117 Doris Sava ∗ UDK 811.112.2(498.4)''16/20'' Lucian-Blaga-Universität DOI: 10.4312/linguistica.60.2.117-129 Sibiu/Hermannstadt DEUTSCH ALS HISTORISCHE REGIONALSPRACHE IN SIEBENBÜRGEN 1 VORBEMERKUNGEN Von einigen Betrachtungen zum historischen Sprachgebrauch (1650–1700) im Ver- waltungszentrum Hermannstadt ausgehend, zeigt folgender Beitrag Status und Beson- derheiten des (Schrift)Deutschen in Siebenbürgen 1 auf. Aus variationslinguistischer Sicht gilt das in Rumänien gesprochene Deutsch, das Rumäniendeutsche, wenn auch ohne Amtssprachenstatus, als eigenständige Varietät des Deutschen und überregionale Kommunikationssprache für die regional getrennt lebenden deutschsprachigen Min- derheiten aus Rumänien. 2 Im Beitrag wird daher – auch im Hinblick auf die gegen- wärtige Sprachsituation – die Darstellung des Deutschen in den Prozessakten des Her- mannstädter Judikats aus dem 17. Jahrhundert und als Kanzleisprache von Aussagen zum aktuellen Stand des und der Deutschen in Rumänien ergänzt, um das Profil des Deutschen als Regionalsprache zu erfassen. Siebenbürgen ist eine der ältesten und entferntesten mittelalterlichen deutschspra- chigen Außengründungen in Osteuropa. Diese historisch bedeutsame Sprachlandschaft ist durch eine sprachliche Vielfalt charakterisiert, die aus dem Zusammenleben dreier Nationalitäten (Sachsen, Ungarn und Rumänen) resultiert. 3 Die nach Siebenbürgen ein- gewanderten deutschen Kolonistengruppen kamen aus unterschiedlichen Gebieten und zu verschiedenen Zeiten. 4 In den Urkunden werden die Siedler unter verschiedenen Be- ∗ doris.sava@ulbsibiu.ro 1 Auch Transsilvanien oder Transsylvanien (rum. Ardeal oder Transilvania, ung. Erdély). 2 Gemeint sind unterschiedliche Gruppen, die in unterschiedlichen Epochen und aus unterschiedlichen Gegenden des heutigen Deutschland, Österreich, Luxemburg stammen. 3 Im 10. Jh. eroberten die ungarischen Könige Teile von Transsylvanien, das „Land jenseits der Wälder“ (terra ultrasilvana), und siedelten zur Sicherung ihrer Grenzen Szekler an. Unter König Géza II. (1141–1162) wurden die Grenzen des Königreiches weiter nach Osten verlegt und die Szekler umgesiedelt. Auf das verfügbare Land wurden deutsche Siedler berufen. Die deutschen Volksgruppen in Siebenbürgen, unter der allgemeinen Bezeichnung „Siebenbürger Sachsen“ bekannt, sind unterschiedlicher Herkunft. Die Siebenbürger Sachsen sind die ältesten deutschen Siedler auf dem Gebiet des heutigen Rumänien. Ihre Ansiedlung begann im 12. Jahrhundert. Näheres dazu bei Nägler (1992) und Wagner (1998). 4 Die deutschsprachige Bevölkerung Rumäniens setzt sich aus verschiedenen Bevölkerungsgruppen zusammen, die sich hinsichtlich Herkunft, Sozialstruktur und Konfession unterscheiden. Die wichtigsten Volksgruppen innerhalb der Rumäniendeutschen sind die Siebenbürger Sachsen und die Banater Schwaben. Linguistica_2020_2_FINAL.indd 117 Linguistica_2020_2_FINAL.indd 117 24. 03. 2021 14:20:50 24. 03. 2021 14:20:50 118 zeichnungen erwähnt. König Andreas II. von Ungarn gab 1224 diesen Kolonisten, die als hospites regni zur Verteidigung der Grenzen gegen Mongolen- und Tatareneinfälle und zum wirtschaftlichen Aufschwung des Königtums gerufen worden waren, im soge- nannten „Goldenen Freibrief“ („Andreanum“) das Recht, die südsiebenbürgischen Ein- zelgrafschaften zu einem einzigen geschlossenen Rechtskörper, der Hermannstädter Provinz, zusammenzuschließen und sie politisch und administrativ zu verwalten. Unter Rückgriff auf die Vorgabe des „Andreanums“ schlossen sich die freien Gebietskörper- schaften in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts zur „Sächsischen Nationsuniversi- tät” (lat. universitas nationis saxonicae) zusammen. Die Sächsische Nationsuniversität war von 1486 bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts die oberste Rechts- und Verwaltungskörperschaft der Siebenbürger Sachsen auf dem Königsboden. Zusammen mit dem seit 1583 geltenden Eigen-Landrecht bildete sie die Grundlage der siebenbür- gisch-sächsischen Selbstverwaltung. 2 HISTORISCHER SPRACHGEBRAUCH IN DEN AKTEN DES HERMANNSTÄDTER JUDIKATS (17. JH.) Ein für die regionale Sprachgeschichte und die Sprachinselforschung wertvolles Quel- lenmaterial sind die Schriftzeugnisse des Verwaltungszentrums Hermannstadt. 