Freys Reflexionen eines Weltpriesters in Oesterreich über den Pastoralbricf deS hochwürdizsten Bischofs zu Laybach. Freyburg, 178z. Vorbericht. ^Nachdem die dienstbaren Zeitungsschrei- ber und die geschäftigen Brochuristen den Hirtenbrief an die Geistlichkeit und das Volk der laybachifchen Diöces mit großesLobsprüchen zu erheben (ohne jedoch bcy dem Publikum den erwünschten Beyfall zu gewinnen) sich bestrebet haben; so wird mein Unternehmen , so dahin gehet, des» selben Werth zu mindern, ihnen und noch vielmehr dem Verfasser des Hirtenbriefs freylich gar sehr misfallen. Sey es; ich werde mich mit dem Bewußtseyn trösten, daß ich bey meinen Anmerkungen keine an¬ dere Absicht hegete, als der Wahrheit das Wort zu reden, und einige Sätze zu wi¬ derlegen , die entweder falsch , oder doch sehr anstößig sind. Ich nehme mir die Freyhcit , den Misvergnügten jenes zu sagen, was der berühmte und beliebte A Tho- Thomassüius in sciner kr-est gä vet. L »vv. Lcci. viscixi. geschrieben hat: /eeguita« xorro Lrgtiom »NI ilchsllius ell, gugm 6 re solum putcs jure L cum rgriouc scn- tire, guL tcimr. 8i Tguus es , sensu tun ex sliorum sensi8 exxenäe: nm L ulisna evmpuru ; lug ex ulienis remxerg. Vim gutem rgricE, L viLiorium in eo niggis gone, m uliis serviu«; ur inürmioribuz etiäm xotiu« re .iccomocies, Hnum m NIoL uü nm inviroS.votg ÄÜectaZ. Nichts ist unbilliger, und der Vernunfr »lehr zuwider , als wenn du glaubst, du al¬ lein denkest nach der Billigkeit und Vernunft'. N)enn du billig denkst ; st- trwage deine Ge- stnnuttgeu nach den Gesinnungen anderer ; vergleiche sie miteinander, und mäßige sie nach den Gedanken anderer. Die Stärke der Vernunft und des Sieges sollest du darin» fetzen , daß du andern dienest, und vielmehr den Schwächer» nachgebest , als daH du sie wider ihren LVillen auf deine Gesinnungen lenkest. §. I. ^L^er Verfasser der Pastoral will zwar gleich anfangs seiner Heerde und dem Publi¬ kum verspiegeln,-daß er die landesfürftli- chcii/ bischosiichen und päbftlicheir Rechte aus achten Quellen darstcllen wolle. Aber was er versprach, hielt er nicht. Die Quellen, aus denen er schöpfte, sind sehr trübe und unrein. Er borgte das mehrcste aus solchen Authorcn, die rheilsgcbrandmalet sind, theils selbst ihre Irrthümer widerrufen haben. Er¬ bauet auf Grundsätze, die falsch sind, und auf solche Fakta, die entweder, wenn man alle Umstände genau betrachtet, nichts bewei¬ sen / oder gar wider seine eigene Absicht zum Beweise dienen können. Er führt manche Stellen gestümmelt an, und läßt Umstände .. . Az aus, s "E-"" ' aus, die ihm nicht Vortheilhaft sind. Meine Absicht ist nicht, den Hirtenbrief von Satze zu Satze zu widerlegen: ich kann mich der Mühe um so mehr entheben , weil schon vor mir eine sehr gelehrte Feder in einer Piece von neun Bogen denselben mit unentbehr¬ lichen Anmerkungen begleitet hat. Ich halte mich nur bey jenen Sätzen auf, die mir Lie anstößigsten zu seyn scheinen. §. 2. Von der Zeit an (sagt unter andern der Ver¬ fasser der Pastoral), als Landcsfürsten zur christlichen Religion übertraten, war jeder christliche Landeüfürst berechtiget , eins allgemeine Aufsicht über das Aeußerliche der Religion oderRirchenzucht zu tragen, und diese nach dem Wohl des Staates einzurichtcn. Das Aeußerliche der Reli¬ gion steht mit der politischen Verfassung in der genauesten Verbindung; folglich muß die Absicht und Einrichtung desselben als ein wesentliches Recht dem H.andesfsir- sten zukömmen. §. Z. H. z. Der ganze Vortrag , wie er da liegt, ist entweder sehr zweydeutig, oder gar falsch. Nachdem Fürsten und Landesherren zur christ¬ lichen Gemeinde sich bekennet haben, vevlohren sie zwar von ihren Majestatsrechten nicht das geringste ; sie blieben Herren über Land und Leute. Aber die Kirche verlohr durch die Be¬ kehrung der Fürsten von ihren Rechten auch nichts : wie sie das Aeußerliche der Religion vor der Bekehrung der Landesherren geordnet hat, so bleibt ihr das nämliche Recht nach ihrer Bekehrung. Ein Landesherr, der etwa aus einem Heyden ein Christ geworden ist, wurde dadurch nur ein Glied der Kirche, und nicht ihr gesetzgebendes Oberhaupt. Wer sich mit einer Gemeinde vereinigen will, muß sich auch in die Gebrauche und Gesetze schicken, die der Gemeinde eigen sind : widrigenfalls wäre die Bekehrung eines Fürsten, der Kirche vielmehr nachtheilig , als crwünschlich ; die Kirche würde dadurch ein Recht verlieren , das sie vor der Bekehrung eines Fürsten gehabt harre. Die Kirche hat in Dinge», die die Re¬ ligion betreffen, nicht den Fürsten , sondern A 4 L der Fürst hat, als ein Glied der christliche» Gemeinde, die Kirche zu hören. Es ist den Großen dieser Welt wie dem gemeinen Manne gesagt: Mce die Lirche nicht höret, den betrachte als einen Heyden und öffentlichen Sünder. §. 4. Die Kirche hat zwar allezeit auf die Für- sten und Könige als ihre verehrungswürdigsten Glieder rin ganz besonderes Augenmerk ge¬ macht ; ste nahm von ihnen Vorstellungeir an , und wenn ihre Beschwerden und Klagen gegründet waren , machte die Kirche in ihren Gesetzen , oder in der Kirchendisciplin , ganz gerne Abänderungen : wir haben ganz neue Deyspiele davon , in Betreff des Fastcngese- Hes sowohl, als in Betreff der Feyertage re. Aber niemals hat ein gottesfürchtiger Fürst eigenmächtig nnd ohne Vorwissen und Be¬ willigung der Kirche Aenderiiligen in den lir- chischen Verordnungen und gntgeheissencn Gebrauchen gemacht; dirß wäre ein offenba¬ rer Eingriff in die Rechte derjenigen, zu de¬ nen Paulus gesagt hat: Euch hat der hei¬ lige — . v trge Geist gesetzt , die D>irche Gottes zu regieren. So wenig sich die Kirche in das Aeußerliche des pur civil- und politischen WcfenS einzumischen hat; eden so wenig kann sich der Landesfürst als eru Gesetzgeber in das einniischcn, was die Kirchrnzuchr betrifft. Wie der Fürst das Wohl des Staates zu be¬ sorgen hat; so hat die Kirche das Wohl ihrer Heerde zu besorgen. Und wenn ein Wohl dem andern weichen soll; so geht doch hoffent¬ lich das ewige dem zeitlichen vor. §» 5» So ungezweifelt dem hochwürdigsten Herr» Bischöfe vorkommen mag, daß das Aeußcrli- che der Religion mit der politischen Verfassung in der genauesten Verbindung stehe; eben f» unstreitig ist cs auch, daß das Aeußerliche der Religion das geistliche und ewige Wohl entweder verhindern oder befördern kann. Die Übeln Sitten ; die uneingeschränkte Freyheit anstößige Dücher zu lesen; die Freyheit über Religionsgegenstände, und wider die Diener des Herrn überhaupt zu reden; ein beschränk¬ ter Gottesdienst; eine geringe Achtung für die Diener der Religion; die weniger» oder meh- A rern ID . . - rern Uebnngen der Gottseligkeit; die irrreli- giösen Beyspiele: sind lauter äußerliche Din¬ ge , die nach und nach zum Unglauben führen. Diese äußerlichen Gegenstände