Beitrage zu den Methoden der Typhus Untersuchungen. Von Stabsarzt F>r, J. E. Hirtenhuber Chefarzt der 28. Infanterie-Truppen-Division. Laibach 1902. Buchdruokerei Ig. v. Kleinmeyr & Bed. Bamberg. Beitrage zu den Methoden der Typhus (Jntersuchungen. - Von Stabsarzt I>i-. J. E. Hirtenhub^r Chefarzt der 28. Infanterie-Truppen-Division. Buchdruckerei Ig. v. Kleinmayr Sc Fed. Bamberg. X- P^pV^tOlg Unter den bakteriologischen Untersuchungen, welche von dem Arzte, speziell von dem Militararzte, oft gefordert werden, bildet die Untersuchung auf Darmtyphus gewifl eine der haufigsten Aufgaben. Dafi diese Untersuchungen oft mit grofien Schwierigkeiten auszufiihren sind, ist eine bekannte Tatsache, abgesehen von den technischen Schwierigkeiten, hauptsachlich der Fehler wegen, die so leicht unterlaufen und das Resultat als Irrtum darstellen. Die Widalsche Serumreaktion ist zwar fiir die Entscheidung bei atypischen Typhusfallen als eine grofie Errungenschaft zu bezeichnen und vom klinischen Standpunkte als geniigend beweisend zu betraehten, jedoch das Hauptziel der Untersuchung ist dot h die Darstellung einer Reinkultur von Typhusbazillen aus irgendeinem Untersuchungsmaterial der Erkrankten, wie: Blut, Harn oder Darminhalt (Faeces). Mit Riicksicht auf die bezeichneten Schwierigkeiten mag nach- stehende Untersuchung dem jungen, nicht griindlich bakterio- logisch geschulten Arzte einen Fingerzeig geben, auf welche Weise der richtige Weg der Untersuchung zu betreten ware, um voraussichtlich ein positives Resultat anhoffen zu konnen. Beauftragt vom Garnisons-Chefarzt in Laibach, die chemische, mikroskopische und bakteriologische Untersuchung der im De- zember 1901 erfolgten Erkrankungen der 3. und 4. Batterie des k. und k. 7. Divisions-Artillerie-Regiments vorzunehmen, wahlte ich mir die Kranken, von denen ich das Untersuchungsmaterial entnahm, so aus, dafi ich sowohl verdachtige Falle vvahlte, bei welchen die klinische Diagnose noch nicht festgestellt wurde, als auch solche, bei welchen die klinische Beobachtung im hiesigen Garnisonsspitale bereits eine fixe Typhusdiagnose ergab. Da ich die Leute von der Artillerie-Kaserne aus bereits meistens kannte und sie sofort bei ihrer Marodmeldung 4 beobachten konnte, so war mir das oft sehr undeutliche klinische Bild vom Beginn an etwas naher geriickt. Da bei mehreren Fallen die Fieberkurve vom typischen Darmtyphus betrachtlich abwich, indem dieselbe friih und abends beinahe keine Remissionen darbot und aufierdem bei sehr vielen Fallen Obstipation oft durch eine Woche fortbestand, Roseola oft sehr spat auftrat und auch der Milztumor undeutlich war, so dachte ich anfanglich auf Typhus recurrens, und meine ersten Unter- suchungen betrafen das Blut der Fingerkuppe, doch konnte ich in keinem Falle die Obermeyerschen Spirillen antreffen. Das erste Objekt der Untersuchung, welches zwar keinen ausschlaggebenden Beweis ftir Typhus erbrachte, jedoch die Diagnose auf Darmtyphus naherriickte, war der Harn, der auch bei den sogenannten verdachtigen Fallen, die hoch fieberten, sonst aber noch ein ungestortes Allgemeinbefinden darboten, die charakteristische Diazoreaktion zeigte. Wenn diese Reaktion auch keine pražiš diagnostische Bedeutung hat, da sie auch bei schweren Fallen von Tuberkulose, Pneumonie und Masern auftritt, so hat sie bei Darmtyphus von der ersten Woche an doch einen klinischen Wert, wenn andere wichtige diagnostische Zeichen fehlen, als: deutlicher Milztumor, Roseola, Pulsver- langsamung, Diarrhoe, wie es auch in der „Deutschen militar- arztlichen Zeitschrift" (Heft 8 und 9) vom Jahre 1901 in dem Berichte des Oberstabsarztes und Vorstandes der hygienisch- bakteriologischen Untersuchungsstation des Vlil. Armeekorps Dr. Htinermann dargestellt wird. Diese Reaktion ware also in keinem Falle zu unterlassen.