Matter am Rrain. Veilage M Laibacher Ieitung. ^V'. 48. Erster Jahrgang. 38. November 1857. An die Iloe^elaugner. ^!^ saget nicht, es sei die Welt Nun aller Poesie entkleidet! Glänzt oben nicht das Sternenzelt, An dem sich euer Auge weidet? Zieht nicht der Lenz durch Wald und Feld Mit Blumenpracht und Lustaccorden? O nicht die Welt, die schöne Welt, Nur euer Sinn ist anders worden. Ihr geht durch's Leben, nnr bedacht Auf das Besitzen und Grwerbcn; Ihr huldigt nur der äußern Pracht Und laßt das inn're Sein verderben; Dic Schönheit gilt cnch nur als Fracht, Die ihr bezahlt mit dein Metalle; Und waö den Menschen besser macht, Nur Wahn und Thorheit nennt ihr'S alle. Und weil ihr so in eurer Hast Verlernt daS Fühlen und Empfinden, So könnt ihr nicht die scl'gc Rast In lieblichen Gedanken finden; So seid ihr abgestumpft und laßt Vom Mammon euch durch's Dasein schleifen; Und was ihr nicht mit Händen faßt, DaS könnt ihr nimmermehr begreifen. Und doch, wohin ihr immer geht, Wohin ihr eure Blicke richtet, Da wohnt der mächtigste Poet, Der nimmer ruht und immer dichtet: Ob er im Sturm vorüber weht, Ob er sich wiegt auf Blumcndüftcn, Ob als Gcbirg er vor euch steht, Ob er als IriS schwebt in Lüften. Und was ihx alle in euch tragt, Das Herz ist auch dasselbe blieben; Das freut sich «och und hofft und klagt, Und ist bereit zu Haß und Lieben. So lang ihr nicht die Welt zerschlagt Und alle Herzen abgeschworen, So habt ihr Unrecht, wenn ihr sagt, Daß alle Poesie verloren. L. I. Wer Ahnensaal. Grzählnng vom Drärlcr-Manfred. «Vie Vermälung ddeni<:e eine Kalbin angefallen uud über dem Schnee in einen Graben hinab^cschlcift; Tags zuvor hat er in Naw-raven eine Ziege zerrissen. Am St. Grcgori-Tagc (12 März) trat anf der Einsattelung des ^0lnik einem Vnrschen, der seinen Mehlsack ans der Mühlc von Mötnik heimtrug, ein ungeheurer Bär entgegen. Der Junge warf die Bürde hinweg und lief zurück nach Mötnik. Als ihn zwei Jäger an die Stelle begleiteten, fand man den ledernen Mchlsack aufgerissen und das Mehl zerstreut, der Bär hatte de" Inhalt untersucht. Einige Tage später kam ein Ziegenhirt von Mötnik athcmws nach Hause gelaufen. Ein Bär hatte am ^««.'Inill scine Ziegen versprengt und eine dauon in die Gegend von kupco — ein qucllenrciches, dichtbcwachsenes! Plateau am ^selnik — fortgeschleppt. Nun aber war es , den Leuten zu stark geworvcu. Auf den St. Gertruden-Tag (17. März) wird eine allgemeine Jagd auf Väreu veranstaltet. Die Unterthanen des Gutes Obermötnik hatten einige Jahre vorher, nachdem das Schloß abgebrannt war, ihrer Inhaberin die gntsherrlichcn Rechte abgekauft ^ und sind so auch iu den Besitz der Jagd gelangt, waren daher mit Iagdrequisitcn wohl verschen. Znr Vcthcilignng an der Jagd wnrden auch die Bürger des landcsfürstlicheu Marktes geladen, welche Einladung ihnen um so willkommener war, da sich dießmal der Vär so weit vergessen hatte, sogar dem Marktrichtcr eine Ziege zu zerreißen. Nach dem Gottesdienste — der St. Gertruden-Tag ist auf dem Lande auch heute noch ein kleiuer Feiertag — ging es in Mötnik recht lebhaft und rührig zu. Treiber j und Jäger in Holzschnhcn und Lcdcrstiefcln, mit und ohne Gewehren, stärkten sich auf dem Marktplätze vor des Markt -richtcrs Wirlhsbause mit Wein odrr Wachholdcr - Branntwein. Die männliche Jugend sah in einiger Entfernung dem Treiben zu und vergaß auf Schafe und Ziegen, die zu Hanse ihrer Wartung und Wege harrten. Nach einer Weile setzte sich die Jagdgesellschaft in Bewegung, auch die Zuschauer zerstreuten sich uud begabeu sich nach Hause. Einen dieser Zuschauer, den damals zehnjährigen Gregor Kajbic, wollen wir begleiten Er ist für heute unser Gewährsmann und hat au