*j^_* f^^&jj^^äULfiP^Jimr ■">- zsff. i- ü Snset SYR A Beschreibung einer Huf Befehl des Königs von Frankreich unternommenen Reise nach der Levante. Zweyter Theil. Achter Brief. Beschreibung der Inseln Syra, Thermia, Ziai Macronisi, Jura, Andres und Tine. Gnädiger Herr! IIH^ir befinden uns gegenwartig auf der Insel ^^^ Syra a), die nntcr allen Inseln des Archl-^elagus die meisten cathollschen Einwohner hat. Gegen sieben bis acht zur griechischen Kirche gehörlgett Familien, zählet man daselbst mehr als sechs tausend Seelen, die sich zur lateinischen Kirche bekennen; und wenn die iatciner sich mit den Griechen verheurathctt, so müssen alle Kinder römisch catholisch werden^ da im Gegentheil zu Naxia Hie Knaben tte Religion ^, ^ - , /. ^. , , , des 4)trP'Ö2 Strah. ^YPA. Suictas, Kfa* r,# Xvtfa Homer. O'dyjs. o. vers. 402. burner. 2utf. 11. Ct)- 3( des Vaters, die Mädchen aber ihrer Mutter ihre an, nehmen muffen. Alles dieses gute hat man den ftan, zösischen Capuzinern zu danken, die auf dieser Iusel sehr geliebet werden, und die sich alle nur moqliche Mühe geben, ein Volk zu unterrichten, das sehr zur Tugend geneigt, der Dicbcrey von Herzen feind und so arbeitsam ist, daß man auf dieser Insel wcniss Ruhe hat; zu Nachts wegen des allgemeinen Geräusches der Handmühlen, mit denen jeder sein Gctra'd zu mahlen pstcgct, und des Tages wegen der Räder? auf denen sie Baumwolle spinnen. Das Haus und die Kirche der Capuzincr sind sehr artig gcbauet. Die in einem Eck ihrer Terrasse lmfgcrichtetc französische Fahne vergnügte uns schr. Der Pater Hpacinrl) d' Amiens, ein sehr verstandiger Mann, der die Stolle des französischen Consuls zu Tine vertrat, nahm uns auf die allcrqefalligste Art auf. Diese Paters haben die Aufsicht über fünf und zwanzig Nonnen von dem dritten Orden des hei-ligen Franciscus, die schr tugendhaft leben, ob sie gleich nicht eingesperrt sind. Die Griechen haben auf der Insel Syra nicht mehr als zwo Kirchen, die ein Papas vcrsiehet. Auch besindet sich ausser einen» «inzigen Cadi kein Türke auf dieser Insel, und dieser versteckt sich bey den Capuzincrn, wenn sich cm Corsar um die Insel herum blicken lasset. Alle Jahre werden zween Aufseher oder Verwalter erwählet. Im Jahr 1700 betrug die Kopf- und Vermögenssteuer viertausend Thaler. . Wir 5 Wir stiegen auf dieser Instl den sechs »ud zwanzigsten October an das land. Syra ist ungefehr dreyßig Meilen von Nircone entfernet/ wenn man von emcm Cap zum andern rechnet. Von dem Hafen zu N7rcone bis zu dem zu Srra sind wohl vierzig Meilen, fieser Hafen ist für die größten Schiffe 'ewa«-richtet; der Eingang dcssclben liegt gegen Osten. Mc Insel a), welche nicht nlehr als fünf und zwanzig Meilen im Umfange hat, ist vortrcflich angebauet, 'ra cine sehr bergichte Insel ist, so hat sie doch Holzmangel, und man brennt daselbst blos Reisig. Sie ist viel kühler und feuchter als die meisten andern Inseln des Archipelagus. Homer ö) macht von derselben eine schr vortheilhafte Beschreibung: Dcr Flecken oder das Dorf liegt eine Meile von dem Aafcn, rings um einen sehr steilen Felsen herum. Oben auf dcr Spike desselben siehet das Haus des Bischofs und die bischöfliche, dem heiligen Georgms gewidmete Kirche. Die Einkünfte dieses Prälaten bclaufcn sich nicht über vierhundert Thaler. Doch kann er sich dieses Vorzugs rühmen, daß er die A - schönste a) vSyros quäm circuitu pntere viginti millia passuum proditlcrc vctcres, Mutianus centum lexaginta. P/i«. lib. 4. c, 12. 4 "HM O M^ schönste Clcrisey in der ievante hat, die aus vierzig Priestern bestehet. An dem Hafen siehet matt noch die Ruinen einer alten und großen Stadt, die chchin mit der Insel gleichen Namen führte und S>'ros ") Hieß. D'cscs erhellet aus einer Inschrift, die von dn'Sccküste in den Flecken ist gcschaft worden und gegenwärtig an einem Eck der Kirche befestiget ist. Diejenigen irren sich also, welche glauben S>'M komme von cinem Wortes) her, das in der gemeinen griechischen Sprache, soviel als eine Frau bedeutet. An der linken Seite des Thors des bischöflichen Hauses ist auf einem Bas relief von Marmor die Cither der Allen, und eitnge andere Instrumenten abgebildet. Dieses Bas relief ist unter eben diesen Ruinen gefunden worden, unter welchen noch cme' schöne Strecke Mauer zu sehen ist, dle aus großen viereckigen, rautenförmig zugehauenen Marmorstücken bestehet. Man hat von diesen Rumen vielerley Stücke von wcisfen Marmor weggeführet, und insonderheit verschiedene Trümmer von Säulen, welche vor der Kirche der Capuzincr stehen. Die Hauptqnelle der Insel ist sehr alt. Dieselbe entspringt mitten in einem, sehr nahe an der Stadt liegenden Thal. Die Einwohner dieser Instl glauben, aus einer mir unbekannten Tradition, daß.man sich ehchin in dieser Quelle zu reinigen gepflogen habe, ehe ä) STP02. *2£/>.3. O/Th.pag^ . SYRA. Jab. 2 g 7"h. pap. 4. Sas_relüf Ton iJlarmor auf der 3nfel SyRA. 2 Ih. vag.j.65. ■"■■■ ............■■ '••■"■'•••"'•'" '.......ji 'i'|l II' ■ iii,' i^i^ij^i^i^i^ijiiiiiiii|I 11,111 Mil iijii iiiMii i mm i ii 11 ii i ■' nn ] 11 m ^ ii i^h^i t-Altes ^Bas^ relief welches man an der Ccke der (- Wettliner JCt'rchc aiif der SnfeL Samos^Jieket. ehe mau nach Delos gieng. Wir erfuhren zu späte, daß l'ey dieser Quelle eine Inschrift angetroffen würde. Wir konnten sie also nicht besehen, weil wir uns des Windes bedienen mußten. Die Inscsn/ welche man um Sxra herum liegen siebet, sind gewiß jene Anticvrischen Inseln nicht, die chchin wegen ihrer NlcsewlN'5 (I^cUedoruL) so berühmt waren. Diese liegen in dem Meerbusen von Z< tron, jenseit Ncgrcponc, dem Berge C>eca/ auf welchem Hel.ci,leo, der Sagc nach, soll gestorben seyn, gerade gegen über. Anstatt tcr Niescwurz fanden wir auf der Insel O) ^a, an der Sccküste hin, nicht weit von dem Hafen, eine Pfianze, die uns ein > großes Vergnügen verursachte. Es ist dieses eben diejenige Pfianze, welche das persische Manna her-fürbrmgt. Aaurvolf, ein augspurgischer Mcdicus, welcher solche auf seiner Reise, die er im Jahr 1537 in die Morgenländer machte, entdecket, hat davon unter dem Namen Albaczi Mamomm geredet. Allein er hat dieselbe, nach der Gewohnheit der damaligen Zcitcv, so kurz beschrieben, haß ich es für nöthig hielt, eine genaue Beschreibung davon auf der Steile zu machen, weil ich befürchtete, sie möchte uns auf dem übrigen Theil unserer Reise aus den Gedanken kommen. Zu dem kam es mir auch sehr sonderbar vor, daß eine Pfianze, welche einen Theil der Schönheiten des Ebenen von Armenien, Georgien und Persien ausmacht, gleichsam von andern abgesondert, auf den Inseln Syra und Cine anzutreffen sey, Herr rpheeler fand sie auf der Insel Tine, A3 Mch 6 ^,G A G">3^ llnd hielt sic für cine noch unbeschriebene Pflanze. Ich habe ein besonderes Geschlecht daraus gemacht 2), dcm ich den Namen ^Il^i />> gegeben habe. Die Wurzel dieser Pflanze ist holzig, vier bis fünf linicn dick, braun, mit wellenförmigen und wenig haarigen Fasern besetzt. Die Stengcl sind fast d^ey Schuh hoch, ungefehr zwo innen dick, blaßgrün, glatt, hart, von unten hinanf mit Acsien bcscj.tt, welche Blatter haben, die den Blattern des W>>c-tritts (kol^onum l^d'solium. (^. l». ?m.) ähnlich sind. Die größcstcn sind sieben bis acht iim'en lang/ ungefehr drey linien breit, ebenfalls blaß ändert, und vielleicht auch ihre Kraft vermindert wird. Dieses Manna ist also bey weitem nicht so schön, als das italiänische. Man verkauft zwo Sorten davon in Persien. Die schönste und die theuerste ist in kleinen Körnern, und die ist gleichsam zusammengcknettct und enthält mehr Blätter als Manna. Die gewöhnliche Dosis von der einen wie von der andern, ist fünf und zwanzig bis dreyßig Drachmen, wie man in der ievante zu reden pfieget/ wo man das Manna in einem Trank von Sennetblättern zergehen läßt. :^') '--.,,, - , . : phere- pderecydes a), eincr der ältesten Weltweiscn in Griechenland, der tchrcr des Pythagoras und ein Schülcr des pirracus, wurde auf'der Insel Sx'la gebohren, wo man seine Sonnenuhr/ als ei« Denkmal seiner Gcschicklichkcit/ aufbewahrte ö). Vcrsil)icdcne gaben ihn fur den Erfinder derselben aus: andere aber glaubten, daß cr die Art, solche zu machen, von den Phöniziern gclernct, deren Bücher er gelesen. Cicero aber lobet diesen großen Mann aus cincm audern, viel wichtigern Grunde. Er bei hauptet nämlich von ihm, daß cr der erste gewesen sey, welcher die Unsterblichkeit der Seele gelchrct, ungeachtet ihn Suivas beschuldiget, als habe cr die Wanderung ocr Seele aus einem Körper in den an-dern gclchrct. Wir machten vor unserer Abreise von Syra auch einige geographische Beobachtungen. Andros liegt dieser Inscl gegen Norden. Ioura gegen Nordost. Zia gegen West - Nord - West. Nlycom' gegen Osten, Tine gcgcn Nordost. Großdeloo zwischen Ost und Ost-Snd)'J,%CTai U net} WhurtfwM iv %i^ Tp „• l<5 ^G ^l Oc)5^ Von Syra segelten wir nach Chermia a), welche Inscl, wenn man von Cap zu Cap rechnet, fünf und zwanzig Meilen von Syra entfernet ist. Es sind aber über vierzig Meilen von einem Hafen zum andern. Denn wenn man in den Canal von Cdermiü kommen will/ so muß man fast um die halbe Insel Syra hcrum segeln. Aus dem ncmlichcn Grunde rechnet man nur zwölf Meilen von Cbrrmia nach 3ia, ungeachtat von einem Hafen zum andern über sechs und dreyßig Meilen sind. Da Tb»erm^ so nahe bey 3ia liegt, so ist fast gar nicht daran zu zweifeln, daß Tde^lnia die Inscl Crrhnos ist, massen sie Dicaearckuft /») zwischen Ceos und Sl-ripbus setzet. Hier wurde ein großer Mahler gcbobren, den jLustachiut; c), Cvdicis nennet. Nach der Aussage des Scephanus ch, des Erdb-'schreibcrs, und des Julius pollur schabten die Alten die cythnischen Käse sehr hoch< Auf diese Insel wurde auch, wie > UNS Tacims e) berichtet, jener falsche lTlero, der ein starker iautcnspicler und großer Tonkünstler war, in Gesellschaft einiger lcute seines Gelichters, die sich empöret und die Waffen ergriffen hatten/ durch einen Sturm verschlagen. Wir a) Thermia; KT0NO2. b) De Statu Grace. c) Comment ad Dionys. Perieg. Supl), t) Hifi, U 2. C. g. &*■*- zTh.pag- io- ' Die liistl TJiERMIA ""3(,O A Oc/P* i i Wir kamen zu Thermia in dcr Nacht vom 30. auf dcn zisicn October an/ und sahen uns gcnöthigct, bey dem Hkfen in cincr Capellc zu übernachten/ wo wir in großer Gcfahr stuildcn, erwürget zu werden. Einige Türken von Ncgrcpont, welche sich in einer großen Caique ganz nahe bey dcr unsrigcn befanden, als sie sahen, daß unsere Matrosen einem paar Schaa-fen/ die wir zu Svra gekauft hatten, die Haut abzogen, gicngcn in das Dorf, machten ierm daselbst, und gaben vor, daß so eben einige Banditen ange, kommen waren, welche ohne Zweifel ihr Absehen auf dieFahrzcuge in dem Hafen gerichtet hatten. Auf diese Nachricht ergriffen die Bauern die Waffen. Zum Glück hatte sich dcr französische Consul, Hcrr Iana-ckl de l.-. Gl^mmaric, den sie genothiget hatten, sei« Belt zu verlassen, um sie anzuführen, etwas ge. r.aner mn die Figur dieser vermeintlichen Banditen erkundigl-s. Da man ihm nun sagte, daß vier von ihnen Hüte trügen, so schloß er daraus, daß sie ehrliche ieutc seyn müßten; indem sich die Banditen für glücklich achlcn, wenn sie elende Mützen von Wolle ihr Eigenthum nennen können. Er bat daher die Einwohner von Tbcrmia, sick) ruhig zu halten, mit dcr Versicherung, daß die vermemtlichen Banditen nichts als Kaufleute, »nd vermuthlich Franzosen seyn würden, welche bey ihnen Geeraide und Seiden zu kaufen suchten. Allein diese icutc wollten sich nicht eher zu frieden geben, als bis er zween von seinen 4cutcn abgeschicket, um nähere Kundschaft einzuziehen. Wir gcriethen in ein nicht geringes Erstaunen, als wir wir gegen drey Uhr des Morgens, zwo Personen tn unsere Capcllc kommen sahen, die ohne weitere Eingangsrede, mit dcm Karbincr in der Hand, nach unseren Namen fragten, und uns die tröstliche Nachricht gaben, daß uns die Einwohner, ohne die klugen Vorstellungen des französischen Consuls, ohne Zweifel für dk Köpfe wl!rde Vicar versehen, den dcr Bischof zu Cine jährlich Mit funftchcn Thalern besoldet. Dcr griechische Bischof stehet hier sehr gut, und hat in dem einigen Flecken Ttxnnia mehr als fünfzehn bis sechzehn Kirchen. Die vornehmste darunter ist dem Hci'ant de 6) gewidmet. Sie ist sehr schon und liegt an dem höchsten Platz des Ortes. Die meisten Klöster sichcn leer/ ausgenommen zwey, welche die Marien-klöstcr gcncnnct werden, und zwey andere, die den Namen von dem Erzengel Michael haben. Der Hafen Sanc Ermi, zwo Meilen, von dem Flecken, ist für die Kauffartheyschiffe sehr.bequem, so wie auch der von Sancr Sttpban, welcher an dcr Seite von Silica befindlich ist. Dcr-selbe liegt gegen Sud - Süd > Ost; der Eingang des erstern aber ist zwischen Nord-Nord-Ost und Nortz-Ost. Ausser den Brunnen, welche in dem Fscckcn herum stehen, hat die Insel auch kemcn Manges a« Hucllen. Die merkwürdigsten sind die warmen Wasser, von dcncn die Insel den Namen bekommen hat/'). Diese Wasser sind in einer von den Buchten des Hafens gegen Nordost, rechter Hand, bey der Einfahrt. Die Hauptquclle wallet siedend an den Fuß des Hügels in einem Hause heraus, wohin man gehet, um die Wasche zu waschen und woselbst die Kranken M 6EPMO2. XOatm. ©rt^cc fomnu bit ftamt Thcr-mia, unl> wrjtumtmtt Fermia unt) Fermina. , Kranken schwitzen. Die andcrn Quellen kommen in einer kleinen Entfernung davon, in geringerer Menge hcrfür/ und machen einen Bach, welcher in das Meer-fallt, aus welchem alle-dicsc Wasser hcrgckom, men sind. Denn dieselben sind sehr gesalzen, und erhitzen sich ohne Zweifel, indem sie durch den Hügel über die Eisenminen / oder eisenhaltigen Materien fiicßcn. Diese Materien sind, wie ich bereits ln der Beschreibung von Milo gcausscrt habe, die wahre Ursache der meisten warmen Wasser. Diese zu Tl)ermia machen das Weinstcinöl weiß, und machen an der Auflösung des corrosifischen Sublimats nicht die geringste Veränderung, so wenig als die warmen Quellen zu procorhalassa auf Milo, wel, che ungleich warmer sind/ als diejenigen, von denen wir gegenwartig reden. Die alten Bäder zu Tker-mia stunden in der Mitte des Thales. Man siehet daselbst noch ein Behältniß, das aus gebrannten und andern Steinen aufgebauet war, nebst einer kleinen Rinne, vermittelst welcher das Wasser der größern heißen Quelle dahin geleitet wurde, wohin man sie haben wollte. Diese Waffer haben zwar ihre Kräfte behalten, doch ihren Credit verlohren, weil sie jetzt blos von jenen Arten der Kranken besucht werden, welche alle mineralische Wasser auf dem Erdboden nicht heilen können. Auch findet man auf dieser Insel die Ruinen von den beyden Städten Hebreocasiro und pa-leocastro. Hebreocastro, oder die Iudenstadt, liegt gegen Südwcst, an dem Ufer des Meeres und an t6 ^M fti U^ an dem Abhang cincs Berges bey cincm Hafen, ws ciuc klcinc Klippe ist. Die Pracht und die Größe dieser Ruinen fallen sogleich in die Augen, und gehen ganz deutlich zu erkennen, daß dicsco eine mäch, ttgc Stadt und eben diejenige gewesen sey, deren Dicearchlw ^ Meldung gethan hak Unter diesen Ruinen führte man uns in drey schöne Höhlen, welche mit dem Mciscl in den Felsen gearbeitet und mit Kitte überzogen worden sind, um zu verhindern, daß das Regcnwasscr nicht durch die Ritzen desselben dringen möchte. Die Ucbcrblcibscl der Mauern, die aus großen zigzac und gleichsam wie die Diamanten spis tzig zngchancnen Quatcrstcincn bestunden, brachten nns auf die Vermuthung, daß dieses die Rumcn einer alten Citadelle seyn möchten. Wir konnten aber daselbst keine Innschrift finden, aus der wir den Namen der Stadt hatten entdecken können. Man zeigte ^ns ein sehr schönes Grabmal von Mar^ mor, das fast über die Helfte in dcr Erde stack, und mit BaS reliefs gczicrct war. Auch fand man daselbst einige andere Gräber, die aus iandsteincl- gc^ wacht waren. Dieselben sind nichts anders, als ein sehr elender Granit, dcr sich leicht spaltet. Endlich siehet man daselbst noch einen übel zugerichteten Ter-minus, dessen Bekleidung uns sehr schön zu seyn schiene. paleocastro liegt in clncm andern Quartier der Insel. Diese Stadt/ die nun völlig öde und ^ , ver- ä) Defiatu Graeciae* E^> 17 verlassen ist/ ist nicht so gar verfallen wie die ander«. Doch trift man daselbst weder Marmor noch andere Ucberbkibsel des Prachtes an. Statt dessen fanden wir daselbst einige sehr schone Pflanzen, und besonders «inen Strauch, dcjftu Holz dle Türken zn den Griffen ihrer Säbel gebrauchen. Dcm Vorgebe» nach sotten noch hundert und eine Kirche in dieser Stadt seyn. Wir sahen in derselben viele öde Ca-pellen; wir ivaren aber nicht so neugierig, sie zu zahlen, und in der That hatten wir auch nicht Gcbult genug, solches zu thun. Wir machten auch hier einige geographische Beobachtungen. Scrpho liegt Chernna gegen Suden. Scrphopoula gegen Südost. Sipbanro zwischen Südost, und Süd-Südost, Wilo liegt von Süden, gegen Süd-Südwest. Dieses ist es alles, was ich Ihnen von Tber? Mm sagen kann. Bey der Insel 3»a ö) werde ich schon wcitlauftigcr seyn niüjsen. Anstacus c), des Apolls und der Cprene Sohn, verließ, übcrden Tod scincs 'Sohr.es Acrae^ on schr betrübt, auf Anrathen seiner Mutter die "Stadt Thedc, und bcgab sich auf die Insel Ceov^ bie heut zu Tage Unter dem Mamen Zia bekannt ist und a) Me^icago trifolia frutefcens. lust. R. H* h) ZTA. KEO2. KTA. CEOS. CEÄ, t) Servius in firgil. Gevr&iQ. I» Tournef.Reisenl.TH» B und damals unbewohnt war. Diodorus von Si-cilien a) sagt/ daß cr sich auf die Insel Ceos begeben habe. Es ist aber wahrscheinlich, daß dieser Name sowobl dem Vaterlandc des Hvpocrarel,, als der Insel 2xeos oder Ceos und Cca gemein gewesen sey. Denn Scephanu:, der Erdl'cschreibcr hat sich des Wortes Ros anstatt Rcos bedienet/ man müßte denn annehmen/ daß sowohl bey ihm/ als bey deck Diodorus ein Schreibfehler ^u Schu den g>.komlnen sey. Doch wir können dieses jetzt nichc ausmachen, sondern bemerken nur, daß die Insel Ck<>s so bevölkert worden sey/ daß man daselbst ein eben so seltsames als grausames Gesetze gemacht/), vermog«: dessen, diejenigen, welche über sechzig Jahre alt geworden waren, sich selbst mit Gift hinrichten mußten, damit dadurch den andern der nöthige icbcnsuntcrhalt in diesem iande nicht entzogen wurde. Indessen wurde auf die Befestigung des iandcs die äusserste Sorgfalt angewendet, wie solches aus den Mauern zu sehen ist, die man bis an das äusserste Ende der Berge aufgebauet hat, um dadurch das iand oder den Boden zu befestigen. Man machte sich freylich auf dieser Insel so gar viel nicht aus dem iebcn. Scrabo erzählet auch, daß die Athcnienscr die Belagerung von Ioulis aufgehoben, weil sie erfahren, daß sich die Einwohner entschlossen hatten, alle Kinder von einem gewissen Alter zu todten. Wir a) Bibliotb. hiß. l. 4. V) Siraho rer. geogr, lib. 10, Tab. J. Z.Th.. pay.ip. fite Jt^fel IVRA . ŽkeJnsdZlA. Wir kamen den fünfzehnten November in einer sehr unangenehmen Witterung, wodurch unsere Reise noch mehr verzögert wurde, zu Zia an. Denn man rechnet sechs und vierzig Meilen von Chermia nach Zia, ungeachtet, von einem Cap zum andern gerechnet, nur zwölfMeilcn dahin sind. Diese Insel mußte ehchin ungleich größer gewesen seyn, wenn pli-nius /i) von den Veränderungen, die sich auf derselben zugetragen haben, recht unterrichtet gewesen ist. Ehchin gehörte dieselbe, diesem Schriftsteller zu Folge / zur Insel Euboea b). Mein das Meer machte zwo Inseln daraus, und führte den größten Theil des tandes, kfcr 2fnfct an. Kl« risersg üt> % irfaiiq rtfls Ku^reas^ Uufaft Ku^eua, Geogr, /, 3, d ij, . t selben siehet nunmehr das Dorf 3ia. Nach dem, was man bey dem Strabo und plinius liefet, ist daran wohl nicht zu zweifeln. Dieser letztere versichert/ daß proeessa und Corefsus überschwemmet worden, «nd Strabo meldet, daß die Einwohner von ploe-essa nach Carrhaea, und die von Coressus nach Ioulis gezogen fcycn. Nun ist die tage von Ioulis so wohl bekannt, daß in Ansehung dcffcn gar kein Zweifel obwaltet. Es bleibt folglich keine Stadt mehr übrig, als Carthaca, wo noch eine Mc"gc zerbrochener oder zum Bau der Hauser des Dorfes angewendeter Marmorstücken übrig ist. Dieser Flecken, oder das alte Carrhaca > liegt auf einer Anhohe, drey Meilen von dem Ha^cn, in ter Tiefe eines unangenehmen Thales. Es ist dcrsel-" be eine Art eines Theaters, und bestehet aus zwey tausend fünf hundert Häusern) die mit Stockwerken^ oder Terrasscnweis gebauct sind; das heißt: daS Dach derselben ist ganz stach, wie solches in der ie, vante durchgehende zu seyn pfiegt, aber doch so stark, daß sie zugleich zu einer Straffe zu gebrauchen sink Diescs'ist in einem iandc nichts seltsames, wo man weder Wagen noch Kutschen hat, und wo man blos in Schuhen, ohne Absätze gehet, iinkcrhand liegt eine öde Citadelle, in welcher sich scchszig Türken wider die venetianische Armee vertheidigten, und zwar blos mit zwo Flinten, die das einzige Schießgewehr waren, das sie bey bem kurz vorher ausgcstandenett Schiftruch gerettet hatten. Dieselben würden sich nicht ergeben haben, wenn es ihnen nicht an Waffer gcmans gemangelt hätte. Unter den Marmorstücken/ welche die Einwohner noch erhalten haben, findet sich no«h der Name eines Gymnasiarchen, auf zwo sehr übel zugerichteten Inschriften. Wir sahen daselbst auch ein Bas relief, welches eine Weibsperson, in einer schonen Bekleidung vorstellet. Die Stadt Carchaea erstreckt sich von dem Thale an, bis an die Sceküste. Man sindct daselbst noch verschiedene Ucbcrbleibscl von Marmor, besonders eine Inschrift von ein und vierzig iinicn, web che in die Capcllc des heiligen Petrus geschaft worden ist. Der Anfang dieser Inschrift mangelt, und die meisten Buchstaben sind ausgelöscht, so daß wir weiter nichts, als den Namen des Gymnasiarchen heraus bringen konnten. Will man etwas erhebliches sehen, so muß man sich gegen Süd - Südost wenden, wo die Ueberblcibscl der alten Stadt Ioulis s) zu finden find, welche von den Einwohnern Pol's, das ist, dieGtadr, genen-nct wird. Diese Ruinen befinden sich auf einem Berg, an dessen Fuß die Wellen anstoßen, der aber zu den Zeiten des Scrado ungefähr drey Meilen weit da, von entfernet war. Coressus war ehchin ihr Hafen. Heut zu Tage sind daselbst blos zwo schlechte Buchten, und die Ruinen der alten Citadelle stehen auf der Spitze des Cap. An einem etwas tiefer liegenden Ort, siehet man den Tempel, der an dem Pracht sei- B 3 ner a) I0TAI2. ner Trümmer zu erkennen ist. Der Stamm dcr mei« sicn Säulen ist halb glatt und halb gefurcht. Sic haben zween Schuh/ weniger zween Zoll im Umfange; und die Aushölungcn sind drey Zoll breit. Man führte uns zur Seelüfte, auf einer schönen, in den .Marmor gehauenen Stiege hinab, um uns an dem Ufer der Bucht, eine Figur, ohne Arme und ohne Kopf zu zeigen. Die Bekleidung derselben ist sehr schön. Die Fügung dcr Gelenke an den Schenkeln und Füßen ist gut. Man hält diese Figur für eine Statue der Gottin Nemesis. Denn sie hat dic Stellung einer Person, die jemand verfolget. Die Ucberblcibscl dcr Stadt sind auf dem Hügel, und erstrecken sich bis in das Thal/ wo die schone Quelle Iou-lis ä), von welcher die Stadt den Namen hat, ftics« set. Ich habe nie so große Üuatcrsiückc gesehen, als diejenigen sind, die man zu den Mauern dieser Stadt gebraucht hat. Es befinden sich einige darunter, die zwölf Schuh lang sind. Unter den Ruinen der Stadt, unter den mit ' Gerste besaeten Feldern, fanden wir in einer griechischen Capelle, die Ucbcrbleibsel einer Inschrift auf einem zerbrochenen Stück Marmor, wo wir noch das Wort l-vXiFH, so dcr Accusativus von l^x,> ist, in-glcichen das Wort 2>c?«i«?5 zwcymal lesen konnten. Man gicng von dieser Stadt nach Carchaea auf einem so schönen Weg, dergleichen fast sonst nirgends 'fill. 6. 2 'Ih. pay. 22. ^Bild-SaeuU der Goetttn VVoTiefis cÄwf der Irifcl Zia.. gends in ganz Griechenland anzutreffen seyn mag, und dcr noch qeqcmvärtig über drey Meilen lang vorhanden ist, lind lwcr mäßige Hügel weggehet/ auch durch eine starke Mauer uutcrstül;ct wird/ die mit großen Quälern'llckcn von einem flach zugehauenen/ in das Graue fallenden Stein bedeckt ist/ der sich eben ss leicht spalten laßt/ als der Schiefer/ und womit die Häuser und Capellen in den meisten Inseln bedeckt werden. Nach des Scrado /?) Aussage/ war^oulis das Vaterland des lyrischen Dichters Simonides/ und scmcZ Vettern 2)act»'lidcs. Dcr berühmte Arzt Arasistrams und Arlston/ dcr Pcripatctickcr/ wurden auch auf dieser Insel gebohrcn. Die Orfor-dcr Marmor bezeugen/ daß Gimonides/ des Leo-prepis Sohn/ eine Art eines künstlichen Gedächtnisses ö) erfunden/ und die Grundsätze davon zu Athen gclehret habe, ferner/ daß derselbe ein Nachkomme eines andern Simonides gewesen sey/ dcr ein großer Dichter war/ und in cbcn dieser Stadt sehr hoch geschähet wurde. Einer von diesen beyden Simoni? dcs hat cinc Art dcr Traucrlicder c) crfuuden/ die man bcy dcn Begräbnissen abzusingen pflegte. Nach der Niederlage des Caßius und Brurus, schenkte Marcus Amonius^)dcnAthenicnscrn Cea/ B 4 Egine, a) Rer. Geogr. lib, 10, b) To MlOf/UMiXtl/. c) Ewtxjhti,. Nanias. ViL Horat, lib, 2. Od, r. d) Appian. L 5. 24 ^U ^l UF^ , ikgine, Cenos und einige andere benachbarte Inseln. Ganz richtig ist es, daß Cea unter der Botmäßigkeit der römischen Kayser gestanden, und sodann in die Hände der Griechen gekommen sey. In welchem Jahre diese Insel zu dem Herzogthum Naria geschlagen worden, ift mir unbekannt, pecrus Iustiniam',, und Dominicns Mickiel aber bemächtigten sich derselben unter der Regierung Heinrichs des Zweyten , des lateinischen Kaisers zu Constantinopcl. Dcv P. Sauger hat bemerket, daß, da sich während der Kriege der Venctianer und Genueser, Nicolaus Carcerio, der neunte Herzog des Archipelagus, auf die Seite der erster« geschlagen a), Zia, das untev seiner Bothmäßigkcit war, durch den Philipp»'» Doria, den Stadthaltcr von Scio belagert worden sey, und daß sich die Bcsalmng in der Citadelle des Fleckens, die nur aus hundert Mann bestünde, auf Gnade und Ungnade ergeben habe. Herr du Cc.n^ Ze />) nach welchem sich dieser Vorfall im Jahre l s sz ereignet hat, glaubet, die Insel Zia habe den Genuesern gehöret. Allein der P.Sauger, welcher die Archive zu Naria selbst durchgesehen hat, verdienet eher Beyfall. 3ia kam nachgehends wicdcr in die Hände der Herzoge des Archipelagus, die sie auch bis zu dem gänzlichen Verfalle ihres Staates behielten. Jacob Crispo, der letzte Herzog, gab solchy seiner Schwester Thadaca zum Heurathgut, als sie sich > _________ ____' ________ Mit a) H'ß. des Dues de I'Arebif. h) Ibid. I 3. mit dem Johann Franz von Sommcrivea), dem achten und letzten 5?crrn von Andros vermahlte, dcr unter Solymann ll< durch den Vardarossa verlrie« ben wurde. Die Insel Zia /)) ist gegenwärtig ziemlich gut angebauet. Die Felder sind daselbst sehr fruchtbar) auch haben sie hier große Heerden. Man bauet auf dieser Insel wenig Wcitzen/ viel Gerste, so ziemlich Wein, mehr Seide, als zu Chermia, und sehr vict Velani. So nennet man hier dic Frucht, einer der schönsten Cichensortcn c , die auf dcr Welt seyn kann. Dieser Baum kommt in Ansehung dcr Wurzeln, des Holzes, des Ansehens und dcr Hohe, mit dcr gcmck nen Sorte überem. Die Acste desselben sind stark belaubt, breiten sich auf allen Seiten sehr weit aus, sind krumm, inwendig weislich, und mit einer Rinde bedeckt, die au vielen Orte,» grünlich und braun isi> Die Blatter kommen büschclweis an dem jungen Holze zum Vorschein. Sie sind drey Zoll lang, gc-gen zween Zollbreit, an ihrer Basis zugcrundet, und am Rande stark gezahnt. Eine jede Zähnung cndt- B f get a) Summaripa. 1} Et cultor nernorum eui ptnguta Cece Tercentum nivei tontlent dumeta iuvenci. f^irgil. Georg, I. i, v. 14. f) Quercus cajyce echinato, glande maioire. C. J§, P/». QVEPvCVS (degilops) foliis ovato oblongis gta^rii ftjrato^dentatis. /,,», ^. P/^nf. />. 14H, 26 ^M ^ Mc^- get sich mit einem weichlichen und röthlichcn Stengel. Diese Blätter sind dick, hart, dunkelgrün, unten etwas glänzend/ obgleich mit einer fast unmcrklichcn Wolle bedeckt. Osscn sind sie weis und gleichsam baumwollenartig, Sie stehen an einem Stiel der gegen neun bis zchen iinicn lang ist. Derselbe verlängert sich wie eine Ribbe, Die Kätzlcin dieses Baumes kommen mit unserer gemeinen Eiche ihren übcrein. Die Eicheln aber sind sehr verschieden und stehen unmittelbar an den jungen Zweigen neben den Blattern. Jede Eichel setzt sich mit einem fast kugelrunden Knopf an/ und wird nach und nach so groß, daß sie einen Zoll, bis fünfzehn linicn im Durchmesser hält. An den vordcrn Seiten ist sie platt, und wie ein Nabel hohl, und so weit offen, daß man die Spitze der in der Hülle fcst eingeschlossenen Frucht sehen kann, da hingegen unsere Eicheln, nur eine ziemlich dünne Schaale haben, die nur den dritten Theil derselben bedecket. Die Hülle der Eichel, von der wir reden, ist eine Art einer Büchse mit vielen Schuppen, die drcy bis vier iiuicn lang, ziemlich steif, ungefehr anderthalbe linicn breit, und an der Spitze zugcstumpft sind. Die Frucht war zu der Zeit, da wir uns zu 3ia befanden, noch nicht reif. Die Griechen nennen sie velsni ^) und den Baum Velanida. Man /l) 'lt L«^,5 cine Eichel. P^lb. 7. ä fk./Mj-. sT hsimo Cenra/Z.Jiistr-lLed &er£ - ). Dic Blätter in dcr Mitte der Büschel sind noch vicl wolligtcr, viel dicker und haben eine wciffc in das gelbe fallende Farbe. Mitten aus diesen «) VEPvBASCVM (Sinuatum) foliis radicalibus pin-natisido repandis tomentoiis, caulinis amplexi. caulibus nudiusculis, rameis primis oppositis, Lin, Spec. Plant, p. 252. V) Verbascum Iuteum, folio papaveris cornieulati, C, B* P//7» 28 "H(.M ^ EFl" . diesen Büscheln kommen andere Stengel hcrfür, die ungefehr zween Schuh hoch werden und mit einigen merklich kürzern, dickern, »nd wciffern Blättern besetzt sind. An ihren Flügeln kommen an den Stengeln von unten bis oben hinauf, blaßgclbc Blumen gleichsam knculweis zum Vorschein. Dieselben sind einen Zoll groß, in fünf zugcnmdcte Theile zerschnitt ten, von dqncn die zween obern etwas kleiner sind, als die andern. Alle diese Blumen sind unten durchstochen, und aus dem Rande dieses iochs kommen fünf purpurrothe Staubfaden herfür, welche mit ei" ncr starken weiffen Wolle bedeckt sind. Diese Staubfäden sind gekrümmt, und mit röthlichgclben Kolb-lein befetzt. Der Kelch ist fünf tinien lang, wollig^ jn fünf Spitzen abgetheilt. Aus demselben steiget ein Griffel in die Höhe, der sich mit einem räthlichen Faden endiget. Aus diesem Griffel wird eine röthliche Schotte, die ungefähr vier iinicn lang, gegen zwo tinien breit, hart, spitzig, in zwey Fächer abgetheilt ist, die mit kleinen schwärzlichen Saamen-körnern angefüllt sind. Diese Pflanze ist in den königlichen Garten gcsctzct worden / wo sie nicht ausgc-artet ist. Der Handel mit Vclani ist der beträchtlichste auf der Insel. Im Jahr 1700 sammelte man über fünftausend Centner ((Humwux) von dieser Frucht. Die jungeu Früchte, die man auf den Bäumen sammelt, hetffen die kleinen Vclani; und diese werden viel höher gehalten, als die großen Eicheln, welche für sich selbst abfallen, wenn j^c zeitig geworden sind. Die fab. s. 2 ''fh. pa? 2y. Jlacrtmiri, <3CqfiTi zu ZlA. ö.£assinjiir gr of st Schiffe. 6. SackfürXU inert 7. Wej; in dü Stadt 8. Quelle Dle einen sowohl als die andern, werden zum Far; bcn/ auch das iedcr zu gerben gebraucht. Von dett kleinen wird der Centner ordentlicher Weise um cü ncn Thaler verkauft z da hingegen die großen nur dreyßig Sols kosten. Man pflegt sie aber insgemein unter einander zu mischen. Wir verließen in dem Hafen zu Zia ein vcnetianischcs Schiff, das mit dieser Waare befrachtet wurde. Dieser Hafen, dessen Einfahrt zwischen West-Nord, West und Nordwcst liegt, kann die größten Schiffe, auch die größten Flotten beherbergen. Der gute Ankcrgrund ist rechter Hand, und die Oucllc wo man ^frisches Waffcr haben kann, ist nicht weit davon entfernt, iinkcr Hand liegt die Rhcde, die Cul de Boeuf heißt; dieselbe taugt nur für kleine Fahrzeuge., Dic Capcllen, wo man ordcnllichcrweise zu schlafen pfiegct, sind mit 1.2. 3. 