5 Im amtlichen Gebrauch der Hermannstädter Kanzlei sind bis 1556 vereinzelt Schriftstücke in deutscher Sprache auszumachen, das Lateinische war bis dahin Amtssprache. Die Auswertung des reichen Quellenmaterials aus den einzelnen Archivfonds Sie- benbürgens oder aus dem Bestand des Hermannstädter Stadtarchivs – etwa die Ma- gistrats- und Judikatsprotokolle – und die Untersuchung des historischen schriftlichen Sprachgebrauchs einer Epoche in ausgewählten Textsorten (z. B. Gerichtsprotokolle) verdeutlichen die Eigenständigkeit der frühneuhochdeutschen Schriftsprache im insti- tutionellen Gebrauch. Am Beispiel repräsentativer Schriftstücke 6 aus dem Zeitraum 1650–1700 werden im Folgenden einige Auffälligkeiten des Amtsdeutschen in Siebenbürgen aufgezeigt. Die Untersuchung von Schriftzeugnissen der Kanzleien, welche die institutionelle Schriftlichkeit dokumentieren, ist – aufgrund der Diglossie, der Ver wendung der ört- lichen regional gebundenen siebenbürgisch-sächsischen Dialekte, des überregionalen Siebenbürgisch-Sächsischen und der überregional im Gebrauch befindlichen deutschen Schriftsprache – für die regionale Sprachgeschichte wichtig. Die Prozesse wurden auf der Grundlage des Statutargesetzbuches der Sächsi- schen Nationsuniversität Statuta Iurium Municipalium Saxonum in Transylvania/Der 5 Zu deutschsprachigen Urkunden auf dem Gebiet Rumäniens s. Ratcu (2013). Die von Ratcu zusammengestellte Sammlung umfasst 22 (un)veröffentlichte Urkunden (1481–1806), darunter Briefe, Berichte, Bittschriften, Eheverträge, Eidesformeln, Empfehlungen, Geleitbriefe, Zunftbucheintragungen, Zeugnisse. Ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden vermehrt Urkunden der Siebenbürger Sachsen veröffentlicht. 6 Die Materialgrundlage umfasst unveröffentlichte Gerichtsprotokolle aus dem Archivbestand der Gerichtsbehörde der Stadt und des Stuhls Hermannstadt. Für die Untersuchung wurden ausgewählte deutschsprachige Schriftstücke aus fünf Judikatsprotokollbänden gesichtet, deren Niederschrift zwischen 1650 und 1699 erfolgte. Linguistica_2020_2_FINAL.indd 118 Linguistica_2020_2_FINAL.indd 118 24. 03. 2021 14:20:50 24. 03. 2021 14:20:50 119 Sachſſen ynn Siebenbuergen: STATVTA: Oder eygen Landtrecht geführt. 7 1583 wur- de es in lateinischer Originalfassung und in deutscher Übersetzung gedruckt. Diese Rechtsordnung war bis zur Einführung des Österreichischen Bürgerlichen Gesetz- buches (1853) gültig. Obwohl das Statutargesetzbuch den Saxones, den Sachsen, er- laubte, ihre Aussagen vor Gericht im Dialekt zu machen – „ein jeder klaeger [sol] in Sachsischem gericht/seine Prosition vnd klage wider Sachsen/inn Deutscher Sprache klaerlich vnd bescheiden fuehren.“ (Eigen-Landrecht, XIII) – dominiert in den Pro- zessakten die hochdeutsche Variante des Deutschen. Der Secretarius übertrug zwar siebenbürgisch-sächsische (dialektale) Aussagen(teile) ins Hochdeutsche, juristisch relevante Aussagen und Injurien – darunter das urteilsrelevante, dialektale Wort Trudt (‚Hexe‘) – wurden jedoch in wörtlicher Rede und in der Originalsprache verschriftet. 8 Bei der wörtlichen Redewiedergabe wurden Elemente der Mündlichkeit und dialektale Merkmale bewahrt, die auf Interferenz bei Zwei- und Mehrsprachigkeit (Deutsch, Ru- mänisch und Ungarisch) zurückgehen. 9 Da in den Injurienprozessen juristisch relevante Aussagen nicht ins Hochdeutsche übertragen wurden, ist anzunehmen, dass die Ver- schriftlichungsstrategie der Secretarii von der Urteilsrelevanz bestimmt wurde. 10 Die Gerichtsakten des Hermannstädter Judikats 11 sind einer urkundensprachlichen Traditionen verpflichtet, sodass bei der Erfassung der Rechtssache rechtssprachliche Latinismen wie z. B. controversia (‚Streitigkeit; Streitfall‘), Injurien (‚Ehrbeleidi- gungen‘), Iudicat (‚Gericht‘), Circumstantien (‚Umstände‘) und Wendungen (z. B. in sein usum fructu; injuris vmd infamia; in flagranti, in specie, in absentia, in loco, in hoc causa, in propria Causa, sub juramento, sub tortur) eingebunden werden. Zu den Kennzeichen der Rechtssprache gehören außerdem Lehnwörter mit dem produktiven Verbalsuffix -ieren (z. B. confirmieren, citieren, examinieren, litigieren, negieren, ab- solvieren, contribuieren, ledieren, dirigieren) sowie in der Urkundensprache veran- kerte Formeln wie gerechigkeit widerfahren laßen; in Verdacht sein/haben/kommen; auf frischer that befunden; in Arest nehmen; thun zu kundt; mitt wille[n] und wissen; durch recht erkant; vndt darüber ein vrteill gefellet. Die für den juristischen Sprachge- brauch typischen Wendungen weisen eine Präferenz für bestimmte Konstruktionsmus- ter auf (vgl. z. B. sagen und erkenen; zur genüge ersehen und erkandt; ohne wißen und 7 Zur Entstehungsgeschichte des Eigen-Landrechts vgl. Laufs (1973: V–XX). 