINAL.indd 183 24. 03. 2021 14:20:55 24. 03. 2021 14:20:55 184 2.8 (WS 19) kǝdù je me štäilow flājš? kǝdù (sl.) ʻwerʼ (sspr. kdo, ma. kedò); je (sl.) ʻistʼ (hier: ʻhatʼ); 11 me (sl.) ʻmirʼ (sspr. mi); štäilow (dt./sl.) ʻgestohlenʼ (d. i. dt. stehlen + sl. -ow 12 ); flājš (dt.) ʻFleischʼ. Ü: Wer hat mir das Fleisch gestohlen? HD: bę̄r et (ʻhatʼ) mar s flāeš keštouln? 2.9 (WS 23) me sma miǝde pa sma durštikh. me sma (sl.) ʻwir sindʼ (sspr. mi smo); miǝde (dt.) ʻmüdeʼ; pa (sl.) ʻundʼ; dur štikh (dt.) ʻdurstigʼ. Ü: Wir sind müde und sind durstig. HD: bīǝr žēmmīǝde (< žēn mīǝde) n žāēn durštikh. 2.10 (WS 25) žnajbala je hājte nǭxt, dam ę̄ršt žnę̄b je plajbow, hajt šmōranš je drä iprow (oder drę̄ǝprow). žnajbala (dt./sl.) ʻgeschneitʼ (d. i. dt. ma. schnaibm + sl. -ala 13 ); je ʻistʼ; 14 hājte (dt.) ʻheuteʼ; nǭxt (dt.) ʻNachtʼ; dam ę̄ršt (dt.) ʻzuerstʼ (vgl. WB 58); žnę̄b (dt.) ʻSchneeʼ, plajbow (dt./sl.) ʻgebliebenʼ (d. i. dt. bleiben + sl. -ow 15 ); šmōranš (dt.) ʻdes Morgensʼ (vgl. WB 112); dräiprow (dt./sl.) ʻzerronnen (vom Schnee), aper gewordenʼ (zu dt. ma. dräiprn < (d)er-äpern ʻaper (schneefrei) werdenʼ + sl. -ow, 1 vgl. WB 57). Ü: Heute Nacht hat es geschneit. Zuerst ist der Schnee liegen geblieben; heute morgen ist er geschmolzen (geapert). HD: gežnībn ets hāetē nåxt, dām ę̄ǝrst dr žnēǝp īškeplībm (< išt geplībm), hāet žmōrānš iškęiprt (< išt gęiprt). 2.11 (WS 29) inžǝre (oder nāše) ekn sa net ažo hǭx kåkr dājre, wāše sa hę̄har (oder bol hǭx). inžǝre (dt.) ʻunsereʼ; nāše (sl.) ʻunsereʼ; ekn (dt.) ʻBergeʼ (dt. ma. ekke, vgl. WB 55 16 ); sa (sl. ma.) ʻsindʼ; net (dt.) ʻnichtʼ; ažo (dt.) ʻso als (wie)ʼ (also, vgl. WB 35); hǭx (dt.) ʻhochʼ; kåkr (sl.) ʻwieʼ (sspr. kakor); dājre (dt.) ʻeureʼ (eigentlich ʻdie euerenʼ), wāše (sl.) ʻeureʼ, hę̄har (dt.) ʻhöherʼ, bol hǭx (sl./dt.) ʻhöherʼ (sl. bolj ʻmehrʼ + dt. hoch). Ü: Unsere Berge sind nicht so hoch wie die eueren, euere sind höher. HD: īnžr de pę̄rge žēnt et ažou hōǝxe, dāere žēnt hēǝxar. 11 S. o. 1.2.2. 12 S. o. 1.2.2 u. Anm. 1. 13 S. o. 1.2.2 u. Anm. 1. 14 S. o. Anm. 6. 15 S. o. 1.2.2 u. Anm. 1. 16 Vgl. Egg in vielen Ortsnamen und -eck in zahlreichen Bergnamen. Linguistica_2020_2_FINAL.indd 184 Linguistica_2020_2_FINAL.indd 184 24. 03. 2021 14:20:55 24. 03. 2021 14:20:55 185 2.12 (WS 33) cwå nāje hājžr drrixta moj prō(ǝ)dr tam hintr nāšme gǭrte. cwå (dt.) ʻzweiʼ; nāje (dt.) ʻneueʼ; hājžr (dt.) ʻHäuserʼ; drrixta (dt./sl.) ʻ(er) errichtetʼ (d. i. dt. ma. derrichten, vgl. WB 58, + sl. -a 17 ); moj (sl.) ʻmeinʼ, prō(ǝ)dr (dt.) ʻBruderʼ; tam (sl.) ʻdortʼ; hintr (dt.) ʻhinterʼ; nāšme (sl.) ʻunseremʼ (Dativ sg. oder Instrumental sg., sspr. našemu oder našim); gǭrte (dt.) ʻGartenʼ. Ü: Zwei neue Häuser errichtet mein Bruder dort hinter unserem Garten. HD: māēn dr prōǝdr māort (ʻmauertʼ) cwō nāea hāežr drt hīntr inžrme gǭrte. 