4. bezeichnet. Man findet auf dicscr Insel Bley, das mit dem zu Siphanto übereinkommt, und besonders jenseit dem Kloster ^»aint N7.nie. Auch findet man in diesem Quartier eine Kreide, die der zu Briancon ziemlich gleich kommt. Uebrigens hat Zia Mangel an Oele und an Holz, Wilopret giebt es daselbst in Menge, besonders Rebhühner und Tauben, allein oft haben die Einwohner weder Pulver noch Bley, um sie zu todten. Die venctianische Armee, welche zu Napoli in Romanic» war, hatte diese Insel dergestalt ausgesaugt, daß damals, als wir uns daselbst befanden, ein Huhn um fünfzehn Sols bezahlet werden mußte. Cß 3<3 ^N m E^. Es befinden sich nur fünf bis sechs Familien auf dcr Insel Zia, die sich zur lateinischen Kirche bekennen. Ihre Kirche ist arm/ und dcr Gottesdienst wird von einem Vicar'verrichtet, dem dcr Bischof zu Tine des Jahrs nicht mehr als fünfzehn Thaler giebt; und diese muß dcr arme Priester noch dazu selbst zu Cine abhohlen. Denn die Wechsel, bricfc sind in diesem iandc etwas unbekanntes. Dcr griechische Bischof ist ziemlich reich/ und die ganze Insel ist voll von Capcllcn und Papas. Die Griechen haben hier fünf Klöster, Sainr pan-taleon, Sainre Anne, la Madona d'Episcopi Dapbini und Gainre N7ane, woselbst man, als ein Wunderwerk des iandcs, einen alten viereckigen Thurm zeiget, dcr aus großen Quaterstücken von grünem Stein aufgebauet ist, welche schief zugehauen sind. Dieser Thurm ist durch das Wetter schon sehr beschädiget worden, und die Wahrheit zu sagen, so ist derselbe eben nicht so beschaffen, daß er verdiente bewundert zu werden. Oberhalb Gainre Marie, auf dem Weg nach dem Meere zu, fließet ein kleiner Bach. Vielleicht ist dcrsclbe der Alixus, welcher bey Corejsus vorbey floß a). Die Einwohner von Zia gesellen sich.insgemein zusammen um Seide zu spinnen; sie setzen sich oben auf ihre Terrassen, damit sie die Spindel bis auf die Strato Lib* 10. die Gasse können hinabfallcn lassen, die sie nachgehende- wicdcr hinauf ziehen / indem sie den Faden aufwickeln. Wir trafen den griechischen Bischof in dieser Stellung an. Er fragte uns, wer wir wä, -ren/ und ließ uns sagen, daß unsere Beschäftigungen sehr unnütze waren, wenn wir nichts als Pflanzen und Marmore suchten. Wir antworteten, daß er uns mit den Werken des heiligen Ckrysostomus oder des heiligen Basilius in seiner Hand, mehr würde erbauet haben, als mit der Spindel. Die Kappen von Ziegenhaaren, welche auf dieser Insel gemacht werden, sind sehr bequem, indem das Wasser nicht leicht durch selbige dringen kann. Dieser Zeug ist anfänglich nichts als ein sehr dünnes Tuch. Allein derselbe wird dick und lauft schr enge zusammen, wenn er aus den Handen derer kommt, die ihn machen, als welche ihn auf dem noch nassen Mecrsand mit Füßen tretten. Höenn derselbe schr weich und biegsam gemacht worden ist, so breitet man ihn in dcr Sonne aus, und beschweret ihn mit Steinen, damit er sich nicht zu geschwind falte. Diese Faden laufcn nach und nach immer enger Hu-sammcn und schlicssen sich fest an einander an, ft daß der ganze Zeug einlauft und gleich wird. Plinius und sein Ausschreiber Solinus behaupten, daß dk Scidenzcuge auf dieser Insel erfunden worden. Es ist aber leicht zu beweisen, daß der Insel Cos, dem Vaterlande des Homer diese Ehre Ehre gebühre» Eben dieser pliniuo ^i) hat bemers kct, daß man auf der Insel ZK; den Feigenbaum mit großer Sorgfalt gezogen habe; man setzet daselbst noch heut zu Tage die Caprisication ö) (die Art,, die wilden Feigen gut zu machen,) fort. Um sich< von diesem Fcigcnbau eine richtige Vorstellung zu machen, ist zu merken, daß auf den meisten Inseln des Archipelagus zwo Arten von Feigen gebauct werden. Dcr erstere wird Omos gcncnnct, so von dem griechischen Worte Ennos herkommt/ das so viel als eine wilde Feige heißt, oder (^pri5cu5 bey den Weinen, c). Die zweyte Art ist dcr zahme obct Gartenftigcnbaum. DcrWaldfcigenbaum tragt dreyer-ley Arten von Früchten: Fornires, Crantires uyd Orni, welche schlechterdings nöthig sind, die zahmen Feigen zur Zcitigung zu bringe«. Diejenigen Früchte, welche Fornires genemlet werden, kommen im August zum Vorschein, und dauern bis in den November, ohne zu zeitigen. In denselben wachsen kleine Würmer, aus denen gewisse Mücken herfür kommen, die man nirgends, als um diese *) In Cea infula Caprificl triferae funt. Primo foehi seqaeiis evocatur) icquente tertiüs; hoc sici ca* prificantur. Plin, Hiß. nat. /. 16. c: 27. V) De Caprificatione vid. Tbeopbrastum I. 2* dt causti Plantar, c. 12. () Caprificus vocatur e sylvestri genete sicus nurt^ quammaturelbens, fed qüod ipsa non habet, aliii tribuens» P/i», Hist* Natur* /»iv e* 19, diese Baume herum antrift. Im Monat October und November stechen diese Mücken für sich selbst die zweyte Frucht an dem nämlichen Feigenbaum. Diese Früchte, welche Craticircs gencnnct werden, kommen nicht eher, als zu Ende des Septembers zum Vorschein; und die Fornices fallen nach und nach/ nachdem sie von ihrer Mücke verlasse, worden sind, ab. Die Crarttneo im Gegentheil bleiben bis in den May an dem Baume, und schließen die Eyer m sich, welche die Mücken der For»nres beym Anstechen hinein legten. Im May fängt die dritte Frucht an, an dem nemlichen wilden Feigenbaum/ welcher die beyden andern Arten getragen hatte, herfür zu kommen. Diese Frucht ist viel größer und hcissct Orni. Wenn dieselbe cine gewisse Größe erlangt hat, und sich das Auge (Oeil) derselben zu offnen ansängt, so wird sie an diesem Theile von den Mücken der Cracirires gestochen, welche im Stande sind, von einer Frucht -«r andern zu kommen, um daselbst ihre Eyer abzulegen. Es geschiehet manchmal, daß die Mücken der Crmim es in gewissen Gegenden etwas spat zum Vor, schein kommen, da indessen die (l)rni in eben diesen Quartieren bereit sind, sie aufzunehmen. Daher siehet man sich in diesem Fall gcnöthiget, die Cracilircs in einem andern Quartier aufzusuchen, und sie an das Ende der Acstc solcher Feigenbäume zu befestigen, deren (l)rni in Bereitschaft sind, von den Mücken angestochen zu werden. Wenn man diese Zeit verfehlt, so fallen die Orni ab, und die Mücken der Courncf.Reis. II. Td- C (ra- 3^' ^O ^l O^- Crarieires stiegen davon. Nur allein die Bauern und landleute, die sich auf den Bau der Fcigcn le-gen/ kennen die rechte Zeit, ja so zu reden, den rechten Augenblick, wenn solches vorzunehmen ist. Daher find ihre Augen immerzu auf das Aug der Feigen gerichtet, weil dieser Theil nicht nur allein die Zeit zu erkennen giebt, zu welcher die Mücken sich heraus begeben/ sondern auch/ wenn die Feigen mit Nutzen anzustechen sind. Ist das Auge gar zu hart und gar zu enge, so können die Mücken ihre Eyer nicht legen, und ist es zu stark geöfnet, so fället dk Feige ab. Kiese drey Arten der Früchte sind nicht gut ztt essen. Sie sind eigentlich nur bestimmt, die Früchte der zahmen Feigenbaume reif zu machen; und dieses geschiehet auf folgende Weise. Im Monat Iunius Und Julius nehmen die Bauern die Orni, zur Zeit/ da die Mückeu im Beqrif sind, herfür zu kommen, und tragen sie, so wie sie in der Frucht eingeschloffen sind, zu den zahmen Feigenbäumen. Verfehlet man diese rechte Zeit, so fallen die Orni ab, und die Früchte des zahmen oder Gartenfeigenbaums fallen gleichfalls ab, weil sie nicht reif werden. Die Bauern kennen diese kostbaren Augenblicke so wohl, daß sie alle Morgen Musterung halten, und nur allein diejenigen Orni zu ihren Gartenfeigen tragen / die wohl beschaffen sind, sonst wird ihre Erndte zu nichte. Sie wissen sich zwar auf eine andere Art zu helfen; allein dieses bedeutet nicht viel. Sie streuen nemlich auf die die zahmen Feigenbäume das ^lcoiimbrok a), so aus den Iuscln cine schr gemeine Pflanze ist/ in deren Früchten sich eine Art von Mücken befindet so auch zum Anstechen tauget. Vielmehr sind solches die Mücken der Orni, die in den Blüthen dieser Pfian, ze Beute zu machen suchen. Mit einem Worte, die Bauern wissen sich der (l)rni so wohl zu bedienen, daß die Mücken derselben die Früchte des zahmen Feigenbaums innerhalb vierzig Tagen zur Reife bringen. Diese Feigen sind frisch sehr gut. Um sie zu trocknen, legen sie dieselben eine Zeitlang in die Sonne; hernach bringen sie solche in den Ofen, um sie das Jahr über aufzubehalten. Gersienbrod und trockene Feigen sind die mchrestcn Speisen der Bauern und Mönche auf den Inseln des Archipelagus. Allein diese Feigen sind lange nicht so gut, als diejenigen, so nian in der Provence, in Itulicn und Spanien trocknet. Die Hitze des Ofcns nimmt ihnen «llc Niedlichkeit und ihren guten Geschmack. Hingegen rodlet diese Hitze die Eyer, so die Mücken der l n: hineingeleget, aus welchen sonst unfehlbar kleine Würmer auskricchen, und die Feigen verderben würden. Wie viele Mühe und Zeit kostet es hier nicht/ um schlechte Fcigen zu erhalten? Ich konnte die Ge- C H dult 'ra gegen Ost-Süd-Ost. Andros, gegen Nord-Ost. Caristo / gegen Nord - Nord, Ost. Ioura, gegen Ost. Cme, zwischen Ost, und Ost-Süd-Osi. Das Cap Skilli gegen Westen. Negrepont, gegen Norden. Der Hafen Raphti, gegen Nord-West. Man rechnet von Zia bis zu dem Hafen Colon-ne achtzehen Meilen, bis zu dem Haftn Oro vierzig Mcilen, und von dem Cap Oro, bis zu dem Cap Colonne sechzig Meilen. C 3 Die 33 ^M A O^ Die Zelt fieng uns bereits an auf der Insel 3ia, wo wir des widrigen Windes wegcn, vom fünften November bis zum ein und zwanzigsten bleiben Mußten / ziemlich lanqe zu werden, als sich endlich ein windstiller Tag einfand, an dem wir nach Ma, cvomfi a) segeln konnten. Dicsc öde aber berühmte Insel liegt zwölf Meilen von Zia, wenn man von einem Cap zum andern rechnet, und ist von dcm festen lande Gricchcnlandcs, oder von der Küste des Cap Colonne, durch eine sieben bis acht Meilen lange Meerenge entfernet, plmius />) versichert, daß die Insel Hrlena, oder Macronisi der neuern Griechen, in gleicher Entfernung von Cca, und von dem Cap Sunium, oder von dcm Cap Colonne liege, wo sich die Ruinen der Sunisischcn Minerva befinden. Er setzet die Entfernung auf fünf tausend Schritte. Es ist sehr wahrscheinlich, daß die Veränderungen, welche das Meer auf der Insel Fia gemacht, die Verschiedenheit unsers Maascs verursacht haben. Diese Insel/ welche nach der Aussage des Erd-beschreibers Sccpkanus, N^crls c) hieß, und welche nach dem Vorgeben des plmius durch die gewaltigen Stürme des Meeres von der Insel Cudoea abgesondert worden, ist nicht über drey Meilen breit, und a) MAKPONI2I, Macroniii. b) Hist, natur. lib* 4. C. 13. C) MAKPI2. «nd sieben bis acht Meilen lang; welches Maas sich nicht weit von der länge a) entfernt/ die Scrabo ö> dieser Inscl zugeeignet, und derselben den Namen der langen Insel zuwege gebracht hat. Pieser Erdbtt schreiber versichert, daß sie ehchin Caranae, rauh und wüst geheissen, nachgehende aber den Namen Helena c) empfangen habe, nachdem Paris, je«? schone Griechin dahin gebracht, die er eben entführet hatte. Srcphanus der Erdbeschreiber behauptet mit dem pausanias ec Corti. worsklcke dieses untern Schlosses/ geben deutlich zu erkennen,, daß solches auf die Ruinen einer alten und prächtigen Stadt müsse erbauet worden seyn. Vielleicht geschah dieses auf Befehl der alten Herren von Androo, welche diesen Ort zu ihrer Residenz erwähl, ten, und welche daselbst an der iandspifte, die den Hafen in zween Theile absondert, ein Fort erbauen licsen< Die Einfuhrt des Hafens ist zwischen Nord und Ost - Nord - Ost. Allein deOlbe kann keine andere , als kleine Fahrzeuge beherbergen. Der Adel des iandes glaubt in diesem Schloß vor den Corsaren sicher zu seyn. Ucbcrdicses ist hier die angenehmste und fruchtbarste Gegend der ganzen Insel. Wcnn nian aus diesem Schloß kommt, hat man die schönsten Felder in der Welt vor sich. tinker Hand lst die Ebene Livadia ^), das ist, angenehme Gegenden. Es sind dieses fruchtbare Felder, die mit Pomeranzen- Citronen- Maulbeer- Brustbeer- Granaten- und Fcigcnbaumen besetzt sind. Die Kohlrüben />) (s'kou lave'z sind daselbst schr gemein und häufiger als auf andern Inseln zu finden. E? ist dieses cben derjenige Kohl, den man zu Paris den damischen nennet, seitdem die Abgesandten von Sia,n an den französischen Hof gekommen sind, ohn-geactttct dreso Pflanze schon lange vorher in Europa bekannt gewesen war.. Dem a) Atfßait^ KyjßcttFji. Pratum, loca amoena, h) Brailica Gon^ylcdes, C B. Pi«, Dem Schlosse zu Androo rechter Hand liege das Thal Megnitez/ das ebcn so angenehm, als das andere ist, und von jenen schönen Quellen gewassert wird/ welche von der Gegend herkommen, wo die Cavelle Madona de Cumulo stehet, die sehr berühmt/und ganz oben in dem Thal ist. Diese Quellen treiben acht bis neun Mühlen. Eine der beträchtlichsten davon enchringt aus eben dem Felsen, der ' selbst einen Theil Vr Capelle ausmacht. Die übrigen Dörfer dieser Insel heissen Hteffi. Megnitez. Strapurias. lamirb. la Pichia, Apsilia. tiyadia. Steniez. Merta Chorio. Vurcortl. Aladina. Arna. Falica. Amelocho. Curelli. Atinari. Pitrofo. Vouni. Castaniez. Gridia. Cochilu. Piscopw. lardia. Capraria. ^ Swisses., Aipatia. Das Dorf Arnia ist so gebauet, daß immer ewige Hauser gleichsam auf einem Klumpen beysam, men stehen, und von den übrigen abgesondert sind. Es liegt an der Anhohe eines Thales, das mit Ahornbäumen und Quellen gezieret ist. Wenn man dahin kommen will/ muß man über den höchsten Berg gehen, hen, der auf der Insel ist. Die Dörfer Arna und Amelocko werden blos von Albanesern bewohnt, die sich noch nach ihrer iandesart kleiden, und auch nach ihrer eigenen Weise lchcn; das heißt, ohne Glauben und Gesetz. Die Türken haben sie überredet, sich hier nieder zu lassen, um die Insel wiederum zu bevölkern, woselbst keine vier tausend Seelen wohnen, und wo uns die Felder sehr wohl cultivirt zu seyn schienen. Nach dem plmius hat diese Insel nicht über drey und neunzig Meilen im Umfang. Die Einwohner abcr sagcn, dieselbe erstrecke sich auf hundert und zwanzig Meilen. Den vornehmsten Reichthum zu Andros macht die Seide aus, ungeachtet solche weiter zu nichts taugt, als zuTapißerien, so wie auch die ^u lbcrmia, zu Calistc» und volo. Man verkauft das Pfund auf der Stelle um anderthalbe Thaler, und bekommt des Jahrs über zchen tausend Pfund. Vielleicht könnte man sic, wenn sie besser zubereitet wäre, auch zu Stoftcn, Bändern, und zum nähen gebrauchen. Diese Insel trägt für die Einwohner Oel und Wein genug. Die Gerste ist daselbst viel gemeiner, als der Welken, den man öfters von Volo muß kommen lassen. Die Berge auf dcr Insel Andros sind an vielen Orten mit Erdbccrdaumcn bcdcckt, die Frucht davon wird distillircl, um Brandwcin daraus zu machen. Die schwarzen Maulbeere geben ebenfalls ein hitziges Getränke, das nicht unangenehm ist. Die Blatter dieses Maulbccrbaums sind der Seidenwürmer ordentliche Speise. Die Granatenäpfel werden D 2 da- 52 ^O N daselbst sehr groß, und haben einen vortreftlchen Oe^ schmack. Hundert solche Aepfel werden für drey Sols a' verkauft. Die timonen sind daselbst eben so wohlfeil, ingleichen auch die süssen Citronen /, . Der Cadi wohnet bey dem Adel des iandes und bey den Oberaufsehern auf dem Schloß. Alle Jahre wird ein solcher Oberaufseher erwählet, manchmal auch zween. Im Jahre 1700 zahlte die Insel fünf-zehentausend Thaler Kopf und Vermögenssteuer. Wir machten dem Aga, dem Commendanten dieser Insel, die Aufwartung. Derselbe wohnet obett auf einem alten viereckigen Thurm, wo man auf einer steinernen Stiege, die vierzehen Stuffen hat, hinaufsteigen muß. Auf derselben stehet eine hölzerne tetter von gleicher länge, welche an der Thürschwelle anstößt. So bald man nur von weitem vermuthet/ daß einige Corsaren zum Vorschein kommen möchten, Wird die hölzerne leiter hinaufgezogen > und die Flinten in Bereitschaft gehalten, UM sie zu begrüßen. Der Thurm des Aga stehet aussen vor der Stadt. Dieser Herr befand sich damals nicht wohl; und nahm unser Geschenk, das wir ihm mit einer crystallenen Flasche mit einem flüchtigen aromatischen und ölichtcn Spiritus machten, und womit er sich seine Engbrüstigkeit erleichtern konnte, sehr wohl auf. Dergleichen Thür- *) Malus Medica fructu ingenti tuberoso. C. B. P. Poncire eUv Cedre, ^M A O^ 53 Thürme findet man auf der Insel überall. Dieselben werden von den vornehmsten teuren a) bewohnet. Sie sind sehr fest, und haben Dachfenster, Vergleichen in den Gefängnissen zu seyn pflegen. Die Einwohner auf dieser Insel bekennen sich insgesamt zur griechischen Kirche, ausgenommen die Herren de Grammacica nicht, welches zween reiche Brüder und elferige Catholiken sind. In ihrer Ca-pelle Hort der franzosische Consul Messe. Der lateinische Bischof hat des Jahrs nicht mehr als drey-hunvert Thaler Einkünfte. Diesem Prälaten, der Rose hieß, und ein verständiger Mann war, begegnete vor einigen Jahren ein unglücklicher Streich. Derselbe wurde nämlich, da er von Andros nach Naria, so sein Vaterland war, mit seinen Ornaten und Kirchengefäsen reifere, von den Türken gefangen genommen, beraubt, bastonnirt, und auf die Galee« ren geschickt, von denen er sich mit fünfhundert Thalern loß kaufen mußte. Man konnte nicht entdecken, unter welchem Vorwand ihm dieser Schimpf wieder-fahren war, Die Einkünfte des griechischen Bischofs belaufen sich auf fünfhundert Thaler. Im übrigen fehlt es ihm nicht an allerley Arten des Vergnügens auf dieser Insel, wo sich auch viele Papas und CaloyerS befinden. Die vornehmsten Kloster auf dieser Insel D 3 finy: a) "Aex»fy wAw>7*9 *w7»ws K$*lns anstatt 'Avdtvjtj^ Nobilis Dominus žfc. 54 ^O A E^p" sind: Cruft f)lgl)i, panacrado und San Mco« lo Soras. Indessen ist die Unwissenheit dieser Ore densleHe sogroß, daß sich die Einwohner genöthiget sahen, zur Erziehung ihrer Kinder, die Capuzincr zurück zu ruffen. Signor iTlicolo Condostalvo, ein reicher Kaufmann von Andres/der zu Venedig wohnt, gab hundert Thaler her, um ihr Kloster wieder aufzurichten. Ausserdem hat er ein Capital nie. dergclegt, das jahrlich sechzig Ducaten trägt, die zu ihrem Unterhalt bestimmt sind. Ihm haben sie auch die pricstcrliche Kleidung und die nöthigen Gerjche zum Gottesdienst zu danken. Herr Nicolacki de la cm Revers stehet ein Tridens, um welchen sich «ine Schlange schlinget/ die das Sinnbild der Arzncykunst bcy den Alten war. Ausserdem hieß Tenos ehehin auch die Schlangeninjel H. ^ - Sie hat sechszig Meilen im Umfange, und erstreckt sich von Nord-Nord-West gegen Süd-Süd-Ost ; sie ist mit kahlen Gcbürgcn bedeckt/ aber unter allen Inseln des Archipelagus, am besten cultivirt. Alle Früchte sind daselbst vortrcflich; besonders dieMelouon/ Feigen und Rosinen. Der Wein schlägt daselbst ausnehmend wohl an/ und dieses shne Zweifels schon seit ■a) Tacit. Annal. lib. 3. c, 60. & 6$+ b) Adman, ad gentes-€) Comment, hist. Tom, 2, THNIstN. 4) Ophiaffa. ?lin. 2ourn welche Benennung den meisten andern Inseln/ wo Quellen waren, beygeleget worden ist. Ich habe oben gesagt, daß sie auch die Schlangeninsel genennet worden sey c). Hesychius aber berichtet, daß sich Neprunus der Störche bedienet habe, um sie auszurotten. Diese Thiere müssen auch wirklich auf diese oder eine andere Art a) Nttmism. Grace» h) Stephan. O Trifiam Comment, bis* T. 2. Art vertrieben worden seyn, indem man keine derselben mehr hier antrift. Die Seide ist heut zu Tage die Hauptqucllc des Reichthums zu Tme. Man bekommt daselbst alle Jahre ungefähr sechszehen tausend Pfund von dieser Waare. Zu der Zeit da wir uns auf dcr Insel befanden / galt das Pfund Seide einen Sekin ch, oft wird sie auch um drey Thaler verkauft. Unsere Franzosen kaufen sie fast alle auf. Ungeachtet keine Seide in Griechenland so gut zugerichtet wird, als diese, so ist sie doch zu Stoffen nicht fein genug; doch tangt si- zum Nähen und zu Bändern sehr wohs. Man macht auf dieser Insel sehr gute seidene Strünj-vfc, und nichts kommt dcr Schönheit dcr Handschuhe gleich/ die hier iur oic Frauenzimmer gestrickt werden. Diejenigen, welche Seide nach Venedig einschiffen, zahlen keinen Zoll, wenn sic von Tine ab-scavln. S ' 73 Cavitam Pacha, Barbarossa, welcher im Jahre 1^37 fast den ganzen Archipelagus unter die Both-Mäßigkeit Sol^manns des Zrveycen gebracht, die Hnsel Tine ebenfalls erobert hätte. Andreas Morosini versichert, daß sich diese Insel ohne Widerstand crgcbcn, daß sie aber kurze Zeit hernach, nachdem die Reue über ihre schimpfliche Feigheit sich eingestellet/ an den Statthalter zu Candia geschickt, denselben um Hülfe gebetten, und sich vermittelst desselben wieder unter die Bothmäßigkeit ihrer alten Herren begeben habe. Diese Sache wird zu Tine etwas anders erzählt. Man sagt, Barbarossa habe der Ve-siung ausserordentlich stark zugesetzt, und endlich die Besatzung derselben genöthigct, Chamade zu schlagen, daß abcr der Adel, nachdem er bemerket, daß blos die Einwohner von Arnado, Triandaro und Dovi Castelli Willens seyen, zu capituliren, die Türken so schnell und mit solcher Hitze überfallen habe, daß sich dieselben genothiget gesthen,dieBelagerung aufzuhebon. Man setzet hinzu, daß die Soldaten von der Besatzung den Officier, den der Capitain Pacha abgeschickt hatte/ die Artikel der Capitulation zur Richtigkeit zu bringen, in der Wuth über den Wall hinab gestürzt hatten. Von dieser Zeit an bcgiebt sich der Stadthalter", um dcn Einwohnern dieser drey Flecken ihre Feigheit/ die sie bey dieser Gelegenheit gcaussert, gleichsam vorzurücken, alle Jahre am ersten May in Begleitung des Adcls und der iehensvasallen der Republik, und der Militz, die den Fahnen des heiligen Marcus bcy sich hat, zu Pferd in die Kirche Samte Ef Venz- 74 ^W A Gc)^ Vellerande auf dem Berge Cecro, woselbst ein star, kes Muskctenfeuer gemacht wird/ nachdem man vor-hero dreymal ausgeruffen hat: es lebe der heillge Marclw. Hierauf folgt ein Tanz und eine Mahl, zeit. Diejenigen iehcnsvasallen, welche bey dieser Ceremonie nicht zugegen sind, bezahlen das erstemal ei, nen Thaler, und wenn sie dreymal ausgeblieben sind, so gchen ihre lehen verlohren. ^c'un^lavius a) behauptet, der Kayser Selim habe im Iahn ! 57? von dem Senat z« Venedig, die Zurückgabe der Insel Hvpren verlangt, und Plalw, der Capital» Pacha habe, da dieses abgeschlagen worden, cine landung zu Tine gewagt, und alles mit Feuer undSchwerdt verheeret. Myrosini b) schreibt, die Türken hatten in eben Yiesem Jahre hie Vestung zu Cine sehr hitzig belagert; und Eve Mzistgpha hätte acht tausend Mann von der Flotte an das land gesetzet/ und sie nach Cypren geführet. Er setzet hin, zu, daß diese landung auf Verlangen der Andrier geschehen, aber fehlgeschlagen sey, weil der Statthat, ter Parma so gute und vortrefiiche Anstalten gemacht, daß die Türken, aller ihrer Eilfertigkeit ungeachtet, sich genöthiget gesehen hatten, die Belagerung aufzuheben, und sich zurück zu ziehen, nachdem sie vor. hin die schönsten Yörfcr der Insel in Brand gesteckt hätten. Zwey Jahre darauf haben sie die Insel, " unter. a) Supplem. Annal. Tare, k) ffjft. Venet. lib, 9. v. II. unter ber Anführung des Cangi Alis zum drittenmal geplündert. Ungeachtet die Vcnetianer auf dieser Insel keine regulirten Truppen haben, so könnte man doch im Nothfall, auf das erste Zeichen über fünftausend Mann zusammen' bringen. Jeder Flecken unterhält eine Compagnie Soldaten, die der Doge mit Waffen verstehet und die oft erercirt und gemustert werden. Im letztern Kriege schrieb der Capital« Pa-cha/ Mczomorco, an den Statthalter, an den Adel und an die Clerisey der Insel, daß er dieselbe mit Feuer und Schwerdt verheeren würde, wofcrne man sich weigerte, ihm die Kopfsteuer zu zahlen. Er bckam zur Antwort, daß er nur kommen, und sie abhohlcn sollte. Als er nun mit seinen Galeeren erschien, licß der Statthalter Moro, ein wackerer Soldat, zchen bis zwölf hundert Mann ausrücken. Dicse Truppen verhinderten durch ihr starkes Feuer diciandung der Feinde, und der Capital« Pacha, dcr nun sah, daß man das Herz hätte, sich ihm zu widersetzen, zog mit seinen Galeeren wieder ab. Wollte man sich dcr Inscl Tmc bemächtigen, so müßte mau mit den Truppen zu San Nicolo anbinden, indessen aber in dem Hasen Palermo a), so der beste Hafen auf dcr Inscl an dcr nordlichen Seite ist, cine iandung wagen. Dicse Truppen, welche das land <,) Palermo, von ^»^/«s, ein Haftn für alle 3lrley dcr Fahrzeuge. 76 "^G A MeiV-- iand verheeren, und ihren Unterhalt leicht von der Insel Andros her bekommen könnten / würden die Vestung in kurzem aushungern, die noch die einzige Schuhwchr der Insel ist. Denu San Nicolo ist auf allen Seiten offen. Die üble Witterung verstattete es uns nicht, auf der Inlel Cine Pflanzen zu suchen. Indessen bemerkten wir, doch ein und andere artige Pflanzen, und unter andern diejenige, an der man das persische Manna findet. Wir konnten aber die übrigen Seltenheiten, zum Beyspiel die Höhlen des Aeolus, den Thurm de la Donzele, die Ueberbleibsel des Tempels des Nepcunus, die Madona Cardiani nicht besehen. Wir hielten es für ein Glück, daß wir nur noch den Canal von Mycone paßircn konnten, wo wir den übrigen Theil des Winters zuzubringen cnt, schlössen waren. Wir langten daselbst auch, wegen der grausamen Sprünge, die unsere Caicke machte, nicht ohne Gefahr an. Dieses bestattigte bey ung die Meynung derer, welche glauben, der Archipelagus habe bey den Alten darum das ägaische Meer geheisscn, weil die Wellen desselben, bey dem geringsten Wind, wie Ziegen, Sprünge machen, so wie wir solches bereits oben bemerket haben. Ich schließe diesen Brief mit einigen geography schen Beobachtungen, die wir auf der Vestung zn Tme gemacht haben, wo man die benachbarten Inseln ehne viele Mühe sehen kann. Ioura liege gegen Westen. Gyra gegen Südwesten. An- "V(,O A MF^ , 77 Andros zwischen Nord,West und Nord-Nord-West. paros gegen Süden. Delos zwischen Süd-Süd-Ost und Süd. S^io zwischen Nord-Ost und No«d Süd-Ost. N7>cone gegen Süd-Ost. Amorgo zwischen Süd-Ost und Süd-Süd-Ost. Naria zwischen Süd-Süd«Ost und Süd. Ich habe die Ehre mit dem vollkommensten Respect zu seyn u. s. w. Neun- 78 Neunter Brief. Beschreibung der Inseln Scio, Metelin, Tenedos und Nicana. Gnädiger Herr! A Iie Geschichte von Scio ist für einen Brief ^^^ von einem viel zu weitem Umfang. Ich wer, be Sie also in dem gegenwärtigen nur von demjeni, gen unterhalten/ was sich zu unsern Zeiten auf dieser Infet merkwürdiges zugetragen hat, und Ihnen blos eine Beschreibung von derselben mittheilen. Antonio 3eno, der oberste Feldherr der Vene? tianischen Arme/ erschien den -Fsten April im Jahre 1694 mit einer Armee von vierzehen tausend Mann vor der Stadt Sci0/ und sieng an das Schloß an dem Strande, so der einzige Platz auf der ganzen Insel ist, der sich wehren kann, anzugreifen. Dasselbe hielt sich aber doch nicht langer als fünf Tage, ungeachtet solches acht hundert Türken zur Besatzung hatte, und von mehr als tausend wohlbewafneten teuten, die sich ohne Widerstand von der landseite hinein werfen konnten / unterstützet wurde. Im folgenden Jahre, den loten Hornung, verlohren die Venetianer diesen Platz eben so geschwind wieder, als sie ihn erobert hatten, und verließen solchen auf das eilfer- eilfertigste, nach der Niederlage ihrer Flotte bey den Inseln Spalmadori, woselbst der Capital» Pacha Mezomorco die Flotte der Türken commandirte. Der Schrecken zu Scio war so groß/ daß man daselbst die Canoncn und die Munition zurück ließ. Die Truppen waren in der größten Unordnung auf ihre Rettung bedacht/ und man sagt noch heutiges TageS auf der Insel/ daß die Soldaten die Mücken für Turbans angeschen hatten. Die Türken zogen hier als in ein croberles iand ein. Allein die Griechen waren so listig, daß sie die Schuld von allen dem/ was vorgegangen war/ auf die latcincr schoben, ungeachtet diese an dem <3'«fall der Venctianer nicht den geringsten Theil hatten. Es wurden vier der angesehensten Männer von der lateinischen Kirche, welche in den wichtigsten Aemtern gestanden waren / aufgehängt/ nemlich pecer Iustiniani/ Francisco Drags Bmghest, Domi-nico SceUa Burghesi, Giovanni Castelli Bmg-hesi. Den iateinern wurden die Hüte verboten; man nöthigte sie, sich schecren zu lassen, die genuesische Tracht abzulegen/ vor den Thoren der Stadt vom Pferde zu steigen, und den geringsten Musel, mann sehr ehrerbietig zu grüsscn. Ihre Kirchen wurden niedergerissen, oder Moscheen daraus gemacht. Der lateinische Bischof Leonardo Bahanni/ und über sechszig ansehnliche Familien begaben sich mit den Vcnetianern nach Morea. Dieser Bischof starb einige Zeit darauf daselbst/ nachdem man ihm ein «nderes Bisthum ertheilet hatte. Der Verdacht/ den den die Türken wider ihn und wider die iatciner abschöpft hatten, als hatten sie die Erpedition der Venetiancr begünstiget, wurde durch die Merkmale der Achtung, welche die iatciner gegen diesen Bischof äusserten, bestättiget. Diese armen iatcmcr, die auf Anstiften der Griechen, taglich neuen Chikanen zu ihrer Marter ausgesetzet sind, ertragen ihr Unglück mit Gc-dult, und wohnen mit vielcrAndacht dem Gottesdienste bey, der in der Capellc dcs französischen Consuls gehalten wird, die sehr groß ist. Die öffentliche Uebung des catholischen Gottesdienstes, war eines der vorzüglichsten Vorrechte, so die Könige von Frankreich für die Scioten erhalten haben; sie sind aber desselben unter dem Schein der Rebellion beraubet worden. Der Gottesdienst wurde bey ihnen mit den nämlichen Ceremonien, wie in dem Mittelpunct dcs Christenthums gehalten. Die Pric, sicr trugen das heilige Sacrament am hellen Tage öffentlich zu den Kranken. Das Fronleichnamsfest wurde daselbst mit aller Feycrlichkeit begangen. Die Clcrisey war dabey in langen Rocken mit dem Thron, Himmel und den Rauchfässern zugegen. Kurz, die Türken nannten diese Insel das kleine Rom. Aus, ser den tandkirchen, hatten die iateincr sieben Kir, chen in der Stadt. Aus dem Dom, oder der Haupt-kirche, ist eine Moschee gemacht worden. Cin gleiches Schicksal hat auch die Dominikancrkirche gehabt. Aus der Kirche der Jesuiten, die dem heiligen Anto-mus gewidmet war, wurde ein Gasihof gemacht. Die Kirche der Capuziner, der Franciscaner ihre, dk Kirche Kirche der Mutter Gottes von toretto, und der hei? ligen Anna ihre, wurden niedergerissen. Die Capu-ziner besassen noch fünfhundert Schritte von dcr S ladt bic Kirche des heiligen Rochus, wo die Franzosen ihr Begräbniß hatten. Aber auch dieselbe hat mit de» andern «in gleiches Schicksal gehabt. Die Kirchen auf dem iande waren S. Joseph, zwo Mcilcn da< von, Motre Dame de la Conception, dritthalbe Mel< len, St.Iakob, eine Viertels Meile, laMadona/ aw derthalbtMeilen, laMadona d'Elisee/drkf^albeMei-lcn/UndSt.Iohanncs, eine halbeMoile von der Stadt. Die lateinischen Priester hatten auch die Freyheit, in zehen bis zwölf griechischen Kirchen, Mcssc zu lesen, und einige Edelleute hatten in ihren iand-haufcrn eigene Capellen. Rom gab dem Bischof 5wey hundert Thaler, der wlsserdem noch starke Accidenzien einzunehmen hatte. Gegenwärtig stnd zu Scio noch vicr bis fünf mld zwanzig Priester, ohne die französischen und italiänischen Ordcnslcute zu rechnen, "welche ihre Klösicr eingebüsset habcn. Die Türken legten, nach der Eroberung von S<'o, den Priestern cinc Kopfsteuer auf. Allein dcr frarzosi-schc Viccconsul Herr de Riams ließ sie frey. Die Ordensleutc leben hier eben so wenig, als an andern Orten in der icvante, eingesperrt. Die vor nchmstcn sind t>ie Franciscancr und die Dominicaner. Die einen sowohl als die andern, stehen unter der Direction dcr Jesuiten. Der griechische Bischof ist sehr reich. Er hat mehr als drey hundcrt Kirchen in der Stadt und in Lournef.Reis. U.TH. F dem dem übrigen Theil der Insel ist alles voller Capcl, len. Die griechischen Klöster haben hier große Ein. künfte. In dem Kloster ^»ancr Minav sind fünf, zig Caloyers, und in dem Sancr Georgen Kloster wohnen ihrer ungefähr fünf und zwanzig. Das beträchtlichste Kloster ist Ncamoni a >, d. i. die neue Einsamkeit, und liegt fünf Meilen von der Stadt. Wir besuchten es den fünften Merz 1701. Dieses Kloster zahlt fünf Hundcrc Thaler Kopfsteuer, und wird von hundert und fünfzig Coloyers bewohnt, welche niemals, ausser an den Sonntagen, und an den Festen in Gemeinschaft miteinander essen. Die übrigen Tage in der Woche bestellet jeder seine Küche selbst, so gut, als er kann. Denn aus dem Kloster bekommen sie weiter nichts, als Brod, Wein und Käse. Diejenigen also, welche etwas im Vermögen haben, lassen sich wohl seyn, und halten sogar Pferde zu ihrem Gebrauch. Dieses Kloster ist sehr groß und gleicht eher einem Dorfe, als cincr Wohnung für Ordcnslcutc. Man behauptet, dasselbe besitze den achten Theil der Gürtcr der Insel, und habe über fünfzig tausend Thaler Einkünfte, Ausser dem täglichen Zuwachs, den das Kloster durch fromme Vermächtnisse bekommt, trägt ein jeder Ca-loyer etwas zur Bereicherung desselben bey. Sie geben nicht nur hundert Thaler für ihre Aufnahme; und wenn sie sterben/ so dürfen sie ihre Vcrlassen- schaft a) Keafxwif. fchaft niemand anders vermachen, als den? Kloster, oder einem von ihren Anverwandte«/ welcher aber auch nichf mehr erben kann, als den dritten Theil, zmd zwar unter der Bedingniß, wenn er selbst in dieses Kloster gehet. Auf diese Weise haben sie da? Geheimniß erfunden, nichts zu verlichrcn. Das Kloster liegt auf einem wohl angebauten Hügel in einer unangenehmen Einsamkeit, mitten unter grossen und ganz kahlen Pcrgen. Ungeachtet die Kirche schlechte Thüren und Fenster hat, so wird sie doch für eine der schönsten in der lcvante gehalten. Alles ist daran gothisch, ausser die Wolbungen des Gewölbes. Die Mahlereyen in derselben sind bis zu det, und plinius versichert/ daß man daselbst den ersten Jaspis entdecket habe. Da man die Mauern der Stadt baucte, zeigte man dem Cicero />) die Schönheit dieses Steins, worauf derselbe zur Ant-wort gab/ ich würde ihn noch mehr bewundern/ wcun er von livoli käme. Damit wollte er so viel sagen, daß sie Herren von Rom seyn würden, wenn Civoli ikncn gehörte/ oder daß ihr Stein, viel schätz, barer seyn würde/ wenn er er von einem entfernten Orte herkäme. Ohne Zweifel hat Cicero c) aus dieser Reise erfahren/ daß man in diesen Stembrüs chen den Kopf eines Satyrs gefunden habe/ den die Natur selbst auf einen glänzenden Stein gezeichnet hat. Die Einwohner von Ocio behaupten/ daß ihre Insel hundert und zwanzig Meilen im Umfang habe. Srrabo giebt denselben auf neun hundert Stadien / das ist/ auf hundert und zwölf und eine halbe Meile an. Plmius redet von hundert und fünf und zwanzig tausend Schritten. Alles dieses kann richtig seyn. Denn ausserdem/ daß der Unterschied unter diesen angegebenen Maastn nicht groß ist / so ist fjtdqou ti$tv. Strabo Rer. Geogr. l 13. F) Multo, inquiU raagis mirarer, fi Tiburtino lapide fccifTetis. 