* Zur Vornahme der bakterio- logischen Untersuchungen beniitzte ich das Laboratorium der hiesigen landwirtschaftlich-chemischen Versuchsstation, dessen Vorstand, Flerr Direktor Dr. Ernst Kramer, der aufier allen wissenschaftlichen Instrumenten und Behelfen mir seine Beihilfe und sein ausgedehntes tiefes Wissen mit grofiter Zuvorkommen- heit anbot; besonders die verschiedenen Nahrboden und prazise Sterilisierung ware mir ohne seine giitige Beihilfe schier un- moglich gewesen, gewissenhaft darzustellen und durchzufiihren. * Beziiglich der Methode siehe Taschenbuch der medizinisch-klinischen Diagnostik von Dr. Otto Seifert und Friedrich Miiller, Wiesbaden 1899. 5 Die ersten bakteriologischen Untersuchungen stellte ich am 27.De- zember 1901 an, wozu die Nahrboden schon vorbereitet waren. Ich entnahm Blut von mehreren Leuten des Divisions- Artillerie-Regiments Nr. 7 sowie Darminhalt von einem Offiziers- diener (Wild) des gleichen Regiments, welche Leute sich im hiesigen Garnisonsspitale in Behandlung befanden. Alle diese Leute fieberten hoch, Fruhtemperatur 39°, bei keinem war jedoch ein deutliches Typhussymptom (wie Roseola oder Milz- tumor) nachweisbar. Um Malaria ausschliefien zu konnen, wurde mehreremals das Blut untersucht, und zwar sowohl in frischen als in Trockenpraparaten, die letzteren wurden nach der Ehrlichschen Methode gefarbt, in keinem Falle konnten Plasmodien nachgewiesen werden, daher auch Malaria auszu- schlieBen war. Das Blut fiir die bakteriologischen Untersuchungen, und zwar Impfungen, wurde mit sterilisierter Pravaz-Spritze direkt aus der Milz gewonnen. Die Untersuchungen des Blutes durch Impfungen auf Esmarchsche Kartoffelscheiben sowie auf ver- schiedene Nahrboden, welche in Petri-Schalen ausgegossen wurden, ergaben kein positives Resultat, so daB die weiteren Untersuchungen hauptsachlich mit Darminhalt (Faeces) fort- gesetzt wurden. Folgende Nahrboden wurden bei den Untersuchungen benutzt: Holzsche Kartoffelwassergelatine mit 0’05°/ 0 Phenol Zusatz, Elsnersche Kartoffelwassergelatine mit 1% Jodkali Zusatz, Hiippesche 10%ige Fleischextrakt-Pepton- Gelatine, weiters Esmarchsche sterilisierte Kartoffelscheiben. Spater wurde noch Lofflersche Nahrbouillon und Nahragar zur Fortpflanzung der gewonnenen Reinkultur verwendet.* Bei der Untersuchung wurde folgender Vorgang eingeschlagen: 1. ) Es wurde Darminhalt direkt auf Esmarchsche Kartoffel¬ scheiben geimpft. 2. ) Eine Ose von Darminhalt wurde direkt auf Holzsche Kartoffelwassergelatine und eine zweite auf Elsnersche Kartoffel- wassergelatine geimpft und hierauf in Petri-Schalen ausgegossen. * Beziiglich der Methode der Darstellung dieser Nahrboden siehe Dr. Josef Schrank: „Anleitung zur Ausfiihrung bakteriologischer Unter- suchungen", Wien 1894. 