2.13 (WS 34) tu me je wån (oder wǝn) azme hǝrce pǝršl. tu (sl.) ʻdasʼ (sspr. to); me (sl.) ʻihmʼ (sspr. mu), je (sl.) ʻistʼ; wån, wǝn (sl.) ʻ(hin) ausʼ (sspr. vèn); azme (dt.) ʻaus demʼ; hǝrce (dt.) ʻHerzenʼ; pǝršl (sl.) ʻgekommenʼ (sspr. prišlo). Ü: Das ist ihm aus dem Herzen gekommen. HD: dås išt m ažme hǝrcn khęimēn. 2.14 (Lessiak 1944: 7) teste stāre lājte sa nę̄ǝmale šīrbala fājra. teste (sl.) ʻdieseʼ (sspr. tisti); stāre (sl.) ʻaltenʼ; lājte (dt.) ʻLeuteʼ; sa (sl. ma.) ʻsindʼ (hier: ʻhabenʼ 18 ); nę̄ǝmale (dt./sl.) ʻgenommenʼ (d. i. dt. nehmen + sl. -ale 19 ); šīrbala (dt. ma.) ʻSchäufelchenʼ; fājra (dt./sl.) ʻ(des) Feuersʼ (d. i. dt. Feuer + sl. Genitiv sg. -a, ähnlich flåša bājna, s. o. 2.7). Ü: Diese alten Leute haben ein Schäufelchen Feuer genommen. HD: 20 dīž(a) åltn lāite nt genoumen a šīrwele fāir. 3 KOMMENTAR (ZU 2) 3.1 Mit einer einzigen Ausnahme (2.4) sind alle Sätze, grammatikalisch gesehen, mit slowenischem Prädikat gebildet: 2.1 dāj ʻgibʼ und drbǭǝlala ʻbeginnt zu siedenʼ; 2.2 je ... šterbow (geštōrbm) ʻist gestorbenʼ; 2.3 je biw ʻist gewesenʼ, sa (žajn)...šwǭrc ʻsind schwarzʼ; 2.5 fiǝse...bę̄ tuǝnaja ʻdie Füße tun wehʼ; 2.6 sa ʻes sindʼ; 17 S. o. 1.2.2 u. Anm. 1. 18 S. o. 1.2.2 u. Anm. 1. 19 S. o. 1.2.2 u. Anm. 1. 20 Nach Lexer „rein deutsche Mundart“. Linguistica_2020_2_FINAL.indd 185 Linguistica_2020_2_FINAL.indd 185 24. 03. 2021 14:20:55 24. 03. 2021 14:20:55 186 2.7 te se ʻdu bistʼ, du wån trinkhala ʻdu wirst austrinkenʼ, måraš...båkšow ʻdu musst wachsenʼ (auffallend, dass hier eine maskuline Form steht neben zweimaliger femininer), da bla geǝn grǭs ʻdamit du größer wirstʼ; 2.8 kǝdù je...štäilow ʻwer hat gestohlenʼ; 2.9 me sma ʻwir sindʼ; 2.10 žnajbala je ʻes hat geschneitʼ, žnę̄b je plajbow ʻder Schnee ist gebliebenʼ, je dräiprow ʻist zerronnenʼ; 2.11 inžǝre (nāše) ekn sa ... hǭx unsere Berge sind hochʼ, wāše sa hę̄her (bol hǭx) ʻeure sind höherʼ; 2.12 drrixta moj prō(ǝ)dr ʻes errichtet mein Bruderʼ; 2.13 je wån...pǝršl ʻist herausgekommenʼ; 2.14 lājte sa nę̄ǝmale ʻdie Leute haben genommenʼ. Nur 2.4 weist ein deutsches Prädikat auf: iste ǭjr ʻ(er) isst die Eierʼ. Warum dies so ist, kann heute nicht mehr festgestellt werden. Also abgesehen von 2.4 haben wir durch wegs slowenisch konstruierte Sätze vor uns, die reich an deutschem Sprachmate- rial sind, doch auch dieses weist vielfach slowenische Merkmale auf, z. B. cajte (2.6), bājna (2.7), bol hǭx (2.11), fājra (2.14), alles deutsche Wörter mit slowenischer Fle- xion. Dazu kommen slowenische Konjunktionen (pa besonders oft, ferner ka, da). Die Wortfolge ent spricht z. T. den deutschen, z. T. den slowenischen Parallelen, geht aber durchaus auch eigene Wege (z. B. 2.12). 