nun hangen nach dem Eedunken des Herrn Verfassers bloß von dem Landesfürsten ab : unterdessen sind sie doch genau entweder mit dem Untergange oder der Erhaltung der Religion verbunden. Die Erhaltung der Religion aber ist die erste und wesentlichste Pflicht, die dem Pastoralamte von der Anordnung Gottes anklebet; wie kann sie von der Hauptabsicht eines Amtes abgesondert werden ? Soll diese Absonderung, bieder hochwürdigste Herr Bischof lehret, nicht das Pastoralamt erniedrigen, oder viel¬ mehr vernichten ? Hier nehme ich mir mit Recht die Freyhcit, mit den Worten des be¬ liebten Thomaßins den hochwürdigstcn Herrn Bischof zu fragen : Ist dann die ordent¬ liche apostolische Gewalt nach der seit vcrtheilct worden ? Hak etwa die Halbscheide davon der Kaiser Sonstan- tnr an sich gerissen (H L Diese Disscr- - ration (g) kipzrttts pvübac: knit pntelc.m.? stoIicL 8uocellio , L cha'5 gualr ex semitle, ncorciia 8nt:erllc>tii cum imperio genennet werden kann, wird niemand mi߬ billigen; das letztere aber wird man, ohneher Sache Gottes zu nahe zu treten , nie zugrben können. Constantinns war im Concilio.zu Nizaa gegenryartig. Arius ( ein Erzkeycr ) hatte vorher vor dem kaiserlichen Throne Be¬ schwerde geführet, und unter andern, daß Alexander Bischof zu Alexandria ihn cxkom- munizirt habe, (die Exkommunikation geschah ohne Vorwissen dcS Kaisers). Was that der Kaiser? Erließ des Arius und dessen Anhang Beschwerde durch kein politisches Concilium , sondern durch ein Concilium von z r 8 Bischöfen untersuchen, und diese erkannte er als die wah¬ ren und ordentlichen Richter (c). Der Streit war nicht bloß dogmatisch; die listigen Aria¬ ner hatten mehrere Sachen darunter gemcngct (ä) ; das Concilium blieb auch nicht bep der dogmatischen Entscheidung allein stehn; son¬ dern es machte verschiedene, das Acußcrliche der ix) Vill. Ocmc.I^dbei. 8nsob. Hill. Kctll. (ä) Viä. Lukeb. Loaom. L. Locrar. blill. ücci. üü^üüü^ IZ der Religion betreffende Anordnungen , und Constantin betrug sich bloß als Zuhörer und Beschützer dabey. Glaubet etwa der hochwürdigste Herr Bi¬ schof/ daß Constantin seine Gerechtsame nicht verstanden habe ? Das Betragen des Kaisers Constantins ist also vielmehr wider das Sy¬ stem des Verfassers / als für dasselbe. Von dessen Zeiten an hat auch die Kirche immer Anordnungen und Satzungen gemacht , die sich auf das Aeußerliche der Religion beziehen; dergleichen haben die deutschen Bischöfe in verschiedenen Concilien, wie man in bcsHärz- heims Sammlung OünciliürumOermsmL lesen kann gleichfalls ungemein vieles gesetzlich vorgeschrieben ; Bischöfe aller christkatholi¬ schen Nationen , wie die Concilien - Samm¬ lungen vorzeigen , thatcn ein gleiches. Hier möchte ich von dem hochwürdigsten Bischöfe wissen, ob dergleichen Verordnungen, die daS Aeußerliche betreffen, in Ooutdlenria verbinden. Zu den Apostelzeitcn, und in darauf erfolgte» Jahrhunderten getraute sich kein guter Christ daran zu zweifeln. ß» 7. rü ' §. 7- Eine Menge Gesetze in RsligioUsangelegen» heiten sind eben so viele Denkmäler seiner landeüfürstlichen Macht. Die Gesetze, die Kaiser Constantin ge¬ macht har / waren Verordnungen , die zum Vortheil der Kirche und der Christenheit ge¬ reichten. Sie waren Handhabungen der Kir- chengMe , auf derer Erfüllung er drang. Und dießfaüs hat die Kirche immer die Regen» ten als Schützer der Kirche verehret. Von - dieser Sache wirds schon noch Gelegenheit zu reden geben. §. 8. wie auch Vergebung geistlicherAemter, und sogar Absetzung der Geistlichen. Wenn der hochwürdigste Herr Bischof sich die Zeit genommen hatte, alles M einer tiefen Bcurtheilungskraft zu prüfen , was da und dort gedruckt zu lesen vorkömmt: so bin ich der Mcynung , daß der Hirtenbrief eine ganz andere Gestalt bekommen haben würde. Die gründlicheBeurtheilung würde ihn belehret haben/ daß die Vergebung geistlicherAemter, die -7 die Bestrafungen und Absetzungen Myerley Gestalten haben,können: die eine ist Mix, die andere LKi. Diese Abrheilung mache auch Idmnalx. (Olsldrt. I ls. in Ooncil.). Die letz¬ tere betraf auch den heiligen Athanasius, den heiligen Chryfostomus nebst vielen andern Bischöfen und Pabsten ; die erstere erkannte Ideocl.surisTcLl. rit. 2. cis Kpil'. L. tllsr. L Z9. Die Vergebungen mehrerer geistlicher Aemter gestattet noch heut zu Lage die Kirche ganz gutwillig den Regenten uno andern wohl¬ verdienten Christglaubigen. Ucbngens aber passen die LLt», die von dem ersten chrestirchen Kaiser hergenommen werden , ( obschon die Kirche fast zufrieden fcyn könnte, wenn sie nach dem Systeme und nach der Weise des Constantins und Theodosius behandelt würdt) auf die Zeiten der gänzlichen Ruhe gar nicht. Mit dem ersten Kaiser mußte die Kirche ex Osconomia eine gewisse Nachgiebigkeit blicken lassen, weil, wie eS aus der Geschichte allzu- sicher bekannt ist, von den Ketzern die geistli¬ chen Aemter öfters feinlich behandelt, oder «ngefallcn (e), und selbe auch von den Hey- D den, fe) Vicls Ooc!. Lbeoll. oprime meritns tuerir cie Lcetelln OvnüauriuuL, newo tarnen inircinL ire poteli, aliguancio xlu« illnm irbi in ue^otira eeele- iinlliciL vinriicalle, guain taico principi conveni- rer. —. »s hat sich aber (wie der H. Augustin in seinem 4z.sonst 162. Briefe meldet) ernstlich vorgr- nommen, eben deswegen die Bischöfe um Ver¬ zeihung zu bitten. Sogar der heidnische Kai¬ ser Aurelianus erkannte daß die Ein-und Ab¬ setzungen der Bischöfe kein wesentliches Recht seiner Macht sey. Hievon giebt Eusebius I^id.7. (?. zo. Zeugenschaft : Er überließ dich den Bischöfen, und vorzüglich dem römischen Pabste (§). Rechtmäßige kaiserliche Absetzungen werden wenig oder gar keine anfzuweisen seyn, die nicht vorher von der Kirche schon begrün¬ det oder verhänget waren. In diesem Falle gütigen die Kaiser nicht anders zu Werke, als Beschützer und Vertheidiger der Kirche; die Exkommunikationen und Depositionen waren schon vor den Zeiten Consianttns Lola Lceleti« smbvrieaee in der Uebnng. Wie aber nach der Hand die Ketzer gewöhnlichcrmaßen sich V 2 muth- (g) Intsrpellatus Imperator HureUusl-cKr/A- me Noe nezotiuin äijuäieavit, iis ciomum iracti pr^eipiens, guibua Iraiiei edriÜianL relizionis »utiNiles L romanur lipilc. Lcriberem. muthwilstg und halsstarrig betrugen, die Kir¬ chen - Exkommunikationen und Depositionm verachteten/ so war es öfters nothwendig, die kaiserliche Authoritat und Macht um Hilft anzusprechcn. Dreß wird noch heut zu Tage gelehret, guoN contrs contumsces L permmceii sit liradünm SLudure implcomuäum. Die Kir¬ che aber hat nicmal ihre ursprüngliche Juris¬ diktion dießfalls aufgtgcbcn , oder sie in ein ZU5 regiunr verwandelt. 8oLi'M. kllK. tiLelss, I.ik. II. 0. 