///^ ^/ "' «^^x ^ ,/^ ^^^7^7F7^7 Der ZUbert Uyanm^ das stioßc Vtltcn Acs Nil nnd die Erforschung der Mlquellen von Samuel White Baker. Autorisirte vollständige Ausgabe für Deutschland. Aus dem (5ngllchHen von I. E. H. Martin, Custos der Uniucisitiüö-Bil'lioth^l zu Jena. Nebst 33 Illustrationen in Holzschnitt, 1 Chromolithographie und 2 Karten. sssstls ^>i,ll> Jena, Hermann Costenoblo. 1«67. Vejchmutzte, oben al>cr a»l den Sliten aufffcschnittcue Gfemplare, oder solche, an dene« die Heftl» ander verletzt sind, werden durchaus nicht zurückgenommen. Die Verlastshandlung. Der Albert Nyanza. Erster Band. Dor Albert Nymm, das ginßc Vcttcu dcs Nil und die Erforschung der Milquellen von Samuel White üakcr. Autorisirte vollständige Ausgabe für Deutschland. Aus d c >n Englischen von I. E. H. Martin, Cuftos dcr Nnivclsillil« Bil'lioil'c! zu ^c'Kl,. Nebst M Illustrationen in Holzschnitt, I iihroinolithographie und A Karten, Erster Vand. Iena, Hermann Costenuble. 1^67. Ihrer Majestät der Aöniqin Wictoria widmet dies Buch, daa die ^schichte ber Entdeckung des großen Sees enthält, aus welchem der Nil entspringt, und welchen er wrgrn srincr innigen Verbindung als Nilquellc mit dem Victoria-Sce zuni Andenken an den höchstseligen und tiefbetrauerten DllllliinnlhtigZteil ^riilj Oem«hl „den ^Nsi l'r t-'N'«i u >»z a" zu nennen gewagt hat, mit allerhöchster Erlaubniß der Verfasser. Vorwort. In der Geschichte des Nil war eine Lücke: seine Quellen waren ein Geheimniß. Die Alten widmeten diesem Problem viele Anfmerksamkeit, aber vergebens. Wie Seneca 5) beschreibt, sandte der Kaiser Nero eine Expedition unter dem Befehl zweier Centurionen. Selbst römische Kraft vermochte nicht den Zauber zu lösen, der diese geheimen Quellen hütete. Die von Mehemet Ali Pascha, dem berühmten Viceko'uig von Aegyvtcu, gesendete Expedition umfaßte eine lange Zeit erfolglosen Snchens. Jetzt ist das Werk volwldet. Drci englische Reisegesellschaften, nnd nur drei, sind auf dieser dnnklen Mission zn verschiedenen Zeiten aufgebrochen, nnd jede hat ihr Ziel erreicht. Bruce gewann die Qnelle des blauen Nil; Speke und Graut gewannen die Victoriacmellc des großen weißen Nil, nud mir war das Glück verstattet, durch die Entdecknng des großen Behälters der Aeqnatorialwasfer, des Albert- *) QuaeHt. natur. VJ, 8. VUl Vorwort. U'ylilyl!, ani> welchem der Fluß als ganz« weißer Nil entspringt, die 9tilqnellen zu vervollstäudigen. Indcni ich so nach fast fünfjährigem Aufenthalt in Afrika das Werk vollendet habe, liegt noch eine Aufgabe vor mir. Ich muß deu Leser dieser Bände bei der Hand nehmen nnd ihn Schritt für Schritt auf meinem rauhen Pfade vom Anfang bis znm Ende führen, dnrch sengende Wüsten nnd dnrstige Sandstrecken, dnrch Snmpf nlld Dorngcbiisch nnd unermeßlichen Morast, durch Beschwerden, Strapazen nnd Krankheit, bis ich ihn, voll der ennüdenden Reise matt, zu jener hohen Klippe bringe, wo der große Preis ihm plötzlich vor Aligen steht — von welcher er anf den nngeheuern ^lbrrt-Hee hinabschant nnd mit nur aus den Quellen des M trinkt! Ich habe geschrieben „er!" Wie kann ich das zartere Geschlecht dnrch Gefahren nnd Strapazen nnd Wege wilden Lebens führen? Ueber manche Seenen der Unmenschlichkeit, von denen ich Zeuge sein mnßte, die ich aber dem Leser nicht anfzwingeu will, werde ich einen Schleier werfen; anch werde ich nichts eindrängen, was bei der Beschreibung von Scenen, die anf der nns jetzt bevorstehenden Reise leider dnrchschritten werden müssen, nicht wirklich noth> wendig ist. Sollte etwas das empfindliche Gemüth verletzen nnd die Sitnation für die Anwesenheit einer Fran nn-fchicklich erscheinen lassen, so ninß ich meine schönen ^eso rinnen ersuchen, zn bedenken, daß des Pilgers Gattin, müde und an Füßen wnnd, ihm dnrch alle seine Mühseligkeiten folgte, nicht dnrch Wahl, sondern durch Liebe geleitet, nnd Vorwort. «X das; in Zeiteu des Elends und der Krankheit chrc zarte Pflege sein Vebeu rettete und das Gcliugcil der Expedition herbeiführte. „O Weib! In miser's Glückes Zeit Scheu, vollcr Unbeständigkeit, -^ Unsicher, wie i>n Mondenlicht, Der Espe Schallen zitternd wiegt: Wcnu Qual die Stirne triibt nnd Pein, Wirst Du der gute Engel kin!^) Bei der jetzt von und anzutretenden Rcise muß ich Uln einige Geduld während der Aufnahme ^'»graphischer Einzelheiten bittcu, die vielleicht eruiüdend fein werden; bei alleu Erciguisseu werde ich mich au die Thatsachen halten und Betrachtungen so viel als möglich vermeiden. Der Botaniker wird reiche Gelegenheit finden, von unserem Pfade abzuschweifen, um Pflanzen zu untersuchen, mit denen ich nur eiue beschränkte Bckauutschaft zu haben gestehe. Der Ethnolog wild genan dieselbe Erfahrung machen, deren ich mich erfreute, uud er kann entweder aufgeklärt oder verwirrt werden. Der Geolog wird sich auf der ganzen Neise in Central-Afrika zwischen Urgesteinen finden. Der Naturforscher wird durch ein Grasgebnfch wandern, dao Vieles verbirgt, was schwer zn erlangen ist; er fowohl als der Naidmaun werdcu mich, wie ich glaube, bei ciuer künftigen Gelegenheit durch „die aus Abyssinien kommenden Nebenflüsse des Nil" begleiten, ein !^aud, das iu Allem, was sie anzieht, fruchtbar ist. Der Philanthrop — was soll ich ihm versprechen, um ihn zn bewegen, mich *) Walter Scott, Marmiou, Amn. d, Ucbcrs. X Vorwort. zu begleiten? Ich will ein Gemälde des Wilden darstellen, genan so, wie er ist, wie ich ihn sah und wie ich ihn beurtheilte, frei von Vorurtheil; auch will ich in treuen Farben ein Bild des Greuels malen, welcher der Fluch der afrikanischen Nace geworden ist, des Sclllvenhandels; denn ich glaube, daß uicht nur der Philanthrop, sondern jeder Gebildete au dem Bestreben thcilnehmen wird, diesen Schandfleck aus der verunstalteten meuschlicheu Nalur zu vertilgen und so der Civilisation uud Missionsuuteruchmuug den jetzt verschlossenen Weg zu öffnen. Für deu Missionar, jenen edlen, selbstverbannten Arbeiter, der so oft auf einem, unfruchtbaren Felde sich abmüht, muß ich das Wort der Warnung hinznfügen: „Warte!" (is läßt sich keiu Erfolg hoffen, bis der Sclavenhandel zu cpstireu aufgehört hat. Der Weg ist lang, die Gegenden wild; es giebt keine alten Geschichten, um die Gegenwart mit Erinnerungen au die Vergangenheit zn bezanbcrn; Alles ist roh und nn-menschlich, hart nnd gefühllos, jencs heiligen Triebes bar, deu die Natur dem Mcnschenherz eingeflößt hat — des Glaubens an ein höchst« Wesen. In diefer ferueu Wildniß iu Central-AePlatonal-Afrika liegen die Quelleu des Nil. I n h n l t. Seile Einleitung.................... 1 Erstes Kapitel. Die ss-xp edition. Programm. - Abfahrt von Eairo, — Antnnft in Berber. — Forschnng Flnssc, - Ambatschholz. 7- Johann'S Krankheit. — Benutzung der Fischhaut, - Johann liegt im Sterben. — Johann's Tod. — Neujahr. — ScMntdorfer. — Der Fluß Sobat, — Sein Charakter. — Der Bahr Giraffe, - Der Bahr el Gazal, — Beobachtungen. — Corporal Nicliarn, - Charakter des Bahr cl Gazal. — Eigenthümlichkeit des ^Insseö Sobat, - ^ang-Weiligteit der Reise, — Ein Büsfelochse, — Sali Achmet wird getödtet. -^ Scin Begräbnis;, -- Orimnligtcit de^ Büffel«. — Die „Clnmfy" aus dem Styr. — Stromgeschwindigteit dci< wcißcn Nil. — Wir sehen die ersten Eingeborenen. — Dschoctian und scin Weib. — Ein reizender Gatte. -^ Natron. — Wir sangen ein Flnßpscrd. — „Vielleicht war eo sein Oheim." ^ Wirkliche Schildkröte in nachgemachtem Flußpferd. — Ni charu wird degradirt. — Anlnnft in der Zariba. - Daö Fischspicßen. XII InHall. Seite — Der Kytschstamm. — Terunteniliiili!!,'. — Hllngcrsnoth im Kutsch' lande, - Die siänzlichc Armuth der Eingeborenen — Der Hcerdochsc, — Menschen «nd Thiere in schlechter Stimmung Aboukula. ^ Oefter-reichische Miision^statiou, — Verkauf des Missionshauses, — Trauriges Schicksal dc? Varon Haruicr. — Die Eliabstämmc, — Ascheuhügc!. — Dcr Schirstamm. - Die ^'otll^enttc, - Anknnst in Oondotoro. Das Ausschiffen der Ladung.............. N Zweites Kapitel, Schlechte ^lltfl>nl,mc in (Yondoloro. Nochrichten über Spcke und Graut, — Dcr Varistamm, - Be° scklcibnng der Eiügeborcncu, ^ Die Wirlun^cn vcrgiftclcr Pjeilc, - -Feindseligkeit dcuit cineni ^cwcl>r. — Vögel richten dic Esel zn Grunde. — Ucbereiillommcn nlii Mahommcd. — Seine ssalschheit, — Sein Plan, mein Vordringen ;n hindern. — Dcv Knabe Saat, — Dessen ^cbcnMschichtc, ^ Meine erste Bctanutfchaft mit ^,iat Er wurde ans Versehen fortgeschickt. Saat's Charakter ^ Eo ist etwa« im Auzugc. — Meuterei der Bedeckung. — Ich bereite mich aufs Schlimmste vor. — Entwaffne die Meuterer. — Mahommcd läßt mich im Stich. ^ Ucbcrcinlommeu mit Knrsckid Aga. — Die letzte Hoffonng ist verloren. ^ Die Expedition zerstört. — Entschluß, vorzurückeu, — Nicharn ist treu. — Des Baril'äuptliugS bericht, — Unterhandlung mit Meuterern. — Abermals eine Verschwörung..— Aadila'ö na'chilichcr Vesuch. — Eiuc Verwechselung. — „Adda", der Latuka, — Ich mache Austalt ',um Allfbrllch nach ^'atuka. — Drohungen von Knrschid's bellten, — Entschlllf!, c>or>värt<< ;u reisen. — Abmarsch von Gondotoro. Ich bin mein eigener Führer.................105 Viertes Kapitel. Elster Nachtmarsch. Ein Vivouat. — Auknnft in Vclignan. — Versuche znr NuSsöh. nung. — Ich beschäme mcinc Leute, — T>cr Marsch. — Porzüge dcr Tsel. — Ein guter Rath für Reisende. Wassermangel. — Ein Eil' Inhalt. Xlll ""^' /? Seine Schwierigkeiten. - Verzögerungen aus dem Wege. — Gcscheldtheit der Esel. — Die Reisegesellschaft ift todmüde. - Un-w)rstchtlgk>t eines Affen. - Wir finden Wasser, Leckerbissen der , 3t orenen. . H^ir werden von Eingeborenen umringt. -- Ein Kreuzverhör. ^ Wiedcrerkennnng des Häuptlings. Interesse der Ein-geborenen. Der Affe Wallady. - Wir verlassen Tollogo, — Der ^ltynapaß. — Ein Wettrennen nach Ellyria. - Vcrpallisadirtc ellyrischc Dörfer. — Die Tiirken tomnie» eher als wir. ^ Ibrahint und seinc Mannschaft. - Versuch znr Aussöhnung. Diplomatische Unterhandlung. — Der Friede wird hergestellt. — Ankunft in EUyria. - ^cgg,', der Häuptling von Ellyria. - Geschenke an Ibrahim, Lcgg^'s Uu< Mäßigkeit, — Ein starte« Gewitter, — Keine Lebensmittel, — Schädel« bildung .....................IA1 Fünftes Kapitel. Wir verlassen Ellyria. Abmarsch von EUyria, — Uumcuschlichleit gegen die Frauen. — Marschordnnng. —Bcllaal. ^ Abdachung nach dem Sobat hin. -- Wild bei Wattala. — Reizende Landschaft. — Latuka'sche Diede. — Ich be-schleiche Autilopeu, ^ Jagd auf einen WasserboÄ, — Gute Dienste einer Vilchsc. — Begrüßung von Seiten der Türken. — Acrräthcrische Bewillkonnnnnng, — Mahommcd Her. — Zaut unter den Händler». — Die Meuterei in ^atuka — Ich schlage den Rädelsführer ^n Boden. — Untcrdriictc die Meuterei. — Ich verfolge einen Fliicktling und lege nnch für ihn in's Mittel, — Man hält mich in einiger Achtung. — Veutc von mir lanfen Ubcr. — Die Eingeborenen von valuta. — Ihr wahrscheinlicher Ursprung. ^ Die Stännne sind schwer zu unterscheiden. ^ Tarraugoll«', — Die Bautunst der Eingeborenen. — Wicderaus-grabung der Todten, — Kopfputz der Eiugeborcneu. — Haarhelmc von ?atula. — Zum Kampf eingerichtete Armbänder, - Die ^atuka'schen Frauen. — Die Einführung des Häuptlings, — „Moy"nnd seine Damen, ^ Volt« macht den Vorschlag, ssrau Baker's Schönheit zu erhöhen, — Bokk^ und Tochter. — Auszichuug der Borderzähue, — Der Werth der Weiber. — Kühe haben einen höheren Werth als Weiber. — Untergang von Mahommcd Her's Voll. — Tod meiner Ueberläufer. — Meine Prophezeiung ist in Erfüllung gegängelt, — Wir befürchten einen Angriff, — Die Tiirten beleidigen die Frauen, ^ Schlechtes Betragen der Türke». — Bravo, Bott Achte« Kapitc«. Ibrahim's Niilllehr. Der afrikanische Schwarze. — Dcr Sieger. — Sieger als Sclaven» jäger. — Ibrahimawa, oder Sinbad bcr Matrose, — Mattaril'a Men--schcnfrcsscr. — Mcinc täglichen Geschäfte. ~ Händel mit den ^atulas. — Die 5.'atnkas dclüächti.qcn siä> ein^i« Gewehrs. - Hofsnnng. nach Sllden vorzurücken. — Rcise nach Obbo. ^ Wir treten in die Berge ein. — Anlnnft in Obbo. Eingeborene von Obvo. Bntternilsst und Bauinfrilchte. — Töpscrzcng nnd Geschirr. — Äatschiba, Häuptling von Obbo. — Framn von Obbo, — Dic Sprachen dcr Stämme. — Äatschibll'ö Staatswcishcit. — Katschiba „stets zu Hause". — Dcr große Magiter. — Reeognoöcirung nach Südell. — Ein Sturz. Ich schieße einen Tt''te!. Bcwilllommilnngsfeicrlichkcit in ^aradjote. — Hochland in Faradjotc. — Rückkehr nach Obdo. Katichiba beschließt zu reiten. Die ersten Versuche in der Reitluust. Ich bekomme daö verlorene Pferd wieder. — Rückkehr nach Valuta, Hütet Euch vor Botauikcru. — Paviane. — Die Maharif^lntilopc. - Eiue Giraffen-jagd. ^- Ich ,verde vou der Nacht überfallen. — Fiubc die Gescllfchaft wieder. — Brotbaclcu aus dem Marsche. Krankheit. — Blattern. — Erster Leitfaden zum See, ^ Braune Männer werden weiße genannt, ^4l1 Neuntes Kapitel. Angriff der Türlcn auf Kaliala. Der „angenehme Räuber" wird getödtet. — Das Leben der Frauen im Kriege geschont, — Salzmangel unter den ^.'atutas. — Die Türlcn mordcn einen Eingeborenen. — Da« !>.'and beunruhigt. — Zwei Diebe. Inhalt. xv Seite ^ Ibralumawa'S Erinnerungen au England, — Dir Gesellschaft wird nach Oblio plriichzcnlsen, — Weiße Ameisen. — ^tächtliche Viehstehler. ^ Ein Dieb erschossen. — Marsch nach Obbo. — Große Pofjaddcr. -Em starte« Gewitter. — Durch die Tlk'len verursachte Feindseligkeit. — Der Doctor der 21t. behandelt uns. - Ein PlündenmgV;ng. — Saat Wird wisscuscliastlich. Wi>d England dcu Sclavcnhandcl nntcrdriickm? ^ Der heilige Mfcr der Äegyptcr. — Batschita, die Unyoro ^clavin. ^- Mitthcilnn^ ill'cr dc» See. — Handeliwn-lchr »nt dem Innern, — Dbbo ^ic zueidunMrenze. — Tod der Transportchiere, - Ein Mo» genbcsuch in Obbo. — KatsHba's feines Benehmen, — „Dinge, die da tommcn sollen" n, s. w, — ssieocr, ^yniptonic.......!!l)^ Nes)cichnisl der Illustrationen. Seite 1. Der See. Titcltupfcr deß eisten Bandes. 9. Waffen, Gcräthc und Insttnmcnte verschiedener Stännne . . . U) 3. ^luchr-Eingeborene, die ^n den Boston konuucn...... <>3 4. Dschoctian, Hällptling des Nnehrslammcs........ 65 5. Häuptling von Kytjch und Tochter.......... 71 2 13. Kopf cimö Enterichs............... 2l>!1 14, Karmoisiurothköpfige spornflilgcligc Gans........ iiw 15, Der ^cichcntan; der Stukas............. 214 1 die ersten Ansiedelungen des Menschen veranlassen, ebenso wie besondere Verhältnisse eines Landes sowohl Vögel als andere Thiere anziehen. Das erste Bedürfnis; des Menschen und Thieres ist Nahrung; fruchtbarer Boden und reiche Weiden, vereinigt mit gutem Klima uud Wasserverbiudung, sichern daher stetü die Ansiedelung des Menschen, während wildwachsende samentragendc Gräser, Wälder und Prairien sowohl Vögel als andere Thiere anlocken. Die Erde bietet bei maunichfaltigen Lagen dem Menschen wir dem Thiere besondere Vortheile dar, und solche Ocrt lichteiteu sind, mit weuigen Ausuahmeu, natürlich bewohnt. Von der frühesten Schöpfung au hat es Stellen gegeben, welche durch die Natnr, durch geographische Lage, Klima und Fruchtbarkeit so besonders begünstigt waren, daß der Mensch sich mn ihre Besitznahme gestritten hat uud sie die Schauplätze des Kampfes um den Besitz gewordcu sind. Solche Länder haben in der Weltgeschichte einen mächtigen Einfluß gehabt, und solche werden die großen Pulse der Civilisation sein, — die Quellen, aus welchen in einer, wenn auch noch so fernen Zukunft die Civilisation der Welt fließen wird. Aegyptcn ist das Land, dcsseu l'lgeulhümUchc Fähigkeiten die Erobernugsgelüste auf diese Weise ungezogen haben, und mit welchem die früheste Weltgeschichte so innig verknüpft ist. Aegyptru ist ein außerordentliches Beispiel der wirklichen Bildnug eiucs Landes durch Anspülung gewesen; es ist durch einen eiuzigen Fluß geschaffen wordeu. Die große Sahara, lene fürchterliche Wüste von unermeßlichem sengenden Sande, die sich vom Nöthen Meere bis zum Atlautischen Ocean erstreckt, ist durch eineu eiusameu Wasserfaden gespalten. Jahrtausende zuvor, ehe der Mrusch in diesem unwirthlichcn Lande lcbcu konnte, war jener Wnsserfaden bei seiner stillen Arbeit: unzählige Jahre hindurch überfluthete und fiel er, ein reiches Vermächtnis; an Erdreich auf den unfruchtbaren Sand niederlegend, bis das 6 Einleitung. Delta geschaffen war; nnd der Mensch nahm, in einer so fernen Zeitperiode, daß wir keinen Leitfaden zu einer annähernden Bestimmung hnbeu, den anf diese Weise ans dein Nilstrom geborenen fruchtbaren Boden in Vesih, nnd jener von seiner Unfruchtbarkeit befreite Winkel des wilden Africa wnrde Aegypten nnd nah>n den ersten Nang in der Weltgeschichte ein. Um dieses außerordentliche Land hat die Menschheit immer gestritten nnd wird noch immer streiten. Von der persischen Erobern ng an bis anf den hentigen Tag war Aeguptcn, obgleich der Schauplatz beständigen Streites, doch ein Beispiel fast nnnnterbrochencr Fruchtbarkeit. Seine geographische Lage gewährte besondere Vortheile für Handelsnntcr-nchmnngen. Im Osten vom Nöthen, im Norden vom Mittelländischen Meere begrenzt, während der befruchtende Nil binnen-ländischen Verkehr ermöglichte, wurde Aegyptrn das glücklichste nnd civilisirteste Land der Erde. Aegyptcn ward nicht nur durch den Nil geschaffen, sondern es hing anch die wirkliche Existenz seiner Einwohner von der jährlichen Ucbcrschwcmmung dieses Stromes ab' daher war Alles, was sich anf den Nil bezog, eine Lebensfrage für das Volk; er war die Hand, die es ernährte. Da Aegypten so ganz nnd gar von dem Flusse abhing, so war es natürlich, daß der Ursprung dieser geheimnisvollen Wasser die Aufmerksamkeit denkender Menschen anf sich zog. Er war allen anderen Flüssen unähnlich. Im Juli nnd Angnst, wo die europäischen Ströme bei der Sommerhitze ihren niedrigsten Wasserstand hatten, hatte der Nil Hochwasser! In Aegypten fiel kein Nrgen — nicht einmal ein Tropfen Thau war in jenen versengten Wüsten zu seheu, durch welche der herrliche Alnß 8M Breitenmeilcn lang ohne einen Nebenfluß dahinströmie. Von der brennenden Sonne aufgeleckt nnd von dem erschöpfenden Sande der nnbischen Wüsten verschluckt, alle Verluste durch Einleitung, 7 Verdunstung nnd (5insangnng aushaltend , schüttete dor cdle Strom alljährlich seinen Segen über Aegypten ans. b'ine ^tegrlnndrigkeit Nltter den Flüssen; in der trockensten,^ahres;eit »n't Hochwasser; ausdauernd 'rde, Bänder, n>elche dnrch die )l^a-tnr uiid die geographische Lage so begünstigt sind, daß sie in den frühen Tagen der Weltgeschichte die Stellen waren, nach welchen den Menschen am meisten gelüstete, sich im Besitz der Moslemen befinden, nnd daß solche begünstigte Platze dnrch die moslemische Herrschaft an dem fortschritt gebindert werden, der axdere, von Nalur ;nr (l'ntwickelnn'g weniger geeignete Länder begleitet hat. Es giebt anf der Erde keine Länder, die so werth-voll wären, oder die in der Vo'lt'erfmnilie eine so bedentendr Stellung einnehmen würden, wie die europäische Türkei, Kleinasien und Aegypten nuter einer civilisirten Nud christlichen Negiern »g. AIs die große Straße nach Indien ist Negyvtcn für die Engländer das wichtigste Land. Da es seine außerordentliche ^rnchlbart'eit gan; dem Nil verdankt, so glanbe ich mein Schcrf-lein ^n dem Schatze wissenschaftlicher Kenntniß beigetragen zu haben, indem ich die (5utdecknug der Quellen dieses wunderbaren Flusses vollendet nnd dadurch nach dem Herzen Afrikas einen Weg geöffnet habe, der, wenn er anch in unserer beschränkten Fernsicht onnkel ist, doch in irgend einer künftigen Zeit der Weg zur Civilisation werden kann. Ich biete der Welt die Cr^ählnng meiner mehrjährigen Mühseligkeiten lind Beschwerden dar, die glücklicherweise nicht 6 Einleitung. vergebens auf dieses große Unternehmen verwendet worden sind. Sollten etwa ehrgcizlosc Geister meinen, die (Ergebnisse seien tamn werth, daß man ihnen die besten Zähre seines, anf diese Weise der Verbanmmg nnd dem beiden gewidmeten Vebrns opfere, so mögen sie sich erinnern, das; ,,wir eine gewisse Zeit lang ans die Erde gestellt sind, nm nnsevm verschiedenen Verhältnissen und (^eistesgraden gemäß diejenigen Pflichten ;n erfüllen, dnrch welche die Weltgeschichte fortgesetzt wird."") •) E, L. liulwer'a Life, Literatim1, and Manners. ^asscn, lNcnithc illit? Instllimcutc verschiedener Stämme. Erstes Kapitel. Die Erpedition. Programm, ^ Abfahrt voll Cairo. — Ankunft in Berber. — Forscl'ungö-Plan, — Dcr Fluß Atbara. - Zuflüsse aus Abyssiuicu. - Charakter der Flüsse, - Ursachen der Nilübcrschwcmmnugen, — Heftigkeit dcr Regen--ssiissc, — Allkunft in Khartum. — Beschreibung voll Kharlum. Aegyp' tische Behörden. — Steuern, — Dcr Sudan. — Sclavcuhandel d« Tu-dau. — Eeladcilhandcl des weißen Nil. — System dcr Untcrnchmnngen. -^ Unnicnschliches Perfahveli. — Schwarze. Verbündete. — (Geheimnisse, deS Sclavenhaudcls. — Eutscrutc Sclavcuniärktc. - AuSsichtcn der Expedition. - Schwierigkeiten beim Ailfang. — Widerstand dcr a.Mtischeu Be°-hördeu. — Vorbcrcittmgcu zur Abfahrt, — Johann Schmidt. — Forderung der Kopfsteuer. — Zusammenstoß vor dem Aufbruch, — Ein liebenswürdiger Knabe! — Die Abreise, — Der Knabe Onnau, — Dic User des weißen Nil. — Vcräuderuug ill dcr Gesinnung dcr Veutc. - Chmaltcr des Flusses. — blende Beschaffenheit dcr Landschaft. — Pflan^euwclt in, Flllsse. -- Ambajschhol;. — Iohauu's Kraukheit, — Bemchung der Fischhaut. -Iohauu liegt im Sterben. — Iohailn'S Tod. — Neujahr. — Schillut-dörser. — Der Fluß Sobat. — Sein Charakter, — Der Bahr Giraffe. — Dcr Bahr cl Gazal. — Beobachtungen. — Corporal Richarn. — Charakter des Bahr cl Gazat. — Eigenthüullichtcit des Msses Sobat — Vaugweiliglcit dcr Reise. — Ein Büffelochsc. — Sali Achiuct wird gc» tödtct. — Seiu Begräbui^. — GrimmiMt dcö Büffels. — Die „Clumsy" auf dem Styx. — Stromgcschwiudigteit des weißcu Nil. — Wir schell die ersten Eingeborene». — Dschoctiau und sein Weib. — Ein reizender Gatte. — Natron. — Wir fangen ciu Flußpferd. — „Vielleicht war c« sein Oheim." -^ Wirkliche Schildkröte in nachgemachtem Flußpferd. — Nicharu wird do gradirt. — Ankunft ill dcr Zariba, - Das ssischspicßcn. — Dcr Kytfch-stainm. — Teniütciithnrme. — Hungcrsuoth iui Äytschlaudc. ^ Die gä'uz-lichc Armuth dcr Eiugcborcuen, — Der Hcerdochsc, — Meilscheu nnd Thiere i" schlechter Stiiumnng. Aboutula. — Oesterreichische Missionsstation. — !l3 Progrmnm. Verkauf des MissioiiShaufts. — Trauriges Schicksal dcs Baron Harnier. — Die Eliadstäninic. — Äschenhiigcl. — Der Schirstauiul. — Die ^,'otllöcrntc. — Anluuft in Gondoloro. — Das Ausschiffen dcr ^dung. Im Vtürz l^ttl begann ich eine Expedition zur Entdeckung dcr Quellen des Nil in der Hoffnung, der afrikanischen Expedition dcr Eapitänc Cpcke nnd Grant zn begegnen, welche die englische Negierung zu demselben ^wcck von Süden her über Zanzibar gesendet hatte. Da die Nilqnellen bisher allen Forschern Trotz geboten, so hatte ich nicht die Dreistigkeit, mein Vorhaben zu veröffentlichen, aber im Innern war ich entschlossen, diese schwere Aufgabe zu lösen oder bei del», Versuch zu sterben. Auf wilden Jagden in tropischen Klimatcn war ich von Zugend anf an Beschwerden nud Ausdauer gewöhnt, nnd wenn ich den Vlick auf die Karte uon Afrika heftete, überkam mich eine mit Demuth gemischte ungestüme Hoffnung, daß, gleich wie der unbedeutende Wurm die härteste Eiche durchbohrt, ich durch Beharrlichkeit das Herz Afrikas erreichen könnte. Ich konnte nicht begreifen, das;, so lange ("esnnohcit und Leben bleibe, in dieser Welt irgend etwas im Stande sei, einem entschiedenen Willen zu widerstehen. Daß jeder frühere Versuch, die Nilquelle zu erreichen, mißlungen war, wunderte mich nicht, da die Expeditionen aus l^esellschaftcn bestanden hatten, die, wenn Schwierigkeiten eintreten, in dcr Regel mit Meinungsverschiedenheiten und Rückzug enden. Ich beschloß deshalb, im Vertrauen auf die Führung einer göttlichen Vorsehung nnd das gute Glück, das bisweilen einen festen Vorsatz begleitet, die Reise allein anzutreten. Ich wog die Umstände der Unternehmung sorgfältig ab. Vor mir — nnbetrelenes Afrika; gegen mich — die Hindernisse, welche die Welt seit ihrer Erschaffung vernichtet hatten; mir ;ur Seite — eine etwas zähe Körperbeschaffenheit, vollkommene Unabhängigkeit, eine lange Erfahrung im ^cben der Wilden, und sowohl Zeit als Mittel, die ich dem Programm. 1Z Zwecke zu widmen gedachte, unbeschränkt. England hatte vor derjenigen uuter dem Commando uon Svete ilnd <^raut nie eine Expedition nach den Nilquelleu gesendet. Neunzig Jahre vorher war es Bruce gelungen, der Quelle des blauen oder Ueinen Nil anf die Spur zu kommen i die Ehre dieser (int-oeckllng gehörte demnach Großbritannien; Speke war von Sn-"w hor unterwegs, und ich warder uolleu Ueberzeugung, daß "lein wackerer Freund eher seine Gebeine auf dem Wege lassen, als unvcrrichteter Sache umkehren werde. Ich glaubte, daß England nicht werde geschlagen werden, und obwohl ich kaum hoffen durste, daß mir gelingen könne, was Anderen, die größer als ich, mißlungen war, so beschloß ich doch, bei dem versuch Alles zu opfern. Wäre ich allein gewesen, so würde es mir "icht schwer gefallen seiu, auf dem vor mir liegenden nnbetrc^ tencu Pfade zu sterben; aber es gab ein ^>eseu, das zwar meine größte stütze, aber auch meine größte Sorge war; ein Wesen, defscu ^cben noch in so früher Jugend dämmerte, daß ber ^raueustand ihm noch eine .^nluuft war. Zch schauderte bei der Aussicht für sie, wenn sie bei meiuem Tode alleiu in dm Vandcu der Wilden verweilen sollte, und gern Hütte ich sie m deu Freuden del,- Heimalh gelassen, austatt sie deu afrikanischen Veiden auszusetzen. Vergebens bat ich sie dringend, daheim ^u bleiben; vergebens malle ich die Schwierigkeiten und ^efahreu uoch schwärzer, als ich sie mir in Wirklichkeit vor. gellte! sie war mit der Staudhaftigkeit nnd Ergebung einer M'au eutschlosseu, alle Gefahren mit mir zu theilen nud mir auf jedem rauhen Schritte des vor mir liegenden wilden Vcbcns zu folgen. Uud Ruth sprach: „Dringe nicht in mich, baß ich buh verlassen und uon dir umkehreu soll; uein, wohin du gehest, Lche ich, und wo du überuachtest, übernachte ich; dein '^olt ist mein Volk nnd dein Gott ist mein <"'ott; wo du stirbst, sterbe 'ch, und daselbst will ich begraben sein. So soll mir der Herr 14 ' Abfahrt von Cairo. thun und noch mehri nur der Tod soll trcnilcn zwischcit mir und dir." Demnach von meiner Frail begleitet, segelte ich am 15. April 1861 uotl Eairo ab den Nil hinauf. Der Wind blies günstig und stark von Norden, nnd wir flogen dem Strom entgegen gen Süden, anfinevtsam jene gchcimnisnwllen Wasser mit dem festen Entschluß verfolgend, ihrer Spur bis zu ihrer fernen Quelle nachzugehen. Nachdem wir in srchsnndzwanzig Tagen von Cairo ans in Kornsko nnter 22" 44^ nördl. Breite augelangt waren, begaben wir nns quer über die nnbischc Wüste, schnitten so die westliche Biegung des Nil ab und erreichten in siebentägigem, forcirtem Kamcelmarsche den Fluß wieder in Abu Hammed. Die Neise dnrch jene Wüste ist höchst ermüdend, denn der Marsch geht im Durchschnitt täglich fünfzehn Stunden lang dnrch eine Wildniß von sengendem Sand nnd glühenden Vasaltfclscn. Der Samum war zu jener Jahreszeit (Mai) in voller Kraft, nnd der durch die Wasserschlänche in den Schatten gestellte Thermometer stand auf 114" Fahrenh. Trinkbares Wasser war nntcrwegs nicht zu bekommen: nnser Vorrath war daher, als wir den willkommenen Nil erreichten, fast aufgezehrt. Von Abu Hammed aus gelangten wir nach achttägigem Marsche am Nandc des Flusses hin durch Wüste, aber im Angesicht der Palmbänme, welche den Flnß umsäumten, nach Verber, einer ansehnlichen Stadt unter 17" 58^ nördl. Breite an den Ufern des Nil. Verber ist acht Kamccl-Tagereisen von Khartum entfernt, das an dem Vereinign ngspnnkte des weißen nnd blanen Nil unter W" 3(^ nördl. Breite liegt, und ist die regelmäßige Karawanenstraße zwischen dieser Stadt und Eairo. Durch die geringe Erfahrung, welche ich auf der Neisc bis Verber gewonnen halle, fühlte ich mich überzeugt, daß bei Abreis« von Verber. 1!) meiner Nil-Vxpeditiou ohne Kenntniß der arabischen Sprache ein Erfolg unmöglich sein werde. Mein Dragoman'^) hatte inich vollkommen in seiner Gewalt, und ich beschloß, mich so bald als möglich von allen Dolmetschern unabhängig zu machen. Ich entwarf deshalb für das erste Jahr einen Forschnngsplan, der 5ne Znflnsse znm Nil von der abyssinischen Gebirgskette her umfassen sollte, nnd gedachte den Atbara-Fluß von seiner Vereinigung mit dem Nil nntcr 17" 37' nördl. Breite (zwanzig Meilen **) südlich von Berber) ans zn verfolgen nnd alle Nebenflüsse des Nil, die von Südosten kommen, bis znm blanen Nil zu untersuchen, auf welch' letzterem Flusse ich schließlich uach Khartum herabzukommet! hoffte. Zwölf Mouate, glaubte ich, würden genügen, nm eine solche Untersuchung zn vollenden, nnd während dieser Zeit wollte ich eine hinreichende Kenntniß der arabischen Sprache erlangt haben, nm mich in den Stand zn setzen, zum Zweck meiner Expedition anf dem weißen Nil von Khartum anfznbrcchen. Demgemäß verließ ich Berber am 11- Juni l^l'l und gelangte am 13. an die Vereinigungsstelle des Atbara mit dem Nil. ^s giebt keine Stelle des Nil, die eine so große Wasser-lnassc enthielte, wie jenes Stück, das an der Atbara-Mnudnng liegt. Der Fluß Atbara ist im Durchschnitt ungefähr 1350 Fuß breit und während der Regenzeit fünfundzwanzig bis dreißig Fuß tief. Er briugt den gauzcn Wasserabflnß des östlichen Abys siniens herab, indem er als Zuflüsse in seinen Hanptstrom die großen Flüsse Taccazy (oder Settite), nebst dem Salaam uuo Angrab aufnimmt. Der Vereinignngsunnkt des Atbara nnter "" 37< nördl. Breite liegt in gerader Linie ungefähr 840 gco- ') Dolmetscher dcr Europäer nn Orient, Nnm, d, Nedcrs. ^") Jedenfalls englische Meilen, von denen ungefähr ^^ eine geM'a^ phische ausmachen, Anm d, Ucbers, 16 Myssimscho Flüsse. graphische Vreitenmeilen^) von Alcrandricu, und uüt Einschluß der wcstlichci, Biegung deö Nil wird sein ^ett voll der Min:' dllug seines letzten Nebenflusses, des Atbara, bis er das Meer trifft, ungefähr elfhliudert Meilen lang sein. Zwischen der Atbara-Mündung nnd dcni Mittelländischen Nieerc muß also der Fluß durch Sandwüsteu und das Delta hindurch cine elfhundert Ntci-len lange Einsaugung nnd Verdllustung au'ohiilteui es findet demnach ein ungeheurer Wasscrucrlust statt, nud die größte Wassermasse des Nil muß daher gerade unterhalb der Atbara-Mündung liegen. (5-5 ist nicht meine Absicht, im vorliegenden ^>erte auf die Einzelheiten meiner im ersten „dchre au der abyssinischen i^renze gemachten Forschung einzllgeheli; sie ist so umfangreich uud von der großen Expedition auf dem weißeu ^lil so vollständig getrennt, daß eine Verschmelzung beider Vcrwirrnug herbeiführen würde. ,M werde deshalb die Erforschung der nbyssinischen ^cebenfli'isse eilier späteren Veröffentlichung vorbehalten und meiue gegenwärtige Beschveibnng der abyssinischen Flüsse auf einen allgemeinen Umriß des Atbara und blaiieu Nil beschräuken, indem ich den Ursprung ihrer Hochwasser uud ihre Einwirkung auf die Ueberschwemmungen in Unterägypten darlege. ^ch folgte den Ufer» des Atbara bis zur Eiumüudung des Settitc- oder ^aeeazy ,vlusse5; daun gilig ich au dem letzteren großen Strome in die abysfimschcu Gebirge im ^as^ Vande hinein, '^oii da begab ich mich ;u den Flüssen Salaam und Angrab *) Der Verfasser uimml dic Üntscuiunci der Ätbara-Mündimg (>7" 37' nördl. Br.) von Alexcmdncu (Ü1" lci' nörbl. Bl) zu unqcfähr 14 Breiten-graven (genauer 13" !! (genauer ^<,>4), die ^äligc dco ^lilbettes mit seinen itriimmllngen auf dieselbe Strecke 27i) geographische Meilen- Aum. d. Uebers. CharatK'r d« Flüsse. 1^ ^'u ,^iis^> ^^, prüchligen < Gebirgskette hinüber, vm, welcher sic 'lch unmittelbar in den Atbara ergießen. Nachdein ich diese Müsse untersucht hatte, ;og ich dnrch cine ansgedehntc und schöne ^andstreckk, die einen 5heil voli Abyssinien ain südlichen Ufer "^ finises Salaam bildet, schte dann wieder über den Atbara lUld gelangte nach der <"renchndt von ("ellabat, die dnrch Pruce als „Ras el Pl" tiefm,,,! ist. Von diesen, Pnntte ans qcrade "ach Westen reisend, Win ich nn den Bust Nahad nntcr nn-sscsahr 12" M>' „övdl, gleite, qinq an sciin'n Ufrrn hinab, wan-ukrte über oinen schmale» Landstrich nach Westen hin, erreichte "kn ,^lns^ linder, folqte diesen strömen bis ^n ihrer Vereini-i^'nq i„it ^,^ blanen Nil nnd beqab niich an diese»! ssros^'n ^'Ulsse nach Khartni» hinab, nachdem ich uon dein Tage an, wo ich Berber verlassen hatte, genall zwölf Monate gereist war. Das System der oben erwähnten Flüsse, d. h. der Atbara, ^ettitc, Salaam, Angrab, Nahad, Dinder nnd blanr Nil sind ^ großen ^nlwässcrnngütanäle Abyssiniens; sie haben alle einen Mchformigeil Lanf von Siidost nach Nordwest nnd treffen den '^cnifttnil in ^wei Mündungen, duich den blaneil Nil bei Khartum, 15" M/, und durch den Atbara, nnter 17" ?j'?' nördl. Breite, ^kr blane Nil ist während der trockenen Jahreszeit so klein, "^ er nicht Wasser genng für die kleinen ^ahrzenge hat, die 'u>t dem Transport vonProdncte» uon Sennaar nach Khartum beschäftig sind. In dieser Zeit ist das Wasser schön hell, und a er den wolkenlosen Himmel reflectirt, hat seine Harbe ihm "kn wohlbekannten Namen Bahr cl A;rak oder blaner Pnsi gelben. (VI gieot kein köstlicheres Wasser als das des blauen 'l> ro. sticht aM. ^h ^^^„ j,^ des weißen Flusses, welches ^ hell ist und einen unangenehmen Vegetationsgeschmack hat. ^ tele Verschiedenheit in der Beschaffenheit des Wassers ist ein unterscheidendes Merkmal der beiden Flüsse ^ der eine, der blane u, ist ein reißender Gebirgsstrom, der mit großer Schnelligkeit Aatcr, Der Alberl N'yanza. I. 2 18 Der Atbara. steigt und fällt; der andere entspringt ans einem See und fließt durch nngelienre Marschen. I^er Vanf des blauen Nil geht durch fruchtbaren Boden- er erleidet daher nur einen geringen Verlust durch Absorption, und während der starten Regen lie fern seine Wasser einen ungeheuren Beitrag erdigen Stoffes von rother ^arbe ;n dein allgeineinen befruchtenden Niederschlag des Nil iu Untcrägyptrn, ?er Atbara, obgleich in der Regenzeit Abyssiniens eiu so bedeutender ^troin, ist mehrere Ä^conatc des Jahres hindnrch vollkominen trocken, und damnld, als ich ihn ;nm ersten Male sah^ am ll>. Juni l.^iil, war er eine blosse fläche funkelnden Bandes, chatsächlich ein 5heil der Wnfte, bnrch welche er floß. Von seiner Vrreiuiqnng niit dein ')lil an ist er über einhundert und fünftig englische Meilen n'eil von Anfang März bis Juni vollkommen trocken. In Zwischenrünmcn von wenigen Meilen giebt es Pfuhle oder Teiche von Wasser, das in den tiefen löchern ^nrückgcblieben ist, die unter dem allgemeinen durchschnittlichen Nivean des ^luflbettes liegen, ^n diesen Pflihlen, von denen manche eine englische Meile lang sein mögen, versammeln sich alle Bewohner des Misses, die, sonne der ^troin verschwindet, sich genöthigt scheu, in diesen engen Zufluchtsstätten dicht aneinander ;u rucken. So drängen sich Krokodile, ,vlnMerde, fische »nd grosse Schildkröten in außerordentlicher Anzahl,^u-saminen, b<5 der Anfang der Stegen iu Abyssiuicn sie wieder iu Freiheit sel)t, iudem er eine frifche Wasfennasse ^u driu Flusse herabsendet. 5ie Regenzeit beginnt in Abyssinien in der Mitte de^ Mai, da aber dao Vand dnrch die Sommerhitze versengt ist, so werden die ersten Negeu vom Boden eingesargt, und die Meschäche füllen sich »licht vor der Mitte de^ ^lini, '^oiu Juni bis znr Mitte Septembers sind die Gewitter furchtbar; jede Schlucht wird ein tobender l"iefchach; ^äuine werden von den über ihre Ufer geschwollenen Bergströmeu entwurzelt, und der Ursachen der Nilüberschwemmunssen. 49 ^tbara wird ein ungeheurer ^-luß, der mit einer Allcü überwältigenden Strömung dcil ganzen Abflnß von fünf großen Füssen dein Settite, Noyün, Salaam und Angrab, nebst Mner eigenen ursprünglichen Wassermasse - - herabbringt. Seine ^ajier sind dick von Erdreich, da von den fruchtbarsten ^!an- ^eicn weit von srincm bereinign ngspunkte mit dcm Nil ab^ ^waschen wnrde; Massen von BambnQ nnd Treibholz, nebst ^ohen Gaumen, nnd häufig die Veichen von Elephanten nnd busseln, werden läng^, seinen schlammigen Wassern in wilder ^mvirrung fortgeschleudert nnd bringen den an seinen Ufern wohnenden Arabern, die immer nach des Flusses Schätzen an ^l'enn nnd Nnyhol; auf der ^aurr stehen, eine reiche Ernte. Der blane ?iil und dor Atbara, die den ganzen Wasser-^^flli^ Abnssiniens ausiu'limeii, ergießen ihre Hochwasser in der -"litte deI Juni gleichseitig in den Hanptnil. In dieser Zeit iat anch der weiße )iil einen beträchtlich hohen, obwohl nicht muen höchsten Stand, nnd der plötzliche Wasserstnrz, der von byisinien in den Hanpttanal herabtommt, welcher schon durch ^ weißen Nil auf einen hübschen Stand gebracht worden ist, kUirsachl die jährliche Neberschwemmuug in Niiterägypten. Während des Jahres, welches ich im nördlichen Theile ^bMnimo, i,nd an seinen Grenzen zllbrachte, dauerten die Re-llrn mit großer Heftigkeit drei Monate lang; der letzte l^uß fiel am ltt. September, und von diesem 5age an gnb es bis znm ^lgenden Mai weder 5 hau noch Stegen, ^ic großen Flüsse lUngl'i, ^^,^ ,^h ^^ l^ebirgdströine vertrockneten, der Atbara ^Ichwand nnd wnrde abermals eine Flüche funteluden Sandes. ^^ Flüsse Settite, Salaaui und Angrab haben, wenn sie sich "uch sehr vermindern, dennoch dao gan^> Jahr hindurch Wasser, " ^U' sich von den hohen abussinischen <"ebirgcn herab in den ' tbara ergießen; aber das versengte, sandige Bett des letzteren ^ "lies saugt das gauze ihm zugeführte Wafser ein, und tem 2* 20 Ankunft in Khartum. Tropfen erreicht mährend der lvockclN'n ^ahres^eit ans dem Atbara den ^Itil. Die erstannliche Absorption durch dcit Sand dieses Flusses erklärt die Ohnmacht des blallen Nil im hnlflosen Kampfe >nit den nubischcn Wüsten, die, hinderte sie nicht die be. ständige Wassermasse dca weißen Nil, jeden Tropfet, Wasser austrinken wurden, ehe der Fluß den fünfundzwanzigstcn Brei-tctlgrad überschreiten könnte. Die Haupt^uflüsse des blalieu Nil sind der Rahad lind Finder, die, wie alle anderen, ans Myssinien tommen. Der Nahad ist in der dnvret» Jahreszeit ^an; trocken, nnd derDin-der wird bis ans eine Reihe tiefer Pfnhlc ucrmiildert, die dnrch ^andbänle getrennt sind, währeild da^ Bett de5 ,vlnfscs bloß-gelebt ist. Diese Pfnhle sil»d die Versammlungsorte zahlreicher '^lns;pfcrdc >,nd der natürlichen Bewohner des Flusses. Nachdem ich die Erforschung der verschiedenen Znflüsse des Nil uon Abyssinieil her vollendet hatte, reiste ich dnrch das Bas<^and nnd den Theil Abyssiniens, welchen Met Nimmur in Besitz genommen hat, nnd gelangte am ^1. Inni 1862 nach Khartnm, der Hauptstadt der Sudan-Provinzen. Khartnm liegt nnter !i'>" 29^ nördl. Breite, auf einer Landzunge, die den Wiitkel zwischen dem weißen und blanen Nil an ihrer Vereinignngsstelle bildet, (^inen elenderen, schinntzigeren nnd nngesnndcren Ort tann man sich kaum denken, ^o weit das Ange reicht, ist anf allen leiten Sandwüstc. Die Stadt, die hauptsächlich aus Hütten von ungebrannten Backsteinen besteht, breitet sich über eine (5'bcnc hin, die bei Hochwasscr kaum über dem Niveau des Flusses liegt, und wird von ^cit zu .^eil nulcr passer gesetzt. Obwohl sie gegen W,M) Einwohner enthält ilud dicht zusammengedrängt ist, so hat sie doch weder Abzugskanäle noch Senkgruben; in den Straßen ist ein un begreiflicher schädlicher l^nch, denn wenn Thiere sterben, blei yen sie liegen, wo sie fallen, um Pest nud Ekel zu erzcngen. Aegyptische Behörden. 31 Indeß giebt es einige ansehnliche Hünser, welche die Händler "es Bandes inne haben, von denen eiu kleiner Theil Italiener, Maltosen nnd Deutsche sind, indem die europäische Bevölkerung "uqefähr dreißig Seelen M)lt. kriechen, Syrer, Kopleu, Ar-wenier, Türken, Araber und Aegypter bilden die bunte Einwohnerschaft Khartums. Frankreich, Oesterreich und Amerika-haben dort Consnin, uud mit großem vergnügen erkenne ich so manche freundliche Aufmerksamkeit und Beistand au, die mir von den beiden erste-len, Monsieur Thibant und Herrn Hansall, zu Theil geworden sind. Khartum ist der Sitz einer Regierung, denn die Sudan-^l'ovin^en stehen unter der Oberaufsicht eines l^eneralgouver-nenrs mit unumschränkter (Gewalt. Zm Jahre 1ttl)1 lagen ungefähr sechstausend Mann Militär in der Stadt; ein Theil derselben waren Aegypter; andere Regimenter bestanden aus Schwarzen von Kordofan nnd vom weiften und blauen Nil, "ebst einem Negiment Aruauten und einer Batterie Artillerie, Diese Truppen sind der Fluch des Bandes; denn die meisten türkischen und ägyptische»! Beamten erhalten ihre Besoldung höchst unregelmäßig, und die Soldaten stehen demnach nnter lockerer Nanns^ucht. ^onragiren und Plünderu ist das (bewerbe des ägyptischen Soldaten, nnd die unglücklichen Einwohner müssen sich iwu dcu rohen Menscheu, die sie nach Belieben ausplün dern, auch noch jede beliebige Schmach und Mißhandlung ge-sallen lassen. Im Jahre M>2 war Mnsa Pascha der Oeneralqouuerueur des Sudan. Dieser Mann war ein ziemlich übertriebenes Auster türkischer Behörden im Allgemeinen, indem sich in ihm die schlimmsten orientalischen Fehler mit der Brutalität eines wilden Thieres vereinigten. Wahrend seim'»- Verwaltung wurde der Sudan völlig zn 32 Der GeneralaMverneur. Grunde gerichtet; durch Militärgewalt regiert, entsprachen die Einkünfte den Ausgaben nicht, nnd es wnvden den Einwohnern neue Steueru bis ^u einer Höhe auferlegt, die das gan^e ^and Mmte. Der Türke macht nie eine Verbesserung, (^in ara bisches Sprichwort sagU „In der ^-ußstapfe eines Türken wächst nie l^rW/^ nnd nichts kann den Charakter der Nation passen-der ausdrückeu als dieser eiüsache ^prilch. Schlechte Regierung, Monopol, Erpressung nnd Druck sind die sicheren Begleiter türkischer Verwaltung. In großer Entfernung von aller l>'ivili^ sation, nnd von llnterägypten dlirch die nubischen Wüsten ge trennt, bietet Khartnin für die (>'ntwickelnna, des älMtischen Beamtencharakters ein weiteo ^eld, Jeder Bemnte plündert^ der General^onuernenr erpreßt von allen Seiten; er füllt seine eiqcnm Taschen, indem er dem fortschritt jedes mir denkbare Hinderniß in den WeH legt, nnd heinmt jede Handelsbewesinng, um uon den Betheiligtcn (beschenke ^u erzwingen. I^er all^ gemeinen Regel seiner Vorgänger folgend, i,cigt ein nener <^on vernenr bei seiner Antnnft eine krampfhafte (Energie. Voll (sawassen *) nnd Soldaten begleitet, reitet er durch jede Straße von Khartum, schilt dabei die Untergebenen wegen früherer Nachlässiglcil nnd befiehlt, daß die Straßen gelehrt und die Stadt durch und durch gereinigt werde; er besucht den Marktplatz, untersucht an den Bäckerbnden die Beschaffenheit des Brotes nnd an den Fleischbänken das fleisch, (^r prüft die Richtigkeit der (Gewichte lind Maße, straft und verhaftet die Betrüger, fnhrl eine vollständige ^erbesseinng ein nnd beschließt seine, die <^esnndhcit und Wohlfatm der Menschheit fördernden Anordnungen mit der Anflage einiger ^rtksteneru. Die Stadt hat uerhältnißmäßig gnte ^nft, das Brod hübsches Gewicht und Maß, nnd der neue c»wuveruenr hat, gleich *) Gcnchtsfrohuc. Aum. d, Noel's, Steuern. I'j kmem neuen Besen, Alles rein gekehrt, (is vergehen einige Wochen, und die Nase erinnert wieder an die gute alte Zeit, wo die Straßen nie gelehrt wurden, und der Schmutz führt abermals die Oberherrschaft. Oie Stadt verfällt in ihren früheren Zustand zurück, die falschen (Gewichte maßen sich wieder den -Olatz ehrlicher Abaste an, und da? einige dauernde und sichtbare Zeichen der neuen Verwaltung ist die Orts st euer. Vom höchsten bis ;um niedrigsten Beamten sind Unredlichst und Betrng die Regel nnd jeder ranbt im Verhältniß ^u der Stufe, die er im Regicrnngsfach cinnimlnt ...... während die Last der ^rpressuug auf die Eingeborenen füllt; aus diese Art werden deu ^audwirthen nngehenre Steuern anferlegl, und der s^ewerbfleiß wird durch Druck entmnthigt. Die Steuern werden von den Soldaten eingefordert, die natürlich mit l^ewall noch uu'hr erpressen, als die wirtliche Aliflage beträgt; dem-sscmäh beschrünlen die Araber ihren ^cldban ans ihre nothwen dosten Bedürfnisse, da sie fürchten, eiu ergiebigem Landgut werde für immer eiue drückeude Steuerforderuug herbeiführen, ^e schwerste und ungerechteste Steuer ist die auf dem „Sagir" (Eaqie) oder, Schöpfrad liegende, durch welches der Vandwirth srincn soirft unfruchtbaren Boden bewässert. Die Ernchtnug des Sagir (Saqie) ist der erste zum ,^etd-bau nothweudige Schritt. Au deu Uferu des Flusses giebt es vielem für die Bcwirthschaftuug vorthcilhaftes Vand; aber we ^n eiues fast gänzlichen Äiiangels au Regen mnß der Boden beständig dnrch tünstliche '.vcitlel beiuässerl werden, ,^anm hat eut unternehinender Mann ein Schöpfrad errichtet, so wird er auch scho,, besteuert, uud ^niar uicht t»ur auf sein Rad, sondern ^ ^icht sich eine volltommene Plage herbei, da die ;ur ( Sclavenhandel des weihen Nil. Hindernis gegen jede Verbesserung. ls giebt zwei Klassen von Händlern des weiften Nil; die (5inen besitzen kapital, die Anderen sind geldlosc Abenteurer; beide Klassen verfahren nach demselben System, aber dasjenige der ersteren wird an?, der Beschreibung der letzteren von selbst einleuchten. <5jn mittelloser Mann nimmt sich eine (Expedition vor nnd borgt zu diesem Zwecke «"»'eld zu hundert Proceut in folgendcx Weise. l,^r verspricht dem Darleiher die Rückzahlung in 0'lfen-bein zum halben Marktpreise, ^tachdcni er die erforderliche Summe erhalten hat, miethet er mehrere Fahrzeuge und nimmt 100 bis .M> Vente in Dienst, die ans Arabern und entlanfenen Schurken aus fernen Bändern bestehen, welche in der Verborgenheit von Khartum eine Freistätte vor der l^erechtigfeit gefunden haben, (^r tauft für seine Vente Schießgewehre und große Quantitäten Munition, nebst einigen Hundert Pfnud l^lasuerlen. Wenn die Seeräuber-^rpeditiou fertig ist, zahlt er seinen beuten einen fünfmonatlichen Vohu im voraus, nnd ^war füufunbvier;ig Piaster (drei Thaler) für den Monat, und verspricht ihnen für jeden Monat über die fünf vorausbezahlten Mouate hinaus achtzig Piaster zu geben. Seine ^eutc erhalten ihren Vorschus? theils in baarem (^cloe, theils in Baumwollen' stoffen zu Kleidern zn einem nngehencrn Preise, ^eder hat einen Streifen Papier, auf welchen vom Secretär der Expedition der Betrag geschrieben wird, den er sowohl in Waaren aw in Neger als Verbündete. 37 Geld erhallen hat, und dieses Papier muß er beim endlichen Abschluß der Rechnung vorlegen. Die Fahrzeuge segeln um den December ab, und wenn sie an dem gewünschten Orte angelangt sind, geht die (Gesellschaft an's ^and und dringt in's Innere uor, bis sie in das Dors ügcnd eines ^tegerhänptlings kommt, mit welchem sie innigste Freundschaft schließt. Von seinen neuen freunden, deren Waffengewalt er anerkennt, bezaubert, versäumt der Neger-Häuptling dir günstige Gelegenheit nicht, sich um ihr Vnnbniß ^nu Angriff auf einen feindlichen Nachbar zu bewerben. Von ihren schwarzen (^nstwirthen geführt, marschiren sie die ganze Nacht hindurch und bivonakiren eine stunde Weg^ von dem arglosen Dorfe, anf das etwa eine halbe stunde uor Tages anbrnch ein Angriff geumcht werden soll. Die Heit kommt heran^ ruhig umringen sie das Dorf, während seine Besitzer noch im schlafe liegen, stecket! die ^rashüttcn nach alle«» Nich Umgeu in '^rand tlud schütten Mustetensalven durch das lodernde Dachstroh. In panischem Schrecken stürzen die nnglück Uchen Opfer ans ihren brennenden Wohnungen; die Männer werden niedergeschossen wie Fasane auf einer Treibjagd, wahrend die in der <^efcchr und Verwirrung bestürzten Granen und Kinder geraubt und in Sicherheit gebracht werden. Mit ben Viehheerden, die sich noch in ihrem Pferch oder „Zariba" befinden, wird man leicht fertig — man treibt sie mit großer Freude als Siegerpreis fort. Dann werden die Franen lind Kinder an einander befestigt, die ersteren in einem Instrumente verwahrt, das man Sch^ba nennt, und das ans einer gegabelten Stange besteht, so daß der Hals der <^efangeneu in die lsabel paßt, welche durch ein hinlen festgebundenes Querholz geschlossm wird, währeud man die Handgelente, auf der Vorderseite des Veibes vereinigt, an die Stange bindet. Die Kinder werden hierauf an ihren Hälsen mit einem Strick au die Frauen 38 Neger als Verbündete, sseknüpft und bilden so eine lebendige Kette. In dieser Ordnung läßt man sie in «Gesellschaft mit den erbenteten Heerden nach dem Hauptquartier marschiren. Dies ist der Allfang des (Geschäfts. Sollte sich in einer der Hütten, die das ^ener nicht zerstört hat, Elfenbein finden, so eignet man es sich zu. W findet eine allgemeine Plünderung statt. Die Leute des Händlers graben die Fußböden der Hütten auf, nm nach eisernen Hacken zu suchen, welche, als der grölte Schah der Neger, in der Regel anf diese Art verborgen werden; die Getreidespeicher werden umgestürzt und muthwillig zerstört, und den deichen der Erschlagenen werden die Hände abgeschnitten, um die kupfernen oder eisernen Armbänder, die man gewöhnlich trägt, leichter lo9znbringen. Mit dieser Beute lehren die Händler zu ihrem schwarzen Verbündeten znrück. Sie haben seinen ^eiiid gedroschen und gänzlich geschlagen, das macht ihm Vergnügen; — sie beschenken ihn mit dreißig bis vierzig Stück Vieh, das berauscht ihu mit Freude; — und ein hübsches kleines gefangenes Madchen von etwa vierzehn Jahren als Geschenk vollendet sein Glück. Aber das Geschäft hat erst begonnen. Den Neger gelüstet nach Vieh, und der Händler hat jetzt vielleicht AM) Stück er-bentet. Sie sind für Glfellbein ^u haben, nnd die Stoßzähne kommen bald znm Vorschein. Täglich wird Elfenbein in's Lager gebracht, nm für Vieh umgetauscht zn werde», je nach der Größe, ein Stoßzahn für eine Knh — ein einträgliches Geschäft, da die Kühe nichts gekostet haben. Der Handel geht schwunghaft; aber es wollen noch einige kleine Gewohnheiten beobachtet sein — einige geringfügige Formalitäten, die der Handel auf dem weißen Nil wohl versteht. Die Sclaven uud zwei Drittel des erbeuteten Viehes gehören dem Händler, aber ein Drittel der gestohle-' nen Thiere beanspruchen seine Leute als ihren Nebenerwerb. Nachdem dieselben vertheilt sind, werden die Sclaven nnter den ' Geheimnisse dos Tclaurnhandels. W beuten zur öffentlichen Versteigerung gebracht. Die Vcutc taufen, so viel sie brauchen können; der Vetrag wird auf die Papiere (Scrt'i) der Käufer eingetragen und von ihrem ^ohne abgerecht net. Um Gefahr zu ueriueidcn, wenn mm dab document der ^legicruug oder europäischen ('ousulu iu die Hände fallen sollte, wird der Betrag uicht als Kaufpreis für eiucu Sclaven eingetragen, sondern auf erdichtete ^ieferuugeu ertheilt. Wenn also ein Sclave für 1000 Piaster getauft wird, so erscheint diese ^ummc auf dem Document etwa in folgeuder Weise! Seife ......50 Piaster, Tarbohsch (Mütze) . . 100 -Ärati (Branntwein) . . 500 - Schuhe......200 - Kattun......150 l000 Piaster. Die au die ^ente verkauften Sclaven werden nnler denselben beständig umgetauscht und wiederverkauft. Wünschen aber die Verwandten der geraubten Fraucu und Kinder sie loszukaufen, so uimmt der Handler sie vou seiuen beuten zurück, lliut bie Kaufsumiue aus und giebt sie für eine gewisse Anzahl ^'lephantenstos^ähne, über die man sich einigt, ihren Angehörigen wieder. Versucht e.inc Sclavin zu entlaufen, so wird !le, den anderen zur Warnung, entweder mit unmeuschlichen Peitschenhieben bestraft, oder erschossen, oder gehäugt. (Nn Augriff oder Razzia, wie der beschriebene, führt in der Negel zu einem Streit mit dem verbündeten Sieger, der seinerseits von dem Händler ermordet und geplündert wird während seine Weiber und Kinder natürlich Sclaven werden. Ein guteH .^ahr soll für ciuc Gesellschaft von hunderlund^ fünfzig Manu ungefähr zweihundert Kantaren (20,000 Pfnnd) Elfenbein eintragen, die in Khartum einen Werth von 4000 Pfund Sterling (etwa 27,500 Thaler) haben. Da die ^eute 30 Entfernte Tclavenmärkte. » mit Sclaven bezahlt werden, so tostet der ^ohn nichts, und es bleiben für des Händlers eigenen Gewinn noch immer mn bi2 fünfhundert Sclaven übrig, deren jeder einen durchschnittlichen Werth von fünf bis sechs Pfnnd Sterling <'i<)- 4<» Thlr.) hat. Die Boote werden hierauf mit einer Ladling Menschen bepackt, und ein Theil von des Händlers Venten begleitet dieselben nach dem Sudan, während dir übrigen in dem ^ande, das sie sich angeeignet haben, ein ^ager oder eine Niederlassung bilden und fleißig plündern, morden und Sclaven machen, bis ihr Herr im folgenden ,^ahre mn Booten von Khartum zurückkehrt, wo er dann voraussetzt, daß sie eine Ladung Sklaven und (Elfenbein zur Einschiffnng berett haben. So wird das (Geschäft erst völlig begründet. Die Sclaven werden an verschiedenen Punkten einige Tagereisen von Khartum ausgeschifft. An diesen Plänen find llnlerhändler oder Käufer, die auf ihreu Empfang mit Thalern warten, welche sie znr baarcn Zahlung bereit halten, ^ie Käufer lind Handelsleute fiud größtentheils Araber. Die Sclaven werden dann über ^and nach verschiedenen Plätzen geführt, viele nach Sennaar, wo sie an andere Händler verkauft werden, welche sie an dir Araber und Türken verhandeln. Andere werden ungeheuer weil nach Häfen am Rothen Meere, Suatiin nnd Massuah gebracht, nm dort nach Arabien eingeschifft ^, werden. Manche werden nach Cairo versendet, ja sie werden über das ganze ^clavcnhandel treibende Morgenland zerstreut, während der weiße Nil zur Vieferung die große Pflanzschule ist. Der liebenswürdige Händler lehn »om iveiste» Nil nach Khartnm zurück, händigt seinem Mänlüger hinreichendes Elfen-vein ein, nm das ursprüngliche ^arlrhn von K1W Pfund Sterliug zu berichtigeil, und begiilnl, nullmehr ein Mann mit Betriebscapital, als selbstständiger Händler. So war der Handel des weißen Nil, alo ich mich vor- Aussichten der Expedition. AI bereitete, auf meiner Expedition nach den Nilqucllen von Khartum aufzubrechen. Zu Khartum war Hermann, mit "Nynahme einiger Europäer, dem Sclavenhandrl günstig und blickte mit eifersüchtigen Augen auf einen fremden, der sich in den Bereich ihreo heiligen Vaudcs wagte, eines Vanbe?., daZ der ^claverei, wie^ jedem Greuel und jeder Schurkerei sseweih« ist, d'e der Mensch begehen kann. Die türkischen Beamten stellten sich, als ob sie die Scla verei mißbilligten, und doch war jedes Hans in Khartum voll Sclaven, und dir ägyptischen Dfficiere pflegten einen Theil chres Soldes in Sclaven zu empfangen, genau so, wie die auf drm meisten Nil beschäftigten ^ente von ilneu Herren bezahlt wurden. 5ie ägyptischen Behörden sehen die Erforschung des weisten Nil dnrch einen ettroväischen Reisenden als eine Beeinträchtigung ilnes Sclavcngebietes an, die aus Spionage hervorging, und mir wurde jedes Hindernist in den Weg gelegt, llnter der Voraussicht, daß ich auf viele Schwierigkeiten dosten werde, hatte ich mich, bevor ich Aegnvten verließ, mittelst Besuchs des Geschäftsträgers ^lirer Britischen Majestät, Sir N. Eolqnhonn, mit einem German von Seiner Hoheit dem ^icekönig Said Pascha versehen; aber dieses Document wurde vmn <^eneralgouvcrnenr de') Sudan, Musa Pascha, unter der kl barm lichen Ausflucht iguorirt, daß der Ferman für des Paschas Gebiete und für den Nil bestimmt sei, der meiste Nil jedoch werde "icht mit nnler dem Nil verstanden, sondern sei als der meiste Hluß bekannt. So wurden mir Boote und in der That aller Beistand verweigert. Die Organisation eines Unternehmens, welches so schwierig, da^ es bis jeht der ganzen Welt mistlnngen war, verlangte eine sorgfältige Aumvahl von Begleitern, und ich blickte mit Ver-^weiflunq auf die vor mir liegende Aufsicht. Die einzigen Menschen, die ich zur Bedeckung bekommen konnte, waren die 32 Widerstand drr ägyptischen Behörden. erbärmlichen Mörder von Khartum, die gewohnt waren, beiin Handel auf dem weißen ')til zu morden und zu plünderu, und nicht durch Liebe zu den geivagten Unternehmen, sondern durch Begierde nach Raub angereiht wnrden. Äiit solchen Menschen die Ncisc anzutreten, erschien als reiner Wahnsinn. Äiit dem weiden Nil verband sich aber eine noch größere Schwierigkeit, ^ahrc lang halten der höllische Sclavenhaudel nnd die ihn be^ gleitenden Schrecken in den Ncgerländern bestanden, lind hatten die Stämme so erbittert, daß ^eute, die in früheren feiten gegen Alle, die hinkamen, freundschaftlich gewesen, jetzt Allen feindlich gesinnt waren, (i'ine Forschungsreise nach den Nilquellen war also ein Marsch durch Feindesland uud erforderte eine gewaltige Macht wohlbewaffneter Männer. Die Händler kanten in keine große Verlegenheit, da fie bei Feindseligkeiten die Initiative ergriffen nnd feste ^ager alQ „Stntzpnnktc" hatten; aber für einen ,^orschungsreisenden gab e^ keine andere Wahl, als gerade vorwärts zu marschiren ohne alle Verbindung mil der Nachhut. Wenn ich nicht von deu Behörden mit Venten unterstützt wurde, die an Manuszucht gewöhut waren, so hatte ich uur geringe Hoffuung auf Erfolg; ich schrieb deshalb an dcu britischen Consul in Alerandria nnd bat ihn, um einige Soldaten und Boote nachzusuchen, um mir bei meinem so schwierigen Unternehmen beizustellen. Es dauerte in ,volgc der großen Entfernung von Khartum einige Monate, bis ich eiur Antwort erhielt, welcher ein '^ricf von ^sinael Pascha (dem gegenwärtigen Vicekönig), der während der Abwesenheit Said Paschas die Regentschaft führte, beigeschlossen war, worin das Gesuch abgeschlagen wurde. ,uh gestehe, daß ich mich in einer wirklichen Verlegenheit befand, ^ch hatte r>on Anfang an bemerkt, daß die ägyptischen Behörden englische Forschungsreisen in den sclauenliefcrndcn Districten mcht fördern wollten, weil solche Untersuchungen Vorbereitungen zur Abfahrt. .^.'l ^'Ut Handel uachlheilig werden und ;n Berichten an dir euro-patschen Negiernngen fülnen konnten, die schlichlich den Handel verbieten ivürden-'es war vollkommen klar, das> mau das AeuM-stc thnn werde, nin meine ^rpedition von vornherein ^u Verbindern. Dieser Widerstand verlieh dein llnternehmen Neuen Nci^ nnd ich ivar entschlossen, dnrch nichts uuinc Pläne vereiteln zn lassen. />ch ssing daher mit vollem C'rnst nn'ö ^erk. M hatte dic Vorsichtsmastresiel qetroffen, mir eine An weisnn^ an dic Schatzkammer in Khartnm auf so viel l^^ld >n verschaln, als iä) verlangte, nnd da banres <^cld il» jencin ^andc dec. ^orqcnI und Hinhaltens Wunder thnt, so war ich 'n wmissen Wochen ^nm Anfbrilch fertiq. ^ch nahnl drei '^ahr^ensic, nämlich ?,wei große Noggur oder Segelbartcn und ^ltt ^ahrzcnsi mit qmem Verdeck nud bequemen Kajnlen, das allen Nilreisrnoen als eine DahatM bekannt ist. Die Vorbereitungen ;n einer solchen Neisc sind keine Kleinigkeiten. Ich brauchte fünfunduierzig Bewaffnete als Bc-bcckunss, vierzig Mann als Matrosen, die mit den Dienern .'c. Meinr Reisegesellschaft auf sechmlndueunzig Mann brachten. Die '^eisc von Khartum bis t^ondokoro, der schiffbaren (Grenze des ^il, dauerte, wie man mir berichtete, fünfundvirrzig bis fünfzig ^age, aber Proviant war anf vier Moliate nöthig, da dic Voow Mannschaft, nachdem sie mich und meine Ncisegesellschaft an's ^and gesetzt hatte, init den Fahrzeugen nach Khartum ztlrnckt'ehren wollte, ^n der Hoffnung, Speke nnd Grant's Gesellschaft ^u ^'^ffcn, liclud ich die Boote noch außerdem mit einer Qnantität Getreide, die im l^au^n hundert IlrdcpI (etwas nbcr 4<)<» Vuschel^) betrug. Ich hatte Anstalt getroffen, das; die Boote emundyvanzig Esel, vier Kamcelc nud vier Pferde mitnahmen; diese sollten mich, wie ich hoffte, uou Krügern unabhängig machen, *) I Büschel -. 3,,7 preuß. Quart. Äaler. Der Albert st'yanza. l. Anm. d. Uckers. ual cin dentscher ^iinmermauii, ^obann Schmidt, ^ch hatte ihn srnlier getrosten, während er an den Ufern des ^ettite-slnsses im Basö.^ande Mte, wo er fnr den Lieferanten einer Menagerie in (^nropa von den Arabern lebende Thiere tanste. d'r war ein alisge^cichnrtcr B,'aidmann nnd ein energischer nnd mnthiger Bnrsche, vollkommen gesetzt nnd ehrenhaft, beider! ,,war der ^'eist willig, aber das fleisch war schwach-" ein dnmpser Husten und Ab^elining, von beschlennigtem Athem begleitet, führte ^nngentrantheit herbei. Tag fnr 5ag schwand er iinmcrmehr dahin, und ich bemühte mich, ihn ^u bereden, das^ er eine so gefährliche Neise, wie ich sie vor mir hatte, nicht wagen sollte. tn Arbeiten »nd Vollenden der inannichfachen Anordnnngen, wo er hätte seine >iraft für eine strengere Prüfung sparen sollen. Meine Vorbereitungen schritten mittlre weile for». ,^ch hatte meine ^enle alle iu Uniform geNeidet uud >nit Doppelflinten nnd Vnchsen beniaffnel, ^ch hatte ihnen deu ^iveck meiner Reise llar auseinandergesetzt und er tlärl, das^ so lange sie in meinein Dienste nniren, ilnbedingter Gehorsam geleiftel iverden lnüsse, dast Plnndernng nicht gestattet werde, nnd dasi, bevor sie abreisten, ihre Namen in dem offend lichen Divan einzutragen seien. <3ie versprachen Trene und Forderung dcr Kopfsteuer. ,'ili Ergebenheit; aber eine gröbere Notte von Schurken im ("esichts-llusdruck habe ich nie getroffen, ^edcr erhielt einen fünfmonat-"chm ^ohn im Voraus, und ich gab ihnen ein (Gastmahl, bei Welche,» ftss^i ^nd Trinken im Ucberfluß vorhanden war, nm sie n den Stand zn setzen, die Ncise in guter Saline anzntreten. Wir waren eben zum Aufbrnch bereit, die Vorräthe waren "lle an Bord, die Osel und Pferde eingeschifft, als vom Divau ^tt Officier ankam, um oon nur die Kopfsteuer zu verlangen, welche Musa Pascha/der ("cnemlgonverneur, uenerdings den Anwohnern auferlegt hatte, nnd mich zu benachrichtigen, daß, ^l ^all ich mich weigere, die besagte Steuer, die einen Monats-lohn auf den Kopf betrug, für ^edeu meiner Leute zn bezahlen, er meine Boote in Beschlag nehmen solle. Ich befahl meinem Kapitän, anf jedem der drei Boote die britische flagge aufzu-Wen, sandte dem Negier»ngsbeamten meine Empfehlnng nnd liejz ihm sagen, daß ich weder ein türkischer Unterthan noch ein Handler, sondern ein englischer ^orschungsreisendcr sei, daß ich die ^tener nicht zn bezahlen habe, und daft, wenn irgend ein türkische Beamter mein Boot entere, das unter der britischen '^agge fahre, ich mir die Freiheit nehmen werde, ihn über Bord zu werfen. Diese Ankündigung erschien so praktisch, daß der Beamte eiligst abging, während ich meine ^cute an Bord mar., schireu ließ und der Bootsmannschaft befahl, sich znr Abfahrt bkrm zu machen. Eben in diesem Augenblicke kam ein Negie-rungsfahrzeug aus reinem Zufall nnter ^egcl schnell den ,Mß herab und krachte anf die plnmpste Weise gerade nnter nns hinein. 5>a anf meinem Boote, das zur Abfahrt bereit stand, dte Ruder an ihre Plätze gebnnden waren, so wurden dieselben burch das andere Fahrzeug in Stücke zerbrochen, letzteres aber wurde, indem eä ein anderes meiner Boote, das dicht darunter stand, ansegelte, festgestellt. Der Nets oder Kapitän des Ne- giernngsbootes, das den Schaden angerichtet hatte, weit ent- 3* It» Ein liebenswürdiger Knabe, fernt, sich ^u eutschuldigeu, fing an auf das gemeinste zu schimpfen und weigerte sich, für die Ruder, welche er Erbrochen hatte, andere zu geben. Abzufahren n.»ar ohne Nuder unmöglich, und da Wischen meiner Mannschaft nnd drin Negierungs-boote ein heftiger Wortwechsel fortgeführt nuirde, so mußte mau nothwendig handgemein weiden. I>r Ne'l's des Ncgierungs-bootes war ein riesenhafter schwarzer, ein Tokruri (Eingeborener von Darfur), der im Vertrauen am seine starte ^eden aufforderte, liu Bord zli kommen, aber ohne daß einer meiner (Gefährten der Einladung folgte. 5ie llnvcrschämtheit der tür-tischen Negiernngobemuten ist unbeschreiblich — meine Nuder waren zerbrochen, nnd diese Beschimpfung war der (s'rsal) dafür' ich trat daher rasch an Bord, warf einige Kerle auf die Leite und sah mich dann genöthigt, nut dem Kapitän zu einer physikalischen Auseinandersetzung zn tommen, die mit der Lieferung der Nuder endigte. Das Ufer de5 ^iufse^ war gedrängt voll Mrnscheu; Manche waren bloße Müßiggänger, die durch den ^ärm der Abfahrt herbeigezogen wurden, Andere die freunde und verwandten meiner Vente, die gekommen wareu, um ein letztes Lebewohl ^> sagen, nebst uielen grauen, die sich ein-gefuuden halten, u»> da>) arabische Abschiedsgeschrri zu erheben, winter Ailderen war eilt schlanker, liederlich aussehender Mensch da, der übermäßig betrunken war nnd ungeheuern ^ärm machte; er zankte sich mit einer ,^-rau, die ihn ^urück^uhalten versuchte, während er darauf bestand, er müfse mit einem kleinen Knaben, Namens Osmkn, sprechen, und erklärte, daß derselbe mich nicht begleiten dürfe, wenn er ihm nicht einen Thaler gave, damit er etwas ^n trinken bekomme. 'iT'smmi war ein schlauer arabischer Knabe vou ;wölf fahren, den ich als einen der Heltdiener mit angenommen hatie, und der betruukene Araber war sein Vater, der von seinem <3ohne, ehe er abreiste, etwas <^rld erpressen wollte; aber der Knabe Osnum zeigte seine kindliche ^icbe anf Die Abreise. Z7 eme höchst rührende Weise; er lief in die Kajüte, holte eitle gewaltige Flnßpferdpeitsche und bat mich, seinen Pater von ihm dreschen ;n lassen, „oder er werde nie mitgehen." Wir stießen ab, ohne das Verlaufen dieses liebenswürdigen Knaben zu gewähren; die drei Fahrzeuge ruderten in die Mitte des Flusses und hißten die'Segel auf; ein günstiger Wind und starke Strömung führten uns rasch den Fluß hinab; die englischen Flaggen flatterten lustig ans den Masten, und mitten unter freudigen Abschiedsrufen und dem Gerassel des Mnsketenfeuers fuhren wir fort, nach den Quellen des Nil hin. Als wir an dem Dampfer vorbeisegelten, der den holländischen Damen Frau van Kapellan und ihrer rei^euden Tochter Fräulein Tinn6 gehörte, lU'üßtt'n wir dieselben mit einer Salue und nuterhielten ein gegenseitiges Wehen mit Taschentüchern, bis wir uns nicht mehr sehen tonuten. Wir dachten weuig daran, daß wir diesen freund lichen (Gestalten nie wieder begegnen würden, nnd daß fast die ssau^e Gesellschaft eiu so furchtbares Verhängniß umhüllen werde. *) (s's war der l<^. December 18l)!?, eiu Dounerstag, unch arabischem Aberglauben einer der glücklichsten Tage ;um Antritt einer Reise. In wenigen Minuten erreichten wir den sMeu Winkel au der Vereinignngsstclle des weißeu uud blaueu ^>il, um welchen wir uus scharf herumwenden mnßten, um in den weißen Nil hineinzukommen. Der Wind blies start, und als wir nm die Spitze herumbogen, verlor eine der Noggor ihre Segelstange, die auf das Verdeck fiel nnd zerbrach, glücklicherweise ohne die Mannschaft oder die Esel zn beschädigen. Da die Seg'elstange gegen hundert Fuß lang war, so war es eine *) Die ganze Reisegesellschaft, Fräulein Timu> ausgenommen, starb aus dem weißen Nil am Fickcr, Die Opfer des verhängnißvollcu KümaS von Zentral-Asrita waren die Frau Baronin van Capellan, ihre Schwester, Mcl holländische Dienstmädchen, !>,-. Steubner u»d Signer liomarini. ?iH Untcrbrechumi der ^>ibrt. verwickelte Sache, sie wieder zusammcnzufügcu; es trat daher in der Abfahrt eine Verzögerung ein, die mein abergläubisches befolge als eine böse Vorbedeutung ansah, Die Reise den weisen Nil hinanf theile ich hier wörtlich auv ineinein Tagebuch mit. Freitag, den 19. December. - Bei Tagesanbruch ließ ich den Mast herunternehmen und das ganze 5atelwert ausschiffeu; wir mußten hart arbeiten, um die Segelstauge zu-sammenzufügen. Die Vtannschaft wünschte natürlich, ihre freunde in Khartum zn besnchen. ^ch gab strengen Befehl, daß Nie-mand die Boote verlassen sollte. C'in Pferdeknecht machte sich vor Tagesanbruch heimlich davon; ich schickte ihm nach. . Die Vereinign ngsstelle der beiden Nile ist eine ungeheure fläche, die sich so weil erstreckt, als das Auge reicht; der weiße Nil allein ist etwas oberhalb der Spitze gegen zwei englische Meilen breit. Saati, mein Wekil, *) ist als Hanut am Bord der einen Noggor, Johann am Bord der andern, während ich, der ich mich auf der DahaM befinde, glaube, daß man für alle Thiere gut sorgen werde. Zch bin sehr besorgt um Johann's (Gesundheitszustand; der arme Mensch ist uur uoch Haut und Knochen, und ich fürchte, daß seine ^ungeu angegriffen sind; er hat heute wieder Fieber; ich habe ihm Chinin und ^ciu ge schickt n. s. w. Den 20. December. — Der gan^e gestrige Tag wurde zur Znsammenfügnng der Segelstangc, zur Ausbesserung des Mastes uud ;um Wiederauftafelu verweudet. Um ,^ Uhr W Mi-nuteu Vorinitlags taiuen wir mit einer starten Brise fort. Die Dahabiß war schauderhaft leck. Der ,,Vaum" oder Sammelplatz für alle Voote, wenn man eiue Reise auf dem weißen Nil antritt, besteht aus drei großen Mimosen etwa vier englische Meilen r>om VereiuiguugspnnNe der beiden Flüsse. Der Nil «) Oberaufichcr odcr StcllucMctcl,-. Der Knabe Osmim. .'