0 In Chiorum lapidicina saxo disciOb caput extitit ■Panisci. Cic. de Divin. ist unter allen Arten, die Große einer Insel zu bezeichnen / keine weniger genau/ als die Weist den Umfang derselben auszumcsscn. Dieses kommt von der Ungleichheit der Küsten her/ die man insgemein nur uberhauptS und nach dem Gesichte ausrechnet. Die Insel ^>cio erstreckt sich von Morden gegen Süden. Sie ist aber gegen die Mitte zu/ die sich gcgcn Süden ni't dcm <^'.bo Mastico a) oder Cacomcria ö) und gcgcn Norden mit dem Lado 2lpanome»ia c) endig, l, vicl schmaler. Die Stadt Scio, und die schone Ebcuc, die le Campo genennct wird, liegen gegen die Mitte zll, gcgcn Morgen an dem Ufcr dcS Meeres. Diese Stadt ist groß/ angenehm und weit bcsscr gcbauct, als irgend eine Stadt in der ievantc. Die Häuser darinnen sind schpn und bequem. Das Dachgcspäne ist von Zimmerholz gemacht, und mit stachen oder hohlen Ziegeln bedeckt. Die Terrassen sind nut einer guten Kitte überzogen. Man siehet ganz deutlich/ daß die Scioten die Bauart der Genueser beybehalten haben / welche alle Städte in dem Orient/ wo sie sich niedergelassen/ ausgezierct haben. Mit cincm Worte, nachdem wir ein ganzes Jahr in dcm Archipelagus zugebracht hatten / ohne andere Häuser, als von icimcn gesehen zu haben, so schiene uns Scio eine Perle zu seyn, ungeachtet die Thüren F z und a) Vielleicht 7s IIs^i^. F^aöc, /ö,^. ^.) Der untere Theil der Instl. F) Der obere Theil, und Fenster schlecht, und die Strassen mit Kieselsteinen belegt sind/ wie unsere Städte in der Pro, vence. Die Venetian« verschönerten Scio in dcni letztern Krieg, indem sie die Häuser Uni das Castcll herum niedcrreisscn ließen, wo nun gegenwärtig ein ebengemachter Platz ist. Dieses Castcll ist eine alte Citadelle, so vott den Genuesern am Usir dcS Meeres erbauet worden ist. Dasselbe beschießt die Stadt und den Hasen> doch scheinet es von einem Theil der Stadt beherrschet zu werden. Man giebt für, daß vicrvehn hundert Mann zur Besatzung darinnen liegen. Es wären aber, setncs großen Umfangs wegen, dcr von runden Thürmen und durch einen schlechten Graben beschützet wird, mehr als zwey tausend Mann nöthig. Der innere Theil des Platzes ist fast ganz mit sehr nahe beysammen stehenden Häusern abgefüllt, die blos von Muselmännern bewohnt werden, oder von dem lateinischen Adel, vor mehr als achtzig Iahreu eingenommen worden sind, wie solches die noch an verschiedenen Orten angemachten Wappen dcr edlen Familien Iustinlani, Burgbesi, Castelli, und andc. rer zü erkennen geben. Die Türken haben die von den Bomben der Vcnetiaucr zu Grunde gelichteten Häuser wieder hergestellet, aüch eine schöne Moschee aufgebauet. Der tzafcn zü Scio ist der Sammelplatz aller 'Schiffe, welche hinauf öder hinab fahren, das ist> 5»ie nach Consiantinopcl segeln > oder von daher kom-M5'> M ckch Syrien M ÄcgMen zu segeln. Indessen ist dieser Hafcn keiner von den besten, un, geachtet Scrado a) versichert, daß er mehr als achtzig Schiffe beherbergen könne. Er ist gegenwärtig nichts als ein schlechter Damm, der von den Genuesern herrühret, und nichts als eine dem Wasser gleiche Wehr ist, auch einen sehr engen / und wegen der herum liegenden und kaum von dem Wasser bedeckten Klippen, sehr gefährlichen Eingang hat, denen man/ ohne die Scclatcrnc, welche auf dem Felsen Sanct N colaus stehet, schwerlich ausweichen würde. Wir verließen in diesem Hafcn sieben türkische Galeeren/ und drey Kriegsschiffe von Tripoli. Ordentlicher Wcisc liegt in demselben cine Escadrc von Galeeren. Was das tand anbctrift, so hat Arhenäus ö) mit gutem Grunde gesagt, daß Scio eine bergiqte und rauhe Insel sey. Indessen wurden diese Berge damals von den Waldungen sehr angenehm gemacht, da sie/ statt dessen, heut zu Tage sehr unfruchtbar sind. Doch ist dieses tand an verschiedenen Orten fthr schön; und man siehet daselbst nichts als Pomeranzen, Citronen, Oliven, Myrten und Granadew bäume, ohne die Mastix- und Terpentinbaume zu rechnen. Das iand hat Mangel an Getraide. Die Gerste und der Wcitzcn, den man hier bauet, reichet kaum , zu einem dreymonatlichcn Unterhalt für die F 4 Ein- a) Rer. geogr. lib. 10. Athen. Deipn. I. 6. 83 ^M Einwohner hin. DaS übrige/ was man das Iahe über noch nöthig hat/ muß von dcm festen lande herbey geschaft werden. Eben deswegen würden die christlichen Fürsten diese Insel nicht lange erhalten konncn/ wenn sie mit den Türken in einen Krieg verwickelt werden sollten. Caneacuzenus crzehlet, daß B^zer alle Inseln ausgehungert habe, indem cr verbot/ ihnen kein Getraid mehr zuzuführen. Man würde sich schwerlich aus dem Archipelagus fest setzen konncn, wöfcriie man nicht zugleich Morca oder Candia unter seine Bothmaßigkeit brächte; denn diese Inseln sind gleichsam die Vorlathshauscr. Das Dorf Gcsme, so nach einiger Meinung die alte Sladt Erytdraea ist, versorget Scio mit Gctraidc. Es ist kaum zu glauben, wie fruchtbar der Boden in Asien ist. Gesme liegt Scio gerade gegen über/ diesseits des Caps Caradouron. Scio versorgt dic benachbarten Inseln mitWcin/ her sehr angenehm und magcnstarkcnd ist. Theo-pompus sagt bey dem Achenäuo a) daß Oene, pion, des Bacchus Sohn, die Sciotcn in dem Weinbau unterrichtet habe; daß man auf dieser Insel den ersten rothen Wein (Vin roie) getrunken habe, und daß dic Einwohner derselben/ ihren Nachbarn die Kunst Wein zu machen gelcrnct hatten. Vir, Mus b) und Horatius lobten die Weine von Ocio sehr. a) t>e\pn. lib. I. #) Vina rrotfam fnndant calathisÄrvista Nectar. £c/> ^ verfi 7»v / sehr. Srrabo a) der ihm den Vorzug vor allen griechischen Weinen beyleget, rühmt besonders denjenigen, der in einer Gegend der Insel wächst/ die psyra oder Psara, wie solches heut zu Tage ausgesprochen wird, gegen über liegt. Psara abcr ist in der tevantc blos des guten Weins wegen bekannt. Die Truppen dcs Mezomorto haben vor einiger Zeit die Weinberge von Anripsara verheeret, wo ebenfalls viel Wein gebauet wurde. plmiuv ö) redet sehr oft von dem Wein zu Scio. Er führet den gelehrten Römer varr^ zum Gewährsmann an, daß man solchen zu Rom dry Magenkrankheiten als eine Arzney verordnet habe. Varro crzchlet, daß Horrensius seinen Erben mehr als zchen tausend Stücke (kieccs) hinterlassen habe. Cäsar bewirthete, nach dem Bericht dcs 1)linms c), bey seinen Sieggcprangcn und bey seinen Mahlzeiten, die er dem großen Jupiter und andern Gottheiten zu Ehren hielte, seine Freunde mit dergleichen Weinen. A-rhenclus fegovvie run t\i "KqpiKuv. Strabo rer. geogr. lib, 3. & 14. £) Hist. nat. Ulf. 14. c. 7. 14. 6' 15» c) Caesar. Epitlo apud P/w, 4) De/>». /. K 5o "»VM A M^- ün Annehmlichkeit nicht ihres gleichen; besonders diejenigen, welche in dem Quartier Ariusa wachsen, wo man drey Sorten macht: die erste bat wenig von jener Grüne, die sich in Saft verwandelt, ist stark, nahrhaft und gehet leicht weg; die andere ist nicht ganz ohne Saft, ist nahrhaft und halt den leib offen; die dritte hat das Delicate und das heilsame mit den beyden andern gemein. Zu Gcio stehen die Wcinstöcke auf den See« küsten. Die Trauben werden daselbst im Monat August gelesen, worauf man sie acht Tage in der Sonne trocknet, nach diesem werden sie getretten; den Wein aber läßt man in den Böttigen in wohl verschlossenen Kellern stehen. Um den besten Wein zu machen, mischet man unter dle schwarzen Beere, eine Art von weisen Beeren, die den Pfersichkerncn gleichen. Wenn man Nectar machen will, der noch heut zu Tage diesen Namen führet, so nimmt man eine andere Art von Beeren dazu, deren Körner et. waS zusammenziehendes (ttiptique) haben, welches macht, daß sie nicht wohl zu essen sind. Die schätzbarsten Weinstockc sind zu Mesta, und von daher bekamen die Alten diesen Nectar. Die dasigcn Weintrauben werden allen andern vorgezogen, und N7esta ist gleichsam die Hauptstadt von jener berühmten Gc, gend, welche die Alten Ariousta nannten. Es ist leicht zu begreifen, warum auf einigen Münzen, die Golzius von Scio anführet, Wein> tzrauben abgebildet werden. Auch findet man auf eini- einigen Kruge a) die unten spitzig zu laufen, und gegen den Hals zu, zwo Handheben haben. Diese Figur hatten sie deswegen, damit sich die Hefe ab« sondern konnte, die sich gan^ auf ocn Boden setzte, nachdem man sie cingegrabcn hatte; nachgehende pumpte man den Wem hcraus. Warum aber auf diesen Münzen auch Sphwre stehen > laßt sich so leicht nicht erklären. Es müßte denn seyn / baß der Sphinx das Sinnbild dcr Sciottn gewesen, sowie die Athes mcnscr die Nachtcule zu ihteM Sinnbild hatten. Was das Öcl bctrift, so bauet man zu Sclo nicht sonderlich viel. Die besten verölten gehen ungefehr zwey hundert MuidS. Jede Muid wiegt vierhundert Öckc, und eine Ockc hält zu Scio nicht mcht als drey Pfund zwo Unzen. Die Franzosen ziehey von dieser Insel viel Houig und Wachs^ mit Setdö aber wird auf derselben der beträchtlichste Handel getrieben. Man macht daselbst jährlich, nack ihrer Art zu rechnen, mehr als scchszig tausend Massen/ öder drcyßigtauscnd Pfund Seide, indem eine Masse nicht mchr als ein halbes Pfund nach miscrm Gewicht hält. Fast alle diese Seide wird auf der Insel selbst verarbeitet, indcm man Sammle, Damaste und am dcrc Stoffe darausmacht, welche nach Asien, Aegy-Ptcu und in die Barbarey verhandelt werden. Zu diesen Stoffen wird manchmal auch Gold und Silber genommen, welches von dem Geschmack der Manu- factw '*) -Diotfi« 3» ^O A O^ facturisten, oder auch von dem Verlangen der Kauf, leute abhängt. Für jedes Pfund Seide muß man vier Cimins/ das ist, nach französischem Gelde, zwanzig Sols, Zoll geben. Im Jahr 1700 galt das Pfund Seide gegen fünf und dreyßig Timins. Der Käufer muß den Zoll bezahlen. Die Türken und die Franzosen zahlen von allen Kaufmanns, Waaren der Insel drey Procent. Die Griechen aber und die Juden und Armenier müssen fünf Procent bezahlen. Dieser Zoll ist an dem Großschatzmeistcr zu Constantinopcl um fünf und zwanzig tausend Tha< ler, oder um fünfzig Beutel verpachtet. Die übrigen Waren und Productc der Insel sind Wolle, Käs, Feigen undMasiir. Der Handel, der mit Wolle und Käs getrieben wird, ist nicht so betrachtlich, als der mit Feigen. Ausser denen, die zum Prandwcinbrennen angewendet werden, befrachtet man noch ganze Schiffe für die benachbarten In< seln. Diese Feigen werden hier durch die Caprisica-tion gezogen, um sie aber zu erhalten, muß man sie in dem Ofen dörren, wo sie ihren Geschmack verliehren. Auf Scio giebt cs keine Salzkodcn, daher man das ßalz von Naxia oder Fochia herbeyschaffen muß. Ehe wir von dem Mastix reden, müssen wir bc-werken, daß die Dörfer auf der Insel in drey Clas-ftn abgetheilt werden, nämlich in die Dörfer, in dem Campo, in die von Apanomeria und in diejenigen, aber in Minderer Quantität. Man siebet den Mastix, um das Unreine von demselben abzusondern; allein der Staub/ der davsn abgehet, hängt sich dergestalt an das Angesicht oererjenigen, die damit umgehen, daß si<. dasselbe mitOel abwischen müssen. Manchmal kommt ein Aga von Constantinopel, um denjenigen Mastix abzuholen, derbem Großhcrrn gehört, oder der Aufseher über die Zolle zu Scio bekommt den Auftrag dieses <,) Nach dem Bericht des pscoko geschiehet solches schon am neunten IuniuS. dieses, zu thun. Dieser gehet alsdenn in drey bis vier der vornehmsten Dörfer/ die wir oben genennet haben, und lässet sich das Contingent der andern Dorfer dahin bringen. Alle diese Dorfer zusammen müssen zweyhundert sechs und achtzig Küsten (czillez) Mastix liefern/ welche hundert tausend und fünf und zwanzig Ocken wiegen. D?r Cadi zu Scio bekommt drey Küsten, von denen jede achtzig Ocken schwer ist. Der Schreiber der Dörfer/ der das Register hält, wieviel jede Person Mastir geben muß/ bekommt auch eine Kiste. Der Bediente des Zollners/ der« den Masiir wiegt, nimmt von dem Theil/ den jede Person zu geben hat/ eine Handvoll; und eine andere Person, die ebenfalls zu dem Zollner gehört, nimmt eben so viel für die Mühe/ die er hat, diesen Tbeil nochmals durchzubeuteln. Wenn jemand angetroffen wird, der Mastir in die Stadt, oder in ein solches Dorf trägt, wo keine Mastirbäume gezogen werden, so werden ihm seine Güter eingezogen/ und er muß auf die Galeere wandern. Diejenigen Bauern, welche nicht soviel Mastir sammlen/ als ihre Portion austragt/ die sie zu liefern habm/ kaufen oder entlehnen das übrige von ihren Nachbarn, und diejenigen, die mehr haben / als sie geben müssen / heben den Rest aufs künftige Jahr auf/ oder verkaufen solchen heimlich. Manchmal verstehen sic sich mit dem Zöllner, der ihnen die Ocke für cincn Piaster abkauft/ und solche wieder um zween odcr dritthalbe Piasters verkauft. Dli-jcnigen Personen, welche Mastirbäume ziehen, zahlen nur die Helfte der Kopfsteuer, und G H tragen tragen den weiffen Bund um ihren Turban, wie bit Türken. Die Sultaninnen verbrauchen den meisten Theil des Mastirs, der für das Scrrail bestimmt ist. Sie kauen denselben theils zum Zeitvertreib, theils sich einen angenehmen Athem zu machen, und dieses thun sie alle Morgen nüchtern. Man pflegt auch Mastir in die Rauchpfannen ^u werfen, und unter das Brod zu mischen, ehe solches in den Ofen kommt. Ausserdem ist der Mastir auch für die Krankheiten des'Ma. gens und der ersten Wege sehr heilsam, auch gut um das Blut zu stillen, und das Zahnfleisch fest zu machen. Die Sammlung des Terpentins a wird auf eben diese Art veranstaltet, indem man nämlich vor Ende des Julius, bis in den October Einschnitte in diö großen Terpcntinbäume macht. Der Terpentin, welcher aus denselben fließet, fällt auf flache Steine, die von den Bauern unter diese Bäume gelegt werden. Sie sammlen solchen mit kleinen Stäben, die sie in Flaschen abtröpfeln lassen. Ein Ocke, das ist vierthalbe Pfund und eine Unze, wird auf dem Platz für dreyßig bis fünf und dreyßig ParatS verkauft. Auf der ganzen Insel bekommt man nicht mehr als dreyhundert Ocken. Dieser Saft ö) ist cm vorrrcfii, ches a) TtvMUTctt is xau lex&fg-ij teat irhttf-tf e» X/« y« vqT». Diqfc. lib» i. c. 90. b) U^ixiyet Si itbmuv ray Ptfun»» if Tifpt*&}vfr Diofc. ibid. r. 91. ches natürliches Oel/ eine heilsame Arzeney für den Magen, und ein gutes und Harntreibendes Mittel. Man muß sich aber hüten, dieses Mittel eben sowenig, als andere harntreibende Dinge, bey solchen Personen anzuwenden, welche den Stein haben. Die Erfahrung lehret, daß den Patienten dadurch ihr leiden vermehret wird. Die Tcrpentinbauwe wachsen auf dieser Insel ohne Cultur, »eben an den Weinbergen und langst an den Hecrstrassen. Ihre Stamme find so hoch, als der Mastirbaumc ihre. Sie sind auch so astig, belaubt und mit einer rißigen, graulichen, mit braun vermischten Rinde bedeckt. Die Blatter wachsen an emer Ribbc, die ungefähr vier Zoll lang, röthlich, auf dem Rücken zugerundet, auf der andern Seite gefurcht ist, und sich mit einem Vlat endiget, anstatt daß die andern paarweise stehen. Alle diese Blatter sind anderthalbe auch zween Zoll lang, gegen die Mitte zu, einen Zoll breit, an beyden Enden spitzig, und auf dem Rucken mit einem dicken Netz be» deckt, das bis an den Rande hinaus in feine Gefäße abgetheilt ist. Dieselben sind steif, glanzenbgrün/ cjwas dunkel, und haben einen aromatischen Geschmack und sind etwas zusammenziehend. Mit dem Tcrpcn-tinbaum verhalt es sich, wie mit dem Masthbaum; das ist, diejenigen Stamme, welche blühen, tragen keine Früchte, und diejenigen, welche Früchte tragen, blühen ordentlicher Weise nicht, Die Blüthen desselben kommen am Ende der Zweige zu Ende des Aprils zum Vorschcjn/ ehe noch die Blatter ausge- G 3 schlagen schlagen sind. Diese Blüthen stehen auf ästigen und ungefähr vier Zoll langen Büscheln beysammen. Eine jede Blüthe hat fünf Staubfaden, welche nicht gar eine Unie lang/ und mit gefurchten gelblichtgrünen oder röthlichen Kolblein besetzt, und mit eben so gefärbten Staub angefüllt sind. Alle diese Blumen stehen bouquetweis auf ihren Büscheln, und bey jedem Bouquet stehet ein kleines haariges, wciffcs, spitziges, drey bis vier linicn langes Blat. Die Früchte wachsen an verschiedenen Stammen, und selten an solchen, woran Blätter sind. Anfangs kommen die Embryonen zum Vorschein, die ebenfalls, in Büscheln, die drey bis vier Zoll lang sind, zum Vorschein kommen, und aus einem Kelch von fünf grünlichen, spitzigen, kaum einer linie langen Blattern Herfürsteigen. Jeder Embryo ist glänzend, glatt, hellgrün, cyrund zugespitzt/ und endiget sich mit drey scharlachrothcn Kämmen. Aus demselben wird nachmals eine ziemlich feste Schotte, die drey bis vier iinien lang, eyruud, und mit einer purpurrothen oder orangegelben Rinde bedeckt, etwas fleischig, anziehend, scharf und harzig ist. In der Schotte steckt ein fleischiger, wcisser Kern, der mit einer röthlichen Haut umgeben ist. Das Holz des Terpentinbaums ist weiß. Der Cadi regiert zu Friedcnszciten das ganze tand. Ists Krieg, so wird ein Pascha dahin geschickt, der die Truppen commandirt. Der Mufti zu Con-stantinopel ernennt den Cadi zu Scio. Derselbe ist i(etM OjUtjQPv, silvan, Aul. Gell, Strabo Rer, geopr. lib» \, !o3 «>V), pijlstratus und Hippardius sein Sohn fanden -den Zusammenhang aller dieser Stückt/ und machten zwey Hauptwerke daraus / die sich vorlrcftich zusammen schicken, nemlich die Ilias und die Odyssea. Anstoreles sah auf Befehl des Alexanders diese Gedichte noch einmal durch, und dieser große Eroberer machte sich ein Vergnügen daraus / selbst in Gesellschaft des Callistdenes und Anararchus mit daran zu arbeiten. Diese Ausgabe oder Abschrift der Mcrke des Homer wurde die Ausgabe «»-- ^s^"? genennet c), weil solche in ein Kastgen verschlossen wurde, welches Alexander, nebst seinem Dolch, unter seinem Kopfküsicn liegend hatte. Er ließ nachs gehende dieses Buch H in eine kleine wohlriechende a) Plutarch, in Lycurg. Heraclid. de polit, Adi an. vers, biß. lib. 13. c. 14. V) Laert. in Solo». Cic. de orat. lib» 3. Plato in flip-parch. Pauj. in Acbaic. Flutarcb. in Alex. Strab. lib. 13* c) Us •«>' N«^ÄPf xxhoürtr* PluUrcb. in Alex* & Strabo ibid. i) Plia, biß, »at, lib* 7, c. 9» IlO ^N ^ D^ chende Küste legen, die mit Gold/ Perlen und Cdcl-gcstcincn besetzt war, welche man unter dem Schatze des Darius gefunden hatte. Zenodoms von Ephc-sus, dcr iehrmeistcr derpcolemäer, 3lrarus, Arl, stophanes von Vyzanz, Aristarchus von ^amo-thracien, und verschiedene andere sck)öne Geister nahmen sich vor, dem Homer seine ursprünglichen Schönheiten wieder zu geben; allein sie veränderten ihn dergestalt, daß man sagt, daß er sich selbst nicht mehr kennen würde. Indessen muß man gestehen, daß uns die Griechen nichts in dieser Art geliefert haben, das so vollkommen gewesen wäre, als Homers Gedichte, parerculus legt ihm nach seiner Gewohnheit ganz kurz folgendes lob bey. Dieses ist der einzige Dichter, sagt er, welcher diesen Namen Verdiener; und das wundersamste bep diesem tNanne ist, daß vor ihm niemand gewesen ist, dem er hätte nachahmen können, und daß nach seinem Tode niemand im Stan, de gewesen ist, sein Nachahmer zu werden. Ausser der Schule des Homer, zeiget man auch das HauS, in welchem er Hebohren worden ist, und wo er die meisten von seinen Werken verfertiget hat. Man kann sich leicht vorstellen, daß sich dieses alte Gemäuer in einem schlechten Zustande befinden müsse. Denn Homer le5te, nach den Orfordcr Marmoren a), 961 Jahr vvr Christi Geburt. Dieses Haus stehet in a) Marmor. Oxon, Epoch, 30» "Tab. 14.. Weiber arf (krlnsd SciO ^O A E^-- ill tn einer Gegend die von diesent Dichter den Namen hat, auf der nördlichen Seite der Insel, bey Vo, lisso, welcher Ort von dem Verfasser des lebens des Homer, und vom Chucydides, Bolissus a ge, nennet wird. volisso liegt mitten in den arvisischen Feldern/ wo der Nectar gebauet wird/ und vielleicht hat dieses herrliche Getränke nicht wenig zur Begeisterung dieses Dichters beygetragen. Derselbe wird auf einer Münze />) in dem Cabinet des Darderini auf einem Stuhl sitzend) mit einer Rolle in der Hand vorgestellet, auf welcher einige Zeilen geschrie, ben stehen. Auf der Kehrseite 5) ist der Sphinr, als das Sinnbild der Inset Scic» zu sehen. Der P. Hardouin redet von einer ähnlichen Münze; Baudeloc führet einige von Omprna ^i)/ von dem nämlichen Gepräge/ aber mit verschiedenen legenden att. Uebrigcns ist der Aufenthalt zu Scio sehr angenehm > und die Frauenzimmer sind viel höfiichcr/ als in den andern Städten der icvante. Ungeachtet ihre Kleidung den Fremden schr sonderbar zu seyn scheinet/ so unterscheidet sie doch die Reinlichkeit von den Griechinnen der übrigen Inseln. Man findet daselbst eine gutc Tafel. Die Austern / welche von Merelin dahin gebracht werden / sind vortrcfiich. Wild- b) Leo Allatiui de patw Ihm» C) OMHPOXIXiaN, d°) XMTPNAlstK, Wildprct, besonders Rebhühner, giebt es im Ueber, fluß. Sie sind daselbst eben so helmlich, als dl« Hühner. Es giebt leute auf der, Küste von vessa und Elaca, die sie mit vieler Sorgfalt ziehen. Man führet sie des Morgens auf das Feld hinaus, ihre Nahrung zu suchen, wie die Schaafe. Jede Familie übcrgicbt die ihrigen dem gemeinen Hirten. Dieser Hirt treibet sie des Abends wieder nach Hause, wo jeder die scinigen durch einen Psif in sein Haus locket. Will jemand die seinigen unter Tags zu Hause haben, so giebt er ihnen das nemlichc Zeichen, worauf sie ohne Verwirrung zurück kommen. Ich habe in der Pro, vcnce einen Mann gekannt, welcher ganze Hccrdcn Rebhühner auf das Feld führte, und sie wieder nach Hause kommen ließ, wenn es ihm beliebte. Cr ficng sie mit der Hand, setzte sie auf seinen Schooß, und schickte sie sodann wiederum fort, ihre Nahrung zu suchen. Auf der Insel Scio wachsen die schönsten Pfian, zen. Die beyden Sorten des I^onwperslon, die ich in den Corollariis der Anweisung zur Kräutcrkun-de angeführt habe, sind daselbst in gewissen Gegenden sehr gemein. Wir fanden unweit der Stadt eine Art von der Osterlucey, deren Blüthe mir so ausserordentlich zu seyn schien, daß ich sie deswegen abbilden ließ a). Die a) ARJSTOLOCHIA Chia, longa, subhirsuta, folio oblongo, fiore maximo. Coroll. Inst, R, H, 8. ARI- 'Tai.jj. 2 TA.pa&.iJ2. ?n'ijecm4i C'oTOtl^J:ns^'.Re-i' rvtzrb. ö^5 Die Wurzel dieser Pflanze ist anderthalbe bis zween Schuh lang, zween Zoll dick, hart, holzig, gelblicht, mit weißen und röthlichcn Strahlen mar-wclirt. Mittcn durch dieselbe läuft eine sehr feste Ader. Eie ist mit einer sicischernen, etwas pur? pun'otkcn Rinde bedeckt. Au dieser Wurzel befinden sich wenig Fasern. Sie hat eine unerträgliche Bitterkeit, und treibt verschiedene Knöpfe, welche viele weißliche Sprossen herfürbringen, die sick mit Stengeln endigen, welche im Frühjahre einen Schuh hoch sind. Dieselben werden nachgehende zween Schuh hoch, sind fest, stark, zwo linien dick, blaßgrun, rauh gefurcht, bey ihrer Herfürkunft purpurroth und liegen auf der Erde. Diese Stengel haben an jedem Knoten ein Blat, welches ungefähr drey Zoll lang, an der Basis dritthalbe Zoll breit, und so zugerundet ist, daß cs zwey Ohrcn bildet; «bcr denselben wird >es nach und nach immer schmäler, und lauft endlich 5n eine z,igestumpfte Spitze aus, die sich mit emem kleinen Schnabel endiget, der sehr kurz ist. Der vbcre Theil des Vlats ist dunkelgrün, glanzend, und unregelmäßig geädert; unten ist es blaßgrün, und hat daselbst etliche erhabene Adern. An den Flügeln derselben, kommt eine Blume zum Vorschein, die **) foliis cordatis ob-tusiulctilis hirtis, floribus selitariis pcndulis recur-vatis fhbtrunratis. Lin, Sp. Pi* />♦ 136^, Tournef. Reisen Il.TH. H l!4 ^O !^ O'^ lang ist, und sich mit einem eckigen Kelch endiqet der sechs große grobe Furchen hat. Jede Blume ist in Gestalt eines 3 gekrümmt und vicnhalbc Zoll lana. Sie fangt mit einer Blase an, die acht bis neun tinien lang, blaßgrün, mit purpurroth vormischt und eckig ist, und sich zu einer krummen Röhre verlängert/ die einen halben Zoll dick ist, und sich mit cmcm fast eyrunden großen Rachen endiget, der acht^chen bis zwanzig linicn im Durchmesser hat, und dessen Rand fast gleich zugerundct ist. Der innere Theil von diesem Rachen ist über lwd über mit weissen Haaren besetzt, welche anderthalbc Zoll lang sind. Der Bo< den desselben ist purvurroth, schwaiz und bleich, und mit einigen etwas helleren Flecken bcsckt, die in das gelbe fallen. An dem Ort, wo der Rachen anfängt schmaler und zu einer Röhre zu werden, ist eine große Herfürragung. Der innere Theil dieser Röhre ist ebenfalls purpurroth, schwarzlich, mit Haaren beseßf, so wie auch der innere Theil der Blase, die viel bleicher ist. Unten an dieser Blase sinoct man einen sechseckigen Knopf, der dritthalbe imicn im Durchmesser und große Ribben hat, zwischen welchen Kolblein stehen, die einen gelben Staub von sich geben. Diese Blume hat keinen Geruch. Die ganze Pflanze ist bitter. Das große Verlangen, Constantinopel zu sehen, war Ursache, daß wir den Zysten Merz auf einem leichten türkischen Schif (^aic^ue) von Scio abreu seten/ worauf wir den 28stcn zu Castro/ der Haupt? siadr 3£A S. METELIjW ^N A' G^-" ' ^ His stadt dcr Insel Mcrclin ^i), dic ehehin Leubos hieß, anlangten. Aus der Beschreibung, die uns Scrabo von den beyden Häfen zu Mvrilcne gemacht hat, ist leicht abzunehmen/ daß Castro auf die Ruinen davon erbauet worden. Dieser Erdcbeschreiber und Sre-phanus von Byzanz, der ihn oft ausgeschrieben hat, nennet Mxrilene eine sehr große Stadt. Cicero und virruv ö) rühmen sie, wegen ihres PrachtS. Man siehet daselbst auch nichts, als Trümmer von Säulen, von denen die meisten von weißen, verschiedene von aschgrauen Marmor, oder von Granit gewesen sind. Einige derselben sind in geraden linien ausgehöhlt, andere schneckenförmig; einige sind ey? rund. Es ist kaum glaublich, wie viele Knäufe, Frisen, Fußgestclle und Trümmer von übelzugerich, teten Innschriften, unter diesen Ruinen anzutreffen sind. Auf einigen der letztern fanden wir manchmal das Wort Gymnastarch. Dieses erinnerte uns an den beruffenenEpicurus, welcher in einem Alter von zwey und dreyßig Jahren zu Mytikne öffentlich lehrte, wie solches DiogenesLaer-tius berichtet. Auch Aristoteles hielt sich hier, wie eben dieser Schriftsteller anzeigt, ein Paar Jahre auf. Als sich MarceUlis nach der pharsalischen Schlacht vor dem Cäsar zü verbergen suchte, »begab er sich auf Ha diese a) Mvnhyyij if /neytftj rfatg, Strabo ##**♦ GeQ$r, lib. »?. h) Cicero de lege agr. Fitruv* I, u c. 6» N6 ^N ^ W^K- diese Insel, um sich hier die übrige Zelt seines lebens, den schönen Künsten zu widmen, ohne daß ihn Clc»ro überreden konnte, nach Rom zu kommen, und die Gnade des UebcrwlnderS zu genießen. Mycilene hat zu allen Zeiten die größten Männer herfür gebracht, piceacus, einer von den sieben Weisen Griechcnlandcs, dessen Sprüche an die Mauern des Tempels des Apollo zu Delphi geschrieben wurden, maßte sich, um sein Vaterland M>r,lene von der Sclaverey der Tyrannen zu befreycn, selbst der Herrschaft darüber unrechtmäßiger Weise an. Doch entsagte er auch derselben, zum Besten seiner Mit. lbürger, freywillig wieder. Der Dicher Alcäus, und die Sappho, die Orrado ein Wunder nennet, waren von Mycilene, und lebten zu einer Zcit mit, einander. Man prägte zu Myn'lene, diesen drey berühmten Personen zu Ehren, Münzen. Aus diesen Münzen ist abzunehmen, daß man den Namen dieser Stadt mit einem y schreiben muß/ ungeachtet der< selbe bey dem Scrado nur mit einem i geschrieben wird. Auf der einen von diesen Münzen a) stehet auf der einem Seite der Kopf des pirracus, auf der andern aber des Alcäus seiner. Herr Opon hat eine Müw ze abbilden lassen, auf welcher die Sappho sikcno, mit einer tcyer in der Hand, auf der andern Seite aber a) MTTIA. AAKAIstS. niTTAKOS. O/ Mi?«*,. lul. Polt, /. 9, f a^# 6. aber die Nausicaa, des Alcinous Tocher, dessen Gaxten bcy dem Homer so berühmt sind, vorgestellet wird a). Pie Alterthumsforscher werden diese Stadt nie vergessen. Die Cahinette sind mit mytilenischen Münzen angefüllt, auf denknman die Kopfe des Jupiter, dcs Apollo, der iivia, yes Tiberius, desCa« jus Cäsar, des Gcrmanicus, dcx Agrippina, der Julia, des Adrianus, dcs Marcus Aurelius, der Venus, dcs Commodus, des Crispinus, der Julia Domna, des Caracalla, des Alexander Severus, dcs Valeria-nus, dcs Gallien«?, des Salpinus antrlft. Srra-bo sagt, daß lange nach den Zeiten des pittacus der Redner Diophaneo zu Mprilene gebohren worden sey, so wie zu den Zeiten des Augustus, Poca-mon, Lesdodu«, Crinagoras, und Tbeophanes der Geschichtschreiber, der sich durch die Freundschaft des Pompeius, an dessen großen Thaten er sehr viel Antheil hatte, berühmt machte. Cftstr«?, oder das alte Mytilene, kommt heut zu Tage der Stadt Scio nicht mehr gleich. Die Insel Merelin aber ist viel großer, als die Insel Scio, und erstreckt sich auf der nordöstlichen Seite sehr weit, Nach dem Strabo hatte Lesdos hundert und sieben und dreyßig Meilen und eine halbe im Umfang, plinius aber giebt, nach der Meynung des Isidorus, hundert und acht uZd sechezig, bis hundert Hz und a) Em CTRA JEPQKA MTT1A. Sub pratore Hie rocle. 2luf Ut Mfcem ©cite: HPstlAA NAYCi-KAAN, "3 "tz(M A Ee/> und fünf und neunzig Meilen an. Man versicherte urs, daß gegenwartig noch hundert und zwanzig Dörfer oder Flecken auf der Insel anzutreffen wären, worunter sich auch Krifso befindet. Ohne Zweifel ist dieses die alte Stadt Eressus a), der Geburtsort des Cdeophrastus und des phania«,, der beyden berühmtesten Schüler dcö Aristoteles, Wir hatten aber nicht Zeit Lrisso zu besuchen, weil wir nur Passagiere auf einem türkischen Schiff waren. Srra, do zeiget die tage der alten Städte von Lcsdoe so genau an, daß man sie leicht finden würde, wenn man sich ein wenig auf der Insel umsehen wollte. Nichts schaft einem Reisenden ein größeres Vergnügen, als wenn er das Vaterland großer Männer zu sehen bekommt. Auf dieser Insel sind eine ziemliche Menge derselben zu Hause gewesen, plutarchlls ö) schreibet, daß die jesbicr die größten Tovkünstlcr in Griechenland gewesen lind. Der berühmte Arion war von Merhpmna, von welcher Stadt die Ruinen auf dieser Insel noch gcgenwan-g zu sehen sind. Ccrpander, welcher der erste gewesen, der eine lcycr wit. sieben Saiten gemacht hat, war ein icsbier. Dieses hat Gelegenheit zu jener Fabel gegeben, daß man auf dieser Insel den Kopf dcö Orpheus habe reden hören, nachdem ihm solcher in Thracien war abgeschlagen worden, wie solches Eustachius in sei, nen ^) Plutarch, de Moste«, ihh.ir,___ QPcibcr ziL .Andres -ž.^i/ZS^o Weiber zu^tetelin. Weiber zu Petra., auf der Inset Jtetdin. nen Anmerkungen über den Dionysius von Aleran, dr:a schr sinnreich erkläret. Eüstathius bemerket auch daß die Inscl den Namen von der Stadt N?ys rill ne bekommen habe. Man siehet leicht, daß auS Nivcilene endlich Niecelin gemacht worden sey. Unter die großen ieure von Aesbos rechnet Srra-bc» a) W^en schr geschickte Männer, den Hellanlcus, einen berühmten Geschichtschreiber, und den CalliaS/ der über die Gedichte des Alcäus und der Sappho Anmerkungen gemacht hat. Dieses ist dle schöne Seite der Einwohner dkeser Insel. Auf einer andern Seite waren ihre Sitten so verderbt, daß mau einem keinen größern Schimpf anthun komne, als wenn man sagte, er lebe wie die tcsbier ö). Bey dem Golzius findet man eine Münze, die den Damen auf dieser Insel nicht sonderlich zur Ehrc gereicht. Doch muß man dem heutigen Frauenzimmer Gerechtigkeit wiederfahren lassen. Dasselbe ist nicht so verbuhlt, als wie das auf Milo und Argt'nriere. Ihre Kleidung und ihr Kopfputz ist viel anständiger, doch entblössen sie ihre Brust zu sehr. Einige fehlen auf eine andere Art, und bedecken solche allzusehr. Der Boden auf der Insel Merelin schien uns sehr gut zu seyn c). Die Gebürge sind daselbst kühl, H 4 und a) Rer Geogr. /A faer£tfett. Suid. f) Hie innocentis pocula Lesbii duces sub umbra. Hot at, Od, 17. /. 1. und an verschiedenen Orten mit Waldungen bedeckt. Auf dieser Insel wachst guter Wciftcn, das vortref-lichste Oel/ und die besten Feigen auf dem Archipelagus. Die Weine sind noch immer so gut als chehin. Srrabo, Horaz/ Ackenäus, A^llanus würden sie heut zu Tage eben so sehr loben / als zu ihrer Zelt a). Aristoreles gab noch kurz vor seinem Tode dem icsbischen Wein den Vorzug. Es sollte ein Nachfolger des iycei erwählet werden, welcher das A>,sc, hen der peripatetischen Schule erhielte; Menedemig von Rhodlls und Tbeophrastlis von Lesbos wa, ren die beyden Competcntcn: Aristoteles licß sich Wein von beyden Inseln bringen / und nachdem cr beyde sehr sorgfältig gekostet, rief er in Gegenwart aller seiner Schüler aus: beyde sind vorereflich; aber dock ist der L^sbische angenehmer /?), wo« mit er zu erkennen geben wollte, daß Tdeopdrastus eben so vieles vor seinem Mitbuhler voraus habe/ als derlcsbischeWcin, vor dem zuRhodus. Tristanc) führet eine Münze des Hera an, der, nach der Aus« sage des Spa'. r«anus, den Wein sehr liebte. Auf dem Revers derselben wird das Glück/ in der rechten Hand a) Non eadem arboribus pendet vindemia noflris, Qücm Methymnceo carpit de palmite Lesbos. Ifirgil, /, 2. Georg. k) Vtrumque inquit, oppido bonum, fed ^Mr / Altß.eg. AuL Gell, lib* lj* C. f. C) MHöTMNAIstN. Hand mit einem Ruder/ und m der andern mit einem Horn des Ueberfiusscs vorgestellet, in welchem sich, unter andern Früchten, auch eine Weintraube befindet, pliniu' leget dem Wein dieser Insel, nach dem Zeugnis des Erasistracus, eines der größten Aerzte des Alterthums/ ein großes iob bey. Cbcn dieser Schriftsteller und Isidorus reden von dem Jaspis zu Lesbos. Wir hatten aber nicht Zeit, ihn zu sehen, so wenig als die Fichtcnbäumc, welche ziemlich viel schwarzes, oder Schiffpech geben, und aus deren Dielen die kleinen Fahrzeuge gcbauer werden. Wir mußten unsern Capitain in dem Hafen von perra bezahlen; eben deswegen getraueteu wir uns nicht, solchen zu verlassen, aus Furcht, er mochte absegeln, und uns sitzen lassen. Die türkischen Schifs, capitains lassen sich voraus bezahlen, und bekümmern sich nachgchcnds nicht mehr um die Passagiers. Pe-rra ist ein schlechtes Dorf, wo wir kein anderes Vcr, gnügcn hatten, als daß wir bey einem Türken Caffee tranken, welcher lange Zeit zu Marseille ein Sclave gewesen war, und der uns von den Hafen der Insel Nachricht gab, nemlich von dem zu Castro, oder dem alten Myrilene, von dem Hafen Olivier, Ca-loni und Sigre. Derselbe sagte uns, daß auf der Insel verschiedene Türken unter den griechischen Christen wohncten. Der Cadi und der Ianitscharen Aga wohnen zu Castro, so wie auch der Vice Consul von Frankreich, welcher von dem Consul von Smyrna abgeschickt wird. Castro ist nicht der einzige Hafen auf der Insel. Iero, so den Franzosen unter dem H s Na« 122 ->V(,G A Oe/P- Namen dcs Hafens Olivier bekannt/ und dessen Einfuhrt zwischen Ost und Südost ist, wird für einen der größten und schönsten Hafen auf dem mittelländischen Mccrc gehalten. Die beyden andern Häfen sind Caloni a) und Sigre 6). Caloni ist unter beyden der beste, und liegt gegen Mittag; und die Einfuhrt von dem Haftn Sigre ist zwischen Mittag und Südwcst. Dcr Canal von Lesbos zu dem festen tande, lst nach dcm Srrabo und plinms sieben und. eine halbe Mcile lang. Er ist bey seinem Eingang viel breiter, wo die Inseln Mosconist c) sind, welche auf der Scitc der alten Stadt phocaea hin liegen. Einige Einwohner dieser Stadt, so das persische Joch nicht ertragen konnten, verfügten sich auf die Küste Per Provence und bauetcn Marseille. Wir gicngen den 2ssten Merz w dcm Hafen von Petra eine Stunde nach Mitternacht unter Segel, und mit Anbruch deS Tages sahen wir schon die Insel Tenedos. Nach dcm Scrabo sind beyde Inseln zwey und scchszig Meilen/ und nach dem plinius sechs und fünfzig Meilen von einander entfernet. Insgemein aber rechnet man von der einem zur andcry sechzig Meilen. Cene- a) KjxAtvtf, apud Cantacuz, 1.2, c. 30. fr) 3>ty$t9i/. Strabo. $) hxxiov yqroi %xi hiroTku» »fan, Exetjtg yotq » Ji7T67kai>. Strabo /.13. Iah, is. 