UDK 78(436.1=163.6)»1840/1870« Viktor Velek Novodvorska 1076 CZ-674 01 Trebic Slowenische Musik als Bestandteil der Musikkultur der Wiener Slawen in den Jahren 1840-1870 Slovenska glasba kot sestavni del glasbene kulture dunajskih Slovanov v letih 1840-1870 Prejeto: 17. januar 2012 Sprejeto: 15. marec 2012 Ključne besede: glasbena kultura dunajskih Slovanov v letih 1840-1870, Slovenci na Dunaju, slovanska vzajemnost, dunajski Čehi Izvleček Obširna muzikološka obdelava glasbenega življenja dunajskih Slovanov je stari dolg avstrijske muzikologije in hkrati »okostnjak v omari« mu-zikologiji posameznih slovanskih dežel. Članek preučuje sledi, ki so jih pustili Slovenci na Dunaju. Članek se pretežno opira na podatke iz češkega (dunajsko-češkega) tiska, ki zagotovo ni primarni vir za raziskovanje slovenske muzikologije, vendar zelo pomemben za primerjavo virov in informacij. Časovni obseg sega od prvih omemb o vzajemnih stikih dunajskih Slovencev z drugimi dunajskimi Slovani in se konča okoli leta 1870 z ustanovitvijo društva SLOVENIJA NA DUNAJI. Received: 17th January 2012 Accepted: 15th March 2012 Keywords: musical culture of Vienna Czechs 1840-1870, Slovenes in Vienna, Slav reciprocity, Vienna Czechs Abstract To carry out detailed musicological research into the musical life of Slavs in Vienna has been an old obligation of Austrian musicology, and at the same time "a skeleton in the cupboard" of individual Slav musicologies. The paper concentrates on Slovene traces in the city of music - Vienna, based mostly on information coming from the Czech (Vienna Czech) press, which is not a primary source for Slovene musicological research, though of crucial comparative importance. The period covered reaches back to the first references regarding the collaboration of Vienna Slovene with other Slaves in the city, and ends around 1870 when the SLOVENIJA NA DUNAJI Society was founded. Vor und im Jahre 1848 Das Bild des Musiklebens der Wiener Slawen im Vormärz kann man aus verschiedenen Blickwinkeln rekonstruieren. Als erste Perspektive bietet sich die nationale an: unter den Veranstaltungen einzelner slawischer Völker dominierten hinsichtlich ihrer Quantität die böhmischen und die mährischen, einen bedeutenden Anteil hatten jedoch auch die allslawisch orientierten. Eine andere Perspektive spiegelt die soziale Seite wider. Niedrigere soziale Schichten, vor allem die Arbeiterschaft aus Böhmen und Mähren, fanden ihre Unterhaltungen im Rahmen von Gasthausproduktionen, kleineren Bällen etc. Diejenigen, die im Zentrum Wiens oder unweit davon lebten, nahmen oft an den prestigeträchtigen slawischen Veranstaltungen teil. Sie waren auch unentbehrlich für die musikalische Begleitung der tschechischen Gottesdienste in der Kirche Maria am Gestade. Neben den Handwerkern bestanden die in Eile zusammengestellten Chöre hauptsächlich aus Studenten und Beamten. Eine der typischsten Assoziationen der Wiener Slawen vor 1848 sind die berühmten Slawenbälle und die slawischen Besedas.1 Die Proben fanden u. a. auch im Saal des Cafebesitzers Johann Michael Schweighofer (1806-1852) an der Ecke Mariahilferstraße/Breitegasse statt.2 Der Chor zählte meist 40-60 Sänger (überwiegend Studenten), manchmal auch mehr. „Den Slawenstämmen nach pflegten es Böhmen und Mährer, 2 Slowaken aus Ungarn, ca. 3-4 Südslawen, zu einem größeren Teil Slowenen und in einigen Besedas dann ein Pole, der Techniker Dzibinski, zu sein."3 Eine der damals üblichen Gewohnheiten war das Komponieren von sog. slawischen Potpourris. Ein solches potpourri z národních tancu/Potpourri aus Nationaltänzen erklang Anfang Jänner 1848 im Lokal „Zum Neuling" auf der Landstraße. Gespielt von einem Ensemble, das der Kapellmeister Slaba/Slaby leitete, komponiert vom Wienertschechischen Komponisten Václav Vojtéch Tieftrunk/Wenzel Adalbert Tieftrunk (1823-1896).4 Introduktion, Finale und ein paar Andanti, die die einzelnen Teile (u. a. den slowenischen Tanz Kolo) verbinden, komponierte Tieftrunk. Mit dem Slowenischen befassten sich auch zwei andere Wiener-tschechische Komponisten aus der Zeit um 1848. Hynek Vojácek (1825-1916) vertonte 1848 den slowenischen Text Mogocni boj (Modlitba pred bojem/Das Gebet vor dem Kampfe). Adolf Winter (1820 - ca. 1920) bearbeitete, zumindest den Quellen nach, nicht näher bekannte slowenische Lieder. Die Slowenen fehlten nicht in den Lokalen, in denen sich die Wiener Slawen trafen, z. B. im „Bayrischen Café" in der Josefstadt oder im „Slawischen Café" (Gerlovic Café) am Bauernmarkt. Diese Treffen kann man für bestimmte Vorläufer der späteren Vereine halten und man hörte hier oft slowenische Lieder. Die Slowenen waren auch im Ausschuss der Slawenbälle vertreten, z. B. war ihr Vertreter in den Jahren 1846 und 1847 Peter Kozler. Den slowenischen Namen Jenko finden wir im Ausschuss des Slawenballes vom 9. 