15. zeiget ganz deutlich, was mrin war, da er saget: Nachdem die Bischöfe dem römischen pabsie Julius ihre Angelegenheiten vorgetragen haben, hat er sic gemäß des Vorrechts der römischen Lirchc mit Briefen beglei¬ tet , und einen jeden wieder in sein Bißthum eingesetzt (b). Das nämliche schreibt Zo?vm. lä. III. c. 8- Der römische Bischofhat nach erkann¬ ten (Ii) vbi cum sulio romana urbia Lpilcopo LüuIÄm t'unm (Lxütcopi) exxoluit , lile gu»: Lic romükiL LLLil>iiL liberioribu^lira- N5 Lommunitv8 iu Orisnrem remUic, ünxuift luriem lu.uu rdclmeuL. ,!«- »»«Mn«» ren Umständen einem jeden scinNiß» thum (in Orient) zurückgestellet : denn wegen der N)ürde seines Sitzes er¬ streckt sich seine Sorge über alle Bar¬ chen (')- Warum meldete der Verfasser des Hirtenbriefs von so entscheidenden Stellen und Zeugnissen nichts (le) ? — ?. 8. Nur ein Beispiel will ich hier aus der Ge> schichte der donatistischen Händel anführen. Der Muthwille der Donatisten war bereits so weit gekommen, daß die ^mlioritasecclelia- Mea selben unmöglich stillen konnte. Diese Abtrünnigen waren bereits von der geistlichen Authoritat bcurtheilet; mit dieser Beurrhei- lnng nicht zufrieden nahmen sie nach Art der B z unru- (i) Lpiscopu« igilur llomanuscumliuzuloruiu (Lpileoporum) eaullis eognoviLIdt —qnomrnn proprer 8eäiz äigiürstem omniuni eura aä ipünn jpeÄüdat, luam euigue Lceleüam relliruir, (k) Die unentbehrlichen Anmerkungen über Liesen Hirtenbrief verdienen hierüber gelesen zu werden. unruhigen Geister ihre Zuflucht zum kaiserli¬ chen Throne; der Kaiser ließ neuerdings die Beschwerden von der geistlichen Macht ent¬ scheiden: von der Unbcugsamkeit undUnnach- giebigkeit dieser Leute verleitet, ließ derKaiser neuerdings deren Beschwerden, die sie mit Lü¬ gen und Verleumdungen vermengten , durch den ProconsulElianum untersuchen; die Ent¬ scheidung erfolgte gleichförmig, wie schon die Geistlichkeit gesprochen hakte. Die Geistlich¬ keit hatte hiemit keine Beschwerden zu führen; aus Bescheidenheit, oder aus weisen Absichten mußte sie, in der Hoffnung, den sehr gestörten Frieden zu gewinnen, die Untersuchung und den Spruch geschehen lassen und abwarten. Aber auch diese Entscheidung beruhigte die hartnäckigen Donatisten noch nicht. Der Kai¬ ser war bcmüßiget, eine neue Untersuchung und Entscheidung zu gestatten , und diese ge¬ schah zu Arles von einem bischöflichen Conci- lium. Was hatten hierin» die katholischen Bischöfe mit Vernunft klagen können; be- sondersda derKaiser ihnen die ganzeOoZniciou weder streitig gemacht hat, noch streitig zu macheu machen dachte. Der Kaiser nahm sie ( nach Zeugniß des Sozomcnus), bevor die Bischöfe die Sache untersuchten, und ihr Urthcil fäll¬ ten , nicht in die Gemeinschaft auf. Er hat sie an die Bischöfe gewiesen, die damals zu Jerusalem versammelt waren (Y. Und zweytcns, da jene, die die geistliche Cognition verschmaheten, Abtrünnige waren; zu was wird das angeführte Beispiel hier die¬ nen können? Au bedauren ist es, daß ein ka¬ tholischer Bischof sein Pastoralamt miskennen, und aus einem Beyspiele sehr unbeugsamer und rebellischer Köpfe ein Recht gründen wolle. Der Kaiser Constantinus würde eine so gestal¬ tete Lehre gewiß nicht gutgeheißcn haben; denn er selbst hat gesagt : was in den heiligen Versammlungen der Bischöfe abgchandelt wird, das muß man für V 4 der» sl) disgue tamen ici tibi arrossavit (tlonllrm- linu8 ) ur ec>8 ipte in coinmuniorrsm suscipsrst ante exmnen L stnlieium sorum, guornm rästrs, xvnti6cnm guvs «ä Lpikco- !Ü7!Ü^; sy Diese Sprache führte Constantin immer im Munde, wenn er mir den Bischöfen von geist¬ lichen Gegenständen redete. Hieraus, und aus dessen Betragen beym nizänifchen Conci- ljum ist deutlich zu ersehen, daß Constantin von der apostolischen Tradition abzugehen nie- ma! zu Sinne gekommen ist. Die kaiserliche Authorität wandte er nur Key gewaltthätigm Vorfällen an, wie schon bemerket worden ist. Eusebius erzählet zwar, daß Constantin be¬ fohlen habe, den Sonntag zu fcycrn und zu ehren; dieser Befehl aber war allgemein, und verband auch die Heyden (^). So allgemein in einem Reiche zu gebiethen, in welchem die Heyden noch den größern Haufen ausmachten, stund nicht in der Macht der Geistlichkeit. Der Kaiser erweiterte hiedurch ein Gesetz der christlichen Kirche. Von dieser Art waren alle Anordnungen des Constantins, und aus eben dieser Ursache wird der Kaiser einem sorgvol¬ le» * (*) xaemn iävneoL znllicaverittL , in msämm pro- kerencs8 ca äscern-uir, (jure ^xoüolorum rra- äilioni coulenliunc. (*) Uid. IV. Osx. »L L 19. vir- conüanc. 28 .1 len Bischöfe vom Eusebius v er g! ich ni (p). Der Kaiser Constantin als erster christlicher Monarch mußte dergleichen Befehle moro W- Mnitv^us ZccleüT (wie Eusebius K. 12-sagt) kcrcinsqeben, weil ehevor lauter verbothene con'rarnoresinKicuta, Ltraäitiolls^pollolicaa vorhanden waren. Es ist wirklich unbegreif¬ lich, wie ein katholischer Bischof ans solchen kaiserlichen Gebokhen, die die Kirchengebräu¬ che, ihre Gesetze und hergebrachten Gewohn¬ heiten unterstützten und verrhcidigten, ei» sti8 contra more8, intkitma L traclitionss üolorüm begründen wolle. Nach dem nam- lichm Gesichtspunkte' müssen und sollen die theodosianischen Gesetze in geistlichen Angele¬ genheiten bcurthkilt werden. Zu dieser Be- urtheilunq führen uns theils die Gesetze, da sie nichts mehrer ordnen, als was schon die Canones vorgeschrieben hatten, theils die Kirchengeschichte, die uns unwidersprechlich und zuverläßig erzählet, wie von der Kirche chie Disciplin immer besorget wurde. Merk¬ würdig (p) impeiio8utsieÄU3epitcopaU8ol- Uciruäine zudsruabat. 4. cic.l. c.24. -9 würdig ist der I.cx Ibooclolii contra matbewLt. Er befiehlt, sie sollen ihre Bücher den Bi¬ schöfen vorlegen. §. io. In dem theodostanischcn Gesetzbuch? zeigen es' selbst die Aufschriften an; eben so mach¬ ten es die fränkischen Fürsten , Kaiser rc. Nachdem schon bereits ist angemerket wor¬ den , daß in den ersten Zeiten der christlichen Kaiser die unruhigen und sehr zahlreichen Ketzer alle Kräfte angespannet, um den Glauben mit den Institulis ^xollolorum zu verwirren und zu verkehren, auch die frömmsten katholischen Bischöfe äußerst verfolget haben ("); so war es eine unvermeidliche Nothwendigkeit, sowohl in Rücksicht des Glaubens, als der Disciplin, die kaiserliche Auktorttat zu Hülfe zu nehmen; besonders weil die Ketzer sowohl wider den Glauben, als die Disciplin und Kirchcngesitze die größten Gewaltthatigkeiten ausübten, den allge- (*) (*) IliUor. blcclesiack. Lo^om.Luleb, 8ocrsr. Ibcoä. L Urbanas. JO allgemeinen Frieden störten, und der Kirche gar keinen Gehorsam mehr leisten wollten- Die kaiserlichen Soßungen über den Glauben und andere geistliche Angelegenheiten waren eigentlich Handhabungen der apostolischen und kirchlichen Verordnungen. Die Wahrheit dieser Behauptung zeiget sich daraus sonnen¬ klar : erstlich, weil die Kaiser das