Elemente der Fortification fiir (len Unterricht a n der k. k. Marine-Akademie. Drnek von Ig. v. «Kleinmayr & Ped Bamberg in Laibach. . v . I n h a 11. Seite Einleitung. 1 Erster Abschnitt. ZF 1 elcS/to e f e S'tl gung. I. Profile der Feldschanzen. 4 II. Umrisse der Feldverschanzungen. 8 a) Umrissformen im Allgemeinen. 8 b) Umrisse offener Schanzen. 10 c) Umrisse geschlossener Schanzen. 11 d) Anordnung ausgedehnter Verschanzungen.11 III. Innere Einrichtnng der Feldbefestigungen.12 IV. Verstiirkungsmittel der Feldbefestigungen.14 V. Angriff und Vertlieidigung der Feldbefestigungen. a) Angriff.1? b) Vertlieidigung .18 VI. Anwendung der Feldfortification. a) Befestigung von Ortsdiaften. 19 b) Briickenkopfe. 20 c) Verschanzte Lager.21 d) Strassen-, Thal- und Passperren.22 Zweiter Abschnitt. Permanente Befestig-u.ng'. I. Einrichtung der Hauptlieilo der permanenten Befestigungen .... 25 II. Nebenwerke und Verstiirkungsmittel.29 a) Nebonwerke.29 b) liinen. 30 c) Beniitzung von Gewiissarn.31 III. Zusammenstellung der Elemente zu Festungen und Forts.31 a) Die Giirtelforts.31 b) Das Noyau.33 c) Allgemeine Einrielitungen in der Festung.35 v. Seito IV. Angriff (ler Festungen. 36 V. Vertheidigung der Festungen.40 VI. Minenkrieg. 43 Dritter Abschnitt. ZKvisteri/befestlgAS.rig'- I. Kiistenforts und Kiistenbatterien.4fi II. Absperrungen im Fahnvasser.53 III. Seeminen.50 A) Defensive Seeminen.5(i a) Minengefiisse.. • 57 b) Ladung, Schivimmtiefe, gegonseitige Bntfernung der Minen 58 c) Minen-Ziindung.60 B) Offensive Seeminen (Torpedo).08 a) Schlepptorpedo.08 b) Spierentorpedo.'.09 c) Fischtorpedo.A) d) Stromtorpedo..73 IV. Angriff und Vertheidigung der Kustenbefestigungen.73 Einleitung. Die zur erfolgreicken Vertheidigung eines grosseren oder kleineren Terrainabschnittes gegen feindliche Angriffe aufgefiihr- ten Schiitzbauten werden Befestigungen genannt. Die Regeln fiir die Ausfiihrung von Befestigungen bilden die Befestigungskunst oder Fo rtif ication. Die Anlage von Befestigungen an solchen Orten, welcke als Waffen- und Vorraths-Depots, als Flottenstationen, als strate- gische Stiitzpunkte oder beherrschende Punkte von Connnunciatio- nen, Fluss- und Gebirgs-Uebergiingen etc. fiir den Fortgang des ganzen Krieges von bervorragender Bedeutung sind, gehort zu den Vorbereitungen des Krieges. Diese Befestigungen werden daber grosstentbeils schon im Frieden erbaut, und nacbdem sie ihren Wertk auch liber die Periode eines Krieges kinaus be- halten, nach dem Kriege in Stand gehalten; aus diesem Grunde heissen sie permanente Befestigungen. Solcbe Befestigungen, welcke den momentanen Verkaltnissen eines Kampfes entsprecbend erbaut werden, um die Widerstands- fabigkeit einer eingenommenen Stellung zu erhoben, welche somit nur einen voriibergebenden taktiscben Wertb baben, nennt man fliichtige, passagere oder Fel d- Befestigungen. Die Feldbefestigungen sollen den in der Feldscblacbt auf- tretenden Zerstorungsmitteln des Feindes, dem Kleingewehr und dem Feldgescbiitz, widerstehen und miissen in der kiirzesten Zeit, oft unmittelbar vor dem Gefecbte, mit den einfachsten Mitteln bergestellt werden. Sie baben und brauehen daber keine solcbe Starke, wie die permanenten Befestigungen, zu deren Erbauung binreichend Zeit und tecbnische Hilfsmittel zu Gebote steben und zu deren Bevvaltigung der Gegner scbwere Gescbiitze aufzubringen vermag. Befestigungen, welcbe an strategisch minder wicbtigen Punk- ten zwar permanent angelegt, aber nicbt so stark wie die eigent- lichen permanenten Befestigungen erbaut werden, heissen halb- permanente Befestigungen. 2 Befestigungen von Punkten, deren strategische Wichtigkeit erst \vahrend des Krieges hervortritt, welche Befestigungen, wenn audi nicbt unmittelbar vor dem Gefechte, so doch in kurzer Zeit und oft mit unzureichenden Mitteln erbaut werden miissen, werden provisorischeBefestigungen genannt. Sie werden aueh zur Verstarkung von permanenten Befestigungen angelegt, wenn man die Unzulanglichkeit dieser letzteren fttr einen be- stimmten Kriegszweck erkannt bat. Der Nutzen, den eine Befestigung im Allgemeinen fur die Vertheidigung bietet, ist doppelter Natur: die Befestigung schiitzt einerseits die eigenen Truppen und das Kriegsmaterial vor dem feindlicben Feuer, und erscbwert andererseits die Annaherung des Gegners, wodurch er gez\vungen \vird, sich langere Zeit ungedeckt dem Feuer aus den eigenen gedeckten Stellungen auszusetzen. Man kann demnacb bei jeder Alt von Befestigungen zwei Tlieile unterscheiden: das Deckungsmittel fiir die eigeue Truppe und das Hinderniss fiir die Annaherung des Feindes. Die Hauptbedingung fiir die Anlage der Befestigung als Annaherungshin derniss ist, dass sie sich der Oertlichkeit anpasst und so die natiirlichen Hindernisse, \velche das Terrain bietet, verstarkt. Die Bauart und die Starkeverbaltnisse der Be¬ festigung als Schutzmittel miissen derartige sein, dass sie den Zerstorungsmitteln des Gegners ausreicbenden Widerstand leisten, um durch diese Erhohung der eigenen Widerstandskraft ein eventuelles Missverhaltniss der numeriscben Streitkrafte aus- zugleicben und die Bebauptung einer Position durch langere Zeit zu ermoglichen. Erster Abschnitt. Feldbefestigung. Das Materiale zu den Deckungsmitteln der Feldbefestigun- gen ist in der Hegel E r d e; es kann aber auchHolz, Mauer- werk, E is e n hiezu verwendet werden, im Falle diese Materia- lien an Ort und Stelle vorhanden und leicht zu bearbeiten sind. Zur Herstellung der Befestigung aus Erde wird in der zu vertheidigenden Linie ein Graben ausgeboben und die Erde des- selben vor oder liinter dem Graben als Deckungsmittel auf- geschtittet; diese Erdaufschiittung heisst Brustwehre. Liegt der Graben vor der Brustwehre, so heisst er ausserer Gra¬ fa e n und bildet wesentlieh den zvveiten Theil der Befestigung: das Hinderniss, vvahrend ein Graben liinter der Brustvvehre — innerer Graben — nicht als Hinderniss, sondern zur besseren Deckung, insbesondere gegen Bogenschiisse, dient und aus diesem Grunde D e c k ungsg r abe n genannt wird. An besonders wicbtigen Punkten, welche starkere Befesti- gungen erfordern, wird die eigentliche Brustwebre auf einem dammartigen Unterbaue aufgefiihrt, welcherWall genannt wird. Um iiber die Brustwehre hinwegfeuern zu konnen, vvird liinter derselben ein Erdkorper angeschuttet, welclier Banket heisst, wenn er als Standort filr feuernde Infanterie dient, und Pritsche oder Plattform, wenn auf demselben Geschlitze aufgestellt vverden sollen. Die Geschlitze feuern entvveder direct liber die Brustwehre hinweg — iiber Bank, — oder aber durch Einschnitte in der Brustwehre, welche Geschtitzscharten heissen. Je koher die Brustwehre, desto grosser wird der Raum vor derselben, \velcher durch die eigenen Schtisse nicht bestrichen werden kann. Um diesen unbestrichenen Raum zu vermindern, \vird der oberen Flache der Brustvvehre eine Neigung nach vor- vvarts gegeben. Der unbestrichene Raum vor dem ausseren Gra¬ ben vvird ganzlich vermieden, vvenn liier eine sich nach vorwarts verlaufende Aufschiittung hergesellt vvird, deren obere Flache mit 4 der Verlangerung der oberen Flache der Brustwehr zusammen- fallt; diese gewissermassen die (jenseits des. ausseren Grabens liegende) Fortsetzung der Brustwehre bildende Aufschtittung wird Glacis genannt. Oft stosst die Brustwebre nicht unmittelbar mit dem ausse- ren Graben zusammen, sondern es bleibt zwischen beiden ein schmaler Streifen, welcher Berme heisst. Die Seitenflachen der Brustwehre, des Grabens, des Walles, des Bankets, des Glacis etc. miissen eine Neigung gegen den Bau- liorizont erhalten, welche Bosch ung genannt wird. Bei der Brustwehre heisst die obere Flache Krone, die riickwartige lidchste Linie derselben Kamni, deckende Linie, F e u e r 1 i n i e, Krete. Als Dicke der B r u s t w e h r e wird die Breite der horizontalen Projection der Krone, als Ho h e der Brus t w e h r e die Hohe der Kammlinie liber dem Bauhorizont angesehen. Beim Graben heisst die untere Flache Grabensohle, die Seitenflachen heissen G r a b e n w a n d e; beim ausseren Graben speciell \vird die innere Grabenwand E sc a rp e, die aussere aber Contrescarpe genannt. Die hdchste Linie des Glacis heisst G1 a c i s k a m m, die vordere sich mit dem Terrain verlaufende Flache Abdachung des Glacis. Die obere horizontale Flache des Bankets wird B anket- ebene, Auftritt oder Banket schlechtweg genannt. Die obere Flache des Walles heisst W a lig a n g. Die Feldbefestigungen fiihren im Allgemeinen den Namen Sclianzen; doch werden schwachere Brustwehren, denen kein ausserer Graben oder ein diesen ersetzendes natiirliches Hinder- niss vorliegt, auch bloss Deckungen genannt. Ausgedehnte Befestigungen, bei welchen mehrere Schanzen nach einem System z ur gegenseitigen Unterstiitzung und zur Deckung eines grosseren Terrainabschnittes verbunden werden, heissen V e r s c h a n - z u n g e n. I. Profile der Feldschanzen. Man unterscheidet folgende Profile der Feldschanzen: das gewohnliche Profil oder Profil mit ausserem Graben, das W a 11 p r o f i 1, das Profil mit z \v e i Graben und das eingeschnittene Profil oder Profil mit innerem Graben. Die Schanze von gewohnlichem Profil (Fig. 1) besteht aus der Brustwehre A, dem Banket B und dem Graben (7, wozu in der Regel noch das Glacis D kommt. 5 Bezuglich der Dimensionen, welche die einzelnen Theile zu erhalten haben, ist Nachstehendes zu bemerken. Die Brustwehrdicke ab hangt von den Feuervvaffen ab, mit welcben die Brustwehre bescbossen werden kanu, mit Beriick- sichtigung der Beschaffenheit des Erdreicbs und der grosseren oder geringeren Sorgfalt der Bebandlung, welcbe man demselben nach der zum Baue verfiigbaren Zeit angedeiben lassen kann. Die H obe oder der Aufzug ac der Brustwehre soli der binter derselben aufgestellten Truppe geniigende Deckung bieten, \vobei der Umstand zu beriicksicbtigen ist, ob die Brustwebre auf gleicber Hobe mit der feindlicben Stellung liegt, oder ob die eine die andere dominirt, ferner ob nur Scbiisse mit kleinen Einfall- winkeln (directe Schiisse) oder aucb Scbiisse mit grosseren! Ein- fallvvinkeln (indirecte Scbiisse, Bogenscbiisse) zu erwarten sind. Der Fali der Krone dd' muss so gross sein, dass die Verlangerung der Krone um hocbstens O'C ™/ iiber den Glacis- kamm oder, wenn kein Glacis vorbanden, iiber den oberen Band der Contrescarpe binweggebt. Die B o s cb u n g e n der Brustwebre sollen so steil als moglicb gebalten sein, — die aussere Boscbung, um die Ersteigung der¬ selben zu erschweren, — die innere, um es der feuernden Mann- scbaft zu ermoglicben, liart an die Brustwebre zu treten. Die Differenz zwiscben der Hobe der Brustwehre und jener des Bankets beisst Brustliolie cf und muss derart bestimmt werden, dass die das Banket besetzende Mannscbaft das Gewehr bequem in Anschlag bringen kann. Die Breite des Bankets (des Auftrittes) fg ricbtet sicb danach, ob das Banket in einem oder in zwei Gliedern besetzt werden soli. Die Hobe des Glacis wird so bestimmt, dass (wie vor- bemerkt) der Glaciskamm niclit, mebr als 0 6 n j miter die Ver¬ langerung der Krone falle; er muss aber andererseits um min- destens 1 1 / a unter dem Kamin der Brustwehre liegen, damit der Feind nicbt vom Glacis aus in das Innere der Brustivebre schiessen konne. Der Graben wird als Hinderniss um so besser entsprecben, je grosser seine obere Breite und seine Tiefe, je steiler seine Wiinde und je geringer seine untere Breite ist. Im Allgemeinen sind die tieferen Graben den breiteren vorzuzieben. Die Berme bat die Bestimmung, das Abrollen der Erde von der Brustwehre in den Graben zu verbindern; sie bat aber den Nachtbeil, dass sie dem Feinde, welcber die Escarpe er- stiegen bat, einen Rubepunkt bietet. Sie muss daber moglichst sclimal und mit Hindernissen bedeckt sein. Nachdem der Graben die zum Baue der Brustwebre er- forderlicbe Erde zu liefern liat, so riebten sicb die Dimensionen desselben in jedem speziellen Falle nach den angenommenen Dimen¬ sionen der Brustwehre. Hiebei ist jedoch zu beriicksicbtigen, 6 dass die angeschuttete Erde niemals die Konsistenz des gevvach- senen Erdreiches hat, dass dalier die Brustwehre einen grosseren Rauminhalt liaben wird, als der Graben. — Das W ali profil (Fig. 2) wird, vvie eingangs bemerkt, nur an besonders \vichtigen Punkten, dalier des bedeutenden Zeit- aufwandes vvegen, welchen der Bau erfordert, bei der eigentlicben Feldbefestigung selten, desto baufiger aber bei der provisoriscben Befestigung angewendet. Nachdem die eigentliche Brustvvehre in erster Linie den Wall zu decken bestimmt ist, so muss die Hohe derselben iiber dem Wall mit Beobacbtung der bei Bestimnmng der Brustvvehr- liobe des gewbhnliclien Profils angefiihrten Regeln und mit Be- rucksicbtigung des zu deckenden Raumes, d. b. der Breite vw des Walles, ausgemittelt werden. Die Breite des Walles riehtet sicli nacb dem Raume, welchen die aufzufiihrenden Geschiitze beansprucben. Um die Gescliiitze auftuhren und den Wall leicbter ersteigen zu konnen, miissen an geeigneten Stellen Auffabrten oder Ram- pen bergestellt werden. — Der i n n ere Graben gevvahrt den Vortbeil, dass er den Standort der zu deckenden Besatzung unter den Bauborizont verlegt, dass also die aufzufubrende Brustvvehre nickt so bocb zu sein braucbt, als es eine bestimmte deckende Ilohe erfordert. Man vvird dalier den inneren Graben dort anvvenden, wo bei Herstellung einer ausreicbenden Deckung die Rucksicbt auf die Zeit in erster Linie stelit. Nacbdem jedocb der innere Graben kein Hinderniss ist, so vvird man in dem Falle, als man bei beschrankter Zeit eine geniigende Arbeitskraft zur Verftigung bat, auf den Vortbeil des ausseren Grabens nielit verzichten, sondern nebst dem inneren aucb einen ausseren Graben ausbeben. Dies fiihrt zu dem Profil mit zvvei Graben. Liegt vor der Brustvvehre einer Schanze ein natiirlicbes Hinderniss (ein Fluss, Morast, steber Abbang u. dgl.), so vvird der iiussere Graben entbehrlicli, oft auch die Ausbebung desselben unmoglich. In diesem Falle, oder \venn die Zeit und Arbeits¬ kraft zur Herstellung einer Deckung ausserst beschrankt ist, tritt das Profil mit innerem Graben in Anvvendung. Nachdem die Deckung einerseits durcli die Anschiittung, andererseits aber durch Einscbneidung in das naturlicbe Terrain erreiclit vvird, so nennt man dieses Profil aucb das e i n gesc b ni tt e n e Profil. Je nacb der erforderlichen Deckungsbohe kanu bei dem eingescbnittenen Profil aucb das Banket vvegfallen und die Hohe ' der Brustvvehre gleicb der Brusthohe gemacbt vverden. Grosstentbeils dienen Einscbneidungen zur gedeckten Auf- stellung von Planklern, geschlossenen Infanterie- oder Cavallerie- Abtbeilungen, Geschiitzen, Fulirvverken etc. 7 Einscbneidungen fiir Plaukler beissen Sebiitzengraben; sie vverden entweder zur Deckung von einzelnen Schiitzen oder von Scbiitzenlinien angevvendet. Deckungen fiir Kavallerie und fiir Fubrwerke, welche die grosste Deckungsbobe erfordern, fiihren den Namen Scbulter- wehren (Epaulements). 'Zuvveilen dienen Einscbneidungen als gedeckte Verbindungs- wege zwiscben einzelnen Scbauzen, in welebem Ealle der innere Graben Laufgraben und das eingeschnittene Profil Lauf- grabe n-Profil genannt wird. — Wo geniigend Werkbolz vorbanden, kann die Brustvvebre dureb eine Verpfahlu n g ersetzt \verden; jedoch darf dies nur an solcben Stellen gescbeben, vvelcke dem directen Gesckiitzfeuer nicbt ausgesetzt sind. Die zu diesem Zvvecke vervvendeten, oben zugespitzten Pfable werden P al 1 i s a d e n genannt, die Verpfahlung selbst beisst Pallisadirung. Die Pallisadirung mit zwei Palli- sadenreiben fiibrt den Namen T a m b o u r i r u n g. Bei der einfacben Brustwehr-Pallisadirung werden die Palli- saden ohne Zvvischenraume aneinander stossend eingerammt. Die Pallisadirung \vird zur Infanterie-Vertheidigung eingericbtet, indem man an entsprecbenden Stellen Schussldcker (Scbarten) einschneidet, oder aber jede dritte oder vierte Pallisade in an- gemessener Hohe absagt; die abgesagten Pallisaden beissen B r u s t - p a 11 i s a d e n. Die Scharten durfen um nicbt mebr als die Brusthobe vom Standorte des Vertheidigers absteben und mtissen et\vas lioher sein als der iiussere Boden, damit sie nicht votn Feinde beniitzt vverden konnen. Es wird daber bei grosserer Holie der Pallisadirung binter derselben ein Banket aufgebaut und bei ge- ringerer Hohe, wenn die Schiesspalten nur um die Brusthobe vom Bauhorizont absteben, vor der Pallisadirung ein Graben aus- geboben vverden miissen; bei mittlerer Hohe der Pallisadirung kann man sovvol einen ausseren Graben ausbeben, als aueh ein Banket aufbauen, vvozu die Erde des Grabens beniitzt vvird. Die einfacke Brustvvehr-Pallisadirung vvird in der Regel an- gevvendet, vvenn man vierkantiges Bauholz zur Verfiigung bat. Das runde Bauholz vvird meist zu Tambourirungen vervvendet. Die Tambourirung vvird dadurcb bergestellt, dass die Pallisaden der ersten Reibe in Abstiinden von 6 bis 7 c /, n von einander und die Pallisaden der zvveiten Reibe derart gesetzt vverden, dass sie an die erste Reibe knapp anscbliessend die Zvviscbenraume decken. Jede zvveite Pallisade der zvveiten Reihe vvird als Brustpallisade niedriger gehalten. 8 11. Umrisse der Felclverschanzungen. Bei der Construction des Grund- oder Umrisses einer Ver- schanzung nimmt man die Kammlinie der Brustwehre als C011- structionslinie an. Sie ist als Feuerlinie die wichtigste Linie der Schanze, denn von ihrer Ausdehnung und Richtung hangt die Starke und Richtung des von der Befestigung aus- gehenden B’euers ab; sie muss daher auch die Basis fiir die ubrigen Linien des Profils bilden. Hinsichtlich des Umrisses unterscbeidet. man die Scbanzen in offene und ge s eh los sebe. Ausgedehnte Verscbanzungen nennt man: zusammenhangende Linien, wenn sie ohne grossere Unterbrecbun^eu das zu vertheidigende Terrain begren- zen, — Scbanzen mit Verbindunglinien, wenn sich in zusammenhangenden Linien an besonders wichtigen Stelleu starkere geschlossene Scbanzen befinden, — Scbanzen mit Interval- len, wenn die zur Vertheidigung eines Terrainabscbnittes er- bauten und zur gegenseitigen Unterstiitzung angeordneten Scbanzen nicht direct mit einander verbuiulen sind. a) Umrissformen im Allgemeinen. Die einfacbsten Umrissformen sind die gerade Linie, der K r e i s und das V i e 1 e c k. Die gerade Linie hat nur eine BVuerfront. Der Kreis ist zwar nach allen Richtungen vertheidigungsfahig, aber die Diver- genz der Scbusslinien bedingt einen zwischen denselben bleiben- den unbestrichenen Raum, welcber mit der Scbussdistanz wachst. Der unbestricbene Raum, welcher sicli beim Kreis auf den ganzen Umfang vertbeilt, ,ist beim Vieleck an den Ecken (ausspringenden Winkeln) vereinigt, daher an diesen Punkten grosser als beim Kreise. Alle drei Umrissformen haben uberdies den Nacktheil, dass der Graben von der Schanze aus nicht bestrichen werden kann, daher zur Grabenvertheidigung eigene Mittel angewendet werden miissen. Nacbdem durcb diese Mittel der geradlinige Graben besser als der kreisformige bestrichen, nacbdem ferner beim Vieleck der unbestricbene Raum vor dem ausspringenden Winkel durcb ein dortselbst aufgestelltes Gescbiitz wenigstens theilweise vertbeidigt werden kann, so gibt man dem Vieleck oder uberhaupt einem geradlinigen Umrisse den Vorzug vor dem kreisformigen. Am vvirksamsten wird die Vertheidigung eines Terrains, wenn man mehrere geradlinige Feuerfronten derart anordnet, dass immer das Feuer der einen den unbestrichenen Raum der ande- ren bestreicht, d. h. dass sich das Feuer der Linien kreuzt. Bei zwei Linien \vird ein Kreuzfeuer erreicht, wenn sich diese Linien in einem einspringenden Winkel schneiden; zwei solche Linien 9 bilden eine Z ang e (Te n ai 11 e), mehrere mit einander zusam- menstossende Zangen aber ein e i n f a c h e s Z a n g e n w e r k. Sind die zwei Seiten einer Zange von gleielier Lange, so heisst die Zange eine gleicbseitige; das aus gleicbseitigen Zangen ge- bildete W erk heisst ein g 1 e i c h s e i t i g e s Z a n g e n w e r k (Fig. 3). Stossen un gl e i eh s e iti g e Zangen abwechselnd mit den langen und den kurzen Seiten zusammen, so bilden sie ein ungleich- seitiges Zangenwerk; stosst bingegen die lange Seite einer ungleichseitigen Zange mit der kurzen der nacksten Zange zu¬ sammen, so entsteht ein Sagewerk. Die Seiten ab und bc einer Zange beissen Facen, Flan'- ken oder Vertheidigungslinien; der einspringende Winkel abc einer Zange heisst Zangen- (Tenaillen-) oder Ver- theidigungswinkel, die Linie ac Frontlinie der Zange. Der ausspringende Winkel bed, den die mit einander zusammen- stossenden Seiten zweier Zangen bilden, wird der flankirte W i n k e 1 genannt; der von diesen beiden Linien gebildete Theil des Werkes bed heisst Redan, die den ausspringenden Winkel halbirende Linie ec' die C a p i t a 1 e, die Linie bd die K e h 1 e des Redans. Die eigentlicke Umrissform eines Zangenwerkes ergibt sich aus der Anordnung der Frontlinien; wenn diese den zu vertheidi- gendenRaum vielecksformig einschliessen, soheissen sie Po ly go li¬ se it en, und die von den Polygonseiten gebildeten Winkel Poli- gonwinkel. Die vorspringenden Punkte (Saillants) a, c , e, g eines Werkes sind diejenigen, welche zunachst dem feindlichen Angriffe ausgesetzt sind. Um das Feuer vor diesen Punkten zu verstar- ken, brickt man die Seiten der Zange in den Punkten m und p (Fig. 4), indem man den Stiicken nib und pb neue, den Saillants naher liegende Seiten np und mn substituirt; diese Seiten er- halten eine soleh e Richtung, dass die Verlangerung von mn auf den Punkt c, die Verlangerung von np auf a trifft. Die auf diese Art construirte Zange heisst v e r s t a r k t e Zange, das aus ver- starkten Zangen zusammengesetzte Werk ein verstarktes Zangenwerk. Der Theil mnp der Zange wird C o ur t in e genannt; der Winkel anc ist der Tenaillenwinkel der verstark- ten Zange. Werden die neuen Seiten m'e und p c einer verstarkten Zange ede in den Punkten q und t abermals derart gebrochen, dass die Seite rq in ihrer Verlangerung auf c, die Seite st auf e trifft, wodurch sowol das Terrain vor c und e, als auch jenes vor lT besser bestrichen wird, so entsteht eine z w e i m a 1 ver- s t a r k t e Zange. Auf dieselbe Art kanu ein Sagevverk dureh ein- oder zwei- maliges Brechen der beziiglichen Linien verstarkt werden. 10 Riickt man bei einem verstarkten Zangemverke, um die ausspringenden Winkel zu vergrossern, die Seiten der Redane parallel zu ihrer urspriinglichen Richtung gegen die Courtine zu und schaltet zwischen die so auseinandergertickten Seiten zwei neue ein, welche die ersten mit dem Saillant verbinden, so vvirtl aus dem zvveiseitigen Redan ein vierseitiger, welcher Bastion oder B o 11 w er k genannt wird; der Umriss selbst beisst dann bastionirter Umriss. Aus dem einfaeh verstarkten Zangen- werke entsteht der einfache, aus dem zweimal verstarkten Zangen- werke der verstarkte bastionirte Umriss (Fig. 5). Die Courtinen konnen bei diesen Umrissen aucli geradlinig gemacht \verden. ab , fg heissen die F a c e n , bc, ef die Flanken, b, f die S c h u 11 e r p u n k t e, cibc , efg die S c h u 11 e r w i n k e 1 der Bastion; ferner ae , cg — gl, im die Vertheidigungslinien, bed , def die Flankenwinkel, pim, glq die Vertheidi- gungswinkel, adg—glem die T e naill e n wi nke 1 des Um- risses. b) Umrisse oftener Schansen. Odene Sebanzen sind nur dort anvvendbar, wo die oden zu lassende Seite der Sckanze dem unmittelbaren feindliehen Angride nicht ausgesetzt ist. Die gebrauchlichsten Formen der odeneu Schanze sind: die Fleche (Fig. 6), ein isolirter Redan, namlich zwei ein¬ fache Linien, welclie sich im ausspringenden Winkel schneiden; die Liinette (Fig. 7), eine isolirte Bastion; der einfache Schwalbenschweif, aus einer, der doppelte Schwalbenschweif (Fig. 8), aus zwei Zangen be- stehend, an welcke beiderseits ein langerer Flligel angesetzt ist; das Hornwerk (Fig. 9), eine bastionirte Front mit an- gehangten Flugeln; das Kronenwerk, z\vei oder mehrere bastionirte Fronten, ebenfalls mit angehangten Flugeln. Den Flechen, Schwalbenschweifen, Horn- und Kronemverken pdegt man zur Bestreiclmng des Grabens der Seiten, beziehungs- weise Fliigel, kurze Flanken mit Flugeln anzusetzen; solehe Schan- zen heissen geschulterte oder f 1 a n k i r t e Flechen, Horn- \verke etc. Deckungen ftir Infanterie werden in der Regel bogenfdrmig oder in schwach gebrochenen geraden Linien aufgefUhrt; bei grosserer Ausdehnung erhalten sie kurze Flanken an den Euden. Deckungen ftir Geschiitze (Batterien), Fuhrwerke etc. sind, im Falle die Terrainverhaltnisse nicht eine andere Anord- nung nothig machen, geradlinig mit angehangten Flanken. 