3.2 Ähnliche Konstruktionen findet man auch in Kärntner Assimilationsgebieten (also sol- chen Gebieten, in denen das Slowenische dem Deutschen nach und nach weicht), z. B. aus Griffen/Grebinj: jas sm knåp pǝr kāsǝ ʻich bin knapp bei Kasseʼ (sspr. jaz sem ʻich binʼ, dt. knapp, sl. pri, dt. Kassa), oder motor jǝ hāslaufaw ʻder Motor ist heißgelaufenʼ (Beispiele nach Andrej 1980:31). Das letztere entspricht in der Kon struktion genau 2.2/8/10 und mutatis mutandis allen in 3.1 genannten Beispielen. Während die von An- drej (1980: 31) genannten Sätze noch als slowenisch (hinsichtlich der grammatischen Struktur) zu bezeichnen sind, sind Sätze wie 2.2/8/10 als schon slowenisch zu betrach- ten. Offensichtlich geht der Sprachwechsel nördlich und südlich der Karawanken spie- gelverkehrt vor sich: zuerst setzt sich im Norden der (dt.) Wort schatz und dann die (dt.) Grammatik durch, im Süden zuerst die (sl.) Grammatik und später erst der (sl.) Wort- schatz. Wahrscheinlich hängt dies mit der Prädominanz der deutschen Sprache und deren höherem Prestige (in Kärnten bis heute, in Krain zu mindest bis 1918) zusammen. 3.3 Als Rückseite des Spiegels der „Hubner Mischsprache“ finden sich in Kärnten sowohl slowenische Sätze mit deutscher Syntax als auch deutscher Phreaseologie, z. B. qǝdǝr snîǝx praw wę̄lqǝ sem prída (wörtlich) ʻwenn Schnee recht viel daher kommtʼ (Sturm- Schnabl 1973: 181) mit konfuser Wortfolge und Phraseologie, oder ân stáwǝ ʻes steht nicht anʼ, puwǝrxǝ hòr ʻobendraufʼ (ebda. 182), beide ad-hoc-Calques, pa da maw qèj Linguistica_2020_2_FINAL.indd 186 Linguistica_2020_2_FINAL.indd 186 24. 03. 2021 14:20:55 24. 03. 2021 14:20:55 187 wǝn je ʻdass etwas draus istʼ (gemeint ist ʻ...wirdʼ), qǝdǝr pa maw câjta je ʻwenn aber etwas Zeit istʼ (ebda. 180), mit der dem Dt. nachgebildeten Endstellung von je ʻistʼ, jès hréam lîǝč ʻich gehe liegenʼ (wie in der dt. Mundart, Isačenko 1939: 132). Ein beson- ders gutes Beispiel ist ǝn je na tó fǝrbǭltǝr šòw, da sǝ pǝtrîp tǝrštélalǝ (ebda., wörtlich) ʻund es ist auf das der Verwalter gegangen, dass sie den Betrieb einstelltenʼ (= ʻund es ist der Verwalter darauf eingegangen, dass man den Betrieb eingestellt hatʼ). Deutsches Sprachdenken in slowenischer Verkleidung finden wir u. a. in Sätzen wie wčε:ra j brǝšt wǝn bè:w ʻgestern ist die Frist aus gewesenʼ (Karničar 1990: 64). 3.3 Slowenische Lehnwörter im Kärntner Deutsch 21 Jause (< sl. južina ‘Mittagessen’; mala južina ‘Zwischenmahlzeit’ ergab in der sl. Mund- art [máwžna] ʻJauseʼ). – Keusche, mundartlich Kaischn ‘kleines Bauernhaus, Kate’ (< sl. hiša, germa nisches Lehnwort). – Poganze † ‘ein gefüllter Kuchen (mit Topfen oder Nüssen)’ aus Strudel- oder Germteig), ältere Variante von sl. pogača < rom. focatia / focacea, früher eine Art Weißbrot. – Pogatsche (< sl. pogača ‘Kuchen, Weißbrot, Fest- tagsbrot usw.’, Herkunft wie Poganzen, in Kärnten vorwiegend für den ‘Rein(d)ling’ gebraucht; Diminutiv dazu Pogatscherl früher in Wien, heute noch relikthaft Gram- melpogatscherl als Weingebäck). – Potitze ‘Rollkuchen, Art Reinling’ (ein Kuchen aus Germteig mit verschiedenen Füllen, < sl. po(vi)tica ʻRollkuchenʼ). – Munggen und Talggen † ‘einfache bäuerliche Speise aus geschrotetem Getreide’ (diese früh entlehnt aus slawisch *tălkъna, russisch toloknó ‘Haferbrei, -grütze’, polnisch tłokno ‘Speise aus Hafermehl, heißem