2. 1848. Die Damen, die den Slawenball am 27. 1. 1847 besuchten, erhielten ein Album slawischer Nationallieder mit den Melodien „Pomenky S. B. Uspomena, 1847" -„Pomnenky S. B. - Uspomena. We Wídni 1847 u Becu.". Als letztes steht hier das Krainer 1 Als Beseda bezeichnet man eine Plattform für Geselligkeit, Konversation, Musikausübung und Volksbildung; allmählich profilierten sich auch sog. musikalische Besedas. Manchmal verwendete die deutschsprachige Presse in Wien die Bezeichnung Réunion. 2 Schweighofer war als Klavierhersteller gleichzeitig der Verleiher der Instrumente für die Veranstaltungen. 3 František Bedrich Sevcik-Jedovnicky, "Zpëv slovansky a pëstovàni spolecenského života ve Vidni od r. 1841 až do r. 1862," in Sbornik Cechä dolnorakouskych, ed. Josef Karàsek (Wien, 1895), 22. ["Dlekmenäslovanskych byvali to CechovéaMoravané, 2 Slovaci z Uher, asi 3-4 Jihoslované, vetšim dilem Slovinci a pak v nekolika besedach Polak, technik Džibinski. "] 4 Slaby/Slaba: nicht näher bekannter Kapellmeister, geboren in Üvaly u Prahy/Auwal bei Prag. Lied Kde so moje rožice... Eine andere rare Erinnerung, dieses Mal an den Slawenball vom 9. 2. 1848, betrifft „... kleine Fächer aus hartem Papier mit 12 Blättern. Auf dem 2. bis 11. Teil waren kolorierte Bilder der tanzenden Paare (Krainer, slowakisches, polnisches, dalmatisches/dalmatinisches, serbisches, böhmisches, mährisches, ruthenisches, kroatisches undslawonisches) in den Nationaltrachten (es wäre interessant, die Vorlagen zu ermitteln) und unter ihnen die Wappen der entsprechenden Länder. Ševčik nach ist der Urheber der Bilder A. Danek, in Stein gravierte sie Kovaf, und dem Korrespondent der Zeitschrift Včela nach kolorierte sie Rauth. Auf dem oberen Teil stand die Aufschrift ,Slavljanski bal 18 9/2 48' und unter dieser war der österreichische Kaiseradler. Auf dem untersten Teil war die Tanzordnung. "5 Ein beliebter Interpret der slawischen Besedas war der Krainer Baritonist Fran Legat, der meist slowenische Lieder vortrug. Nach der Revolution Im revolutionären Wien verteidigten die Slawen ihre Interessen größtenteils selbstständig, einheitlich dann in Prag im Rahmen des Slawenkongresses. Eine Entsprechung des Vereins SLEZSKO-MORAVSKO-ČESKA JEDNOTA (Schlesisch-Mährisch-Böhmische Einheit) war der Wiener-slowenische Verein SLOVENIJA.6 In der Not erkennst du den wahren Freund Die slawische Wechselseitigkeit zeigten die Wiener Slawen auf unterschiedliche Art und Weise, u. a. mittels der Unterstützung ihrer Vaterländer (z. B. Unterstützung der Vereine, Hilfe in der Zeit von Naturkatastrophen oder bei bedeutenden gesellschaftlichen Ereignissen etc.). Ein Beispiel für alle: einen Teil des Ertrages vom Slawenball vom 5. 2. 1850 (insgesamt 750 Fl.) erhielten u. a. auch der Verein SLOVENIJA in Laibach sowie die slowenischen Vereine in Klagenfurt und Graz. Die Slawenbälle pflegten vor und nach 1848 ein Treffen der slawischen Elite (Aristokraten, hochgestellte Militärpersonen, Politiker und Beamten, kirchliche Würdenträger etc.) zu sein. Falls diese nicht kommen konnten, schickten sie meist eine Entschuldigung - so z. B. der Graf Chorinsky aus Laibach im Falle des Slawenballes vom 17. 2. 1851. Ein Teil des Ertrages, konkret 100 Fl., wurde an den Ausschuss des slowenischen Vereins (drustvo) in Laibach geschickt; die Absender waren die Vertreter des Ballausschusses Stjepan Pejakovic und Josef Kapler/Kepler.7 Jan Heyer, "Jak se kdy v naši menšine tancovalo," Dunaj 16 (1939): 42. [".., male vejifez tuhehopapiru o 12listech. Na 2. až 11. dilu byly kolorovane obrazky tančicichparü (krajinskeho, slovenskeho, polskeho, dalmatskeho, srbskeho, českeho, moravskeho, rusinskeho, chorvatskeho a slavonskeho) v narodnich krojich (bylo by zajimave zjistiti pfedlohy!) a pod nimi znaky pfislušnych zemi. Dle Ševčika je autorem obrazü A. Danek, v kamen je ryl Kovaf a dle dopisovatele Včely koloroval Rauth. Na vrchnim dilu byl napis ,Slavljanski bal 18 9/2 48' a pod nim cisafsky orel rakousky. Na nejspodnejšim dilu byl tanečni pofadek."] 