's* Die Jnset Tenedos. Tmedos a) hat seit dem trojanischen Kriege seinen Namen nicht verändert. Dic alten Schriftsteller stimmen insgesamt darinnen mit einander übers ein, daß dicsc Insel, die ehchin Leucophris hieß, von dem Tcncs oder Tennes, der eine Colonic dahin gebracht, den Namen Teucdos bekommen habe. Diodorus von Sicilicn /») redet von dieser Insel, als ein wahrer Geschichtschreiber. Tennes, sagt er, war ein, wegen seiner Tugend berühmter Mann. Er war ein Sohn des Cycnus, des Königs zu Colonia in Croas. Nachdem derselbe eine Stadt auf der Insel L,eucopl)rls erbauet, gab er ihr den Namen Tencdoy. Dieser Fürst wurde, so lange er lebte/ von seinen Unterthanen auf das zärtlichste gcliebcl/ und nach seinem Tode angebetet. Denn man bauete ihm Tempel und Altare. Diodorus verwirft dasjenige, was die Einwohner von Ccnedos zu seiner Zcit vorgaben, als eine Erdichtung; paustmias aber und Smda?, erzählen es in einem sehr ernsthaften Ton. Man sagt also, Tennes sey ein Sohn des Cys c,iU5 und dcr proclea, der Schwester des Calecor gewesen, der von dcm Aiar zu der Zeit gelobtet worden, als er die Schiffe tos Prorestlaus verbrennen wollen. Nach dcm Tod der proclea heurathete. Cncntts die philomene, die also des Tennes und seiner Schwester Hemichea Stiefmutter wurde. Die a) TENEDOS. t) B'Mwtb* biß. I. y. ,24 ^D A O^" Die Geschichte setzet hinzu, daß diese Stiefmutter so viele Reitze, und doch so wenig Neigung zur Gegenliebe bey dem Tennes angetroffen habe/ daß sie sich bey ihrem Gemahl beklagte / als habe er sie schänden wol« len. Srephanus von Vyzanz meldet/ daß sie einen Flottenspleler an ihrem Hofe als einen Zeugen davon aufgestellet habe. Cycnus, der theils über die Tugend seiner Gemahlin erfreuet, theils über die Verwegen, helt seines Sohnes erzürnt war, ließ ihn in eine Küste sperren, in welcher ihm seine Schwester Hemichea Gesellschaft leisten wollte. Man warf sie in das Meer, das sie an das Ufer der Insel sühne, von welcher wir eben reden. Diese beyden liebenswürdi« gen Personen wurden daselbst mit solcher Freude aufgenommen, daß man den tzenneo zum König machte. Einige Zeit darauf wollte Cycnus, nachdem er von der Unschuld seines Sohnes überzeugt worden war, nach Tenedos kommen, um ihm seine Reue zu bezeugen. Allein Cennes, weit entfernet ihn aufzu. nehmen, verfügte sich in den Hafen, wo er mit einey Art das Seil, womit das Schlf seines Vaters an das tand angeleget worden, abgekapt. Diese Axt gieng nicht verlohren. periclycus, ein Burger von Tenedos, ließ solche nach Delphi, in den Tempel des Apollo bringen, und die Tenedier stifteten zwo Aerte in den Tempel ihrer Stadt. Diese Begebenheiten machten großes Aufsehen, und gaben Gelegenheit zu zwey Sprüchwörtern. Wenn man jemand einen falschen Zeugen nennen wollte, so hieß man ihn einen Flörrenspieler von Cene- ^.enedös a'); und wenn man von einer Sache reden tvollte, die auf der Stelle müßte entschieden werden, so machte man eine Anspielung auf die Ast zu Cene-dos/»). Aristoteles, den Srephanus von Byzanz anführet/ giebt der Sache eine andere Wendung. Cr sagt/ ein König zu Cenedos habe eln Gesetz ge, macht/ vermöge dessen/ einem Ehebrecher der Kopf mit einer Art sollte abgeschlagen werden, und diese Strafe sey das erstemal an seinem eigenen Sohne vollzogen worden. Dieser Eroebeschreiber versichert/ daß man auf den Münzen der Insel/ die Köpfe zweyer rücklings nebeneinander gestellten liebenden / auf der Kehrseite aber die Art vorgestellet habe, womit ihnen die Köpfe waren abgeschlagen worden. (Volziuv hat eine ahnliche Münze abbilden laffcn. Man tonnte sie nach der Bemerkung des Ocephanus erklären. Allein d!c Vermuthung des Herrn de Boze c) ist weit glücklicher und viel natürlicher. Dieser Gelehrte halt die beyden Köpfe, für die Köpft des Cennes und seiner Schwester Hemirhea. Seine Meinung wird durch eine andere Münze in dem Cabinet deS Herrn Vaudelor bestattiget/ auf welcher beyde Köpfe eine Art eines Diadems haben. Herr Baudeloc, der sehr fruchtbar an Muth-massungen ist/ glaubt, daß der eine von diesen Köpfen ein 4) Ttrthfg dvktftit, Stepban, is) Ttreiftf Tlihixvf. Said. Uid. O Dislcrt, fur le Janui des anciens. 126 "-V^M A E^ cin Jupiters Kopf, und der andere von einer Amä-zonin sey, die zur Zeit, da diese Heldinnen noch ihre irrende Ritterschaft übten, auf dcr Insel Tcnedos eine Stadt angelegt hat. Diese Meinung ist nicht ohne alle Wahrscheinlichkeit, und vielleicht wollten die Einwohner dieser Insel das Angedenken davon auf ihren Münzen erhalten, wie solches die Einwohner von Smyrna, von Ephesus und von mehreren andern Städten in Asien gethan haben. Die Art, welche sich auf dcr Kehrseite dieser Münzen befindet, giebt dcr Meinung des Herrn Baudeloc einen sehr großen Schein. Denn jederman siehet dieses zwey, schneidige Instrument gleichsam für das Sinnbild dcr Amazonen an. Andern Theils hat man geglaubt, daß dieses eben dasjenige Werkzeug sey/ womit man die Missethäter auf der Insel Tenedos hinzurichten pfiegtc. Wenn man von einem unbarmherzigen Rich, ter redete, so sagte man, wie Suidas meldet, die, ser ist ein Advocae von Tenedos a). Die Aerte waren auf dieser Insel ein so gebrauchliches Infirm mcnt, daß hinter dem Richter allezeit ein Gerichts« diener mit einer Art stehen mußte, der sogleich bey der Hand war, um einem iügner, oder falschen Zeu, gen eines damit zu versetzen. Der König selbst übte bisweilen in eigener Person diese strenge Gerechtigkeit aus. Nichts a) Tiršfoeg %vt>fjyi>$»g* Tegeiitf avfyuwef. Said» 127 Nichts hat diese Insel in dem Alterthum so berühmt gemacht, al? die Belagerung von Croja. Vlrgll a) sagt, daß Tcncdos vor dem Angesicht dieser mächtigen Stadt gelegen gewesen sey, und vermuthet, daß die Griechen, welche sich gestcllct, als ob sie die Belagerung aufheben wollten, sich in einem Hafen dieser Insel versteckt hatten. Sie hatte nach der Zerstörung von Troja ein trauriges Schicksal, und sah sich, wie Tansanias bemerket, gcnöthigct, sich ihren Nachbarn zu ergeben, welche die Stadt Alexandria auf die Ruinen von Troja erbauet hatten. Diese Insel war eine von den ersten Eroberungen der Perser, welche nach der Niederlage der Io-nier auf der Insel lada, der Stadt Milec gerade grgcn über, sich der Inseln Scio, Lesbos und Tenedos bemächtigten. Sie kam unter die Both-Mäßigkeit der Athemenscr, oder sie schlug sich wenig-siens zur Parthey derselben, wider die taccdämonier/ wassen Nicolochus/ welcher unter dem Antalcidas, dem Admiral der iaccdamonicr diente, diese Insel plünderte, und dieselbe der Wachsamkeit der arhe-niensischen Feldherren, die sich zu Samothracien und zu Thajfts befanden, ungeachtet, in Contribution settle. Vielleicht war diesctz die Ursache, warum die Einwohner von Tenedos eine Nachtculc auf ihre Mün- a) Est in conspestu Tenedos notisllma famS, Insula dives opum, Priami dum regna manebant. Virgil% h) Herod, 1.6. Xtnnpb. Hciltn, 5. Münzen prägen ließen, wie solches auf der Münze des Herrn Baudelor zu sehen ist. Denn die Nachteule war das Sinnbild der Athcnienser. Die Römer eroberten zu ihrer Zeit auch Te< nedos, und Verres plünderte den Tempel dieser Stadt. Dieser Gottlose machte es demselben eben so, wie den Tempeln zu Scio, zu Erytdräa, zu Halicarnassuo, und zu Delos. Er nahm die Bild. säule des Cennes, des Stifters der Stadt, mit hinweg, und Cicero a) bemerket, daß die ganze Stadt darüber in eine große Bestürzung gerathen sey. Eben dieser Schriftsteller redet an verschiede, nen Orten von dem großen Sieg, den Llicullus zu Cenedos über den Mirhridares und über die Feldherren, welche Serronus zu seiner Arme gezogen, erfochten hat. ' Cenedos hatte unter den römischen und unter den griechischen Kayscrn, mit den andern Inseln ein gleiches Schicksal. Die Türken bemächtigten sich derselben frühzeitig, und besitzen sie noch heutiges Tages. Sie wurde im Jahr 1656 von d?n Vcne-tianern erobert; die Türken aber nahmen ihnen solche gleich darauf wiederum ab. Nach dem Srrabo hat diese Insel achtzig Sta, dien, das ist, zehen Meilen, im Umfang. Derselbe aber betragt wohl achtzehen Meilen, und sie würde ziemlich a) Cic. fro legt Alanl, pro Alur. fro Arch, potta. ziemlich rund seyn, wo sie sich nicht gegen Südost etwas iu die tauge ausdehnte. Dieser Schriftsteller setzet die Distanz des festen iandes auf cilf Stadien, welche i?7s Schritte ausmachen, ungeachtet mat gegen sechs Meilen rechnet, pw'ins hat viel besser davon gcurtheilet. Dmn er setzet sie zwölf und eine halbe Meile von dem alten ^ig<5a, so auf dem Ianitscharcn Cap lieget. Von ii.lsbog nach Cene-dos rechnet er fünfzig Mcllcn. Srrabo meldet weiter nichts von dieser Insel, als daß daselbst eine Stadt, zween 5^äfcn und ein dem Smmrliischcn Apollo gewidmeter Tempel gewesen sey. Wer sollte wohl glauben, daß Apollo dielen Zunamen von den Hamstern bekommen habe! Indessen hat man sie doch auf den Mmizen der Insel abgebildet und die Cretcnscr, Trojaner und Aeolier nannten sie 2^«H-,. Aeli.m erzählet, daß sie so große Verwüstungen auf den Feldern dcr Trojaner und Aco-lier angerichtet, daß man sich genöthiget gesehen, zu dem Oracul zu Delphi seine Zuflucht zu nehmen. Die Alilw^rt war, daß sie davon bcfrcyet werden würden, wenn sie dem Smmthischen Apollo ein Opfer brachten. Wir haben zwo Münzen wct des Herrn Baudclct befindet. Man siehet ncl'cn der Axt mit zwo Schneiden, (wclchc wie die Flügel cincr Windmühle gemacht sind, anstatt daß sie auf andern Münzen dieser Insel zugcnmdet sind, wie die Schncidcn dcr Aertc dcr Amazonen.) Man siehet, sage ich, ncbcn dieser berühmten Art, eine Weinrebe, die mit einer schonen Traube gezierct ist, welches dm Ucbcrfiuß dieser Frucht auf dcr Ivscl Ccnedos anzeiget. Wir segelten den 26stcn Mcrz ganz nahe an lxn Kauinchcuinscln a) vorbey, die den Alten unter I 2 dem ä) Isles aux Maures- lZ2 ^W ^ M.)5> dem Namen der Calydmscken Inseln bekannt wa-rcn. Sic sind gegenwärtig öde. Da das Meer sehr ruhig war, und folglich unscr Schiff nicht schwankt?, so konnte Kcrr Audrier die Stadt Tencdos sehr be. qucm abzeichnen. Ich füge dicftr Zeichnung einen sehr genauen Plan von der ganzen Insel bey, der mir nach meiner Zurückkunft zu Handen gekommen ist. Ebe wir den Archipelagus verlassen, muß ich noch dasjenige erzählen, was wir zu Mycom, von der Insel Nicaria, durch cöien dasigcn Papas erfah, ren haben, welcher von den Paleologuen abstammen wollte, ungeachtet er nicht einmal Schuhe an den Füßen hatte, und in der äussersten Dürftigkeit lebte. Wir versuchten zwcymal nach Nicaria zu kommen; ollcin die Witterung wollte eS durchaus nicht zulassen. Die Insel Nicaria a) hat scchszig Meilen im Umfang, und erstreckt sich von der Spitze, die Papa /') heißt, so gegen Mycone zu liegt, bis an die Spike Fanar c), dem Cap Carabare, auf dcrInscl S^mos gerade gegenüber. Nach dem Srrabo hac iTlicaria nur drcyhundert Stadien im Umfang, die nicht mchr als sieben und dreyßig und eine halbe Mcile ausmachen. Wie er rechnet, sind beyde Cap nur achtzig Stadien, oder zehen Meilen von einander ent- S7?tcaria. b) Ax^^tstf fyttHttviv. Strato, •zJ^stL . POUJ. 132. TEN E DOS.; -.K, O^- 133 entfernet. Indessen ist dcr große BouZas, oder der Canal, welcher zwischen Samos und Nicaria liegt, achtzchcn Meilen breit. ^TIicaria 6) ist schr schmal, und der länge nach von einer Kette von Bergen mit einem Eselsrückcn durchschnitten; und daher hat sie chchin die lange und schmale Insel gchciffen. Diese Berge sind mit Waldungen bedcckt, und verschaffen der ganzen Insel ihre Quellen. Dic Einwohner leben blos von dcr Han, dklschaft, welche sie mit den Fichtendielen, mit den Eichen und mit dem Bau- und Brennholz treiben, das sie nach Scio, oder nach Scalanova schaffen. Diese armen Nicarier sind daher auch sielend, daß sie betteln, so bald sie sich ansscrhalb ihrer Insel befinden. Indcffen ist dieses ihre eigene Schuld, indem sic glücklich seyn konnten, wenn sie solche nur anbauen wollten. Sie baucn wemi Weihen, ziem, lich vicl Gerste, Feigen, Honig und Wachs. Ausserdem sind sic einfältige, grobe Menschen und halbe Wilde. Sie machen nicht mehr Brod als sie zu jeder Mahlzeit brauchen. Dicscs Brod aber bestehet blos aus Aschcnkuchcn von groben Mehl ohne Sauerteig, die sie halb auf einem stachen sehr heißen Stein backen. Wenn die Fran des Hauses schwanger ist, so nimmt sie von diesen Kuchen zween Theile, einen für sich, und den andern für ihr Kind. Eben diese Höflichkeit erweisen sie auch den Frcmdcn. I 3 Diese a) Antea vocara Douche ct Macris. Plin. ihi\ '34 . "^M ^j O^P- Diese Inscl ist niemals stark bevölkert gewesen. Scrabo rcdct davon, als von einem ncuanqcbauccn iandc, dessen Viehweiden den Samicrn wohl zu stat, ten kamen. Man glaubt nicht/ daß daselbst gegen-wartig viel über tausend Scelcn wohnen. Jede von den beyden Hauptstädten bestehet ungefähr aus hundert Häusern, die eine heißt Massena a>, und die andere perama»c />). Die Dörfer sind Aramsa c'», wo nur vier Hauser stehen. Und dieses ist eben nichts aufferordcntlichcs. Denn zu ploumcna ii) sind nur drey, zu N ae) ;wcy, zu p^dikis/) bey Fc-.mn vier, zu (l)xc> L) fnnf, und zu L^'-.gad^ ö) seä)S. Alles heißt auf dieser Insel ein Dorf, wo mehr, als ein Haus stehet. Nicmia hat seinen Namen nicht verändert. Diese Insel heißt noch immer Icaria, wie ehehin. Allein die Franken, welche kein Griechisch verstehen, sprechen die meisten Namen falsch aus. Es ist eine bc< kannte Sache, daß sie ihren Namen von dem Icanw/), dem ti) Ma geheißen hat a), und Callimachus macht sich kein Bedenken, zu behaupten, daß der Diana unter allen Inseln keine so angenehm gewesen sey, als diese. Gol-zius b hat eineMünzc abbilden lassen, wo auf der einem Seite die Diana als eine Iägerin, und auf der andern Seite, eine Person auf einem Stier vorgestellt ist, so die Europa bedeuten könnte. Allein nach des Nonius Vermuthung, ist dieses vielmehr die ncmlichc Diana, und der Stier ist ein Sinnbild der fetten Viehweiden auf dieser Insel und des Schutzes dieser Göttin. Diese Münze ist auf dcr Insel Nicaria geschlagen worden, nicht aber auf einer «ndcrn Insel, gleiches Namms, in dem persische« Meerbusen. Dionysius von Alerandria c) behau-pct, daß man dem Apollo Camopokw in dcr, in dem persischen Meerbusen liegenden Insel geopfert habe. E^stathius, sein Commentator, sagt weiter nichts, als daß diese Insel sehr berühmt gewcsi-n scy. Doch sttzct er hinzu, daß man dcn tauropolischen Apollo und die Diana gleiches Namens auf dcr Insel ^caria, in dem agcischcn Meere sehr hoch verehret habe, woraus abzunehmen ist, daß diese Gottheiten bey dcn Einwohnern beyder Inseln in sehr großem Ansehen müssen gestanden seyn. Tamopolus bedeutet ?uot> it> 7>/ K^'fl-*, Sttabo,\ h) IKAPIstN. O Vers. 608. &c. an diesem Orte so viel als ein Beschützer der Stiere, und keineswegs einen Kaufmann, so wie der Name scheint zu erkennen zu geben. Cs würde sehr über« fiüß) oder Fanari auf Vtic^ricn ist ein alter Thurm, welcher chehin als ein icuchtthumi gebraucht wurde, um den schissen zwischen dieser Insel und dcrInscl Samos den Weg zu zeigen. Denn dieser Canal ist gcfähr, lich, wenn die See hoch ist, ungeachtet er achtzehcn Meilen breit ist. Der Canal von Nicaria nach t17> cone ist beynahe vierzig Meilen breit, und man muß mehr als scchszig Meilen machen / wenn man von einem Hafen zum andern kommen will. Die Her- a) Liv. lib. 44, /0 +«va$>r. ^'nc ?afcrttf. Herren Fermanel und Thevenoc haben sich in Ansehung dcr Insel tTlicaria betrogen/ indem sie dieselbe für Nllaro gehalten haben, woselbst die berühmtesten Schwimmer auf dem Archipelagus sind. Die Einwohner von Nicsria sind arme lcute, wel< che sich blos mit Fällung ihres Holzes beschäftigen. Sie haben weder einen Caol noch einen Türken bey sich. Zween Verwalter, welche jährlich sind, besorgen alle ihre Angelegenheiten. Im Jahr 1700 bezahlten sie fünfhundert und fünf und zwanzig Thaler Kopfsteuer, und hundert und dreyßig Thaler Vermögenssteuer, und für die Erlaubniß, ihr Holz ausserhalb dcr Insel verkaufen zu dörftn. ^ Man hat zu r^icaria keine andere, als Handmühlcn, die die man von Milo oder von Argenciere kommen laßt. Die von Milo aber sind die besten. Diese Mühlen bestehen aus zween stachen und runden Steinen, die ungefähr zween Schuh im Durchmesser haben. Diese Steine werden vermittelst eines Sta, beS/ der die Stelle der Kürbo (maniveUe) vertritt, aufeinander herumgerollct. Das Getraid fällt auf den untern Stein durch ein loch, das in der Mitte des obern Mühlsteins ist, der durch seine im Kreis herumgehende Bewegung dasselbe auf dem untern Stein ausbreitet, auf welchen es zcrstosscn und in Mehl verwandelt wird. Dieses Mehl fällt über dem Rand dcr Steine hinaus, auf ein Bret, auf dem malr es zusammenkehret. DaS davon gebackene Brod h«t einen viel bessern Geschmack, als dasje- nijc, nige/ das aus einem solchen Mehl gemacht wird, das auf Wind? oder Wassermühlen ist gemahlen worden. Diese Handmühlen kosten nicht mehr als «inen/ oder anderhalbe Thaler. Ich habe die Ehre, «. s. w. Zehen? 142 Zehenter Brief. Beschreibung der Inseln Samos, Patmos, 'Fournl und Skyros. Gnadiger Herr! ^ Imw der Beschreibung des Archipelagus fortzu. ^H fahren, werde ich die Ehre habcn hicr sogleich von Samos, parmos und Sk>rcs zu rcdcn, yh wir gleich diese Inseln erst nach unserer Zmückkunft von Anacolicn besucht habcn. Wir fuhren den 2 ssicn Icnncr 1702 von <^, lanova nack/Samos a) auf der Tartanc de) wird, wie eben dieser Schriftsteller sagt, von drm Cap Nepcunus c) und von dem Berg N7ycale ^i) eingeschlossen, welcher Asien gerade gegen übcr liegt. Dieser Berg, welcher der höchste auf der Küste, und in zween Gipfel abgetheilt ist, befindet sich noch in eben dem Zustande, wie ihn Srrado beschrieben hat. Derselbe ist nämlich sehr bequem zur Jagd, hat viele Waldungen und auch viel Wild. Man nennet ihn den Berg Samson, wegen eines nicht weit davon entfernten Dorfes dieses Namens, das allcm Ansehen nach auf die Ruinen der alten Stadt pricnc e) gcbauct worden ist, woselbst Bias, einer von den sieben Weisen Gricchcnlandcs gcbohren wurde. Die Räuber, welche Bandcnwcis auf dieser Küste herumstrichen, hinderten uns, diesen Ort ge, naucr s. Herod. L. i. Strato /.8. c) Kqvihi» n y\u^t}%(g. Strab. reu geogr. L 14. königlichen Cabinet ist eine Münze von dem Commo-dus/ auf deren Kehrseite Ncpnmus und Jupiter zu sehen sind/ mit der legende 2äNiQ>i. Der große Boghas llegt auf der südwestlichen Seite der Insel, zwischen der gegen Abend liegenden Spitze, die das Cap Samos gcl.ennct wird 6), und dcr großen Insel Fourni. Diese Meerenge ist acht Meilen breit, und ist nur zehen Mcilcn von Nicai lia elttscrnct; so rechnet man auch von Samos nach Nicaria nur achtzehcn Meilen von Cap zu Cap. Alle Schiffe, welche vonConsianlinopel nachSnrien segele, music»/ wenn sie zu «^cio Halte gemacht, eine i'ou diesen Meerengen vaßiren. Eben das müssen auch diejenigen lhun/ die von Egyptcn nach Constan« tiuopel gehen. Sie treffen daselbst gute Hafcn an/ und ihre Reise würde sehr lange dauern, wenn sie gegen N1«)conc lmd g'gen ^axia zu fahren wollten. Solchergestalt sind diese Boghas recht bequeme Orte für t>ie Corsareu, zu erfahren, was für Schiffe paßircn. Ungeachtet man nur fünf und zwanzig Meilen von Scv.l?.nova nach ^amos rechnet, so nöthigte uns doch die Windstille hiuter cmcm kleinen Fels, Namens plv.scmsl />), dcr nicht wcit von dem kleinen Boghas entfernet ist, einzulaufen. Wir landeten a) KjutSapw, Strabo 1.14. />) YlpJirpvtfrt, C^rnef.Reis.IICH. K ^46 - "^M A O«)S- ten den dreyßigsicn Zcnner, und kamen in dritthal, bcu Stunden zu Naci an, so ein kleines Dorf ist, das auf der nördlichen Seite der Insel, an dem Ab, hang eines Berges, ungefähr eine Meile von dem Hafen liegt. In diesem Dorf oder Flecken stchcn nicht viel über drcyhundert Hauser, ncbsi fünf bis scchs Capellcn. Die einen sowohl als die andern sind sehr schlecht gcbauct, ungeachtet dieser Ort einer von den beträchtlichsten auf der Insel ist. Die Dörfer auf der mittägigen Seite sind Co. ra il), so in der gemeinen griechischen Sprache, eine Sradt bedeutet/ und doch stehen daselbst nicht mehr als ungefähr sechohundert Häuser, und von diesen sind dic meisten leer, seit dem das land von den, Morcsini, dem General der vcnctianischcn Armee verheeret worden ist. Diejenigen, welche man noch bewohnet, cnoiqcn sich mit Terrassen, wo die Schtvei. ne und die Ziegen ihre Nahrung zu suchen pfiegcn. Cora liegt bey dem Eingang eines kleinen Thales, zwischen den Bergen, zwo Meilen von dem Meer, und ganz nahe bey den Ruinen der alten Stadt ^?amos, wie solches aus der Folge erhellen wird. Die tuft ist heut zu Tage wegen der Wasser, die 1>l;t auf dcr Ebene stchcn bleiben, ehehin aber in das Meer liefen, sehr ungesund. Indessen ist das iand sehr schön und fruchtbar. Man wassert mit diesen Wassern die Felder/ die Oelbäume und die Pomeranzen« a) Xu^ec. zenbaume. Eine Meile von Cora liegt ein kleines Dorf, Namens Mlles a), oder die Mühlen; daran kommt Bai?on0a /, , so eine Meile von dem Meer liegt. Die andern Dörfer gegen Mittag sind Neo? colw c), zwo Meilen von der Küste, Gucitam ^X drey Meilen, Mararrocampo e) in gleicher Entfernung, ^spreo/) fünf Meilen, Spacarei ^) auf dem Cap Colonnc; und nicht weit davon Surrca/?). palcocastlo/) liegt auf der nordlichen Küste, zwo Meilen von dem Meere; vom lores K) liegt in gleicher Entfernung, Fourni drey Meilen, Carlo-vasjl /) eine Meile davon. Castania m) liegt an dem Fuß des Berges Catabate, so wie auch Alba-Nitlcorio »). Zu diesen Ffccken gehöret noch plara-NH o), so der schönste unter allen ist, Pyrgos/») und K 2 60"" d^ Tufas*". t) 2-uptxa. k) Ttu'Ko'Jts. Commarea a) so gegen die Mitte der Insel zu liegen. Diese Insel ist über und über bergicht, und > daher hat sic auch dcn Namen Samos bekommen. Dcnn nach dem Constanrinuo Porphyrogenecus neunten die altcn Griechen sehr hohe Ocrtcr Samos. Auffcr der Ebene ^u tora ist keine angenehme Ge-gcnd auf der Inscl. Die große Kette von Bergen, welche mitten durch die Insel, der lange derselben nach, hinläuft, hieß Ampclos 6). Dcr gegen Abend licqcnde Theil derselben/ welcher, bis in daö Meer an der Seite von Nicaria gehet, hat den ncmlichen Namen behalten. Er hieß auch sonst Canrhanum c) und Eercereus//). Es.ist dieses eben dcr fürchtcr, l cbe Fels, welcher das Cap von Samos macht. Die Griechen nennen ihn roch immer Aerki, welcher Name noch einige Aehnlichkeit von Cerccreus bat. Sie nennen ihn auch Catadare e), welches Wort so viel, als einen gähen Ort (precipice) bedeutet. . „____________________________ 3u c) Kewd*f>if>. Strtb. /♦ 14» d) T« spit * Ktpxeievf. Strah. I. ro. e) K*7a0*7if. i2in <5«t>irg mit &*>** Q>vten, mon-tagne des precipices. Ketfaßicivu i$ fleiQ€ Jjrvab, &ie{t# SBort f«nn «U bcc Conner oftcr« bafdbfl einschlagt. Ka'Jaß^^ zris iretpu rl ttasjetßtß»(tip 7** **f*v»9». Suid lul. Vollux lib. i. c. i. Liban. legat. ad lulian. Pa/fan. Eliac. prior. Pharnutui in Iovis cognominibm reben ton einem fjtopifec Kc^atßaJ^f, Zu der Zeit/ da Griechenlands Zustand noch blühend war, war diese Insel sehr volkreich und wohl angebaut. Man findet noch zu höchst auf den Bcr-gen lange Mauern, die man gebauct hatte, um den Boden daselbst zu befestigen. Nach meiner Mcinm'g können gegenwärtig auf Samos nicht viel übcr zwölf-^ tausend Menschen wohnen, die sich insgesamt zur grie, chischrn Kirche bekennen. Man sindet hier nur drey türkische Hauser. Das eine gehört dem Cadi, das andere dcm Aga, die beyde zu Cora wohnen, und das dritte einem Abgeordneten des Aga, welcher zu Carlovaßi oder zu Vati wohnet, wo sich auch der französische Consul aufzuhalten pficgct. Dcr Aga ist eigentlich nichts anders als cinWoiwodc, dey abgeschickt war, die Vermögenssteuer einzufordern. ' Alle Jahre erwählt man w jedem Flecken elnen, such zween Verwalter, (^clmimttrateui-). Zu Co, ra aber, zu Vati und zu Carlovajii, werden zwc.n Papas und vier ansehnliche Burger, wenn man anders cmige habcn kann, dazu erwählet, außerdem nimmt man die Eigenthümer der Caiken oder Bauern dazu. Die Papas selbst sind nichts anders als Bauern, die das einzige Verdienst, daß sie die Messe auswendig gelernct haben, in den geistlichen Stand erhoben hat. Ihrer sind mehr, als zwcyhundert, und die Anzahl dcr Caloyers ist noch weit größer. Solchergestalt sind die Geistlichen, die Herren der Insel. Sie be< filzen auf derselben sieben Klöster, nemlich: K 3 Norr? Notre Dame de la Ceinrüre. N«F«)/^7^^ None Dame du Connere. N«,«^^ Lß,„5«. La grande Nocre 5>an«. N»-«Z,/5 /"«x«^. ^.r Couvenr de la Croir. 37acl,esL. Saint ) &%vyjV(A ^j EF> im ieibe, und einen gefährlichen Durchfall. Wir be, kamen dic Pftan^c, von dcr man es bekommt, nicht zu sehen / weil dieselbe erst zu Ende des Mcrzmonats, oder zu Anfang des Aprils hcrfür kommt. Man zeigte uns, anstatt dcr Pftan^e des Scamonii, die jungen Triebe eitter Art einer Winde a), deren Blätter m!t unsrer kleinen Winde ibrcn so ziemlich über. ein kommen, aber dieselben sind viel größer, haariger, und nickt so eigentlich an 'hrcrBass ausgeschnitten, als die Blatter des syrischen Scamonii. Das Scamonium zu Samos stimmt vollkommen mit dcr Beschreibung übcrein, welche D'cscoridcs davon gemacht hat. Es wachst solches in den Ebenen von Nivsicn,' zwischen dem Berg Olvmpus und dem Berg Sipsli. Es ist aber sonderbar, daß man zu den Zeiten des Dioscorides den Saft dieser Art, dem Saft des Scamonii von Iudaa, so mit dem syrischen Scamonio einerley ist, vorgezogen hat. Denn die Erfahrung hat uns belehrt, daß das Scamonium von Mysien oder Smyrna nicht zu gebrauchen sey/ und daß man sich bloß an das von Aleppo oder Syrien halten müsse. Das Scamonium von Samos und von Scalanova wird in Anarolien consummirt. Man zahlt dafür keinen Zoll/ und selten wird dasselbe weiter verführt. Die Alten haben die Fruchtbarkeit der Insel Samos bewundert. Nach dem Bericht des Orra- f1; Convolvulus minor, arvcnsis. C. B. P. rJab. gg.. - V-tt.sws- JJr j Franco/in. oder^Haselhuhn. Strabo a) war hier alles vortrefilch, nur der Wein nicht. Vermuthlich aber hat er keinen Muscaten» wein von dieser Insel ssekostet, und vielleicht gab es damals noch gar keinen daselbst. Athenäus ö) b«5 richtet nach dem Aerhlius, daß die Feigenbäume, die Aepfelbäume, die Rosenstöcke und selbst die Wein-stocke zu Samos des Jahres zweymal getragen ha« ben. plmlus c) redet von Granatäpfeln dieser Insel/ von denen die einen rothe/ und die andern weiße Körner hatten. Die Insel hat heut zu Tage viel Wild/ Rebhühner/ Schnepfen/ Krammetsvogel, wilde Tauben/ Turteltauben, Fcigendroseln. Das zahme Geflügel ist hier vortreftich. Die Haselhühner (k>2nco1m5) sind hier nicht gemein / und verlassen die Sccküste zwischen dem kleinen VoghaS und Cora, bey einem morastigen Snmpf nicht/ den wir auf unserer Charte angezeigt haben. Man nennet sie Wiesen-rebhühncr ^). Kaninchen giebt es auf dcr Insel Samos nicht, aber viele Haasen, wilde Schweine, wilde Zieqcn und einige .Hirschkühe. Man findet bler große Vichheerden/ doch werden mehr Ziegen als Schaafe gezogen. Die Franzosen befrachten hier alle ^) "On (d-ay yoihs* %tsjccrtginv urn) l/livctviqog t Is) zu Samos a), wozu man ohne Zweifel die Crde um Savonda gebrauchte. Nach dem Bericht des Aul. Gelln,s ö) waren die Samier die Erfinder der To-pfergcschirre. Allein heut zu Tage giebt sich niemand mehr damit ab, sondern man bedienet sich zum Gebrauch ocs Fayance von Ancona. Die Kruge c) in denen sie den Brandewein und den Wein aufheben/ kommen von Scio. Wollte man sich einige Mühe geben, so würde es nicht schwer halten zu Samos jene beyde Arten weißer Erde "^M ^l G^3> giebt ordentlicher Welse eine blasse Farbe. Man findet um Carlovajsi eine sehr schwarze und sehr feine Erde/ die aber ohne allen Geschmack ist und nichtS vitriolartiges an sich zu haben scheint, als da, rinnen, daß man sie brauchen kann, den Nahfaden damit schwarz zu färben. Alle Gebirge der Insel bestehen aus weißen Marmor. Auf dem Wcg nach vari bey dem kleinen Boghas, ist eine ziemlich schöne Säule, die noch an ihrem Steinbruch befestiget ist. Man hat mir gcsa^s, daß es auf der Seile von plarano schönen Jaspis gegeben habe. Diese Gebirge sind ziemlich frisch, voller Quellen, stark mit Waldungen besetzt und sehr angenehm. Die beträchtlichsten Bache sind der Bach Nierelinus, und derjenige, der jenseit den Ruinen ? des Tempels der Juno stießet. 'Der Hafen von Vati, welcher gegen Nordwcst liegt, ist der beste auf der Insel. Man leget sich daselbst rechter Hand, in einer Art von Bucht vor Anker, die durch einen Hügel gebildet wird, der wie ein Haken in die Höhe steiget. Dieser Hafen, welcher eine ganze Flotte beherbergen kann, war Ursachr, daß daselbst eine Stadt erbauet wurde, deren Ruinen sich sehr weit zu erstrecken scheinen, aber ohne Pracht sind. Man hat diese Stadt schon lange verlassen, und sich auf das Gebirge begeben, um sich vor den Corsaren in Sicherheit zu setzen. Wenn man um die Insel herumkommen will, und von diesem Hafen, gegen Westen segelt, kommt man auf den Strand von Carlovassi, ft nur für Caiquen oder große zroße Fahrzeuge tauglich ist, die man aber an das tand ziehen muß. Dcr Hafen Seiran a) liegt eine Meile von Carlovafsi. Es ist dieses aber der schlechteste Hafen auf dcr Insel, und der Nordwind macht, daß daselbst die meisten Schiffe stranden. Jenseit Sciran endiget sich die Insel mit dem Ge, birge Carabari />), so das Cap von ^?amos macht, und das Cap bildet eine von den Küsten des großen Boghas. Wenn ein Sturm zu befürchten ist, muß ma;l sich in die Hafen dcr Inseln Fourni rechter Hand begeben. Wenn man das Cap hon Samos besegelt hat, kommt man zu dem Strande von N7a-rarrocampo. Sodann kommt man zwischen der Insel Samapoula c) und zwischen den. Cap Colonne vorbey, so wegen des dcr Juno gewidmeten, und nicht weit davon entfernten Tempels, das Cap Juno gcnenllet wird ^). Von diesem Cap kommt man in einen für dic Reisenden ziemlich bequemen Hafen, der aber dem Südostwind (3iioc) gar zu sehr ausgesetzet ist. Aus diesem Grunde haben die Alten, um ihre Galeeren in Sicherheit zu bringen, an dem Strand von ^ora, der nämlichen Stadt Samos gerade gegen- <«) 3eit2n heißt m der türkischen Sprache so vtel als dcr Teufel. b) l5«7H/3al7^ ««7H/3sF-,5 «1el'cenlu5. /i) F's u^/si,, Ni^bo »-e?-, feoF^. Man nennt es auch daS Cap Cora und das weisse C»»«^. Tournef. Reis. II. Th. i gegenüber, cine schöne Wehr gcbauet, die noch heut zu Tage, der Rundung wegen, der Hafen Tigam gc, nennet wird, denn in der gemeinen griechischen Sprache heißt Tigani ft viel, als ein runder Kuchen. In dem kleinen Boghas, dem Berge Samson gerade gegen über / ist eine Herberge für die Schiffe, so der Galeererchafen gcnennct wird. Um denselben herum entdeckten wir die Ruinen einer alten Stadt und die Ucbcrbleibscl von zween Tempeln, von denen sich jeder durch fünf bis sechs umgeworfene Säulen kenntlich machte. Der eine stund auf einer Anhöhe, und der andere in der Tiefe. Die Ruinen der Stadt bestehen meistens aus Backsteinen und aus einigen Stücken von wcissem Marmor; auch findet man einige Stücke von Säulen von rothen und wcissen Jaspis mit großen Flecken. An der Spitze des Hafens / an dem engsten Ort des Boghas findet man den Grund eines alten Thurms von Marmor. Die Einwohner geben vor, daß daselbst eine Kette befestiget gewesen sey, um die Meerenge zu verschließen; si? behaupten auch, daß man auf der andern Seite, die auf dem festen tande ist, noch große Ringe von Bronze finde, die zu diesem Endzweck bestimmt gewesen waren, pra-sonisi ist der letzte Haftn auf der Insel. Derselbe liegt unter einer Klippe gleiches Namens/ zwischen dem Boghas und dem Hafen Vari. Ehe man diesen Hafen erreicht, kommt man drey bis vier Klippen vorbey, von denen die vornehmste Dldascalo oder Dascalio heißt, und einen Büchsenschuß weit von von der Insel liegt. Man sagte uns, daß solcher chehin die Schule des ganzen ianoes gewesen sey. Dieses ist es alles, was in Ansehung der Hafen der Insel zu bemerken ist. Die alte Stadt Samos erstreckte sich von dem Hafen Tigani, der drey Meilen von Cora liegt, bis an den großen Fluß 6), welcher fünfhundert Schritte von den Ruinen des Tempels der Juno stießet. Denn Strado versichert /»), daß eine vor den Vorstädten dieser Stadt auf dem Cap Juno gestanden sey. Eben dieser Schriftsteller sagt, daß Tembrio, und nach ihm procleo, Samos habe bauen lassen. Man hat dicscs Wort durch parrocles übersetzt, es ist aber sehr wahrscheinlich, daß der Konig procles darunter zu verstehen sey. Vicruvius c) behauptet, daß die Stadt Samos und die dreyzehen Städte Io-nicns, ein Werk des Atheniensers Ion gewesen, von welchem der Name Ionien herkommt. Ungeachtet die Stadt Samos gänzlich zerstöret ist, so kann man sie dock in die obere und untere eintheilen, um den Plan derselben besser zu verstehen. D!e obere Stadt nahm den gegen Norden liegenden Berg ein, und die untere stund längst an i 2 dem a) O ijxffpacroswtTafXog, Strahl. 14. Meya\e$ *■»- b) To <>rf>9x?eioi/ to irp$$ ru Hp«/«« Strato ibil. c) Archit, 1. 