N a ch t b i l d. «8H.c!n Stern war rings zu schauen. Die Lampen löschten aus. Der Negen tröpfelte tönend Herunter von Mauer und Haus. Die Leute schlafen schon lange, Mir Einer hat nicht Ruhe, Der pfeift sich: Freut euch des Lebens, Ui>d hämmert den Tact dazu. Das ist der fleißige Tischler, Der pocht und hämmert so arg; -Hat's denn so große Eile Da mit dem stattlichen Sarg? Der Sarg,ist schön gezimmert. Der kostet gewiß viel Geld,, Und könnte mir schon gefallen. War' er für mich bestellt. A. Freiherr v. Seld. Win Abenteuer in Ostindien. An der Küste von Bengalen ist.das Meer durch acht Monate teö Jahres m fast beständiger Aufregung, und dic ganzen Umgcbungen des Gestades sind so gefährlich, dai; die Schiffe, welche nach Cal» cmra fahren, einen Piloten an Bord nehmen müssen, MN dle vielen Klippen, welche in dem ganzen Meerbusen Zerstreut sind, zu vermelden. DaS erste Land, welches der Ncisende nach der untndllch l«lln-gen U-edevfahrt erblickt, ist die Insel Saugor, ein großer, ewig grüner Garten, dessen Anblick dtl! Augen, welche Monate lang nichts als Himmel und Wasser gesehen Haben, außerordentlich wchl thut. Die meisten Schisse legen sich an dieftr Insel eine kurze Zeit vor Anker, und dieß war auch vor eini-gen Jahren mit der englischen Fregatte „Dundee. Castle« der ,Fall< Unter den an Bord befindlichen Seecadttccn war Iemmy S< bei der ganzen Schiffsmannschaft der populärste und be,l>ebtestc. Sobald es galt, sciuen Kameraden und Untergebenen eine Zerstreuung zu verschaffen, oder ihnen einen Dienst zu erweisen, war er mit gutem Rath und mir seiner Börse sogleich ber.it. Er war bei allen Vergnügungen der Anführer, und nahm für alle etwa mit unterlaufenden Disciplinf.'hler die Verantwortlichkeit, sowie für alle zerbrochenen Gläser und Punschbowlen die Zahlung auf sich. Was bedürfte es mehr, um ihn zum Lieb.-ling der ganzen Schiffsmannschaft zu machen? Sobald der »Dundee« Castlc« ft,ne schweren Anl,r ausgeworfen und die Segel eingezogen hatte, sann Icmmy sogleich darauf, wie die vicrundzwan-zig Stunden, welche das Schiff an der Küste liegen bleiben sollte, am angenehmsten verlebt werden konnten. Er hacte in semer Jugend eie Geschichcö dcs unglücklichen M on roe gelesen, welcher auf eben dieser Insel von einem Tiger zerrissen ward, und sein erster Gedanke war, den Schauplatz dieser unglücklichen Katastrophe zu besuchen. IemmyS Vor. schlag fand unter den übrigen Cadcttcn Beifall, und die muntere Gesellschaft fuhr in der Schaluppe an^s Land. Die Insel, welche von weitem einen so zaube rischen Anblick dargeboten hatte, zeigte sich in der Nähe als eine fast duichgehcndS morastige, mit Buschwerk und verklüppelten Bäumen bedeckte Fläche. Die wenigen Emgcbornen, wclche an der Küste wohnten, machten kcine sehr anziehende Beschreibung von der Insel; ihicr Versicherung zufolge, steckten die Wälder vcll Tiger, und die Gebüsche wiminelttn von Schlangen und andern gefährlichen Reptilien, n^ mcnclich von einer gewissen Gattung Tausendfüße, welche weit größer als die in Europa uiuer diesem Namen bikanntenThiere und nichts weniger als unschädlich sind. Die jungen Seeh.'lden waren indessen gelandet, um sich ein Vergnügen zu machen, und sie bcschlosscn, ihren Vorsatz auszuführen, trctz allen reißenden Thieren und N^ptilicn. Sie hielren sich möglichst nahe am Ufer, schössen Vögel und Eichhörnchen, und gingen scherzend und singend t?cr — 164 — Stelle zu, wo Monroe von dem Tiger zerrissen war. Ein c,nfnher stein bezeichnete d,e verhängniß-volle Stelle; dze Mldshipmen setzten sich, «Ue Ge» fahr veig.ssend, zum Frühstück, und forderten in ihrem jugendlichen Uebermuth sogar die wilden Best»en heraus, sie sollten hervor kommen und sich zur Strafe für ihren Blutdurst — todcschi.