STANDORTVERHALTEN VON ANBIETERN NEUER INFORMATIONSUND KOMMUNIKATIONSTECHNIKEN, UNTERSUCHT AM BEISPIEL DES RHEIN-MAIN-GEBIETS Ruth Bardlein* IZVLEČEK UDK 911.3:711. 554:621.39(430.1 "Pen-Main") = 30 LOKACIJSKI DEJAVNIKI PONUDNIKOV INFORMACIJSKE IN KOMUNIKACIJSKE OPREME - PROUČENI NA OBMOČJU KEN-MAINA Hiter razvoj informacijske in komunikacijske opreme zasleduje določene lokacije, ki so posledica gospodarske in prebivalstvene sestave. Hkrati pa ta dejavnost vpliva tudi obratno na razvoj gospodarstva in prebivalstva. ABSTRACT UDC 911.3:711. 554:621.39(430.1 "Pen-Main") =30 LOCATIONAL FACTS ABOUT INFORMATION AND COMMUNICATION EQUIPMENT BIDDERS - STUDIED ON REN-MAIN AREA The fast development of information and communication equipment follows certain locations, which are the result of economical and population structure. This activity influence at the same time also in the opposite direction - on the development of economy and population. 1. Einleitung Dieser Aufsatz befasst sich mit einem Teilaspekt der Diskussion um die rSumlichen Auswirkungen der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien und ist folgendermassen gegliedert: - zunSchst erfolgt eine Definition der Begriffe Informations- und Kommunikationstechniken bzw. -technologien; - danach werden relativ kurz die wichtigsten Thesen zu mSglichen rSumlichen Auswirkungen dieser technischen Entwicklungen dargestellt; - um dann die Ergebnisse der Untersuchung der Anbieter neuer Informations- und Kommunikationstechniken im Rhein-Main-Gebiet vorzustellen. R. Bördlein Standortverhalten . .. 2. Begriffsbestimmungen Neue Informations- und Kommunikationstechnologien (die im folgenden auch als I+K-Technologien abgekürzt werden) zu definieren, erweist sich als nicht ganz einfach. Da es sich um einen relativ jungen Aspekt der technischen Entwicklung handelt, ist die Terminologie begreiflicherweise noch uneinheitlich. Nach SPEHL (1985) sind neue I+K-Technologien "Verfahren zur Herbeiführung, Steuerung und Kontrolle von Informationsverarbeitung und Kommunikation", die sich neuer Techniken bedienen. Als neue Techniken nennt SPEHL "Entwicklungen in den Bereichen Mikroelektronik, Glasfaser, Laser und Satelliten im Vergleich zu den alten Techniken wie Mechanik, Kupferkabel und elektromagnetische Schwingungen" (S. 255). Die Mikroelektronik, bzw. deren Produkt, der Mikroprozessor, ist dabei die entscheidende Basisinnovation. Die FShigkeit, immer mehr elektronische Bauelemente auf immer kleineren Halbleiterplattchen (Chips), unterzubringen und das gleichzeitige Sinken der Herstellungskosten je Bauelement haben den massenhaften Einsatz dieser Technik ermSglicht. Bekannt sind die Auswirkungen im Bereich der Datenverarbeitung, d. h. bei Informationsspeicherung und -verarbeitung: Immer kleiner werdende Computer erbringen immer grossere Leistungen. Auch bei der Informationsübertragung, also bei der Kommunikation, bewirkt der Einsatz von Mikroprozessoren eine erhebliche Leistungssteigerung. Wenn es sich um den Austausch von Informationen fber grSssere Entfernungen mittels technischer Einrichtungen handelt. spricht man hier von Telekommunikation. RSumliche Wirkungen der neuen I+K-Technologien werden im wesentlichen von der nun mSglichen Verbindung von Informationsverarbeitung und Informationstransport erwartet. Dieses Zusammenwachsen von Telekommunikation und Informatik wird mittlerweile hSufig mit dem zusammengesetzten Begriff Telematik bezeichnet. - 136 - R. Bördlein___________________________________ Standortverhalten 3. Raumliche Wirkungen der neuen I+K-Technologien Uber die Art der möglichen rSumlichen Wirkungen der neuen I+K-Technclogien gibt es eine Reihe unterschiedlicher Hypothesen, die sich gut anhand folgender Begriffspaare erlSutern lassen (vgl.SPEHL 1985): Dekonzentration - Konzentration Hier geht es um die rSumliche Verteilung von ArbeitsstStten und Wohnungen. Die Telematik kann rSumlich dekonzentrierend wirken, namlich dann, wenn die neuen Telekommunikationsm6glichkeiten in allen Teilgebieten des jeweiligen Raumes zur Verfügung stehen. Dann verliert die rSumliche Nahe von einem Arbeitnehmer zum Sitz seiner Firma, von Kunden zum Kaufhaus an Bedeutung, weil die Arbeit oder