8 Zum historischen Profil des Deutschen am Beispiel durch Äußerungsdelikte (Verbalinjurien) ausgelösten Gerichtsverfahren und deren Protokollierungspraxis vgl. Sava (2017: 376–396 und 2019: 107–115). 9 Zur deutschen Kanzleisprache in Siebenbürgen und zur Amtssprache des Verwaltungszentrums Hermannstadt vgl. die Untersuchungen von Dogaru. Diese belegen, dass die Hermannstädter Schriftstücke Merkmale des in anderen deutschsprachigen Kanzleien gebräuchlichen Sprach stils aufweisen. Vgl. Dogaru (2012: 571–587). 10 Zur Problematik der authentischen Wiedergabe gerichtlicher Verhöre vgl. Hagenthurn (2005: 58– 158). 11 Die im Beitrag zitierten Beispiele entstammen Originalurkunden, deren Originale sich im Hermannstädter Staatsarchiv befinden. Es handelt sich hierbei um folgende Judikatsprotokollbände: Bd. IX (1654), X (1657–1659), XVI (1676), XXV (1690–1691), XXXIII (1696–1699). Linguistica_2020_2_FINAL.indd 119 Linguistica_2020_2_FINAL.indd 119 24. 03. 2021 14:20:50 24. 03. 2021 14:20:50 120 willen; verstecket und verborgen; vernommen und befunden; begehren und fordern; restituieren und bezahlen; examinieret und befunden; bewogen und citierert). Die Pro- tokolle des Hermannstädter Judikats sind zudem durch eine Mischung volkstümlicher und kanzleisprachlicher Ausdrücke gekennzeichnet. Merkmale des regionsspezifischen mündlichen Sprachgebrauchs und des siebenbürgisch-sächsischen Dialekts sind vor- nehmlich in den Zeugenaussagen auszumachen. Zu den zeitspezifischen Auffälligkeiten der Schriftsprache zählen neben den latei- nisch-deutschen Mischformen auch veraltete Sprachformen, mundartliche Elemente und siebenbürgisch-sächsische Realienbezeichnungen. Vgl. hierzu folgende Dialek- talismen Thier (‚Tür‘), Honn (‚Hann; Ortsvorstand; Dorfrichter‘), amptfraw (‚Heb- amme‘), Nachbar-Vatter Ampt (‚Amt des Vorstehers der Nachbarschaft‘), gekrisch (‚Geschrei; Gerede‘); fiehlen (‚führen‘), fiehren (‚führen‘), spieren (‚spüren‘), anrie- ren (‚anrühren‘), kriden (‚zanken‘), leyde(n) (‚dulden‘), bewehren (‚beweisen‘); frisch (‚gesund‘), böse (‚krankhaft; schädlich‘), fromm (‚ehrbar‘) sowie Tridler, Trud/Trude, Truth, Trutt, Trud/Trudt als dialektale Formen für ‚Hexe‘ in unterschiedlichen Schreib- varianten. Typische Rechtstermini für Siebenbürgen sind Beschlyssung (,Versamm- lung‘), Gehorssomkith (,Recht, Ordnung‘) oder Aldamasch (,Kauftrank‘). Die lexika- lischen Dialektalismen begegnen vorwiegend bei den Zeugenvernehmungen, wo sie in ihrer lautlichen Anpassung an das Siebenbürgisch-Sächsische vom Gerichtsschreiber notiert wurden. Ausprägungen der siebenbür gisch-sächsischen Mündlichkeit sind nicht nur bei den siebenbürgischspezifischen Formen für ,Hexe’ auszumachen, sondern auch bei den Schimpfwörtern (z. B. Zigaynern, Zigaynin) und Wortverschmelzungen (z. B. suchstu < suchst du; hats < hat es; ichs < ich es). Die in den Gerichtsakten protokollierten Zeugenaussagen sind stark mündlich geprägt, wobei Wörter und Wendungen des alltäglichen Lebens (auch Schmäh- und Schimpfwörter) vorkommen. Die Schriftsprache bewahrt nicht nur dialektale Merk- male, sondern auch Entlehnungen und Mischformen aus den Kontaktsprachen Rumä- nisch 12 und Ungarisch 13 . Vgl. hierzu folgende Lehnwörter, die in den Begriffsfeldern (a) Rechtsleben [z. B. dt. Almesch ‚Kauftrunk‘ < ung. áldomás; dt. Kolak/Kollak (‚Ver- sicherungsbetrag gegen Diebstahl‘) < rum. colac (‚Geschenk in Naturalien’)] und (b) Landwirtschaft (z. B. dt. Hattert ‚Dorfmark‘ < ung. határ) angesiedelt sind. Die Zeugenvernehmungen weisen Merkmale der gesprochenen Sprache – Parenthe- sen, doppelte Negationen, Kontraktionen, Interjektionen, Modalpartikeln, Kurzformen von Personennamen – auf und sind daher durch zahlreiche Merkmale der konzeptionel- len Mündlichkeit ausgewiesen. 12 Hier einzuordnen wäre auch die schriftliche Fixierung rumänischer Eigennamen (z. B. Paraskiva, Joän Ctungul, Joan Bukeschan, Joan Negoitza, Bukur, Koman Nikulla, Oprisch Petre, Stoika). 13 Die Secretarii beherrschten das Hochdeutsche als Schriftsprache, das Latein als juristische Fachsprache, das Siebenbürgisch-Sächsische als Muttersprache und – fallweise – das Rumänische und das Ungarische. Linguistica_2020_2_FINAL.indd 120 Linguistica_2020_2_FINAL.indd 120 24. 03. 2021 14:20:50 24. 03. 2021 14:20:50 121 3 REGIONALSPEZIFIK UND V ARIANTENREICHTUM: DAS RUMÄNISCHE STANDARDDEUTSCH HEUTE Die rumänische Variante der deutschen Standardsprache oder das „rumänische Deutsch“ ist die überregionale Verkehrssprache und damit auch Schrift-, Kirchen- und Unterrichtssprache 14 diverser deutschsprachiger Minderheiten auf dem Gebiet Rumä- niens. 