4. c. 1, dem Strand hin/ von dem Hafen Ligani an, bis an daa Cap 'Juno. T'gani, so der Galcerenha-fen der Alten ist, wie ich solches bereits bemerket habe, ist halbmondförmig, und stehet gegen Südosi. Die linke Spltze ist jene berühmte Mauer (lettee V welche Herodocus a) unter die drey Wunder von Samos rechnete. Diese war zwanzig Klafter (I^i-lez) hoch, und gieng über zwcyhundert und fünfzig Schritte weit in das Meer hinein. Dieses in den damaligen Zeiten so seltene Werk, beweiset den Fleiß mit welchem sich die Einwohner von Samos auf die Schiffarth geleget. Daher nahmen sie auch den Aminocles von Corinth 5), den geschicktesten Schifsbaumcister mit offenen Armen auf, der ihnen ungefähr drcyhunoert Jahre vor dem Ende des pe-loponnesischen Krieges vier Schiffe bauete. Dieses waren eben diejenigen Samier, welche mehr als sechshundert Jahre vor Christi Geburt den Batus nach Cyrcne führten. Wenn dem plinius c) zu glauben ist, so haben sie auch diejenigen Schiffe erfunden, auf denen man die Reuterey von einem Orte zum andern führen konnte. Wir stiegen von dem Hafen Tigani auf eine Anhöhe, wo sich Graber von Marmor ohne Schnitzwerk und ohne Inschriften befinden. Von hier aus, gegen a) Lib. 3. b) Thucid. I. 1. c) Hiß, nat. gegen Norden zu fangen die Ueberblcibsel der Mauern der obern Stadt/ auf dem Abhang eines ziemlich rauhen Berges an. Diese Einfassung, welche bis an . dle Spitze des Berges fortlief, bildete gegen Abend zu einen großen Winkel, nachdem sie sich die ganze iängc des Berges hin erstreckt hatte. Die Ueber-bleibscl dieser Mauer sind sehr schön, besonders diejenigen, die gegen Cora zu befindlich sind. Diese Mauer, welche zchen Schuh, ja an manchen Orten zwölf Schuh dick gewesen war, bestund aus großen viereckigen Sückcn von Marmor, die meistens rau-tcnweise zugehauen waren, wie die Diamanten geschnitten zu werden pflegen. Wir hatten noch nie so ^ ctwas prachtiges in der Levante gesehen. Die Oef-f nungcn daran waren von Maurerarbeit; die daran stehenden Thürme aber waren ganz von Marmor und hatten ihre verborgene Thüren, damit man sie im Nothfall mit Soldaten besetzen konnte. Die Spitze des Berges auf der mittägigen Seite ,var mit Häusern in Gestalt eines Amphitheaters bes . deckt, und sah gcgen das Meer zu. Gegen dem untern Thcil eben dieser Spitze zu, siehet man noch den Ort eines Theaters, von dem die Marmorstcine zur Erbauung der Stadt Cora angewendet worden sind. Dasselbe stund unterhalb und rechter Hand einer Capesse, die Notre Dame de Mille Voiles i?), oder Notre Dame de la Grote gcncnnct wird, und t 3 zwar ß) n*r»ytu Kfaimpfjuvtr,,* xa$ žirihntla. 166 ">T5,7"^ ??5 /ue^«^5 «U-«?«)"«5. ble7<^, heißt in der gemeinen griechische,» Sprache eine Meyercy, ein Landhaus, und komnu von //e7-/x^5) cinc Wohnung, her. i68 ^M N i!3F> auf welchem die ohcre Stadt stund, tinker Hand ist cm Vcrg, welchen ich in der Folge, aus noch anzuzeigenden Ursachen, den durchlöcherten Berg nennen will. Man paßiret diesen kleinen Vach langst an dem Strand hin, wenn man von Cigani zu den Ruinen des Tempels gehet, und man trift in diesen Quartieren auch die Rumen einer christlichen Kirche an, die ziemlich beträchtlich scheint gewesen zu seyn. Jenseit dieses Bachs, kommt man über einen andern, welcher rechts von Cora herkommt, und der allem Ansehen nach für die obere Stadt bestimmt war. Die Richtung einiger Pogcnstcllungen dis mit Erde bedeckt sind, und die auf Cora zu laufen, giebt deutlich zu erkennen, daß diese Wasser in die Stadt geleitet wurden. Denn sie nahmen ihren Weg um den Berg herum, durch einen Canal, der noch deutlich HU sehen ist. iinkcr Hand in dem Thal, von welchem ich eben gercdct habe, fthr nahe bey der Wasserleitung, die durch selbiges gehet, trift man einige Höhlen an. Der Eingang zu einigen derselben war mit vieler Sorgfalt durch d!c Kunst gemacht und ausgchaucn worden. Wenn den Einwohnern des iandes zu glauben ist, so dienen sie schon seit mehr als zweytausend Jahren den Schaafcn, Ziegen und Kühen zum Aufenthalt. A.lS dicscm Grunde ist dic Erde daselbst mit einer ungchcurcn Mcngc Salpeter angefüllt. Man erzählte uns, daß man eine von diesen Höhlen verstopft habe, wo sich dieses Salz völlig crijiaüisirtc. Dic Türken haben das Herz nicht, sich desselben zu bc« bedienen; sie wurden auch einen Grieche«/ der sich daran zu vergreifen wagte, auf die Galeeren schmieden lassen. Es ist schr wahrscheinlich, daß eine von diesen Höhlen, welche durch die Kunst in den Fels gehauen worden, das Ucbcrblcibscl eines von jenen Wundern gewesen, das mau, nach dem Zeugnis dcs Herodotus, für eines der größten Werke GricchenlandeS angesehen hat. Eupalinus, ein Baumeister von Niegara, hatte dic Aufsicht darüber. Die Sa-mier, sagt Herodorus, machren in einen Berg eine hundert und fünfzig Txwseer hohe Oefnung, und legcen in dieser er diese Stelle des Herodotus a) nicht verstanden; deNn nach seiner Ueber-sctzung mußte die Quelle über den durchlöcherten Berg gehen, da doch der Berg deswegen durchlöchert wurde , damit die Quelle durch denselben könnte geleitet werden. Ungefähr fünfhundert Schritte von dem Meer und fast in gleicher Entfernung von dem Fluß Im-brasuo, gegen das Cap Cora zu, sind die Ruinen des berühmten Tempels der samisischcn Juno, oder der Beschützerin von Samos. Die geschicktesten Papas der Insel kannten noch diesen Ort unter dem Na, men des Tempels der Juno. Menodorus />) der Samicr, den Arhenäus als den Verfasser eines Buches anführt, das von allen Seltenheiten von Samos handelte, versicherte, daß dieser Tempel ein a) 'Airo peyäxqq irqyjg. Herod. /.3, if) Uph 7yY Hfccf. Deipn. /« 15. Oc^S- 171 ein Werk dcs Caricus und der Nymphen gewesen. Denn die Caricr sind die ersten Besitzer dieser Insel gewesen, pausamas sagt/ daß man dieses Werk den Argonauten zugeschrieben habe, welche eine Bildsäule dieser Gottheit von Argos nach Gamos gebracht, und daß die Samicr behauptet/ daß die Juno an dem Ufer des Flusses Imbrasus unter einem von den Bäumen, die wir Agnus castus nennen, gcbohrcn worden sey. Und in der That sind auch diese Baume, längst an dem Fluß hin, ja auf der ganzen Insel und in dem Archipelagus sehr gemein. Man verwahrte aus Ehrerbietung diesen Slamm von dem Agnus castus sehr lange Zeit in dem Tempel der Juno. pausaniao beweiset das Alterthum dieses Tempels auch aus dem Alterthum der Bild« saulc dieser Göttin, die Snnlis, ein Bildhauer von Acgina, verfertiget, der ein Zcitgenoße des Däda-lus gewesen ist. Clemens von Alerandricn bemerket, nach dem Zeugnis dcs Aerdlius, eines sehr alten Schriftstellers, daß die Bildsäule der Illno zu Samos nichts anders, als ein Stück eines groben BrctcS gewesen sey, woraus man nachgehends eine Bildsaule gcschml;ct. Arhenäus erzählet, auf Trauen und Glauben eben dieses Menodonis, dessen wir oben schon gedacht, ein merkwürdiges Wunderwerk, das sich ereignet, als die Csrrhennier die Bildsaule der Juno entführen wollten. Diese Seeräuber konnten ncmlich niemals weiter segeln, als bis sie solche wieder in das tand gebracht. Dieses Wunderwerk machte diese Insel viel berühmter, und l?2 ">V(M A U^> und war Ursache/ daß sie noch häufiger besucht wurde. Dieser Tempel ist von den Persern verbrennet worden a); und man betrachtet noch jetzt die Ruinen desselben mit Bewunderung. Es stund aber nicht lange an/ so wurde «derselbe wiederum aufgebauet, und mit so vielen Reichthümern angefüllt, daß man in kurzem keinen Platz mehr hatte, die Gemälde und Statuen darinnen anzubringen. Als Verreo aus Asien zurück kam, machte er sich, ohne sich das Schicksal der Tyrrhcnnier abschröckcn zu lassen, kein Vc-dcnkcn, diesen Tempel zu plündern, und die schönsten Stücke daraus mit sich zu nehmen. Cicero wirft ihm diesen Raub mit Recht vor. Zu den Zeiten des pompeius wurde diesem Gebäude von den Seeräubern ebenfalls stark zugesetzet. Srrabo nennt solches einen großen Tempel, der nicht nur mit Gemälden angefüllt gewesen, sondern dessen Galerien auch mit den ältesten Stücken angefüllt waren. Unter diesen Stücken befand sich sonder Zweifel auch das Gemälde der ersten licbcshändcl des Jupiter und der Juno das die Natur so sehr ausdruckte, daß (Ongincs ö) deswegen den Heiden einen Vorwurf machte. Ausser dem war in dem Tempel zu Samos ein Hof, der für die Bildsäulen bestimmt war, unter denen sich drey colossalischc, von der Hand des N1?io befanden, die auf einer Basis stunden. Marcus Anronius ließ id) Paujan. 535. is) Libt, 4. contra Celsum, ließ sie wegnehmen/ Augustus aber schickte die Bildsaulen der Minerva und des Hercules zurück, und schafte allein die Säule des Jupiters auf das Capi-tolium, um solche in einen kleinen Tempel ztt setzen, den er' daselbst erbauen ließ. Von so vielen schonen Sachen fanden wir nichts mehr, als zwey Stücke von Säulen, und einige Fußgestelle von dem allerschönsten Marmor in der Welt. Von diesen Säulen hat die eine nicht mehr, als einen einzigen Tambour an seiner Basis, und die andere hat deren noch zwölfe. Icdcr Tambour ist drey Schuh, sieben Zoll, acht iimen hoch, und hat gegen sechs Schuh im Durchmesser. Vor einigen Jahren fiel es den Türken ein, daß die höchste mit Gold und Silber angefüllt sey; sie suchten sie also durch einen Canonenschuß aus ihren Galeeren zu Boden zu werfen. Die Kugeln zersplitterten einige Tambours und brachten die andern in Unordnung, so yaß über die Hälfte derselben aus ihrer tage gebracht worden ist. Man findet noch einige Säulenfüße, welche em länqlichtcS Viereck scheinen gewesen zu seyn. Da dieselben aber unter vielen andern Trümmern zerbrochener Säulen liegen, so kann man ihre Einrichtung, und folglich auch den Plan des gangen GebaudeS/ nicht mehr erkennen, welches, dem Herodorus a zu folge, «) Lib, j. 174 ^M A Ge^" folge, das dritte Wunder zu Samos gewesen ist. Dieser Schriftsteller behauptet/ daß dieser Tempel der geräumigste gewesen, welchen er jemals gesehen. Ihm haben wir auch den Namen des Baumeisters zu danken / der diesen Tempel hat aufführen lassen. Er war von Samos/ und hieß Rhäclis. Dieser Rhäcus brachte bey diesem Gebäude eine ziemlich sonderbare Säulenordnung an, wie solches aus der beygefügten Abbildung zu sehen ist. Es ist dieses gleichsam die Ionische Ordnung in ihrer Kindheit, die damals noch nicht alle die Schönheit hatte, die sie in der Folge der Zeit erlangte. Der Fuß der größten Säule, von welcher wir gegenwärtig reden, ist zween Schuh, acht Zoll hoch. Er hat unten eine dicke zugerundete Schnur, die einen Zoll hoch, und mit fünf ringförmigen hohlen Furchen geziert ist. Der übrige Theil dieses Fußes hat mit dcm Säulenstamm einen gleichen Durchmesser; endiget sich aber mit einer kleinen Schnur. Dieser Fuß ruhet auf einem Fußgcstell, das einen Schuh, acht Zoll hoch ist, und mit fünf Ringen, in Gestalt kleiner Reife, umgeben ist. Wir konnten nicht mehr, als einen einzigen Knauf finden, und diesen mußten wir mit Mühe suchen, denn er war in dem Umfang des Tempels vergraben. Dieser Knauf ist gegenwärtig der einzige in seiner Art in der Welt, ist einen Schuh, sieben Zoll hoch, und stimmet mit dem Prosit des Fußes zusammen. ScinTympan ist mit einem großen Kragstein erhöhet, der einen Schuh hoch ist, an welchem Eyer von erhabener Arbeit angebracht sind, von denen Tab. z3. O A O-75" 177 be ist es vielleicht auch geschehen, daß man sie auf dcn Münzen dieser Inscl mit Armbändern vorstellte, welche von den Armen bis an die Füße hinab gien-gen, und an denen ein halbcr Mond hieng. Der halbe Mond a) bedeutete die Monate und die Armbänder qabcn zu erkcmien, daft sic die Weiber gelch-ret/ gewisse Tage zu zahlen, so wie sich auch noch heut zu Tage die Morgenländer der Körner ihrer Rosenkränze oder Armbänder bedienen, wenn sie etwas ausrechnen wollen. Indessen scheinen mir diese vorgegebenen Armbänder der Juno sehr dunkel zu seyn. Denn ich sehe keinen Grund ein, mit dem Cristan ö) zu glauben, daß das, was ich für Armbänder halte, Stämme oder Schäfte eines SchifsankcrS, oder daß es. Spindeln gewesen, wie Spankeim r) vermuthet hat. Doch der Schade ist auf alle Fälle so gar groß nicht, wenn man in dem iandc der Entdeckungen manchmal clwas wagct, ob dasselbe gleich sehr reich an Erscheinungen ist. Ich werde also wohl nicht zu tadeln seyn, wenn ich den Gelehrten meine Gedanken zu fernerer Ucbcrlegunq bekannt mache, und frage/ ob die Armbänder mit dem halben Mond ein Attribut a) KMNU KäbllQN. So bcißc die Legende einer Münze ocs Aug!,,tuo Und der Llpm, bey dem iNi«. 4) <7omme»^ ö/F. Tom./. Cournef.ReisenIi.TH. M i?8 "V(M N MF^ buit de? Juno gewesen, um dasjenige anzuzeigen, was ich oben von den Weibern a/sagt habe, oder ob sie ein bloßer Zicvrath gewesen, den ihnen die Juno zu tragen gelcrnct hat? Denn diese Göttin hatte die Art sich zu kleiden erfunden, wie solches Acha-nafius ausdrücklich bezeuget. Cristan a) führt eine Münze der Samier an, auf welcher die Juno mit sehr entblößten Busen abgebildet ist. Dieselbe hat auf dieser Münze einen Rock an, der bis über die Füße hinab gehet, nebst einem sehr engen Gürtel, und die Falte, welche der Rock macht, bildet eine Art einer Schürze. Der Schleyer fängt oben auf dem Haupte an, und fallt bis an das Ende des Rocks hinab. Aber auf der Kehrseite einer Münze />), die sich in dem Cabinet dcs Königs befindet, ist dieser Schleyer ganz ausgebreitet abgebildet, wo er zween Winkel an den beyden Handen, einen Winkel auf dem Kopf, und einen andern unten an den Füßen macht. Ich besitzx Münzen von Samos, auf denen der Busen der Juno mit einer Art einer Hclmdcckc ((^maii) bedeckt ist, unter welcher cine Tunica, mit aufgelösetem Gürtel hängt. Der Kopf dieser letztern Münze ist mit einem Reif gekrönt, der sich auf die beyden Schultern stützet, und der oben auf dem Bogen eine Art eines Zicrrathcs hat, so unten spitzig ist und oben eine a) Ibid. £) Spanleim, 1.1# elne weitc Oefnung hat, wic cine umgekehrte Pyramide. Auf einer von dcn Münzen, in dem Cabinet des Königs, hat diese Göttin eine ziemlich spitzige Mütze a), die sich mit einem halben Mond endiget. Auf andern Münzen, dic sich in eben diesem Cabinet ö) befinden, siehet man eine Art eines Korbes, der dieser Göttin zum Kopfputz dicnet, die im übrigen fast eben so gekleidet ist, wic unsere Beneoictiner-Ordensleute, Der Kopfputz der türkischen Wcibcr, kommt beynahe mit der Juno ihren übercin, und bildet sie sehr schön. Ohne Zweifel hat diese Göttin diesen so artigen Kopfputz'erfunden/ von dem die ehemaligen Fontangen eine Nachahmung gcwcsen sind. Juno, welche die Aufsicht über die Hochzeiten hatte, trug eine Krvne von Cypcrus (3ouc!ic^ c) und von den Blumen/ die wir die Unsterblichen nennen. Man bedeckte damit ein sehr leichtes Körblcin, das man oben auf den, Kopf setzte. Davon kommen vielleicht die Kronen bcr, die man noch heut zu Tage in der ievante den Verlobten aufsetzet, wie denn diese Mode auch bey unsern Mädgcns, wenn sie heurathcn, nicht ganz abgekommen ist. Der Herr dc Champs besaß einen schönen Medaillons) vondemMariminus, auf dessen Kehrseite der Tempel zu S^mos mit der Juno in M 2 einem ä) Tloipct tvtuft« 7qg H^aft Btfych. h) Spanbtitm I. c. c) llvXe&tr. Atben, Deijjti.l, 14. Iul, Pollux. L$tc,i60 d) ZAMIstN. einem Hochzcitklcide und mit zween Pfauen zu ihren Fußen abgebildet war. Diese Kleidung ist von derjenigen, von welcher wir bisher geredet haben, nicht unterschieden/ und die Pfauen a) erscheinen deswegen auf dieser Münze, weil man einige derselben um den Tempel dieser Göttin herum, als Vögel, welche ihr gchciligct waren, zu halten pflegte. Ausser den Münzen, von denen bisher die Rede gewesen ist, kaufte ich auf dieser Insel eine sehr schöne Münze, von der Cranqmllina. Auf der Kehr-feite derselben, wird der Mcleager, oder vielmehr Gordiarms, der Gemahl dieser Kayserin abgebildet, der einen Eber auf der Iaqd tödtet. In dem königlichen Cabinet licgt eine Münze von gleichem Gepräge, und noch eine andere mit dem Kopf des Decws. Den dritten Icnner übernachteten wir andert-halbe Meilen von Cora, in dem iandhause des Ma< rienklostcrs. Dieses iandhaus ist nur eine Viertelsmeile von den Ruinen des Tempels entfernet, und liegt ln einer Ebene, wo man nichts als Weinstöcke, Olivcn- Maulbeer» und Pomeranzcnbaume siehet; besonders in der Gegend um Mileo, so nur ein Paar Meilen von dem iandhause entfernet ist. Wirreise-ten den ersten Hornunq ab, um das große Kloster ztt besuchen, das zchen Meilen von dem tandhaus liegt, wo wir auch zu Mittage speiscten. Dasselbe licgt Huf a) Atben. ibid. auf der Anhöhe eines angenehmen Berges, der mit gemeinen Eichen, Pimpernüßbaumcn, wilden Fichten, Philaria nnd Andrachnen besetzt ist. Wir fanden daselbst einige Stamme von diesem Baume mit einer großen Frucht, die spitzig zulauft. Ich werde sie in der Folge, nebst einer schonen Gamanderlcinsart, mit dem Bctonicnblat, welche in eben diesem Quartiere gefunden wird, beschreiben. Nachdem wir einige Oliven gegessen/ und etwas sehr schlechten Klosterwein getrunken, gicngcn wir nach pirgos, so ein sieben Meilen davon entferntes Dorf ist. Die ganze Gegend um dasselbe ist mit einer schonen Cachrys-sorre/l) bedeckt, die damals blühcte. Den achten Hornung rcisctcn wir nach plarano, so acht Meilen von pyrgos liegt, und von da in das Closter des heiligen Ellas, so vier Meilen davon entfernet ist. Wir /lbernachtetcn sodann zu Ncocorio, so eines von den drey Dorfern ist, welche zusammen die Scadt Carlovassi zwo Meilen von dem Meer ausmachen. Den dritten Hornung nahmen wir Pferde und Wegweiser, um den großen Berg Carabare zu besehen , welcher am äussersten Ende der Insel licgt. Man führte uns geraden Wcgs aufMal athrocam-po zu, so acht Meilen von Carlovassi liegt. Wir-übernachteten in dem iandhaus Sanct George, das zu dem Kloster S. Jean dc Patmos gehöret. Hier M z sind a) Cachrys Cretica, Angelicas folio Asphodeli radice, Coroljlnß. R. //. 23. ,82 "^M A O^p* sind nicht mcfr «ls drey bis vier Zellen, die um die Capclle dieses iandhauscs herum bewohnt werden. Den vierten Hornung besuchten wird die Capelle, oder eiacntlich zu reden, die Einsiedcleq dc Notre Dame de Belle Apparcnce a), die vier Meilen davon, in einer mit erschrecklichen Felsen umgebenen Tiefe licgt. Die Einsamkeit ist schön, und die Ca-pM stehet bey dem Eingang einer sehr fürchterlichen Höhle. Man steiget ganz gerade auf einer Stiege hinauf, die ungefähr dreysig sehr enge Tritte, und an dcr Seite, wo es in die Tiefe hinab gehet, kein Geländer hat. Untcn in dcr Höhle ist ein schönes Wasscrbehaltniß angebracht, welches durch eine starke Mauer unterstützet wird. Wenn man Wasser schöpfen will, muß man über einen bedeckten Weg gehen , dcr an eincm sehr tiefen Abgrund hingemacht ist. Diese Capclle ist nicht besser ausgezieret, als die andern griechischen Capcllen. Unsere Wegweiser wollten, ob wir ihnen gleich alles versprachen, auf dcm Berge nicht weitcr gchcn. Die Kalte war sehr streng, und ihre Maulthicrc würden in diesem öden Orte haben Hungers sterben müssen. Wir mußten daher nach Mararhrocampo zurückkehren, um deu Weg über eine andere noch schrecklichere Einsicdcley zu nehmen, als die erstere war, und die mit allem Rechte Notre Dame du mauvais Chemin ^) hieß. ">V(,M A M^3> 183 hieß. Wir kamen daselbst erst am folgenden Tag au, nachdem wir sehr viele Verge, die mit Fichtcn-und Erdbcerbaumen besetzt waren, überstiegen hatten. Diese Einöde ließ uns hoffen allerley Pftan-zen zu finden, die unsrer Aufmerksamkeit würdig seyn würden. Die Capclle Cacoperaca liegt ebenfalls in einer Höhle, in welche man auch nicht andcrS/ als durch cinc Art einer in den Fels gehauenen Fallthür kommen kann. Die Griechen finden darinn ein besonderes Vergnügen, daß sie ihre Capellen an solche Orte bauen, zu denen sehr schwer zu kommen ist, indem sie glauben, daß diese Ocrter eher die Andacht erwecken, als diejenigen, welche in einer schönen Ge« gend stehen. Cacoperara ist ausser Streit die fürchterlichste Emsicdcley, die ich in meinen, ieben gesehen habe. Man kommt zu derselben auf einem Fußsteig, der ungefähr drcyhundert Schritt lang und von Menschen Handen, über schr steile Felsen gemacht worden ist, und dieser Fußst ig ist an einigen Orten, nur einen halben Schuh breit, iinker Hand kann man sich mit genauer Noth an dem Felsen erhalten, und rechter Hand sind Abgründe, die von Natur senkrecht gemacht sind, und in denen ein Mensch, wenn ihm der Fuß auswiche, nothwendiger Weise zu Trümmern gehen müßte. Wir kehrten noch an diesem Tage nach Carlo, vasst zurück, und setzten uns Tags darauf den sechsten Hornung zu Schiffe, um nach Nicaria zu M 4 segeln. i84 "^W A O^ segeln. Mein der Südwcstwind a) nöthigte uns ln dem Hafcn Seiran einzulaufen/ welcher nur neun Meilen von Cürlovassl entfernet ist. Man hat diesen Hafcn mit Recht den Namen Seitan bcygcle, get, welches Wort in der türkischen Sprache so viel heißt, als ein Ceufcl Wir mußten unsere Caique an das land ziehen. Der Nordwind hiclt uns bis den zwölften Hornung zu Sciran auf. Wir muß« ten unsere Wohnung in einer Höhle aufschlagen, wo wir Tag und Nacht nichts als Holz von lorbeer-bäumen, Adrachnen und Storarcn brannten. Unser Aufenthalt war hier eben nicht der angenehmste. Unser Vorrath von Zwieback gicng zusehends zusam-men, und die Witterung erlaubte uns nicht, weder zu jagen noch zu fischen. Mit genauer Noth erwisch-ten wir einige Stclnfische (Ourlins) und einige Muscheln (Veux 6e bouc). Und was das schlimmste war, so hatten wir bereits alles Wasser ausgctrun-kcn,das wir anfden benachbarten, Felsen antrafen, aus denen wir solches mit den Mecrzwicbclblattcrn schöpft ten, aus denen wir eine Art von Rinnen machten, und solches nachgehende in die ledernen Schlauche 6) leiteten, die pyramidenförmig gemacht, und in dice sem lande gebrauchlich sind. Wir leerten auch einen alten Brunnen aus, den man an dem Ufer des Meeres gegraben hatte. Allein das Wasser in demselben a) Labech. k) iVhtaras.. -^M A OF> i8s ben war halb gesalzen. Endlich bekamen wir in der Nacht vom zwölften auf den dreyzchnten Hor-nung schönes Wetter. Wir machten uns solches zu Nutze, um nach parino zu segeln, so die berühmte Insel pacmos ist; und von da kamen wir den acht-zehentcn Hornung nach Carlovasst zurück. Noch an eben dem Tage besuchten wir eine griechische Cae pelle, die cinc Meile von Carlovafsi liegt und Notre Dame de la Rivicrc a) heißt. Diese Capelle liegt an dem Fuß eines Verges; sie steht aber fast öde. Indessen siehet man daselbst vier schöne Säulen von grauem Marmor, deren Knäufe mit Acanthusblat-tern in einer doppelten Rcihe gezicret sind. Ohne Zweifel sind dieses Ucberbleibscl von einem alten Tempel. Es ist dieses aus den alten Marmorstücken abzunehmen, die sich in der Gegend herum befinden, und unter andern aus einer Architrave von rothem und weisscm Jaspis. Vielleicht stund hlcr der Tem, pel des Mercurius, den die Samicr besonders verehrten , und dem zu Ehren sie cinc Münze hatten prägen lassen, wo auf dcr einem Seite der Genius ihrer Stadt und auf der andern Seite dieser Diebsqott vorgestellt wird, der in dcr rechten Hand einen Beutel, und in dcr andern seinen Stab hält ö). M 5 Unge, I) Egpvs Xa^iio7)fe. Mercürius munificus. Plutarch de Ouaefi. graecis., AHMO2 XAMEIßN Eni AT2.ANAPOA IEPE. Sub l.ylandro Sacerdotc. '86 -HM A M^ Ungeachtet es den neunzehnten und zwanzigsten Hornung bestandig regnete, verfügten wir uns doch von Carlovassi nach vomlotes, welches Dorf zchcn Meilen von erstgedachten Orte und zwo Meilen von dem Meere entfernet liegt, und an dem Fuß cines der kaltsten Berge auf der Insel liegt. Wir beobachteten auf der nördlichen Seite sehr artige Pflanzn. Nourloreo hat den Namen von den Inseln vourla, welche der Alten Clazomene, so bey der Cinfurth der Bucht von Smyrna war/ gerade gegen über liegen. Denn Samos wurde, nachdem es war geplündert und entvölkert worden, nach dem constanti-nopolitamschen Frieden im Jahr 1550. durch den Kaiser Selim a), dem Capitain Pacha C>ct)iali geschenkt, welcher verschiedene Volker Griechenlands dahin schickte/ um das land anzubauen. Die Einwohner von Vourla ließen sich zu Vourlores nieder; die Alba-neser baueten Albaniricori, und die Einwohner von Metelin schlugen ihre Wohnung zu Merelinus auf. Der Regen, welcher auch den ein und zwanzig« sten Hornung noch nicht nachgelassen hatte, war Ursache, daß wir nicht ohne viele Mühe in das Clostcr Notre Dame du Tonnere b kommen konnten, ungeachtet dasselbe nur eine Meile von Vonrlores liegt. Es hielt aber nicht nur der Regen den übrigen Theil des Monats hindurch Tag und Nacht an, sondern' es richte- a) Relat. des Voyages de Mr» dc Breves, richteten auch die Südwinde a) großen Schaden an. Sie deckten zwar die Hauser nicht ab; denn dieselben haben keine ordentlichen Dächer/ sondern Terrassen; aber die Hauser selbst reisscn sie um, und besonders die iandhauser, denen sie besser zukommen konnten. Das Meer stunde gleichsam im Feuer; es donnerte auf die fürchterlichste Weise. Wir bekamen wieder einigen Muth/ da man uns sagte/ daß ce in der !e-vante nur im Winter regne, und daß sich blos in dieser Jahreszeit der Donner hären lasse. Alle diese Ursachen nöthigten uus, in dem Kloster zu bleiben, von dem wir uns mit genauer Noth zween hundert Schritte wut entfernen konnten. Da dasselbe sehr fest gcbauet war/ so waren wir in dems selben vor dem Sturm / der schon so viele Häuser niedergerissen hatte, sicher. Dieses Kloster hat gute Einkünfte; es wird aber darinn nicht gar zu reinlich hausgehalten. Da wir nach den Seltenheiten dieses Klosters fragten/ so zeigte man uns den Acltesten deS menschlichen Geschlechts. Ich sage gewiß nicht zu viel, mdem ich mich dieses Ausdrucks bediene. Cs war dieses ein guter Caloycr, der hundert und zwanzig Jahre alt war, der sich noch immer mitHolz-fällen/und mit Besorgung der. Mühle beschäftigte. Man sagte uns, er habe in seinem ieben nichts als lautern Wein, und Brandcwein getrunken. Ein solches Beyspiel könnte vielleicht denjenigen zur Entschul, dlgung a) Siroc. 183 "HM A M^. digung dienen / die zuviel Wein trinken. > Allein wir können auch ein Beyspiel im Gegentheil anführen. Herr luppazuolo, ein Grieche von Geburt/ und venezianischer Consul zu Smyrna, starb erst vor kurzem in einem Alter von hundert und achtzehen Jahren. Derselbe hatte nie etwas anders, als Waffer getrunken. Cs läßt sich also in Ansehung des Gebrauchs des Getränkes nichts gewisses bestimmen. Denn Herr Luppazuolo konnte sogar den Coffee, auch den Citroncnsaft, (sorbet) nicht leiden. Doch macht dieses seinem Angedenken noch mehr Chre, daß er eine Tochter von achtzehcn Jahren, und eine andere von ungefähr fünf und achtzig Jahren gehabt/ ohne zu rechnen, daß er einen von seinen Söhnen, der beynahe hundert Jahre alt geworden ist, überlebt hat. Das stürmische Wetter hinderte uns nicht um das Kloster herum einige schone Ranunkelsorten mir blauer Blüthe zu beobachten. Auf den Bergen lag den drey und zwanzigsten Hornung wenig Schnee, aber sehr viele Schloffen, die so groß waren, wie die grünen Erbsen. Auf diesen Bergen stehen zwo Fichtensorten; aber keine Tannm sindet man hier nicht, ungeachtet solches die Einwohner behaupten, welche eine schöne Fichtensorte a) mit diesem Namen belegen, die zu Paris in dem Parterre des königlichen Gartens stehet/ und Tangeln hat/ die fast fünf a) Bh^Jtf. fünf Zoll lang/ eine halbe linie breit/ steif, auf der eincm Scite fiach/ und auf der andern zugerundet smh. Die Frucht dieser Sorte ist vier Zoll lang, anderthalbe Zoll dick/ ziemlich spitzig/ und hat große/ sehr harte Schuppen. Auf der Insel Samos werden die Baume von dieser Sorte sehr hoch/ so daß sie zu Schifsmasten wohl zu gebrauchen sind. Sie geben sehr viel Terpentin, den man aber nicht sammelt, ungeachtet er sehr klar und sehr schön ist. Die an« dern Fichten a), welche auf diesen Bergen wachsen, gehören zu der gemeinen Art, welche auf allen Küsten der warmen iander fortkommt. Nachdem wir von diesen Bergen hinabgekommen waren, gieygcn wir auf der Insel fort, um ^ora zu besehen, wo man uns Hofnung gemacht hatte, alte Innschriftcn anzutreffen. Indessen findet man in dcnHäuscrn dcrPrivatpcrsonen nichts alsGrabschriften aus den Zeiten der Christen. Da die Frauenzimmer zu Cora sahen, daß wir die Pflanzen untersuchten, welche auf dcn Terrassen und langst auf dem Wege nach ihrer Stadt hin wachsen, so gaben sie uns eiuc, und ließen uns fraa.cn, ob uns die Kraft derselben bekannt wäre. Diese Pflanz«? hat viel ähnliches mit derjenige«/ die man zu Marseille Carronraire 6) nennet. a") Pinus Sylvestris maritima, conis firmiter ramis adhaerentibus. IB, £) Thymelaea feu Tartonraire^ lini foüis argentris, Corel. Infi, R. H, 41, l9o ^O ^ M^» nennet. Nachdem wir uns bey ihnen für ihren Strauß bedankt/ ließ ich ihnen sagen, daß sie oicl zu gesund waren, als daß sie nothig haben sollten, sich dieser Pflanze zu bedienen, und daß man sich selbst in Frankreich derselben nicht anders bediente, als sehr robuste Personen damit zu purgiren. Sie siengen an zu lachen, fuhren mit den Handen auf dcn Kopf, um uns ihren Kopfputz zu zeigen. Unser Dolmetscher sagte uns, daß sie uns wollten zu verstehen gcben, daß man dksc Pflanze gebrauchte, um den Schleyern eine gelbe Farbe zu geben. Gleich darauf zeigte er uns zwo oder drey von diesen Frauenzimmern, welche ihre Terrasse auskehrten, und die uns ihre Besen wiesen, um uns zu verstehen zu geben, daß man es das Besenkraut a) nenne. Wenn man gelb färben will, wirft man die Spitzen dieses Krauts in siedendes Wasser, wenn sie darinnen etwas gesotten haben, wirft man etwas kleinen zerstossencn Alaun 5) darunter; darauf wird die teinewand, das Tuch, oder das teder hineingelegt, welches auch die Nacht über darinnen bleibt, aber ohne Feuer. Diese gelbe Farbe ist ziemlich schön, und ich glaube, geschicktere lcme konnten eine viel vollkommenere Farbe daraus zubereiten. Diese Pflanze ist von derjenigen, welche in der Provence wächst, nicht unterschieden, als in An? sehung der Blätter, die viel schmäler, und viel länger sind. a) 2.i*tcifx»]ctx^ 25escnfraut. 2«g«/t<, einSBesm. sind. Herr wheeler a) hat diesen Unterschied bemerket. Den vier und zwanzigsten Hornung begaben wir uns, ohne uns durch die üble Witterung abschrecken zu lassen, nach Vati, in der Absicht uns daselbst zu Schiffe zu setzen, um nach Scalanova, und von da nach Smyrna zu segeln. Allein, das anhaltende Regen-wctter, und die widrigen Winde hielten uns bis in die Mitte des Mcrzmonats zu vaci zurück. Es war dieses eine kleine Sündfiuth, und man sah von den Bergen nichts als Bache herabfiicßen, die zu jeder andern Zeit gleichsam calcinirt zu seyn schienen. Daher hat auch die Insel den Nam»n Samos ö) bekommen, welches Wort so viel heißt, als ein dürres und sandiges iand. Während dieser Zeit, besuchten wir einen artigen Flecken, Namens Mecelinus, so zwo Meilen von Cora liegt. Merelinus hat seinen Namen von N?erelin bekommen, weil dieses Dorf von einer Kolonie der Einwohner dieser Insel / die dahin ge-führet wurden, nachdem Sultan Selim/ Samos dem Capital» Pacha (l)ct)iali geschenkt halte, erbauet, oder besser zu sagen, wieder hergestellet worden ist. Seit dem Tode dieses Admirals c) gehören die Einkünfte <0 Voyage dc Dalmatie tt de Grece. T. I. b) *Z*fAeq quasi 'Aju/xeg bcv&anb. Et Samia gcnitritf quae dclečlatur arena, luve». Sat, 16» v. 6, c) Rdat. dts voyages de Air, dt Brevet» i)2 ""V Himcr dieser Frauensperson siehet auch eine j^nge Sclavin, dieselbe ist mit einem Rock-chcn ohne Ermel bekleidet, unter welchem eine Art eines Üntcrrockes mit Falten herabfällt/ Sie hat ihre lii'ke Hand an der Brust, und in der rechten Hand, die sie in die Höhe hält/ hat sie ein Herz, dessen Spi, tze oben stchct. In einiger Entfernung von diesen Figuren, ganz am Cnde des Basreliefs stehet ein anderer, ganz nackender Sclave, welcher mit einer Hand e,inc Arzeney aus einem Mörsner nimmt, um sie in cme Schaale zu thun, die er in der andern Hand hat) und dem, wie es scheint, Aesculapius befohlen hat, solche in das Gefäß zu gießen, welches der Kranke mit beyden Handhcben halt. Oben an dem Bas Relief ist elne zerbrochene Einfassung, die in ein langlichtes Viereck abgetheilt ist. In dem ersten stcn ist ein sehr schöner Pfcrdekopf; in dem zweyten sind zwo Flammen; das dritte ist mit einer Sturmhaube und mit eincm Küraß geziert; das vierte ist zerbrochen, und folglich ist daran nichts mehr zu sehen, als dic Einfassung cincS Schildes. Ohne Zweifel hat man durch diese Vcywerke die Neigungen und die Bedienung deS Kranken anzeigen wollen. Während daß wir die Schönheiten dieses Bas Reliefs betrachteten, brachte man uns einige Münzen, von denen die beste dem berühmten pyrbagoras zu Ehren gemacht worden, welcher dieser Insel, wegen des Rangs, den er unter den alten Weltweisen behauptete, allemal große Ehre machen wird. Doch hat er gcwiß kciuc Schüler mehr auf der Insel Sa-mos. Denn dlc Einwohner derselben sind weder iicbhabcr von dem Fasten, noch von dem Stillschweigen. Die Münze, von der wir reden, ist von Bronze m,'t dcm Kopf dcs Tr^ianus Decius 6^. Auf dcr Kchrscitc /') sitzet p>rt>agoras vor einer Säule, wclchc eine Kugel unterstützet, auf welcher dieser Wclcwclse etwas mit der rechten Hand anzuzeigen scheinet. Eben dieses Gepräge findet man bey dem Fulvius ltrsmus, nur mit dem Unterschied, daß Pythagoras seine linke Hand auf der Kugel hat. Man hat mehr dergleichen Münzen c) mit dem Kopfe NH des - a) TPAIANO2 AEKIOS, b) icqcnbc: nreAroPAZ 2AMinN. c) ATTOKPATOP KAI2AP MAPKO2 ATPHATOS KOMMOAO2 2EBA2TO2. des Caracalla und der Erruscilla. Die schönste, die ich gesehen habe, liegt in dcm Cabinet des Königs; sie hat auf der einem Seite den Kopf des Commo-dus, und auf der Kehrseite zeiget Pvthagoras mit einem Stab einen Stern an der Himmelskugel. Vcr-muthlich ist dieses der Vcnusstcrn, den er zuerst entdecket hat, wie uns solches plinius a) versichert. tinker Hand bey der Quelle zu Merelinus befindet sich cwc Innschrift, deren Charattere dem Ansehen nach, sehr schön gewesen sind; sie sind aber nicht mehr zu lesen. Vielleicht möchte ein geschickterer Mann, als ich, in derselben den Namen der Quelle finden; vielleicht enthalt aber auch diese Innschrift die Namen dcrerjenigcn, welche diese Quelle, durch die Oefnung des Verges in die Stadt Samos geleitet haben. Diese Quelle fällt heut zu Tage in einen kleinen Bach, der in den Hafen Tigani stießet. Endlich, da wir nicht mehr wußten, was wir auf dieser Insel anfangen sollten, erkundigten wir uns bey solchen Personen, die uns die klügsten zu seyn schienen, was man von jenem vorgegebenen Schein oder iicht hielte, welches die Matrosen auf dem Cap Samos zu sehen glauben, wenn sie mitten i« dem Meere sind, und das man nicht siehet, wenn man sich auf dem festen iande befindet. Alle diese Herren sagten uns, daß dieses iicht au einem so steilen Orte wäre, d) Hfl. «at. I. 2. c, g. ware, daß nicht zu vermuthen stünde/ daß jemand an demselben wohnte, und daß solches folglich schlcn> terdlngs ein wunderbares Feuer seyn muffe. Ich meines Ortes bin völlig von dem Gegentheil überzeugt. Und gesetzt, daß auch diejenigen, die sich auf der offenen See befinden, jemals ew solches Feuer auf dem