bekannt machten , was von der Kirche ist angeordnet worden : zweytens, weil man zuverlaßjg weiß, daß die Kaiser die Kirchenversammlun- gen immer geschehen ließen, ja unterstützten, und die daselbst gemachten Satzungen, das Acußerliche der Religion betreffend , nicht bestritten, sondern nachdrücklichst beschützten. Unter den ersten fränkischen Königen und Kaisern machten die Heyden noch einen sehr großen Theil aus ; die Kirchenökonomie ge¬ brauchte sich ebenfalls der königlichen Aukto- ritat, um ihren Satzungen und Wünschen Kraft und Ansehen zu geben. Es ist auch zuverlaßig bekannt, daß die Capitularia Karl des Großen lautere Wünsche der römischen Pabste und der frommen gallikanischen Bischöfe waren. waren. Herr Ignatz Schmidt hak unstreitig sehr ost die Geschichte in einem una'chttn Ge¬ sichtspunkte angesehen, und sonderliche Fälle, bey denen die Gewaltthän'gkeit den größten Einfluß hatte, für gerechte und unschuldige Unternehmungen geschildert. Diese Behaup¬ tung könnte mit Zeugenschaften sehr gelehrter, und unparteiischer Skribenten, und zwar ver¬ schiedener Religionen beleget werden. §. r r. Noch in den neuern Zeiten erkannte man selbst zu Rom rev Die katholische Kirche wird immer die Landesfürsten als Schützer der Kirchendisciplin verehren, und höchftderoselben Schutz und Beystand wider die Ungehorsamen cmfleheu: und diesfalls sind die Regenten Diener Gottes, oder auch Statthalter Christi, so lange sie dessen reine Lehre und das Ansehen seiner Kirche, und derselben sichtbares Oberhaupt beschützen, Denn in dcrRirche ist, wenn man es eigent¬ lich ausdrücken will , nur ein einziges Diß- thum , wovon jedem Bischöfe ein besonde¬ rer Antheil zur Einrichtung und Aufsicht übergeben wosden ist. Der Ausdruck , wie er da liegt, ist zwar ans der Feder des H. Cyprians geflossen : er hat ihn aber gewiß in dem materialen Ver¬ stände nicht genommen , wie er von manchen Drochüristen dieser Zstt angeführt wird. Hie¬ von giebt dessen Buch Oe lliüiats die unver« werfliche Zeugenschaft. Der materiale Ver¬ stand des Textes des H. Cyprians würde nach her Republik des ketzerischen Marci de Dominis schmecken. Die Übersetzung des Textes schernt mir auch in etwas zu weit ausgedehnct zu seyn. Der Heilige saget nicht ein einziges allgemeines, sondern lediglich ein einziges; das Allgemeine könnte wohl liehen , wenn das Oberhaupt der Kirche darunter verstanden würde, wie der H. Cyprian selbst ihn als einen allgemeinen Bischof erkennet hat. Dev 83 Der Herr har zuerst dem Petrus, auf welchen er seine Barche gebauct hat, und von daher der Ursprung der Einigkeit ist, diese Gewalt gegeben, daß jenes im Himmel gelöst seyn soll, was er (Petrus) auf Erden gelöst hat. Die Kirche, die eine einzige ist, ist auf Einen, der die Schlüssel vom Herrn empfangen hak , durch die Stimme des Herrn gegründet worden (4). Die oisver oder Schlüssel müssen nach dec Mcynung des H. Cyprians ein mehrers bedeu¬ ten , als das Lösen und Bürden, so alle Bi¬ schöfe erhalten haben. Das Bißthum ist in den wesentlichen arcrikmi« nur eins; ein jeder Bischof ist auch ranons oräinis .dem andern gleich; (h) ?errc> primum Dominus, super czusm «äi- Lcavir Leclesmm, L unäe unirstis orizineni inüittiil, mit diesen Worten gedeutet hat : Untere euch selbsten werden Männer aufste- Heu, die eine verkehrte Lehre reden werden , damit sie die Jünger at>-> und zu sich ziehen mögen. Christus hat alle Apostel gesandt , das Wort Gottes zu predigen, zu taufen, Zu binden, zu lösen, die allgemeinen Kirchengesetze genau zu befolgen und zu bewahren. Dieser ist der wahre Sinn des Textes , welcher auch vom pabstli- chen Stuhle und allen Katholiken gebilliget wird. Die Unabhängigkeit vom Stuhle Petri aber kann aus dem ungezogenen Texte, ohne den andern klaren Stellen der H. Schrift und der steten Kirchentradition Gewalt anzuthun, nicht gefolgert werden, Ich empfehle neuer¬ dings dingsden Coeffetau zu lesen, der diesen Ein¬ wurf so klar erläutert hat, daß man das Licht scheuen muß , wenn man ihm widerspreche» will. Ich weiß wohl, daß der hochwürdigste Herr Bischof sich ausdrücklich erkläret, dem päpstlichen Stuhle uniret zu bleiben; aber seine Grundsätze scheinen doch eine so gefähr¬ liche Anlage zu haben, nur eine solche Union einzuführen, die dem päpstlichen Stuhle nur im abstrakten, und pur spekulativen Verstände gelten läßt ; nämlich eine Union ohne Sub¬ ordination, ohne Unterwürfigkeit, ohne Gehorsam. Ein solcher Primus, ein solcher Uiius oder Primas würde vielmehr ein Gegen¬ stand ciisLUiüonSL L comroverliarmu seyN (§). §» 14« Ich wünschte, daß der hochwürdigste Herr Dischofden Text Akt. 20, 28. ebenfalls latei- yisch in der Nore beygcfetzet hätte, wie er den des H. Cyprians beygeseyet hat. Man könnte bcynahe auf den Argwohn verfallen, es sey C z dieß (s) Viä. inomtum Pbomal'L. w prLkac. vsr» nor. kccl. UitcPI. s§ -- dieß darum unterlassen worden, damit man die willkührliche Uebersetzung nicht so gleich merke. Der lateinische Text saget : Gebt auf euch und die ganze Heerde Acht, über welche euch der heilige Geist ge¬ fetzt hat, die Barche Gottes zu regie¬ ren (i). Das Wort deutet eine wahre äußerliche Jurisdiktion an, und derhochwür- digste Herr Bischof beliebet das Itters in rudere zu verwandeln, damit der Gedanke einer äußerlichen Jurisdiktion crsticketwer- den möchte. Der selige Bischof zu Passau, GrafThun, einer der gelehrtesten Hirten un¬ serer Zeiten , gieng mit der Uebersetzung deS Textes getreuer zu Werke : er giebt ihn zu deutsch in folgenden Worten : Nun gebt auf euch selbst und auf die ganze Heerde acht, bey welcher euch der heilige Geist zu Bischöfen gescyct hat , die Barche Gottes zu regieren, die er mit seinem Blute erworben hat. Das Wort N)ey- dcn statt Regieren kann mit dem folgenden Verse (t) ^rtenclits Vobis vos xoluit 8xirilus 8anKus r-cZe-e LccleüsnMsi. Verse gar nicht passen. Die Note des selige« Bischofs bey dem 28. Verse verdienet ebenfalls eine Rücksicht. Der sehr gelehrte Bischof erkennet und lehret, daß alle Bischöfe unter dem Oberhaupte, nämlich unter dem römischen Pabste stehn, obschon sie von Gott unmittel¬ bar den heiligen Geist, oder die Gewalt, eine Heerde oder einen Lheil der Kirche zu weiden, empfangen haben. Der Ausdruck, unter dein Pubste stehn, bedeutet etwas mehr, als mit demselben in Glaubensfachen uniret blei¬ ben : unter ihm stehn heißt nach meinem Be¬ griffe , ihn als die oberste geistliche Obrigkeit anerkennen, deren Anordnungen mit Demuth' verehren , nicht eigenmächtig sich eine bessere Einsicht, eine willkürliche Macht zneigncn, wie die sehr unruhigen und fchismatischen Utrechter Skribenten zu thun pflegen, da sie alles , was ihren Ein - und Absichten nicht angemessen ist, mit dem Worte Ultramonta- uisch spottweise, oder sonst mit andern noch anzüglichen