11 c) TJmrisse geschlossener Schanzen. Die geschlossene Schanze ist entweder ein einfackes Viel- eck, Redoute, oder ein gescklossenes Zangenwerk, St er n- sckanze (Fig. 10), oder ein gescklossenes bastionirtes Werk, bastionirte Schanze (Fig.il). Alle diese Gattungen von Sckanzen werden nach der Anzahl der Polygonseiten naher be- zeichnet, als: vier-, fiinf-, secksseitige Redoute etc. Die Zangen der Sternschanze konnen verstarkte Zangen sein, in \velchem Falle die Schanze den Namen doppelte Sternschanze erkalt. Die vermoge ihrer Lage dem feindliclien Angriffe mehr oder \veniger entzogene Kelilseite der Schanze kann schwacher als die iibrigen, ja nur aus Pallisaden hergestellt werden; solche Werke nennt man Schanzen mit leicktem Verschluss oder lialbgeschlossene Schanzen. Die Ivehlseite der Redouten wird haufig zur Erzielung des Kreuzfeuers mit einem abgestumpf- ten Redan verseken oder mit einer bastionirten Front geschlossen. d) Anordnung ausgedehnter Verschanzungen. Ausgedehnte Verschanzungen, welche zum Schutze eines grosseren Terrainabschnittes angelegt iverden, bilden entweder zusammenhangende Linien oder von einander isolirte Schanzen. Die Art und Form der ausgedehnten Verschanzungen ricktet sich in erster Linie nach der Beschaffenheit des zu schiitzenden Terrains. Die zusammenhangenden Linien erhalten in der Regel die Form von Zangen oder bastionirten Werken. Nachdem jedoch eine aus einfachen zusammenhangenden Linien bestehende Ver- schanzung fast verthlos wird, \venn es dem Feinde gelingt, an irgend einem Punkte in das Innere der Verschanzung einzudrin- gen, so verstiirkt man die Verschanzung durch geschlossene Schan¬ zen, \velche , ob\vol mit der fortlaufenden Linie zusammenhiin- gend, doch durch ikre Graben von ihr derart isolirt sind, dass sie nach der Erstiirmung der Linie selbstandig vertheidigt werden konnen. Diese Schanzen, grosstentheils Redouten, \verden auf do- minirenden Punkten und in der Regel an Saillants oder Ren¬ ti’ant s (einspringenden Winkeln) der Linien angelegt; sie bilden somit eigentliek die Haupttheile der Verschanzung, und die eigent- lichen Linien erhalten den Charakter blosser Verbindungen der Schanzen. Aus diesem Grunde ftihrt die Verschanzung den Na¬ men: geschlossene Schanzen mit Verbindungslinien. Die Verbindungslinien der Schanzen gestatten dem Ver- theidiger nicht, grossere Truppenmassen rasch aus der Verschan¬ zung vorbrechen zu lassen oder im Falle des Riickzuges auf- zunehmen. Dies macht die Anbringung grosserer Ausfallsrampen 12 oder Unterbreckungen, Intervallen, in den Linien notkig. Das Bestreben, zrvischen den Schanzen einen grosseren Raum fiir die ungebinderte Bewegung der Truppen zu gevvinnen, fiihrt zur Er- weiterung der Intervallen bis zum ganzlicken Auflassen der Ver- bindungslinien, so dass die „Sckanzen mit Intervallen" ge- nannte Befestigung entsteht. Diese Schanzen, gewohnlich Redouten, welche an minder wichtigen Punkten durch offene Schanzen ersetzt werden konnen, sollen nicht nur durch ein starkes Kreuzfeuer das Durchbrechen des Feindes durch das Intervali verhindern, sondern auch sich gegenseitig in der Vertheidigung unterstiitzen. Ikre Entfernung von einander darf daher nicht grosser sein, als die noch wirk- same Shrapnel-Schussweite der Geschiitze betragt. Ist man durch die Terrainbeschaffenheit gezwungen, diesen Abstand grosser zu machen, so muss eine zweite Reihe von Schanzen angelegt wer- den, welche die Intervalle der ersten Reihe bestreicht und die Vertheidigung der Schanzen dieser Reihe uutersttitzt. - III. Innere Einriclitung der Feldbefestigungen. Hieher gehoren die Geschtitzeinrichtungen, dieCom- municationen (Gemeinschaften) und die seču n d ar e n D e eku n g s m it tel zum besseren Schutze der Mannschaft, der Geschiitze und der Munition. Um den Untersckied zwischen der Hohe der Brustwekre und der Feuerhohe der Geschiitze auszugleichen, muss entweder fiir die Geschiitze eine erhohte Unterlage, Pritsche, aufgebaut oder aber die Brustvvehre entsprechend ausgeschnitten, eine Scharte kergestellt werden. Bei grosserer Hohe der Brust- wehre konnen Pritsche und Scharte nothwendig werden. Die auf Pritschen hinter der vollen Brustwehre aufgestellten Geschiitze feuern iiber Bank, konnen daher das Vorfeld besser bestrei- chen, als die Geschiitze in Sckarten; die Scharte kingegen be- diugt einen besseren Schutz der Bedienungsmannschaft, fiir diesen muss bei der Pritsche durch andere Mittel gesorgt werden. Um die Geschiitze auf die Pritschen auffiikren zu konnen, miissen sie mit Auffakrten, Ramp en, versehen werden. Die Dilferenz zwischen der Hohe der Brustwehre und jener der Pritsche wird Sockenhohe oder K n i e h d h e genannt. Die Scharte wird derart eingeseknitten, dass sie sich von liinten gegen vorne zu erweitert, um dem Geschiitze ohne un- nothigen Verlust an Deckung eine Seitenricktung geben zu kon¬ nen. Die untere Flache der Scharte heisst Schartensohle, die Seitenflachen Schartenbacken, der Brustwehrtheil unter der Scharte Socke (daher Sockenhohe), der Brustwehrtheil zwi- schen zwei Sckarten Meri on. 13 Nach der Stellung der Mittellinie der Scharte zur Brust- wehre unterscheidet man senkrechte und schrage Schar- ten.“Betragt bei diesenjletzteren der Winkel, welehen die Mittel¬ linie mit der Senkrechten einschliesst, nielir als 15°, so muss die Brustwehre durch einen dreieckformigen Ausbau1[(Fig. 12) verstarkt werden; diese Verstarkung wird Sp or n genannt. Um den Gescbtitzen eine feste Unterlage zu geben, werden fiir dieselben wo moglich bolzerne Bettungen (Fig. 13) erbaut, welche in der Regel aus mehreren in der Schussrichtung gelegten Balken (Polster- oder Rippenholzern) und quer darilber genagelten Pfosten bestehen. Man unterscheidet g a n z e Bet¬ tungen a, Schwalbenschw eifbettUngen b und Noth- bettungen c. — Die Gemeinschaften sind entweder Eingange in Sehanzen oder Vorrichtungen fiir Ausfalle. Die Eingange sollen an dem feindlichen Feuer oder Angriffe am wenigsten ausgesetzten Stellen bergestellt werden; bei aus- gedehnten Verschanzungen sind die Eingangsstellen haufig durch schon vorhandene Strassen oder Wege, bedingt. Der Eingang wird in der Regel dadurch hergestellt, dass die Brustvvehre in der erforderlichen Breite abgegraben, der Graben ausgefullt. oder iiberbriickt, liinter dem Eingang ein kurzer Schutzwall aufgefiihrt und der Eingang am inneren Ende durch eine Barriere abgesperrt wird. Zum Absperren des Einganges wird entweder ein G i 11 e r- thor oder ein spanischer Reiter verwendet. Der spanische Reiter ist ein Balken, in welchen zwei Reihen sich gegenseitig kreuzeuder Štabe, F edem, eingesetzt sind. Um den Ausfall aus einer Verschanzung zu erleichtern, muss der Raum, in welchem sich die Ausfallstruppe versammelt, derart gewahlt und eingerichtet werden, dass die Truppe vom Feinde nicht gesehen wird, dass das Vorbrechen derselben auf das Vorfeld, sowie das Zuriickziehen in die Verschanzung rasch, sicher und durch das eigene Feuer gedeckt bewerkstelligt werden kann. Zum Versammlungsort der Truppe wird entweder der aussere Graben oder ein Raum vor dem Graben gewahlt. —- Die wichtigsten secundaren Deckungsmittel zum besseren Schutze der Mannschaft wahrend des Watfengebrauchs sind: Bonnets, Traversen, Schartenblendungen und be¬ de ek te Geschiitzstan.de. B o n n e t s im Allgemeinen sind Erhohungen der Brustwehre an der Kammlinie, um die Mannschaft vor dem feindlichen Tirail- leurfeuer zu schiitzen. Sie werden aus Erd-, Sand- oder Kuh- haar-Sacken, mit Erde gefiillten Korben (S a p e k or b e n), Rasen oder Erde derart hergestellt, dass sie Scharten zum Feuern der Infanterie, hezielmngsweise der Geschiitze (Bonnetscharten), freilassen. 14 Trav er s en sind kurze Walle, welehe entweder senkrecht auf die Brustwehre zuni Schutze gegen Enfilirfeuer (Enfilir- Traversen) oder liinter der Brustivehre zum Schutze gegen Biiekenfeuer (R Učke n weh r e n) aus Erde oder aus Sckanzkor- ben (Korbtraversen) erbaut werden. Haufig haben Tra- versen einen die Mannscliaft und die Munition schiitzenden Hohl- raum und heissen dann Hohltraversen. Schartenblenden sind aus Faschinen, Holz oder Eisen- blecli liergestellte Schartenverschliisse, welche, solange das Ge- sckiitz nickt in Tkatigkeit ist, vor die Scharte gestellt \verden, um dem Feinde die Einsiclit zu venvekren und aucli die Bedienungs- mannschaft vor dem feindlichen Infanteriefeuer zu schlitzen. Den besten Scliutz der Gesckiitze, insbesondere gegen Wurf- feuer, bieten b e d e c kte Gesckiitzstande, namlich mitBal- ken oder Eisenbabnschienen und Erde granatsicker bedeckte Hokl- raume, welcke an die mit der Šebarte versekene Brustwekre an- stossen. Zum Sclmtze der Mannscliaft ivahrend der Ruhe dienen ausser Deckungsgraben an passenden Orten (unter dem Banket, dem Walle, einer Riickemvehre etc.) erbaute granatsichere Unter- kunftsraume. Die M u n i t i o n s m a g a z i n e miissen stets an gut gesicher- ten Stellen, eventuell unter der Brustvvekre oder unter Traversen angelegt und granatsicker erbaut werden. Handmagazine fiir Gesckiitze miissen sicli in unmittelbarer Nahe derselben befinden und konnen ebenso wie die Verbrauchsmagazine der Infanterie durck in die Brustwehre oder in die Traversen eingegrabene Kasten ersetzt werden. IV. Verstarkungsmittel der Feldbefestignngen. Diese sind doppelter Natur, namlick eutvveder passive, d. i. Bewegungskindernisse, oder active, besteheiul in Mitteln zur Grabenbestreickung, in Nebenwerken, Minen etc. Die passiven Verstarkungsmittel sind: Der Vorgraben, namlich ein zweiter Graben vor dem normalen ausseren Graben. Die Erde des Vorgrabens wird zu einem ziveiten Glacis, dem Vorglacis, venvendet. Wolfsgruben, konisch sich nacli unten verengende Gruben, in deren Mitte ein spitzer Pflock eingetrieben wird; die Wolfsgruben werden in mehreren Reihen schachbrettformig an¬ gelegt. Pallisaden, \velche, wenn sie vertical oder unter einem ldeinen Winkel von der Verticalen aufgestellt werden,Hinder- n i s s p a 11 i s a d e n , wenn sie hingegen horizontal oder ein wenig nacli aufvvarts geneigt liegen, Sturmpfakle heissen. 15 Spickpfahle, kleine Pflocke, welche in verschiedenen Abstanden und verschiedenen Richtungen in die Erde eingeschlagen und, um sie zu maskiren, gewohnlich mit Reisig oder Getreide bedeckt werden. Fussangeln, vierspitzige Eisenstucke, die, wie immer auf den Boden gelegt, stets eine Spitze vertical nach aufvvarts kehren. Eggen, mit ihren Spitzen nach aufwarts gekehrt und mit Seilen oder Ketten an eingeschlagene Pflocke befestigt. Den- selben Zweck erfullen Bretter mit eiugeschlagenen Nageln, welclie S tu rmb ret ter genanut werden. Drahtgeflechte, ebenfalls durch Pflocke am Erdboden befestigt. Špani sc h e Reiter. Y e r h a u e, Baume oder starkere Aeste, mit den Kronen gegen den Feind gekehrt, dicht neben- und iibereinander gelegt. Be- steht der Verhau aus an Ort und Stelle gefallten Baumen, welche man des schwierigeren AVegraumens wegen am Wurzelstocke hangen lasst, so heisst er ein natiirlicher Verhau; ein Ver¬ hau aus zugeschleppten Baumen hingegen wird S c h lep p ver hau genannt. Gewasser und Siimpfe, \velche ein natiirliches Hinderniss bilden, eventuell durch Gruben, hineingeworfene Eggen, Baume, eingeschlagene Pflocke etc. ungangbar gemacht werden. Fliessende Gervasser konnen durch AVehren gestaut oder wenn mdglich in die Graben geleitet. werden. — Zur Bestreichung eines Grabens werden quer liber denselbeu von der Escarpe her Brustwebr-Pallisadirungen (Tambourirungen) oder granatsicher eingedeckte Gebaude (Koffer) erbaut; der Graben wird um Tambourirung oder Koffer herumgefiihrt. Bei sich gegenseitig flankirenden Linien konnen die Koffer durch in die Grabemvand der flankirenden Schanze (Escarpe im einsprin- genden, Contrescarpe im ausspringenden Winkel) angebrachte Hohlgange (Gal eri e n) ersetzt, oder im einspringenden Winkel Pallisadirungen vor der Escarpe der flankirenden Schanze an- gebraclit werden. Zur directen Communication der Tambourirung, des Koflers oder der Escarpe-Galerie mit dem Inneren der Schanze rvird gevvohnlich ein unter der Brustvvehre durchgehender Ver- bindungsgang (Poteme) hergestellt. Neb en w er k e sind bestimmt, die Feuerkraft und Wider- standsfahigkeit der Verschanzung zuerhohen; sie konnen ausser- lialb oder innerhalb der Verschanzung liegen und heissen im erste- ren Falle iiussere, im letzteren Falle innere Nebenwerke. Die vor der Verschanzung erbauten Nebenwerke — Vor- \verke — sind grosstentheils offene Schanzen oder Deckungen. Neben und hinter einer Schanze rverden zur Verštarkung der Flan- 16 ken und zum besseren Schutze der Zugange Batterien, Schiitzen- graben etc. aufgeworfen. Die inneren Nebenwei'ke bilden entweder eine zweite Ver- theidigungslinie, welche sich auf die Flanken oder Fliigel der ersten stiitzt, und heissen dann Abschnitte, oder sie sind selbst- standige geschlossene Werke — Reduits, — welehe den Riick- zug aus dem Hauptwerke zu decken, eventuell die Besatzung aufzunehmen bestimmt sind. Als Reduits konnen Erdwerke oder Pallisadirungen dienen; in Verschanzungen von grosserer Wichtig- keit, insbesondere bei provisorischen Befestigungen, werden als Reduits granatsicher eingedeckte Gebaude aus Holz oder Mauer- werk — Blockhauser — erbaut. Die Blockhauser, \velche auch als selbstandige Werke auftreten konnen, erlialten im Grund- riss eine rechteckige oder im Interesse einer gegenseitigen Flan- kirung der Umrisslinien eine T- oder Kreuzform. Sie miissen mit Schiesscharten fur Infanterie und Gescbiitze, mit Munitions- magazinen und Eingangen verselien und fur die Unterkunft der Mannschaft eingerichtet sein. Die Dicke der Wande (das Profil) richtet sich naeh dem verfiigbaren Materiale und nach der Waffe, welcher das Blockhaus widerstehen soli. — Im Feldkriege kommen zwei Gattungen von Minen vor: F1 a 11 e r m i n e n und Steinfugassen. Flatterminen sind 3 bis 4 m j tief in die Erde eingegrabene Pulverkasten, welche bei ihrer Entziindung einen Erdtrichter von bedeutendem Umfange auswerfen. Der Raum, in welchem sich das Pulver befindet, heisst Minenkammer; die gefiillte Kammer wird O fen genannt. Der Mittelpunkt a (Fig. 14) der Ladung, von welchem die Wirkung ausgebt, heisst Ofen-Mittel- punkt, die senkrechte Entfeimung desselben von der Erdober- flache die Linie des kiirzesten Widerstandes oder kurzweg die Widerstandslinie ab , der Halbmesser des Trichter- Ivreises bc an der Oberflache Trichter-Halbmesser, die Zerstorungssphare cede'c' der Mine Sprengungssphare, der Raum fgf, in welchem die erschiitternde Wirkung der Mine noch geftihlt wird, Erschutterungssphare. Der Trichterhalbmesser liangt von der Grosse der Ladung und der Lange der Widerstandslinie ab. Die Mine heisst gehorig geladen, stark geladen oder schwach geladen, je nach- dem der Trichterhalbmesser gleich, grosser oder kleiner ist als die Widerstandslinie. Minen, welche zum Eindriicken von Grabemvanden, Galerien etc. derart angelegt werden, dass die Entfernung des Ofens von der zu zerstorenden Wand kleiner ist als von der Erdoberfiache, deren Widerstandslinie also nicht gegen die Oberflache gerichtet ist, heissen Quetsch- oder Dampfminen. Steinminen oder Steinfugassen sind gegen die Angriffsseite geneigte trichterformige Gruben, mit der Minenladung, 17 einem holzernen Hebspiegel und dariiber mit Steinen gefiillt, welch’ letztere durch die Pulvergase gegen den Peind geschleudert werden. Die Minen werden in der Riclitung des Hauptangriffes, also vor den Saillants der Befestigungen, die Flatterminen grossten- tlieils unter deni Glacis, dem Vorfelde oder der Grabensohle an- gelegt. Steinfugasseir konnen audi zur Grabenbestreichung ver- wendet und an der entsprechenden Grabenwand angelegt werden. Die Ziindung der Minen geschiekt entiveder durch eine Ziindleitung oder auf elektrisckem VVege. V. Angriff und Vertheidigung der Feldbefestigungen. a) Angriff. Um sich einer Verschanzung zu bemachtigen, wird man in der Regel nacli vorhergegangener Beschiessung dieselbe stiirmen miissen. Ausnahmsweise kann man durch einen Ueberfall oder durch blosse Beschiessung zum Ziele gelangen; zur Bezwingung besonders starker geschlossener Schanzen kann man zur An- wendung einer regelmassigen Belagerung gezwungen werden. Jedem Angriff e muss eine Recognoscirung der anzugreifenden Verschanzung und Auskundschaitung des Gegners vorkergehen, um liber die Position und Bescliaffenheit der Haupt- und Neben- werke, der Zugange und Verstarkungsmittel, sowie liber die Starke und Streitmitel des Gegners im Allgemeinen und ihre Vertheilung insbesondere moglichst genau unterrichtet zu sein, und hiernach die Art des Angriffes, die Angriffsstelle und die Mittel und Dispositionen fiir den Angriff \valilen zu konnen. Als Einleitung des Angriffes muss das Voiffeld der Verschanzung von den feindiichen Truppen mindestens insoweit gesaubert werden, dass die Angriffsarbeiten durch diese Vortruppen nicht gestort werden konnen. Der Erstiirmung muss eine anhaltende kraftige Be¬ schiessung der zu stiirmenden Werke vorausgehen. Der Sturm wird durch eine Schiitzenlinie eingeleitet, welche, etwaige Deckungeu im Terrain beniitzend, unausgesetzt feuernd rasch und ruckweise vorriickt. Unter dem Schutze dieses Feuers trachten die bis in die Feuerlinie vorgeschobenen Genie- und Pionnier-Abtkeilungen die Annaherungshindernisse hinweg zu riiu- men oder unschadlich zu machen. Sodann folgen die eigentlichen Sturmabtkeilungen, welche sich, ihrer Bestimmung fiir die Er¬ stiirmung der einzelnen Linien gemiiss, theilen. In letzter Linie riickt eine allgemeine Iieserve nacli. Sind die Sturmcolonnen bis zum Glacis vorgedrungen und ist ein eventueller Gegenangriff des ausfallenden Gegners durch die Reserven zuriickgeschlagen \vorden, so beginnt sofort die Er- 2 18 steigung der Brustwehre durch die in den Graben eingedrungene Mannschaft, wahrend am Glacis zuriickbleibende Leute so lange als thunlich zu feuern fortfahren, um die Vertheidiger zu ver- hindern, den Sturmenden auf der Krone zuvorzukommen. Werden die Sturmenden in den Graben zuriickgevvorfen, so miissen die auf dem Glacis zuriickgebliebenen Leute das Feuer sofort wieder aufnehmen, um die Vertheidiger zu zwingen, sicli liinter die Brustwehre zuriickzuziehen; kiedurch wird den Stur¬ menden Gelegenheit geboten, sicli wieder zu sammeln und den Angriff zu erneuern. Um nach gelungenem Sturme die Ver- schanzung vollstandig in Besitz zu nekmen, trachtet man, den fliekenden Vertbeidigern rasch nachdrangend, mit ihnen zugleicb in die zweite Vertheidigungslinie einzudringen. Gelingt dies nickt, so niuss nach moglickst rascher Heranziehung geniigender Streit- krafte der Sturm auf den Abschnitt oder auf das Reduit unter- nommen werden. DerUeberfall kann nur bei sehr genauer Kenntniss des Terrains und der Verhaltnisse des anzugreifenden Werkes und unter besonders gunstigen Umstanden (wenn wenige oder gar keine Hindernisse die Anniiherung erschweren, wenn die Besatzung sckwack ist oder den Sicherheitsdienst schlecht versieht etc.) mit Aussicht auf Erfolg unternommen und muss unter dem Schutze von Nacht, Nebel etc. ausgefuhrt rverden. Ist das anzugreifende Werk schwach und schlecht angelegt, insbesondere leicht zu enfiliren, ist ferner die Besatzung an Zakl ungeniigend und entmuthigt, so kann man haufig durch blosse Beschiessung mit iiberlegener Artillerie die Raumung des Werkes erzwingen. (Die regelmassige Belagerung gehort zum Festungskrieg und wird im ziveiten Abschnitt besprochen.) b) Vertlieidigung. Die gesammte Besatzung einer ausgedehnten Versckanzung wird in die speziellen Besatzung en der einzelnen Schanzen oder Schanzengruppen und in die allgemeine oder Hauptreserve geschieden. Bei Schanzen mit Intervallen wird eine zweite Re- serve ausgeschieden, welche die Intervalle mit Sckiitzen sammt Unterstiitzungen besetzt und mit ihrem Gros hinter den Schan¬ zen vertheilt als aussere Reserve aufgestellt wird. In jeder Schanze wird die Besatzung in die eigentliche das Banket be- setzende Feuerlinie und in die Unterstiitzung oder die innere Specialreserve getheilt. Sobald die ausgesendeten Patrullen das Anriicken des Feindes melden, verfiigen sicli die einzelnen Abtlieilungen der Besatzung an ikre Gefecktsposten und nelimen eine moglickst gedeckte Ruhestellung ein ; die Geschiitze werden gefeclitsbereit 19 gemacht. Die Vortruppen im Aussenfelde ziehen sich, ununter- brochen und kauptsachlick gegen auffahrende feindliche Gesckiitze feuernd, langsam gegen die Befestigung zuriick. Der Kampf gegen die zur Bescliiessung auffahrende feind¬ liche Artillerie wird von allen Geschiitzen der Verschanzung so lange fortgefiihrt, bis der Feind eine grosse Ueberlegenheit gegen sie gewonnen liat, worauf sie den ungleichen Kampf abbrechen und sich hinter Deckungen in die Ruhestellung zuriickzielien. Riicken grossere Abtheilungen zum Sturme gegen die Schanze vor, so fakren die Geschiitze wieder in die Gefechts- stellung auf und eroffnen gegen die Sturmcolonnen und die vor- ausgehenden Plankler das Feuer, welches durch die besten Sckiitzen der Infanterie unterstutzt \vird. Beim Anlangen des Feindes auf ivirksame Gevvehrsckuss- weite wird das Banket besetzt, und die ganze Feuerlinie unterha.lt ein lebhaftes Schnellfeuer; die Minen des Glacis und des Vor- feldes werden rechtzeitig gezundet. Hat der Feind das Glacis erreicht, so geschieht bei Schanzen mit Intervallen der Ausfall der ausseren Reserve, um den Feind durch einen umfassenden Angriff von der Schanze zuruckzudrangen oder ikn zu verhindern, durch das Intervalle in die Verschanzung einzudringen. Wenn die Sturmenden in den Graben eindringen, so tritt das Feuer der Grabenflankirungen, sowie die anderen Graben- vertheidigungsmittel (Grabenfugassen etc.) in Wirksamkeit; die Besatzung des Bankets feuert auf die am Glacis zuriickbleibenden Feinde und die anruckenden Unterstiitzungen. Die inuere Reserve wird entspechend vertheilt, um im Falle des Weichens der Banket-Besatzung an irgend einer Stelle die Sturmenden von der Krone herabzuwerfen und das Banket zu besetzen. Ist der Feind dennoch in die Schanze eingedrungen, so trachten schnell gesammelte Abtheilungen der Besatzung, ihn durch einen Gegenangriff wieder hinauszuwerfen. Misslingt dies, so zieht sich die Besatzung gegen den Abschnitt oder das Reduit zuriick, um sich zur Seite oder im Graben desselben festzusetzen und im Verein mit der Besatzung der zweiten Vertheidigungs- linie die Vertheidigung fortzufiihren, eventuell sich zu sammeln und einen neuen Gegenangriff zu unternekmen. VI. Anwendung der Feldfortilication. a) Befestigung von Ortschaften. Als Umfassung (Lisiere) werden Umfriedungen vonHecken, Zaunen, Planken, Mauern etc. beniitzt, welche man durch Ver- bindung derselben mittelst Pallisaden oder Erdbrustvvekren, sowie durch Demolirung etwa ungiinstig vorspringender Theile zu forti- 2* 20 ficatorisch sich gegenseitig flankirenden Linien regelt, wenn nothig verstarkt und durck Erbauung von Bankets, durch Einschneiden von Schusslochern etc. zur Vertheidigung einrichtet. Die Schuss- locliei' (Scharten) in Mauern lieissen Creneaux, daher eine mit Scharten versehene Mauer crenelirte Mauer genannt wird. Die Scharten von geringerer Breite und grosserer Hohe heissen ver- ticale Scharten, die breiten, niederen Scharten aber Maul- s charte n. Das Vorfeld muss gelichtet, d. h. es mtissen alle jene Gegen- stiinde, welclie die Aussicht benehmen und den feindlichen Pliink- lern Deckung bieten, entfernt oder zerstort werden. Als aussere Nebenwerke werden zur besseren Bestreicbung des Vorfeldes und zur Deckung des Riickzuges Scbanzen, Deckungs- graben, Batterieir angelegt. Ausgedehnte und durch radial laufende Strassen durch- scbnittene Ortscbaften werden in inehrere Vertheidigungsgruppeh getbeilt und diese Strassen als Vertbeidigungsabschnitte ein- gerichtet. In den einzelnen Vertheilungsgruppen werden parallel mit der betreffenden Umfassungslinie laufende Strassen, Mauern oder Planken zu Absckinitten beniitzt. Als Reduit wird ein festes feuersicberes Gebaude, welches \vomoglicb die Ruckzugslinie und. mehrere sich mit ilir kreuzende Strassen beherrsckt, gewablt; bei ausgedehnten Ortschaften konnen, den Vertbeidungsgruppen entsprecbend, mehrere Reduits ber- gericktet werden. Um ein Gebaude fur die Vertheidigung einzurichten, ver- legt man die Eingange und Fenster, crenelirt wenn moglich die Hauptmauer, umgibt das Gebaude mit einem Graben, flankirt diesen durch tombourartige Anbauten, stutzt und verstarkt den Dachboden, ricbtet starkere Zvvischenmauern als vertbeidigungs- fahige Abscbnitte ker und entfernt tbunlichst alle Gegenstande, vvelche einen Brand verursachen oder befordern konnten. — Die Strassen werden mit Barricaden gesperrt, welcbe dort, wo die Strasse als Communication beniitzt wird, diese ermoglichen sollen. Ftir Communicationen, insbesondere innerhalb einer Vertbei- digungsgruppe, wird durch Herstellung von Durcbgangen in trennenden Mauern, Planken etc. gesorgt. Der Gefabr eines Brandes suckt man durch Abtragen von Stroh- und Schindeldacbern, durch Entleerung von Holz-, Stroh- und Heumagazinen etc. vorzubeugen. b) BriicJcenkiipfe. Die Befestigungen an Fluss-Uebergangen sollen entweder blos die Besitznahme und Zerstorung einer Brucke verhindern — Briickensperren, —• oder nebstdem den Uebergang grosse- 21 rer Truppenkorper liber die Brucke angesichts des Feindes er- moglichen — Manovrir-Briickenkopfe, — oder aber den Riickzug iiber die Brucke sichern — Rti ckz ugsbriicke nkopfe. EinfacheBriickensicherungen (Briickensperren) besteben aus einer Schanze (Liinette, Hornwerk, Kroneniverk), welcbe vor der Brucke erbaut, durch eiu Iieduit unmittelbar am Eingange der Brucke, durch Annaherungshindernisse im Vorfelde, sowie durch fiankirende, ara anderen Ufer angelegte Nebenwerke ver- starkt vvird. Die Manovrir-Briickenkopfe vverden entweder nur auf einer oder auf beiden Seiten der Briicke oder der Briicken angelegt; die ersteren heissen einfache, die letzteren d op p el te Briicken- kopfe. Der Manovrir-Briickenkopf bestelit aus einem Giirtel von Schanzen mit Intervallen, ivelche auf der feindlichen Seite die Briicke in einem weiten Bogen umgeben und das Manovrirfeld sichern, ferner aus den eigentlichen Briickensicherungen und aus einer Reihe von Werken am anderen Ufer, ivelche das Vor- terrain der Giirtellinie und der Briickensicherungen flankiren. Zur Sicherung jeder Brucke, oder \venn mehrere Briicken nahe anein- ander liegen, zur gemeinschaftlichen Sicherung derselben, ivird eine zusammenhangende Befestigungslinie (Noyau) mit Reduit angelegt; das Noyau kanu auch durch eine einfache Briicken- schanze ersetzt werden. Die Entfernung der Giirtellinie von der Brucke soli so gross sein, dass die Geschosse feindlicher Geschiitze die Briicke nicht zerstoren konnen. Die Ausdehnung des Giirtels soli dem nothigen Manovrir- Rauine, also der Frontausdehnung der debouchirenden Armee ent- sprechen. Die Riickzugsbriickenkbpfe sind in der Anlage den Manbvrir-Briickenkdpfen ahnlich, die ersteren werden jedoch der Zeitbeschrankung wegen meist nicht so stark ausgefiihrt werden konnen wie die letzteren. c) Verschanzte Lager. Wenn eine Armee zu schivach ist, um sich dem Feinde im offenen Felde entgegen zu stellen, so muss sie ihre Stellung durch Befestigungen sichern, ivelche ihre eigene Beiveglichkeit nicht hemmen, den directen feindlichen Angriff aber abhalten und der Armee die Moglichkeit bieten, Verstarkungen abzuwarten und nach einer verlorenen Schlacht sich zu sammeln und zu organisiren. Solche fortificirte Stellungen iverden verschanzte Lager ge- nannt. Das verschanzte Lager besteht der Hauptsache nach aus einem den Lagerplatz umfassenden Giirtel von Schanzen mit Intervallen und aus einem zur Unterbringung der Vorrathe be- 22 stimmten Noyau mit Reduit im Inneren des Lagers. Zur Errich- tung des verschauzten Lagers wird eine Oertlichkeit gewaklt, deren natiirliche Beschaffenheit die Vertheidigung erleichtert und die Einrichtung guter, geniigend geraumiger Lagerplatze gestattet. Die Giirtellinie