15 Die jahrhundertelange Zugehörigkeit deutschsprachiger Gebiete Rumäniens zur Habsburgermonarchie ermöglichte den Erhalt der deutschen Sprache. 16 Deutsch hat in Rumänien zwar keinen Amtssprachenstatus, jedoch sind Modelltexte und Norm- autoritäten vorhanden, in denen eine für Rumänien spezifische Standardvarietät des Deutschen erkennbar ist, sodass von einer „eigenständige[n] Varietät mit standard- sprachlicher Geltung“ (Lăzărescu 2013a: 370) gesprochen werden kann. Nach dem Zweiten Weltkrieg begann die Abwanderung der deutschsprachigen Be- völkerung nach Deutschland. 17 Der Begriff Rumäniendeutsch 18 bezeichnet gegenwär- tig nicht nur den Sprachgebrauch einer historischen Minderheit, sondern auch den der Deutsch sprechenden Rumänen oder Ungarn, die Deutsch an Schulen mit deutscher Unterrichtssprache erworben haben und die Deutsch als Bildungs- und Berufssprache gebrauchen. Deutsch ist in Rumänien also nicht nur Minderheitensprache 19 , sondern – und vor allem – auch Verkehrssprache zwischen Nichtmuttersprachlern. 20 Aus synchroner Sicht wird das Rumäniendeutsche als Regionalsprache und Standardvarietät von anderen Sprachen (Rumänisch und Ungarisch) und Varietäten des Deutschen beeinflusst. Das Rumäniendeutsche weist vorwiegend sprachliche 14 Deutsch wird auch in den Medien und in der Literatur verwendet. Zu den lexikalischen Besonderheiten der deutschen Schriftsprache in Rumänien allgemein vgl. Kelp (1985). 15 Die heutige deutsche Minderheit ist geografisch im Zentrum Rumäniens, in Siebenbürgen (rum. Transilvania) um die Städte Hermannstadt (rum. Sibiu), Kronstadt (rum. Braşov) oder Klausenburg (rum. Cluj-Napoca), im westlichen Banat um Temeswar (rum. Timişoara) und Reschitza (rum. Reşiţa), im Nordwesten um Sathmar (rum. Satu Mare) konzentriert. 16 Volksschulen waren in Siebenbürgen bereits im 14. Jahrhundert belegt. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts hatte fast jede siebenbürgisch-sächsische Gemeinde eine Schule. In Kronstadt/Braşov gründete der Reformator der Siebenbürger Sachsen, Johannes Honterus, 1541 für seine Landsleute das erste humanistische Gymnasium in Südosteuropa. Den Fortbestand des deutschen Schulwesens sicherte über Jahrhunderte hinweg die evangelische Kirche. 17 Gegenwärtig leben über eine Million Rumäniendeutsche in Deutschland. Bei der letzten Volkszählung (2011) haben sich 36.000 rumänische Staatsbürger (0,2 Prozent) als Deutsche erklärt und 27.000 Personen Deutsch als ihre Muttersprache angegeben. Vgl. http://www. recensamantromania.ro/noutati/volumul-ii-populatia-stabila-rezidenta-structura-etnica-si- confesionala/ (11.11.2019). Keine einzige Region Rumäniens ist heute mehrheitlich von deutschen Muttersprachlern besiedelt. 18 Terminus nach Ammon (1995: 14). Zum Terminus „Rumäniendeutsch“ gegenüber der analytischen Form mit adjektivischer Spezifizierung „rumänisches Deutsch“ vgl. Lăzărescu (2013a: 369–389). 19 Zur deutschen Sprache in Rumänien aus variationslinguistischer Sicht vgl. auch den Sammelband von Lăzărescu/Scheuringer/Sprenzinger (2016) und Serbac (2013). 20 Vgl. dazu Gadeanu (1998), der diese Sprachsituation als „gehobene Fremdsprachlichkeit” charakterisiert. Linguistica_2020_2_FINAL.indd 121 Linguistica_2020_2_FINAL.indd 121 24. 03. 2021 14:20:50 24. 03. 2021 14:20:50 122 Gemeinsamkeiten mit der österreichischen Varietät 21 (z. B. Semmelbrösel, Staubzu- cker, Zuckerwata, Topfen, Eierspeise, Mehlspeise, Kipferl, Knödel, Kren, Kredenz, Krenwürstel, Karfiol, Fisolen, Paradeis, Gang, Rauchfang, Eiskasten, Polster, Klei- derhänger, Inspektorat, Gelse, Präfekt, Spital) auf wie auch mit verschiedenen regio- nalen Mundarten. 22 Hinzu kommen vielfältige lexikalisch-grammatische Interferenzer- scheinungen, bedingt durch den Kontakt zum Rumänischen als Sprache der Mehrheits- bevölkerung und anderen autochthonen Minderheitensprachen (z. B. das Ungarische). Als Standardvarietät des Deutschen hat das Rumäniendeutsche auch Eigenbildungen 23 geprägt, die die Sachgebiete Haushalt, Kleidung, Nahrung, Flora und Fauna, kulturelles Leben, Sitten und Bräuche, Beruf, Handel, Verwaltung umfassen und die in allen deutsch- sprachigen Regionen Rumäniens im Gebrauch sind. Es handelt sich dabei um typische Lexeme des Rumäniendeutschen als Ergebnis eines multikulturellen und mehrsprachigen Umfeldes und des