6 3.) Von dem Darminhalte wurden Verdiinnungen in der Art hergestellt, dafi 1 cm 3 der Fliissigkeit in 10 cm 3 destillierten und sterilisierten Wassers eingetragen wurden, und mit dieser Verdilnnung wurden nun Holzsche und Elsnersche Kartoffel- wassergelatine in der Weise geimpft, dafi ein, drei und funt Tropfen zugesetzt wurden, und hierauf wurde die Gelatine in Petri-Schalen gegossen. Von den Nahrboden zeigte sich unter den Gelatinen die Elsnersche Kartoffehvassergelatine mit 1 % Jodkali Zusatz als die gtinstigste, da in derselben die geringsten Spuren von Trtibungen deutlich zu erkennen waren, weniger giinstig war die Huppesche Fleischwasser-Pepton-Gelatine, so dafi die Impfungen auf dieselbe bald unterlassen wurden. Die Entvvickelung der Kulturen ging folgendermafien vor sich: a) Auf den Esmarchschen Kartoffelscheiben entwickelte sich bereits nach 48 Stunden bei 22° im Thermostate ein schleimiger, gelblicher Belag, der bei der mikroskopischen Unter- suchung vorwiegend aus einem Gemisch von Stabchen (Bazillen) bestand, vvelche sich sowohl im Lofflerschen Me- thylenblau als auch mit Ziehlschen Karbolfuchsin leicht farbten. Behufs Isolierung der Arten vvurden mit diesen Kulturen weitere Plattenkulturen angelegt, liber deren Entwickelung spater das Weitere folgt. b) Die Entv/ickelung der Kulturen 'in den Petri-Schalen ging folgendermafien vor sich: In den mit Faeces nach Punkt 2 direkt geimpften Gelatinen entwickelte sich binnen vier Tagen eine grofie Menge von Kolonien, besonders aber von solchen, welche die Gelatine verfliissigen, es konnte daher nicht daran gedacht werden, eine Uberimpfung vorzunehmen, es waren grofitenteils sapro- phytische, nicht pathogene Bakterienarten, wie Heubazillus (Bacillus subtilis). Besser ging die Entwickelung bei den nach Punkt 3 gemachten Verdiinnungen vor sich; es entvvickelten sich fixe, die Gelatine nicht verfliissigende Kolonien, welche unter der Lupe in den Petri-Schalen untersucht und herausgefischt werden konnten, und von diesen wurden Stich- und Strich- kulturen in den verschiedenen Nahrboden angelegt. Bei der 7 weiteren Priifung erwiesen sich dieselben jedoch hauptsachlich aus Bacterium coli bestehend, worauf auch schon das schnelle Wachstum bei Zimmertemperatur hindeutete. Da die Kartoffelkultur von Gaffky benutzt wurde, um den Typhusbazillus von solchen Bakterienarten zu unterscheiden, welche durch andere Kulturmerkmale nicht mit Sicherheit von ihm zu unterscheiden waren, so wurde der sub a beschriebene schleimige Belag auf den Esmarchschen Kartoffelscheiben zur weiteren Uberimpfung verwendet, und zwar in der Art, dafi wieder Verdiinnungen desselben benutzt wurden. Es wurde eine Platinose voli Belag in 10 cm 3 sterilisierten und destil- lierten Wassers iibertragen und darin sorgfaltig verteilt, und mit dieser Verdiinnung wurde Elsnersche Kartoffelwassergelatine mit je einem, drei, funt und sieben Tropfen geimpft und hierauf in Petri-Schalen gegossen. Die Entwickelung der Kolonien ging in den Petri-Schalen regelmafiig vor sich, am besten in der Schale mit funt Tropfen der Verdiinnung. Es wurden hiebei Kolonien beobachtet, welche mit denen, wie sie von Typhusbazillen beschrieben werden, Ahnlichkeit hatten. Dieselben waren in den tieferen Lagen schmutzigweifi, zitron- oder wetzsteinformig, in den oberen Lagen breiteten sie sich weit aus, erschienen mattgrau, als feines, lappig begrenztes Hautchen der Gelatine auf- liegend, mit langsamem Wachstum. Mit solchen Kulturen wurden sodann auf Elsnerscher Gelatine Stich- und Strich- kulturen angelegt. Sie entwickelten sich als kraftig weifier Faden in den Stichkulturen, an der Oberflache in der Form einer diinnen, zarten, durchscheinenden Haut von Perlmutter- glanz. Auf den Esmarchschen Kartoffelscheiben, welche mit diesen herausgefischten