^ lft an dieser Stelle ungefähr ^ivci englische ^Vceilen lneil l,at lodte flache Ufer — aus dem westlicheil Ufer Mimosen. Meine beide» Kajütentnaben sind sedr nüylich, und Osmän's schallendes Gelächter und beständige Unverschämtheit gegen die Schiffsmannschaft und die Soldaten erhält 5/eben auf dem Boote; — er ist l'w prächtiger Einige, ein vollkommen^' <^afsenbnbe, nnd da er uon Profession ein Schneider, so ist er sehr branchbar — dies war der Grund, weshalb sein Vater ihn znrückbehalten wollte, ^le Pferde nnd (^sel befinden sich nnf den booten recht behag-^'ch- Um 1 Uhr Nachmittags passirtcn n>ir (^ebel Onli, einen kleinen Hügel auf dem südlichen Ufer. — d'ours Süd-West^Süd. Um « Uhr :w Minuten Nachmittags erreichten wir Get<>n<'>, ein kleines Dorf gemischter Araber auf dem östlichen Ufer wir ankerten. Den 21. December. — Den gangen Tag beschäftigt, bie Verdecke zu reinigen, die Schiffe zn kalfatern nnd anf den "vggor ^!^^ fs^, ^,i^' Kameele zn machen, da dies das Dorf ^, nach welchen« ich zwei ^ente vorausgeschickt hatte, um Ka-»neele auszusuchen nnd bei meiner Antnnst in Bereitschaft zn halten. Statt der Kamecle haben sich die ^ente Schätzchen aus-Nksnchi; i(l) „uist deshalb morgen hier bleiben, da dies der „Suq" oder Markttag ist, wo ich meine Kameeie nnd Milchziegen ein kaufen werde. Die Ufer des Flusses sind sehr uninteressant, stach, öde nnd mit Mimosagebüsch besetzt. Der Boden ist nicht io fett, wie an den Ufern des blanen Nil — die Dhurra (Getreide) bleibt tlein. Der Nil ist bis zu diesem Pnntte herauf volle zwei Meilen breit, nnd das seichen des Hochwasserstandes befindet sich uichl mehr als fünf ,^-nß über dem gegenwärtigen ^tiuean. Die Ufer neige», sich allmälig wie die Sandbänke zur Zeit des niedrigen Wafserstandes in England, nnd sind den senkrechten Ufern des blanen Nil ganz nnähnlich. Ich bin mit Vüchsenmacherarbeit beschäftigt. Die Nächte und Morgen sind 4s> Aenderung in der Gesinmmq der ^euk>. jetzt tali, die Temperatur beträgt l!<» bis 62" ssahrenh. Johann macht mir viel Sorge; ich fürchte sel,r, daß er sich nicht mehr lange halten kann, wenn nicht einc plötzliche Besserung eintritt. Den 22. December. — Ich suchte ^wei schöne Kameele anü nnd schiffte dieselben in Schlingen mit einiger Schwierigkeit ein; kaufte vier Ochsen, jeden für nenn Her>as (:» Thaler); die Mannschaft machte sich ein Vera.mia.en daraus, die Ochsen ^n schlachten nnd das fleisch ^nr Neise .^u trocknen. Ich kaufte ferner vier Milchziegen für je nenn Pence (7 Sgr. tt Pf.) und schaffte einen großen Vorrath Dhurrastroh für die Thiere an. Dann brachte ich alle meine Leute an Bord und segelte um 4 Uhr U) Minuten Nachmittags ab; Cours gerade West; Aenderung abgerechnet. Meine ^eute habe ich bereits ans Wölfen ;li dämmern gemacht, und ich möchte die übertriebenen Acte der Meuterei sehen, welche die Händler als Sündenböcke hinstellen, um ihre schcnßlichen Verbrechen auf die Schultern der Veule ^, legen. Manche Schriftsteller glauben, daß persönliche Starte für emeu Reiseudeu unnöthig sei. Ich taun denselben uicht bei stimmen. In jenen ^ünderil der Wilden trägt sie wesentlich ;um Gelingen einer Expedition bei, vorausgesetzt, daft sie mit freund lichkeit, Gerechtigkeit uud fester Eittschlosfeuheit verbunden ist. Nichts macht auf die Wilde» einen so gewaltigen Eindruck, als die Macht, ^n strafen und ;n belolmen. Ob sich dieser Satz ansschlichlich anf Wilde anwenden laßt, weiß ich nicht, lim !1 Uhr Nachmittags kam ich in Wat SclMl) an. Den 2li. December. -- Der arme Johann ist selir trank. Ich kaufte zwei Kameele nnd schiffte sie in aller Ord nnng ein. Der Martt in diesem elenden Dorfe ist eben so ärmlich wie der in <^etün^. Der ^luß ist ungefähr anderthalb Meilen breit uud mit Mimosen umsäumt. Das Vand ist tobt uud flach, der Boden sel,r sandig' iu der Nähe des Dorfes viel Feldbau, aber die Dhnrra von dürfuger Beschaffcuheit. Im Charakter des Flusses. 41 Müsse sah ich viele Flußpferde. Ich bedaure sehr, daft ich Johann erlaubte, mich von Khartum her zu beaMeu; ich bin überzeugt, er fanu sich von seiuem gegenwärtigen Zustande nie wieder erholen. Den 24. December. — Gestern segelte ich um 4 Uhr " Minuten Nachmittag ab; Cours Süd. Diesen Morgen sind wir auf der Höhe des am westlichen Ufer liegenden Vägära-Bandes. Todte flächen mit Mimosen; viele der Bäume wachen im Wasser; der Fluß ist im Allgemeinen seicht und enthält eme große Anzahl abgestorbener Baumstnmmel. Mit meinen " beuten bin ich glücklich gewesen; als ich Wat SctMy verließ, war nur ein (winziger betrunlen; wir schafften ihu mit (Gewalt an ^ord. Um 2 Uhr 20 Minuten Nachmittags fuhreu wir an der vfnsel Hasslinie vorüber; das ^and zeigt die gewöhnlichen mit Mimosen bedeckten Flächen. Das Zeichen des Hochwassers an den Stämmen dieser Bäume ist drei Fnß über dem gegenwär-"^en Niveau des Flusses; da es nun vom ^anoe nach dem ^^usse ;n f^ine llfer giebt, so muß während der nassen ^ahres-^!t eine nnermcßliche Strecke Bandes unter Wasser gesetzt wer-^'> 5as Wasser wird sich in ungefähr zwei Monaten zurückgehen, wo dann die Umgegend des Misses sich mit Eingebe ^uen und ihren Heerden gedrängt anfüllen wird. Die Eingeborenen dieser legenden sind säinmtlich Araber; der Bagüra. ^lanun wohnt anf dem westlichen llfer. Zn Wat ^ch<>ly ta 'l'rn einige Vente dieses Stammes an Bord, um il>re Dienste ^l2 ^clauenjäger anznbieten; dieses offene Anerbieten bestätigte d«e allgemeine (Gewohnheit aller Fahrzeuge, die auf dem weißen Ail Handel treiben. Den 2l>. December. — Der Totrnritnabe Saat ist sehr liebenswürdig; er ruft täglich alle Diener herbei, nm ^u^ lammen die Ueberbleibsel von unserem tische zu essen; da er aber so weit in der Civilisation vorgeschritten ist, so wird er mil 42 Schwimmende Inseln. einem ungeheuer» Toffel bewaffnet, und da er einen Mund wie ein Krokodil hat, so behauptet er über die anderen Mitglieder der Gesellschaft, welche die Suppe in der Weise essen, daß sie mit den /vingern >t1öras (Pfannlucheu) in dirsrlbc eintauchen, eine fürchterliche Ueberlegenheit. Saat sitzt unter seinen eingeladenen Msten, arbeitet mit seiuem Büffel drauf los wie ein ^chöpfrad und bekommt einen geivaltigen Stoß, bei welchem die Suppe verschwindei wie Wasser in der Wüfte. Den größeren Theil des Tages herrscht völlige Windstille; der ,vlnß ist mit Mimosen ^ Wald nmsanmt. Dies sind die Snntbüume (^.caci» arMcg), die ein vortreffliches Tannin liefern- ;ur Bereitung desselben wird die frucht, „Mrra/' benntzt, ans der man eine prächtige branne ^arbe gewinnt; ich ließ init dieser „O'arra" in Khartnm alle meine Kleider und die Uniformen meiner Vente färben, ^ie Bäunle sind ungefähr achtzehn .^oll iin Durchmesser und fünfunddreißig ,vuß hoch. Wenn sie in vollem ^aubc stehen, gewähren sie aus der ^erne einen gnten Anblick, kommt »tan aber näher heran, so sieht man, daß der Wald ein trostloser, vollständig überschwemmter Sumpf ist; ans dem stagmrenden Wasser ragen eine Masse umgefallene abgestorbene Bäume hervor, hier und da sitzt ein einsamer Kranich auf den verfaulten Zweigen; zwischen den verfunlenen Stämmen und Aesten Hüngen in der Regel treibende Wasserpflanzen, massenweise auf einander gehäuft und grüne schwimmende Inseln bildend; dann und wann tom^ men dieselben mil dem trägen Stromc langsam herabgetneben, gespensterähnlich Störche tragend, die so ans ^lößeu der Natur aus unbekannten rändern eine Reise machen. d'Z ist eine vom Fieber heimgesuchte Wildniß die Strömung betrügt nicht über eine Viertelmeile in der Stunde — das Wasser ha: eine ^arbe wie eine englische Pferdeschwemme' — ein Himmel für Mosqui-tos, für den Menschen eine dumpfige Hölle, .^nm <^lück war jetzt die talte Jahreszeit, wo die geflügelten Plagegeister ab- Pflanzenwelt im Flusse. 43 wesend waren. .Das Land jenseit der überschwemmten Mimo-senwülder hat den gewöhnlichen sandigen Charakter, mit dornigem Kittnrgebnsch. Ich sah einige Antilopen, machte in einem schrecklichen Sumpfe halt, nm Brennholz zu sammeln, ankerte des Nachts bei völliger Windstille ganz draußen im M,ssc, nm der ans dem versumpften Walde sich verbreitenden Malaria zu entgehen. Dies ist eine Vorsichtsmaßregel, welche die Mannschaft vernachlässigen wollte, in ,volge dessen meine Orpedition hätte leiden können. - So verging der erste Wrihnachwtag! Den W. December. - liegen !i Uhr Vormittags gnu Brise; das Segel wird beigesetzt. M habe in diesen, Theile Afrikas nie einen dichten Nebel gesehen; obgleich die Umgegend des Flusses snmpfig ist, so ist doch am Morgen nnd Abend die ^nft rein. Schwimmende Inseln von Wasserpflanzen sind jetzt sehr zahlreich. Es giebt hier eine Pflanze ^I'iktia «ti-ntil»-t«8 I^.), die einem kleinen Kohlkopf einigermassen ahnlich ist nnd allein anf dem Wasser treibt, bis sie einen Kameraden trifft-diese vereinigen sich dann, werben, je weiter sie schwimmen, immer mehr an und bilden unter Umständen Massen von vieleil Tausenden, die sich mit andere» Arten von Wasserpflanzen nnd Treibholz verwickeln, bis sie endlich schwimmende Znseln bilden. Wir sahen viele ,^lußvferde; nm l> Uhr !''Minuten Vormittage wurde der llriue Hügel im Dinka ^ande vom Masttop aus ge sehen;'die Brise ist leicht, aber stetig; die lifer des Flusses haben hohes l^ras nud Mimosen, aber keinen Wald wie früher. Die Wasserlilien stehen in voller Blüthe; sie sind weiß, aber größer als die europäische Spielart. Am Abend singe», und trommeln das Schifssvolk und die Soldaten. 5 e n 27. Deccmbe r. ^ Die ganze Nacht starker Wind. Um !i Uhr W Minuieu VoriuittagI n>ard der Dinker Hügel passirt. Wir sahen uns genöthigt, das Segel zu bergen, weil es das Vordertheil des Fahrzeugs verdeckte und wir viel Wasser 44 Ambntschcholz. an Bord bekamen; schwanken vor Top lind Takel dahin, etwa fünf englische Meilen in der Stnnde. Die wahren Ufer des Flusses sind gegen fünfzehnhundert Fuß vom wirklichen Strome entfernt; dieser Hivischenraum besteht aus einer Masse von schwimmenden Wasserpflau^eu, abgestorbenem Pflanzenstoff nnd einem hoheu schilfartigem Gras, das sehr dem Zuckerrohr ssleicht; das letztere ist ein vortreffliches Futter für nieine Thiere. Cs giebt hier viele sehr interessante Wasserpflanzen und gros;e Quantitäten Ambatsch Holz s^mnuon« miradili^). Dieses Holz, das ein geringeres specifisches (Gewicht als Kort hat, wird in ' der Negel zu flößen benutzt; in der jetzigen Jahreszeit steht es in voller '-Muthe; seine hellgelben Blumen beleben die traurigen sümpfe. Von deu schwimmenden Inseln verschaffte ich mir sehr schöne (^remplare einer Spielart von ttelix garten-schnecke^. Au dieser Stelle ist der Fluß 4'M) Fuß bis eine englische Meile breit; das Vand, flach und uninteressant, besteht aus den gewöhnlichen zerstreuten Dornbüschen nnd dürren Ebenen; das einzige wirkliche Nutzholz ist anf die Ufer des Flusses beschränkt. Cours, immer Süd mit weuigeu Windungen, Mein ^onchebad giebt eine gntc Pinasse, um aus dem Fahrzeug an's ^and ^u gehen. Um 4 Uhr 20 Minuten Nachmittags verlor eine der Noggor ihre Segelstauge, — es war dasselbe Boot, das bei der Abreise der Unfall traf; wir braßten auf den Wind nnd fuhren dicht an's Ufer, um sie wieder herzustellen. Hier trat eine Verzögerung ein; ich arbeitete eigenhändig bis 9 Uhr Nachmittags, splißte die Segelstange, band sie mit Nhi-noceros-Niemen lind verwahrte die gan;e Splissnng mil roher Stierhaut. Ich stellte Schildwachen aus — zwei anf jedem Boote und zwei am Ufer. Den 255. December. — Mit Tagesanbruch bei der Arbeit. Ich vollendete die Wiederherstellung der Srgelstange, die schmählich fehlerhaft ist, und latVUe den Mast wieder ;n. Johann's Krankheit. 4s, Der arme Johann wird sterben, ich fürchte sehr. Sein Körper scheint sich ganz aufzulösen; er ist taub geworden, und c,s sind alle Symptome des Abstcrbcns da. ^ä) hnbe Alles für ihn N«han, was ich tonnte; aber seine Reift durch dieses ^eben ist säst vorüber. Das Schiff war in Ordnung, und nm 2 Uhr >>> ^linnlen Nachmittags segelten alle zusammen ab. Starker -Ilordwind. Während wir nnscrn Schaden ausbesserten, fuhren ^wel von Khartnin kommende Fahrzeuge an nns uornber. ^ch brachte die nle Arbeit an zwei Seilen, die abwechselnd an day vor dem Boole stehende hohe (^r einer ^njel an der Schillukseite auf den Wind, schleppten das Wrack an's Valid und versammelten alle Boote, Hum Muck ist dort Bauholz zur Hand; ich liest daher zum Mast einen Baum fällen und machte Alles bereit, um morgeu die Reparatur zu beginnen. Der arme Johann liegt, wie ich gefürchtet hatte, im Sterben; er blutet aus den Lungen und Johann's Tod. 47 steht im letzten Stadium der Erschöpfung, ^ch stellte sechs Schildwachen aus. Den 30. December. — Johann befindet sich in einem dem Tode nahen Zustande, hat aber noch Empfindung. 5er arme Vl"ensch! Seine gangen Hoffnuugrn, in meinem Dienste ^'ld ^, sparen llnd nach Baiern zurückzukehren, sind verloren. >ich saß einige Stunden lang an seinem Bette; es war lein strahl von Hoffnung vorhanden - er tonnte kaum noch sprechen, und die fliegen liefen über seine glasirten AugäM'l, ohne daß er es wusttc. Während ich ihm sanft Glicht llnd Hände badete, fragte ich ihn, ob ich seinen Angehörigen irgend eine Nachricht zustellen könnte. Er sagte mu matter Stimme! ,,Ich bin auf den Tod vorbereitet; ich habe weder Eltern noch Verwandte; aber es giebt eine Person ^ sie —" er stammelte. Er tonnte seinen Sah nicht zu Ende bringen, aber seine letzten Gedanken waren bei einem Wesen, das er liebte; weit, weit hinweg ans diesem wilden und eleudeu ^andr ward sein Geist hinnbergc tragen nach seinem Heimathsdorfe und ;u dem Gegenstände, der 'hm das ^eben theuer machte, Ueberlicf sie nicht in jenem traurigen Augenblicke, wo er verschied, ein Schauer, eine frostige Mahnung? ^ch drückte ihm die kalte Hand und fragte nach ihrem Nameu. Er sammelte seiue letzte Krnfl >lnd murmelte i "Krombach"*)... „Es bleibt nur ;u sterben." ,,^ch bin sehr dantbar.^ Dies waren die letzten Worte, die er sprach i ,,Ich bin schr dankbar." Ich starrte tnmmeruoll auf seine abgezehrte Gestalt und auf die jetzt kraftlose Hand, die in den Tagen ihrer Starte manchen Elephanten lind ^öwen niedergestreckt hatte; auf seiner Stirn lag dick der kalte Todesschweift, Obgleich der Puls uoch uicht ruhte, Johann war verloren. Den žz!. December. — Johann starb, ^ch machte ^) Krombach war nur der Name scincs Geburtsdorfes iu Baiern, 48 Neujahr. eigenhändig cm großes Kren,^ aus dein Staiume eines Tama-rindenbaumcs, nnd bei Hiondlicht legten wir ihn ail dieser einsamen Stätte in sein <>5rab, ' „Kein nnftloscr sar^ sciiio Brust nmhcgt, ^liicht ili'ö Leichentuch ward cr ^cwundcn; In dell Mantel gehüllt ward er in's Grab gelegt. Wie ein Pilger, der Ruhe qcwndcn." ") Das ist ein trauriger Anfang der Reise. Der ariue Mensch! Ich that Alles für ihn, wao ich tounle, wenn es auch mir weilig war; nnd viel pariere Hände 0I5 die mcinigen reichten ihm seme letzten Bedürfnisse. Dieses trübe Ereignis? schließt daQ Jahr >tts^. Um «^ Uhr M) Minuten Nachnlittags srtzleil lr>ir die Segel bei; die Reparatur des Schiffe war vollende«. 18l>>, den l. Mannar, ? Uhr Vormittags. — Durch schwermüthige Gedanten am Schlafe gehindert, habe ich den Eintritt des neuen Jahres wachend erwartet, ^ch dante l^ott für seinen Segen im vergangenen Jahre; möge er nno ans dem vor uns liegenden nnbetretcncn Pfade leiten! Wir tamen im Dorfe Mahomed Her's im Schillutlande an. Dieser Mann ist ein geborener Dongolese, der, nachdem er ein Abentenrer des weißen Nil geworden war, sich nnier dem ^chillntstamme mit einer Nünberbailde niederließ nnd der Erz-sclauennlacher des Nil ist. Das ^!and bildet wie gewöhnlich eine todte Fläche; anf dem westlichen Ufer liegen viele, infolge von Mahomed Her's Plunder,mg gnn; verlassene Schillnkdörfer. Dieser Mensch inaßt sich jetzt das Territorialrecht an und er-bietet sich, der ägyptischen Regierung Tribut zn zahlen, wirft also dem Cerberus einen Bissen hin, um Intervention ^u vermeiden. Cours Süd West. Der ^-luß mit freiem Wasser ist nn. *) Char los Wulf: The Burial of Sir John Moore. Anm. d. Uebers. Schillukdörfer. 4's weht eine schöne Brise, aber wir sind genöthigt, auf das unglückliche Boot zn warten. Das Land besteht ans den gewöhnlichen flache»,, u,»ansprechenden Marschm. Auf dein festen Vande nach Westen hin liegen Schillut'-börfer in großer Anzahl, (^'s ist wahrhaftig eine angenehme Reise: ekelhafte nackte Wilde, ewige von Mo?>q»it05 wimmelnde Marschen, und dan ganze ^and jedeo allgrmeinelt ?1ieizes nnd jeder Schönheit beraubt. Cours den gangen 3ag West. Anf dein östlichen Ufer sahen wir Giraffen lind einen einzigen Strauß. Anf dem westlichen Ufer steht die volle Tagereise hindnrch eine regelmäßige Reihe von Dörfern, eine halbe englische Meile voll einander entfernt; das ^aiid ist sehr dicht bevölkert. Die Hütten sind von Schlamm gebant, mit Stroh gedeckt und haben einen ^'lir kleinen d'ingang — sie gleichen Knopfpilzcn. DicSchilluts sind wohlhabend; dnrch ihr Vand hin schwärmen nngehenrc ^iehheerden. Die (Angeborenen befahren ihren ,vluß in zwei 'lrici von Canoes — eine derselben ist eine sonderbare Ver-einignng voli ,vloß nnd (^'anoe lind n'ird ans dem Ambatsch-holzc gcbant, welches so leicht ist, daß die ganze Geschichte sich tragen läßt. Der Ambatsch ^Vn^monli mil'adili«) ist selten größer al^. der ^eib eineo Viaiines, tind da er natürlich in eine Spitze anslänft, so lassen sich die (. /^ a >i il a r. - Vftichdem dieSegclstaiigc der „Mnmsy" »lit Rhiuocero^haiit gcbliiiden worden ist, hält sie glücklicherweise zusammen, obgleich sie gesprungen ist. Wir machten diesen Morgen am östlichen Ufcr Hall und sammelleii mlcn Vorrath an Holz. 50 Der Eoblitstwm. Auf dem westliche» Ufer standen wie gestern während der ganzen Tagereise Schillutdürfer, alle eiue halbe englische Meile uon einander entfernt. Ein Dorf lag zwischen einem dichten Hain der Dolape^Palmen hart am Flusse. Die Eingeborenen liefen aus Furcht vor unseren Booten dauon; ebenso die Fischer, die aus kleinen Fischständen zwischen dem Schilfe Fische harpnnirten. Das Land wie gewöhnlich todtes Mchland, und auf dem östlichen Ufer, auf welcher Seite ich nichts sah, was auf Ein wohuer hindeutete, sehr sumpfig. Eours oieseu Morgcu Süd. Um 12 Uhr 40 Miuuten Nachmittags gelangten wir an die Einmündung des Flusses Sobat, führe» etwa eine halbe Meile in diesen Fluß hinein und ankerten au der stelle, wo die Türken früher ei» Vager errichtet hatten. Es war kein einziger Baum ;u sehen, sondern, so weit das Auge reichte, todte Prairie uud Marschflächeu. Der Sobat ist uicht breiter als WO Fuß. Ich maß die Stromgcschwiudigkeit, indem ich einen Kürbis schwimmen ließ; derselbe legte in l 12 Secunden ^90 Fuß zurück, wonach auf eilte Stunde etwa dritthalb Meilen kommen. Das Wasser ist von einer weit besseren Beschaffenheit als das des weißen Nil; — dies läßt uermuthen, daß es seincu Ursprung im Gebirge hat. Cours den Sobnt aufwärts Süd, 25" Ost. Cours deu weißen Nil aufwärw uon der Sobatmündung ans West, 2" Nord. Den 4. Fannar. — Durch ^eoliachtung der Mittagshöhe der Sonne bestimme ich die geographische Vage der Sobat^ mündung auf !>" 2l' l4" nürdl. Breite. Wir sind eifrig be schaftigt, die Segelstangc der „Elumsy" zu bcwangcn und Segel auszubessern. Die Kameele lind Esel befinden sich alle wohl — schönes (^ras ist in Fülle vorhanden — wir machen einen guteu Vorrath an Heu. Mein Reis und die Bootsmanuschaft erzählten mir, daß der Sobat, wen» man einige Tagereisen weit von seiner Mündung in denselben hineinsegele, sich in sieben (5hlN'M'r dos Eolmt, 51 Ariue theile, die alle seicht seien und eine reißende Strömung hätten. Die 11m sind flach und jetzt ganz voll Wasser. Obgleich das Wasser volltoiitnie», tlar ist nnd der Flnß keinen Änschmi von Hochwasser hat, so kommen doch beständig Massen uon Uukraut den ^trom herabgeschnwmmen, als wären sie von ^ergjtrönn'n aus ihren Betten fortgerissen, l^iner niciner Vente lst an dein fernsten schiffbaren Punkte des Flusses gewesen;, ^' behauptet, daß derselbe dnrch uicle Gebirgsströine gespeist werde nnd beim Anfhören der Negcn sehr reibend ansstrüine. Ich tiefte den ,^lnst an m'clen Stellen an; die Tiefe änderte, sich unr wenig, von siebennndzwanzig bis achtnudzwanzig Fuß. llin " Uhr Nachmiltags gingen wir mit einer leichten Brise nnter ^cgcl und glitten anf dem todten Gaffer des weißen )til dahin, ^'s war Vollmond — day Wasser eiitem Spiegel gleich, das Vand cine einige nngehenre nild scheinbar grenzenlose Marsch — dcr^wß ^liua eine Meile breit nnd mehr oder weniger mit schwimmenden Pstan^m bedeckt. Die Nacht war todtenstill; durch die Boote beunruhigt, bellten Hnndc in den fernen Dörfern und schnarche teil Flußpfcrdheerden nach allen Richtungen hin. (5onrs West. Den l>. Januar. — Scharfe Brise, so stark, als wir nur fahren tonnen; die Boote durchlanfen in der Stunde acht bis ueun englische Meilen; — keine Strömung bemerkbar; uuge-hcure Marschen; das freie Wasser des Flusses, uicht mehr als 45l) ,^-uß breit, bildet eiueu Kaual durch die große Strecke Wassergras, das hohem Zuckerrohr gleicht und die wahre Aus' dehnuug deo Flusses verbirgt. l>''twa sechs Meilen westlich von der Eobatmnndling ist anf der Nordseite des Flusses eiuc Arl Stauwasser, das sich nach Norden hin mehrere Boowtagereiseu weit wie eiu See erstreckt: es verliert sich jedcufalls iu üitegionen von hohem (^ras nnd Niarscheu; iu der nassen Jahreszeit bildet es einen großrn See. N'ach Viorden, 20" westlich, liegt ein Hügel in solcher Fcrne, daß man ihn kaum erkennen kann. 45 52 V«hr Giraffe. — Vahr cl «n^al. Der Vahr (Giraffe ist cm Ncincr ^lnß, dcr auf den, südlichen Ufer zwischen dcm ^obnt lind Bahr el <"a^al iit dcil Nil eintritt - mein 3tcls (Diabb) sagt mir, es sci nur cin aus dem Eliablande tomtilcndcr Arm vom weißen Nil, lein sclbststän-oiger ^luß. (^'onrs West, 10" Nord; die Strolngcschim'ndigtcit etwa einc Meilc in der stunde, So wcit das Auge reicht, Marschen und Ambatsch. Um l> Uhr 40 Miimteil Nachimttaqs erreichten wir den Bahr cl ("a^al; die Müntmnss hat das Ansehen eines ^ccs von etnia drei Meilen Väna.c nnd einer Meile Breite, dessen l^rösi'e sich je nach dcn Jahreszeiten ändert. Obgleich die User voll find, so ist doch uom Vahr el l^al her dnrchaus keine Strömnnli vorhanden, nnd der ^lnß sieht ans wie cin vom Nil gebildetes ^tauwasser. Da das Wasser frei nnd vollkommen todt ist, so würde, wenn die Cristen^ des Bahr cl <>5azal nicht bekannt wäre, cin ^remdn- sich einbilden, e5 sei ein Austreten des Nil. Der Vahr cl Ga^al richtet sich von diescm Pnntte ans eine große Ctrecke weit gcradc naä) Westen; der gan^c ,vlliß ist cin System von Marschen, stagmrendes Wasser, da5 von Vinsrn lind Ambatschssehölz überwachsen ist, dlirch ivclche^ erst ein Kanal gelichtet werden mnß, um die Durchfahrt eines Bootes zn gestatten, ^niu Nil herab lann ans diesen» ,vlufsc wenig oder tein Wasser gelangen, sonst würdc an dcr Miindnng eine wenn anck) nur geringfügige ^lrömnng stattfinden. Dcr Nil hat, indem cr ploylich nm dcn Wiilkcl hcrnmschießt, der seinen Vans ab-wärts aus der nördlichen Richtung in cinc östlichc vcrwaitdclt, eine Ttromgeschioiudigkcit von etwa anderthalb Mcilcn in dcr Stunde. Die Breite seines Wassern beträgt an dieser ^trllc nicht nber M> Fnß; aber die wirllichc Allsbehnung des ^lnsscs ^n bcftimmcn, ist lnlnlöglich, da dicsclbr durch Scliils ocrborgcn VeobachtmW'N. / s>.^ wird, ,nil welchem dab Vand bio an dm Horizont völlig bedeckt ist. Während der ivriße ')iil uou der Sobat- bis zur Bahr el ^'nzal-Mündnng aufwärts eiuc westliche, M" nördliche ^itich^ tung hat, bei einer Abweichung der Magnetnadel !<)" westlich, so wendet ev sich jetzt plötzlich nach Süden !<>" östlich. Nach !>m Berichten der Eingeborenen ist an diesem Punkte eine große Strecke Seelandschaft. Die allgemeine Erscheinung des Bandes bezeichnet eine ungeheure Ebene mit unbedeutenden Einsenknn ssen; letztere bilden während der nassen Jahreszeit alisgedehnte Seen nnd während der trockenen Witterung halb aufgetrocknete Marschen; daher tönneu von Reisenden je nach den Jahreszeiten, in welchen sie das ^and niitcrsuchen, widersprechende Beuchte über dasselbe gegeben werden. Es ist nichts vorhanden, was ans große beständige Seen hindeutete; überall sind ui^ Nrhrnn Massen von Wasserpflanzen und eine Vegetation, die sowohl m,e nasse als trockene Jahreszeit verlangt! aber große strecken tiefen Wassers giebt es nicht. Der See an der Mün-dllng des Bahr el l^azal ist nach Sondirungen an verschiedenen Stcllcn sicben bis nenn Fuß tief. Das kleine (^schwadcr ist vor Antrr gelegt, da ich hier auf zu machende Bcobachtnngcn wartt, ^ch hatte die Segclstange der „Elnmsy" hcrabgeuom-'ueu und untersncht - einen Grasuorrath für die Thiere gemäht. Den Uhr Nachmittags segelten wir ab. Massen der schönen, aber dunkeln Papyrnsbinsc wachsen in dichten Dickichten gegen achtzehn s^uß über das Wasser empor, Ich maß den Durchmesser eines Kopfes oder einer Krone derselben und fand ihn 4 Fns; 1 Zoll. Den 7. Januar. ^ Wir brachen um ii Uhr vormittags auf; Cours Ost 10" Süd; der Wind conträr, nns gerade entgegen; die „Clumsy" nicht in Sicht. Wir sahen »ns genöthigt, die Boote ^u schleppen,-indem wir etwa dreihundert ^uß voraus lange Seile an's ^ras befestigten. Dies ist eine schreckliche Arbeit; die i/eule müssen diese strecke schwimmen, um dan Seil anzulegen, und diejenigen, welche am Bord bleiben, ziehen es nach und nach an und zcrreu so das Mhrzeng gegen den Strom. Nichts geht über die Strapaze und Langweiligkeit dieser Ope-ratiou. Zu ^olge des beständigen ^lrbeiteno im Wasser leiden viele meiner ^eute am Fieber. Die Temperawr ist viel höher, als da wir Khartum verließen; das Vand, wie gewöhnlich, eine einzige ungeheure Marsch. Zn der Nacht genießen wir dir mnl,e Mllsik schnarchender und zwischen dem hoch iiberftlitheten Schilfe spielender Flußpferde und deu Gesang zahlloser Myriaden Mos-quitos — der Nachtigallen des weißen Nil. Mein schwarzer Bursche Nicharn, den ich zum Corporal ernannt hatte, will gern degradirt sein; das Thier ist rein dnrch den 5niuf verdorben. Nachdem er in Khartum iedeu Tag belninlen gewesen lind nun V0N seinem Branntwein sich getrennt sieht, ist er in dnstere Charakter des Bahr el Gazal. ">s) Schwermuth versunken. Er sitzt anf den: Gepäck wie eine kranke Krähe, singt Minuclicder, spielt die Nababa (Guitarre) und raucht den ganzen Tag, außer wenn ev schläft, was dm halben Tag iu Anspruch nimmt; er seufzt immer nach den Merissa-(Vicr-)Töpfcu Aegyvtens. Dieser Mensch ist ein Beleg für die Erfolge der Mission. Er wurde von Kindheit auf iu der österreichische Missiousanstalt erzogen und ist ciu wahres Muster der durchschnittlichen Ergebnisse. Er sagte mir vor eiuigcn Tagen, „er sei kein Christ mehr." Es wachsen hier zwei Spielarten der Winde (Oouvolvuw^); ebenso ein eigenthümlicher Kürbis, der, wenn er trocken und seiner Schale entkleidet ist, eiueu vegetabilischen Schwamm darstellt, der aus eiuem dichten, aber feinen Netzwerk von Maseru besteht; im Mittelpunkte dieses Fascrnetzes sind die Samen enthalten. Die hellgelben Blüthen dcs Ambatsch und eines Van-wes, der einem Bohnenbaum oder Goldregen (<^ÜKU8 ^udur-num I..) gleicht, giebt es iu großer Masse. Mit den Leuteu ist es vollständig aus i ich gab ihneu ein Glas Grog. Die „Elumsi,)" nicht in Sicht. Deu 8. Januar. — Wir warteten die ganze Nacht auf die „Clnmsy". Um 8 Uhr Vormittags erschien sie; der Ncis und mehrere 5/eute erhielten wegeu ihrer Trägheit die Peitsche. Alle drei Fahrzeuge drehten sich jetzt um ciue scharfe Krümmung im Flusse, uud da der Wind dann günstig war, so befanden wir uns bald unter Segel. Das freie Waffer dcs Flusses vom Vahr el Gazal bis zu diesem Punkte ist uicht über ,M> ^uß breit. Der Strom durchläuft iu der Stunde ^/4 Meilen und bringt ciue Menge schwimmender Gewächse mit. Die Thatsache, daß sowohl ober- als uuterhalb der Mündung des Bahr cl Gazal eine starke Strömung stattfindet, während der an jcucm Pnukie vorhandene ^ec uur todtes Wafser ist, beweist, daß ich stecht halle, indem ich vermuthete, daß während dieser Jahres- 5)6 Eigenthümlichkoit dos Flusses Eobat. zeit aus dem Bahr rl l^azal kein Wasser in dcn Nil fließe, und das; der See und dic ansgedehnten Marschen, die sich au jenem Orte befinden, eben so selir durch einen Wasserüberschuß des in eine linsen kung fließenden weißen Nil als dnrch den Bahr el l^azal verursacht werden, indem da5 Wasser des le^teren ^llisseo von den unermeßlichen Marschen absorbirt wird. <^estern ankerten wir an einer trockenen Stelle, auf welcher viele Mimosen der Spielart mit rother Nindc wuchsen; der Vo-dcn war ein todtes Flachland, und der ^luß reichte bis an die Wurzeln der nahe a»n Nande stehenden Bäilme hinauf; der ^luß ist also in dieser Jahreszeit ganz voll, hat aber noch tein Hochwasser, ^ln dl'ii Släüiün'n d^r Päume u>ar lein Wasserzeichen; ich hege daher wenig Zweifel, daß das wirtliche Steigen des Wasserniveaus während der Regenzeit sehr unbedeutend ist, da der ^lnß teinc Ufer hat uud das Wasser sich über rinru fabrl^ haft großen ^lächenranm verbreitet. T^as gan^e ^'and ist nur eine ungeheure Marsch mit einem mitten hindurchströmenden Flusse. Im vergangenen Jahre war ich ^u dieser Heit am Settite. Jener große ',vlnß und der Atbara waren damals außerordent^ lich niedrig. Der blaue Nil war ^n derselben .^eit ebeufall^ niedrig. ?er weiße Nil dagegen und der Sobat haben, wenn auch uicht ihren höchsten Wasscrstaud, doch uolle Ufer, während die beiden erstgenannten Wassermangel haben; dies beweist, daß der weiße Nil und der Sobat weit im Süden entspringen, zwischen l^cbirgen, die ;n verschiedene!! Iahres^eiteu einem Regenfall nnterworfen sind, welcher sich über einen größeren 5heil des Jahres erstreckt al5 die Negen?,eit AliMnielw und des benachbarten (^allalaudrs. <5s ist uicht zu verivuuderu, daß die Alten die Erforschung des Nil aufgaben, al5 sie an die zahllosen Windliugen nud ^chnnerig keiten dcr Marschen kamen; der ,^luß gleicht einem verivirrtru l^ebiud Iwiru. Wind leicht; (" West. ?er starte Ein Vümlwlle. 57 Nordwind, der uns von zHartnm hinwcgfnhrte, ist schon lange ein bloßer Hanch geworden. Unter dieser Breite weht er nie re gelmämg ails Norden. Der Wind erhebt sich zwischen tt nnd !> Uhr Bormittags nnd legt sich bei Sonnenuntergang; die Reise dnrch diese schrecklichen Marschen nnd Windungen ist daher nn-beschreibtich langweilig nnd niederschlagend. Diesen Abend be merkten wir grosse Massen von ^lnßpferben, die mit ihrem lan-ten schnarchenden Gebrüll, welches dnrch die Mhr^enge hin uibrirte, die Boote begrüßten. Den !>. Iannar. — Hwri Eingeborene fischten; sie vcr-liesten beim Nahen unserer Boote ihre Canoe nnd liefen dauon. Meine ^ente wollten die Canoe stehlen, was ich natürlich verhinderte; es war eine einfache ansgchö'HIte Dompalme. In der Nanoe lag eine Harpnne; sie war sehr nett gearbeitet nnd hatte nnr l'inen Widerhaken. Vom Bahr el Gazal an gehören beidr leiten des Flusses dem Nn«hr-Stamme. Conrs Snd-^st; der Wind sehr leicht; die Wind»ngen des Flnsscs endlos; wir mnstten die Boote fortwährend schleppen. Etwa eine halbe stunde vor Sonnenuntergang, als die ^enle eben das Boot schleppten, indem sie vom Verdeck ans an dem hohen Rohre zogen, meldete m, am Masttop befindlicher Mann, daß auf einem Stückchen trockenen Bodens in der Nähe des Flusses ein Büffel stehe. Da es nns an ,Vlrisch fehlte, so bat mich die Mannschaft, ihn ^n schiefen. Der Büffel ward dnrch das hohe Gras so verborgen, das; man ihn vom ^cvdeck ans nicht sehen tonnte; ich stellte mich deshalb auf "nen Anqarep (Bettstelle) am Hilltertheile des Schiffes und tonnlc- iwn da ans in dem hohen Grase bei etwa drcihundcrt-undsech^ig ,v»st (wtfernnng gerade den Kopf nnd die Schultern den'elbrn erteunen. ,^ch feuerte mit einer Neilly wüchse Nr. l«>, nnd l>r fiel auf den Schuß scheinbar todt zu Bodeu. Da die ^enle Hnngc-r hatten, so waren sie vor Freuden toll, stürmn, ans nichte al?' heisch bedacht, in's Wasser nnd befanden sich 58 Salt Achmet ssotödtct. bald bei ihm; der Eine hielt ihn beim Schwänze, ein Anderer tanye nuf ihm und schwang sein Messer, und Alle erhoben cm gewaltiges Frcudengeschrci. Jetzt sprang der beleidigte Büffel auf, setzte im Sturmschritt durch die Lente und verschwand in dem hohen Grase; er fiel, wie die ^ente behaupteten, in dem tiefen Moraste. Es war dämmerig, nnd die Mannschaft, die sich ein wenig schämte, daß sie die Thorheit begangen hatte, ;u tanken, anstatt dem Thiere die Knieflcchsen zn zerschneiden und sich des Fleisches zn versichern, schlich zu ihren Fahrzeugen zurück. Den verfallen; sie sind eine leichtfertige Notte gedankenloser Memmen, voll ^chreienI und Tobens, begierig wie linder, ihre l^ewehre ab^nfenern und nntzlos Äinnition ;n vergeuden, und in feiten der Gefahr taun man sich nie anf sie verlassen; als ihr Kamerad in Noth war, ließen sie ihn im Stiche, und über seineu Tod schrieen sie laut auf wie kleine Kinder; cv soll ihnen nicht wieder erlaubt sein, sich vou den Booten zu rittfernen. Am Abend belauschte ich die Leute, während sie sich über die gan^e Geschichte uitterliielten; da crfnhr ich dir volle Wahr heit. d's scheint, daß Nicharn uud zwei andere Leute bei dem unglücklichen Sali waren, als das '^ieh ihn angriff, uud dW die Meimnen davonliefen, ohne zu seiuer Vertheidigung auch uur emeu Schuß abzufeuern. Mwa hundertnudfünfzig ,vuß entfernt war ein grosM Termitenhügel, auf welchen sie sich zurückzogen; vom Gipfel dieser Festung auo sahen sie deu Mauu wiederholt in die Luft geschleudert werden und hörten ihn um Beistand rufeu. Anstatt in Masse ;u Hülfe zn eilen, riefen sie ihm ;u, er solle Die „Clumsy" mis dem Styx. 61 sich ruhig verhalten, dann werde ihn der Büffel verlassen. Das ist cin Beispiel des Mnthes dieser Khartumer. Der Büffel war durch meinen gestrigen Schuß so entkräftet, daß er nicht im Alande war, die stelle;u verlassen, da er mit einer gebrochenen Schulter durch den liefen Schlamm nicht fortkommen tonnte. Meine Reillli Kugel ^ir. U1 fand sich unter derHant der rechlelt Schlllter, während sie an der linken Schulter etwas über den Lungen eingedrungen war. Die Windungen dieseo einförmigen Flusses si„d außer ordentlich, und das während völliger Windstillen in diesen nn^ gchcucrn Marschen erzeugte (befühl der Schwermuth ift unbeschreiblich. Der weiße Nil ist cin wahrer ,,Sti)r." Weht der Wind zufällig stark, so ist die Schifffahrt in Folge der bestän digeu Windungen höchst schwierig; da die Matrosen äußerst un wissend sind und die Takelage des Fahrzeugs das gewöhn liche ungeheuer große „Hammelkeulensegel" ist, so giebt es bei jedem Versuch, das Boot zu wenden, eine Masse (Geschrei und Verwirrung, welche in der Negcl damit endet, daß wir auf die dem Winde gegenüberliegende Marsch getrieben werden; dies ist aber immer noch besser als Umwerfen, von dem wir bisweilen nicht weit entfernt find. Dieser Morgen ist einer jener Tage, nn welchem der Wind, von Angst nud Freudengeschrei begleitet, stark weht.. (>our6 Süd-Ost. Wir warteten einen halben Tag auf die „(Clumsy", die gerade vor Einbruch der Dunkelheit sichtbar wurde. Die Verzögerungen, welche dieses Fahrzeug veranlaßt, fangen au bedenklich zu werden, weil der Thiere wegen cin schnelles Reisen durchaus nothwendig ist. DieKameele werden in Folge der (>insperrung schon leidend, und ich habe ihre keilte in nasse binden gewickelt. Die Breite dieses Marschlandes ist veränderlich. Zu man chen Gegenden des Flusses scheint ea sich auf jeder Seite gcgeu zwei Meilen weit zu erstrecken, an anderen Stellen weiter als 62 Stromgeschnnndi^koit des nxisx'n Nil. das Angc reicht. In allen fällen ,^ h^Z Festland eine todte Fläche, die jenseits der Grenze der Älarschen fetzt lodert und dampft, da die Eingeborenen nach allen .Il'ichlnngeit hin das dürre Gras in Brand gesteckt haben. Schilf, deiil Aussehen nach dein Bambus ähillich, aber doch von demselben verschieden, hoheü Waffergras, dein ^nckerrohr gleich, uorlreffliches Fntter fnr das Vieh, nnd der nie fehlende Nmbatsch bedecken die Moräste. Mosqnitos in unendlicher i'ln;ahl. Den 12. Januar. — Am Morgen wehte eine frische Brise, aber wir waren a,enöthia.t, anf die „(iwmsy" zn warten, die um 1(1 Uhr Vorinitta^o a>ita,n. Wie albern sind manche Beschreibnn^en de^ weisen ^til, n'elche behaupten, daß er leine Strömnnq habe! Zn manchen Gegenden, wie in derjenigen vo» gerade oberhalb der Sobatmnndnng bi6 Khartnin, ist sie nnr gering; seitdem wir aber den Bahr el Gazal verlassen haben, dnrchläuft der Stronl eine nnd dreiviertel bi<5 dritthalb Aieilen in der Stnnbe, indem die Geschwindigkeit sich je nach der Ortsbcschaffenheit ändert. Hier hat derselbe nicht mehr als dreihnndcrt Fns; breit freies Wasser. Um l l Uhr 2^ Minnten Vormittags gingen wir »nt einer rasselnden Brise unter Segel, waren aber tanm eine halbe Slnnde gefahren, als die große Scgclstange der ,,(5lnmsy" noch einmal zcrkrachte. Ich hatte sie m's Schlepplan genommen. Es hilft nichts, die Segelstangc wieder herzustellen, nnd brauchten wir das Fahrzeug nicht der Esel halber, so würde ich es ganz anf-geben. Soeben fnhren Knrschid Aga's Boole in vollem Segel an nns vorüber, als seine Dahabiii plötzlich ihr Stener-rnder verlor uild schnnrstracks in den Morast gerielh, Wenlt bei Sonnenuntergang die Trommel schlägt und die Boote alle beisammen sind, bedielte ich die Mannschaft mit Grog. I^en !!l. Januar. — Wir machten in der Nähe eines Dorfes anf dem rechten Ufer in Gesellschaft mit Knrschib Aga's Wir schon die >n'skn Eingeborenen. 63 zwei Dahabi^u Halt. Die (>iugeborenen tamen zu den Booten herab — sic treiben das Wesen der Wilden ziemlich auf dic höchste spitze; die scanner gehen so nackt, wie sic ans die Welt ta»n'ü ^ der Lcib ist mil 'Asch^ cingcriebcll, und ihr Haar mit rinrr Clinche von ^lschl! uud .^lihnriu roth gefärbt. Dicsc Kerle sind die lcibhastiMn ^nifcl, die ich jc sah — cü qiebt für sie Nnchl'-Emgcbonnc, dic ;>> ! .,, lommcn. teineu aildevn Ausdruck. Auch die nnuerhcirathcteii ^raueu zimmcr sind gan; nackt - die ucrheiratheten habcu eine aus (^ras grlnachte franse niu ihre Lenden. Die Männer tragen schwere <^la5perlenschnürc um die Hälse, am oberen Theile der Arme zwei schiuerc Armbänder von Mfenbein, auf den Handgelenken kupferne klinge uud eine entsetzliche Art Armband voi, gedicge- 64 Dschoctian und M Mib. nein leisen, mil ungefähr zolllangcn Spitzen, gleich Lcoparden-Nalien, beivaffnel, welche sic auch zu ähnlichem Zwecke benutzen. Der Häuptling des Nn.Hr-Dorfes, Dschoctian, stattete mir mit seiner Frau und Tochter einen Besuch ab; sie baten um Alles, was sie in Gestalt von Glasperlen und Armbändern sahen, lehuten aber ein Messer als nutzlos ab. Sie gingen mit ihren beschenken vergnügt hinweg. Die Frauen durchbohren die Oberlippe und tragen daran einen elwa vier .^oll langen schmuck von Glasperlen auf (^'isendraht; dieser steht hervor wie das Horn eines Rhinoceros; sie sehen sehr häßlich aus. Die Männer sind schlank nnd kräftig, und mit Lanzen bewaffnet, Sie führen Pfeifen, die fast ein Viertelpfund Tabak fassen, und a»5 welchen sie, weun der geliebte Tabak fehlt, einfache Holzkohle rauchen. Das kohlensaure <^as der Holzkohle erzeugt ein leichtes Gefühl der Berauschung, welches cbcu die gewünschte Wirkung ist. Kurschid Aga brachte ihnen ein Mädchen von Khartum zurück, das von einem Sclaveujäger gefaugen worden war; dies er-fn'iilc die Veute, und sie brachten sofort einen Achsen ;um ^pfer. Die Segelstnnge der ,,('liiib »nd nahm am Abend die Segelstange der „Clumsy" lierab; indem ich da^ Boot im Schlepptau habe, segeln wir diesen Augenblick, tt Uhr .'i<> Minnten Nachmittags, dnrch Wolken von MWquitos ilnd sehen nus in dieser Welt von Marschen nach einem ^andnngsplcch um. Ich nahm das Portrait des Häuptlings der Nn<'hr anf, wie er in meiner Ka^ jüte anf dem Diva» saß; er frente sich natürlich darüber. Zur Antwort anf meine ,vrage, wozu das mit Spitzen versehene eiserne Armband nütze, zeigte er mir die Arme und den Nucken seiues Weibes, die mit zackigen Narben bedeckt warcn. Reizende bellte sind diese „armen Schwarzen", wie sie von gefühlvollen Ein n'iMdcr Gatte. 65 Engländern bezeichnet werden, Er nmr ganz stolz darauf, daß er sein Weib wie eine wilde Bestie Mratzt hatte. Mein Affe „Wallady" sieht in vollem Ernste wie ein ciuilisirtes Wesen aus, wenn man ihn mit diesen Nn.Hrwilden vergleicht. Des Häuptlings Stirn wnr i>i horizontalen Vinien tättowirt, die wie Dschoctia», Häuptling dcs ^»ch^staimncs, Nnn^eln erschirin'n. Das Haar wird ans dem Besicht zurnck-ssestrichcn. Sowohl Männer als Frauen tragen eine vom Hals herabhängende Tasche, offenbar um etwaige (beschenke, die sie erhalten, aufzunehmen, denn Alles wird sofort eingesteckt. Cours 2üd-Süb-Ost. Den 14. Iannar. — Der ganzc Tag ward auf die «aler, Der Mvcrl N'yanza. l. Ü 66 Wir fangen ein Flußpferd. Wiederherstellung der Segelstauge verwendet; die Vüffelhaut des Thieres, das Sali Achniet tüdtete, leistete beim Zusammenbinden vortreffliche Dienste. Am Abend segelten wir in (Gesellschaft eines Bootes ab, das der österreichischen Mission gehörte. Der Fluß hat etwa .';60 Fuß breit freies Wasser; die Strom-gcschwindigkeit beträgt etwa zim'i Meilen in der Stunde. Auf dem marschigen Boden, der den ,vluß begrenzt, fanden wir Massen von Natron. Zum Mittagessen hatten wir eiuen Trnthahn, ein „Geschenk" von Kurschid Aga, und, ein großes Wunder, die Kisras (eine Art brannen Pfa>,ukucheus, der die Stelle des Brotes vertritt) waren frei von Sand. Seitdem ich in Afrika bin, muß ich in der Gestalt von Grics, der sich von der MnrlMa oder dem Neibstein abgescheuert hat, schon einen ansehnlichen Mühlstein verschluckt haben. Die Murhäka ist, wenn sie neu, ein großer flacher Stein, der etwa vierzig Pfund wiegt; anf diesem wird das Getreide badnrch zermalmt, daß man einen cylin-drischcn Stein mit beiden Händen hin nud her reibt. Nachdem er einige Monate gebraucht worden ist, verschwindet der ursprüngliche Neibstcin zur Hälfte, während der Gries sjch mit dem Mehl- vermischt. Anf diese Art wird der Neibstein wirtlich gegessen. Keil, Wunder, daß die Herzen in diesem Vande wie Stein werden! Den 15. Januar. — Wir schleppten diesen Morgen das Fahrzeug durch hohes Schilf, die ^eute wareu unsichtbar, und das Seil mähte die hohen Spitzen des ("rases ab, als das Geräusch ein Flußpferd aus seine»! Schlummer aufstörte und dasselbe sofort dicht am Boote bemerkt wurde. Gs war ungefähr halb erwachsen, und gegen zwanzig Mann sprangen augenblicklich in's Wasser, um es aufzusuchen, indrin sie es für einen bloßen Säugling hielte»,; als es aber plötzlich zum Vorschein lam und ungefähr dreimal so groß war, als sie erwartet „Vielleicht wnr es sein Oheim," 67 hatten, waren sic nicht sehr begierig, mit ihm handgemein zu werden. Der Ne'ls Diabb jedoch ging muthig voran und packte es am Hinterbeine; da stürzte sich der Hanfe der Leute hinein, nud wir hatten eine großartige Balgerei. Vom Fahrzeuge wurden Seile hinabgcworfen, nnd rasch schlüpften ihm Schlingen über den Kopf; es behielt aber im Kampfe die Oberhand und schleppte die Leute in den offenen Fluß; ich sah mich deshalb genöthigt, dem Vergnügen ein l^nde zn machen, indem ich ihm eine Kugel durch den Kopf jagte. (5s war durch dieHanzähnc eines andern Flußpferdes, das es gestoßen hatte, am gauzen Leibe mit Kerben versehen. Die Mannschaft behauptete, sein Vater habe es so gemißhandelt; Andere waren der Meinung, seine Mutter sei rs geweseu; der Ctreit wurde lebhaft nnd fing Hitze. Diese Araber haben eine außerordentliche Neigung zn Streitigkeiten über die geringfügigsten Gegenstände. Ich habe häufig erlebt, daß meine Leute sich den größten Theil der Nacht hindurch stritten und am folgenden Morgen denselben Streit wieder anfingen. Solche Debatten enden in der Regel mit einer Schlägerei, und im vorliegenden Falle vermehrte die Aufregung der Jagd nur noch die Hitze des Streites. Sie kamen endlich überein, die Sache mir vorzulegen; beide Parteien nahten sich und brachten mit lautem (Geschrei ihre Ansichten vor. Die eine Hälfte bestand darauf, daß das junge Flußpferd von seinem Vater gestoßen worden, nnd die Anderen blieben dabei, daß die Mutter die Ursache der Kerben gewesen sei. Ich als Schiedsrichter schlug vor, „es sei vielleicht sein Oheim gewesen." Wah Illahi sah6! (Bei Allah, es ist wahr!) Mit diesem Vorschlag waren beide Parteien einverstanden; sie ließen ihre Ansicht fallen, gingen ^ur Praxis über nnd machten sich mit Messern und Aextcn daran, die Ursache des Streites zu zerlegen. Das Thier war so fett wie Gutter und kam den Leuten ganz unverhofft; sie zertheilten es in großer Aufregung nnd guter Laune. 5* 68 Wirkliche Schildkröte ist nachgemachtes Flußpferd. Wir sind jetzt cine Flotte von sieben Booten, indem sich die Fahrzeuge mehrerer Händler nns zngesellt haben. Die Segelstange der „Elnmsy" sieht viel besser ans als früher. Ich schnitt am Ende ^ehn Fnß ab, weil sie oben schwerer als unten war. Die Segelstange eines derartigen Fahrzeugs sollte ans-sehen wie eine nngeheure Ailgelrlithe nnd verhältnißmäßig elastisch sein, da sie allmälig in eine Spitze nnslnnft. Eours Süd-Ost. ,^ch höre, daß der Schillutstamm Tschenllda's ^eute angegriffen hat, nnd daß bei dein eiligen Rückzug sein Boot nmgeworfcn wnrde llnd einige Vienschcnlcben verloren gingen. Es geschieht diesen Sclauenjägcrn ganz recht, nnd ich frnie mich über ihre Niederlage. 2. Buch Mosis ^l, liji „Und wer einen Menschen stiehlt nnd ihn verkauft, oder wenn man ihn bei ihm findet, der sott des Todes sterben." Den 16. Januar. — Ein nenes Gericht! Gs giebt keine nachgemachte Schildkrötensuppe ^) mehr — wirtliche Schild-t'rötc^) ist nachgemachtes Flnßpferd.^) M ucrsnchte, das Fett, Fleisch nnd die Hant znsammen zn kochen; das Ergebniß ist, daß die Hant das Ansehen des griinen Fettes der Schildkröte annimmt, aber weit besser ist. Ein Stück vom Kopfe, das ans diese Art gelocht nnd dann mit gehackten Zwiebeln, Cayenne-pfeffer nnd Salz in Ejsig eingepökelt wird, stellt Pökcl-Ebcrflcisch vollständig in Schatten. Nachdem meine ^entc einen Kessel voll Flnßpferdsupve verschmanst haben, bediene ich sie gegen Abend, wenn alk Schiffe beisammen sind, »lit C"'rog. Dann herrscht große Zufriedenheit, da jeder Appetit gestillt ist. Die Boote an Seilen dnrch Sümpfe zn schleppen, an dem langen (^rase weiter zn ziehen nnd mit Stallgen gegen eine starte Strömung fortzn-schieben, ist eitle furchtbare Arbeit, nnd das schreckliche ^and scheint gar kein Ende zn haben. *) Mock-turtle soup. — **) Kcal turtle. — ***) Mock hippopotamus. Richarn wird degradirt. 69 „Man sagt," während der trockenen Jahreszeit gäbe es in der Nähe des Flusses viel Wild, aber jetzt sieht man nnr grenzenlose Marschen ohne Leben, außer in Gestalt von Mos-quitos, und ganz wenige Wasservögel sind die einzigen Neizc des weißen Nil. Dieser Tage erwischte ich einen Mann, der das Sal; stahl; da Nicharn ssewahr worden, das; an diesem Schatze täglich Diebstähle verübt würden, aber es nicht gemeldet hatte, so empfing der Dieb zwanzig mit der Karbatsche, und Nicharu wird, nne ich schon ahnte, degradirt. Beobachtungen zu machen, ist keine Möglichkeit, da es keinen Landungsplatz giebt. Den 17. Januar. —Nie gewöhnlich, Marschen, Mos-quitos, Windungen, todte Flächen und leichte Winde. Die iu der Kajüte befindlichen Mosauitos lassen Einem selbst am Tage keine Nnhe. Strömung etwa zwei Meilen in der Stnnde. Cours Süd-Ost. Der Fluß hat im Durchschnitt ungefähr drei-hundertuuddrcisn'g Fuß breit freies Wasser. Den 1X Januar. — Das Land wie gewöhnlich, aber der Wind frischer. In Gesellschaft mit Kurschid Aga's Booten. Ich habe den Kolben von Oswell's altem Gewehr mit Rhinoceros-hant gebunden. Alle Gewehre, die znr Jagd iu wilden Ländern nud heftigem Neiten geiuacht werden, sollten von der Schwanzschraube au Stahl anstatt (Men habcu, uud dieser sollte sich weit hiuter bis sechs Zoll in die Kolbenplatte erstrecken; der Bügel sollte ebenfalls Stahl sein uud eben so weit hinter gehen, wie die obere Schiene- der Stahl sollte eiue besondere Stärke habeu uud bis zum oberen Stück hindurch angeschraubt werdeu; iudem so die beideu Stahlschieueu durch oben nnd uuten befindliche Schraubeu verbnndeu wären, könnte der Kolben beim Aallen des Gewehrs durchaus uicht zerbrechen. Den 19. Januar. ^ Um <^ Uhr Vormittags kamen wir aus den schciubar eudloseu Negioueu des Marschgrases heraus uud sahen auf dem rcchteu Ufer große Viehhcerdcu, die voll 70 Das Fischspi^cn. nackten Eingeborenen gehütet wurden, in einem Lande, welches reich an hohem l^ras und Mimosenwald war. Um !1 Uhr 15) Minuten Vormittags erreichten nur die Zariba oder die Station Binder's, eines österreichischen Unterthanen und Händlers des weiden Nil; hier fanden wir fünf Noggor, dir ihn« und seinem Handelsgenossen gehörten. Binder's Wekil bestand darauf, meinen Renten einen jungen Ochsen zn geben. Diesem Ochsen widersetzte ich mich eine Zeit lang, bis ich sah, daß der Mann sich beleidigt fühlte. Es ist unmöglich, sich von den Eingeborenen Pich dnrch Kauf zu «erschaffen. Das Land ist jetzt ein Sumpf, aber während der trockenen Jahreszeit wird es passirbar sein. Ich nahm gleiche Sonnenhöhen anf und bestimmte die geographische Ereile anf 7" s/ ,4on Zeit zu Heit treffen sie ein Ungeheuer, denn es giebt mancherlei Fische, die ein (Gewicht von zweihundert Pfund erreichen. Im Fall sie einen solcheu Fisch harpuniren, ist das Ergebniß eine lange uud aufregende Jagd, da derselbe die Harpune mil forlnimml und die ^eine in ihrer ganzen Länge hinaufzieht; sie schwimmen ihm dann nach, indem sie ihr Ende der Leine festhalten nnd ihn spielen lassen, bis er erschöpft ift. Der Häuptling dieses Stammes (der Kutsch) trug ein Leo- Der Kytschstamm. 71 pardenfell über die Schultern und eine stütze von weißen Glasperlen mit eillein Busch von weißen Straußfedern; aber der Mantel war blos über die Schultern geworfen, und alle übrigen Theile seines Körpers waren nackt. Seine Tochter war das hübscheste Mädchen, das ich unter den Schwarzen gesehen habe; sie war ungefähr sechzehn Jahre alt. Zhre Kleidung bestand aus einem kleinen Stückchen -gegerbter Haut, etwa einen Fuß HänpUlüg voll ,^Mjü> und ^ochlcr, breit, d(w über ihre Schultern geworfen war; alle übrigen Theile waren entblößt. Alle Mädchen dieses Landes tragen nnr einen Ning uon tleinen eisernen klimpernden Schmucksachen um den Leib. Sie kamen in Schaaren nnd brachten kleine Bündel Holz, um es für einige Hände voll Getreide umzutauschen. Die Männer sind meist schlank, aber jämmerlich mager; die Kinder 72 Termitenthürme. sind reine Gerippe, und der ganze Staunn scheint völlig ausgehungert zn sein. Die Sprache ist die der Dinka. Dcr Häuptling führte eine merkwürdige Tabaksbüchse: einen etwa zwei Fich langen eisernen Nagel nut einem hohlen Stift, der mit Leguan-fell zugebunden war; dieser dient als Tabat'sbnchse, als Keule und als Dolch. C's ist durch jenes ganze Marschland hin auf- fallend, die .^ahl der Termitenhügel zu beobachten, die über dem in den Marschen befindlichen Wasser stehen; diese babylonischen Thürme retten ihre .^nsassm aus der Cnndfluth; indem die Termiten während der noäcnen ^ahreüzcit arbeiten, führen sie Hunnersnoth im Kytschlnndo. 73 ihre Hügel bis zil einer so großen Höhe (gegeu zehn ^-uß) empor, daß sie während der Hochwasser in den oberen Stockwerken sicher lebcn können. Wir sind den ganzen Tag von Hansen verhungern der Leute uniringt, die kleine Kürbisschalcn nlitbriugeu, um das erwartete Getreide hineinzuthun. Die Menschen dieses Stammes sind reine Affen, indem sie sich ganz auf das verlassen, was die Natur zu ihrem Lebensunterhalt hervorbringt. Sie, verwenden Stunden darauf, um Feldmäuse aus ihren Lüchern zu grabeu, wie wir es mit den Kauincheu machen, Sie sind die kläglichste Klasse von Wilden, die man sich denken kann, so abgezehrt, daft sie gar keine sichtbaren besäße mehr haben; sie sehen ans, als wären dieselben abgehobelt worden, und ihre langen dünnen Beine und Arme geben ihnen ein eigenthümliches mückeuahuliches Ansehen. Des Nachts kriechen sie dicht an die ^cner hinan und liegen im Rauche, um den Wolken der Mosqnitos ;u entgehen. In der jetzigen Jahreszeit ist das Land ein ungeheurer Sumpf; die einzigen trockenen Stellen sind die Termitenhügel; an solchen Plätzen schaaren sich die Eingeborenen iu Hrcrden zusammen wie wilde Thiere, und reiben sich einfach mit Asche ein, um sich vor der Kälte zu schützen. Den 20. Januar. — Von dieser Stelle an wendet sich der Fluß scharf nach Osten, aber ein gleich breiter Arm tomml von Süden 2l)" östlich nach diesem Pnnkte her. Von dem oben genannten Arme aus giebt es keiue Strömung. Der Hauptstrom läuft mit einer reißenden Geschwindigkeit von dritthalb Meilen iu der Stunde um deu Winkel herum. Die Eingeborenen sagen, jener Arm mit todtem Wasser erstrecke sich drei bis uirr Schiffstagrreisen weit und verliere sich dann in dem hohen Schilfe. Mein ^teis Diabb behauptet, dies sei ein bloßem Stauwasser und stehe mit dem Hauptflusse durch keinen bestimm ten Kanal in Verbindung. Die Eingeborenen des Kytschstammes leben in solchem 74 Noth der Eingeborenen. (>lend, daß sie von allen todten Thieren ^ell nnd Knochen verschlingen. Die Knochen n'erden ^ivischen steinen zerstoßen nnd, ivenn sic in Plllver verwandelt sind, ^n einer Art ^nppe gc-tocht. ^a!,'ell. Der Heerdochse. 7!» Bei jeder Vichhcerde giebt es einen geweihten Stier, von den man annimmt, daß er einen Einfluß alls die Heerde ausübe. Seine Hörner werden mit Federbüschcn und hälifig mit kleinen l^lückchen geschmückt, und er führt stets die große Heerde auf die Beeide. Beim Nufbrnch ans dem Viehpfcrch am frühen Morgen wenden sich die Eingeborenen an den Stier nnd sagen zu ihm: „er solle über die Heerdc wachen, die Kühe vom Verirren abhalten nnd sie zn den süßesten Weideplätzen führen, damit sie reiche Milch gäben" n. s. w. Den 21. Mannar. — vergangene?^acht nahin ein plötzlicher Windstoß Knrschid Aga's Mastbaun, am Verdeck weg und ließ ihm ein vollständiges Wrack znrück. Das heutige Wetter ist trübe, drückend und völlig windstill. Wie gewöhnlich, endlose Marschen und Mosqnitos. Zch sah oder hörte nie von einem so ekelhaften Vaudc, wie dasjenige ist, welches den weißen Nil von Khartnm bis an diesen Pnntt begrenzt. <>ours, so weit ich denselben beurtheilen kann, Süd-Ost, aber die endlosen Windungen uud der Mangel jedes Zeichens, das man als festen Punkt annehmen tonnte, machen es schwierig, einen ge-nancn <5onrs anzugeben. Der ^lnß hat uugcfälir dreilnindert ,^nß breit freies Wafser, ist uiit schwimmeuden <^cn'ächscn be^ lebt nud seine ^tromgrschwindigkeit beträgt elma ziuei ^ceilen in der Stnnde. Den 22. Januar. — Die Genüsse, welche das ^aud bietet, sind wie gewöhnlich ^ ^nmpflnft, Marschen, Äio^qui-tos, (»lend; so weit das Auge reicht, ungeheure baumlose sümpfe ohne alles 5/ebeu. Zuweilen arbeiten sich die Veutc mit dem Seile durch das Wasser, uud wir tommeu durch Schleppen des Bootes langsam vorwärts; znwcilcn lanfcn sie in einem Kreise nm das Boot herum und ziehen mit den Händen an dem Grase, das auf diese Art wie die Zähne eincö Rades wirkt, um uns allmälig weiter zn bringen. Eines meiner Pferde, 76 Menschen und Thier»: in schlechter Stimmung. „Filfil," schlägt zum reinen Zeitvertreib nach den Leuten, wenn sie vorbeigehen, und nachdem es ihm mehrmals gelungen ist, sie in den ,vlnß zu werfen, beharrt es bei dein Spaß, ich glaube, aus Mangel an anderer Beschäftigung. Zn dem hohen Schilfe hören wir Tag nnd Nacht Flnß-pferde schnarchen, sehen aber »mr wenige. Die schwarzen grauen am Vord zanken sich täglich nnd kämpfeu mit einander wie Bullenbeißer. Die kleine Gaddum Her ist ein regelmäßiger schwarzer Spieldachs, ziemlich alt, erstaunlich stark, sehr kurz, aber sie ersetzt durch den lyrist, was ihr an Körpergröße abgeht. Sie ist die Quintessenz der Untugend, bei der kürzesten Bemerkung zu einem Bertheidiguugskamvf bereit. Einmal kämpfte sie mit ihrer (Gegnerin, bis Beide in den Schiffsraum hinabfielen und alle meine ^asscrkrngc zerschmissen; ein anderes Mal fielen sie Beide in den Fluß. Die Langeweile dieser jämmerlichen Reise scheint die (Ncmüthsstimmung der Menschen wie der Thiere anzugreifen; die Pferde, Esel nnd Kamcclc schmeißen nnd beißen beständig nach Allem herum. Den 2^i. Januar. - Um « Uhr Vormittags kamen wir in Abouknta, der Niederlassung eines französischen Händlers an. (>s ist unmöglich, das ('''lend des Landes zu beschreiben; mitten in der ungeheuern Marschflüchc liegt ein kleines Fleckchen trockenen Bodens, etwa 40 Quadratruthen groß und neunzig Fnß weit im Flusse, das aber nur zu erreichen ist, wenn man durch den Snmpf watet. Die Niederlassung bestand aus ungefähr zwölf Strohhntlen, die eine jämmerliche, vom Fieber getroffene Menschenklassc bewohnte; der Wekil und andere Angestellte kamen zu den Vooten, um Getreide zn betteln. Ich hielt an dem reizenden Badeorte Abonkuka zehn Mi-nntm lang an, nm Nachrichten über das Laud riuzu^irhen. Die Stromgcschwindigtcit ist an diesem Punkte, wie gewöhnlich, sehr stark; sie betrügt über britthalb Meilen in der Stunde; der Oesterrcichische Misswnsswtion. 77 Fluß hat ganz volle Ufer, obgleich noch fein wirkliches Hoch-wasser ist; die Windungcu nehmen kein Cnde; eincu Augenblick ist unser Cours gerade Nord, dann Ost, dann wieder Nord, und eben so plötzlich gerade Süd; in einer Stunde wenden wir uns nach jeden» Punkte des ssomvasscs hin. Oft scheinen die Noggor, die weit hinter uns sind, voraus zu sein. (5s ist ein herzbrechender ^lnß, ohne einen einzigen Punkt, der die Qual wieder ausgleichen könnte. Zch wundere mich nicht, das; alle Erpc-ditionen in diesem jämmerlichen Lande mißlungen sind. Heute weht ein frisches Lüftchen, daher ist dir drückende Hitze und stockende Snmvfatmosphärc gemildert, Ich habe immer bemerkt, daß, wenn der Himmel bewölkt ist, wir mehr von Hitze und Beklemmung leiden, als wenn wir einen heitern Tag haben. Es lastet ein Druck in der Atmosphäre, der interessant sein würde, wenn man ihn mit dem Barometer bestimmte. Das Wasser ist durch den ganzen weißen Nil hin, besonders aber zwischen dem Schitluk- nnd Kytschstamme, überaus schlecht; das des Bahr cl Gazal ist noch schlechter. Der Nets Diabb sagt mir, daß zwischen den Nuifer gearbeitet, aber die Eingeborenen seien äußerst unleuksam. Sie ständen weit unter den unvernünfti-gen Thieren, da die letzteren doch seichen der Zuneignng gegen diejenigen an den Tag legten, dir freundlich gegen sie sind, während die Eingeborenen dagegen für alle befühle der Dankbarkeit völlig abgestumpft seien. (N beschrieb das Volk als im höchsten s^rade lügenhaft nnd betrügerisch; je mehr sie bekommen, defto meliv wollen sie haben, aber sie mögen nichts dafür thnn. Zwanzig bis dreißig dieser ekelhaften, mit Asche beschmierten, völlig nackten unvernünftigen Thiere lagen, mit Kenlen von hartem Holz bewaffnet, die zugespitzt waren, müßig um die Station hermn. Da die Mission den weißen Nil als ein völliges Mißlingen aufgegeben hatte, so verkaufte Herr Morlang diesen Morgen das ganze Dorf sammt der Missionsstation an Knrschid Aga für ^000 Piaster oder 300 Thaler! Ich laufte ein Pferd der Missionare für 1000 Piaster, das ich ,'Priester" taufte, weil es von der Mission kam; es ist ein hübsches Thier und i,um Schießen eingeübt, da der unglückliche Baron Harnier es auf der Büffeljagd ritt. Dieser gute ^aidmann war ein preußischer Edelmann, dcr sich mit zwei europäischen Begleitern eine Zeit lang das Vergnügen geinacht hatte, in dcr hiesigen llmgegend nntnrhistorischc (^egenflande zu sammeln nnd zu schießen. Seine beiden (ie Äil^änner sind, wie gewöhnlich in diesen legenden, „üt gut gearbeiteten Keulen von Ebenholz, ^wei Vanzen, einem (stets gespannten) Bogen und einem Bündel Pfeile bewaffnet; ihre Häude sind mit Waffen vollständig angefüllt; zudem führen sie einen nett gearbeiteten, ganz kleinen Schemel bei sich, der anf ihren Rückeil geschnürt ist, nebst einer ungeheuern Tabakpfeife. So trügt ein Mann Alles, was für ihn Werth hat, an seinem ^cive. Die weiblichen Mitglieder dieses Stammes sind nicht völlig nackt; wie diejenigen der >tytsch tragen sie kleine Gipfel von gegerbtem ^eder, so breit wie eine Hand; am Nückentheil des (^ürtelü, der dieses Schnr^leder hält, befindet sich ein Schwanz, der bis zu den unteren Theilen der Schenkel hinabreicht. IX>r Schwanz besteht aus fein geschnittenen ^ederftreifen, und in dem ^oftüm haue ohne Zweifel der Bericht seinen M'und, den ich N^lcr, i»cr ^ib«l N'yanza. I. ^> 83 Die Lotus-Ernte. von den Arabern erhielt, „daß cin Staunn in Mittelafrika Schwänze habe wie Pferde." Die grauen tragen ihre Kinder sehr passend iu einein ,^ell, da') von den Schultern quer über den Rücken geschlungen und mit eiueui Riemen um deu ^eib befestigt nurd; iu demselben sitzt der i»uge Wilde wonnevoll. Die Hütten siud bei allen Stämmen kreisförmig uud haben so niedrige Eingänge, daß die Eingeborenen anf Händen uud Knieen hinein nud heraustriecheu. ?ie Männer tragen anf dem Wirbel des Kopfes Büsche von Hahufrderu, und weun sie stehen, stellen sie sich am liebsten aus ein Bein, wählend sie sich auf eiueu Speer stützen und der Auß des aufgehobenen Beines auf der inneren Seite des andern Knies ruht. Hre Pfeile sind ungefähr drei ^uß lang, ohne federn lind init Spitzen vou harten« Hol; anstatt von Eisen versehen, da das Metall bei dem Echirstamine selten ist. Der werthvollste Artikel des Tausche Handels ist für diesen Stamm die unter den Negern des weißen Nil allgemein gebräuchliche eiserne Hacke. Sie ist an E'estalt genan d^u „Pique-Aß" ähnlich, Der uon deu Granen ani meisteu geschützte Putz sind polirte eiserne Kuö'chelrmge, welche sie iu solcher Auzahl lrageu, daß sie fast bis zur Hälfte der Wade heraufreiche,!; das Geklingel dieser Ringe wird als sehr verführerisch betrachtet, aber der Klaug erinnert Einen an das Klirren der fesseln von Verbrechern. Alle Stämme des weißen Nil haben ihre Ernte des ^otus-sameus. Es giebt ^uei Arteu der Wasserlilie — die große weiße Blume und eine kleine Spielart. Die Camcnhülse des weißeu 5/otus gleicht einer unaufgeblühten Artischoke und mt hält eilte Anzahl hellrotliel' Korner, die au (^'röße dem Senssamen gleichkommen, aber dir Gestalt der Mohnsamen und auch einen ähnlichen l^eschmack wie diese haben, indem derselbe süß und nußartig ist. Die reifen Hülseu werden gesammelt lind auf scharf zugespitztes Schilf von etwa vier Fuß Länge gereiht. Wir nähern u»s Gondokoro. j-jI ^iud sie ans diese Arl angefädelt, so werden sie in grosse Bün ^'l gebracln lind vom Flusse naä, den Dörfern getragen, n>o '»an sir i,l der Sonne trocknet und ^lim C'iebrauch aufbewahrt. Der Sainc wird zu Mehl gerirben ilnd daraus eine Art Suppe bereitet. Dir grauen des Schirsta»,meo sind sehr geschickt in der Allfntiquln^ voll Körben und Mattcn alls den Blättern der ?ompallne. Auch inachcn fic Gürtel liild Halsbänder ans wiil^ tlt'iilell Stückchen von Muschelschalen dl'5 Flusses, die Nlif da>) Haar des lHrclffenschwait^' ^rreihi N'crden. Diese Arbeit erfordert viel ^eit^ und der (N'folg toinnit llnqesälir einer Schnnr von Perleumllttertnöpsen gleich. ^en .ll. ^anllar. Ui» l Uhr ü'' ^iillnten Nach-unttnl^ betamen N'ir dell l^ebel ^ardo ;n Besicht, der südlich '^" westlich lieql. Dies ist der erste Vers,, den wir gesehen l>"ben, niid wir sind endlich unserer Bestimmung, l^oiidoloro, »ahe, ^ch beobachtete heute einen gemeinen Wasserläuser (km>«l-pipft,'), der alis dem Kopfe einey ,vll>s^ferdeo saß. Als letzteres unter dem Wasser verschwand, strich der Vogel über die Oberfläche hin, schwebte aber in der Nähe der Stelle, bis das Thier wicder ;nm Vorschein tam, wo er sich wieder setztc. Den l. Februar. Der (lharatter des sslnsses hat sich geändert. Die Marschen haben trockenem Boden Platz gc macht' die Ufer liegen etwa vier ,vuß über dem Wasserspiegel "»d sind gllt mit Wald bestanden, während die irgend das ''lllscheu eineo Obstgartens hat und dicht beuiMerl ist. Die ^'ingebore>,en drängten sich ^u den Booten heran und waren über die Kameele erstaunt, ^u eillem Dorfe ivährend der Nc'ise prüften die l^iligeboreneu die ^jel >nit grober ^lnigierde; sie glaubten, eo n'ären die Ochsen unseres Vandes, und wir brachten sie ihnen ;um Anstansch für O'lfenbein. Den 2. Februar. Der Berg ^ardo lirgt lingefähr zwölf Meilen westlich vom Flusse. Bei Tagesanbruch bekamen 84 Ankunft in Gondokoro. wir die Berge von Gondot'oro zu Besicht, die sich gerade nach Süden erstrecken. Bis jetzt habe ich in dieser legend teine Anzeichen von Feindseligkeit gesehen. Ich kann nicht umhin, zn glauben, daß das Betragen der Eingeborenen sehr von dein ienigen des Reisenden abhängt, Wir langten in ^ondotoro an. Durch astronomische Beobachtung bestimmte ich die geogra phische Breite ans 4° ''',' nördlich, die ^nnge anf 'i!" i<>< östlich. Gondotoro ist iveil besser alo die grenzenlosen Marschen; der Boden ist fest und liegt gegen zwanzig ^uß über dein Ni-vean des Flusses, '^rrne Berge erfreuen das an die traurigen Flüchen des weißen Nil gewöhnte Ange, nnd immergrüne Bälime, die, mit hübschen tleinen Mörsern der Eingeborenen unter ihrem Schatten, über die Oberfläche der Landschaft hin zerstreut stehen, bilden nach einer langen lind lästigen Reise einen höchst einladenden ^andnngsplal). Dieser Ort war früher eine Missions station. Die Rninen oe5 Backsteinhanses und der Kirche, sowie die Trümmer dessen, was einst ein Zarten war, sind bis auf den hentigen Tag geblieben; ^itronen^ nnd Vimonenhaine bestehen noch immer, die einzigen Heichen, daß ein ^erslich ^nr Civilisation gemacht worden ist — es war „Same, der an den Weg gestrent wnrde." llde >v(N, Auch der Leser, dem ich das Tagebuch aufgebürdet, weil ev sich vielleicht bei teinev aiidrvn Art der Beschreibung mm, begriff von der allgemeinen Trostlosigkeit hütle »lachen können, wird sich am weiden ^,'il gelangioeilt haben, ^iachdein ich alle meine ^orräthe gelandel nnd mein Ge-lreide in einigen Speichern nniergebracht hatle, die Knrschid Aga sschörten, ließ ich mir von demselben nber die i7.l!antital eine ^'»tpsangVbeschrinignng ansstcllen nnd gab ihm "Anweisung, die Hälfte meiner Niederlage an ^pel'e nnd <"rant nb^nliefern, fallü dieselben während meiner Abwesenheit im Innern nach l^ondo-loro toxilnen sollten. ,)ch befürchtete, sie tonnten, während ich H6 Nachrichten über ^pelc und Grant. nach Süden vordrang, anf irgend einer Reiseroute anlommen, die ich ilichl rannte. ^n <"ondotoro waren eine große Anzahl Ventr, die verschiedenen Händlern gehörten, welche mich höchst argnwhliisch ansahen. C'S kmn ihnen unglaublich vor, das; »n'iil ^n>eck einfaches Reisen sei, und sie waren mit einem ^ovie üder^eu^t, daß ich damns anyqehe, in ihren! schändlichen (^lfenbeinhandel »nd ihrer uerrnchteu Sclauenjassd hernln^nspioniren. Während ich mich mit den Händlern unterhielt nnd ilnic» versicherte, dast >nein ^nieck sich ein^iq nnd allein daranf be. schranke, nach den Qnellen des Nil y» forschen nnd nach ^pele und Grain ^n suchrn, hörte ich eine mertn>nrdiqe Nachricht, dic von den Eingeborenen ans dem Innern herabqebracht worden war, daß weit im Siiden ^vei weifte Männer ssewcsrl,, dic lange Zeit von einem Sultan gefangen gehalten worden, daß diese Männer wunderbare ,venerwerle gebabl, daß '^eide sehr trank gewesen nud daß der Ome gestorben sei. Ich bemühte mich vergebene, die Spur dieser anfregcndcn Nachricht weiter ^n verfolgen. (>5 ging ein <"ernchl, daß ein Eingeborener ein Stück Hol; besitze, anf welchem sich seichen befänden nnd welchen den weißen Männern gehört habe- aber beim Nachfragen fand ich, daß diese Nachrichl mir von einem entfernten Stamme erzählt worden war. Dessenungeachtet legte ich dem ("erücht ein großeo Gewicht bei, da südlich von l^ondo koro sich tein weißer Mann mit ^lfenbeinhandel beschäftigte; es war daher sehr wahrscheinlich, daß die Nachricht mit der Existenz von Spet'e und <^ranl in irgend einem .^nsammenhange stand. Als ich in Khartnm war, hatte ich gehört, daß die am weitesten vorgeschobene Handelsstation ungefähr fünfzehn Tagereisen von <"ondotoro liege, nud der Plan meiner Unternehmungen war immer anf ein gerades vorrücken nach dieser Station gerichtet, wo ich beabsichtig haue, mein gan^>5 schweres »^epäck im Depot ^5,u Wohnsiiz dcs Barista!li,,..o — dic gciv^^iächc ^tclluirg dcr Manner, Der Varistamm. 87 ;u lassen nnd von da als von einem ,,Ansgangspnnllc" nach dem Süden vorzndringen. ^etzt erfnlir ich, daß die Hanbels-Nescllschafl von dieser Elation her in wenigeit ^agen mit Elfenbein in «"ondoloro erwartet luerdc, und ich beschloß daher, ihre Antnnft ab^niuarten nnd bei ihrer Rückkehr mich derselben anzuschließen. ,^hre ('''lfenbeintrager sollten auf der Rückreise mein Gepäck nagen lind auf diese Weise die Rücken meiner Irailü portthiere schonen, ^cl, vertrieb mir die .