Wasser und Milch’), Munggen (< frühsl. *mo(n)ka ‘Mehl’, heute sl. moka). – Wābm (ma., umgangssprachlich) ‘altes Weib (meist abfällig)’ (< sl. baba ‘alte Frau’). – Daber ‘Klamm, Schlucht’ (Osttirol, < sl. deber ‘Talschlucht’, regional ma. daber). – Hudítsch ‘Teufel’ (< sl. hudič), als Fluch. – Jaukh † ‘Föhn’ (< sl. jug ‘Süden’). – Koper ‘Dille’ (< sl. koper). – Maischl, Maischele, -erl ‘Netzlaibchen’ (rückentlehnt aus sl. majželj < bair. *Maiselein ‘kleine Schnitte’). – moidúsch ‘meiner Seel’ (< sl. (pri) moji duši). – Patsche / Påtsche ‘Eber’ (< sl. pačej aus dem Deutschen, zu Bock). – Sāsaka ‘Verhacktes, ausgelassener geräucherter Speck’ (< sl. zaseka). – Schwachta / Schwåchta ‘Sippschaft (abwertend)’ (< sl. ma. žłahta ‘Geschlecht’ aus dem Deutschen). – Strankele ‘Fisole, grüne Bohne’ (< altsl. stro(n)k- ‘Schote, Hülse’, heute sl. strok). – zwīln (ma., umgangssprachlich) ‘klagen, jammern’ (< sl. cviliti). Bemerkenswert sind die semantischen Gleichungen nach rom. Vorbildern wie Un- terdåch ‘Dachboden’ (wörtlich ‘Unterdach’ wie sl. podstrešje und furlan. sotèt < rom. subtum tectum) oder Auswart † ‘Frühling’ (wörtlich ‘auswärts’, vgl. sl. vigred [wörtlich ‘Ausgang’] und furlan. insude < rom. *in-exitus). 21 Näheres Pohl (2009: 127ff.). Linguistica_2020_2_FINAL.indd 187 Linguistica_2020_2_FINAL.indd 187 24. 03. 2021 14:20:55 24. 03. 2021 14:20:55 188 4 SCHLUSS Diese Beispiele zeigen, dass das Erlöschen des Deutschen in Krain und des Sloweni- schen in Kärnten sehr ähnlich erfolgt. Auf Grund der dt. und sl. Sprachstruktur ergeben sich durchaus gleichwertige Übergangsstadien, die man oft als „Mischsprachen“ be- zeichnet hat – in Kärnten als „Windisch“ – ein Wort, das auch andere (v. a. politische) Nebenbedeutungen hat (s. Pohl 2004). Doch in der Tat handelt es sich um Sprachfor- men, die an Einzelpersonen gebunden sind, die sich im Status assimilationis befinden und im Grunde genommen „zweisprachig“ im wahr(st)en Sinn des Wortes sind, nicht aber um Gruppensprachen oder gar „Dialekte“ im engeren Sinn des Wortes. Literatur ANDREJ, Johann (1980) Untersuchungen zur Zweisprachigkeit in Griffen und Um ge- bung. Graz: Universität (unveröffentlichte Hausarbeit). ISAČENKO, Alexander V. (1939) Narečje vasi Sele na Rožu. Ljubljana: Znanstveno društvo. KARNIČAR, Ludwig (1990) Der Obir-Dialekt in Kärnten. Die Mundart von Ebriach/ Obirsko. Wien: Österreichische Akademie der Wissenschaften. KRANZMA YER, Eberhard (1944) Die deutschen Lehnwörter in der slowenischen Volksspra che. Laibach (Ljubljana): Kramarič. KRANZMA YER, Eberhard/Primus, LESSIAK (1983) Wörterbuch der deutschen Sprachinselmundart von Zarz/Sorica und Deutschrut/Rut in Jugoslawien. Hrsg. v. M. Hornung/A. Ogris. Klagenfurt: Verlag des Geschichtsvereins für Kärnten. KREVS BIRK, Uršula (2019) „Zu einigen Aspekten des Deutschen als Kontaktsprache des Slowenischen.“ Linguistica 59, 155–173. LESSIAK, Primus (1910/1983) „Alpendeutsche und Alpenslawen in ihren sprach- lichen Beziehungen.