Kolonien geimpft wurden, entwickelte sich ein iippiges Wachstum, welches aber aufierlich kaum bemerkbar war, versuchte man aber nach 48 Stunden mit der Platinnadel von der Oberflache eine geringe Menge abzustreifen behufs mikroskopischer Untersuchung, so hatte man den Ein- druck, als ob die ganze Flache in eine zusammenhangende Haut verwandelt ware. Bei der mikroskopischen Untersuchung zeigten sich plumpe Stabchen (Bazillen) mit abgerundeten Enden, haufig auch zu Fadenverbanden ausgewachsen, mit 8 lebhafter Eigenbevvegung. Es wurden auch gefarbte Trocken- praparate gemacht und auch konstatiert, dafi sich die Bazillen nach der Gramschen Methode nicht farben. Da aber die Typhusbazillen mit Bacterium coli und noch anderen Bazillen grofie Ahnlichkeit der Form nach zeigen, so begnugte ich mich nicht mit der formellen Untersuchung, sondern es vvurden auch die biologischen Unterschiede von den anderen Bakterien unter- sucht, und die zwar chemischen Veranderungen und Gahrungs- erscheinungen mit Milch und Zuckerlosung. Es vvurden daher die gevvonnenen Kulturen in Erlenmeyerschen Gahrkolbchen mit sterilisierter Milch und Traubenzuckerlosung vermengt und im Thermostate bei Brut-Temperatur gehalten. In der Milch trat nach 24 Stunden vveder Koagulation noch Milch- saurebildung auf, in der Traubenzuckerlosung entvvickelte sich keine Kohlensaure, auch keine saure Reaktion. Am 7. Janner 1. J. erhielt ich durch die Giite des Herrn Universitatsprofessors Dr. Prausnitz aus Graz eine junge Typhus- reinkultur; nachdem ich dieselbe sovvohl im hangenden Tropfen als in gefarbten Praparaten untersucht hatte, verglich ich die aus der hiesigen Reinkultur (vvelche aus Faeces ge- vvonnen vvurde) bereiteten Praparate mit der Originalkultur und konstatierte unter dem Mikroskop und in gefarbten Praparaten eine genaue Ubereinstimmung der Bazillen der Form nach. Hierauf vvurde mit dem Blutserum von Artilleristen, vvelche im Dezember 1901 an Darmtyphus erkrankten, der Widalsche Versucn angestellt, und zvvar zuerst mit der aus Graz erhaltenen Reinkultur und hierauf mit der aus den Faeces geztichteten Kultur, in beiden Fallen vvar das Resultat positiv. Der Vorgang vvar folgender: Durch Einstich in die Fingerkuppe des Kranken vvurde 1 cm 8 Blut in einer sterilisierten Eprouvette aufgefangen und mit destilliertem Wasser 1 : 20 bis 1 : 40 verdiinnt, von dieser Verdiinnung vvurde ein kleines Tropfchen auf das Deck- glaschen gebracht, mit der sterilisierten Platinose eine ge- ringe Quantitat der Reinkultur abgestreift und dem Tropfchen zugesetzt und hierauf im hangenden Tropfen beobachtet. Es zeigte sich sovvohl bei der Kultur aus Graz als auch b.ei der 9 hier aus den Faeces gevvonnenen Aufhoren der Eigenbewegung der Stabchen als Agglutination, indem sich die Bazillen in Haufen aneinander lagerten. Diese Erscheinung erklart Gruber durch das Verquellen der Hullen der Bakterienleiber durch die im Blutserum vorhandenen Antikorper. Die Bakterienzellen werden nach dieser Auffassung klebrig, verlieren ihre Eigen- bewegung und vereinigen sich zu Ballen. Das Nahere ist in Professor Dr. Karl Gunthers „Einfiihrung in das Studium der Bakteriologie, Leipzig 1898“, sehr instruktiv zu finden. Gleichzeitig mit der gewonnenen Reinkultur aus Faeces wurde auch versucht, den Harn als Material zur Gewinnung einer Typhusreinkultur zu benutzen. Ich nahm frischen Harn eines Anfang Janner 1. J. an Darmtyphus im hiesigen Gar- nisonsspitale erkrankten