Cap Samos gesehen haben, so glaube ich sicher, daß solches von den Caloyers, ober von den Hirten auf dicscm Gebürge angezündet worden, daß sie soll chcs von Zeit zu Zeit zur tust anzünden, damit daS Angedenken an ein Wunder, welches die Papas dcr Insel das große Wunderwerk a) nennen, nicht verlöschen möge. Wir machten uns den Sonnenschein zu Nutze, um folgende geographische Beobachtungen anzustellen. Scalanova liegt zwischen Nordost und Ost. Das Cap Coraca, zwischen Nord und Nord-Nord- West. Das weiße Cap, zwischen Nordwest und Nord-Nordwest. ^ Scio, gegen Norowcst. parmos zwischen Süd und Süd-Südwest. Siagi, gegen Norden. Sphesus, gegen Nordost. Die höchste Spitze von Mycale oder Samson/ zwischen Ost, und Ost-Südost. Die Insel Arco zwischen Süd-Südwest und . Südwcst. N 3 G5- a) Miyetf toupee. '9s -"AM A Mt^"" Garon'si, gegen Süden. Cos oder Gcanchio, zwischen Süd und Süd-Südost. palarm, oder Miler/ zwischen Süd-Südost. Dieses ist cS alles, was ich von Samoa habe sagen wollen. Wir kehrten blos in der Absicht in den Hasen Seilen zurück, um Ihnen, gnädiger Herr, von unserer Reise nach pacmos Nachricht zu geben. Ungeachtet wir sehr eifrig wünschten, bald nach Ni-caria zu segeln, wurden wir doch von den widrigen Winden in diesem Hasen aufgehalten; und da es nicht das Ansehen hatte, als ob sich der Wind verändern wollte, entschlossen wir uns ln der Nacht vom zwölften auf den drcyzchenten Hornung, an der Kü-sie und an dem Cap Samos, so zehcn Meilen von dem Hafen Seiran entfernet ist, hinzufahren, um in den grcßcn Boghas zu kommen, der zwischen dieser Insel und zwischen derjenigen ist,, so Gros Fourni gcncnnct wird. Man rechnet vierzig Meilen von dem Cap Sa« mos auf die Insel parmos, die heut zu Tage pa-tino geneunct wird. Wir legten uns in dem Hafen de la Scala vor Anker. Es ist dieses einer von den schönsten Seehafen auf dem Archipelagus, uud stehet gegen Nordost und Ost. Der Hafen Gr cou ist ebenfalls vortrcftich. Derselbe liegt gegen Südost, und hat zwo Müntungcn, die durch eine Klippe gebildet werden, welche gleich bey der Einfuhrt ist. Die eine von diesen Einführten liegt gcgcn Südost, und die andere ph. xj. 2 jh. paff.ijja. DIEINSKL PATHM.OS ^' ' ux-\M-'-i±uag. ns6ft Cäem o/safen andere gegen Nordost. Auch Sapsila ist ein guter Hafen, welcher zwischen dem Hafen de la Scala und zwischen Gricou liegt. Doch ist derselbe dem Nordwind zu sehr ausgesetzet. Der Hafen Diacorti, welcher der Insel gegen Südost liegt, kann bloß kleine Barken beherbergen, so wie auch der Hafen Menca. Die Insel patmos ist der Seehafen wegen berübmt. Die Einwohner derselben aber sind nicht eben die glücklichsten. Die Corsaren haben sie ge-nöthigct, die Stadt zu verlassen, welche an dem Hafen de la Scala stunde, und sich dritthalbe Meilen weiter auf das Gebirge, das um das Iohan-nivklostcr herum liegt, zu retirircn. Das Kloster ist gleichsam eine Citadelle mit verschiedenen unregelmäßige» Thürmen. Es ist dasselbe sehr dauerhaft gebauct, und stehet oben auf einem sehr hohen Fcls. Man sagte uns, der Kayscr Ale-ris Coinnenus sey der Stifter dieses Klosters gewesen. Sie hat eine kleine Capelle, die nach griechischer Art, das ist, nach einem sehr schlechten Geschmack gemahlt ist. Wir mußten dem Küster einen Thaler zahlen, weil er uns den ieichnam des heiligen Chrlstodulus a), das ist, des Rnechcs Christi zeigte. Man glaubt, dieser heilige Mann habe den Kayscr überredet, dicscs Haus zu bauen. Die- N 4 ser a) Ayt'tg X^if»$ev^o§t 2oc> "»HM A M^ ser gute Pater, der gerne noch einen Zekin verdienet hätte, wollte den Sarg des heiligen Ckristodl man uns sagte,, dic Pcst die übrigen weggeraft hatte. Ungeachtet dcr Bischof von Samos, auch Bis6)of von pacmos scyn will, so läßt man doch einen Bischof nach eigenen Vclicbcn dahin kommen, wenn wan einen Papas einwcyhcn will. Was die bürgerlichen Angelegcuhcltcn betrift, so werden dieselben von zween Administratoren besorget, die alljährlich erwählt wcrden. Dieselben müssen für die Vczahlung der Kopfsteuer, welche achthundert Thaler ausmacht, und für die Vermögenssteuer sorgen, die zwcyhunderi Thaler betragt, ohne die Gc, schenke u» rechnen, die man dem Capital» Pacha und seinen Oss'cicrs machen muß, welche die dem Groß-hcrrn gehörigen Abgaben einfordern. Auf dieser Il.sel wohnen weder Türken noch iatemcr. Ein Gr'eche vertritt daseist die Stelle eines Consuls von Fra^krc'ch, ungeachtet er weder Vollmacht noch Gewalt da-.» hat. Er versicherte uns, daß solches in der Absicht geschehe, um dcr Nation dienen zu können, und daß diese Würde bereilS drey Zeugungen hindurch von dem Vater auf den Sohn sey geerdet worden, und daß sie dazu durch cin altcs Patcnt, das ihnen einer von den Konigen von Frankreich ertheilet, dessen Namen sie nicht mehr wußten, und den wir für Heim icb den vierti-n biclten, berechtiget zu scyn glaubten. Ich weiß nicht, wie es zugieng, daß man dieses Patent nicht fiudcu lonnte, als wir uns solches zum Auschen ausbaten. Dieser Consul isi cin guter Mann, an den sich alle Fremde wenden, und der sich im Nothfall für den Consul aller Nationen ausgeben würde, 204 ^O A O^" würde, welche auf diese Insel kommen. Cr verlieh, ret aber nichts dabey. Denn da wir in seinem Hause wohl bewirthet wurden, schenkten wir ihm mehr, als wir an einem andern Orte würden gethan habcli. Da sich alle Einwohner dcr Insel zur griechischen Kirche bekennen, so würden w«r hier ohne den Consul sehr lange Weile gehabt baben, als bey welchem sich die Frauenzimmer des Viertels unter dem Vorwand einfandcn, die Pflanzen zu betrachten, die wir von dem lande mitbrachten, DaS verschaftc uns einen angenehmen Zeitvertreib. Dcnn ausserdem findet man auf dieser Insel keine Ucberblcibscl dcs PrachtcS. Man siehet nichts als drey bis vier Trümmer von marmornen Säulen bey dem Hafen de la Scala. Dieselben scheinen von einem guten Geschmack zu seyn, und gehören ohne Zweifel unter die ältesten Stücke auf dem Archipelagus, woselbst man sich seit undenklichen Jahren nicht mehr mit dergleichen Arbeit abgegeben hat. Vielleicht sind es Ueberblelbscl von jenem Tempel der Hauptstadt, die, nach dem Bericht des Galenus, den Namen der Insel führte. In dem Vorhof der Kirche des heiligen Johannes sindct man eine Innschrift, die zwar alt, aber deswegen eben nicht viel wcrth ist, weil man sie nicht mehr lesen kann. Cbcn so verhält es sich mit einer andern, welche in dem mittlern Gang der Kirche ist. Das Haus, welches man Apoc.)lypsis a) nennet, ist eine armselige Einsiedeley/ die zu dem großen Klo- a) AnOKAAT*I2, Jg&. g-r. z. "Jh -f?ap. 204. ■___:^^^= f c/ (S Kloster des heil. Johannes gehöret. Man glaubt dieses sey der Ort gewesen, wo Johannes seine Apo-calypsin geschrieben; und dieses kann auch wohl richtig seyn, denn dieser heilige Apostel versichert, daß er auf der Insel parmos gewesen scye. Derselbe wurde bey der Verfolgung des Domicianus, die sich im Jahr 95 nach dem Tod Christi ansieng <, in das Elend verwiesen. In eben diesem Jahre wur, de der heilige Johannes zu Rom in siedendes Oel geworfen, und nachgehende nach parmos geschickt. Im folgenden Jahre, den achtzehenten September/ und also ein Jähr nach der Verbannung des heiligen Johannes wurde Domirianus gerodet. Da nun der Senat alles, was er gethan hatte, für ungültig erklärte, so rief Ncrva auch alle Verbannte zurück; folglich kam auch dieser Evangelist im Jahre 97, in» Hornung oder im Merz, wieder nach Ephesus, so daß also seine Verbannung nur achtzehcn Monate währte. Einige behaupten, er habe sich funfzchcn Jahre zu parmos aufgehalten, und der heil. Ire" näus sagt, er sey fünf Jahre daselbst gewesen. Dcr heilige Dicrorinus, und primanus, der Bischof in Africa, geben vor, dcr heilige Johannes sey nach Patmos geschickt worden, um in den dasigen Berg. werken zu arbeiten, von denen man aber gegenwärtig nichts mehr weiß. Die a) Glyc.Ann, p, 3, Zonar, Ann, 1,11. Gtdrt*n Comp. Die Einsicdcley dcr Apocalypsis stehet auf der Anhöhe eines Verges, der sich zwischen dem Kloster und dem Hafen dc la S, ala befindet. Man kommt zu derselben durch einen sehr engen Gang, der halb in den Felsen gehauen ist, und der in die Capclle füh, rct. Diese Capellc ist nur acht bis neun Schritte lang, und gcgcn fünf Schritte breit. Das Gewölb derselben ist schon, obgleich etwas gothisch. Rechter Hand stehet die Grotte des heiligen Iol>anlie^. Der Eingang derselben ist ungefehr sieben Schuh hoch. Derselbe ist durch einen viereckigen Pfeiler in zween Theile abgetheilet. Man zeiget den Fremden ganz oben an diesem E'mgang einen Ritz in dem Fels, und diese guten einfältigen leutc glauben, daß dcr heilige Geist durch denselben mit dem heiligen Johannes ge-rcdct habe. Die Grotte ist niedrig/ und hat nichts, das bemerket zu werden verdiente. Dcr Superior, der uns mit etl'chen Stücken von diesem Felsen ein Geschenk machte, sagte uns dabey, daß sie die Kraft hattcn, die bösen Geister zu vertreiben, und verschiedene Krankheiten zu bellen. Ich gab ihm dagegen einige Pillen für das Fieber, die er sehr nöthig hatte, um ein kaltes Fieber zu vertreiben, womit er schon seit etlichen Monaten geplagt war. Die Cisterne des Dausts stehet dcr Capclle linker Hand/ unter dem Fenster. Wir besuchten das große Kloster des heiligen Johannes zum zweytcnmal, um daselbst einige geographische Beobachtungen anzustellen. Lero Lero liegt zwischen Südost und Ost-Südost. Lipso, gegen Ost. Calimlio, gegen Südost. Nicaria, gegen Nordost. Arco, zwischen Nordost und Ost-Nordost. Wir rciselen den funfzehenten Hornung bey dem schönsten Wetter von pacmos ab, dem aber in ^ dieser Jahreszeit nicht zu trauen ist/ indem es ordentlicher Weise ein Vorbote eines Sturms ist. Unsere Absicht war/ nach Nicaria zu segeln. Der Südostwind a) aber war so heftig / daß wir uns zu Sanct Mmas 5) vor Anker legen mußten / so eine von den Fournischcn Inseln ist. Wir durften froh seyn, daß wir daselbst gegen Abend glücklich anlangten. Am folgenden Tag war der Wind noch viel starker. Wir trösteten uns damit, daß wir die Hof-nung hatten, ungeachtet des Regens, des Hagels, dcs Donners und der Blitze/ die so ganz erschrecklich waren, alle Winkel der Insel zu besuchen. Wir herborisirtcn also in unsern Caputröckcn, und kamen erst gegen Abend/ mit einer reichen Beute schöner Pflanzen zurück. Indessen da yuf dieser Insel keine Häuser sind/ oder, eigentlich zu reden, da wir nicht wußten, wo wir sie suchen sollten, beschäftigten sich unsere Matrosen, um uns unter Obdach zu bringen, den a) 3iroc. ^ ä^/ Meiber nennen diese Inseln Crusia, Tragia, Dipso, honellt. Allein diese Namen sind in Griechenland nicht bekannt; wenigstens wollten unsere Matrosen? die doch hier zu Hause waren, niemüls etwas dcrglei-chen gehöret haben. Es liegt wohl eine Insel, die Lipso heißt, acht Meilen von patmos, und folg' lich sehr weit von den Inseln Fourni entfernet. Dic Inseln, welche zunächst an dem großen BoghaS liegen, sind Groß Fourni, Sainr Minas, oder Alein Fourni, und Fimena. Die andern hcissen Älachopetra, prasonnisi, Coucounes, Acropo-fages, Agnidro, Scrongplo, Daralo und vcr, schiedene andere, die keinen Namen hüben, und deren zusammen mit denen, welche wir genennet haben, achtzehen bis zwanzig an der Zahl sind. Es ist aber keine derselben bewohnt. Die Insel Sanct Minas hat nur fünf bis sechs Meilen im Umfang. Sie ist wie ein Eselsrücken gestaltet, und bestehet gleichsam aus zwey Stücken. Dasjenige, welches gegen patmos zu liegt, bestehet aus elnem gemeinen Stein, Und ist mit Erde und Ge- "VM A Mc)^ 211 Gesträuchen bedeckt. Die andere Hälfte, welche an diese erstere scheint angeleimt zu seyn, bestehet aus dem schönsten Marmor, den matt finden kann; und in den Ritzen dieses Marmors wachsen dic schönsten Pfianzen auf der Insel, unter andern die weisse Winde a) (^ilei-on) mit silbernen Blättern, die fast den Olivenblattcrn gleich kommen. Dlc meisten andern Inseln sind lang und schmal. Mitten durch dieselben läuft gemeiniglich eine Kette von Bergen hin. Diese Gestalt haben Candia, Samos, Nican'a, parmos und Macronisi. Es scheint, das Meer habe von Zeit zu Zeit das flache laud, dessen Grund beweglich war, weggeführet, so daß nichts als die Ruinen der Berge übrig geblieben, welche der Gewalt der Wellen widerstehen konnten. Ich würde jetzt mchts mehr von dem ^rchlpe-lagus zu sagen haben, wenn mir nicht Theseus und Achilles eine Veranlassung wären / mich noch einige Zeit bey der Insel Skyros (5 aufzuhalten. Tbe-seus ist daselbst begraben, und die Geschichte des Ackilles auf dieser Insel ist bekannt. Ungeachtet sie weit von Samos entfernet ist, und ob wir dieselbe gleich nicht chcr besuchten, als auf unserer Rückreise von Smyrna nach Marseille, so glaube ich doch, O 2 es . a) Convolvulus arjjcntcus umbellatus ere&us. Infi, Rer. herb. Dorycnium. Clus. Tab, CQLXV, Asp, b) 2K.TPO2. SCYRUS* es sey schicklicher hier von derselben zu reden, als sie von den andern Inseln dcS Archipelagus abzusondern. Die Pelasgicr und die Caricr waren die ersten Einwohner von Skyros "). Diese Insel aber ist erst seit der Regierung des Licomedes, der sie beherrschte, in der Geschichte bekannt worden, als sich Ckcseus der König von Athen /»,, dahin begab/ um daselbst die Güter seines Vaters zu genießen. Theseus verlangte nicht, nltr die Wiedercrstat' tung derselben, sondern ^r ersuchte auch den König um Beystand wider die Athenicnscr. Allein L> cS-medes, der sich entweder vor dem Genie diefts großen Mannes sichtete, oder der nicht gerne mit dem tNnestheus, der ihn gcnöthigct hatte, Athen zu verlassen, in eine Zwistigkcit kommen ivolke, führte den Theseus auf einen Fels, unter dem Vorwand, ihm das Erbe seines Vaters zu zeigen, und stürzte ihn, wie die Geschickte meldet, hinab. Einige sagen, Theseus sey selbst von diesem Felsen herabgefallen, als er nach der Mahlzeit habe spazieren gehen wollen. Seine Kinder, die er auf die Insel Eudoea geschickt hatte, zogen in den trojanischen Krieg, und regierten nach dem Tode des Mnestheus zu Athen. Die Insel Skyros, sagt Srrado t), wurde tmrch das Bündnis berühmt, welches Achilles daselbst a) Stephan. b) Plutarcb. in Thef. -0 Rer. geogr^ selbst mit dem Könige LpcHmedes aufrichtete, indem er seine Tochter Deidamia heurathete/ mit welcher cr einen Sohn/ Namens Neoprolemus zeugete, der, um der Farbe seiner Haare willen, pvrrhusa) genennct wurde. Man erzog ihn auf dieser Insel/ von der er mit den besten Soldaten in den trojanischen Krieg 50g, um den Tod seines Vaters zu rächen. Die Einwohner dieser Insel waren sehr kriegerisch. Die Pallas war die Beschützerin dieses ianoes ö). Ihr Tempel stund an dem Ufer des Meeres ln der Stadt, welche mit der Insel gleichen Namen führte c). Man findet hier noch einige Ueberbleibsel von diesem Tempel, l)ie in etlichen Trümmern von Säulen und Kränzen von weisscm Marmor bestehen. Dieselben liegen bey einer öden Capclle, linker Hand, wenn man zu dem St. Georgen Hafen kommt. Wir konnten keine Inschrift finden, aber verschiedene Grundsteine, die, in Betrachtung der Schönheit des Hafens uns fast gewiß überzeugten / daß hier die alte Stadt müsse gestanden seyn. Ich will eben nicht sagen, daß diese Säulen schon seit dem trojanischen Kriege hier stehen. Abcr da die alten Tempel erst auf Befehl des Con-stamm.niedergerissen worden sind, so ist sehr zu vermuthen, daß man sie vorher öfters unter dem Na- O 3 men b) Palladi littoreae celebrabat Skyros honorum forte diem. Stat. Acbilleid. I. \t Č) 1xv$og »fjrpf xa) wiTvf. Violent, I. j. c. 13. H'4 "-V(.M ^s MF^ men der nämlichen Gottheit wieder ausgebessert Habs, bis das Christenthum eingeführet worden ist. Wenn diese alten Marmorsteinc keine Ucbcrbleibscl von dem Tempel der Pallas sind, so müssen sie wenigstens Trümmer von dem Tempel des V^epmnus seyn, 'der auf dieser Insel angebetet wurde. Gol-Zius a) hat eine Münze abbilden lassen, wo auf der einem Seite Neptun mit dem Triocns, und auf der andern Seite das Vordcrtheil emcS Schiffes zu sehen ist. Nach dem trojanischen Kriege bewiesen die Athc, nicnser dem Angedenken des Cdeseus große Ehre, und erklärten ihn für einen Helden. Sic bekamen sogar von dem Orakel/') Befehl, seine Gebeine zu sammeln, und sie ehrerbietig zu verwahren. i^7al-cianus von Heraclea versichert, daß sich die Eins wohner von Chalcis, so die Hauptstadt von Eu-boea war, auf der Insel Skyros niedergelassen haben; wozu sie ohne Zweifel durch die Güte und Schönheit des Hafens mögen bewogen worden seyn. Ich kaufte auf dieser Insel eine silberne Münze, die man vor einigen Jahren in dem Felde unter den Ruinen der Stadt gefunden hatte. Dieselbe ist von den Chc.lcidi?rn gcprägct worden, welche eben so wohl als die Einwohner von Skyros den Name« ihres iandcs beybehalten haben, um sich von den Pcias- a) 2KTFl£iN. b) ELuUtrch. in Toes. PelaSgiern/ Dolopcn und von andern Völkern zu unterscheiden, welche sich zu Skyros niedergelassen hatten. Auf dieser Münze siehet ein schöner Kopf, den ich nicht kenne, und dessen Name, der in der Crcrgue stund, gänzlich scheint ausgelöscht zu seyn. Auf der Kehrseite ist eine tcycr. Da auf dieser Münze der Chalcidier a) gedacht wird, so würde man nicht glauben, daß sie zu Skyros geschlagen worden sey, wenn sie nicht daselbst ausgegraben worden Ware. Bey Gelegenheit da ich der Dolopen gedacht habe, muß ich bemerken, daß sie plurarchus ö) als schlechte Ackerleute, aber als berufene Seeräu, ber beschrieben, die gewohnt waren, diejenigen, welche um der Handlung wegen zu ihnen kamen, zu plündern und gefangen zu nehmen. Als einige pojgt Vlutarcb. in Cimoq, 0 Tbucyd,,1.1, His ""V(,M ^i O^3> plünderte. Diodorus von Sieilien a) setzet noch hinzu, daß bey diesem Feldzuq die Insel durch das ioos sey gethcilct worden, und daß solche vorher die Pelasgier mit den Dolopen gemeinschaftlich besessen hätten. Cimon wendete alles an, den Sarg zu finden, in welchem die Gebeine des Cheseus verwahret wurden. Die Sache war schwchr, sagt plutarchus /?)>? weil die Einwohner des landes sehr eigensinnig waren. Endlich erblickte man einen Adler, der, wie man vorgiebt, mit seinem Schnabel und mit seinen Klauen die Erde auf einem kleinen Hügel aufschar? rete. Man ließ daselbst nachgraben, und fand den Sarg eines Mannes von schöner länge, mit einem Degen und einer lan^e. Dieses war genug, plu-rarchus meldet nicht, ob dieses Waffen eines Athe-niensers, eines Cariers, eines Pelasgiers, oder eines Dolopen gewesen. Man forschte nicht weiter nach; man suchte den Körper des Tbeseus, und Cimon ließ diesen Sarg vierhundert Jahre nach dem Tod dieses Helden nach Athen bringen. Die Ueberblelbsel eines so großen Mannes wurden mit großen Frcudcnsbe-zeugungen aufgenommen. Man vergaß der Opfer Nicht. Der Sarg wurde mitten in die Stadt gefiel-let/ und diente den Verbrechern zu einem Freyort. Sky- a) Bihliotb. Hiß. lib. u» £) Plutarch, in Ties. Skyros wurde den Athenicnsern wahrend den Kriegen, die sie mit ihren Nachbarn führten, abgenommen. Sie bekamen sie aber bey dem berühmten Frieden wieder, den Arlaxerres, der König von Pcrsicn, dcm ganzen Griechenlande, auf Bitten der taccdämonicr gab, die den Anralcidas an ihn abgeschickt hatten, um ihn darum zu ersuchen. Nach dem Tode Alexanders des Großen entschloß sich Demetrius I. mit dem Zunamen der Scadtedezwin-ger ^), den Städten Gricchenlandes den Frieden« zu geben, eroberte die Stadt Skyros und verjagte die Besatzung derselben. Es ist nicht nöthig zu sagen, daß diese Insel anfangs unter der Bothmaßigkcit des romischen Rei- , chcs gestanden, und nachgehende in die Hände der Griechen gekommen scy. Andreas und Hierony-. mus GiZl />), bemächtigten sich dieser Insel, nach-, dem Consiantinopel von den Franzosen und Venctia-ncrn war erobert worden. Sie kam nachgehende um tcr die Herrschaft der Herzoge von Naria. Wilhelm Carcerio eroberte sie, und hinterließ sie seinen Nachkommen. Sein Enkel Nicolaus Carcerio/ der neunte Herzog des Archipelagus, ließ das Castell mit vieler Sorgfalt befestigen, weil er gehört hatte, daß die Türken anficngcn, von den Küsten Asiens O s nach a) n»%io$xrs]yiq. Diod. Sic. Bibl bifior. I 20. p. 9,2%, V) Du Cange biß. des Emp. de Confi, Hiß, des Dues d? Archipel. 2'3 ^O ^ M^- nach Griechenland zu kommen / und die Abficht hätt ten sich derselben zu bemächtigen, um in dem Archis pelagus eine bequeme Rctirade zu haben. Und in der That wagten die Mahometaner auch, einige Zeit darnach eine landung auf dieser Insel. Sie wurden aber wahrend der Nacht dergestalt zurück getrieben, daß nicht ein einziger zurück blieb. Mali siehet noch um das Dorf herum die Ruinen von den Festungs, werken, welche die Türken, die jetzo im Besitz der ' Insel stehen, haben eingehen lassen. Es ist leicht einzusehen, warum die Inscl 55ky-ros vor Alters diesen Namen bekommen, welcher in der griechischen Sprache etwas rauhes und grobes bedeutet. Das ganze iand ist bergig, und es ist nicht zu wundern, daß mau zu den Zelten des Srra-bo die Ziegen desselben hoher geachtet, als der andern Insel ihre. Denn diese Thiere halten sich am liebsten in bergigen Gegenden auf, und suchen auf den höchsten Gipfeln derselben ihre Speise. Eben dieser Schriftsteller lobt auch die Metalle und den Marmor dieser Insel, Gegenwärtig weiß man aber nicht, ob hier Bergwerke sind. Was die Ziegen be-trift., so kamen sie uns eben nicht schöner vpr, als diejenigen, die wir auf andern Inseln gesehen hatten. Wir äsen auf dieser Insel vortrcfiiche Käse, die von der Milch dieser Thiere, mit Schafmilch vermischt, gemacht werden. So bergig dicst Insel ist, so ist sie doch angenehm,,und der wenigen Einwohner ungeachtet, wohl cultivirt. Denn man sagte uns, daß hter nicht mehr als sechshundert Familien wohnten, ob <^ 'lab. 28 ? 111. V/1Q Zl0 Skyros ob sie gleich sechzig Meilen im Umfang hat. Die Einwohner zahlen dem Großherrn alle Jahre fünftausend Thaler zusammen, für alle Arten der Abga» bcn. Sie bauen soviel Weitzen und Gersten als sie z« ihrem Unterhalte nöthig haben. Es kommen sogar die Franzosen manchmal zu ihnen, und kaufen ihnen Gctraide ab. Die Weinstöcke sind eine Zierde der Insel. Der Wein selbst ist vortrefiich und nicht theuer. Es wird viel davon nach Morca für die vcnctianische Armee verführet. Was das Wachs bc-trift, so bekommt man nicht viel über hundert Centner. Sie haben nicht so, wie die andern Inseln, Holzmangcl. Ausser den Steineichen, Masiirbäu-wen, und Myrthcnbaumen, sollen hier auch schone Fichten wachsen. Allein wir hatten nicht Zeit zu untersuchen, von was für einer Art sie sind. Dieses ist die einzige Insel, auf welcher man den Eleagnus findet. Sie stehen auf dcr Ebene, die von dem Sanct Georgcnhafen nach dem Dorf gehet. Den achtzchcntcn April 1702 nöthigte uns der Südost/ dcr Regen und der Hagel, in diesem Hafen einzulaufen. Wir wollten auf dem Schif dos Capi-tain Gucrin dc la Ciotat von Smyrna nach livorno scln. Ausser diesem Hafen, der eine große Flotte beherbergen kann, und wo man fast überall einen Ankcrgrund findet, gicbt ee hier noch einen andern, den man den Haftn mir drey Mäulern nennet. Bey der Einfuhrt desselben stehen zween Felsen, der einc heißt der zugehauene Fels, und dcr andere die flache Insel. Auf 220 "-V(.O m M^ Auf der Insel Skyros findet man nur einen einzigen Flecken. Derselbe stehet anf einem steilen Felsen in Gestalt eines Zuckerhutcs, zehcn Meilen von dem Sanct Georgenhafen. Das Kloster, welches den Namen von diesem Heiligen führet, macht den schönsten Ttzeil dieses Dorfes aus; ungeachtet sich in demselben nicht über fünf bis sechs Caloyers befinden, welche mit großer Sorgfalt ein auf einem sehr zarten Silberblat stehendes Bild bewahren, auf welchem der heilige Georgius sehr grob gestochen, und seine Wunder abgebildet sind. Dieses Blat, welches fast vier Schuh hoch und ungefähr zween Schuh breit ist, ist auf ein Sück Holz genagelt, das eine Handhebe hat, wie ein Creutz, und das man wie eine Fahne tragt. Dieses ist dasjenige Bild, welches, wie man vorgiebt, der Wuth der Iconoclasien entwischte, welches sehr viele Wunder thut, und besonders diejenigen ernstlich straft, welche die Gelübde, die sie dem heiligen Georgius gelobet, nicht gehalten haben. Die Griechen sind die größten Betrüger von der Welt. Zum Beweis dessen'will ich dasjenige anführen, was sie dem P. Sauger 6), in Ansehung dieses Bildes weis gemacht haben. ,, Dieses Bild, „sagt er, das ziemlich ungeschickt, auf eine Art eines „Klotzes von Holz, das mehr lang als breit und „ziemlich schwer ist, gemahlt ist, stehet auf dem Hoch-„altar der Hauptkirche, die dem heiligen Georgius „ge- «) H$* des Dues dc l'Archipel. ' "^O ^ OF^ 221 „gewidmet ist, und die von Schismatikern bedienet ».wird. Hier, wenn sich alles in der Kirche vergammlet hat, siehet man, wie sich das Bild für „sich selbst beweget, und sich, so schwer es auch ist, „in die iuft, mitten unter die Versammlung erhe-„bct; wenn sich nun darunter jemand befindet, wel-), cher der Kirche irgend ein Gelübde gethan, ohne eS „gehalten zu haben, so sucht es ihn unter dem Haussen heraus, setzt sich auf seine Schultern, hangt „ sich fest an ihn an, und giebt ihm sehr heftige Stöse/ 5, auf den Kopf und auf den Rücken, bis er bezah-„let hat, was er schuldig ist. Das lustigste bey der z, Sache ist, daß das Bild diese Kraft nicht nur in „den Ringmauern der Kirche, sondern überHaupts in „dem ganzen Gebiete von Skyros hat, in welchem „es einen Menschen entdecken würde, wenn er sich ,,auch noch so heimlich versteckt hätte. Die Art wo „das Bild seine Ronde macht, ist ausserordentlich. „Ein blinder Mönch tragt es auf seinen Schultern, „ohne zu wissen, wo er hingehet. Das Bild leitet ,ihn durch einen geheimen Eindruck in alle die Ocr-„tcr, wo er hinsoll, ohne daß man ihn jemals einen „ Schritt machen siehet. Wenn sich der Schuldner, „ der ihn von weiten herkommen siehet, seinen Verfol-„gungcn entziehen, und sich in dem geheimsten und „dunkelsten Ort des Hauses verbergen will, so sucht 2, ihn der Mönch auf, steigt hinauf und hinab, geht „hin, geht her, und sucht überall. So bald das „Bild den gefunden, den es haben will, springt es „ihm auf den Hals, schlagt ihn, stößt ihn, und legt „sich „sich so schwer auf ihn/ daß mir einige sagten, si« ^, haben geglaubt, sie würden erdruckt werden. „ Man hat wohl nicht nöthig/ um dieses zü erklären, wie der P. Sauger gethan hat, zur Zaube-rey seine Zuflucht zu nehmen. Man darf nur alle diese unverschämten iügcn läugncn, wie wir es zu Skyroo thaten, als man uns die Heldenthaten dieses Bildes erzählte. Ein sehr wackerer Mann aus unserer Gesellschaft, wollte Fch davon überzeugen, und versprach dem heiligen Georgius zchcn Thaler, in der Absicht, ihm nie einen Heller zu gcbcn. Als wir von unserm Spatzicrgang zurück gekommen waren, gicngen wir in die Kirche, um zu sehen, ob der Blinde seine Schuldigkeit thun, ihn an sein Vlrspre, chen erinnern, oder die Erfüllung desselben mit Schlägen fordern würde. Aber weder das Bild noch der Blinde waren an diesem Tage zu einer so unfreundlichen Handlung aufgelegt. . Der P. Sauger war aber eben so übel von diesen vorgegebenen Wundern, als von der Beschaffenheit des Bildes selbst unterrichtet. Es ist dasselbe keineswegs gemahlt, sondern blos auf eine silberne Platte gestochen, welches uns um so mehr Wunder nahm, da die Griechen keine geschnitzten Bilder leiden können. Die Capclle, in welcher dasjenige, von dem gegenwärtig die Rede ist, aufbewahret wird, ist sehr klein, und mit Vergoldungen nach griechischer Art gezicrct. Das Kloster ist unreinlich. Doch tranken wir daselbst einen vortrcftichen rothen Wein. Wir mußten aber unsere Neubegierde theuer bezahlen; und' die ble Mönche, die cs nns an unserm ganzen Betragen ansehen konnten, daß wir nicht leichtgläubig waren, beantworteten alle unsere Fragen mit iachcn. In« dessen blieben sie immer bey ihrer alten icycr, daß Man dem Bilde nichts versprechen müßte, woftrne man den Willen und das Vermögen nicht hätte, sein Gelübde zu erfüllen. Wir waren in diesem Punct. Ntit ihnen einig, und lobten, ihre Berrügcrey abgerechnet, ihre Devotion gegen den heil. Georgius. Die Einwohner dieser Insel bekennen sich alle zur griechischen Kirche. Sie haben noch ein Kloster, das dem heiligen Demetrius gewidmet ist. Daffclbe lst aber sehr klein und arm. Das St. Georgenklo-sier gehört denen Caloyers von St. iaura, die auf dem Monte Santo wohnen, und die allezeit die geschicktesten Mönche aus ihrem Mittel dahin schicken/ um das Volk in der Andacht gegen den heiligen Ge-orgius zu erhalten. Besonders unterrichten sie den Blinden, oder denjenigen, der den Blinden vorstellen muß, sehr sorgfältig. Der Cadi ist der einzige Türk, der auf der Insel wohnet. Die Administratoren sind verbunden ihn auszulösen,, im Fall er von den Corsaren sollte aufgehoben werden. Die Einwohner stehen für ihn/ und nehmen sich seiner an, wenn man ihn gefangen nehmen will. Alle Jahre werden drey Administratoren erwählet, welche die Gerechtigkeit sehr streng handhaben, besonders gegen die galanten Frauenzimmer. Wenn eine derselben auf frischer That ertappet wird/ so wird sie, sie mag nun schön oder heßlich seyn, durch 224 ^W ^t ^"^ - durch das ganze Dorf auf einer Eselin geführt, und jedes wirft ihr Koch, oder Kühmist und Eyer in das Gesicht. Auf diese Art verfuhr man mit einer kurz vor, unserer Ankunft. Der Bischof von Skyws ist sehr arm. Erlebt fast bloß von Allmostn, und wohnt in einer Hütte, die eher einem Kerker, als einem Hause gleich siehet. Doch hat er eine angenehme Aussicht. Er siehet das Meer und einige schöne Thäler, welche um das Dorf herum liegen. Man kann auf diesir Insel ziemlich wohlfeil leben. Die Schaafe kosten nicht über vierzig Sols, und die iammer zwanzig Sols. Am Wild-pret, besonders an Rebhühnern, haben sie einen Ucberfiuß. Sie haben auch das beste Waffer, und in allen Felsen sind Quellen. Der Bach, welcher in den Sanct Georgenhafen lauft, ist sehr schön. Um aus demselben frisches Waffer aufzunehmen, führet wan die Canots an das iand, und leitet das Wasser durch einen Schlauch von teder in die darinney befindlichen Tonnen. Ich habe die Ehre, u. s. w. Eilf- 225 Eilfter Brief. Beschreibung der Dardanellen, der Stadt Gallipoli und Constantinopel. Gnadiger Herr! 3??Hir giengen den funfzehentcn Merz 170? ln ^^ der Nacht/ in dcm Hafen von p^ra unter Seqcl, in der Absicht nach Constantinopel zu schiffen. Dieser Hafen liegt gegen den mitternachtigen Theil der Insel N7etelin, und da uns der Wind günstig war, erblickten wir mit Anbruch des Tages die Insel Ecnedoo. Wir fuhren vor dieser Insel und vor Croas vorbey. Geqen Mittag kamen wir in jenen berühmten Canal, welcher die becden schönsten Welt-theile Europa und Asien von einander absondert. Man nennet ihn den Hellespont, die N?erenge von Gallipoli, den Canal der Daroanellen, den Arm von Sanct Georgen, die Mündungen von Constantinopel. Von den Türken wird er Bogaz, Boghas, oder die Meerenge des weissen Meeres genennet. Cournef.Reis.lI.CH. P Helle- ^6 "-V(,M ^ Mc)3> Hellespont heißt, wie jedermann weiß, so viel als das Mcer der HcUe a). Denn die Alten glaub, tcn, daß eine Tochter des Achamas, des KonigS von Chcben, Namens Helle, darinnen ertrunken scy, als sie mit ihrem Bruder pkryrus nach Col-^:is wollte, um das goldene Vließ dahin zu bringen. Nach aller Wahrscheinlichkeit rühret der Name der Dardanellen, von der alten Stadt Dardanium her ^ die nicht weit davon entfernet war, und deren Name vermuthlich heut zu Tage würde in die Vergessenheit gerathen seyn, wofcrne daselbst nicht jener berühmte Friede zwischen dem Mirhridares und dem Feldherrn der römischen Armee, dem Sylla wäre geschloffen worden />). Diese Meerenge ist der Sancr Georgenarm, wegen eines Dorfes ge-nennet worden, das jenseit Gallipoli liegt und Pf« ristasis c) heißt, wo clne berühmte, dem heiligen Georssius gewidmete Kirche stehet, die von den Griechen sehr hoch gehalten wird. Der Canal liegt in einem schonen tande, das auf der rechten und linken Hand von ziemlich wohl cultivirten Hügeln eingeschlossen wird, auf denen man einige Olivcnbäumc, Weinstocke, und viel ackerbares iand siehet, Wenn man in denselben kommt, so a) Et satis amissa, locus hie infamis ab Helle. Ovid.* epifi. Leand. ad Heron, £) Plutarch, in SylU. so laßt man Cbracien und das griechische Cap a) linker 5)and; pl>rvgien aber und das Cap Jams-san />) rechter Hand. Das Propontische, oder daS Meer de Marmara zeiget sich gegen Mitternacht; , und der Archip^laIlw, oder das weisse Meer liegt gegen Mittag. Die Mündung des-Canals ist fast fünfthalbe Meilen breit. Derselbe wird auch durch einige neue Schlösser beschützet, welche Maho-»ner lV. im Jahr 1659 daselbst hat bauen lassen um die othomannischc Flotte vor den Angriffen der Venetianer in Sicherheit zu setzen, die sich vor den Augen der alten Schlösser der Dardanellen an dieselbe wagten. Die Feldherren Moiosini, Vembft und Mocemgo haben sich hier, wahrend des candl-schcn Kriegs sehr berühmt gemacht. Das Wasser des propontischen Meeres, welches durch diesen Canal stießet/ bekommt hier einen viel schnelleren lauf, so wie auch ein Fluß, der unter einer Brücke fortlauft. Wenn der Nordwind wehet/ so darf es kein Schif wagen, in denselben hinein zu fahren. Ist aber Sudwind/ so siehet man nichts mehr von einem Strom. P 2 Die a) Promontorium Mastufia. Pbn.Hist.nat. /. 4. c n, Sotin. c, to. Cape/1. I. 6. VLetg-ovtiot axga.- Ptol. /.3. c.i2. Ti n$6>Jea-(^eav. Strahl.il* fr) Promontorium Sigaeum. Plin. ibid. Ztysfaf ax^et Strabo ibid. ImpcJum deinde summit Hellelpon-tus et mare incumbit, vorticibus limitem fodieng donee Asiam abrumpat Jturopae. Plin, hist, nat. i. 5. c. 32. . !28 ""HM ^l MFl-" Die von Constannnopel herkommenden Kauf-farthcyschiffe halten sich drey Tage bey dem Schloß von Asien auf, um sich Visitiren zu lassen. Denn die Türken geben nicht zu, daß man ihnen ihre Sclaven entführe. Indessen wissen sich doch diese elenden Menschen so wohl zu verstecken, daß dieser Untersuchung ungeachtet, täglich einige entwischen. Alle Kriegsschiffe, sie mögen von einer Nation seyn, von welcher sie wollen, sind auf Befehl der Pforte gebalten, sich dieser Untersuchung zu unterwerfen. Doch ist diese Untersuchung allezeit mehr eine Ceremonie, als eine wirkliche Visitation. Die Erdbeschreibcr glauben insgemein, daß die Schlosser der Dardanellen auf die Ruinen von Scstos und Adydos il) gebauct worden, welche zwo Städte in den ältern Zeiten durch die liebe der Hevo und des Leander schr berühmt worden sind. Allein sie irren sich offenbar. Denn die Schlösser liegen einander gerade gegen über, da im Gegentheil jene beyden Städte eine sehr verschiedene läge hatten. Sestos lag so weit gegen das propontische Meer zu, daß Stlado, der mit dem Herodotus 875 Schritte von Abydos bis an dje benachbarte Küste rechnet, von dem Hafen dieser Stadt, bis zu dem von Sestos 3750 Schritte zahlet b). Leander a) Abydos magni quondam amoris commereio insignis eft. Atom. Marc, Li. c, 19. k} Rer. geogr. 