7. 11. 1846 (sog. „1. slawische Beseda"), 1. 12. 1846 (sog. „2. slawische Beseda", beide in den Sträußelsälen in der Josefstadt), 11. 12. 1847 (Beseda, „Zum Sperl"), 22. 7. 1850 (Beseda, in der Josefstadt), 2. 9. 1850 (Beseda für die Bewohner der Städte Krakau und Chrudim, „Zum Sperl"). Zu den Mitgliedern des Vereins SLOVENIJA zählte z. B. der Jurastudent Anton Globočnik (1825-1912), später ein Volkstümler. Für die EINHEIT verwendete man auch den Titel ČESKO-MORAVSKO-SLEZSKA JEDNOTA. Es sei jetzt im Interesse der thematischen Einheit ein großer Schritt in der Chronologie gemacht und hinzugefügt, dass „den armen Istrianern", eigentlich dem Komitat in Terst, der Ertrag (126 Fl., 55 Kr.) aus der Veranstaltung vom 15. 3. 1880 im Lokal „Zum grünen Tor" geschickt wurde. Der Veranstalter dieser Unterhaltung war der SLOVANSKY ZPEVÄCKY SPOLEK/Slawische Gesangsverein in Wien. Das slowenische Repertoire vor der offiziellen Konstituierung des SLOVANSKY ZPEVÄCKY SPOLEK Weisen wir auf die Vertretung der slowenischen Lieder im Programm der Beseda, die am 12. 2. 1850 im Lokal „Zum grünen Tor" stattfand, hin. Die Räumlichkeiten waren überfüllt, es fehlte nicht an berühmten Personen wie z. B. Jan Kollär, Karel Havlicek Borovsky, Karol Kuzmäny oder Jan Dvoräcek. In puncto Programm gehörte diese Beseda zu denen, die weniger amüsant waren. Den Gesang besorgte eine Dilettantengruppe, die damit großen Erfolg hatte. „Ca. 24 junge slawische Männer führten sehr meisterhaft zwei tschechoslawische und einen kroatischen Chor auf; dann hörten wir einzelne reizende slowenische, kroatische und tschechoslawische Lieder von verschiedenen ausgezeichneten Sängern. Bei dieser Gelegenheit überzeugten wir uns wieder davon, dass viele musikalische Begabungen und Talente, und zumal für den Gesang, unter unseren jungen slawischen Männern ganz verborgen liegen; leider werden diese Gaben unseres Volkes wenig verwendet, weil es an Unterstützung fehlt und solche jungen Männer in der Unbekanntheit und im Verborgenen verschwinden."8 An den vokalen Teil knüpften Darbietungen slawischer Musikwerke an, gespielt von der Musikkapelle der Wiener Kavallerie unter der Leitung des Kapellmeisters Budinsky.Ä Es wäre unmöglich, auf Basis meiner Forschungen alle Veranstaltungen der Wiener Slawen mit einem Anteil slowenischen Repertoires oder der slowenischen Musikkünstler anzugeben, daher folgt hier im Hinblick auf den Umfang meiner Arbeit nur eine zusammenfassende Auswahl.Ä Im Programm der Besedas, die am 21. 12. 1857 und am 26. 4. 1858 im Lokal „Zum Sperl" in Leopoldau stattfanden, war der Flötenspieler Adolf Tersäk/ Terschak/Tr2äk (1832-1901)9; slowenische Lieder gab in beiden Fällen die Sängerin Irene von Fichtenau zum Besten. Eine schöne Überraschung bei der Beseda, die am 3. 11. 1858 im Lokal „Zum Schwender" („Schwenders Colosseum", an der Ecke Mariahilferstraße/ Arnsteingasse/Reindorfgasse) veranstaltet wurde, war die siebzehnjährige Schülerin des Prager Konservatoriums Mina Medalovä (geb. ca. 1841). Sie sang u. a. das slowenische Lied Ipava.10 Großer Beliebtheit erfreute sich in Wien Jenkos Chor Naprej zastava Slave. Zum ersten Mal erklang er im Programm der am 22. 10. 1860 im Lokal „Zum Sperl" von Josef Burgerstein organisierten Beseda. Nach fünfzig Jahren wurde an dieses Ereignis Mitglied des Vereines SLOVANSKÄ BESEDA/Slawische Beseda in Wien in den Jahren 1866-1868 und des Vereines SLOVANSKY ZPEVÄCKY SPOLEK in den Jahren 1865-1868. "Rakuske mocnärstwo. Z Widne," Slovenske noviny (März 21, 1850): 134. ["Asi 24 slovanskych mladiküvprovozovalo velmi mistrne dva česko-slovanske sbory a jeden horvätsky; pak jsme slyšeli utešene jednotlive pisne slovinske, horvätske a českoslo-vanske, od rozličnych vytečnych zpevcüv. Pri teto pfiležitosti jsme se opetpfesvedčili, že mnoho vloh a nadäni hudebnych, a zvlašte ku zpevu, mezi našimi slovanskymi mladiky skryto všecky leži; bohužel, že tyto dary našeho näroda mäloj sepouživaji, ponevadž podpory neni a mladici takovi zmizeji v neznämosti a v skryte."] Wahrscheinlich František Vaclav Budinsky/Franz Wenzel Budinsky (1810-1863). erinnert: „Das Lied elektrisierte in solchem Maße, dass die Begeisterung kein Ende nahm. Danach verbreitete es sich im ganzen Slawentum und wurde zur Nationalhymne. Vor allem Tschechen und Kroaten sangen das Lied anlässlich von Feierstunden. Preußische Militärkapellen spielten es im Jahre 1866beim Ein- und Ausmarsch in und aus Böhmen und russische Kapellen beim Einmarsch in Pleven/Plewen und Sofia."11 Die Slowenen fehlten nicht einmal am Slawenball, der am 1. 