Sprachkontaktes. Hierfür schlug Ammon (1995) den Begriff Transsyl- vanismen vor, der terminologisch jedoch nicht alle historischen Sprachgebiete deutsch- sprachiger Siedler abdeckt. Landestypische Sachbezeichnungen begegnen insbesondere bei Bezeichnungen für politische, administrative, kulturelle Einrichtungen, teilweise auch aus der sozialistischen Arbeitswelt (z. B. Erste-Grad-Prüfung, Generalschulinspektor, Generalschule, Katalog, Notenheft, Klassenkollege). Die Einflüsse des Rumänischen als Amtssprache schlagen sich in den vielfältigen lexikalisch-grammatischen Interferenz- erscheinungen nieder: direkte Übernahmen aus dem Rumänischen, Kontaminationen, Wort-für-Wort-Übertragungen rumänischer Syntagmen. Vgl. hierzu die Transferenzen buletin (,Ausweis‘), Allgemeinschule (‚erste Gymnasialstufe‘), Bakkalaureat (‚das rumä- nische Abitur‘), cerere (,Antrag‘), Definitivatsprüfung (‚erste Lehramtsprüfung‘), Kul- turheim (‚Kulturhaus‘), Lyzeum (‚zweite Gymnasialstufe‘), salvare (‚Rettungswagen‘), stare civilă (‚Standesamt‘), hybriden Wortformen (z. B. Märzchen ‚Glücksbringer, der von Mädchen und Frauen an einer weiß-roten Schnur im Monat März getragen wird‘ und didaktisches Material ‚Lehrmaterial‘) und die zahlreichen Lehnbildungen oder Lehnüber- setzungen wie z. B. Muskelfieber (‚Muskelkater‘), Bierfabrik (‚Brauerei‘), Analyse (‚Blut- oder Urintest‘), Thermozentrale (‚Wärmekraftwerk‘), Mikrobus (‚Kleinbus‘), Amphithea- ter (‚Hörsaal‘), Zuika (‚Schnaps‘), Kletitte (‚Pfannkuchen, Krepes‘); vgl. hier auch die Wendungen jmdn. am Telefon erwischen; jmdm. ein Telefon geben; eine Prüfung geben; eine Prüfung nehmen; eine Kontrollarbeit schreiben; große Pause. Aus dem Rumänischen unverändert übernommen wurden z. B. Ardee (‚Paprika‘), Autobus (,Bus‘), Bokantschen (‚Bergschuhe‘), Burezzen (‚Pilze‘), Chef (‚Party‘), Givetsch (‚Gemüseeintopf, Gemüse- zuspeise‘), Gogoschar (‚Tomatenpaprika‘), Ikre (‚Fischroggen; auch als Brotaufstrich‘), 21 Österreichisch-rumäniendeutsche lexikalische Gemeinsamkeiten werden im Wörterbuch von Lăzărescu/Scheuringer (2007) erklärt und beschrieben. Das Wörterbuch erfasst Austriazismen und ihre rumänischen Entsprechungen und belegt damit Ähnlichkeiten zwischen dem Rumäniendeutschen und der österreichischen Variante des Deutschen in den Bereichen Küche/ Gastronomie, Haushalt, Handwerk, Verwaltung. 22 Die Übernahmen aus dem Österreichischen sind in Siebenbürgen das Ergebnis historisch-politischer Gegebenheiten. Bis 1918 gehörte Siebenbürgen zur österreichisch-ungarischen Monarchie. 23 Vgl. hierzu den Terminus Rumänismus. Dieser steht gleichberechtigt neben Teutonismus, Austriazismus oder Helvetismus. Linguistica_2020_2_FINAL.indd 122 Linguistica_2020_2_FINAL.indd 122 24. 03. 2021 14:20:51 24. 03. 2021 14:20:51 123 Karton (‚Pappe, Pappschachtel‘), Kukuruz (‚Mais‘), Mititei (‚gegrillte Röllchen aus Hack- fleisch‘), Muratur (‚sauer eingelegtes Gemüse‘), Pariser (‚dicke Fleischwurst‘), Pix (‚Ku- gelschreiber‘), Tata (‚Vater‘), Tokane (‚Kartoffelgulasch‘) oder Vinete (‚Auberginen; auch für Brotaufstrich‘). Übernahmen aus dem Siebenbürgisch-Sächsischen sind u. a. Pa- lukes (‚Maisbrei, Polenta‘), Hanklich (‚siebenbürgisch-sächsischer Hefekuchen‘), Ägrisch (‚Stachelbeere‘), Urzeln (‚maskierte Gestalten in der Narrenzeit‘) und Hattert (‚Gemar- kung‘). 24 Im Schuldeutschen und im Kindermund begegnen u. a. auf die Seite gehen (‚auf das Klo gehen, austreten‘), Bibi (‚Wunde, Schmerzstelle‘) oder Topfi (‚Nachttopf‘), die jedoch nur begrenzt landesweit im Gebrauch sind. Besonders erfreulich ist, dass die Neuauflage 2016 des Variantenwörterbuchs des Deutschen (VWD) 25 erstmals auch Varianten der deutschen Standardsprache in den Viertelzentren 26 berücksichtigt und damit bisher lexikografisch völlig ignorierte stan- dardsprachliche Besonderheiten des Deutschen in Rumänien, Namibia und Mexiko in den Blick nimmt. 27 Von einem plurizentrischen Ansatz ausgehend, wird im VWD auch keine Sprachvarietät als „Norm“ definiert, sondern es werden verschiedene gleichwer- tige Varianten der deutschen Sprache lexikografisch erfasst. Das VWD erfasst nicht den gesamten Wortschatz des Standarddeutschen, sondern nur lexikalische Eigenprä- gungen, die der Standardsprache zuzurechnen sind, mit ihren „gemeindeutschen“ Ent- sprechungen (S. XVIII). Die im VWD erstmals erfassten Varianten der Viertelzentren, darunter 79 Rumä- nismen (RUM), 37 Namibismen (NAM) und 46 Lemmata aus den mexikanischen Mennonitensiedlungen (MENN), belegen repräsentative, folglich standardsprachliche Besonderheiten des hier gesprochenen Deutsch, die in keinem anderen Zentrum belegt sind. 28 Vgl. z. B. bei (Ober-)Bürgermeister (D; S. 149 und S. 506–507) den Vermerk MENN Älteste (S. 30) und MENN Vorsteher (S. 30) (‚von einer Mennonitengemeinde gewählter Gemeindevorsteher‘) 29 . 