1.13, "Tab. zg. Cte.va±io7t des er/ien ocUr ruiujb Schlosses der DardanzlttiL auf der tAfiaiiscfan, Sette. Trofptct dUs ersten oder ' TUuenTjcMofses wtf dir Schlosses auf der £u.ropaetschen, Seite . VProfpect des then. SchU/s« -uf^ CvTcpatischm Scat. 5 gedichtet/ und daß Herodoms die Sache auf cinrr zu ernstlichen Seite angeschen habe. Die dreyhun-dcrt Streiche bedeuten, nach der Meinung des Herrn Gilles/ eben so viele Anker/ die man in das Mcer gelassen hat/ um die Schiffe damit zu befestigen, welche zum Bau der zweyten Brücke gebraucht wurden; und die zwo Handfesseln/ bedeuten zwo eiserne Ketten / womit man Le an beyden Enden und auf beyden Kästen angehängt hat. Ueber diese zweyte Brücke sah man a) in sieben Tagen und sieben Nächten siebenzchenhundcrttauscnd Mann Fußvolk/ nach dem Herodocus ö)/ und achtzig' jausend Mann Rcuterey ziehen / ohne die Kamele und die Wagen zu rechnen. Diodorus von Sic>-lien c) zahlet nur achtmalhundcrttausend Fußgänger. Isocrares rofius lassen noch dreymal hunderttausend Mann Hülfsvölkcr mit marschiren. Cornelius Nepos/) endlich nimmt siebenmal hunderttausend Mann Fuß, volk an/ und vermehrt die Anzahl der Reuterey auf viermal hunderttausend Mann. P 4 Vcr- ä) Arian Lib. I. de exped. Alex, h) Herodot. ibid, č) Bibl biß. /, 5, p, 2. d) Im Panathtnaic. e) Var bist l. 13. c„!3« /') in Tbtmiftoc. Vermuthlich habcn die Türken bey ihren Eroberungen nicht so viele Truppen durch dlescn Canal paßiren lassen. Ehe wir aber von ihrer Erscheinung in Europa reden, müssen wir vorhero bemerken, daß p..rmenlo von Alexander dem großen Befehl gehabt, seine Reutercy und den «.roßten Theil seiner Infanterie von Sestos nach Adydos auf hundert und sechzig Galeeren zu führen, ohne die lastschiffe zu rechnen. Calcondylas versichert, daß unter der Regierung des (l)rboman bereits achttausend Tür, ken durch den Hellespont gebrochen, und bis an die Donau gedrungen seyen, wo sie vou den Scythen zu-rückgetricbcn und genöthiget worden, wieder nach Asien umzukehren, und daß indessen die Kayscr zu Constantinopel, der altere und der jüngere AndrO-nicus/ aus dem Hause der Palaologen, das Reich durch ihre Uneinigkeiten zerütttt hatten. Indessen wurden doch die Muselmanner nicht so ganz aus Thra-cien gcjaget, daß nicht ein Theil von ihnen daselbst sollte zurückgeblieben seyn, welche endlich unter der Regierung des ^olyman, des Sohnes (Drcan, eine noch größere Menge dahin gezogen habcn. Nach dem Leunclaviusa) geschahe diese Passage fünf Meilen von den Dardanellen. Denn er nimmt an, daß Nialra ö) nicht weiter als drey Meilen davon auf der Küste von Europa entfernet sey; und zwo *) Atmal. de Sultan, OJmen et hist, Alufulm. b) M«'^#?#?. Herod. zwo Meilen Von Niaira, liegt nach seiner Ausrechnung das Schloß Zemenic a) wo die Türken anläuteten. Als Solyman eines Tages / auf der Küste von Phrygien, d^z, er vor kurzem erobert hatte/ herum gieng, machte ^cr Anblick der Ruinen von Troja, auf einmal einen so starken Eindruck auf ihn/ daß er plötzlich in ein tiefes Nachdenken geriettz. Jusuph iLzes ^>ey, einer von seinen vornehmsten Officieren, konnte sich nicht enthalten, ihn um die Ursache davon zu fragen. Ich möchte gerne/ antwortete SolymaN/ das Meer paßiren/ um nach Griechenland zu kommen / ohne daß es die Christen gewahr würden. iLzcs setzte sich, um seinem Verlangen ein Genüge zu leisten, mit einem einzigen von seinen Freunden auf ein Schif, recognoscirte die Gegend und brachte einen griechischen Gefangenen mit zurück. Dieser Gefangene, der verlohren zu seyn glaubte, wurde wohlgehalten , und machte sich anheischig den Truppen deS Prinzen den nächsten Wcg nach Griechenland zu wci, sen, ohne daß die Christen etwas davon inne werden sollten. Sieben bis achthundert Mann, lauter auserlesene ieutc, mußten sich in der Nacht auf den Weg machen, und der Gefangene führte sie geraden Weges auf das Schloß Zemenic zu, wo man ihnen nicht den geringsten Widerstand that. Denn die Einwohner waren mit der Erndte beschäftiget, und daS P s ganze z) X^^s»«^?. Nmenlic Issar, ein schlechtes Dorf zwanzig Mellcn von Galllpoli. ganze Schloß war fast mit Misthaufen bedeckt/ die ganz nahe bey dem Eingang der Burg warcn. Die Einwohner wurden von den Türken nicht nur nicht übel behandelt, sondern noch dazu^mit Geschenken und tiebkosmigcn überhäuft. Es geschah weiter nichts, als daß man dem Solyman einige Gefangene übcr-schickte, um ihn zu überzeugen, daß der Ort erobert sey. Einige Zeit darauf verfügte sich auch die Reu, terey dahin. Endlich wurde auch GaUipoli ange, griffen und im Jahr iZs? erobert. Solym^nn starb noch in eben diesem Jahre, an einem Fall, den er auf der Jagd gethan hatte. Orcan überlebte ihn nur zwey Monate. Murar, sein zweyter Sohn, war sein Nachfolger. Dieser eroberte im Jahre 1360 Adrianopel, woraus er die Hauptstadt seines Reiches in Europa machte, wie es prusia in Asien war. Ich habe zu Constantinopel öfters sagen hören, daß die Jahrbücher der Türken mit Erzählungen der Kriegslisten angefüllt seyen, deren sich die Türken bey ihren siegreichen Kriegen wider die Christen sollen bedient haben. Ich will nur eine einzige davon aus dem ^eunclavius a) anführen, die aus ei« nem türkischen Original übersetzt worden, und die eben den Solymann angehet, von dem wir vorher redeten. Dieser Prinz schickte, nach Aussage der türkischen Chronik achtzig Mann in den Hellespont, die fich in den Weinbergen bey dem Flecken verbergen ' mußM, 4) Hist. Musulm. /.4» mußten, und die mit Anbruch des Tages sechs Wein-tzartncr, die an ihre Arbeit gehen wollten, gefangen nahmen. In der folgenden Nacht versteckten sich siebcnzig Muselmänner in einem Hinterhalt bey dem Flccken, wahrend daß die übrigen zchen/ mir den Weingärtnern auf der Heerstrasse blieben. Indessen wurden vier von diesen unglücklichen erwürgt und an Bäume gehangen, welche auf eiuer Anhöhe stm den; man ermordete sie mit unterwärts hangendem Kopf, wie man bey uns die Schaafe aufhängt, wenn man siezcrstücken will. Eimr davon wurde wie ein Schwein an den Bratspieß gesteckt, und die nocb lebenden wurden genöthigct, ihn bey einem guten Feuer umzudrehen, um ihn zu braten. Am folgenden Tage, da die Bauern wieder auf das Feld giengen, nahmen die Türken abermals einige von ihnen gefangen. D'cses waren ehrliche Alte, die sich mit genauer Noth von der Stelle bewegen konnten, und die sehr erschra-ckcn, als ihnen die Türken sagten, daß sie Türken wären, und daß sie nichts als Menschenficisch zu essen pficqtcn. Nach einigen traurigen Unterredungen schickte man sie wieder zurück, indem man ihnen sagte, daß die Türken gewohnt wären, ein besseres Fleisch zu essen, und daß man sie in der Absicht loß ließe, daß man ihnen jüngere teute schicken sollte, die sie mit bessern Appetit verzehren könnten. Während daß man wartete/ wurde der Spieß immerzu umgedrehet. Diese Alten, die nicht mehr als zctzcn Türken gese, hcn Hütten, kehrten viel geschwinder in den Flecken zurück, als sie gekommen waren, und ficngen an wie 2)6 ^O Vl OF^" rasende leute zu fiuchen. Was macht ihr doch hier? jagten sie zu ihren iandsleuten, sehet ihr denn de» Spectakel nicht. Es sind nur zehen Türken, die «inen von unsern Brüdern braten, und man hat uns bloß deswegen zurück geschickt, weil unsere Haut zu hart ist, und weil sie ein jüngeres Fleisch haben wollen. Der Commendant des Ortes, welcher ein noch junger Mann war, bot sogleich alle junne Mannschaft auf, und gab derselben Befehl, sich eilfertig zu dem Feuer zu verfügen und die Türken zu todten. Alles eilte aus dem Flecken. Zu ebe« dieser Zeit liefen die andern siebenzig Muselmänner, die bisher auf dem Bauch in den Gestrauchen gelegen waren, in den Flecken, und bemächtigten sich der Thore, so bald sich die Einwohner weit genug davon entfernt hatten. Das Volk gieng immer weiter fort, ohne sich einer lift zu versehen. Endlich liefen auch die Türken, welche den Christen hatten braten lassen, anstatt sich zu entfernen, mit aller Eilfertigkeit auf die Stadt zu. Welche Thorheit! sagten die Griechen, das sind rasende leute, die ihren Verstand verlohren haben; sie suchen in unsern Hausern eine Zuflucht. Wir wollen sie gehen lassen, und sie dann alle miteinander in unsern Häusern niedermachen. Allein so bald diese rasenden ieute in dem Flecken waren, verschlossen sie die Thore, und stiegen mit ihren Kameraden und mit den meisten Kindern, welche in den Hausern zurück geblieben waren, auf die Mauern. Die armen Griechen sahen diesem Schauspiel mit Erstaunen zu. Man ließ ihnen wissen, daß man alle ihre Kinder erwür- erwürgen würde/ woferne sie nicht zurück in ihre Häuser giengen; man gab ihnen auch die Versicherung, daß ihnen kein leid geschehen sollte. Das gemeine Volk kehrte äusserst bestürzt zurück; allein die vornehmern leute, wollten solches nicht eher thun/ als bis ihnen die Türken auf dem Alcoran geschworen, daß sie ihnen ihre Güter nicht nehmen wollten. Ungeachtet es einem Bosewicht etwas leichtes ist, einen Eid zu schwören, so nahmen sie doch ihre Zuflucht zu einer Art einer heimlichen Ausnahme, an die freylich die Griechen nicht gedacht hatten. Man rodete die Vornehmen, und gab auf die deswegen geführten Klagen zur Antwort, man habe sich blos allein anheischig gemacht, sich an ihren Gütern nicht zu vergreifen; dieses habe man auch gehalten, und wolle es auch in Zukunft auf das gewissenhafteste halten. So werden die Christen von den Türken in ihren Geschäften behandelt. Den Muselmannern fehlt es niemals an solchen Arten von Distinttionen. N)a-Homer II. ließ nach der Eroberung von Negrepont den Körper des Erizo, des Stadthalters des Ortes, entzwey sägen, indem er sagte, daß er zwar versprochen habe, seines Kopfes zu verschonen, nicht aber seiner Seiten. Die griechischen Geschichtschreiber stimmen in der Erzählung dieser Begebenheiten, nicht miteinander überein. Denn Ducas behauptet, daß die Türken nicht eher als in den Jahren izs6 und 1357 da« erstemal in den Hellespont gekommen wären. Daß Homur, des Arm Sohn, und Orcan ganz'Thra- cien 2Z8 ">V(,M A O^> , cien verheeret hätten, von denen der eine Smyrna und Kphesus, und der andere prufia beherrschte. So viel ist richtig, daß Muselmanner erst siebenhundert Jahre darauf, nachdem sich der Mahometismus in Asien festgesetzet hatte, nach Europa gekommen seyn. Denn die Hegira, oder die mahometanische Zeitrechnung, die sich mit dem Tag der Flucht Mahomecs von Mecca anfangt, fängt im Jahre 622 der christ, lichen Zeitrechnung an, und Orhomann, der erste türkische Kayser starb erst im Jahre 1328. Gallipoli a) war die erste Stadt, wo sie sich in Europa niederließen. ^Die iage dieses Ortes ist so bequem, um nach Asien zu kommen, daß die Fürsten/ welche ihr Augenmerk auf diese Provinz gerichtet, allezeit den Anfang damit machten, daß sie sich dieser Stadt bemächtigten. Sie wurde nach der Eroberung der Stadt Constantinopel durch die iatciner, dcn Venetianern zu Theil. Allein varaca b) dcp griechische Kayscr, welcher seine Resienz zu Niagncsia, an dem Verg Sipylus hatte, hat diese Stadt, da er mit dem Robert von Courrenai, dem vierten französischen Kayser Krieg führte, belagert, sie erobert und im Jahre 1235 alles mit Feuer und Schwerd ver- a) CallipoHs. Pit». A 4. c. 11. K*>2fc/irA*?, V) Gregor. IX. Epifi. 313. /.9. Du Cange bifi, des Emp% do Const. 1.3. Ioannes Ducas qui et Batatza gener- que Theodori Cafcaris imperil scdeai habuit Ma» gnelia apud Sipylum annis 33. Ducas hist* Bezant, verheeret. Die Catalonier, welche sich bey so vielen Gelegenheiten in Griechenland hcrfür gethan hatten, setzten sich im Jahre 1306 unter dem Roger de Flor/ dem Viccadmiral von Sicilien/ zu Gallipoli fest. Nach dem Tode dieses Admirals a), der zu Constan« tinopel wider Trauen und Glauben/ und wider den Eid, den der Kaiser Andronicus auf dem von dem heiligen Lucas gemahlten Bild der heiligen N?aria abgeleget, gctödet worden war/ machten die Spanier alle Einwohner der Stadt nieder, und verschanzten sich so gut/ daß sich Mickael paläologus, der Sohn des Kayscrs/ gcnöthiget sah, die Belagerung aufzuheben. Remond Monraner /») und die Weiber der Catalonier/ deren Manner bey der im Felde liegenden Armee waren / vertheidigten sich in dieser Stadt so großmüthig gegen dcn AnroniusSpinola, welcher sie auf Befehl des Kayscrs zum zweytenmal belagerte/ daß die Genueser genölhiget waren/ sich zurück zu zichen. Da endlich die Catalonicr einsahen, daß sie sich nicht lang in Gallipoli würden erhalten können / so schleiften sie im Jahre 1307 die VestungS-werker dieser Stadt ci. Auf diese Art muß es vermuthlich auch dem Solliman, dem Sohn des Orcan, nicht viel Mühe gekostet haben, sie im Jahre iZs? zu erobern ch, denn die Mauern der Stadt, waren damals a) Du Cange^ ij,,d. /. 6. *) Pachim. l. ,?# f, 2 €) Du Cange ikidt <0 C*his. 240 , ">V(>M M M^> damals noch niedergerissen / und der Kayser Johannes paläologus a) sagte, um sich wegen des Verlustes derselben zu trösten/ er habe nur einen Wein» kruq und Schweinstall verlohren, womit er ohne Zweifel auf die Magazine und andere Höhlen zielte, welche Justinian daselbst für die Unterhaltung nichc nur eincr starken Besatzung, sondern auch der Truppe«, welche dasiand bewahren mußten, hatte bauen lassen ö). In eben dieser Absicht hatte dieser Kayscr, nach dem Bericht des procopius, Gallipoli aufs neue mit guten Mauern versehen lassen. Baiazet I. dem die Wichtigkeit dieses OrteS/ wegen der Passage von Pnlsia nach Adrianopel bekannt war, als welches damals die beyden Hauptstädte des othomannischen Reiches waren/ ließ Gallipoli im Jahr 1391 wieder herstellen c). Er licß zur Bcschützung derselben einen großen Thurm aufbauen, und daselbst für seine Ga> leeren einen guten Hafen anlegen. N7ustapl>a, ei« ner von seinen Söhnen, bemächtigte sich derselben nach dem Tode desMakomet I. um dem Amurar I. seinem Neffen und rechtmäßigen Erben des Reichs, den Weg nach Europa zu versperren ^). Allein dieser eroberte (ßalllpoli und Adrianopel wieder, wo er den Mustapha aufhangen ließ. Die, a) Anal. Tute, £) Procop. de aedif. laß. 1,4. C, 10« cfcDucas Hiß» Bysant, C, 4. d) Idem ct 24. Die Genueser erleichterten dem Amurax die Passage des Canals, und Ducas a) erzählet, daß solches auf den Schiffen des Jean Adorne pode-stat von Phocäa geschehen sey. Allein dieser pode-siac wußte sich, bey aller seiner Jugend, diese Gelegenheit als ein kluger Mann zu Nutze zu machen. Er verlangte mitten ^us der Durchfahrt von dem Sultan die Aufhebung dcs Tributs / den die Genueser alle Jahre für den Alaun von pbocHa bezahlen mußten, welches er auch erhielt. Calcocondylas ö) sagr .ächtss von dem Alaun, doch meldet er, daß dieser Transport mit Hülfe des Geldes geschehen sey, und Lt uncl^vius c) setzet hinzu, daß Amurat ft'rr jeden Soldaten wcmgstcus ein Paar Ducatcn habe bezahlen müssen, Gallipoli ist noch gegenwärtig eme große Stadt «an dcr Mündung dcs propontlschen Meeres, oder des Meeres de t^Narmara/ und liegt in einer Meerenge, welche ungefähr fünf Meilen breit isi> fünf und zwanzig Meilen von den Dardanellen, vierzig Meilen won N7avmara, und zwölf Meilen von Constant!« Hlopel. (Salllpoli liegt auf einer Halbinsel, die zween Häfen hat/ einen gegen Süden und einen gegen Nor-Den. Man zählet hier ungrfahr z) Lib. ?, <•) P/^n^. hist. lutt. c. 89. Q 242 "^O A Oe^" Juden. Der Bazan oder der Bezestein, der Ort, wo die Kaufmannswaarcn verkauft werden, ist ein schönes Haus, mit verschiedenen Helmdächern, die mit Bley bedeckt sind, und wird für das schönste Gebäude in der Stadt gehalten, die übrigens ohne Mauern ist, und blos allein durch ein schlechtes vier^ eckiges Castell mit einem alten- Thurm beschützet wird, so ohne Zweifel der BajazetSthurm ist. Man versicherte uns, daß die Hausthüren der Griechen und der Juden sowohl hier, als in vielen andern Städlcn in der Türkey, nicht über dritthalbe Schuh hoch waren, und daß man diese Vorsicht deswegen gebrauche, damit die Türken bey ihren Debauchcn nicht in die Hauser der Christen und Iüden reuten können; wö sie oft tausend Grobheiten begehen. Sö viel kann man von Gallipoli sagen, ohne in dieser Stadt selbst gewesen zu seyn. Wir la'.cn in einem Hafen a), sechs Meilen diesseits der Stadt, vor Anker; der Nordwind hielt uns daselbst bis an den heiligen Abend auf. Viir ärgerten uns jetzt sehr/ daß wir uns nicht zu Gallipoli vor Anker gclcgct, wo wir vielleicht Dinge würden angetroffen haben, die unsere Aufmerksamkeit verdienet hätten. Wir konnten weiter nichts thun, als daß wir im Vorbey-, fahren die Stadt abzeichneten, und dieses Geschäfte erleichterte eine Windstille, die uns auch Zeit ließ) sie genäucr zu betrachten. Man a) An Portus Coelos* oUt Ktttif? Amm.MdrdUto c. 2» -fair. St. ■Z^JJl.-ptiq. X.^i-1. GALLIPOLI Man versicherte uns, daß auf der Küste von Asien, der Küste von Gallipoli gerade gegen über/ ein Flecken Chardac oder Camanar sey, wohin man von Smyrna käme, um den Canal zu paßiren, und die Reise nach Gallipoli zu iande zu machen; daß auch der Wind nicht der günstigste sey, um zur See nach Constantmopel zu reisen. Wir hatten diesen Weg gerne gemacht. Man siehet auf dem Wege Rodosto, Heraclea, Sclivrea und verschiedene anders Plätze, die uns viel merkwürdiges würden ge-zelM Aben. Allein unser Capitain wollte nicht an der Küste von Europa anlanden, und der Südwestwind, der sich erhub, machte, daß wir in kurzem die Inseln von Marmara zu Gesichte bekamen. Neben selbigen ist ein schlechter Flecken, Namens Lar-rachi, den man für die alte Stadt priapus hält. Wlr segelten mit günstigem Wind über das propon-tische Meer, und bekamen daö schönste tano von der Welt zu sehen, uemlich die sieben Thürme, und dle Küste von Constantinopel; so den Eingang des thra, rischen Bosphorus, der auch der Canal des schwarzen Meeres genennct wird, einnimmt. ' i Constantino pel mit seinen Vorstädte«/ ist, ohne Widerspruch, die größte Stadt in Europa. Die iage derselben, ist nach dem übereinstimmenden Zbugnle aller Reisenden und selbst der alten Geschicht« schreiber a), die angenehmste und die bequemste auf ^2 , .I'V' QH der **) Polyh Hiß» I. 4. Tacit. Am*1. 1,12. 244 ^W A OM" der ganzen Welt. Es scheint, als ob der Canül der Dardanellen, und der Canal des schwarzen Meeres ausdrücklich darzu bestimmt wären, ihr die Schätze, aus allen vier Theilen der Welt zuzuführen. Was aus dem Reich des N7ogols/ aus Indien, aus dem entferntesten Norden, aus China, aus Japan dahin , kommt, muß über das schwarze Meer. Alle Waaren^ aus Arabien, ausAegypren, Aechiopien, von der -Küste von Africa, aus Ostindien, und alles, was iLuropa gutes hat, wird dahin durch den Canal des weissen Meeres gebracht. Diese becden Canalt sinh gleichsam die Thore von Constancinopel. Die -Nord- und Südwinde, welche daselbst gewohnlicher Weise wehen, sind gleichsam die Flügel derselben. Wenn der Nordwind wehet, so ist der mittägige Hafen verschlossen, das ist, sv kann von der mittägigen Seite her, nichts in die Stadt kommen? sie öfnei sich aber wieder, wenn der Südwind die Oberhand hak Wollte man also diese beyden Winde nicht ditz Thorfiügel dieser mächtigen Stadt nennen 5 so würdn man doch sagen müssen/ daß sie die Schlüssel derselben seyen a). Thevenot behauptet, Constaminopel sey viel klemer als Paris, und habe nur zehen bis zwölf Meilen im Umfang. Spon setzet solchen auf fünfte zehen^ d) 'EiGctyti fie» its *}•» vl»*]tv »iio^ $%aytt $i ßt^ietg neu jivjeig avetyxtj^ifS-*i irss 5 ix*Jt*t0 To 9 i%ipu> 7*»g «ttepne. Polyb. Hiß, /,4. zehen Meilen. Ich meines Ortes glaube, daß ihr Umkreiß drey und zwanzig Meilen betrage, und wenn noch zwölf für die Vorstädte Galara, Cajsun-Pa- Die folgenden befanden sich in der Gegend von den sieben Thürmen bis zu dcm Serail. IIA2I PßMAIOIS MEsAS 4E2HO- TH2 ETEIPE PÜMANO2 NEON nAKME JIZTON TONAE nTPTON EK BA&PON, Ron^anus, der erhabene Kayfer aller Griechen, hat diesen neuen und großen Thurm von Grund aus wieder aufbauen lassen. nrproz basiaeiot kai kons TANTINOT ni2TfZN EN xE ATTO-KPATOPßN ET2EBEI2 BA2IAEI2 Pß-MEstN. '^ T^burm des Basilius und des Consianttn, der gläubigen Kayser in Christo Jesu/ und der frommen Könige der Römer. nrpros 0eo*iaot en kpistxi ATTOKPATOPOS. Tkurm des Theophilus/ des Kaysers in Christo Jesu. nrprox geo*iaoy kai mixaha IIIXTstN EN XÜ ATTOKPATOPflN. Thurm des Theophilus und des Michael/ der glaubigen Kayser in Christo Jesu. äXL. *4? ANEKA1NI20H Eni BA2IAEIOT KAI KON2TANTIKOT T&N ÜOPSTPO-TENNHTstN *IAOKPI2TstN SEBASTstN AE2nOTaN EN ETE K. $; K, A. Thurm, der unter dem Basilius und Con-siantinus Porphyrogenitus, den Knechten Jesu Christi/ und erhabenen Kaysern aufs neue aufgerichtet worden ist, im Jahre------^- ANEKAINIZeH ETll MANOTHA TOT «IAOXPI BA2IAEIO2 PstMEIOT TIOT EN ...» KAI ATTOKPATOPOX PO-, MAiaN TOT KOMNHNOT IN ETEl *XOBMB. Erneuerter V(,O ^l G^ siens von Holz und tcimen gebauet, daher auch da« Feuer taufende derselben in einem Tag verzehren kann. Die Soldaten legen öfters Feuer ein, wenn sie gerne Beute machen mochten; auch die Türken zünden ihre Häuser mqnchmal an, wenn sie auf ihren Betten Toback rauchen. Man würde sich trösten können/wenn man keinen andern Verlust hatte, als sein Haus; denn man baut hier sehr wohlfeil, und die Küsten des schwarzen Meeres sind im Stande so viel Holz zu liefern, daß man, wenn es nöthig wäre, Conj5ammoprl alle Jahre neu aufbauen könnte. Allein bcy solchen Feucrsbrünsten werden ganze Familien, durch den Verlust ihrer Waaren, zu Grunde gerichtet. Wenn zwey bis dreytausend Hauser abbrennen, so wrrd dieses für eine Kleinigkeit gehalten a). Man hat öfters den Verdruß, daß einem sein Haus geplündert, oder niedergerissen wird, ungeachtet das Feuer noch mehr als zweyhundcrt Schritte davon entfernet ist, zuMal wenn der Nordostwind, welchen die Türken den schwarzen ilVind (<Ü2r2-3e1) nennen, sehr stark wehet. Man hat kein anderes Mittel erfinden können, den Untergang der ganzen Stadt zu verhindern, als daß man sehr Viele Gebäude niederreisset, sonst würden dergleichen Feuers- a) Ibrahim Effendi bat den Gebrauch der Feuersprü, tzcn in Constantinopel eingeführet, daher die Feuers, brünstc, die oft fünfzig bis siebe^ziqtausend Hauser verzehret haben, nicht mebr so großen Schaden thun Wie ehcmalS. Vüschings Lrdbeschr. Th.z. S.4k Zeuersbrünste allgemein werden. Die fremden Kaufleute haben seit enigen Jahren den klugen Einfall gehabt, daß sie zuGalara sehr dauerhafte Magazine von Ouatersteinen aufbauen lassen, die ganz allein stehen, und die keine andern Fenster haben, als nur solche, die man schlechterdings nicht entbehren kann, deren iaden, so wie auch die Thüren mit Eisenblech überzogen sind. Die Pest und die Levcmis sind, nach dem Feuer, die beyden Geiseln für Constantinopel. Es ist wahr, die Türken sind nicht würdig zu leben; sie können ganz gelassen an einem Tag fünf bis sechshundert Personen an dieser grausamen Krankheit sterben sehen, ohne auf Mittel zu denken, wie dieselbe könnte vermieden, oder bekämpfet werden. Sie fangen ihre Proceßionen auch nicht eher an, als bis das Uebel so weit um sich gegriffen hat, daß des Tages ^ wenigstens zwölfhundert Menschen sterben. Die Ge-räche derer, welche an der Pest verstorben sind, lon-nen eben so leicht verkauft werden, als dicjcnigcn, welche ieute hinterlassen haben, die Altcrshalber, oder eines gewaltsamen Todes gestorben sind. Wir hatten uns wohl vorgesehen. Wir versahen uns bey unserer Abreise von Marseille mit einem guten Vorrath von kieri-ez ä cautere, und wir würden, wenn sich die geringste Beule an unserm Körper gezeigct hatte, solche mit einer tänzelte geofnet, darauf geschröpft, und diesen Stein darüber geleget haben, um so bald als möglich, denjenigen Theil, wo sich die große Gewalt des Giftes äusserte, von demselben zu befreyen. Ausserdem würden wir es auch nicht an andern Gegenmitteln / an dem Theriak, Orvletan, englischen Tropfen und dergleichen, haben mangeln lassen / womit wir hinlänglich versehen waren. Doch würden alle diese Mittel nicht helfen, wenn nicht der Gebrauch des Brechweinsteins vorhcrgienge, welcher öfters, nach Beschaffenheit der Umstände, auch sogleich muß genommen werden, so bald man etwas, lm Kopfe empfindet, oder sich der mindeste Eckel ein» gefunden hat. ' Was die Aevemis betrift, welches Soldaten find, die auf den Galeeren dienen, und welche mit ihren kurzen Säbeln in der Hand, die leute überlaufen, und solche Grimassen machen, wodurch diejenigen, die sie nicht kennen, in große Furcht gejaget werden können, so hat vor einigen Jahren der Cat-macan, oder der Gouverneur der Stadt, auf Verlangen 5>er Abgesandten, den Fremden erlaubt, sich wider sie zur Wehr zu setzen, wie man denn auch diesen Pack mit Degen und Pistolen den Kopf zurecht gese-tzet hat. Ungeachtet die tapfersten Muselmänner uns für sehr ungeschickt halten, und glauben / daß wir mit dem Gewehr weder auf eine edle, noch auf eine angenehme Art umgehen können, so können sie doch unsere Degenspitzcn nicht sehen, ohne davon zu laufen. Diese Christenhunde, sagen sie, rennen einem den Degen ohne alle Umstände durch den Leib, ohne einem einmal Zeic zu lassen, sich zu ver, theidigen. Unsere Degen treffen auf einmal, da man im Gegentheil, um einem mit dem Säbel eines zu zu versetzen/ zwo Bewegungen machen muß. Sobald einem auf den Straffen zu Constarttinopel lcute in Wambs und Hosen/ ohne Strümpfe/ mit Schuhen ohne Absätze, und mit dem Dolch in der Hand begegnen/ muß man alsobald seinen Degen aus der Scheide ziehen; ja einige gebrauchen sogar die Vorsicht/ und tragen ihn entbloset unter ihrem Rock. Ist man nur in der Veste/ so darf man niemals ohne wohlgeladene und mit Zündkraut versehene Sackpistolen ausgehen / wenigstens muß man sich so stellen/ als ob man sie aus dem Sack ziehen wollte. Ein französischer Kaufmann hielt einstens zween ies vantis mit einem großen und langen Schreibkast-chcn von Chagrin/ das sie für ein Schiesgewehr hielten / zurück. Sie bilden sich ein/ daß in allen unsern Spatzierstöcken heimliche Klingen verborgen seyen; sie nehmen also ihre Maasregeln, nach dem Betrau gen dessen, der ihnen begegnet. Um von ihren Ueberfallen sichor zu seyn, laßt man sich von Ianischarett begleiten. Der Marquis von Ferriol, gab uns einige von seiner Garde zur Begleitung mit. Er wies uns in dem Chateau Gaillard, so ein Quartier des französischen Pallastcs ist, unsere Wohnung an. . Dieser Pallast schien uns ein bezaubertes Schloß zu seyn; denn das Elend, welches wir auf dem Archipelagus gesehen hatten, wo wir herkamen, machte uns von dem übrigen Theil der Türkey durchaus keine vor« thcilhaften Begriffe. Der Pallast von Frankreich ist dasjenige Haus in Constantinopel, wo leutt/ die in Europa Hs6 "^M ^ Ec^ ^ Europa erzogen worden sind, am besten und bequemsten wohnen können. Derselbe wurde auf Befehl Heinrichs des vierren zu der Zeit aufgebauet, da Herr de Breves als Abgesandter an der Pforte stund. Der Herr von Noincel aber hat noch verschiedene schone Gemacher in demselben anlegen lassen. Dieser Pallast siehet allen rechtschaffenen icuten offen. Auffer diesem Pallast, wenn man auch bis an das Ende des japanischen Reiches gicnge, weis man nicht/ was eine gute Mahlzeit ist. Wahrend der Zeit, daß man an unserer türki, schen Kleidung arbeitete, liefen wir, um die Schönheiten der Stadt zu sehen, überall, in unserer französischen Kleidung, den Degen an der Seite, mit gepuderten Perücken, mit aufgestülpten hüten herum, ungeachtet die Muselmänner nichts mehr ärgert als dieses, besonders diejenigen, welche etwas weiter auf dem festen iande hin wohnen. Diejenigen, welche zu Constanrinopel und zu Smyrna wohnen, denken schon anders. Diese richten sich schon eher nach unsern Sitten, weil sie uns immer in unserer gewöhnlichen Equipage sehen. Wir hätten uns kein Bedenken gemacht, ohne Ianitscharcn über die Strassen zu . gehen, wenn der Herr Abgesandte, aus Achtung gegen uns, da wir von des Königs Majestät abgeschickt waren, nicht ausdrücklich befohlen hätte, daß sie uns aller Orten begleiten sollten. Die Strassen zu Constantinopel sind sehr schlecht gepfiasiert; einige find ganz und gar ohne Pflaster, die die rlnzige Straffe, die von dem Serrail zu den Adrianopolitanischen Thor gehet/ ist noch erträglich. Die andern sind enger/ dunkel/ tief, und sehen fast wie Mördergruben aus. Doch siehet man in denselben hin und wieder auch artige Gebäude/ Bader, Marktplätze und einige Hauser großer Herren / die von Kalch und Sand aufgeführet/ mit steinernen Ecken / auch artigen Zicrrathcn versehen sind. Die Stadt schien uns bcffcr bevölkert zu seyn, als man uns gesagt halte; ungeachtet die Häuser nicht mehr als zwey Stockwerke haben, so sind sie doch insae-samt bewohnt und wohl besetzt. Wenn ick «lies wohl überlege/ so getraue ich mir zu behaupten, daß zu Con-stanrinopel eben so viele ieute wohnen, als zu Parts. Auf den Strassen siehet man wenig Türken; sie halten sich meistens in ihren Wolmunqen auf und bekümmern sicb um daS/ was in dem übrigen Theil der Wclr vorgehet/ gar wenig, ausgenommen einige Weiber der abwesenden PachaS/ die den Frmden nicht abgeneigt sind. Allein ihre Intriguen sind nicht, ohne Gefahr, und manchmal wechselt ihre Z^rrl'chkeit mit Grausamkeit ab. Die Männer haben ihnen, um ihnen allen Vorwanb zum Ausgeben zu nehmen, wc'S-gemacht, daß es kein Paradies für die Weiber gebe, oder daß es wenigstens, um in dieses Paradies ;u kommen, wenn es anders eines geben sollte, nicht nöthig sey, ausser dem Hause zu beten. Um ihnen den Aufenthalt in ihren eigenen Häusern angenehm zu machen, lassen sie ihnen in denselben Bader bauen, und sie fleißig Caffc trinken. Allein diese Vorsicht ist Tournet.Reis. II. Tl). "l cs^5, «^/L, ?>^ttx^5. ^HD 264 ' "^O ^ G^V- in welchem der Haupt- oder Hochaltar stund. Als sich Mabomer II. der Stadt bemächtiget hatte, setzte er sich auf denselben/ mit kreutzweis übereinander geschlagenen Füßen, nach Art der Türken, verrichtete auf demselben sein Gebet, ließ ihn nieder-reissen, und an einem von den Pfeilern, an denen der Thron des Patriarchen stund, ein schönes Stück von einem seidenen Zeug anheften, auf welchem verschiedene arabische Buchstaben gestickt waren, und das «in Vorhang in der Moschee zu Mecca gewesen war. Und auf diese Art wurde die heilige Sophie eingeweihet. Man findet gegenwärtig in diesem Heilig-thum nichts mehr, als die Vertiefung in welcher der Alcoran liegt a). Sie siehet gegen Mecca zu, und die Muselmänner richten allemal ihr Angesicht dahin, wenn sie beten. Der Sitz des Mufti ist nicht weit davon. Derselbe hat viele Stuffen, und neben an demselben ist eine Art eines Predigstuhls / auf welchem die Diener stehen/ die das Amt haben, gewisse Gebeter herzusagen. Diese wie ein griechisches, das ist, wie ein verkürztes Kreutz, und beynahe im Viereck gebaute Moschee, ist inwendig zwey und vierzig Klaftern lang, und gegen achtzchcn Klaftern breit. Der Dom nimmt fast dieses ganze Viereck ein. Man hat mir gesagt, daß man in derselben hundert und sieben Säulen von verschiedenen Marmor, von Porphyr oder ägyptischen Granit zähle; denn wir hatten nicht Zeit, ' sie a) IVhbarab, Mirabs, Marabč, GuebH. sie selbst zu zählen. Der ganze Dom lsi mlt verschiedenen Arten Marmor bezogen oder gepflastert. Der Anwurf der Galerie ist von mosaischer Arbeit, die meistens aus gläsernen Würfeln bestehet, welche sich alle Tage von ihrer Kitte ablösen, ihre Farbe aber ohne alle Veränderung behalten. Diese gläsernen Würfel sind wirkliche unterlegte Steine; denn die auf verschiedene Art gefärbte Folie a) ist mit einem sehr zarten Stück Glas bedeckt, das man nicht anders, als mit siedendem Wasser davon ablösen kann. Es ist dieses ein bekamitzs Geheimnis, das man nachmachen könnte, wenn die mosaischen Arbeiten bey uns wiederum Mode werden sollten. Ungeachtet die Application dieser beyden Stücken Glas, welche die gefärbte Folie in sich schließen, eine sehr zeitverder-bcndc Sache ist, so kann man doch dadurch beweisen, daß die unterlegten Steine keine neue Erfindung sind. Die Türken haben allen Figuren, die sie hier antrafen, die Nasen abgeschnitten und die Augen ausge-stochcn, so wie sie auch die Gesichter der vier Cheru-bims, die in den Ecken des Doms waren / verderbt haben. Die Sanct Sophicnkirche ö) war nicht die erste, die man unter diesem Namen zu Constantinopel gc-bauet hat. Lonstamm der große war der erste, R 5 wcl. a) Ka7sx$urvei rot \^a i% vtXivw fäunv X«^t« t|«'7(*7«. Anonym, defer. Conßant* A) Kyi* *2.oq>let. 266^ welcher in dieser Stadt der 'Weisheit des uncr-schaffenen Wortes cine Cavellc gewidmet hat a). Allein dieses Gebäude war entweder zu klein / oder es wurde solches bald darauf durch ein Erdbeben wicder über den Haufen geworfen. Daher ließ sein 267 eben diesem Jahre, jenes prächtige Gebäude aufführen / das noch heut zu Tage stehet a). Dü Cange /') beweiset/ daß solches in Zeit von fünf, nicht aber in sicbcnzchen Jahren, wie einige griechische Schriftsteller behaupten wollen, sey zu Stande gebracht worden. Der Kayser war darüber so vergnügt, daß er sich nicht enthalten konnte, auszuruffen: ich bade dich übergössen Salomo! c) Indessen wurde im zwey und drcyßigsten Jahre der Regierung des Justinian, der halbe Dom, durch ein Erdbeben umgerissen, und durch den Umsturz desselben auch der Altar zu Grunde gerichtet. Derselbe wurde wieder aufgerichtet und die Kirche aufs neue eingeweihet. Zonaras bemerk ket, daß Justinian den schonen Wissenschaften einen sehr großen Schaden dadurch gethan, daß er, um dieses Gebäude aufführen zu können, die Besoldungen eingezogen, die für die öffentlichen tchrcr in allen Städten des Reichs bestimme waren. Um seiner Leidenschaft, die er für das Bauen hatte, ein Genügen zu leisten, mußte auch die silberne Bildsaule dcs Tl)eodosius,oieArcadiu3 hatte aufrichten lassen, und die 7400 Pfund schwer war, in den Schmclz-tiegcl geworfen werden. Um den Dom der Sophien-kirche zu bedecken, wendete Iustmian die bleyernen. , Rohren a) Manuel Cbryjhl. de ?edif. elegant, h) In noth in Bondel. c) N«*»;»v*« ei^x^ept^ Vici te Salomon! Codin dc origin. Constant. 