Bemerkungen abfertigen. Sie sind auch so stolz auf ihre Einsichten , daß sie sich allein berechtiget halten, alle Bischöfe zu cen- furiren, selben die Einsichten und Sen evanger E 4 fischen 4« lischt» Geist abzusprechen , ihre Handlungen schimpflich abzuschildern, von der allgemeinen Wohlfahrt der Kirche ftey zu urtheilcn, und gesetzlich zu sprechen. §. r5. Ein feöer Bischof habe in Verwaltung seiner Kirche vollkommene Areyheit. Aus den Worten des heiligen Cyprians , Ivie sie lateinisch in der Note angeführet wer¬ den , kann der Ausdruck voUkommeneFrep- heit nicht gezogen werden , ohne dem Heili¬ gen einen fast unbändigen Stolz zuzumuthen. Wenn wir die Bcyspiele der Bischöfe aus den ersten Jahrhunderten unparteyisch aufsuchen, wie sie ihre Kirchen regierten, so werden wir keinen Bischof finden , der die Verwaltung einer Kirche nach der eigenen vollkommenen Freyheit geführet habe, ohne von dem pabst-- lichen Stuhle oder von den benachbarten Bi¬ schöfen geahndet zu werden. Die ältesten Bi¬ schöfe bcrathschlagtcn sich schon in wichtigen Sachen mit dem pabstlichen Stuhle, mit dem Metropolitan, und öfters mit den benachbar¬ ten 4l ten Bischöfen. Ueberhaupt ist hier nach dem Geiste der Kirche Christi zu bemerken, daß jeder Bischof schuldig ist , nach den vorge¬ schriebenen allgemeinen Kirchengeseßen die ihm anvertraute Kirche zu verwalten; er kann von selben nicht abweichen , ohne von dem Oberhaupte der Kirche billig geahndet zu wer¬ den , wie die älteste Kirchendisciplin dicßfalls die Beyspiele vorwciset, und Thomaßin aus¬ drücklich lehret. Wenn jeder Bischof nach dem Geiste der vollkommenen Freyheit han¬ deln darf, so würde die Kirche von der hier¬ archischen in die republikanische, oder viel¬ mehr anarchische Unordnung verfallen. Was ist aber dieß anders, als die ganze Kirchen- Hierarchie unter über sich kehren ? Die Kirche wird einem wohlgeordneten Kriegsheere ver¬ glichen: wenn aber ein jeder Partikular - Ge¬ neral machen barste, was er wollte; welche Verwirrungen würden entstehen ? Dieß Ware kein ordentliches, sondern ein recht uneiniges mid verwirrtes Kriegsherr, das dem Gcspötte seiner Feinde ausgesetzt wäre. §. r6. 4- H« 16. Nicht aber von der curßerlichyn Zucht, auf welche stch bie Macht des ckandeüherrn er^ streckt. Dieser Grundsatz ist bereits schon in den vorigen Bemerkungen erläutert worden. Uebrigens will dann derhochwürdige Herr Bischof nichts von der Kirchcnzucht der Apostel, der ersten , mittler? und letzten provinzial, national und allgemeinen Kirchenversamm- lunqen wissen? Soll ein einzelner Bischof über die Concilien und Pabste seyn , da man doch denPabst selbst denConcilien unterwerfen will? Fahren die Bischöfe nur fort, die geistliche Gewalt der Päbste herabznfttzen, und die ih¬ rige zu vergrößern, so wrrd sichs gar bald zei¬ gen , daß sie durch ihre angcmaßte Erhöhung ihre Erniedrigung befördert haben. Sie werden Len Namen der Kirchenhirten tragen, die weltlichen Fürsten aber werden es im Werke seyn. Die Hirten werden Schafe, und die Schafe Hirten werden. Das äivicw L.impers verstehn die heutigen Politiker so gut, alsje- ruals einer , und wissen sich diesen Grundsatz gewiß gar wohl zn Nutzen zu machen. 'H Ü7!Ü?!ÜÜÜÜ 48 §. I/. Denn entzieht man ihnen auch nur einen Theil ihrer Macht, so ist es eben so unnatürlich, als wenn ein Glied die Verrichtungen des andern hemmen, und sich zueignen wollte. Der hochwürdigste Herr Bischof wird hart oder gar nicht beweisen können , daß einem Bischofe jemals ein wesentlichen Theil seiner Macht entzogen worden scy. Isis auch ge¬ schehen , und ein Bischof etwa gar feines Am¬ tes entsetzet worden, wie man sehr viele Dey- spieke schon in den ersten Zeiten hat, so muß er selbst Ursache dazu gegeben haben. Daß der pabsiliche Stuhl sich gewisse wichtigere Falle Vorbehalten könne / hat das allgemeine Concilium zu Trient ausdrücklich erkläret. Das Glied muß auch dem Haupte, und nicht das Haupt dem Elicde untergeordnet seyn. Die Bischöfe verlangen, und zwar mit Recht, Gehorsam, Ehrfurcht und Respekt von ihren Schafen und den ihnen Nachgeordneten See¬ lenhirten. Soll der oberste Hirt, das sicht¬ bare Oberhaupt, dem alle Bischöfe nachgtord- net und unterworfen sind, nicht das nämliche von 44 Von den ihm Nachgeordneten Hirten fodern können ? Sollte aber ein jeder Bischof in Ver¬ waltung seiner Heerde die vollkommene Freiheit haben; welche seltsame Subordi¬ nation wäre dieß ? Dieß heißt soviel: ich bin meinem Vorgesetzten Gehorsam schuldig; aber ich darf thun , was ich will. Ich verehre hierinnfalls das nizäuische, die lateranensi- schen, den constanzischen und tridentinischen, und sogar den basler Kirchenrath, der den Pabsten mehr eingestanden hat, als die Son¬ derlinge einzugestehen pflegen. Mehrere Ge¬ rechtsame zu Gunsten des pabftlichen Stuhles hat der sehr berühmte Constant in der Prä- fation all LpiKola-; 8mnmorum k?. aus sehr alten und achten Dokumenten gesammelt; er macht von den pabftlichen Statthaltern in den weitesten Provinzen schon von dem ersten Jahrhunderte an Meldung. Darf ich alle Neuerer dieselben zu lesen anweisen, und ohne Dorurthcil, rnitDeyseitsctziing der Eigenliebe, rind mit Ablegung der Schmeichelsucht wohl zu prüfen? Es wird auch etwas zum Beßren des pabftlichen Stuhles von.Gregor dem Gro- i Herr, 45 ßen , den sie sonst für sich anzufi'chren Pflegen, in ihm zu finden seyn. Ich enthalte mich Kürze HMer die kritischen Bemerkungen über dessen Brief-rä KnIoZ. /Uexancl. anzuführen, weil ftlbc fo wiederholt gedruckt worden sind, daß nicht zu begreifen ist , wie man noch «ns diesem Briefe einen Beweis wider das Ansehen des pabstlichen Stuhles zu machen sich bey- fallen lassen könne : ich führe dafür die göttli¬ che Warnung an : N)enn ihr euch selbst einander beiße , so sehet zu, daß ihr einander nicht selbst verzehret (u). Kerne Anfalle find gefährlicher, als die man auf das Haupt selbst macht. §. 18. Dem pabste liegt ob darüber zu wachen, -aß jeder Bischof die Pflichten setneü Amte¬ genau erfülle. Ist nicht die Pflicht eines jeweiligen Bi¬ schofs, daß er die allgemeine, in ganzen Con« tilien bestimmte Kirchenzucht streng beobachte, und (u) Ouoci ü juvicLM moräeriü L comeäiti§, vicjors / 'NVWLM coninmamini. Lai. z. 15. 46 und in Erfüllung bringe? Es Ware wohl zu wünschen, daß keinem Bischöfe Deutschlands dicßfalls etwas vorzuwerfen wäre,. daß keiner Ahndungen vom höchsteuOberhaupfe verdiene, und-daß alle die gemeine Wohlfahrt der Kir¬ che Privatabsichte« vorzögcn- §. 