^eit damit, daß ich iil der Umgegend umhcrreilend >neine Pferde übte nnd den Ort und das Volk swdirte. Die Wohnungen der Eingeborenen sind die vollendete Rcm-licht'eit; der Wohnsitz icdcr ^ainilie ist von einer Hecke der un-dnrchdrinnlichen Euphorbia nmsseben^ nnd daä Innere der Em-lriedi^lüist besteht in der Regel aus einem Hofranm, der mit cinem '.vcörlel ans Asche, Kuhdiulsser nnd ^and hübsch überwogen ist. Anf dieser reinlich geehrten Oberfläche stehen eine oder mehrere Hütten, von Getreidespeichern ans niedlichein blecht-wert nmgeben, die mit Stroh gedeckt sind nnd anf erhöhten Plattformen ruhen. Die Hütten haben hervorstehende Dächer, um Schatten zu gewähren, nnd der (iingang ist gewöhnlich gegen Wei ,vnß hoch. Wenn ein Mitglied der Familie stirbt, so wird es in den Hofranm begraben; an einem auf die Stelle gesteckten Pfahle werden einige Ochsenhörner und Schädel aufgehängt, während das obere ^'nde des Pfahles mit einem Büschel Hahnfedern geschmückt wird. >'der Ma,m lrägl jeine Waffen, ^abalspfcifc nnd seinen Schemel bei sich, nnd wenn ersteht, wird Alles smu Ans-nalime des Schemels) ^vifchen den deinen gebalten, ^iese Eingeborenen von C>'ondotoro find die ^ari. ^ir '^iänner sind wohl geivachsen, die grauen nicht einnehmend, aber der Rcger-niplls dicker kippen n»d platter Rase fehlt ^ ihre O'cfichlSzüge 88 Beschreibung d« Eittgelwrl'ücn, sind gnl, und das wollig Haar ist dcw einzige Merkmal des Negerbllttrs. Alis dem ^c'agen, den Seilen »>id dem stücken sind sie so dicht tättowirt, das; c), besondere wenn sir mit rothen (Eisenocker angerieben siitd, >vas herrschende '^l0de ist, wie ein breiter <"ürtrl uon ^ischschnppen aussieht. Der genannte ^arbestofs wird cniQ einem eigeitthümlichen 3hon bereitet, der reich an (Menoryd ist und, wenn er gebrannt wird, sich in Pnl^ ver vern'andell nnd dann ;u .Nlnuipen geformt wird, die Glücken Seife gleichen. Mit diesem, dnvch ^eimischnng uon ,vell zn einem ^eiq gestalteten (^cker salben sich beide (Geschlechter ein »nid geben sich dadnrch da^ Aufsehen »enev rother Backsteine. Das einzige Haar an ihrem gangen ^eibe ist rin Neiner 'Züschel auf dem Wirbel des Kopfes, in welchen sie eine oder mehrere Federn stecken. Die grauen Iiaben in der Regel gar kein Haar, da ihre Köpfe rasir: werden, ^tatl eines Feigenblattes tragen sie einen niedlichen llemen, elwa secho .^oll langen ^ choose von Glasperlen oder tleinen eisernen klingen, der lvie eiil Panzerhemd gearbeitet ist, nnd alö Hintergehänge den gewöhnlichen Schwanz von feinen ^rderstrrifen oder l^arnfäden, die anc, ein.^ heimischer ^annnuolle gesponnen werden. I>r Schooß n>ie der Schwanz werden mi eiln'm l^nrtel befestig!, der nm die Venden getragen wird, wie diejenigen im Schirstamme. Damit ist die ganze Toilette fertig. (5s wnrde no«» grobem ^«titzen sein, wenn sie wenigstens mit ihren Schwänzen wedeln tonnten, nm die fliegen zlt vertreiben, die in diesem Vande eine Marter sind. Das Kindvieh ist sehr tlein; die siegen nnd Schafe sind völlige Villipnlaner, aber fie iverfen in der Negrl drei ^nnge anf einmal nnd vermehren sich demnach rasch. I)ie Bewohner dieses Bandes waren früher freundschaftlich, aber die Kliartuiner plündern und morden sie nach Belieben in allen Richtungen; daher werden sie zur Rache anf jeden fremden, wenn er nicht eine starte Bedeckung bei sich hat, einen vergifteten Pfeil schie- Die Wirkungen vergifteter Pfeile. 89 Mn. Die Wirkung des für die Pfeilspitzen benutzten Giftes ist ttnn; alißrrordcntlich. Z» nur kam ein Mann n>n ärztliche Hülfe; er war fünf Monate vorher dnrch einen vergifteten Pfeil am Beil>c unterhalb der Wade verwundet, lind dnrch die Wir-lnnsi des Giftes n'ar der ganze ^-nß weggefressen worden. I^rr Knochen faulte gerade oberhalb des Knöcheln durch, nnd der ^nß fil'l ab. Das stärkste C'ift ist das (ueit nach Westen hin liegt. Auch der ^aft der in diesen ^eqenben gc^ meinen (rqiftrn der Pfeile benntzt. Man kocht ihn, bis er so dick ist wie Theer, nnd schmiert ihn dann anf die Klinqe des Pfeiles. Die Wirknnq dieses (Giftes besteht darin, dast es das fleisch zerfrißt, welche» seine ^aser verliert nnd nach hefli^er (^ntznndnn^ und Anschwelln:^ wie l^allcrn' adfällt. Die Pfeile werden mn Widerhaken versehen, die man mit tenflischem Scharfsinn fertigt; manche werden mil vergifteten ^piyen eingerichtet, die in Hülsen passen; versucht man dieselben zurnck;u^iel>en, so trennen sie sich vom Pfeile; anf dicsc Art bleibt die mit Widerhaken versehene, dicht mit Gift beschmierte Klinge in der Wunde stecken, nnd ehe man fie herausschneiden kann, wird das l^ift uon den Blutgefäßen eingrsangt. Hnm l^lnck sind die Wilden schlechte Bogenschützen, ^ic Bogen werden unabänderlich von dem männlichen Bambnsrohr gemacht nnd fortwahrend gespannt erhalten; sie sind nnßcroroent' lich straff, aber nicht sehr elastisch, und die Pfeile haben leine federn, da sie aus einfachem Schilfrohr oder anderem leichten Holze bestehen, find ungefähr drei ,vuß lang lind an der ("rund fläche mit einem kleinen ^tnopf versehen, nm fie mit dem Dinger nnd Daumen fcfthalten zn tonnen. 5ie ^ehne wird nie, wie in den meisten Vändern, mit den beiden Zeigefingern gespannt, W ttrnummtl'ill'» drr >>n,del'>si!'sl'lls!,l,!iftcn. sondern blos angebogen, indem man den Pfeil zwischen drin milllereu i^eleiit des Zeigefingers >,nd Daumens hall. (>»d nurd so ^mlich alü' dcr schlinnnftr dc5 u>e ^lil lu'trachicl. ^ir find ^war lwn dl'i, Mcijrl^icllschafn'n der Händler in drr nächsten Hinkend von l^oildolor» so oft ^nsamim'Nsichcnicu worden, daß sic sich, so lange sir sich bis auf cine Mcilc von drr station bcfindc», höchst behutsant verlialtrn^ alil'r >,'P ist dnrchans nichts Ilngc-wolinlichcV, dast nian nin i^lahprrlm angessangrn nurd alo ^,'lb gabc für das Nccht, unter miein schattistcu Baume zu sitzen, oder für die (>rlallbnif^ durä) das ^and zn veism. Um sie mit Schrecken ^nr Unterwürfisikcil ;u bringen, pflegten die ^eule der Händler sie au Händen und ,vü>>'u ;u binden nnd an den Mnd einer etn>a dreißig ,vus; holn'n ^elstlippe ^n schassen, die etwas jenseits der Ruinen des alten Missiouohauses liegt: unter dieser Klippe siedet der Mch in einem tiefen Wirbel; in jenes Wassergrab wnrden die ^pfer erbarmungslos lunabge schlendert ;ur ^«aliruug für die Krokodile, d's geigte sich, da>> die (Angeborenen fich vor diesrr strafe inelir fürchteten, als vor der Kugel oder dem Stricke, und sie wurde daher uon den H andrlS gescllschaften beibehallen. Bei »»einer ^lntunst iu <^ondotoro wurde ich voil allen jenen <^esellschnsteu als ein von der britischen Regierung ab gesendeter tharlnin, nnd ich sal, ;n meinem ^rftanneu das ^ahr^eug voll Räuber mil der anf dem Masttop wehenden ainc^ nkanischen flagge in l^ondotoro ankoinmen. l^ondokoro n>ar eine vollkommene Hölll'. I'ir ä^liplischcn ^'hördrii brkminncrn sich nicht i»! mindesten lim tmsseldc, ob wolN sie vechi gi>l Ibissen, das< e5 eine Kolonie uon Nimdern ist. (s'5 n'äre nichto leichlev, al5 einissc Offieieve und ^n'ei lmnden MlNin von Kliavtnm hev^nschicken, lim ein Mililär ssonverneineltt ^n bilden und alls diese Weise den Slaven Handel >n vechindern - aber ein l^'schent, das die Händler den Gehör, den machen, veichl hin, eine >inqestörwndotoro wurde als ein rechtswidriges Eindringen in einen der Sclaverei nud Schlechtigkeit geweihten Ort .betrachtet. (tngelu pfisfen zuweilen dicht an unseren ^?hren dnrch die Nist nnd schlugen mehr als einmal den Stanb vor meinen ,viißeu alif, '^'ichts war wahrscheinlicher, als das; eine Kugel aus .^nfall dnrch den Kopf ging, welche die wohlthätige Wirkung gehabt yuben würde, 92 (5m zlimbc l'rschosscn. die Händler von eineln Spion ^n befreien. Auf dem ^ahlbord cines der Boote saß ein .^iuabe, a^5 eine ,^ugcl ihm plötzlich in den Kopf schlug nnd die Hirnschale ^n Atomen zerschmetterte. N i r m a nd hatte ,.'5 gel h a n. Der Veib firl in's Wasscv, und dir Prnchstl'ickl' dcy Söuidrls laql'n auf dcin ^cvdrck niithrr. iiiachdrüi ich niich miM laql' in <^ondokow aufl^'ballcl» hatte, sal, ich untt'v »irincn ^'iltt'ii, lrclcho offrnbar dnvch die verschiedenen ("cscllschnftcn dev Handler vevfiihrt worden waren, mnierleimbare seichen der Unzufriedenheit, t^inr^ Abendc, ta^ inen mehrere der Unzufriedensten ^u niir und beklagten sich, daß sic nicht ssenuss fleisch dätn'n, und dcch ich ihnen erlauben ?nnsse^ eine Na^ia auf da?> Viel, der (^mqebm'enen ^ii inachen, uin sich einige Achsen ;n verschaffen. ?a dieses Verlangen natürlich verweigert wurde, siingen sie ab und murrten auf eine unverschämte Weise ihren (Zutschlim vor sich lim, day Vieh ^n stehlen, ich möqe e5 erlauben oder nicht, ^n dem Augenblicke sagte ich nichto, aber am folqenden Morgen früh lief; ich die Trommel schlagen nnd die ^eute sich in Reihen formiren. ^ch machte ilnien eine Nir^e Vorftellliug, iudem ich fie an den in .Miartnm geschlossenen Vertrag, mir getreu ;u folgen, und an die Bestimmung erinnerie, auf die sie eingegangen waren, daß sie weder der ^elal'enjagd noch dem Viehstehlen nachhängen dürften, Oir einige '^irtUng meiner Vorstellung war ein starker Aus-brnch der Unverschämtheit von Seilen den Nädelyführew am vorhergehenden Abend, dieser Bursche, Nameutz ^sur, war ein Araber, uud seine Frechheit wurde so starr, daß ich ihm auf der Stelle, al5 Beispiel fnr die Andere», fünfnnd^wan^ig Pritschen-Hiebe verordnete, Al5 der B^etil lSaati) daran ging, ihn festzunehmen, cnt stand ein allgeineillrr Aufruhr, Viele der ^eutc loarfrn ihre «^ewehre hin, l>nd ergriffen Stöcke nnd stürben herbei, l,m ihren schlanken Rädelsführer zn befreien. Saati war eiit tleiner Die erste Meuterei. f)rl'^ ;u bestel,en. ^aher sluiss ich ans ihn ;n, in der Absicht, ihn festzunehmen' er aber, dnrch niehr alö vier^iss Mann in, Rücken qedeckt, hatte die Frechheit, inich an^n^reifen, und stürbe mit einer Wuth hervor, die lächerlich war. ^eine» ^liMiff ab^mveliren lind ihn »ütlen in'c) bedränge hinein^iflos^en, ivar nichl schn'er, und nach einer raschen Wiederholung der ?osi9 »mchle ich il,n lnmpf unfähig, packte ihil an der l^urgel und rief nieineni Wetil nach ^iuem Strick, li>n ihn ;n binden^ iin Augenblick jedoch hatte ich rillen Hailfrn Vente ans lnir, u>n ihren Anführer ;n befreien. Wie die «beschichte abgelanfen n>äre, N'eist ich nicht; da aber der Schauplatz nnr dreißig ^->ch uon ineinein '^oote entfernt n»ar, so stürbe meine ,vran herans, die in der Kajüte ain Fieber tranl lag, den gangen Inmnlt »nt angesehen hatte und mich jetzt nm-ringt sah, und nnn iu n'^iigen Augenblicken mitten im l^ dränge der ^euie, die sich eben bemühten, mciucn <^efanqeuen ^n befreien, ^hl' plötzliches Erscheinen hatte eine merkwürdige Wirkung, nnd indem sie mehrere der am wenigsten Meuterischen ;nm Veistand aufforderte, seyte sie muthig ihren Weg bki ^u nur fort. ,uh ergriff die günstige Gelegenheit einer Unent schiedenheit, nielche der Hanfe für den Allgenblick >eigte, nnd schrie dem Tambour ;u, er solle die 5rommel schlagen, sofort ging die Trommel, lind mit der ganzen Starte meiner Stimme befahl ich der Mannschaft, „sich zn formiren," d''5 ist mert würdig, wie mechanisch eine», Befehle gehorcht wird, wem» mau ihn im rechten Augenblick, selbst iumiuen ^iuer Meuterei giebt. 94 Tie Khartmner Pedeckuilq. .^lvei drittel der ^«,'annschafl formirlen sich und flelllen sich iü 'k'eihe und <>,'itt'd uns, n'ährend die Uebrigen sich mit drin ^cä deltzfnhrer ^sur ^irnck^ogeu, den sie unter der ^ehaliptting west führten, das^ cr schtuer vernnindet sei. 5ie ^ache endete damit, das^ ich darauf bestand, e^, innsu^n sich Allr in ^rilic nnd <^licd aufstollen nnd dcr '!^ädcl«fnl>l>.'r müsse hcrbeiiul'rachi lurvdcn. In dirs^il tmischl'n :'Iln^',!dlick lral ,vwn ^atcr mit qrusn'm ^>n'l ans nnd bat mich dnnqcnd, il>in ^i Vl'Mbl'n, ivcnn l'r mir die >Na»d tüstte und nm ^ri^'il,n!n^ dale, ^adorch N'nrdc dil' ^«'annschasl vollständig l^monm'n; odql^ich nirnist^ ^.'n ^l! vor in ofsVnl'»! Alisstandl', fovd^tcn sir jetzt il>vcn ^tädelsfühvcr nns, sicl> ;n enlschnldigrn, diiiin ivrvde ^llle<' l^il sein, ^ch hielt ihnen eine ziemlich bittere 'Itede nnd entlief sie. ^on diesem 'Ali^enbliel an nmsne ich, dast ineine (npedi lion dem ^ehicksale verfallen sei. ?rr »litqelheilte ^llnöbrnch war ein Beispiel dessen, >ua<) noch solqen sollte, d'he ich Khar tnm verliess hatte ich die lleber^en^nn^ l^ehaln, das^ ich »>il einer bedeckn mi. von solchen ^chtirten N'ie diese Khartnmer nichts an5 richlen tonnte- ich hatte mich deshalb an die üqMischeu ^ehör dcn ssen'andl nnd nm einiqe Gruppen gebeten, war aber ab schläglich beschiede» worden. ^el.U befand ich mich in einer schlech le>! Vage. -'llle meine Venle hallen nach der am weiden '.'lil herrschenden <^en>ohnheit fnnflnonatliche Vöhne i», voraus rr halten- ich hatte sie also nicht in meiner l^ewalt. Aegyptischc Behörden gab e^> in <"ondotoro »licht- e« lvar ein Nest uon säubern, nnd mei,ie Venle hatten soeben ihre Anhänglichkeit an mieh »nd ihre ^rene ans eine hochsl angenehnie ^>eise ge^eigl. ^in l^'nropäel- »var jenseits »"ondotoro nicht ^n finden; ich sollte also nnter dieser l^esellschaft von ^ölfeil der einzige iveiße ^cann sein, lind hatte einen schwierigen und nnsichern '^eg in 'Anczsicht, n>o die Möglichfeil des l^elingenh in der vollständigen Mainly znchl meiiler ^edecknng lind il, der oolltomnieilen Organisation (5s kommen Händler !Nl<' dem Sül^n ,ni. 95 der t^rpedition lag. Nach dem soeben dargestellten Auftritt lvar >ch überzeugt, daß meine Bedeckung nur »>rhr Ursache ^nr Be^ ä'ngstiguug geben werde, a!5 die anerfannte ^eindseligt-eit der Eingeborenen. M vereinbarte niiä, mi: einein tschcvtcssischcn Händler, Kurschid ')lqa, i'ibcv dl'li ^iauf rini^cv ^chsril, und mi fettt'S Thirv wurdl' sofort für dn' '.vcaiüischaft gcschluchtct. ^ic schnmllsten Masftn von ^lcisch, day sir in ^lrcifcn schnilicii und, wahrmd dit> ciqrntlichc Mahl^cit ;nbcn'itt't nnirdo, auf dic hrifn' Asche lkqtm, nnd bl'fnndrn sich bald in der listen Vaunr. ^ic n'ün'il levt fast Wirtlich nnd qolobtt'n, daß fic mir bw an''ö (i'ndc der Welt folgen tvolllcn, >väl>ll'nd drr l'ln'inali^ 'Itädcl^führcl, n>i geachtet sein <"csicht i» dl'iü »l'u lichen Anflauf ab^'malt n»ar, rrNärtc, daf^ ')u scin nn'ldcal^ er, und dasi i,n ,vall cineci Husainmrnstos^h inil dcn l^illgcbon'Nl'n jeder „Pfeil, ehe er mich erreiche, durch ihn gehen solle," ^'5 gehörte mir Mir sehr geringe Kenntnis; der menschlichen Natnr da;n, nm die bei einer solchen Bedeckung bevorstehende ^»l-nnft ooraus^i' srheni - wenn Viebc nnd Pflichllrene uon uollen Manchen al> hingen, so mnstten bei schmaler Kost Meuteret lind Nnordnnng ^um Vorschein lomiiien. ^ndes^ oeniühte ich mich, indem ich je ben Morgen ;n einer besti,»inten ^lnnde Parade hielt, eine ge wisse Ordnung herzustellen. ,uh haue in '^ondot'oro ;wölf ^age verweilt, nm die Aut'unfl voil ^ebono'^ ^Reisegesellschaft aus dem ^nden ^n envarten, N'elcher ich mich bei ihrer Rückkehr anschließen wollie. ?a hörte ich am >!>. ^ebrnar plötzlich in großer Entfernnilg dao l^erassel von Mn^lelen nnd von Süden her ein ^loltenfeuer. 1l>n von dein Angeublick einen Begriff ^n geben, muß ich wörtlich an5 meine», Tagebuch e>l!^ nehmen, was ich damals niederschrieb: „Ich höre fernes l^ewehrfruer; Dcbono'o (^lfeubrinträger konnuen an, auf die ich gewarlel hade. Meine Veute stürzten 96 Speto's und Grant''? Ankunft. wie rasend nach meine», ^oote mil der ^iachricht, daß sich bei ihnen zwei weis^e planner befänden, die vom Äl'eere her gekommen wären! ^olllen es ^peke nnd «'»'rail: sein? ^ch sprang fort, nnd bald fand ich sie wirklich. Hnrrah England!! >3ie waren vo>n Victoria 3i'yat>za gekommen, aus welchem der ^,il entspringt___ Da5 ^nlirlansende alle Geheim nisi war enthüllt. Vieiue ^reud^, das; ich sie traf, lvird unr dnrch den Umstand beeinträchtigt, das^ ich sie bei nieiuem buchen ilach ihnen nicht iveiler drangen gefunden halle; indes^ gereicht es mir ^nr l^i^ nngthlinng, daf^ meine vorläufigen 'Anordnnngen der ^'ln n,a ren, dast ich sie, wenn sie in einer .klemme gewesen wären, sicher hätte finden müssen___ Die von mir entworfene Reiseroute hätte mich, da sie ans dem Ä^ege, den ich einzuschlagen gedachte, lwm ^ee herkamen, mit ihnen ^nsammengeführt.,,. Alle meine ^enle sind vor Aufregung völlig toll; indem sie, wie gr^ wohnlich, mit scharfen Panouen salulnlen, erschosseil sie einen meiner (5sel: ein schmerzliches Opfer, daü der Vollendung dieser geographischen (^ntdecknng dargebracht ivnrde/' 'Aw ich ihnen begegnete, spazierten sie lüngü dem Ufer nach meinen Booten hin. ^n einer Entfernung von dreihundert ^nß erkannte ich meinen allen freund >5peke^ mit frendig schlagendem Her^eit nahm ich meine Mnl,^e ab und brachte, indent ich anf ihn zueilte, ein bewillkommnendem Hurrah! ^iir den Angen-blick erkannte er mich nicht; ein zehnjähriger ^artwnchs hatte eine Veränderung hervorgebracht; nnd da er mich gar nicht erwartet halte, so kam il,m mein plötzlichem Erscheinen im Mittel pllnkt von Afrika unglaublich vor. Seinem Reisegefährten branchle ich kanm vorgestellt ^u n>erden, da wir uns schon kannten, und nach den Anfwallungen über dieses glückliche Hn-sammeutn'ffrn spa^ierleu nur zusammen nach meiner Dahabii!, während meilu' Venie uii^ unler Dampf und Getöse uuniugt^u, indem sie auf dem ganzen '^ege ein unablässiges Muteten- Speke's und Grant's Aussehen. 97 fcuer unterhielten. Wir saßen bald auf dem Perdeck unter dem Sonnenzelt, und jenen beiden abgerissenen und abgehärmten Mustern einer afrikanischen Neise, die ich mit Stolz als meine ^andolente ansah, wurde die ranhe Kost vorgesetzt, die sich in der Eile zubereiten ließ. Wie ein gutes Schiff im Hafen ankommt, zerschlagen und zerrissen durch eine lange und stürmische Reise, doch unversehrt in seinem Spann und seefest bis an's Ende, so kamen diese beiden tapferen Reisenden in Gondokoro an. Spcke schien am meisteu mitgeuommcn zu sein; er war außerordentlich mager, hatte aber eigentlich eine gnte, feste Natur- er war den ganzen Weg von Zanzibar her gegangen, ohne während diesem ermüdenden Marsches auch unrein einziges Mal zu reiten- <^ran! befand sich in ehrenwerlhen Lumpen: seiue bloßen Kniee ragten durch die Neberrcste von Beinkleidern hervor, die eine Probe roher Industrie in Schneiderarbeit darstellten; er sah ermüdet und fieberkrank aus. Aber beide Mäuuer hatten ein Feuer im Auge, das den Geist verrieth, der sie vom Anfang bis zum (^nde geführt hatte. Sie ivünschteu Gondotoro so bald als möglich zu verlassen, um anf dem Wege nach (England weiter zu reisen, verschoben aber ihre Abreise, bis der Mond eiuen Stand haben nierde, der eine Beobachtung zur Bestimmung der geographischen Länge gestattete. Meine Boote waren glücklicherweise von mir anf fnnf Monate gemiethet; daher kounteu Speke und Grant dieselben nach Khärtn»! übernehmen. Im ersten Augenblick unseres Zusammentreffens hatte ich dadurch, daß ich ihnen begegnet war nnd daß fie die Gut' dccknng der Nilquellen vollendet hatten, meine Expedition für beendigt gehalten; als ich ihnen aber von gauzem Herzen Glück wünschte ,zn der (^hre, die sie in so herrlicher Weise gcerntet hatten, gaben mir Speke nnd <"rnnt mit charakteristischer Aufrichtigkeit und Großmnth eine Karte von ihrer Reise, aus welcher Vater, Der AU-crl N'yanza. I. ? 98 Speke's und Grant's Entdeckungen. hervorging, daß sie nicht im Stande gewesen waren, die wirkliche Erforschung des Nil zu vollenden, und daß noch immer ein höchst wichtiger Theil zu bestimmen blieb. Es zeigte sich, daß sie den Nil, welchen sie vom VictoriaSce aus verfolgt, nnter 2" 17^ nördl. Veite überschritten hatten; aber der Flnß, der von seinem Anstritt ans jenem Tee an einen nördlichen Lauf hatte, wendete sich bei den Karnma-Wasferfällen (dem Pnnkte, an welchem sie ihn nnter 2" 1?^ nördl. Breite überschritten hatten) plötzlich nach Westen. Sir sahen den Nil nicht wieder, bis sie nnter 3" 32^ nördl. Breite ankamen, wo er dann von West-Süd-West herfloh. Die Eingeborenen nnd der König von Unyoro (Kamrasi) hatten ihnen versichert, das; der ans dem Victoria N'yanza entspringende Nil, den sie bei Karllma überschritten, mehrere Tagereisen weit nach Westen hin stieße nnd endlich in einen großen See falle, welcher der Luta N'zige heiße; daß dieser See von Süden her komme, nnd daß der Nil nach dem Eintritt in das nördliche Ende desselben fast unmittelbar wieder heraustrete und als ein schiffbarer Aluß seinen Lauf durch die Koschi. und Madi-Länder nach Norden fortsetze. Sowohl Speke als Grant legten diesem ^'uta N'zige-See eine große Wichtigkeit bei, nnd der Erstere bedauerte sehr, daß es ihnen unmöglich gewesen war, die Erforschung durchzusehen. Er sah voraus, daß Stubeugeogvapheu, die, in einem behaglichen Armstuhl sitzend, mit ihren Fingern so leicht auf einer Karte herumreisen, ihn fragen würden, warnm er nicht von dem Orte nach dem Orte gegangen sei? warnm er nicht dem Nil bis zum Lnta N'zige-Sce und von dem See ans bis Gon-bokoro gefolgt sei? Unter den obwaltenden Umständen war es für Spctc und Grant unmöglich, dem Nil von Karuma aus zu folgen: — die Stämme lagen mit Kamrasi im Kampfe, und Fremde konnten nicht durch das ^and gehen. Sie ließen sich daher auf das sorgfältigste unterrichten, vollendeten ihre Es sollte noch ein zweiter See vorhanden fti». 99 Karte und legten den genannten See. an seine muthmaßliche stelle, wobei der Nil, sowohl in seiner Einmündung als seinem Ausfluß erschien, genau so, wie die Eingeborenen angegeben hatten. Speke sprach seine Ueberzeugung aus, daft der Luta N'zige eine zweite Quelle des Nil sein müsse, und daft die Geographen ungehalten sein würden, daß cr ihn nicht untersucht habe. Mir war dies höchst angenehm, ^ch war bei dem (bedanken, daß das lN'oßr Wert' uollendet sei uud daß nichts mehr zu erforschen übrig bleibe, sehr entmnthigt worden; ich sagte sogar zu Spcke: „Bleibt denn kein einziges Blatt des Lorbeers für mich übrig?" Jetzt hörte ich, daß do5 ,veld nicht nur frei sei, sondern daß burch den Veweis, daß der Nil aus einem einzigen großen See, "er Victoria, entspringe, daß er aber offenbar aus einem unbekannten See eine neue Verstärkung erhallen müsse, da er in denselben am nördlichen (^ndc eintrete, während die Hauptmasse des Sees von Süden herkomme, der Erforschung ein gesteigertes Interesse verleihen werde. Die Thatsache, baß klne große Wassermasse wie der Luta N'zigc sich in gerader "Nie von Süden nach Norden erstrecke, während das Haupt-stromsyftem des Nil derselben Richtung folgte, zeigte auf höchst kl'tscheideude Weise, daß der Luta N'zige, wenn er in der angenommenen Gestalt cristirte, im Becken des Nil eine wichtige ^llgc haben müsse. Meine Expedition hatte natürlich ziemlich viel gelostet, nnd bn sie sich m vortrefflicher Ordnung befand, so wäre es herzbrechend gewesen, fruchtlos umzukehren. Ich machte deshalb so-Wrt Anstalt zur Abreise, und Speke war so freundlich, in mein ^ngebuch die Instructions zn schreiben, welche mir etwa von Nichen sein konnten. Sie folgen hier iu wortlicher Abschrift: — ,,Vevor Sie diesen Ort verlassen,, nehmen Sie ja zwei Männer an, einen, der die Vari- oder Madi-Sprache spricht, 100 Vericht über den Luta N'zige. und einen, der Kinyoro spricht, nm auf der gauzen Reise ihre Dolmetscher zn innchen, denn es giebt im Lande nur zwei ver-schicdcue Sprachenfamilien; es kolumen natürlich einige dialektische ^'schü'denheitcn vor, N'elche aber Jeder, der die Haupt-spräche leimt, leicht überwinden kann___ Da Sie nnn entschlossen sind, Alterst Kanlvasi ^i'>ta>»ma oder den .^tonig von Unyoro zn besnchen und dann so viel als möglich von dcn westlichen Ländern zn sehen, dir an den kleinen See Lnta N'zigc oder „todte Eidechse" grenzn, so gehen Sie acht Märsche weit in Gesellschaft mit dcn ^lfenbeini'ägern über dcn Asna-Flnß nach Apnddo nnd sehen sich östlich von diesem Dorfe nach Wild nm. Zwei Marsche weiter werden Sir nach Panyoro bringen, wo es sehr viele Antilopen giebt, und in noch einem Marsche werden Sie den änßersten Vorposten der Türken, Faloro, erreichen; Sie thäten am besten, wenn Sie dort ein Depot bildeten nnd einen kurzen Ansflng über den weisen Nil nach Koschi machten, nm sich zu erkundigen, welche Stämme westlich nnd südlich von demselben, besondere von den Wallegga, leben; wie der Fluß uon Süden hev lomml, nnd wo er von dem kleinen Lnta N'zige aufgenommen wird. ('»rknndigen Sie sich anch nach dem Lande Tschopi, und welche Schwierigkeiten oder was sonst Sie zu überwinden, haben würden, wenn Sie das linke Ufer des weiften Flusses bis zu Kamrasi's Residenz hinanf verfolgten; denn wenn sich das als leicht heransstellte, so würde es weit näher und besser sein, Kamrasi auf diesem Wege zu erreicheu, als durch die öden Dschungel von Ulidi ^u gehen, wie wir thaten. Dies ist der Weg, dcn ich sicherlich selbst gehen würdc; sollte er Ihnen aber nicht gefalle»», so bewahren Sie Ihre Information gut, nnd wenn Sie nach Faloro zurückgekehrt sind, so machcn Sie die Tonr bis Koki mit Tschongi in zwei Märschen und sagen dem alle» Tsclwugi, ^!e wollteu seinen M'Kamma Kamrasi besnchen, denn Tschongi wurde von Kamrasi znm Ge- Spete's Instructionen. 401 neralgouverneur jenes Ortes ernannt, um die Wakidi zn bedachen, die Wischen seiner Residenz nnd Tschopi leben, welches das erste Vand ist, das Sie erreichen werden, nachdem Sie dnrch b'e Dschungel von lltidi qe^ogeu sind nnd den Nil nnterhalb der Karuma-Wasserfälle überschritten haben. Sind Sie, in Tschopi angekommen, so erkundigen Sie sich nach der Residenz des Katikiro oder Oberbefehlshabers, der Ihlien große Ehrerbietung erweisen, Ihnen Kühe nnd Pombö geben und Boten zu Kamrasi senden nnrd, nm ihn von Ihrer Absicht, ihn zu beuchen, iü Kenntniß zu setzen. Dies ist der reichste Theil von Kamvasi's Vesitzungen, nnd auf eine kleine Anfrage werden Sie viel über den See erfahren, leinen Marsch davon lebt auf einer Flußinsel Kamrnsi's Brnder Nionga. Sie sind Todfeinde und uegcn immer im Kampfe- wenn Sie daher eil! Versehen machen und zuerst nach Nionga'ü Residenz gingen, was die Türken llern sehen würden, so wäre alles Nciscn in Unyoro abgeschnitten. Sagen Sie dem Katikiro alle Ihre Pläne frei und offen, und sprechen Sie sich ernstlich über mein großes MiMlleu aus, daß Kamrasi mich so lange in seinem Lande aufgehalten habe, ohne daß er gerichte mich zn sehen, sonst kann er versichert sein, daß uie wieder ein weißer Manu sich die Mühe nehmeu wird, ihn zu besuchen. Wir fuhren von Kamrasi's Residenz nach Tschopi in Booten den Fluß hinab, aber die Pootsmanner machten uns viel Noth; deshalb würde es für Sie besser sein, wenn Sie den Landweg giilgen. Kamrasi wird höchst wahrscheinlich Kidgwiga, mum vortrefflichen Officier, senden, nm Sie nach seinem Palast M geleiten; sollte er es nicht ihnn, so bitten Sie um ihn; Sie könurn keinen bessere,! Man» haben. ,,Sind Sie in Kamrasi's Residenz angekommen, so bestehen Sie daranf, alle seine fetten Weiber nnd Prüder zu sehen. Machen Sie über seinen Stammbaum Alles ausfindig, was Sie köuucn, und bitten Sie um die Erlaubniß, den See von seiner 492 Epete's und Grant's Charakter. Vereinigung mit dem Nil bis nach Utnmbi zu verfolgen, bann nach seinem nördlichen Ufer hinüberzufahren und ilnn bis Ullcgga und Koschi hinab zu folgen. Wenn Sie so glücklich find, Ulumbi zn erreichen, nnd nicht weiter nach Süden gehen wollen, so erkundigen Sie fich ja nach Ruanda, nach den M'Fumbiro-Bergen, ob es in Ruanda etwa Kupfer giebt, und ob die Bewohner dieser Gegenden Simbi ^Kanri oder Muschrlgeld) oder andere Handelsartikel von der Westküste her empfangen oder nicht; dabei hüten Sie sich aber ja, daß keine Verwechselung mit dem Handel von Karagwö entsteht, denn Nnmanika schickt Leute nach Utumbi, die fortwährend Elfenbeinjagd treiben. „Erinnern Sie sich wohl, daß die Wahnma höchst wahrscheinlich Callas sind; diese Frage ift von grossem Interesse, und je mehr Sie über ihre (beschichte sammeln tonnen, seitdem sie den weißen Nil überschritten, desto besser. Früher waren Unyoro, Uganda und Uddliu zusammen zu einem ungeheuern Königreiche vereinigt, das Kittara genannt wurde, jetzt aber wird dieser Name nur auf grwiffe Theile jenes Königreichs angewendet. „Vom Mondgebirge westlich uon Ruanda ift nichts bekannt. In Unyoro wird der König Sie beköstigen; jenseits desselben, vermuthe ich, werden Sie sich Nahrung für Glasperlen kaufen müssen." Das war die Information, die Spcke mir freundlichst anf-schrieb, und die nebst einer von Capitäil Graut gezeichneten nnd an dm Secretür der königlichen geographischen Gesellschaft gerichteten Karte bei der wichtigen Forschungsreise, zu welcher ich mich entschlossen hatte, mein Führer sein sollte. Ich theile diese Einzelheiten umständlich nut, um zu zeigen, daß die beiden Ca-vitäne Spete und Grant vollkommen frei uon Eifersucht waren. Leider herrscht in den meisten Angelegenheiten des Lebens nicht blos ein schöner Wetteifer, sondern der Ehrgeiz ist nur zu oft mit heftiger Eifersucht auf Andere verbunden. Hätte dieses er- Zur Abreise nach dem ?uta N'zige bereit. 103 ^ärmliche Gefühl in den Gemüthern von Spcke und Grant ^''stirt, so wären sie nach England zurückgekehrt und hätten allein die Ehre davongetragen, die Quelle des Nil entdeckt zu haben; aber bei ihrer aufrichtigen Liebe zur geographischen Wissenschaft und besonders zu dem specifischen Zweck ihrer Expedition gaben sie mir jede Velchrnng, die mich in der vollständigen Lösung der großen Anfgabe — der Entdeckung der „Nilquellen" — unterstützen konnte. Wir waren Alle zur Abreise fertig, Spekc und Grant nebst lhrer Begleitung von zwcmndzwanzig Mann nach Aegnpten, und ich in der entgegengesetzten Nichtnng. In dieser Jahreszeit waren viele Boote in Gondokoro, welche den Reisegesellschaften der Händler gehörten, und nuter denen sich vier befanden, deren Besitzer Herr Pelherick war; drei der letzteren waren offene M'achtboote und eins eine wunderhübsche Dahabis, Namens „Kathlin", die auf Fran Petherick und ihren Gemahl wartete, welche, wie man vermuthete, auf ihrer Handclsstation, der Niam-bara, etwa sieben;ig Meilen westlich von Gondoloro, waren, von denen man aber nichts gehört hatte. Am 20. Februar kamen sie plötzlich mit ihren Leuten und Elfenbein von der Niam-"ara an und waren erstaunt, so viele Engländer an einem so trostlosen Orte zu sehen. Es ist ein sonderbarer Umstand, daß, obgleich viele Europäer südlich bis Gondokoro vorgedrungen waren, ich der erste Engländer war, der es erreicht hatte. Wir bildeten jetzt eine Gesellschaft von vier Personen. Gondokoro hat einen magern und sandigen Boden, der so unfruchtbar ist, daß an Getreide der größte Mangel herrscht und für die Lente der Händler, welche in den Monaten Januar und Februar aus dem Innern daselbst zusammenkommen, nm das Elfenbein zur Verladung nach Khartum abzuliefern, der Bedarf stets durch die jährlich aukommenden Boote von Khartum mitgebracht wird. Das Getreide kostet selten oder nie we- 404 Speke's u»d Giants Abreise nach Khartum. niger als bcil achtfachen Preis von Khartum. Dies ist für das Land ein großer Nachtheil, da jede Handelsgesellschaft, die mit Elfenbein ans dem Innern antomint, fünf bis sechshundert Eingeborene als Träger mitbringt, die während ihres Aufenthalts in Gondokoro sämmtlich ernährt werden müsseil nnd in Zeiten des Mangels hänfig verhnngern. Diese Hnngersnolh hat den Ort in schlechten Ruf gebracht, und es ist daher schwer, ans dem Innern heraus Träger zu bekommen, da dieselben natürlich sich vor dem Hungertod fürchten. Es that mir deshalb anßerordentlich leid, das; ich Herrn Pctherick seine Bitte nm eine Getrcidelieferung abschlagen mnßte — es war meinerseits ein Act der Notliweudigtttt, nicht der Bosheit, da ich mich genöthigt sah, in l^ondotoro eine gewisse Quantität im Depot zu lassen, im Fall ich ans dem Innern sollte zurückgetrieben werden; denn in diesem Falle wäre das Schicksal meiner Reisegesellschaft, wenn ich nicht einen Getreide-vorrath niedergelegt hatte, der nnvermeidlichc Hungertod gewesen. Herr Petherick schickte demnach eines seiner Boote den weiften Nil hinab zum Schirstamme, nm Getreide für Moloten sHacken der Eingeborenen) cmznraufen. Das Boot kehrte am 11. März mit Getreide zurück. Am 36. Februar segelten Spetc und Grant uon Gondokoro ab. Unsere Herzen waren zn voll, nm mehr sagen«zu können als ein tnrzcs: „Gott behüte Sie!" Sie hatten ihren Sieg gewonnen; mein "Wert lag noch vor niir. Ich folgte ihrem Boote, bis es sich nm die Ecke herumwandte, nnd wünschte ihnen für ihre große That in meinem Herzen alle Ehre. Ich hoffte den Rnf, den sie der englischen Beharrlichkeit errungen hatten, aufrecht zn erhalten, nnd hegte die Erwartung, wenn ich das Werk, desfen Plan wir zusammen mit solcher Wärme entworfen, vollendet haben würde, sie im theuern England wiederzusehen. Drittes Kapitel. Schwierigkeiten in Gondokoro. unglillt mit einem Gewehr, — Vögel richten die Esel zu Grunde, — Ueber» emtvmnicn mit Mahommed. — Seine Falschheit. — Sein Plan, mein Herdringen zu hindern. — Der Knabe Saat, — Dessen Lebcnögcschichte. — Hieine erste Bekanntschaft mit Saat. Er wurde aus versehen fortgeschickt. Saat'» Charatter, ^ Eö ist etwas in, Anzüge, — Menterei der Be- Aung. ^ Ich bereite mich aus's Schlimmste vor. — Elltwaffue die Älen- Ner. — Mahommed läßt mich im ^tich. — Nebcreinkommcu mit Äurschid ssa. — Tie letzte Hoffnung ist verloren. — Die Expedition zerstört, — ^"tschluß, vorznriicken, — Nicharn ist treu — Tcö Barihänfttlingö Be» »tcht. — Unterhandlung mit plenteren,, — Abermals eine ^evschn'örnng. ^ Fadila's nächtlicher Besuch. — Eine Verwechselung, — ,/>>ldda", der Valuta, — Ich „lache Allstalt zum Aufbrnch nach ^atula. — Drohllngcn ^» Äurschid's beuten. -^ Entschluß, vorwärts zu reisen, — Abmarsch von Gondotoro, - Ich bin mein eigener Führer. ^'Men Tag vor Spefe's und c^'raitt's Abreist uon Gondo-^^o trat cin Erciginß cin, da^ dcll abrrglalibischcn Vorstelln>,-gen lneiner ^elttc als ml böses Vorzeiche,, erschien. Ich hcnic ^hlen, die Dahabiö znr Abfahrt vorzubereiten; nachdem daher " ^adnng an'Z ^and gebracht und das Boot gereinigt und ""gewaschen war, saßen wir in der Kajüte, als cin plötzlicher "all dicht an den Fenstern nns von unseren Sitzen aufschreckte, und die Bestürzung einer Menge Leute, die sich am Ufer befanden, zeigte, das; ein Unglück vorgefallen sei. Ich sprang so-wrt hinaus und fand, daß die Diener alle meine Vüchse», auf 106 Unglück mit einem Gewehr. eine auf die Erde gebreitete Matte gelegt hatten, und daß Einer von der Mannschaft über die Gewehre gelanfen war; er hatte mit dcm Fnße an den Hahn einer der Neilly Büchsen Nr, 10 gestoßen nnd denselben für einen Augenblick vom Piston emporgehoben; die Folge war, daß das Gewehr sofort losging. Die Büchse war für Elephanten mit sieben Drachmen (7Vi» Qnentchen) Pulver geladen. Vor der Mündnng lag zum größten Glück eine Menge Gepäck, aber die Wirkungen des Schusses waren außerordentlich. Die Kugel traf die stählerne Scheide eines Degens und riß den Ring ab; dann ging sie schräg durch den Kolben einer großen Büchse und zersprengte die Kolbenplatte, drang in eine Packliste von zollstarken Brettern,, ging durch dieselbe und durch die Schenkel eines Mannes hindnrch, der in einiger Entfernung saß, traf das Hüftbein eines zweiten Mannes, der einige Schritte weiter saß, zerschmetterte beide Hüften und blieb, da sie glücklicherweise ihre Kraft verloren hatte, im Leibe sitzen. Hätten der Kugel uicht zuerst andere Gegenstände im Wege gelegen, so würde sie mehrere Leute getödtet haben, da dieselben gerade vor der Mündung in einen: Hänfen beisammen saßen. Dr. Murie, der Herrn Petherick begleitet hatte, war so freundlich, den Verwundeten alle Aufmerksamkeit zu erweisen; aber derjenige, welchen« die Hüfte zerschmettert war, starb in wenigen Stuuden, wie es schien ohne Schmerzen. Nach Speke's und Grant's Abreise ließ ich mein Zelt auf das hohe Terrain über dem Flusse schaffen; die Ansdünstung ans dcm Unflath einiger Tansende uon Menschen war ekelhaft, und das Fieber herrschte allenthalben. Wir litten Beide daran; auch Herr und Frau Petherick und viele meiner Leute, von denen Einer starb. Meine Thiere waren alle gesund; aber die Esel und Kameele wurden von einem Vogel angefallen, der etwa so groß wie eine Drossel war nnd ihnen große Beschwerde Vögel richten die lHsel zu Grunde. 107 verursachte. Dieser Vogel hat cine grünlich-braune Farbe, einen mächtigen rothen Schnabel und außerordentlich starte Krallen. Er ist für die Thiere eine ungeheure Plage nud frißt wirtliche Löcher in dieselben. Wenn sich der Vogel anf ein Thier setzt, so ist sein ursprünglicher Zweck, nach Ungeziefer zu suchen; aber mit den bloßen Insecten ist er nicht znfrieden nnd pickt Löcher in alle Theile des Thieres, besonders anf dem Nückm. Eine einmal geöffnete Wunde zieht ihn noch mehr an, nnd das un-glückliche Thier wird so geplagt, daß es keine Zeit znni Fressen hat. Ich mußte kleine Knaben miethen, um dir Esel zu bewachen nnd diese Plagegeister zn vertreiben; aber die Vögel waren so entschlossen nnd dreist, daß ich ste, wenn sie von den Wachtnaben verfolgt wurden, beständig nnter den Leib des Esels laufen sah, indem'sic sich am Bauche mit ihren Füßcn festhielten und nach der andern Seite des Thieres zurückzogen. In wenigen Tagen waren meine Thiere voller Wunden, mit Ausnahme der Pferde, deren lange Schwänze wirtsame Besen waren. Obgleich wir eine hohe Temperatur, W" Fahren!)., hatten, so war doch gegen drei Uhr Morgens der Wind häusig tall, und eines meiner Pferde, „Priester", das ich nnlüngst von der Mission gekauft hatte, wurde gelähmt nnd konnte nicht vom Boden aufstehen. Nach mehrtägigen Bemühungen, es zu curi-ren, mußte ich dasselbe erschießen, da das arme Thier nicht fressen konnte. Ich wog nnn mein ganzes Gepäck und fand, daß ich vier-undfünfzig Kantaren (jede zu 100 Pfund) hatte. Die schreckliche Last bildeten Glasperlen, Kupfer und Munition. Ich wandte mich deshalb an Mahommed, den Wetil Andrea De-bono's, der Speke und Grant escortirt hatte, und bat um seine Mitwirkung auf der Expedition. Debono's Leute hatten eine große Masse Elfenbein aus dem Innern hcmbgrbracht nnb besaßen daher eine Anzahl Träger, die mit leeren Händen zurück- lO8 Uebereinkommen mit Mahommed. kehren wollten; ich verständige »nch dcutnach mil Mahommcd über fünfzig Trüger, die von Gondokoro bis zur Station in Falovo, ungefähr zwölf Tagemärsche ^ den Nucken meiner Thiere eine große Erleichterung gewähren konnten. Zu Faloro gedachte ich mein schweres Gepäck im Depot zu lassen nnd geraden Wegs nach Kamrasi's Lande vorzudringen. Ich versprach Mahonnned, daß ich in allen neuen Vändern, die ich etwa entdeckte, meinen Ein-flnß verwenden würde, nm seinen: Glfenbeinhandel einen Weg zu öffnen, vorausgesetzt, daß er darauf einginge, denselben durch gesetzmäßigen Gintauf zn führen, nnd gab ihm ein Verzeichnis der Qualität Glasperleu, welche uach der Beschreibung, die ich von Speke erhalten hatte, für Kamrasi'o ^and am wünschens-werthesteu war. Hiiahommed versprach, mich nicht nur bis zu seinem Vager in Faloro, sondern auf meiner ganzen (npedition zu begleiten, wenn ich ihn bei der Verschafsung von Elfenbein unterstützen und ihm ein hübsches Geschenk geben wollte. Ueber das Alles wurden wir einig, und meine eigenen Leute schienen bei der Aussicht, sich einer so großen Gesellschaft anschließen zn könne»,, wie diejenige Mahommed's war, der ungefähr zweihundert Mann zusammenbrachte, frohen Muthes zu sein. Ich setzte damals wirklich Vertrauen auf die Versicherungen Mahommed's nnd seiner Leute; sie hatten eben Sveke und Grant mitgebracht und von denselben eine vortreffliche Doppelflinte und mehrere werthvolle Büchsen zum Geschenk erhalten. Ich hatte versprochen, sie nicht nur auf ihren (5'lfenbeincxpeditio-nen zu unterstützen, sondern ihnen außerdem noch etwas recht Hübsches zu geben, und die Thatsache, daß ich über vierzig Maun als Bedeckung hatte, konnte auch zur Empfehlung dienen, da meine Lente die Macht vermehrten, die in feindlichen Ländern ein großer Vortheil ist. (5s schien Alles im besten Gange zu sein, aber ich kannte die Falschheit dieser arabischen Schufte nnr Betrug und Cmuplott. 109 wenig. In dem nämlich,,'!! Augenblick, wo sie die größte Frcnnd-schaft zeigten, sannen sie auf Mittel nnd Wege, mich zn betrügen und zn verhindern, das Land zn betreten, Sie wnßtcn, das;, wenn ich in's Innere eindränge, der Elfcnbeinhandel des weißen Nil nicht länger ein Geheimniß scin, nnd daß die Greuel des Sclavenhandels würden aufgedeckt nnd höchst wahrscheinlich dnrch die Vermittelung europäischer Mächte beendigt werden; sie vereinigten sich daher, mein ^ordringen zn verhindern nnd meine Ervedition vollständig zn vernichten. Die ganze Mannschaft, die den verschiedenen Händlern gehörte, war entschlossen, keinen Engländer in's Land eindringen zu lassen; sie schlössen deshalb Brüderschaft mit meiner Nedecknng nnd redeten ihr mi, „daß ich ein Ehristenhnnd, dem zn dienen für einen Mnhamedaner eine Schande sei; daß ich sie in meinem Dienste wolle verhungern lassen, da ich ihnen nicht gestattete, Vieh zu stehlen; daß sie keine Sclaven bekommen würden, nnd daß ich sie -^ Gott wisse wohin — an's Meer führen werde, von wo Sucke nnd Grant hergekommen wären; daß diese Zanzibar mit zMihnndert Mann verlassen hätten nnd nnr mit achtzehn in Gondokoro angelangt wären, die Uebrigcn also unterwegs von den Eingeborene» müßten getödtet worden sein; daß, wenn sie wir folgten nnd in Zanzibar ankämen, ich dort ein Schiff finden werde, das wartete, nin mich mit nach England zn nehmen, "ltd daß ich sie zurücklassen werde, nm in einem fremden Lande ^u sterben." Das waren die Gerüchte, die in Umlauf gesetzt wurden, nm meine Leute abzuhalten, mich zn begleiten; zugleich wnrde verabredet, daß Mahommed einen Tag bestimmen werde, an welchem wir angeblich in Gesellschaft abreisen wollten, daß er aber in Wahrheit einige Tage vor der bestimmten Zeit abreisen wolle, nnd daß meine Leute eine Meuterei anstiften und sich sriucr Gesellschaft beim ^ichflehlen und Sclavenjagen 110 Der Knabe Saat. anschließen sollten. Dies war der wesentliche Inhalt des so sorgfältig geschmiedeten Planes. Meine Leute zeigten ein trotziges Benehmen, vernachlässigten alle Befehle, nnd an ihrem Ansdruck im Allgemeinen bemerkte ich deutlich eine entschiedene Unzufriedenheit. Die Esel und Kameele ließ man fortlaufen, sie fehlten täglich und waren schwer wiederzufinden; das (bepack, statt jeden Morgen nachgesehen zu werden, war mit weißen Ameisen bedeckt; die Leute gingen ohne Urlaub fort und waren beständig in den Lagern der verschiedenen Händler. M) war auf >ede Schwierigkeit vollkommen gefaßt, aber ich hoffte, daß ich, wenn ich einmal auf dein Marsche wäre, im Stande sein würde, sie ^ur Ordnung zu bringen. Unter meinen Begleitern waren zwei Schwarze; der eine hieß „Richarn", von dem ich schou mitgetheilt habe, daß er von der österreichischen Mission in Khartum erzogen wordeu sei, der andere, ein Diabe von zwölf Jahren, „Saat". Da diese die einzigen wirklich trenen Mitglieder der Expedition waren, so ist es meine Pflicht, sie zu schildern. Nicharn war ein Trunkenbold, aber er hatte seine guten Seiten; er war ehrlich und seinem Herrn und seiner Herrin sehr ergeben. Er war einige Monate bei mir gewesen und erwies sich als ein guter Waid-mann, und da er einer ganz andern Race aligehörte als die Araber, so hielt er sich von ihnen gesondert und schloß Brüdcr-schaft mit dem Knaben Saat. Saat war ein Knabe, der nichts Böses thun konnte; er war im höchsten l^radc ehrlich und machte von den Eingeborenen dieses nichtswürdigen Landes eine große Ausnahme. Er war ans „,^ertit" gebürtig und hütete die Ziegen seines Vaters, als er, ein Kind von ungefähr sechs Iahreu, von den BagZra-Arabern weggefangeu wurde. Er beschrieb lebhaft, wie plötzlich, während er mit seiner Heerde in der Wildniß war, Männer Saat's Lebensgeschichte. 114 auf Kameclen erschienen, und wie er gewaltsam festgenommen, in einen großen Gnmmisack gesteckt und auf den Nucken eines Kameels geschlendert wurde. Als er mn Hülfe schrie, wurde der Sack geöffnet, nnd ein Araber drohte ihm mit einem Messer, wenn er den geringsten Lärm machen würde. Auf diese Art beruhigt, wurde er Hunderte uou Meilen dnrch Kordofan nach Dongola am Nil geschafft, dort an Sclavenhändler verkauft und nach Cairo gebracht, um als Tambour an die ägyptische Regierung verhandelt zn werden. Da er noch zn jung war, so wurde er zurückgewiesen, und während er sich in den Händen des Händlers befand, hörte er von einem andern Sclaven, daß die österreichische Mission in Cairo ihn schützen werde, wenn er nnr ihre Freistätte erreichen könnte. Mit außerordentlicher Energie für ein Kind von sechs Jahren entlief er seinem Herrn und kam glücklich nach d?m Misstonshause, wo er gut aufgenommen, bis zu einein gewissen Grad erzogen nnd ihm von der christlichen Religion so viel gelehrt wurde, als er begreifen konnte. Als die Mission spater eine Filialanstalt in Khartum errichtete, wurde er mit dorthin versetzt nud von da den weißen Nil hinauf nach einer Missionsstatiou im Schilluklande gesendet. Das Klima des weißen Nil raffte in dem kurzen Zeiträume von fechs Monaten dreizehn Missionare hinweg, und der Knabe Saat kehrte mit dein Nest der Gesellschaft nach Khartum znrück und wnrdc wieder in die Mission aufgenommen. Die Anstalt wimmelte damals von kleinen schwarzen Knaben ans den verschiedenen Stämmen des weißen Nil, welche die Güte der Missionare damit vergalten, daß sie Alles stahlen, was sie bekommen tonnten. Die völlige Unwnrdigkeit der Knaben, ihre sittliche Stumpfheit nnd die offenbare Unmöglichkeit, sie zu be'ssern, bestimmte endlich das Haupt der Mission, seine Anstalt von solchen Tenfelchen zu sänbcrn, und sie wurden demnach fortgejagt. 112 Aste Bekanntschaft nüt Saat. Dm armen kleinen Saat, das einzige (^oldkörnchen mitten im Koth, traf dasselbe Schicksal. <5twa eine Woche vor unserer Abreise von Khartnm saßen Frau Baker und ich mitten im Hofe beim Thee, als ein unglücklicher Knabe von ungefähr zwölf Jahren nncingeladen an die Seite der Ersteren trat und zu ihren Füßen in den Staub niederkniete. In der Haltung des Kindes lag etwas so unwiderstehlich Bittendes, daß sie sich sofort bewogen fühlte, ihm etwas vom Tische zu geben. DieB wurde abgewiesen, und er bat blos, daß wir ihm gestatlen möchten, bei nns ;li leben und unser Knabe zu sein. Gr sagte, er sei a>w der Mission fortgeschickt worden, blos weil die Bariknaben der Anstalt Diebe waren, nnd er leide daher nm ihrer Sünden willen. Ich hielt es nicht fur möglich, daß das Kind wirklich auf die Straße hinausgejagt worden sei, lind in dem (^lnnben, daß die Schuld an dem Knaben liegen müsse, sagte ich zu ihm, ich würde mich erkundigen, einstweilen wurde er dem Koch übergeben. Am folgendeu Tage war ich gerade so sehr beschäftigt, daß ich vergaß, mich bei der Mission zn ert'nndigen, und noch einmal kam die kühle Abendstnude heran, wo wir nach der starken Hitze des Tages im freien Hof bei Tische saßen; der Hof war 'reichlich mit Wasser besprengt worden und dadnrch abgekühlt. Kaum hatten wir nns gesetzt, als der Knabe wieder erschien, in den Stanb kniete, seinen Kopf zu deu Füßen meiuer Frau niederscnkte und inständig bat, wir möchten ihm erlauben, uns zu begleiten. Vergebens setzte ich ihm aus einander, daß wir schon einen Knaben hätten und keinen- zweiten brauchten, daß die Neise lang und schwierig sei und daß er vielleicht sterben tonne. Der Knabe fürchtete sich vor nichts und verlangte blos, uus augehören zn dürfen. Cr hatte kein Obdach, leine Nahrung, war seinen C'ltern gestohlen worden und jetzt ein hülflos Verstoßener. Aus Versehen fortgeschickt. 11H Am nächsten Morgen ging ich, von Frau Baker begleitet, nach der Missionsanstalt und erfuhr, daß der Knabe einen vortrefflichen Eharaktcr besitze »>td daß, wenn man ihn mit den anderen ausgewiesen habe, dies aus Versehen geschehen sein müsse. Das war entscheidend- Saal nnn'de sofort angenommen, Frau Baker war bald au der Arbeit, ihm einige nützliche Kleiber zn machen, und in unglaublich turner Zeit war eine große Veränderung bewirkt. Als er aus den Händen des Kochs kam -- freigebig mit Seife und Wasser behandelt und in Hosen, Blouse nnd l^'ürtel gekleidet — erschien der neue Knabe in einem neuen Charakter. Von dieser Zeit an betrachtete er sich als ganz seiner Herrin angehörend, Er wurde von ihr im Näheu unterrichtet; Nicharn unterwies ihn in den Künsten der Bedienung bei Tische, des Telleraufwaschens u. s. w,, während ich ihn schießen lehrte nnd ihm eine leichte Doppelftinte gab. Dies war sein größter Stolz. Am Abend, wenn das Tagewerk vollbracht war, dnrfte Saat in der Nähe seiner Herrin sitzen und wurde zuweilen unterhalten und belehrt durch l^eschichtcn von Europa und den Europäern, sowie durch Erzählungen aus der Bibel, die fnr seinen Verstand paßten, verbunden mit den ersten l^rundlehren des Christenthums. Ungeachtet der Vortheile, die ihm in der Mis-siousaustalt geboten wurden, war er sehr unwissend, besaß aber die ersten großen Anfangsgründc jeder Religion — gute Vorsätze. Obgleich cm Kind vou uur zwölf fahren, war er doch so vollkommen zuverlässig, daß ich mich zur Zeit unserer Ankunft in l^ondokoro auf ihn mehr verlassen konnte als auf meinen Wekil, und unter meiner meuterischen Bedeckung konnte nichts vorfallen, ohne daß der Knabe es wußte. So benachrichtigte er mich von der beabsichtigten Meuterei der ^rnte, wo es kein anderes Mittel gab, sie zu entdecken, und ohne Saat würde ich von ihren Anschlägen keine Kenntniß erhalten haben. Äal«r, Der MbiN N'y^uza. I. 8 114 Saat's Charakter. Der Knabe war aber nicht nur zuverlässig, sondern besaß auch einen außerordentlichen Grad von Sittlichkeit nebst physischem Muth. Wurde irgend cinc Klage erhoben nnd Saat als Zeuge aufgerufen, so war er weit entfernt von der Schüchternheit, die sich nur zu oft zeigt, wenn der Kläger dem Verklagten gegenübergestellt wird — das war Saat's stolzester Augenblick; gleichviel wer der Mann sein mochte, der Knabe beschuldigte ihn, ohne alle Rücksicht a»f die Folgen. Wir hatten diesen Knaben sehr lieb; er war durch und durch gut, nnd in jenem Lande der Schlechtigkeit, Tanscnde von Meilen entfernt von Allen,, mit Ausnahme dessen, was böse war, war es ein Labsal, einen schuldlosen und getreuen Menschen zu haben, auf den mau sich verlassen konnte. Am folgenden Montag wollten wir alifbrechcn. Mahommcd hatte mir einen Besuch abgestattet, wobei er mich seiner Ergebenheit versicherte und mich bat, mein Gepäck marschbereit ;u halten, da er mir am Montag fünfzig Träger schicken werde und wir in Gesellschaft abziehen wollten, ^'n dem nämlichen Augenblick, wo er dies erklärte, war cr so unverschämt, mich zu täuschen. Während cr vorschlng, daß wir zusammen marschiren wollten, hatte er Anstalt getroffen, am Sonnabend ohne mich abzureisen. Das wußte ich in dem All gen blick nicht. Eines Morgens hatte ich, wie gewöhnlich, die Transportthiere besichtigt und war zum Helte ^nrückgekehrt; da bemerkte ich, daß Frau Baker außerordentlich blaß aussah, nnd gevade bei meiner Ankunft gab sie Befehl, daß der Wekil (Oberanf-seher) erscheinen solle. l5's lag etwas in ihrem Wesen, das von ihrer gewöhnlichen Nuhc so verschieden war, daß ich, als ich sie den Wckil fragen hörte, „ob die Mannschaft marschu'en wolle?" im höchsten Grade bestürzt gemacht wnrde. „Vollkommen bereit," war die Antwort. „Dann befehlen Sie ihnen, das Zelt abzubrechen nnd die Thiere zu laden; wir reisen diesen Augen- Meuteroi dcr Vedeckunq. 115 blick ab." Der Mann schien bestürzt zu sein, aber nicht arger als ich. (f-s war offenbar etwas im Werte, aber was, das tonnte ich mir nicht denken. Der Welil besann sich, nnd zu meinem Erstaunen horte ich Men ihn die AnNage erheben, daß „während der Nacht die gan^e Bedeckung sich meuterisch verschworen habc, mich mit ,ueinen Waffen und meiner Munition, die sich ui ihren Händen befänden, zu verlassen nnd, wenn ich etwa ^'suchen sollte, sie zu eulwaffnen, gleichseitig anf mich zu feuern." "Nsangs wnrde diese Beschuldigung mit Entrüstung abgeleugnet, "is der Knabe Saat mannhaft hervortrat und ertlärte, daß die ganze Bedeckung auf die Verschwörung eingegangen sei, und baß er uud Richarn, weil sie gewußt, daß Meuterei beabsichugt werde, während der Nacht vorsätzlich der Unterhaltung zugehorcht hätten; bei Tagesanbruch hatte der Knabe die Sache seiner Herrin mitgetheilt. Meuterei, Ranb und Mord waren also unt Umsicht beschlossen. Ich befahl sofort, einen Augarep sNeisebcttstellc) vor das Helt unter einen großen Baum zu stellen; auf diesen legte ich fünf mit Rehposten geladene Doppelflinten, einen Revolver und einen blanken Säbel, so scharf wie ein Rasirmesser. Eine Ochste Büchse hielt ich meinen Händen, während ich auf dem Nngarep saß, Richarn nnd Saat, Beide mit Doppelflinten, hinter mir. früher hatte ich Jeden meiner ^cutc mit einem Stück wasserdichten Mackintosh versehen, nm es während des Marsche über die Schlösser ihrer Gewehre zu binden. Jetzt besahl ich, es solle die Trommel geschlagen werden uud die ganze Mannschaft sich iu Marschorduuug aufstellen, die Schlöffer der bewehre mit dem wasserdichten .^eug umbnnden. Mau Baker ersuchte ich, sich hinter mich zu stellen und jeden ^ann anzuzeigen, der etwa versuchen würde, sein Gewehrschloß zu entblößen, wenu ich den Befehl gäbe, ihre Waffeu niederzulegen. Die Entblößung des Schlosses würde seine Absicht 116 Ick) entwaffne die Mmterer. beweisen, und in diesem Falle gedachte ich ihn sofort zn erschießen und bei den übrigen Verschworenen es darauf ankommen zu lassen. Ich hatte fcst beschlossen, daß diese Schnfte mir nicht meine eigenen Waffen und Munition rauben sollteu, wenn ich es verhindern konnte. Die Trommel ging, und der Wekil begab sich selbst in die Quartiere der Leute uud bemühte sich, dieselben zu bewegen, dem Appell zu cntsprccheu. Endlich traten fünfzehn in Marsch-liuic zusammen; die Anderen waren nirgends zn finden. Die Schlösser der Gewehre waren, wie befohlen, mit Mackintosh versichert; es war also unmöglich, daß Einer auf mich feuerte, bis er sciu Gewehrschloß freigemacht hatte. Sowie sie sich in Marschlinie zusammengestellt hatten, befahl ich ihnen, sofort ihre Waffen niederzulegen. Sie weigerten sich mit frechen Blicken des Trotzes, dies zu thun. „Augenblicklich Enre Gewehre nieder," schrie ich, „Ihr Hnndebrut!" Uud bei dem scharfen Schlag des Schlosses, da ich rasch den Hahn der Büchse spannte, die ich in meinen Händen hielt, erweiterten die feigen Mcntercr ihre Neihe und besannen sich. Manche zogen sich einige Schritte nach hinten zurück; Andere setzten sich nieder uud legteu ihre Gewehre auf die Erde, während die Uebri-gen sich laugsam zerstreuten uud sich zn Zweieu oder einzeln unter die verschiedenen etwa acht Schritte von einander entfernten Bäume setzteu. Ihre Unentschlosscnheit benutzend, stieg ich sofort auf und befahl meinem Wekil uud Richaru, sie, weil sie so zerstreut waren, zu entwaffnen. Da sie voraussahen, daß die Zeit gekommen sei, wo es gelte, wirtliche physische Kraft zu zeigen, cavitulirten die Feiglinge und versprachen, ihre Waffen und Munition abzuliefern, weun ich ihnen ihre schriftliche Cnt-lassuug gebeu wollte. Ich entwaffnete sie sofort, und nachdem der Wckil für die fünfzehn Manu, die sich gestell,, eine Eut- Mahommed läßt mich im Stich. 117 lassunss geschrieben hatte, setzte ich auf jeden Schein über meine Unterschrift das Wort „Meuterer". Da Keiner von ihnen lesen konnte nnd dies in englischer Sprache geschrieben war, so trn-Nen sie, ohne es zu wissen, den Beweis ihres eigenen Verbrechens bei sich, das ich, sollte ich sie je auf meiner Rückreise nach Khartum finden, zn bestrafen entschlossen war. Auf solche Art eutnmffnet, schlössen sie sich sofort anderen Gesellschaften der Händler an. Diese fünfzehn Mann wareil ^e „Ialyns" meiner Begleitung, die Uebrigcn waren Dongo-loivas, beides Araber vom ^iil, nördlich von Khartum. Die Dongolowas hatten sich, als sie durch die Trommel vorgeladen wurden, nicht gestellt, uud da mein Wekil ihrer Nation angehörte, so prägte ich ihm seine Verantwortlichkeit für die Mcu-^''oudokoro rille Zariba oder ein Lager er-nchteil nnd dort bleiben, bis ich im folgenden Jahre Leute nnd Zufuhr erhielte. Ich fühlte mich jetzt, da ich mein Getreide-devol gerettet lmtte, nnabhängig. Ich war auf zwölf Monate wenigstens vor Hungersnoth gesichert. Kurschid bemühte sich, mich zu überzengen, daß meine nur ans einem Mann nnd einem 120 Die Expedition ist zerstört. Knaben bestehende Gesellschaft, falls ich nach der Abreise bcr Handlergesellschaflen allein in Gondotoro bliebe, sicherlich uo» den übennüthigen Eingeborenen des Banstammes würde beleidigt nnd angegriffen werden. Ich sagte ihm, dah ich die Eingeborenen dem Volk der Händler vorzöge, nnd daß ich entschlossen sei; ich bat ihn blos, mir einen seiner kleinen Sclavenknaben als Dolmetscher ^n leihen, da ich kein Mittel besäße, mit den Eingeborenen zu verkehren. Dies versprach er zu thun. Nach Knrschid's Abreise saßen wir einige Minuten schweigend da, meine ^rau lind ich mit denselben Gedanken beschäftigt. Nie war eine Erpedition sorgfältiger entworfen; Alles war gnt angeordnet worden, nm den Erfolg zn sichern. Meine Transportthiere befanden sich in gntem Anstünde; ihre Sättel und Polster wnrden nnter meiner eigenen Aufsicht gefertigt; meine Waffen, Mnnition nnd Proviantuorrathe waren in Ueber-flnß vorhanden, nnd ich war in fünf Minuten nach jedem Theile Afrikas marschfertig; aber die so kostspielige nnd so sorgfältig organisirtc Expedition wurde gerade dnrch die ^ente, die ich zum Schutz derselben angenommen halle, vollständig zerstört. Sie waren nicht nur desertirt, sondern hatten sich auch verschworen, zu »norden. In diesen wilden rändern galt kein Gesetz, sondern rohe Gewalt; das menschliche Gebell hatte leinen Werth; Morden war ein Zeitvertreib, da der Mörder jeder Strafe entrinnen konnte. Herrn Pethcrick's Wekil war soeben von Einem seiner eigenen Leute todtgeschossen wordeil, und solche Mle waren zn gewöhnlich, nm viel Anfmertiamleit zu erregen. Wir befanden uns in einer äußerst hülflosen ^nge; das ganze Volk war gegen uns nnd drohte frei nnd offen. Um mich selbst war eü mir nicht bange, aber daß ^ran Baker sich bei mir befand, war meine grüßte <3orge. Ich durfte nicht daran denken, welche Vage ihr im Fall meines Todes unter solchen Wilden bevorstand, wie die waren, welche um sie herum wohnten. Sie theilte diese Ge- Richarn ist treu. 121 danken; da sie aber wußte, daß ich entschlossen war, es durch-^lsetzen, so rielh sie nicht ein einziges Mal auch nnr mit einem Winke zum Rückzug. Richarn war eben so neu wie ^aat, und ich vertraute ihm daher meinen <5-ntschlich au, mein ganzes l^epäck unter der Aussicht eines freundschaftlich gesinnten Häuptlings der Bari in C"'on-ookoro ;u lassen, zwei schnelle Dromedare für ihn nnd Saat, und zwei Pferde für ^rau Baker und mich zu nehmen und drei 5age lang einen Ritt durch den feindlichen Stamm zu macheu, um m „Moir" unter freundschaftlich gefinnte Veute zu kommen, von wo aus ich dann hoffte, mein l^lück zu finden. Die Dromedare sollten einige (Glasperlen, Munition nnd die astronomischen Instrumente tragen. Richarn meinte, der (bedanke wäre sehr albern; die (Eingeborenen wollten für (Glasperlen nichts thun; er habe am wei-!^n ^til^ als er mit einem frühereu Herrn dort gewesen, viel Erfahrung gemacht, und die (Eingeborenen würden nichts thnn, wenn sie nicht Kühe als Vezahlnng erhielten; gut gegen fie zn !mi, helfe nichts, da sie uor keiner Tugend außer der „Gewalt" Respect hatten; wir würden höchst wahrscheinlich ermordet wer-brn; wenn ich ihm aber befähle, hinzngeheu, so sei er bereit, zu ^horchen. 5,Herr, geh' voran, ich weiche voii Dir nicht, Ich folge bis zum Tod mit Treu' und Zuversicht." Ich freute mich über Richarn's strenge und offenherzige Wahrheitsliebe, befahl die Pferde zu bringen nnd wirkte sorgfältig ihre ^üße aus — ihre harten, t'ieselfeften Hufe, die nie em Ejsc>, gefühlt hatten, waren nöthigenfallb für einen ("alopp Ul vortrefflicher Ordnung. Als Alles bereit war, schickte ich nach dem Häuptling uon (^ondokoro. Mittlerweile kau, uon Kurschid ein Bariknabe an, um meinen Dolmetscher zu macheu. Der Barihänptling war, wie gewöhulich, am gauzen i/eibe 422 Des Banhäuptlinas Bericht. mit rothem Eisenocker und ^ett beschnncrt und hatte dir Schale einer kleine» Vaildschildlrötc als Cchiuuck au seinen Ellbogen gehängt. l,^r brachte mir einen großen Krug Äterissa (Bier der Eingeborenen) uud sagte, ,,er habe sich gesehnt, den weißen Mann zn srhcu, der lein Vieh stehle und keine Sclaven raube, aber ich winde iu diesen« Lande keine gnten l^eschäfte machen, da die Händler nicht wünschten, daß ich bliebe." Or sagte mir, „das ganze Volk sei schlecht, die Eingeborenen wie die Händler, n»d i» diesem Vande sei Gewalt nöthig." Ich versuchte ;u er^ mittelu, oli er vor eiuem guten und rechtschaffenen betragen Achtung l,abe. „Za," sagte er, ,,alle ^eute sprechen, Sie waren ganz anderü alü die kürten und Händler, aber dieser gnte Ruf wirb Zhue» nichts helfen; es ist Alles ganz gut und gau; recht, aber Sie sehen, Ihre Leute sind alle dcsertirt, Sie müssen also nach .Nliartum zurückgehen; ohne eine Menge Leute und (bewehre können ^ie hier nichts ausrichten." Ich legte ihm meinen Plan vor, rasch durch den Varistanmi nach Moir zu reiten; er erwiderte i „Unmöglich! Wenn ich die großen Noa/'ras (Trommeln) schlüge und mein Volk zusammenriefe, um ihm auseinanderzusetzen, wer Sie sind, so würden sie Ihnen keinen Schaden thun; aber es giebt uielc kleine Häuptlinge, die mir nicht gehorchen, und deren Volk Sie, wenn Sie über eiuen angeschwollenen (>') hatte früher die hnndertnndzwanzig Mann starke Gesellschaft eines Händlers niedergemehelt. (?r war ein Verbündeter von Kurschid's Renten, welche erttarten, sie würden den Stamm gegen mich anfwicgeln, und das werde mit der Znrückschlagung oder Niedermctzelnng ineiner Gesellschaft enden. Dnrch die Berge Ellyrias gab es einen schwierigen Paß, der sich unmöglich erzwingen ließ; meine kleine Gesellschaft von sie-benzehn Mann war daher hülflos. Die Händler Hütten sich nur branchen an den Häuptling von Ellyria mit der Bitte zu wenden, meine Gesellschaft anzugreifen, nm ihrer ^ernichtnug sicher zu sein, denn die Plünderung des Gepäcks wäre eine reichliche Belohnung gewesen. Zum Ueberlcgcn gab es keine Zeit. Die Gegenwart wie die Zukunft sahen so düster aus, als man sie sich nur denken konnte; aber ich hatte stets außerordentliche Schwierigkeiten erwartet, nnd sie mnßten, wo möglich, überwunden werden. Ueber Ausbruch lwn Gondokoro. 129 mögliche Mle nachzugrübeln, war' nutzlos; bei Unthätigkeit war auf keinen Erfolg zu hoffen, nnd die einzige Rettung war, durch alle Hindernisse hindurchzudringen, ohne die Gefahr zu berechnen. Waren nur einmal von Gondokoro iveg, so wurden wir auf unserer Reise geradezu fortgetrieben, die Noote waren nach Khartnm zurückgekehrt, der Rückzug also abgeschuitteu; es blieb uichts übrig, alo im Vertrauen auf die Vorsehung und das Muck vorwärts zu drängen, Ich setzte große Zuversicht auf Gescheute. Die Araber sind alle ml; und da ich viele werthvolle Sachen bei mir hatte, jo hoffte ich, wenn der geeignete Augenblick käme, in, Stande ;u sein, jedeu Widerstand durch eiile offeuc Hand zu überiuältigen. Der Tag der Abreise für Kurschid's Leute kam heran. Sie begannen ihre gewöhnlichen Signalschnsse abzufeliern; die Troin->neln gingen; die türkische Standarte zeigte den Weg, und um 2 Mir Nachmittage marschirten sie, während sie eine höfliche Botschaft sandten, die mich „abschreckeu" sollte, ihnen zu folgen. Ich liest sofort das Zelt abbrechen, das Gepäck in Ordnung bringen, die Thiere zusammenführen uud Alles marschfertig machen. Nicharn und Saat waren frohen Muthes, selbst 'ueiue unwillige Mauuschaft muffte arbeite«,, und gegen 7 Uhr Nachmittags waren wir mit Allein fertig. Die Kameelc waren zu schwer beladen, da jede>) gegen siebenhundert Pfund trug. Auch die (i'sel waren überladen, aber es half nichts. Frau Vakrr war wohlbcntteu auf meiuem gnten alten abyssimschen ^agdpf^rd,,Tetel"^ und führte mehrere lederne Beutel bei sich, die mn Snttelknopf hingen, wahrend ich, in gleicher Weise be-ladeu, anf >neine»l Rost,,,velstl"'^) säst; in der That, wir tru Neu Allc so viel, als wir nur unterbringen tonnten. «) Hartebech odcr cap'schcr Hirsch. *") Pfcfftl. Valer, Der Albcrl 3i yanza. I. v 130 Ich bin mein eigener Führer. Wir hatten weder Führer noch Dolmetscher. Kein einziger Eingeborener war zu bekommen, da sie alle unter dem Einfluß der Händler standen, welche beschlossen hatten, unser Vordringen völlig unmöglich zu machen, indem sie die Eingeborenen hinderten, uns beizustehen. Allen war gedroht worden, und wir, vollkommen hülflos, traten die verzweifelte Neise in der Dunkelheit etwa eine Ttunde nach Sonnenuntergang an. „Wohin sollen wir gehen?" sagte meine Mannschaft, gerade als der Befehl znm Aufbruch gegeben wurde. „Wer kann ohne Führer reisen? Kein Einziger kennt den Weg." Der Mono war anfgegangen, und der Berg Belignan war ungefähr nenn Meilen weit deutlich zu sehen. Da ich wußte, daß der Weg auf der Ostseitc dieses Berges lag, so ritt ich voran, Frau Bater an meiner Seite, und die britische flagge folgte dicht hinter uns als Führer für die Karawaue schwer beladener Kameele und Esel. Wir nahmen von Dr. Murie, der gekommen war, um uns abreisen ;u sehen, hcr^ichen Abschied, und so traten wir denn unsern Marsch in Ecntral Afrika am M März 1«<>; an. Viertes K apilel. Erlicr Nachtmarsch. Ein Bivoxal. — A,it»uft in Vcligna», — Vcrsllchc;ur Aussöhnung. ^ Ick l'eickämc meine ^'eute, — Del Marsch. — Vorzllgc der Esel, Em guter ^ath fiir Reisende. Wassermangel. — Ein Eilmarsch. — Seine Schwie> ngtciten. Verzögerungen auf dein Wege, — Gcscheidtheit der Esel. — Die Reisegesellschaft ist todmüde, — llnvorsichtigteit eines Affen. — Wir finde» Wasser, ^eckcrbisscn dcr Ein^boienen. - Wir weiden von Ei»' Mborcncn mnnngt, (Hin Krcil^erl'ör, - Wiedcrcrtennnng des Häuptlings. ^ Interesse dcr Em,qcborcnm. Der Affe Wallady. — Wir vei-lassen Tollogo, — Der Ellyriapasz, — Ein Wettrennen nach Ellyria. -^erpallisadirte ellyrischc Döncr, — Die Tilrken tominen eher als wir. -Ibrahim nnd sei lie Mannhaft. — Persuch M Aussöhnung. Diplo« lnatische Unterhandlung. — Der Friede wird hergestellt. — Ankunft in Ellyria. — Leggl', der Häuptling von Ellyria. — Geschenke an Ibrahim. — ^'egZF's Nnina'ßigtcit. ^ Eill slaiko Gewitter. - Keine Vebcntjmittel. — Schädelbildung. Das Land glich einem Part, war aber durch die büvrc ^ittrriiilq schr versrilgt. Der Boden war sandist, doch fest, "nd mit zahlreichen Dörfern bedeckt, die alle von einem starken ^uplMchi^mm nmqeben wnrden. Das Land war a,ut bewaldet und f^>, u^„ Gebüsch oder ^schnnqel, aber zahlreiche, sämmtlich "n!>,era,rime Bäume standen über die Landschaft zerstreilt. Ein-l^'borcne waren nicht zu sehen, aber der Schall ihrer Trommeln und ihres Gesanges im Chor wnrde in weiter Untfernnnq ge-hün. Wenn Mondschein ist, werden die Nächte stets mit Ge- 9" 132 Lin Aiuoual. sang und Tanz, Trommclschlagen und Hörnerblasen verbracht, und in dieser Weise uersamluell sich die Bevölkerung ganzer Dörfer bei einander. Nach einem stillen Marsche vou zwei Stunden sahen wir in der Ferne Wachtfeuer lodern, und als wir näher kameu, bemerkten wir, daft die Gesellschaft eines Händlers bivoualirtc. Sie haben die Gewohnheit, am ersten Tasse der Abreise nur ^wei bis drei stunden zu marschiren, damit Nachzügler, die etwa in Gondotoro zurückgeblieben sind, sich vor dem Morgen der Ge-sellschaft anschließen können. Als wir vorüberzogen, wurden nur von ihren Schildwachcu anf eine rohe Weise angerufen, uud es wurde uns sogleich gesagt, „wir sollten nicht in ihrer Nähe bleiben." Daher zogen wir weiter, bis wir etwa eine halbe Meile voraus waren, uud bivouakirten auf einer Anhöhe über einer unbedeutenden ^er^ tiefung, in welcher wir Wasser fandeu. Wir waren Alle emsig beschäftigt, Brennholz zu snmmelu und ("ras für die (lsel und Pferde zu mähen, die in der Nähe der Feuer au Pfähle gebunden wurdeu. Die Kameele wurden gefesselt und zu einer großen Mimosa geführt, nm deren Zweige abznweiden. Hnnger hatten wir nicht - die beständige Angst hatte nns Allen den Appetit gänzlich verdorben. Eine Tasse starker schwarzer Kaffee war der größte Genuß, und da nur in der helleu stillen Nacht ein Helt nicht brauchten, so lagen wir auf nuseren einfachen AngarepZ bald im Schlafe. Ehe am folgenden Morgen das Tageslicht nahte, schlug die Trommel' die faulen Soldateu begannen, nachdem sie sich gedehnt und gegähnt, die Thiere zu ladru, uud um sechs Uhr brachen wir auf, ^n diesen Klimaten fürchtet mau sich stets vor dem Aufgang der Sonuc. l^twa eine Stunde vor demselben ist die Luft höchst angenehm kühl nnd stärkend, aber die Sonne wird als der allgemeine Feind betrachtet. Dessen ungeachtet ist Ankunft in Velianan. 