3. 1859 in Sophienbad stattfand. Für diese Veranstaltung wurde die Tanzordnung in Form vom Büchlein gedruckt und mit den Initialen „S. B." versehen. Man verteilte „[...]Büchlein, gebunden in roten Samt, umfassend die Nationalgedichte der verschiedenen slawischen Stämme mit angemessenen Zeichnungen und Bildern der Dichter [..]"}2 SLOVENSKO PEVSKO DRUŠTVO und SLOVENIJA Davorin Jenko und Valentin Zamik gründeten in Wien 1859 das SLOVENSKO PEVSKO DRUŠTVO, dessen Mitglieder auch Serben, Kroaten und Bulgaren waren. Der von Studenten gebildete Chor probte im Lokal „Zum Lothringer" (später auch im Lokal „Zum goldenen Sieb") und trat auch im Programm allslawisch orientierter Veranstaltungen auf. Das Debüt fand am 13. 5. 1860 im Gasthaus „Zum großen Zeißig" statt. Im Jahr 1861 entstand der Wiener-slowenische Verein SLOVENIJA, doch die innere Uneinigkeit und Hochschulabschiede paralysierten seine Tätigkeit, was zum schnellen Ende des Vereins führte. Eine gewisse Hoffnung für die Slowenen war der SLOVANSKY ZPEVÄCKY SPOLEK (gegr. 1862). Seine Anfänge waren wirklich allslawisch und die Slowenen spielten hier eine wichtige Rolle. Jenko, der mit den beiden zuvor genannten Wienerslowenischen Vereinen zusammenarbeitete, kooperierte auch mit diesem und sogar von Anfang an. Die ersten Monate der Existenz des neuen Gesangsvereines zeigten die Notwendigkeit, einen weiteren allslawisch orientierten Verein zu gründen, weil die Plattform eines Gesangsvereines mit dem Willen der Mitglieder, sich zu treffen, Zeitungen zu lesen, zu diskutieren, Billard zu spielen, zu lesen etc., nicht korrespondierte. Im Prinzip waren es dieselben Leute, die nach der Gründung des Gesangsvereines auch beim Entstehen des (formal) bis heute bestehenden Vereines SLOVANSKÄ BESEDA beteiligt waren. Im Ausschuss, der auf Grund der konstituierenden Sitzung vom 25. 2. 1865 entstand, waren die Slowenen durch Peter Kosler vertreten.13 Der dritte Verein, der sich immer um einen allslawischen Charakter bemühte, war der (ČESKY) AKADE-MICKY SPOLEK (gegr. 1868). Er war, genauso wie SLOVANSKY ZPEVÄCKY SPOLEK und SLOVANSKÄ BESEDA, im Hinblick auf die Zahl der Böhmen und Mährer in Wien mit jedem weiteren Jahr mehr und mehr tschechisch geprägt. Die Wiener Slowenen nahmen gern an den Ausflügen der Wiener Slawen teil. Die Ausflüge in die nähere Umgebung der Stadt veranstalteten meist dieselben Leute, die gegen 1860 begonnen hatten, die Idee eines stabilen allslawischen Gesangsvereines, 11 Vorliegender Beitrag entstand im Rahmen eines Projekts des Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung in Österreich (FWF), Die Musikkultur der Wiener Tschechen, 184--1939 (Leitung: Theophil Antonicek, Wien). 12 Als Geburtsort werden Praha und Sibiu angegeben. 13 Im Jahre 1858 war sie Schülerin des Prager Konservatoriums. also des Vereines SLOVANSKY ZPEVÄCKY SPOLEK, in die Praxis zu übertragen. Obwohl der Ausflug vom „Donnerstag" (höchstwahrscheinlich ging es um den 11. 7. 1861) vom Regen verdorben wurde, nahmen ca. 50 Personen daran teil. Zum Verlauf die Meldung im Periodikum Opavsky besednik: „[...]; die Kapelle der tschechischen Musikanten oder Tonkünstler, die schon seitens der Veranstalter des Ausfluges bestellt war, spielte uns allerlei Nationallieder und Nationaltänze, und während sich diese ausruhten, pfiff ein echter böhmischer Dudelsackpfeifer auf seinem Dudelsack diverse Stücke derart, dass uns die Ohren gellten. Am Samstag darauf fand der Ausflug zum zweiten Mal für jene statt, die beim ersten Mal nicht dabei gewesen waren. Das schöne Wetter lockte ca. 300 Slawen heraus, hauptsächlich Tschechoslawen, Russen und Slowenen, und alles war wieder so wie am Donnerstag, nur ein bisschen feierlicher und allgemeiner. Für heuer war es der letzte Ausflug."14 Die Presse erwähnte im Zusammenhang mit dem SamstagsAusflug auch die Teilnahme der tschechischen Spitzenpolitiker Frantisek Palacky und Frantisek Ladislav Rieger. Auch in späteren Jahren gehörten die Wiener Slowenen zum Kern der Ausflügler. Die Werke slowenischer Komponisten im Repertoire des Vereines SLOVANSKY ZPEVACKY SPOLEK Kommen wir zum Thema dieses Kapitels aus allgemeinerer Perspektive. „Allslawisch" waren vor und auch nach der Entstehung der Wiener-slawischen Vereine diejenigen Veranstaltungen, die für das ganze Slawentum von hoher Bedeutung waren. Ein typisches Beispiel dafür ist das Willkommen-Heißen der slawischen Besucher von Ausstellungen, die in Wien stattfanden. Beispielsweise wurde am 18. 