19. Der katholische Landesfürst übt seine Macht über die äußerliche Hisciplin aus. Eine sülche Sprache fiihrte die erste untz bis zu uns fortgesetzte Kirche niemals. Die Einsetzung Chkisti, die Tradition, die bestän¬ dige Uebung, die Conctlienwidersprcchcndieselr Satz ganz offenbar. Die gestimmten ungari¬ schen Bischöfe reden auch ganz anders, und mit ihnen der allergrößte Lheil der Vischöfein der Kirche. Die Kirche hat zwar zu allen Zsiten Fürsten gehabt, die ausarteten, aber darum ließ sie sich nie irre machen, sondern sie blieb fest bcy der apostolischen Lehre. Ein Gregor. Itl. IlpiH. all Maur. uä. st,eon. lümr., ^mbrok. all Ibeoä. L ltukebius I^ib. VI. c. Z4. Isiüor. I'.Loi. item l^ib. VII. c.go. nebst vielen andern frommen Bischöfe«/ geben uns dieunverwerf- lichstm 47 lichsten Zeugnisse daß die Kirche die Besor¬ gung der äußerlichen Disciplin als ein eigen- thümliches Geschäft betrachtete, und den Wi¬ driggesinnten Widerstand zu leisten sich berech¬ tiget glaubte. Ich habe schon bemerket, daß man das Recht mit der Macht nicht vermengen müsse. Wenn man eine solche Absonderung nicht gelten laßt, so ists mit allen Gerechtsa¬ men des menschlichen Geschlechts , mit allen natürlichen Gesetzen vollkommen geschehen; weil aus den alten Zeiten Regenten aufgewiefen werden können , die auch auf das natürliche Gesetz kein Augenmerk machten, sondern selbes nach Wülkühr verletzten. Da die Ausübung der Gerechtigkeit von der mchrern oder min¬ dern Frömmigkeit der Regenten, die die Exe- cutionsmittel in Händen haben, öfters abhan- gcn muß,.und die Kirche nach der Lehre Christi keine gewaltigen Zwangsmittel, sondern nur geistliche gebrauchen darf; so kann die Geduld und Nachsicht der Kirche in vielen Fallen nicht für einen Beweis betrachtet werden, als wenn ihre Rechte nicht waren gckrankct worden. Eusebius führt hierüber ein schickliches Bey- 48 k-^-7-ÜÜ! spiel an; es wird dadurch erwiesen , daß die Kirche ohne ihre Schuld in die größte Verle¬ genheit gesetzt werden könne , und entweder beleidigen , oder auf eine Zeit der Ausübung ihrer Rechte sich verzeihen müsse. „ Als Li- „ cinius der Priester schäft kein Laster vorrücken „sonnte, so ließ er den Befehl ergehen, daß „die Beschösse nirgendswo sich versammeln, und „ keine Unterredungen miteinander halten, auch „ keiner zum andern kommen, noch vielrxeniger „ über die Angelegenheiten der Kirche Concilierr „halten sollen. Go machte er sich Gelegenheit, „uns, wie wir cs immer angiengen, plagen „zu können ; denn hätten die unsrigen den „Befehl übertreten, so würden sie in die Strafe „verfallen scyn; hatten sic dem Befehle nach- „ gelebt, so würden die Satzungen der Kirche „ verletzt worden schn " (^). Ich hatte nicht noth- (x) Lnmgue nullum ipli ( Ličimo) crimei» l'uppererer, nee kudersc, guoä viris illis (Der miniltris) polier olsiieere, leZs lam prscepir, ne Lpikeopi uspimn inrer le cie ulla re eonler- rem, ne ve ulli eornm in alterius tibi vieinj ^suutsre lieersr , L «« eoneilin 6« «oin- nothwendig, diese Zeugenschaft zu commentiren; wer ohne Parteilichkeit zu denken fähig ist , wird das Recht und die Gewalt wohl zu un» terschciden wissen. Der Kaiser Valentinian , der gewiß seine Gerechrsame wohl verstand, antwortete ex coznitinns juri« den Bischöfen, die ihn ex Oeconomia remporum begrüßten, um sich versammeln zu dürfen , in folgenden Worten : Mir als einem Laxen, stehts nicht zu, dergleichen Geschäfte zu un¬ tersuchen; die Priester aber, denen die¬ se Gorge obliegt, können, wo sie wol¬ len , zusammen kommen, und sich hie¬ rüb er'berachschlagcn O). §. 2O. 2!. cownnmibus nezotÜL kabere. Verum illi aä vos vexancios occafio gULrebscur r- nam 6 Um¬ rlem notiri lezem violalleiit, poenam lubire noL »zmrtebar: iln prXcextoxarui11'enr,eccIeiiaKicg«: lezss conveli. Lufeb. in vir. LonK, I.. i. c. Zr. (z^) Niki c^uiclem in laicornm oräine eonsti- rnro , kas non eii, bussrsmogi nezoria curiobur feruwri, Laeerrlotes vero , gchbus iä curL ett , leortum, uoicuugue voluerinr, convenmur. §v^om. kliü. Leelef. lab. VI. ciig.7. 5« §. 20. 21. S!edet der hochwürdigste Herr Bischof von cingeschlichenen Misbräuchcn. Ist die Bulle Unigcnitus ein eingeschliche¬ ner Mißbrauch ? Sind die xoüallioneL, cio- ininia LProprietüteL iimignitkunre Lccleüarum, die unter dein Schutze der Fundamentalgcsetze erworben worden sind, ein eingeschlichener Mißbrauch ? Sind die Gott dem Herrn feyer- lich gemachten Versprechungen, ist daß Fasten, Bechen, Betrachten, Psalliren, die Verlang« nung seiner selbst, die Flucht von den Gefah¬ ren der Welt, ist die Erfüllung der evangeli¬ schen Rache ein Mißbrauch ? Ist dir Ehrfurcht, der Gehorsam und die Subordination gegen dem Statthalter Christi, ist die Beobachtung der Kirchengesetze und von ganzen Concilim hestattigte Kirchendisciplin ein Mißbrauch? Ist dieVertheidignng der katholischen Lehre, das Vcrboth verführerische Bücher zu lesen ein Mißbrauch? Warum ereifert sich der hoch- würdiqste Herr Bischof nicht vielmehr über die Mißbrauche, die aus der Preßfreyheit, und die Aergernisse, die aus so vielen dem Alt- --- Al Ansehen der Geistlichkeit und des apostolischen Stuhles höchst nachtheiligen Brochüren ganz offenbar entstehen ? Stünde ein solcher Eifer einem katholischen Bischöfe nicht besser an? Hat die Preßfrcyheit nicht bereits solche Pro¬ dukte geliefert, welche die Wankelmüthigen nahe dem Abfalle zu führen, und die Schwa¬ chen , derer Anzahl die größte ist , so weit in Irrung fetzen, daß sie nicht wissen, zu welcher Partey sie sich schlagen sollen. Die Geistlich¬ keit mag ihre seelsorgliche Bemühungen ver¬ vielfältigen , wie sie will und kann, sie wird immer ein fast fruchtloses Amt auf sich haben, weil man ihr mit den vielfältigen Verachtun¬ gen den Kredit , Glauben und Ansehen zu nehmen getrachtet hat. Sollen dem hoch¬ würdigsten Herrn Bischöfe die häufigen und anzüglichen Brochüren ganz unbekannt seyn ? Das kann seyn; weil die äußerliche Kirchen» zücht mit dem bischöflichen Berufe nicht ver¬ bunden seyn soll. Aber die Sitten! ich wollte gerne zngeben, daß diese keine Aenderung zu befürchten hätten, besonders wenn die Herren Vrochuristen bescheiden, vnd mit einem chnsi- D s licheu liehen Eifer, ohne Bitterkeit, die allenfMge sOrisbräuche zu bestreiten sich beschäftiget hät¬ ten : da aber gedachte Herren mit recht auf¬ fallenden Leidenschaften ganze geistliche Ge¬ meinden zu beschimpfen und zu tilgen fast um die Wette stritten , manche ehrwürdige Per¬ sonen zu verkleinern, um Ehre und Ansehen zu bringen sich bestrebten , dann viele sehr löbliche Andachtsübungen und andere uralte Mchencerrmonicn spöttisch behandelten; soll Nes dieß kein Acrgerniß verursachen ? Auch die Donatisten glaubten mit dem Eifer belebet zu seyn, die Reinigkeit der Religion herzu¬ stellen : allein sic waren von einem blinden Eifer belebet, und handelten aus Stolz und Rachsucht, wie wüthende Leute. Man sehe Bosiuetö zten Theil über die Veränderungen der protestantischen Kirche. §. 