muss von solcher Ausdehnung sein, dass das Lager durch das feindliche Artilleriefeuer nicht erreicht werden kann; sie soli ferner durch Amvendung von Verstarkungsmitteln sturm- sicker gemacht werden, so dass sich der Feind behufs Bevvalti- gung derselben zu Belagerungsarbeiten gezwungen sieht. d) Strassen-, Thal- und Passperren. Strassensperren sind einzelne gescblossene Werke, welche an einer in Thalpassen fiihrenden Strasse derart angelegt werden, dass sie dieselbe feindwarts zu durch ibr Geschiitzfeuer enfiliren; sie werden wo moglich auf einer sturmfreien Erbobung erbaut. Die Strasse selbst vvird verrammelt, jedocb so, dass fiir die eigene Communication ein Durchgang frei bleibt. Die Tbal- oder Passperre bestebt aus einem geschlossenen Werke als Strassensperre und aus mehreren Nebenwerken, welcke die Strassensperre unterstiitzen, die an den Thahvanden fiibren- den Fussteige und Seitenwege absperren, die Tbalsperre gegen Ruckenangriffe sichern und die die Tbalsperre dominirenden Hohen vertheidigen. Die Besetzung und Befestigung solcher Punkte, von welchen aus der Feind das Deboucbiren der eigenen Truppen verhindern komite, sicbert die Moglicbkeit, die Offensive in grosserem Masstabe zu ergreifen; solcbe Befestigungen werden Mano vri r werke genannt. Zweiter Abschnitt. Permanente Befestigung. Fiir die permanenten Befestigungen gelten im Allgemeinen dieselben Grundsatze wie fiir die Feldbefestigungen, nur wird von ihnen, entsprechend ihrer wichtigeren Aufgabe, ein grosseres Mass an Widerstandsfahigkeit gefordert, \velcher Anforderung vermoge der zur Erbauung verfiigbaren Zeit und der reicberen Hilfsmittel entsprochen werden kanu. Hat eine Befestigung nur den Ortsbesitz zu sichern, so beisst sie Defensiv-Befestigung; soli bingegen die Befestigung aucb der operirenden Annee giinstigere Bedingungen fiir den Angriff dadureh scbaffen, dass sie den Raum, in welchem sicli die angreifende Armee sannnelt und ordnet, vor feindlichen An- griffen schtitzt, so beisst sie Offensiv-Befestigung. Zu den letzteren gehoren die verschanzten Lager, hier Lager- festungen genannt, die Briickenkdpfe und die in ausdriick- licb offensiver Absicht angelegten S p e r r e n von Thalern, Passen, Strassen etc., wahrend als Defensiv-Befestigungen in dem modernen Befestigungssisteme nur Sperren von geringerer Wich- tigkeit vorkommen. Festung im Allgemeinen \vird jeder durch permanente Befestigungen geschiitzte Ort genannt. Doch werden Festungen, welche als Stiitzpunkte fiir Offensiv-Operationen grosserer Trup- penkorper ungeeignet sind (reine Defensiv-Festungen), weder gegenwartig gebaut, noeli liaben die aus alterer Zeit stammenden derlei Festungen, insoferne sie nicbt als Sperren von Strassen etc. dienen konnen, fiir die grossen Kriege der Neuzeit eine Bedeu- tung, — hocbstens zum Šchutze von Kriegsvorrathen, in welcbem Falle sie als D e p o t f e s t u n g e n in Stand gebalten werden. Die Offensiv-Festung erfordert ausser der zum Schutze des Ortes (der Brucke, des zu sperrenden Defile) dienenden Befesti¬ gung, der eigentlichen Festung, noch einen die Festung im grossen Umkreise umfassenden Giirtel von einzelnen kleineren Befestigungswerken — F ort s, — welcbe den fiir den Ueber- 24 gang der lagernden Armee zum Angriff dienenden Raum deckeu und den Angriff selbst wirksam unterstiitzen; dieser Fortsgiirtel bildet daher die erste Vertheidigungslinie und das offensive Ele¬ ment der modernen Festung, wahrend die eigentliche Festung, das Noyau, als zvveite Vertheidigungslinie auftritt. Durck die Befestigung muss das Terrain in entsprecbender Ausdehnung allseitig beherrscht und dem Feinde jeder Vortheil, den er in dem Kampfe mit der Festung aus den Terrainverkalt- nissen ziehen konnte, entzogen werden. Diese Forderung bedingt die Verstarkung der beiden Haupttheile der Festung — Forts- Giirtel und Noyau — durch Vorwerke. Jene Vorwerke des Giirtels, welche in grosserer Entfernung von den Gurtelforts das nachste Angriffsfeld der eigenen Armee decken, iverden Manovrirforts genannt. Die Ausdehnung des Noyau richtet sich im Allgemeinen nach der Grosse des Ortes, um welchen die Befestigung angelegt ist; die Ausdehnung des Fortsgiirtels ist von der Entfernung abhan- gig, \velcke die Giirtellinie vom Noyau haben muss. Fiir diese Entfernung ist, wie in der Feldbefestigung angefiibrt, die For¬ derung massgebend, dass das eigene Lager durch das Feuer des Gegners nicht erreickt werden konne. Jedoch kommt liiebei die grossere Tragweite der Belagerungsgeschutze gegentiber deuFeld- geschutzen in Betracht zu ziehen. Vermdge ihrerAnlage und der Starke ihrer einzelnen Theile soli eine permanente Befestigung nicht nur gegen alle Gewalt- Unternehmungen der feindlichen Feldarmee absolute Sicherheit bieten, sondern auch den mit tiberlegenen Kraften und starkeren Kampfmitteln (schweren Belagerungsgeschiitzen) auftretenden Geg- ner zwingen, von dem Versuche, sich der Befestigung durch abgekiirzten Angriff zu bemachtigen, abzugehen und eine mit grossem Zeitaufwand verbundene Angriffsart zu wahlen. Die Arten des abgekiirzten Angriffes sind: der U e b e r f a 11 (Handstreich, Ueberrumplung), der gewaltsame Angriff (die Erstiirmung) und das Bomb a r d e m e n t (die Beschiessung). Die Angriffs- arten, welche einen grosseren Zeitaufvvand erfordern, sind: die Einschliessung (Cernirung, Blockade) und die Belagerung Die Erreichung des gedachten Zweckes fordert in Bezug auf die A ni a ge der Befestigung, dass der zu scluitzende Ort allseitig vertheidigungsfahig, also vollstandig von Befestigungen umschlossen sei. Die Starke eines Werkes machen einerseits die activen, andererseits die passiven Vertheidigungsmittel desselben aus. Die activen Vertheidigungsmittel sind das von der Be¬ festigung ausgehende Geschiitz- und Gewehrfeuer, daher die Starke des Werkes in dieser Beziehung an eine ausreichende Armirung mit Vertkeidigungsgesckiitzen und an eine geniigende 25 Besatzung gebunden ist; die Anordnung der Befestigung muss die zweckmassigste Verwendung dieser Mittel ermoglichen. Das passive Vertheidigungsmittel bilden das Hinderniss uiid das Deckungsmittel. Die Sicherheit gegen die Erstiirmuug erfordert Sturmfr eiheit des Werkes, d. k. es soli das Hinder¬ niss durch Anwendung gewohnlicher Mittel (tragbare Briicken, Leitern etc.) nicht zu iiberschreiten sein. Die Sicherheit gegen die rasche Bewaltigung der Befestigung durch blosse Besckiessung verlangt, dass das Deckungsmittel dem Feuer aus schweren Ge- schiitzen langere Zeit Widerstand leiste. Es ist nicht nothwendig, dass alle Theile einer ausgedehnten Befestigung die gleiche Starke und Widerstandsfahigkeit haben. Sie wird bei jenen Werken, welche zunachst dem feindlicken Angriffe ausgesetzt sind und von anderen Werken eine geringere Unterstiitzung erhalten konneu, grosser sein miissen, als bei mehr zuriickgezogenen, dem Angriffe weniger ausgesetzten und besser unterstiitzten Werken. Von den beiden Haupttheilen einer Festung: Fortsgiirtel und Noyau, wird somit der erstere im All- gemeinen fortificatorisch starker sein miissen als der letztere. Ebenso erfordern jene Seiten (F r o n t e n) der Befestigung, welche wegen Mangel an starken naturlicben Iiindernissen die voraussicbtlichen Objecte des feindlicben Angriffes bilden — An- griffsfronten, — eine grossere Starke als solche, welcbe von Natur aus stark und fiir den Feind scbwer oder gar nicht zu- ganglicb sind. I. Einrichtung der Hauptbestandtlieile der permanenten Befestigungen. Diese ist grundsatzlich dieselbe wie bei den Feldbefestigungen; nur sind das Profil der Hauptwerke und die Verstarkungsmittel starker als bei Feldbefestigungen. Das Profil ist ausschliesslicb Wallprofil; der Wallgang muss die fiir die Aufstellung der Festungsgeschiitze erforderliche Breite, die Brustwebre die zum Scbutze der Belagerungsgescbiitze nothige Starke haben. Um den Verkekr auf dem Walle aucb vor Bogen- scbiissen zu sicbern, wird im riickwartigen Theile des Walles ein Absatz als Wallcommunication angeordnet. Der Wall wird mit Bankets zur Gewebrvertbeidigung ver- seben und erhalt entsprecbende Einricbtungen zur Aufstellung der Geschiitze und zur Sicherung der Munition, sowie der in Bereitschaft stehenden Geschiitze und Mannschaft. Die Einricbtungen zur Aufstellung der Geschiitze sind: G e sch iitz s c h ar te n , G escbiitzbanke oder Plattformen fiir iiber Bank oder durch nicht geniigend tiefe Scharten feuernde Geschiitze, B o n n e t s, T r a v e r s e n und Rtickenwehren, b e d e c k t e 26 Gescliiitzstande. Die gemauerten Gescliiitzstande werden Casematten genannt; die Dečke derselben muss bombensicher sein, was durch ein starkes Gewolbe oder durch eiserne Trager und durch ein e Auflage von Beton und Erde erreicht rvird. Die vordere Wand der Wallcasematte, soweit sie dem directen Feuer aus schweren Geschtitzen ausgesetzt ist, wird haufig zur Ver- starkung mit Eisen gepanzert. Die gepanzerte Casematte wird auf Punkten, von welchen aus man das Terrain im grossen Um- kreise beherrschen mil, oder bei besehranktem Aufstellungsraum durch drehbare Panzerthiirme ersetzt. Die zur Aufstellung von Morsern bestimmten, gegen den Feind zu offenen bedeckten Stande werden Morserstande, und wenn gemauert, Morser- casematten genannt. Zum Scbutze von Geschtitzen, welclie erst in den letzten Stadien der Vertheidigung zu \virken bestimmt sind oder den Kampf mit der iiberlegenen feindlicben Artillerie zeitweise auf- geben miissen, werden in der Nahe ikres Aufstellungsortes in Traversen oder Riickenwekren bomben- oder mindestens granat- siclier eingedeckte Geschiitz-Unterstande (Hangars) er- baut; wo dies nicht zulassig, werden die Geschiitze in eigene, knapp an der Brustwehre ausgebobene Schutzgraben in die Reservestellung eingefiibrt. Zum Scbutze der in Feuerreserve stehenden Mannscbaft uberhaupt, der Gescbiitzbedienungen wahrend der Feuerpausen, der Venvundeten etc. werden in Traversen und Rtickemvehren oder unter dem Walle bedeckte Unterstande eingericbtet. Die Einrichtungen zur Sicherung der Munition sind: Muni- tions-Handmagazine, fiir den 24sttindigen Bedarf eines oder mehrerer Geschiitze angelegt; Munitions-Ausgahsmagazine, die zur Abwekr eines ge\valtsamen Angriffes erforderlicbe Muni¬ tion sowie den 14tiigigen Bedarf zur Bekampfung des belagerungs- massigen Angriffes fiir mebrere Gescbiitze euthaltend; Adjusti- rungsramne zur Adjustirung der Bomben fiir glatte Morser. Innere Werke, bei welchen die Versorgung mit Munition aus dem Munitions-Hauptmagazine der Festung mit Schwierig- keiten verbunden ist, erhalten Objects-Munitions-Haupt- magazine, welcbe die ganze fiir das Werk bestimmte Munition enthalten, insoweit sie nicht in den Ausgabs- und Handmagazinen untergebracht ist. Die Ausgabs- und Hauptmagazine sollen so angelegt werden, dass die Munitionsversorgung \vahrend des feindlichen Feuers moglichst gefahrlos vor sich gehe, was durch Anordnung von Munitionsaufziigen erreicht \vird. — Der Graben der permanenten Befestigungen muss nicht nur durch grossere Dimensionen, sondern auch durch Anvvendung von Mauerwerk zur Bekleidung der Wande, durch Einleiten von 27 Wasser, sowie durch eine kraftigere flankirende oder frontale Vertheidigung starker sein, als der Graben der Feldbefestigungen. Das Mauerwerk wird den Umstanden entsprechend entweder an beiden Grabenwanden oder nur an einer derselben angewendet. Die Mauer der Contrescarpe dient stets nur als Futtermauer zur Bekleidung derselben; die Mauer der Escarpe kanu entweder eine blosse Futtermauer sein, oder im unteren Theile zur Be¬ kleidung dienen und im oberen Theile freistehen — halbfrei- stekende Mauer, — oder auch nach der ganzen Hohe von der Escarpe weggeriickt sein — freistehen de Mauer. Die Mauern sollen so liocli sein, dass sie der Gegner nicht ohne Leitern iibersteigen kann. Damit die Mauern von der Ferne aus nicht gesehen und beschossen werden konnen, sollen insbesondere die Escarpemauern nicht bis zum oberen Rand des Grabens reichen. Die Futtermauern erhalten zur Verstarkung auf der Innen- seite in bestimmten Abstanden Strebepfeiler, welche haufig iiber- wolbt werden; diese Wolbungen werden in den meisten Fallen zu Gasematten (fiir Geschiitze) und Galerien (fiir Gewehrvertheidi- gung) ausgebaut, welche Escarpe- oder Contrescarpe- Casematten, beziehungsweise Galerien genannt werden und zur Grabenvertheidigung dienen. Die halbfreistehende Mauer wird durch Crenelirung zur Gewehrvertheidigung eingerichtet; zwischen der ausseren Brust- wehrboschung und dem freistehenden Theile der Mauer muss ein geniigend breiter Absatz als Standort der Vertheidiger vorhan- den sein, welcher Absatz Rondenweg genannt wird. Die frei- stehende Mauer wird ebenfalls durch eingeschnittene Scharten zur Gewehrvertheidigung eingerichtet. Die frontale Bestreichung des Grabens erfolgt aus Escarpe- und Contrescarpe-Casematten (Galerien). Die flan¬ kirende Vertheidigung des Grabens einer Befestigungs- linie geschieht entweder von den nebenliegenden flankirenden Linien aus, oder aber durch im Graben selbst erbaute Koffer; im ersteren Falle geschieht die Flankirung entweder vom Walle aus, oder durch Escarpe- und Contrescarpe-Casematten. Der Koffer (Caponniere) der permanenten Befestigung ist casemattirt, sturmfrei und in der Regel zur Geschiitzverthei- digung eingerichtet. Der nur nach einer Seite flankirende Koffer (mit einer Flanke) heisst Halbkoffer. Die Communication in den Koffer geschieht durch P o tern en. Um bei enfilirten Linien den vermoge seiner Lage nicht gedeckten Koffer vor der Zer- storung durch feindliches Geschiltzfeuer zu sichern. wird vor der betreffenden Flanke eine mit Scharten in der Richtung der Koffer- scharte versehene Schutzmauer (Vorscharte) aufgefiihrt. — 28 Das Glacis schliesst entweder unmittelbar au den Graben an, oder es bleibt zvvischen beiden ein fur die Vertheidigung ein- gerichteter Raum, rvelcher gedeckter Weg genannt wird. Der gedeckte Weg wird entweder zur Aufstellung von Ge- scbiitzen und fur Ausfalle, oder nur zur Gewehrvertheidigung ein- gericlitet; im letzteren Falle wird er auch Ro n den weg genannt. Die Hoke des Glacis muss mit Riicksicht auf die Deckung des gedeckten Weges bestimmt werden. Nackdem aber das Glacis den Graben, hauptsachlich die Grabenmauern, decken und von der Brustwehre aus bestricben werden muss, so ist seine Hohe von Einfluss auf die Hbhe der Mauern und auf den Aufzug der Brustwehre. Der Aufzug der Brustwehre muss so gross sein, dass die aussere Glacisboschung wirksam bestrichen werden kanu; er darf andererseits niclit grosser sein, als dass bei der grossten Senkung der Wallgeschiitze der gedeckte Weg von denselben nocb vertheidigt werden kann. -— Die C onim linic ation e n mit dem Aussenfelde sollen ent- \veder dem Kriegszwecke allein, narnlich dem raschen und ge- sicberten Auftreten der Besatzung ausserhalb der Befestigung, oder nebstdem auch dem Verkekre in Friedenszeiten dienen. Die letzteren bilden die Hauptverbindungen und besteken aus einer in der Regel eingewolbten Oeffnung im Walle, der Durck- fakrt oder dem Festungsthor, aus der iiker den Graben fiikren- den Brucke und aus einem absperrbaren Einschnitt im Glacis; die ersteren fiikren durck den Graben und besteken aus einer zum Graben niederfukrenden Potem e, aus dem Grabeniiber- gang, aus der Rampe an der Contrescarpe und aus dem Aus- falls-Versammlungsorte mit den Rampen zum Aussenfelde. Die Communicationen miissen derart angelegt werden, dass sie der Einsickt des Feindes und dem directen, insbesondere en- filirenden Feuer entzogen sind; wenn nothig, werden sie durck vorgelegte Werke gesckutzt. Die Brucke besteht aus dem vorderen fixen Theile, der Standbrficke, und aus einem auf Rollen zu verschiebenden oder aufzuziehenden riickwartigen Theile, der Roli- oder Zug- br ii c k e. Zur Communication von der Poterne durck den Graben zur Ausfallsrampe an der Contrescarpe wird wo thunlick ein Koffer beniitzt; wo dies die Anlage der Communication nicht gestattet, wird der Uebergang liber den Graben durck cine eigeue bedeckte Caponniere, eventuell durck auf einer oder auf beiden Seiten aufgeworfene glacisformige Brustwehreii — einfache oder dop- pelte offene Caponnibre — gesichert. 29 II. Nebenwerke und Verstarkungsmittel. a) Nebemverke. Die in unmittelbarer Verbindung mit dem Hauptwerke stehen- den ausseren Nebemverke — Aussenwerke •— sind: Der gedeckte Weg als Mittel zur Uebei'wackung des Vorfeldes und als zweite Feuerlinie vor dem Walle; er liegt ge- woknlicli zwischen der Contrescarpe und dem Glacis, kann aber auch vor das Glacis verlegt und durcli ein zvveites, das V o r - glacis, geschiitzt werden. Erweiterungen des gedeckten Weges, welche sich durch Abrundung der Contrescarpe im auspringenden und durch redauartige Brechung des Glacis in einspringenden Winkeln ergeben, werden Waffenplatze genannt. Der gedeckte Weg wird mit einem Banket fiir Infanterievertheidigung, mit Ge- schiitzbauken, mit Traversen gegen Enfilirfeuer, mit bombensiche- ren Unterstanden, oft selbst mit einem Reduit versehen. Das Raveli n, ein flaschen- oder liinettenfdrmiges Werk vor der Mitte einer Front zur Verstarkung des Feuers tiberliaupt, insbesondere vor den ausspringenden Winkeln, sowie zur Deckung der Communicationen (der Festungsthore und Briicken) und der Grabenflankirungen. Contregarden und Couvrefacen, im Graben der Hauptumfassung parali el mit dieser angelegte Werke, eine zweite Feuerlinie darstellend. Couvrefacen haben nur eine Gewehrver- theidigung, Contregarden hingegen sind auch zur Aufstellung von Geschiitzen eingericktet. Mehrere zusammenkangende Contre¬ garden oder Couvrefacen bilden eine Enveloppe. Die selbstandigen ausseren Nebenwerke — Vorwerke — sind je nach ikrer Bestimmung grossere oder kleinere polygonale, meist lunettenformige Werke von im Wesentlichen derselben Ein- richtung wie die Hauptwerke. Sie miissen um so starker sein, je veniger sie von den Hauptwerken unterstiitzt werden konnen. Die Communication mit dem Hauptvverke wird bei naher liegenden Yorwerken durch olfene oder gedeckte Caponnieren, bei weiter entfernten durch Laufgriiben vermittelt. Als innere Nebenwerke kommen vor: Abschnitte zur Abtrennung von weit vorspringeiulen Ba- stionen oder Redanen. Reduits in wichtigen Forts, seltener im Noyau oder in Vorwerken; —• sie sind je nach ikrer Wichtigkeit Blockhauser mit Gewehrvertheidigung oder mehrstockige thurm- und kasernen- artige, zur Geschiitzvertheidigung eingerichtete Gebaude. Um sich dem feindlichen Feuer nicht zu sehr zu exponiren, darf das Reduit nur wenig hoher sein als die Hauptumfassung; auf der Dečke (Plattform) desselben werden daher nur VVurfgeschtitze, ins¬ besondere Mbrser, aufgestellt. 30 Das Reduit muss einen eigenen Eingang von aussen haben ; der Riiekzug der Vertheidiger des Hauptwerkes darf nicht un- mittelbar in das Reduit geben, sondern entweder ins Freie oder in einen eigenen Sammelhof (Zwinger) neben dem Reduit. Die hauptsachlich im Noyau binter der Hauptumfassung an- gelegten, dieselbe bedeutend uberbobenden und eine zweite in- nere Feuerlinie bildenden Nebenvverke vverden im Allgemeinen C a v a 1 i e r e genannt. b) Minen. Die Minen vverden in der permanenten Befestigung nicbt so wie in der Feldbefestigung einzeln in von der Oberflacbe aus gegrabenen Schacbten angelegt, sondern es vverden unterirdiscbe Gange — M i n e n g a n g e — derart erbaut, dass man im Be- darfsfalle an mebreren Stellen rasch Minenladungen anbringen kann. Die nach bestimmten Grundsatzen angeordneten und in Beziebung zu einander gebracbten Minengange bilden einMinen- sistem. Um die Minen des Vertheidigers — Vertheidigungs- miuen — durch Zerstorung der Minengange unschadlicb zu macben, \vird der Angreifer ebenfalls Minen —Angriffsminen — anlegen, deren Zerstorung der Vertheidiger wieder seinerseits anstreben vvird. Dies ist der unterirdiscbe oder Minenkrieg. Die Minen vverden entweder unter dem Glacis oder unter einzelnen Werken angelegt. Das Minensistem (Fig. 15) bestelit aus einer G a 1 e r i e a an der Contrescarpe oder an der Kehle des zu unterminirenden Werkes, aus den Hauptgangen b , 6, b und aus den sicb vom Hauptgange abzweigenden Gangen — Zvvei- gen — cc.. die vordersten Zweige rverden Horchgange genannt. Die Galerie und die Hauptgange dienen nicht zur An- lage von Minenladungen, sondern nur als Communication zu den Zweigen, vvo die Minen liegen. Die Hauptgange vverden so weit von einander angelegt, dass der Feind nicbt mit einer einzigen zvviscben zvvei Hauptgangen gelegten Mine beide zugleicb ein- sprengen kann, der grosste Abstand derselben ist andererseits an die Bedingung gebunden, dass sich die Sprengspkaren der normal geladenen Minen beider Glinge beriihren. Die Zvveige miissen derart angelegt vverden, dass die Tren- nungsspkaren der Minen den Hauptgang eben nocb beriihren. Die Hauptgange vverden entvveder durch Verlangerung der Zvveige oder durch einen eigenen, mit der Galerie parallelen Gang — Enveloppegang — mit einander verbunden. Kleine Zvveige von nicbt zu betrachtlicher Lange kbnnen mittelst eines Erd- bohrers hergestellt vverden und heissen dann Bobrzvveige. 31 c) JSeniltzung von Geivdssern. Fliisse, Bache und Kanale werden als natiirliche Hinder- nisse sowie zur kiinstlichen Erzeugung von Ueberschwemnmngen oder zur Bevvasserung von Graben durch Einleitung in dieselben beniitzt. Meistens sind die Wasserleitungen zu den Graben mit Einlass- und Auslasschleussen verseben, so dass man be- liebig den Graben mit Wasser fiillen oder entleeren kanu. Schleus- sen, welche derart combinirt sind, dass sie nach Ubistanden als Einlass- oder als Auslasschleussen dienen konnen, werden Ma¬ no vri r sebi e uss en genannt. Sollen einzelne Grabentbeile von der Bewasserung ausgescblossen werden, so werden sie dureb quer iiber den Graben gefiihrte Steindamme — Batardeaux — abgescblossen; die zum Stauen des Wassers im Flusse die- nenden Scbleussen beissen Stan- oder Itiickschvvellungs- schleussen. III. Zusammenstellung der Elemente zu Festungen und Forts. a) Die Giirtelforts. Die Grosse eines Forts bangt. von der Anzahl der Ge- schiitze ab, welcbe dasselbe aufzunebmen bestiinmt ist. Diese Geschiitzzahl muss um so grosser sein, je wichtiger die vom Fort eingenommene Position ist, je weniger dasselbe von andern Werken der Befestigung unterstiitzt \verden kann, und je weniger die Beschaffenheit. des Terrains die Geschiitzwirkung und die Ver- theidigung begunstigt. Die rvichtigste Aufgabe des Forts bestebt darin, die An- naherung desFeindes an die Befestigung in der von ibm beherrsch- ten Ausdehnung zu verhindern; den Scbutz gegen den belagerungs- massigen Angriff erbalt das Fort in der Begel durch starke, in den Intervallen des Forts erbaute Batterien. Iliernach richtet sicli die Entfernung der Giirtelforts von einander. Die normale Entfernung unterliegt der Bedingung, dass das Intervalle zwischen zwei Forts durch den wirksamen Schrap- nellschuss von beiden bestrichen werde und dass sicb die Forts durch ihr Fernfeuer gegenseitig unterstiitzen. Von der gegenseitigen Entfernung der Forts ist im All- gemeinen das Mass, in rvelchem sie zur Erfiillung der gemein- schaftlichen Aufgabe des Fortgiirtels beizutragen haben, daher aucb die Anzahl der biezu notlrvvendigen Gescbiitze bedingt: zehn schvvere Geschiitze zur Beherrscbung des Vorfeldes, vier Gescbiitze mittleren Kalibers zur Bestreichung jedes Intervalles, vier leich- tere Geschiitze zur Vertbeidigung der Kehle und vier Morser 32 konnen als das Minimum der Bestiickung eines Forts unter nor¬ malen Verhaltnissen angenommeu werden. Terrainverhaltnisse konnen es zulassig oder nothwendig ersckeinen lassen, einen Theil der Geschiitze ausserhalb des Forts in eigenen, mit dem Fort im Zusammenhange stebenden und von diesem gescbiitzten Bat- terien — Anscliluss-Batterien — aufzustellen. — Die gebrauchlickste Form des Forts ist: eine geradlinige oder schwaeh nach auswarts gebrocbene Front gegen das Vorfeld (Face), zwex mit der Face stumpfwinklig zusammenstossende Flanken zur Bestreickung der Intervalle, ebenfalls geradlinig oder schwach gebrochen, — die K eh le, geradlinig, gebrochen oder zur Grabenbestreickung durcb flankirende Linien (bastionar, zangenformig) gestaltet. (Fig. IG, a, b, c.) Beziiglicb der Anordnung und Detaileinrichtung ist folgen- des zu bemerken: Die Brustwebre und der Wall mit seinen Einrichtungen sind mit Riicksicbt auf die Anforderungen der Feuenvirkung und auf die moglichste Sicberung der Geschiitze und der Bedienungs- mannscbaft anzuordnen. Das Letztere macbt die Erbauung von Traversen und Riickemvehren notbvvendig. Die Traversen miissen an jenen Punkten, \vo die Geschiitze zum Feuern liber Bank an- geordnet sind, als gedeckte Geschiitzstande hergerichtet rverden. Ausser den Hand-Munitionsmagazinen der einzelnen Ge- schiitze werden fur je vier bis sechs Geschiitze Ausgabsmagazine mit Munitionsaufziigen und das Objects-Munitionshauptmagazin eingerichtet. Der Graben erkalt, um die Stunnfreiheit zu errreichen, eine gemauerte Contrescarpe und eine, meist freistehende Es- carpemauer. Die Flankirung des Grabens der Front und der Flanken geschieht durcb Koffer; grosstentheils werden ein ganzer Koffer vor dem Saillant zur Bestreickung des Frontgrabens und zwei halbe Koffer vor den Schulterwinkeln ftir die Flankengraben erbaut. Casemattirte Unterkunftsraume werden erbaut: unter dem Frontwall in der Capitale fur die Bereitschaft, ferner an der Kehle (Keklkaserne), und wenn nothig auch unter dem Facenwaile fur den ruhenden Theil der Besatzung. Zur C o m m u n i c a t i o n mit dem Aussenfclde dient eine von aussen in den Kehlgraben fiihrende Rampe und ein Tkor in der Escarpemauer der Kehle. Die Unterkunftsraume an der Kehle sind mit jenen unter den Facen durcb einen gedeckten Gang verbunden. Als Nebenwerke \verden angewendet: derRondenvveg an der Escarpemauer; der pallisadirte Waffenplatz vor der Kehle; das Red uit; Ansclilussbatterien zur Verstarkung des Frontalfeuers, unmittelbar an die Flanken anschliessend. Vorvverke zur Bestreichung von Terraintheilen, welche dem Feuer der Fortgeschiitze entzogen sirni. — Bei Forts, welche dem. belagerungsmassigen Angriffe aus- gesetzt simi, \verden als Verstarkungsmittel Minen, wenn moglich Grabenbewasserungen uud Ueberscliwemmungen, soweit durch diese die Offensive der eigenen Armee nickt behindert wird, angewendet. Forts kleinerer Gattung, welche zur Unterstutzung der Haupt- forts oder zur Vervollstandigung des Giirtels im provisorischen Style erbaut werden, fuliren den Namen Po sitio nsbatt erie n. h) Das Noyau. Die Grosse des Noyau hangt im Wesentliclien von der Ausdehnung des zu umscbliessenden Ortes ab. Obwol okonomi- sche Griinde eiu moglichst kleines Noyau erfordern, so konnen dock taktische Griinde umi die Riicksicht auf das Terrain zu einer \veiteren Ausdebnung desselben fiihren. Bei kleinen Befestigungen (Sperren) wird das Noyau haufig aus einem einzigen kleinen Werke oder Fort besteben. Ebenso accommodirt sicb der Um ris s des Noyau im All- gemeinen der Form des zu umscbliessenden Ortes; docli bedingen aucb bier taktische Riicksicbten in Verbindung mit solchen auf das Terrain bedeutende Modificationen. Abgeseben von diesen Riicksicbten, wird man den Umriss moglichst einfacb und derart gestalten, dass man die Feuenvirkung der Armirung moglichst vollstandig zur Fernbaltung des Gegners verwerthen kanil. Dieser Forderung entspricht der aus geraden, stumpflinig zusammenstossenden Linien zusainmengesetzte (polygonale) Um¬ riss am besten. Uebrigens konnen es die Verhaltnisse bedingen, dem Umriss oder einzelnen Fronten desselben die bastionare oder tenaillirte Form* zu geben. Das Noyau bestelit entvveder aus zusammenbangenden Linien oder aus Forts mit Verbindungslinien. Die Ver- binduugslinien konnen an Stellen, wo das Terrain ihrer Anlage nicbt giinstig ist, oder wenn die Forts zu \veit von dem zu deckenden Orte abliegen, auch entfallen, so dass die Umfassuug * In friihr-ren Zeiton, als das Noyau don einzigen oder den weitaus wichtigston Tkeil der Befostigung bildete, legto man der Umrissform und der Flankirung der Linien die grosste Bedeutung bei und bildete durch verschieden- artigo Modificationen der Theile die Grundformen zu Befestigungssistemen aus, vvelclie von verschiedenen Constructouren als Muster aufgestellt und nach ihnen benannt vvurden; die Geschichte der Befestigungskunst bis in diejiingste Zoit hereiu bildet die Aufziililung und Beschreibung eben dieser Sisteme und ihrer Entwicklung. Gegenwartig lasst man sich bei der Wahl der Umrissform mehr von der Rucksicht auf die wirklichen Verhaltnisse und Bediirfnisse, als von jener auf cin bostimmtes Sistem ieiton, und ivondet eben alle Formen an, ohne sich in einem concreten Fallo an cino bcstimmte zu binden. 