ßen lassen. Während dieses tollen Treibens lleß sich in dem nahen Gebüsch ein langgezogenes dumpfes Gebrüll hören, welches d»e jungen Seeheld,n in nicht germ» gen Schrecken setzte. Glücklicherweise ließ sich jedoch kein T'ger blicken; aber schon das Gebrüll deS Un» holdes hatte sie dergestalt aus der Fassung gebracht, daß die meisten unter ihnen aufsprangt«, ohne die zu ihren Füßen liegenden Gewehre zu ergreifen. In dieser allgemeinen Verwirrung hatte sich der arme Iemmy den Fuß sehr heftig vertreten. Er war nicht im Stande, einen Schritt zu gehen, und zwei seiner Kameraden mußten ihn bis zu der Stelle tra< gen, wo die Schaluppe lag. Zwei Matrosen waren dcrr zurückgeblieben, um das Boot zu bewachen, und Iemmy wurde ihrer Sorge anvertraut und ans Ufer auf cinen Rasenplatz gelegt. Seine Freunde ge.» sellren sich wieder zu ocn übrigen Jägern, und alle zusammen setzten ihren Strcifzug fort. Es ereignete sich jedoch nlchts, »v>,s der Aufmerksamkeit wür» dig gewesen wäre, und nach ein«gcn Stünden kehr» ten die I^ger ermüdet nach dem Landungsplätze zurück. Die Matrosen hatten die Schaluppe verlas» sen, aber Iemmy lag, dem Anschein nach, nch>g schlafend ,m Schatten eines GebüschcS. Haltet ganz still, wenn Euch sein Leben lieb ist! rief auf einmal Sinclair, emer der See» cadetten, welcher seinen Kameraden etwas vor-auS geeilt war; — sehet dort an seinem Kopfe-------- Die Jäger bebten entsetzt zurück. Eine große schwarze Schlange halte, .sich um Iemmys Hals gewunden, ihr Kcpf war m die Höhe gerichtet, und war von dem Gesichte deS Midshipman nur einige Zoll entfernt. Anfangs wußien s^ne Kameraden Nlcht, ob Iemmy schlafe oder todt sey. Wenn ihn tic Schlange schon gebissen hatte, so war er ohne Zweifel nicht mehr am Leben; im entgegengesetzten Falle mußte AlleS vermieden werden, wodurch er aufgeweckt werden konnte, denn eine heftige Bewegung würde unfchlbar den Biß der giftigen Schlan» ye zur Folge gehabt haben. Während dieIäger noch unschlüssig waren, was sie thun sollien, machte Iemmy eine leise Bewegung mit der Hand; kaum bemerkbar, ab.r doch stark genug, um die andern zu überzeugen, daß er noch am Leben sey und !>aß es sich nur darum handle, schnell ein Mittel ausfindig zu machen, woturch er aus dieser gefährlichen Lage befreit werden könnte. Ein Mldshipman schlug ein solches Mittel vor, wodurch sich vielleicht ein günstiges Resultat errei» chen ließ. Sein Plan war allerdings sonderbar genug, und konnte auch leicht fehlschlagen; aber die Aua/nblicke waren kostbar, und da keiner der An? dern einen bessern Nath zu geben wußte, so wurde der Verschlag einstimmig angenommen und sogleich in Au fühiung gebracht. In wenigen Augenblicken halte der Seecadett seine Schuhe ausgezogen, an einem langen Bmdfxden eine Schlinge geschüizt und d.n Baum erklommen, unter welchem Iemmy lag. Von dort lreß er den Bindfaden bis zu dem Kopfe der Schlange herab. Diese Thiere spielen, gleich den Katzen, gein nnt einem ihnen auffallenden und neuen Geg.nstande. Kaum hatte die Schlange den Bind» faden bemerkt» so streckte sie den Kopf noch höher empor, und in die.Schlmge hinein. In diesem Augenblicke zog c-er Cadett ten Bindfaden schnell in die Höhe. D»e Schlange zu fangen, war unmögllch, und lag auch gar nicht »n der Absicht des Midshipman^ Die Bestie zog mit Leichtigkeit den Kopf