24 Vgl. auch die Eintragungen RUM im VWD und die Ausführungen weiter unten. 25 Das vergleichende Wörterbuch deutscher Standardvarietäten von Ammon/Bickel/Lenz (2016) erschließt den Variantenreichtum des Deutschen sowie Grenzfälle des Standards. 26 Dazu Ammon (1995) und den einleitenden Teil des VWD (S. XI-LXXVIII). 27 In den Viertelzentren des Deutschen in Rumänien, Namibia und in den Mennonitensiedlungen in Mexiko haben sich spezifische und eigenständige Varianten des Deutschen herausgebildet, die eine für in diesem Areal lebende deutsche Minderheit normative Geltung aufweisen und auch im öffentlichen Sprachgebrauch anerkannt sind. Dass das Rumäniendeutsche im VWD Aufnahme fand, ist Ioan Lăzărescu zu verdanken. Für die deutsche Standardvarietät in Rumänien war er der verantwortliche Experte. Das umfangreiche Kapitel 4 des VWD (S. XXXIX-LXIII), das den Cha- rakteristika der Voll-, Halb- und Viertelzentren des Deutschen gewidmet ist, wird auch auf die aktuelle offizielle Sprachsituation eingegangen. Im VWD werden bei den Lemmata spezifische Ab - kürzungen als Verweise auf andere Varietäten, nach ihren Länderkürzeln angeordnet, verwendet. 28 Daher nimmt das VWD keine österreichisch-rumäniendeutschen lexikalischen Gemeinsamkeiten auf. Diese werden bei Lăzărescu/Scheuringer (2007) als Rumäno-Austriazismen bezeichnet und in ihrem Wörterbuch ausführlich beschrieben. 29 Arealangaben erscheinen in der alphabetischen Reihenfolge der Zentren. Die Entsprechungen sind durch einen vorangestellten Pfeil und in Kapitälchenschrift gekennzeichnet. Linguistica_2020_2_FINAL.indd 123 Linguistica_2020_2_FINAL.indd 123 24. 03. 2021 14:20:51 24. 03. 2021 14:20:51 124 Das VWD bietet in seiner Neuauflage Belege, die dem aktuellen Sprachstand ent- sprechen. Die Neuauflage umfasst insgesamt 162 Lemmata der in den jeweiligen Vier- telzentren gültigen und typischen Ausdrücke, die fast ausnahmslos Pressetexten ent- nommen wurden. Die im VWD aufgenommenen Rumänismen entstammen einem um- fangreichen (Zeitungs-)Korpus, das dem aktuellen Sprachstand entspricht. Es handelt sich vorwiegend um Pressetexte aus der Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien, die Tageszeitung für die Angehörigen der deutschen Minderheit, und deren Regional- beilagen 30 . Belege aus der Belletristik blieben unberücksichtigt. 4 SCHLUSSBEMERKUNGEN Die Gerichtsakten des Hermannstädter Judikats bieten einen Einblick in den Entwick- lungsstand des Schriftdeutschen in Siebenbürgen und in den juristischen Sprachge- brauch der Zeit in einer historisch bedeutsamen deutschsprachigen Sprachlandschaft. Aus der Sicht der Plurizentrik ist das Rumäniendeutsche als Viertelzentrum durch Besonderheiten ausgewiesen, zu denen Austriazismen 31 , dialektales und entlehntes Wortgut, massive Interferenzphänomene durch den Einfluss des Rumänischen als Sprache der Mehrheitsbevölkerung und des Ungarischen als autochthone Minderhei- tensprache sowie Eigenbildungen zählen. Manche Bezeichnungen haben oft keine Ent- sprechung in einem anderen Land oder einer Region, wo Deutsch offizielle Amtsspra- che oder Minderheitensprache ist. Die Sprachsituation hat sich in Siebenbürgen und landesweit durch die massive Auswanderung der Rumäniendeutschen nach 1989 grundlegend verändert. Gleiches gilt auch für die staatlichen deutschen (Minderheiten)Schulen, die heute eine Misch- form aus fremd- und muttersprachlicher Schule („Begegnungsschule“) sind, in der Deutsch für die meisten Schülerinnen und Schüler eine Zweitsprache ist. Weil die Zahl der Muttersprachler in Siebenbürgen dramatisch zurückgegangen ist und der Anteil der an deutschen Schulen tätigen Lehrkräfte 32 , für die Deutsch eine Zweit- und Arbeitsspra- che ist, die sie meist auf sehr gutem, in einigen Fällen auf gutem Niveau beherrschen, gewachsen ist, wird gegenwärtig kaum noch das früher vorwiegend in Siebenbürgen verwendete österreichische Wortgut gebraucht. Zudem wurde nach der Auswanderung der deutschsprachigen Minderheit die Diglossie (Dialekt – Standardsprache) durch den Bilingualismus (Standarddeutsch – Rumänisch) ersetzt. Obwohl die Schulen mit deutscher Unterrichtssprache durch die große Nachfrage und das Interesse der Schüler aus rumänischen Familien erhalten blieben, die diese Schulen oft vom Kindergarten oder von der ersten Klasse bis zum Abiturabschluss besuchen, können die Schüler und Absolventen deutscher Gymnasien nicht als Muttersprachler 30 Es handelt sich um die zwei Regionalbeilagen Banater Zeitung und Karpatenrundschau. Die Wochenzeitung Hermannstädter Zeitung ist eine weitere wichtige Zeitung der deutschen Minderheit in Rumänien. 