1^ ks schwer, vor Sonnenaufgang abzureisen — die Thiere können m der Dunkelheit nicht ordentlich geladen werden, und da dies ünr langweilige Arbeit ist, so geht die fühle Morgenstunde stets verloren. Der Morgen war hell, und der drei bis vier Meilen entfernte Berg Belignan war ein schöner Gegenstand, auf den wir ^steuern konnten. Aui ,vuße des Verges konnte ich in der "ähe eines Dorfes einige ungeheure Baume sehen, nnd ich eilte vorwärts, da ich hoffte einen Führer zu bekommen, der auch als Dolmetscher wirken sollte, weil in der Nähe von Gondokoro vtele der Eingeborenen etwas Arabisch von den Händlern ge-lkrnt haben. Unbekümmert nm die Versicherung unserer unwilligen Mannschaft, daß man sich auf die Eingeborenen nicht verlassen könne, galopvirten wir der Gesellschaft voraus uud la»n'n hald uiiier dem Schatten einer prächtigen Baumgruppe > un. Das Dorf war noch ciur Viertelmeile s660 Schritt) entlernt ul,d lag gerade am ^-nße des schroff anfstrigendeu Berges, ^a die Eingeborenen sahen, das; wir allein waren, hatten sie keine Fnvcht und drängten sich bald um uns herum. Der Haupt-^'Ug verstand einige Worte Arabisch, nud ich bot ihm eine große Belohnung au kupfernen Armbändern und Glasperlen für "nen Führer an. Nach vielem Hin nnd Herredcn nnd Handln erbot sich ein schlecht aussehender Bnrsche, nns bis nach ^llyria zu führen, aber nicht weiter. Dies lag nngeführ acht-undzwan^ig bis dreißig Meilen entfernt, und es war von höchster Wichtigteil, daß wir durch den Stamm hindurchkameu, ehe die Gesellschaft des Händlers ihn gegen nns aufwiegeln konnte, ^ch hatte große Hoffnung, derselben ^vorzukommen, da sie in Brlignan durch Mfenbcingcschäfte mit dem Häuptling aufgehalten wurde. Während die Unterhandlungen mit dem Führer noch schwebten, erschien die ("csellschaft des Händlers in der Herne, uud uu, 1,84 Die Schwierigkeit wegen Glm'ias. nicht mit uns znsa>nmell^utreffen, »nachte sie auf der entgegengesetzten Seite des Dorfes Halt. Ich versuchte jetzt versöhnliche Schritte und sandte »leine» Wetil zu ihrem Oberaufseher Ibrahim, um mil ihm im Vertrauen zu sprechen und deu Versuch zu macheu, für eiu reiches (Gescheut einen Dolmetscher zu erhalten. Mein Wetil war it> eiuer »listlichen Vage — er fürchtete sich vor mir; auch vor der Regierung in Khartum hatte er Todesangst; und seinen eigeuen Venten gegenüber, deren Verschwörung, zu desertiren, er recht gut kanule, war er vor Schrecken außer sich. Mit der Verschlagenheit eiues Arabers tmt er, von mehreren Maun begleilet, den ^r^nieillerer Belllial mit inbegriffen, seine l^csaudlschafl a>,. Kurz darauf lehrte er zurück nud sagte, ,,es sei ganz unmöglich, nach dem Innern vorzudringen; Ibrahim's Gesellschaft sei wüthend darüber, daß ich auf ihrer Neiseroute nachgezogen sei; er wolle weder einen Dolmetscher geben, noch gestatten, daß irgend eiu Eingeborener mir diene, und er werde dem großen Häuptling in Myria Befehl ertheilen, mich am ^nrchmarsch dnrch sein Vand zn verhindern." Die Türteu waren in jenem Augenblick in Anspruch ge^ nommen, mit den Eingeborenen Geschäfte abznmacheu; es war daher für mich von höchster Wichtigkeit, sofort aufzubrechen, dnrch einen Eilmarsch nach (iere beim Hinabsteigen zu nnterstützen. Den Eseln n>ar leicht geholfen^ niähreud sie die sandigen Ufer hinab in kurzen Schritten gingen und glitten, wurden sie von zwei Männern an den Schwänzen gehalten' aber jedes Kameel fiel; die Ladungen mußlen uon der Mann schaft das gegenüberliegende Ufer hinaufgetragen und die Ka-meele bei der Antunft wieder geladen werden. Hier hatten die C'sel wieder den Vorzug, da ihnen, ohne daß wir sie abluden, in der Weise die steile Erhöhnng hinaufgeholfen wurde, daß vorn zwei Männer sie an dcu Ohren zogen, während hinten andere schoben. Mbcrhaupt paßten die Esel für das Vand weit besser, da sie sich leichter beladen ließen. Ich hatte ihre Packele nnd Sättel so gut eingerichtet, daß sie ihre Lasten mit der größten Bequemlichkeit trugen. Jedes Thier hatte ein ungeheures Polster, das mit Ziegenhaaren gut ausgestopft war; dies reichte vou der Schulter bis zu deu Hüftbeinen; auf ihn, ruhle ein Sattel von einfacher Gestalt, der aus zwei Zabeln »lit umgekehrten Hinten bestand, welche onrch Querhölzer fest mit einan der «erblinden waren — Nägel gab es in diesen Sätteln nicht; alle Verbindungen waren mit stiemen r>on roher Haut uer-wahrt. Das große Polster, dac, um, hiuler und unter dem Sattel weit hervorstand, diente dazu, daß die ^asteu das !hier nicht rieben. Jeder (5sel trug zwei große Säcke, die aus den Häuten der Antilopen gefertigt wurden, welche ich früher auf der Grenze Abyssiniens geschosseil hatte, und der eine dieser (5m guter Hath für Reisende. 437 Tücke wurde mit Hefteln versehen, welche in Schlingen pafften, die sich am andern befanden, so daß das Auf- und Abladen außerordentlich einfach war. Der Erfolg einer Expedition hängt hauptsächlich von der Vollkommenheit alles Einzelnen ab, und wo Thiere zum Transport verwendet werden, sollte das Hauptaugenmerk auf Sättel nud Packele gerichtet sein. Die Leichtigkeit des Badens ist von höchster Bedeutung, und ich hatte ietzt einen Beleg für ihre Wirkung auf Thiere und Menschen; die letzteren begannen auf die Kameele zu schimpfen und den Vater dieses uud die Mutter jenes zu verwünschen, weil sie die Muhe hatten, dieselben abzuladen, um in das Flußbett hinabsteigen zu tonnen, während die Esel mit dem zärtlichen Namen „mein Bruder" beglückt und zur Abwechselung mit dem Stock geprügelt wurden. Es war ein ziemlich schlechter Anfang eines Eilmarsches, und der Wasserriß, den wir passirt hatten, war die llrsache einer bedeutenden Verzögerung geworden. Kaum waren die Thiere wieder geladen und marschfertig, als die Mannschaft daran dachte, daß sie nur einen einzigen Wafserschlauch «oll hatte. Ehe wir von Belignan aufbrachen, hatte ich Befehl gegeben, alle zu füllen. „Bevor Ihr aufbrecht, füllt Eure Mrbns!" — das ist bei einer afrikanischen Reise die ausnahmslose Regel. Bekümmert Euch nie darum, was Euch die Eingeborenen über das Vorhandensein von Wasser unterwegs etwa sagen; glaubt nichts, sondern faßt den festen Entschluß, die Mrbas zu füllen; — solltet Ihr Wasser finden, so ist es kein schaden, wenn Ihr schon versehen seid. Aber nichts geht über die Unvorsichtigkeit der ^ente. Um sich die Mühe zu sparen, uor dem Aufbruch die l^irbas zu füllen, begnügt sich die Mannschaft mit „^uschallah (so <^ott will), werden wir unterwegs Wasser finden"; und häufig stehen sie ans reiner Faulheit,, sich mit einem Vorrath ;u versehen, die größte Noth aus. In vorliegende», Mle hatten sie sich eingebildet, der Mh, 1.^ Wassermangel. den wir eben überschritten hatten, werde nicht trocken sein. Mehrere von ihnen hatten früher it» diesem Vande zu thun ssehabt, uud weil fie in dem sandigen Bett einmal Wasser ge-funden, so hatten sie geschlossen, dasselbe sei noch vorhanden. Sie wollten daher jetzt Streifcorps absenden, n«n nach Wasser zn suchen. Dies hätte eine weitere Verzögerung herbeigeführt in einer Heit, wo jede Minute lostbar war, da unser Schicksal davon abhing, daft wir ^llyria erreichten uud durch dasselbe zogen, ehe die kürten anwincn. ,>ch war sehr besorgt und entschlossen, leinen Augenblick zögern zu lassen' deshalb bestand ich darauf, sofort weiter^ureijen, und nahm mir vor, ohne Halt die ganze Nacht durch ;u marschireu. ?ie ^ülirer au5 Vatuw gaben durch seiche» ^u verstehen, daft, wenn wir die ganze Nacht marschirteu, nur am folsseuden Morgen bei Wasser au^ tomlnen würden, I^ao genügte der Mannschaft, und wir bra^ chen auf. Einige ^lieilen weit zogen wir durch eiucn pracht vollen Wald mit groszeu bäumen. Da der Weg auffallend gut war, so schien der Marsch sich günstig zu gestalten. Dies Glück war jedoch dem Wechsel unterworfen. >turz darauf betraten wir dichte Dorndschungel; der Weg war so überwachsen, daft die Ka^ meele unter den überhangenden Aesteu kaum fortkommen ronn^ ten, und die auf ihrem Nucken aufgestapelten ledernen Proviant sacke wurden bald von den haligen Dornen der Mimosen zerrissen — die Salz-, Reis- und Kaffeesäcke wurden alle leck, und aus den Nissen, welche die ^eutc dadurch'auszubessern snch-ten, daft sie schmutzige Nimpen in die Köcher stopften, flössen diese wichtigen '^orräthe in kleinen Strömen heraus, ^ene Dornen waren wie ,^ischangeln gestaltet, und es schien, daß das leicht verderbliche <^euäck bald ein vollständiges Wrack werden müsse, da die grofte Stärke und Wucht der Kameele Alles, wao sich vor ihnen befand, mitnahm und zuweilen, wenn die Dornen sich feft in die ledernen Säcke einhefteten, die Aefle von den Lin Eilmarsch. 1,39 Bäumen riß. Mittlerweile spazierten die <5sel gemächlich dahin, indem sie so New waren, das; sie und ihre Ladungen nicht bis an die Aeste hinaufreichten. Ich fürchtete das Nahen der Nacht, '^ir waren jetzt am ^uß einer Kette hoher felsiger Hügel, nnd die während der Regenzeit von denselben herankommenden l^ießbäche hatten, indem sie dlirch das tieferliegendc ^aud strömten, zahllose Schluchten gerissen; wir mnrschirten gerade an« Fuß der.Nette mit derselben parallel uud trafen daher jede Schlucht unter einem rechten Winkel. 5a lag ein Kamcel; seine Ladung an Säcken, Töpfen, Pfannen, Büchsen u. s. w. rollte fort, bis sie auf dem Grunde der Schlncht i» einem verworrenen Trümmerhaufen ankam. ^ Halt!... Das Kamee! mußte aufgerichtet und ihm an dem andern Ufer hinaufgeholfen werden, während die Lawine des schweren Gepäcks ihm nachgetragen und dann wieder in Ordnung gebracht wurde. Um eine ähnliche Katastrophe zu vermeiden, mußten die drei übrigen Kameele abgeladen und, als sie sich glücklich auf dem andern Ufer befanden, wieder beladen werden, (^in Kameel mit ungefähr ?M Pfund (Gepäck von unbeschreiblicher Mannichfaltigkeit zu beladen, ift jedesmal eine langweilige Arbeit; aber kaum hatten wir mit Mühe über eine Schlncht gesetzt, so kamen wir schon wieder bei einer an dern an, und mit furchtbarem Zeitverlust in dem Augenblick, wo ich glaubte, die Türken folgten eben auf unserem Wege, mußte dieselbe ermüdende Arbeit wiederholt werden. Meine ^rau und ich ritten der Gesellschaft als Avantgarde etwa eine Vicrtelmeile voran, um die Karawane vor jeder Schwierigkeit zu warnen. Aus der ganzeu Beschaffenheit des Bandes ging hervor, daß es voller Schluchten sein müsse, und doch konnte ich es nicht ändern und hoffte nur immer, daß wir eine Meile reinen Weg ohne eine Vertiefung haben möchten. Der Abend war vorüber und das ^icht matt gewordeil. Was am 14s) VerzütMln^'N aus dem WM. Taqe schwierig nnd langnieilig gewesen war, wurde jetzt höchst bedenklich; wir konnten die Aeste mit den hakigen Dornen nicht seyeil, welche den zerrissenen Weg nberliingen; mein Gesicht und meine Arme blnteten aus zahllosen Nitzen, während ich für die, welche hinter mir waren, bei jedem Riß eines Dornes den Warnungsschrei — „Dorn!" und bei jeder tiefen Spur, die im Wege lag, den Zuruf ,,^och!" vernehmen liest. Zum Glück war Mondschein, aber der Dschungel war so dicht, daft der schmale Pfad kanm zu erkennen war; Kamrele und l>sel rannten daher gegen die Stämme der Bäume, zerschmissen das Gepäck und zerbrachen Alles, was zerbrochen werden konnte: dennoch war die Sache dringend; marschiren musnen wir ans alle Mle. Viir sank allemal der Muth, n'enn wir an eineil liefen Wasserrift oder Hor kamen; der Warnnnsssrlif „Halt!" sagte denen, die sich im Nachtrab befanden, daß die Kameele abermals absscladen und dieselbe ermüdende Arbeit wiederholt werden müsse. Wir marschinen Stunden lang: der Moud war im Sinken; der schon dunkle Pfad wurde noch duukler; die selbst für eine gute Strafte nbcrlaoenen Thiere waren gänzlich ermüdet, nnd die Mannschaft entmnthigt nnd verdriesslich, ^ch stieg von meinem Pserdc und belud es mit Säcken, um ein Ka meel zu erleichtern, das volltonlmen caput war — aber weiter marschirten wir. Alles schwieg; die Lentc waren zu müde, um zu sprechen, und durch die zunehmende Dunkelheit hin krocheil wir langsam vorwärts. Plötzlich kam wieder eine Schlucht, aber nicht so tief; mir hofften, das; die Kameele hinüverkommen würden, ohne daft es nöthig wäre, abzuladen — da lag das vorangehende nnd rollte vollständig mit seiner Vadung bis anf den Grund hinnb. Der Knabe Saat war jetzt Tambour; da er aber sehr müde war, so kam er auf den Gedanken, daft die trommel anf dem bücken einey >tameels eben so beqnem reise Oescheidtheit der Esel. 141 als auf seinen Schultern ^ er hatte sir daher gerade auf das Ka meel gehängt, das jetzt einen Burzelbaum und ein Solo auf ber Trommel geschlagen hatte. Das musikalische Instrument wurde in der Gestalt einer flachen Schüssel aufgefunden und mstirte nicht länger als Trommel, da jeder Ton aus demselben herausgequetscht war. Der Esel ist ein Thier, das viel mehr berechnet als das Kameel; das letztere ist ein übertrieben dummes Vieh, während der erstere auffallend gcscheidt ist wenig strnä tann ich für das Talent der ägyptischen Art einstehen. Der Ausdruck „Du bist ein Esel!" wird in Europa für eine Beleidigung angesehen, aber eine Vergleichung mit der ägyptischen Spielart würde ein Compliment sein. Als berechnende und deutende Geschöpfe hatten daher meine Esel aus der Erfahrung, welche sie in dieser Nacht gemacht, den Schluß gezogen, oaß die Neise lang, der Weg voller Cchlnchtrn sei; daß die Ka-meele, welche vorangingen, sicherlich in diese Schluchten stürzen würden, wenn mau sie nicht ablud, und daß, da das Wieder-beladen bei ieder Schlucht wenigstens eine halbe Stunde in An-" spruch nehme, es für sie (die Esel) tlug sein werde, diese Zeit zum Schlafen zu benuheu; da nun das Niederlegen gerade so wohlfeil war als oa9 Steheu, so zogen sie einen liegenden Zustand und ein erquickendes Walzen auf dem sandigen Boden "or. So oft daher das Wort „Hall" ausgesprochen wurde, verstanden die gescheidten Esel ihren Vortheil ganz genau, und das Abladen eines Kameels bei der Ankunft an einer Schlucht war ein hinreichendes Signal, jeden der einundzwanzig Esel ^lin Niederlegen zu veranlassen. Vergeblich schlugen die ^eute und Ichwureu ihnen ;u, sie würdeu sie auf den Beinen erlialten' dir, Esel waren entschlossen und legten sich doch nieder. Diese Halsstarrigkeit ihrerseits wurde für den Marsch bedeutlich -^ jedesmal, wenn sie sich legten, verschoben sie ihre Vasten; einige der eigensinnigsten beharrteu bei», Wälzen und warfen 142 Die Reisegesellschaft in todmüde. natürlich ihre Packele ab, ^ch I,atte nur siebeltzehll Mann, lind diese waren beschäfngl, dir Kamcrlr zu unterstützen; dir einnnd-zwanzig Esel waren daher ganz sich selbst überlassen; und was die Verwirrung noch vermehrte, war das plötzliche Geschrei von Hyänen in nächster Nähr, welches die Esel so erschreckte, daß sie sofort auf die Beiue sprangen, wahrend ihre Packrtc zerstreut lagen und»sich zwischen die Mßc verwickelten. Sobald nnn die Kamecle aus drr audrru ^eiir der Schlucht wieder geladen waren, mußte bei säiuintlichen Eseln dieselbe Arbeit vorgenommen werden- — während dessen ergriffen die Kamecle, die, obgleich sie dumm waren, doch den „Kniff" der Esel bemerlt hatten, die günstige Gelegenheit, sich ebenfalls niederzulegen, und verschoben notwendigerweise ihre Lasten. E5 wurde deshalb den grauen befohlen, die Kamecle zu halten, damit sie, während die Esel wieder geladen wurden, sich nicht legen sollten- aber die Granen waren todmüde, da sie basten getragen hallen; sie leglcn sich selbst hin, nnd da es dunkel war, fo wnrden sie nicht bemertt, bis wir ein furchtbares Geschrei hörten und fanden, daß ein Kameel sich anf den Obertheil einer Fran gelegt hatte, welche hingestellt worden, nm es zu bewachen, die aber selbst eingeschlafen war. Das Kameel wnrde »nil Mühe aufgerichtet und die Frau unter ihm hervorgezogen. Alles war gänzlich erschöpft. Ich hatte wie ein Sclave gearbeitet, um dcu Renten zu helfen und Muth zu machen; ich war ebenfalls müde. Wir waren von 4 Uhr !il) Minuten Nachmittags marschirt ^ jetzt war es früh 1 Uhr; wir hatten »no also neunthalb Stunden auf dem Wege geplagt. Der Mond war untergegangen, und die völlige Finsternis; machte ein weiteres vorrücken unmöglich; ich ließ daher bei der Ankunft auf einem großen Felscnplaleau die Thiere abladen und Menschen und Vieh ruhen. Die Veutr hatten teiu Wasser; ich halte eine l^irba voll für Frau ^aler Unvmstchtigleit eines Affen. 443 und mich, welche stets an meinem Sattel hing; diese Vorsichtsmaßregel versäumte ich nie. Die Mannschaft war hnngrig. (>he ^. «^onbotoro verließen , hatte ich eine große Menge Kisras (schwarze Pfann-knchon) für den Marsch bereiten lassen; sie waren in einen Korb gepackt, der auf einem Kamcel getragen wnrde; nnglücklicher^ weise war Hrau Bater's Schooßaffr auf dasselbe Kamee! gesetzt worden und hatte sich während des Nachtmarsches das Vergnügen gemacht, von den Kisrae. zn schmausen und seine Vacken zn süllen, nnd als sein Hnnger gestillt war, den Rest wegzuwerfen. Es war buchstäblich nicht cine Kisra im Korbe geblieben. Alles legte sich ohne Abendessen schlafen. Obgleich ich müde war, fand ich doch leine Ruhe, biy ich für den morgenden Tag einen Plan gemacht hatte. Es war offenbar, daß wir über ein so ranlies ^and mit den so überladenen Thieren nicht reisen tonnten; ich beschloß daher, dicicmgen (Gegenstände, welche zu entbehren waren, im Dschungel zu lassen nnd die sämmtlichen Ladungen nen zu ordnen. Um 4 Uhr Morgens wachte ich auf; ich zündete ein Licht an und versuchte vergebens einen meiner Leute zu wecken, die in festem schlafe ans die l^rde gestreckt lagen, wie eben so viele Leichen. Endlich richtete sich Saat auf, und nachdem er sich etwa zehn Minuten lang die Augen gerieben hatte, machte er ein Heuer an und begann den Kaffee zu kochen. Mittlerweile arbeitete ich fest, die Schiffe zn lichten. M warf gegen M) Pfund Salz weg, «ertheilte die schwere Mnnition gleichmäßiger nnter oie Thiere, sonderte eine Menge verschiedener Dinge ans, die zwar höchst nützlich waren, aber entbehrt werden tonnten, und als die Mannjchast lurz vor Sonnenaufgang erwachte, war ich mit der Arbeit fertig. Wir luden mm die Thiere wieder, und diese zeigten, daß sie leichter waren, indem sie wacker aufschritten. 144 Leckerbissen der Eingeborenen. Wir marschirteu drei Stnnden lang iu einem Schritt, der zn der Hoffnung berechtigte, daß wir den Türteu ein gutes Stück voraus bleiben würden, und erreichten endlich das trockene Bett eines Stromes, wo die Vatuka'schen Führer uns versicherten, wir würden, wenn nur eintrüben', Wasser finden. Das traf zu; aber die Bücher unirden an mehreren Stellen tief gegraben, und es vergingen Stnnden, ehe wir nns einen genügenden Vor-rath für sämmtliche ^ente nnd Thiere verschafften. Das große Douchebad war höchst branchbar, da es einen Behälter bildete, aus welchem alle Thiere triuten tonnten. Während wir so beschäftigt waren, erschienen einige Eingeborene, welche den Kopf eines wilden (^bers bei sich trugen, der sich in einem schrecklichen Znstande der Auflösung befand nnd von Maden wimmelte. Bei ihrer Antmift an der Tnnkstelle zündeten sie sofort ein Aeuer an und »nachten sich darüber, ihren duftigen Schweinskopf zu braten, indem fie ihn in die flammen legten. Als der Schädel für die Insassen zu heiß wurde, stürzten Haufen von Maden bunt dnrch einander aus den Ohren und Nüstern, wie Menschen, die ans den 3huren eines brennen den Theaters entrinnen, lim sie bei ihrem Auslug zu unterstützen, Nopften die Eingeborenen blos mit einem Stock auf den Schädel uud fuhren fort zu braten, bis er gut war, worauf sie dann den ganzen Kopf aßen und au deu Knochen sogen. Das fleisch mag noch so verfault sein, der Gesundheit dieser Menschen scheint es nichts zn schaden. Meine Thiere verlangten Rnhe nnd Nahrnng; ich war daher wider Willen genöthigt, bis 4 Uhr :!<> Minuten Nachmittags zn warten. Als die Eingeborenen mit ihrem ^chiveiustopf fertig waren, erboten sie sich, mil uns zn gehen; wir ritten demnach mit unseren behenden Führern unseren beuten eiue beträchtliche Strecke voraus, während die Karawane langsam hinter uns folgte. Nachdem wir etwa eine Meile weil dnrch Dschungel Ankunft in Tollogc». 145 hindurch emporgestiegen waren, tauchten wir plötzlich auf einer Anhöhe auf und schanten auf das Thal von Toltogo hinab. Dies war im höchsten Grade malerisch. Eine schroffe Wand von grauem Granit stieg auf der Ostseite des Thales bis zu etwa tausend Fuß Höhe empor; von der senkrechten Wand waren ungeheure Blöcke herabgefallen nnd bedeckten die Grundfläche mit einer verworrenen Masse zerstreuter Grauitklumpeu von zehn bis vierzig Fuß Durchmesser, und zwischen dieseu aus unver-bundenen Massen bestehenden natürlichen Festnngen befanden sich zahlreiche Dörfer. Der Grund des Thales war eine Wiese, auf welcher am Nande eines trägen und an manchen Stellen stagnirendcn Baches mehrere ungeheure Feigenbäume standen. Das Thal war nicht über eine halbe Meile breit uud wurde auch im Westen von Bergen umschlossen, so daß es wie riue gewaltige Straße aussah. Wir wareu jetzt unserer Reisegesellschaft etwa eine Meile voraus, aber vou uusereu beiden Latul'a'scheu Führern begleitet, uud nachdem wir in das Thal hinabgestiegen und über eine tiefe Ninne gesetzt waren, gelangten wir bald nuter einem großen Feigenbaum an, der am äußersten Ende des Thales stand. Kanm wnrde unsere Gegenwart bemerkt, als Haufen Eingeborener aus den zahlreichen zwischen den Felsen gelegenen Dörfern herströmtcn uud uns umringten. Sie waren alle mit Bogen, Pfeilen und Lanzen bewaffnet und wurden beim Anblick der Pferde, die ihnen unbekannte Thiere waren, sehr nnfgeregt. Ich stieg ab, band die Pferde an einen Busch, und wir setzten nns in das Gras nntcr einein Baume nieder. Fünf- bis sechshundert Eingeborene drängten sich um uns hermn. Sie machten einen ungeheuern Värm und schrieen uns nn, als ob wir taub wären, blos weil wir sie nicht verstanden, ^a ich sah, daß sie sich ungestüm um uus drängten, gab ich durch Zeichen zu verstehen, daß sie zurücktreten möchten. In Baier, Der Albert N'hanza. I. ^ 446 Ein Krmzuerhör. diesem Attgenblick trat ein ttbrrans häßlicher, knrzer, buckliger Mensch hervor und redete mich in gebrochenem 'Arabisch an. Ich war froh, daß ich einen Dolmetscher fand, ersnchle ihn, dem Menschenhaufen zn sagen, daß sie znrücktreten möchten, und erkundigte mich nach ihrem Häuptling. Der Bucklig sprach sehr wenig Arabisch, und der Haufe schien ihn nicht zu beachten, aber sie stahleu sofort einen Speer, den einer meiner ^atuka'schen Führer an den Baum gestellt hatte, unter welche», wir saßen. Es wurde ziemlich unangenehm; da ich aber meinen Revolver und eine Doppelbüchse in deu Händen hielt, so war nicht zu fürchten, daß dieselben gestohlen würden. Auf eine Frage, die ich an den Vnckligen richtete, erwiderte er mir- „Wer sind Sie?" Ich erklärte ihm, daß ich ein Nei^ sender sei. „Sie sucheu Elfenbein?" sagte er. „Nein," antwortete ich, „das taun ich nicht brauchen." „Ah, Sie suchen Sclaven?" sagte er weiter. „Auch Sclaven branche ich nicht," antwortete ich. Hier brach der Haufe iu ein Gelächter ans, und der Bucklige setzte sein Verhör fort. „Haben Sie viele Kühe?" — „Keine einzige; aber viele «Glasperlen und Kupfer." — „Viele? Wo sind sie?" — „NiHt weil; fie werden gleich mit meiner Mannschaft hier sein;" ich zeigte nach der ^tjchtung hin, in welcher sie ankommen würden. — „Way find Sie für ein ^andsmann?" -- „Ein Engländer." Von einem solchen Volke hatte er nie etwa^ gehön. ,,Sie sind ein Türke?" — „^anz recht," erwiderte ich; ,,ich bin Alles, was Ihnen beliebt." — „Und das ist Ihr Sohn?" lindem er auf Frau Baker zeigte.) — „Nein, das ist meine Frau." — „Ihre Fran! Welche ^üge! Es ist ein Knabe." — „Keine Spur davon," enlgegncte ich; „es ist ineine Frau, die mit mir hergekommen ist, um die Frauen dieses Bandes zu sehen." — „Welche Vüge!" versetzte er noch einmal höflich mit dein eiuzigen ausdrucksvollen arabischen Worte' „Ket^b." Der Häuptling TombS. 447 Nach dieser reizend offenherzigen Unterhaltung wandte er sich an den versammelten Vollghanfen und setzte, wie ich vermuthe, aus einander, daß ich mich bemühe, einen Knaben für eine ^van auszugeben. Frau Baker war ähnlich wie ich in ein Paar weite Beinkleider nnd Gamaschen, nebst Blouse nnd Gür-lel gekleidet — der einzige Unterschied war, daß sie lange Aermcl trug, während ineine Arme von einigen Hollen unterhalb der Schultern an bloß waren. M ging stets in bloßen Armen, weil es kühler war, als wenn ich sie bedeckte. Die Neugierde des Voltshaufens fing an unverschämt zu Werden, als gerade zur rechten Zeit der Häuptling erschien. Zu Meinem Erstaunen erkannte ich in ihm einen Mann, der mich in Gondokoro oft besncht, und dein ich viele Gescheute gegeben hatte, ohne daß ich wußte, welche Stellung er einnahm. In wenigen Augenblicken trieb er den Volkshaufen weg, indem er ihnen zuschrie nnd gesticulirte, als wäre er in hohem Grade beleidigt, behielt aber den Buckligen als Dolmetscher zurück und entschuldigte sich wegen der Rohheit seines Volkes. Gerade in diesem Moment bemerkte ich, wie die englische Flagge die Karawane der Kameele nnd Esel von dem Hügelabhang in das Thal hcmbführte, und bald daranf kamen meine Leute und mein Gepäck an. Der Häuptling brachte mir nun eine große Kurbißschale, welche ungefähr vier Quart Merissa oder Bier der Eingeborenen enthielt, das höchst erquickend war. Er brachte auch eine Kürbißflasche voll Honig und einen Elephautenstoh-M)n. Die Annahme des letzteren lehnte ich ab, da ich kein Elfenbein brauchte. Wir waren jetzt »och sechs Meilen von Ellyria, und vermittelst des Buckligen erklärte ich Tombö, dem Häuptling, daß wir vor allen Dingen früh aufzubrechen wünschten, und daß ich bm Buckligen als Dolmetscher annehmen wolle. Das wurde bewilligt, und ich hatte jetzt Hoffnung, vor der Ankunft der 10" 1.48 Der Affe Wallady. Türken durch Mnria zu kommen. Mcinc Karawane war angelangt, und das znerst auf die Pferde, als eine neue Art von Thieren, gerichtete Interesse wnrde nmnnehr anf die Kanieelc übertragen. Die Eingeborenen drängten sich mn sie hernm und schrieen, ,,das wären die Giraffen nnseres Landes." Sie waren erstaunt über die Lasten, die sie trugen, und viele halfen beim Abladen. Ich bemerkte jedoch, daß sie die Dinger durch die Körbe steckten, um den Inhalt zu untersuchen, und als sie spürten, daß zwanzig Körbe voll Glasperlen und viele voll kupferner Armbänder waren — deren (Geklimper den Inhalt verrieth — wurden sie etwas zu eifrig, eine. hülfrriche Hand zu leihen. Ich sagte daher zum Häuptling, er möge seinen Leuten befehlen, sich zurückzuziehen, während ich einen Sack mit Glasperlen öffnete, um ihm ein l^cschritt zu machen. Ich hatte immer einen Sack in Bereitschaft, der verschiedene Glasperlen und Armbänder enthielt, uud der mich der Nothwendigkeit überhob, unterwegs einen der großen Körbe zn öffnen. Ich machte also den Häuptling glücklich nnd gab tinn; ziemlich hohe ^ackcli-tnochen nnd hervorragende ^tirn nnd Angenbranrn, die über einein Paar groster schwarzer Augen voll Ausdrucks alles Bösen hingen. Als er sich näherte, würdigte er nns teiner Beachtung, sondern blickte geflissentlich »lit der entschiedensten Frechheit gerade vor sich hin. , Zll diesem entscheidenden Augenblick wurde die (^rprdition durch ^rau Baler dein Untergang entrissen, ^ic bat >nich, ihn ^>! rufen, auf eine persönliche ^erftändigung ^n dringen und in: ,vall der Herstellnlig frelindschaftlicher Belehnngen ihm.eili <^e schellt au^nbieleu. .uh lonule niich llichl herablassen, den lücki sehen Schlirsen anzurufen, l^r n'ollle eben an nus vorüber-reiten, und von diesem Moment hing Alles ab. ,vran Baker rief ihn selbst, '^ür den Aligenblick gab er keine Antwort; als ich aber mit lauter Stimme den Nnf wiederholte, wendete er seineu l^sel »ach uns ^n »nd stieg ab. Ich hiesi ihn nieder seiden, da seine Venle vorali>> lind wir allein waren. Nach der gewöhnlichen arabischen Art der Begrüftuug fand folgendes l^espl'äch zwischen uno statt, .^ch sagte! „Ibrahim, warnm sollteil ivir feinde sein inmitten dieses feindlichen Vandes? Wir glaubei, au denselben <"otl, nnniiiu sollten wir hadern in diesem Lande der Heiden, dir an teiuen <"ott glanbcn? Sie haben Zhr Werk zn verrichten, ich das mrinige. Sie suchen Elfenbein; ich bin ein einfacher Reisender; warum sollten wir Diplomatische UnK'lhandkmH. 455 streiten? Wenn man mir das ganze Elfenbein des Landes an. böte, ich nähme keinen einzigen Stoftzahn an, noch würde ich Ihnen in irgend einer Weise schaden. Machen Sie Ihre (^ schüfte ab nnd legen Sie mir leine Hindernisse in den Weg: das Land ist grost genug für uns Beide. W habe mir die Aufgabe gestellt, einen groben See — die Quelle des Nil zu erreichen, Erreicheu »uerde ich ihn s^nschallal,> Keine Macht wird mich zurücklreibeu. Wenn Sie feindselig sind, werde ich Sie in Khartum einkerkern; stehen Sie mir bei, so werde ich Sie belohnen, höher al5 iede Belohnnng, die ^ie je empfangen haben. Sollte ich in diesem ^ande gelödtet werdeil, so wird der Verdacht auf Sie fallen; Sie kennen die Folge; die Negierung wird Sie anf den bloßen Verdacht hm hängen. Dagegen wenn Sie freundschaftlich sind, werde ich in jedem Lande, day ich entdecke, meinen Einfluß verwenden, dast Sie das Elfenbein desselben erhallen >,,» ilires Herrn, Knrschid's, willen, der groft-mütliig war gegen die Eapitüne Epeke und l^rant nud gütig gegen nn'ch. Solllen Sir feindselig sein, so werde ich Ihren Herrn als den, der Sie angestellt hat, verantwortlich machen. Stehen Sir nur bei, so werde ich mich Ihnen Beiden als freund zeigen. Wählen Sie, was Sie wollen, frei wie ein Mann Freund oder Feind?" Ehe er Zeit hatte ;n antworten, wandte sich Mn Baker fast in demselben Tone an ihn nnd sagte, er wisse nicht, waö Engländer wären; nichts werde sie zurücktreiben; die britische Negiern ug wache über sie, wo sie auch sein möchten, und an einem britischen Unterthan werke kein Frevel ungestraft begangeu. Ich würde ihn iu keiner Weise täuschen; ich wäre kein Händler, nud ich würde im Staude sein, ihn dnrch Entdeckung nener, an , Elfenbein reicher Länder wesentlich ;u unterstiwe», und er werde durch ein gesittetes Betragen sich selbst nscheu. Er schien verlegen zu sein und schwankte, Ich versprach 156 Der Friede ist hergestellt. ihm sofort, wenn meine Begleitung ankommen würde, als Handgeld anf das, was noch kommen sollte, ein nenes Doppelgewehr nnd etwas l^old. , Er antwortete: „Cr selbst wünsche nicht, daß man feindselig sei, aber sämmtliche Handelsgesellschaften, ohne alle Ans-nahme, wären gegen mich, nnd die Mannschaften waren über-zengt, daß ich ein verkleideter Consul sei, der das gau^e Verfahren der Händler an die Behörden in Khartum berichten würde." — ,,Cr glaube mir," fnhr er forl, „aber seine Mannschaft werde mir nicht glaube»; alle Menschen in ihrem Vaude lögen, deohalb lraue Ulan ^tiemandcm die Wahrheit ^u. Auf alle Mlle," sagte er, „toiiunen Sie nicht mit meinen Renten in Bernhrnng, sonst werden sie Tie beleidigen, sondern gehen Sie hin nnd nehmen Sie für sich und IlM ^'nte Besitz von jenem großen Baume ler geigte anf einen solchen im Thal von Cllyria); ich werde hinkommen nnd mit Ihnen sprechen. Ich werde mich jeht meiiler Mannschaft anschließen, da ich sie nicht will wissen lassen, daß ich mit Ihnen verkelirt habe."' Dann machte er ein Selaam, bestieg seinen Csel lind ritt ab. Ich hatte ihn gewonnen. Ich kannte den arabischen Charakter so dnrch und durch, daß ich überzeugt war, der Vanm, auf den er mit den borten gezeigt hatte: „Ich werde hinkommen nnd mit ^hnen sprechen," solle der Ort der Zusammenkunft sein, lim das versprochene (bewehr und Cwld in Cmpfang zn nehmen. Ich wartete nicht anf die Ankunft meiner Mannschaft, sondern meine ,vrau und ich bestiegen nnscre Pferde nnd ritten mit heitererm Mnthe,'Nls wir bisher gehabt hatten, den Hügcl-abdang hinab. Ich maß ihr die ganze Chre der „List" bei. '^äre ich allein gewesen, ich würde zu m'el Stolz gehabt haben, die Frenndschaft des tückischen Händlers zn suchen, nnd der Augenblick, uon welchem Me5 abhing, wäre verloren gegangen. Ankunft in Ellyria. 157 Als wir auf dcrgrasrcichen lHbene anl Fuße des Berges anlangten, zaulte sich ein Häuft von den Räubern des Händlers nm den Schatten einiger großen Bäume, die an den Ufern des Stromes standen. Wir stiegen daher ab, ließen unsere Pferde grasen und nahmen Besitz von einem etwas entfernteren Baume, unter welchem bereits eine Anzahl Latukas saßeu. Da es ihueu auf unsere Gesellschaft nicht ankam, so sehten wir uus uud wartetcu auf die Ankunft unserer Begleitung. Das Thal von Ellyria war eine reizende Stelle gerade im Buseu der Berge. Dicht au dem Platze, wo wir saßeu, lagen die großen Fclsmasseu, die von den Klip-peu herabgefallen waren, nnd bei der Untersuchung faud ich, daß sie aus dein schönsten granen Granit bestanden, in welchem der Fcldspath iu mehrere Quadratzoll großen Massen vorkam und so hart wie Kiesel war. Anf der Oberfläche gab es t'eine Abblätterung, wie sie bei l^rauitgesteiueu sich gewöhulich ^eigt. Kaum war der Zug des Händlers augclangt, als Haufeu Eingeborener aus den vcrpallisadirteu ^örfcru auf den Berg strömten; wie sie auf die (^beue herabtamen, mischten sie sich unter die allgemeine Verwirrung. Das (Gepäck niurde l»nter einem Bauulc aufgestapelt und eine Wache danebengestellt. Die Eingeborenen waren gan; nackt uud geuau dieselben wie die Bari. Ihr Häupte ling, Legg6, war unter ihnen, erhielt von Ibrahim ein langes rothes Der Häuptling 5!c.Ml. 1">H 2ca.au, der Häuptling uon Ellyria. banmwollenes Heind zum Gefchrnk und nahm eine sehr wichtige Miene an. ^bralnm erklärte il)m, wer ich sei, und er kam sofort, nm den ^ribul zu billen, den er als ,,^cänbersold" für das Recht zum i'intritt in sein ^and erwartete. Leggö's Besicht übertraf an Gemeinheit alle, die ich je absehen habe. ^ei-nen Wgen wareu Wildheit, Habsucht und ^innlichkeil auf geprägt. M ersnchte ihn sogleich, sich zn seyen, nm sem Portrait anfzunelnnen, und in etwa zehn Minuten gelang es mir, ein qeilanes Abbild des vielleicht a.rößtell Schuftes, der selbst in Central-Afrika eristirt, in meine Mappe zn lege». 7u'l.u Iiatte ich da^ '^erqnngen, meine Karawane, nachdem sie alle ^chwieriqteiten überwallet halle, sich lanqjam den Hüqelabhanss herabnünden zn sehen. Aly sie anlam, n>ar meine Gesellschaft gan^ erstannt, daß sie uns so nabe bei der <^esellschaft des Handlers fand, lind i» noch flüstere Bestür^nng gerielhen sie, als ich nach ^bmln'm schickte nnd ihn auffordern lies^ zn meinem Baume zu lommen, wo ich ihn nüt einigen englischen ^overeignü nnd einer Doppel-fünie beschnitte. ?"ev ^ieugierde dieser Araber enl^el>l uichtü; die Mannschaften beider Parteien mertlen gleich, das^ ich auf eine unertiärbarc Weise mit Ibrahim ein Bnndlliß geschloffen liatle. ^ch sah, wie das bewehr, das ich ihm eben geschenlt, r>on (^iuem zlliu Andern gereicht wurde, um e5 ;n prüfen, nud mein Wetil sonwhl alo meine Mannschaft schienen über die plötzliche Wendung äußerst verlegen. Der Hänptliug von Myria kc,,n nlin, um »nein Gepäck ^li besichtigen, nnd verlangte fünfzehn schwere kupferne Armbänder lind eine groste Menge Glasperlen. Die am meiften gesuchten Armbänder sind einfache, fünf Achtrlzoll starte und ungefähr eiu Pflind schwere kupferne Ringe; die von geringerer <"ro,>> werden nicht so hoch geschätzt. Ich gab ihm fünfzehn solche Ninge und ungefähr zehn Pfund -Glasperlen in verschiedener Legg^'s Unmäsiisskeit. L59 Allswahl, worunter die PorMankorallen (DtNlirillf) die will-kommensten waren. Vegg^ hatte noch lange nicht genug; er sagte: „sein Bauch sei sehr n'eit und er mnsse gefüllt werden," das hieß, sein Verlangen sei sehr groß nnd mnsse befriedigt wer den. Ich gab ihin daher uoch einige Kllpferringe ^n; aber plötzlich roch er geistige Getränke, indem eine der wenigen Weingeistflaschen, die ich besaß, in der Arzneikiste zerbrochen war. Ibrahim bat mich, ihm eine Nasche zn geben, um ihu in gnte ^anne zu bringen, da Araki sein größter Oennß sei. Ich gab ihm eine Nöselflasche vom stärksten Weingeist. Hn meinem Schrecken brach er den Hals ab, bog seinen Kopf znrnck und ließ behutsam den ganzen Inhalt in den Schlnud hinabrieseln, so harmlos, als wenn es gewöhnliches Wasser wäre. (5r war ganz daran gewöhnt, da die Händler ihm jedes Jahr Arati als Geschenk mitzubrimM pflegten. (5r erklärte, der sei ausgezeichnet, nnd verlangte noch eine Flasche. In diesem Angenblick brach rin gewaltiges Donner nnd Regenwetter nber uns herein, mit einer Wuth, die in den Tropenländern allbekannt ist; der Regen fiel wie bei einem Wolkenbrnch, und die gedrängte Menschenmasse floh, um Schny ^n suchen. Das Gewitter war so stark, daß man keinen Menschen sehen konnte. Manche flüchteten sich nnter die nahen Felsen, während Andere nach ihren Dörfern sprangen, welche dicht dabei lagen, ^ie ^entc der Handler fingen ein l^ewrhrfcner an, indem sie alle ihre Flinten abschössen, damit sie nicht naß wnrdcn nnd den ^chuß versagten. Ich konnte nicht nmhin zu glauben, daß sie sich in diesem Angenblick vollständig in der Gewalt der Eingeborenen befanden, hätten dieselben sie angreifen wollen. Die «Gesellschaft des Händlers lag mit den ungeladenen bewehren unter il,ren nngegerbtcn Ochsen-Häuten. Von meiner Mannschaft war Jeder mit einem Stnck wasserdichten! Zeng versehen, mit welchem sein Gewehrschloß versichert wurde. Wir lagen, bis der Stnrm vorüber war, mit 160 Keine Lebensmittol. einer Stierhaut bedeckt auf einem Angarep. Das Gewitter war prachtvoll; es entlud sich auf der Spihe des Verses, der gerade über uns lag, und im Verlauf einer Viertelstunde stürzten Gießbäche in den zwischen den Felsen befindlichen Schluchten herab, die Wirkungen des gewaltigen Gewitters, das eben so schnell vorüberzog, als es gekommen war. Kaum hatte es aufgehört, als das Menschengedränge wiedererschien. Noch einmal stand der Häuptling ^egg^ vor uns und bettelte nm Alles, was wir hatten. Die Eingeborenen baten zwar nm Glasperlen, wollten aber nichts dagegen geben, und nur konnten für keinen Artikel, außer für Moloten, etwas kaufen. Diese eisernen Hacken werden hauptsächlich in Ellyria gefertigt, nnd es schien auffallend, daß sie dieselben verlangten. Veggü inacht mit solchen Hacken ein großes (Geschäft; er versendet sie mil mannichfachen Glasperlen und.kupfernen Armbändern nach Osten in die Berri- und Gallaländer, um Elfenbein einzukaufen. Obwohl es in der Nähe von Ellyria sehr wenig Elephanten giebt, so befindet sich doch daselbst eine un-gehenre Masse Elfenbein, da der Hänptling ein so großer Händler ist, daß er es haufenweise anfkanft, um es an die Türken gegen Vieh zu vertauschen. Er verkauft es zwar so theuer, daß er für einen Stoßzahn zwanzig >tühe verlangt, aber es ist eine paffende Station für die Händler; sie liegt nicht weit von Gon-dokoro, und es macht daher wenig Mühe, das Elfenbein auf die Schiffe zu bringen. Obgleich ich ^eggö mit Allem beschenkt hatte, was er verlangte, so wollte er doch die Geschenke nicht erwidern; anch wollte er weder Ziegen noch Geflügel verkaufen; außer Honig warcu iu der That keine ,^ebenZmittel zn bekommen. Ich kaufte ungefähr acht Pfund dieses Leckerbissens für eine Hacke. Meine Leute verhungerten fast, und ich sah mich daher genöthigt, sie nut Reis aus meinem heiligen Vorrath zn bedienen, da ich ihnen Schüdelbildung. IM nichts Anderes geben konnte. Sie kochten denselben und ver mischten ihn mit Honig, und saßen bald darauf um einen nn-geheuern kreisförmigen ^iapf voll dieser Rarität, sich durch nnd durch frenend, aber nichtsdestoweniger murrend wie gewöhnlich. In der kaltblütigsten Weise, die mir möglich ist, setzte sich der große und gierige Hänvtling Leggö, ^ der sich geweigert hatte, uns irgend etwas zn geben oder auch selbst zn verkaufen, u:n uns vor dem Verhungern ^u schützen, sobald er die Lentc bei ihrer nenen Ä - geborenen. — WicdcrauM'abnng der Todten, — Kopfputz dcr lHiugebore» mn. — Haarhclnie von Lattlka. — Znm Kampf cingericktetc Armbänder. — Die Vatnta'sli!en Fraucu. — Tie Ciiiflibrung des Häuptlings. — „Mov" uud seine Damen. — Bott«' macht dcn Vorschlaq, Fran Baker's Schönheit zu erhöhen. — Volk«! und Tochter. — Ansziehnns, der Porberzähne, — Der Werth der Weiber. — Kühe haben einen höheren Werth als Weiber. — Untergang von Mahommed Her's Volt. — Tod meiner Ueberlänfcr. — Meine Prophezeiung isl in Afiillnng gegangen. — Wir bcfürchten ciucn Aligriss. — Die Tüllen dclcidigeu die ^raucn. — Schlecktet Betragen der Türken. — Bravo, Bo!t,d Bebens- Abmarsch von (Alyria. 463 mittel zu verschaffen — dir Eingeborenen weigerten sich, etwas zu verkanfen, und betrugen sich überhaupt so, daß ich die Ueberzeugung gewann, fie wären jeder (Nreuclthat fähig gewesen, wären fie durch die Türken veranlaßt worden, uns anzugreifen. Hum l^lück hallen wir einen guten Vorrath an Mehl, den ich, ehe wir von Gondokoro aufbrachen, für die Neise hatte bereiten lassen- wir konnten daher nicht verhungern. Auch hatte ich einen Sack voll Getreide für die Thiere, eine nothwendige Vorsichtsmaßregel, da in dieser Jahreszeit kein Blättchen Gras zu finden war; denn in der Nähe des Weges war alles weggebrannt worden. Am 30. März nm 7 Uhr .'50 Minuten Vormittags brachen wir auf und kamen, als wir aus dem Thal von Ellyria traten, auf ein vollkommen plattes, mit einzelnen Püumeu bestandenes Vand. Nachdem wir eine Stunde marschirl waren, machten wir au einem kleinen Flnsse Halt, der schlechtes Wasser enthielt. Zum Frühstück hallen wir Kisras und Honig; da wir aber seit mehreren Tagen kein fleisch genossen hatten, so nahm ich die Büchse nnd machte einen Strich durch den Wald, um Wild zu suchen. Ich streifte eine Stunde umher und kehrte zurück, ohne einen Schuß gethan zn haben, ^ch war auf frische Fahrten vou T6tel (Hartebeest) und Perlhühnern gestoßen, sie waren aber offenbar nur zum Fluß herabgekommen, um zu trinken, und wieder in's Innere zurückgewauderl. War das Wild selten, so qab es Obst in Fülle — Nicharn und ich waren mit einer Art gelber Pflaumen beladeu, so groß wie ein (5i. Sie wuchsen in erstaunlicher Menge auf schönen Waldbäumcn, unter welchen der Boden ganz gelb sah von den Massen, die von den Hweigen herabgefallen waren. Sie warm auffallend süß, und doch sauer, sehr saftig, und hatten einen köstlichen (Geschmack. Um ! 1 Uhr Ll) Minlllen brachen wir wieder auf, nm einen langen Marsch zu machen. Unser O'ours war Ost, das Terrain 11* 164 Unmenschlichkeit gegen die Frauen. für die Thiere höchst günstig, vollkommen flarli mid frei von Schluchten. Wir liefen demnach in einem scharfen Schritt dahin, und die starkeC"luch der Sonne die heißesten Stnnden des Tages hindnrch niachte die steife für Alle answer den Kamerlen ermüdend. Die letzteren waren in ihrer Art ansgc^'ichuei nnd übertrafen jetzt die änderet, Transportthiere weit- sie marschirten beqnem dahin uuter Vastcn von je ungefähr WO Pfnnd. Meine Karawane befand sich hinter der Gesellschaft des Händlers; da aber das Terrain gnt war, so verließen wir un-sere ^eute nnd galoppirten n'eiter bis znr vordersten Flagge. Es war hübsch, den buntscheckigen .^ug anzusehen, der sich in einem einfachen Glied etwa eine halbe Meile weit erstreckte: — mehrere der Vente ritten auf (>-seln, manche auf Ochsen; die meisten gingen zu ^uße, woliin auch alle grauen gehörten, die sich auf ungefähr sechzig beliefen und die Sclauinnen der Leute des Händlers waren, letztere trugen schwere basten, und viele noch anfterdein Kinder, die in ledernen Tragriemen auf ihren Nucken hingen. Nach einem m'er- bis fünfstündigen Marsch in der starten Hitze zeigte» viele der überladenen ^wuen Symptome vou Schmerz und bekamen wunde ^üße; das (^ras, das erst kürzlich mm- weggcbrannt worden, hatte die scharfen verkohlten Stummel zurückgelassen, welche denjenigen, deren Sandalen nicht im besten Hnstandr waren, die ,vüße sehr angriffen. Die Granen wnrden von ihren unmenschlichen Cngcu-thnmern dnrch scharfe Hiebe mit der Karbatsche vorwärts getrieben, nnd eine, die weit in der Schwangerschaft vorgerückt war, konnte endlich nicht weiter gehen. Da bearbeitete sie der Wilde, dem sie gehörte, mit einem großen Stock, nnd als es ihn« nicht gelang, sie vor sich hinzntreiben, warf er sie nieder nnd sprang auf ihr hernm. Die Füße der Fran waren geschwollen und bluteten, aber später am Tage sah ich sie wieder mit Hülfe eines Vambnhrohre5 im Nachtrab hinken. Marschm'tmunss. 1fts> Die Händlerinarschiren ill großer 'lDrdilnng- einc flagge führt den Zug; sir bat eiue Schntzwachr von acht bis zehn Maim, wahrend eiu Eingeborener einen Kasten mit fünfhundert Patronen trägi, nin i»> ,vall eines Angriffs von ihnen benutzt zu werden. Die Trügev und das Gepäck folgen in einein einfachen s^lied, nwbci in .^ivischeuränmen Soldaten marschireu, um fie am Entlaufet! 5» hindern; falls Einer zu entlaufen versucht, wird sofort anf ihn geschossen. Der Mnnitiousvorrath befindet sich im Eenlrum; er n>ird in der Regel von etwa fünfzehn Eingeborenen getragen nnd dnrch starke Schntzwachen gedeckt. Der Nachtrab bey Zuges wird durch eine zweite flagge geschlossen, hinter welcher t'rin ^iachznglrr gcdnldet wird. Die Nachtrabsflagge wird ebenfalls durch sechs bis acht Mann Wache geschützt, die wieder einen Kasten mil Nescrvemuuition haben. Bei dieser Anordnung ist der Zug stets bereit, einen Angriff ausznh alten. Ibrahim, mein nener Verbüudeier, ritt jetzt vor der ^inie. Er hatte anf seinem Sattel vor sich ein hübsches kleines Mädchen, seine Tochter, ein Kind von anderthalb Zähren. Ihre Mutter, ein anffallend hübsches Barimädchen, eine seiner zahlreichen Granen, ritt hinter ihm anf einen! Ochsen. Wir kamen bald in Unterhaltung- ^ einige Stückchen Zucker, die .v^an Bater dem Kinde nnd der Mutter gab, waren ein silver Anfang, und Ibrahim sagte mir dann, ich solle mich vor meinen eigenen Lenten Huten, da er wisse, daß sie nicht bei mir zn bleiben gedächten- sie wären ein von seinen Renten verschiedener Stamm und würden sich bei uuserer Ant'nnft auf ihrer Station in ^atnka Tschennda's Volt anschlichen und mich im Stiche lassen. Dies war eine Bestätigung alles dessen, was ich gehört hatte, ehe ich l^ondotoro verlief; die versprochene Meuterei stand mir daher in Aussicht, ^ch hatte bemerkt, daß meine ^ente, seitdem ich mich Ibrahim angeschlossen hatte, noch tückischer wa- 166 Velli.nl. ren als gewöhnlich; es gelang mir indeß, ihn zu überzengen, daß er von einem Pündniß »nil mir so entschiedenen Nutzen haben werde, daß er mir frei und offen erklärte, ich solle uon Seiten seiner Gesellschaft leinen Widerstand erfahren, So weit war Alles noch über meine lebhaftesten ^rivartnngcn hinaus geglückt. Wir waren anf nnserer Reise ein hübsches Slück vorwärts gekommen, und jeht, wo wir uns in dem wilden Innern befanden, war ich entschlossen, falls die Schurken versuchen soll ten, ihre mörderischen Drohungen in Ausführung zu bringen, die Meuterei mit einer eisernen Hand zu erdrücken. Hwri bis drei von den beuten schienen willig zu sein; aber der ursprüngliche Rädelsführer, „Bell.ial," wollte buchstäblich nichts thun, er half nicht einmal beim Beladen der Thiere, sondern stolzirte mit der größten Frechheit umher. Nach einem ermüdenden Marsche uon acht Stunden nnd zehn Minnten durch ein vollkommen flaches, mit einzelnen Bäumen bestandenes Land machten wir nm 7 Uhr -50 Minnten Nachmittags an einer kleinen Quelle mit außerordentlich schlechtem Wasser Halt. Die Pferde waren so weit voraus, daß der Hauvtzng, vollständig ermüdet, erst nm 11 Uhr Abends an-tam. Da die Nacht sclfbn war, so schliefen wir auf einem Sand-Hügel wenige Schritt von der Quelle, froh, daß wir von den Mssquitos in Gondokoro weg waren. Am folgenden Morgen brachen wir bei Sonnenaufgang auf und langten in zweistündigem l^rschwindmarsch am Kameti-ftnß an. Obgleich es nicht geregnet hatte, so war doch der Strom sehr reißend nnd ging an der Fnrt bis an die Sattelgurte der Pferde herauf. Die Ufer waren sehr schroff und gegen fünfzehn Fuß hoch, das Bett zwischen hundertnndzwanzig lind hundertnndfünfzig Fnß breit. Während der Regen wird daher durch diesen Fluß eine beträchtliche Wassermüsse nach dem So-batstrom hinabgeführt. Die ganze Abdachung des Landes ist Mdachunq nach dem Sobat lnii. 167 nach Osteu gerichtet und fließt demnach in den ^obal. Die von Ellyria ans nach bilden hin lanfende Bergkette bildet die Wasserscheide znnscheil der östlichen nnd ivestlichen Abdachuug; der Tobat nimml dno Wasser ans der einen Seite und der weiße Nil auf der andern anf, während der Nil schließlich, wie schon früher erwähnt, die ganze Wasserinasse durch den ^obat unter 9" 22' nördlichem breite empfäugl. Nachdem wir das steile Ufer den Xanietiflnssrs hinaufgeklettert waren, setzten nur über ein großes Dhurrafeld und kamen im Dorfe Watlala an. Das Dorf oder die Ctadt bc^ steht ans uugcfähr siebenhundert Hänsern; der ganze Ort ist durch ein aus „Babannse", dein harten Eisenholze des Vandes, gebildetes Pallisadensystem start geschützt. Aber nicht nur anf diese Art ist er befestigt, sondern die Pallisaden sind auch noch dnrch eine Hecke uon undurchdringliche»! dornen gedeckt, die bis ;u einer Höhe von ungefähr zwanzig ,^-nß aufwachsen. Der C>'in^ gang zu dieser Festung ist ein luertwnrdigcr Bogengang, gegen zehn Fuß hoch, auü den ^isenholzpallisaocn hergestellt, mit einer scharfen Wendung nach rräM nud links ein Zickzack bildend. Das ganze anf diese Art umfriedigte Dorf liegt mitten in einem prächtigen Walde von großem Bauholz. ?ic Einwohner vou Wattala sind dieselben wie die von Mlyria, werden aber uon einem unabhängigen Häuptling regiert. Sie sind große ^äger, und als wir ankamen, sah ich mehrere (Gesellschaften mit 5 heilen wilder ^ber und Büffel aus dein Walde znrücktehren. Von l^ondokoro bis zu diesem Orte hatte ich lein einigen Stück Wild gesehen, aber die uumittelbare Uiugegcud vou Wal lala war durch die Hüße der Elephanten, (Giraffen, Büffel, Naohörurr und verschiedener großer Anlilopeu blichstablich niedergetreten. Nachdem ich mir das Dorf genau angesehen hatte, ließ ich meine Leute etwa eine Viertelmeile uom Eingang desselben im 16« Wild bei Wakkala. Walde die Thiere abladen. Der Boden war außerordentlich fett, und da er durch die hohen Vänmc vor deu sendenden Strahlen der Sonne geschützt wurde, so gab es eine Menge schönes Gras, wodurch es sich erklärte, das; Wild vorhanden war. Wo sich gutes Flitter, große Wälder und reicher Wasservorrath befinden, fehlt es nie an wilden Thieren, In wenigen Minuten schwelgten meine Pferde und Esel, die einige Tage t'cin <^'ras genossen hatten, auf der fetten Weide, die Kameele schmanstcn in dem Vanbe der duntelgrünen Mimosen, und die ^rnte, die anf dem Marsche einen Büffel gefunden hatten, der in einer Falle gefangen und von einem Vöwcn ge-tödtet worden war, bekamen etwas fleisch, und die ganze Gesellschaft speiste. Wir hatten n„9 eine Arl ^aube hergestellt, indem wir mit dem Säbel mitten m einer dichten Masse von Schlingpflanzen einen reizenden schattigen Winkel aushackten: dort thaten wir nns gütlich an einem Paar gebratener Hühner, dir wir nnZ von den Eingeborenen für Glasperlen verschafften. ^5 war das erste fleisch, das wir genossen, seitdem wir von i^ou dokoro abgereist waren. Um 5' Uhr 10 Miunten Nachmittags verließen wir diese wonnige Stelle und marschirten. Als wir ans dem Walde trn ten, kamen nur anf eine herrliche Ebene mit schöuem niedrigen Gras, auf der rechten Seite von Dschungel begrenzt. Da es in der kühlen Abendstunde war, so war dir Ebene mit Wild belebt, das ans Büffeln, ^ebrao nnd vielen Spielarten großer Antilopen bestand. Es war ein höchst belebender Anblick, dieselben, sowie wir anrückten, über die Ebene fliegen zu sehen; aber nn scr großer .^ug und drei im Winde flatternde rothe Flaggen ließen uns nicht nahe genng kommen, um schießen zu können. Ich fühlte mich start' versucht, in diesem Elysium zu bleiben, Um einige Tage zu jagen, aber e5 war zu wichtig, vorwärts zu kommen, als daß man an Vergnügungen denken durfte; ich Lawkn'schc Dn'be. 169 konnte daher die Waidmannsgcfühlc nur in so welt befriedigen, als ich auf den vor nur dahilischwürmenden schönen Hecrden meine Aussen weidete. C'in Viertel auf acht Uhr bivouatirten wir ttllopen. ich in großer (^nlfi,^nung eine Einzahl 'Anlilopen erlauiue. I^a n'iv nichts ;u essen halten, so entschloß ich mich, sie ;u beschlei-chrn, indem ich uon den killen erfnl,r, daß nur nicht mehr weit ;u der Stelle hätten, nw ioir snr diesen 5ag Hall macheu n'ürden. I6) ließ dal,er ,vrau '^aler niil im'im'm Pferde und ciuov Neservebüchsr wanm, ivähn'nd drr .^>iq c^cvadcn ^rqy fovt-marschivlt'. ^ch l^'dachlc dnrch dl'n ^schliiu^rl herumzngchrli nud a»f dcn ^iiitvilt dcv Hccvdc ;n lancrn, welche sie, indrin sie einfach durch die (Mne vitt nnd mein Pferd führte, vertreiben inußle. ,^alls ich einen Schnft nbfencrte, sollte sie dao Pferd ;n inir bringen. Nachdein ich etwa eine Meile weit in dein mit der Ebene parallel laufenden Dschungel gegangen war, sali ich die Hecrde, von etwa zweihundert T^tel in volleul salopp ans dem freien ^ande in den Dschnngel eintreten, indem sie durch die Türken und die rothen flaggen, welche über die Marsch gebogen, bennrnhigt wurde. Diese Antilopen waren so scheu, daß es nicht möglich war, sie zn beschleichen. Ich bemerkte jedoch, daß sich gerade in der Mitte der Marsch mehrere Vasserböcke befanden, und daß Mei bis drei Vüume die Möglichkeit einer ^eschleichung gewährten. Da mir der Wind gerade entgegenkam, so gelang es mir, einen '^anm ^n erreichen, der etwa sie-benhmidcrtnndfünfzig Fnß von dem größten Bocke stand. Dann legte ich mich in einen trockenen traben nieder, der in der nassen Mires^eit einen Bach bildete, und kroch anf dem '^oden hin, bis ich zn einem hohen <^rasbusch gelangle, welcher der letzte mich verdeckende Punkt sei», sollte. Sowie ich mich aus oem Graben anfrichtete, sah ich, daß der ^ock mich mit größter ')luf-merksamteit beobachtete. Gin sicherer ^chuß mit meiner kleinen Büchse ^r. 24 hatte nicht die erwünschte Wirkung — er ging zn hoch! — der Bock beachtete den Schnß nicht einmal, welcher, wie ich vermuthe, der erste war, den er in seinem Leben gehört Jagd liuf l'i'U'n W'istVrl'lick. 4?1 hatte; — er blieb stehen lind sah mir gerade iu's Besicht; dies ist stets eilte uuangenehme Stellung zum schießen. Da ich sah, das,- er nicht geneigt schien, fortzugehen, so lnd ich wieder, ohne inmi linkes Rohr abzuschießen. Jetzt hielt ich tiefer als beim vorigen Schuß, nnd einen Aligenblick nach dem Knall sprang er in die Vnft, fiel dann auf die Kniee nnd galoppirte alls drei Beinen fort — das eine Vorderbein war gebrochen. Ich l>atte den scharfen Klang der Kugel gehört, aber der Schuß war nicht ganz genügend. Ich blickte lnich nach meinem Pferde »m nnd sah ,^ran Baker, Filfil führend, über die (^bene her auf mich ;n galoppirei,, während Nicharn so schnell, als er konnte, hin-tcnnach sprailg. Cowir sie ankam, bestieg ich ^ilfil, der ein schnelles Noß war, lind ritt, meine kleine Büchse Nr. ^ in der Hand, langsam auf den verwundeten Wasserbock zu, der ungefähr eine Piertelmeile weit stand, und uns beobachtete. Ehe ich icdoch dreilillndert ,^nß näher gekommen war, eilte er in vollem salopp fort. Ich setzte ^ilfil in einen kurven l^alopp und beschleunigte so den Schritt, bis ich sah, das; ich mit verhängtem Zügel auf ihn losgehen mußte, da der Wasscrbock, obgleich er nnr auf drei Beinen lief, sich im Vortheil befand. Der Boden war holperig: er war marschig gewesen, das Wild hatte Fährten eingetreten, nnd jetzt war er durch die Sonne getrocknet; ^ er war für Pferd und Antilope, aber besondrrö für das erstere schlecht. Nach einem Wettrennen uon etwa einer Meile sah ich mich jedoch so schnell im Vortheil, dasz ich in wenigen Augenblicken bis anf neun Ms; von ihm anf seine linke Seite ritt und, indem ich die Büchse mit der einen Hand wie eine Pistole hielt, ihn durch die Schulter schoß, worauf er todt niederfiel. ?iese kleine Doppelbüchse ist eine äußerst bequeme Waffe; — sie wurde für mich etwa neun Jahre ^nvor von Thomas Fletcher, Büchsenmacher in Gloucester, gemacht und ist mit voll- 112 Gute Tn'iisl^ eim'v Vüclift. tommenster (^eschictlichteil gearbeitet, ^ch habe mit ihr die niei' sten Arten Hochwild geschossen. Obgleich das ssaliber so Nein wie Nr. ^4 ist, so habe ich doch mit ihr Nashörner, ^lnßpferde, Vöwrn, Büffel nnd alles große Wild erlegt, Elephanten lind ilnd (Giraffen ausgeilonimen- bei den letzteren hab? ich sie zufällig nie uersncht. Da sie lnir acht und dreiviertel Pfund nnegt, so läßt sic sich äußerst beqnem ^n Psrrdc jraql'il, lind obwohl ich mit meinen, Pfcrdc häufig Unqlück Iinüc, ind^m c^ im vollen salopp ficl, so ist doch der ,Nolln'n bio anf drt, henli^rn Tag volllollllncn niibt'schüdillt. I^or ln'str Bc'NN'io einer durch >md dnrch Eliten Arbeit ist der, daß,sic bei uieljähria/m starken (^e^ branch nie ann der OrdinlNss gekommen ist und sich nie in den Handen eines Büchsenmachers befunden hat. Der Wasscrbock mnrde rasch in vier Viertel zerlegt nnd dann nnf einen Streifen von seiner eigenen Hant gebnnden, Äiit ^ticharn'ü Hülfe warf ich ihn über meinen Sattel nnd fnhrtc mein dadnrch schwer brladenes Pferd nach dem Wege hin... Nachdem wir mit einiger Schwierigkeit über schlammige Vertiefungen und Rinnen in der sonst trockenen Marsch gesetzt waren, gelang es nns endlich, die Spuren der Gesellschaft zn finden, die nnter dessen weiter gezogen war. Wir waren von Myria gerade ostwärts nach der hohen Spille dw „(^ebel Lafit" hin gesteuert, der sich genau über einer der Hauptstädte Latnkas erhob. I^a dieser schöne ^cuchtthnrm jetzt sichtbar gerade vor uns lag, so hatten wir keine große Mühe, nnsern Weg zu finden. Das Vand war jetzt freier, der Boden sandig nnd mit den Heglikbäumen bestanden, die ihm das Ansehen eine^ nngelienern Obstgartens nut großen Birnbäumen verliehen. Der „Heglik" ist besonders reich an Pottasche; sie kommt in solcher Masse darin vor, daß die Asche des verbrannten Holies alls der Hungc Blasen verursacht. Er trägt eine frucht, welche ungefähr die l^rößc nnd Gestalt einer Dattel Begrüßung von Saiten der Türkl'». 173 und einen sehr süßen und gewürzhaften (Geschmack hat; — sie ist ebenfalls so vrich an Pollasche, daß sie al'I (>rsaymittel für Seife beunyt wird. Nachdem wir eine Stunde lang immer auf den spuren der Gesellschaft gewandert waren, sahen wir in der ^erne eine große Latutastadt, nnd als wir näher kamen, entdeckten wir Volkshaufen, die sich nnter zwei nugehenern Bäumen versammelt hatten, bleich daranf knallten (bewehre, die trommeln gingen, nnd wie wir näher rückten, bemerkten wir die lürtischen flaggen, die einen Hanfe» von nngeführ hundert Mann führten, welche sich lMQ mit den gewöhnlichen ^egrüftuilgen näherten, indem jeder scharfe Patronen abfeuerte, so schnell als er nnr laden tonnte. Meine ^eute befanden sich schon bei diesen Hnlnnten, nnd das war die Elfenbein' oder Sclaoenhandelsgesellschafl, welcher sie sich ausschließen verschworen hallen. Eie marschirlen auf mich zn, nm nur ;u salnliren, >vao, als wir dicht an einander standen, oamil endete, daß sie dir Mündungen ihrer (bewehre abwärts hielten nnd sie fast in meine ^-üße abfeuerten, ^ch durchschaute sogleich den Zweck, den sie im Auge hallen, indem sie mich auf diese Art empfingen: sie hatten bereits von der andern Gesellschaft übertriebene Erzählungen uon Gescheuten gehört, die ihr Anführer erhalten habe, nnd waren eifersüchtig darüber, daß ich mich in verlranten Verkehr mit einer (Gesellschaft eingelassen hatte, die ihnen gegenüberstand. Tschcnnda's Wctil war der Mann, der von Anfang an meine Leute aufgestachelt hatte, sich zn empören nnd seiner Gesellschaft anzuschließen, nnd er hatte in diesem Augenblick zwei der Ueberlaufer bei sich, die in ^ondokoro gegen mich Meuterei angestifie! lind sich zu ihm gesellt hatten. Man war übereingekommen, daß der Rest meiner Mannschaft an diesem Trte sich gegen mich erheben und mit meinen Waffen nnd meiner Munition zu ihm übergehen solle. Dies sollte der Schauplatz für den Aus- 174 Mahommed hl>r. brnch sein. Dir scheinbare Bewillkoinmuling sollte mich blos um meine Schuhluache bringen. Zch zeigte cine kalte Höflichteit, bat sic, ihr Pulver nicht zu vergeuden, ging zn drin großen Panule, der einen schönen Schatten warf, und wir schien nns nieder, umringt von eine»! Haufen Eingeborener nnd Renten des Händlers. Mahoinmcd Her schickte inir gleich darauf einen fetten Ochsen für meine Vente. llni keine Verbindlichkeit zn haben, gab ich ihm sofort ein Doppelgewehr. Der Ochse wnrde geschlachtet, und da die ^ente das Rindfleisch dein Antiloprnwildpret vorlogen, so gab icl> da5 fleisch d«i Wasserbock« den Vatnta'schen Trägern, die zu Zbrahim's (Gesellschaft gehörten. So waren denn alle Zähne beschäftigt. Zbrahim nnd seine Mannschaft nahmen den Schatten eines andern nngeheneru ^amnes ein, der etwa uierhnndcrtnnd-fünfzig ^us^ von dem unsrigen stand. Die Stadt hies^ Vatonn'", sie n'ar eii,er der Hauptorte im Vatukalande nnd, wie die Stadt Wattala, start vcrpnllisadirt. Zch ging nicht durch den (^ingaug, sondern begnügte nuch da-mit, unter ineiuei» Canine aut^urillieii und mein Notizbuch iu's ,Io»r>lir ».'areu nur einige Stunden dort, al5 die beiden ^esellschaflen ^brahiiu'ü und Mahommcd Her's in einen heftigen Streit geriethen. Mahommed Her behauptete, es habe Niemaud das Recht, durch dieses Vand '^u ziehen, das nach den (Gewohnheiten des^eißen Nil Handels ihm gehöre; er »uerde Ibrahim's Gesellschaft nicht erlauben, weiter zu gehen, uud sollten sie auf ihren Marsch bestehen, so werde er sich mit (Gewalt widersetzen. Die Worle fielen immer heftiger; — Ibrahim fürchtete sich nicht vor der Gewalt, da er Mahommcd Her's hundertnndfünf Mann hnndcrtnndvierzig gegenüberstellen konnte; — Beleidigungen und Schimpfreden wurden freigebig gewechselt, während die Eingeborenen sich herumdrängten nnd über den Spast freuten, bis znleht Mahommed Her, da er es zu weit Zank unter den Händlern, 1^75 trieb, uon Sllleiman, einem kräftigen Tschanch oder Sergeanten von ^brahiln's (^orps, bei der l^urgel gepackt und uon der auZ-erniälilteil Gesellschaft, die das Necht anf die Straße beansprlichte, hinweggeschlendert wnrde. Es entstand eine große Verwirrung, und beide Parteien rüsteten sich znm Kampfe, aus welchem nach dein üblichen Värin nichts wnrde. Ich bemerkte jedoch, daß meine ^ente anf ganz nnverkennbare Weise Partei für Mahom-mcd Her gegen Ibrahim nahmen. Eie gehörten ;n seinem Stanune. Der Abend rückte heran, nnd mein ^ekil kam niil seiner gewöhnlichen Verschmitztheit, n», mich ^i fragen, ,,»b ich morgen anfznbrechen gedächte?" Er sagte, es sei in der hiesigen Umgegend eine vortreffliche Jagd, nnd da Zbrahim's Lager nur fünf Stunden entfernt liege, so könnte ich, falls ich es für geeignet hielt, mich ihm jederzeit anschließen. Viele meiner Lente lauschten tückisch anf meine 'Antwort, welche dann beftand, daß wir in Gesellschaft mit Zbrahim anfbrechen würden. Die ^eute wandten sofort den Nucken nnd stolzirten frech nach der Stadt, wobei fie etwas murmelten, waä ich nicht dentlich verstehen konnte. Ich gab sogleich Befehl, daß Niemand in der Stadt übernachten, sondern daß Alle anf ihrem Posten bei dem Gepäck unter dem Banine sein sollten, den ich innehatte, In der Nacht waren mehrere Mann abwesend und wurden vom Wekil mit Mühe ans der Stadt gebracht. 5ic ganze Nacht wnrde von den auf einander eifersüchtigen (Gesellschaften mit Hank nnd Kampf verbracht. Um l> Uhr W Minuten des folgenden Morgens schlng die Trommel von Ibrahim's (5orvs den Appell; seine Mannschaft brachte mit großer Mnntcrkeit ihre Träger zusammen nnd rüstete sich znm Marsch. Mein Wekil war nicht zn finden ' meine ^ente blieben faul so liegen, wie sie geschlafen hatten, nnd kein Mann gehorchte, als ich den Aefehl gab, sich zum Anfbrnch vorzubereiten — anßer Nicharn nnd Sali. ^ch sah, 176 Die M'lik'rci in Muka, dasi der Augenblick gekommen ivar. Ich gab dm ^culeu noch einmal Pefehl, anfzustehen nnd die Thiere zu laden;... kein Viann wollte sich rühren, außer drei bis vier, die sich langsam vom Boden erhoben und anf ihre Erwehre gestützt dastanden. Mittlerweile brachten Richnrn und Sali die Kameele und lieben sie beini Gepäck niederfniccn. Der Knabe Saat erwartete sichte lich einen Lärut, und obgleich er mit den schwarzen grauen beim Einpacken beschäftigt ivnr, so hielt er doch seine klugen beständig auf mich gerichtet. Jetzt bemerkte ich, daf^ Bell^al ^nn^ nahe bei nur aus der rechten Teile stand, und ;war vor deu Venleu, die vom Boden anfgestiegen wnren, nud das^ er sich damit beschäftigte, mich mit der entschiedensten Frechheit vom Kopf bis ^nm Alch zl! betrachten. Der Bursche hatte sein (bewehr in der Hand nud trlegraphirte durch Blicke mil denen, dir ibm nahe standen, während teiuer der Anderen sich von der (^rde erhob, obgleich sie dicht an mir lagen. Ich that, als ob ich Bclläal nicht bemerkte, der jetzt, wie ich erwartet hatte, abermals der Rädelsführer war, und befahl der Mannschaft ^nm dritten Male, aufzustehen nnd die Kameele ;n laden. Kein Mann rührte sich, aber der Bursche Vell<»al marschirle auf mich lo5, sah mir gerade in's (Besicht, schllig mit dem Kolbeu seines Gewehres herausfordernd auf die (5rdc und begann die Menterei. „Keilt Mann wird mit Ilnmi „gehen! liehen Sie mit Ibrahim, wohin Sie wollen, aber „wir werden Ihnen nichl folgen nnd keinen Schritt weiter thun. „Die Mannschaft wird die Kameele nicht laden; Sie können „die „Neger" dazu verwenden, aber nicht uns." Ich blickte den meuterischen Schurkeu cinrn Augenblick an; das war der Ausbruch der Verschwörung uud der Drohungen nnd Frechheit, die ich hatte übersehen müssen, weil sonst die Expedition ganz vereitelt wordeu wäre. „Legen Sie Ihr Gewehr nieder!" donnerte ich, „nnd laden Sie die Kameele!" Ich unterdrücke die Mcutcvei. 177 ......„Ich will nicht" — war die Antwort, „Dann bleiben Sie hier stehen!" entgegnetc ich und schlug ihn in demselben Augenblick so schnell wie der Blitz mit meiner rechten Hand anf den Kinnbacken. Vr überschlug sich in einem Bagagehanfen, sein bewehr floss ihm ans der Hand nnd einige Schritte weit fort, nnd der ehemalige Rädelsführer lag scheinbar besinnungslos zwischen dem bepack, während mehrere seiner Freunde zn ihm sprangen nnd den barmherzigen Samariter machten. Ich verfolgte augenblicklich den Vortheil, den ich durch Hervorbringung eines panischen Schreckens gewonnen hatte, ergriff meine Büchse und stürzte mich mitten in die sich besinnende Mannschaft, packte den ersten Besten bei der (Gurgel, dann einen Zweiten nnd schleppte sie zn den Kamcclen, wo ich darauf bestand, daß sie dieselben sofort lnden sollten. Alle bis anf I"rei, welche den niedergeschmetterten Rä-delsfnhrer pflegten, gehorchten mechanisch. Richary nnd Sali schrieen ihnen zn, sie sollten sich „beeilen," nnd der Wekil, der in diesem Angenblick ankam nnd sah, wie die Dinge standen, half selbst nnd trieb die Mannschaft zum Gehorsam an. Ibrahim's Gesellschaft war aufgebrochen. Die Thiere wa-ren bald geladen, nnd indem ich den Wekil zn ihrer Beaufsichtigung zurückließ, galoppirten wir fort, um Ibrahim einzuholen. Die Meuterei hatte ich erdrückt nnd ein solches Beispiel gegeben, daß bei künftigen Verschwörungen meine Mannschaft Mühe gehabt haben würde, einen Rädelsführer zn bekommen. So endete die berühmte Verschwörung, welche mir Saat nnd Nicharn mitgetheilt hatten, ehr wir (^ondokoro verließen, — nnd so wnrde die Drohnng vergolten, „gleichzeitig anf mich zn fenern nnd meine Fran im Dschungel sitzen zu lassen." In diesen wilden Ländern hängt oft Alles von einem besondern Moment ab; je nachdem man in einem solchen entscheidenden Augenblick handelt, kann man verlieren oder gewinnen. ^uß Höhe beinahe versperrt wurde. Da unser Weg sich am ^uf^c der ^afittelte hinzog, fo war der Boden sandig, aber fest, indem er aus zerfallenen Theilen der (^ranitfelseu' bestand, die sich vou den Bergen abgewaschcn hatten, uud wir ritten geschwiud auf einer von der Mtur gebildeten Strafe dahin, welche der besten Bandstraße in l^ngland gleichsam. Wir holteu Ibrahim nnd seine (Gesellschaft bald ein uud erzählten den Verlauf der Meuterei. Da wir uns jetzt einer rebellischen Stadt von Latnka näherten, welche den Türten sowohl als Anderen fcindfelig war, so schloß sich die lange Neihc der Trüger enger znsammcn. Plötzlich warf einer der eingeborenen Träger seine Last ab und lief in voller O'ile über das freie ^and nach dem Dorfe zn. Der Blirsche sprang wie eine Antilope lind wnrde augenblicklich von einem halben Dutzend Tnrteu verfolgt. „Erschießt ihn! erschießt ihn! schlagt ihn todt!" wurde vom Haup>tzng ans gr- Ich rette einen Flüchtling. 