zurück; aber die starke Erschütterung hatte sie dermaßen in Schreck«« gcs.tzl » daß sie eilends davon fioh. Das laute Freudengeschrei, womit die Jäger diese über« uus glückliche Beseitigung der Gefahr begrüßten, w.'ckte den Schläfer auf, welcher sich verwundert aufrichtete und nach der Ursache ihrer Freude sragce. Kaum hörte er von einer Schlange, so rief er enr« setzt: »Nein, nein, ihr ,rrt euch, die Schlange «it Nicht fort, ich fühle sie auf der Brust. Seht her,' da ist sie!" Seine Freunde drängten sich um ihn, in der Ueberzeugung, daß seine Furcht nur die Wirkung einer aufgeregten Fantasie sey. Seine Behauptung kam jedoch der Wahrheit sehr nahe. Ein vierzehn Zoll langer Tausentfuß war ihm während seines Schlafes unter die Weste gekrochen, und wegen der kriechenden Bewegungen des Thieres, hatte er daß» selbe für eine Schlange gehalten. Iemmy ergriff daS häßliche Reptil mit der Hand, um sich desselben zu entledigen; aber es schlug seine „taufend" Füße so tief in das Fleisch ein, daß die Jäger sich genöth'gt sahen, den Körper des Thieres, dessen Füße in Iemmys Brust haften blieben, in Stük-ken loszureißen. Nach zwei Tagen kam das Schiff in Calcutta an, wo der Verwundete von den besten — 165 — Aerzten behandelt wurde; abcr es vergingen beinahe drei Jahre, ehe er von den Wunden, welche ihm das giftige Reptil geschlagen, vollkommen getheilt wurde, und selbst jetzt noch kann er einen ganz ge« fahrlosen europäischen Tausendfuß nicht ohne eine Anwandlung von Ohnmacht sehen. Dr. Ndgr. Feuilleton. (Ein gelehrtes Mädchen zur Frau?) Mit Erwägungen dieser int er«-flauten Frage eröffner der «Berner Verfassungsfreund« das Feuilleton sei» neS neuen Jahrganges, und hüllt seine Ansichten in Beispiele ein. Der Mann, sagt er z. V., bemerkt, daß seine Auserkorne mit fester Innigkeit in s.me GesichtSsterne schaut. Er freut sich darüber, und fragt sie, was lhr heute in seinen Augen absonderlich gefalle. „Ich studiere d.e Wirkung des Lichts,« antwortet d,e gelehrte Forscherinn. — Der Mann kommt nach ermüdenden Geschäften nach Hause, und will seine Frau umarmen. Da lächelt die gelehrte Dame, führt ihren Mann zu physikalischen Apparaten, und spricht: «Kennst Du, nwn oller; die Erscheinungen der galvanischen Säule? Tritt näher, Du sollst sie kennen lernen!« __ Ein ander Bild: Der Mann sitzt zu Tisch, und findet die Speisen nicht in Ordnung; die Frau hatte mit ge« lehrten Arbeiten zu thun, und verließ sich auf die Jungfer Koch,nn; hierüber wird der Mann verdrieß» l,ch. doch d,e Frau? „Weist Du, woher eS kommt, daß die Suppe nach Rauch schmeckt und der Bra. ten verbrannt ,st?" Und nun bewirthet die gelehrte Frau den geduldigen Mann mit einem Gerichte che« Mischer Erörterungen, indem sie in breitgliedri» ger Rede den Proceß entwickelt, der beim Kochen und Verbrennen Statt findet. ^- Brr! e,n ander Bild. Der Mann fordert seine Frau Abends zum Spaziergange auf. Die Gelehrte bliebe wohl lieber in ihrer Studierstube zurück; indessen überwindet sie sich, und thut nach dem Wunsche ihres ManneS. Unter Erzählen und kritischem Beleuchten derTags-beaebenheiten erreichen Beide das Freie. Sie betre« t>n eine W»ese. Beim Anblicke der heitern Blumen» welt fühlt der Mann sich in seinem Innersten an» geregt, und bewillkommnet still die üppig auftau» chenden Bilder aus semen glücklichen Kindcrjahren. Die Frau, die während dieser Aufwallung der Erin» nerungen eine Schmalzblume in der Hand gehalten, h«bt nach den letzten Worten ihres Mannes die Blume unter der Frage empor: »Weißt Du, mein Bester', in welche Ordnung und in welche Classe diese Blume gehölt? Gewiß, Du weißt es nicht! nun, es ist auch kein Unglück, wenn Dir das un» bekannt. Dein Weibchen weiß schon Bescheid.