84 von einzelnen Forts ohne Verbindungslinien gebildet wird. Die Forts des Novau werden Wallforts genannt. Beziiglich der Detail-Anor dnung unterscheiden sich die belagerungsmassig angreifbaren Fronten von solcben, welche ver- mbge ihrer Lage und in Folge natttrlicher Deckungen einem solcben Angriffe nicht ausgesetzt sind. Bei den belagerungsmassig angreifbaren Fronten miissen Aufzug und Dicke der Brustvvehre den grossten Anforderungen der Feuenvirkung und Widerstandsfahigkeit entsprechen; der \Vall muss durchaus zur Aufstellung von Gesckiitzen eingericbtet, ausgiebig traversirt, mit gedeckten, eventuell gepanzerten Ge- schiitz- und Morserstanden, Gesckiitz-Unterstanden und Sckutz- kohlraumen fiir die Bedienungsmannscbaft und die Infanterie- Besatzung etc. versehen sein; gedeckte Munitions- Ausgabs- und Objects-Hauptmagazine mtissen die ganze Munition cler Front und ihrer Nebenwerke aufnehmen konnen. Der Graben erhalt, wenn er nicht bewassert \verden kann, gemauerte Escarpe und Contrescarpe, Bestreichung aus Koffern und Casematten, welche durch Vorscharten gegen Bre- schirung gedeckt rverden. Als Nebenwerke werden angewendet: der gedeckte Weg mit Reduits, Ausfalls-Versammlungsorten und Waffenplatzen; Reva- lins und detackirte Bastionen; unabbangige Vorvverke, um den Gegner zu zwingen, dem Angriff eine bestimmte, fiir die Ver- theidigung vortheilhafte Richtung zu geben; ausnahmsweise auch Abschnitte und Cavaliere im Innern. Die Anwendung von M i n e n wird durch Erbauung von Contrescarpe-Galerien schon im Frieden vorbereitet. Beziiglich der Amvendung des Wassers gilt das beim Fort Gesagte. — Die belagerungsmassig nicht angreifbaren Fronten bediirfen nur der zuin Schutze gegen Erstiirmung und zum Fernhalten des Feindes erforderlichen Starke und Einrichtung; der Wall wird nur an einzelnen Stellen zur Aufstellung von Geschiitzen ein- gerichtet, sonst mit dem Banket versehen; eine grossere Zahl von Geschiitzen wird nur an jenen Fronten aufgestellt, vvelche angreifbare Nebenfronten zu unterstiitzen haben, etc. Die Wallforts (Fig. 17) sollen durch ihr Feuer die Ver¬ bindungslinien bestreichen und dadurch den Feind zwingen, den belagerungsmassigen Angriff gegen die Forts selbst zu rieliten. Sie erkalten gewdhnlich eine polygonale Gestalt mit langen gebrochenen Flanken, \velche die Verbindungslinien iibergreifen. Die zur Flan- kirung der Verbindungslinien und zur Beherrschung des unver- bauten Terrains zwischen den dem Orte und dem Noyau bestimmten Theile der Flanken werden gewohnlich etwas zuriickgezogen und mit der Kehle als Reduit zusammengefasst. 35 Die Wallforts der belagerungsmassig angreifbaren Fronten sind im Wesentlichen den Giirtelforts ahnlich eingerichtet; jene der nicht angreifbaren Fronten sind von geringerer Starke und in der Regel ohne Reduit. (•) Allgemeine JEinrichtungen in der Festung. Um einen der Widerstandskraft seiner Befestigungen ent- sprechenden langeren Widerstand leisten zu konnen, muss der befestigte Ort mit geniigenden Vorrathen an Lebensmitteln, Ma¬ terial und Munition versehen sein, zu deren Unterbringung die nothigen Magazine und Depots erbaut werden miissen. Die Kriegs- Munitionsmagazine und Laboratorien miissen derart angelegt werden, dass sie der Einsicht und Besckiessung des Gegners moglichst entzogen sind; die diesen Forderungen nicht entsprechen- den Friedensmagazine und Laboratorien werden beim Ausbruch des Krieges geraumt. Ferner miissen sich in der Festung die als Friedens-Dislocationen und im Kriege fur den Aufenthalt des nicht im Vertheidigungsdienste stehenden Theiles der Besatzung dienenden Kasernen, sowie Militarspitaler und andere Militar- gebaude befinden. Um die Vertheidigung nicht zu beeintrachtigen, sollen im Inneren einer Festung nur solide, feuersichere Bauten aufgefiihrt werden, und muss ein bestimmter Raum hinter der Umfassung, die Esplanade, ganz unverbaut bleibeh; ebenso wird der inner- halb des Schussbereiches vor dem Glacis liegende Raum mit dem absoluten oder dem bedingungs\veisen Bauverbot belegt. Das absolute Bauverbot gegen das Vorfeld zu gilt fur den Rayon der wirksamen Gewehr-Schussweite (engerer Rayon); von da an bis zur wirksamen Geschiitz-Schussweite (weiterer Rayon) diirfen leicht zerstorbare Baulichkeiten aufgefiihrt werden, unter der Bedingung jedoch, dass sie der Besitzer iiber Aufforderung des Festungscommandos sofort demolire. Um die Merke mit dem Inneren der Stadt und untereinander auf dem kiirzesten Wege zu verbinden, muss unter den offent- lichen Communicationen eine entsprechende Zahl geniigend breiter Radialstrassen vorhanden sein. Speciell zu militarischen Zwecken wird vom Noyau zu jedem einzelnen Fort und Vorvverke eine Radialstrasse, zur Communication iangs des Noyau eine Wallstrasse und zur Verbindung der Giirtelforts untereinander eine zur Gtirtel- linie parallele, einige liundert Schritte hinter derselben liegende Giirtelstrasse angelegt. Die Haupttheile des Noyau so\vie die Giirtel- und Vonverke sollen mit dem Festungscommando durch den elektrischen Tele- grafen in Verbindung stehen. Fiir den Fali von Storungen in der Leitung desselben muss ein optischer Telegraf vorbereitet werden. 3 * 36 Eisenbahnhofe sollen sich wo moglich innerhalb (les Novau befinden; ein ausserlialb des Noyau liegender Bahnhof soli die Brustwehre nicht dominiren; ein solcher Balmhof kann audi zur Vertheidigung. eingerichtet und durch eigene Werke geschiitzt werden. Liegt die Festung an einem schiffbaren Flusse oder Kanal, so soli dieser durch Absperrungen oder Minen gegen das Ein- dringen feindlicher Fahrzeuge gesichert und durch Flussmonitors belierrscht werden, welche den Briickenbau des Feindes zu storen und bei Ausfallen mitzuwirken haben. IV. Angriff der Festungen. Die Arten des abgekiirzten Angriffs (Ueberfall, Erstiirmung, Bombard ement) konnen mit Aussicht auf Erfolg im Allgemeinen mir gegen solche Pliitze unternommen werden, deren Werke, an sich schon schwach, wegen des uberraschenden Erscheinens des Angreifers nicht gehorig in Vertheidigungsstand gesetzt werden konnten, deren Besatzung ungeniigend und muthlos ist oder aus einer jungen, unausgebildeten Truppe besteht. Die Bedingungen fiir das Gelingen des Ueberfall e s sincl: genaue Kenntniss der Befestigung und ihrer Verhaltnisse, strenge Geheimhaltung der Absicht, lautlose Stille bei der Ausfiihrung, Be- niitzung von dunklen N živeli ten, Nebel etc. zur unbemerkten An- naherung. Der Ueberfall kann entweder durch Uebersteigen der Walle mittelst Sturinleitern (Leiter-Ersteigung, Escalade) oder durch Ueberrumpelung der Thonvachen ausgefiilirt werden. Durch das Einverstandniss mit einem Theile der Besatzung oder mit den Eimvoknern des Ortes, welehe zur gelegenen Zeit die Thore bffnen, wird die Ausfiihrung des Ueberfalles wesentlich begiinstigt. Die Erstiirmung ist eine dem Ueberfall ahnliche Unter- nehmung, nur dass man sich bei Ausfiihrung clerselben von vorn- herein auf einen grosseren Widerstand gefasst macht und dar- nach die Massregeln trifft. Audi hier wird man sich dem Werke so weit als moglich unbemerkt zu nahern, die Festungs- und Poternenthore zu erbrechen oder zu sprengen, wenn dies nicht angeht, den Graben zu iiberbriicken oder den Wall mittelst Lei- tern zu ersteigen trachten. Die ersten am Walle anlangenden Leute der Sturmcolonnen miissen sich sofort sammeln, um einen etwaigen Gegenangriff des Feindes abschlagen zu konnen. Erst wenn eine grossere Abtheilung in das Werk eingedrungen ist, sucht sie das nachste Thor zu gewinnen, um es fiir die Reser- ven zu bffnen, \vobei der mit Sprengmitteln ausgeriisteten Genie- truppe die Hauptaufgabe zufallt. Das B o m b a r d e m e n t besteht in der anhaltenden Be- schiessung des befestigten Ortes, welches sich weniger gegen 37 die feindlichen Befestigungen, als vielmehr gegen die Wohu- und Vorrathsgebaude richtet, urn durch Zerstorung derselben, sorvie durch Beschadigung und Entmuthigung der Besatzung und der Einwolmer die Uebergabe des Ortes zu erzwingen. Zur Errei- chung dieses Zrveckes soli das Bombardement, ura den Schrecken zu vermehren, insbesondere in der Nacht unterhalten und das Inbrandstecken von Gebauden angestrebt werden; ist eiu Brand entstanden, so rauss die Brandstatte unablassig bescbossen werden, ura das Loschen zu verhindern. Die Einsehliessung (Cernirung, Blockade) xvird angewen- det, wenn eine der abgekiirzten Augriffsarten nicbt anvvendbar oder misslungen ist, und \venn man die Aussieht bat, durcb das Abscbneiden der Zufuhr von Lebensmitteln die Besatzung in einer entsprechenden Zeit auszuhungern und in Folge dessen oline einen eigentlicken Angriff zur Uebergabe des Platzes zu zwingen. Zu diesera Zwecke besetzt man ausserbalb der rvirksamen Schuss- weite der feindlichen Werke alle zura Platze fuhrenden Wege und alle jene Terrainstellen, welche fiir das Zuriickschlagen von Ausfallen und die Abweisung von Entsatzversuchen wicbtig sind. Die eingenommenen Stellungen miissen befestigt werden, damit diejenigen Theile der Cernirungsarmee, welche bei eiuem Aus- falle angegriffen werden, das Gefecht so lange halten konnen, bis sie von anderen Theilen Unterstiitzung erlialten. Diese Be¬ festigungen bestehen aus einer Hauptlinie von gescklosseneu Schanzen oder befestigten Ortschaften mid aus schwacheren, naher an die feindlichen Werke vorgeschobenen Schanzen fiir die Vortruppen; hiebei werden Bewegungshindernisse (Zerstorung der Ausfallsrvege, Ueberschwemmung, Absperrung der Fliisse etc.) so viel als thunlich in Anwendung gebracht. Man wird ferner trachten, die feindlichen Werke durch Beschiessung aus schvveren Geschiitzen zura Schweigen zu bringen, um die Festhaltung der Vorpostenstellung zu erleichtern. Damit bei eiuem Ausfalle eine geniigende Truppenraacht an dem bedrohten Punkte zusammen- gezogen werden kanu, miissen die einzelnen Stellungen der Cer¬ nirungsarmee durch Communicationen und Telegrafen mit einan- der verbunden werden. Stehen dem Angreifer nicbt die zur vollstandigen Cernirung nothigen Krafte zur Verfiigung, so werden die Truppen in mehrere Hauptgruppen getbeilt und derart aufgestellt, dass bei einern Ausfalle alle Gruppen recbtzeitig in das Gefecbt eingreifen kon- nen. Gegen die Bedrohung durch eine Ersatzarmee sichert sich der Cernirende durch Befestigungen nach aussen zu. Die Belagerung ist diejenige Angriffsart, welche gegen eine Festung in der Reg el angevvendet wird, d. h. wenn die Festung nach fortificatorischen Grundsatzen angelegt, den Anfor- derungen der modernen Kampfmittel entsprechend ausgefiihrt, 38 mit Vorrathen geuiigend verseben, gut armirt ist uiul von einer zahlreichen kriegstuchtigen Besatzung vertheidigt wird. Bei der Belagerung nahert sich der Angreifer durcli be- standigeS Vortreiben von Deckungen (Laufgraben) allmalig der Festung, indem er gleicbzeitig die Vertheidigungsmittel des Gegners, insbesondere die Gescbiitze, vollstandig zu zerstoren und die Sturmfreiheit der Werke zu vernichten traclitet, um scbliesslich den Platz aus unmittelbarer Nake erstiirmen zu konnen. Der Vorgang hiebei ist im Allgemeiuen folgender: Nachdem man die Festung moglickst eng eingeschlossen und nach einer eingekenden Recognoscirung die anzugreifenden Theile der Be- festigung (Forts, Bastionen, Ravelins) ausgevvaklt bat, beginnt man mit der Aushebung von Laufgraben (Fig. 18) als Annaherungen (Approč Ren) a, a, a, \vobei man dieselben, damit sie nicbt enfilirt werden konnen, zickzackformig langs der Angriffsricbtung mn (meist die verlangerte Capitale des anzugreifenden Werkes) ftihrt. In entsprecbenden Entfernungen von dem anzugreifenden Werke w,erden mit den Frontlinien der Festung naliezu parallel laufende Waffenplatze (Parallel e n b, h) angelegt, welcbe zur Sicherung der durch das Vortreiben der Laufgraben erreichten Stellung und zum Bane von Batterien dienen. Ist man mittelst Laufgraben bis zum Glacis vorgeriickt, so kront man dasselbe durch einen zum Glaciskamm parallelen Laufgraben cc, in welehem Batterien zum Brescbescbiessen in die Escarpemauer (Brescke- Batterien) und solcbe zum Zerstoren der Grabenflankirungen (Contrebatterien) angelegt werden. Von der K r 6 n u n g des Glacis wird ein Laufgraben (der Ni e d er ga n g) d in den gedeckten Weg, von bier die Abfahrt e in den Graben und der Grabeniibergang f zur Brescbe geftikrt. Ist durcb Sturm die Bresche erstiegen und das feindlicbe Werk genommen worden, so wirft man auf der Bresche und im Innern des Werkes Laufgraben ■— Verbauungen g — auf, um sicb gegen die Wiedereroberung des Werkes zu sicbern. Die Laufgraben \verden anfanglich (ausserbalb der virksamen Gewebrschussweite von der Befestigung) durch langs der ganzen Laufgraben-Linie frei aufgestellte Arbeiter ausgehoben — freie fliegende S app e. Innerbalb der wirksamen Gewebrscbussweite decken sicb die Arbeiter durch tragbare Schutzmittel, meist kleine Scbanzkorbe, welche sie auf der Seite gegen die Festung zu vor sich hinstellen — fliegende Sappe mit Korben; — in un¬ mittelbarer Nabe der Festung tritt die volle Sappe in Amven- dung, bei welcher eigene geschulte Arbeiter — Sappeure, — von einem bereits hergestellten Graben ausgebend, die Erde stiick- weise abgraben und zur Bildung der Brustvvehre gegen die feind¬ licbe Seite zu werfen. Ausser den eigentlichen Parallelen werden von den Approcben aus kurzere Seitenabzweigungen als Deckungsgraben ftir grossere 39 Infanterie - Abtheilungen (Sckulterwekreii /c) und Halb- pa ra Helen l angelegt; die Enden der Parallelen werden durch starkere gescklossene Schanzen — Fliigelredouten p — gesichert. Die erste Parallele erbaut man ausserhalb der wirksamsten Sckussweite der Festungsgescbiitze; sodann werden noch in der Regel vveitere vier Parallelen, die letzte am Fusse des Glacis, angelegt. Zvvisehen der vierten und fiinften Parallele sclialtet man gevvohnlich zwei Halbparallelen ein. Die in den Parallelen oder zunachst derselben erbauten Batterien sind entweder Kanone n- oder Mor ser batterien. Die Kanonenbatterien nennt man je nack ihrer Bestimmung: Enfi lir batterien, wenn sie feindliche Befestigungslinien der Lange nach bestreicben sollen , — Re ve rsbatt eri en , wenn sie feindliclie Linien im Riicken bescbiessen, — Demoutir- batterien, wenn sie Scharten und Geschiitze zu zerstoren haben, — Demolirbatterien, wenn sie Thore, Gebaude, Casematten etc. zu zerstoren oder zu beschadigeu bestimmt sind, — Brescli- b at t eri e n, wenn sie die Escarpemauer in Bresche zu schiessen baben. Demontirbatterien, welcbe gegen flankirende Bastionsfacen und Koffer zu vvirken bestimmt sind, heissen Contrebatterien. Diejenigen Batterien, \velche nocb wahrend der Vorbereitung zur Belagerung die feindlichen Werke aus grosserer Entfernung be¬ scbiessen, um die Vertheidigungs-Instandsetzung zu erschweren, werden Ei n leitungs batterien genannt. Die erste Periode der Belagerung, der entfernte Angriff, bat mit der Vollendung der letzten Parallele ihr Ende erreicbt. Durch den Kampf wahrend derselben soli der Gegner in seinen Vertbeidigungsmitteln derart gesckwackt sein, dass er den Fort- gang der Belagerungsarbeiten nicht mekr zu bindern vermag. Die zweite Periode der Belagerung, der n ah e Angriff, wird bei Werken, welche durch ein Minensistem verstarkt sind, durch Zerstorung des letzteren eingeleitet; sonst kann man sofort zur Eroberung des gedeckten Weges und Kronung des Glacis schreiten. Die Eroberung des gedeckten Weges kann bei lassiger Ver- tbeidigung durch Erstiirmung geschelien; solite der Sturm miss- gliicken oder iiberhaupt nicht unternommen werden konnen, so muss von der fiinften Parallele mittelst der vollen Sappe bis zum Glaciskamm vorgeriickt und in die Kronung ubergangen werden. In der Kronung werden Bresch- und Contrebatterien erbaut, welclie die Escarpemauern der Aussenvverke, dann die der Haupt- umfassung in Bresche schiessen und die Grabenflankirungen un- schadlicli machen. Aus der Kronung wird durch den Nieder- gang in den gedeckten Weg und von da durch die Abfahrt 40 iti den Graben vorgeruekt. Nadi der Festsetzung im Graben wird schliesslicb zur Erstiirmung der Brescbe gescbritten. Befindet sich hinter dem erstiirmten Werke ein Abscbnitt oder ein Reduit, so verfolgen die Sturmcolonnen den fliehenden Feind und trachten mit ibm zugleich durch eine Poterne in dieses riickwartige Werk einzudringen. Gelingt dies niekt, so wird die genommene Brescbe durcb einen von einer Face zur anderen reicbenden bogenformigen Laufgraben verbaut und von diesem aus in derselben Weise wie friiber gegen den Ab- schnitt (das Reduit) vorgegangen. Gegen schwachere, nach altem Sistem oder feblerbaft er- bauteFestungen, welche iiberdies scbwacb arrnirt und besetzt sind, kanu eine abgekiirzte Belagerung platzgreifen, bei \velcher man die erste Parallele auf kurzere Distanz anlegt, die Zalil der Paral- lelen auf vier oder aucb auf drei reducirt, im Falle die Escarpe- mauern und Koffer gegen den Bogensckuss nicht gedeckt sind, den indirecten Brescbescbuss aus grosserer Entfernung zur Zer- storung derselben anwendet, etc. V. Vertheidigung der Festungen. Um den feindlicben Angriffen durcb langere Zeit vvider- steben zu konnen, muss eine Festung ausreicbend armirt, aus- geriistet und approvisionirt sein und eine ihrer Grosse entspre- chende Besatzung erhalten. Man unterscbeidet: die Sicberheits-Armirung und die volle Armirung. Die erstere umfasst jene Gescbutze, rvelcbe nothwendig sind, um den Ueberfall und den gewaltsamen Angriff abzuwebren; diese Gescbutze miissen in erster Linie auf den “VVallen aufgestellt werden. Zur vollen Armirung gehoren alle zur Vertheidigung gegen den belagerungsmassigen Angriff bestimmten Geschiitze, deren Zalil und Gattung sicb aus der Ausdehnung und Bestimmung der Werke ergibt. Ausserdem miissen zur raschen Verstarkung bedrobter Werke einige ambulante leichte Kanonen und gegen 10 °/ 0 der gesamm- ten Gescbutzzabl als Reserve vorbanden sein. Zur Ausriistung gebdrt ausser der zur Armirung erfor- derlichen Anzabl von Geschiitzen die Munition und sonstiges Zubehor fiir die Gescbiitze und kleinen Feuenvaften. Die App r o vi si o nir un g bestebt in der Beischaffung der Lebensmittel, des Brenn- und Beleucbtungsmaterials etc. auf die voraussicbtlicbe Dauer des Feldzuges, mindestens auf secbs Mo- nate, wobei nicht nur auf die normale Festungsbesatzung, sondern auch auf die im Falle der Bedrohung zu ervvartende Unter- stutzung durch Feidtruppen und auf die Bevolkerung Riicksicbt zu nehmen ist. 41 Die Besatzung theilt sich in die normale Garnison der Festung und in die Ausfallstruppen. Die erstere soli zur Be- hauptung des Platzes im defensiven Sinne hinreichen. Die Aus- fallstruppe gibt der Festung ihren offensiven Charakter; sie muss daher eine aus Infanterie, Cavallerie und Artillerie zusam- mengesetzte Feldtruppe sein, fiir deren Starke strategische Riiclc- sichten massgebend sind. Sobald die Festung in den Kriegszustand erklart wird. miissen jene Arbeiten eingeleitet und vor Beginn des feindlichen Angriffes durchgefiihrt \verden, welche nothwendig sind, um den Platz in den vertheidigungsfahigen Stand zu versetzen. Diese Arbeiten fasst man unter der Bezeichnung „Vertheidigungs- I n s t and s e tz u ng“ zusammen. Die wicktigsten Arbeiten sind: Instandsetzung, eventuell Ausbau und Verstarkung der Werke, Vervollstandigung der Traversirung auf den Wallen, Auffiihrung der Gescliiitze, Herrichtung der Communieationen, Beischaffung der Vorrathe etc. Die grosse Ausdelinung einer Festung macht die Einthei- lung derselben in Bezirke nothwendig, welcber die Tbeilung des defensiven Tbeiles der Besatzung in Vertheidigungs-Abtheilungen entspricht; die Besatzungen der detachirten Vonverke (Forts) sind als selbstandige Vertheidigungs-Abtheilungen anzusehen. In jeder Ahtheilung vverden drei sich gegenseitig ablosende Par- tien gebildet, von welchen die eine den Wachdienst auf dem Walle, bei den Thoren, am gedeckfen Wege und in den Aussemverken versieht, die andere sich als B e r e i t s c h a f t in den bombensichern Unt.erkiinften des Bezirkes aufhalt und die dritte die Special-Reserve bildet, welche nur bei allgemeinen Allarmirungen ausriiekt. Die Ausfallstruppen, die unbeschaftigten Arbeitsabtheilungen etc. biklen die allgemeine H a up tre s er ve. Bei einem Ueberfal 1 oder einem gewaltsamen An- griffe tritt die ganze Besatzung unter die Waffen; die Bereit- schaft und die Specialreserven begeben sich an die ihnen an- gewiesenen Gefechtsposten, die Hauptreserve eilt an den be- drohten Punkt. Die Wachen des gedeckteu Weges und der Aussenwerke ziehen sich nach Abgabe einer Salve langsam zuriick, damit sie das vom Walle aus zu eroffnende Gewehr- und Kar- tatschfeuer nicht beirren. Zur Nachtzeit wird das Vorfeld, der Graben und das Innere der Werke durch Pechpfannen, Holz- stdsse, Leuchtballen oder elektrische Leuchtapparate beleuchtet. Bei einem Bomb ar d e men t werden die feindlichen Bat- terien durch Geschtitzfeuer und durch Ausfalle bekampft. Ebenso sucht man die Cernirung durch Geschiitzfeuer und durch kraftige Ausfalle zu verhindern oder zu erschweren. Tritft der Angreifer Vorbereitungen zur Belagerung, so muss man das Vorfeld auf grosse Entfernung moglichst lange fest- zuhalten trachten, sowie die Einleitungsbatterien und die vor- 42 gescliobeuen Stelluugen des Feindes durck Gesckiitzfeuer und Ausfalle bekampfen, um die Eroffnung der ersten Parallele zu erschweren und auf eine grossere Entfernung zu verweisen. Mit der Eroftnung der ersten Parallele kat der Angreifer die Wahl der Angriffsseite declarirt. Dem entspreckend trifft der Vertkeidiger eine zvveckmassigere Vertkeilung der Besatzung, indem er die Vertkeidigungsabtkeilungeii der Angriffsseite ver- starkt. Die Vertkeidigung gegen den belagerungsmassigeii Angriff gesckiekt durck Gesckiitz- und Gewekrfeuer,' sowie im offensiven Sinne durck Contre-Approchen und Ausfalle; in der zweiten An- griffsperiode treten auck Minen als Vertkeidigungsmittel auf. Mit der Ausbesserung der durck das feindlicke Feuer verursackten Sckaden gekt die Erbauung neuer Werke Haiid in Hand. Ins- besondere sind kinter deu angegriffenen Linien Abscknitte als \veitere Vertheidigungslinien anzulegeu. Aufgabe des artilleristiscken Fernkampfes ist es, die feiiid- licken Arbeiten im Allgemeinen, insbesondere die Eroffnung der Parallelen, die Erbauung und Armirung der Batterien, zu storen und zu verzogern. Wird das feindlicke Feuer derart iiberlegen, dass der Verlust der eigenen Gescliiitze in den Angriffsfronten zu besorgen ist, so werden die fur den Nakkampf (zur Bekampfung der Krbnung, zur Vertkeidigung der Brescke etc.) zu reservirenden Gescliiitze in gedeekte Gesckiitzunterstande zuriickgezogen, das Feuer aber kauptsackfick durck Morser und Gesckiitze in mekr zuriickgezogenen Stelluugen unterhalten; in diesem Falle miissen aber die Nebenfronten und beim Angriffe, auf Forts die Batterien in den Intervallen eine uniso lebkaftere Feuertkiitigkeit entwickeln. C o n t r e - A p p r o c k e n nennt man die vom Vertheidiger ausserbalb der Festungswerke angelegten Laufgraben und Batte¬ rien, welcke die Aufgabe liaben, dem Angreifer das Vorfeld so lange als moglich streitig zu machen. Die Laufgraben geken von den vordersten Werken aus und werden so gefiikrt, dass sie von den eigenen Werken enfilirt werden; die Batterien werden derart angelegt, dass sie die feindlicken Laufgraben enfilireii und die Batterien moglichst sckief treffen, selbst aber von ihnen nickt getroffen werden konnen. Die Ausfalle werden entweder von kleinen Abtkeilungen zur Erreickung untergeordneter žwecke — ki eine Ausfalle, — oder von der ganzen Besatzung ■— grosse Ausfalle — ausgefiihrt. Die kleinen Ausfalle bezwecken die Recognoscirung des Vorterraius, die Allarmirung des Feindes, die Zerstorung ex- ponirterJBatterien und Besckadigung der Gescliiitze etc. Die gr o s se n Ausfalle kaben den Zweck, den Gegner zur Aufkebung der Cernirung oder Belageruug zu zvvingen, das Vorfeld zu bekaupten oder die feindlicken