479 schrieen, und zwanzig bewehre waren sogleich auf den M,cht-liug abrichtet, der seine Verfolger hinter sich ließ, wie ein Pferd einem Achsen vorlanfen würde. Um den Mann ;u retten, jagte ich anf „^ilfil" nach, indem ich mich in die i/inie zwischen ihm nnd den (bewehren stellte, um die ^ente am Schießen zn hindern. Nach einem furzen Wettrennen holte ich ihn ein, aber er rannte noch immer fort, und als ich mit ihm handgrmeiu wnrde, warf er seinen Speer anf die Erde, sprang aber immer noch weiter. Da ich seine Sprache nicht sprechen tonnte, so gab ich ihm durch Zeichen zu verstehen, daß er dir Mähne meines Pferdes halten solle, und daß Niemand ihn verletzen werde. Sogleich ergriff er mit beiden Händen des Pferdes Mähne nnd drängte sich fast unter meine Kniee, nm sich znm Schutze dicht an mich zn halten. Die Türken kamen athemlos an, und der Eingeborene schien so erschrocken wie ein Hase in dem Augenblick, wo er vom Windhund gepackt wird. ,,Erschießt ihn!" schrieen sie alle zusammen. „Bravo, „Hawaga!" (Herr) Eie fingen ihn schön! Ohne Zhr Pferd hätten wir ihn nie fangen können. Zieht ihn heraus! wir wollen ihn erschießen, damit die Anderen sich ein Beispiel dran nehmen!" Ich erklärte, daß er mein Mann sei, nnd daß er mir gehöre, weil ich ihn gefangen hätte; ich könne deshalb nicht erlauben, daß er erschossen werde. „Dann wollen wir ihm l>0<» mit der Kardätsche geben!" schrieen sie. Selbst dieses großmüthige Anerbieten lehnte ich ab nnd bestand darauf, daß er mich direct zn Zbrahim begleiten solle, in dessen Hände ich ihn selbst überliefern würde. Demnach folgte mir der l^cfangene, sich noch immer an der Mähne meines Pferdes festhaltend, uud wurde, als er ankam, von dem Hanptzugc mit Hohngcschrei empfangen. Zeh sagte zu Zbrahim, er müsse ihm diesmal verzeihen, wenn er verspräche, seine Vast zn tragen, bis die Reise zu (5ndc '1fts> Desertion der Leute. sei. Er raffte sofort seine schwere Bürde auf, als ob cs cine Aedcr wäre, und sie auf seinem Kopfe balancirend, schritt er in dcr Neihc der Träger dahiu, als ob nichts vorgefallen fei. So geringfügig dieser Vorfall auch fcheiuen mag, mir war cr von großem !)iuyeu, iudem er dazu dienlc, mich bei Türken und Eingeborenen ;n cinpfchlen. ,M hörte, wie die ersteren sich darüber unlerhiclteu, die Schnelligkeit dcü Pferdes rühntten nnd fich l^lück wünschten, daft es jetzt für die Trümer nnuwglich sei ^n entlanfen, da fie gesehen hätten, wie schnell man fie einholen tonne. (>lich großen Ta-mariudenbannls anZ. Von »leinen Veuten nnd Thieren war nichts ;n sehen, nnd ich fing an ^u glauben, daß irgend etwas schief gegangen sei. Wir warteten ;wei ^tuuden lang auf ihre Auluuft. Da stieg ich auf eine Alihöhe und bemerkte endlich, wie meine Karawaue iu dcr ^crne sich uüherlc nnd alle mcinc ^clite, allßer Richarn, al^f lneinen (^seln saßen, obgleich dic armen Thiere schon basten von je 1l>0 Pflind trugen. Sowie sie mich gewahr wurden, entstand ein plötzliches nnd allgemeines Absteigen. Bei ihrer Ankunft fand ich, daß drei der ^cnte, einschließlich „Bell-uU's", deserürt warcei, sich der l^escllschaft Mahonuued Her'ä angeschlossen nnd uleinc bewehre nud ^cU' Alttunst in Ilirrangoll/!. f 181 union mitgenommen halten, ^iuei hallen sich schon vorher init ie»er (Gesellschaft vereinigt; also ivaren jetzl fi'ms meiner Veule voil diesen Sclaveujägeru angeworben, uild ich hegte wenig Zweifel, das; die übrigcit sich auch noch davonmachen würden. Als «nein Wetil antam, sagte er mir iin Angeficht der Mannschaft, dasi so Viele desertivt niären, und das^ die 'Andren sich geweigert hatten, ihm beim Abnehmen der (^cwehre bei^n: stehen; meine Waffen und Mnnition waren also anf gewalt-saine Weise gestohlen worden. Ich machte den Welil sowohl als die Mannschaft tüchtig herunter, nnd was die Meuterer betraf, die sich den Selam'njägern angeschlossen hatten, „Inschallah, ihre Gebeine werden die (^'eier abhacken!" Dieser liebreiche Wunsch — den ich, wi« ich glaube, mit starkem enroll anosprach — wnrde weder von meiner eigenen Mannschaft, noch von den Tinten ie uergessen, Da sie fest an den bösen Blick glaubten, so wurde augenblicklich ihre abergläubische Furcht erregt. Indem wir den Marsch auf einen, Lande uon derselben Beschaffenheit wie bisher fortsetzten, sahen wir bald 5arrangoll<5, die Hauptstadt Vawtas, liegen, wo die Station Ibrahim's war. Wir waren von ^atom^ ans, der Station Mahommed Her's, wo meine Veute desertirtcn, dreizehn Meilen marschirt nild befanden nuü nach einer überschläglichen Berechnung IM Meilen uou l^ondokoro. ^icht an der Stadt stailden einige prachtvolle ^äume, lin-ter d^nen wir campirten, bis die (5ingcborenen eine Hütte bereit machen tonnten, die nns aufnehmen sollte. Volkshaufen nm-ringteu uns jetzt, erstaunt über die zwei l^egeuftäude von gro-s;em Interesse — die, Kamecle und eine weiße MU!. Mich hielten sie für nichts Besonderes, da ich fast so braun wie. ein Araber war. Die Latntlls sind die schönsten Wilden, die ich je gesehen 182 Die Eingeborenen von Latuka. habe. Ich maß eine Anzahl von ihnen, da sie Anfällig in mein .^elt tamen, und indem ich ^wei .^oll für die T^icke ihrer ^ilz-Helme abrechnete, bttrng dic durchschnittlichl.' Höhc l> ,vuß 41 '/2 ^oll. Sic sind aber nicht mir schlanl, sondern bcsitzcn auch eine wnndervollc Milstelentwickelunc;, haben schön proportionate Beine und Anne, und obgleich sie mlßcrordentlich kräftig sind, werden sie doch nie fleischig oder corpulent. I^ie Kopfbiidnna. lind allgemeine Physiognomie ist von allen anderen Stämmen, Vatula'schc Glodsclmncdc, die ich in der Nähe des weiden N'il getroffen habe, gan; verschieden. Sie haben hohe Stirnen, große Angen, etwas hohe Backenknochen, einen nicht sehr großen, wohlgestalteten Mnnd nnd etwivo volle Vippen. ^n ihreiil Aenßern haben sie saiilml .D^' Fluß Tschol odor Eobat. 183 lich eNoas auffallend Angenehmes, und hinsichtlich des gesitteten und höflichen Betragens bilden sic ^u den anderen Stämmen einen großen Kontrast. Zm tanzen genonnnen weist ihre Erscheinung anf einen (^alla-Ursvnmg hin, und es ist höchst wahrscheinlich, daß in früherer Zeit ein Einfall der Callas in dies i/and die Niederlassung der,^atntas in's ^cben rief. Einer derHanpttanälc, nio nicht der Hanptstrom des Flusses Sobat liegt nnr vier Tagemarschc oder fündig Meilen östlich uou Valuta und ist den Eingeborenen als der Tschol bet'annt. Das östliche Ufer dieses Stromeo haben die l^allao imir, die hänfi^ in's Vatillaland eingefallen sind. E5 ist ein interessanter Umstand, der sich mit diesen Einfällen uertnnpfte, daft die Callas stets alls ^c'anlthicren rillen. Keinem der Stämme des meiden ')til ist da^ Pferd, >iameel oder sonst ein Vastthier be-lannl- da^ Vorhandenseiil der ^vlaliltliierc auf dem östlicheil Ufer des Tschol ist daher ein unterscheidender .^ug. Der Umstand, daß Abyssinien »vie die l^alla weqen einer schönen Vc'aulthier zlicht berühmt sind, liefert einen gnien Beweis, daß der Attara stainm des Tschol au5 echten «Callas besteht, nnd daß die Va tut'aö sich von einem älinlicheu UrspriüM durch :>ciederlass»ugen nach Erobernug herleiteu lassen. ^)er große Häliptling der ^atntas, ,/^l'oy", oersichertc ' mir, daß sein ^>olt' der Eavallerie der 'Attam nichl nnderstehen tönlie, obwohl es zn ^nße allen anderen Stämmen aber legen sei. ,M hörte die Händler von Khartum behaupten, sie fönn ten die Stämme des weißen Nil an ihrem individuellen 5ypns nnlerscheiden. .^ch mnß gestehen, daß ich dies nicht im Stande war. Ich habe vergebens uersncht, einen wirtlichen Unterschied aufzufinden. Für mich ist daü einzige unterscheidende ^" zierlich mit Stroh gedeckt nnd ruhen auf einer kreisförmigen Mauer; das Dach bildet daher eine Haube, die bis auf dritthalb Fnst uon der (srde herabreicht. Der (^ingatlg ist nur ;wei Fns; und zwei Zoll hoch; der Eintritt nnls; daher nl>f allen Biereil geschehen. Das Innere ist anffalleild reilllich, aber dunkel, da die Baumeister von Fenstern teinei, Begriff haben. Eö ist sonderbar, das; die Krcisform der Hütte die einzige Bauart ist, welche, alle Stämme von (^eutral-Afrika nnd auch die Araber Oberägyptens angenommen haben, nnd dasi, obgleich die Hütten in der Gestalt deo ^ache^ mehr oder meni^er verschiedeli sind, noch lein ^tamm so lucit vorgeschritten ist, das; er eil» Fenster herstellen könnte. Die Stadt TarramM6 ist mit mehrere» lHingäusscn versehen, welche die (Gestalt niedriger Bogengänge durch die Pallisaden haben. Sie werden des Nachts dnrch grosze Aeste des mit hakigen Dornen beschien Kitturbnsches (emer Miinosenart) geschlossen. Die Hanptstraße ist breit, alle anderen aber sind mil ,^leiß so eingerichtet, das; zwischen hohen Pfahl' werten immer nnr eine Kuh hinter der andern gehen taun; daher liessen sich im Fall eines Angriffe diese engeu Durchgänge leicht vertheidigen, nnd aicher der Hanptstras;c würde es unmöglich sein, ihre nngeheuern ^iehhcerden fortzutreiben. Die gros;cn Viehpfcrche sind desdalb in verschiedenen Beerten der Stadt angebracht, die mit der gros;en Slms^e in Verbindung, stehen, und der Eingang jedry Pserches ist ein kleiner Bogengang in der Umzäunung uon festem (''iseuholz, weit genug, um einen Ochsen anf einmal dnrchznlasscn. ^m Bogen liängl eine ans der Schale der Dolapcpalmnns; gefertigte blocke, an nielche jedes Thier, wenn es hineingeht, entweder mil den Hörnern oder mit dein Nückcu stoßen musz. Jedes Klinge» der blocke verkündet den Eintritt eines Achsen in den Pferch, nnd so werden sie jeden Abend, wenu sie uon der Weide nach Hanse kommen, gezählt. Während des Marsches von Latomü hatte ich bemerkt, daß die Nähe jeder Stadt dnrch Haufen menschlicher Neberrestc an- 186 Ausgrabung der Todten, gekündigt wnrde. l^ebeine und Schädel bildeten bis auf eine Piertclmeile vo>l jedem ^orfe ein «^olgalha. M^ailche derselben befanden sic!) in, geivöhnlicl, zerbrochenen, irdenen Töpfen- nil dere lagen zerstreut hiev nnd da, während cm Halifen i>n Mittel pnnkt geigte, daß inan ursprünglich bei ihrer Anordnung eine gewisse /vorm beobacljtel hatte. Dies erklärte sich durch cmc außergewöhnliche, von den ^aUtta^ anf's strengste gehaltene Sitte. Wird Jemand in der Schlacht getödtet, so läsft man den Leichnam liegen, wo er fiel, und er wird von den leiern und Hyänen verschlungen- stirbt er aber eines natürlichen To des, so wird er oder sie in einem seichten (^rabe wenige ^nsi von seiner eigenen Thür in dem tleinen Hofe beerdigt, der jede Wohnung umgiebt. Dann werden ;nm Andenken an den Per storbenen mehrere Wochen lang Erichentän^e gehalten; nach Verlauf dieser Zeit wird der Leichnam, der sich dann hinlänglich ^erseht hat, wieder abgegraben, ?ie l^ebeine werden gereinigt, in eilten irdenen >5rl!g gelegt nnd an einen Platz in der Nähe der Stadt getragen, der aw Gottesacker betrachtet wird. Ich bemerkte, daß sie den Platz nicht besonders als heilig ansahen, da Heichen von Veschädignngen selbst anf den Gebeinen vorhanden waren, die man in civilisirlen Bändern für eine Verhöhnung gehallen Hütte. Die Toilette der Angeborenen ^n beschreiben, macht reine große Schwierigkeit. Die der Männer wird dadurch vereinfacht, daß sie blos den Kopf bedecken, während der Leib gan; nackt ist. Es kommt Einem sonderbar vor, wenn man nnter diesen rohen Wilden die vollendete Eitelkeit beobachtet, welche sie in ihrem Kopfputz entfalten, ^eder Stamm hat eine bestimmte, keinem Wechsel nnterworfene Mode das Haar zu frisircn, nnd der Kopfpntz ist so sorgfältig ausgearbeitet, daß das Behandeln der Haare ^n einer Wissenschaft geworden ist. Europäische Damen werden erschrecken, daß, nm den Kopfputz eines Haarholme dcr Latukas. ^l87 Manucs fertig zu bringen, eine ^cit von acht bis zehn Jahren erforderlich ist. So langweilig aber anch die Arbeit fein mag, der Erfolg ist anßerordentlich. Die Latnkas tragen höchst ans-gesnchte Helme, die alle von ihrem eigenen Haar gemacht werden nnd natürlich niet nnd nagelfest sind. Beini ersten Anblick erscheint es unglanblich; aber eine genauen' Untersuchung zeigt, welche wunderbare, jahrelange Ansdaner dazn gehört, um ein Ding hervorzubringen, das in hohem Grade unbequem sein mnß. Die dicke, franse Wolle wird mit feinem Garn verwebt, das man aus der Ninde eines Baumes bereitet, bis sie ein dichtes Netzwerk von Filz darstellt. Sowie das Haar dnrch diese geflochtene Snbstanz hindnrchioächst, wird es derselben Aehand-lnng miterworfen, bis im ^alife der Jahre ein comvaeter Stoff gleich einem derben Filz geschaffeil wird, der ungefähr anderthalb Holl dick nnd in die (Gestalt eines Helmen gebracht nwrdeit ist. ^n^'m mau das nntere Ende mit .^ivirn znsaminennäht, wird ein fester, gegen zwei ^oll tiefer Rand hergestellt, nnd der Vordertheil des Helmes wird dnrch ein Stück polirtes Knpfer geschützt, während ein Stuck von demselben Metall, welchem die Gestalt einer halben Bischofsmütze hat und etwa eiuen Fus; lang ist, den Kamm bildet. Nachdem das Nahmenwerk des Helmes endlich fertig ist, mnsz derselbe, falls der Eigenthümer des Kopfes reich genug ist, nm das Gelüst nach Auszeichnung zu befriedigen, dnrch Anbringung von Perlen vervollständigt werden. Die Perlen, die am meisten Mode, find die rothen und die blauen Porzellankorallen, etwa von der Größe kleiner Erbsen. Diese werden anf die Oberfläche des Filzes genäht nnd so schön in Abtheilnngeu uou rother und blauer Farbe geordnet, daß der ganze Helm aus Perlen gemacht zu sein scheint, nnd der hübsche Kamm von polirtem Kupfer, über den Straußfedern emporragen, giebt dein künstlichen Kovfpntz ein höchst würdevolles und martialisches Ausehen. Kein Helm wird für vollständig 188 Zu»! stamps (,'in!^'richtl!to 'ArmI'lNldl'r, gchaltt'it, nu'iin ^'v niclit lilic Neihc Vtusch^^ldstückc cnthält, dir so nil! d«,'N ^laiid s^'oahl nn'rd^lt, das; sic cine f^stl' Kantc bildcll. Die Latlikas habcn nx^d^r ^o^r» noch ^fcilc; ihn Wnffcn bcstchci! in dcr Vorn einen großen kappen von gegerbtem ^eder. Sollte ich dies Land je wieder bcsnchcn, so würde ich eine große Anzahl „Freimaurer"-Schurzfelle für die Fraucu mitnehmen; diese würden hoch geschützt werden und, eine vollkommene Begeisterung erzeugen. Die einzigen wirtlich hübschen Franeu, die ich in Latuka sah, waren Vokw, die Frau des Häuptlinge, und ihre Tochter; sie waren Facsimiles von eiuauder, nur hatte die letzlere den Vorzug, daß sie die zweite Aufgabe war. Frauen wie Männer waren äußerst begierig nach Perlen jeder Art, doch war die werthvollstc die rothe und blane Porzellantoralle zu Helmen 1W „Mm)" und seine Damen. und die große buntschillernde (^'lasperle von der t^röße eines Kinderschnelttütllchrns. Den TM nach mriner Ankunft iu ^atnta unirde ich vom Häuptling mit einer Hütte versehen, dir in einem netten, schön reinlichen nnd init eineni Mörtel von Thon, Asche und Kuh-dünger belegten Hofe stand. Da ich die architektonischen Vorzüge einer Thür von zwei Fusi Höhe nicht liebte, so schlug ich »nein großes Hclt im Hofe anf und brachte in der Hütte mein ganges Gepäck unter. Nachdem Alles in Ordnnng war, breitete ich einen großen perfischen Teppich auf die Erde uud empfing del, Häuptling von ^atutn iu» Hofstaat. Er wurde von ^bra-hiin eingeführt, nnd ich hatte den Vortheil, daß ich seinen Dolmetscher bennhcu kounte. Zch begann die Unterhaltung damit, daß ich ein beschenk von mehreren Halsbändern mit werthvollen Perlen, Kupferbarreu und bunten baumwolleneu Tüchern auf den Teppich legen ließ. Es war höchst ergötzlich, die Freude zu sehen, die er über, ciuc Schnur von fünfzig tleinen „Verrets" (Opalperleu vou der lbrö'ße der Schncllkäulchcu) zeigte, welche ich zum ersten Male iu's Land gebracht hattt', nud die deshalb äußerst wcrthvoll waren. Kaum hatte er fie mit unumwundener Wonne betrachtet, als ev mich erfuchte, ihm noch eine Schunr Opale für sein Weib zu geben, sonst werde sie schlechte ^aune haben; — es wurde daher dem schou großen Haufen vou Perlen, der vor ihm auf dem Teppich lag, uoch ciu (beschenk für die l^cmahlin hinzugefügt. Nachdem er seine Echähc mit Stolz überschaut hatte, holte er einen tiefen Senfzcr, waudte sich zum Dolmetscher nnd sagte- „Was für ein Spectakel wirb ,,in der ,va»iilic entstehen, wenn meine anderen Weiber ^ottü ,,isein Hanptweib) mit diesem Staat heransgepnyt sehen. Sangen Sie dein „Mattat", daß, wenn er mir nicht anch für alle ,,meine anderen Weiber Halsbänder giebt, fic sich schlagen wcr-„den.^ Zch fragte ihn daher »ach der Anzahl dcr Damen, die BoW und Tochter. 191 ihm bange machten. <5r fing an bedächtig an seinen fingern zn zahlen, und als er mit der einen Hnnd fertig war, machte ich die Sache lnrz ab, bat ihn, er möge nicht seinen ganzen Hausstand durchgehen, nnd beschenkte ihn mil eiwa drei Pfund verschiedener Perlen, lim sie unter dieselben zn vertheilen. (5r schien hoch erfrcnt und erklärte, er werde alle seine Weiber herschicken, um Fran Baker einen Besuch abzustatten. Das wäre ein schrecklicher Besuch geworden, denn jedes Weib würde ein (beschenk für sich selbst erwartet und sicherlich entweder ein Kind oder eine Freundin gehabt haben, für die sie ebenfalls gebeten hatte. Ich sagte ihm deshalb, die Hitze sei so groß, daß wir, wenn wir zu Viele im Helte wären, es nicht darin aushallen tonnten, wenn aber Bokt'ö, sein Liebling erscheinen wolle, so würden wir uns freuen, sie ;u sehen. i<'r ging also fort, und tur; darauf wnr-den wir mit einem Vesuche beehrt. Vott^ nnd ihre Tochter lieben sich anmelden, nnd ein hübscheres Paar Wilde habe ich nie gesehen. Sie waren sehr reinlich; — ihr Haar trngcn sie kurz, wie alle Francn des Landes, nnd hatten es mit rothem Eisenocker nnd Fett übertüncht, so dan l's wie Zinnober ans-sah; ihre Gesichter waren auf den Wangen und Schläfen schwach tättowirt, und sie setzten sich mit großer Neberraschuug auf den vielfarbigen Tcppich nieder und starrten den ersten weiften Mami und die erste weiße Frau an, die sie in ihrem Leben gesehen hatten.- Wir gaben Beiden eine Anzahl Halsbänder von rothen und blauen Perlen, und ich nahm ihr Portrait in mein Slizzcu-bnch auf, das ich sehr gut getroffen hatte. Sie sagte uns, daß Mahommed Her's Leute sehr böse Menschen wären; sie hätten eines ihrer Dörfer verbrannt nnd geplündert, nnd einer der La-tnkas, der im <^efecht durch eiuc Kugel verwundet morde» märe, sei ebeu gestorben; sie wollten morgen nm ihn tanzen, wenn wir etwa gern beiwohnen möchten. Sie fragte nach Mancherlei, vor Allein, wie viel Franen ich hätte, und war erstaunt, als 192 NoW will ^riul Vakcr's Schönheit l'rhoh^n. sie hörte, daß ich mit einer znfricden sei. Dies schien ihr nn-eudlichcn Spaß zu machen, und sie lachte mit ihrer Tochter darüber. Sie sagte, meine ^rau niürde uiel besser aufsehen, n'enn sie die r>ier Vorder^ähne ihrer unteren Kinnlade auszöge und auf ihrem Haar die rothe Salbe trüge, wie es im i/ande Mode sei; auch schlug sie vor, sie solle ihre Unterlippe durchstechen und den langen spitzigen polirteu Krystall tragen, der Bokl«', Wcib Moy'ö, H^ülptlili^ von ^.Ulita, ungefähr die <^rößc eiucÄ .^eichenstiftes hat und im ^atukalande die „feinste Mode" ist. Keine ,vran im Stamme, die irgend Ansprüche'hat, für eine „feine Dame" zu gelten, wird ohne diesen hochgeschätzten Schmuck erscheinen. Da einer meiner Thermometer caput gegangen war, so zerbrach ich die Nöhre in drei Stücke, uud diese wurden als Gescheute von höchstem Werth br^ trachtet, nm iu der durchbohrten Unterlippe getragen zu werden. Ausziehunq dor Vordcrzähne. 193 Damit das Stück nicht aus dein in der Lippe befindlichen Loche schlüpft, wird mit (^iarn, welches man um das innere l^ndc bindet, cinc Art Niet gebildet. Dieser dringl in den Mum ein, der durch das Ausziehen der vier Vorderzähne der unteren Kinnlade entstanden ist, und reizt die .^nngr, anf dem <5ude zu spielen, wodnrch das Stück hin und her bewegt wird, was während der Unterhaltung unbeschreiblich spaßhaft ist. Ich taun nicht begreifen, ans welchem Grunde alle klamme des weißen Nil sich die vier Vm'derzähne der unteren Kinnlade ausziehen. Wäre das fleisch des Landes zart, so möchte der Verlust der Zähne eine Kleinigkeit sein; aber ich habe gewöhnlich gcfnnden, daß selbst ein gutes C^ebiß Zähne znweilen in Verlegenheit t'ommt, wenn es die Arbeit durchmachen soll, die zu einem Latnta'schcn Beefsteak nothwendig ist. Wahre Schönheit läßt sich schwer erklären. Was in dem einen Lande für ein (Gebrechen gilt, ist in dem andern ein Bedürfniß. Narben im Besicht siud in Europa eine Verunstaltung; aber hier nnd in den arabischen Ländern giebt es leine vollkommene Schönheit, als bis die Wangen oder Schläfe zerfetzt worden sind. Die Amber machen auf jede Wange drei tiefe Schnitte und reiben die Wunden mit Salz und einer Art Suppe sAs'da) ein, nm wildes fleisch zu erzeugen' anf diese Art wird jede Sclauin, welche die Sclavenjäger fangen, gezeichnet, nm ihre Identität zu beweisen und ihre Ncize zu erhöhen. Jeder Stamm hat hinsichtlich der Lage nnd Gestalt der Narbe seine besondere Mode. Oie Latut'as zerhauen die Schläfe und Wangen ihrer Frauen, lassen aber die Narbe sich nicht über die Oberflache erheben, wie es bei den Arabern Sitte ist. Vielweiberei ist natürlich allgemeine Sitte. Die Anzahl der Weiber eines Mannes hangt ganz von seinem Vermögen ab, gerade so wie in England die Anzahl der Pferde. So etwas wie Liebe giebt es in diesen Ländern nicht; man kennt das Batcr, Dcr Alb«! N>,nza, i, 1!) 194 Der Werth der Weiber. Gefühl nichts mid in der Gestalt, in der wir es kennen, eristirt es nicht. Die Franc»» nierde»» in sofern geschätzt, alo sie werth-volle Thiere sind. Sie inahlen das ("etreide, holen das Wasser, sammeln Brennhol;, belegen die ^»ßböde»! n,i! l^emenl, lochen die Speise und pflanz», das «Geschlecht fort; aber sie sind reine Mäc^de n»,d alc, solche werlhvoll. Der Preis eines gut ails-sehenden, träfligell jlingen Weibeb, das einen schweren Wasser-trng lrageil kann, beträgt zehn Knhe; daher wird ein Mann, der reich an Rindvieh ist, auch reich an hänslicher Seligkeit sein, da er fiber viele Weiber gebieten kann. So angenehm auch in (England ein Hans voll Töchter sein »nag, so sind sie doch kost spielige Schätze; aber in Valuta nnd alle»» Vandern der Wilden sind sie sehr einträglich. Alls der einsachen Regel dc lri ergicbl sich, daß, wenn eine Tochter zehn Knhe werlh ist, zehn Töchter hnndert Kühe werth sein mnsscn - eine grosse Familie ist daher die Duelle des Wohlstandes; die Mädchen bringen die Kühe ein nnd die Knaben melken sie. Da alle vollkommen nackt gehell (ich meine die Mädchen lind dir Knaben), so giebt es leinen Anfwand, nnd dir Hirtrn für die Heerde», machen die Kinder, wie in den Heilen der Patriarchen. Viele Weiber vermehren also den Wohlstand, indem sie die Familie vermehren, ^ch fürchte, diese praktischen Verhältnisse werden fnr Mission5-nnternehmnngcn ein starkes Hinderniß sein. Ein Wilder hängt an seinen Kühen und seinen Granen, aber besonders an den Kühen, ^n einem Ra^iagesechl wird er seltm seiner Weiber wegen ^land halten, sondern wenn er kämpft, so geschieht co, lim sein Vieh zn retten, .^n dieser Ve-hanptung hatte ich jetzt rinen kräftigen Beleg. (5ines Tages gegen .'< Nlir ^iachlnittago brach ^brahim'ö Mannschaft anf eine gehri»n,liswolle Botschaft hin anf, kehrte aber um Mitternacht eben so gelirimnißvoll ;nrück. ')lm nächsten Morgen erfnhr ich, daß sie die Absicht gehabt, eine» Ort anf PermchluW von Müwmmcd ver's Volt. 195 den Verqen anzugreifen' aber sie hattn, gehört, bast er zn mächtig sei, nnd loareit, da ,,Besonnenheil bei der Tapferkeit das Beste lhlll", ;nrückgekel>rt. Am folgenden ^age vernahm ich, das; ein Unglück vorgefallen nnd Mahommed Her'ö ganze Gesellschaft lliedergcnlchelt worden sei. Die Eingeborenen schieneil sehr allfgeregt, lind es lain ein Bote nach dem andern, welche sämmtlich die Nachricht bestallten, daß Niahoiiiined Her ein Dorf anf den Vcrqen an-^eqriffen habe, dasselbe, n'elcheo Ibrahim ali^ltt^reifen beabsichtigt l>at:e -- lind daß die Eingeborenen seine ganze Gesellschaft vernichtet hätten. ?lin folgenden Morgen schickte ich zehn Mann von mir nebst einer Anzahl von Zbrahim'I Renten nach Laloin^, nm (^rtnn-dignngen eii^nziehen. ^l>> Eingeborenen befohlen hatte, eine Razzia anf ein gewisses Dorf zwischen den Bergen zu machen, nm Sclave» lind '^ieh ;n erbeilten. (>5 war ihnen gelnngen, ein Dorf zn verbrennen lind eine groste Anzahl Eclaven ^il fangen. Nachdem sie den Paß helabgegangeil ivaren, gab ihnen ein Eingeborener den Weg an, der znr Wegnahme einer großen Vieh« heerde führen sollte, welche sie «loch nicht entdeckt hatten. Sie stiegen alif einem andern Wege noch einmal anf den Berg, ta-men beim Pfercl, an und begannen die nngehenre, Mhheerde wegzutreiben. Die ^alntW, die, ivahrend ihre Weiber und Kinder in die Sclaverei geschafft wnroen, nicht gelämpft hatten, boten setzt den Musketen tapfer die Stirn, nm ihre Hcerden zu vertheidigen, griffen die kürten an nnd trieben sie den Paß hinab. Sie kämpften vergebens; sede Kngel, dir anf einen Latnka gezielt wllrbe, schlug an einen Felsen, hinter welchem der <^eind 196 Tod meiner Uoberläufer. verborgen war. Felsen,»Steine mld Lanzen wurden von allen Seiten und von oben nach ihncn geschleudert; sie mußlen sich zurückziehen. Der Rückzug endete in einer panischen und jähen Flucht. Auf allen Seilen umringt, mitten in einem Hagel von Vau^eu und Steinen, die odeu vom Berge hcrabgeworfen wnr den, flohen die Tnrl'en bnnt durch einander die felsigeu uud jähen Schluchten hinab, ^hren Weg verfehlend, tamen sie an einen Abgrund, von dem kein Rückzug möglich war. Mit lau-tem uud gellen» l^eschrei schlössen die Wilden sie ringsum ein, Kämpfen war nutzlos; die (5'iugeborenen, durch die zahlreichen abgerissenen Felsen verdeckt, boten tcin seichen znm Zielen dar, wahrend der Hanfe bewaffneter Wilden mit furchtbarem Geschrei sie vorwärts trieb gerade nach dem Rande des großen Abgruu des hm, der gegen fünfhnudert ,^uß tief war. Sie stürzteu hinab! von der Masse immer weiter drängender Latnlao dem völligen Untergang entgegeugeschleudert! (5'inige käiupften bis zuletzt, aber einer wie alle wurden endlich dnrch reinen Druck über die Kante der Klippe hinabgetricbcu und fanden gerechten ^ohu für ihre Verbrechen. Meine Leute sahen äußerst niedergeschlagen ans, und ein befühl des Schauders durchdrang die ganze Gesellschaft. Die Latutas hatten leinen Pardon gegeben, uud über 200 d'inge-boreue, die sich den Sclavenjägern beim Augriff angeschlossen hatten, waren gleichfalls mit ihren Verbündeten untergegangen. Mahommed Her hatte sein Voll nicht selbst begleitet, er uud Bell-ml, meiu ehemaliger Rädelsführer, waren im i/ager geblieben; der Vetztere war, zum l^lück für ihn, durch das Krempel, das ich währeud der Meuterei statuirt hatte, entträflet und lampfnnfühig geworden. Meine Mannschaft wurde grün und gelb vor Schauer, als ich sie in feierlichem Tone fragte, „wo die Veute wären, die mich vcrlafseu hatten?" Ohne ein Wort zu erwidern, brachten sie zwei meiner bewehre uud legten sie mir Die Bcdl'ckm,ar, so gewann es über ihre abergläubischen (^cmülher ciue starke Gewalt. So oft ich durch das Vager ging, rief die Mannschaft gelassen ans: „Wah Illahi Hawaga!" (meiu <^ott, Herr!) worauf ich ciufach erwiderte! „Nobiuö fc!" lcs giebt ciuen Gott.) Von diesem Augenblick an bemerkte ich eine außerordentliche Veränderung im betragen sowohl meiucr, als Ibrahim's Leute, die uus alle die grölte Ehrfurcht erwiesen. Unglncklicherweise hatte anch ciuc große Vcräuderuug im Betragen der Latukas stattgefunden. Die ganze Stadt war schr 198 Wir befürchten einen Angriff, aufgeregt, Trommeln schlngen ntid Hörner bliesen in allen Messenden, Alles freute sich über die Vernichtung der l^csellschaft Mahommcd Her's. Die Eingeborenen achteten nicht inelir die überlegene Macht der <''ewchre; in einem Kampfe Mann gegen Mann hatten sie ihre eigene Nfberlegenhcit bewiesen, nnd den Unterschied zu finden zwischen einem >tampf im steilen «Gebirgspaß und eiucr Schlacht auf freier l>bene, batten fie nicht den Verstand. Ibrahim befürchtete von ^eiien der Vatulas einen allgemeinen 'Angriff anf seine l^'esellschast. Dies kam ziemlich ungelegen, da er nach <"ondokoro ^nrnck-kehren mußte, nm einen großen Mnnitionsvorratl, ;n holen, den er, als er nach dem Innern aufbrach, dort gelassen hatte, weil es an Trägern fehlte, nm ihn fortzubringen, .^nm Marsch nach l^ondotoru und ;nr Bewachung der Munition war bei dem gegenwärtigen nuruhigen Zustande de^ Vaüdec' eine starte Macht erforderlich; unsere Gesellschaft nnnde da!,er selir vermindert, was die ^atntas veranlafsen lonnle, un(i nach seiner Abreise anzugreifen. ?as; er aufbrach, war invest nothwendig, ^ch lie!) ihm daher ein Paar (>sel, nm sein Pulver ^> tragen, im ^all er nicht im Stande sein sollte, träger ^u betomnlrn. '^iach Ibrahim'') Abreise >r>n die ^lärle seiner Gesellschaft, die in ^arrangoll^ blieb, anf fnnfnnddreisn'g Mann herabgebrachl, welche nnter dem Befehl seines ^ientenauts ^nleiinan standen. Dies war in, ,vall rineo Angriffe ein fchwachey ^elachemeni, zumal da sie tein besonderes Vager hatten, sondern in der^tadt der Eingeborenen leluen, lno die Mannschan in grlrennten Hüt' ten einquartiert war und sich daber, wenn sie überfallen wurde, in den Händen der Eingeborenen befand. ?ie Brutalität der Tilrlcn war von ihrer ^ialur so unzertrennlich, daß sie fort-während die eingeborenen ,vrane» beleidigten, und zwar dermalen, daß ich überzengt n»ar, sie wurden bei der gegenwärtigen lriege rischcn Stimmung der ratnlas Feindseligkeiten hervorrufen. Tü Die Türkl'i« lx'lVidigcn l^i^ ^rnuen. 1s>s) der Muß fast einc Meile cutfern t lag, so war es schwierig, sich Wasser ;u verschaffen. lie Türken N'aren viel zu faul, lim es sich selbst zn holen; sie nahmen, wenn die grauen vom Flusse ;nrnckkehrten, die Wafserkrüge weg, und wenn sie sich weigerten, sie. ohne Vezahlung ab^nlasseu, so schlngen sie dieselben hart. Ich fand keine Schwierigkeit, da ich eine ,vmn annahm, die für einen täglichen i^ohn an Perlen eine regelmäfnge Viefernng brachte. Zwischen den Türken nnd (Angeborenen fand ein starker Tauschhandel nm Vebensinitlel statt, bei welchein die letzteren stets be^ trogen nnd, wenn sie sich beschwerten, qrschlaqen wnrden. Ich niar über^euql, das; ein solches Vetra^m init Mischelligleit, wenn nicht mit wirklichem Kampf enden mnfse, und wnßte, dan ich in letzterem ,valle mil in die «^'schichte hineingeboren wnrde, obssleich ich qan^ nnschuldiq war lind mit den Türken nichts zn thun haue. Mein Quartier in der Stadt befand sich neben einem freien viereckigen Nan me von etwa ^weihn ndertn ndvirr^iss ^-us; im (Geviert, der anf allen ^eileii eingeschlossen war, aber einen schmalen Eingang nach der Hanplstras^e hatte. Die Türken waren in den benachbarten t^ästchen umher zerstreut nnd «erbrachten ihre Heil bei Merissatrinken nnd ^ank mi< den ('»'ilMborencu und mit einander. Deu 3ag nach Ibrahim's Abreise nahmen die Türken den Granen bei ihrer Nnckt'ehr l,o>n ^lnsse einiqe '^asserkrüge mit Gewalt weg. (5s erfolgte eiite 'Itanfersi nnd endete damit, das; eine der Granen schmachvoll gemißhandelt nnd ein ^atnka, der ihr ^ll Hülfe kam, tüchtig geschlagen wnrde. Dies sah ich nicht, aber e5 imnde mir milgrlheilt,. M rief Snleimau «nd saqle ihm, wenn solche Dinge zugelassen würden, so werde es einen Kampf mil den Eingeborenen herbeiführen, an welchem ich meine Mannschaft sich nicht werde betheiligen lassen; ich hätte meinen Leuteu verboten, von den Latnkaü irgend etwas ohne richtige 200 Vravo, Botk<>'. Vezahlnng zli nehmen; sollte also dnrch dao betragen seines Voltes ein Kampf veranlaßt werden, so müßten sic sich aus deinsclben heraushelfen^ so gnt sic könnten. <>in schlechtem befühl bestand schon zwischen den Eingeborenen nnd seinem Volke in ,volge der Vernichtung von Maho>n-mcd Her's Gesellschaft, Es gehörte cine sehr gute Vcitnng dazu, menu ein Zusammenstoß vermieden werden sollte, nnd das ^>c-gcntheil mnßte sicher ^u einem Auübrnch führen. Knrz vor Eintritt der Dämmernng unirden die Granen, als sie mit Wasser vom ^lns^ ^nrncttehrten, wieder angefallen. Einer von Ibrahim's Soldaten drol,te einer traftvoll anssehen-den Alna^onc mit seinem ^lock, weil sie sich weigerte, ihren Wasscrt'rng hcrznqeben, den sie zli ihren eigenen Bedürfnissen etwa eine Meile weil getragen hatte. Als meine lMschc ^renn-din Vokkö, des Hanptlings Weib, dies sah, packte sie den Sol-daten bei der l^nrgel nnd entwand ihm den ^tock, während eine zweite Frau ihm sein <^ewehr abnähn». Andere Franen setzten sich dann anf ihn nnd schüttelten ihn anf die schimpflichste Weise. Unterdessen sammelten einige Schlamm ans der (^osse und steckten ihn in den ^anf seines Gewehres, bis sie denselben gehörig verstopft hatten. Damit noch nicht ^nfvieden, pflasterten sie grosse Massen Schlamm anf Schloß nnd Drücker. Ich sah der völligen Niederlage des Türken mit Vergnügen zn. Die Nachricht verbreitete sich rasch, nnd znr Nache für die ihm zugefügte Schande schlngen seine Kameraden in einiger Entfernnng vom ^ager etliche Granen tüchtig. Ich hörte Angsts nnd Frendengeschrei nnd einen verworrenen Värm, nnd als ich znr Stadt hinansl'am, sah ich große Massen Eingeborener von allen liegenden herrcnnen nnd sich mit Van^en nnd Schilden zusammenrotten. Ich war überzeugt, daß wir in einen allgemeinen Msbrnch uerwickell werden mußten. Die Türken Fol^'U des schleckten ^ct»!i!ii,'N<' der lülkl'il. A)1 schlugen jedoch die Trommel und versammelten ihre Mannschaft, so das; in wenigen Minn ten kein Nachzügler in der Stadt war. Es war höchst unangenehm, dnrch das Betragen dieser rohen Händler, mit denen ich uichw gemein hatte, nnd die, wcn>, es zu»n Kampfe kam, sich gewiß wie Menonen benahmen, in einen Anfrnhr gezogen zn wevden. ^ie Vatnkas »nachten im Fall eines Angriffs zwischen mir nnd ihnen feinen Unterschied, da sie natürlich alle Fremden nnd neuen Ankömmlinge mit den Türken in eine Klasse warfen. Es war gegen 5 Uhr Nachmittags, eine Stunde vor Sonnen-nntergang. Die Fran, die nny gewöhnlich Wasser brachte, lieferte ihren Krng ab, entfernte sich aber unmittelbar daranf, ohne, wie ihre Gewohnheit war, den Hof zn kehren, ^hre Kinder, die gewöhnlich ans diesem nmzännten Platze spiVlten, waren verschwunden. Ich dnrchsnchte ihre Hnttr, die ill der einen Ecke des Hofes stand, aber es war Niemand zu finden, nnd sogar der Mühlstein war fort. Da ich vermuthete, daß etwas im Werke sei, so schickte ich Karka nnd (^addnm Her, die beiden schwarzen Dienerinnen, nm in der Nachbarschaft in verschiedenen Hütten zn snchen nnd nachzusehen, ob die Eigenthümer anwesend lind ob die Frauen in ihren Hänsern wären. Es war leine Frau zu finden, ^n der groben Stadt Tarrnngollü war weder Fran noch Kind gcbln'ben. Wo gewöhnlich ?Illes lärmte und schnatterte, herrschte eine ans;erordentliche Nnhe. Alle Granen und Kinder waren nach den etwa zwei Meilen entfernten Ber-gcn gebracht worden, und ^war in solcher Schnelligkeit und Stille, daß es nnglanblich schien. Ich schickte sofort nach der Wohnung des Hänutlings uud hat ihn nm seinen Vesnch. Es gab zwei Häuptlinge, nnd zwar Brüder. Moy war der gröbere in Hinsicht des Ranges, aber sein Bruder Commoro stand beim Volke in höherem Ansehen. Es war mir lieb, daß der Letztere erschien. 203 Husmmm'nfmift lint l)0MMM'0, ^ch ließ ine ^nrten U1N einen Dolmetscher ersnchen, Ilnd als er ankam, fragte ich (sommoro, n>arnm die Granen mid Kinder ano der Slndt entfernt worden n,'äreil.^ Er anilvovteie: ,/Die Türken n'ären so rob, das^ er sein ^>o>t nicht da^n bringen lönlie, es länger ^ii cvtlaston- ihre ^rcnu'n winden bcrauln lind sseschla^rii, niid sl^ ^lllc so st^nn^liaildclt, das^ cr, al>5 il,r Hän;u linss^ leine <^'cwalt inehr über sie liabe, nnd die ^chnld, die Türl'eil nach ^atnka eingefülivt zn l,abcn, werde cuif ilnl geschoben." ^ch fraqie il,n, ob irgend einer von meiner Mannschaft sich schlecht betragen habe. M erklärte, dasi ich jeden meiner ^enle, der seinein '^olle die geringste Kleinigkeit stähle ober irgend Granen beleidigte, durchpeitschen würde. Alle meine Vente gingen in dnnlelbrannen Itniformen. l^r sagtt^ ,,Dnnschle» >n kämpfen nnd die Türken zn bedienen, wie die Vatnlaö die «Gesellschaft Äiahomnied Her'o be. dient hatten, Andere fügten sich seinem Rath und wollten sich rnhig verhallen. Ich fragte ihn, ob der Hanptlina. Moy Frieden oder >trieg wolle? (^r sagtei ,/^okk>'>, sein Weib, habe ihn gegen die 5nr lcn sehr anfgebracht, indem fie ihr betragen gegen die Granen beschrieben habe." Das war ein ziemlich nnbefricdigender Stand der I^inge. Co>nmoro ging fort, indem er frei nud offen erklärte, das; die Eingeborenen sehr anfgercgl wären nnd anzngreifen ivünschtcn, das^ er aber bei ihnen sein Mögt ich steö thnn wolle. I^ie schnftigcn Händler sehten dnrch ihr rohe'o betragen iede'^ Vand in ,vener lind flammen nnd »lachten eine ,vor- schnngsreisc ohne eine sehr starke Machl nicht nnr höchst gefährlich, sondern fast nnmöglich. Die Sonne ging l>nter, und wie gewöhnlich in tropischen Klimaten trat binnen einer halben Stnnde Dunkelheit ein. .Neine ^rall war in die Stadl ^nrnckgekchrt, noch >uar dir Stimme eines Mannes ;n horen. 5)ie Eingeborenen hatten den 3hril der Stadt, welchen ich nnd die kürten beivohnten, gän; lich verlassen. Die Nacht war vollkonunen niln'st, nnd die Sterne lench-teten so hell, das^ ich eine '^eobachtnn^ für die qeograplnschc breite — 4" ^lO^ anfnahni. ^n der ^nft war eine Todtrnstillr. Selbst die Türken, die gewöhnlich lärmten, waren ganz rnhig; nnd obgleich meine ^ente keine Pemertnnq machten, so war es doch klar, daß. wir Alle »lit denselben ^edanlrn beschäftigt waren nnd daß rin Angriff erwartet wnrde. Es war nngefähr !> Nbr, nnd die Stille war peinlich geworden. Kein Vogel ließ einen Schrei vernehmen, nicht munal eine Hyäne ihr lachenl; die Kaineele schliefen, aber jeder Mann war munk'r, nnd die Schildwachen warm geliörig anf der Hnt. Wir lanschten fast anf die übernatürliche Stille, wenn man die vollkommene ^tnhe so nennen darf, als plötzlich ^eder vor dein liefen nnd feierlichen Ton der großen Kriegslrommel oder No gara erbebte! Drei deutliche Schlage schallten in langsamen ^n-tervallen bnrch die scheinbar verlassene Stadt nnd ballten lant von dem nahen Vergr wieder. ('''5 war dan signal! Einige Mitlnten vergingen, nnd wie ein ferm'2 (^cho von ?^orden her erklangen die drei traurigen Töne dentlich wieder. War es ein (>-cho? Unmöglich. ,>rtzt erdröhnten uon Süden her, in weiter ,^-erne, aber unverkennbar, dieselben drei regelmäßigen Schläge durch die stille Nachtlnft. ^mmer wieder, ans jeder Himmelsgegend, sich weit nnd breit hin erstreckend, wnrde dem Signal 204 Vml^n'itmu^'!! ^lir ^l'rthl'idiimng. geanlnwrtet, und das gan^e Land hallte diese drei feierlichen, warnl!ng')l.>olle>! !öne wieder, 'itoch einmal ließ die große >^iu gam von Tarraugolll'' den ursprünglichen Alarm weuige >>un dert schritt von unser,.'!» Quartier ertüneu. Dao ganze Nnld war in Alifrlihv. U>n was CQ sich handele, darüber war rein Zweifel, Oie, kürten ivns^len recht gnl, das^ diese drei ^öne day >trieqvsigllal der ^atntüä waren. Ich ricf sofort ^uleinian. Wir mnßlen nothn>endig in Einklang handeln. Zch befahl ihni, etwa fünf Mmnlcn Inng die Trommel laut ^> schlagen, uin der ^togara ;>i antworten. Seine keilte nxirrn alle in mehreren Neincn behagen zerstreut. M rief sie sämnitlich heranü auf das freie Viereck. In den Mittclpnnfl desselben brachte ich da6 l^cpück und pflanzte iu der Mitte die englische Flagge anf, während die Tnrkrl, ihre flagge einige Schritte dauon befestigten. In jede (^cke des Vierecks stellte ich Schildniachcn, lind iu die Hauptstraße verlegte ich Patrouillen. Mittlerweile hatte ^ran Vater mehrere Hundert Nch-postenpalronen, Pnlucrhöruer und Pfröpfe anf eine Mnttc gelegt und verschiedene Hnndhütchenschachteln geöffnet, uud dieZ Alles war hübsch angeordnet, lim aw Mnmtionovorrath zu dienen, während eine lange Neihe vorzüglicher Doppelflinten und Büchsen in Bereitschaft lag. Der Knabe Saat war voller Kampfbegier, schnallte sofort seinen Gürtel nnd seine Patron-tasche um und nahm seinen Stand mitten unter den Männern. Ich befahl der Mannschaft, im ,vall eines Angriffs augenblicklich alle nm das Viereck herumstehenden Hütten iu Brand ^u stecken, dadurch wäre das plötzliche Hereinstürzen einer großen Mcnschenmasse unmöglich geworden, nnd da die Hütten von Stroh waren, so hatte die ganze Stadt rasch in Flammen gestanden. Wir crwnrtl'n ciiK'N Anqrlff. 2l>"> ^ünf Minuten nach dem Erschallen der Nogara war Alles in Ordnung, nm einem Angriff zn widerstehen. Bald daranf meldeten die Patrouillen, daß außerhalb der Stadt sich grosse '))censchen>nassen versammelten. Die große No-gara schlug wieder, und von den benachbarten Dörfern wurde, wie vorher, iu Intervallen geantwortet; aber die Trommel der Tinten unterhielt als kartell, so oft die )togara ertönte, einen ununterbrochenen Wirbel. Anstatt der tiefen Stille, die ;nvor fast peinlich gewesen war, deulele ein uernehinliches (Gesumme entfernter Stilnnlen au, daß sich große Mcnschenmassen zn-smnmenzogen. Wir warcu jedoch stark befestigt, und die Latukas wußten es. Wir hatten gerade die Festung inne, welche sie selbst znr Vcrtheidiguug ihrer Stadt erbaut hallen, und dao Viereck, das »nl starken Eisenholzpallisadeu umringt N'ar uud nur einen schmalen Eingang hatte, war uueiunehmbar, wenn es, wie jetzt, von sündig >nit guten bewehren bewaffneten Hlünnern gegen einen Pöbel gehalten wurde, dessen beste Waffen nur Lanzen waren. Ich schickte ^eute auf die Wächterstationeu; diese waren gegeu fünfundzwanzig Fuß hoch, und da die )cacht hell war, so konnten sie mit Bestimmtheit die Bewegungen einer dnnkeln Masse von CmMboreueu melden, die ungefähr dreihundert Schritt weit außerhalb der Stadt immer mehr auwnchs. Das Gerassel der türkischen Trommel ertönte wiederholt als Erwiderung auf die Nogara, und der beabsichtigte Augrisf schien bestimmt zu sein, in eine geräuschvolle, aber leere Schlacht der Trommel» zn verfallen. (5mige Stunden waren in Ungewißheit vergangen, als gegen Mitternacht der Häuptling (sommoro furchtlos znr Pa trouillc kam und ^um Viereck zugelassen wurde. Er schien über die Vertheidigungsanstalten in hohem Grade betroffen und er^ klärte, die Nogara sei ohne seinen Befehl geschlagen worden, uud demgemäß habe sich das ganze ^aud erhoben; aber er habe WK llittl'llnmdllm^, drin Volke anseinandergesehj, daf^ ich keine feindlichen Absichten Hütte, lind dasi' Alle^ gut sriu solle, weun sie inir Ruhr hielten, ^'r sagte, sie bätlen siäier beabsichtigt, und an^ngreife», seien aber überrascht, das; lvir vorbereitet u>ären, nüe die angenblick liche ')lütn'l,n> der lürtischl'» ^voiüülcl mif die ^«oglna bcwiesl'. (>r vn'sichevlc Nlls, ov n'crdc dil-jl.' Nachl nicht ichlüfc», sondern wachen, dcch >,ichls qrschahc. ,^ch qab ihm dir Vrrsichnniu^ das^ anch wir wach lilribcn nnkden, das,' ich aber, wenn die ^'o^ava noch muiml l'vlönl^ incincr Mannschaft Vcfchl crOicilcn u'ürde, die ^erannvorllich machen, da ich weder il>rem Vande anssehürtr, noä> ir^elid eiu'ac, mit ihnen ^ll thnn hätte, ^ch setzte ans einander, das^ nach Ibrahim's 'Itncktehr uon l^ondoloro es besser werden tonne, da er der Hanptmann der Türken nnd jedenfalls im Stande sei, seine Mnn»schasl im ^anme ;n halten, ^'ommoro eiltseriue sich, nnd gegen '^ Uhr ^.Icorgen') begailnen die dichten Hänfen bewaffneter, dic a»s,'erhall) der ^ladt ^isaxüneügeftröint waren, sich zn zerstreuen. Der Morgen brach an nnd sah die Mäuiier noch immer unter den Waffen, aber die ^Ilifregnug war vorüber. ?ic ^raueu erschienen bald wieder mit ihren Wasfcrtrüqen, wie gewöhnlich, blieben aber diesmal vollkommen nnbelästigt, da die Türken, nachdem sie die ^iachl jeden Augenblick einen -'lngriss erwartet hatten, sich jetzt anf'^ behutsan'ste brnalmien. ^ch hörte sie jedoch linter sich murmelni ,,kartet nur, bih Ibrahim mit Verstärkung und Munition zurncklommt, dann nwlleu mir die Lülukac, für die uergangeue Nacht bezahlen/' Die ^tadt füllte sich, und die ^ainkas benahmen sich, als ob nichts Außergewöhnliches vorgefallen sei; n>enn man sir jedoch fragte, so gestanden sic tallblütig, sic hallen beabsichtigt, uns zu überfallen, aber wir wären zu ,,»nnnler" gewesen. Eö ist inertwürdig, daß diese Menschen so dumm sind, vor dein An-qrisj die Trommel oder Nogara zu schlafen; das macht nalür-lich 9är»i nnd einen Ueberfall unniöglich; dessen nngeachtet ist die Kriegolrol»»»el stelü der erste schritt zn ^eiiidseligleile». ^ch entschloß mich setzt, anßerhalb der ^tadl ;l> campiren, nm !!!!> den i ürlen, deren ^Ilin'esenlieil sicher Feindschaft erzeugen nnißle, ans leine Weise in '^erührunss zn tonnnen. ,>ch nal»n eine Anzahl (Eingeborene al», nm Dornen abschauen nnd ullgefähr hllnderlniidfünf^iss schritt von dem Hanpleinstange der Stadt, an der Straße nach dein Wafserstrom, eine Hariba oder ein Wasser herzustellen. Zn einigen ^aqen war e^ vollendet; dann l>anle ich Häuser für meine Mannschaft und ;wei gute Hntten snr uns selbst. Da ich einen Vorrat!) au <"arlemä>ue rcien hatte, so richtete ich einige '^eete ein und besäte dieselben nut Zwiebeln, Kohl nnd Reuigen. Mein Vager uiar znieihnn dertul,dm'rr^ig ^nß lang nnd hnndertnndznianziq ,vnß breit. Meine Pferde wurden in ;wei Ecken au Pfähle qebuuden, während die l>srl und.'i>de einnalnnen. ^etzt fühlten wir nnü uolltommen ullabhängig. M liattc Massen uon Vorräthen nnd entschloß mich, wen» es irgend möglich wäre, mich nach Südwesteii l,elnm;liart)e!len und so wieder auf den Weg zn tommen, den ich mir nrspri'lng. lich ;u »leiner Reise nach Süden vorgeuommel! hatte. Meine gegenwärtige Verlegenheit war die, daß mir ein Dolmetscher fehlte. 5ie 5i',rfen hatten mehrere, und ich hoffte, daß, wenn Ibrahim von l^ondoloro zurückkehrte, ich il,u bewegeu tonnte, mir für irgend eine Entschädigung eiucu jungen Bari zu leihen, ^ür jetzt war ich genöthigt, so oft ich eine» Dolmetscher branchte, 208 ^ Wildc^iNrn Iaqd. in das 9ager der Türrcu zu schicken und mir einen ;u borgen, was sowohl beschwerlich als kostspielig war. Obgleich ich bereit umr, alle Lebensbedürfnisse entweder für Perlen oder kupferne Armbänder zn kaufen, so war ec> doch nn^ möglich, Fleisch zn bekommen. Die Eingeborenen wolllen n'eder Rindvieh noch Ziegen verkaufen. Das war höchst peinigend, da jeden Morgen nicht weniger als 1<>,lM> StückRindvieh an meinem Vager vorbeidefilirten, wenn sie ans der Cladt anf die Weide getrieben wurden. Diese ganze Masse von Rindfleisch zog vor mir in Parade anf nnd warf kein einziges Beefsteak ab. Milch war wohlfeil und in Menge zu haben; Geflügel war spärlich; (Getreide gab es in Fülle; Gemüse war unbekannt, nicht einmal Kürbisse wnrden von den Valutas gebaut, Zum l^lück gab es dort viel kleines Waidwerk an wilden Enten, Holz uud Feldtauben, und sehr maunichfache Vögel, wie Fischreiher, Kraniche, Löffelreiher n. s. >v. Reisende sollten stets einen großen Vorrath au schroten nnd Kugeln mitneh men. ,Ich hatte vier Centner nud erstaunliche,Massen Pulver und Zündhütchen, daher tonnte ich zu jeder Zeit Wild genug für unö selbst lind die Vente erlegen, ^u der Nähe de^ Flusses, welcher dnrch das Thal lief, nxneu eine Reihe kleine sumpfige Teiche über das Land zerstreut; diese bildeten die Versammlungsorte zahlreicher Cnten, die eine vortreffliche Zagd gewährten. Die Stadt Tarrangoll6 liegt am ^nße des Bergen, etwa eine Meile vom Flusse, der gegen zweihundertunovier^ig .vuß breit, nber seicht ist. Vei der trockenen Witteruug erhält >nan das Wasser dnrch Prnnnen, die man in das sandige Bett grübl, während der Regen jedoch ist er ein einfacher (^iefchach, der nicht über drei Fuß tief wird. Da das Vett sandig ist, so sind die zahlreichen Bänke, die von den Wellen des Stromes trocken ge. lassen werden, höchst einladende Plätze für Enten, und mau brauchte blos nnter einem' Banme am Ufer des Fluffes zu Enten und Gänse. 209 lauern, mn an einem Morgen dreißig bis vierzig Stück zu schießen, indein die (^nten deit Strom hinabflogen. ^ch snud zwei Spielarten: die kleine braune (^nte mit granem Kopf, und eine prachtvollr Varietät, die so groß wie eine Bisamcnte ist, kupferfarbig und blau schillernden Rücken und Flügel nnd einen weißen, aber geflcckten^Kopf nnd Hals hat. Diese Ente ^besitzt eine »lertmnrdil^e Eigenthümlichkeit, die in einem fleischigen Aus- iiops ciuci< Enterichs. wllchs auf dem Schnabel ungefähr uon der oköftc einer halben Kroile"') besteht. Der Auswuchs steht aufrecht, wie der Kamm eines Hahnes. Diese sowohl alö die kleinere Spielart waren ein köstliches (i'sscn. Von Gänsen gab es zwei Spielarten — die beiden einzigen, die ich nberhanpt am weißen Nil gesehen habe — die gemeine ägyptische graue <^ans und einen großen schwarz und weißen '^ogel mit karmoisinrothem Kopf nnd Hals nnd *) Eine MllM. «ater, Der Albe« N'yanza. l. 14 21 l) Der ^twnich mit ^cdcrbusä) u. s, w. ci,trni rothgelben hornigen Auswuchs auf dem Schritt'! des Kopfes. Die letztere Spielart l,al einen scharfen zolllangen Sporn am Flügel, in welchem sic eine außerordentliche Kraft besitzt. Er wird als VertheidignltssÄuaffc zum Schlagen benutzt, wie der gespornte Flügel dcö Regenpfeifern ,^ai!l!l,'isim>.'tl)tövf!^c spornflügclige Gaus. Vor dem frühstück schoß ich hälifig zehu bic, zwölf (^nten uud ebcu so uielc Kraniche, unter anderen den Kranich mit schönem Fcdcrbnsch ans dem Kopfe, von den Arabern „sNarrauuk" genannt. Der schwarte sammelälinliche Kopf dieses Kranichs, von einem goldgelben ^rderbusch umgeben, war ein ^ieblings-schmuck der Valuta^, und solche Köpfe wurdeu sofort als sscder-büsche für ihrc Hl'lmc Iirrgerichtet. Die Umgebung meiues Va-grrs hätte rinen ^-ederhäudlrr glncklich gemacht; sie war buch stäblich mit ^laulU' uud großen federn bestreut, ^ch wurde immer jeden Morgen von eiuer Auzahl ^atuwluabeu begleitet, die eifrige Waidmünner waren liud täglich mit^uleu und <^üuseu beladeu iu'o ^ager zurückkehrten. Kaum warcu nnr im ^agcr Adda's Antraq. 211 angelangt, so bolen sich eine Anzahl Knaben freiwillig an, die Vögel ;n rupfen; sie tliatni dies uni der läugsten federn willen, mit welchen sie sofort ihre wolligen Häupter bedeckten. Man sah Haufen von Knaben mit Köpfen wie Blumenkohl, alle mit den Ordern von Kranichen nnd wilden Enten gepicht. (5s scheint von dcii bilden sowohl wie von den Eioilifirtcn angenommen zu werden, das; die federn der Gössel die besondere Bestimnning haben, das menschliche Haupt zu schmnckcn. Es war ein Muck, daß die Natur Vatnka so reich mit Wild versehen hatte. Anderes fleisch zn bekommen, war n>t möglich, nnd die ^'mrii nnd <^anse ivareu für nn^' uic^l nlir das, n>a^ dil' Wachteln für die ^sraeliteu in der Wüste waren, sondern sie setzten nns anch in den Stand, den Eingeborenen beschenke zu machen, welche ihnen die Versicherung nnseres Wohlwollens gaben. Obgleich die ^atukas weit besser waren, als andere Stämme, die ich getroffeil hatte, so «nachten sie mir doch noch Plage genug. In Betreff des wirtlichen Wohlwollens schenkten sie mir kein Pertranen, sondern schrieben meine Milde der schwäche ^n. Adda, einer der Häuptlinge, kam einmal mit der Bitte zu inir, mich ilnn beim Angriff anf ein Dorf anzuschließen, den er machen wollte, um sich Moloten (eiserne Haken) zn verschaffen. Er sagtei „Kommen Sie mit mir, bringen Sie Ihre Mannschaft und bewehre mit, wir wollen ein hier in der Nähe liegendes Dorf angreifen nnd den Bewohnern ihre Moloten und ihr Vieh wegnehmen- Sie behalten day Vieh, und ich will die Moloten haben." Zch fragte ihn, ob das Dorf in einem Feindesland liege? ,,Ach nein!" antwortete er, „es liegt dicht hier an; aber die Bewohner find elwaü rebellisch, nnd es wird ihnen gnt thun, wenn wir Einige todten nnd ihre Moloten nehmen, fürchten ^ie sich, so macht es nichte aus, dann werde ich die Türken darum biuen." v3o glaubte man, oas> liei mir Milde 14' 212 Stumpfheit der üingeborcin'n. aus Schwäch».' hervorgehe, und ^) war schwer, die Vente yl überzeugen, das; dieselbe ihren Ursprung in einein <^efül,I für Gerechtigkeit habe. Dieser Adda stellte mir ganz taltblülig den Antrag, eines seiner eigenen Dörfer ^u plündern, das in seinen Augen etwas zu „freisinnig" war. ^cichls ist lier^erreis^ender, als so ganz nnd gar misn'erstanden ^n werden, und die Slumpf-heit der Wilden war so gros;, dasz ich sie nie dahin bringen konnte, das Dasein eim'Q guten Urwesen'ö zu begreifen; ihr einziger Begriff war „Macht", — Gewalt, die Alley erreichen — die starke Hand, die den Schwachen ^erreif^en toniue. Im Aergcr notirte ich oft die ^efnhle des Angenblicks in u>riu Tagebuch, aus welchem ich, als die Verhältnisse jeiter ^cit erläuternd, folgende Ltelle copire! „^atnka, den >l». April l<^i. Ich wünschte, die Vente in England, luelche sür die ^chwar^en slimpaldisiren, tönnlen Afnw's innerstes Herz sehen wie ich, dann würde ihre Sympathie beoenlend abnehmen, ?ic menschliche Natur, in il,rem rohen Zustande besehen, wie sie sich bei den afrikanischen bilden zeigt, steht mit derjenigen des mmernünftigen Thieres auf ganz gleicher Höhe und mit dem edlen Charakter des Hundes in keinem Vergleich. Dort findet man weder Dankbarkeit, noch Mitleid, noä, Viebe, noch ^elbstverlängnnng, teinen Begriff uon Pflicht, keine Religion, sondern Habgier, Undankbarkeit, selbst^ sucht uud Grausamkeit. Alle find ^iebe, faul, neidisch und bereit, ihre schwächeren Nachbarn zu plüuoen» und zu Sclaven zu machen." Sechstes Kapilel. V e r L e i ch e n t a n ). Bari Dolinctschcr, ^ommoro dcr ^!öwc. — ("csp^äch mit ^ommovo, — Gute und Bösc, Allc stcrbcu, — ?>e relink Fraczc schlägt fchl, — Da« vergiftete Äauiccl, — Gewohnhcltcu dcs Kailiecl«!, — Der Hydschin oder daö Ncitdronudar. — Nufläthige Escl, Tronnncln schlugen, Hörner bliesen nnd Menschen sah man alle in cincr Nichtnng rennen! — die Ursache war ein ^eichcn-tanz- ich schlost mich dem Voltöhanfen an n>id befand mich bald inmitten der Velnstignnss. Dic Tänzer waren höchst grotesk anfgcpntzt. Ungefähr cm Dntzcnd ungehcnre StranUcdcrn schmückten ihre Helme; von ihren Schultern herab hing entweder ein ^eopardcnfell oder das vom schwarz lind weißen Affen, nnd ein nm den ^eib gebnndenes Veder bedeckte eine grone eiserne C'ilockc, die mil eincm Niemen auf die Venden jedes Tänzers geschnürt ivar, wie ein altmodischer künstlicher ^ranensteis^ diese liesten sie »ach dem Tacle des Tanzes ertönen, indem sie ihre Gesäße anf dir abgeschmackteste Art hin m,d her warfen. O''in großer, anf solche Weise ansstaffirter Hanfe machte ein nnbe-. schrcibliches Getöse, welches dnrch das Blasen der Hörner und das Schlagen von sieben ^iogaras mit verschiedenen ^onen noch vermehrt wurde. Jeder Tänzer trng ein nm den Halo hängendes Antiloprnhorn, das er dann nnd wann, wenn er in der 214 Vari-Dolmctscher. höchsten Aufregung war, blies. Diese Znstrumente gaben einen Ton, der das (Geschrei eines Esels und einer Enle vereinigte. Hänfen uon Nl'ännern »nd grauen flogen' immer ringsum in einer Art von ,,Höllengalopp", indem sie, ihre ^an^en und mit eisernen Köpfen «ersehenen Kenlen schwingend und sich erträglich in fünf bis sechs Mann tiefer ^inic haltend, dein Vorländer folgten, der rücklings tankend sie führte, Die Ivanen blieben außerhalb der Vinie- sie tanken einen langsamen dummen schritt und schrieen eine» wilden nnd höchst unharmonischen besang, während eine lange Reihe junger Mädchen und Neiner Kinder, die Köpfe lind Hälse mit rothem Eisenocker nnd ,vett eingerieben nnd nm die senden hübsch mit Perlenschnuren geschmückt, sich in einer sehr gnten Linie hielten, wobei sie mit den ^l'ißen den Tact schlugen und mit den ^Mreichen eisernen Ringen klimperten, die ihre Knöchel perlen, n»> mn den Ivonuneln 5ae: zu hallen. Eine Frau wartete den Männern anf, indem sie mit einer KnrbWaschc voll Holzasche dlirch das <^edränge sprang nnd ihnen Hände voll über die >töpfe strente, niodnrch sie dieselben wie Müller einpuderte, Welchen Iweck dies hatte, konnte ich nicht erfahren. Die Vortäu^eriu war ungeheuer fett; sie war über die Vlnthc der Jugend hinans, aber trotz ihres schwerfälligen Zustandes hielt sie doch bis zuletzt ^aMt, ohne sich bewnsN zn sein, wie sie im Allgemeinen anssah, lind uon der Aufregnng des Tanzes völlig hingerissen. Diese Festlichkeiten sollten ^u (ro dcr ^i,vvl>, 215 daher, daß ihul nach der allgeuieiuen ^ille die vier Vordcrzahne der unteren Kinnlade ausgezogen ivaren. (''s war von großer Wichtigkeit, ^oggo's Verträum ;u gewinnen, da mein Erfolg in hohem (^rade von Aufschlüssen abhing, die ich etwa von den Eingeborenen erhalten konnte. So oft ich daher nach ihm schickte, nm eine Unterredung mit dem Volke zu halten, gab ich ihm beim Abschied stew ein kleines beschenk. Er gehorchte deshalb jeder Aufforderung von meiner >Zeile mit grober Fröhlichkeit, da er wnßte, dafz die Hnsammenkuuft mit einem „Vack-schisch" s(^eschcnt) enden werde. Auf diese Art gelang es mir, Pertranen zn erwecken, nnd er kam häufig ungcrufcn in mein Zelt nnd unterhielt fich über allerlei l^egcnstände. Die Latula-sprache ist voni Vari verschieden; eo ,uar daher ein ^verier Dolmetscher nöthig; die^o war ein geweckter Jüngling ungefähr von demselben Alter. Die Unterhaltung wurde dadnrch etwas langweilig, indem die Permittelung durch Bari und ^atnka geschah. Der Häuptling (>ommoro (der „Vöwc") war einer der gescheidtesten lind verständigsten Wilden, die ich in diesen Ländern gesehen hatte, und der ^tamm erwies gegen seine Befehle weit mehr Achtnng al5 gegen die seines Bruders „Moy", obgleich der Vrtztrrc dem Range nach höher stand. Eines Tages schickte ich nach Eommoro, nachdem der gewöhnliche ^cichcntan^ beendet war, und hielt durch meine zwei jungen Dolmetscher ein langes Gespräch mit ihm über die Sitten seines Vandcs. ^ch wollte wo möglich den Ursprung der außergewöhnlichen Sitte ergründen, den ^eichuaiu nach der Beerdigung wieder an^ngraben, und- dachte mir, mau könne in dieser Handlung vielleicht den l^edanten eines Glaubens an die Anf-erstchuug verfolgen. Eommoro war, wie sein ganzem Polt, ünßcrst schlank. Nachdem er in ineiu .^rlt eingetreten war, nahm er seinen Sitz auf der Erde, da die i/atukas sich nicht, wie die anderen Stämme 216 Gespräch mit Commoro. des weißen Nil, der Schemel bedienen. Ich begann die Unterhaltung damit, das; ich ihm über die vortrefflichen Leistungen seiner Weiber und Töchter im Tanz und über seine eigene ^eich tigkeit in der Ausübung dieser Kunst ein (somplimcnt machtc, uud erkundigte mich, für weu die Feierlichkeit veranstaltet worden sei? Er antwortete, sie sei für einen Maun gewesen, der kürzlich gctödtet worden, der aber keine große Bedeutung gehabt habe, denu dieselbe Feierlichkeit werde für jeden Meuschen ohne Unterschied gehalten. Ich fragte ihn, warum man diejenigen, welche in der Schlacht erschlagen wurden, unbeerdigt ließe. Crr sagte, es sei stets so Sitte geweseu, aber er köune es nicht erklären. „Aber," entgcgnete ich, „warum beunruhigen Sie deuu die (^'beiue derer, welche Sie schon beerdigt haben, und legen sie in der Umgebuug der Stadt aus?" „Gs war die Sitte unserer Vorfahreu," antwortete er, „darum halten wir sie noch fort." „Maubeu Sie uicht an ein zukünftiges Dasein nach dem Tode? Spricht sich in der Handlung dcs Ausgrabeus der Gebeine, nachdem das Fleisch verfallen ist, nicht irgend ein bedanke ans?" Commoro (spricht): — ,,(>in Dasein uach dem Tode! Wie ist das möglich? Kanu ein todter Mensch aus seinem Grabe kommen, wenn wir ilm nicht herausgraben?" „Denken Sie denn, der Mensch ist wie ein Thier, das stirbt, und mit dein es dann zu Cndc ist?" Commoro. — „l^'wiß; ein Ochse ist stärker als ein Mensch; aber er stirbt, nnd seine Gebeine halten sich länger — sie sind dicker. I^ie ^ebeine-eines Menschen zerbrechen rasch — er ist schwach." „Ist uicht der Mensch au Vernunft über den Ochsen cr- Gespräch mit Commoro. II'7 haben? Hat er nicht cinen Verstand, nm seine Handlllngen zu leiten?" Commoro. — „Manche Menschen sind nicht so gescheidt wie ein Ochse. Die Menschen müssen erst Getreide säen, nm Nahrung zn bekommen, aber der Ochse und die wilden Thiere können sie sich verschaffen, ohne zn säen." „Wissen Sie nicht, dcch es in Ihnen cinen Geist giebt, der mehr ist als Fleisch? Träumen und wandern Sie nicht, wenn Sie schlafen, in Gedanken nach entfernten Orten? Und doch bleibt Ihr Körper an einer und derselben Stelle liegen. Wie erklären Sie sich das?" Oommoro (lachend). — „Nun, wie erklären Sie es? Es ist etwas, das ich nicht begreifen kann; es kommt bei mir jede Nacht vor." „Der Geist ist vom Körper unabhängig; — der wirkliche Körper kann gefesselt werden, aber der Geist laßt sich keinem Zwange unterwerfen; der Körper wird sterben und zn Staub oder von Geiern gefressen werden, aber der Geist wird ewig bestehen." Commoro. — „Wo wird der Geist leben?" ,,Wo lebt das Fcner? Können Sie nicht Feuer*) erzeugen, indem Sic zwei Stöcke an einander reiben? nnd doch seh eil Sie das Feuer in dem Holze nicht. Hat nicht dies Feuer, das unschädlich und unsichtbar in den Stöcken liegt, die Gewalt, das ganze Land zu verzehren? Was ist stärker, der kleine Stock, der das Feuer zuerst hervorbringt, oder das Fencr selbst? Wie das Element des Feuers im Stock vorhanden ist, so ist der Geist dns Element im Körper; das Element steht aber höher als die Substanz." Commoro. — „Ha! Können Sie das erklären, was wir ") Die Eingeborenen bringen das Fcucr stctö dadurch hervor, das; sic zwei Stöcke an einander reiben. 218 Guk und Äöse, Allc Mbon. so häufig in der Nacht sehen, wenn wir nns in der Wildnis verlaufen haben? Ich habe mich selbst verlanfcn, und indem ich in der Dunkelheit nmherirrte, sah ich in der ^crne ein gelier-al'o ich mich näherte, uerschivaud da>Z ^euer, und ich war nicht im Staude, der Ursache a»f die ^pur ^u kommen —noch tonnte ich die Stelle finden," „Haben Sie feine Vorstellung von dem Dasein von (Geistern, die höher stehen al^ Mensch und Thier? Mrchten Sie sich vor nichts Bösem, dao von körperlichen Ursachen ausgeschlossen ist?" Commoro. — „Wenn ich des Nachts im Dschungel bin, so fürchte ich mich vor Elephanten nud anderen wilden Thieren, sonst aber vor nichts weiter." „Tann glauben Sie an gar nichts, weder an einen guten, noch an mien bösen Geist! Und Sie glaubeu, daft, wenn Sie sterben, es mit ^eib und Seele ein Ende haben wird, daß Sie anderen Thieren gleich sein werden, >md daß zwischen Menschen und Thier kein Unterschied ist, daß beide im Tode verschwinden und anfhöreu?" (lommoro. — „Natürlich!" „Sehen Sie teilten Unterschied in gnteu nud bösen Handlungen?" Commoro. — „Ja, es giebt gute lind böse bei Menschen und Thieren." „Denken Sie, daß ein guter nnd ein böser Mensch dasselbe Schicksal theilen müssen und auf gleiche Weise sterben und aufhöreu?" Commoro. — „Ja, was können sie auders thun? Wie können sie das Sterben umgehen? (^utc uud Böse, Alle sterben." „Ihre Körper vergehen, aber ihre Geister bleiben, der gnle in ^'lückseligteit, der böse it, Mend. Wenn Sie nicht au ein ^uküufnges Dasein glaubeu, warum soll ein Mensch gut Die religiose Frage schlagt fehl. ^l!) sein? Wärmn soll er nicht bös? sein, wenn er durch Bosheit sein t^lück inachen kann?" (^ommoro. — ,,Die meisten ^eute sind böse; luenu sie stark sind, so nehmen sie von den Schwachen, Die guten ^enie sind alle schwach; sic sind gut, lueil sic nichl stark genug sind, um böse zu sein." Aus einem Sacke war für die Pferde einiges (Getreide genommen worden, nnd da einige Körner auf der Erde umherlagen, so versuchte ich es mit dem schönen Gleichnis,' St. Pauli als Beispiel eines zukünftigen Daseins. Ich machte mit dem Finger ein kleines Loch in die Erde nnd legte ein Kort« hinein. „Dies," sagte ich, „stellt Sie vor, wenn Sie sterben." Ich lie^ deckte es mit Erde nnd fnhr fort i ,,Dieses Korn wird vergehen, aber aus ihm wird die Pflaume auferstehen, welche die Wicdcr-erscheinung der ursprünglichen (Walt erzeugen wird." Commoro. -^ „l'lianz richtig; das verstehe ich. Aber das ursprüngliche Korn steht nicht wieder auf; es verfanlt wie der todte Mensch und hört auf; die erzeugte frucht ist nicht dasselbe Korn, das wir in die Erde legten, sondern das Erzeugnis; dieses Korues. So ist es auch mit dem Menschen, — ich sterbe nnd vergehe und höre auf; aber meiue Kinder wachsen auf wie die frucht des Kornes. Manche Menschen haben keine Kinder, und manche Körner gehen ohne Frucht nnter; dann hören sie gan; anf." Ich sah mich genöthigt, das ("esprüch auf einen andern Gegenstand zn lenken, ^ei diesem ungebildeten nackten Wilden war nicht einmal eiu Aberglaube vorhanden, anf den sich hätte ein religiöses (befühl gründen lassen; es war in ihm ein klaube an die Materie, nud für seineu verstand war Allen materiell. Es war merkwürdig, eine solche Klarheit der Vorstellung in Verbindung mit cincr so uolltommeneu ^Nimpsheil für alles Ideale zu finden. 220 Die Türken werden nio ehrlichen Handel treiben. Ich ließ die religiöse Frage als fehlgeschlagen fallen und entschloß mich, mehr praktische Gegenstände zu untersuchen. Die Türken waren erst im vorhergehenden Zähre in'o ^a-tulaland gekommen. Sie hatten das Muschelgeld nicht eingeführt; aber ich bemertie, daß jeder Helm nut diesen Münzen geschmückt war; ich kam daher auf den bedanken, daß sie von Zanzibar her ihren Weg in's Land finden müßten. Anf meine Fragen zeigte Commoro nach Süden hin und sagte, aus dieser Richtung gelangten sie in sein ^and, aber von woher sie kämen, dauon habe er leine Vorstellung. Die Rich-lung war hinreichend, nin ^,u beweisen, daß sie von der Osttüste her gesendet werden mußten, da Speke und Grant den Hanzi-barcr Hündlerit bis Karagw^, unter 2" südlicher Breite, gefolgt waren. ^'ommoro tonule den .^weck, den ich halte, indem ich das Latuwland besuchte, durchaus nicht begreifen; ich bemühte mich vergebens, die Absicht meiner Reise ans einander zu setzen, (^r sagte: „Gesetzt, Sie kämen zu dem großen See, was wollen Sie mit ihm machen? Was wird es denn nützen? Wenn Sie finden, daß der große Fluß aus ihm einspringt, wasdaun? Was nütztet?" Ich tonnte ihm nur versicheru, daß wir in England eine genaue Kenntniß der gangen Welt besäßen, mit Ausnahme des Innern von Afrita, »ud daß nur bei unserer Forschung deu Hwcck hätten, den bisher unbekannten Vändern Nnlzen zn brin-gen, indem nur gesetzlichen Handel gründeten nnd ans (^nglaild Manufaeturwaareu für (>'lfenbeiu tlnd andere Erzengnisse einführten, (l'r erwiderte, die lürken würden nie ehrlichen Handel treiben; sie wären änßerst schlechte Menschen lind würden das Elfenbein auf keine andere Weise tnufeu als durch Umtausch gegen Rindvieh, das sie von dem eiuen Stamme stählen, um es an einen andern zu «erlaufen. Unsere Uuterhaltuug wurde plötzlich beeudigt, indem einer Das vergift^ iwmeel. 221 meiner Leute in's Zelt gesprungen kam und die schlimme Nachricht brachte, daß eines der Kanieele niedergefallen sei nnd sterben wolle. Die Nachricht war nnr zu wahr. Es hatte sich dnrch eine wohlbekannte Pflanze vergiftet, die es beim Fressen erwischt hatte. Nach einigen Stunden starb es. Es giebt kein dümmeres Thier als das Kamecl. Die Natnr hat den meisten Thieren eine instinctmäßige Kenntniß der znr Nahrung tanglichen Gewächse eingepflanzt, nnd sie meiden in der Negel diejenigen, welche giftig sind; das Kameel aber frißt ohne Unterschied Alles, was grün ist, lind wenn es sich in einem Vande befindet, wo die Pflanze vorkommt, die bei den Arabern allgemein als das „Kamcclgift" bekannt ist, so müssen die Thiere, während sie grasen, stets Wächter begleiten. Das höchst schädliche Gewächs ist eine Schlingpflanze, sehr saftig und so schön grün, daß sein dichtes Laub das dnmme Opfer im höchsten Grade angeht. Der Magen des Kameels ist der Entzündung sehr unterworfen, die einen schnellen Tod herbeiführt. Ich habe sie oft nach mehrtägigem scharfen Wüsten marsch anf guter Weide ankommen nnd in wenigen Stnnden an einer Eutzündnng sterben sehen, welche dnrch Ueberfüllung de5 Magens vernrsacht wurde. Es ist nicrtwürdig, wie sie uon dem dürrsten nnd scheinbar nnnahrhaftesten Futter leben können. Wenn andere Thiere verhungern, macht das Kameel es noch möglich, sich tte-bensnntcrhalt zn verschaffen, indem es die spitzen dürrer, blätterloser Zweige, die verdorrten Stengel gewisser Staudengewächse und die zähe, trockene, papierähnliche Snbstanz der Dompalme verzehrt, ein ungefähr eben so saftiges Frühstück, wie ein grüner Regenschirm oder ein Zeitungsblatt der Times sein würde. Obgleich ein Einsiedler hinsichtlich der Einfachheit der Kost in schweren Zeitru, frißt das Kameel mit heftiger Gier, wenn es sich auf reicher Weide befindet, wobei es immer die grünsten Standen sucht. Der Giftstranch wird ein lödllicher Köder. 