« Und nun bestimmt die gelehrte Frau mit eben so viel Umständlichkeit als Genauigkeit die systematischen Qualilälen der Echmalzblume. — Sie gehen wei-ter, und kommen in die Nahe eines Wkldcs. Eini» ge tausend Schritte vom Walde entfernt ho'r,n si« tcn Schlag einer Nachtigall. Der Mann denkt an> den Traum seiner Jugend, an alle die liebliche» Bilder von L«ebe und ehelichem Glücke, die zu jener Zeit beim Schlage der Nachtigall, in ihm ausi? gegangen, denkt an den schreienden Gegensatz zwi» schen dem Inhalt seiner damaligen Schwärmereien und den Kern der späteren Wirklichkeit __ und seufzt. »Mein Männchen scufjt?« bemerkt hierauf seine Ehehälfte; ^warum? möchtest Du vielleicht jenen Sprosser in einem Käsig haben? Dergleichen Gedanken mußt Du mcht aufkommen lassen. Du weißt ja, mon oller! daß dergleichen Vögel lästige Lä'lmmacher sind. Wo so e,n Schreier in einer Stube, ist es mit dem Studieren aus." — Der fortgesetzte Spaziergang führt die beiden harmoni« schen Seelen in die Tiefe des Waldes. Dieser ist dicht und dunkel. Die Dunkelheit gibt der gelehrten Dame Veranlassung, von den Banditen zu reden. Sie lobt den Muth, den Scharfsinn und die Ver« schlagenheit dieser Leute, und erzählt, wie sie nach dem Zeugnisse der Geschichte zu verschiedenen Zeiten selbst von den Regierungen gefürchtet seyen. »Wie oft," fügt sie bei, „sind die italienischln Regierungen in förmliche Unterhandlungen mit diesen Na'u-Hern getreten, und mancher starb alS wohlangesehener Mann, der nach seinen früheren Thaten den Galgen verdient hätte.« — Am Ausgang deS Wal« des erreichen sie einen Hügel, dessen Spitze eine freie Rundschau gestattet. Mit glühend, wehmüthi» gen AbschiedSbllcken steht die Sonne über den fer» nen Gebirgen. Die ganze Natur scheint eine stille Feier zu begehen, und die auf dem Hügel Stehenden scheinen im tiefsten Gemüthe von dem göttlichen Hau» che jener stillen Feier ergriffen zu seyn. Schweigend schauen sie nach der Himmelsseite, wo das scheidende Tagigestirn Goldgluthen alS verkärende „Ge< denke mein« über die Erde gießt, bis die beobachtende Dame das Schweigen mit den Worten bricht: »Die Sonne geht unter — sagen die Leute — und verkünden mit „ner unrichtigen Phrase die Verlok-kungen des Schems. Aber dergleichen Unrichtigkei» ten hört man so viele in unserer und ,n anderen Sprachen. Wahrlich, es wäre Zeit, an eine Revi- — 166 — «slon derNedenöarten zu denken!« — Zu Hause an. gekommen, setzt sich der Mann mit wehmutherfüll» tem Herzen in eine Zimmers. Die Frau, am Schreibtische mit Durchblättcrung neuer, eben aus der Buchhandlung angekommener Bücher beschäftigt, wirft zufällig einen Blick nach ihrem Mann. Sein? Melancholischen Mienen bemerkend, nähert sie sich Mit der Frage: „Was fehlt Dir, mein Bester?" Die leise Antwort, woraus nur cm verhallendes Ach!" und ein einzig Wort: ^Kindersegen?' ihre Ohren berührt, macht sie nicht im geringsten verle. gen. Sie tritt an's Fenster,''-und bald darauf ladet sie ihren Mann ein, den aufsteigenden Hesperus zu beobachten. Da sieh' doch den Hesperu«! Gewiß auch nicht das letzce Glied m der Welcenfa« Milie, zu der auch unsere Erde gehört. Em herrlicher Scern dieser Hesperns! Später wird -auch der neue Komet zu sehen leyn, den man vor drei Wochen auf der Berner Sternwarte eindeckt hat. Kennst Du die Hypothese üdke sich ein unermeßliches