5. 1857 für die Gäste der Wirtschaftsausstellung (u. a. auch Slowenen) eine große Beseda im Lokal „Zum großen Zeißig" organisiert. Zehn Jahre später wurden ähnlich auch die führenden Persönlichkeiten aus Serbien, Kroatien, Slowenien und der Slowakei, derer Ziel die Moskauer Ausstellung war, begrüßt (am 14. 5. 1867, veranstaltet von SLOVANSKÄ BESEDA). Im Sommer 1873 veranstalteten die Vereine SLOVANSKY ZPEVÄCKY SPOLEK und SLOVANSKÄ BESEDA einige Besedas für die slawischen Besucher der Weltausstellung. Auf dem Programm der ersten Beseda vom 20. 5. 1873 standen z. B. die slowenischen Chöre Kdo je mar (entweder von Gaspar Masek oder Benjamin Ipavec und Pri luni (höchstwahrscheinlich eine Bearbeitung von Arnost Förchgott-Tovacovsky). Mit den Slowenen wurde auch beim Veranstalten der Ausflüge nach Böhmen und Mähren gerechnet. Es war gerade der Verein SLOVANSKY ZPEVÄCKY SPOLEK, der mit tschechischsprachigen Plakaten an Hauswänden und Zäunen die Wiener Slawen zur Teilnahme an der Feierlichkeit in Brünn lockte (Das nationale Gesangfest am 25. 8. 1863, 26. 8. 1863). Der gerade erwähnte Verein verbreitete während seiner Konzertreisen das slowenische Repertoire auch hinter die Grenzen Wiens, z. B. war am 29. 1. 1865 (manch- 14 "Vznik hymny ,Naprej zastava Slave'," Vídensky denník (9. November, 1910): 1. \^,Píseñ elektrisovala tak, že nadsení nebralo konce. Poté se rozsífila po celém Slovanstvu a stala se národní hymnou. Zvláté Češi a Hrvatipísen tu zpívalipri slavnostních okamžicich. Pruské vojenské hudby hrály ji v roce 1866pfi vstupu a vychodu z Čech a ruské hudby pfi vstupu do Plevna a Sofie."] mal geben die Quellen auch das Datum 5. 2. 1865 an) auf dem Programm der Beseda in Uherske Hradište/Ungarisch Hradisch der Chor Zbor voišakov von Ipavec. Bei der Einordnung des slowenischen Repertoires in die Programme des Vereines SLOVANSKY ZPEVÄCKY SPOLEK halfen sicher auch dessen slowenische Mitglieder. Zu den ersten in der Vereinsgeschichte allgemein zählte Ivan Meden.15 Slowenische Nationallieder trug er als Solist anlässlich der Silvesterfeier des Vereines vor (31. 12. 1862, Hotel de l' Europe). Die Slowenen waren auch im Ausschuss des Vereines vertreten, z. B. waren es im Jahr 1878 F. Štajer und (J. oder A.) Lenarčič.16 Zu den Mitgliedern gehörte im Zeitabschnitt 1875-1877 auch der Abgeordnete Andrej Fernjačič. Der Verein verabschiedete seine verstorbenen Mitglieder oft mit Gesang während des Begräbnis-es; der slowenische Student Andrej Kopač war keine Ausnahme (Tenor in den Jahren 1879-1880), gesungen wurde der Chor Blagor mu.17 Ähnlich war es im Falle des in den Jahren 1884-1888 zahlenden Mitgliedes Jakub Kruljač am 1. 11. 1888. Bleiben wir noch kurz in der neueren Geschichte des Vereines und nennen einige wichtige slowenische Mitglieder: den Chorleiter und Komponisten Matej Hubad (1866-1937). Am 28. 10. 1896 wählte ihn die Generalversammlung zum Chorleiter, ein Jahr später wurde er zum Ehrenmitglied des Vereines. Nicht weniger wichtig war der Philologe Matija Murko, der in den Jahren 1897-1899 Obmann des Vereines war. Zu den bedeutenden Funktionären gehörte auch der Jurist Jakob Radoslav Pukl (1849-1913). Nach zwanzig Jahren im Verein ernannte ihn die Generalversammlung am 29. 10. 1897 zum Ehrenmitglied. Ähnliche Verdienste für den Verein erwarb sich auch der Angestellte der Staatsschuldkasse Žiga Sežun (? - nach 1912). Die Slowenen waren bis zum Ende des Vereines nach Böhmen und Mährern die meistvertretenen Slawen. Die Werke der Slowenen erschienen seit seiner Gründung in den Programmen des Vereines SLOVANSKY ZPEVÄCKY SPOLEK und der Verein war meist das erste Ensemble in Wien, das diese Werke präsentierte. Was sagt die Bilanz aller aufgeführten Kompositionen während des ersten Vierteljahrhunderts der Vereinstätigkeit aus? Insgesamt führte man 305 Stücke auf, davon 174 tschechische, 46 slowenische, 27 kroatische, 26 serbische, 15 kleinrussische, 12 polnische, 12 slowakische, 10 russische, 3 bulgarische, 1 