31 Vgl. dazu auch Lăzărescu (2007: 675–686). 32 Lehrende an deutschen Schulen in Rumänien waren bis zur Wende fast ausschließlich Angehörige der deutschen Minderheit. Linguistica_2020_2_FINAL.indd 124 Linguistica_2020_2_FINAL.indd 124 24. 03. 2021 14:20:51 24. 03. 2021 14:20:51 125 eingestuft werden. 33 In ihrem Sprachgebrauch sind die lexikalischen und/oder grammati- schen Transferenzen aus dem Rumänischen so zahlreich, dass man kaum noch von Mut- tersprachlichkeit sprechen kann. 34 Durch die Abwanderung der Muttersprachler bleibt der Gebrauch von Deutsch an Schulen mit deutscher Unterrichtssprache ausschließlich auf den Unterricht beschränkt. In Gesprächen zwischen Lehrern und Schülern wird zwar immer noch Deutsch verwendet, auf dem Schulhof wird jedoch fast nur noch Rumänisch gesprochen. Der Verlust der Pausensprache und damit von Deutsch als Umgangssprache durch die Abwanderung der muttersprachlichen Schüler und Lehrkräfte führt zu einer niedrigeren Sprachkompetenz der Schüler an Schulen mit deutscher Unterrichtssprache. Der hohen Wertschätzung des deutschsprachigen Unterrichts steht die mangelhafte Lehrbuchausstattung gegenüber. 35 Deutsch als Unterrichtssprache trägt zwar zum Er- halt des Deutschen in Rumänien bei, der Mangel an deutschsprachigen Lehrkräften und die Überalterung der deutschen Minderheit gefährden die Kontinuität des Deutschen als Muttersprache in Rumänien. 36 Deutsch am Rande und weit außerhalb des geschlossenen deutschen Sprachgebiets dokumentiert ein Varietätenspektrum, dem das VWD gebührende Beachtung ver- schafft. Altes deutsches Wortgut lebt im Rumäniendeutschen als Sprachinsel weiter und ist zahlreichen Interferenzen mit dem Rumänischen ausgesetzt. Typische Lexeme und hybride Wortformen infolge zahlreicher Sprachkontakte gehören zu den Eigen- heiten des hier gesprochenen Standarddeutschen. Die registrierten Auffälligkeiten sind daher nicht als Abweichungen vom Standard zu interpretieren, sondern als eigenes Ge- präge des Deutschen außerhalb des geschlossenen deutschen Sprachraums. Literatur Quellen Kreisdienststelle Hermannstadt/Sibiu der Nationalen Archive Rumäniens. Archivbe- stand der Gerichtsbehörde der Stadt und des Stuhls Hermannstadt: Judikatsproto- kolle, Bd. IX (1654), X (1657–1659), XVI (1676), XXV (1690–1691), XXXIII (1696–1699). Sekundärliteratur AMMON, Ulrich (1995) Die deutsche Sprache in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Das Problem der nationalen Varietäten. Berlin/New York: Walter de Gruyter. 33 Zum Schuldeutsch rumänischer Schüler an deutschen Schulen in Siebenbürgen vgl. auch Crețu (2017: 19–41). 34 Zum veränderten Status des Rumäniendeutschen heute vgl. Lăzărescu (2013b: 171–183) und Lăzărescu/Sava (2019: 501–516). 35 Die aktuelle Situation des deutschsprachigen Unterrichts in Rumänien dokumentieren Zoppelt/ Iunesch/Hermann/Mihaiu (2015). 36 Zu den Viertelzentren und ihrer Gefährdung durch sinkende Sprecherzahlen vgl. Schneider- Wiejowski/Ammon (2013: 113–122) und Ammon (2015: 341–349). Linguistica_2020_2_FINAL.indd 125 Linguistica_2020_2_FINAL.indd 125 24. 03. 2021 14:20:51 24. 03. 2021 14:20:51 126 AMMON, Ulrich (2015) Die Stellung der deutschen Sprache in der Welt. Berlin/Mün- chen/Boston: Walter de Gruyter. AMMON, Ulrich/Hans BICKEL/Alexandra N. LENZ (Hrsg.) (2016) Variantenwör- terbuch des Deutschen. Die Standardsprache in Österreich, der Schweiz, Deutsch- land, Liechtenstein, Luxemburg, Ostbelgien und Südtirol sowie Rumänien, Namibia und Mennonitensiedlungen. Berlin/Boston: de Gruyter Mouton. BOTTESCH, Johanna (2008) „Rumänien.“ In: L. M. Eichinger/A. Plewnia/C. M. 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Linguistica_2020_2_FINAL.indd 127 Linguistica_2020_2_FINAL.indd 127 24. 03. 2021 14:20:51 24. 03. 