Gelwölbe, und darin zwölf bis fünfzehnhundert Leichen zu Mumien veischrumpft, welche die entsetzlichsten Grimassen zeigen, bald zn lachen., bald zu heulen scheinen, hi-er mit halb geöffnetem Munde, der eine schwarze Zunge zwischen zahnlosen Kinnladen sehen laßt, dorr Mit krampfhaft zusammengezogenen Llp» 1)en, bald lang ausgereckt, bald elend verkrüppelt,, menschliche CHrricaturen., Gespenster, tausendmal scheußlicher, als die Skelette, welche dle Wände e<> nes anatomischen Cab>nets dccor>ren, alle in Kapu-^inerkunen gehüllt, durch Kie ihre verrenkten Gllcder hie und da Löcher gcboh^ haben, und alle mit ei-«er Karte in der Hand, auf welcher Name, Ge» bUlts- und Todestag des Verstorbenen geschrieben stehen. Der Leichnam, welcher dem Eingang zunächst postirt war und bec Lebzeiten den Namen Francesco Tollari geführt hatte, hielt einen Stab in dcrHand. Wir baten den Guardian,, unS dieß Spinbol zu erläutern; er antwortete: Da der Francesco Tollari der Thür am nächsten sitze, so habe man ihn zu der Würde eineS Thorwächters erhoben, und ihm einen Stab in die Hand gegeben, womit er den Andern die Flucht wehren könne. Die Mumien sind reihenweise in zwei oder drei übereinander herlau» fend,n Rängen geordnet. Zu den Füßen der Mu« mien des ersten Ranges sind wieder stufenweis Sär« ge niedergesetzt, Mehr kistenartig und zum Theil sehr kostbar mit Wappen, Chiffern und Kronen ausge« schmückt; in diesen ruhen die Todten, für welche die Verwandten die Kosten einer föi'Mllchen Beisez-zung bestritcen haben. Die Särge sind mit einer Thür versehen, zu welcher die Verwandten, d«e von Z.'lt zu Zeit nachsehen, den Schlüssel haben. Man sieht, daß die Siciliancr keineswegs an der nordi» schen Gespensierfurcht leiden, llüier den Mumien sind Grafen, Marchesen, Prinzen und Feldmarschälle in ihren Rüstungen; die Mtrkwilidigiie ist ohne Zweifel ein König von Tunis, welcher duich einen Sturm nach Palermo verschlagen, im Kapuzinerkloster erkrankte, die Taufe empfing, wobei der dcuc< sche Kaiser selbst Tauf;euge wär, und am 20. Sept. 1622 starb. Ueber ihm ist ein Thronhimmel von Calicot aufgerichtet; sein Haupc trägt eine papierene Krone und die linke Hand führt das Szepter, ein vergoldetes Stuhlbein. Ein abgesondertes Gewölbe umfaßt die Damen aus der hohen Aiistokratie Palermo's. Hier erscheint del' Tod vielleicht am häßlichsten, lveil er am mci» sten hevÄuSgcputzr ist. Die Leichen liegen im reichsten Kleioerschmuck unter Glasglocken: die Frauen im Ball» oder Hofputz, die Mädchen in weißen Kleidern und mit ihren jungfräulichen Kränz«,,. Kaum erträgt man den Anblick diejer mit bebänderten Hauben coiffirten Gesichter, dieser aus blau» oder rofaseidenen Aermeln hervorragenden dürren Arme, dieser ,n faltigen Handschuhen ausgereckten Knochensinger und dieser'in Taffctschuhen eingeschlossenen Füße, deren Knochen und Sehnen üherall duicy die lichten Seidenstlümpfe scheinen. Von cincr >n ein Kreppgewand gehüllten Leiche, dercn Haupt in einem Rosenkranz auf einem Spitzenklssen Nlht>', und die ganz mit frischen Blumen besil'eut war, erzählte uns der Pater, das sey die Signora D. Maria Amaldie Ventiniglia, Marchesine de Spara-to, die am 7. August 1834 in ihrem 29 Jahre gestorben. Der Baron von P., welcher sie geliebt habe, bringe täglich selber die frischen Blumen. _ Noch zu bemerken, daß sich in diesen Katakomben vier kleine Gewölbe befinden, worin die Leichen zu Mumien förmlich zubereitet werden, um hierauf chrcn Platz in dem großen Gewölbe einzunehmen. Verleger; Iglwz Awis Edler v. Klelumayr.