wendisches.18 12 Werke von Jenko erklangen 37 mal; öfter wurden nur die Werke von Arnošt Förchgott-Tovačovsky (1825-1874) aufgeführt. Noch ein Vergleich: Jenkos Chor V boj erschien zwölfmal und war die meistaufgeführte Komposition überhaupt! Für eine konkretere Vorstellung nur eine kurze Auswahl slowenischer Komponisten (1860-1881) aus den Programmen des Vereines SLOVANSKY ZPEVÄCKY SPOLEK: Heyer, "Jak se kdy v naši menšine tancovalo," 43. [■■■ knižečky, ale v červenem aksamitu väzane, obsahujici narodni bdsnicky rozličnych kmenü slovanskych sprimerenymi vykresy apodobiznami bäsnikü...] Mitglied des Vereines SLOVANSKÄ BESEDA in den Jahren 1865-1867. K. S. [wahrscheinlich František Kyselka-Slanovodsky], "Dopisy. Z Vidne. 17. července.," Opavsky besednik (Juli 19, 1861): 168. ["...; banda českych muzikantü čili hudebnikü, kterä jižbyla objednanä od poradatelü te vychäzky, hräla näm všelike närodni pisne a tance, a zatim, co oni odpočivali, piskal skutečny česky dudäk na svojegajdy rozlične kousky, že näm až uši zzlehaly. V sobotu na to odbyvala se vychäzkapodruhepro ty, kteriponejprv nebyli. Pekne počasi vyläkalo ke trem stüm Slovanü, nej-vice Cechoslovanü, Rusü a Slovincü, a bylo všecko zase tak jak ve čtvrtek, jenom trochu slavnejši a všeobecnejši Byla to letos posledni vychäzka."] In der Tenorgruppe in den Jahren 1862-1864. Wahrscheinlich identisch mit dem Sänger, der 1898 in Slowenien wirkte. Li Jenko D.: Naprej, zastava Slave (22. 10. 1860, Burgersteins Beseda, „Zum Sperl") Jenko D.: Pobratimija (15. 5. 1860, Burgersteins Beseda, „Zum großen Zeißig") Jenko D.: Mornar (15. 5. 1860, Burgersteins Beseda, „Zum großen Zeißig") Jenko D.: Beg (9. 3. 1861, Beseda, „Zum Sperl") Jenko D.: Strunam (16. 12. 1861, Beseda, im „Dianasaal") Ipavec B.: Zapuščena (17. 11. 1864, Vereinsunterhaltung, „Zum großen Zeißig") Ipavec B.: Kdo je mar? (13. 12. 1864, Vereinsunterhaltung, „Zum Sperl") Ipavec B.: Zbor vojščakov (13. 12. 1864, Vereinsunterhaltung, „Zum Sperl") Ipavec B.: Popotnik (9. 2. 1865, slowenische Beseda, im „Dianasaal") Nedved A.: Domovina (9. 2. 1865, slowenische Beseda, im „Dianasaal") Nedved A.: Popotnikova pesem/Popotnik (28. 9. 1866, Vereinsunterhaltung, „Zum grünen Tor") Förster A.: Samo (5. 4. 1870, Vereinsunterhaltung, Gartenbaugesellschaft) Čebejev: Slovinske narodni pisne (13. 3. 1874, Vereinsunterhaltung, Gartenbaugesellschaft) Ipavec: Domovini (5. 7. 1876, Vereinsunterhaltung, „Zum schwarzen Adler" in Ober-Döbling) Nedved A.: Moja rožica (11. 6. 1877, Vereinsunterhaltung „Zum schwarzen Adler" in Ober-Döbling) Förster A.: Slava Slovencem! (3. 12. 1877, Vereinsunterhaltung, Gartenbaugesellschaft) Förster A.: Svet (18. 3. 1878, Vereinsunterhaltung, Gartenbaugesellschaft) Nedved A.: Oblakom (18. 3. 1878, Vereinsunterhaltung, Gartenbaugesellschaft) Förster A.: Rath (17. 6. 1878, Vereinsunterhaltung, „Zum schwarzen Adler" in Ober-Döbling) Förster A.: Pobratimija (18. 12. 1880, Konzertbeseda, Gartenbaugesellschaft) Nedved A.: Slovo (4. 4. 1881, Vereinsunterhaltung, Gartenbaugesellschaft) Nedved A.: Pozdrav (15. 12. 1881, Konzertbeseda im „Bösendorfsaal") Ipavec G.: Sredi vasi (13. 5. 1882, Vereinsunterhaltung, Gartenbaugesellschaft) Einige slowenische Komponisten widmeten dem Verein eigene Chöre: Ipavec B.: Kam? (6. 3. 1882, Konzertbeseda) Nedved Ant.: Slovo (6. 3. 1884, Konzertbeseda) Ipavec B.: Slovanska pesem (3. 5. 1887, komponiert für das Jubiläumskonzert des Vereines) Förster Ant.: Ljubica (gewidmet 1890)_ Dem Verein SLOVANSKA BESEDA widmete Anton Förster seinen gemischten Chor Kitica (zum ersten Mal aufgeführt wahrscheinlich am 21. 3. 1891). Die Chorleiter des Vereines SLOVANSKY ZPEVACKY SPOLEK als Bearbeiter slowenischer Lieder Zu den Bearbeitern des slowenischen Liedtums gehörten die ersten Chorleiter des Vereines. A. Förchgott-Tovacovsky zählte sogar zu den besten Kennern und Bearbeitern slawischer Lieder. Er trat auch als Sänger auf; z. B. am 16. 11. 1867 als Solist im Chor Domovina von Ipavec. - Bearbeitung D. Jenkos Što cutis, Srbine tožni (zum ersten Mal am 18. 5. 1867, Vereins-beseda) - Bearbeitung D. Jenkos Dumka (4. 5. 1871,Vereinsbeseda) - Bearbeitung Pri luni (ca. 1871) - Ein nicht näher bekanntes Lied bildet einen Bestandteil der Reihe Närodni pisne/ Nationallieder für Chor und Klavier (aufgeführt am 4. 5. 