22 bis 25. Die Aufhebungen und Einrichtungen, die in diesen Seiten angeführt werden, will ich weder bestreiten noch gutheißen. Unterdessen bleiben die Grundsätze: eü moäus in rednz — «ttd lollarur abuiu« 6 ulii prLmonuerune, concellas mm tuiÜir Las äitperisationes , piollgaam xeccamm jam kuerae iu Lsuonsr. 1'bvmsls. loco eic. dl. 20. (d) primo enim kolvi lezer non poü'e, nii! «a amstoi itate, gna L concii. 8ecunUo drevi rui turam ism priexerire^^eT^ i'ueranc. / 67 §* Z6. Wieder in den Besitz ihrer alten Rechte gesetzt. Was die Ausübung der Kirchenrechte be¬ trifft, ist man schon vorlängst rheils in Na¬ tional- theils Generalconcilicn übereingekom- rnen: man hat größten Theils fest gesetzt, was für Geschäfte und Fälle von Bischöfen , Erzbischöfen oder dem apostolischen Stuhle unmittelbar ausgemacht werden sollen. Von dieser Sache redete ich schon oben bey der Note zum Tester wie mich mein Vater rc. Wird sich ein Partikularbischof über Pa'bste und ganze Concilien erheben , und dasjenige eigenmächtig abandern können, was durch mehr als tausend Jahre in der Kirche üblich und festgesetzt ward? §» 37» Das Lehrgebäude wegen der freyen Tole¬ ranz steht einem apostolischen Bischöfe kaum an: die Pflicht eines Vischofes kann höchstens dahin gehn , seine anvertraute Heerde zur E s Ruhe 68 Ruhe und zur Erträglichkeit nachdrücklichst zu ermahnen. In die politischen Gerechtsame und Projekte soll em Seelenhirt sich so zu- verläßig nicht einlassen. Eines apostolischen Bischofes Beruf ist, das Wort Gottes uner¬ schrocken zu predigen , die Irrlehren und Ke¬ ßerer) verhaßt zu machen , seine Schafe vor den Anfallen verführerischer Lehrer sicher zu stellen , die reine Lehre Jesu Christi zu ver- theidigen, die wahre Religion auszubreiten; nicht aber die Sektirer und Feinde der Kirche jn Schutz zu nehmen. Dieß war der Geist der Apostel, der ersten Bischöfe und aller HH. Vater. Athanasius wollte den Arianern so¬ gar den Namen Christen nicht gestatten; weil sie als Verderber des Worts Gottes d iesen nicht verdienten. Orac. 2. conkr. ^rian. Warum richtet sich der hochwürdigste Herr Bischof hier nicht nach dem Geiste der ersten Kirche? e- 38. weil jeder das angebohrne Recht hat, sich an die ReligionSparte? zu halten , die ihm nach seiner Einsicht und gewissenhaften Prüfung die wahre zu feyn düukt. Dieser Satz ist ärgerlich und rechtfertiget alle Sektirer. Gott hat eine einzige wahre Kirche gestiftet, und den Menschen so wenig ein Recht gegeben, selbe zu verwerfen, als er ihnen ein Recht gegeben , frcy zu sündigen. Er hat zwar allen die Freiheit gelassen , das Gnre oder das Böse zu wählen ; aber keinem erlaubt , eines vor dem andern zu wählen. Wenn ein Gesetz vorhanden ist, so fällt das Recht schon ohne weiters hinweg. Die Fun¬ damental- Reichsgesetze und des Kaisers Ma¬ jestät dulden nur drey christliche Religionen; gemäß des Lehrsatzes aber des Herrn Bischofs müßte man alle nur mögliche Sektirer und Schwärmer tolcriren, und sie ungehindert glauben oder lehren lassen, was sie wollen; weil ein jeder nach seiner Einsicht handelt. Wer sollte von einem katholischen Bischöfe, der an eine einzige seligmachcnde Religion glaubt, glaubt, und als ein Katholik glauben muß, so etwas vermuthet haben ? Werden durch dergleichen Grundsätze die Irrenden nicht in ihrem Irrthume bestärket, zum Indifferen- tismns verleitet, und zur Prüfung der Wahr¬ heit ganz gleichgiltig , oder gar unthätig ge¬ macht ? Wenn man von dem Irrthume wider die wahre Religion so gelind spricht; wird man sich wohl Mühe geben , denselben abzulegen, und auf die Wahrheit zu kommen? Würde es nicht erbaulicher gewesen scyn, wenn der hochwürdigste Herr Bischof über die so wichtige Schriftstclle : Ein Gott, ein Glaube, etwas weitschichtigcrescommentirt, und den Irrenden zum Gewissen geredet hätte, die allein seligmachende Religion mit allem Ernste zu suchen, als daß er sie in ihrer Gleichgiltigkeit bestärkte ? Würde er seinem Berufe nicht gleichförmiger gehandelt haben, wenn er von den Kennzeichen der wahren Kirche geredet, und an Tag gelegt hatte, wie leicht die wahre allein feligmachende Kir¬ che von den Irrigen zu unterscheiden sey ? Würde er das katholische Publikum nicht mehr erbauet, und die Gewissen der Irrglau¬ be- bigen mehr gerühret haben, wenn er erkläret hätte, daß sammt aller Toleranz die Unkatho- lischen verpflichtet seyn, sich mit der allgemei¬ nen Kirche zu vereinigen ? Je mehr ich diesen Lehrsatz betrachte, je graulicher kömmt er mir vor. Er ist folgen¬ dem vollkommen gleich: Ein jeder Unterthau hat die angebohrne Freyheit, seinem Fürsten getreu oder ungetreu zu seyn; also hat er nach seiner Einsicht das Recht, die Treue zu bre¬ chen , und dem Fürsten den Gehorsam zu versagen. Welcher Monarch wird einen so gestalteten Satz dulden ? Und da die Rede von der Religion ist, von der die ewige Glückseligkeit abhanzt, soll er gangbar seyn? Und ein Bischof soll ihn in so generalen Aus¬ drücken machen ? Ich weiß, daß die Religion eine Gabe Gottes ist : allein ich meyne, daß die Politiker den Unterthemen nicht die Wege und Mittel an die Hand geben sollen, welche geraderdings dahin leiten, der Gnade Gottes freyer zu widerstehen. Zur Vermeidung aller politischen Ausschweifungen, zur Beförderung des Kamcrals und des Wohls des Staates E 4 »erden 72 4verdeu scharfe Vorkehrungen , Gebothe und Verkoche, auch alle andere anreizende Mittel und Wege ausfündig und bekannt gemacht. Warum werden dergleichen zur Beförderung der allein seligmachenden Religion gar nicht, vder nur ganz matt vorgekehret ? Man ist eben mehr nm das Zeitliche als um das Ewige besorget. Unterdessen wird doch immer wahr bleiben : Nur cincs ist nothwcndig; und: Suchet zu erst das Reich Gottes. — Ist die Seele nicht mehr werth, als die Speise. — Was nutzet es dem Menschen , wenn er die ganze Welt gewinnet; an seiner Seele aber Schaden leidet ? — Constantin der Gro¬ ße hat die M ttel und Wege, welche den Wi¬ derstand der göttlichen Gnade nach sich ziehen konnten, möglichst vermindert, und hiedurch vermehrten sich die Bekehrungen. Die Kaiser Constans und Iulianus schützten die Irrthü- mer und den Unglauben, und dadurch wurde den Christen , sogar auch den nicht gar schwa¬ chen Gelegenheit gegeben, vom wahren Glau¬ ben abjufallcn. Sobald der Irrthum und das das Laster mit der Wahrheit und Tugend irr gleichem Range gehen, und der Irrgläubige und Irrlehrer eben so große Vortheile hat als der Rechtgläubige und Tugendhafte; so wird die Ausübung der Tugend sowohl als die Bekehrung merklich erschweret.' Man laßt sich wenigstens die Entdeckung der Wahrheit Ley weitem nicht so ernstlich angelegen seyn, als wenn der Irrthum verhaßt und verächt¬ lich gemacht wird. Die Wahrheit und ihre Verehrer sollen allzeit Vorzüge haben, die dem Irrthume und den Irrenden nicht gemein sind. §. 