der Einkauf vom Bildschirm zuhause aus erledigt werden kSnnen. Stichworte hierzu sind z. B. Telearbeit und Teleshopping. Andere Faktoren, wie z. B. der Freizeitwert einer Gemeinde, beeinflussen die Standortwahl starker. Dadurch werden die ländlichen Raume bzw. die Aussenbereiche der VerdichtungsrSume bevorzugt. Langfristig konnte sich dadurch eine gleichmassigere Verteilung von Arbeitsstatten und Wohnungen im Raum, d. h. raumliche Dekonzentration ergeben. Andererseits ist es auch moglich, dass die neuen Techniken zuerst in den grossen Zentren genutzt werden. Dann werden sich die heute bereits vorhandenen Entwicklungsunterschiede grossraumig zunachst eher verstarken. Das bedeutet, dass die Telematik eine weitere Konzentration von Arbeitsstatten und Wohnungen in den Verdichtungsraumen begünstigt Innerhalb der Verdichtungsraume werden kleinraumige Dekonzentrationstendenzen, d. h. weitere Suburbanisierung erwartet Zentralisierung - Dezentralisierung Die Telematik ermoglicht sowohl eine dezentrale raumliche Verteilung von Entscheidungsmacht als auch eine Zentralisierung von Kontroli- und Entscheidungsbefugnissen. Fast alle Autoren gehen jedoch davon aus, dass die Kontroli- und Entscheidungsinstanzen, v.a. von Wirtschaftsunternehmen, mit Hilfe der Telematik in den Kernen der Verdichtungsraume zentralisiert werden. 137 - R. Bördlein________________________________Standortverhalten . , Polarisierung - Nivellierung Wie wird sich unter dem Einfluss der Telematik das VerhSltnis der einzelnen Agglomerationen zueinander entwickeln? M5glicherweise fOrdert die Telematik in der Bundesrepublik Deutschland die Polarisierung zwischen den sOddeutschen Regionen mit positiver Entwicklung einerseits und den norddeutschen Regionen mit ungünstigerer Entwicklung andererseits. Die derzeit feststeUbaren Standortvorteile der sOddeutschen Regionen kOnnen aber vielleicht mit zunehmender Wirkungsdauer der Telematik abgebaut werden. Aus dieser Gegenüberstellung wird deutlich, dass es durchaus gegensStzlichen Meinungen zur mOglichen Wirkungsweise der Telematik gibt. Nicht vergessen werden darf jedoch die Gruppe derer, die die Frage stellt, ob denn die Telematik fberhaupt nennenswerte rSumliche Entwicklungen auslöst. Vieles deutet darauf hin, dass die neuen I+K-Techniken weitgehend üls VerstSrker von derzeitigen Trends der rSumlichen Entwicklung wirken werden (vgl. HENCKEL u.a. 1986). Da die Anwendung der neuen I+K-Technologien bisher allerdings erst in geringem Umfang erfolgt, sind empirisch belegte Aussagen nur beschrSnkt meglich. Vorliegende Untersuchungen befassen sich vor allem mit der Adoption der neuen Telekommunikationsdienste (vgl. z.B. HOBERG/KUNZ 1985 und KOHLER 1985) oder versuchen, das Potential der Telematik-nutzung in verschiedenen Regionen zu erfassen (z.B GID 1986 SPEHL/ MESSERIG-FUNK 1986). Eine grSssere Bedeutung als die anwendungsorientierten Wirkungen der Telematik haben derzeit noch die produktionsorientierten Wirkungen (vgl. GNAD 1985), d.h. die Wirkungen die von den Anbietern der neuen I+K-Technologien ausgehen. Zu den Anbietern werden im folgenden alle Betriebe gezShlt, die Hard-oder Software bzw. damit verbundene Dienstleistungen anbieten. Als Hardware bezeichnet man die "harten" Teile von Computern, d.h. die GerSte, Software ist die Bezeichnung für die zum Betrieb notigen Programme. Die Untersuchung der Anbieterseite ist unter mehreren Aspekten interessant: Zum einen sind die Anbieter der neuen I+K-Technologien einer der Wirtschaftszweige in der Bundesrepublik Deutschland, der neben zweistelligen Zuwachsraten bei den UmsStzen auch eine Zunahme der BeschSftigtenzahlen zu verzeichnen hat (vgl. SCHERER 1986; STBA 1986). "Unternehmen - 138 - R. Bördlein_______________________________________Standortverhalten . . . dieser Branche wirken dann auch als Impulsgeber und Kristallisationskerne für zukünftige Entwicklungen an ihren jeweiügen Standorten" (GRABOW/HENCKEL 1986 S. 1). Damit hat die Verteilung dieser innovativen Betriebe einen grossen Einfluss auf künftige rSumliche Entwicklungen. Als Innovationsvermittler, als "diffusion agencies" im Sinne des innovationstheoretischen Ansatzes von BROWN (vgl. WINDHORST 1983) haben die Anbieter, bzw. ihre Verteilung und Einzugsbereiche eine wichtige Funktion im Hinblick auf die Zugangsm5glichkeiten potentieller Nutzer zu technischen Neuerungen. Sie fungieren "als Trans-feragentur und Multiplikator technischen Wissens in einem zukunfts-weisenden Bereich" (SALLBACH 1984, S. 45). Schliesslich sind die Anbieter auch eine Teilgruppe der Nutzer der Telematik und somit auch langfristig im Hinblick auf den Einfluss der Telematik auf das rSumliche Verhalten von Betrieben interessant. 