222 Gewohnheiten des Kameels. In (vnropa tennl man das Kauieel durchaus nickn gnt. Weit enlferltt, das gelehrige nnd gednldi^e Thier zn scin, N'ie es in der Negel beschriebe» wird, ist es gerade das (Gegentheil, nnd die Männchen sind oft gefährlich. Sic sind im höchsten l^rade störrisch mid, wie schon oben mitgetheilt nnirde, über alle ^las^'n dumm. ^nr ^ros^c Wüsten sind sie vortrefflich qcl'i(pn't, imd ohno sir würde rs we^en ^lan^elc' an Wasser un »löblich sein, ssrwissc Landstriche zn durchreisen. Zn Hinsicht anf die Viin^e der Zeit, die cin Kaitieel reisen tann, ohne ^l! trinken, sind übertriebene Nachrichten mitqctlicilt worden. Die Zeit, die das Thier sich erhalten tann, ohne an Durst z» leiden, hängt nan; von der Jahreszeit nnd der Be schaffenhcit des Futters ab. ("enan so, wie in (^'nropa die Schafe nnr wcnift Wasser branchen, wenn »nan sic mit Stuben füttert, lebt oa5 ^tameel wühreud der Nessen^eit fast ohne ^u trmten/wenn inan e^ in saftigem nnd betlmntem Kriintenoerf weidet. In der heistestcn Jahreszeit, wo in den von Kameelen bewohnten Ländern kein grünes Kränterwerl mehr uordanden ist, werden sie einen Tag n,n den andern an's Wasser geführt; man nimmt also an, das; sie in achlnndvicr^ig Stnnden einmal irinten- wenn sie sich aber anf dem Marsche durch Wüsten be finden, wo e5 tein Wasser giebt, dann erwartet man, das^ sie eine Vast von fünf bw sechslnmdert Pfnnd tragen nnd drei Tage lang, olme ^n trinken, jeden Tag fnnfnnd^uanzig Meilen marschiren, ain vierlen Tage jedoch getrnnll werden müssen. Daher sollte ein Kameel den Abend vor dem Anfbrnch lriiikru, und es wird dann seine ^ast Inindert Meilen weit tragen, ohne dast es nölbig bat, wieder;» lrinteti, sedoch nicht, ohne an ^nrst ^n leiden. Wälirend des Iieißen Sanilim sollte das Kameel wo möglich anf dem drinen Tagemarsch Ninten^ co lann aber den vielen ^a^ >>och aufhallen, I'i^'l' ^i^nlhüüilichleit i» dcr ^eide')beschafse»heit seht das Das Reltdromedar oder hydschin, 32^ Kamecl in den Stand, Hindernisse der Natur zn überwinden, die sonst nnübersteiglich sein würden, ^'y taun nicht nur über den sengenden Sand der anstrocknenden Wüsten hin reisen, sondern es sncht alich nie den Schatten. Wenn e') von seiner Bürde befreit ist, kniet es neben seiner ^'adnng in den brenin'ii dcn Sand nnd schivclqt im ^lanzc eincv Sonne, die alle an deren Thiere nöthiqt, Schn<) ^n suchen. Die eia,entliümlichc schn'ainiüiqe Bildn»^ des ^ns^eü inacht das Kanieel anßerordent lich sicher, obwohl man gewöhnlich glaub!, dasi sie >u>r fiiv flache sandige (^benen qeeiqnel sei. Zch bin ül'er so jähe Bcrqe gereist, dast ans^r dem Kaineel tein Hal>«)il)ier die Änfqabe mit einer ^ast hätle anyfnhren können. I^iese ,vä1iiqleil besitz! nichi da^ <^eschlecht i>n 'All^eineineit, sondern eine Race, die den Ha dendowa-Arabern zwischen dein Rothen Meere nnd 5ata l^elwn. Die Verschiedenheit in dcn Raccn der ^tmneeie ist eben so ^vos^ wie bei den Pferden. Die im Sndan am meisten ^eschal.Ur,, sind die Bischar>n- sie sind nicht so qroß wie andere, aber answer-ordentlich start ilnd ansdanernd. Der dnrchschnittliche Werth eines Packkameels ist bei den Sudan-Arabrrn fünfzehn Thaler, aber ein lütter ,,Hl)dsch>n" oder Neitdvomedav ist je nach seinen ^alnqteiten fnnf^ig bi^ hnndertnnofnnf^ Thaler n'erlh. '^on einem uolltoinmen gnten Hydsch'N nimmt man an, das; er in einem 5aqe fünf^ia. Äceilen zurücklegt und diesen Schritt fünf Tage lang fonsel.u, wenn er nur seinen Reiter nnd einen lleincn Wasserschlanch oder l^irba trägt. Sein l^ang soll so leicht sein, daß sein langer Pasm'ab die eigenthümliche Bewegung hervorbringen soll, die eine Amme annimmt, wenn sie ein Kind auf dem >tnie in Schlaf wiegen will. Die Bewegung ist köstlich, der schnelle elastische Sehritt eines Thieres erster Klasse verleilu dem Reiler einen belebenden lyrist, nnd wäre die gewaltige Hitze der Sonne nicht, so würde er gerne ewig fortreiten. Zwischen einem gemeinen Kameel nnd 224 Unfiäthige Esel. einem Hydschüt hoher Klasse ist in der Bewegung mid in der Bchaglichteit de<5 ilteiters derselbe Unterschied wie zwischen einem vollblüligen Pferd und einem schweren Karrcngaul. Indeß, mein bestes Kameel, mit allen gnten Eigenschaften eines ,,Vischar>n", war todt. Das war ein lranriger Verlust. So lange meine Thiere sich wohl befanden, fühlte ich mich unabhängig, nnd der 3od dieses ätameels ioar gll'ich einem Vlinus von fnnf Rentner schwerem (Gepäck. Meine ^entc waren so faul, dasz sie sich nicht nm die Thiere bekümmerten, nnd der Wächter, der eingesetzt war, nm nach den uier Kameelcn zu sehen, hatte sich die Zeit damit vertrieben, daß er znm ^atutatanzc ging. Das war die Ursache, weshalb ich mein bestes Thier verlor. Alle meine Sättel nnd Polster hatte ich in Khartum so gut eingerichtet, daß, obgleich wir sieben Tage mit außerordent^ lich schweren basten marschirt waren, lein einziges Thier einen wnnden Nucken hatte. Die Esel waren sehr frisch, aber sie hatten eine höchst ekelhafte (^ewolncheil angenommen. T^ie La^ Niws sind iil ihren Städten auffallend reinlich, und innerhalb des Pfahlwcrkes oder Zaunes wird nichts Unreines gestattet. Daher war die Außenseite, besonders die Umgebung der verschiedenen Eingänge im höchsten Grad schmutzig, und meine Esel wnrden als Straßenkehrer wirtlich so fett wie Schweine. Ich erinnerte mich, daß meiu nnglücklicher Deutscher, Zcchanu Schmidt, mir früher erzählt hatte, er sei einmal im Basc'lande alif der ,^>agd gewesen, wo das <^ras wcggebrannt nnd teil« Alättchen von einer Pflanze zn bekommen war. Er habe viel Wild gehabt und seinen Esel mit Antilopenfleisch gefüttert, das er begierig fraß, und bei dem er vortrefflich gedieh. Es ist sonderbar, daß Esel unter gewissen Umständen Alles fresseil, während Pferde bei ihrem reinm Futter bleiben. Siebentes Kapitel. - t'atnka. Heerden der Latukas und Wild, — Ein Gewitter. — Eingeborene Grob-schmiede. ^ Elephant»,'», — Elephantenjagd, — T's war höchst anziehend, die im Entstehen begriffenen Zwitter zu beobachten, wie sie A>,l>^, Dcr AU>eN ^i'yanz^, I, 15 226 Harden der Latukas und Wilden. von Tarmngolk' ans in einein Xreise zogen und schließlich die vor mis liegende höhere Verfette krönten, während der Bonner krachte und über die Ebene hiu von Felsen zu Felsen wirderhallte. Die i.'atnkas versicherten mir, daß es am ^nßc dieser Berge Elephanten nnd (Giraffen in Menge gäbe; ich beschloß daher, eine Necognoscirnng dieser legend vorzunehmen. Am folgenden Morgen brach ich zn Pferde mit zweien meiner Leute, die ebenfalls beritten waren, nnd einem eingeborenen Führer auf und ritt durch das schöne Thal von Vatnka nach dem /vußc der Bergkette hin. Die ersten fünf bin sechs Meilen waren von den nngehenern Hecrden der Latukas, welche, da alles Vand in der unmittelbaren Nähe völlig ausgetrocknet war, täglich aus den Städten bis zn dieser Entfernung getrieben wurden, gänzlich abgeweidet. Das Thal war äußerst fruchtbar, aber ganz und gar nnangebant und noch im Naturzustande, eine ans freien Ebenen, Dschungeln, Waldflecken nnd Wasserrinnen bestehende Wildnis;' die letzteren lagen zwar trocken, bildeten aber während der nassen Jahreszeit offenbar Sümpfe. Nachdem wir uns ungefähr acht Meilen von der Stadt entfernt hatten, kamen wir auf Fährten der kleineren Antilopen, die, obwohl die schwächsten, sich doch am kühnsten den Wohnungen des Menschen nähern. Einige Meilen weiter sahen wir Büffel nnd Hartebrrst, und kurz darauf stießen wir anf Cmraffen-fährten. l^crade in diesem Aligellblick lamcn die tintenschwarzen Wolken, die sich wie gewöhnlich über Tarrangoll6 zusammengezogen hatten, bewegten sich im kreise nm uns herum nnd bildeten sogleich einen so dichten Himmel, daß die Dnnkclheit einer partialen Sonnenfuisterniß glich. Der Donner warnte uns mit furchtbaren gerade über uns krachenden Schlägen, während der Blitz mit blendender Helle fast zn unseren ^nßen funkelte. Ein kalter Wind sanfte plötzlich dnrch die bisher stille Lnft; in heißen Klimaten ist derselbe der sichere Vorläufer des Ein Gewitter. 227 Regens, indem die schwerer«' kalte Nlft der Regenwolke in die Schicht der wärmeren und leichteren unteren Atmosphäre herabfällt. Gs regnete, — und in solchen Strömen, wie sie nnr die Bewohner tropischer legenden begreifen können. ,,Bedeckt die Gewehrschlösser!" — Und die zu diesem Zwecke mitgenommenen Stücke wasserdichten Zeuges wurden sofort an ihre Plätze befestigt. „Nun laßt es regnen!" — In einem Vande, wo der Thermometer selten unter !13" ^ahrenh. steht, ist es ziemlich angenehm, ganz durchnäßt zu werden, besonders wenn es keinem Zweifel unterliegt, daß man durch und durch nast wird; — nicht wie bei dem ärmlichen Nebelregen (wglauds, der Sie vor furcht dnrchschauert, daß ^hr Ueberrock uielleicht nicht wasserdicht ist, sondern ein richtiges Douchebad, das an einem wohlfeilen Hute den Bodeu einschlagen würde. Wie köstlich, im Mittelpunkt Afrikas wirtlich kühl zu werden! Zch war reibend naß — das Wasser lief an den fersen meiner Schuhe heraus, die überflössen; der Wind heulte über die ^luth hiu, welche durch die bisher trockenen Rinnen strömte, und im Verlauf von zehn Minuten hatte sich der ganze Schauplatz verändert. Es waren nicht mehr die Tropen; das Klima war dasjenige des mir wiedergegebenen theuern Englands; die durchkältete Nift erfrischte mich, uud ich fühlte mich wieder zu Hanse. ,,Wie köstlich!" rief ich ans, als ich mich umwandte, um zu sehen, wie meine Begleiter sich darüber freuten. Du lieber Himmel! ich erkannte kaum meine eigenen Veute. Sie waren die elendesten Menschen, die ich je sah — nicht im mindesten frenten sie sich über den Wechsel des Klimas; — mit eingezogenen Köpfen, während Wasserströme von ihren Nasenspitzen liefen, bemühten sie sich, drin Zwitter auszuweichen. In ihrem äußerste«, l5lrnd hatten sie an nichte weiter gedacht, als an sich selbst, und die ^orsichltzmaßregel vernachlässigt, die Mündungen ihrer bewehre niederzuhalten: meine schöneil Büchsen Nr. 10 waren 15« 228 Ein Gewitter. daher voll Wasser. ,,Ein reizender Tag!" rief ich zu meinen eingeweichten und vor ,^rost zitternden Begleitern aus, die wie Kätzchen in einem Teiche aussahen. Sie murmelten etwas, das sich etwa übersetzen läßt: „Was für Sie ein Spaß ist, ist für uns der Tod." Ich tröstete sie mit der Versicherung, daft dies ein englisches Klima an einem Tage mitten im Sommer sei. Wenn meine bekleideten Araber an Kälte litten, wie stand es mit meinem nackten Führer? Er war das erbarmenswertheste Wesen, das ich je sah; mit klappernden Zähnen und an einander klopfenden Knieen kroch er unter den eingebildeten Schutz eines großen Tamarindenbaumes; er war nicht mehr der rein Schwarze, der als mein Führer anfgcbrochen war, sondern die Kälte nnd Nässe hatte ihn grau gefärbt, und da er schmächtig war, so sah er aus wie ein vergrößerter Schieferstift. Ich wollte meine Begleiter nicht untthlos machen und wendete daher gerade in dem Augenblick nm, wo ich anfing mich zu freuen, nnd meine Vente sahen mich an, wie wir den Polarbar in den zoologischen Bärten, der am schlechtesten Tage in nnscrm englischen Winter anfängt sich glücklich zn fühlen. Wir kehrten auf einem andern Wege nach Hanse znrück, da wir nicht im Stande waren, bei dem bahnloscn Znstande des Landes während des Gewitters den Pfad zu finden. An manchen Orten gab es unverkennbare Beweise, daß Elephanten dort waren, nnd ich entschloß mich, die Stelle wieder zn beinchen. Um 4 Uhr Nachmittags gelangte ich zum Zelte zurück, befriedigt, daß Iagdvcrgnügen zu Haben war. Bei meiner Ankunft im ^ager fand ich die Eingeborenen über den Eintritt des Regens sehr aufgeregt^ von dem sie fest glanbten, daß er besonders durch ihren Häuptling herbeigerufen worden sei. Alle wave!, geschäftig, ihre Moloten (eisernen Hacken) herzurichteil, neue Stiele einzupassen nnd für die periodifchc Aus-saat ihrer Ernte Alles bereit zu machen. EilM'borl'Nl! Grodschmiede. II9 Die Stiele der Hacken sind sehr lang, sieben bis zehn Fuß, »,nd das Vermeng, das wie ein Bergmannöspaten (herzförmig) gestaltet ist, wird wie eine holländische Hacke benutzt nnd ist ein wirtsames l^erath in Vand, das schon nrbar gemacht worden ist, aber ganz untauglich, frischen Boden damit vorzubereiten. Eisenerz von gnter Beschaffenheit ist durch dieses ganze Vand hin aus der Oberfläche vorhanden. Die ^atut'as sind, wie die Baris, ausgezeichnete l^robschmicde nnd liefern eine Arbeit, die einen englischen Arbeiter in Erstaunen setzen würde, wenn er die rohe Beschaffenheit ihrer Werkzeuge betrachtete, die sich auf einen Hammer, einen Ambost und eine Zange beschränken; die letztere bildet ein gespaltener Stock von grünem Holz, wahrend die beiden ersteren Steine von verschiedener t^rößc sind. Ihre Blasebälge bestehen aus zwei Töpfen, die ungefähr einen ,^uß tief sind; vom Boden eines jeden geht eine etwa zwei Fuß lange töpferne Nöhre aus, deren Spitzen in eiu Holzkohlenfeucr eingeschobcn werden. Die Ocffnuugen der Töpfe sind mit einem sehr geschmeidigen ^eder bedeckt, das schlaff nnd gut mit Fett eingeschmiert ist; im Mittelpunkt jeder ^eocrdccke befindet sich ein etwa vier Fuß lauger aufrecht stehender Stock, und der Välgrbläser bringt dieselben rasch mittelst eitler senkrechten Bewegung in l^ang, iudein er auf diese Art eiucn starken Windstoß er^cngt. Die Eingeborenen sind sehr eigen in der Gestalt ihrer Molotcn nnd prüfen sie stets dadnrch, daß sie dieselben ans den köpfen bnlancircn und dnrch eineil Schlag mit dem Dinger kliugeu lassen. Da die valutas mit der Vorbereitung zum Feldbau sehr beschäftigt nmren, so hatte ich einige Schwierigkeit, eine Zagd Partie ^nsammenznoringen. Meine Mannschaft verabscheute den bedanken an Elephantenjago oder an sonst etwas, das harte Arbeit verlangte nnd mit ("esahr verbunden war. .^ndeß gelaug es mir, Adda, del» drilwi Häuptling von NUnta, zn ge- 230 Eine Iagdpartic. ' winnen und mehrere Eingeborene zu bewegeil, mich als Führer zu begleiten, und ich traf meine Anordnungen, um an einem festgesetzten Tage mich auf den Weg zu inachen. Am 17. April 5 Uhr Morgens brach ich mit meinen drei Pferden und zwei .^ameclen ans; die letzteren trugen Wasser und Nahrung. Nach einem Marsch von zwei bis drei Stunden dnrch die schönen Jagdgebiete, welche das Thal von Latnka mit seinen abwechselnden Prairien und Dschungeln bildete, tam ich auf die Führten von Nashörnern, Mraffen und Elephanten und jagte kurz danach ein Nashorn auf, tonnte aber teilten ^chuß thun, weil es in das dichte Gebüsch sprang und schneller verschwand, als ich abzusteigen vermochte. Nachdem wir einen lnrzen Bogen gemacht, um das Nashorn zu snchen, stießen wir auf eine große Heerde Büffel, hörten aber in demselben Augen blick am Fuße der Verge Elephanten trompeten. .Ich wollte nicht feliern, damit das große Wild nicht beunruhigt würde, sondern begnügte mich, den Büffeln nachzureiten, während Adda mir herrlich zu Fuße folgte; er sprang wie ein Reh nnd hielt mit meinem Pferde fast gleichen schritt, wobei er seine drei ^an^en hinter einander nach den Rüsseln warf, aber ohne Erfolg. Ich hatte die .'»lamecle auf einer freien Ebene gelassen, und als ich von dem nach den Büffeln gemachten l^alopp znrück-kehrte, sah ich die Lente in großer Aufregung auf den .Uamee-lcn mir winken. Während ich auf sie zu galoppirte, setzten sie mir auseinander, daß eben eine Heerde Elephantenbullen über einen freien Naum gesetzt und in den jenseits stehenden Dschnn-gel gegangen wären. Es gab offenbar Wild in Menge. Ich rief daher meine Leute zusammen und sagte ihnen, sie sollten mit den Neservepferoen und Büchseu dicht bei mir bleiben, während ich die ^atnkas voransschickte, um sich nach den Elephanten umzusehen; wir folgten in tnrzer Entfernung. In etwa zehn Minuten sahen wir die Latnkas anf uns Elephanten. 231 zueilen, und fast unmittelbar darauf erblickte ich zwei ungeheure Gcphantenbnlleu mit glänzenden Stoßzähneu ungefähr dreihundert ,vuß vou uns, offenbar die Führer einer nahenden Heerde. Das Terrain ivar außerordentlich günstig; es war ziemlich frei und doch mit hinreichendem Gebüsch versehen, um eine geringe Decke ;u gewähren, Jetzt erschienen mehrere Elephanten und schlössen sich den beiden Führern au — die Hcerde bestand offenbar ans eiuer beträchtlichen Anzahl, und ich war im Begriff abzusteigen, um den ersten Schuß zu ,vuße zn thnn, als die Vatuws, die ;u eifrig waren, sich der Heerde näherten; ihre roth uud blauen Helme zogen sogleich die Aufmerksamkeit der Elephauteu auf sich; es faud eiu furchtbares Rasen statt, die ganze Hcerdc schloß sich zusammen und toble iu voller (^ile bavou. „,volgt mir!" schrie ich meinen Renten zu, berührte utein Pferd mit dem Sporn und gedachte mitten in die Heerdc zn sprengen. (Gerade in diesciit Augeublick, wo es ansetzen wollte, glitt mein Pferd aus und stürzte auf die Seite; es fiel auf »nein rechtes Veiu und hielt mich an der Erde fest; es war meiner Schwere uicht gewachseu. Ich machte mich frei, bestieg sofort meiu altes abns-sinisches Iagdvferd „Tütcl" uud folgte deil fährten der lHle-phantet, mit verhängtem Zügel, von zweien der ^atutas begleitet, die wie Jagdhunde sprangen. Durch das grüne, aber dorilenlose Gebüsch galoppirend, erblickte ich bald einen prächtigen Mephantenbulleu, der gerades Wegs vor mir hiudampfte wie eine locomotive. Ich grub die Spore» eiu uud kam ihm schuell bis auf sechzig ,vuß nahe. Aber das Terraiu war voll Vüffclgrubeu uud daher so ungünstig, daß ich nicht au ihm vorbeireiten tonnte. In etwa einer ^ierlelftnnde gelangte ich nach einer sorgsamen ,>agd über tiefe Geleise und Rinnen, die ill hohem Grase verborgen lagen, auf einen ebenen Raum, ritt eiligst über ihn vor uud versetzte ihm mit der ziteilly-Vüchse Nr. 10 einen Schuß in die Schulter. Ich sah die Wunde an 232 Cine (zlephmltcnMd. einer guten Stelle, aber der Bulle eilte nur um so schneller fort, und wir kamen wieder auf schlechtes Terrain, wo es nicht rüthlich war, ihm dicht zu nahen. Bei der ersten günstigen (Gelegenheit jedoch sprengte ich ihm wieder zur Seite uud feuerte meinen Unten ^auf im vollen salopp ab. Er verminderte seine Eile, aber ich tonnte nicht Halt machen, um wieder zu laden, damit ich ihn nicht in dem hohen l^rase nnd <^ebüsch an5 dcn Augeu verlor. Kein einziger Mann war bei mir, um mir eine Neserve-büchse zu reichen. Meine feigen Vursche, obwohl leicht und gut beritten, waren nirgends; die Eingeborenen waren überlaufen, sowie natürlich auch Nicharn, welcher, da er lein gntcr Neiter war, es vorgezogen hatte, zu Fuße zu jagen. Vergebens schrie ich nach der Mannschaft. ,Ich folgte dem Elephanten etwa zehn Minuten lang mit eiuer ungeladenen Büchse, bis er sich ans einer freien Stelle in ungefähr neun bis zehn Fuß hohem (^'rase plötzlich umdrehte, stcheu blieb und mir in's Gesicht sah. ,,Tü. tel" war für Elephanten ein prächtiges Pferd; er hatte nicht die geringste Furcht und stand im Feller wie ein Fels; selbst beim Abschießen der stärksten Pulverladung bewegte er sich nie. Ich sing jetzt an, wieder ^u laden, als gleich darauf ciuer von meiner Mannschaft, Aasin, auf „Filfil" herankam. Ich nahm von ihm eine Neservebüchse, ritt schnell am Elephanten vorüber, zog plötzlich die Zügel au und brachte eiueil gutcu Schuß gerade hinter das Schulterblatt. Mit einem schrillen Schrei stürmte der Elephant auf mich los wie eine Dampfmaschine. Die Spo-reu gingen ein. „Tßtcl" wußte, was er zn thun hatte, nud fort lief er über die (Geleise und Niunen, während das hohe dürre Gras nur in die Ohren pfiff, als wir mit verhängten, Zügel oahiuschossen, gegen sechshundert Fnß weit dicht gefolgt dem wüthenden Bulleu. Dann machte der Elephant Halt; ich lenkte das Pferd um, Tckc!, mein altcs Iagdpford. 233 stellte mich ihm gegenüber nnd lud wieder. Ich dachte, or wolle sterben, da er mit herabhangendem Rüssel nnd dicht ans den Hals ^urnckgcdrücklen Ohren dort stand. Gerade in diesem Augenblick hörte ich das Sausen von Elephanten; sie rückten durch das grüne (Gebüsch ans der Anhöhe über der Vertiefung an, welche durch den mit hohem, verwclt'tem Gras bestandenen freien Namn gebildet wurde, auf dem wir einander gegenüber-standeu. Mein Mann ?)asin war beim ersten Angriff mit seinem flinken Noß davongesprcngt und nicht zu sehen. Jetzt verstärkte sich der sausende Ton, und über den niedrigen Büschen zeigten sich die Köpfe einer dichtgeschlossenen Heerde von etwa achtzehn Elephanten; sie brachen hervor nud stürzten gerade auf mich herab, wahrend ich und mein Pferd nnbeincrtt im hohen Grase standen. Ich sah nie einen reizenderen Anblick; es waren lauter Bullen mit ungeheuren Stoßzahnen. Ich wartete, bis sic nnf sechzig Fuß an mich heran waren, galoppirte dann gerade auf sie zu und erhob ein Geschrei, das sie zur Umkehr bewog. Sie stürmten fort auf den Hügel, aber in einem so scharfen Schritt, daß ich sie anf dem zertretenen und zerrissenen Boden nicht einholen konnte, nnd sie sich mir gänzlich entzogen. !6tel, obwohl ein außerordentlich sicheres Iagbpferd, war ein ungemein langsames Noß, aber an diesem Tage schien er noch langsamer zu sein als gewöhnlich, nnd ich hatte im Augenblick nicht darauf geachtet, daß er ernstlich krank war. Ich verfolgte drei Elephanten, die sich von der Heerde getrennt hatten, und erreichte sie, indem ich einen kürzeren Weg einschlug; dann wählte ich mir einen Burschen mit ungeheuren Stoßzahneu aus und ritt gerade nnf ihn los. Als er sah, daß er eingeholt war, warf er sich mit solcher Schnelligkeit auf mich nnd verfolgte mich so weit, daß ich »ur mit größter Mühe vou ihm loskam. Sowie er nmkchrtc, wandte ich mich sofort wieder zum Augriff; aber er lief in einen 234 ZeMs Gcsol^. dichte» dornigen Dschungel, durch n>elchen kein Pferd folgen tonnte, und eo gelang mir nicht, ihm einen ^chuß beizubringen. Ich sah mich eben nach einein ^ege uin, nnf welchem ich in das Gebüsch eindringen tonnte, als ich plötzlich in der Dichtung, nw ich den verwundeten Bnllen verlassen hatte, Eingeborene schreien hörte. Ich galoppirtc nach der stelle hin und traf einige zerstreute Eingeborene, unter Anderen Adda. Älach-dem ich eine Zeit lang geschrieen hatte, kam endlich Msiu auf meinem Pferde Mfil zum Vorschein; er war wie gewöhulich ge-floheu, als er deu Trupp Elephanten sah, und iver weis;, wie weit er geritteu war, ehe er es für gefahrlos gehalten hatte, hinter sich zu seheu. Ich hatte zwei berittene Gewehrträger uud noch fünf andere zu ,>uß, und war aus Feigheit uon leiten meiner Mannschaft gänzlich im Etich gelassen wordeu. Der Ele-phllllt, den ich al5 sterbend verlassen l,alte, war fort. Einer der valutas war auf seiner fährte nachgelaufen, und wir hörten diesen Burschen in der ^crne schreien. Ich holte ihn bald ein, und er ging schucll auf der führte durch dichte Gebüsche und hohes Gras voran. In etwa eiucr Viertelstunde erreichten wir den Elephanten. Er stand im Gebüsch, in einer Emfcruuug von ungefähr hundertundfüufzig ,Nlß mit dem Gesicht nach uns zugekehrt; er bemerkte uns lofort, machte einen frechen Stoß mit dcm Kopfe und griff uud gan^ rntschlosscu an. Es war außerordentlich schwer zu eutl'ommen, weil die Büsche das Pferd hiu-dcrlen, während der Elephant dieselben wie Sumueugewebe zer-dräckle^ indem ich jedoch mein Pferd scharf um einen Baum lenkte, gelang es mir, ihm zu entrinnen, nachdem er mich ungefähr vierhundertundfünfzig Mß weit verfolgt hatte. Nach sciuem Angriff verschwand er im Dschungel, nnd ich setzte ihm sogleich wieder nach. Der Vodeu war hart und so uon Elephanten betreten, daß es schwer war, die einzelne Führte hcranszufiuden. Auf der Erde war lein Blut, sondern immer uur da und dort an Beinahe qofasit, !>!ifi den Bäumen, wo er sich auf seinein Rückzüge im Vorbeigehen an ihnen gerieben halte. Nachdom wir fast zwei Stunden lang-sain auf seinem Pfade nachgewogen waren, kamen wir plötzlich in's ,neie und sahen ihn ganz rnhig über eine weite Ebene mit hohem Gras wandern. Das Terrain war auf beiden Seiten der Ebene sanft aufwärts geneigt, aber die Ebene selbst bestand ans einer Masse tiefer, hart gewordener Geleise, über welche kein Pferd galoppiren tonnte. Oa ich den Eharattcr meines ,>renn-des kannte, so ritt ich die Anh'öhe hi»,anf, nin zn recogllosciren. Ich fand sie ziemlich frei von löchern m,d viel besser als deil ausgetretenen Grund. Meine zwei berittenen Gcwehrtrüger hatten sich mir jetzt angeschlossen, nnd wurden, weit entfernt, an der Jagd Vergnügen zu finden, fast grün und gelb vor Schrecken, als ich ihnen befahl, dicht bei mir zu bleiben nud vorwärts zn reiten. Ich wünschte, das; sie die Aufmerksamkeit des Elephanten auf sich ziehen möchten, damit ich einen guten Schuß uach der Schulter erlangen tonnte. Auf der freien Ebene hinreitend, kam ich endlich bis auf etwa hnnderlundfünfzig ^nß an den Bullen heran; da wandte er sich langsam um. M zog „Tütet" die Zügel an und feuerte sofort mit der Reilly-Vnchse Nr. 10 einen sichern Schuft nach der Schulter ab: — einen Augenblick fiel er auf die Kniee, aber mit erstaunlicher Schnelligkeit sich wieder erholend, ging er im vollen Stnrmschritt auf mich los. Znm (Nück hatte ich mir vor dem Angriff mein Terrain genau besehen; fort ging's die Ansteigung ;u meiner Rcchtcu hinauf, -— die Svoren waren in voller Thätigkeit, und der Elephant schrie vor Wuth, während er mir immer näher t'am. Mein Pferd hatte ein Gefühl, als wenn es aus Hol; gemacht wäre, und warf sich schwerfallig fort in einer Art Vlnhgalopp; — vergebens grub ich ihm die Sporen in die deichen und drängte es mit Zügel nud Stimme; ich brachte keinen auderu Schritt aus ihm heraus, es tanmelte dahin, als ob es ganz nnd gar er- 236 T<'M .MngM, schöpft n'äre, und lief in die Büffelgrubcli hinein und )vieder heraus, anstatt über dieselben hiinveg^uspringen. Hamed saß aus meinem Pferd „Äians", das dreimal so scharf lief als ,,T«-tel", aber anstatt sich zu bemühen, die Aufmerksamkeit des Elephanten von mir abzulenken, schoß er voraus und dachte an nichts, als sich aus dem Wege zu machen. Mfiu, der auf „,vil fil" saß, war iu einer andern ')cichtung geflohen; ich hatte daher das Vergnügen, auf eiucm krankeu uud entkräfteten Pferde uie-dergehctzt zu werden. Ich sah mich fortwährend um uud glaubte, der Elephant werde nachlassen: — wir wareu fast eine halbe Meile weit gerannt, und das Thier holte mich so schnell ein, daft es sich nur uoch dreiftig bis sechsunddreißig ,^uft vom Schwänze des Pferdes befand und den Nnsscl ausstreckte, um es zu fassen. Indem er schrie, gleich dem Pfeifcu eiuer Dampfmaschine, setzte er glücklicherweise das Pferd so iu Schrecken, daß es lief, so arg es kouute, wenn anch noch immer schlecht, und ich lentte es plötzlich den Hügel hinab und ritt auf denselben Wege wieder zurück wie eiu Hase. Der Elephant waudtc sich den Hügel hinauf, lief iu den Dschungel und gab die Verfolgung auf, wo ich bei eiuem nochmaligen Neunen iion dreihundert Mß verloren ge^ wesen wäre. Noch nie in meinem Veben wurde ich auf einer Elephanten-jagt» so weit verfolgt. So groß Tätel's gute Eigcuschaftcn waren, was Muth und Beständigkeit betraf, diesmal hatte er so große Aengstlichkeit und Mangel an Schnelligkeit gezeigt, daß ich überzeugt war, der (^ruud davon müsse iu einer plötzlichen Krankheit liegen. Ich stieg sogleich ab, und das Pferd legte sich nieder, wie ich glaubte, um zu sterben. Indem ich lant pfiff, rief ich endlich Hameo ;urück, der noch immer, ohne sich ein einziges Mal umzublicken, seine schnelle Mcht fortgesetzt hatte, obgleich der Elephant nicht mehr zu sehen war. 3Mn war uatürlich nirgends; aber nachdem ich eine Tie letzte Ladung. Der Ell'phnnt wird l^swhlon. 23? Viertelstunde lang geschrieen nnd gcpfiffcll hatte, kam er wieder zum Vorschein. Ich bestieg ^ilfil nnd lies; T6tel nach Hanse führen. Die Sonne war eben untergegangen, und die beiden Va-tukas, die sich jetzt zu »nr gesellten, weigerten sich, anf den fährten weiterzugehen; sie sagten, der Elephant müsse während der Nacht sterben, und am Morgen würden sie ihn finden. ^>ir befanden uns wenigstens zehn Virilen vom Lager; ich fcnerte deshalb einen Schuß ab, um meine zerstreute Mannschaft zu sammeln, und in etwa einer halben Stnnde ivarcn wir Alle beisammen, ausgenommen die Kamcele und ihre Treiber, die wir Meilen weit hinter mi5 gelassen hatten. Seit dem vorhergehenden Tage hatte.«einer uon unü elwas gegessen, noch hatte ich Wasser getrunken, obgleich die Sonne heiß gebrannt hatte. Ich nahm jetzt ans einer Pfütze etwas schlammiges Regcnwasscr zu nur; dann gingen wir heimwärts und langten um halb ueun Uhr zu Hanse an, Jeder von des Tages Arbeit müde. Die Kameelc kamen ungefähr eine Stunde später in's Lager. Meine Vcute waren nun alle erstaunlich tapfer; jeder mußte eine ^'cschichte zu erzählen, wo er mit knapper Noth entkommen war, nnd mehrere behaupteten, die Elephanten wären über sie hinweggesprungen, hätten aber glücklicherweise ihre ^üße nicht auf sie gesetzt. Die Nachricht, daß der (ilcphant getödtet worden sei, verbreitete sich durch die Stadt, und am folgenden Morgen machten 'sich lange vor Tagesanbruch Massen von Mngebol'enen nach den Dschungeln auf, wo sie ihn todt liegen fanden. Sie stahlen daher seine prachtvollen Stoßzähue, welche sie nach der Stadt Wakkala schafften, nnd gestanden zwar ein, daß sie das ganze fleisch genommen hätten, schoben aber die Schuld des Elfenbeindiebstahls anf den Wattalllstamm. 238 Afrikanisch und indische Elephanten. Es ließ sich nichts machen. Die jagdrcchtlichcnUntersnchnn-gen erzengcn immer böses Blut, und im vorliegenden Aalle war es nothwendig, die Sache leicht zu behandeln. Die Eiugeborr-ncn baten mich daher, hinauszugehen nnd ihnen einen andern Elephanten zn schießen; nnter der Bedingung, daß sie das Misch erhielten, lvliren sie bereit, an jeder Zagdexpedition theilzunehmen. Die Elephanten in sscntral-Afrika haben viel größere Stoßzähne als die abyssinischen. ^m Bas^lande, auf der s^ren^e Abyssinicns, schoß ich eine beträchtliche Anzahl, nnd nur wenige Stoßzähne waren über .tt) Pfund schwer; diejenigen in der Nähe des weißen Nil haben ein durchschnittliches (Gewicht von ungefähr l><) Pfund für jeden Stoßzahn eines Elephanten-bullen, während die der Weibchen in der Negel gegen 10 Pfund wiegen. ,M habe Ricsenstoßzähne von 111!) Pfund gesehen, und im Besitz eines Händlers, Monsieur P., befand sich einer, der 172 Pfund wog. Es kommt selten vor, daß ein Paar Stoßzähne ganz gleich sind. Wie der Mensch die rechte Hand mehr gebraucht als die linke, so arbeitet der Elephant mit einem besondern Stoßzahn, der von den Händlern „el HadZm" (der Diener) genannt wird; dieser ist natürlich mehr nbgeiniyt alh der andere nnd gewöhnlich gegen zehn Pfund leichter; oft ist er zerbrochen, da der Ve-phant ihn wie einen Hebel benutzt, nm Vämne zu entwurzclu uud die Wurzeln mannichfacher Sträucher zu zerreißen, von denen er lebt. Der afrikanische Elephant ist von der indischen Art nicht nur ganz verschieden in seinen (Gewohnheiten, sondern er unterscheidet sich auch^in der Gestalt. (5s giebt drei unterscheidende Eigenthumlichleiten. Der Nucken des afrikanischen Elephanten ist einwärts, der des indischen answärts gewölbt; das Ohr des afrikanischen ist ungeheuer groß, nnd bedeckt, wenn es zurückgeworfen wird, die ganze Schul- höhe der Elephanten. 3W ter, während das Ohr der indischen Spielart verhaltnißinäftig klein ist. Der Kopf des afrikanischen hat eine nach außen gewölbte Stirn nnd der Scheitel des Schädeln senkt sich in rascher Neigung zurück, während der Kopf des indischen Elephanten etwas oberhalb des Rüssels eine platte Oberfläche darstellt. Der afrikanische Elephant ist durchschnittlich größer als diejenigen von Ceylon, obwohl ich im letztgenannten ^ande dann nnd wann riesenhafte Herumstreicher geschossen habe, die Allein gleichkamen, was ich in Afrika sah. I^ie durchschnittliche Höhe weiblicher Elephanten in sseylon beträgt an der Schulter nngeführ 7 ^uß 19 Zoll nnd die der männlichen ungefähr 9 ^uß; die gewöhnliche Höhe der afrikanischen Spielart aber habe ich durch wirk. liche Messung bei Weibchen !! ,vuß gefunden, während die der Vullen 10 ,^uß <) Zoll ist. T^ie weiblichen Elephanten Asrikav sind also den männlichen von Ceylon gleich. Auch in ihren Gewohnheiten unterscheiden sie sich wesentlich. In Ceylon sucht der Elephant beim Anfgang der Sonne den Schatten dichter Wälder ans, in welchen er bis gegen «"> Uhr Nachmittags rnht, wo er dann auf die Ebenen heranswaudert. In Afrika, wo das ^and im Allgemeinen mehr frei ist, bleibt der Mephant den gangen Tag hindurch entweder unter einem einsamen Baume oder der Sonne ausgesetzt auf den weiten Prairien, wo das dichte l^ras eine Höhe von neun bis ^wöls ,^uß erreicht. Die Hauptnahrung des afrikanischen Elephanten besteht im Lanbe der Bäume, besonders der Mimosep. In Ceylon ist der Elephant, obgleich es dort viele Bäume giebt, die als Nahrung dienen, dessen ungeachtet ein bcdentender (Grasfresser. Da der afrikanische Elephant fast ausschließlich ein Banmfresser ist, so braucht er seine StosMhnc, nm ihm beim ^^sch>M,i der Nahrnng bei^ustchen. Viele Mimosen sind gegen dreißig Hns, hoch kahl, und der fettere Theil des Vaubcs ist aus die Krone beschrankt; daher mnß der Elephant, indem er nicht so 940 Afrikanisch!? und Ceylonische (5'kphcmten. hoch hinaufreichen kann, den Baum umwerfen, um sich die ersehnte Nahrung zu verschaffen. Die Verwüstung, welche eine Heerde afrikanischer Elephanten in einem Mimosenwald anrichtet, ist außerordentlich; ich habe Bäume uon solcher Größe mit den Wurzeln ausgcrissen gesehen, daß ich überzeugt bin, ein einzelner Elephant Hütte sie nicht umwerfen können. Ich mah Bäume, die einen Umfang von vier /suß sechs Zoll und eine Höhe von etwa dreißig ,^nß hatten, und die uon Elephanten entwurzelt waren. Die Eingeborenen versicherten mir, daß sie bei der Arbeit, einen großen Baum umzustürzen, einauder gegenseitig unterstützen, nnd daß mehrere zusammen sich daran machen. Keine Mimosen haben Herzwur^eln; die gewaltigen Stoßzühne der Elephanten, wie Brechstangen an die Wurzeln gelegt, während andere mit ihren Rüffeln an den Aesten ziehen, bewerkstelligen daher die Zerstörung cincs Baumes, der so groß ist, daß er unverletzbar erscheint. Der Ceylonische Elephant, der selten Stoßzähne besitzt, kann keinen Baum zerstören, der dicker als der Scheutet eines gewöhnlichen Mannes ist. In Ceylon habe ich nicht oft alte Bullen in Gesellschaften getroffen; — fir sind in der Regel einzeln oder bleiben in Paaren; in Afrita aber begegne man großen Heerden, die ganz ans Bullen bestehen. Ich habe ofl sechzehn bis zwanzig herrliche Bullen beisammen gesehen, die einen Elfenbeinglanz zur Schau trugen, welcher einen Jäger im höchsten Grade anreizen mnßie. Die Weibchen in Afrika versammeln sich in ungeheuren Heerden uon uü'len Hunderten, während in Ceylon die Heerden im Durchfchnitt selten mehr als zehn betragen. Der Elephant ist bei Weitem das furchtbarste aller Thiere, nnd die afrikanische Spielart ist gefährlicher als die indifche, da es nahezu unmöglich ist, dieselbe durch den Stiruschuß zu todten. Der Kopf ist fo eigenthümlich gebildet, daß die Kugel entweder über das Gehirn hinweggeht oder in den ungeheuer fcsten Knochen Afrikanische und Ceylonische Elephanten. 241 und Knorpeln sitzen bleibt, welche die Wurzeln der Stoßzähne enthalten. Ich habe gewiß hnndert Bllllcnstoßzähnc gemessen und sie vicrundzwan^ig ^oll tief im Kopf vergraben gefunden. Ein großer Stoßzahn, der 7 ^nß 8 Zoll in der ^änge und 22 Zoll im Umfang maß, war ZI Zoll tief in den Kopf eingebettet. Danach kann man sich einen Begriff von der ungeheuern Größe des Kopfes nnd von der Festigkeit des Knochens und Knorpels machen, die erforderlich ist, um ein so schweres Gewicht in der ^age zu halten und der Spannung zu widerstehen, wenn der Stoßzahn als Hebel benutzt wird, um Vänme zu entwurzeln. Das Gehirn des afrikanischen Elephanten rnht anf einer Knochenplatte genan über den Wnrzeln der oberen Backenzähne; es ist daher vor einem Stirnschuß erstaunlich geschützt, da es so tief liegt, daß die Kngcl darüber hinweggeht, wenn der Elephant den Kopf in die Höhe hält, was er stets thnt, wenn er in Zorn ist, bis er sich dicht an dem Gegenstände befindet, auf welchen er seinen Angriff gerichtet hat. Der Charakter des Landes beeinflußt natürlich die Gewohnheiten der Thierei da nun Afrika im Allgemeinen freier ist als das waldbedcckte Ccvlon, so ist der Elepliant mehr an Regsamkeit gewöhnt nnd viel schneller als die Ceylonische Spielart. Als alter Elephanten jäger der letztgenannten Insel war ich bei der ,vragc über die Verschiedenheit der Art sehr stark betheiligt nnd hatte immer dir Ansicht festgehalten, daß der afrikanische Elephant sich eben so leicht wie der Ceylonische durch einen Stirn -schuß todten lasse, vorausgesetzt, daß eine hinreichende Pnlver-ladnng angewandt werde, nm dnrch den außerordentlich dicken Kopf hindurchzudringen. Dnrch viele Erfahrung habe ich gefunden, daß ich gan^ nnd gar Unrecht hatte, nnd daß, wenn anch zufällig einmal ein afrikanischer Elephant dnrch den Stirnschuß getödtet werden mag, dies nnr eine Ansnahme von der Paler, Der MIxrl ^>„>za. I, 16 242 Büchsen und Kugeln für schweres Wild. Regel ist. Die Gefahr der Jagd wird daher sehr vergrößert, weil es nahezu unmöglich ist, den Elephanten zu todten, wenn er sich im vollen Angriff befindet, und die einzige Hoffnnng auf Rettung besteht darin, daß man ihn durch ununterbrochenes Feuern mit schweren bewehren zur Umkehr bewegt; dies läßt sich aber nicht immer ausführen. Ich hatte ein paar mächtige mit mehrfachen Zügen versehene ^Polvgroovc Wüchsen Nr. 10, von Rcilly in Orford Street gefertigt; sie wogen fünfzehn Pfund uud schössen sieben Drachmen (7^ Quentchen) Pulver ohne einen unangenehmen Rückschlag. Die Kugel war ein abgestumpfter Kegel von anderthalbmal so großem Durchmesser als das Caliber, und um dieselbe zn härten, benutzte ich eine Mischung von neun Zehnteln Blei und einem Zehntel Qnccksilber. Diese ist zu jenem Zwecke besser als alle anderen Mischungen, da sie Härte mit ungewöhnlicher Schwere verbindet. Das Blei muß in einem Schmelztiegel für sich bis zur Nothglühhitze geschmolzen, vom Qnccksilbertheil ein Löffel voll auf einmal hinzugefügt und schnell mit einem Stück Eisen gerade so viel uuter einander gerührt werden, als hinreicht, um drei bis vier kugeln herzustelleil. Wird das Quecksilber in dem großen Äleiticgel der Rothglühhitze unterworfen, so wird es verdunsten. Der einzige erfolgreiche Stirnschuß, den ich nach einem afrikanischen Elephanten that, geschah t'nrz nach meiner Antuuft im abyssinischcn (Gebiet am Settitestrom. Es war in dichtem Dorn-Dschungel, und ein weiblicher Elephant aus der Heerde griff mit so guter Berechnung an, daß er, wäre er nicht gehemmt worden, einen von der (Gesellschaft iM^> belommcn müssen. Als er sich noch nngcfahr fünfzehn ^nß von der Gewehrmündung befand, erlegte ich ihn dnrch einen Stirnschuß mit einer auf die beschriebene Weise gehärteten Kugel ails einer Reilly-Vüchsc Nr. 10, und wir fanden später die Kugel in den Halswirbeln wieder! Charakter des Landes und sein« Iaqden. 243 Dieses außerordentlich tiefe Eindringen verleitete mich zu der Annahme, daß jener Schuß mir stets gelingen werde, wie es in Eeylou der Fall war, und ich habe oft dem Angriff eines afrikanischen Elephanten Stand gehalten, bis er dicht an mir war, entschlossen, mit drin Stirnschuß die volle Probe zu machen; aber cr ist nur, den eben erwähnten Fall ausgenommen, stets mißlungen. Man muß dabei noch bedenken, daß der betreffende Elephant ein Weibchen war, dessen Kopf an (^röße und Festigkeit dem des Männchens weit nachsteht. Der Schlafeschuß und derjenige hinter das Ohr sind in Afrika eben so tödtlich wie in Ceylon, vorausgesetzt, daß der Jäger bis auf dreißig oder sechsunddreißig Fuß nahe kommen kann; aber bei allcdem ist die Jagd weit schwieriger, da der Charakter des Bandes nicht gestattet, daß man sich weit genug nahe, nm einen erfolgreichen Schnß zu verbürgen. Iu dc^n Wäldern Ceylons kann man einen Elephanten bis auf wenige Cchritte bcschlcichen, und der Cchnß wird selten in größerer Entfernung als auf dreißig Fuß abgefeuert; dadurch ist ein genaues Zielen gesichert; aber auf dem freien Terrain Afrikas kann man sich einem Elephanten selten bis anf hunderlimd fünfzig Fuß nahen, und wenn er den Jäger angreift, so ist es höchst schwierig ;u entkommen. Ich fand afrikanische Elephanten nie in gntem Dschungel, anßer einmal, uud bei dieser Gelegenheit schoß ich deren fünf in derselben Schnelligkeit, wie wir sie auf Ecyloii erlegen würden. Der Charakter der Jagd muß sich je uach dem Charakter des Bandes ändern; es mag daher in Afrika l^egeliden geben, die mit meiner Beschreibnng nicht übcreiustimmeu. Ich spreche nur uon dem, was ich durch eigene Erfahrung kennen gelernt habe. Unter anderen Waffen hatte ich eine außergewöhnliche Büchse, die eine halbpfündige .ttnallgranate schoß. Dieses Folteriiistru- ill' 244 Das „kleine Kind". ment für den Zager war für das Gewicht der Kugel nicht schwer genug; die Büchse wog nur zwanzig Pfnnd; daher war bei einer ^adnng von zehn Drachmen s< ^oth und ''2 Qnent-chen) Pnlver hinter einer halbvfündigen Granate der Rückschlag so fnrchtbar, das; ich herumgedreht nnirdr ivie ein Wetter-Hahn bei einem Orkan. Ich fürchtete mich wirtlich vor meiner eigenen Büchse, obgleich ich mich viele Jahre lang an starke Pnlverladnngen und heftige Rückschläge gewöhnt hatte. Von meiner Mannschaft konnte sie keiner abschirmen. Sie wurde mit einer gewissen Ehrfurcht angesehen und von den Arabern „Dschcnna el Mutfah" s.ttind einer Kanone) genannt; da aber dieser Name znm (Rebranch viel zn lang war, so taufte ich sie das „kleine Kind", und da5 (Geschrei dieses „t'lcinen Kindes", wenn es mit einer halbpfündigen (Granate geladen, war stets tödtlich. Die Büchse war viel ;n start, nnd ich schos; sie nnr sehr selten ab, aber es ist merkwürdig, das; ich nie einen Schuft mit derselben that, ohne zn todten. Der ganze Rebranch im Verlauf mehrerer Jahre beschränkte sich auf etwa zwanzig Schüsse. Ich fürchtete mich, sie zu benutzen; aber dann und wanu war es doch unbedingt nothwendig, daß sie, nachdem sie Monate lang geladen dagelegen hatte, gereinigt wurde. In solchen fällen hatteu meine ^eute das Vergnügen, sie abznschichen, und der Knall war stets von dem Ereignis; begleitet, das; zwei Männer anf den Rücken fielen (einer derselben hatte den Mschießer gehalten) lind das „kleine Kind" einige Schritte hinter sie flog. Diese Büchse wurde vou Holland in Bond Street gefertigt, und ich konnte sie für Goliath von (Nath sehr emvfrhlrn, aber nicht für ^cute vom Jahre des Herrn 18i>ss. Die Eingeborenen Eentral-Afrikas jagen den Elephanten in der Regel des Fleisches wegen, lind vor dem Peginn des Wcis;en-Ni1-Handcls durch die Araber uud der Eutdecknng des oberen weiften Nil bis ;nm l)" nördl. Breite dnrch die von Fallgruben für Elephanten. 245 Mehcmct Ali Pascha gesendete Expedition wurden die Stosi-zühne als werthlos betrachtet und als Knochen behandelt. Der Tod eines Elephanten ist für die Eingeborenen ein großes Greigniß, da er für eine nngeheure Anzahl Menschen fleisch liefert, sowie anch Fett, welches für alle Wilden ein Gegenstand großen Verlangens zn inneren nnd äußeren Zwecken ist. Die Elephanten zn todten giebt es verschiedene Methoden. Fallgruben sind die gewohnlichste, aber die vorsichtigen alten Bullen werden auf diese Art selten gefangen. Die für die Grube gewählte Lage ist fast ohne Ausnahme in der Nähe einer Tränke, und die Eingeborenen zeigen viel Schlauheit, indem sie quer über die gewöhnliche Bahn der Elephanten Väume fällen und bisweilen eine offene Grube quer über den Weg ziehen, um den Elephanteu durch solche Hindernisse nach den fallen hinzulenken. Die (Gruben sind gewöhnlich gegen zwölf Fuß lang, drei Fuß breit und nenn Fuß tief; sie werden kunstvoll gemacht, indent die Breite derselben nach dem Grunde zu sich bis auf einen Fuß vermindert. Da der allgemeine Elephantenweg zur Tränke versperrt ist, so werden die Thiere durch einen verräthe-rischen Pfad nach dem Nasser abgelenkt; dieser ist von zahlreichen Gruben durchschnitteu, die alle durch Stäbe und Stroh verborgen sind; das letztere wird gewöhnlich noch mit Elephan-tenkoth bestreut, um eine natürliche Wirkung hervorzubringen. Fällt ein Elephant während der Nacht durch die trügerische Oberstäche, so wird sein Fuß iu den Grund des engen Grabes eingezwängt, und er steckt bis an die Schulter mit zwei Füßen so fest iu der Fallgrube, daß ein Herauskommen unmöglich ist. Wird auf diese Weise ein Thier gefangen^ so ergreift die übrige Heerde eiu panischer Schrecken, und bei ihrem hastigen Nückzng werden in der Negel einer oder mehrere die Ops'er der zahlreichen Gruben, die sich in der Nähe befinden. Die alten Bullen nähern sich niemals schnell einer Tränte, sondern lanschen, ob Gefahr 346 Iligdnn'chode Ker Eingeborenen. vorhanden ist, und gehen dann langsam vorwärts, während sie ihre warnenden Rüssel anf dcn Weg vor sich hin strecken- die zarten Nerven des Rüssels entdecken sogleich die verborgene Schlinge, nnd die Opfer der ^allgrnben sind die Mitglieder großer Hcerden, welche in der Begierde, unvorsichtig vorwärts zn dringen, hiüeinlanfeil, wie Actionäre in schwindelhafte Börsen-specnlationsqesellschaften. Sind sie einmal hülflos in der Grnbe, so werden sie leicht wit tanzen gctödtel. Die Zeit der großen Elephanteniagd ist iin Januar, wo die hohen Prairien versengt nnd in Stroh verwandelt sind. ^ird zu einer solchen Zeit eine große Heerdc von Thieren entdeckt, so versammeln sich die Eingeborenen des ganzen Bezirks bis zu einer Anzahl von vielleicht tanscnd Mann; sie nmringen die Elephanten, indem sie eine beträchtliche Strecke Bandes umschließen, und stecken dann anf ein gegebenes Zeichen das Gras in Brand. Zn wenigen Minuten sind die Elephanten, ohne es zu wissen, von einem ^enertrcis nmgcbcn, der, so weit er auch noch entfernt sein mag, anf alle /välle dicht an sie heranrücken mnß. Die Männer gehen mit dem ^ener vorwärts, das zwanzig bis dreißig Fnß hoch wüthet. Endlich dnrch die Rauchmassen nnd das Vransen der flammen, vermischt mit dem Geschrei der Jäger, bcnnrnhigt, versuchen die Elephanten zn entrinnen. Auf allen Seiten sind sie nmringt — wohin sie anch stürzen, überall stoßen sie anf eine nnnberstcigliche Schranke von flammen nnd Ranch, so erstickend, daß sie sich zurückziehen müssen. Mittlerweile wird der uerhängnißuolle Kreis immer kleiner; Büffel und Antilopen, ebenfalls zu einem entsetzlichen Schicksal ucrnrtheilt, drängell sich, von panischem Schrecken ergriffen, nach dem Mittelpunkte des völlig geschlossenen Ringes, und daZ tobende ^cuer fegt über alle hinweg. Verbrannt nnd geblendet von .^encr und Nanch, werden nnn die Thiere von dein Hänfen wilder Zager, die aufgeregt sind dnrch die HülflosiMt der so erbärmlich ge- opferten unglücklichen Elephanten, angegriffen nnd fallen unter zahllosen Specren. Diese vernichtende Iagdmethode rninirt das Wild jener (legend von Afrika, und die Antilopen sind so spärlich geworden, daß man anf einer Tagereise selten zwölf Stück in der freien Prairie sieht. Die nächste Iagdmcthode ist vollkommen gesetzlich. Sind viele Elephanten in der Nähe, so stellen die Eingeborenen etwa hundert Mann anf eben so viele große Bäume; diese Männer sind mit schweren Nuizcn bewaffnet, die besonders znr Jagd eingerichtet werden nnb gegen achtzehn Zoll lange nnd drei Zoll breite Klingen haben. Die Elephanten werden von einer großen Anzahl Vente nach den Vänmen hin getrieben, anf welche die Speermänner poftirt find, nnd diejenigen, welche nahe genug vorübergehen, werden zwischen die Schultern gestochen. Der Speer, der tief in das Thier hineingetrieben wird, macht eine furchtbare Wnnde, da der zähe M'iff, indem er an die dazwischenkommenden Aestc der Bäume stößt, wie ein Hebel wirkt und die lange Klinge des Speeres in dem Elephanten hernm-arbcitct, die ihn dermaßen zerschneidet, daß er bald vor Erschöpfung niedersinkt. Die besten nnd einzigen wirklich großen Elephantcnjäger des weißen Nil sind die Vagiira-Araber, ungefähr nnter dem 1Z" nördlicher Breite. Diese Vente jagen zu Pferde lind erlegen den Elephanten im offenen Kampfe mit ihren Speeren. Die Lanze ist gegen vierzehn Fnß lang, von männlichem Bambus; die Klinge ist etwa vierzehn Zoll lang, fast drei Zoll breit und fo scharf wie ein Nasirmcsser. Zwei Männer, anf diese Art bewaffnet und beritten, bilden die Jagdgesellschaft. Entdecken sie eine Heerde, so reiten sie anf den Bullen nut den schönsten Stoßzähne» ^,n und sondern ihn von den übrigen ab. Nun reitet ein Mann voran, und der Elephant, der sich bedrängt sieht, stürmt sofort auf das Pferd los. Es gehört viel 248 Die VagiwvIäger. Kunst dazu, den Elephanten zu leiten, der dem Pferde mit großer Entschlossenheit folgt, nnd der Reiter richtet seinen Schritt so ein, daß er sein Pferd dem Elephanten immer so nahe erhält, daß dessen Aufmerksamkeit ganz in der Hoffmmg anfgcht, dasselbe zu fangen. Der andere Zager ist unterdessen dicht hinter dem Elephanten gefolgt, nnd mit wunderbarer Gewandtheit im uollen Galopp absteigend, stößt er seinen Speer mit beiden Händen ungefähr zwei ^nß unter dem Vereinignngspnnkte des Schwanzes in den Elephanten, treibt den Speer mit aller Kraft gegen acht Fnft tief in den Unterleib hinein nnd zieht ihn sofort wieder zurück. Gelingt ihm sein Stich, so besteigt er sein Pferd wieder und fliegt fort oder thnt sein Möglichstes, zu Fuße zu entkommen, falls er nicht Zeit hat, aufzusitzen, da der Elephant sich in der Regel nmwcndct, um ihn zu verfolgen. Sem Kamerad lenkt sofort sein Pferd um, sprengt auf den Elephanten los, steigt seinerseits ab nnd treibt seine ^anzc tief in dessen Eingeweide. In der Regel dringe-n, wenn der erste Stoß kunstgerecht geführt wnrdc, die Eingeweide dermaßen hervor, daß der Elephant sogleich entkräftet wird. Zwei gute Jäger werden hünfig mehrere ans einer einzigen Heerde erlegen; aber in diesem gefährlichen Kampfe ^cib an ^eib wird der Jäger oftmals das Opfer. Den Elephanten zu Pferde zn jagen, ist sicherlich weit weniger gefährlich als zu Fuße, aber wenn auch das Pferd den Elephanten an Schnelligkeit ohne Zweifel übertrifft, so findet doch die Zagd gewöhnlich auf einem so nngnnstigcn Terrain statt, daß das Pferd stürzen muß, nnd in diesem Falle giebt es entweder für das Thier oder für den Reiter wcnig Aussicht. Die Naturtriebe der Afrikaner sind so roh, daß sie nur auf die Vernichtnng des Elephanten denken nnd niemals dessen Zähmung versuchen. Achtes Kapitel. Ibrahim's Nückkehr. Der afrikanische Schwarze, — Dcr Vlcger. — Neger als Sclaoenjäger, — Ibrahimawa, oder Sinbad dcr Ntatrose. — VMkkarika Menschenfresser. -^ Meine täglichen Geschäfte, — Händel mit den ^'atnkas, — Die ^,'atntaS bemächtigen sich eines Gewehrs, — Hoffnung, nach Süden vorzurücken. — Neisc nach Obbo. — Wir treten in die Berge ein, — Ankunft in Obbo. — Eingeborene von Obbo. - Vllttcrnüssc und Baumsrüchte, — Töftser-zeug und Geschirr. — Katschiba, Häuptling von Obbo. — Frauen von Obbo, — Die Sprachen der Stämme. — Katschiba's Staatsweiöhcit, — Katschiba „siets zu Hause". — Der .qroßc Magikcr. — NecognoScirung nach Siiden. — Ein Sturz, — Ich schieße einen Tckel. ^ Bewillkomm-nnngSfcierlichkeit in Faradjokc. — Hochland in Faradjoke. — Rückkehr nach Obbo. — Katschiba beschließt ;n reiten. - Die ersten Versuche in dcr Ncit« Innst, — Ich bekomme das verlorene Pferd wicder, — RüMchr nach ^atuka. -^ HUtct Vuch vor Botanikern, — Paviane. — Die Maharif-Antilove, — Eine Girafftujagd, - Ich iverde von der Nacht überfallen, — ssiudc die Gesellschaft wieder. — Brotbactcu auf dem Marsche. — Krankheit. — Blattern. — Erster Leitfaden zum See. — Branne Mäuner werden weiße genannt, Ibrahim kehrte von l^ondokoro zurück und brachte eineil großen Munitionsvorrntl) mit. Auch ein Verwundeter uon Tschcnuda's Leuten tmn au, der einzige Ueberrest des Kampfes mit den Vatnlas. Er war für todt zurückgelassen worden, hatte sich aber wieder erholt und war Tage und Nächte bei Durst und Huuger im Laude umhergeirrt, wie ein wildes Thier sich uor dem Anblick menschlicher Wesen verbergend, da sein schul- 25l) Der afrikanische Schwarze. diges Gewissen jeden Vatuka als ^cind bezeichnete. Znm Vc-weis, daß die Eingeborenen vor den Khartnmern den Vorzng hatten, wav er endlich von einigen ^atnkas getroffen nnd nicht nnr gnt behandelt nnd uon ihren Frauen gespeist worden, sondern sie hatten ihn anch zu Ibrahim's ^'ager geführt. Der Schwarze ist eine merkwürdige Anomalie; die gnten und schlechten Seiten der menschlichen Natur brechen ohne alle Ordnung hevuor, wie die Blumen nnd Dornen seiner Wildniß. Ein Gefühlsmensch, selten nach Ueberlegung handelnd, setzt uns der Schwarze durch seine vollständige Etnmpfhcit in Erstannen und macht uns eben so plötzlich durch eine unerwartete Aenße-rnng von Mitgefühl bestürzt. Nach einer langen Erfahrnng bei afrikanischen Wilden halte ich es für eben so albern, den Neger im Ganzen zu verdammen, als es verkehrt ist, seine Geistesfähigtcit mit der des Weißen zu vergleichen. Vcider hat die eine Partei die Gewohnheit, zu behaupten, daß der Neger ein höheres Wesen sei, während die andere ihm die gewöhnlichen VerstandeZkräfte abspricht. Ueber den inneren Werth des Negers hat von jeher eine so große Meinungsverschiedenheit bestanden, daß gerade die Verwirrung der ^ragc den Beweis liefert, daß er durchaus eine verschiedene Varietät bildet. So lange man allgemein annimmt, daß der Neger und der Weiße durch dieselben Gesetze regiert nnd durch dieselbe Verwaltung geleitet werden können, so lange wird der erstere ein Dorn bleiben in der Seite jedes Gemeinwesens, welchem er nnglück^ licherweisc angehört. Wenn man finden wird, daß das Pferd und der Esel im Zweigespann zusammen passen, dann werden der Weiße nnd der afrikanische Schwarze unter derselben Regierung zusammeu ziehcu. Der große Irrthum, dasjenige gleichzustellen, was uuglrich ist, hat den Charakter des Negers erniedrigt und den Schwarzen zu einem Gegenstand der Cchmach geinacht. Der Neger. 251 Wie ist der Afrikaner in seiner wilden Heimath? Allerdings schlecht; aber nicht so schlecht, wie weiße Menschen (glaube ich) unter ähnlichen Verhältnissen sein würden. O''ö wirken auf ihn die bösen Leidenschaften, die der menschlichen Natnr anhaften ; aber es giebt bei ihm kein übertriebenes Laster, wie man es in civilisirten Mündern findet. Der Starke nimmt vom Schwachen, ein Stamm bekämpft den andern —, machen wir es in Europa etwa nicht ebenso? Dies sind die gesetzlichen Thaten unabhängiger Stämme, die von ihren Häuptlingen autorisirt werden. Sie machen gegenseitig einander zu Sclaven — wie lange ist es denn her, seit Amerika und wir selbst aufgehört haben, Sclaven zu halten? Er ist gefühllos und undankbar — giebt es in Europa keine Undankbarkeit? Er ist >,wii Natur hinterlistig und ein Lügner — ist in Europa Alles Wahrheit und Aufrichtigkeit? Warum soll der Schwarze dem Weißen nicht gleich sein? Er ist an Körperbau ebeu so kräftig, warum soll er nicht an Geist eben so hoch stehen? In der Kindheit, glaube ich, ist der Neger dem weißen Kinde von gleichem Alter an Schärfe des Verstandes voraus, aber der Geist erweitert sich nicht — er verspricht Früchte, bringt sie aber nicht zur Reife, uud der Neger als Manu ist an Körper gewachsen, aber an Verstand nicht vorwärts gekommen. Ein junger Hund von drei Monaten übertrifft au Ver-staud ein Kind vou demselben Alter; aber der Geist des Kindes erweitert sich, während der des Hundes an seiner Grenze angelangt ist. Das Innge des gewöhnlichen Huhns hat in dem Augenblick, wo es das Ei verläßt, Kraft und Instinct genug, um zu laufen und Nahrung zu suchcu, während das Junge des Adlers hülflos in seinem Neste liegt; aber der iunge Adler überholt im ^aufe der Zeit das Hühnchen, Die Erde stellt ein wunderbares Beispiel der Mannichfaltigkcit in allen Klassen des Menschengeschlechts, des Thier- und Pflanzenreichs dar. Men- 2k>2 Der Neger. schen, Thiere und Pflanzen, die zu verschiedenen Klassen gehören, zeigen besondere Eigenschaften nnd Eigenthümlichkeiten. Das Dasein vieler Hnndert Spielarten von Hnnden kann der Thatsache nicht widerstreiten, daß sie zn einer einzigen (battling gehören. Der Windhnnd, Mops, Blnthund, Hnhnerhnnd, Pudel, die Dogge nnd der Dachs sind in ihren besonderen In-stincten eben so gänzlich verschieden wie -die Spielarten des Menschengeschlechts. Die verschiedenen Früchte nnd Vlnmen sehen das Vcispiel fort- die wilden Weintrauben des Waldes sind Weintranben; aber obgleich sie zn derselben Klasse gehören, so sind sie doch von dein süßen „Muskateller" verschieden, und die wilde Hundsrose der Hecke, obgleich sie zu derselben Klasse zählt, steht der Moosrose des Gartens nach. Von den Früchten nnd Blnmen können wir nns znm In-sectenleben wenden und die von Varietäten derselben Art wimmelnde ^nft, die Tansendc von Schmetterlingen nnd Käfern, die vielen, an Instincten und Eigenthümlichkeiten sich von einander unterscheidenden Mitglieder jeder Klasse beobachten. Fische und sogar Schalthierc zeigen alle dieselbe Einrichtung, — daß jede Gnippe in Spielarten eingetheilt ist, die sämmtlich von einander verschieden sind, und deren jede sich durch irgend einen besondern Vorzng oder Mangel auszeichnet. In dem großen System der Schöpfnng, das Geschlechter in Abtheilungen nnd Unterabtheilnngen spaltete nach geheimnißvollen Gesetzen, die einer jeden besondere Eigenschaften zncrtheil-ten, zeigen die Spielarten des Menschengeschlechts gewisse Eha-raktcre nnd Anlagen, welche sie für besondere Oertlichteiten geeignet machen. Der natürliche Charakter dieser Naeen wird sich bei einem Wechsel des Ortes nicht andern, sondern die Naturtriebe jeder Nace werden sich in jedem Vande entwickeln, wohin sie auch versetzt werden mag. So werden die Engländer in Australien, Indien und Amerika ebenso Engländer seiy, wie Der Neger. 253 sie es in England find, und an jedem Orte zeigen sie den Gc-wcrbsteiß und die Thatkraft ihres Vaterlandes; ebenso wird der Afrikaner in allen seinen angeborenen Naturtrieben ein Neger bleiben, wenn man ihn anch anf andern Boden verpflanzt, nnd da diese angeborenen Naturtriebe in der Viebe zn Trägheit und Wildheit bestehen, so wird er sicherlich in einen trägen nnd wilden Zustand zurückfallen, wenn man ihn nicht auf besondere Art regiert und zum Fleiße zwingt. Die Geschichte des Negers hat die Nichtigfeit dieser Ansicht bewiesen. Wenn er einmal von Zwang befreit war, so hat er in' keinem Falle etwas Anderes als Rückschritt bewiesen. Wie ein Pferd ohne Geschirr, verwildert er; ist er aber angeschirrt, so giebt es kein nützlicheres Thier. Dies widerspricht leider der öffentlichen Meinung in England, wo die Stimme des Volts sich das Nccht anmaßt, Vorschriften über Dinge und Menschen zu machen, die es gar nicht kennt. Die Engländer bestehen darauf, ihre eigenen Gewichte und Maße als Maßstäbe für Menschenwürde anzulegen, und die mit dein Neger persönlich unbekannte Menge hat dccretirt, daß derselbe ein schlecht behandelter Bruder gewesen, daß er ein würdiges Mitglied der menschlichen Familie sei, welches dnrch das Vorurtheil und die Unwissenheit des Weißen, mit dem er auf gleicher Stufe ftrhe, in eine tiefere Stellnng gebracht worden sei. Der Neger ist ganz und gar mißverstanden wordm nnd wird es noch. So streng wir auch das entsetzliche System der Sclaverei verdammen möge.n, die Ergebnisse der Emancipation haben bewiesen, daß der Neger den Segen der Freiheit uicht schätzt und nicht das geringste Gefühl der Dankbarkeit gegen die Hand zeigt, welche die Niete seiner Fesseln sprengte. Sein enges Herz kann jenes Gefühl reiner Menschenliebe, das England zuerst antrieb, sich gegen die Sclaverci zu erklären, nicht fassen, und er belrachlct die gegen die Sclavcrei gerichtete Be- 254 Der M'ger. wegung nur als einen Vewcis seiner eigenen Wichtigkeit. In seinem beschränkten (Gesichtskreis ist er selbst der wichtige Gegenstand, und in ,volge seines Eigendünkels bildet er sich ein, daß die ganze Welt des schwartn Menschen wegen im Streit liege. Da nun der Neger der wichtige Streitpunkt ist, so mich er eine wichtige Person sein nnd beträgt sich demgemäß — er ist ein viel zu großer Mann, als daß cr arbeiten sollte. In diesem Pnnkte zeigt sich sein natürlicher Charakter auf höchst entschiedene Weise. Er widersetzt sich daher jedem Versuch, ihn einzuschränken; sowie er frei ist, ist sein erster Drang, (Gleichheit mit denen ;u fordern, welchen er kürzlich noch diente, und sich eine Würde mit albernen Ansprüchen anzumaßen, die unvermeidlich den Ekel uor dem Gemeinwesen der Weißen herbeiführen mnß. Ist auf diese Art Abneigung entstanden, so begründet sich zwischen den beiden Naccn Haß und Eifersucht, verbunden mit den Irrthümern, die nnter solchen Verhällnisseu anf beiden Seiten erwachsen müssen. — Es bleibt noch die letzte Frage übrig: Wcnum wurde der Neger in unsere Coloniecn— nnd zwar nach Amerika — zuerst eingeführt? Die Sonne ist der große Schiedsrichter zwischen dem weißen und schwarzen Menschen. Eivilisirtc Bänder haben Pro-ducte nöthig, die nur in tropischen Mimaten gebaut werden können, wo der weiße Mensch nicht leben kann, wenn cr der Sonne ausgesetzt arbeiten soll. Da nun solche fruchtbare ^äu-der wie Wcstindieu und Theile Amerikas eine eiugeborene Bevölkerung nicht hatten, so wurde der Neger ursprünglich als Sclave eingeführt, um die Bedingungen eines Arbeiters ^n erfüllen. In seinem Vaterlande war er ein roher- Wilder und machte seinen Mitmenschen zum Sclaven; er wurde daher ein Opfer seines eigenen Systems, des Institute, der Sclaverei, das auf dem Boden Afrikas einheimisch, und das dem Afrikaner nicht, wie man allgemein behauptet, vo» dem wei- Neger als Eclauenjäger. 255 ßen Manne gelehrt worden ist, sondern das von jeher das besondere Kennzeichen afrikanischer Etamine war. Zm Zustande der Sclavcrei wurde der Neger zur Arbeit gezwungen, und durch seine Thätigkeit gedieh jedes Vand, wo man ihn eingeführt hatte. Plötzlich wnrde er freigelassen; von diesem Augenblicke an weigerte er sich zu arbeiten, nnd anstatt ein nützliches Mitglied der Gesellschaft zu sein, wnrde er nicht nur für den Staat eine unnütze Last, sondern anch ein Verschwörer nnd Ränkeschmieder, mit unversöhnlichem Haß gegen den Weißen erfüllt, der so großmüthig war, ihn für frei zu erklären. Da nun der Neger ursprünglich als Arbeiter eingeführt wurde, jetzt aber sich weigert zu arbeiten, so lenchtet von selbst ein, daft er ein beklagenswerther Mangel ist. Er muß entweder durch ein strenges Gesetz gegen Landstreicherei zur Arbeit gezwungen werden, oder jene schönen Bänder, die bei des Negers erzwungenem gleiße gediehen, müssen sich gefallen lassen, nntcr des Negers Freiheit nnd träger Unabhängigkeit zn Grnnde zu gehen. Ein Beispiel dessen, was daraus folgt, kann man an St. Domingo sehen. Unter besonderer Leitung, und einein gewissen Zwang nnter-worsen, kann der Neger ein wichtiges und höchst nützliches Wesen sein; wird er aber wie ein Engländer behandelt, so wird er die Laster, aber keine der Tugenden der Civilisation annehmen, und seine angeborenen gntcn Eigenschaften werden bei seinen Versuchen, ein „weißer Mann" zu werden, verloren gehen. „Um wieber auf unferc schwarten Hammel zn kommen!" Es war ergötzlich, anf die Veränderung zu achten, die in einem Sclaven vorgegangen, welcher von den Sclavenhändlern civi-lisirt (?) worden war. Unter ihren Gesellschaften gab es viele Schwarze, die gefangen worden wäret» und die an dem Scla-veiljagdleben Vergnügen fanden — nichts schien so leicht, als sich 256 Ibrahnnawa, od« Sinbad der Matrose. in Pichrazzias und ill's Stehlen menschlicher Wesen als Gewerbe einkleben, und die erste Handlung eines Sclaven war, für sich selbst einen Sclaven zu schaffen! Gerade die besten Sclavenjäger nnd die kühnsten und energischsten Schurken waren die Neger, die einst selbst gestohlen wurden. Diese Menschen äfften cme große nnd lächerliche Wichtigkeit nach. Auf dem Marsche ließen sie sich selten so weit herab, ihre eigenen Gewehre zu tragen; eiu kleiner Sclavenknab'e folgte stets seinem Herrn, indem er dicht hinler ihm blieb nnd während eines langen Marsches zu cN N'Ycmza. l. 17 258 MatkarikaMenschcnfrcM. fleisch besäßen. Sie begleiteten die Handelsgesellschaft auf ihren Naz^ias und aßeu stets die Vcichcu der ^rschlageneu. Die Händler Nagten, daft sie schlechte Verbündete wären, da sie darauf beständeü, die linder, welche die Gesellschaft als Sclaven ;u erhalten wüuschtr, zu todten nnd ;n essen. Sie pflegten ein Kind'an den Knöcheln zu fassen nnd den Kopf auf die ^rde zu schlagen. War es anf diese Art getötet, so öffneten sie den Unterleib, zogen den Magen nnd die (Eingeweide heraus, ban den die beiden Knöchel an den Halü, tvugeu den Leichnam so, daß sie ihn über die Schulter hingen, nnd kehrten damit zum Vager zurück, wo sie ihn in vier stücke zerlegten nnd in einein großen Topf fochten. O'in anderer Mann, der bei miv selbst im Dienste stand, hatte in ^oudokoro eine entsetzliche Handlung der Menschenfresserei mit angesehen. Die Händler waren mit ^'lfeubem, nebst einer großen Anzahl Sclaven, von Westen angekommen. Die Träger, welche das Elfenbein brachten, waren Makkarikas. (>'ines der Scla vcumädchen versuchte ^i entrinnen; ihr Eigenthümer feuerte sofort mit seiner Mn^kete nach ihr, lind sie fiel verwundet nieder-, die Kugel hatte sie in die Seite getroffen. Das Mädchen war sehr fett, und au5 der Wunde drang eiue große Masse gelben fettes heraus. Sie war tanm gefallen, als dir Matt'arit'ns sich haufenweise auf fie stürzte», fich des Fettes bemächtigten nnd es händevoll aus der Wunde rissen; das Mädcheu lebte noch, während der Haufe sich um den ekelhaften Preis zankte. Andere tödteten sie mit einer Vauze uud zertheilten sie sogleich, indem sie den Kopf abhieben und den ^eib mit ihren Vanzen spalteten, die sie als Messer benutzten, woix-i sie zwischen den Vei-nen anfingen uud denselben längo dein Nückgrat bis zum Hals zerschnitten. Viele Sclavmueu uud ihre Kiuder, welche diese Scene mit' ansahen, eilten, von panischem Schrecken ergriffen, von der Stelle Meine täglichen Geschäfte. I^g hinweg und nahmen ihre Znflncht anf die Bäume. Als die Makkarikns sic anf der flucht sahen, wnrden sie gereizt, Jagd ans dieselben zn machen. Sie rissen die Kinder von ihrer Zufluchtsstätte zwischen den Acsten hinweg, tödtetcn mehrere, und in knr^er ,^'it ivar für die gan^' (Gesellschaft ein großes (Gastmahl bereitet. Mein Mann Mahommrd, der Angcn^cuge war, behauptete, er habe drei Tage lang sein Mittagsmahl nicht essen können, so groß sei sein ^kel y^r diesem entsetzlichen Schmaus gewesen. Obgleich mein ^ager von demjenigen Ibrahim's gan^ getrennt wav, so ivnrde ich doch von seinen beuten furchtbar belästigt. Da sie wnßten, daß ich mit vielen (Gegenständen, die sie brauchten, gut versehen war, so lagen sie täglich von früh bis Abends in meinem Zelte lind bettelten, verweigern hieß sie beleidigen, und da die Möglichkeit des Erfolgs meiner ^or-schnngsreise leider davon abhing, daß ich die Händler nicht verletzte, so mußte ich eine kalte Höflichkeit beobachten nnd dnrfte ihnen nichts abschlagen. (°>'s verging kanm ein Tag, ohne daß mir zerbrochene (bewehre ;nm Repariren gebracht wnrden, und da ich anßerdem, daß ich die erforderlichen Werkzeuge besaß, als BüchsenmaclKr eine nicht beneidenswerthe Berühmtheit erlangt hatte, so kam ich in der 'That nicht .^nr Ruhe nnd wnrde fast immer bei der Arbeit erhalten. (Mrs Tages nmrde Ibrahim von einem gefährlichen Fieber ergriffen, und man glaubte, daß er sterben werde. Da wandte man sich wieder an mich, nnd da ich sah, daß er sich in einem Zustande vnrtialen .^nsammenfallens befand, begleitet von den beunruhigenden Symptomen eines Mangels an Thätigkeit des Herzens, der in diesem Stadium der Krankheit so oft tödtlich wird, so gab ich ihm ein sehr starkes Reizmittel, stellte ihn wieder her uud gewann dadurch einen Ruhm 'als Arzt, der, wenn anch nützlich, doch äuß'erst belästigend war, weil mein .