Arbeiten und Batterien in grossereln Umfange zu zerstoren, als dies durck kleine Aus- 43 falle gescliehen kanu. Der Ausfall zur Aufhebung der Cernirung (die Entsatzschlaclit) muss kurz nach dem Erscheinen des Feindes vor der Festung, bevor er sich noch im Terrain fest- gesetzt bat, unternommen werden. AVahrend der Belagerung ergeben sicb giinstige Gelegenheiten zu grossen Ausfallen, wenn der Feind damit bescbaftigt ist, eine grossere Anzabl von Batte- rien zu armiren — also nach Eroffnung einer Parallele, nacb der Kronung des Glacis, — ferner nacb einem abgescblagenen Sturme etc. Scbliesslicb wird der Ausfall als Einleitung fiir das D u r c h - sc blage n der Besatzung unternommen, wenn diese keine Moglich- keit sieht, die Festung langer zu halten. VI. Minenkrieg. Beim Angriffe von AVerkeu, welcbe durcb Minen unter dem Glacis verstarkt sind, muss dem Vorriicken von der letzten Paral¬ lele aus die Zerstorung der Minenanlagen vorhergeben. Kami dies nicbt durcb einen Handstreicb gegen die Mineneingange ge- scbeben, so muss der Angreifer zur sistematischen Zerstorung der feindlicben Minengange durcb Gegenminen sclireiten. Von der letzten Parallele werden, nebst den auf die Tauschung des Gegners bereclmeten Scheingangen B, C (Fig. 19), die wirklichen Minengange A fiir stark geladene Minen vorgetrieben. Der Trich- ter der Mine M, welche die Vordertbeile von zwei feindlicben Minengangen zerstort, wird sofort mit Truppen besetzt und von demselben ein neuer Minengang E , sowie zur Vertbeidigung gegen feindlicbe Minen kleinere Gegenminen m , n vorgetrieben. Auf diese Art wird fortgefabren, bis zwei Minengange ganzlich zer¬ stort sind, worauf man sicb gegen die anderen Gange wendet. Man kann aucb mit dem Vorriicken vom Trichter aus einen An- griff durcb Brunnenminen verbinden, um den Minengang von oben einzudriicken. Unter besonders giinstigen Verbaltnissen kann man das zeit- raubende Vortreiben unterirdischer Gange ganz vermeiden und ausscbliesslich Brunnenminen anwenden. Hiezu hebt man mittelst der fliegenden Sappe einen bogenformigen Laufgraben quer iiber den Minengangen aus, legt die Brunnenminen ober den Minen¬ gangen an und suclit nach der Explosion in .die Gange einzudrin- gen, um die feindlichen Mineure aus denselben zu vertreiben. Gelingt dies nicht, so muss das Vorgeben mittelst Laufgraben und Brunnenminen iviederholt werden. Ebenso kann man, wenn das Erdreich das Bobren gestattet, Bohrminen amvenden, um mittelst derselben von der letzten Parallele aus die vordersten feindlicben Miuenzvveige zu zerstoren; aus den entstehenden Tricb- tern iviederholt man die Angriffe in derselben Weise. Der Vertheidiger seinerseits wird durch Ausfalle die feindlichen Minenarbeiten zu storen und durcb Sprengen von 44 # Minen in den bereits fertigen und noch weiter auszufuhrenden Minenzweigen das Zustandekommen der Angriffsgange zu verliin- dern trachten. Sobald von den Horchgiingen aus die Richtung des feindlichen Minenganges ennittelt wurde, werden gegen den- selben vom Hauptgange und den nachsten Zweiggangen aus neue Z\veige vorgetrieben und durch in diesen angelegte Minen der feindliche G ang zu zerstoren versucht. Komite man die Spren- gung der feindlichen Mine A nicht verhiudern, so sucht man durch Sprengung der Minen in den nachsten Zweigen den Trichter zu zerstoren und das Vorriicken des Gegners nach E, m , n auf- zuhalten, sowie durch Verdammung der eigenen Giinge das Ein- dringen in dieselben zu verhiudern. Der Vertheidiger darf nur schwache, liochstens Normalminen anwenden, um nicht ihm nach- theilige Trichter zu erzeugen. Gegen den Angriff mit Brunnen- und Bohrminen wirkt man durch schwache Minen und Bohrzweige, durch Steinfugassen, durch das Feuer vom Walle, durch Ausfalle etc. Dritter Abschnitt Kustenbefestigung. I)ie allgemeinen Grundsatze der Befestigungskunst finden aucli bei der Kustenbefestigung Amvendung; sie erleiden aber liiebei jene Modificationen, welche die Natur der von dem Feinde zur Bekampfung derselben aufgebotenen Kampfmittel nothivendig macht. Diese Kampfmittel sind hauptsaehlich Scbiffe, ivelche mit Geschiitzen des schwersten Kalibers armirt und durch sebr starke Eisenpanzerungen gesclnitzt sind, iiberdies vermoge der Schnellig- keit ihrer Bewegung die Fahigkeit besitzen, iiberrasehend auf- zutreten und den durch das Feuer der Kiistenbefestigungen ge- fahrdeten Raum rasch zu durchlaufen. Es muss als Grundsatz feststehen, dass die passiven Verthei- digungsmittel den activen Mitteln des Angreifers, und umgekehrt die activen Mittel der Abwehr den Schutzmitteln des Angreifers entsprechen miissen; dies bedingt die starksten Deckungen fiir die zur Kiistenvertkeidigung in Vervvendung tretenden Geschiitze, welcke selbst von dem schwersten Kaliber sein miissen. Die pas¬ siven und activen Vertheidigungsmittel, welclie im Kampfe um Feldbefestigungen als Feldschanzen und Feldgeschiitze den ge- ringsten Grad von Starke haben, sich im Landfestungskriege zu Festungen lind Festungsgeschiitzen steigern, erreichen somit in dem Kampfe um Kiistenbefestigungen den grossten Grad an Starke Die Moglichkeit eines raschen Auftretens der feindlicben Flotte maclit es nothvvendig, dass die Kiistenbefestigungen perma- nent, also aucli im Frieden im vertheidigungsfahigen Stande er- halten werden. Der Kampf mit Schiffen, als rasch iliren Ort ver- andernden Zielobjecten, bedingt einen grossen Bestreichungsvvinkel der Kiistengescliutze, rasche Wendbarkeit derselben und Vor- richtungen, um das Feuer auf bestimmte, vom Gegner nothwendig zu passirende Punkte richten zu konnen. Die auserordentliche Stosskraft, ivelcbe den Schiften der Neuzeit in Folge ihrer Masse und Geschwindigkeit innewohnt, erfordert als Verstarkungsmittel der Befestigungen sehr starke Beivegungshindernisse, ivelcbe durch 46 eine ausgedelnite Amvendung von unterseeischen Minen unter- stiitzt werden miissen. Wie im Festungskriege die in d er Festung lagernde Armee, so bildet in der Kustenvertheidigung die eigene Flotte das offen- sive Element derselben. Es miissen demnach in erster Linie solcbe Orte durch Kiistenbefestigungen geschiitzt \verden, welche als Kriegshafen, Werften, Flottendepots, Flottenlager etc. die Offensiv-Fahigkeit der eigenen Flotte bedingen. Hieran schliessen sich jene Orte (Buchten, Rheden), vvelche die feindliche Flotte als Basis ftir ihre Operationen beniitzen konnte; ferner Durch- fahrten (Meerengen), \velche die feindliche Flotte zu passiren bat, um an člen Schauplatz ihrer Unternehmungen zu gelangen — zu Landungen geeignete Stellen, — Kustenstrecken, an \velchen die von der eigenen Armee als Operationslinie beniitzten Communi- cationen fiihren, — oifene Seestiidte, welche als Handels-Emporien gescbiitzt \verden miissen, etc. I. Ktistenforts untl Kiistenbatterien. Um gegen die Unternehmungen von gelandeten Truppen geschiitzt zu sein, diirfen die Kiistenbefestigungen im Allgemeinen nicht als lange offene Linien, sondern als landwarts geschlossene, in allen ihreu Theilen gegen Ueberfall und Erstiinnung gesicherte Werke angelegt werden; bei exponirten Werken ist auch eine Sicherung gegen Einschliessung und Belagerung nothcvendig. Offene Werke sind nur dort zulassig, wo sie als Anschlussbatterien unter dem Schutze von gesclilossenen und ihrerseits durch ein Sistem von Landbefestigungen (Kiistenfestungen) unterstiitzten Werken (Ktistenforts) stehen. Hinsichtlich ihrer Lage sollen die Kiistenbefestigungen fol- genden Bedingungen entsprechen: Betrachtliche Entfernung von den zu deckenden Marine- Etablissements (Stadten, Militar-Anstalten etc.), um den Feind ausserhalb der grdssten Schussweite (7- bis 8000 ™J\ von ihnen zu halten; Beherrschung der Anker- und Landungsplatze, welche der Feind beniitzen komite, durch das eigene Feiier, ferner Entilirung des Fahrwassers, Flankirung der Absperrungen, des Ufers und der etwaigen Nebenvverke; moglichste Vermeidung von vorspringenden Punkten, damit die Befestigung dem umfassenden und enfilirenden Feuer der feindlichen Schiffe nicht ausgesetzt ist; geniigende Entfernung von dem fiir grosse Schiffe aus- reichend tiefen Fahnvasser, um dem feindlichen Gewehr- und Mitrailleusenfeuer entzogen zu sein, — vvo dieser Bedingung nicht entsprochen werden kanu, sollen gedeckte (casemattirte) Gesehiitz- stande Amvendung' finden. 47 Die H oh e der Werke iiber dem Flut-Wasserspiegel soli grosser sein, als die Deckhohe der feindlichen Sehiffe betragt, einer- seits, um dem rasirenden Feuer der feindlichen Geschiitze ent- zogen zu sein, anderseits, um auf kiirzere Distanzen Decksckiisse anbringen zu konnen; die Ueberhdhung soli aber nicht so gross sein, dass bei der grossten Depression der Geschiitze noch ein todter AVinkel verbleibt, welcher das Durchfahren der feindlichen Sehiffe unter dem Schuss oder die Ausfiihrung von Landungen ermoglicht. Solite dieser Forderung bei Anlage des Hauptwerkes nicht geniigt werden konnen, so miissten eigene, von ihm ab- hangige und geschiitzte Batterien in niedriger Lage erbaut werden. Fiir die Grosse der Werke ist die Anzalil der Geschiitze, welche dieselben aufzunehmen bestimmt sind, massgebend. Die Gesammtzahl der zur Vertheidigung einer Position in Anwendung kommenden Geschiitze ist abhangig von der Wichtigkeit dieser Position und von der Starke, in ivelcher die feindliche Flotte nach der Ausdehnung und Tiefe des Fahnvassers innerhalb der \virksamen Scliussiveite aufzutreten vermag. Hiebei ist zu beriick- sichtigen, dass die Kiistenbatterien den Schiffen gegeniiber in mehrfacher Beziehung im Vortheil sind; sie haben namlich giin- stigere Bedingungen fiir die Feuerabgabe (festen Geschiitzstand, bessere Kenntniss der Distanzen), konnen daher auf eine grossere Treffwahrscheinlichkeit rechnen; ferner ist die AVirkung einzelner Schiisse nicht geeignet, die Kiistenbatterie ganzlich ausser Ge- fecht zu setzen, wie dies bei einem Sehiffe durch Schiisse unter der AVasserlinie, in den Maschinenramn, gegen das Steuer etc. der Fali ist; schliesslich konnen Panzerschutz und Kaliber der Ge¬ schiitze bei den Kiistemverken iiber jene Grenze liinaus gesteigert werden, welche bei den Schiffen die Riicksicht auf ihre Trag- fiihigkeit zieht. Diese Griinde lassen es nicht nothwendig er- scheinen, dass die Armirung der Kiistenwerke jener der auftreten- den Sehiffe numerisch iiberlegen sei; insbesondere soli dem Be- streben nach numerischer Ueberlegenheit nicht der Grundsatz geopfert iverden, dass im Kampfe zvvischen gepanzert.en Objecten im Allgemeinen nur jenes Geschiitzkaliber als wirksam betrachtet werden kanu, dessen Durclischlagskraft innerhalb angeinessener Distanzen dem gegnerischen Panzer gewachsen ist, dass daher eine kleinere Zalil von schvveren, gegen feindliche Panzer wirk- samen Geschiitzen einer grosseren Zalil kleinerer, zum Durch- schiessen des feindlichen Panzers ungeeigneter Geschiitze vorzu- zielien ist. — Die A r ertheilung der Gesammtzahl der Geschiitze einer Position an die einzelnen zu befestigenden Punkte geschieht eben- falls nach der Wichtigkeit derselben, jedocli soli hiebei iveder eine zu grosse Zersplitterung, \velche die Erbauung und Besetzung zu vieler sturmfreier AVerke zur Folge hatte, noch auch eine zu weit gehende Anhaufung der Geschiitze an einem Punkte platz- greifen. 16 bis 20 Geschiitze konnen als Mittel, zwei Geschiitze 48 des grossten Kalibers als Minimum der Geschiitzzalil fiir ein Werk angesehen werden; die grossten und wichtigsten Kiistenforts er- halten 60 Gescktitze und daviiber. Die Kiistenbefestigungen kommen in folgenden For m e n vor: ungedeekte Erdbatterien, — Erdbatterien mit Panzerschil- den, — casemattirte Batterien oder Tluirme, ebenfalls oline und mit Panzerschilden, - feststehende Panzerbatterien oder Panzer- thiirme, — drehbare Panzerthurme. Die ungedeekte Erdbatterie wird auf Punkten an- gewendet, welche durch ihre Iiohe gegen Einsicht und dominiren- des Feuer, sowie durch ihre zuriickgezogene Lage gegen enfili- rendes und Riickenfeuer gesichert sind. Der Grundriss dersel- ben ist in der Regel polygonal. Die Frontrichtung und die Lange der Polygonseite richtet sich nach der durch das Fahrvvasser bedingten Richtung und Starke des abzmvehrenden Angriffes, \vobei die Lage, Form und Grosse des Bauplatzes mit zu beriick- sichtigen kommt, — Das Profil ist selbstverstandlich Wallprofil. Die Batteriehohe soli nicht weniger als 15 Meter, aber auch nach dem eingangs Gesagten nicht mehr als 30 Meter iiber dem Flut- wasserspiegel betragen. Die Widerstandsfahigkeit gegen schvvere Geschiitze erfordert eine Brustwehrdicke von 8 bis 10 Meter, \vobei vorziigliches oder mindestens mittelgutes Erdreich als Bau- material vorausgesetzt wird. Wegen des erforderlichen grossen Bestreichungswinkels der Geschiitze bildet das Ueb erbank-Feuer die Regel, das Feuer durch Scharten aber eine Ausnahme, welche im Allgemeinen nur dort statthaft ist, wo ein Fahrwasser von geringer Breite be- strichen oder eine Absperrung flankirt werden soli, oder wo wegen der tiefen Lage des Werkes die Geschiitze eine bessere Deckung erhalten miissen; iibrigens lasst im letzteren Falle die Venvendung von Versenkungs-Laffetten* das Ueberbank - Feuer mit einer ausreichenden Deckung des Geschiitzes bis zum Schuss- momente vereinigen. Die S očke n h oh e soli die erforderliche Depression (von mindestens 5°) zulassen. Der Wallgang soli so breit sein, dass hinter den aufgestellten Geschiitzen noch geniigender Raum fiir den Verkehr auf dem Walle, insbesondere fiir den Munitions- * Versenkungs- oder Verschwindungslaifetten im Allgemeinen sind solehe Laffetten, welche dnreh den Eiicldauf aus der ungedeekten Sehussposition in eine dureh die Brust\vehre gedeekto tiefere Lage (Ladoposition) gelangon und nach dem Laden des Geschiitzes wieder in die Sehussposition iiberfiihrt werden. Bei der Versenkungslaffette des Sistoms Moncrieff wird der Eiicklauf des Ge¬ schiitzes in eine Drelibewegung umgewandelt, vennoge welcher sich der obere Theil der Laffette mit dein Geschiitzrohr in die Ladoposition senkt und dabei cin schweres Gegengewicht hebt; in der Ladeposition wird die Laffette durch ein Gesperre fostgehalten, nach dessen Auslosung das Geschiitz durch die Wirkung des Gegengewichtes wieder in .die Sehussposition gehoben wird. 49 transport zu den Geschiitzen bleibt. Die Sockenhohe, die Breite des Wallganges und die Lange der Feuerlinie fdr ein Geschiitz sind demnach von dem Kaliber der aufzustellenden Gescbiitze und den Dimensionen der Laffete abhangig; auf die Lange der Feuerlinie nimmt tiberdies der erforderliche Bestreichungswinkel Einfluss. Hiebei ist auf die Traversirung des Walles Riicksicht zu nehmen, \velche in der Regel eine derartige ist, dass jedes Geschiitz zwiscken zwei Hohltraversen steht. Von diesen letzteren \vechseln die Munitionstraversen mit den zu Unterstanden fiir dieMannschaft dienenden (Mannschaftstraversen) in der Reihenfolge ab; die Mannschaftstraversen haben eine geringere Breite als die Munitionstraversen. — Gewohniich wird der Raum- bedarf auf dem Walle fiir den schwersten Geschiitzkaliber be- messen, um nach Erforderniss jedes beliebige Geschiitz aufstellen zu konnen. Um genugende Deckung fiir den Verkehr auf dem Wall- gange zu bieten, soli die Brustvvehre diesen um 3 m f iiberhohen. Hieraus folgt bei den iiber Bank feuernden Geschiitzen die Noth- wendigkeit, fiir jedes Geschiitz einen eigenen erhohten Geschiitz - stand (die Bank) zu erbauen. Die Bank wird aus Beton her- gestellt, in welches an den Stellen, wo Backsschienen fiir die Rollen oder Rader der Laffetenrahme (des Schlittens), sowie die Backsringe anzubringen sind, Steinquadern eingelassen werden. Fiir das Pivot wird ein Pivotlager aus Gusseisen angebracht oder — bei provisorischen Anlagen — ein kleines Geschiitzrohr in senkrechter Stellung eingegraben. Unter dem Walle werden Casematten als Unterkunftsraume fiir die Besatzung und als Munitionsdepots erbaut. Die Anlage und Einrichtung der Munitionsdepots muss der Bedingung entsprechen, dass der Transport der Munition von den Depots zu den Geschiitzen mit moglichster Schnelligkeit, daher auf dem kiirzesten Wege und mit thunlichster Einfachheit ausgefiihrt werden konne. Die Feuerschnelligkeit, welche die Geschiitze in entscheidenden Momenten entwickeln mtissen, die Unthunlichkeit, grossere Mengen von Geschossen und Patronen in den dem feindlichen Feuer ausgesetzten Traversen anzusam- meln, die Schwierigkeit der Beforderung grosserer Lasten, wie sie die Geschosse der schvveren Geschiitze der Neuzeit darstellen, — machen die obige Bedingung zu einer unerlasslichen. Dieser Bedingung \vird am besten entsprochen, wenn die Munitionsdepots unmittelbar unter den Munitions-Hohltraversen, mit dcnselben communicirend und derart angelegt werden, dass die beiden zu- sammengehbrigen Depots (die Pulverkammer und das Geschoss- depot) die ganze Munitionsdotation der beiden zur Seite der Traverse stehenden Geschiitze aufzunehmen vermogen. Ist die Herstellung dieser Depots in den erforderlichen Dimensionen nicht moglich, so mtissen eigene Haupt-Munitionsdepots fiir die 4 50 Aufnahme der in den Specialdepots nicht Raum findenden Munition angelegt und behufs leicbtcren Transportes der Geschosse durch Schienengeleise fiir Geschossvagen mit den Specialdepots verbunden werden. Die innere Einrichtung der Munitionsdepots ist im Allgemeinen die gleiehe wie auf den Kriegsscbiffen: die Patronen werden, in Karduskisten venvahrt, in Fachern gestaut, — die Geschosse werden ohne Kisten in inehreren Reihen neben und durch Bohlen getrennt tiber einander gestellt; fiir die Be- leuchtung des Raumes wird durch von aussen anzuziindende Laternen gesorgt. Um den Patronentransport zu vereinfachen und zu beschleunigen, empfehlen sich Karduskisten, \velche fiir die Aufnahme Einer Patrone eingerichtet sind und daher auch als Karduskocker dienen konnen, vvodurch das Herausnehmen der Patrone aus der Kiste und Versorgen im Koeker entfallt; diese Vereinfachung fallt umsomehr ins Gewicht, je grosser die Pulver- ladungen sind. — Bei grossen Hauptdepots sind oft zur Erleich- terung der Abtransportirung besonders schwerer Geschosse Lauf- krahne mit Differential-Flaschenziigen nothvendig. Der Munitionstransport von den Specialdepots zu den Geschtitzen geschieht am einfachsten auf nachstehende Art: Die Patronen werden in ihren Kockern oder diese vertretenden Kisten mittelst eines Flaschenzuges in die Traverse gehisst und von hier durch die Thiire in der riickvartigen Wand der Traverse zu den Geschtitzen getragen. Die Geschosse werden mittelst Geschoss- hebern erfasst, durch Flaschenziige in die Traverse gehisst, hier in Geschossvagen gestrichen und auf Geleisen, welche durch eine Oeffnung in der beziiglichen Seitenvvand der Traverse hinaus und auf der Bank concentrisch zu den Backsschienen laufen, zum Geschiitz gefiihrt. Wo die Verhiiltnisse die Anlage von Specialdepots unter den Munitionstraversen unthunlich machen und die Versorgung mehrerer Geschiitze mit Munition aus weiter rtickvvarts liegenden Depots durch eine einzige Traverse nothwendig machen, mtissen die Geschosse auf Geschosswagen vom Depot in den Brunnen unter der Traverse gefiihrt, hier auf eine mit Schienengeleisen ver- sehene Plattform aufgefahren werden, welch’ letztere durch eine hydraulisclie Hebevorrichtung oder eine Seil- (Ketten) Winde bis in die Traverse emporgehoben vvird; von hier werden die Geschoss- wagen durch die Traversthiire auf Geleisen, \velche die Fort- setzung der Geleise auf der Plattform bilden, zu den Geschtttzen gefahren. Diese Geleise laufen auf dem Wallgange langs der Front aller zu versorgenden Geschiitze und zweigen sich bei jedem Geschiitze mittelst Wechsel oder Drehscheiben zu den hinter dem Geschiitze concentrisch zu den Backsschienen laufenden Geleisen ab. — Der Graben der Kiistenbatterien und dessen Flankirung vir d den Anforderungen der Sturmfreiheit gemass dimensionirt 51 uod eingerichtet, wobei auf ein beabsichtigtes Breschiren der Escarpe durch Bogenschiisse von den Scbiffen aus nicht zu re- flectiren ist. Die Iv eh le wird je nach dem Masse der Gefahrdung der Batterie von riickwarts entweder mir auf Stunnfreikeit oder aucb auf Widerstand gegen Geschiitzfeuer berechnet. Als Nebenwerke kommen vor: der gedeckte Weg zur Aufstellurig von Nachtposten vor der Contrescarpe; das Iieduit; Anschlussbatterien, insbesonclere Morserbatterien. Die Aufstellung von Morsern in den Kiistenbatterien selbst oder in eigenen Anschlussbatterien hat den Zweck, den F ein d durch ein ausgiebiges Wurffeuer zu beunruhigen und insbesondere das Aukern desselben im Bereiche des Bombenfeuers zu ver- hindern. Wegen des geringen Schutzes, welcher selbst den vvichtigsten Theilen und Einrichtungen der Schiffe gegen Vertical- feuer gegeben werden kann, wird es eine Panzerfiotte nicht wagen, auf einem durch Bombenfeuer gefahrdeten Platze vor Anker zu liegen. Dies gibt den Morserbatterien insbesondere dort eine grosse Bedeutuug, wo der Feind von einem wicktigen, fiir die eigene Stellung gefahrlichen Ankerplatze ferngehaltbn werden soli. Aber auch bei Vertheidigung von Durchfahrten bildet das Bombeu- feuer eine ausserst wirksame Untersttitzung des Feuers der 'schweren Panzergeschiitze. Selbstverstandlich gilt dies nur voin Feuer der schweren, also gezogenen Morser, nebst welchen in den Kiistenbatterien nur glatte Morser des grossten Kalibers Platz finden konnen. Um die Geschiitze besser zu decken, als dies bei grossem Backsungswinkel durch die Traversen und die Merlons der ein- fachen Erclscharten geschieht, werden in Erdbatterien auf dem Walle Panzerschilde*, casemattirte Geschtitzstande mit Panzerkopfen und drehbare Panzerkuppeln auf casemat- tirtem Unterbau, die letzteren hauptsachlich in den Saillants, errichtet. — ^ Die casemattirten Batterien oder Thiirme finden vor- zilglich bei ungeniigender Hbhe des Bauplatzes Anvvendung, wo- bei die eigentlichen Geschtitzstande auf einen caseinattirten Unter¬ bau aufgesetzt werden. Wo es sich darum handelt, auf einem beschrankten Bauplatze eine grosse Anzahl von Geschiitzen auf- * Die englischen Panzerschilde bestehen aus drei funfzolligen Platten, welche in Abstiinden von fiinf Zoll (127™/k) hintereinander gelagert und dureli Bolzen mit einander verbuuden sind; die Zivischenraume sind mit Eisenconcret (Eisenspiihne mit Tbeergemischt) oder Portland-Cement ausgefullt. DerScharten-. theil ist riickwarts durch einen die Sehartenoffnung rahmenartig umfassenden eisernen und mit Eisenconcret angefiillten Kasten verstarkt, welcher auf einer bis unter das Mauoriverk der Traversen seitwiirts reichenden Pussplatte steht; die Pussplatte ist mit einer zwei Fuss unter dein Baukorizont eingegrabenen Fundamentplatte durch starke Bolzen verbunden. 52 zustellen, werden die Geschutzstande in mehreren Stockwerken aufgebaut; dies ist hauptsachlich beim Baue im Wasser der Fali, um die Fundamente moglicbst zu reduciren. Die aus der Zeit der glatten Geschiitze herruhrenden derlei Bauliclikeiten sind den thurmartigen Reduits der Festungswerke ahnlich und unterscheiden sicb von ibnen nur durch etwas starkere Mauern und geraumigere Casematten, entsprecbend den aufzustellenden schwereren Geschiitzen. Gegeniiber den grossen gezogenen Sehiffsgeschiitzen der Neuzeit ist die Widerstandsfahig- keit dieser ungepanzerten Mauerwerke vollstandig ungeniigend. Man versuclite demnach die Schartentheile der schon vorhandenen casemattirten Batterien durch Panzerungen zu verstarken. Bei Neubauten ersetzt man die ganze Schildmauer zwiscben den Stiitz- pfeilern durch Panzerschilde. Die Stiitzpfeiler werden bedeutend starker als friiher (circa vier Meter diclc) gemacht und die Panzer¬ schilde etwas (um ungefahr ein Meter) hinter die Štirn der Pfeiler und des Gewolbes zuriickgezogen, so dass bedeutende Mauer- massen heruntergeschossen werden miissen, bevor an den Seiten des Panzerschildes die Deckung des Inneren der Batterie ver- loren geht; hiezu ware das Auftreffen einer betrachtlichen Anzahl von Schiissen auf einen und denselben Pfeiler notlmendig, worauf im Laufe einer Beschiessung kaum zu rechnen ist. — Die Con- struction der Panzerschilde ist ahnlich jener der Schilde in Erd- batterien. Bei melirstbckigen Thiirmen reichen die Schilde durch alle Stoclnverke vom Unterbau bis zum Deckengewolbe; die Geschutzstande der oberen Stockwerke werden in ahnlicher Weise wie die Batteriedecke der Panzerschiffe hergestellt. — Im Unter¬ bau, \velcher aus sehr starken Mauern (von vier bis fiinf Meter Dicke) hergestellt und wenn moglich durch eine Erdbrustwehre gedeckt wird, werden die Munitionsdepots angelegt, aus welchen die Patronen und Geschosse durch Aufziige direct in die Batterie- raume befordert werden konnen. — Auf der Dečke — der Platt- form — werden haufig iiber Bank feuernde Geschiitze aufgestellt, \velche sich in dominirender Position, also in derselben Lage be- finden, wie die in einer hochgelegenen ungedeckten Batterie auf- gestelltem Geschiitze. Die festen Panzerthiirme werden auf den \vichtigsten Punkten, hauptsachlich auf solchen angewendet, welche ihrer weit vorgeschobenen Lage (am Ende von Hafendammen, auf Klippen und Untiefen der Rkeden etc.) wegen einem umfassenden Feuer ausgesetzt sind. Diese Thiirme sind ein- oder mehrstockig und unterscheiden sich im Allgemeinen von den casemattirten Thiirmen .mit Panzerschilden nur dadurch, dass die Stiitzpfeiler und der vordere Theil der Dečke ebenfalls starke Eisenconstructionen sind, die Pfeiler mit Beton ausgefiillt. Der riickwartige, durch feind- liche Schiisse nicht gefahrdete Theil des Gebaudes kann aus ge- mauerten Pfeilern mit Uebervvolbung hergestellt sein. Das Fun- 53 dament muss bis iiber den Flut-Wasserspiegel reichen. Der ftir Munitionsdepots dienende Unterbau erfordert sehr starke (5 bis 6 ,n / dicke) Umfassungsmauern, welebe eventuell durch Panzer verstarkt vverden. Die Dečke kanu als Plattform zur Aufstellung von liber Bank feuernden Geschlitzen oder von solcben in dreh- baren Panzerthiirmen eingericlitet vverden. Die drehbaren Panzerthiirme oder Panzerkup- p e 1 n kommen, vvie vorbemerkt, in den Saillants der Erdbatterien sovvie auf den Plattformen der casemattirten und gepanzerten feststehenden Thiirme als Verstarkungen derselben vor. Sie kon- nen aber audi auf Punkten, vvelche dem feindlichen Schiffsfeuer nicht direct ausgesetzt sind, als selbstandige Werke angevvendet vverden, vvobei sie einen eigenen sturmfreien, casemattirten Unter¬ bau erfordern, durch vvelchen auch der Drehmechanismus gedeckt sein muss. Die Panzerkuppeln sind meist zur Aufnahme von zvvei Geschlitzen eingericlitet und vverden in neuerer Zeit aus Hartguss hergestellt. II. Absperrungeii im Fahrwasser. Die Nothvvendigkeit von Bevvegungshindernissen im Falir- vvasser ergibt sich aus der grossen Geschvvindigkeit der Dampf- schiffe, vermoge vvelcher sie die vvirksamen Distanzen der Ktisten- geschlitze in sehr kurzer Zeit durchlaufen; die verhaltnissmassig geringe Feuerschnelligkeit der schvveren Klistengeschiitze hat zur Folge, dass vvahrend dieser Zeit nur vvenige Schlisse aus jedem Geschiitze abgefeuert vverden konnen, vvahrend die rasche Orts- veranderung des Zieles das Richten der Geschiitze erschvvert und das Treffen unsicher macht.