“ Germanisch-Romanische Monatsschrift, 2/1910: 274–288 (nachgedruckt in: Wiesinger, P. [Hg.], Die Wiener Dialekto logische Schule. Wien 1983). LESSIAK, Primus (1944) Die deutsche Mundart von Zarz in Oberkrain. A. Gramma- tik (mit Ergänzungen von Eberhard Kranzmayer u. Annemarie Richter). Weimar: Böhlau. NEWEKLOWSKY, Gerhard (1990) „Kärntner Deutsch aus slawistischer Sicht: zum deutsch-slowenischen Sprachbund in Kärnten.“ Germanistische Linguistik 101– 103: 477–500. 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Person Singular rom. romanisch sl., Sl. slowenisch, Slowenisch sspr. schriftsprachlich Ü Übersetzung WB = Kranzmayer/Lessiak 1983 (s. Literatur) WS Wenker-Satz (Deutscher Sprach atlas zu Marburg) Zusammenfassung SLOWENISCH-DEUTSCHER SPRACHKONTAKT GEZEIGT AN DER SPRACHINSEL ZARZ/SORICA IM VERGLEICH MIT KÄRNTEN Der slowenisch-deutsche Sprachkontakt in Krain und der deutsch-slowenische Sprach- kontakt in Kärnten sind einander recht ähnlich. In beiden Ländern ist es dann vielfach zum Sprachwechsel gekommen, so z. B. in Zarz schon vor 1941/45. Der Sprachwech- sel nördlich und südlich der Karawanken ging spiegelverkehrt vor sich: Zuerst setzte sich im Norden der deutsche Wort schatz und dann die deutsche Grammatik durch, im Süden zuerst die slowenische Grammatik und später erst der slowenische Wortschatz. Linguistica_2020_2_FINAL.indd 189 Linguistica_2020_2_FINAL.indd 189 24. 03. 2021 14:20:55 24. 03. 2021 14:20:55 190 Die angeführten Beispiele zeigen, dass das Erlöschen des Deutschen in Krain und des Sloweni schen in Kärnten sehr ähnlich erfolgt ist. Auf Grund der deutschen und slowenischen Sprachstruktur ergeben sich durchaus vergleichbare und gleichwertige Übergangsstadien, die man oft als „Mischsprachen“ be zeichnet hat, so in Kärnten als „Windisch“. Deren Sprecher hat man oft als „schwebendes Volkstum“ bezeichnet, doch dieses Wort hat allerdings auch andere (v. a. politische) Nebenbedeutungen. Doch realistisch gesehen handelt es sich hier um keine „Sprachen“, sondern um Sprachfor- men, die an Einzelpersonen gebunden sind, die sich im Status assimilationis befinden und im Grunde genommen „zweisprachig“ im wahr(st)en Sinn des Wortes sind, nicht aber um Gruppensprachen oder gar „Dialekte“ im engeren Sinn des Wortes. Somit ist der hier vorgestellte Dialekt ein gutes Beispiel für Sprachkontakt ganz allgemein, der letzten Endes zum Sprachwechsel führt. Schlüsselwörter: Sprachkontakt, Sprachwechsel, Sprachinseln, Sorica/Zarz, Kärnten, Krain Abstract SLOVENE-GERMAN LANGUAGE CONTACT IN THE LANGUAGE ENCLA VE SORICA/ZARZ IN COMPARISON TO CARINTHIA The Slovene-German language contact in Carniola and the German-Slovene language contact in Carinthia are quite similar. In both countries, there has been a lot of language shift (replacement), such as in Zarz before 1941/45. The language shift in the north and the south of the Karawanks was back-to-front: first the German vocabulary