1871 im Rahmen einer außerordentlichen Beseda für A. Förchgott-Tovacovsky in der Gartenbaugesellschaft). - Das Lied mit dem Incipit Ka dan se zaznäva, Danica... befindet sich in der Reihe Druhä kytice z närodnich pisni slovanskych/Zweiter Liederkranz slawischer Weisen (Uraufführung wahrscheinlich am 11. 4. 1872). - Anlässlich der Eröffnung der neuen Räumlichkeiten des Vereines SLOVANSKA BESEDA am 17. 10. 1874 erklangen seine Slovinske närodni pisne/Slowenischen Nationallieder. Der nächste Chorleiter Alois Alexander Buchta (1841-1898) knüpfte an seinen Vorläufer an. Seine Reihe Kytice z närodnich pisni slovanskych/Liederkranz slawischer Weisen konnte das Publikum zum ersten Mal am 10. 3. 1879 im Programm der Vereinsbeseda in der Gartenbaugesellschaft hören. Nach dem einleitenden tschechischen Lied folgt das slowenische Lied mit dem Incipit Po planincah gromi in se bliska und daran schließen noch acht slawische Lieder an. Ein anderer Chorleiter des Vereines, Konstantin Jahoda-Krtinsky (1828-1895) komponierte einen Chor basierend auf dem slowenischen Lied Ljubičina pošta, aufgeführt im Konzert des Vereines SLOVANSKA BESEDA am 13. 12. 1883. Den Damen des Gesangskreises dieses Vereines widmete er die Reihe Tri närodni pisne slovanske/Drei slawische Nationallieder für einen gemischten Chor. Die Dreiergruppe bilden ein tschechisches, ein serbisches und ein slowenisches Lied (mit dem Incipit Po planincah gromi in se bliskä...). Eine kleine Bemerkung noch. In den Programmen zu den Veranstaltungen der Vereine SLOVANSKY ZPEVACKY SPOLEK und SLOVANSKA BESEDA erschien seit 1875 ein paar Mal auch der Männerchor mit dem Titel Slovenske närodne pesmi/Slovinske närodnipisne/Slovinske narodne pesmi. Sein Autor (oder der Autor der Bearbeitung) war nie mit ganzem Namen angegeben, nur mit dem Monogramm J. C. oder J. Č. Den Chor bilden vier Lieder mit den Incipits Venček na glavi - Kje so moje rožice - Stoji, stoji tam lipica - Na Laškem puške. Genese des Vereines SLOVENIJA Genauso wie die anderen Slawen in Wien versammelten sich auch die Slowenen nicht nur in den allslawisch orientierten Vereinen, sondern auch in rein slowenischen Vereinen. Ihre Tätigkeit bestand u. a. in der Veranstaltung repräsentativer Feiern der großen Söhne des Volkes. Eine solche Feier organisierten sie gemeinsam mit den Serben und Kroaten zu Ehren des Dichters Valentin Vodnik im Dianasaal am 9. 2. 1865. Die Zahl der Besucher erreichte ca. 500 Personen, hauptsächlich natürlich Slawen, wobei der Anteil der Tschechoslawen relativ gering war. Zum Verlauf eine authentische Meldung: „SLOVANSKYZPEVÄCKYSPOLEK täte gut daran, die hiesigen Südslawen mehr zu beachten, es gibt derer nicht so viele wie uns, demgegenüber haben sie aber mehr an Honorationen und hübschen Damen, des notwendigsten Teiles jeder angenehmen und ausgesuchten gesellschaftlichen Unterhaltung. Die Ansprache war slowenisch. Dann folgten lauter slowenische und serbische Lieder, vorgetragen vom SLOVANSKY ZPEVÄCKY SPOLEK, der die Einladung gern angenommen hatte. Es war jedoch zu sehen, dass er dezimiert ist. Aber die Tatsache, dass nur serbische und nicht auch kroatische Lieder gesungen wurden, hielten die anwesenden Kroaten, mit denen sich die Serben und Slowenen immer komisch zanken, für eine Art vorsetzlicher Beleidigung und (ich denke, sie errieten es) verließen ungefähr nach dem vierten Lied den Saal, was alle sehr unlieb verletzte und die Lebendigkeit des Gesprächs und der Unterhaltung ziemlich unterbrach. Man sang zwar danach außerhalb des Programms kroatische sowie auch russische und tschechische Lieder, aber der unliebe Zufall war schon passiert. Mit dem Konzert endete ca. um 12 Uhr die Feier, denn der Ball, über den ich dir geschrieben hatte, wurde nicht abgehalten."19 Alljährlich wurde von den Wiener Slowenen auch der Dichter France Presern gefeiert. Einen Beleg dafür findet man auch im Periodikum „Zukunft", im Bericht über die Beseda vom 5. 1. 1867, die die slowenischen Studenten der Wiener Universitäten in den Saallokalitäten „Zu den drei Engeln" (Wieden, große Neugasse) veranstaltet haben. Vertreten in corpore war auch der Verein VELEBIT (alle Hörer der hiesigen Hochschulen aus dem dreieinigen Königreich einschließend), weiter Serben, Tschechen und ausnahmsweise gemeinsam auch Ruthenen und Polen. Im zuvor veröffentlichten Programm befanden sich folgende slowenische Komponisten: Nedved (Domovina), Ipavec (Zapusena) und Jenko (Sto cutis, Srbine tozni).20 Eine andere Nachricht lautet: es war „ein wahres Verbrüderungsfest unter der hiesigen slawischen Universitätsjugend", und fügt hinzu, dass der „akademische slowenische Gesangsverein" mit dem Chorleiter Brezovar die Gesänge vortrug.21 Alle Stücke mussten wiederholt werden. Die Gesangsproduktion bereicherte auch der Verein VELEBIT. Am Ende des Jahres 1867 ließen die slawischen Studenten wieder von sich hören. Am 6. 