* Wird hingegen der Feind durch ein Hinderniss in seiner Bevvegung aufgehalten, so bleibt er nicht nur langere Zeit im vvirksamen Schussbereiche der eigenen Geschiitze, sondern es haben auch diese Gelegenheit, auf ein nunmehr unbevvegliches Ziel einige sichere Treffer anzubringen. * Betrachtot man 1500 ""f als die Grenze der ivirksamen Sehussvveiten, so wird ein mit 10 Meilen Geschvvindigkoit falirendes Sehiff diese Strccko von 1500® 1 / in nahezu fiinf Minuten durchlaufen; die Feuerschnelligkeit der schvveren Geschiitze kann im Mittel mit Ein Schuss in drei Minuten angenommen vverden; es vviirde also jedes Geschiitz nur ungefahr drei Schiisse abgeben konnen von dem Augenblicke an, als das feindliche Schiif in den Bereich seines vvirksamen Schusses tritt, bis zum Momente, in vvelchem es vvieder aus diesem Bereiche sich entfernt. Die rasche Ortsveranderung des Zieles zvvingt zu continuirlichen Bectiflcirungen der Biehtung des Geschutzes, verzogert also die Ausfiihruug derselben, insbesondere vvenn die Bevvegungsriehtung des Zieles nahezu senk- recht auf die Schussrichtung goht; dies, sovvie der die Aussicht benehmcnde Eauch in der Batterie vvird die Feuerschnelligkeit der Geschiitze nocli bedeu- tend vermindern. 54 Die Absperrungen miissen vor allem geniigende "VViderstands- fahigkeit gegen den Stoss der feindlichen Schiffe haben, vvobei die Tiefe des Fahnvassers an der Anlagestelle, welche die Grosse und Gattung der passirenden Schiffe bedingt, in Beriicksichtigung zu ziehen ist. Sie sollen ferner den elementaren Einfliissen (Ebbe und Flut, Stromung, Wellenschlag, herrschende Winde etc.) widerstehen und durch das feindliche Geschiitzfeuer nicht zu zerstoren sein. Die Absperrungen miissen eine solche Ausdeh- nung baben, dass sie die ganze fahrbare Passage sperren, daber nicht umgangen werden konnen; an der ftir das Durchfabren der eigenen Schiffe bestimmten Stelle muss die Absperrung rasch zu offnen oder zu beseitigen sein. Wegen der Raschlreit, mit vvel- cher die feindlichen Schiffe gleich zu Beginn des Krieges auftreten konnen, miissen die Absperrungen rasch herzustellen sein; dies erfordert moglichst einfache Construction derselben, sowie die Beschaffung und Herrichtung des nothigen Materials schon im Frieden, um im Bedarfsfalle sofort die Herstellung der Absper¬ rungen in Angriff nehmen zu konnen. Die Absperrungen miissen mit thunlichster Riicksicht auf die Beschaffenheit des Fahrvvassers derart angelegt werden, dass sie durch kraftiges Feuer aus den schwersten Geschiitzen fiankirt vverden; sie miissen gegen heimliche Beseitigung durch Bevvachung an beiden Ufern, eventuell durch Wachschift'e gesichert werden. Man unterscheidet zwei Arten von Absperrungen: feste und schvvimmende. Die festen Absperrungen sind nur an jenen Stellen anvvendbar, welche eigene Schiffe nicht zu passiren haben, wo die Wassertiefe nicht gross (unter 8 bis 10”/) ist und nicht stark vvechselt, \vo der Grund nicht Fels oder Triebsand ist, etc. Die festen Absperrungen bestehen meist aus eingerammten Pfah- len, welche in mehreren Reihen hinter einander entrveder einzeln mit Intervallen, oder dicht geschlossen, oder aber zu Pfahlgruppen vei-einigt angeordnet werden. Die Reihen aus einzelnen und dicht- geschlossenen Pfahlen, welch’ letztere man durch umgeschlungene Ketten mit einander vereinigt, werden nur bei nicht starker Stromung angervendet; die Zwischenraume werden mit Steinen ausgefiillt.’ Die Pfahlgruppen rverden quadratformig hergestellt, durch umgeschlungene Ketten verstarkt und mit der Diagonale in der Richtung der Stromung gestellt; sie werden in zwei Reihen schachbrettformig hinter einander angeordnet, und in dem Inter- valle zwischen den beiden Reihen schwimmende, mit Ketten an den Pfahlgruppen befestigte Flosse angebracht. Die Intervallen zwischen den einzeln stehenden Pfahlen oder Pfahlgruppen konnen durch nach vorne geneigte, mit Eisenspitzen beschlagene Pfahle ausgefiillt vverden, vvelche, um sie in der geneigten Lage zu er- halten, vorne auf verticale Stiitzpfahle aufgelegt und hinten durch Steine beschvvert vverden. 55 An solchen Stellen, welche mir fiir kleinere Schifte passirbar sinil, konnen anstatt der Pfalde spanische Reiter aus Holz oder Ei s en angewendet werden. Wenn es sicli darum bandelt, feste Absperrnngen in der kiiiszesten Zeit herzustellen, konnen mit Steinen beladene Scbiffe ver&enkt werden. Wegen der Kostspieligkeit dieses Mittels und der Sclnvierigkeit, das versenkte Schiff im Frieden \vieder zu beben, wird man hievon nur im Notbfalle, wenn eine andere Art der Absperrung nicbt mdglicli ist, Gebraucli machen. Die š c h w i m m e n d e n Absperru n g e n kommen in allen jenen Fallen zur Anwendung, in welchen die Verhaltnisse die vortkeilhafteren festen Absperrungen unverwendbar machen, also bei grosser Wassertiefe, bei stark wecbselndem Wasserstand, bei starken Stromungen und an Stellen, welclie fiir das Durchfahren der eigenen Scbiffe prakticabel bleiben sollen; nachdem sie aber, um geniigenden Widerstand leisten zu konnen, verankert werden miissen, so sind sie an Stellen unanwendbar, die keinen guten Ankergrund haben. Die schvvimmenden Absperrungen miissen bieg- sam sein, um der Stromung und dem ersten Anpralle der feind- lichen Scbiffe nackzugeben; die Bewegung der letzteren soli durch zunebmenden Widerstand immer mehr verzogert und scliliesslich ganz gebenunt werden. Die schwimmenden Absperrungen sind: Kette n oder Drahtseile, welcbe quer iiber das Fahr- wasser gespannt und von verankerten Bojen, Flossen oder Scliiffen getragen werden; S eh \vi mm bal k en (Barricaden), welche, biindelweise durch Ketten zusammengesorrt, eine starke Kette oder ein Dralit- seil tragen; Netze oder Taue, in mebreren Reihen hinter einander quer iiber das Fabnvasser gespannt und von verankerten Bojen getragen; an dieselben iverden l'rei im Wasser spielende Tauenden gekniipft, in \velche sich die Schrauben der Scbiffe oder Boote vervvickeln sollen; horizontale Netze aus Tauen oder Ketten, ivelche eine grossere Wasserflache bedecken und ebenfalls durch Baumstamme, Bojen oder Flosse getragen iverden. Das Taunetz wird aus meh- reren starken, ungefahr 20hinter einander quer liber das Fahnvasser gespannten und durch grosse verankerte Bojen ge- haltenen Tauen hergestellt, welche durch schwachere, schrag gegen die Quertaue gezogene, sich kreuzende und an den Kreuzungs- stellen auf kleinere Bojen aufgelegte Flechtungstaue verbunden werden. Beim Kettennetz werden die Ketten in mebreren Reihen diagonal und sich kreuzend zwischen verankerten Baumstiimmen oder Flossen, deren Langseite jedoch senkrecht zur Frontricbtung der Absperrung lauft, gezogen; 56 G 1ieder-Flossperren; sie bestelien aus 7 bis 8 m/ langen, 1 bis l 1 l a m f breiten und boben Flossen, welcbe aus mit Eisenbandern und Scbraubenbolzen fest verbundenen Baumstam- men oder Balken hergestellt und quer iiber das Fahrwasser in Entfernungen von 3 bis 4 rn j von einander an eine Schiffskette der starksten Gattung befestigt werden, wodurch sie gewissermassen die Glieder einer Flosskette bilden; jedes zehnte bis zvolfte Glied wird verankert. Die Flossketten werden in der erwabnten Richtung in mehreren, 7 bis 8 m / von einander entfernten Reiben gespannt und zwiscben den Flossen je zweier Reiben Diagonal- ketten gezogen. III. Seeininen. Die Seeininen, auch Torpedo* genannt, treten in dop- pelter Eigenschaft auf: einerseits als defensive Seeininen zur Gefahrdung des Fabrvvassers, in demselben Sinne wie die Absperrungen, andererseits als offensive Seeininen zum An- griffe auf feindlicke Scbiffe. Die letzteren konnen eigentlich nur insoferne zu den Verstarkungsmitteln der Kustenvertbeidigung gerecbnet werden, als sie vom Lande oder von unter dem Scbutze von Kustenbefestigungen stehenden Booten oder Scliiffen aus an- gewendet vverden; eine iveitere Veiuvendung finden die offensiven Seeminen auch in dem unabhangig von der Kustenvertbeidigung gefuhrten Kampfe zweier Flotten, also in der offenen Seesclilaclit. Unter Umstanden ist aber die Seescblacbt selbst ein Mittel der Kiistenvertheidigung, \venn sie namlich von einer unter dem Scbutze von Kustenbefestigungen lagernden Flotte in demselben Sinne wie die Ausfallsscblacbt einer im Scbutze einer Festung lagernden Armee geschlagen vvird. In diesem Sinne konnen daker alle Gat- tungen von Seeminen unter den weiteren Begriff von Mitteln zur Kustenvertbeidigung subsummirt werden. Den Namen „Torpedoursprtinglich auf defensive Seeininen angevvendet, legt man gegenvvartig fast allgemein nur den offen¬ siven Seeminen bei, und nennt die defensiven Seeminen zum Unterschiede bievon „Seeminen“ scblecbtvveg. A. Defensive Seeminen. Die defensiven Seeminen werden wie die Absperrungen und im Verein mit diesen in mehreren Reihen quer iiber das ab- zusperreiide Fabnvasser gelegt. * Torpedo ist der Name eines Fisches (der Zitterrochc), welcher boi der Beriihrung: einen erschutternden Sohlag gegen den beruhronden Gegenstand fiilirt; mit diesem Fische sind die Seeminen nicht unpassend verglichon ivorden. 57 Die Seeminen theilt man ein: 1. ) Beziiglich ihrer Lage im Wasser in solche, welche am Grunde festliegen — Grundminen, — und in solche, \velche in einer bestimmten Tiefe schwimmend erhalten werden — schvvimmende Minen; 2. ) beziiglich der Art der Ziindung in solche, deren Ex- plosion durch das Anstossen eines feindlichen Schiffes an die Mine selbstthatig herbeigefiihrt wird — Contactminen, — und in solche, bei welchen die Ziindung vom Lande aus in dem Augen- blicke geschieht, als sich ein feindliches Scliiff im Sprengbereiclie einer Mine befindet; nachdem bei der letzteren Minengattung der richtige Sprengmoment nur durch eine ununterbrochene Be- obachtung der Minenlinie und der Bewegung des feindlichen Schiffes ermittelt werden kann, so werden diese Minen Beob- achtungsminen genannt. a) Minengefasse. Die schwimmenden Minen mtissen, um die gewiinschte Tiefe eiuzuhalten, einen Auftrieb liaben und verankert werden. Um den nothigen Auftrieb zu erreicken, darf nicht das ganze Minen¬ gefass durch das Sprengmittel ausgefiillt sein; die sckwinnnenden Minen erfordern daher grossere Gefasse, als zur Aufnahme der Ladung notlnvendig waren. Gewohnlich wird die Ladung nicht unmittelbar in das eigentliche Minengefass eingebracht, sondern es wird in dieses ein eigenes kleineres, die Ladung enthaltendes Gefass — das Sprenggefass — eingesetzt. Die Grundminen bediirfen keines Auftriebs und diirfen auch keinen haben; das Minengefass braucht daher nur so gross zu sein, als es zur Aufnahme der Ladung notlnvendig ist. Die Grund- mine reprasentirt also eigentlich das Sprenggefass einer schwim- menden Mine. Diese Vereinfachung in der Construction, sovvie das Entfallen der Verankerung macht es erklarlich, dass man den Grundminen den Vorzug gibt, vvenn die Verhaltnisse die Anvven- dung derselben gestatten. Die Amvendbarkeit der Grundminen erfordert jedoch eine geringe Wassertiefe, welche nicht zu grossen Schwankungen ausgesetzt ist, ruhiges Wasser (also keine starke Strdmung) und einen guten Grund (nicht Schlamm oder Trieb- sand). Eine Abart der Grundminen sind solche Minen, \velche nicht direct auf den Grund, sondern auf die Kopfe von geneigten Pfahlen (sielie feste Absperrungen) gelegt und an diesen befestigt vverden. Die Minengefasse im Allgemeinen mtissen vvasserdiclit erzeugt sein, d. h. es muss die Verbindung der Wande und der Deckel so solid und dicht sein, dass selbst nach langerer Zeit und bei dem grossen Wasserdrucke, welcher in der Schwimm- oder Lagertiefe der Mine herrscht, kein Wasser in das Gefass einzudringen vermag. Dies ist nothwendig — bei den schwim- 58 menden Minen, damit die Schivimmfahigkeit derselben nicht ver- loren gekt, — bei den Grundminen, damit das Sprengpraparat nicht unbrauckbar wird. Die Sprenggefasse der schwimmenclen Minen brauchen keine absolute Wasserdiehtigkeit. Die Form der See-Minengefasse ist in der Regel cylindriscb; docli kommt bei den schwimmenden Minen audi die konische und spkariscke Form vor. b) Ladung, Schiuimmtiefe, gegenseitige Entfernung der Minen. Die Grosse der Ladung, somit audi die Grosse der Minengefasse, die Sehwimmtiefe der Minen, die Entfer¬ nung derselben von einander, sowie die Bedingungen fiir die Amvendbarkeit sind von der Art der Ziindung abhangig. Es miissen demnach bei Betracbtung dieser Factoren die Contactminen von den Beobaclitungsminen unterscbieden \verden. Contactminen. Eine wesentliclie Bedingung der zerstb- renden Wirkung der Mine gegen einen Gegenstand, in dessen Nake sie explodirt, liegt darin, dass eine geniigende, von der Mine bei der Explosion zu kebende Wassermasse liber derselben vorkanden sei, \velcke gewissermassen die Verdammung der Mine bildet und die Ausbreitung der Wirkung nack der Seite zur Folge kat. Ist diese Verdammung ungenugend, d. k. die Entfernung der Mine vom Wasserspiegel zu klein, so wird eine selbst im Contact mit einem Gegenstande explodirende Mine eine nur geringe Wir- luing auf denselben ausiiben. Je starker die Verdammung, desto kraftiger wird die Wirkung der Mine nack der Seite sein. Es ist daker bei Contactminen, welche in unmittelbarer Beriikrung mit dem feindlicken Sckiffe explodiren, eine moglickst tiefe Lage unter dem Wasserspiegel anzustreben; diese tiefe Lage scliiitzt iiberdies die Mine vor der Zerstbrung durch feindlicke Ge- sckosse. Andererseits darf die Schwimmtiefe der Contactminen nickt so gross sein, dass ein feindliches Sckiff, selbst von dem kleinsten gebrauchlicken Tiefgange, iiber dieselbe kinwegfahren kann. Diesen Bedingungen entspricht bei nicht zu grossen Veranderungen im Wasserstande eine Schivimmtiefe von ungefahr i m l unter dem mittleren Wasserspiegel. Bei stark veranderlickem Wasserstande sind Contactminen tiberhaupt (ohne eine besondere Vorricktung zur Regulierung der Sclnviinmtiefe entsprechend dem Wasser- stande) nickt zu verwenden. Von der Tiefe der Contactminen ist nach Vorstehendem die Grosse der Ladung abhangig, welche zur Erreichung eines beabsicktigten Sprengeffectes angevvendet werden muss. Beide Factoren bedingen die Ersckutterungssphare der Mine, namlick jenen Raum, innerhalb welches die von der explodirenden Mine ausgekende Erschutterung nock gross genug ist, um eine Nackbarmine zu besckadigen und kiedurch zum Sinken oder gar 59 z ur Explosion zn bringen. I)ie Erschiitterungssphare bezeiclmet daher das Minimum der Entfernung, welche zwei Minen einer Reihe und die Minenreihen unter einander haben miissen. Als das Maximum dieser Entfernung gilt die Schiffsbreite, namlich jener Abstand, welcher es verhindert, dass ein feindliches Schiff zvvisclien zwei Contactminen einer Reihe hindurchfahren kann, ohne gegen die eine oder die andere einen zur Hervorrufung der Explosion geniigenden Stoss zu fiihren. Die Contactminen sin d in der Anwendung einfacher als die Beobachtungsminen, da sie nach Activirung des selbstthatigen Zundmechaiiismus keiner weiteren unmittelbaren Bedienung und Mitwirkung bediirfen. um im richtigen Momente zu explodiren ; ferner ist man bei den Contactminen im Allgemeinen nicht in der Wahl der Zundmethode so beschrankt, wie bei den Beob¬ achtungsminen, fiir welcbe nur eine, und zwar die defficilste und unverlasslichste Zundmethode (die elektrische) amvendbar ist; iiberdies erfordern die in unmittelbarer Berubrung mit dem zu scbadigenden Objecte explodirenden Contactminen eine geringere Ladung zur Erreichung einer beabsichtigten Wirkung, als solcbe Minen, die nicht im Contact mit dem Objecte explodiren. Man wird demnach den Contactminen iiberall den Vorzug geben, wo die Umstande dieselben nicht unvenvendbar machen. Die Con¬ tactminen eignen sicb nicht zurSperrung solcher Passagen, \velcbe von den eigenen Schiffen beniitzt werden miissen; bei den Con¬ tactminen mit activirter Ziindvorrichtung ist dies selbstverstand- licli, — die Contactminen, bei welchen es die Zundmethode zulas- sig macht, den Ziindmechanismus beliebig in und ausser Activitat zu setzen, die also in nicht activirtem Zustande von den eigenen Schiffen ohne Gefahr iiberfahren werden konnten, vviirden durch das Anstossen der Schiffe beschadigt werden. Ferner sind, wie be- reits bemerkt, die Contactminen im Allgemeinen dort unanivend- har, wo Ebbe und Flut zu grosse Aenderungen des Wasser- standes hervorbringen. Die Contactminen werden daher_in der Regel nur zur Šperrung von solchen Durchfahrten venvendet, welche nicht als Passagen fiir die eigenen Schiffe reservirt sind; bei Durchfahrten, \velche von den eigenen Schiffen absolut beniitzt werden miissen (Hafeneinfahrten etc.) kann bei grosserer Breite des Fahnvassers ebenfalls ein Tlieil desselben durch Contactminen gesperrt werden, der als Passage fiir die eigenen Schiffe die- nende Tlieil muss aber durch Beobachtungsminen vertlieidigt werden. Beobachtungsminen. Vermoge ihrer Aufgabe, eineDurch- fahrt derart zu sperren, dass dabei der Verkehr der eigenen Schiffe ohne Gefahr fiir dieselben und ohne Beschadigung der Minen moglich bleibe, miissen die Beobachtungsminen in einer Tiefe liegen, welche selbst beim mindesten Wasserstand den grossten Tiefgang der eigenen Schiffe iibersteigt. Infolge dessen 60 ist die Wirkungsweise dieser Minen versckieden von jener der Contactminen: die Beobachtungsmine wirkt nicht direct auf das Object, sondern vermittelst der Wassersaule, tvelche dieselbe trichterformig ausbebt und in die Hohe schleudert. Dies bedingt eine gr d s s ere Ladung bei den indirect wirkenden Beobach- tungsminen, als bei den direct rvirkenden Contactminen. Die Wirkung auf die innerhalb des aufgeworfenen Trichters befindlichen Objecte wird mit der Zunahme der radialen Ent- fernung derselben von der Mine abnehmen. Aeussert sicb diese Wirkung in dem Eindrucken einer Flache, so wird bei gleicher Entfernung von der Mine und gleicker Starke jene Flache die grosste Besckadigung erleiden, deren Lage sicli am meisten der Senkreckten zum Kadius nahert. Das Object, gegen \velches sicb die Wirkung der Mine ricbtet, ist der Boden des feindlicben Sckiffes; es \vird daher die Mine die grosste Wirkung gegen ein feindlicbes Scbiff ausiiben, wenn der vermoge seiner Construction und der Neigung zum Badius der Minenwirkung schwachste, am leicbtesten einzudruckende Tbeil des Sckiffsbodens die kiirzeste Entfernung von der Mine hat. Denkt man sich, die Projection der Mine an der Wasser- oberfiiiche als Mittelpunkt, einen Ivreis von solcbem Halbmesser bescbrieben, dass ein in denselben eintretendes Scbiff durch Explosion der Mine in genugend hohem Grade beschadigt \vird, so gilt dieser Kreis als Wirkungskreis der Mine obne Riick- sicht auf sein eventuelles Verhaltniss zum aufgeworfenen Trichter. Der Wirkungskreis und der Erschiitterungskreis der Mine sind fur die Entfernung der Minen von einander massgebend: diese Entfernung muss einerseits so gross sein, dass der Erschutterungs¬ kreis der einen Mine die Nachbarmine nicht erreiche, •— sie soli andererseits nicht grosser sein, als dass sich die Wirkungskreise der Minen eben noch beriihren, dass also ein Scbiff' nicht zvvischen zwei Minen durchfahren konne, ohne in den Wirkungskreis der einen oder der anderen zu gelangen. e) Minenziindmg. Der weitaus wichtigste Theil der Seeminen ist der Ziind- m e c h a n i s m u s. Die Bedingungen, welche man an die Ziindmechanismen der Minen stellt, sind: verlassliche Functionirung im beabsichtigten Sprengmoinent, — Sicherheit gegen unbeabsichtigte Explosionen, insbesondere beim Legen und Licliten der Mine, — moglichst einfache Construction. Die Entziindung der Contactminen kann auf mechani- schem oder auf elektrischem Wege * geschehen. * Eine dritte Zundungsart, die chemische, welche friiher hiiuflg ango- ivendet vvuide, ist gegenvviirtig wegen ihrer Getiihrlichkoit ganzlich aussor Go- 61 Die m echanische Z ti udu n g geschieht durck Schlag (Per- cussion) oder Reibung (Friction); der Ziinder enthalt im ersteren Falle gewbknlich ein mit Knallquecksilber gefiilltes Kapsel, im letzteren Falle ein Frictionsbrandel. Der Ziindmechanismus ist meist derart eingerichtet, dass ein starker Stoss gegen die Mine ein Gesperre auslasst, wodurch ein Schlager in Thatigkeit gesetzt oder mittelst einer Spiralfeder der Fricteur des Brandels lieraus- gerissen wird. Die Details der Construction lassen mannigfacke Modificationen zu. Als Beispiel eines mechaniscken Ziindmechanismus mag die in Fig. 20 dargestellte Einrichtung dienen. Auf der birnformigen Mine A liegt eine Platte B und ist an dieselbe nur leiclit be- festigt, damit sie bei Schivankungen der Mine in Folge von Wellenschlag ete. nicbt kerabgleiten konne. Beim Anstossen an die Mine wird die Platte von derselben herabgeschoben, wobei sie mittelst der Kette C den federnden Hebel a , welcher die um den Percussionsstift B gewundene Spiralfeder b gespannt kii.lt, aushebt; der nun frei gewordene Stift D vvird durch die Feder b nach vorvvarts jgostossen und schlagt auf das im Ziinder E ein- gesetzte Kapsel. — Wie leicht begreiflich, kanu diese Vorricbtung auch fiir Frictionsziindung adaptirt tverden, wenn der Arrethebel a derart angeordnet vvird, dass beim Ausheben desselben sicb der Stift D nach abivarts bewegt und den mit ilim verbundenen Fricteur aus dem Ziinder zieht. (Die in der k. k. Marine wahr- sclieinlich zur Einfiihrung gelangende, vom Werkfiihrer Trebo construirte mechaniscke Contactmine wird als Geheimniss be- handelt.) Die e 1 e k t r i s c h e Z ii n d m e t h o d e erfordert ausser dem in der Mine befindlichen elektrischen Z ii n d e r und dem (bei den eigentlichen elektrischen Contactminen ebenfalls in der Mine postirten) die Ziindung unmittelbar bedingenden Mechanismus — dem Stromschliesser — nocli einen am Lande aufgestellten elektrischen Z ti n d app ar at — nebst seinen Accessorien und den zur Stromleitung dienenden Kabeln. Der Ziinder ist in der Regel ein Spaltztin de r; docli ist die Anwendung von Gliihdrahtziindern nicht ausgeschlossen. Der Z ii n d a p p a r a t als Elektricitatsquelle muss sich nach der angenommenen Ziindergattung richten. Fiir Spaltziinder eignen sich besonders magneto-elektrische Rotationsapparate, fiir Gliihdrahtziinder aber elektrische Batterien; doch konnen die letzteren auch fiir Spaltziinder angeivendet \verden, \venn sie mit brauch gekommen. Dio Ziindung wurde durcli Eindringen von Schtvefolsauro in ICaliuinchlorat bowirkt, welche Bostandtheile bis zurn Momente dor Ziin- dung von einander gesondort bleiben miissen; der Stoss des feindlicken Scliif- fes gegen die Mine boivirkte das Zerbreclien des Gefasses, in welchem sich die Sehvvefelsaure befand, und verursachto die Vormischung derselben mit dem Kaliumchlorat. » 62 einem Funken-Inductor vereinigt werden oder wenn zur Ziindung der Extrastrom benutzt wird. Damit, insbesondere bei Vervvendung einer Batterie als Ziindapparat, die ganze Ziindvorrichtung nach Belieben activirt oder in Passivitat gesetzt werden kann, vvird in die Leitung am Lande ein zweiter Stromscbliessr eingeschaltet, von dessen vorheriger Activirung die Moglichkeit der Ziindung abhangt. Bei Anvvendung des Rotations-Apparates zur Ziindung ist dieser zvveite Stromsehliesser nicht unbedingt notliwendig, da man es in der Hand bat, den Ziindapparat selbst in jedem Moment in und ausser Thatigkeit zu setzen. Die Anordnung der zur Ziindung erforderlichen Theile ist im Allgemeinen folgende: Vom dem Pol a des Zundapparates A (Fig. 21) ist ein Leitungsdrakt zum Stromsehliesser B am Lande gefuhrt, dieser ist durch das Kabel mit dem Stromsehliesser G in der Mine verbunden, von \velchem der Ziinderdraht zum Ziinder D fuhrt; eine Riiekleitung ist gevvohnlich nicht vorhanden, sondern es geschielit der Stromschluss vom Ziinder zum Pol e des Z indapparates durch das Wasser, wozu der zweite Ziinderdraht mit dem Minengefasse und der Pol e mit dem Erdboden leitend verbunden werden muss. Der Stromsehliesser am Lande ist meist eine Kautschuk- platte, mit welcher die Enden der Leitungstheile ab und cC iso- lirt von einander verbunden \verden; durch das Einstecken eines Metallstiftes zvvischen b und c, welcker beide Theile beriihrt, vvird der Stromschluss an dieser Stelle hergestellt. Der Stromsehliesser C, in der Mine, ist jener Theil des Ziind- mechanismus, welcher die richtige Functionirung desselben vvesent- lich bedingt. Eine einfache Einrichtung desselben besteht in einem mit Quecksilber gefiillten Gefass, in vvelches ein Metallstift hinein- reicht, ohne das Quecksilber zu beriihren; der eine Theil der Lei¬ tung endet im Quecksilber, der andere ist mit dem Metallstift verbunden. Der Stoss gegen die Mine verursacht ein Aufspritzen des Quecksilbers, wobei es den Stift beriihrt. Eine andere, eben- falls verhaltnissmassig einfache Form stellt Fig. 22 dar. Die Platte a, vvelche von einer conischen Spiralfeder d getragen wird, ist mit dem einen Theile der Leitung m, — ein davon isolirter Metall- ring b mit dem anderen Theile der Leitung n verbunden; an den Ring b sind mehrere aufrechte Metallspangen c, c befestigt. Durch den Stoss gerath die Spiralfeder d in Schvvingungen, wodurch die Scheibe a an eine der Spangen c anschlagt. Der in der k. k. Marine eingefiihrte Stromsehliesser (Con- struction Ebner) ist selir complicirt und vvird durch einen eigenen S t o s s m e c h a n i s m u s in Thatigkeit gesetzt. Der S t o s s m e c h a - ni srn us besteht aus mehreren, im Obertheile der Mine ein- gesetzten Stosstangen A, A (Fig. 23), vvelche mit ihren Kopfen aa aus der Mine herausragen; zvvischen