and then the German grammar prevailed in the north, in the south first the Slovene grammar and later the Slovene vocabulary. The examples given show that the process of extinction of German in Carniola and Slovene in parts of Carinthia was very similar. Due to the German and Slovene language structure, there are comparable and equivalent transition stages, which have often been referred to as “mixed languages”, such as “Windisch” in Carinthia. Their speakers have often been characterized as having a rather “floating national identity”, but this characterization also has other (especially political) secondary meanings. How- ever, realistically speaking, the so-called “mixed languages” are not “languages” prop- er, but rather linguistic varieties that are bound to individuals who are in the process of being assimilated and are “bilingual” in the truest sense of the word; they do not refer to group languages or “dialects” in a narrow sense of the word. The situation presented here is therefore a good illustration of language-contact in general, which ultimately leads to language change. Keywords: language contact, language shift, language enclaves, Sorica/Zarz, Carin- thia, Carniola Linguistica_2020_2_FINAL.indd 190 Linguistica_2020_2_FINAL.indd 190 24. 03. 2021 14:20:55 24. 03. 2021 14:20:55 191 Povzetek: SLOVENSKO-NEMŠKI JEZIKOVNI STIK JEZIKOVNEGA OTOKA SORICA (NEM. ZARZ) V PRIMERJA VI S KOROŠKO Slovensko-nemški jezikovni stik na Kranjskem in nemško-slovenski na Koroškem sta si v marsičem podobna. V obeh deželah je prihajalo na več mestih do zamenjave jezi- kov, tako npr. v Sorici že pred letom 1941 oz. 1945. Potek jezikovne menjave severno in južno od Karavank je potekal zrcalno obrnjeno. Na severu se je najprej uveljavilo nemško besedišče in potem še nemška slovnica, na jugu pa se je uveljavila najprej slo- venska slovnica in šele kasneje slovensko besedišče. V članku navedeni primeri kažejo, da je upadanje nemščine na Kranjskem in slo- venščine na Koroškem potekalo na podoben način. Na osnovi nemške in slovenske jezikovne strukture so se izoblikovale primerljive in enakovredne prehodne stopnje, ki jih pogosto imenujemo „mešani jeziki“, kot je denimo na Koroškem „vindiški“. Nje- gove govorce so pogosto označevali kot „neopredeljeno ljudstvo“, a ta izraz ima tudi druge (predvsem politične) konotacije. Dejansko pa pri tem ne gre za „jezike“, temveč za jezikovne oblike, vezane na posamezne govorce, za katere velja status assimilationis in ki so pravzaprav „dvojezični“ v pravem pomenu besede, ne pa za jezik določene sku- pine ali celo „dialekte“ v ožjem pomenu besede. Govor, predstavljen v prispevku, pa je dober primer za jezikovni stik na splošno, ki v končni fazi privede do zamenjave jezika. Ključne besede: jezikovni stik, menjava jezikov, jezikovni otoki, Sorica/Zarz, Koro- ška, Kranjska Linguistica_2020_2_FINAL.indd 191 Linguistica_2020_2_FINAL.indd 191 24. 03. 2021 14:20:55 24. 03. 2021 14:20:55