Landvvehrmannes, der Harn war klar, von schwach saurer Reaktion und setzte nach dem Zentri- fugieren ein ziemliches Sediment; bei der mikroskopischen Untersuchung fand ich viele Bakterien und Harnsaurekrystalle. Mit dem Harne wurden sterilisierte Esmarchsche Kartoffelscheiben geimpft, auf denselben entwickelte sich bald ein massiger Belag, der aus einem Gemisch von Bazillen bestand; dieser Belag wurde wieder behufs Isolierung der Arten auf Elsnersche Kartoffelwassergelatine tiberimpft, es entwickelten sich alsbald Kolonien, welche aber schon aufierlich solche Eigenschaften darboten, welche fiir pathogene Bakterien nicht charakteristisch sind, es gelang mir durchaus nicht, eine fiir Typhus charakte- ristische Reinkultur zu isolieren, obwohl das Blut deutlich die Widalsche Serumreaktion ergab. Im Februar 1. J. wurde die Erprobung der aus den Faeces geziichteten Bazillen beziiglich der Entwickelung auf Lofflersche Nahrbouillon in folgender Weise fortgesetzt: In 10 cm 3 Nahrbouillon wurde eine Ose von der Typhus- kultur, welche ich von Professor Prausnitz erhielt, eingetragen, in die gleiche Menge Bouillon wurde auch eine Ose von der aus den Faeces gewonnenen Reinkultur iibertragen, hierauf kamen die Bouillons in den Brutschrank; es trat nach zwolf Stunden in den mit Bouillon beschickten Eprouvetten eine opalisierende Triibung auf, welche, wie die mikroskopische Untersuchung z eigte . durch sich lebhaft bewegende Bazillen bedingt wurde. 10 Mit diesen in der Bouillon aufgeschwemmten Bakterien wurde hierauf die Serumreaktion vorgenommen. Da jedoch die Widalsche Reaktion am sichersten mit jungen Typhusstammen gelingt, so wurden von der bereits getrubten Bouillonkultur je 60 Tropfen in eine sterilisierte Bouillon ubertragen und, mit einem Tropfen verdiinnten Blutserum beschickt, in den Brut- schrank gestellt; nach acht Stunden bildete sich in-beiden Eprou- vetten ein geringer Niederschlag, hierauf untersucht, zeigten sich die Bazillen ohne Eigenbewegung in Haufen gelagert, aggluti- niert. Das Serum war bis hundertfach verdtinnt. Die Beweiskraft dieser Reaktion liegt gerade in dem Grade der Verdunnung, da das Serum normaler Individuen die Agglutination der Typhusbazillen bei Verdiinnungen von 1:40 oder 1:50 nicht mehr zustande bringt, darum wird auch die Bouillon - Serum¬ reaktion erstbei hundertfacher Verdunnung als positiv angesehen. (Siehe die zitierte Publikation des Oberstabsarztes Dr. Hiiner- mann in der ,,Deutschen militararztlichen Zeitschrift“.) Beziiglich der Widalschen Reaktion soll noch bemerkt werden, dafi die Beeinflussung der Bakterien durch das Serum energischer und schneller bei 37° als bei Zimmertemperatur eintritt, und oft auch dann erst nach einigen Stunden sich das Maximum der Wirkung zeigt. Weiters mufi die Typhuskultur moglichst jung und lebensfrisch sein, damit die zu beeinflussenden Bazillen gut beweglich seien. Der Unterschied dieser Reaktion von der sogenannten Gruberschen besteht nur darin, dafi hier nicht Serum von erkrankten, sondern von kiinstlich immunisierten Tieren verwendet wird, und dafi durch die Agglutination der gepruften Bakterienart es sich zeigt, dafi dieselbe Spezies vor- liegt, mit welcher das serumliefernde Tier beim Immunisierungs- prozesse vorbehandelt wurde. Zur weiteren Unterscheidung der aus den Faeces gewon- nenen Bazillen von typhusahnlichen oder von Bacterium coli wurde noch der von Kitasato 1889 publizierte chemische Versuch angestellt, nach welchem