2021 14:20:51 128 Zusammenfassung DEUTSCH ALS HISTORISCHE REGIONALSPRACHE IN SIEBENBÜRGEN Siebenbürgen ist durch eine historisch bedingte Mehrsprachigkeit und diglossische Sprachverhältnisse (Dialekt – Standardsprache) gekennzeichnet und daher auch eine sprachhistorisch wichtige Sprachinsel des Deutschen. Deutschsprachige Kanzleiurkun- den außerhalb des geschlossenen deutschen Sprachgebiets bieten Informationen zu den Besonderheiten des Deutschen in arealer Abgrenzung und zur frühneuhochdeutschen institutionellen Schriftlichkeit. Der Beitrag ist der Regionalsprache Deutsch in Sprach- kontaktsituation gewidmet, wobei exemplarisch am Beispiel der Gerichtsverhandlun- gen (1650–1700) des Verwaltungszentrums Hermannstadt das historische Profil des Deutschen als Amtssprache in Siebenbürgen dokumentiert werden soll. Aus synchro- ner Sicht ist das in Siebenbürgen und in Rumänien, heute nicht mehr ausschließlich von den Rumäniendeutschen gesprochene (Hoch)Deutsch, das Rumäniendeutsche, eine überrregionale Sprachvarietät des Deutschen. Infolge der massiven Auswanderung der Rumäniendeutschen ab 1990 und des dramatischen Rückgangs der Muttersprachler hat sich die Sprachsituation stark verändert. Gegenwärtig wird diese Standardvarietät vom Rumänischen stark beeinflusst, sodass einige Auffälligkeiten im Sprachgebrauch und Bemerkungen zum aktuellen Stand des Deutschen in Rumänien den Beitrag abrunden. Schlüsselwörter: Siebenbürgen, historische Regionalsprache Deutsch, Gerichtsproto- kolle, Mehrsprachigkeit, Rumäniendeutsch Abstract GERMAN AS A HISTORICAL REGIONAL LANGUAGE IN TRANSYLV ANIA Transylvania, which also comprises an important German linguistic island, has been historically characterized by multilingualism and by diglossia (dialect – standard lan- guage). Registry documents written in the German language outside the German lin- guistic enclave provide information on the peculiarities of the German language in the selected regions and on the institutional uses of written High German in the Early Modern period. The article is concerned with the German regional language in contact with other languages. By examining court case minutes (1650–1700) issued by the administrative center of Hermannstadt/Sibiu, it tries to present a historical profile of German as an official language in Transylvania. In synchronic terms, the language in question is a supra-regional variety of German known as Rumäniendeutsch, although it is not spoken only by Romanian Germans. Following the massive exodus of Romanian Germans after 1990 and the dramatic decrease in the number of those who have Roma- nian German as their first language, the linguistic situation has changed considerably. Nowadays the standard variety of Romanian German is being heavily influenced by the Romanian language, which accounts for its several distinctive features presented in the final part of the paper along with a brief overview of the current status of the German language in Romania. Linguistica_2020_2_FINAL.indd 128 Linguistica_2020_2_FINAL.indd 128 24. 03. 2021 14:20:51 24. 03. 2021 14:20:51 129 Keywords: Transylvania, German as a historical regional language, court case min- utes, multilingualism, Rumäniendeutsch (Romanian German) Povzetek NEMŠČINA KOT HISTORIČNI REGIONALNI JEZIK NA SEDMOGRAŠKEM Sedmograško zaznamujejo zgodovinsko pogojena večjezičnost in diglotična razmerja (narečje – knjižni jezik), v tem oziru pa z jezikovnozgodovinskega vidika tudi nem- ški jezikovni otok. Nemško pisani kanclijski dokumenti, ki so nastali zunaj strnjenega nemškega govornega prostora, nudijo informacije o posebnostih nemščine znotraj pro- storskih arealov in o novi visoki nemščini v institucionalnih pisnih virih. Prispevek se posveča nemščini kot regionalnemu jeziku v jezikovnostičnih okoliščinah s ciljem, da dokumentira zgodovinski profil nemščine kot uradnega jezika na Sedmograškem, in si- cer eksemplarično na primeru sodnih razprav (1650–1700) upravnega središča v mestu Hermannstadt. S sinhronega vidika gre za nadregionalno jezikovno zvrst (visoke) nem- ščine, poimenovano romunska nemščina (nem. Rumäniendeutsch), ki je ne govorijo le izključno romunski Nemci. Zaradi množičnega izseljevanja romunskih Nemcev od leta 1990 naprej in dramatičnega upada rojenih govorcev se je jezikovna situacija zelo spremenila. V sedanjem času na to standardno zvrst močno vpliva romunščina, tako da so v zadnjem delu prispevka predstavljene nekatere posebnosti jezikovne rabe, pa tudi nekatera opažanja glede aktualnega statusa nemščine v Romuniji. Ključne besede: Sedmograška, zgodovinski regionalni jezik, sodni zapisniki, večje- zičnost, romunska nemščina Linguistica_2020_2_FINAL.indd 129 Linguistica_2020_2_FINAL.indd 129 24. 03. 2021 14:20:51 24. 03. 2021 14:20:51