den Stangenkdpfen und dem 63 Minengefass situl Pufferscheiben bb eingesetzt. Beim Anstossen des Schiffes an den Kopt' irgend einer Stange wird diese vor- getrieben und stosst dabei an das mit zahneformigen Einschnitten versehene Stossrad B , wodurch dieses nebst einer mit ihm ver- bundenen Achse C in der Richtung des Pfeiles gedreht wird. Dei' Stromscliliessev befindet sicb am unteren Ende der Acbse des Stossrades und bat im wesentlicben folgende Einrichtung: * Die an der Acbse befestigte Hartgummi-Scheibe D (Fig. 24) tragt zwei von einander isolirte messingene Halbcylinder d und d'-, in d sind zwei federnde Spangen 1 und 3 und der Arin m, — in d' die federnden Spangen 2 und 4 eingesetzt. Die Scheibe D dreht sicb in einem fixirten Hartgummi-Ring E, vvelcber am Um- fange funt Ausscbnitte, entsprecbend den Spangen und dem Arm m der Scbeibe, bat; in diesen Ausschnitten sind die Contactplattchen I, II, III und IV fix, das Plattchen n aber um einen Zapfen drebbar, befestigt; in der Ruhelage stehen die Spangen 1, 2 und m den Plattcben I, II und n naher, als die Spangen 3 und 4 den Plattchen 111 und IV. Die in den Ring eingesetzte Platten- feder p drttckt auf den oberen Theil des Plattchens n und ver- bindet es mit dem Plattcben 11, welch’ letzteres durch die Scbraube q mit dem metallisclien Gehause und durch dieses mit dem Minen- gefasse und dem Wasser in leitender Verbindung steht; am Platt¬ chen 1 ist das Kabel h, an den Plattcben III und IV die Draht- enden des Ziinder s befestigt. ■— Bei der Drehung der Stossacbse treten zunachst 1, 2 und m mit 1 , 11 und n in Beriihrung, der elektrische Strom communicirt: Batterie, Kabel, 7, 1, d , m, n, p, 11, q, Wasser, Batterie, — der Ziinder bleibt aus diesem pri¬ maren Stromkreis ausgeschlossen. Bei der weiteren Drehung der Acbse springt vermoge des Druckes der Feder p das Plattchen n vom Arme m ab, gleicbzeitig ti’eten die Spangen 3 und 4 mit 111 und IV in Beriihrung, der infolge der Unterbrecbung des pri¬ maren Stromkreises bei mn auftretende Oeffnungs-Extrastrom verstarkt den nunmehr durch die Nebenleitung: Batterie, Kabel, /, 4, d. 3, 7/7, Ziinder, IV, 4, d, 2, 77, q, Wasser, Batterie — circulirenden Strom und bevvirkt das Ueberspringen eines Funkens am Spalt des Ziinders. Um einen kraftigeren Extrastrom zu er- zeugen, ist zwisckeu die Batterie und das Kabel ein Multiplicator (Extrastrom-Spuble) eingescbaltet. Die vorbesckriebene Ein- ricbtung ermoglicht es demnacb, einen Spaltziinder durch eine elektrische Batterie zu ziinden. (Gegenwartig vverden, anstatt der fruber im Gebraucb gestandenen Smee’schen Batterien, Leclancbe- Batterien venvendet.) Um mehrere Minen mittelst eines und desselben Ziindappa- rates ziinden zu kbnnen — vvas wegen der nicht gleicbzeitigen Ztindung der Minen zuliissig ist, — miissen die von der Mine kommenden Kabeln vor ibrer Verbindung mit dem Stromscbliesser am Lande zu einem Ganzen vereinigt werden. Dies gescbiebt 64 raeist durch eine Vertheilerplatte , so genannt, weil durch dieselbe der vom Zlindapparat ausgehende Strom in die einzelnen Kabeln eingeleitet wird. Die Vertheilerplatte (Fig. 25) enthalt eine der Anzahl der vom Zlindapparat zu ziindende Minen gleiche Zalil von Drahtkammern J, 11, 111, IV, V... , welclie in die Platte isolirt eingesetzt sind und durch sie beriihrende Spangen 1, 2, 3 . . . mit einem Metallstiick ab in leitende Verbindung gesetzt werden; ab ist durch den Draht m mit dem Strom- schliesser B (Fig. 21) verbunden. Wenn eine Mine gesprengt wurde, so liegt das Kabelende derselben frei im Wasser, ist also mit diesem in leitender Ver¬ bindung; der elektrische Strom circulirt dann von der Klemme a (Fig. 21) durch das Kabel der gesprengten Mine und das Wasser zur Klemme e zuriick. Es kann demnach keine andere Mine ge¬ sprengt vverden, so lange das Kabel der gesprengten Mine nicht ausgeschaltet ist. Um zu erkennen, welche Mine gesprengt wurde, bedient man sich gewohnlich eines eigenen Apparates, welcher Fndicator genannt wird. Der zum selbstthatigen Ausschalten des hindernden Kabels dienende Apparat wird Disconector genannt. Als Beispiel mag folgender Indicator dienen: Die Klemmen einer der Vertheilerplatte ahnlichen Priifungsplatte (Fig. 26) \verden mit den Klemmen derVertheilerplatte durch Drahte leitend verbunden; die Klemmen der Priifungsplatte haben ihre Fort- setzung in den isolirt in die Platte eingesetzten Metallplattchen 1, 2, .3, 4. . . Ein auf der Platte um c drehbarer Arm A ist mit dem Pol m einer schvvachen elektrischen Batterie B verbunden; der Pol n ist mit dem Erdboden in leitender Verbindung. In die Verbindung mc ist eine Boussole C eingeschaltet, Wenn der Arm A eines der Plattchen beispielsweise (wie in der Figur) 3 beriihrt, so nimmt der von m ausgehende Stom den Weg C, c, 3 (an der Priifungsplatte), 111 (an der Vertheilerplatte) in das beziigliche Kabel; gehort dieses der gesprengten Mine an, so kehrt der Strom durch das Wasser und den Erdboden nach n zuriick — die Nadel der Boussole muss demnach einen Ausschlag geben; ist hingegen die Mine 111 nicht gesprengt, so ist durch den offenen Strom- sehliesser in der Mine die Stromcirculation unterbročhen und die Nadel bleibt in Buhe. Um daher die gesprengte Mine aufzufinden, muss man zuerst die Kabeln isoliren und von dem Ziindapparat trennen; sodann bringt man den Arm A an der Priifungsplatte succesive mit jedem der Plattchen 1, 2 ... in Beriihrung und beobachtet die Boussole: der Ausschlag der Nadel zeigt die ge¬ sprengte Mine an. Um die Kabeln isoliren und vom Zlindapparat trennen zu konnen, ist das Stiick ab (Fig. 25) drehbar und hebt bei der Dreliung von vorne gegen riickwarts die Spangen 1, 2, 3 . . . von den Klemmen ab. Nach der Priifung wird der Arm ab zuriickgedreht, worauf die federnden Spangen von selbst wieder 65 auf die Klemmen niederfallen. Sind die Špangen derart einge- richtet, dass sie auch unabhangig vom Arm ab einzeln von den Klemmen abgehoben vverden konnen, so bietet diese Einrichtung ein Mittel, die Leitung einer gesprengten Mine im Stromverthei- ler selbst zu unterbrechen; der letztere dient somit zugieicli als Disconeetor. Ein selbstandiger Disconeetor ist folgender: Das Kabel geht, bevor es zur Mine gelangt, in ein Gefass, in welchem sicli ein in die Leitung eingeschalteter zweiter elektrischer Ziinder mit einer kleinen Ladung befindet. Gleichzeitig mit dem Ziinder in der Mine wird auch der Ziinder im Disconeetor geziindet; die Ladung zerrreist den Draht und unterbricht so die Leitung. — Ein ziemlick einfacber Apparat, welcher als Indicator und Dis¬ coneetor zugieicli momentan wirkt, bestebt aus einer kleinen Eedertrommel A (Fig. 27), welche durch ein Gesperre bei a gespannt gehalten wird. Die hiezu gehorigen, in die Leitung zur Mine ein- gescbalteten Tlieile sind: die federnde Spange bd , der die Spange beruhrende Stift c und der Elektromagnet e. Wird durch die Thatigkeit des Stromschliessers in der Mine der Strom geschlos- sen, so zieht der Elektromagnet einen kleinen Anker an, welcher das Gesperre auslost, — bei der nun erfolgenden Drehung der Trommel stosst eine an der Trommel angebrachte Warze w an die Spange bd , entfernt sie vom Stift c und erhalt sie in dieser Lage, wodurch der Strom dauernd unterbrochen ist. Um sofort zu sehen, welcke Mine gesprengt wurde, konnen die beiden Seiten der Trommel, \velche vor und nacli der Drehung nacli oben ge- richtet sind, mit verschiedener Farbe angestrichen oder sonstvvie ausnehinbar markirt werden. — Wenn man die beiden Zundmethoden unter einander ver- gleicht, so findet man, dass die mechanische Zundung einfacher und verliisslicher ist, als die elektrische; ihr hangt jedocli der bedeutende Nachtheil an, dass das Legen und Lichten der Mine mit Gefahr verbunden ist, in welclier Beziehung hingegen die elektrische Zundung vollstandige Sicherheit bietet (soweit sie vom Zundmechanismus abhangt). Ferner konnen im dringenden Notli- falle eigene Schitfe die Linie der elektrischen Contactminen immer- hin ohne Gefahr fur sich selbst passiren; allerdings soli dies mit aller Vorsicht und jedenfalls mit gestoppter Maschine geschehen, damit nicht der Propeller unklar und die Mine zerschlagen wird. Um die Gefahrličhkeit der mechanischen Contactminen zu verringern, wendet man verschiedenartige Versicherungen an. Verbiirgt eine solehe Versicherung mindestens ein gefahrloses Legen und Lichten der Mine, so vvird man den mechanischen Minen immerhin den Vorzug vor den elektrischen Mineu geben konnen, mindestens wenn es sich um Sperrung von Durchfahrten handelt, welche ausserhalb des Manovrirfeldes der eigenen Flotte liegen, iveil man hiedurch die complicirten und kostspieligen 6 66 elektriscben Leitungen und Apparate, sowie die zur Aufnahme derselben nothwendigen und vor dem feindlichen Feuer zu schiitzen- den Ziindstationen erspart. Zur Zundung der Beobachtungsminen eignen sich, wie schon ervvahnt, nur elektrische Ziindmechanismen. In der Regel werden hiezu Spaltziinder und magneto-elektrische Rotationsappa- rate verwendet. Um durcb die Beobachtung genau zu ermitteln, wann und welcbe Mine gesprengt werden soli, wird meist von zwei ver- scbiedenen Punkten (Stationen) aus beobacbtet: Die eine Station A (Fig. 28) liegt in der Verlangerung der Minenlinie, die andere Station B vor oder binter derselben, — der Beobach- ter in A constatirt den Moment, \vann das feindliche Schiff in die Minenlinie tritt. der Beobacliter in B aber verfolgt die Rich- tung der Bewegung des Scbiffes und constatirt die Mine, in deren Bereicb dasselbe sicb befindet, wenn es die Minenlinie er- reicbt. Hieraus ergibt sicb die allgemeine Einricbtung der beiden Beobachtungsapparate: in der Station A geniigt ein fixes, gegen die Minenlinie gerichtetes Diopter, — das Diopter in der Station B muss die Minienlinie nach der ganzen Breite beherrschen, daher um einen Fixpunkt a drebbar sein. Ein in der Richtung rn^n^m sich naherndes Schiff sieht der Beobackter in B zuerst in der Richtung der Mine 3, sodann in jener 2, schliesslich in 1; nachdem ihm die Beurtheilung man- gelt, welcher dieser drei Punkte in die Minenlinie fallt, so muss er succesive die Zundung der Mine 3, dann 2, dann 1 vorberei- t e n, — die Zundung selbst muss aber in der Station A erfolgen in dem Momente, in welckem das Schiff die Linie passirt. Aus diesem Grunde nennt man die Station A die Ziindstation, die Station B aber die Beobachtungsstation. Die Vor- bereitung der Zundung in der Beobachtungsstation besteht im succesiven Contactgeben in der Leitung 3, 2, 1; es mussen daher die von den Minen kommenden Leitungen in dieser Station zu- sammenlaufen, und es muss, wenn das Contactgeben automatiscb erfolgen soli, der Beobacbtungsapparat zugleich ein Contactapparat sein. Die Einricbtung dieses Apparates und die Anordnung der ganzen Zundvorrichtung ist im Allgemeinen folgende: Der Pol m (Fig. 29) des in der Ziindstation aufgestellten Zundapparates A ist mit dem in der Beobachtungsstation befindlicben Stromschliesser B, dieser mit einem in die Platte n des Beobachtungsapparates eingesetzten Metallstuck, beispielsweise einer Messingschiene C, verbunden; der um die Achse c drehbare Dioptertrager D ist im vorderen Tlieile metallisch und beriihrt einerseits die Schiene C , andererseits bei der Drehung succesive die Metallplattchen 1, 2, 3 . . ., die mit den Drathklemmen, an welche die Leitungen zu den Minen angeschaltet sind, in Verbindung stehen; die Riickleitungs- drahte sind in der Platte E vereinigt, welche mit dem Pol n des 67 Ziindapparates leitend verbunden ist. (Die Ruckleitung durch das Wasser wird bei diesen Minen als unzulassig betrachtet; die Kabeln vverden derart angeordnet, dass entweder die directen Leitungen zu den Minen einzeln gefiihrt, die Ruckleitungen aller Minen aber zu einem Kabel vereinigt, oder dass die Hin- und Ruckleitung jeder Mine in einem Kabel isolirt von einander vereinigt und erst in der Station getrennt werden.) Der elektrische Stroni nimmt den Weg: m , B , C, Z), 3, Ziinder, Z?, n. Wenn sich ein feindliches Schiff der Minenlinie auf angemes- sene Distanz nahert, so gibt die Ziindstation (mittelst einer elektri- schen Glocke) das Aviso in die Beobachtungsstation, die Ziindung klar zu maclien, was der Beobachter durch Einstecken des Con- tactstiftes in den Stromsckliesser B ausfiibrt, sofort das Diopter auf das Schiff richtet und den Bewegungen desselben folgt, wobei durch das Beriihren der Plattchen 1, 2, 3 . . . am Beobaehtungs- apparat mit dem Dioptertrager succesive die beziiglichen Leitun¬ gen geschlossen werden; dieser Schluss ist so lange unwirksam, als der Ziindapparat nicht in Thatigkeit gesetzt wird. Dieses ge- schieht erst, vvenn die Mitte des Sehiffes in die Minenlinie gelangt. Nahern sich mehrere Schiffe, so muss die Reihenfolge, in wel- cher sie anvisirt werden sollen, der Beobachtungsstation von der Ziindstation auf vorher vereinbarte Weise angegeben werden. Bei den osterreichischen Beobachtungsminen ist in der Be¬ obachtungsstation fiir jede Mine ein eigener Stromschliesser (Contacttaster) in die Ziindleitung eingeschaltet; die Ziindleitun- gen gehen nicht durch den Beobachtungsapparat, sondern von den Tastern direct zu den Minen. Hingegen ist der Strom einer eigenen in der Beobachtungsstation aufgestellten Batterie in den Dioptertrager des Beobachtungsapparat.es geleitet, die Metall- plattchen 1, 2, 3 . . . sind mit numerirten Indicatoren, welche sich vor den beziiglichen Tastern befinden, leitend verbunden; die Indicatoren haben eine gemeinschaftliche Ruckleitung zur Batterie. So oft der Dioptertrager ein Metallplattchen beriihrt, wird der bezugliche Strom geschlossen und schnellt den Indicator der anvisirten Mine in die Hohe; verlasst der Dioptertrager das Plattchen, so wird der Strom zum Indicator unterbrochen, und dieser fallt von selbst herab. Der Contactapparat ist daher un- abhangig vom Beobachtungsapparat: dieser zeigt durch successi- ves Heben der Indicatoren die Mine an, deren Ziindung vorzu- bereiten ist, welch’ letzteres durch Niederdriicken des indicirten Tasters geschieht, — der Druck auf den Taster muss so lange anlialten, als der betreffende Indicator sichtbar ist. Die elektrischen Ziindmechanismen erforderen zur grosseren Sicherheit eigene Vorrichtungen, um sie den Einfliissen der atmo- spharischen Elektricitat zu entziehen, sovvie um die Leitungs- fahigkeit und Isolirung der Leitung etc. zu priifen.— 68 Die Grundminen konnen sowol Beobachtungsminen als elekt- trische Contactminen sein, bei welch’ letzteren sich der Strom- scbliesser in einem Schwimmer oberhalb der Mine befindet. B. Offensive Seeminen (Torpedos). Die Torpedo sind hauptsachlich in vier Formen zur prak- tischen Vervvendung gelangt: als Schlepptorpedo, als Spierentor- pedo, als Fischtorpedo und als Stromtorpedo. a) Schlepptorpedo. Der Schlepptorpedo oder Harvey-Torpedo ist ein prismatischer, mit der Sprengladung gefiillter Kasten, welcker von einem Schiffe seitlich an einem Tau geschleppt und durck die Fahrt des Schiffes sckwimmend erbalten wird; wenn das den Torpedo fiihrende Schiff in gentigender Nahe an einem feindlichen vorbeifabrt, so tritt durch das Anstossen des Torpedo an dieses die Explosion selbsthatig ein. Der Torpedo hat die in Fig. 30 dargestellte Form und ist mit dem Schlepptau BC durch vier ein Hahnepot bildende Leinen (an der oberen Seite bei a und c, an der unteren bei h und d befestigt) mit dem Schlepptau BC verbunden. Der Druck des Wassers auf die dem Schiffe zugekehrte Seite A des Torpedo halt denselben vom Schiffe entfernt und vermoge des Hahnepots in der aufrechten Lage; das Einhalten der Sck\vimmtiefe wird durch zwei am Torpedo mittelst Leinen befestigte Bojen aus Kork begiinstigt. Das Schlepptau ist auf eine an Bord aufgestellte, mit Bandbremsen versehene Trommel aufgewunden, von velcher es beim Ausbringen des Torpedo ablauft; durch Einvvinden und Nnchlassen der Trommel kann man die Entfernung des Torpedo vom Schiffe beliebig regeln. DieZiindung geschieht elektrisch mittelst Batterie und Gliihdrahtzunder, veleli er im vesentlichen die in Fig. 31 dargestellte Einrichtung bat. Der durehbohrte Bolzen A entlialt den feinen Platinadraht h, velcher einerseits mit dem durch den Bolzenkopf eintretenden isolirten Leitungs- draht a , andererseits mit der isolirt in den Bolzen eingesetzten Kapsel c in leitender Verbindung steht; wird der Bolzen A in der die Ziindladung enthaltenden Rolire B herabgeschoben, und beriihrt die Kapsel c den Dorn d , so tritt der Gliihdraht durch durch den Dorn d und die Rohre B mit dem Torpedogefass in leitende Verbindung. Zur Leitung vom Ziinder bis innenbords des Schiffes dient das Schlepptau selbst, velches als Kabel ein- gericbtet, namlich mit einer Seele aus isolirtem Leitungsdrabt versehen und mit Eisendraht bekleidet ist. Die Drahtseele vvird mit dem Draht a des Zunders, die Bekleidung des Kabels aber mit dem Torpedogefass in Verbindung gesetzt, so dass sie die 69 Riickleitung bildet. Die Leitung durch das Schlepptau reicht nur bis zur Trommel, wo die Bekleidung mit der eisernen Acbse und durch diese mit einem Stander der Trommel, die Dratktseele aber mit einem an der Trommel angebrachten Metall- ring, gegen welchen eine am Stander isolirt befestigte Contact- feder driickt, leitend verbunden wird; vom Stander und von der Contactfeder fiikren eigene Leitungsdrahte zu den beiden Polen der als Ziindapparat dienenden elektrischen Batterie. In diese letztere Leitung ist ein Stromschliesser eingeschaltet, um den Zundmechanismus erst unmittelbar vor der beabsichtigten Ziindung activ machen, also die Explosion des Torpedo beim Anstosen an ein Schiff der eigenen Flotte verhindern zu konnen. Die Zundung, d. h. das Eindriicken des Bolzens A (Fig. 31) in die Rolne B bis zur Beriihrung des Dornes d , gesckiekt durch den auf dem Bolzenkopfe A (Fig. 32) aufliegenden, um m drekbaren Hebel M. welcher mit dem ihn stiitzenden, um n drehbaren auf- rechten Hebel N durch die Leine ab und mit dem um p drehbaren horizontalen Hebel P durch die Leine bc verbuuden ist. Beim Anstossen des Hebels N wird derselbe gegen abvvarts gedrekt und driickt den Hebel M nieder; stosst hingegen der Hebel P an das feindliche Sckiff, so dreht er sich mit dem vorderen Theil gegen den Torpedo, daker mit dem Theil pc gegen auswarts, und zieht vermittelst der Leine bc den Hebel M nach abvvarts. Als weitere Versicherung gegen unbeabsichtigte Ziindungen dient der Riegel V (Fig 31), weleker in eine Ausnekmung des Ziind- bolzens eingreift und das Herabdriicken desselben verhindert; bei Activirung des Torpedo zur Zundung rnuss dieser Riegel herausgezogen werden, was durch eine Leine von Bord aus ge- schehen kann. b) Spierentorpedo. Der Spierentorpedo (Auslegertorpedo) wird, am Ende einer langen Stange befestigt, von einem eigens hiezu er- bauten oder adaptirten Dampfboote geftihrt und soli, wie der Schlepptorpedo, beim Anstossen an ein feindliches Scliift' selbst- thatig explodiren. Wahrend der Fahrt befindet sich die Spiere mit dem Torpedo langseits des Bootes ober Wasser und wird in dieser Lage durch einen Slipper gehalten; beim Angriffe wird der Slipper ausglosst, die Spiere fallt mit dem freien, den Torpedo tragenden Ende ins WasSer und dreht sich in Folge des Wasser- vviderstandes um einen am Boot angebrachten Stander, an welchein das innere Ende der Spiere mittelst eines drehbaren Ringes be¬ festigt ist. Wakrend vermoge dieser Drehung der Torpedo einen Halbkreis an der Seite des Bootes besckreibt, soli dieses so nahe am feindlichen Object vorbeifahren, dass der Torpedo an daš letztere anstosst; es wird somit der Torpedo gewissermassen 70 gegen das Object geschleudert, aus vvelcliem Grunde diese Torpedo aueh den Namen Schleudertorpedo filhren. Der Torpedo ist meist aus Kupferblech in cylindrischer, vorne durch eine Halbkugel geschlossener Form erzeugt. Die Ziin- dung gescbieht entweder durch eine mechanische (Percussions-) oder eine elektrische Ziindvorricbtung. Der Ziindmecbanismus zur elektrischen Ziindung ist ahnlich jenem des Schlepptorpedo ein- gericbtet: elektrische Batterie, — Gliihdrahtziinder, — die eine Leitung direct zum Ziinder, die andere vermittelst des Torpedo- gefasses, — aussen am Torpedo ein borizontaler und ein verti- caler Stosshebel und ein dritter Hebel zum Uebertragen der Bewegung der Stosshebel auf den Contactgeber, — in die Leitung ein Sicherheits-Stromschliesser eingeschaltet. Eine weitere Ver- sicherung, dass der Torpedo nicht explodiren konne, so lange er nicht in Folge der Drehung eine gevvisse, fiir das Boot ungefiikr- liche Entfernung von demselben erreicht, oder nacbdem er sick bei liber 90 Grade fortgesetzter Drehung dem Acbtertheil des Bootes wieder genahert bat, bestebt darin, dass die eine Leitung von der Mine zu einer im Drekringe der Spiere isolirt eingesetzten Contactfeder gefiikrt, die Fortsetzung derselben aber mit einer am Standerfuss isolirt befestigten Bogensckiene verbunden ist; diese Bogensckine reicht nur bis zu einem bestimmten Winkel von der Senkrechten zum Kiel gegen vor- und riickwarts, so dass der Stromschluss nur innerhalb dieses Winkels, so lange die Contact¬ feder des Ringes an der Sckiene sckleift, moglicli ist. e) Fischtorpedo. Fisc k torpedo nennt man jene Gattung offensiver See- rninen, ivelche, von einem Sckitfe oder vom Lande aus abgestossen, vermoge eines eigenen, in iknen entkaltenen Motors eine Bahn unter Wasser beschreiben und beim Anstossen an ein feindliches Object selbsttkatig explodiren. Als Reprasentant der Fischtorpedo kann der Luppis-Whi te¬ li ead’scke Torpedo angesehen rverden. Dieser Torpedo ist von cylindriscker Form, vorne und riickvvarts conisch zulaufend, mit horizontalen und verticalen Fiikrungsrippen und einem verticalen Steuer versehen. Der Motor ist comprimirte Luft, \velche nach Alt des Dampfes auf eine Maschine wirkt, die einen Propeller treibt. Die Anordnung der Torpedotheile ist eine derartige, dass der vordere Theil des Torpedokorpers die Sprengladung und Ziindvorricbtung, der mittlere die Maschine, der riickwartige die comprimirte Luft enthalt; der Propeller befindet sich am rtick- wartigen Ende des Torpedo vor dem Steuer, die Propellerackse geht durch das Luftreservoir zur Maschine. Ein Tiefgang-Regu- lator erhalt den Torpedo wahrend seiner ganzen Bahn in der beabsichtigten Tiefe unter dem Wasserspiegel. 71 Die Sprengladung wird in einer eigenen Biiclise ein- gebracht. Die Ziindung geschieht durch Percussion; der Schlager agirt vermoge der Kraft einer Spiralfeder; um das Gesperre, welches die Feder gespannt halt, beim Stosse auszulosen, sind am vorderen Ende des Torpedo ein liorizontaler und ein verti- caler Hebel, sowie ein conischer Hut angebracht. Um eine un- beabsicbtigte Explosion zu verbindern, wird wahrend der Manipu- lation mit dem Torpedo ein Sicherheitsstift in die Hebelvorrichtung eingeschoben; unmittelbar vor der Bereitstellung des Torpedo zum Abstossen (Lanciren) wird dieser Stift entfernt und unter den verticalen Stosshebel, welcher mit dem Gesperre in unmittel- barer Verbindung steht, ein Sicherheitsriegel eingeschoben. Dieser wird durch die Umdrehung des Propellers, dessen Achse durch endlose Schraube und Zahnrader mit einem am Riegel befestigten Draht in Verbindung steht, zuriickgezogen, so dass die Ziindung erst moglich \vird, nachdem der Propeller eine ge- wisse Zahl von Touren gemacht, also der Torpedo sich geniigend weit vom Schiffe entfernt hat. Dieser Apparat kann so eingestellt vverden, dass nach einer gewissen grosseren Tourenzahl, welche erfahruugsgemass zur Erreichung der beabsichtigten Distanz hin- reicht, der Sicherheitsriegel wieder unter den verticalen Stoss¬ hebel eingeschoben und zugleich ein Ventil geoffnet wird, durch welches Wasser in den Torpedo eindringt. und diesen zum Sinken bringt. Dies ist insbesondere bei Verwendung des Torpedo in der Seeschlacht notlivvendig, damit der Torpedo, \venn er sein Ziel verfehlt, nicht den eigenen Schiffen gefahrlich vverdeu konne. Die M a s c h i n e ist eine mehrcylindrige (die Zahl der Cylinder variirt zvvischen 3 und 12); in der Regel wirkt die aus dem Reservoir strdmende comprimirte Luft nur auf einige Cylin- der direct, auf die anderen aber durch Ueberstromen aus den ersteren. Die verbrauchte Luft entweicht durch die hohle Pro- pellerachse nach riickwarts. Der Eintritt der comprimirten Luft in die Cylinder mit directer Wirkung ist durch ein Ventil geregelt, welches auf verschiedenen Druck eingestellt werden kann; hierin hat man ein Mittel, den auf die Cylinder \virkenden Druck, daher auch die Gesclivvindigkeit des Torpedo nach Erforderniss zu reguliren. Nachdem bei grosserern Druck auf die Cylinder (grosserer Ge- schwindigkeit des Torpedo) das Luftreservoir von bestimmter Fiillung in kiirzerer Zeit / ers( , hbpft sein wird, als bei kleinerem Druck (kleinerer Geschwindigkeit), so wird der schneller laufende Torpedo eine kiirzere Strecke zuriicklegen, als der langsamer laufende. In jenen Fiillen, in \velchen es sich um moglichst grosse Geschvvindigkeit des Torpedo handelt, wird man das Ventil auf moglichst hohen Druck einstellen, — dann wird man aber auf eine verhaltnissmassig kurze Distanz rechnen konnen; will man hingegen eine grosse Distanz erreichen, so muss man auf eine 72 grosse. Geschwindigkeit verzichten und das Ventil auf einen klei- nen Druck einstellen. Der Tiefgang-Regulator, dessen Einrichtung als stren- ges Gekeimniss behandelt wird, ist in dem Raume zwischen Ladung und Maschine untergebracht und wirkt durch ein Gestange auf am riickwartigen Tkeile angebrachte horizontale, bewegliche Steuer- llossen. Die Tiefe, welche der Torpedo wahrend seines Laufes einzuhalten hat, kann durch entsprechende Einstellung des Tief- gang-Regulators variirt werden. Damit der Torpedo die ibm durch diese Einstellung vorgeschriebene Tiefe einhalte, ist es nicht nothwendig, dass er in dieser Tiefe abgestossen werde: er kann in jeder beliebigen Tiefe unter Wasser, ja selbst von einem Punkte liber Wasser lancirt werden, wobei er rvahrend der an- fanglichen Bewegung im Wasser die eingestellte Tiefe hudet. Zum Lanciren wird der Torpedo in ein Rohr (Lancir- rohr) eingelegt. Das Lanciren (Hinausstossen) des Torpedo geschieht durch die Impulsstange, \velche in einer Rbhre (Impulsrohr) lauft und durch im Abfeuerungsmomente ein- gelassene comprimirte Luft bewegt wird. Las Lancirrohr besitzt entsprechende Flilirungen fiir die Rippen des Torpedo; zur Er- leichterung der Bewegung des Torpedo ist die obere und die untere Fiihrung mit Laufrollen versehen. Bei dieser Bewegung durch das Lancirrohr stosst der Torpedo mit einem an seiner oberen Flache vorragenden Hebel an einen Ansatz des Rohres, wobei der vom Luftreservoir zur Maschine fiihrende Kanal ge- ofifnet wird und die Maschine ihre Arbeit sofort beginnt. Fiir Lancirungen unter Wasser ist meist das Lancirrohr fix in der Schiffsvvand eingesetzt und vorne durch einen Deckel geschlossen, \velcher erst unmittelbar vor der Lancirung geoffnet und nach der Lancirung rvieder geschlossen \vird; um das Ein- dringen des Wassers aus dem Lancirrohr in den Manipulations- raum des Torpedo zu verhindern, wird das Lancirrohr nach dem Einlegen des Torpedo hinten durch eine Thiire abgeschlossen, vvelche nur eine Oeffnung fiir die Stange des an die Thiire an- gesetzten Impulsrohres hat ; das in das Lancirrohr eingedrungene Wasser wird nach der Lancirung durch ein mit Ventil versehenes Rohr in den Sodraum des Schiffes abfliessen gelassen. Fiir Lancirungen iiber Was s er \vird das Lancirrohr in ein rapertahnliches Gestell eingelegt. Um die dem Torpedo beim Abgehen zu gebende Iiichtung beurtheilen zu konnen, ist eine Visir-Vorrichtung erforderlich, welche beim fixen Lancirrohr am Schiffe, beim mobilen aber (gleich der Visir-Vorrichtung eines Geschiitzes) am Rohre selbst angebracht, vverden muss; im ersteren Falle wird die gewiinschte Richtung durch das Wenden des Schiffes, im letztereu durch Backsen des Untergestelles ertheilt. 