4. Anbieter neuer Informations- und Kommunikationstechnologien im Rhein-Main-Gebiet Das Rhein-Main-Gebiet, einer der bedeutendsten Verdichtungsraume der Bundesrepublik Deutschland, hat sich bei verschiedenen gross-raumigen Untersuchungen (KORDEY 1986, GRABOW/HENCKEL 1986) als einer der wichtigsten Standorte der Anbieter neuer I+K-Technologien im Bundesgebiet erwiesen. Die genauere Untersuchung der I+K-Anbieter im Rhein-Main-Gebiet hat zum Ziel - zum einen, Informationen Uber Verteilung, Tätigkeit, GrOsse und andere Merkmale der Betriebe in der Region zu erhalten und - zum anderen die Erfassung des raumwirksamen Verhaltens, d. h. insbesondere der Faktoren, die fQr die Standortwahl bedeutend waren. der Einzugsbereiche und der Mobilitat. Insgesamt wurden im Rhein-Main-Gebiet etwa 900 Betriebe erfasst. Die raumliche Verteillung der Anbieter neuer I+K-Technologien im Rhein-Main-Gebiet ist in Abb. 1 dargestellt. Dabei zeigt sich die für die Region typische Verteilung: der bedeutendste Standort ist mit Abstand die Kernstadt Frankfurt, gefolgt von Wiesbaden und Darmstadt. Dann folgen die anderen grosseren Stadte des Verdichtungsraums, Mainz und Hanau, sowie einige Gemeinden im Umland von Frankfurt, wobei hier besonders Eschborn zu nennen ist. - 139 - Abb. 1: ENTWICKLUNG DER DATENVERARBEITUNGS8ETRIEBE IM VERDICHTUNGSRAUM RHEIN MAIN UND DEN ANGRENZENOEH GEMEINDEN VON 1977/78 BIS »85/86 •MACH UNTEHGÄUWEN DE» MA*CMEMFER*aPfPO»T - 140 R. Bördlein Standortverhalten Die Betrachtung Uber die Zeit belegt einen in den meisten Gemeinden stetigen Anstieg der Zahl der Datenverarbeitungsbetriebe. Diese Zunahme fällt an den ohnehin bedeutenden Standorten am deutlichsten aus. Die Betriebe wurden dann in einem zweiten Schritt befragt. zum Teil in schriftlicher, zum Teil in mündlicher Form. Insgesamt \cuT&a durch die Befragung 350 Betriebe, das entspricht 40,2 % der Bett;ebe, erfasst. 4.1. Befragungsergebnisse Als ihren Tatigkeitsschwerpunkt gaben etwa 40 % der Befragten Software an, 21 % nannten Hardware. Die restlichen Firmen haben keinen eindeutigen Schwerpunkt. Im Softwarebereich sind Beratung und sonstige Dienstleistungen die hSufigsien Tatigkeiten. Die Betriebe mit Schwerpunkt Hardware gaben dagegen fberwiegend Handel bzw. Vertrieb als Tatigkeit an. Produktion von Hardware findet im Rhein-Main-Gebiet nur in geringem Masse statt. Die Verteilung der erfassten Betriebe auf BeschaftigtengrSssenklassen weist einen sehr hohen Anteil von Kleinbetrieben aus. Nur 12,9 % haben mehr als 100 Beschaftigte. Die grSsseren Betriebe mit mehr als 100 Beschaftigten befinden sich Uber-wiegend in Frankfurt und der Nachbargemeinde Eschborn. Die rasche Entwicklung der Branche in den letzten Jahren wird am hohen Anteil erst seit kurzer Zeit am Standort befindlicher Betriebe deutlich: die Hälfte der Betriebe war zum Zeitpunkt der Befragung noch nicht langer als zweieinhalb Jahre am derzeitigen Standort ansassig. Bei der Betrachtung des raumrelevanten Verhaltens der Betriebe wurde zunachst zur Frage nach den fUr die Ansiedlung im Rhein-Main-Gebiet bedeutsamen Faktoren gesteUt. Hier wurde den Befragten eine Liste von Standortfaktoren vorgelegt, deren Einfluss auf die Standortentscheidung angegeben werden solite. Aus diesen Angaben wurden Mittelwerte errechnet. Diese Werte wurden in einer Abbildung miteinander verbunden, so dass ein Profil entsteht (vgl. Abb. 2 und 3). 141 - ¦P H o 73 C to -P co IV •H ¦O u L J«! 10 tu (V 4-1 ca U :0 O H ¦O CI C o C -H V H C "D d) (U 73 -H d) J= 0 ™ in o) SL >3 U C 01 O) TI J3 a CT>-* C H 3 -P ¦M d) 3 0Q d) 73 C d) O (D > I 3 OJ "O OJ lil * * I M fi U II OJ (V — f 1 C § ¦ li i a I s .O C 5 Si ! 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