Typhusbazillen kein Indol (Rotfarbung) produzieren. Zu diesem Zwecke wurde eine zuckerfreie, 24 Stunden alte, bei 37° gewachsene Typhus-Bouillonkultur mit Kalium- nitrit und Schwefelsaure versetzt, und zwar 10 cm 3 der Bouillon- 11 kultur mit 1 cm 3 einer V»o 0 /oig en 'vasserigen Losung von Kalium- nitrit und hierauf einige Tropfen Schwefelsaure; es trat jedoch keine Rotfarbung auf, wie eine solche das Bacterium coli produziert. Aus den Untersuchungen ergibt sich, dafi die aus den Faeces (des Offiziersdieners Wild) gewonnene Reinkultur Bazillen enthalt, welche sowohl der Form nach als beztiglich des Verhaltens gegen Farbungen, weiters in Bezug auf dieWidalsche Serumreaktion sowie chemische und biologische Eigenschaften (wie Fehlen der Indolreaktion, Verhalten gegen Milch und Zuckerlosungen) allen Anforderungen entsprechen, welche wir an die Eberth-Gaffkyschen Typhusbazillen stellen konnen, woraus der Schlufi gerechtfertigt erscheint, dafi sie mit den- selben identisch sind. Durch štete Uberimpfung auf ver- schiedene Nahrboden sowie Nahrbouillon wird die Reinkultur ftir Reaktionszwecke stets vorratig gehalten. Durch diese Untersuchung wurde auch experimentell wissenschaftlich der Beweis erbracht, dafi die infektiose Erkran- kung bei der 3. und 4. Batterie des 7. Divisions- Artillerie- Regiments durch Einvvanderung von Typhusbazillen in den Darmkanal verursacht wurde. Aus den angeftihrten Versuchen, welche teils mit, teils ohne Erfolg waren, kann der Arzt die Vorzuge und Nachteile des eingeschlagenen Versuchsweges leicht beurteilen und ge- gebenenfalls den richtigen Weg betreten, stets mufi er sich aber auf Tauschungen gefafit machen. Selbst die so leicht ausftihrbare Widalsche Serumreaktion hat nicht immer einen absoluten Wert, auch wenn sie negativ ausfallt, da die spe- zifische Eigenschaft des Blutes gegentiber Typhusbazillen oft wohl sehr frtihzeitig auftritt, im allgemeinen aber mit dem siebenten bis neunten Krankheitstage sich einzustellen pflegt, in manchen Fallen sich sogar erst nach der Entfieberung zeigt, woraus ersichtlich ist, dafi der Termin ftir den Eintritt der Reaktion kein absolut fixer ist und dafi eigentlich nur die Herstellung einer Reinkultur den Abschlufi der Untersuchung bilden solite. Aber auch der Gewinnung der Reinkultur stehen oft kaum zu bewaltigende Hindernisse entgegen, denn, wie die einschlagige Literatur nachweist, es gelingt oft aus 12 verschiedenen Ursachen nicht, eine Reinkultur aus einem Unter- suchungsmaterial herzustellen, aus welchem es anderen ohne besondere Muhe gelang; zur Erlauterung dieser Tatsache fiihre ich den Befund Karlinski’s an, nach welchem der Typhus- bazillus vor dem neunten Krankheitstage iiberhaupt nicht im Stuhle vorkommen soli, woraus folgt, dafi man sich mit dem negativen Befunde aus einem Untersuchungsmaterial nicht begntigen darf, sondern der Reihe nach die iibrigen, wie Blut und Harn, zu durchforschen hat, bevor man sich in positiver oder negativer Richtung ausspricht. Das Resultat lohnt reichlich die Muhe, da es zur Erweiterung in der Erkenntnis aut dem Gebiete dieser jungen, aber hoffnungsvollen Wissenschaft anspornt. Laibach im Marž 1902. NARODNA IN UNIVERZITETNA KNJIŽNICA II I II I III III I 00000479525 Aufier den bereits angefiihrten Werken fiihre ich noch folgende behufs genauer Information an: Kompendium der Wasseruntersuchungvon Dr. W. Migula, Wiesbaden 1901. Methoden derpraktischenHygienevonDr. K. B. Lehmann, Wiesbadenl901.