dem Begebnisse dieses Tages, der ihm auch die wcitern 70 Jahre, die er noch zu erleben das Glück hatte, stets frisch im Gedächtnisse blieb, anch einen Antheil gehabt. (Forschung folgt.) Literarischez. Von W. O. Horn's Volksbuch „die Spinnstube" liegt uns der dreizehnte Jahrgang vor. Es enthält, außer einem kalendarischen Theil, viel Belehrendes und Unterhaltendes, das sich aber dadurch auszeichnet, daß es im echt volksthüm-lichen Erzählungstone gehalten ist. Es ist dieß überhaupt ein Vorzug, der Horn ganz besonders auszeichnet. Seit Brentano die Geschichte vom Casperl und Annerl geschrieben, ist die Dorfgeschichte in einer Weise cultivirt worden, wie. noch "ie. EZ machten sich darin zwei entgegengesetzte Strömungen bemerkbar, eine mehr idealistische, deren Repräsentant Verthold Auerbach ist, und eine mehr naturalistische, nahe an Realismus grenzende, welche durch Ieremias Gott-helf vertreten ist. Die ersten Dorfgeschichten Aucrbach's hatten einen enormen Erfolg, dessen Ursache wohl in der eigenthümlichen poetischen Färbung lag, welche der Verfasser über sie auszugießen verstand. Uud es ist nicht zu läugnen, sie sind das Veste, was in diesem Genre geliefert wurde. Daß Auerbach später in eine gewisse Manier verfiel, die im „Varfüßle" sich gipfelte und ihm nicht eben zum Ruhm gereichte, wollen wir hier nicht näher beleuchten. Im Gegensatz zu dem sie durchwehenden poetischen Duft ist in Gotthetf's Geschichten mehr der Wirklichkeit der nackten, aller idealistischen Erhebung entkleideten Wirklichkeit gehuldigt. Gotthelf (Albert Vihius) schildert genau nach der Natur, und aus seinen Geschichten erfahren wir viel besser, als in denen Auerbach's, wie das Volk denkt, spricht, lebt, was für Sitten und Gewohnheiten es hat. Aber eben dieser Naturalismus macht sie uns hie und da zuwider, es weht uns daraus die Statt- und Dorfluft z» scharf an. Da^U, kommt die locale Färbung, die uns Vieles zuweilen unverständlich erscheinen läßt, in der aber der eigentliche Werth der Gotthelf'schen Arbeiten liegt; denn gerade in der gewissenhaften Auffassung und Darstellung des Localen beruht die große, aber einseitige Kraft dieses schweizerischen Schriftstellers. Zwischen Auerbach und Gotthelf, gleichsam den Uebergang bildend, steht nun Horn (Wilhelm Oertel von Horn). Er nimmt die Stoffe zu seinen Volksgeschichten aus der Mitte des Volkslebens, weicht in der Darstellung nicht ab von der Naturwahrheit, versteht aber durch die Behandlung, durch die ganze Art und Weise seines Erzählens, durch die Naivität der Ausdrucksweise, durch die humoristische Beimischung allen seinen Erzählungen jenen Reiz zu geben, der sie in die Reihe von wirklichen, allen Anforderungen der echten Novcllistik entsprechenden Kunstwerken treten läßt. Wir erinnern nur an sein „Mailehen," „Aus der Schmiede" und „Der gespenstische Stollen." Aber sein Erzählungstalent verweilt nicht nur bei der Dorfgeschichte, auch den übrigen Kreisen der Gesellschaft wendet er seine Aufmerksamkeit zu, und wie fein er beobachtet, wie gewandt er darstellt, wie geschickt er die Knoten seiner Erzählungen schürzt, ohne im mindesten von der Naturwahrheit abzuweichen, dafür zeugen sein „Apostelhof," „die Meergeusen" und andere Novellen. Auch in dem vorliegenden Werke „Die Spinnstube," das durch sein vieljähriges Bestehen beweist, daß es verdiente Theilnahme findet, hat er durch Erzählungen, die im echten Volkston gehalten sind, sein schönes Talent kund gegeben. Es ist ein echtes Volksbuch und dürfte wohl allen Kalendern, welche sich jene Benennung beilegen, vorzuziehen sein. Druck und Herlag von Ifttl. v. Kleinmayr L5 F. Bamberg in Laibach. — Verantwortlicher Redacteur: F. Vamberg.