12. 1867 veranstalteten sie in der Gartenbaugesellschaft einen „geselligen Abend". Eine ausführliche Nachricht darüber (Zahl der Studenten, vertretene Vereine, Dekoration, Repertoire) brachte z. B. die Zukunft.Ä Hier sind die Slowenen, organisiert im Verein SAVA, erwähnt. Man hatte vor, jeden zweiten Monat ähnliche Abende zu organisieren. 19 Zukunft (Januar 3, 1867), 3. 20 Zukunft (Januar 7, 1867), 4. 21 Zukunft (Dezember 7, 1867), 2. »Slovenija na Dunaji« Eine der nächsten Veranstaltungen der slawischen Studenten in Wien war das Abschieds- und Verbrüderungsfest vom 28. 6. 1869 in Grinzing. Unter den dort anwesenden Vereinen findet man auch den Namen SLOVENIJA. Dieser slowenische Verein hatte seine Generalversammlung im Sommer 1869 und gehörte bis zum Ersten Weltkrieg zu den bedeutendsten slawischen Vereinen in Wien. Die Gründe für die Entstehung kann man einfach benennen: Bestreben nach nationaler Selbstbestimmung und Entstehung vieler slawischer Vereine in Wien. Zur frühesten Geschichte des Vereines gehört die Teilnahme an der Feier für tschechische Schulen und den Fond für die Unterstützung der armen Studenten in Wien (10. 6. 1871, „Zum Zobel"). Die Veranstalter waren möglicherweise alle Vereine der Wiener Slawen. Am Gesangsteil nahm SLOVENIJA zwar nicht teil, doch fehlte das slowenische Repertoire nicht: Jenkos Chor Hejdmo und der Chor Pri luni (wahrscheinlich die Bearbeitung von A. Förchgott-Tovacovsky). Vor dem Schlusswort noch eine Bemerkung. Eine wichtige Stellung in der Geschichte des Vereines SLOVENIJA hat der Wiener-tschechische Chorleiter Jan Jirik (1843-1895). Er ist mehr durch seine Aktivitäten in den Vereinen SLOVANSKA BESEDA und SLOVANSKY ZPEVACKY SPOLEK bekannt als im Zusammenhang mit SLOVENIJA. Hier wirkte er als Chorleiter wahrscheinlich seit 1868. Dafür spricht die Tatsache, dass er am Anfang des Jahres 1888 auf Grund der zwanzigjährigen Aktivität im Verein zum Ehrenmitglied wurde. Bei dieser Gelegenheit bekam er einen Brillantring. Wie lange er im Verein war, ist schwer zu sagen; sicher noch im Jahre 1890, wahrscheinlich aber bis zu seinem Tod. Es war gerade der Vereinschor, wo Jirik seine Erfahrungen an den jüngeren Kollegen Jan Stiebler (1857-1930) weitergab. Schlusswort Mit der Gründung der SLOVENIJA im Jahre 1869 endet die Retrospektive des slowenischen Anteiles an der Entwicklung der Musik des slawischen Wiens im Zeitabschnitt 1840-1870. Mittels verschiedener Perspektiven wurde belegt, dass es sich hierbei um einen wesentlichen Beitrag handelte. Egal, ob es im Rahmen der rein nationalen oder der allslawisch orientierten Vereinsstrukturen war. Die tschechisch-slowenische Zusammenarbeit ist im Kontext der tschechischen Geschichte mit der Zusammenarbeit der Tschechen mit den Lausitzer Sorben und Slowaken vergleichbar. Es wurden vielleicht alle wichtigen Akteure und Ereignisse erwähnt, dennoch muss auf die Notwendigkeit, in Zukunft auch in der deutschsprachigen Wiener Presse ausführlich recherchieren zu müssen, hingewiesen werden. Povzetek Obširna muzikološka obdelava glasbenega življenja dunajskih Slovanov je stari dolg avstrijske muzikologije in hkrati »okostnjak v omari« muzikologije posameznih slovanskih dežel. Članek preučuje sledi, ki so jih pustili Slovenci na Dunaju. Pretežno se opira na podatke iz češkega (dunajsko-češkega) tiska, ki zagotovo ni primarni vir za raziskovanje slovenske muzikologije, vendar zelo pomemben za primerjavo virov in informacij. Časovni obseg sega od prvih omemb o vzajemnih stikih dunajskih Slovencev z drugimi dunajskimi Slovani in se konča okoli leta 1870 z ustanovitvijo društva SLOVENIJA NA DUNAJI. Metodološko se članek trudi opisati vse, kar je slovensko na slovanskem Dunaju. To pomeni širjenje slovenskega repertoarja (oz. njegove uporabe v delih neslovenskih skladateljev), integracija Slovencev v vseslovanska in slovensko usmerjena društva, izkazovanje slovanske vzajemnosti v kontekstu glasbenih prireditev itd.