^elt täg 360 Händel mit den Latukas. lich gedrängt voll von Patienten lag, die sämmtlich wunder-thätigc Heilungen für die unheilbarsten Krankheiten erwarteten. Auf diese 'Art geiuann ich einen ssewissen Eiilfluß auf die Leute, niar aber beständig dem ^rdruß und Aerger ausgesetzt, welcher dnrch das Betragen ihrer (Gesellschaft gegcl» die Latutas verursacht wurde. Die letzteren beilahmen sich äußerst unverständig; sie waren sehr unabhängig und bereit, auf den un-bedeutendsten Vorwand hin Anstoß ;u nehmen; die Türken dagegen, die jetzt 140 Mann start mären, hatten keine furcht, und es schien höchst wahrscheinlich, daß es zu Feindseligkeiten kommen werde. Ich war beschäftigt, Hütten ;u bauen uud mein Vager ;u befestigen, und obgleich ich hohe» Vohn bot, so konnte ich doch die Eingeborenen nicht da^u bringen, ordentlich zu arbeiten. Cic machtet« stets zur Bedingung, daß sie ihre Perlen erhalten müßten, ehe sie anfingen ;u arbeiten, uud wein« dies geschah, so liefen sie, weuige ausgenommen, mit il,rem vorausbezahlten Lohne heimlich davon. Eines Tages machte es ein Eingeborener mit den Türken ebenso; er wnrde daher eingefangen und unbarmherzig geschlagen. Eine halbe Stunde später schlxg die Nogara, und von entfernten Trommeln ans den benachbarten Dorfe»! her wurde geantwortet. In etwa einer Stunde sammelten sich mehrere Tausende bewaffnete mit Schilden eine halbe Meile vom Vager der Türken, nm die Schmach ;n rächen, die einein ihrer Stam-mcsgenosscü war ^ngefügt worden. Indeß, die Trommel der 'Türken ging; ihre gan^c Macht marschirte nnter Waffen außerhalb der Zariba zu ihrer flagge auf und bot eutschloffeu die Stirn. Die folgende Stelle theile ich auo meinem Tagebuch mit. „Diese Türken sind angenehme Nachbaru; sie werden einen Aufruhr verursachen, und ich werde in deufelbeu zur Selbstvertheidigung hineingezogen werden, da die Eingeborenen bei einem Scharmühel keinen Unterschied machen werden, obgleich Vrrhnndkmst mit Commoro und Moy. Ißi sie in Friedcuszeiten zwischen nur mid den Türken günstige Vergleiche pichen. Kein Eingeborener kam heute, um an den Hütten zu arbeitt»!; ich schickte deshalb nach den beiden Häuptlingen, Commoro und Moy, und hatte ein langes Gespräch mit ihnen. Sie sagte», „von so gemeinen Kerlen, wie die Veute der Handler wären, ließe sich kein Vatnla schlagen; ich sei ein großer Häuptling, und wenn ich sie zu schlagen beliebte, so würden sie sich's gefallen lassen." Ich gab ihnen den Rath, sich ruhig zn verhalten und nicht über Kleinigkeiten Händel anzufangen, da, falls ein Kampf ausbräche, die Türken sicherlich das Vano verwüsten würden. „Ungleich sagte ich ihnen, daß sie mich nicht anständig behandelten; in feiten der Verlegenheit kämen sie zu mir, damit ich den Vermittler mache, aber obgleich sie wüßten, daß ich immer Alles gut bemahlte, so gäben sie mir doch keine Vebcnsmillel, und ich sei genöthigt, zu meiner täglichen Nahrung Wild zu schießen, obgleich sie solche ungeheure Viehheerdcn besäßen; auch könnte ich weder Materialien noch Arbeitölente bekommen, um mein Vager zu vollenden. Die Unterredung endete mit einer Verständigung, daß sie mir Alles liefern nnd dem beabsichtigten Kampfe Einhalt thun wollten. Am Abend wnrde eine Hiege gebracht, nnd eine Anzahl Manner erschienen mit Gras nnd Holz, um es zum Hüttenbau zn verkaufen." Am folgenden Tage giugen einige meiner Veute in ein benachbartes Dorf, nm Getreide einzukaufen; aber die l>ingcbore-nen beleidigten sie und verweigerten den Verkauf, indem sie sagten, „wir sollten Hnngers sterben, da Niemand nns etwas geben noch verkaufen werde." Dieses Betragen iimß Feindseligkeiten herbeiführen, denn die Türken sind zu mächtig, um sich beleidigen zn lassen. Mir ist ziemlich bange, daß irgend eine Expedition die Abreise der ganzen türkischen Gesellschaft veranlassen könne, wo dann die Valutas die (Gelegenheit ergreifen werden, 262 Die Latukas bemächtigen sich eines Gewehrs. meine Unschuldigen zu überfallen. Die letzteren sind jetzt an meine strengen Gesetze: ,,^u sollst leine Sclaven nehmen, noch Vieh, noch einen ^chuß thun, außer zur Selbstvcrtheidiguug/' so vollständig gewöhnt, daß sie sich in das unedle Voos crgebeu haben, ans die Esel Acht zu, geben und das Vager zu bewachen. Valuta war in einem schr unruhigen Zustande, und die Aufregung des Voltes war täglich im Wachsen. Zwei von meiner Mannschaft gingen in die Stadt, um Gras zu laufen, wurdeu ohne alle Herausforderuug von den Eingeborenen umringt und dem eiuen das Gewehr cniris^n' dcr andrre zog sich nach einer Balgerei, iu welcher er scincn Vadrstock verlor, eilig zurück. Es sammelten sich sofort eine Anzahl Soldaten; ich schickte zum Häuptling und verlangte die Herausgabe des Gewehrs, welches noch an jenem Abend ylrückgebracht wurde. Ich tonnte buchstäblich nichts bekommen ohue den größten Verdruß und Acrgrr. Meine Mannschaft hatte dnrch ihre Meuterei und Desertion iu Gondotoro eine wohlbewasfnele Erpedition auf einen bloßen Nest herabgebracht, der hinsichtlich der Möglichkeit, dnrch das Vand vorzurücken, von der Gesellschaft einer Mnberbande ab-hinss. Anstatt, wie ich mich eingerichtet haltt', an der Spitze von fünfundvierzig wohlbcwnffneten Männern zu rciseu, hatte ich erbärmliche fünfzehn feige Hundsfotter, die zu thnu hatten, die Packthiere zu treibeu, i>n '^all eilics Angriffs UlNcrweg^ also hülflos waren. Ich nahm mir daher vor, in Valuta cm Depot zu errichten lind mit nnr zwölf Eseln und dem leichtesten Gepäck zu reisen. Es war eine unaufhörliche Prüfung des Gemüths und verletzten Stolzes. Die Expedition aufzugeben, war leicht, aber das Geliugeu schieu ;u dieser Zeit hosfnnngslos, und ein Erfolg licß sich nnr dnrch die größte Geduld, Veharrlichteit, den behutsamsten Tact und die sorgfältigste Behandlung aller Parleim erreichen. Eo war höchst ärgerlich, dieser Gesellschaft Hoffnung, nach Süden vorzurücken. 2t)^ von Händlern nachlaufen zu müssen, die mich der (^escheule halber duldeten, aber in ihren Herben mich haßteil. Eiiles )iachinittags kämm plötzlich einige Eingeborene aus einem Vande, ^camens ^bbo, mil beschenken von ihrein Hällpt-ling für die Gurten lind alich für mich an. Ibrahim erhielt mehrere Stoßzähne, während ich eine eiserne Hacke sMolote) empfing da die Nachricht, „daß in Valuta ein weißer Mann sei, der weder Sclaven noch Elfenbein branche," sich bereits bis zn jenem Vande verbreitet hatte. Die Eingeborenen erwählten, daß in ihrem Vande ein,,' Menge (Elfenbein vorhanden sei, nnd da das ^olk, wie man sagte, änßerst freundschaftlich gesinnt n,ar, so entschloß sich Ibrahim, einige Mann zu nehmen nnd dasselbe zu besuchen. Ich bat den Anführer, die ^age von Obbo genau zu bezeichnen, und fand, daß dieselbe sndwesllich war. Das war gerade die ^iichlnng, die ich einzuschlagen gewünscht hatte; es bot sich also eine unerwartete Gelegenheit dar, und ich beschloß, ohne Verzug aufzubrechen. Am 2. Mai 1863 um !) Uhr vormittags verließen wir Valuta, erfrcnt, daß der Schanplay der Unthätigkeit sich änderte. Ich ließ fünf Mann znr Beaufsichtigung meines Vagers und meiner dachen zurück, bat den Häuptling Commoro, für, ihre Sicherheit ;u sorgen, uuo sagte ihm, daß ich ohne ssurcht Alles seiner Obhut anvertraute. Wilde werden ^ie seltru täuschen, wenu Sie sich in solcher Weise an ihr Ehrgefühl wendrn, und dieser glückliche Umstand ist einer der hellen Strahlen in ihrer Finsterniß nnd ein beweis vou dem anomalen Charakter des Afrikaners. Ungefähr achtzehn Meilen weit ging der Marsch quer über das partähnliche Thal von ^atuta, worauf wir den ,^uß der Bergkette erreichten. Hier gab es leinen andern Weg als die Bahn der Eingeborenen, welche über eine Reihe niedriger <^ra-nitfelsen führte, die einen Rücken von etwa vierhundert ^uß Hohe bildeten. Nur mit der größten Schwierigteil tonnten die 204 Reise nach Obbo. beladenen Esel über die zahlreichen l^vanitblöcke hinweggehoben werden, die eine uuregeltnäßige Flucht Stllfeu darstellten, wie der Aufgang an der großen Pyramide; indem sie jedoch an den Ohren gebogen nnd hinten geschoben wnrden, erreichten alle glücklich die Spitze, einen einten an^genoinmen; wir lichen ihn auf dem Gebirgspaß stehen. Jetzt waren wir im Herben der Berge; vor nns lag ein schönes, gut mit B^ald bestandenes nnd gegen scchö Meilen breites Thal, welches das Becken des Flusses KanMi bildete, den nur früher bei Watkala, zwischen Gllyria lind Vatnka, überschritten hatten. Bei einer reißenden Strömung durch den Fluß wateud, kamen wir mit Mühe über denselben hinüber, wobei die Gsel alle ihre Lasten durchnäßten. Dies hatte nicht viel ;n bedeuten, da uns plötzlich ein heftiges Gewitter überfiel und Jeden ebenso durch und durch einweichte wie die Pncketc der Gscl. Einige wilde Pisangbäume boten Blätter dar, die wir nns bemühten als Schirme zu benutzen, aber die Regentropfen waren für einen so schwachen Schuh viel zu schwer. Eine Meile vom Flnssc entschlossen wir u»5, ^i bivouakiren, da der Abend herangekommen und bei solchem Better an.ein Weiterreisen nicht zu denken war. Das Iclt hatte ich in Latul'a gelassen, und es konnte daher nichts helfeu, wir mußten, mit unserer ^age Alfrieden, auf etwa einem Acker reinen Felsenplateaus ruhen, auf welchem wir ein ungeheures Feuer anzündeten nnd schauernd um die Flamme herumkrochen. Gras für die Thiere wurde nicht gemüht, weil die Mannschaft ;n beschäftigt gewesen war, hinläng^ liches Brennholz zn sammeln, um die gan^e Nacht hindnrch zu reichen. Ginige Hühner, die wir von Valuta mitgebracht hatten, waren lwm Negen ertränkt worden; meine iimhamedanischen Begleiter weigerten sich daher, sie ;u essen, weil ihnen die tteblen nicht waren abgeschnitten worden. Da wir nicht so gewissenhaft Wir treten in die Gel'iM ein. Ißl) waren »ild in dem kalten Negen crstannlichcu Hnnger bekommen hatten, so verwandelten Frau Baker und ich dieselben in Gedämpftes und suchten dann, naß nnd elend, bis zum folgenden Morgen Zuflucht nnter nnseren ungegerbteu Ochsenhäutcn. Obgleich eine Qchsrnhant nicht wasserdicht ist, so hält sie doch eine bedeutende Nässe ab; wenn sie aber dnrch lind durch mit Wasser gesättigt ist, so wird sie ungefähr eben so behaglich wie )edes andere nasse Leder, wozn dann noch der Reiz eines höchst unangenehmen Geruches nach rohem Fleisch kommt, der die Hyänen sehr anlockt. Die Nacht war finster, nnd mehrere der Leute verloren dabei ihre ledernen Reisetaschen, die sie auf dem Felsen halten liegen lassen. Um Uhr Ä) Ätinuteu Nachmittags machten wir Halt an den Ufern eines kleinen fließenden Wassers, eines Nebcnflnsses des Kan'^tistroms. Die Nacht war schön; wir schliefen daher gut, und am nächsten Morgen nm l» Uhr begannen wir den lieb^ lichsten Marsch, den ich ie in Afrika gemacht habe. Uns gerade durch den Busen der Berge windend, die bis zu den kahlen Grauitspitzcn, welche sich über alle Vegetation empor thnrmartig bis zur Höhe von ungefähr W00 ssuß erhoben, gut mit Wald bedeckt waren, ^ogen wir dnrch enge Thäler dahin, die uon schroffen, ll>M bis Ml>0 Fuft Hohen Vorsprüngen der Verge begrenzt wurden. Auf der Spitze eines jeden stand ein Dorf. Diese uneinnehmbare Lage wurde offenbar der Sicherheit halber gewählt. Endlich mnßlc die große Vergbesteignng ausgeführt werdeu; zwei Stunden lang arbeiteten wir uns mühsam eineu steilen Hickzackpaß hinanf. Dic Luft war änßerst stärkend; schöne wildwachsende Blumen, von denen manche einen starken Geruch verbreiteten, schmückten den Weg, nnd unzählige wilde Weinreben hingen in Vlüthengewindcn von Banm zn Baum. Wir befanden uns jetzt in einer hochgelegenen Landschaft auf der Bergkette, welche die uiedvigereu Läuder Latukas vou den Hochlanden Obbos trennt. Wir kamen auf dem höchsten Pnutte des Passes ungefähr 25M Fnß über dem Lawkathale an. Hu den nüldwachsendcn Blumen gesellten sich zahlreiche Früchte, die alle gut wareu, — besonders eine Spielart der ^laschenbaum-frucht und eine höchst wohlschmeckende gelbe Pflaume. Der wilde Wein hing ill vielversprechenden Tranben, war aber noch Ankunft in Ol'bo. 267 unreif. Die Landschaft war sehr schön; nach Osten und Südosten erhoben sich hohe Gebirgsmassen, während nach Ersten und Süden sich ungeheure Strecken parkähnlichen Bandes von lebhaftem l^rün hinzogen. In dieser hohen Region war die I.ahreszeit viel weiter vorgerückt al5 in Valuta; — das war die Bergkette, nnf welcher, wie ich früher beobachtet, die Gewitter sich zusammengezogen hatten; hier war die Regenzeit Monate lang in voller Thätigkeit gewesen, während in Latuka Alles versengt war. Das Gras anf der Westseite des Passes war volle sechs Fuß hoch. Obgleich das Hinaufsteigen gegen zwei Stunden in Anspruch genommen hatte, so war doch das Hinabsteigen anf der Westseite eine reine Spielerei und wurde in nn-gefähr fünfzehn Minuten ausgeführt — wir befanden uns anf einem Hochplateau, welches die Wasserscheide zwischen Osten und Westen bildete. Nach einem Marsche von zwölf Meilen vorn höchsten Pnnkte des Passes ans kamen wir in del» Hauptdorfe Obbos an. Der Regen fiel in Strömen, und wir krochen, bis auf die Hallt eingeweicht, iu eine schmuhigc Hütte. Dieses Dorf lag vierzig Meilen südwestlich von Tarraugoll6, meinem Hauptquartier in Latuka. Die Eingeborenen von Obbo find in Sprache und äußerem Ansehen von den ^alukas ganz verschieden. Sie sind völlig nackt, außer wenn sie in den Krieg gehen, wo sie sich dann in Streifen von roilier und gelber ^arbe bemalen; ihre gewöhnliche Bedeckung aber ist das Fell einer Antilope oder Ziege, das wie ein Mantel über die Schultern geworfen wird. Sie haben eine gute Gcsichtsbildung und eine besonders schön gestaltete Nase. Der Kopfpntz der Obbo ist anßeroroentlich nett; das wollige Haar wird mit .^wirn geflochten lind in eine platte Gestalt verarbeitet gleich einem Biberschwanz, dann „lit einer einen Kante von roher Haut besetzt, damit es die Fa«.on be- 268 (5insil'l'orl'i,e vc»l 5)blw, hält. Dies erfordert, wie der Kopfpiltz der Latukas, zu seiner Bollendung viele Jahre. Bon Obbo aus nach Südostcu ist Alles gebirgig; die hoch-sten Punkte der Kette steigen bis zu einer Hohe von vier- bis fünftausend ,^uß über dein allgemeinen Niveau des Landes empor. Nach Süden hin erhebt sich das ^aud deutlich, obwohl es dort keine wirklichen Berge, sondern nur einige freistehende Hügel giebt. Der ganze Wasserabfluß geht nach Westen und Kopfputz dcr Obbo (!) mid Schoko (2). Nordwesten; in dieser Richtung findet eine sehr merkliche Neigung statt. Die Pflanzenwelt von Obbo lind der ganzen Westseite der Bergkette ist von derjenigen auf der Ostscite verschieden; der Boden ist außerordentlich fett nno bringt eine Masse Niesenschwadeu (t)m»«a ^M8«) hervor 7 mit welchem die Ebenen bedeckt sind. Dies Vaud erzeugt neun Spielarten der Yamswurzel, von denen viele wild in den Wäldern wachsen, Vs giebt dort eine ganz besondere Art derselben, welche die Eingeborenen „(sollolollo" nennen, und die ich in anderen Vändrrn nicht angetroffen hatte. Diese Spielart erzeugt mehrere Knollen an der Wurzel und auch auf dein Stengel; sie breitet sich nicht auf der Erde, ans, wie die meisten Neben, welche die Mms charakterisiren, sondern klettert an den Bäumeu oder an irgend Vutternüsse und Vaumfrüchte. I(i9 einem (Gegenstände hinauf, der ihre N'anken etwa verlockt. Aus jeder Knospe auf dem Stengel eutfteht ein etwas niereuforiiiiger Knollen; dieser wird iminer größer, bis er, wenn er reif ist, die durchschnittliche Große einer Kartoffel erreicht. Die Pflanze ist so fruchtbar, daß ein einziger Stock gegen 1l)l> Knollen hervorbringt. Sie sind mit einer feinen Haut von grünlich brauner Farbe bedeckt nno an Geschmack fast einer Kartoffel gleich, aber etwas wachsartig. Ferner giebt es dort viele gntc wildwachsende Banmfrüchte, darunter eine, die einer Walnuß in ihrer grünen Schale sehr ähnlich ist. Das fleisch der letzteren hat rillen anßerordeittlich feinen Geschmack, nno die darin befindliche Nuß gleicht an l^röße und schöner Mahagonifarbe genau einer Roßkastanie. Diese Nuß wird geröstet, und wenn man sie zerrieben und gekocht hat, von der Oberfläche des Wassers eine Art Fett oder Bntter abgeschänmt; letztere, wird von den Eingeborenen hoch geschätzt und zum Einreibcn ihres Körpers benutzt; mall betrachtet sie für die Haut als das beste aller Fette; auch wird sie gegessen. Unter die besten wildwachsenden Vanmfrüchte gehört eine, die den Nosinrn gleicht. Sie wächst in Trauben auf einem großen ^anme, Ferner eine hellgelbe Frucht, so groß wie eine MuItatellertranbe, und mehrere Arten von Pflaumen. ,In Valuta werden keine derselben gebaut. Auch Erdnüsse kommen in den Wäldern in Masse vor; sie sind aber nicht so wie die wohlbekannte afrikanifche Erdnuß der Westküste, soudern in einer außerordentlich harten Schale enthalten, Eine schöne Qualität Flachs wächst wild, aber das von den Eingeborenen in der Regel benutzte Garn wird aus der Faser einer Aloö-Art gemacht. Der Tabak erreicht eine außerordentliche Größe und wird ähnlich wie der des Ellyriastamms zubereitet. Wenn er reif ist, werden die Blätter in einem Mörser zerstoßen und in einen Brei verwandelt; dann wird die Masse in eine tcgelartigc 270 Tüpfl.'r;c'Uss und Küch^ngeschirr. ,v0lüi von Hol^ gebrac!,t und gepreßt. In dieser ^orm bleibt sie, bis sie trocken ist, wo sie die (Gestalt eines ^nckerhlites darstellt und vollkommen hart ist. Der Tabak des O'lluriastanlmes wird ;u Käsen geformt und häufig mit Kuhmist verfälscht. Bis 5»! meiner Allllinft in ^bbo hatte ich nie geraucht; da ich aber sehr am ^icber lilt und das ^and außerordentlich feucht war, so fing ich mit Odbopseifen llnd -Tabak ail. Jeder Stamm hat ein anderes Modell der Pfeife. Die der Bari haben weite trompetenförmige Spitzelt; die der Vatutas fiild lanq uud ei,q; die der ^bbo tleiuer uud am iiettesteil. ^hr qau,;es 3öpfer^euss ist schlecht gebrannt >md, »oexii es naß wird, sehr zerbrechlich. Die Wasserlrüge haben eine gute (Gestalt, obgleich die Töpferscheibe völlig unbetaunt ist und die .Nreisform gan^ mit der Hand hergestellt wird. Die Töpfer-waaren beschrältteu sich bei allen Stämmen des weisen Nil auf die 5abat'spfeife uud den Wasserkrug; alles andere ("eschirr wird entweder aus Holz oder aus Kürbistschalen verfertigt. Durch Peobachtuug bestimmte ich die geographische Breite meines Lagers in Obbo auf 4" 02^ nördlich, die ^änge anf ,'^" ^l/ östlich, nnd die allgemeine Erhebung des ^andey auf tvaft allein den selben ^u nberivillde» vermag. Antilopen giebt e5 weiuge, iveil diese Thiere die l^'rasdschnngel nicht lieben, in welchen sie leinen Schnlz gegen den ^öwen oder den Veoparden haben, da solche 3üinbtl,iere sich ihnen uäheru tonnen, ohnc gesehen zu werden, Zm Monat Januar ist das s^ras dürr genug, um zu brenueu, aber selbst in dieser Zeit wächst eine Menge frisches, grüneo l^ras zwischen den verwelkten Stengeln; das Anzünden der Prairien reinigt daher das Land nicht ganz, sondern das ^ener verkehrt nur den dürren ^toff und läßt einen 5rnmmcrl)anfen verkohlter Kräuter zurück, die dnrch den ^rand so ^ähe geworden sind, daß es gau^ unmöglich ist hindurch^nreilen, ol,ne voil den Cchieubeineu und Schultern des Pferdes die Haut abzuschneideu. Im l^an^eu ist e5 ein höchst uninteressantes Laitd, da man nicht im Stande ist, dasselbe zn dnrchreisen, anßer ans den schmalen Fußwegen, die uon den Eingeborenen gemacht worden sind. Der Hänptling von Obbo kam uns mit mehreren seiner höchstgestellten Männer entgegen. Er war ein ungewöhnlich aussehender Mann von achtundfnnfM bis sechzig Jahren; nbrr weit entfernt, die Würde zn besitzen, die gewöhnlich zu einem graneu Hanpte gehört, spielte er zn unserm Heitvertrieb den Possenreißer lind hätte in einer Pantomime den HaiwwlN'st machen rönnen. Nachdem das schwere l^eivitler sich verzogen hatte, schlugen die Nogaras, und unser unterhaltender freund beschloß, einen Nwßeu Tanz anzustellen. Bald hörte man Pfeifen und Köteu sich aus allen (legenden versammeln, Hörner schmetterten, und Männer und Granen begannen haufenweise zusammenzuströmen, 272 ^rain'N ucm Obbü. :vährend der alte Katschiba, der Häuptling, in einem Znstande großer Aufregung zur Vclustiguug Befehle ertheilte. fttwa hundert Männer bildeten einen Kreis. Zeder.hielt in der linken Hand eine kleine becherförmige Trommel, von ausgehöhltem Holz verfertigt, nn welchem nur das eine (^'nde durchbohrt und mit der straff gespannten Hant von einem Cle-uhanteuohr bezogen war. Im Mittelpunkt des Kreises befand sich der Vorländer. Cr trng eine gewaltig grosse Trommel, die nm seine Schultern hing und ebenfalls mit einem ^lephanten-ohr überzogen ivar. Der Tanz begann damit, daß Alle im Chor ein wildes, aber angenehmes Lied auffallend gut sangen, wühreud die große Trommel den Tact schlug und sämmtliche kleine Trommeln zn gewissen Zeiten mit so bewundernswürdiger Präcision einstimmten, daß der Cffeet der eines einzigen Instrumentes war. Der Tanz selbst war höchst lebhaft und besser als Alles, was ich unter Arabern und Wilden gesehen hatte; die Touren änderten sich fortwährend und endeten mit einer großen (^aloppade (,,^'riiml ^nlup") in Doppelkreisen und fürchterlichem Schritt, wobei der innere Kreis sich zu dem änßeren in entgegengesetzter Richtung drehte; der Effect, den dies hervorbrachte, war ausgezeichnet. Wenn auch die Männer von Obbo ein über die Schultern nnd Lenden hangendes Fell tragen, so sind doch die Frauen fast nackt und begnügen sich, statt des ledernen Schurzes und Schwanzes der Latnkas, mit einer kleinen Franse von Vederschnittchen, die etwa vier Zoll lang und zwei Zoll breit ist und an einem l>>mrtel hängt. Die unver-hciratheten Mädchen sind ganz nackt, oder sie tragen als Bedeckung, wenn sie au Putz reich genug sind, drei bis vier Schnüre kleiner weißer Perlen von etwa drei Zoll Länge. Die alten Damen sind veraltete <5ven, deren Anzug aus einer um den Leib gebundenen Schnur besteht, in welche ein Büschel grüner Blätter, die Stiele zu oberst, gesteckt wird. Auch eiuige junge Frauen von Obbo. 278 Mädchen, die spröde waren, habe ich solche Gewänder zn tragen sich erlauben sehen; aber sie schienen nicht modisch zu sein und wurden mir anqenoimm'n, weil sic nichts Besseres hatten. Einen großen Vorzug besaß dieses Costüm: — es war immer rein und neu, und der nächste Busch swcnn er keine Dornen hatte) verschaffte einen reinen Unterrock. Wenn ich mich in der Oe- Fraucn von Obbo. sellschaft dieser sehr einfachen und im Benehmen stets bescheidenen Even befand, tonnte ich nicht umhin, an die mosaische Beschreibung unserer ersten Eltern zn denken: „Uno sie flochten Feigenblätter zusaimnen." Manche der Obboinnen waren sehr hübsch. Die Gesichts-bildnng war von derjenigen der Latutas ganz verschieden, und Nalcr. Dei Mbcn N'yanza. I. 18 274 Sprachen der Stamme. eine auffallende Eigenthümlichkeit zeigte sich in den feingewölbten Nasen vieler Eingeborenen, die Einen stark an die Somauli-stamme erinnerten. Vermuthungen über ihren Ursprung aufzustellen, n>ar unmöglich, da sie von ihrer vergangenen beschichte n'edcr Ueberlieferungen noch Vorstellungen hatten. Dic Sprache ist die der Madi. Es giebt dort drei verschiedene sprachen — Van, Latuka und Madi; das letztgenannte ^and liegt südlich von Obbo. Einige Wörter, die sehr viel gebraucht werden, mögen für dieselben als Beispiele dienen: — Obbo. Latuka. Bari. Wasser. Fi. Cäri. Fium. Feuer. MNe. Nyems. Kimang. Die Sonne. T'seön. Narlong. Karlollg. Eine Knh. D'^eilug. NtMn. Kittün. Eine Ziege. D^clin. Ny«NV. Eddin. Milch. T'sarck. NZll^. Ein Huhn. (^'w0U0. Tsch«kör6. Die Obbo-Eingeboreneu bildeten nach den Latutas eine große nnd angenehme Abwechselung, da sie nie um (^schenke baten. Obgleich der alte Häuptling Natschiba sich mehr wie ein Hanswurst als wie ein König betrug, so wurde er doch von seinem Volte schr geachtet. Er behauptete seine Gewalt über seine Unterthanen als Hauptregenmacher nnd Zauberer. Wenn ihm ein Unterthan mistsicl oder ihm eine (^abe verweigerte, so verwünschte er seine Ziegen und Hühner, oder drohte, sein im . Felde stehendes Getreide verdorren zu lassen, und die Furcht vor diesen Ttrafen brachtc den Mißvergnügten zum Gehorsam zurück. EZ giebt dort keine eigentlichen Steuern, aber dann nnd wann fordert cr vom Lande eine gewisse Anzahl Ziegen und Lcbenomittel. Diese werden in der Ncgel gegeben; denn Katschiba ist ein alter erfahrener Staatsmann und bringt seine Forderungen mit großem Scharfsinn immer znr rechten Zeit an. Katschiba's Stantsweisheit. I75 (^iebt es also in der Zeit, wo das Getreide gesät werden soll, Maugel an oder zu viel Regen, so ergreift er die Gelegenheit, seine Unterthanen zusammenzurufen und ihnen auseinander-znsetzen, „wie leid es ihm thue, daß ihr Betragen ihn genöthigt habe, fie mit ungünstiger Witterung heimzusuchen, aber es sei ihre eigene Schuld. Wcnu sie so habgierig und karg wären, daß sie ihn nicht gehörig mit Lebcnsmitteln versehen wollten, wie könnten sie erwarten, daß er anf ihren Nutzen bedacht sei? Er müsse,,Ziegen und (Getreide haben." „Keine Ziegen, kein Negeu; das ist unser Contract, meine freunde", sagt Katschiba. ,,Macht, was Ihr wollt. Ich kaun warten; ich hoffe, Ihr auch." Klagt sein Volk, daß es zu viel regne, so droht er, immer und ewig Regengüsse und Blitz anf sie hcrabströmeu zu lasseu, wenn sie ihm nicht so und so viel Hundert Körbe Getreide u. s. 711. u. s. w. bringen, Auf diese Art behauptet er seine Macht. Keiu Meusch denkt daran, eiue Ncise anzutreten ohne deu Segcu des alten Häuptlings, und aus den zaubcrkräftigeu Händen Katschiba'5 wird dazu eiu eigenthümlicher „Hotus Pokus" als nothwendig betrachtet, der den Ncisendcn bezauberu nud uu-terwegs uor aller Gefahr von Sciteu wilder Thiere bewahren soll. Im Fall riuer Kraukheit wird er gerufen, nicht als Doctor der Medicin in unserem Sinne, sondern als „Doctor der Magic", und er bespricht sowohl die Hütte als den Patienten gegen den Tod, mit den schwankenden Resultaten, die Fachmänner selbst in der Zauberei begleiten müssen. Seine Unterthanen haben zu seiner Kraft das vollste Vertraucu, und sein Nuf ift so groß, daß häusig entfernte Stamme ihn zu Nathe ziehen und ihn als Magiker um Hülfe bitten. Nuf diese Art behauptet der alte Katschiba seine Macht über sciu wildes, aber leichtgläubiges Volk, und er hat das Publikum so lange getäuscht, daß ich glaube, er hat sich eudlich selbst getäuscht und glaubt trotz wiederholten Fehlschiagens wirklich, daß er die Kraft 18' 276 Katschiba „stets zu hausc". der Zauberei besitze. Um sich ihn geneigt ;n machen, beschenken ihn seine Unterthanen oft mit den hübschesten ihrer Töchter, nnd er empfängt so häufig Znsätzc zu seinem Familienkreise, daß er sich genöthigt gesehen hat, die Einrichtung seines Hauswesens zu erweitern, nm hänslichen Uuruheu unter den Damen vorzubeugen. Er ist deshalb anf den praktischen Ausweg gekommen, cine gewisse Anzahl Weiber in jedem seiner Dörfer zn halten; Katschiba'« ättcstcr E>,'l)lt, wenn er daher eine Reise dnrch seiu Gebiet macht, so ist er stets zu Hause. Diese Menge vou Weibern ist von so gutem Erfolg gewesen, das; Kalschiba ei n h l, n de rt n n dsechz eh n lebendige Kinder hat — ein neuer Beweis der Zauberei in den Augen seines Volkes. Eine seiner Frauen hatte keine Kinder; fie kam zu mir und bat mich um Medicin, nm einem gewissen Übeln Einfluß abzuhelfen, der sie ill der Achtung ihres Gatten Der große Zauberer. 277 herabgesetzt hatte. Die arme Fran war höchst betrübt und beklagte sich, daß Katschiba sehr gnuisam gegen sic sei, u3eil sie nicht im Stande gewesen, seine Familie zn vermehren; aber sie war überzeugt, daß ich irgend ein Zaubermittel besähe, welches sie mit den anderen Weibern anf gleichen Fuß stellen werde. Ich konnte sie nicht los werden, bis ich ihr die erste Pille gab, die mir ans der Arzueikiste in die Haud kam; sie ging vergnügt mit derselben hinweg. Katschiba war in seinem Vandr mchl nur als Magiker, sondern auch als Familienvater so vollständig eingerichtet, daß jedes seiner Dörfer von einem seiner Söhne regiert wurde; die ganze Regierung war daher eine Familienangelegenheit. Die Söhne glaubten natürlich an die Zauberkraft ihres Vaters, nnd der Einfluß, dcu sie als Vorsteher ihrer Dörfer behaupteten, vermehrte das Blcudwerk ihres Erzeugers. Obgleich man von einem höchsten Weseu keinen Begriff hatte, so bengte sich doch das ganze ^and vor der Zanberei. Zwischen Glauben und Leichtgläubigkeit ist ein feiner Unterschied; — diese Wilden, die von dem Glaubeu an eine Gottheit nichts wußten und vou Aberglaubcu keine Spur zoigteu, glaubleu mit dcr größten Hingebung, daß die Hauptangelrgenheitcn des Bebens nnd die Gewalt über die Elemente iu den Händen ihres alten Häuptlings lägen, und dienten ihm deshalb — uicht mit dem Gefühl der Liebe, auch nicht mit einer Spur uon Religion, sondern mil dem materiellen ^ustinet, dcr den Wilden stets beeinflußt; sie machten ihn sich geneigt nm des Nutzeus nullen, deu sie dadurch erlangen koimteu. Dieses unbezwingliche Gefühl, das immer im Gemüthe des Wildeu lebt, ist es, was seine Bekehrung schwierig macht; ev wird au uichts glanben, wcnn er uicht von dem Gegenstände seines Glaubens irgend eine besondere Wohlthat erlangen kann. Wilde lassen sich durch zwei Mächte rcgiereu — durch 378 Eine Necossnoscirunft nach Enden. „Kraft" und durch „Windbeutelei"; dies siud daher die Werkzeuge,'welche die Negierenden anwenden. Wo die „Kraft" fehlt, ist „Windbeutelei" dir Waffe als „Rothhülfc". Da Katschiba keine physische Kraft besass so nahm er seine Zuflucht zur List, und die schwarze Kunst hielt die wilden Gemüther seiner Unterthanen im Zaume. Auffallend erscheint es,, daß diese uncivil:-sirten Bewohner von Central-Afrika, obgleich sie keine Religion haben, doch blindlings an Zauberei glanbcn; sie legen dem Menschen eine Kraft bei, die übermenschlich, und erkennen doch nichts an, was mehr als menschlich ist. Die praktische uud nützliche Magie ist Alles, was von dem Wilden geschätzt wird, auf die höheren Zweige derselben legt er keinen Werth, nud Geisterklopfen nnd Media bleiben dem Civili-sirten (?) in England vorbehalten, der die schwarzen Wilden in Afrika bekehren möchte. Ungeachtet seiner Magic war Katschiba kein böser Mensch; er war auffallend höflich uud sehr stolz daranf, daß ich ihm einen Besuch gemacht hatte. Er gab mir viel Auskunft über das Land, versicherte mir aber, daß ich viele Monate lang nicht im Stande sein werde, südlich zu reisen, da es ganz unmöglich sei, den Asuaflnß während der Regenzeit zn überschreiten; er schlug deshalb vor, ich sollte in Obbo ein Lager aufschlageu uud dort bleiben, bis die Regen aufhörcu würden. (5s ,M^ jetzt Mai; ich wurde also eingeladen, meiu Vorrücken nach Sü-deu bis zum December zu verschieben. Ich entschloß mich, eine Rccoguoscirung südlich nach dem gefurchtsten Asua oder, wie das Obbo-Volk es aussprach, dem Atschuafluß hin zu macheu uud wieder in mein festes Lager zurückzukehren. Ich traf daher Anstalt, Frau Baker mit einer Leibwache von acht Mann in Obbo zu lassen, während ich ohne Gepäck, außer mil einem zweiten Anzug und eiuem Kochtopf, nach Süden vorgehen wollte. Katschiba versprach, die größte Eine Ekphank'njagd. 27l) Sorge für sic zn tragen und sie mit Allem zu versehen, was sie nur verlangte; er erbot sich, die persönliche Verantwortung für ihre Sicherheit zn übernehmen, und gelobte, anf die Thür unserer Hütte eine» Haubersprnch zu legen, damit während meiner Abwesenheit nichts Böses in sie eintreten solle, (5s war eine behagliche kleine Wohnung, etwa nenn ^uß im Durchmesser und vollkommen rund; der Fnßboden war gut mit einem Mörtel von Kuhmist und Thon belegt, die Wände etwa vier Fuß sechs Zoll hoch, alls Schlamm und Stäben hergestellt nnd ebenfalls mit Kuhmist abgeputzt. Die Thür war vergrößert worden lind bildete jetzt einen sehr imposanten Eingang von etwa vier Fuß Höhe lind einen großen Contrast zu der nächst-stehenden Hütte oder Hundcstall mit zwei Fnß hohem Eingang. Am 7. Mai brach ich mit drei Mann auf und ritt, einen südlichen Cours nehmend, dnrch ein höchst liebliches Land, fünf Meilen vom Fuß nnd parallel mit der Kette der Madibergc. Schöne Vlnmen gab es in Masse, besonders Orchideen; das Land war änßerst partähnlich und gut mit Wald bestanden, aber in der Regel mit Gras überwachsen, das damals etwa sechs Fnß hoch war. Nachdem ich nngcfähr vierzehn Meilen weit geritten war, tam einer der Führer znrückgesprnngen und meldete, daß ein wenig vorans anf dem Wege Elephanten wären. Einer meiner beritteilen Männer erbot sich, mich zn begleiten, falls ich wünschte, sie zu jagen. Ich traute meinem Manne nicht, ritt aber vorwärts lind bemerkte bald eine Heerde von zehn Elephantenbullen, die beisammen etwa hnndertnndachtzig Fnß vom Wege standen, Das Gras war hoch, aber ich ritt hindnrch nnd bis anf nngcfähr hnndertnnozwanzig ^nß hinan, ehe ich bemerkt wnrde. Sie stürzten aligenblicklich fort, lind ich folgte etwa eine Meile weit im Trab; der ^oden war so voll Löcher und mit nmgefallenen bäumen bedeckt, die in dem hohen Grase verborgen lagen, daß ich nicht Hinallreiten mochte, bis ich 280 Ein Stlm. auf cine günstigere Vtelle kam. Endlich sprengte ich im vollen Galopp an einem unermeßlichen Burschen mit etwa fünf Fus; ans den Kiefern hervorragenden Stoßzahnen vorbei, 50g die Zügel an und fencrtc mit einer Neilly-Mchsc Nr. 1l) nach der Schnlter. Beim Knall des Schnsses stürmte er gerade auf mich los. Mein Pferd, Filfil, war 511m Iagdroß äußerst niltauglich; beim Knall eines auf seinem Nucken abgeschossenen Gewehrs wurde es vollkommen toll, und im Augenblick der Entladung bäumte es sich senkrecht empor; die Schwere nnd der Rückschlag der Büchse, nebst dem plötzlichen Bäumen des Pferdes, hob mich ans dem Sattel, und ich fiel, die wüchse in der Hand, rücklings über seine Hüften in dem Augenblick, wo der Elephant im vollen Stnrmlauf anf das Pferd stürbe. Fort ging „Filfil" und ließ mich in einer höchst rnhmlosen Stellnng anf der Erde liegen; zum Glück war das Gras hoch; der Elephant verlor mich daher ans dem Gesicht nnd verfolgte, anstatt mir seine Aufmerksamkeit zu widmen, das Pferd. Mein Pferd war verloren; mein Mann hatte mich nie auch nnr begleitet, er war gerade beim Anfang der Zagd zurückgeblieben. Da ich einen kurzen Sprung von der Stelle hinweg hatte machen müssen, ehe ich wnßte, das; der Elephant dem Pferde nachgelaufen war, so hatte ich in dem hohen Grase meine Büchse verloren; ich branchte daher fast eine Stnnde, ehe ich sie fand, nnd ebenso meinen Azimnlhalzirtel, der nnr ans der Gürtcl-tasche gefallen war. Nach langem Schreien nnd Pfeifen kam mein berittener Manu an; ich ließ ihn absteigen, setzte mich anf mein kleines Pferd „Maus" und kehrte zum Wege zurück. Meiu Pferd ^ilsil war verloren. Zagen während des Marsches sollte man regelmäßig vermeiden; ich hatte jetzt die Unbesonnenheit thencr bezahlt. Etwa achtzehn Meilen von Obbo erreichte ich den Atabbi-fluß. Dies ist ein schöner, das ganze Jahr Wasser führender Ich schieße omon Tckel. 281 Strom, der von den Madibergen nach Westen hin fließt und einen Nebenfluß des Asua bildet. Es gab dort eine gute Fnrt mit hartem Kies- und Fclseugnmd, über welche das Pferd theilwris watete und dann und wann schwamm. Wir fanden frische Fährten von ungeheuren Elephantenheerden, mit denen das Land angefüllt war, und ich hörte sie in der Ferne trompeten. Als ich anf der andern Seite des Atabbi eine Anhöhe in vollkommen freier Prairie hinanfritt, sah ich eine dichte Hecrde von etwa zweihundert Elephanten — sie waren nngefähr eine Meile entfernt und Men langsam durch das hohe Gras. Gerade wie ich, die ungeheure Heerde beobachtend, anf dem Wege hinritt, sprang eiu T6tel sHartebeest) aus dem Grase hervor, in welchem er versteckt gewesen, und galoppirte glücklicherweise quer über einen kleinen freien Platz, wo das hohe Gras von den Elephanten zerstört worden war, Ein schneller Schuß aus der kleinen Fletcher-Büchse 24 streckte ihn nieder; aber sich fast augenblicklich erholend, wollte er eben verschwinden, als ein Schnß aus dem linken Lauf ihm zum größten Vergnügen meiner Leute das Kreuz brach. Wir bivouakirten demnach die Nacht hindurch, und auf einem trockenen Platean von Granitfelsen, etwa sicbeuzig Fuß im Geviert, das ich als Ruheplatz wählte, loderten bald die Feuer empor. Iu den untcrtassenförmigcn Vertiefungen des Felsens befand sich von dem Regen des vorigen Tages gutes helles Wasser; wir hattcu daher alle Luxusartikel, die wir nur wünschen konnten — Feller, Speise und Wasser. Ich benutzte selten eine Bettstelle, außer im Lager; mein Ruhebett wurde somit schnell und einfach auf dem harten Felsen gemacht, dcn ich mit einem Armvoll grüner Zweige erweichte, alls welche ich eine ungegerbte Ochscuhaut legte und meinen schottischen Mantel breitete. Meine Mütze bildete das Kopfkisseu, lind meine handliche kleine Fletcher-Büchse lag nebst 382 Empfansss-Ceremome in Farudjoke. dem Jagdmesser an meiner Seite unter dem Mantel; diese treuen Freunde kamen bei Tag und Nacht nie ans meiner Nabe. Die ?Nützc war ein massives Bauwerk, wie man aus der Festigkeit abnehmen kann, mit welcher sie der schwere des Kopfes widerstand, wenn ich sie als Kissen benutzte. Sie umrde nach meiner eigenen Angabe von einer Araberin in Khartum verfertigt; — der Stoff war ungefähr einen halben Zoll dick-von sehr niedlich geflochtenen und zusammengenähten Dompalmblättern. Sie hatte einen flachen Deckel und vorn und hinten eine Spitze; die ganze (beschichte war mit gegerbtem Leder überzogen, während eine Gardine von demselben Material den Hin-tertheil des Halses vor der Sonne schützte. Ein starker Kinn-ricmeu hielt die Mütze auf dem Kopfe fest, und das ganze Ding bildete ein sehr wirksames, für die Sonne vollkommen nndnrch-dringliches Dach. Manche Leute werden vielleicht einen Einwand gegen die Schwere machen, aber ich fand sie nicht nach-thcilig, uud da die Mütze leidlich wasserdicht war, so packte ich, weuu ich sie des Nachts als Kopfkissen verwendete, die Patronentasche nnd den Gürtel hinein; — das war eine außerordentlich praktische Einrichtung, denn im ,vall eines Alarms stand ich in einem Augenblick mit Waffen, Mütze und cartel von meinem Lager auf. Am folgeuden Morgen machte ich mich bei Tagesanbruch auf den Weg, erreichte uach einem Marsch von etwa dreizehn Meilen durch dieselbe parkähnliche und unbewohnte legend wie die des vorhergehenden Tages das i/aud ^ar^djokc und tam am ^uße eiucs Felsenhügcls an, ans dessen höchster Spitze ein großes Dorf lag. Der Häuptling nud mehrere seiner ^cutc kamen mir entgegen; fic führten eine Ziege, die mir geschenkt und sofort dicht au den ^üßeu meinem Pferde als ein Opfer geschlachtet wurde. ?er Häuptling trug ein Huhn, day er an den Beinen, mit dein Kopf abwärto, hielt; er näherte sich meinem Pferde, Hochland in Far^joke. 283 strich mit dem Huhn seinc Vorderfüße und machte dann einen Kreis um dasselbe, indem er das Huhn anf der (N'dc schleppte; hierauf wurden meinc Füße auf dieselbe Art wie die des Pferdes mit dem Hnhn gestrichen, und ich wnrde ersticht, mich zu bücken, so daß er im Stande war, den ^ogel nm meinen Kopf herum-zuschwingen; als dies geschehen war, nnirde er auch um den Kopf meines Pferdes herumgeschwnngeu, da<5 seine Würdigung der Feierlichkeit dadurch zeigte, daß es znr großen Niederlage der Eingeborenen fich bäumte und hinten ausschlng. Das Hnhn schien sich während dieses Verfahrens nicht besondern ergötzt zn haben; aber das Messer machte seinen beiden ein ^nde, da nach der Vollendung der Vewilltommmingsfeirrlichkeit der Vogel geopfert und meinem Vorsteher eingehändigt ward. Ich wurde uun nach dem Dorfe geführt. Es war dnrch einen hohen Vambnszann geschützt und jämmerlich schmutzig, so daß es zu den reinlichen Wohnsitzeil Ver Bari^ nnd Latnt'astämme einen großen ssontrast bildete. Der Hügel, auf welchen das Dorf gebaut war, lag etwa achtzig Fuß über dem allgemeinen Niueau des Bandes nnd bot eine schöne Anssicht anf die nmlicgcnde Vandschaft dar. Im Osten erhob sich die Kette der Madiberge, ain Fnße gnt mit Wald bestanden, während nach Süden hin Alles schönes freies Weideland mit süßem Kränterwcrk war, das, etwa einen Fnß hoch, ein von der geilen Vegetation, durch die wir gezogen waren, ganz verschiedenes <^ras darstellte. Das Land war wellenförmig und jede Erhöhung mit einem Dorfe gekrönt. Dcr Name des Districted ist zwar Farüdjokc, aber cr wird, nebst den Schoggo- nnd Madistämmen, in dem sich weit ansdehnen-bcn Vande Enli mit inbegriffen, indem alle Ctädte nnter dem Vefehle kleiner Häuptlinge stehen. Die allgemeine Höhe des Landes war .i!)6l> Fuß über dem Meeresspiegel, 292 Fuß höher als Obbo. Als der Häuptling uou Farädjoke bemerkte, daß ich mich 284 NüÄkrhr nach Ol'bo. >nil der Aufnahme von Lagen mittelst des Compasses beschäftigte, war cr begierig, meinen Zweck ;n erfahren, nnd nachdem ich ihm denselben auseinandergesetzt hatte, gab cr mir freiwillig alle Ans-tunft über das ^and nnd versicherte mir, daß es ganz nnmög-lich sei, während der ^'egenzeil nber den Asna zu gehen, da er ein reißender (^ebirgsstrom wäre, der mit solchem Ungestüm über ein felsiges Bett hinstürze, daß Niemand wage, über denselben zu schwimmen. Es ließ sich in dieser Jahreszeit nichts machen, nnd so sehr auch die (Geduld auf die Probe gestellt wurde, es blieb mir keine Wahl. Fcm»djole lag drei starte ^agemärsche von Faloro, der Station Debono's, die stets mein projectirtes Hauptquartier gewesen war; ich war daher anf meiner beabsichtigten Reiseroute gnt vorgerückt, nnd wäre die Jahreszeit günstig gewesen, so hätte ich nut meinen Packthieren ohne Schwierigkeit weiter reisen tömim. . " . Der Verlnst meines Pferdes ,,'^ilfil" war ein harter Schlag in dieser wilden liegend, wo LastNiiere unbekannt waren, nnd ich hatte wenig Hoffnnng, es wiederznbetommcn, da es in dem ^ande zwischen ^?bbo nnd Mriidjoie ^öwen in Menge gab. Ich setzte indeß eine ^elolinnng von Perlen lind Armbändern ans, nnd der Hünutling schickte eine Anzahl Eingeborene ab, nm die Dschnngcl zu durchstreifen. In ^ar-'djote ^n bleiben, hatte wenig Nntzcn; ich lehrte deshalb mit meinen Männern nnd Eseln nach Obbo zurück und machte die gan^e Strecke (dreißig Meilen) in ei nein 5 age. Ich hatte große Angst um »vrnli ^at'er, die während meiner Abwesenheit die Vertreterin der Ervedilion in ^bbo gewesen war. Als ich mich dnrch den '^ald näherte, wnrde mein wohl- ' bekanntes Pfeifen augenblicklich durch die Erscheinung des Knaben Saat beantwortet, der, ohne auch nur zu grüßen, sofort Frau Vater in Obbo. W5 nach der Hülle rilte, nm die Nachricht zu bringen, dah „Master angekommen sei". Meine Frau sah auffallend wohl ans nnd war gan; ordentlich heinnsch geworden. Vor der Hülle waren mehrere fette Schafe mit den Beinen an Pflöcke gebnnden, nm den Eingang pickten eine Anzahl Hühner hcrnm, nnd »leine ^rnn erwartete mich anf der schwelle mit einer groben Kürbißschale, die nn-gefä'hr eine Gallone einheimisches Bier enthielt. Das süße Hans, wenn es anch nnr eine Schlammhütte war, der liebevolle Empfang machte sie glücklicher als einen Palast; nnd jener Schlnck Vier, oder gegohrencr Schlamm, oder wao sonst für ein Un-rath in England damit verglichen werden »nag, wie köstlich erschien er nach einer Tagereise von dreißig Meilen in der brennenden Sonne! Und die fetten Schafe nnd die Hühner sahen alle so leckerhaft ans. O Schicksal! — Meine Anknnft verkürzte das Dasein eines Wesens; was für die Einen eine Frende war, war für ein Schaf der Tod; in wenigen Augenblicken war das fetteste ;n Ehren von Masters Rückkehr geschlachtet nnd meine Mannschaft emsig beschäftigt, es zn einem allgemeinen (Gastmahl zn^nbereiten. Um mich versammelten sich Massen von Menschen; der Vorderste nntcr ihnen war der alte Hänptling >tatschiba, dessen selbstvergnügtcs Gesicht die höchste Reinheit des Bewußtseins zeigte, daß er sein Versprechen gehalten hatte, während meiner Abwesenheit als Vormnnd zn handeln. ,vrau Vakcr gab ihm ein vortreffliches Zrngniß; er hatte die größte Sorge für fie getragen nnd ihr alle die Leckerbissen geliefert, die beim ersten Anblick meiner Heimath so sehr meinen Appetit gereizt hatten. Er war seiner Verantwortlichkeit dermaßen eingedenk gewesen, daß er einige seiner eigenen Söhne bei Tag nnd Nacht als Schild-wachen an die Hütte gestellt hatte. Ich machte ihm daher ein Geschenk von vielen Perlen nnd 286 KatMm will rcit^n. Arinbändern und einigen anderen Dingen, das ihn in Entzücken versetzte, (^r hatte schwache Angen, nnd das am höchsten geschätzte l^eschenk war eine Sonnenbrille, die ich zu seiner größ-teil Frelide ilim anf den Kopf paßte nnd in einem Spiegel zeigte, welcher ebenfalls ^i den <^aben hinzugefügt nnirde. Ich bemerkte, daß er im Rücken sehr steif war, nnd er sagte mir, er habe während meiner Abwesenheit einen bösen Fall gethan. Meine Frau setzte mir die Sache ans einander. Er war zu ihr gekommen lind hatte ihr seine Absicht dargelegt, aus einem entfernten Dorfe Hühner für sie zn besorgen; „aber," sagte er, „meine Unterthanen sind nicht besonders gut und werden vielleicht sagen, sie hätten keine; wenn Sie mir jedoch cin Pferd leihen wolle», so will ich hinreiten, lind der Effect wird ihnen so sehr imponiren, daß sie nicht wagen werden, mich abzuweisen." Katschiba war kein guter Fnßgänger, nnd seine gewöhnliche Art zn reisen war ans dem Rücken eines sehr starken Unterthanen, genan so, wie linder „Hnckcpack" zn reiten pflegen. Er hatte in der Regel zwei bis drei Mann Reserve bei sich, die abwechselnd als Führer und als Ponies dienten, wahrend einc seiner Weiber ihn beständig mit einein großen Krug Vier begleitete, mit welche»! der alte Häuptling, wie man sagte, während der Neise sich so reichlich stärkte, daß bisweilen zwei Mann statt eines ihn tragen mnßten. Dies mochte vielleicht nnr eine ver-länmderische Nachrede in Obbo sein; indeß schien es, daß Katschiba zn einem Anfbrnch bereit war, wie gewöhnlich von einer Hebe mit einem Krng Vier begleitet. Im Vertrauen daranf, daß er anf einem Menschen über Land reiten konnte, meinte er, daß er leicht anch ein Pferd reiten könne. Vergebens hatte meine Fran Einspruch erhoben nnd prophezeit, daß er den Hals brechen werde, wenn er uersnche, das ihm bisher unbekannte Thier zu besteigen; er war zu reiten entschlossen. Es wnrdc demnach mein Pferd T^tel gebracht nnd dem Erster Versuch in dl>r Reitkunst. 287 Häuptling Katschiba auf seinen Nucken geholfen. Das Pferd, das eine ungeschickte Hand erkannte, ging keinen Schritt von der Stelle. „Nnn!" sagte Katschiba, „lauf' ;u!" Aber T^tek, der die Obbosprache nicht verstand, wußte durchaus nicht, was sein Reiter wünschte. „Warum will er nicht laufen?" fragte Katschiba. „berühren Sie ihn mit ^hrem Stock," schrie einer zuu^yu^ u,ir jcin Abt auf eincr Rcisc. von nteiner ^iannschaft; der alte sauberer lhal, wie ihm gerathen wurde, und gab dem Pferde einen fürchterlichen Schlag mit seinem Stäbe. T^tel, der au solche Uebertreibungen nicht gewöhnt war, erwiderte denselben sofort durch ein kräftiges Ausschlagcn mit den Fl'chen, welches die ^irtnng hatte, dasi er den sauberer in einen Adler mit ausgebreiteten Flügeln verwandelte, der übcr seinen Kopf Hinwegslog und sich unter einem schallen- 288 Ich bekomme das verlorene Pferd wieder. den Gelächter von Seiten meiner Mannschaft, an welchem sich zu betheiligen Frau Vater, wie ich fürchte, unartig genug war, sehr derb auf die Erde niederließ. Dem niedergeschlageucu Katschiba wurde auf die Beine geholfen; er fühlte sich etwas betäubt und betrachtete das Pferd mit großem Erstaunen; aber seine angeborenen Naturtriebe bewogen ihn bald, nach dem Bier-krnge zu rufen, und nach einem laugen Zuge aus dem mächtigen Pecher gewann er seinen Muth wieder und sprach die Memuug ans, das Pferd fei zu „hoch, denn bis zum ^iieder-fallen fei ein weiter Weg!" Or bat deshalb um eines der „kleinen Pferde"; dies waren die Esel. Er wurde demnach auf einen Esel gefetzt und von zwei Männern, auf jeder Seite einem, gehalten. So machte er sich denn auf höchst befriedigende Art und ganz stolz auf den Weg. Als er am folgenden Tage zurückkehrte, sagte er, die Dorfbewohner hätten ihm die Hühuer augenblicklich gegeben, da er ihnen gesagt, däß er dreißig Türken habe, die bei ihm auf Besuch wären, und daß dieselben das Vand brennen und plündern würden, wenn fie nicht sofort Vebeuömittel bekämen. Er betrachtete diese läppische Abweichung uon der Wahrheit als ein großes Meisterstück der StaatsweiIhcit bei Versehafsnng der Hühner. ^ Sechs Tage nach dem Verlust meines Pferdes hatte ich die Freude, es von den Eingeborenen gesund nnd wohl zurückgebracht zu sehen. Sie hatten eine unermeßliche Strecke Landes durchsucht uud es beim Grasen gefunden. EZ war natürlich eiu höchst bösartiges Pferd, uud die Eingeborcucn fürchteten fich, es anzugreifen; fie hatten eü demnach vor sich hergetricben, bis sie den Weg erreichten, welchem es dann mit Freuden folgte. Der Sattel war au seiner Stelle, aber mein Degen war fort. Die Negcu waren furchtbar. Die Morgen wareu stets schön, aber bald nach Mittag zogen sich die Wolken auf den Mäkrhr nach Latnkn. 289 Bergen zusammen und endeten täglich mit ciner vollkommenen Snndfluth. Da ich nicht im Stande war, südlich weiter zu reisen, so entschloß ich mich, nach meinem Hauptquartier in La-tuta zurückzukehren und die trockene Jahreszeit abznivarten. Bis Zarädjoke nnter ^" 0' ZI" uördl. Breite hatte ich die Re« cognosciruug geinacht und sah, daß mein Weg in Zukunft frei war, vorausgesetzt, daß meine Thiere in gutem Zustande blieben. Wir brachen daher am 21. Mai in l^esellschaft mit Ibrahim und seiner Mannschaft, welche von dem Obbo'schen Klima durchweg traut geworden war, nach ^atnka anf. Ehe wir Abschied nahmen, mnßte voil Katschiba eine feierliche Handlung verrichtet werden. Sein Bruder sollte unser Führer sein und sollle <^'ewalt bekommen, alü Bicemagiker während der Gleise die Elemente ^u beherrschen, damit wir nicht durch die l^ewilter naß würden lind die (^ießbächc dermaßen anschwöllen, daß sie unvassirbar wären. Mit großer Feierlichkeit brach Katschiba einen Ast von einem Baume, anf dessen Blätter er an mehreren Stellen spuckte. Dieser so mit Weihwasser eingesegnete Ast wurde auf die Erbe gelegt nnd nm denselben herum vom Hänplling ein Huhn geschleppt. Dann wurden unsere Pferde gcuau auf dieselbe Art behandelt, wie es in ^ar^djoke geschehen war. Nachdem diese Feierlichkeit vollendet war, händigte er den Ast seinem Bruder (nu-serem Führer) ein, der ihn, nebst einer Zanbervfcife aus Antilopenhorn, welche er lim den Halo hing, mit großem Ernst in Empfang nahm. Alle Eingeborenen trugen Pfcifcn vou ähnlicher ("cstalt; es waren einfach kleine Hörner, in welche sie bliesen, und von deren Ton man glaubte, daß er entweder Regen herbeiziehe oder vertreibe, wie der Pfeifende es wünschte. Keine Pfeife wurde fnr wirksam gehalten, wenn sie nicht von dem, ssroßen Magiker Katschiba war eingesegnet worden. Als die Feierlichkeit vorüber war, fingen sie sämmtlich mit aller Macht Valer, Der Mbcn N'yauza. l. 1!) 290 Yamswurzeln. zu pfeifen an. Wir nahmen von Katschiba Abschied, mit der Versicherung, daß wir wiederkommen ivürdcn, nnd traten unter einem Getöse von „tut tu tut" unsere Neise au. Da ich in La-tnka einen ungeheuern Mnnitionsvorrath hatte, so ließ ich etwa 200 Pfund Schrote und kugeln bei Katschiba; meine Esel hatten daher nnr iveiiig zu tragen, und ivir reisteil bequem. Jene Nacht bivouakirtcn wir um etwa halb sechs Uhr am ^-nße der Ostseite des Passes. Zbrahimawa, der Eingeborene von Bornu, deu ich schou als emeu freund der Botanik geschildert habe, war im Aufsuchen alles dessen, was inertwürdig und interessant war, mein großer Bundesgenosse geworden. Stolz auf seine Kenntniß wildwachsender Pflanzen, war der Marsch kaum zu Ende, als er anfing, in den Dschungeln nach etwas Eßbarem zu suchen. Wir befanden uns in einer tiefen Schlucht auf einer steilen Anhöhe, die von einem etwa sechzig ^uß tiefen Wasscrriß mit senkrechter Wand begrenzt wurde, auf dessen Grunde ein Gießbach floß. - Dies war eine vortreffliche Stelle für ein Lager, da anf der so geschützten Seite keine Wachen nöthig waren. Am Rande des Wasserrisses standen eine Anzahl schöne Bäume, die mit einer dornigen Stammschlinguflcmze bebedeckt waren, deren Blätter sehr denjenigen einer Art Jams glichen. Sie wurden sofort von Ibrahimawa für eine ganz unerwartete Gabe Gottes erklärt, und nachdem er einige Minuten gegraben hatte, förderte er einen Korbvoll schön aussehcuder Yamswurzeln zu Tage. Das Ausstellen vou Speise zog im Augenblick eine Anzahl hungriger ^entc herbei, diejeuigen Ibrahim's und meine eigene Mannschaft inbegrisfen, welche,, da sie keine Botaniker waren, das Slichen nach Nahrung Ibrahimawa' überlassen hatten, aber beschlossen, die verlockenden Erfolge zu theilen, Auf den Korb wnrde ein rasender Anlauf gemacht und derselbe augenblicklich geleert; zu meiuem Leidwesen muß ich gestehen, daß der schwarze Engel Saat einer der Ersten war, der Hütet Euch uor Notanikc'rn! 294 drei bis vier der größten Yamswurzeln ergriff, welche er ohne alle Umstände in einen ^opf steckte nnd so bedächtig lochte, als ob er der pflanzcntnndige Entdecker geincsc», würc. Wie oft mnß der ursprüngliche Entdecker 3toth leiden, während Andere aus seinen Arbeiten (Gewinn ziehen! Dem wissenschaftlichen Botaniker Ibrahimania wurde nach all' seiner Mühe, einen Korbvoll ans-zugraben, leine einzigeYamswurzel gelassen. Töpfe wallten in allen Richtungen, nnd der hungrigen Mannschaft, die zwanzig Meilen marschirt war, ohne seit dem Morgen zu essen, stand ein Gastmahl in Aussicht. Die Yamswurzeln waren gelocht; aber ihr Aussehen gefiel mir nicht, und als ich sah, daß die Menge zu essen bereit war, beschloß ich, einige für uns selbst aufzuheben, nm sie zu genießen, falls sie allgemein für gut erklärt würden. Die Mannschaft aß sie mit Gier. ^laum waren zehn Minuten vom Anfang des Gastmahls an verflossen, alü erst Einer, danu ri>i Zweiter verschwand. Ich hörte in der sfernc einen gedämpften, aber mnn'rlennbarcn Ton, der mich an die hin- und hcr-bewegende Wirknng eines Kanaldampfcrs auf einen Hänfen Passagiere erinnerte. Gleich darauf zeigte der Knabe Saat Symptome von Gedrängtheit und verschwand aus unserer Nähe, uud Alle, die von Ibrahimawa's botanischer Sammlung gespeist hatten, litten in ^olgc eines sehr starken Vrech-Abfi'chruugs-mittels. .^brahimawa hatten die (^ngcl, welche i'iber wissenschaftliche Botaniker wachen, vor allem Uebel behütet. Er hatte die I)ams eindeckt, und die Mannschaft hatte sie ihm gestohlen; sie genossen die Früchte, während er auf ihre Kosten euir nnschätzbare Erfahrung machte. Ich war ganz zufrieden, ^W ich, ehe ich dcu Versuch machte, gewartet, bis Andere die Wurzeln geprüft hatten. Viele Pflanzen aus der Huuft der Vams stud giftig; es giebt eine Spielart, die in Obbo sehr beliebt, aber iu ihren Wirkungen tödtlich ist, falls sie gegessen wird, ohne anf eine gewisse Art zubereitet zu sein. Sie wird 292 Paviane. erst abgeschabt und dann vierzehn Tage lang in ein fließendes Wasser eingeweicht. Hierauf wird sie in dünne Scheiben geschnitten nnd in der Sonne getrocknet, bis sie ganz bröckelig ist. Dadurch wird sie unschädlich gemacht, ^ie getrockneten Scheiben werden zum l^ebranch aufbewahrt. Sie werden gewöhnlich in einem Mörser zu Viehl zerstoßen und zu einer Art Suppe benutzt. Die Kraukheit der ^eute dauerte etwa eiue Stunde. Während dieser ,Heit wurdeu gegen ^brahimaioa alle möglichen Schmähungen ansgestoßen und seine Pflanzenkunde eine ungeheure Windbentelei genannt. Von jenem Tage an war er in seiner botanischen Unterhaltung sehr mild. Am folgenden Morgen setzten wir über die letzte Klette der Felsenhügel und stiegen in's Latukathal hinab. Bis zu diesem Punkte hatten wir kein Wild gesehen; aber jetzt waren wir im Wildlande angekommen, und tnrz nachdem wir von den Felsen lierabgestiegen, sahen wir eine Hccrde von etwa Wanzig Tc'tel (Hartcoecst). Unglücklicherweise zogen, gerade als ich abstieg, um sie zu beschleichen, die rothen Fahnen der Türken die Aufmerksamkeit riner großen Gesellschaft Paviane am sich, die auf den Felsen saßen. Sie fingen ihr heiseres Lärmgcschrei an und bennrnhigten sofort die Tötel. Zur Rache feuerte einer von der Mannschaft einen weiten Schuß auf ein großes Mänuchen ab, das allein auf einem hohen Felsen saß, und die Kugel traf es zufällig in den Kouf. Os war ein ungeheures Exemplar der Gattung OylwcLpkalu«, etwa so groß wie eine Dogge, aber mit einer langen brnnnen Mäljnc wie die des ^öwen. Diese Mähne wird von den Eingeborenen als Schmuck hoch geschätzt. Der Pavian wurde sofort abgezogen und die Haut in lange, etwa drei ,M breite Streifen zerschnitten; das Stück Mähne, das daran hing, sah wie ciue Franse aus. Jeder Streifen wurde Die MaharMntilope. 293 als Schärpe getragen, ^iuc Haut giebt etwa acht bis zehn Schärpen. Zch schickte meine Mannschaft in's Vager, setzte mich auf »icin Pferd „Maus" nnd ritt, von Nicharn begleitet, durch das pürtähnliche Terrain, um Wild aufzusuchen. Ich sah verschiedene Antilopen, darunter die seltene und schöne Maharif; aber sie waren alle so wild und das Terrain so frei, daß ich leinen Schuß thun tonnte. Dies war um so verdrießlicher, da ich glaubte, daß die Maharif eine neue Autilopcnart sei. Sie hatte mich oft in meinen Hoffnungen getäuscht; denn obgleich ich sie häufig an der Südwestgrenze Abyssiniens gesehen hatte, so war ich doch nie im Stande gewesen, nur eine zu verschaffen, weil sie im höchsten l^rade scheu waren und freie Ebenen bewohnten, wo ein Erschleichen nnmöglich war. ^ch hatte sie vielfach mit dein Fernrohr beobachtet und dadurch eine geuauc Bekanntschaft mit ihren Eigenthümlichkeiten gewonnen. Die Maharif ist der röth-lich-grauen Antilope von Süd-Afrika sehr ähnlich, aber mause-farbig, mit schwarzen und weißen Streifen auf dem Gesicht. Die Hörner sind genau wie die der röthlich-graucu Antilope, sehr massiv und gerunzelt, nnd biegen sich bis an die Schultern zurück. Der Widerrist ist außerordentlich hoch, was den Schultern ein eigenthümlich schweres Ansehen giebt, und wird noch sehr erhöht dnrch eine große uud steife schwarze Mähne, welche der eines schiveinsborstenmühnigen Pferdes gleicht. .In meinem Besitz befinden sich ein Paar Hörner, die ich durch den Beistand eines Löwen erlangte, welcher die Maharif tüdtcte, während sie in der Nähe meines Zeltes trank; das ^ell wnrde leider in Stücke zerrissen, und die Hörner und der Schädel waren Alles, was übrig blieb. Während meine Bemühungen, einen Schnß zu bekommen, wie gewöhnlich nicht gelangen, machte ich einen beträchtlichen Umweg und bemerkte bald die schlanken >t öpfe von ^'iraffen, welche sich über 2!)4 Giraffen. die niedrigen Mimosen emporthürmtcn. So malerisch in seinen heimathlichen Aufenthaltsorten wie die (Giraffe ist kein Thier in der ganzen Natur. Ihre Nahrung besteht aus den Blättern der Bäume, uon denen manche Arten einen besondern Reiz für sie haben. ?ahiu gehören vor allen die Spielarten der Mimosen, welche, da sie niedrig sind, ihren telestopischen Augen einen wei ten Blick gestatten. In hohe Wälder geht sie nicht leicht. Die ungeheure Höhe der Giraffe verleiht ihr eiueu besondern Vortheil, da sie einen außcrordeutlich großen Gesichtskreis beherrschen und dadurch vor dem Nahen ihrer beiden großen Feinde, des Menschen nud ^öweu, gewarnt werden kauu. Kein Thier ist schwerer zu beschlcicheu als die Giraffe, und die sicherste Jagd-methode ist diejenige, welcher die Hamran-Araber au den Grenzen Abyssiniens folge», die sie niederreiten und ihr im vollen Galopp mit dem Schwerte die Knieflcchse zerhauen. W gehört ein gutes Pferd dazu; denn obgleich der Gang einer Giraffe, weil sie das Vorder- und Hinterbein auf einer und derselben Seite gleichzeitig fortbewegt, höchst ungeschickt erscheint, so macht sie doch wegen ihrer langen Beine große Schritte und ist iu ihrem hüpfendcu Trab jedem nicht ganz vorzüglichen Pferde mehr als gewachsen. Der Huf ist so schön proportionirt wie bei der kleinsten Gazelle, und ihre langen Beine und kurzer Nucken verleihen ihr hinsichtlich der Schnelligkeit uud Ausdauer jedeu Vortheil. Jagt man die Giraffe zu Pferde, so ist folgende Negcl zu beobachten: In dem Augenblick, wo sie ansetzt, muß man ihr nachsehen — die Schnelligkeit thut ihreWirknng bei ihr; die Sporen müssen gerade beim Anfang der Zagd in Thätigkeit sein, uud das Pferd uachgetriebcn werden, so stark es nur laufeil kann; gleich uom Ansatz an muß ein Wettrennen im schnellsten Lauf stattfinden; läßt man die Giraffe in den ersten fünf Minuten den gering- l^nholmig der Giraffen. Eine Giraffenjagd. I95 sten Vortheil gewiuneu, so fällt das Wettrennell gegen das Pferd aus. Ich ritt „Filfil", in Betreff der Schnelligkeit »nein bestes Pferd, aber zum Schießen ganz nnbrauchbar. Anstatt des langen arabischen Schwertes, das ich in Obbo verlor^ hatte ich einen gewöhnlichen T^egen an meinem Sattel hängen, nnd in demselben Augenblick ivie die (Giraffen iin vollen Galopp ansetzend , ging's fort mit nns über den schönen Part hin. Ri-charn ivar nnglncklicheriveise ein schlechter Reiter, und ich hatte, da ich mit einer Büchse belastet war, feine Gewalt, den ?"cgcn zu gebrauchen. Zch hoffle sie daher niederzureiten nnd einen Schuß zu bekommen, fühlte aber, daß die Unbeständigkeit meines Pferdes es sehr ungewiß machen werde. Der Wind pfiff mir in die Ohren, als wir über die freie Ebene dahinflogen. Das Gras war nicht über einen Auß hoch nnd der Voden hart; — die Giraffen fansten etwa zwölfhundert ^nß entfernt wie mit Dampf dahin und trieben, da es diesseits der Berge nicht geregnet hatte, eine Staubwolke von der dürren <5rdc empor, filfil war ein Widerspruch mit sich selbst; er liebte eine Zagd uud.hatte keine ^nrcht vor wilden Thieren, aber beim Knall eines Gewehrs wnrde er rasend. Als das Pferd die prächtige Heerde uon etwa fünfzehn Giraffcu vor fich sah, gerieth es iu Aufregung und bednrste keines Sporus — es spreugtc in eine kleine Vertiefung hinab, flog über die trockenen Vüffelgrubcn hinweg, jetzt über einen ausgetrockneten ,vlnß uud auf der au-dern Seite den Abhang hinauf dann wieder auf der Gbene fort, nnd der Staub, welcher ans der von den Giraffen anf-getriebeueu Wolke mir in die Augen flog, zeigte, daß wir in dem Wettrennen gewannen; o weh! —vor uns lag ein niedriger Dschungel — die Giraffen erreichten ihn, und durch eine vollkommene Wolke von Staub vorwärts sprengend, jetzt dem Wild bis auf dreihnndert ^nß nahe, schofsen wir durch die dor- 296 Vo» dcr Zu'cht lUx'lsnIIl'N. nigen Büsche hindurch, In noch eine»; bis zwei Minute», holte ich sie ein, und etn prachtvoller <^irafscnbnllc krachte vor mir wie ein sich mit Dampf fortbewegender Obelisk durch die Mi-moseu, in seinem unwiderstehlichen Sturm vor sich hin die elastischen Zweige biegeild, daß sie mit einer Kraft zurücksprangen, die Pferd und Reiter gestürzt haben würde, hätte ick) nicht sorgfältig meine Distanz behalten. Der Dschnngrl erschien mit dem orangerothen (Gewimmel belebt, dcun die Heerdc iuar jetzt auf jeder Seite, da ich dem vor mir stürmenden groben Bullen nachsetzte. Ach, wäre^ ich doch anf einer freien (^'bene gewesen! Ich tonnte keinen Angriff machen, und es erforderte die größte Aufmerksamkeit, dnrch dir dichten Mimosen den Schritt zu behalten, ohne an ihre Stämme und Aestc ^u rennen. Der Dschungel wurde immer dichter, und obwohl ich mich mitten in der Heerde und von mehreren Giraffen nur dreißig Fuß weit befand, so konnte ich doch nichts machen. Jetzt nahm sie eine Masse dichter und verwirrter Dornen auf und beschloß das kaum streitige Wettrennen — ich war besiegt. Das machte nichts ans, es war doch eine gute Jagd — eiue ersten Ranges — aber wo war mein Vager? <5s war fast dunkel, und ich konnte in der ,m'ne gerade noch den Paß erkennen, auf welchem wir deu Verg herabgekommcn waren; ich wußte also die Richtung, war aber gegen drei Meilen geritten, und ehe ich zurückkehren konnte, wurde es finster. Ich folgte indeß den fährten der (^iraffenhcrrde. Richarn war nirgends. Obgleich ich das Wettrennen verloren hatte und mich in meinen Hoffnungen gctänscht sali, so tröstete ich mich doch jetzt damit, daß Alles 5>,,n Besten dieute. Hätte ich in jener Stunde und Entfernung r.om Vager eine Giraffe erlegt, was würde es genützt haben? Ich war gan; allein, wer Hütte sie also während der Nacht finden könneil? und ehe es Morgen wurde, wäre sie von Vöwen und Hyänen verschlnngen worden; — die Ich findc die l^,Vllscli>ift n'i^^r. 2517 har»nlosen il«,b schöneil <^cschöpfe, welche Sünde wäre es ge wcscn, sic unnüycr Weise zu vernichten! Mit diesen tröstelidel, und praktischen Betrachtungen setzte ich meinen Weg fort, bis ein Ast mit hakigen Dornen, der sich in meiner Nase festsetzte, den l^edaukengang störte und mich überzeugte, daß es sehr dunkel war, nud daß ich meinen Weg verloren hatte, da ich weder die fährten der Giraffen noch die Vage der Berge mehr erkennen konnte. Ich feuerte daher meine Buchse als Signal ab, hörte bald darauf einen entfernten >tnall antworten, nnd in der Ferne schoß plötzlich an der Seite des Berges die Flamme eines Feuers empor. Mit Hülfe dieses Tignalfeners erreichte ich die Stelle, wo meine dritte im Bivouak lagen; sie hallen dasselbe anf einem Felsen angezündet, der sich etwa fünfzig Fuß über die Ebene erhob, denn obgleich etliche zwanzig bis dreißig Feuer loderten, so waren sie doch durch den dazwischenliegenden Dschungel verdunkelt worden. Ich fand »nein Weib nnd meine Mannschaft, wie sie sich eben stritten, ob es sich schicke, daß ich so spät allein im Dschungel blieb; doch fand ich anch Essen bereit; die An-gareps sStreckbettstellen^ waren an ein höchst behagliches loderndes Fener gestellt, und ein Blick nach dem sternenhellen Himmel sicherte mir eine schöne Nacht zn — ein Weib, freundliche Aufnahme, Nahrung, Feuer nnd schönes Wetter! — way kann der Mensch mehr wünschen? Ein ^ivonltt i,< der Wildniß hat viele Reize. Man ist vollkommen »»abhängig — dir Schildwachrn werden ausgestellt, die Thiere an Pfähle gebnnden nnd gefüttert, nnd die Feuer in einem vollkommenen >lreise rings um die gan^c Gesellschaft angebracht — Menschen, Thiere und (Gepäck befiuden sich alle innerhalb des Feuerkreises; oie Schildwacheu allein stehen außerhalb desselben. Es giebt eine Art des Visenholzes, die sehr entzündbar ist, und da sie Oel euthnlt, so brennt sie wie eine Fackel; sie wuchs in großen Massen, und die zahlreichen, mit diesem kräftign Brennstoff genährten ^cuer belebten das Vwouak mit einer beständig lodernden ^lainme. Meine Äcannschaft luar be schäftigt, ihr ^rot zu backen. Bei solchen Gelegenheiten branäjt mau keine» Backofen. Während der Teig zubereitet wird, macht »nn! ein ii n geh cures Aener an; ist er gut angcfeuchtel, so mird er zu einem Kuchen gestaltet, der etwa zwei ,^uß im Durch^ mcsser hat, aber nicht dicker als zwei Zoll ist. Wenn sich da5 Feuer in einem passenden Zustande glühender Asche befindet, ivird im Mittelpunkt ein großes Loch gekratzt, der flache Kuchen hineingelegt nnd die rothglühcnde Asche ans denselben gescharrt. Auf diese Art vergraben bäckt er in etwa zwanzig Minntcn; aber der Teig muß im höchsten Grade feucht sein, sonst wird er zu einer Kohle verbrennen. Am folgenden Tage wmen wir in ^atuw an, wo ich im Depot Alles in guter Ordnung fand, nnd die enropäischcn Gemüse, die ich gesät hatte, alle aufgegangen waren, ^ommoro und eine Anzahl Leute kamen uns entgegen. In Vatnka war, seitdem wir es verlassen, nur wenig Ncgcn gefallen, obgleich es in Obbo täglich stark geregnet hatte, und in der dürren.Saudcbme, welche die Stadt umgab, war keine Veränderung eingetreten, anch gab es keine Weide für die Thiere, außer in großer Entfernung. Den Tag nach meiner Ankunft wurde ^ilfil krank und starb in wenigen Stunden. Tötcl war seit dem 5 age, au welchem er während der Elephantenjagd matt wurde, immer in schlechtem Znftanoc gewesen und verschmähte jetzt sein Futter. Die Krankheit verbreitete sich rasch durch meine Thiere; fiinf Esel starben in wenigen Tagen, und die übrigen sahen schlecht aus. Zwei meiner >iameele starben plötzlich, indem sie den Giftstrauch gcfrefsen hatten, ^n wenigen Tagen jenes Unglücks starb mein gntes altes ^agdroß und treuer Gefährte auf allen früheren Jagden im '^as^lande, Tötel. Diese für meine Expe- Krankheit. — VlatMn. 