73 Das Lanciren des Torpedo kann entweder vom Bug aus (meist unter Wasser) oder von den Schiffsseiten (gegemvartig nur ober Wasser) erfolgen.* d) Stromtorpedo. Die Stromtorpedo werden gegen in Fltissen oder in schnmlen Durehfahrten mit starker Stromung vor Anker liegende Schiffe venvendet. Sie vverden einfach dem Strom iiberlassen und treiben entweder an der Oberfliicbe oder, durch Schwimmer ge- tragen, in einer bestimmten Tiefe; die Explosion wird beim An- stossen durch einen mecbanischen Ziinder bewirkt. Als Beispiel moge der mit einem Propeller versehene Oberfliichen Torpedo an- gefiihrt werden; so lange der Torpedo treibt, bleibt der Pro¬ peller in Rulie, — wird .jedocli der Torpedo beim Anstossen an ein Schiff gebemmt, so stellt sicli die Propellerackse in die Rich- tung des Stromes, \velcher nun die Drehung des Propellers ver- ursacht, wodurch das Gesperre des Schlagers eines Percusions- ziinders ausgelost wird. IV. Angriff und Vcrtheidigung der Kustenbefestigmigen. Wegen der Mdglicbkeit des iiberraschenden Auftretens der feindlichen Flotte bei Beginn des Krieges miissen die Vorberei- tungen zur Vertheidigung der Kiiste sckon im Frieden soiveit getroffen werden, dass die eigentliche Vertheidigungs-Instand- setzung in der kiirzesten Zeit durckgeftihrt werden konne. Es miissen demnach die Kiistenbefestigungswerke in allen ihren Tlieilen vollstiindig ausgebaut und in Stand gehalten, — die Gesckiitze, welche gegen die Seeseite zu wirken liaben, aufgeftihrt und zum sofortigen Gebrauche klar, — das Material fiir Absperrungen, *) Die von Herru Whitehead selbstandig verbosserten und aus seiner Fabrik gegenwiirtig in drei Grossengattungen hervorgohenden Torpedo haben zwei Propeller und folgende Dimonsionen: grosser Torpedo 6 7™/ Liinge, 40 ' 6 % Durohmesser, mittlerer * 58™/ = 38 1 %, kleiner » 4 4™f = 35'5%i =' Die Ladung ist Schiessivolle, und zwar bezieliungsweiso 45, 36, 16%. — Das Torpedo-Reservoir wird mit auf 70 Atmosphiiren comprimirter Luft gefiillt. Bei entsprechendor Einstollung des Lufteinstromungs-Ventils durchliiuft der grosse Torpedo: die Distanz von 1100 ™/ mit 17—19 Enoten Geschwindigkeit; der mittlere Torpedo: die Distanz von 800 ""V mit 17 Enoten Geschivindigkoit, = 200 7 - 22 derkleine Torpedo: die Distanz von 800™/ mit 18 Enoten Geselnvindigkoit, = = = 600 ™/ = 19-20 > 200™/ = 23 - 25-5 = 74 insbesondere aber das Seeminen-Material (die Minen selbst, die Ziind- und Beobachtungsapparate, die elektriscben Kabeln, die Pontons zum Legen der Minen etc.) complett in den Depots vor- handen und im gebrauchsfahigen Zustande sein; ferner miissen Einleitungen getroffen werden, dass die Seeminen in der kiirzesten Zeit geladen, an Ort und Stelle geschafft und gelegt werden konneii; die Minenstationen (Beobacbtungs- und Ziindstationen, Molo’s zum Schutze der Kabeln etc.) miissen im permanenten Stile (gepanzert und durch Erdbrustwehren gedeckt) angelegt, vollstandig ausgebaut und eingericktet sein. Alle Tbeile des Kiisten- befestigungs-Sistems \verden durch Strassen, die wichtigsten durch Eisenbahnen, sowie durch elektrische und optische Telegraphen mit einander und mit dem Hinterlande verbunden, um wahrend des Krieges an die bedrohten Punkte rasch Verstarkungen wer- fen zu konnen. Die Vertheidigungs-Instandsetzung umfasst einer- seits Massregeln maritimer Natur, andererseits solche, \velche sich auf die Kiistenvertheidigung vom Lande aus beziehen. Die erste und \vichtigste Massregel ist die sofortige Ausriistung der ganzen Flotte, ferner das Laden und Legen der Seeminen, das Aufstellen der Beobachtungs- und Ziindapparate, die Herstellung Yon Ab- sperrungen, die Einrichtung von Beleuchtungsstationen, um ins¬ besondere die Minenlinien und deren Umgebung zur Nachtzeit beleuchten zu konnen. Die Bevvachung der Absperrungen und Minenlinien durch Wachschiffe, so\vie die Verbindung derselben mit den Centralhafen durch Schiffe kleinerer Gattung, eventuell durch Dampfboote, wird organisirt; die Minenstationen werden mit den nothigen Depots fttr das Ersatzmateriale, soivie mit Werk- statten fiir eventuelle Reparaturen versehen; liings der ganzen Kiiste iverden die Schiffahrtszeichen (Tonnen, Backen, Leucht- schiffe etc.) beseitigt, die Leuchtfeuer ausgeloscht, Irrlickter bei Nacht angeziindet —• kurz alle Vorkehrungen getroffen, \velche geeignet sind, die Annaherung der feindlichen Flotte insbesondere zur Nachtzeit zu erschweren. Die ganze Kiiste wird in Vertheidi- gungsbezirke eingetheilt; dieser Eintheilung wird in der Regel die Detachirung von Schiffsabtheilungen nach den einzelnen Be- zirken entsprechen, \velche die maritim \vichtigeren Punkte des Bezirkes durch Wachschiffe besetzen, im Uebrigen die Bestimmung haben, den Bezirk im maritimen Sinne bis zum Anlangen von Verstarkungen festzuhalten. Das Gros der Flotte wird in einer wohlvertheidigten, als Basis fiir Otfensivstosse geeigneten Position, wenn moglich im Centralpunkte der Kiiste und in der Nahe eines Kriegshafens, concentrirt. Diesen maritimen Massregeln miissen die Vorkehrungen zur Kiistenvertheidigung vom Lande aus entsprechen. Die zur Co- operation mit der Flotte bestimmte Kustenvertheidigungsarmee nimmt mit ihrem Gros an einem moglichst in der Mitte der Kiiste 75 gelegenen Strassen- oder Eisenbahn - Knotenpunkte Aufstellung, damit sie bei Landungen rasch an die bedrohten Punkte geworfen werden kann; bei sekr ausgedehnten Kiisten theilt man das Gros in mehrere Theile, welche als Hauptreserven fiir die betreffenden Gruppen von Vertheidigungsbezirken auftreten. Das Detacbement jedes Bezirkes scbeidet eine moglichst in der Mitte des Bezirkes aufzustellende Specialreserve aas, besetzt, die Kiistenbefestigungen und organisirt im ganzen Bezirk den Wach- und Beobachtungs- dienst. Der Wachdienst wird durcb eine Kette von Posten und Feldvvachen versehen, welchen aucb Kavallerie beizugeben ist; an zu Landungen besonders geeigneten Punkten vverden starkere Detachements mit Feldgeschiitzen postirt. Zur Beobacbtung werden auf hochliegenden Punkten Observatorien erricbtet und mit ma- ritimen Verhaltnissen vertraute Beobackter aufgestellt. In den Befestigungsiverken werden die Geschiitze der Seefronten gefechts- klar gemacht, die Verbrauchsmunition wird aus den Hauptdepots in die Specialdepots gescbafft, der Munitionstransport eingerichtet. Bei den Landfrouten vverden im Allgemeinen die bei der Ver- theidigungs - Indstandsetzung der Festungen angefiihrten Mass- regeln getroffen. — Die Unternehmungen der feindlichen Flotte gegen Kiisten und Kiistenbefestigungen sind: die Blockade, das Bombardement, der gewaltsame Flottenangriff. Die Blockade (entsprechend derCernirung bei Landbefesti- gungen) bezvveckt hauptsachlich, den Handel und tiberseeischen Verkehr des angegriffenen Landes zu unterbrechen und zu schadL gen. Die specielle, auf einzelne Hiifen beschrankte Blockade kann zum Zvvecke haben, die feindliche Flotte oder einen Theil der- selben im Hafen einzuschliessen, um sie an ausvvartigen Unter¬ nehmungen zu verbindern, oder aber die Einschliessung einer von der Landseite ber angegriffenen Seefestung zu vervollstandigen. Die blockirende Flotte lasst sicb in der Regel mit den Kiistenbefestigungen in keinen Kampf ein, ausser wenn es sich darum bandelt, Theile der Flotte des Vertheidigers aus vor- geschobenen Positionen zu verdrangen und zum Riickzuge in den Hafen zu zvvingen, wobei die zum Schutze dieser Position erbauten Kiistenwerke iibervvaltigt vverden miissten. Sonst halt sich die blockirende Flotte ausserhalb der Schussweite der Kiistenbefesti¬ gungen und organisirt einen strengen Wachdienst, um tiber die Bevvegung der blockirten und der etwa zum Entsatze heranriicken- den feindlichen Flotte unterrichtet zu sein; sie halt sich stets dampf- und schussklar, um jeder feindlicheu Gegenunternehmung begegnen zu konnen. Nachdem der Vertheidiger, ausser durch Ausfalle der Flotte, hauptsachlich durch Offensivtorpedo zu wirken trachten vvird, so miissen sich die blockirenden Schiffe hiegegen durch ausserhalb der Bordvvand in geniigender Entfernung von derselben gespannte, von Spieren getragene Netze schutzen; fiir 76 solche Unternehmungen wird der Feind meist die Nachtzeit wahlen, — es empfiehlt sich daher fur den Blockirenden das Wechseln der Position beim Eintritt der Dunkelheit, sowie zur Tiiuschung des Gegners das Anziinden von falschen Positions- lichtern, welche an Flossen befestigt werden, etc.- — Die blockirende Flotte muss ferner ihr Augenmerk auf ihre Verbindungen mit dem eigenen Lande richten, um sich den Nachschub an Lebensmitteln und Kriegsbediirfnissen zu sicbern. Bei Blockirungen einer vom Lande her angegriffenen Festung muss die Flotte ihre Verbindung mit dem Belagerungseorps durch Einriehtung von Signalstationen, durch gesiclierte Ankerplatze nahe am Lande, durch Einriehtung von Landungsplatzen an ge- eigneten Stellen, welche vor dem Feuer der Festung und vor Ausfiillen durch ihre Lage und Entferung von den feindlichen Werken geschiitzt sind, aufrecht halten. Wenn das Belagerungs¬ eorps durch die Flotte verproviantirt wird oder das Belagerungs- material bekommt, so erhalten die Landungsplatze eine besondere Wichtigkeit und es miissen zu ihrem Schutze eigene Befestigungen angelegt werden. — Gegen die Blockade werden die Kiistenbefestigungen selbst nur ausnahmsweise wirken konnen, namlich im Falle sich einzelne feindliclie Schiffe der Kiiste zu sehr nahern; anfangs kann man es versuchen, den Feind durch absichtliches Zukurzschiessen liber die Distanzen und die grosste Schussiveite der Kustengeschiitze zu tauschen, um ihn zu verleiten, sich innerhalb des Schussbereiches zu nahern. In der Folge, wenn der Feind einen Ankerplatz fiir- geivahlt oder Landungsplatze eingerichtet hat, wird man zur Be- unruhigung derselben an entsprechenden Punkten provisorische Batterien, insbesondere fur Morser, erbauen. Die wichtigste Aufgabe fallt bei der Vertheidigung gegen die Blockade der blockirten Flotte und den Offensivtorpedo zu. Der Vertheidiger wird jede Gelegenheit beniitzen, um die blockirende Flotte durch Angriffe mit Offensivtorpedo zu be- unruhigen und zu schadigen; werden diese Angriffe mit-Umsicht und Kuhnheit ausgefiihrt, so konnen sie vorziigliche Erfolge er- zielen, indem sie mehrere Schiffe zum Sinken bringen oder \venigstens ausserjGefecht setzen, hiedurch den Feind entmuthigen, unsicher machen, im giinstigen Falle zur Aufhebung der Blockade veranlassen oder \venigstens so weit schwachen, dass ein Offensiv- stoss der eigenen Flotte giinstige Chancen des Erfolges gewinnt. Fur solche Angriffe eignen sich in erster Linie Boote mit Spieren- torpedo; diese trachten unter dem Schutze des Halbdunkels, welches die Umrisse der feindlichen Schiffe erkennen lasst, die niedrigen Boote selbst aber der Einsicht des Feindes eutzieht, sich der feindlichen Flotte zu nahern und nach Anbringung des Torpedo rasch zuriickzuziehen. 77 Am Tage beunruhigt man die feindliclie Flotte durch Fisch- torpedo, welche man aus am Strande unter dem Scbutze von starken Kiistenbatterien angelegten Stationen lancirt. Nachdem diese Torpedo einen langen Weg bis zur Erreichung des Feindes zuriickzulegen baben, wobei die Gescbwindigkeit ohne Bedeutung ist, so wird man bei dem zur Vervvendung kommenden White- head-Torpedo das Luftzustromungs-Ventil auf moglichst geriugen Bruck einstellen. Die Fiscbtorpedo konnen iibrigens aucb von mit Lancir- vorrichtungen verseheneu Scbiffen aus angewendet \verden, welcbe bei Einstellung des Torpedo auf lange Fahrt (kleine Gescbvvindig- keit) sich nicbt dem wirksamen feindlichen Feuer auszusetzen nothvvendig baben. Bei gunstiger Stromung kann man aucb Stromtorpedo gegen den Feind treiben lassen. Die Flotte des Vertbeidigers wird durcb moglichst lange Festbaltung einer gunstigen, in geschiitzter Verbindung mit dem Hafen stebenden Position sich die Actionsfreiheit zu sicbern und die enge Einschliessung zu verhindern tracbten. In der Folge wird sie partielle, mit \venigen Sehiffen, oder allgemeine, mit allen verfiigbaren Kraften unteniommene Otfensivstosse ausfiibren, — die ersteren zur Beunrubigung des Gegners, zur Vertreibung ein- zelner Scbiffe aus fiir die eigene Sicherheit wichtigen Positionen etc., -— die letzteren, um den Gegner zur Aufbebung der Blockade zu zwingen. Die allgemeinen Offensivstosse (Ausfalle) der blockir- ten Flotte fiihren zu Seescblachten, iiberscbreiten daher den Rahmen der Kiistenvertheidigung. Die devensiven Kiistenvertbeidigungsinittel kommen hiebeinur insofern in Betracbt, als sie in Bereitschaft sein mussen, im Falle des Riickzuges der eigenen Flotte den Feind von der Verfolgung abzubalten und das Eindringen desselben in den Hafen zu ver- bindern, was mit der Vertheidigung gegen den gewaltsamen Flot- tenangriff zusammenfallt. — Das Bomba rde m ent wird angewendet, um die Heraus- gabe wertbvoller Objecte, die Bezahlung von Contributiouen, eventuell die Uebergabe des Platzes selbst obne vveiteren Angriff zu erzwingen, oder um Militar- und Marine-Etablissements mit ihren Kriegsvorrathen, insbesondere die im Hafen liegenden Schiffe zu zerstoren. Die Beschiessung selbst richtet sich selbstverstaudlicb in erster Linie gegen den Hafen und die zu zerstoren den Objecte; bei der Grosse dieser Ziele brauchen sich die bombardirenden Schiffe, um Treffer zu erzielen, dem Hafen nicbt weiter zu nabern, als die Maximaldistanz ihrer Gescbiitze betragt. Diese Maximal- distanz entspricht dem durch die Hobe der Stuckpforte und die Construction der Laffette bedingten grdssten zulassigen Elevations- 78 winkel; dieser, daher audi die Maximaldistanz, kanil durch das Krangen des Schiifes gegen die der Schussrichtung abgewendete Seite bedeutend gesteigert werden. Das Krangen des Schiffes kann bei den neuen eisernen Schiffen mit Doppelboden und Zellenabtheilungen durch das Einpumpen vou Wasser in die Zellen der betreffenden Seite gescheben; bei den Schiffen alterer Con- struction muss das Krangen durch Uebertragen des Ballastes be- \virkt \verden. Immerhin wird man zur Erreichung einer grosseren Wirkung sich den zu beschiessenden Objecten so viel als moglich zu nahern trachten, wobei man jedoch die wirksame Schussweite der Kiisten- geschiitze vermeiden soli. (Die \virksame Schussvveite hangt einer- seits von dem Kaliber der Kiistengeschutze, andererseits von der Starke des eigenen Schiffspanzers ab; im Allgemeinen kann man annehmen, dass beim normalen Auftreffen das Panzergeschoss einen Panzer durchzuschlagen vermag, dessen Starke bei kleinen Schussdistanzen das Geschosskaliber um vier bis fiinf Centimeter libersteigt und auf Distanzen von 1500 bis 2000 Meter dem Kaliber gleichkommt.) Die Geschutze der Kustenbefestigungen in weit vorgescho- benen Positionen, welche durch ihr Feuer das Bombardement iiberhaupt verhindern oder mindestens vesentlich storen kbnnen, miissen vor Beginn des Bombardements zum Schrveigen gebracht werden; selbst vvahrend des Bombardements werden diese Werke durch die starksten Schitfe bekampft, damit sie ihr Feuer nicht vvieder aufnehmen konnen. Ebenso muss die Flotte des Verthei- digers, im Falle sie die Rhede, deren Besetzung behufs ungehin- derter Durchfuhrung des Bombardements nothwendig ist, behauptet von derselben vertrieben werden. Gegen Beunruhigungen durch Offensivtorpedo und Ausfalle der feindlichen Flotte, sowie gegen Angriffe von aussen, welche ihre Riickzugslinie bedrohen konnten, sicliert sich die bombardirende Flotte auf die bei der Blockade angefuhrte Weise. Die Massregeln des Vertheidigers gegen das Bombardement sind: moglichst lange Festhaltung der Rhede durch die eigenen Schiffe, — kraftiges Feuer aus den Kustenbatterien, um die An- naherung der feindlichen Flotte zu verhindern, wenn moglich Verlegung des von der feindlichen Flotte bis zum Anlangen in der nothvvendigen Schussvveite vom Hafen zu beniitzenden Fahr- wassers durch Absperrungen und Seeminen, — fortwahrende Beun¬ ruhigungen des Gegners durch Angriffe mit Torpedo und durch kleine Ausfalle, — grossere Ausfalle der Flotte, um den Feind zu iiberrumpeln, zu schwachen und ganzlich in die Flucht zu schlagen. Im Hafen selbst werden Vorkehrungen gegen ent- stehende Briinde getroffen, werthvolles Material so\vie die zum Kampfe mit dem Feiude unbrauchbaren Schiffe wenn moglich 79 entfenit oder ausser dem Bereich des feindlichen Feuers ge- bracht, etc. Die Kiistenbefestigungen miissen das Feuer selbst auf die grossten erreichbaren Distanzen unterbalten, wobei sie, wenn aucb nicht durch directe Scbiisse, so docb durch Bogenschiisse wirken konnen; das Feuer darf sich nicht auf die Batterien in vor- geschobenen Positionen allein beschranken, sondern diese miissen durch die weiter riickwarts liegenden Werke wirksam unterstiitzt vverden, welch’ letztere, im Falle sie mit ihrem Feuer die bombar- dirende Flotte nicht erreichen, die die vorderen Werke bekampfen- den Schiffe beschiessen. Nachdem es sich bei diesem Kampfe der Kiistenwerke mit der feindlichen Flotte im Allgemeinen um Fernfeuer handelt, so vverden die \veittragenden Wurfgeschiitze (gezogene Morser) liiebei vorziigliche Dienste leisten. — Der ge waltsam e F1 otten angriff bezweckt die Ueber- waltigung solcher Kiistemverke, \velche die beabsichtigte enge Blockade oder das Bombardement eines Hafens, die Landung von Truppen behufs Mitwirkung derselben beim Sturme auf eine vom Lande her angegriffene Festung, die Passirung einer Durch- fahrt etc. verhindern; er kann auck zur Wegnahme eines Hafens unternonnnen \verden , wenn das Bombardement undurchfiihrbar ist oder wirkunglos bleibt. Die Mittel hiezu sind im Allgemeinen: offener Geschiitz- kampf mit den Kiistenbefestigungen, Landungen zum Angriffe der Werke vom Lande aus und zur Wegnahme der flankirenden insbesondere; bei Forcirung von Durchfahrten und beim Ein- dringen in Hafen wird man sich meist noch die Passage durch Absperrungen und Minenlinien eroftnen miissen. Die offenen Kiistenbatterien konnen aus grosserer Entfer- nung mit kleineren Geschiitzen beschossen werden, um das Innere der Werke zu gefahrden, die Thatigkeit derselben im Allgemeinen zu storen und sie zum Einstellen des Feuers zu zwingen; diese Action wird den kleineren Schiffen der Flotte iiberlassen, \velche sich infolge ihres ungeniigenden Panzerschutzes nicht in die Nahe der Kiistemverke wagen diirfen. Die grossen, durch starken Pan- zer geschiitzten und mit schvveren Geschiitzen armirten Panzer- schiffe nehmen den Kampf mit den kasemattirten und gepanzer- ten Werken auf mdglichst kleine Distanzen auf, wobei sie durch \vohlgezieltes Feuer insbesondere die Schiesscharten zu zerstoren trachten; gegen Panzerkuppeln kann zur Erhohung der Wirkung concentrirtes Lagenfeuer angewendet werden. Die Landungstruppen trachten sich hauptsachlich durch Ueberfall der ihnen zum Angriffe angewiesenen Objecte zu be- macht.igen; im Uebrigen benehmen sie sich vvie beim Angriffe von Befestigungen iiberhaupt. Um die Absperrungen und Seeminen beseitigen zu konnen, winl man in erstei' Linie die sie ffankirenden Kiistenwerke und 80 Wachschiffe zu ubervvaltigen uucl vvegzunehmen trachten; in diesein Falle beseitigt man ilie festen Absperrungen, eventuell aucb die nicbt elektrischen Minen, deren Wegraumung man als gefahrlich eraclitet. dadurch, dass man sie durch versenkte Gegenminen sprengt. Das Versenken der Gegenminen geschieht durch Taucher- boote. Gelingt die Wegnahme der die Absperrungen und Minen schiitzenden Werke und Schiffe nicbt, so muss zunachst die Zer- storung der Beobachtungs-, Ziind- und Beleuchtungsstationen durch Geschiitzfeuer angestrebt vverden; sodami trachtet man sich un- bemerkt (bei Nachtzeit) durch Boote den Absperrungen und Minenlinien zu nahern, um sie auf vorbeschriebene Art oder durch Zerstorung der Leitungen der elektrischen Minen zu besei- tigen; ebenso konnen auch Fischtorpedo und bei gunstiger Strb- mung Stromtorpedo mit Vortheil zur Anwendung kommen. Stehen der Flotte die vorangefuhrten Mittel nicbt zu Gebote oder hat die Anvvendung derselben nicht das gevviinschte Resultat gehabt, und handelt es sich darum, zur Erreichung eines vvichtigen Kriegszvveckes die Durchfahrt um jeden Preis zu erzvvingen, so bleibt als letztes Mittel die Opferung eines oder einiger Schiffe tibrig, welche fiir die ubrigen die Balin frei machen; in einem solchen Falle muss das Gros der Flotte mit Einsetzung der vollen Dampfkraft und unbeirrt durch das Feuer der noch intacten Kiistenvverke die freigemachte Passage durchlaufen und die Fahrt nach dem beabsichtigten Ziele fortsetzen. VViihrend dieses gevvalt- sarnen Durchbruches miissen eigens hiezu bestimmte Schiffe ein lebhaftes Feuer gegen die Zundstationen der Minen richten, um sie in ihrer Thatigkeit zu beirren und auf diese Art wenn moglich den eigenen Verlust zu vermindern; ebenso vverden die die Minen¬ linien flankirenden Kustenvverke von der Nachhut der Flotte von vorne bekampft und von der Vorhut, vvelche die Minenlinien bereits passirt hat, im Riicken genommen. — Der Vertheidiger muss durch energisch und mit Unter- stiitzung der eigenen Schiffe gefuhrten Geschiitzkampf der Kiisten- batterien, durch Offensiv-Stosse der Flotte, durch Vorsichts- massregeln gegen Landungen, durch strenge Bevvachung der Ab¬ sperrungen und Minenlinien und durch rechtzeitige Sprengung der Minen dem gevvaltsamen Flottenangriffe entgegenvvirken. Zur Fiihrung des Fernkampfes vverden jene Geschiitze ver- vvendet, vvelche zu schvvach sind, um durch directe Schiisse eine Wirkung gegen stark gepanzerte Schiffe zu erzielen, also ausser den vveittragenden Morsern die Kanonen kleinerer Gattung; aus letzteren vverden zur Erhohung der Sprengvvirkung hauptsachlich Ziindergranaten geschossen. Mit den schvveren Geschiitzen be- kampft man die zum Nahkampfe heranriickenden Schiffe, vvobei man mit Panzergeschossen gegen die gepanzerten Schiffstheile schiesst und in giinstigen Momenten concentrirtes Lagenfeuer ab- gibt,; die nicht durchaus gepanzerten Schiffe werden von einigen, 81 insbesondere den am Fernkampfe nicht betheiligten kleineren Kanonen mit Ziindergranaten beschossen, welche gegen die un- gepanzerten Schiffstbeile gericbtet werden. Um jeden Landuagsversuch rechtzeitig bemerken und ilirn rascb entgegentreten zu kbnnen, muss die ganze gefahrdete Kiiste durch aufgestellte Posten bewacht werden. \velche jede verdachtige Bewegung des Feindes sofort zur Kenntniss der Specialreserve des Kiistenbezirks bringen. Sobald die Absicbt des Feindes, eine Landung ins Werk zu setzen, deutlick kervortritt, eilt die Special¬ reserve an den bedrohten Punkt und sucbt die Landung zu ver- bindern, indem sie die Landungsboote mit Geschiitzen besckiesst, beirn Anlangen derselben auf Gewehrsckussweite gegen die Be- mannung ein Infanterieschnellfeuer eroffnet und sich den Landen- den mit dem Bajonett entgegenvvirft. Konnte die Landung nicht verhindert werden, so zieht sich das Detachement kampfend langsam zurtick und trachtet durch moglichst lange Festhaltung geeigneter Vertheidigungspositionen das Vorrucken der gelandeten Truppe gegen die Kiistenbefestigungen aufzuhalten. — Die Be- satzungen der Kustenwerke selbst miissen sich durch strengen Wach- und Bereitschaftsdienst gegen die Gefahr von Ueberfallen sichern. Beim Angriffe durch Landungstruppen benehmen sie sich wie bei der Vertheidigung von Festungswerken im Allgemeinen. Die strengste Wachsamkeit und Aufmerksamkeit auf die Bewegungen des Feindes wird auf den zum Schutze der Ab- sperrungen und Minenlinien erbauten Kiistemverken, den Wach- schiffen, den Ziind- und Beobachtungsstationen gefordert. Zur Nachtzeit miissen die Minenlinien und die nachste Umgebung derselben durch elektrische Beleuchtungsapparate erleuchtet vver- den; die Wachschiffe senden Rondenboote aus, die etwa sich nahernde feindliche Boote angreifen und zuriicktreiben. Von der Umsicht und Entschlossenheit der in den Beobachtungs- und Ziindstationen beschaftigten Offiziere wird es vornehmlich abhangen, ob die Seeminen ihrer Aufgabe: den Feind ganz aufzuhalten oder mindestens ihm beim Durchbrechen einen sehr empfindliclien Verlust beizubringen, — gerecht werden. Wird die Station durch feindliclies Geschiitzfeuer zerstort, so muss eine provisorische Installirung der Apparate an einem moglichst gesicherten Orte versucht werden. Beim gevvaltsamen Durchbrechen der feindlichen Flotte miissen die Betreffenden mit Selbstaufopferung bis zum letzten entscheidenden Momente in der bedrohten Station aus- harren, da eine rechtzeitig' gesprengte Mine den Durchbruchs- versuch ganzlich zu vereiteln vermag. Die feindlichen Schiffe werden nach dem Durchbrechen der Minenlinien schliesslich durch Fisch- und Spierentorpedo, sowie von der eigenen Flotte mit der Ramme bekampft. * * ' /