42. Jesus Christus unser Lehrmeister re. Der Heiland hat zwar keinen zum Glau¬ ben gezwungen: aber er macht doch den Un¬ gläubigen die schrecklichsten Drohungen. Ec geboth, die falschen Lehrer zu meiden, und schilderte sie mit den schwärzesten Farben. Dirß thaten die Apostel auch. Warum ahm¬ te der Herr Bischof dieß göttliche und aposto¬ lische Beyspiel nicht auch nach ? Es §- 39. 74 §- Z9- Eben diese Stimme der ersten Christen wür^ de sich einigermaßen wider ench rc. Die ersten Christen führten eine weit frey« müthigere Sprache , als hier der hochwür- digste Herr Bischof führet. Sie verachteten platterdings rind öffentlich die obschon domi¬ nante heidnische Religion ; sie politistrtcn dießfalls ganz und gar nicht. Die ersten apo¬ stolischen Manner predigten frey wider das Heydenthmn, wider den Götzendienst, wider den Aberglauben und andere Irrthümer. Sie bewiesen, wie die Apostel, die Wahrheit ihrer Religion, und zeigten, wie Vortheilhaft die christliche Religion für die Glückseligkeit der Staaten sey (6). Alles dieß hatte der Herr Bischof auch thun können, ohne einer gemäßigten Toleranz zu nahe zu treten. Aber die Ermunterung zur Ruhe und Duldung wird im Pastoral so hoch getrieben, als wenn , die (ä) Vici. ^pol. Tertnl!« L.sulk, aüvsrs. 75 die Rechtgläubigen schon dem Ausbruche nahe waren, da man doch das Gegentheil zu besor¬ gen hat; weil aus der Geschichte von Constan¬ tins Zeiten her zuverla'ßig bekannt ist, daß die Irrgläubigen immer die ersten waren , welche die allgemeine Ruhe zu stören anfien- gen , und die Rechtgläubigen sich zu verchei- digen in die Noch gesetzt wurden. Man sehe des berühmten Bossuets Antworten auf die Bemerkungen des Iurieu: man wird den Be¬ weis finden, daß die Stifter des Irrglaubens die Unruhen und Aufruhren rechtfertigten. §. 40. Ja ihr würdet noch ungerechter feyn , als e» oftmals die Heyden gegen die ersten Chri¬ sten waren. Der Herr Verfasser des Hirtenbriefes räumt hier wieder dem Unglauben, demHey- dcnthume, und der göttlichen Religion, ganz gleiche Rechte ein. Er sagt in der Lhat so viel: Hat die falsche Religion die wahre ge¬ duldet , so soll die wahre auch die falsche dul¬ den. Er laßt die Wahrheit und Falschheit wie- 76 -üüüüü!- nieder! in einem ganz gleichen Schritte einher- gr-hen. Wenn die rechtgläubige Heerde nur wünschet, daß eine freye Religionsübung nicht gestattet werde, kann sie unmöglich ungerecht handeln. ' Die rechtgläubige Heerde, als eine auf¬ richtige Verehrerin« der wahren allein selig¬ machenden Religion, kann und muß wün¬ schen, daß von jedermann die wahre Lehre, so , wie sie von der Apostel Zeiten bis anjeyt unverfälscht ist überliefert worden , anerken¬ net werde. Der Wunsch ist der göttlichen An¬ ordnung angemessen. Die Apostel und die ersten Christen äußerten denselben öffentlich und mit Großmuth. Sie übertrugen ans Liebe zur wahren Religion, zur Ehre Gottes, und zur Bezeugung ihrer Unterwürfigkeit alle Lrübsalen, Verfolgungen und Marter, die ihnen ungerechter Weise von den Heyden an- gethan wurden , mit aller Geduld; aber da- Ley widersprachen sie mit Munde und Herz den Irrenden und dem Irrthume. Ich ver¬ kenne nicht , daß der hochwürdigste Herr Bischof sich bestrebet, seiner Heerde die alken- fakli- 7? fälligen Thätigkeiten auszureden ; eine solche Bestrebung ist dem apostolischen Geiste und den wahren Grundsätzen des Christenthnmes ganz angemessen. Au dieser christlichen Ab¬ sicht aber werden gewisse Grundsätze ange¬ nommen , die gar zu stark nach zeitlichen Ab¬ sichten riechen, die der wahren Religion sehr nachrheilig sind, und dem Indifferentismus einen merklichen Vorschub geben. Es wird auch der Nachkommenschaft ein unbegreifliches Geheimniß bleiben, wie sich ein katholischer Bischof gegen offenbare Jrrlehrer, gegen alle Gattungen der Sektircr so leutselig , freund¬ lich und duldsam betragen habe, gegen Qr- denspcrsonen aber so unduldsam, unempfind¬ lich und hartherzig gewesen scy. Den ersten Christen würde gewiß niemals »ingefallen seyn, der falschen Religion so viel zuzuspre» chen , wie der apostolische Bischof der irrigen zuspricht, da er diese kaum eine irrende zu nennen sich getrauet, und selber wie der wah¬ ren ganz ähnliche Rechte zuspricht. Seine kaiserliche königliche Majestät nennen die To¬ leranz eine Begnadigung; und ein aposto¬ lischer Oberhirr soll sie ein Recht nennen ? §. 49. 78 49- ConsiLirtinus der Große rc. Des Kaisers Constantins Gedanken nnd Gesinnungen , die hier angeführt werden, scheinen mir gar nicht am rechten Orte ange¬ bracht, noch mit einer richtigen Beurtheilung der Sachen und Umstände einzutreffen. Con¬ stantin verließ plötzlich die heydnische allein herrschende Religion, welche seit dreihundert Jahren die christliche Religion äußerst zu ver¬ folgen gewohnt war. Eine solche Aendcrung mußte natürlicher Weise in den Gcmütheru der hepdnischen Unterthanen, die den größten Haufen ausmachten, und die Christen zn verfolgen gewohnt waren, ein großes Aufsehen machen. Um dieses in etwas zu mäßigen, hielt der Kaiser für rathsam, die angeführte Ermahnung bekannt zu machen. Indessen aber wissen wir zuvcrläßig aus der Geschichte des Constantins, wie uns selbe EusebiuS überliefert hat , und aus der Lobrede des Nämlichen Geschichtschreibers, daß dieses Kai¬ sers Anordnungen und Vorkehrungen zur Aus- 79 Ausbreitung der wahren, und zur Erstickung der herrschenden heydnifchen Religion, so aus- nehnehmcnd bescheiden und klug waren, daß inan dessen Geist, Einsicht und Religions- rifer nie genugsam ehren und bewundern kann. Er misbilliget zwar die Übeln und gewalt- thatigen Behandlungen gegen die Irrgläubi¬ gen ; er ist aber zugleich äußerst beflissen / alles mögliche beyscits zu schaffen , was der Beförderung der wahren Religion hinderlich scyn mochte. In die sehr problematische Frage der Toleranz bin ich gar nicht gesinnet mich zu mengen. Diese so verwickelte Frage muß die Nach¬ welt , ober vielmehr die Erfahrung entschei¬ den. Wenn ich die Grundverfaffung der irrigen Religionen betrachte , so finde ich, daß sie alle die Anlage haben , den Unglau¬ ben nach und nach allgemein einzuführen. Er nimmt auch schon wirklich unter ihnen mit starken Schritten überhand, und von dorten wird er unter die Katholiken ausgesäet. Wird nicht mit der Zeit die Toleranz auch für den gänzlichen Unglauben und die Abgötterey gege¬ ben den werden müsse» ? Der Himmel gebe, daß es nicht so weit komme. Die Grund¬ sätze führen dahin. Jene, die mehr von dergleichen Gegen¬ ständen zn wissen verlangen , empfehle ich die unentbehrlichen Anmerkungen über den lapbnchifchen Hirtenbrief, und die merk¬ würdige Piece : Ist die Airchc in dem Grante , oder der Gtaat in der Air* chc? zu lesen an. Beyde dienen zur Auf¬ klärung , von der man heut zu Lage so viel redet und schreibt. Die Merkwürdigkei¬ ten für die großen der Welt könnten auch gute Dienste leisten. Karmen