2l)'^ dition furchtbaren Schläge waren für dir valutas höchst befrie digend; sic aßen die Esel und anderen Thiere in dem Augen blick, wo sie starben. Zwischen den Eingeborenen und dcn Gcicrit fand ein Wettrennen statt, iver zuerst kommen werde, um durch meine Verluste zu gewinnen. Nicht nur die Thiere waren trank, sondern xiuch meine Fran lag an einem heftigen Anfall von gastrischeni Fieber darnieder, und ich selbst litt an täglichen Anfällen von Wechselfieber. Unter den Türken brachen die flauern aus. Mehrere Leute starben, uud nm die Sache noch schlinnner zu machen, bestanden sie darauf, sich und alle ihre Sclaven zu impfen; auf diese Art dnnstete das ganze ^ager von dieser scheußlichen Krankheit. Zum l^lück war mein Lager getrennt und windwärts gelegen. Ich verbot meiner Mannschaft streng, sich zu impfen, und unter meinen Leuten kam kein Fall dieser Krankheit vor, aber sie verbreitete sich durch das ganze Vand. Die Blattern sind unter den Stämmen von l^entral-Afrika eine Distel, die von Zeit zu Zeit dnrch das Land fegt nud den zehnten Theil der Bevölkerung hinwegrafft. Unter den Eingeborenen von »ml Ee>,'. ankam, weil er mich nach jener Richtung hinführen konnte. Die Anslnnft, die ich in Latnka von Wnni erhielt, war anferst uu bestiiumt, nnd ailf gauz geringfügige Angaben gründete ich meine Schlüsse so sorgfältig, das; meine spateren Entdeckungen die erste Witterung der Lage, welcher ich auf alle Mle mit Erfolg nachging, höchst interessant gemacht haben. Zch theile daher die Bemerkung, die ich am !?l>. Mai I«M5, wo ich zuerst den Veitfaden erhielt, der mich nach dem Albert N'yanza führte, iu ^atuka niederschrieb, wörtlich ans meinem Tagebuch mit: — „Ich hielt mit Wani, dem Führer und Dolmetscher, ein langes Verhör in Betreff des Bandes Magungo. Voggo, der Bari-Dolmetscher, beschrieb Magungo immer, als liege es an einem großen ^lnssc, nnd ich schloß, dies müsse der Asua sein; bei einem Kreuzverhör finde ich aber, daß er das Wort „Bahr"« (das im Arabischen Fluß oder Meer bedeutet) anstatt „Birtü" (See) gcbrancht hat. Die Entdeckung dieses bedeutenden Irrthums giebt der Geographie dieser Gegend eine ncnc Gestalt. Ätach seiner Beschreibung liegt Magnngo an einem See, der so groß ist, daß Niemand seine l^ren^cn keimt, ^eine Breite ist der Art, daß, wenn man ;wci Tage östlich und eben so weit westlich reist, man nach beiden Himmelsgegenden noch kein Land sehen kann, wahrend uach Süden hiu seine Richtung gan^ nn-betannt ist. ^n Magnugo tounnen große Fahrzeuge aus fernen nnd nnbclannten liegenden an, die Mnschclgeld und Perlen ^nm Austausch für Elfenbein bringen. Auf diesen ^ahrzeugen hat man weiße Männer gesehen. Alles iu ^atnta und den benachbarten Väudern gebräuchliche Muschclgcld wird durch diese Mhr^eugc geliefert, in den lcyteu zwei Zähren aber find leine angekommen. „Wie er die Entfernung beschreibt, liegt Magungo etwa unter dem 2" nördl. Breite. Der See kaun kein anderer als der „N'Mn^a" sein, der, wenn die Vage Magungos richtig ist, Braune Männer werden nx'isil' sscnmnlt. 301, sich viel weiter nach Norden erstreckt, als Epeke vermuthet hatte. Die „weißen Männer" müssen die arabischen Händler sein, welche Muschelgcld von Zanzibar bringen. Ich werde die erste Gelegenheit ergreifen, nach Magnngo vorzudringen. Ich denke mir, dies Land gehört Kamrasi's Brndrr, da Wani sagt, der König habe einen Bruder, welcher König von einem mächtigen Lande auf dein westlichen Ufer des Nil sei, aber sie lägen immer mit einander im Kriege. „Ich vernahm noch einen andern Eingeborenen, der bis nach Magnngo gewesen war, nm Stnr-schid's Volt fast leer, während meine eigene Mannschaft auf die Dächer ihrer Hütten kletterte, um eine Ausficht nach Westen hin zu bekommen. W war nichts zu seheu, obgleich das Schießen etwa eine Meilr weit, wie es schien, jenseits eines Gürtels von Bäumen, noch immrr fortdauerte, ^etzt hörte ich, daß Kur- Ter „angcnehme Maill'l'r" wird gctödtct. Z0/5 schid's Volk jenen Morgen zwischen drei und vier Uhr auf Verlangen l^ommoro's aufgebrochen sei, um eine benachbarte Stadt anzugreifeu, die etwas rebellisch gewesen war. Das Schießen dauerte etwa zwei Stunden lang fort, wo es daun plöhlich aufhörte. Bald darauf sah ich mit dem Fernrohr die rothe Aahne der Türten aus dem Walde auftauchen, und wir hörtcu das Wirbeln ihrer Trommel, vermischt mit dem Vrülleu von Ochsen und dem Blökru von Schafen. Als sie näher kamen, bemerkte ich ein beträchtliches Corps Männer uud eine große Heerde Rinder uud Schafe, die von einer Anzahl valutas getrieben wurden, während ein Trupp Türten etwas Schweres auf ihren Armen trngen. Bald laugten fie an, mit etwa WlD Stück Rindern uud Schafen; aber sie hatten eineu ihrer ^eute verloren, der im Kampfe getodtet wordeu war, nud dessen Leichnam sie ;ur Beerdigung heimtrugen. Zufällig war es fast der beste Maun der l^esellschaft, wirtlich ein sehr gesitteter Mensch und im tanzen genommen ein ziemlich angenehmer Räuber. Auf Commoro's Alttrieb hatten die Türkcu die Stadt Kayala angegriffen; aber die ^atukas hattcu so gut gefochten, daß die Türken es unmöglich fanden, die Stadt zu uehme», die, wie gewöhulich, durch Eisenholz-Pallisadeu geschützt war, an denen ihre Kugeln, ohne zu schaden, platt wurden. Nicht uur die Latutamäuner hatten gut gerümpft, sondern anch ihre Granen zerbrachen ihre Mühlsteine und vertheidigten den Eingang, indem sie mit den Bruchstücken dersclbeu nach den Stürmenden warfen. Mehrere Türken wurden durch die Steine verwundet, die von diesen muskulösen Amazonen mit solcher Kraft geschleudert wurden, daß manche ^lintenläufe Kerbeu bekamen. Viele jener tapferen grauen waren von den feigen Türken erschossen worden, und eine sollte eben von dem „angenehmen Räuber" fortgetragen werden, als ein Eingeborener zu ihrer Befreiung herbcispraug, seinen Speer durch dessen Brust trieb und ihn auf 304 Thcilunss der Vcute. der Stelle tödtete. Zum Unglück fur die Latukas hatten gerade zuvor, ehe der Angriff stattfand, manche ihrer Nmdcr die Stadt verlassen, u'm auf die Weide zu gehen; diese wurden von den Türten erbeutet, aber lein einziger feindlicher Fuß war im Stande gewesen, in ihre Stadt einzudringen. Am folgenden Tage war die (Gesellschaft emsig mit der Theilung der Beute beschäftigt; ein Drittel gehorte der Mannschaft als Dividende, während das Uebrige das Eigenthum des Etablissements der Händler oder des „Mcri" (der Regierung) war, wie sie den Handelsherrn nennen. Dieser Theil sollte nach Obbo geschickt werden, als einem Orte, der Sicherheit gewährte und gute Neide hatte, und die Mannschaft sollte in La-tuka auf andere Razzias ausgehen nnd eine große Anzahl Rinder sammeln, die man zum Austausch für Elfenbein uach Süden treiben wollte. Kurschid's Lager war ein Schauplatz beständigen Aufruhrs, indem die Mannschaft sich über der Theilung der Beute zaukte. Tagebuch: — Den 3. Juni. — „Die Tinten sind jetzt emsig im Kaufen nnd Verkaufen, da jeder Mann seinen Antheil au dem gestohlenen Vieh je nach seinen Bedürfnissen verwendet. Der Eine vertauscht an die Emgcboreueu eine Kuh für Getreide und Fleisch; eiu Anderer schlachtet einen Ochsen und verlauft ihn in tleinen Stücken für Merissa (Bier), Hühner u. s. w., während die Eingeborenen nach dem Lager strömen wie l^eier, die Fleisch wittern; Andere heben ihr Vieh auf, nm die Töchter der Eingeborenen unter dem Nameu von Wei-beru zu Selam'unen zu kaufen, die sie gelegentlich in Khartum für je zwanzig bis dreißig Thaler wieder "verlaufen. Meine Leute sehen bestürzt bei den« Muck ihrer Nachbarn ;u; wie „Ali Edens Thor, das eben offen, Stand ciue Peri schwer betroffen,"*) *) Thomas Moore, Lalla Rookh, Das Paradies und die Pen. Das Leben der Frnuen wird im Kriege sseschont. 305 so kann man sic das angrenzende Paradies betrachten sehen, wo es fleisch in Ucberflnß giebt, das nm so besser schmeckt, weil es gestohlen ist; aber ach! ihr gransamer Herr erlaubt ihnen diese unschnldigen Frenden nicht. Für Vieh als Zahlung kann man in diesem ^andc Alles bekommen. Die Eingeborenen arbeiten Ml start, für das ihrem eigenen Stamme nnd unmittelbaren Nachbarn gestohlene Vieh Zaribas (Pferche) herzustellen, nnd erhallen als Vergütung zwei bis drei junge Ochsen, in die sich mehr als hnndert Mann theilen müssen. Sie verdienen kein Mitgefühl; sie sind schlimmer als l^eier, nicht einmal'in einem nnd dcinsclben Stamme vertragen sie sich. Die Häuptlinge haben keine wirtliche Macht; - ein tleincr District, der vier bis fünf Städte euthült, tritt zusammen nnd plündert die benachbarte Provinz, d''s ist nicht zu verwundern, das; die räuberischeu Händler des Nil den l^eist der Zwietracht zu ihrem eigenen Vortheil benutzen nnd sich mit dem einen Häuptling verbünden, um den andern zn berauben, worauf sie gelegentlich den ersteren auch noch plündern. Wie die Eingeborenen sagen, wurden bei dem Angriff anf Kayala fi'mf-undsechzig Manner und Frauen getödtet. Sämmtliche ^atnkas betrachten es als eine große Schande, das; die Türken anf die Franrn schössen. Unter allen Stämmen, von (^ondot'oro bis Obbo, wird eine Frau selbst in Kriegszeiten geachtet. Sie werden daher als Spione verwendet nnd werden im höchsten l^rade gefährlich. Dessen ungeachtet ist man allgemein einverstanden, daß keine Fran getödtct werden darf. Der Ursprnng dieser menschenfreundlichen Bevorzugung liegt, wie ich mir denke, in dem Mangel an denselben. Wo Vielweiberei besteht, sind Francn zn»! Todten zn theuer; da der Preis eines Mädchens fünf bis zehn Kühe beträgt, so ist ihr Tod dem wirklichen Ver-lnst dieser Anzahl Kühe gleich. Zum Glück für meine Gesellschaft, die nicht ans Pichdicben Val«r, Der «Nbcit N'yanza, I. ^>-> 306 Salzmangel unter den Latukas. bestand, gab es Wild, wie gewöhnlich, in ^ülle, nnd ich konnte mich nnd meine Veute immer mit köstlichen wilden Anteil nnd Gänsen versorgen. Dieser leicht verdanlichm Speise luurdcn wir nie überdrüssig, da nur sie jedesmal anders zubereiteten. Zuweilen war ich im Stande, eine Ziege zu bekommen; dann wurde ein großartiges bericht gemacht, indem der Wanst zu einem schottischen ,,Haggis" ails fein gehackten Gebern und fleisch von wildem ^rfliigel mit den gewöhnlichen Anthaten hergerichtet ward. Mein karten gedieh herrlich; wir hatten Zwiebeln, Vohnen, Melonen, Yamswurzeln, Salat nnd Nadieschcn, die mehreren erfrischenden Regengüssen rilsch entsprochen hatten. Die Temperatur betrug während der heißesten Stnnden des Tages 85" im Schatten, nnd in der Nacht 72". Salz ist in Latuka nicht zu bekommen. Die Eingeborenen benutzen es selten, weil es ans den beiden einigen Quellen, aus denen es sich gewinnen läßt, in jeder größeren Menge schwer hinstellen ist. Das beste wird aus Ziegenmist bereitet; dieser wird in Asche verwandelt und mit Wasser gesättigt; das Wasser wird dann abfiltrirt und durch Kochen verdampft, (^inc andere Art wird aus einem eigenthümlichen («ras bereitet, das einen dicken fleischigen Stengel hat, welcher einigermaßen dem Zuckerrohr gleicht; die Asche dieses Stengels liefert Salz, das aber keineswegs rein ist. Der Häuptling von ^atnka pflegte eine Handvoll Salz, die ich ihm von meinem großen Vorrath gab, gierig zu esseil, und mit diesem Artikel konnte ich Vcbensbedürf-nisse besser cinkanfen als mit Perlen. Am 4. Zuni brachen Ibrahim nnd fnnfnndacht^ig Manu mit etwa 4W Kühen nnd KX)«> Ziegen nack*Obbo auf. Kurz nach ihrer Abreise strich ein heftiges Zwitter, von einer Negcnflnth begleitet, über das Vand und überfluthete den Latlllafluß und die verschiedenen Teiche, die meine Wildgehüge bildeten. Aus der Entenjagd. A07 ^ür den nächsten Tag sah ich einer qnten Entenjagd entgegen, da nach dem schweren (Zwitter sicherlich große .^üge ankommen mußten. Am Morgen des s>. war ich in früher Stunde draußen und erlegte in sehr kurzer Zeit acht Enten und l^änse. Eine halbe Meile von meinem Lager war ein bestimmter Teich, den eine kleine Marsch umgab, und der das wilde (Geflügel ganz besonders anzog. Zn der Marsch standen zwei Hcglikbänmc, nnd man brauchte sich blos unter den Schutz des einen ;n stellen, um einer guten Jagd versichert zu sein, da die Enten stets in dein Teiche ankamen. Zch wollte eben die ^agd mit gangem Herben beginnen, als ich im Vager der Türken einen Schnß abfeuern hörte, auf welchen lautes Angstgeschrei folgte, nnd bemerkte, daß ein Haufeu Latukas vom Vager nach ihrer Stadt hinstürben, Eiuige Nugeublicke später hörte ich die Trommel der Türken nnd sah Leute hin und her rennen und die Latukas aus der Nachbarschaft sich mit Lauben und Schilden versammeln, als ob sie sich zu einem stampf vorbereiteten. Zch hatte nur zwei Mann bei mir, und da ich mich fast eine halbe Meile vom Lager befand, so hielt ich es für rathsam, nach der Stelle ;n eilen, damit nicht vor meiner Ant'nnft etwas Un^eitiges vorfallen möchte. ,^ch flog daher über die freie Ebene hin und erreichte schnell mein Lager. Ich fand meine ,^ran, wie sie die Mannschaft auf ihre Posten brachte, indem sie einen Aufstand fürchtete. Sie hatten mich nach sich hineilen sehen, und ich ging nun in das Lager der Türken, das dicht daran lag, nnd erkundigte mich nach der Ursache des Lärms. Etwas Widerwärtigeres tonnte mich nicht treffen. Schon schössen die <^eicr in Kreisen über einem (Gegenstände, der sich ausserhalb des Lagers befand. (5s ergab sich, daß cin Eingeborener von ätayala (der Siadt, auf wckl/e die Türt'eu kindlich 20' 308 Die Türken ermorden einen Eingeborenen. den Angriff gemacht) Tarrangollö besucht hatte, um sich nach einer fehlenden Kuh zn erknndigeu. Die Häuptlinge Moy nnd Eommoro brachten ihn in das Vager der Türken, blos um zu beweisen, daß er keine böse Absicht habe. Kanin war verkündigt, daß er ein Eingeborener von Kayala sei, als die Türken ihn für einen Spion erklärten und znin Erschießen verurtheilten. Die beiden Häuptlinge Mon und Commoro, die sich comvro-mittirt fühlten, weil sie den Mann unwissentlich in solche Gefahr gebracht hatten, warfen sich vor ihm nieder und erklärten, daß ihm kein Leid geschehen solle, da er ihnen angehöre. Sie wnrden dnrch die vereinigte Kraft vieler Männer himveggerissen und der Gefangene angmblicklich gebnnden nnd von seinen blutdürstigen Mördern zum Tode fortgeführt. „Erschießt den Svion!" war kaum ausgesprochen, als ein Schurke hervortrat, die Münduug seiner Muskete ihm dicht auf die linke Brust setzte und abschoß. Der Maun sank todt nieder, kaltblütig gemordet. Die Eingeborenen stürzten in gedrängten Haufen von der Stelle hinweg, indem fic natürlich annahmen, daß auf eine so ohne alle Vcraulassnng vollzogeile Gewaltthat ein allgemeines Blutbad folgeu werde. Der Leichnam wurde an den fersen einige Schritt weit außerhalb des Lagers geschleppt, nnd wenige Minuten nach dem Tode waren die Geier seine Todtengräbcr. Unter solchen empörenden Umständen konnte ich nur mit Mühe mein Temperament im ^anme halten. Zch fühlte, daß ich in einem unerwarteten Augenblick bei einem ernsten Ausbruch der Eingeborenen, der durch die unmenschlichen Thaten der Händler veranlaßt wurde, mit in Gefahr kommen konnte, Man erklärte schon, daß es nnsicher sei, sich ohne eme Bedeckung von zehn, bis zwölf Mann Bewaffneten anf die Jagd hinauszuwagen. Ein Gemisch von Feigheit und Brutalität, wurde die Händlergesellschaft überaus furchtsam, als das Gerücht giug, daß die Das Land beunruhigt. H0<) Einwohner uou Kayala beabsichtigte!!, sich mit denen von Tar-rangoll6 zu verbündeu und die Türken in ihrem ^agcr anzugreifen. Ich verstärkte daher meine Stellung, indem ich einen Pallisadenthnrm bante, der alle Approchcu zu meiner Zariba völlig beherrschte. Latuka n'ar bereits von den Türken ausgeplündert. Es war jetzt schwer, sich Mehl und Milch für Perleu zu verschaffen, da das Haudlervolk seit dem Angriff auf Kayala das System angefangen hatte, alle Vorräthe entweder mit Ziegen oder mit Rindfleisch einzukaufen, was, weil sie es gestohlen, ihr wohlfeilstes Tauschmittel war. Obgleich reich au Perleu uud Kupfer, war ich wirtlich arm, weil ich leine Vebensmittel bekommen kountc. Ich sehte daher meine Leute auf eine Nation von monatlich zwei Pfund Perlen; damit gingen sie nach entfernten Dörfern nnd kaufteu sich ihren Proimmt, ohne vou mir abhängig zu sein. Am 1l. Iuui um 7 Uhr 20 Miuutcn Vormittags fand eine merkwürdige Naturerscheinnug statt. Der Himmel war vollkommen hell, aber wir wurdeu durch ein Getöse erschreckt, das der plötzlichen Explosion einer Miuc oder dem Douner eines schweren Geschützes glich und sich fast unmittelbar wiederholte. Es schien zwischen den Bergen cntstaudcu zu sein, die etwa sechzehn Meilen weit gerade südlich vou meiucm Vager sich erhobeu. Ich konnte mir dieses Erciguiß >nir durch die Vermuthnng erklären, daß vielleicht von einem hohen Berge sich eine ungeheure Masse des l^ranitfelseus abgelöst, beim Herabfallen in das Thal vou einem Vorsprung an der Wand des Berges abgeprallt sei nnd dadurch cincu doppelten Knall veranlaßt habe. Den 1,'i. Iuui. — Vor dein Frühstück schoß ich zchu Enteu und l^änse, darunter eine der großen schwarz und weißen Gänse mit dem karmoisinrolhcn Kopf und Hals, Bei meiucr Rückkehr iu's ^ager wog ich dieselbe ^ fie war geuau elf Pfund 310 Zwei Diebe. schwer. Diese (Nans fM au jedem der beiden Flugelgclenke einen scharfeil, hornigen Sporn, der einen Zoll lang ist. Während ich am Morgen nmhcrschlendertc, begegnete ich Hunderten von Eingeborenen, die in Anfregnng mit Schilden nnd Speeren nach Adda's Dorf hinranntcn. Sie ivaren im Begriff, einen: ctwa vier Meilen entfernten Dorfe das Vieh zu stehlen; es wird daher im Laufe des Tages ein Gefecht geben. Der Latnkastrom ift jetzt voll und hat den Anschein eines dancrn-den Flusses, der dem Sobat eine beträchtliche Wasscrmassc zuführt. Während der Entenjagd traf ich diesen Morgen zwei Diebe — der eine war ein Adler, der andere ein Eingeborener. Den schonen Fischadler mit weißer Kehle tann man in der Riegel anf einem über den Flusi hangenden Zweige sitzen sehen, bereit, jede Beute zu fangen, die siH ctwa darbietet. Diesen Morgen schos; ich zwei Enten rechts nnd links, als sie den Fluß hinabflogcn — die eine fiel todt in's Wasser, die andere aber, die schlecht getroffen war, flatterte eine Strecke weit anf der Oberfläche hin nnd wnrdc sofort von einem Fischadler verfolgt nnd gepackt, der, ganz unbekümmert nm die Flinte, die Jagd von einem hohen Baume aus beobachtet hatte und Verlangen zeigte, die Ergebnisse zu theilen. Damit sie nicht nm ihr frühstück gebracht werden möchten, jagten meine Leute nach, jauchzend nnd heulend, nm den Adler zn verscheuchen; einer von ihnen, der ein mit Nehpostcn geladenes l^ewchr hatte, feuerte, und das Schwirren der Ladung bewog den Adler, die Ente fallen zn lassen, die von dem Manne trinmphirend ergriffen wnrdc. Der andere Dieb war ein Eingeborener. Ich feuerte einen weiten Schnsi anf einen Enterich ab. Der Vogel flog eine beträchtliche Strecke und hoch, siel aber etwa eine Viertclmeile entfernt nieder. Dicht an der Stelle, wo er fiel, hackte eben ein Latuka, und wir sahet, deutlich, wie er den Vogel aufraffte und Ibrahimawa's Erinnerungen an England. Z11 nach einem Busche sprang, in welchem er ihn verbarg. Als wir ankamen, setzte cr seine Arbeit fort, als ob nichts geschehen sei, und längncte, irgend etwas davon zu wissen. Er wnrde daher am Ohre nach dem Busche geführt, wo wir die Ente sorgfältig versteckt fanden. Den 14. Inni. — Die Eingeborenen verloren einen Mann, der gestern im Gefecht blieb; die Nacht wnrde daher mit Singen und Tanzen verbracht. Das Land trocknet ans; obgleich der Strom voll ist, so giebt es doch in Latula leinen Regen; das Wasser im Flusse ist der östliche Abfluß von den Obbobergen, wo es taglich regnet. ^brayimawa, der Eingeborene von Bornu, sonst ,,Sinbad der Matrose" genannt, der große weisende, unterhält und laug-weilt mich täglich mit den langen nnd wunderbaren Geschichten seiner Reisen. Die Art nuo Weise seiner Erzählungen kann man ans folgenden Auszügen entnehmen: „An Bornu grenzte ein Land, wo der .Nöuig so, fett und schwer war, daß er nicht gehen tonnte, bis die Doctoren ihm den Banch öffneten nnd das Fett herausschnitten, eine Operation, die jährlich wiederholt wurde." Ein anderes Land beschrieb er als ein vollkommenes Paradies, wo nie Zcmand etwas so scringes traut, wie Wasser ist. Dies Land war so wohlhabend, daß der ärmste Mann Mcrissa (Bier) trinken konnte. Die allgemeine Beranschung erläuterte er dadurch, dast er sagte, „nach 3 Uhr Nachmittags sei im ganzen Lande Niemand mehr nüchtern gewesen; auch die Kühe, Ziegen und Hühner waren von dieser Stunde an alle betrunken, da sie die Merissa tranken, welche ihre Eigenthümer, die alle schliefen, in den Krugen gelassen hatten." England kannte cr dnrch und durch, da er auf einer türkischen Fregatte, die nach Gravesend gesandt wnrde, Diener gewesen war. Eine Abeuduitterhaltung beschrieb er höchst lebhaft. 312 Die Gesellschaft wird imch Obbo zurüclgcrllfcn. E:' war im Hause „eines euglischeu Paschas in Vlackwall" zum Balle geweseu und hatte bei einigen reizenden englischen Damen mit außerordentlich weit ausgeschnittenen Kleidern erstaunliches Glück gemacht; er war überzeugt, daß er auf dieselben einen dauernden Eindruck hinterlassen habe, da mehrere ill der Meinuug, cr sei ein Pascha, sich anf der Stelle in ihn verliebt hatten. Das waren Beispiele aus dem Leben und den Erinnerungen Ibrahimawa's, des Vomuesen. Am 16. Juni kehrte Kurschid's Volk von Obbo zurück. Ibrahim nnd einige Mann waren dort geblieben, und da er dem kriegerischen leiste der Latutas nicht traute, so rief cr jetzt die Mnzc (Garnison von Tarrangoll6 ab und beabsichtigte, eine Station in dem friedlicheren Lande Obbo zu errichten. Ein Auszug aus meinem Tagebuch von jenen: Tage legt meine Gefühle dar. „Dies ist höchst ärgerlich. Zch hatte mein Vager, meinen Garten u. s. w. für die nasse Jahreszeit eingerichtet und muß nun Alles verlassen, da es unmüglich ist, mit meiner kleinen Macht allein in diesem Lande zu bleiben. Die Eingeborenen sind (seit der Viehrazzia) so schlecht geworden, dem, um Wasser zu holen, ein beträchtliches bewaffnetes Eorps zum Flnssc gehen muß. Zu der Nähe der Händler ist außerordentlich angcneh-mes Reisen; sie verwandeln jedes Land in ein Wespennest; — sie handeln weder nach einem festen Plan, noch verfolgen sie einen bestimmten Entschluß, und da ich unglücklicherweise von ihren Bewegungen abhängig bin, so gleiche ich mehr einem Esel, der jeden beliebigen Augenblick gesattelt und fortgeritten wird, als einem Forschungsreiseuden. Etwa sechzig Eingeborene von Obbo begleiteten die uon Ibrahim gesandte Mannschaft, um die Sachen zu trageu; — da so viele meiucr Transvortthierc todt sind, so brauche ich wenigstens füufzig." Nichts kauu über die Faulheit und mürrische Schlaffheit meiucr Leute hinausgehen; Weiße Amriftn. ^!!! ich habe nur vier, dic werth sind, daß ich sie habe: — Nicharn, Ham cd, Sali nild Tahcr. sämmtliche Leute iu beiden Lagern waren mit dem Befehl, sich iu Bewegung zu setzen, unzufrieden, da sie in der Crwar-tnng, daß sic mährend der nassen Jahreszeit in Latukn bleiben würden, sich's bcqncm gemacht hatten. Die beiden Häuptlinge Moy nud Commoro warcn iu Verlegenheit, weil sie sich bei dem Angriff auf die benachbarte Stadt mit den Türken verbüß det hatten und daher iu Betreff künftiger Unterstützung von ihnen abhingeu; sic wurden jetzt im Stiche gelassen und fühlten sich ihren feinden kaum gewachsen. Einige Auszüge aus meinem Tagebuch werdeil unsern Aufenthalt in Latuka beschließen: — „Den 18. Iuui. — Die weißen Ameisen sind ein Fluch, der auf dem Lande liegt. Obgleich die Hütte täglich gekehrt uud ihre t^änge zerstört werden, so bancn sie doch während der Nacht Alles wieder auf, wobei sic die Stützen bis znm Dach abschälen nnd in das Dachstroh eindringen. Gegenstände von Leder oder Wolle werden znerst verschlnngen. Die Schnelligkeit, mit welcher sie ihre s^änge wieder herstellen, ist zum Erstaunen. Ihre ganze Arbeit wird mit (Zement ausgeführt; die Erde ist in ihrem Magen enthalten und wird dort mit einem klebrigen Stoss vermischt; daun setzen sie dieselbe ab, wie Bienen ihr Wachs. Obgleich die Erde dieses Landes, wenn sie znm Hausbau zubereitet wird, im Regen zerbröckelt, so bleiben doch die Hügel der weißen Ameisen in Folge des in dein Cement enthaltenen Leimes fest und wasserdicht. Ich habe drei Spielarten der weißen Ameisen gesehen. Die größte ist etwa so groß wie eine kleine Wespe; diese greift die Wohnungen nicht an, sondern nährt sich von um-gefallcnen Bäumen. Die zweite Spielart ist nicht so groß; sie dringt selten in Gebäude ein. Die dritte ist die größte Plage; sie ist die kleinste, aber dick und voller Flüssigkeit; — die Erbe A14 Mchtlicho Piehstchlcr. ist buchstäblich von ihnen belebt, und es stirbt in ^atuw keinen Qlindratfnß Erdboden, der vou ihnen frei ist. „Den 19. Iuui. — Ich hatte gestern eineil bösen Fieber -anfall, der inir schon einige Tage angehangen hat. Ich wog das ganze Gepäck und packte die Porräthe in Lasten von je fünfzig Pfund, welche die Eingeborenen tragen sollen. „Den 20. Juni. — Ich bin beschäftigt, ans der blinde einer Mimosa neue stricke zu verfertigen; alle Hände sind bei der Arbeit, da wir übermorgen aufbrechen. Mein Verlnst an Thieren macht einen Unterschied von drcinndzwanzig Träger-lastcn. Ich werde vierzig Eingeborene mitnehmen, da der schlechte Weg für die Ejel leichte basten wird nothwendig machen. Ich habe jetzt nur noch vierzehn Esel; sie befinden sich in gutem Zustande und wurden gedeihen, wenn nicht die Vögel so ucrderb lich wären, indrin sie ihnen Wnnden in die Rücken hacken. Diese Wnnden würden, wenn man Schichpnlver auflegt, schnell heilen, aber die Vögel reizen uud vergrößern sie, bis das Thier unbrauchbar wird. Zwei Esel habe ich blos in Folge der Angriffe dieser Vögel verloren; — das einige noch übrige Kameel und einige Esel habe ich mit Jacken bedeckt, die aus Zeltlein-wlllld verfertigt find. „Den 21. Juni. — Nichts. „Den 22. Juni. —Vergangene Nacht wurden wir durch einen Rapport der Schildwache geweckt, daß Eingeborene um das Lager hernmstrichen; ich stellte daher noch dreiCchutzwachen aus. Ein wenig nach 2 Uhr Morgens fiel ei«, Echnß, dem rasch nach einander zwei andere folgten, nnd am Eingänge des Lagers vorüber wurde ein (Geräusch gehört, als ob viele Füße schnell vorbeirennten. Ich war in einein Augenblick auf, und meine Leute standen rasch unter den Waffen. Die Trommel der Türken ging, nnd ihr Lager (welches an das meinige anstieß) lebte von Menschen, aber Alles war finster. Ich zündete meine Po- Ein Dieb erschossen. ';i5 lizeidicncrlaterue an, die stets geputzt in Bereitschaft stand, und kam bald auf der Stelle an, wo der Schnß gefallen war. Die Eingeborenen hatten versucht, ans drin Pferch der Türken das Vieh zu stehlen, nnd, durch die Finsterniß begünstigt, angefangen zu wühlen, um die Dornbüsche zu entfernen, welche die Uii^änuung bildeten. Zu ihrem Unglück hatten die Diebe nicht gewußt, daß im Pferch unter dem Vieh sich Wächter bcfandcu. Es war eine stockfinstere Nacht, und man konnte nichts erkennen; aber das Schnaubeu und Stampfen der siegen, welches offenbar andeutete, daß etwas Uugewöhulichcs anwesend sei, zog die Aufmerksamkeit einer der Schildwachcn anf fich. Sie bemerkte sodann, das; dicht an ihr, aber jenseits der Hecke, ein schwarzer (Gegenstand kroch und andere standen, und hörte die Büsche sich bewegen, als ob jemand darüber wäre, fie zu cutfernen. Die Schildwache schoß sofort, und das Geräusch sich eiligst zurückziehender Menscheu bewog sowohl sie als die andere Schildwiichr, den Schuß zu wiederholen. Wir suchten nun beim Acht der Laterne die Stelle anf nnd entdeckten den Leichnam eines Eiu^ geborenen, der dicht am Zaune gerade über einem beträchtlichen Loche lag, welches er unter den Dornen gescharrt hatte, um die Stiele herauszuziehen, die iu die Erde ciugegrabcu waren, und er würde auf diese Art durch Wegziehen der Büsche einen Eingang hergestellt haben. Er hatte genan der Schildwache gegenüber zu arbeiten begonnen, nnd da die Munkele nlit ^ormschro-ten geladen war, den vollen Inhalt anf den Leib bekommen. Obgleich er das Schicksal anf die Probe gestellt nud sein Uu-glück verdient hatte, so war es doch höchst widerlich, die Nohheit der Türkeu mit anzusehen, die Stricke an die Knöchel banden, den Leichnam au den Eingang ihres Lagers schleppten und zum Zeitvertreib ihre Vajouuette durch die Brust zu treiben wünschten. Der Mann lag zwar im Sterben, war aber nicht todt. Ein Schrot war in das eine Auge eingedruugeu uud hatte es 346 Frau Vater tnmt. herausgeschlagen; mehrere waren in das Gesicht, die Brnst und die Schenkel gegangen, da er, als das l^ewchr abgeschossen wurde, sich in einer gebückten Stellung befand, Ich ließ nicht zn, daß er verstümmelt nnirde, und nachdem er eine Zeit lang im Todcskampf geächzt hatte, starb er. Das Hünolervolk nahm sofort die Hände an den Fanstgelcnkcn ab, um die kupfernen Armbänder loszureißen, während Andere ihm den Perlcnhelm abschnitten, nnd die Leiche wurde niit großer Ucberlcgung dicht an den Eingang meines Nigers geschleppt. „Den 22. Juni.— Da ich fand, daß die ekelhaften Türken die Leiche fast an meine Thür gelegt hatten, so hatte ich sie ein paar Hnudert Schritte nach dein Winde hin entfernt. Es versammelten sich sofort die verschiedenen Raubvögel — Bussarde, Geier, Krähen und der große Marabustorch. Ich beobachtete einen großen Geier mit bloßem Halse, dem es fast gelaug, den Körper umzuwenden, indem er an dem Fleische des Armes auf der entgegengesetzten Seite von derjenigen zerrte, anf welcher er stand. Ich habe die Bemerkung geinacht, daß Raubvögel ihren Angriff stets zncrft an den Aliqen, den inneren Theilen der Schenkel und unter den Armen beginnen, ehe sie die gröberen Theile verschlingen. In wenigen Minnten war ein gnt abgenagtes Gerippe Alles, was von dem Latuka übrig gelassen wurde." Am folgenden Morgen sollten wir aufbrecheu. Meine Frau war gefährlich krant an einem Gallcnfieber nnd nicht im Stande, zn stehen; ich bemühte mich daher, die Hündlergescllschaft zn bereden, ihre Abreise einige Tage zn verschieben. Von einem solchen Borschlag wollten sie nichts hören; sie hatten die ^a-tulas so erbittert, daß sie einen Angriff befürchteten, und ihr Hauptmann oder Wekil, Ibrahim, hatte befohlen, sie sollten sofort das Land räumen. Das war für mich eine höchst ungünstige Lage. Die Händler hatten die Feindseligkeit des Landes herbeigeführt, nnd ich sollte, falls ich allein znrückblicb, den Marsch nach Obbo. 317 Schlag aushalten. Ohne ihre Anwesenheit war ich nicht im Stande, mir Träger zn verschaffen, weil die Eingeborenen meine schn'Nche Gesellschaft nicht begleiten wollten, zumal da ich ihnen keinen andern Lohn bieten konnte als Perlen oder Kupfer. In einign der letzten Tage hatten in Vatuka die Regen begonnen, und wir mußten auf dem Wege nach Obbo zu in beständige (Gewitter kommen. Wir wollten auf nnserem Marsche einen weiten Umweg machen, um die ^elsenpüsse zn vermeide», die bei der gegenwärtigen Stimmung des Landes gefährlich waren, zumal da die Händler große Heerden besaßen, welche die Gr-sellschaft begleiten mußten. Auf der beabsichtigten Reiseroute bestimmten sie für die Strecke bis Obbo fünf Tagemärsche. Das war kein verlockendes Programm für die Unterhaltung während der Woche, mit meinem fast im Sterben liegenden Weibe! Ich ging jedoch au's Wert nnd versah einen Angarep oon einem Ende bis zum andern mit gewölbten Reifen, so daß sie ein (Erstell bildeten gleich der Decke eines Frachtwagens. Dies bedeckte ich mit zwei wasserdichten gegerbten abyssinischen Häuten, die ich sicher mit Riemen befestigte, und indem ich an die Seiten des Angareps zwei lange parallel laufende Stangen band, stellte ich einen ausgezeichneten Palankin") her. Es wurde ihr in denselben hineingeholfen, und am 2^. ^uui brachen wir auf. Unsere vereinigten Gesellschaften bestanden an5 etwa dreihundert Mann. Als wir am Mße dcr Verge ankamen, zogen wir, anstatt wie früher über dieselben zu setzen, am Rande der Kette entlang nach Nordwrsten hin, gingen dann durch einen von der Natur gebildeten Riß herum und stiegen allmälig südwärts empor. Am fünften Tage waren nur um -"> Uhr Nachmittags noch *) Tragbctt. !i18 Große Poffadder. yvölf Meilen von Obbo und bivonakirten auf einer ungeheuern Granitmasse an der Seite eiucs Hügels, die ein sich neigendes Plateau von etwa einen: Acker bildete. Die Eingeborenen, welche uns begleiteten, erhielten sofort Befehl, ans deu Zwischen räumen der Felsen das Gras zu entfernen, und sie hatten kaum begonnen, als eine unbedeutende Unruhe zwischen einigen losen Steinen, die eben weggeschafft wurden, zeigte, daß etwas nicht in Ordnung war. Im Augenblick wnrden von dem Volks-Haufen Lanzen und Steine nach einem Gegenstände geschleudert, und als ich hinkam, sah ich das schrecklichste Ungehener, das ich je kennen gelernt habe. Zch nagelte ihm sofort den Kopf an die Erde und trennte ihn auf einen Hieb mit meinem Jagdmesser ab, wobei ich auf dem harten Felsen die scharfe Schueide meiner Lieblingswaffe beschädigte. Es war eine Poffadder sVi-pera bracl^ura <üuv.) von den außerordentlichsten Dimensionen. Ich holte sogleich wein Meßband aus der Jagdtasche, in welcher es stets znr Hand war. Die Schlange hatte zwar nnr eine Lange von 5 Fuß 4 Zoll, aber eiuen Umfang von etwas über 15 Zoll. Der Schwanz war, wie gewöhnlich bei giftigen Schlangen, sehr stumpf, der Kopf vollkommen platt nnd etwa 2^ Zoll breit, aber die Eingeborenen hatten ihu leider währeud meiner kurzen Abwesenheit, um das Maß zu holen, mit einem Felsen zerquetscht. Sie hattcu ihu daher als Exemplar zerstört; vou den Zähnen hatten sie drei zerbrochen, aber ich zählte deren achl nnd brachte fünf Giftfängr in Sicherheit, von denen die zwei hervorragendsten fast einen Zoll lang waren. Die Giftfänge der Schlangelt sind durch eiuen tenflischcn Einfall der Natur kunstvoll als spitzige Röhren eingerichtet, durch welche das Gift iu die Grundflache der zugefügtcu Wunde eingespritzt wird. Die äußerste Spitze des Fangzahnes ist massiv und so fein geschärft, daß sie unter einem starken Mikroskop vollkommen glatt erscheint, obgleich die Spitze der feinsten Nadel rauh ist. Ein Ein heftiges Gewitter. ' 81N kleines Stückchen oberhalb der massiven Spitze des Fangzahnes sieht es aus, als wäre die Oberfläche der Röhre weggeschnitten, gleich dein ersten schnitt an einem Federkiel, wenn man eine Schrcibfeder schneidet. Durch diese Oeffunng hindurch wird das l^ift eingespritzt. Zch hatte die Fangzähnc kanm in Sicherheit gebracht, als ein furchtbarer ^onnerschlag die Erde erschütterte und zwischen den hohen Bergen, die links von uns innerhalb einer Meile sich schroff erhoben, von Felsen zu Felsen wiedcrhallte. Abermals funkelte der Blitz, nnd fast gleichzeitig donnerte ein betäubendes l^rkrach ans der über nns stehenden schwarzen Wolke, gerade als ich über dem Erzfeinde tuiete, um ihm die Haut abzuziehen. Er sah so satanisch ans mit seinem platten Kopf nnd winzig kleinen kalten grauen Ange lind seiner schuppigen Haut, während der Blitz um ihu funkelte nnd der Douner um il,n krachte; ich fühlte mich wie St. Dunstan beim Teufel und zog ihm die Haut ab. Die Eingeborenen nud auch meine Mannschaft waren entsetzt, da sie keinen Theil einer solchen Schlange mit ihren Händen berühren mochten; selbst ihre Hant wurde von diesen Ernten für schädlich gehalten. Herab kam der Regen, ^ch glaube, es hätte nicht starker regnen können. Frau Baker befand sich glücklicherweise im Palaukin wie eine Schnecke in ihrem Hause; aber ich hatte nichts, um mich zn schützen, außer eine Ochsenhant; ich warf mich auf meinen Angarep und zog dieselbe über mich. ^ic Eingeborenen hatten bereits ungeheure Feuer angezündet und drängten sich alle um die Flamme herum; aber was wäre der große Brand von London in jenem Gewitter gewesen? ^n einer halben Stunde war das Feuer aus; es fiel eine solche Sündftuth, daß die Schlucht, die, als wir das Bivouak begannen, trocken, i,ri)< ein unpassirbarer (^ebirgsstrom war. Meine Ochsenhaut war zu Kaldaunen geworden, und in meinem Angarep, der mit einer .^20 Ankunft in Ol'l'0. Matte bedeckt wav, stand das Wasser einige Zoll tief. Als ich die Matte wegwarf, entrann der Teich durch das siebähnliche Netzwerk, lieft mich aber ssebadet zurück. Es goß die ganze Nacht hindnrch. Wir waren während der Neije von Lalnka her jeden Tag durchnäßt worden, aber die Nächte waren schön gewesen; diese war für Alle das größte Elend, das es nur ge-bcn tonnte. Endlich hörte es auf — der Morgen graute; wir konnten kein Fener bekommen, da Alles mit Wasser gesättigt war, nnd traten unsern Marsch durch Wald und rauchendes Gras au. Durch diesen Umweg von Latuka her vermieden wir alle schwierigen Pässe, da der Boden auf der Westseite der Bergkette zwar rasch, aber regelmäßig nach Obbo aufstieg. Als ich in meiner früheren Hütte ankam, fand ich eine große Verauoerung; das Gras war wenigstens zehn Fuß hoch und mein Lager iu der üvvigeu Vegetatiou verborgen. Der alte Katschiba kam uus entgegen, brachte aber nichts mit; er sagte, die Türken hätten das Land ausgesaugt. Wie cleuo unsere Lage war, zeigt ein Auszug aus meinem Tagebuche vom 1. Juli. „Dies Obboland ist jetzt ein Hungerland. Die Eingeborenen weigern sich, Proviant für Perlen zu liefern; sie wolleu nichts vertauschen außer gegen Fleisch. Das ist der Fluch, den die Türken über das Laud gebracht habeu, indem sie das ^ich stahlen nnd es im kroßen verschleuderten. Wir haben buchstäblich uichts zu essen al5 Tullabnu, ein kleines bitteres Korn, das die Eingeborenen anstatt Getreide bennhen. Wild giebt es nicht; wenn es vorhanden wäre, würde die Jagd unmöglich sein, weil das Gras undurchdringlich ist. Ich höre, daß die Türken beabsichtigen, eine Razzia auf das Schoggoland in der Nähe von Farädjoke zu machen; sie wollen also überall, wohin ich auch gehe, ein Wespennest für mich anfstören und es meiner kleinen Gesellschaft unmöglich machen, allein weiter zu Durch die Türken veranlaßte Feindseligkeit. HIl reifen oder mich nur in Friedet zu bleiben. Ich werde Gott dan ken, wenn ich dieses abscheuliche Vand verlassen kann; in meinem Veben sah ich nie solche Schurken, wie Afrika erzeugt — und die Eingeborenen des Sudan sind schlechter als Alle. Es ist unmöglich, aus einem dieser Menschen einen Diener zu machen; die (Gefühllosigkeit, Trägheit, Unredlichkeit verbunden mit Schmntzigkeit gehen über alle Beschreibung, und ihr Abscheu vor Allem, wac> der Ordnung ähnlich sieht, vermehrt ihre angeborene Abneigung gegen die Europäer. Ich habe keinen einzigen Mann, der einem Diener anch nnr nahe käme; die Thiere werden vernachlässigt, deshalb sterben sie; und wenn ich stürbe, so würden sie sich freuen, da sie sich dann augenblicklich Knrschid's Volke beim Viehstehlcn nnd bei der Sclavenjagd anschließen würden; ^ reizende Gefährten in der Hcit der Gefahr! Solche Menschen verderben jedes vergnügen nnd machen eine ^or-schnngkreise zu einer reinen Plackerei. Welchen Mühseligkeiten und Beschwerden wir ausgesetzt siud, kann sich Niemand vorstellen, nnd dazn kommt noch der Aerger, das; wir von der Räuberbande der Händler abhängen. Für diese elende ^age trägt mein Wekil die ganze Verantwortung; wäre meine ur-- sprüngliche Bcdrcknng treu geblieben, so wäre ich ganz unabhängig gewesen und hätte tonnen mit meinen Transportthieren vor dem Anfang der Regenzeit weit nach Süden vordringen. Im tanzen genommen habe ich die Erpedition gründlich satt, aber ich werde mich mit nnbiegsamer Hartnäckigkeit weiter placken; Gott allein weiß, wie es noch ablanfen wird. Ich werde ihm dan ten, wenn je noch einmal der Tag kommen sollle, wo ich das thenre England wiedersehe." Meine ,vwn und ich waren sehr trank am Gallcnfieber, und >teins vou Beiden konnte dem Andern beistehcn. Als der alte Häuptling Katschiba hörte, daß wir auf den Tod darniederlügen, kam er, um uns mit einer Zauberformel zu besprechen. ÄaIci, Der ÄN'«t N'yanza. I. 21 322 Tl>r Doctor d^- Ml, t^bandelt lms. Er fand uns hülflos daliegeud, verschaffte sich sofort emeu Neiucu „^weig von einem Baume, nahm den Mund voll Wasser und sprudelte eü auf die Blätter nnd auf dciu Fußboden der Hütte umher; dann schwang er den ^weig um den Kopf meiner ^rau »nd vollendete die Ceremonie damit, daß er denselben über den Ciugaug iu das Dachstroh steckte,; er sagte, nun ivnrden wir besser werden und nahm vollkommen befriedigt Abschied, Die Hütte wimmelte von Ratten nnd weiden Ameisen; die ersteren sprangen uns während der Nacht über den Leib, wühllrn sich durch den Fußboden und füllten unser einziges Himmer mit maulwurfshaufenähulicheu Erdhügeln au. So oft nur die Vo'cher verstopften, wnrden mit entschlossener Belmrrlichteit andere gemacht, Ich war mit Arsenik versehen und gab ihnen ein Gastmahl, dessen Wirkung für alle Betheiliqlen nnanqenchm war, da die Ratten in ihren Vöchern starben nnd eine entsetzliche Auüdünstnng erzeugten, während frische (^äste die Stelle der abgeschiedenen einnahmen. Dann nnd wann sah man im dachstroh eine Schlange hingleiten, die vor dem strömenden Regen Schntz gcsncht hatte. Im ganzen Vande wütheten die Blattern, und die Eingeborenen starben wie Fliegen im Winter. Das ^aud war in Folge deo beständigen Regens und des üppigen Kränterwerts, welches eine freie Circulation der ^uft verhiuoerle uud wegen des außerordentlichen Duustes Fieber herbeiführte, im höchsten Grade ungesund, ^ie Temperatur belrug iu der Nacht !)5" Fahreuh. und währeud des Tages 72". Dichte Woltcu verdunkelten viele Tage lang die Sonne, nnd die ^uft rauchle von Feuchtigleit. Am Abend war es stets nothwendig, in der Glitte eiu loderudes Feuer zu uuterhalleu, da der ^uschodcu ilnd die Wände uast und kalt waren. Äieinen Packthieren war das nasse Kräutcrivcrk uicht zuträglich. Unzählige Fliegen erschienen, nnler ihnen die Tsetse, Ter Obbo'sche Krlcgsianz. Tod dcs lehwl Pferdes. A2A und in wenigen Wochen hatten die Esel an den Ohren lind Beinen kein Haar mehr; sic sanken hin und starben einer nach dem andern. vergebens errichtete ich Schuppen und zündete Feuer an; nichte schürte sie vor den fliegen. In dein Angen-blick, ivo die gelier angebrannt nnirden, stürben die Thiere wild in den Ranch hinein, aus dem sie sich durch nichts wegtreiben ließen, und blieben, das Futter verschmähend, den gangen Tag in den Rallchwollen, die eineil vermeintlichen schlitz gewähren sollten. Am W. Juli starb >nein leytes Pferd, Mauo; es hatte einen sehr langen Schwanz, für welchen ich ;um Tausch eine Kuh erhielt. Nichts stand so hoch im Preise wie ein Pferde-schwang; die Haare wnrdeu zllm Aufreihen der Perlen und auch zur Herstellung von O.uastcn benutzt, die man als Schmuck an die Ellbogen hing. Solche Quasten ?,u tragen, die aus den buschichten ^ndcu der Knhschwäu^e verfertigt ivnrden, n.'ar in Obbo für die Männer sehr modisch. Auch war e6 die feinste Mode, sechs bis acht polirle Ringe von leisen zu tragen, die man so lnapp um den Hals befestigte, dasi sie den, der sie trug, fast erwürgten; sie sahen Hundehalsbündern etwas ähnlich. Am 18. ^nli hieltell die Eingeborenen eine grosse Be-rllthnng und schlössen mit eiuein .D'ieg5lanz. Sir n>aren alle in verschiedenen Mustern mit rothen, Eisenocker nnd weisem Pfcifenthon beinalt, ihre Kövfe mit sehr geschmackvollem Putz von Muschelgeldstücken geschmückt, über welchen wüsche von Straußfedern emporragten, die über den Rücken des Halses herabhingen. Nach dem Tanze wandle sich der alte Häuptling ^n einer langen uud heftigen Rede au sie; ihm folgten mehrere andere Redner, die sämmtlich anffallc.no fließend sprachen, nnd als Beschluß der Versammlung wurde uertüuoigt, „eo sollten die Nogaras geschlagen und Mäuner gesammelt werden, um die Turten auf einer Razzia im Madiland ^> begleiten." 2l" !524 din PUmdcrungMlg. Ibrahim trat mit 120 bewaffneten Männern und einer Äiasse Obbovolk deu PlündrrnngLzng an. Am folgenden !age besuchte nus >tatschiba und bvachl^ ein Geschenk an Mehl unt, M Mb ihm einen zilniernen Keller, einen hölzernen Löffel, die letzte der Theetasscn und ein Slück Silberpapier mit perlmutternen Hrmdeknöpfen, welchem ihm so ungeheuer gefiel, das; er meine Fran bat, es ihm wie eine Denkmünze an den Hals zn hängen, ssr war wirklich ein sehr guter alter Kerl— bei Weitem der ^este, den ich in Afrita geschen habe. Gegen die Tnrt'en war er sehr argwöhnisch; er sagte, sie wnrdeu ihu schließlich ^n Grnndc richten; denn indent sie den Madistamm angriffen, würden die Madi seine feinde iverden nnd in Obbo einfallen, n'cun die kürten es verließen. Rinder wären in seinem Lande von sehr geringem Nlchcn, da die fliegen sie tödteten; er habe seine gan;c Zanberknnst uersncht, aber gegen die Fliegen helfe sie niclM; meine C'scl würden sicherlich alle sterben. Die Verlnste, sagte er, welche die Türken den verschiedenen Stämmen zufügten, richteten sie zu Grnndc, da ihr hauptsächlichstes Subsistenzmittel vernichtet würde; ol>ne linder könnten fie fich keine Weiber verschaffen; Milch, ihre Hauptnahrung, werde ihnen uersagt, lind sie würden zur ^erzwrif-lung getrieben; daher kämpften fie nm ihre linder, obgleich sie ihre Familien ohne Widerstand fortschaffen lieben; Rinder verschafften ihnen eine andere Familie, wenn aber die Thiere ge stöhlen würden, so gäbe e5 kein Nettungsmittel. Fliegen bei Tage, Ratten nnd n»zählbare Wanze», bei Rächt, starker Thau, täglicher Regen und undurchdringliches ranchendeü Gras machten Obbo fast zu einem so unangenehmen Gefängniß, als es nur irgend geben tonnte. Mit den vielen Monaten langweiliger Unthä'tigkeit, welche ich in dieser Stellung zu bleiben gezwungen war, will ich nicht wagen den Leser zn belästigen, sondern mich mit Anüzügen aus Saat nnrd wissenschaftlich. W meinem Tagebuch begnügen, di,c von ^eit zn ^e!t die allgemeine Beschaffenheit der Lage darlegen werden. „Den I. Angnst. — Mehrere meiner ^eute haben Fieber; der Knabe Saat fragte, als er eine Dosis Kalomel empfing, ,,ob er das Papier verschlucken nn'isse, in das es eingewickelt sei?" Dies ist nicht das erste Mal, das; von meinen Renten die^ selbe "nage an mich gerichtet wnrde. Saat fühlt, wie lang weilig es in Obbo ist, nnd findet es schwer, sich zn nnterhalten; cr ist daher so weit in der Wissenschaft vorgeschritten, daß er die Maschinerie von zweien meiner Taschenuhren nntersncht nnd beide verdorben hat. Zch bin nnn bis anf eine einzige llhr herabgekommen, der einsamen Hinterbliebene>i von vieren, die meine M'sprnngliche (^hrononleterfannlie bildeten. Da Saat als Trommler angefangen hat, so empfindet cr den Verlnst seiner Trommel, die vom Kamcel zerschmissen wnrde; er bändigt daher seine Hand damit, daß er sie auf Allem übt, was cr zn diesem Aweck anwenden l'ann; anf dem umgekehrten Weihkessel nnd einein zinnernen Becher ist so lange getrommelt worden, bis der eine Löcher bekam nnd ans dem andern der Voden verschwand. „Saat nnd die schwarze ^ran sind leider feinde, nnd die Eintönigkeit des Hanswesens wird bisweilen durch eineuParlei-kampf zwischen ihm nnd seiner boshaften Gegnerin, Gaddnm Her, unterbrochen. Lehtere hat einen thatsächlichen Beweis erhalten, daß der >tnabe stark wird; ich fand ihn dieser Tage, wie er den Ansdrnck ihrer Schönheit erhöhte, indem er ihr rittlings anf dem Magen saß nnd ihr mit den Wänsten die Nngen ansschlng, während sie anf der (^rde lag nnd mit ihren sehr schmnhigen Nägeln Saat's fette Backen dnrchfnrchte, (>'s ist nnr billig gogen den Knaben, zn sagen, daß Mddnn» Her stets der angreifende Theil ist. „Cs kommt Einern albern vor, wenn man den Eigendünkel der zn Knrschid's Gesellschaft gehörenden elenden Mörder siehk, .'Wi Wird (5iig!>md don Sc!lN'!.'!ll>^nd<ü unterdrücken? die, viel zu groß, um als gemeine Soldaten dazustehen, mit kleinen Sclaveuknabcn im Gefolge prahlen, die ihre Musketen tragen. Ich vergleiche oft das harte Loos unserer rechtschaffenen Arme» i>> England mit demienigeii dieser Schürten, deren Muth darin besteht, das; sie schutzlose Eingeborene plündern und morden, während die Räuber sich au der Beute «»ästen, ^ch biu höchst begierig, ^n sehen, ob die englische Regierung thätige Notiz von dem beißen Nil-Handel nehmeu, oder ob die Diplomatie sie ans einen einfachen Protest und Briefwechsel beschränken wird, der sich durch ein Versprechen von Seiten der ägyptischen ^legiernng beschwichtigen läßt, daß sie den gegeuwärligen l^reuel-thaten (^inhall thnn werde, ^ie ägyptifche ^Itegierung uürd natürlich das Versprechen geben nnd, wie es bei den 3ürteu gewöhnlich der ^all ist, es ine erfüllen. Andererseils sind die Wilden selbst schlecht; ein Slainm heißt die Türken als Ver-bündele gegen seine Nachbarn willkommen und sieht im Mord tciu verbreche!,, vorausgesetzt, daß das Ergebniß „Vieh" ist. Dies bringt natürlich allgemeine Verwirrn ng hervor." „D e u li, A n g n st. -- ?ie Schwierigkeiten bei Anschaffung vou Vebenomillelu sind lwchsl bedenklich. Die einzige Art, Mehl cinzukanfen, ist folgende. I'ie Eingeborenen nwllen es für nichls Anderes als fleisch verkanfen; um ciuen Ochsen eil>zutaufen, brauche ich Mololen !Hacken)^ nm'.viololen zu betonnnen, mnß ich meine Kleider und ^chnhe an die Mannschaft der Häudler verlausen, ^a,iü nn'rd der Ochse uach eiucui entferuteu Dorfe getrieben nnd dort geschlachtet, nnd indem das Fleisch in etwa hundert kleine Portionen getheilt wird, sitzen meine ^cutc auf der ^rde mil drei großeil körben, in welche winzig kleine Mehl-to'rbcheü, nne die (i'ingeborenrn fie verfertigen, für jedes Stück fleisch eines, anogeleert werden. Dieses langn'eilige Verfahren ist eine Probe eeinralafrilauischer Schwierigkeiten bei der einfachen Handlung des Mchleinkaufö. Die Obbo-Eingeboreucn Dcr hoilil^ Mfcl der i'ln^yptl'V. U? sind in manchen ibrcr Gewohnheiten den '^ari ähnlich. Ich habe große Vinhc gehabt, »leinen Milchliefcranten uon der ekelhaften Cittc abznbringen, den Milchnapf init Kuhunn auszuwaschen und sogar einigen niiler die Milch zu mischen; er behanptet, »renn er nicht seine Hände vor dem Melken mit solchem Wasser wüsche, werde die Kuh ihre Milch verlieren. Diese nnfläthige Citte ist unerklärbar. Die Obbo Eingeborenen spielen sich den Mnnd mit ihrem eigenen lirin ans. Diese Gewohnheit «nag vielleicht ihren Nrsprnng darin haben, das; in ihrem Vande das ^alz gänzlich fehlt. Die Latntas dagegen sind sehr reinlich, nnd man l'onntc bei ihnen ohne Besorgnis die Milch in ihren eigenen l^esMen taufen." ,,D e n '^. A n g n st. — Wir haben einen fetten Achsen geschlachtet, nnd die Mannschaft ist emsig beschäftigt, das ,vell einzukochen, sobald man annimnn, das; dao '^ett hinlänglich gelocht ist, mlch nlan eilnge tropfen Wasser in den Topf spren gen. Wenn es zischt, als ob es auf geschmolzenes Blei gegossen würde, so ist es fertig; ist es aber still, so ist das ^etl »uxh nicht hinreichend gelocht und wird sich nicht halten. ,,diesen Morgen wurden von >tnrschid's Volt' drei ent-lanfene ^clauinncn cingefangen nnd zwei derselben viehisch be handelt. Im tanzen werden die Selavinnen gut gehallen, wenn sie sehr jung sind- ist aber die schwarze Blüthe der In-gcnd vorüber, dann werden sie gehörig gedroschen." „Den ll. August. — In der jetzigen ^ahrr^eit sind gcwallig grosse Käfer in nngehenrer Ntenge bei der Arbeit; sie laufen mit jeder Art Mist davon, indem sie ihn ;n tingeln gestalten, die so gros> wie tleine Aepfcl sind, nnd dieselben mit ihren Hinlerbeinen fortrollen, während sie vermittelst der Bor dcrbeinc rückwärts gehen. Rollt eiuc Misttngel in ein tiefes Geleise, so habe ich häufig einen andern Käfer dem.Eigenthümer der Kugel zu Hülfe kommen und, nachdem ihre vereinigten An- 328 Vatschita, dil! Uni)oro'2clauin. strengungen sic wieder auf die Cbene herausgebracht haben, sich um dm Vesitz derselben streiten sehen. „Diese Art war der heilige Käfer der alten Aegypter; er erscheint knrz nach den« Anfang der nassen Jahreszeit und seht seine Arbeiten fort, bis die Regen aufhören, wo er danu wieder verschwindet, Wurde er nicht von den Alten als der Vorläufer des hohen :i(il uerehrt? Da die Oristenz Unterägypten'ö voil der jährlicheil Uebcrschwemmmtg abhing, so wurde das Steigen des Flusses mit allgemrinev Aengstlichteit beobachtet. Der >läfer er scheint beim Anfang des Steigcns in der ^lnßrbenc, und die Anwesenheit desselben ist merkwürdig wegen seiner bedeutenden l^röste und alcherordentlichen IlMigteit, durch welche er die ^'rde von allerhand Nnflath reinigt, können nicht die Alle», da er ;nr ^eil des Hochluasscrs erscheint, sich gedacht, daß zwischen dein >täser und dem ^lnsse irgend eine ^erbindnng bestehe, und ihn als den Vorläufer der Uebevschwemnnmg für wilig gehalten haben? „In diefeiil Vande giebt e^ eine wildn>achsende ^ohlle, deren Blüthe einen töstlichen ^eilcheilgeruch hat. ^1, bedaiue, daß ich teiuen Papiervorralh zu botanischen Exemplaren habe, da beim Anfang der Regen viele schöne ^lnmen ^nm Vorschein kamen, ^enig dornen und leine <^ummi bilden einen starten Kontrast zum ^ndan, n>o fast jeder Bauin lind Strauch bewaffnet ist." „Den 1!l. An gust. — Ich hatte ein langes Verhör mit einer Sclauin, Valschita, die tinem von Klirschib's v.'tannschaft gehört. Sie war vor zwei Jahre» vom .^önig lammst von Nllyoro als Spion nnter die.Händler geschickt worden, mil dem Befehl, wenn die A»5sichlen günstig wären, dieselben in'5 Vand zu locken, sollten es aber gefährliche Vcute sein, mit einem Bericht ^urnckzntehren. „Bei ihrer Autnnst >>i ,^alm'0 wnrdc sie oo>l Oebono's Mittheilung üb« dcn E».'e. .'i2!> Volk gefangen genommen und gelegentlich an ihren gegenwärtigen Besitzer verkauft, Sie spricht Arabisch, daü sie von den Leuten der Händler sselernt hat. Sie sagt aus, daft Magungo, der Ort, von welchem ich so viel gehört habe, für einen'Eingeborene» mir vier starte Tagemärsche, für die Türken aber acht Tagemärsche direct von Moro liege, und daß es von Faloro llnd vo>i Kamrasi's Hauptstadt in Unyolo gleich weit entfernt sei. Sie hatte vom ^nta N'zige dasselbe gehört, was mau Spete erzählte, aber sie tannte ihn nur unter dem Namen „>lara wntau-N'zige." „Eie bestätigte die Mittheilungen, die ich früher erhnltcu hatte, daß in Magnngo große '^oote mit Arabern aukämeu, nnd beschrieb den Lee alü eine ,,n>eiße flache, die so weit gehl, al?> das Ange reicht^. ^>n ( ein gan; besonderes Wasser, das »icht wie andere Wasser sei, da e5, ,,N'e>,,i man einen Wassertrug ans da^ Ufer slrllle, ^» delnselben heranf-täiue, ihn wegführte nnd zerbräche", ?arn»ler verstand ich „Wellen". Sie beschrieb auch den ./"ondotoro ^lich" oder weiße» ^>il al^ in den ^ee hinein nnd wieder au5 ihm heraus-fließend, nlid sprach von einem ,,großen <^el>ranse von ^^asser, das uom Himmel fiele". ,,M hoffe, es uürd nlir gelingen, diesen ^ee ^ll erreichen-wenn nicht, so wird meine gan^e M, Arbeit nnd Anfwand verschwendet worden sein, da ich dieser forschnng wegen die Jagd ganz bei Seile werfe, dächte ich mchr an's Schießen als an's forschen, so hätte ich während der trockenen Jahreszeit am Atabbiflnß, sowie anch am Kanii'ti iu der Nähe von Wat't'ala ausgezeichnetes Iagdvergnügen haben touneu; aber ich mnß anßer dem großen .^iel Alles hintansetzen nnd vorwärts dringen nach Kamrasi's Hauptstadt und von da nach dem See. i^roße Angst verursacht mir das Betragen von Knrschid's Gesellschaft. Wenn sie nach Süden hin Razzias machen, so werde ich zu .').'!(> Handck'vcrK'Iir i>>>t d^ni Innern. Grnnde stehen, da meine Mannschaft sich fürchten nurd, durch ein bennrnhigtes ^and vorzurücken, ^ch inns; mil dem Haupt der Gesellschaft auf Mem ^nftc bleiben, da ich in Be^ng auf einen Dolmetscher nnd anf träger von iliin abhänge. ,,Mein Plan ist, Ibrahim ^n nerinogen, daß er in .^lam vasi'ü Vande einen (^lfenbeinhanvel ansängt, der sich vielleicht anf c^'sel.-,!näsnste Weise betreiben läsN, anstatt des stcqenwärti^cn gräßlichen 'Itanb nnd '.Vlordsysteinc'. >tnrschid gefällt nur, weil rr ein lnlin n,i! d^- Sprache hcrausstehelider Nällbcr ist, anstatt, wie die nbriqen Händler von Kharlnm, den Henchler ^n spie k-n; ich lvnrde ihm daher, weil er der ein^i^e ^cann war, der sich gefüllist gesten mich geigte, eil>en gnten dienst erweisen, wenn ich zwischen Kamrnsi und ihin einen ehrlichen Handel begründen tönnle; dabei ivürde ich ^n gleicher ^eit den Vortheil Iiaben, dasi seine «Gesellschaft lnich nach dein crsrlmlen ^/ande alci ^e decknng geleitete, ^>> Ve^iednng ans den Handl'l^ucrteln' steht die ^ache folgendernnchen! ,,Ka>nrasi's strich, lln»ore>, ist ^in inngfrällliches Vand, nie Perlen tanm ln'lannt sind, nnd >vo der >tönig der despotische Herrscher ist, dessen Wort al«5 <^rsel.^ gilt. Aller Handel würde dnrch ihn allein in (Gestalt von ^eschenlen betrieben werden, i>^ dem er (^lepbantenstos^ähne gäbe, lvähreild Knrschid ihm dagegen alljährlich Perlen nnd verschiedene andere Handelsartitel senden wnroe. tturschid wnrde ans dill'e ^!rl nach den bmn ^^eisten-Nil-Handel gellende»' l"rnndsä würde vennieden werden. ,,^ie große Schwierigkeit, die den Handel in einem ent sernlen Vande begleitet, ist der Mangel an Transportmitteln; der eine ^tamm steht in der Regel mit dem angrenzenden ans feindlichen, ,^ns;e nnd fürchlet sich, Träger über die l^renze hinans zn liefern. Wenn ich nachweisen kann, daft der See Vnta N'zige handclHm'lk'lir mit dcm ^iui^rn. 331 die eine Duelle des Nil mit einer schiffbaren Vereinignngsstelle ist, so kann ich damit ungleich die große Scl»vierigtci1 beseitigen und für Knrfchid einen dirccten Handel^verkedr eröffnen. Der See liegt in Kamrasi's eigenen Gebieten^ er nnrd also leine furcht haben, träger ^u stellen, die das Elfenbein an eiil ^epol abliefern, welche<' sich vielleicht entweder am See oder an seinem Vereinignngspnnttr mit den» N'il herstelleil läßt. Auf dein See würde man eiil ,valir^eng lxnien, um Handel mit den nmliegen-den Küsten zli treiben lind day ltatarat' ten siehen, nw »nan ein ^aqer errichten würde, au?, welchem da«) Elfenbein in wenigen ^aqeinärschen i'wndotoro erreichen lönnte. ,,Anf solche Art ließe sich ein anc^edchnler Handel begründen, da nichl mn llnm)l» Elfenbein lieferte, sondern der See die Schisffahrl »ach dem wirtlichen Her^e» ^lfriwÄ öffnete. Der Vortheil, mit Kamwsi direet ;u handeln, würde l^rof; fein, da er trin reiner wilder ist, der nur Perlen nnd Armbänder verlang; sonderil er würde gedruckte Kattune nnd Waaren ver schicdcner Art annelxoen, nwdlirch man das (^lfenl'ein nni einen bloö nominellen Preiö erhielte. Da<> Depot am Vutn ^i'^isie wurde ein all^rineineo Waarenlager sein, a» welchem das ^alir zelig, n>enn eü vo» der oberlialb der Kalaratten ^n errichtenden Station hinaiisläün', die verschiedenen lwn «"ondokoro angelom^ menen Waaren abliefern, nnd von welchem aix, man die Waaren vermittelst ssahr^enge dnrch die den See umgrenzenden Bänder verbreiten würde. „Das l Klcidungs^n'nze. neu, und ich fürchte, es würde schwer sein, die zur Sicherheit erforderliche Anzahl bewaffneter Männer aufzutrriben, wenn gesetzlicher Handel der einige .^weck des Elfenbeinjägers wäre. ,,Selbst in Obbo, glaube ich, konnte man mit gedruckten Calieos, rothen wollenen Hemden, weisen nwlleueu Bettdecken n. f. w. Elfenbein einkaufen. Da die Höhe des Landes mehr als .lWO ,vnst beträgt, so sind die Nächte kalt, nnd während der nasfcn Jahreszeit ist selbst der Tag lall, alfo Kleidung erforderlich. Wir sehen dies an den ersten Anfängen der Bedeckung, den von den Eingeborene» benutzten Thierfellen. Das Voll von ^bbo ist vom Schillntlaude l ><>" nördl. Prcite) an, dcil gangen Lauf des weiden ?lil hindurch, bis zu dieser Breite l4", <>^> der erste staunn, drr ein Stückchen Kleidung anll'gl, Ka»trasi's Stamm ist gut bedeckt, und weiter südlich, nach Zanzibar hin, sind alle ^ctämiue wehr oder weniger be-kleidrl. ^l'bo ist also die Kleidnngsgrenze, wo das Klima den Wilden zuerst autrieb, sich zu bedecken, während er in den bei ftcn Niederungen im nackten Zustande bleibt. Wo >ileidling gefordert wird, würden englische Manufaelurwaaren einen Martt ;um ^!n')tansch für Elfenbein finden- von diesem Punlie an liesse sich also ein el>rlicher Handel beginnen. ,,^on ^ar-'diote im ^ulilande, unler /i" .'^V nordl, Vrrite, bis zuln henligen läge die südlichste l^renzl' ineiner Forschungen, liegt der See in gerader Richtung elwa neun bis zehn Tagemärsche entfernt; aber ein solcher Weg ist unmöglich, weil De-bono's Niederlassung das dazwischenliegende Laud innehat, und die t^rnndsätze der Händler ein betreten ihres angemaßten <"? bietes untersagen. >inrschid's Mannschaft würde fich weigern, auf diesen» Wege vorzurücken ; allein zn reisen, ivird uieiue Äcann schaft sich fürchten nnd irgend eine ^nlschnldignng filid^n, warum sie nicht weiter gehen will. Sic war mir von allem Anfang an unbedingt znr Vast, indem sie einen monallichen behalt von Tod der Tvansportthi^re. HA3 zwei Pfund Perlen per Kopf dafür empfängt, daß sie buchstäblich nichts thnt, nachdein sic durch ihre Meuterei in (^ondokoro die Unabhängigkeit meiner Expedition zu (Grunde gerichtet hat." „Den 2'i. August. — Heute starb meiil letztes >iamcel. So sind denn alle meine Pferde n,!d,^ameele todt, und von ein-nndzwan>ig ^'scln sind nur noch acht nbrig; auch von diesen werden die meisten, wo nicht alle, sterben. Vs unterliegt keinem Zu'cifel, daß die nberniäßige Nüsse, die sich in ^olge des beständigen Regens und Thauen iu alle»l Kuller befixdcl, die Hauptursache der Krankheit ist. Die Kameele, Pferde und lM des Sudan gedeihen alle in der heißen trockenen ^nft jenes Bandes und passen nicht für dieses feuchte .Nlima. ,,2Äirc ich ohne Tranöportthiere geivesen, so hätte meine Expedition (^ondot'oro uichl verlassen lönncn, nn'il dort keine Möglichkeit war, Träger zu betoinmen, ^ch war stets darauf gefaßt, daß meine Thiere sterben würden, aber ich hatte gehofft, sie würden mich bis zum Aequator bringen. T'ies würden sie während der zwei Monate langen verhältuißmäßig trockenen Witterung, die auf meine Autnnft in t^ondokoro folgte, gethan haben, hätte nicht die Meuterei alle meine Pläne dnrcht'rcuzt und mich in die nafse Jahreszeit getrieben. Meine Thiere haben mich in Obbo abgeliefert und find in Unlhätigteit gestorben, anstatt sich auf der Straße aufzureiben. Hätte ich direct uon Goudot'oro aufbrechen t'önueu, wie ich beabsichtigt hatte, so wnx-oeu mich meine Thiere in Kainrasi's Vano gebracht haben, ehe die heftigen Regen eintraten. ,,^n Obbo giebt es eine uortrefsliche .^ürbißarl^ sie ist birnenförmig, etwa zehn Zoll lang und sieben Zoll im Durchmesser, hat eiue weiße Schale nnd ans der Oberflüche Warzen. Dies ist die delicaleste nnd wohlschmeckendste Art, die ich je gegessen habe. ,,Von Nicinnsölpflanzen kommen in diesem Vande zwei 334 Ein MonMbcsttch in Obbo. Spielarten vor. (^inc derselben hat einen pnl purrothen Stengel und in den Blätter»« bellrottie Klippen- sic isl allßerordcnllich schön, Ebenso cii« wildwachsender Pisang, mil einrin bis zum Blatt kdvüloisilirolln'l! Sliel^ er ivird nichi so Iiocli wie der gemeine Pisailg, sondern ist »ill mi ^nsch uon blättern, die ohne einen Mnttt'vstcllqcl al>6 dcr ^'rdc hl'N'ollvachsril/' „Den ^io. An^nsl.— ,vvall ^alcr lind ich >nachlcll dem alten Katschiba ans scin^li aliodviicklichcn ^lillsch ;nm ersten '.Vcal^ l'inrn '))('orqcnln'such, ^cin Hos n,>av init '.vi'mlcl ixll^t lind reinlich, cliva lilindert ,v"s; l»i ^lirchlnesscr, veil Pallisadril mm'l.elil'n, dic init Knrbissen »ind dein kletternden ^lam, (^'ollo-lolo, überwachsen waren, ^n denl lilnfriedi^len Dannie befanden sich mehrere qros^c Hütten, die seinen Leibern gehörten. <5r empfinq l>,i') sel,r sein imd bat nii'), in seine Hanptresidenz ein^litreielt. Sie war einfach eixgerichlet nnd bestand ans der gewöhnlichen kreisförmigen Hütte, hielt aber gegen fnnfnnd' ^wanM '^lis^ im ^llrchmesser. Wir krochen alls allen Vieren dnrch den cngcn Eingang nnd befanden ttn>ö dallil in der (Gegenwart cincs seiner Weiber, die eben Merissa bereitete. 5aZ Hansgcräth des ^immc»« war praktisch lind gmi; dem <"eschmael deo alten Hänptlingo gemäß, da die gan^e d'inrichtllng der Mcrissabranerei gewidlnet ^n sein schien. <>9 gab dort mehrere ungehrnrc ttrüge, die grgeli dreißig l^alloilcn sassen konnten. '.Viailche derselbeil ivaren dein ^ier grwidület, nnilireild einer vorbehalten wnrde, nm tleine l^cschcnte ans^ibemaliren, die er uoll llii^ selbst »nd uon den ^nrken empfangeil halle, nnd nillrr delten sich ein hochgeschätztes rotheö ,vlalielll,e„id befand, ^iesc gesuchten Gegenstände waren in den ttrng gepackt lind mit einem kleineren l^esäß, dao uerkehrl ans die ^efsnung gesturu war, zugedeckt, nm sie uor Ratten und weißen Ameisen ;n schützen. Anf die (vrde luaren zwei oder drei gnt zubereitete 'T'chsenhäntc gebreitet, u>ld er ersuchte ^ran ^aker, sich ihm zur rechten Hand .Uatschü'a's srim's Venehnu'n, -zI5 ^u sehen, während ich auf der linkeu Seile saß. Als dies in befriedigender Weise georduet war, rief er nach etwas Bierisfa, welche sein Weib sofort in einer gewaltig großen Kürbißschale brachte, und nachdem nieiue ,^rau uud ic!> getrtiitkeu halteu, that er eiueu laugen Znq niid leeltc drn Knrbiß. Entschlossen, uns ^n imtcvhaltt'n, rief drr crgötzlichc alte ZlUlbcrl'v nach seiner Nnlinba; rb n'nvdr ih,n cine Art Harfc »,'in^chändiqt' dicsc bestand ans rinem liohlcn Untertheil nnd einem aufrecht stehenden Stnck Hoi^, uon N'elchein acht Saiten l>erabstin^en, »vie die bei-gegebene ^ti^c^! zeigt, (^iniqc Zeil wnrde dannis verwendet, sein Instrnmeitt sorqfältia, ^n stinunen. Als dieo geschehen war, fragte er, ,,ob er singen sollte?" Auf etwas .komisches völlig vorbereitet, blNen n.'ir ihn, aii^lfniigeil. l^'r sang ein höchst klagenden nnd nnffallend schwärmerisches, aber angenehmes ^'ied, spielte dazn in vollendeter Weise die Begleitnng anf seiner Harfe und lieferte die beste Musik, die ich je unter Wilden gehört hatte, ^u der That, Musik und Tan; waren des alten Kat-schiba'ü vergnügen, besonders wenn sie mit starkem Pechen verbunden waren. Als sein Gesa.ua, vorüber war, erhob er sich von seinem Si<5 uud eulfernle sich, erschien aber gleich wieder, brachte ein Schaf an einer Schnur geführt und bat nns, es anzunehmen. M danttr il)m für seine Aufmerksamkeit, versicherte ihm aber, daß wir ihu nicht iu der Erwartung besucht, ei» ("e. schenk ;n erhallen, uud daf; wir nicht darail denken könnten, es au^ltnrhmeu, da lvir ihm bl»5 al'> ^reuude llusere Aufwartung geinacht hätten. Er übergab dalier das Schaf seinem Weibe, nnd wir standen kur^ danach auf, um uus ^u eiuferueu. Nachdem wir durch deu Eingaug hinansgetrochen n>areu, führte er uns Beide eüoa hltndcrtuudfünfzig Schritte weit auf unserem Wege in höchst freundschaftlicher Weise au der Haud uud uahm *) S. Abbildung S. N». H36 Dl>r KM.(5sl'l licgt im ^w'ben, auf die huldvollste Art Abschied, inden» er dir Hoffnung aussprach, wir würden ihn oft besuchen, „Als nnr nach Hause wmen, failden wir das Schaf anf nil') warte». Entschlossen, sich inch! abweisen ^n lassen, hatte cr cs uor nns hingeschickt. Ich übersandle ihm daher ein höchst prachtvolles Halsband von den werthvollstcn Perlen lind Mb dem Eingeborenen, der das Schaf ssebracht hatte, ein ("eschent für sich lind sein Weib. So waren alle ^ctheiligten Alfrieden gestellt, nnd dac) Schaf nnirde soforl ;nm '.Vcittagessen geschlachtet. ,,A»i folgenden Morgen erschien Katschiba an meiner 5linr mit einer großen rothen flagge, die ans einein Stnck .ttattnn gefertigt war, welchca ih>n die Tnrten gegeben halten. (<<ö be gleileteil ihn zwei Scanner, die große Trommeln schlngen, nild ein dritter, der eine Art Klarinette blies. Dieses Soldaten-Spielen war eine Nachahmnng der kürten, (^r in grofter Heiterkeit und außerordentlich erfrem über das Halsband, welches ich ihm gesendet hatte." „Den ch habe meinen einigen noch nbrigen ^'sel unlevsnchl! er ist ein jammervolles ^ild — Augeil und Nase triefen, das /vell stränbt sich, nnd er steln im begriff abznfahreil und sich seinen dahingeschiedenen Kameraden an;u schließen ^ er hat fnr seine letzte Reise eingepackt. Mit seiner schlaffen Haut, die an dem abgezehrten <^erippe hing, sah er wie der britiische Vöiue auf dem Schilde nber der 5hnr deo ^'cmsnIlM' in >tl,artnm an'). In jener t-nnstlcrischeu Veistnng war der ^öwe eben so inager nnd >ollig nnd vielleicht von dem .D'ütstler auf diese Art als eiue malerische A>,sm'elnng ans den geringen behalt des Konsuls dargestellt worden, ^a>) '^ild nber de»l schäbigen Thorweg drnctl alto: ,,Schan: an, wie mager ich bin! bei l^'<» Pfnnd ^lerling jährlich!" „Wenn ich meinen scheidenden (lälte ei»; diese ist so stark, das; sie sich fast augenblicklich anf den Äiagen nürft und ein schmerzhaftes Erbrechen erzengl, wobei es (l'ineu heftig hebt nud u'ürgt, Die Augeu sii'd matt nud schmerzhaft, der Kopf ist heiß nud thut weh, die ^rlremitäten sind blaß und kalt, der Puls sehr schwach und etwa scchsundfi'mfzig Schläge in drr Minute, die Thätig feit des Hebens peinlich schwach mit gänzlicher Erschlaffung der Kräfte. Dieses Schanern und Erbrechen dauert etwa zwei Stunden nud ist von schwerem Athmen begleitet. Dann tritt das Stadium der Hitze ein, wobei das Heben im Mageu nebst dem schwerm Athmen, änßcrster Schwäche nnd Unruhe noch etwa anderthalb Stunden fortdauert, die, wenn die Heilmittel von gutem Erfolge siud, sich mit überreichem Schweiß nnd Schlaf endigen. 5er Anfall hört anf, läßt aber den Magen in einem furchtbar schwachen Zustande. Das Fieber ist reuüttirend; der Anfall kommt alle zwei Tage fast in derselben Etnnde wieder und bringt den Patienten rasch zu einem reinen Gerippe herunter-, der Magen versagt seine Thätigkeit, lind der Tod tritt ein, Zede starte l^einüthsbeweguug, wie l^ram nnd Aerger, zieht in diesem Lande fast mit Gewißheit Fieber nach fich. Mein Vor^ rath an sshinin ist bis auf wenige (^ran zusammengeschmolzen, und mein Werk liegt noch uor mir. Meine Thiere sind alle todt. Wir sind Beide durch wiederholtes Fieber geschwächt und müssen zu Fuße reisen." Eudc dcs ersten Bandes. ^lucl von G, Pay ill Naumburg. ft I ft Y .V V H K W Ü X T & MTTELLAEiWrSCMlS MEER Das Becken zur Krli'iuloniiHjf von baker's reisen Uj\[) KNTDKCKITMiEN. \ _____«.______ Malsstab; En|Iische Seeineilsn Haker's Reiseroute iy i> is ( a/;R o <• f; .1 .v Tznganyiku ,J<>11;i, IIcriTiiiuii CoslciMilili1. litll.V.C&Xhr.