26F Röhren an, durch welche der meiste Theil des Wassers in die Stadt geleitet wurde. Die vornehmsten Architekten/ welche an dieser berühmten Kirche arbeiteten, waren Auchemms von T^alles und Isidorus von iNileco a), der erste wurde fur den größten Mc-chamcus seiner Zeit gehalten. Vielleicht wußte derselbe das Geheimnis das Schießpulvcr zu machen. Denn AgacWas ü) versichert, daß er den Donner/ den Blitz und das Erdbeben vollkommen habe nachmachen können. Der Kayscr ^asillus der Mace-donier/ ließ den gegen Abend liegenden halben Dom, der an verschiedenen Orten iochcr bekommen hatte/ wieder ausbessern. Endlich wurde dieses Gebäude durch ein abermaliges Erdbeben, unter der Kayserin Anna, und unter ihrem Sohne Johannes paläolo-gus dergestalt beschädiget, daß viele Zeit und viele Kosten erfordert wurden, solches wieder herzustellen. Aus bieser Ursache mußte auch die Vermahlung des Kaysers mit der Helena, der Tochter des Canracu« zenus, in der, der heiligen Maria gewidmeten Kirche vollzogen werden c). Dem Mahomet II. gefiel die Sophienkirche so wohl, daß er sie wiederum ausbessern ließ, und seit dieser Zeit wird sie von den Türken auf das sorgfältigste unterhalten. Als a) Procop. it aedif, lust. /.2. c-3» *) Lib. f. <•) CantacuZ. /,4, c,^, LeuncL hiß. Musulm, 582, Als wir die Sophienkirche verlassen hatten/ führte man uns an einen dreyßig bis vierzig Schritt von der Kirche entfernten Ort, um uns die Grabmaler a) von etlichen othomanischcn Fürsten zu weisen. Es sind dieses vier kleine ziemlich niedrige Gebäude/ die sich mit Bley bedeckten Kuppeln endigen/ welch« « von Säulen unterstützet werden / die ein Sechseck machen. Die Geländer sind von Holz/ und die Särge sind mit Tuch ohne Stickwerk bedeckt. Dle Kay-ser unterscheiden sich von ihren Gemahlinnen blos durch ihren Turban/ der auf einem Pfeiler, oben an dem Sarg licgt, und durch die tichter, welche an beyden Enden brennen. Bey dem Sarg des Bruders o?s Sultan Amurar sind keine iichter, ungeachtet bey allen Weibern des Großherren einige sind. Man zeigte uns, die nach Art der Halstücher gemachten Schnuptüchcr an dcm Hals der Bilder der hun, dert und zwanzig Kinder dieses KayscrS/ die alle an cincm Tage auf Befehl seines NackMgcrs mußten jtVangulirct werden. Des Marmors ist bey diesen Grabmählern nicht gcschonet worden. Dieselben werden Tag und Nacht nicht nur von den Fackeln, welche bey den Särgen stchcn, sondern auch durch viele iampcn erleuchtet. Auch sind hier etliche Alco-rcms mit Ketten fest angemacht zu sinden, um denen das icsen zu erleichtern, welche hichcr kommen und ihr Gebet verrichten Ausser den Personen, welche hier a) Tür be 270 ^M A E^- hicr aus Andacht beten, befinden sich bey diesen, wle bey andern Grabmählern Arme, die in einem ganz nahe dabey liegenden Spital unterhalten werden. Diese Arme haben Rosenkränze von Holz, deren Kör-ner so groß sind, wie die Musketenkugeln. Die Namen der übrigen Sultane, welche in diesen Gvab-mahlern liegen, habe ich vergessen; und wenn ich mich recht erinnere, so wurden noch der Sultan Se-lim und der Sultan Mustapha gcneunct. Einige Schritte davon siehet ein alter Thurm, welcher, wie man vorgicbt, eine christliche Kirche gewesen seyn soll. In demselben werden verschiedene Thiere unterhalten, und dieses ist gleichsam ein kleiner Thiergarten des Großhcrrn, in welchem sich iö, wen, icoparden, Tiger, iuchse und Chacals bcsin-den; diese letztcrn sind halb Wolf und halb Fuchs, und schreyen des Nachts wie die kleinen Kinder, wenn sie Bauchweh haben. An diesem Orte wird die Haut eines Gerafc aufbewahrt, welcher auf den Strassen der Stadt Constantinopel herum lief, und mit seinem Kopf an den Fenstern der Häuser, wo sich ieute befanden, bettelte. Man sagt diese Haut sey weis, an etlichen Orten gräulich, und habe große gelbe Flecken; auch sagt man, dieses Thier sey so groß, wie ein Pferd, habe aber einen niedrigen und gleichsam abgehauenen Rücken. Die andern kayserlichcu Moscheen zu Constan-tmopcl sind gleichsam Copicn der heiligen Sophie, die mit diesem Original, bald mehr, bald weniger über- 1 Uaa. .33. g. Jn. pttg. 2,7o. Č/n \uchs... übereinkommen. Dieselben haben Kuppeln, die sehr schon in die Augen fallen, und mit verschiedenen andern kleineren vergesellschaftet sind. Diese Gebäude stehen durchgehende abgesondert, und in einem geräumigen Hof, in dem sich Fontaine«, Cabinette und alle Bequemlichkeiten befinden, die zur Uebung der mahomctanischcn Religion erfordert werden. Was die hohen und dünnen Thürme (Mnaretz) betrist, auf welche ein Sänger steigt, um das Gebet anzukündigen, so haben die kayscrlichen Moscheen derselben nie weniger als zween, oft aber auch vier/ ja sogar sechsc. Die neue Moschee, welche der Sultan Achmet hat bauen lajscn, hat derselben sechs. Auf dem Armeidan, oder dem Rennplay, so der alte Hip-podromus ist, hat ein Minaret dieser Moschee drey Galerien von durchgebrochenen Steinen, nach dcm iandesgeschmack. Der Hof derselben ist schön. Derselbe ist ein langes Viereck, und mit einigen Bäumen gezicrct. Ehe man in die Moschcc kommt, gchet man durch cine freye Säulcnstellung (pcM^ie) die eine Art cincs Klosters mit verschiedenen Vogen-stellungcn ist, die kleine Kuppeln haben, welche mit Bley bedeckt sind, und auf Säulen ruhen. DaS Pflaster ist von einem sehr schönen Marmor, so wie auch der in der Mitte stehende sechseckige Springbrunnen, der mit einer Kuppel bedeckt ist, die aus cincm eisernen und vergoldeten Gitter bestehet. Der große Dom, welcher den Haüpttheil der Moschee ausmacht, ist mit verschiedenen kleinern Doms umgeben, die cms 272 -^M A O pflanzet. Der Haüptdom 1st etwas kleinet/ als de't Sophien ihrer/ doch hat er die nemliche Proportion fo wie auch die zwölf kleinen Doms, die ihn umgeben. Diese Moschee hat vier Minarets. Die bci^ 5>en welche bey dem Eingang der freyen Saulenstci; lung sind, sind viel klcmcr, als die andern, und haben nur zwo Galerien. Dicjemgen, welche an der Moschee stehen, haben Ihrer drey, imd sind Mt höher. Das Grabmail des Sultans, welcher diese Moschee gestiftet hat, und das Grabmal seiner Gemahlinnen, befinden sich HMer der Moschee, mit sehr prach-'tigeu und kostbaren Kuppeln geziert. Der Sarg des Solyman ist mit einem schönen und gestückten Hörhang bedeckt, welcher die Stadt Mecca vorstellet, wo er her war. DbeN bey d<-m Kopf des Sarges bc-fndct sich der Turban dieses Kanstrs, mit zwo Zittere nadeln, die mit Cdclgcstcinen besetzt sind, Hier' «ournef. Reif. U. Hh> S br) ic$ent>c: BT2ANfist>?. Achmer III. die Kirche der italienischen Francisca-ner in der Vorstadt Galaca nur in ewe Moschee verwandeln lassen. Cine ordentliche Moschee erfordert wenig zur Unterhaltung. Allein was die kayserlichcn Moscheen anbctrift, so können selbst die Sultans, nach ihrem Gesetze nicht eher eine bauen lassen, als bis'sie erst viele Siege über die Feinde des Reiches davon gc, tragen, und dadurch so viel erbeutet haben, daß damit die ausscrordcntlichen Kosten eines solchen Gebäudes und die Dotation derselben können bestrittcn werden. Als daher der Sultan Ackmec die neue Moschee mit Widerspruch der iehrer des Gesetzes, die ihm vergeblich vorstellten, daß er ein so kostbares Gebäude nicht könne aufführen lassen, weil er Weder Städte noch Schlösser erobert, aufbauen ließ, nennten diese tehrer die Moschee den Icmpel des Ungläubigen. Zur Unterhaltung dieser Moscheen werden ft ansehnliche Summen erfordert, daß dazu kaum der dritte Theil der Einkünfte des Reiches hinlänglich ist. Der Kislar Aga, oder das Haupt der schwär? zen Verschnittenen, hat darüber die Hauptaufsicht. Derselbe kann alle geistliche Aemter der kayserlichen Moscheen vergeben. Die vornehmsten derselben sind zu Constanlmopel, z« Adr.anopel und zu prusa. Die Einkünfte der Sophienmoschee sollen sich auf achthunderttausend livreS belaufen. Der Großherr bezahlt für den Boden/ auf welchem das Serrail stehet, stehet/ alle Tage tausend und einen Asper. Diese Einkünfte werden zur Unterhaltung der Gebäude, zur Besoldung für diejenigen/ welche an den Moscheen dienen / zur Verpflegung der Armen / die sich zu gewissen Stunden des Tages bey der Thür einsinden/ zur Unterhaltung der in der Nähe herum stehenden Spitäler/ für die Schü-lcr, die man erziehet/ und in dem Gesetz des Mahomet unterrichtet/ für nothleidende Künstler, und für andere Arme/ die sich schämen zu betteln, angewendet. Was übrig bleibt/ wird in den Schatz der Moschee geleget/ um die ausserordentlichen Aus-gaben/ die bey Einstürzung der Gebäude/ bey Feuers-brünsten verursacht werden / zu bestreiten. Der Schatz sowohl dieser Moschee / als der übrigen, wird in dem Schloß der sieben Thürme aufbewahret/ und der Großherr darf solchen nicht eher, als bey dringenden Umstände^, zur Erhaltung der Religion anwenden. Die Dorfer, deren Einkünfte den königlichen Moscheen gehören, haben große Freyheiten. Die Einwohner derselben sind von den Kriegsdiensten frey/ und vor dcn Unterdrückungen der PachaS sicher/ welche ihnen auf ihren Reisen ordentlich ausweichen. In den andern Städten des Reiches bezahle» alle Hauser einen jährlichen Grundzins a) für den S 4 Platz d) Wacfi ofcec VacouC Platz, wo jedes Haus stehet, zur Unterhaltung dev Mosck)een. Die Sophienmoschce pichet den Grund« zins odcr Vacouf von Smyrna, die Validca von Ayd'sto, Sultan Bajazet, von Adrmn^pel, und^ hie M schecn zu. Adrianopcl bekommen den Grunds zins von Ealata. Menu die Griechen, die Juden, hie Armenier, ohne männliche Hrbcn sterben, so bc^ kommt die Moschee, ausser dem Grundzins den sie bisher von ihrem Hause zog, auch das Haus selbst. Bey den Türken aber erben dk Brühcr und die Anverwandten das HauS, und bezahlen der Moschee nur den Grundzins. Um von diesem Grundzins frey zu werden, ist es erlaubt, zum Besten dcr Moschee^. Boutiquen oder andere Güter zu kaufen ^ welche eben so piel betragen^ als der Grundzins, ' Die übrigen kayserlichen Moscheen sind nicht stz beträchtlich, als diejenigen, von^cnen wir crsi go4 redet haben. Sie haben den Namen von ihren Stif-tern, und heißen Sultan Bajazct, Sultan Selim, Sultan Mahomet. Die Moschee Ejouv wird füy kcin kaystrlichcs Gebäude gehalten, ungeachtet ^Na, Homer II. solches aufführen lassen, sls welcher die ganze Stadt wieder ausbessern ließ, und verschiedene Schulen stiftete. Dicsc Moschee bestehet aus einem einzigen Dom, und ist blos wcgen dcr Ceremonie-her Krönung dss neuen Sultans, die in derselben geschiehet, berühmt. Biese Ceremonie ist sehr kurz, man braucht dazu weder Kronen noch andere königliche Zierrathen. Ker Kayser steigt auf eiuen «Ha? heuen benen Ort von Marmor, wo ihm der Mufti den Säbel an die Scitc hängt; denn man ist der Mcii nung, daß ihn dieser Säbel zum Herrn der Welt mache, und daß alle andere Könige, von dem Augen-blick an, da ihm ftlcher angelegt worden ist, weit unter ihm stehen. Es werden daher auch alle andere Könige an dem Hof des Großherrn, nur Sulrancms gcnennct. Nur der König von Frankreich heißt pa< discha, welches fo viel als Kayser bedeutet. Die Moschee Ejoup stehet bey der Mündung der süffen Wasser, und die Türken halten den Ejoup für einen großen Propheten und für einen großen Feldherrn, Doch gestehen sie, daß er vor Constantinopel geschlagen, und an der Spitze einer Armee der Saracenen/ die er anführte, geödet worden sey. Scin Grab wird eben so fieißig besucht, als der Sultane ihre; es wird in demselben beständig gebetet, und vou diesen Arten der Gehete, leben viele teute in des Türkey. Von der Moschee Cjoup giengcn wir auf der landfcite langst an den Mauern der Stadt hin, um cin verfallenes Gebäude zu sehen, das der Pallajt des Constanrin gencnnct wird, aber nichts merkwür« diges hat. Es ist dasselbe nichts als ein über eine« Haufen liegendes Gebäude, so ungefähr vierhundert Schritte von der Mauer entfernet ist. Man siehct nichts mchr davon als ^wo Säulen, welche einen Bal« son über dem Thor unterstützten, durch welches may in einen Hof und von da aus in den Pallast solbst fgm. Dieses Gchälche hat mehr Pas Ansehen eines G 5 Hris 282 ^M A Oc/V" Tribunals, auf das man auf einer Treppe von Mar, wer steigen mußte, von welcher noch einige Stuffen übrig sind. Vielleicht sind dieses die Ucbcrbleibsel eines Hauses, das Constancinus porphyrogeni, tus hatte bauen lassen; denn der Pallast Constan-tin des troffen, stund in der Gegend der Stadt/ wo gegenwartig das Serrail ist. Zosimus versichert, daß man nichts schöners in Rom angetroffen habe. Codm nennet,ihn den pallast des Hyppo-dromus a). Wir gicngen sodann auf das Quartier Balae zu, um den Haftn zu besehen, der unter die Wunder der Stadt gerechnet zu werden verdienet. Die griechischen Kayser pflegten chehin sich mlt der Jagd im gedachten Quartier Balac zu belustigen, daher solches noch heut zu Tage in der gemeinen griechischen Sprache der Parc oder Thiergarten gcnennt wird ö). Die Fremden bekommen hier ausser der Patriarchalischen Kirche c) nichts merkwürdiges zu schcn^als welche mehr um des Namens als um der Schönheit willen, in Augenschein genommen wird. Sie ist nur zwey-hundert Schritte von dem Hafen entfernet. Die Griechen getrauen sich nichts auf diese Kirche zu wenden, Wst. I. 2. ft} K.vvijyi$. "^M A Mti5" 283 den, wenn sie auch noch so reich waren; denn die Türken würden nicht crmangeln, sich ein solches Geld, das zu einem dergleichen Vorhaben bestimmt würde, znzucignen. Ich habe die Ehre/ u. s. w. Zwölsi 284 Zwölfter Brief. Fortsetzung der Beschreibung vyn Constantinopel. Gnädiger Herr! ^HZen Hafen von Constaminopel kann man wohl nicht genug bewundern. Wir besahen dem selben auf einem Fahrzeug bcy dem schönsten Wetter, das man sich wünschen konnte. Diese Fahrzeuge sind kleine Gondeln/ die ausserordentlich leicht und ausnehmend schon sind. Die Anzahl derselben ist so groß, daß sie den ganzen Hafen bedecken/ besonders auf der Seite von Galaea. Die Alten haben dem Orakel des Apollo niemals eine bessere Antwort in den Mund gelegt, als da sie dasselbe denen, die sie wegen einiger in dieser Gegend zu bauenden Städte um Rath fragten, antworten ließen: Lasset euch, dem Lande der Blinden gerade gegen über, nieder. Und in der That hat auch der Hafen von Ckalcedon, welcher sich auf der gegenüber liegenden Seite befindet, so wenig zu bedeuten, daß diejenigen, pelche denselben zuerst erwählet haben, mit Recht für Blinde können gehalten werden.. Der Hafen von ßonstantinypel ist ein Becken, daS sieben bis acht Mei- Metten von der Seite der Stadt, und fast eben so viel von der Seite der Vorstädte im Umfang hat. Die Einfuhrt desselben/ welche ungefähr sechshundert Schritte breit ist, fängt an der Spitze des Scrrails oder an dem Cap Sanct Demerrius, so gegen Mittag liegt, an. Es ist dieses das Cap des Bospho-rus a), wo die alte Stadt Byzanz stunde. Von da an, gegen Abend zu, erstrecket sich der Hafen in Gestalt eines krummen Horns ö) das man mit weit meh< rerem Recht mit einem Ochsenhorn, als mit einem Hirschgeweih vergleichen kann, wie solches von dem Srrabo c) geschehen ist. Denn die Küste hat keine Winkel oder Ecken, welche die Abtheilungen dsjselbm vorstellen könnten. Doch merket Herr Gilles an, daß mit demselben nach und nach viele Veränderungen vorgenommen worden, welche dem Umfang desselben eine all« dere Gestalt gegeben haben. Die Oefnung dieses Hafens ist gegen Morgen und gegen Scurari zui Galara und Cafsun pacha liegen demselben gegen Mitternacht. Endlich endiget sich dieser Hafen gegen Nord - Nord - West, bey dem Hafen der süssen Wasser, in welchen der Fluß Lycus fallt, der aus zween Flüssen bestehet, von denen der größere, an welchem die «) Promontorium Chrysoceras. Plin. bist.nau /.4» c. 11, Bofphorium x^vroxs^uf. Solin, f. 16» b*) KAttöj "Jou xe$x7o$t Cedren. C) Ke§u$ 7J*. Bvfaptfui/. Stratro ttr, gcogr* iy* ds Bojpb.Tbrac. l,u €,%. 286 "«VM A E^5> die Papiermühle a) stehet, von Belgrad, und der andere /') von Nordwcst herkommt. Dicscr Strom ist nach der Vereinigung l er Flüsse an gewissen Orten nicht mehr als fünfzig Schritte breit, bald mekr, bald weniger. Derselbe ist nicht durchgehends schif-bar. . AllS dieser Ursache hat er zween Pfahle, welche die seichtesten Orte anzeigen. Derjenige Fluß, welcher von Nordwest herkommt, ist nicht weiter als bis an dem Flecken Hali - Bclcul schiftar. Der andere welcher von Bllgrad herkommt, ist es noch vier Meilen weiter hinaus. Ueber beyde Flüsse sind Bn'-cken geschlagen, über welche man von pera nach Adlwnopel gehen kann. Apollomutt vonCkyan c) hat mit diesen Wassern verschiedene magische Ceremonien vorgenommen. Dieselben leisten zur Reinigung des Hafens die vortrcfiichsten Dienste. Dcnn indem sie von Nordost herkommen, stießen sie von der ganzen Küste von Cafsun-Pacda und von (S.'l^ra her, während daß cm Theil des Wassers des Canals des schwarzen Meeres, die von Norden her, wie ein Strom kommen, nach dcr Bemerkung des Dio Cast sius ii), mit dem größten Ungcstümm an das Cap des Bospho, no anstossen, und rechter Hand, gegen Abend zu, zurückprallen. Durch diese Bewegung' nehmen a) Kiat - ana. 3D«e papi«t&«ue* ©Ct %lu% &fi§t Sacbyfee. h) Cydarus Maclileva. c) Scriptor. post Tbeopb, d) Apui XiphiU nehmen sie den Schlamm mit fort/ der sich auf der Seite von Constaminopcl anhäufen konnte, und treiben solchen, durch einen natürlichen Mechanismus nach und nach bis zu den süsscn Wassern. Dieselben folgendem tauf derselben nach, welches nicht nur auf den Küsten von Cajsun-Pa^a und C^pana, sondern schon vorher in dem Canal des schwarzen Mce-reS, zu Topatia, Fondukll und (l)rtücui zu sehen ist. Die Ursache davon liegt am Tage, masscn der andere Strom / welcher von der Spn,e des Scrrails herkommt/ sie zurück treibet/ und sie nöthiget/ wieder zurückzukehren. Diese süsscn Wasser erhalten auch die Fahrzeuge. Man weiß es aus der Ersah, rung, daß die Schiffe in solchen Hafen, wo süsseS Wasser ist, weniger wurmstichig werden, als in solchen, wo nichts als Salzwasscr anzutreffen ist. Die Fische halten sich auch in solchen Gewässern lieber auf/ und sind in selbigen von einem bessern Geschmack. Man hat zu allen Zeiten die Güte der jungen Cbun, fische a) angepriesen, die man Oclamidcs nennet, und sich Hauffcnwcisc in dem Hafen von Constanti-nopcl aufhalten. Sie sind auf verschiedenen Münzen abgebildet worden, die auf der einem Seite den Namen a) Cordyla appellantur partus, qui foetas redeuntes in mare autumno comitantur. Limose vero a luto Pelamides incipiunt vocari, et cum annuum cxceflTere tempus, Thynni ?l'm biß. nat, /.9, c. 15, BTSANTIstN, Hiß. nat. 1.9. '. K» 588 ^M w M^- wen der Byzantiner, auf der andern abcr die Köpfe von verschiedenen Kaysern haben / als des Caligula, Claudius, Caracalla, Gcra, Gordianus pills, auch der Kayserlnncn, als derSadma, der Lucilla, Crispma, Julia Mocsa, und der Iulla Mamäa ihre. plinius hat bemerket, daß es unter dem Wasser, auf der Seite von Chalcedon, weisse Felsen gebe, welche die Thunfische erschreckten, und sie nöthigten, sich in den Hafen von Byzanz zu begeben. Auch die Delphins versammeln sich in demselben in so großer Menge, daß derselbe damit ganz bedeckt ist, Diese Fische ^) werden daselbst öfters gefangen. Ihre Zähne sind wie eine Säge gemacht, plinius ist von denen welche ihm sagten, daß die weijsen Felsen die Pelamides abhielten, bis nachChalcedon zu schwim-wen, übel berichtet worden. Denn man fangt daselbst die besten und in großer Menge. fXocopius ö) sagt von dem Hafen zu Constant tlnopel, um die Güte desselben auszudrücken, er sey überall Hafen; das ist, man findet in demselben überall einen Ankcrgrund. Dieser Schriftsteller meldet auch mit Grund, daß die Schiffe ihr Vordertheil an das iand bringen können, wahrend daß der Hinterthcil derselben im Wasser bleibet; gleich als ob beyde Elemente miteinander um die Wett? stritten, ber Stadt ihre Dienste zu leistem An den Orten/ a) Pristis. b) A*>>/* ft »Kos vüvl»pcn «V». De aedif* luft* I* l« c« 54 "^W tzi A^- 283 Orten, wo das Wasser ein wenig, seicht ist, gehet man über ein Brct in die allergrößten Schiffe. Man braucht also keine Schaluppen, weder zum Befrachten , noch zum Ausladen der Schiffe. Golzlus führet eine Münze von dem Bvzas, dem Stifter von Brzanz an, auf deren Kehrseite das Vordcrtheil eines Schiffes. abgebildet ist. In dem königlichen Cabinet befinden sich zwo byzantinische Münzen. Auf dcr einem wird ein Schis vorgestellet, das segclfcrtig lst. Auf dcr andern siehet man cine Figur mit einem Spieß in der Hand, die auf dem Vordertheil «incs Schiffes Wache zu halten scheinet. Alles dieses beweiset, daß die Byzantiner erfahrne Seeleute gei wcscn sind, und sich die Güte ihres Hafens zu Nutze zu machen gewußt haben. Ich wundere mich aber darüber, daß sie auf ihvcn Münzen, jene Galeeren mit zwey Rudern, von denen eines an dem Vorder, theil und das andere bey dem Hintertheil derselben war, nmi Se* rai {)ci§t einpaUeit, tins Padifdia, €tn jRoyfcp. Lcufid. bjst. Alusulm. /'.591. 2^2 "^G ^ E^ dct cttic Art eines Dreyeckes. Die gegen die Stadt zu stehende Seite ist die größte; diejenige, an welche die Wasser des Bosphorus schlagen, liegt gegen Osten, und die dritte, welche der Ei. gang des Hafens bildet/ stehet gegen Norden. Die Zimmer befinden sich oben auf der Hohe des Hügels, die Gärten aber sind unten und erstrecken sich bis an das Meer. Die mit ihren Thürmen besetzte .Stadtmauer, welche an die Spitze Sancr Demerrws < reichet, macht die Einfassung dicscS PallasteS von dcr Meerscitc aus. So groß auch dieser Umfang ist, so hat das äussere dieses Pallastcs nichts merkwürdiges; und wcnn man von der Schönheit der Garten aus den Cyprcsscn urthei« lcn darf, die man in demselben siehet, so würde man sagen müssen, daß sie mit eben so schlechten Verstand angelegt sind, als der Privatpersonen ihre. Man Pfleget Um das Serail herum gerne immer grüne Baume zu pflanzen, um durch dieselben zu machcN/ daß die Sultaunlnnen, die darinnen gerne spazieren !chcn, von den Einwohnern von Galata, und den gndcrn benachbarten Ocrtern nicht gesehen werden können. Ungeachtet ich das ScrraU nur von aussen gcschen hak, so bitt ich doch gewiß überzeuget, daß inwendig nichts anzutreffen sey, was wir prachtig nnd herrlich zu nennen pfiegcn. Denn die Türken verstehen sehr wenig von dem, was Pracht bey einem Gebäude genennet zu werden verdient; wie sie sich , ^denn ' ^——— - " ^ - —»— .—,—> H) Zeeac » dourna. Die Spitze des Serrails. ^« denn auch gar nicht nach'den Regeln einer guten Archi-trctur richten. Haben sie schöne Moscheen gebauct, so kommt dicscs davon her, daß sie ein schönes Mc-del, nemlich die Sophicukirchc vor Augen gehabt. Die Zimmer und Gemacher des Serails sind zu verschiedenen Zcitcn, und nach dem Belieben der Kayscr und der Sultanninncn angelegt worden. Dah.r ist dieser berühmte. Pallast eine Zusammcnsl> gung verschiedener Gebäude, von denen oft eines auf z>as andere gemacht worden ist, und die an gewissen Orten von einander abgesondert sind. Ohne Zweifel sind die Zimmer geräumig, bequem und treftich meub-lirt. Ihre schönsten Zierrathcn, sind weder Schildcrcyen nach Statuen, sondern nach türkischer Art gemachte Mahlereyen, die mit Gold und iasursteinen eingefaßt, mit Blumen, i^ndschaften, allerley albern Verzierungen untermischt, und mit arabischen Sprüchen ausgeschmückt sind, wie ln den Häusern der Privatpersonen zu Constantinopcl. An Baßws voH Marmor, an Bädern und Springbrunnen haben die Morgenländer ibr größtes Vergnügen, welche sie in dem ersten Stockwerke anlegen, ohne zu befürchten, daß der Boden dadurch ;u sehr bcschwehret werden mochte. Eben dicscn Geschmack hatten auch die Sa^ raccnen und die Mohren, wie solches an ihren alten Pallästen, besonders au dem zuAlhambra in Granada in Spanien zu sehen ist, wo man noch heut zu Tage den Fußboden des Löwensaals a), der autz T 3 Sn'l- a) El quatro de los Leone». 294 "^W ^ O«)lp- Stücken von Marmor gemacht lst, die größer sind, als die Grabsteine in unsern Kirchen, als ein Wunder der Baukunst zu zeigen pfleget. W D''e Krankenstuben sind fur bie Kranken des Pallastes bestimmt; man führet sie auf klonen vcrs schlossencn Wägen dahin/die von zween Menschen gezogen werden. Wenn sich der Hof zu Constantino-pel bcsindct, so legcn der erste Arzt und der erste, Chirurgus hier alle Taaeciuen Bcsu.ch ab, wie nmn, uns denn versichert hcW daß die Kranken hicr mit aller Sorgfalt verpfleget werden. Ja man sagt sogar, daß sich verschiedene in. diesem Krankenhause aufhalten, denen gar wenig fehlt, und die sich nur deswegen dahin haben bringen lassen, um auszuruhen und Wein zu trinken. Da der Gebrauch dieses Getränkes ausserdem überall auf das strengste vcrboltcn ist, so wird doch derselbe in den Krankenhausern gestattet, woferne nur der Verschnittene, der an der Pforte lst, diejenigen, die ihn hineintragen, nicht erwischet. Denn in diesem Fall wird der Wein auf die Erde geschüttet, und diejenigen, die solchen herbeygcschaft haben / bekommen zwey bis dreyhundert Stockschlage. Aus Aus dem ersten Hof kommt man in den zweyten. Der Eingang desselben wird ebenfalls von fünfzig Capigis bewachet. Dieser Hof ist viereckig und hat ungefähr drcyhundert Schritte im Durchmesser. Er ist aber viel schöner und angenehmer als der erste. Die Wege desselben sind gepflastert, und die Alleen werden gut unterhalten/ der übrige Theil ist ein sehr prächtiges Rasenstück, das über und über grün und bin und her mit Springbrunnen besetzt ist/ welche daffclbe frisch erhalten. Der Schatz des Großherr« unt» der klcmere Marstall ticqcn linker Hand. Man zeiget daselbst eine Fontaine/ oder Becken, wo ehchin deren Pachas, die man zum Tode vcrnrtheilct, die Köpfe abgeschlagn wurden. Dic Küchen und Speißkam-Mertt odcr Gev'ölber, sind zur rechten Hand. Sie haben lhrc Kuppeln, aber keine Schorsteine. Das Feuer wird in der Mitte derselben angezündet, und der Raüch gehct durch die io'chcr hinaus, welche obew in den Kuppeln sind. Die erste von diesen Küchen, gehöret für den Großhcrrn, die zweyte für die erste Sultanm, die dritte für die übrigen Sultaninnen,' die vierte für den Capi-Aga, odcr für den Commcn-bansen der Pforten; in der fünften wird für die Ministers gekocht, die sich in dem Divan befinden; in der sechsten für die Pagen bcS Großhcrrn, die IchoglanS heissen, in der siebenten für die Officiere des Ser, raiie, in der achten für die Weiber und MädgcnS, welche in dem Scrrail in Diensten stehen, in der neunten endlich, für alle diejenigen, die sich in dem Hof des Divans an den GcrichtSlägen einsiuden Ts müssen. 293 ->V(,M N E^> müssen. In diesen Küchen wird wenig Wildpret zugerichtet, sondern ausser den vicrzigtausend Ochsen, die in dem Serrail jährlich entweder frisch, oder eingesalzen verzehret werden, müssen die lieferanten alle Tage zweyhundert Schaafe, hmldert lammer, oder Ziegen, nach der Jahreszeit, zehen Kälber, zweyhundert Hühner, zweyhundcrt Paar junge Hühner, hundert Paar Tauben, und fünfzig junge Gänse herbey schaffen. Und damit lassen sich freylich viele hungerige Magen sättigen. Um den ganzen Hof herum läuft eine ziemlich niedrige Gallerie, die mit Bley bedeckt ist, und auf Säulen von Marmor ruhet. Niemand als der Großherr darf in diesem Hofe zu Pferd erscheinen, weil sich der kleine Marstall daselbst besindet, in welchem nur auf ungefähr dreyßig Pferde Raum ist. Die Pferdegeschirre, welche ausserordentlich reich und mit den kostbarsten Steinen besehet sind, werden in einem darüber stehenden Saal aufbewahret. Der große Marsiall, in welchem gegen tausend Pferde, für die Officiere des Großherrn gehalten werden, siehet an der Seite des Meeres. An den Tagen, wenn die Abgesandten zur Audienz gelassen werden, stellen sich die Ianitscharen, prachtig gekleidet, rechter Hand unter der Gallerie in Ordnung. Der Saal, wo der Divan gehalten wird, stehet linker Hand ganz hinten in diesem Hof. Rechter Hand ist eine Pforte durch welche man in das innere des Serrails kommt. Durch diese Pforte wird niemand hineingelassen, als ftlche Personen, die ausdrücklich beruffen worden sind. "5iM A O«^ - 293 find. Was den Rathssaal/ oder den Divan betrift, so ist derselbe zwar groß, aber niedrig, mit Bley bedeckt und ziemlich einfach, nach mohrischer Art getäfelt und vergoldet. Man siehet in demselben nichts, als eine große Tapette, womit der erhabene Ort bedeckt ist, wo sich die Herren aufhalten, die den Rath ausmachen. An diesem Orte entscheidet der Großveziel, mit Beystand seiner Räthe, alle Civik und Criminalsachen/ ohne daß man dagegen eine Appellation einlegen darf. In seiner Abwesenheit vertritt der - groß, und der Ort a), wo sich die türkischen Bogene schützen zu übcn pflegen, ist hinter den Mamrn derselben. Nicht weit dav.n ist cine A« eines Predigtstuhls, (tridune) woselbst sich die Türken am Abend vor einer großen Schlacht, gleichsam Pro» ccßionsweis einfinden, um für die Armee zu beten. Man gehet bisweilen auch dahin, wenn man Gott bitten will, daß er die Pest soll aufhören lassen; solches aber geschiehet nicht eher, als bis dieselbe eine außerordentliche Verwüstung angerichtet hat; das ist, wenn in der Stadt an einem Tage tausend bis zwölfhundert Menschen sterben. Indem wir unsere Spazierfahrt in dem Hafen fortsetzten, zeigte man uns einige Steine, welche in das Meet hinabgelassen worden sind, um anzuzeigen, wic weit die größten Schiffe einen Ankcrqruno finden können. Von da aus besahen wir dcn Hafen der süssen Wasser. Wir kamen sodann vor der Va-tide Serai vorbey und an die Küste von Cassun, pacha, wo Ayna Serai, oder das Scrrail der Quittenbäume, das erste ist, das man siehet, so qanz nahe bey dem Seearsenal liegt, das Ters Hana/») heißt. Mahomet II. ließ an diesem Orte del» Ha, fen ausgraben, und das Arsenal und die Remisen der Galeeren anlegen. H«r werden heut zu Tage die 4) Ocmcidan. ö) 1>r8, heißt im Persischen Vchijfe, und Uzn, ein Zimmerplay. die Schiffe des Großherren gebauet. Wir zählten daselbst acht und zwanzig schöne Schiffe von sechzig bis hundert Canonen. Man siehet hier hundert und zwanzig gewölbte Remisen/ wo die Galeeren bedeckt stehen. Die Magazine und die Werkstätte des Groß. Herren sind mit allen Nothwendigkeiten wohl versorgt und werden gut unterhalten. Alles stehet in diesem Quartier unter den Befehlen des Capitain Pacha. Hier wohnen die vornehmsten Seeofficiere. Man siehet hier wenig Christen, ausgenommen einige Ru-derkncchte und Sclaven in dem Bagno, das ist, in einem der scheußlichsten Gefangnisse auf der Welt, das zwischen Ayna-Serai und dem Arsenal liegt. In diesem Gefängnisse sind drey Capellen; eine für die griechischen, und zwo für die lateinischen Christen. Eine derselben gehöret dem Konig von Frankreich; die andere ist zum Gebrauch der Venctianer/ der Italianer, der Teutschen und der Pohlen bestimmt. In selbigen können die Mißionairen Beicht hören, Messe lesen, die Sacramente austheilen, und mit aller Freyheit predigen, nachdem sie dem Aufscher des Bagno ein kleines Geschenke gemacht haben. Dieser wird von dem Capitain - Pacha ernennet, als welcher in seinem Departement unumschränkt regieret, und niemand, als dem Großherrn von seinen Handlungen Rechenschaft giebt; und eben deswegen ist seine Bedienung eine von den schönsten in dem Reiche. Von der Vorstadt Cassun-Packa muß man über etliche Kirchhöfe gehen, wenn man nach Ga, lar« lma kommen will/ so die schönste Vorstadt von Con« siantinopcl ist, wovon sie ehehin die drcyzchtndc Gegend ausmachte. Diese Vorstadt liegt dem Scrrall gerade gegen über, in einem Quartier, das chchin den Namen von den Feigenbäumen führte, welche daselbst in großem Ucberfiuß gezogen wurden a>. Justinian /,) ließ diese Vorstadt wieder ausbessern und nannte sie Iusnniana. Man kann nicht sagen, woher sie den Namen Galara hat, den sie einige Zeit nach dem Tode dieses Kayscrs überkam, man müßte ihn denn, mit dem Czeyes, von dm G^la-riern oder Galliern herleiten, welche durch den Hafen gegen diesen Ort zu fuhren. Allein dieser Weg ist viel älter als der Name Galara. Die Meinung des Codinus ist viel wahrscheinlicher. Er leitet diesen Namen von einem Gallier oder Galarer her, wie die Griechen reden, der sich in dieser Vorstadt niederließ, welche die Griechen Ga-larou und nachgehende Galara nennten. Die Griechen zu Constantinopel glauben, nach einer alten Tra- d) 'ZvKxt Je ot>fip£&*7c9t, xsc$ ej-t r%t$ xa) ilxetfo* *]t}$ Yinvg-ixtrivtirfatiq Hhifx». SoCrat. 1. u. c. }o4 'Zvxx). Hefycb* V) Procop. l,t. de aedif. lust, Utlb ntC^t XffXa'7ajr. tbeopban. 1$u TäA«V#u ircikiftvi»». Grcgoras. TliXt* X*has}li>vf 7» fty 1*^*7« ^%ov^vt Bacbjm% Ducat-, Pbranz* Tradition/ daß G^'.lara von Gala herkomme, wel, chco Wort in ihrer Sprache Ni'lch bedeutet; und daß also dieser Theil die Niil^ voist^dr gcnennet worden sey, weil diejenigen ieute, die ConstancinoF pel mit Milck versorgten, daselbst wohnten; so wie nach einiger Meinung die Spitze des Serrails, Bos-phoiuv, des OchscnmarktS wegen, genennet wurde. '. 574. et 576. c) Pacbym. L n# c. 35, d) Gre^oras, /.4. desselben niedcrreissen. Dcr Kayser wollte sich so wackere ieute/ als die Genueser waren, lieber vom Hals schaffen, und in dieses Quartier gleichsam verschließen, als solche bey sich in Constaminopel behalten, woraus sie ihn vielleicht selbst hatten verjagen können a). Diese Schenkung geschah unter folgenden Bcdingnissen: i) daß, so bald ihr Podestat angekommen seyn würde, er dem Kayser die Huldigung leisten, und zu dem Ende vor demselben, bey dem Eingang und in dcr Mitte des Audicnzsaals, die Knie beugen sollte, ehe er ihm noch die Füße und dic Hände würde gcküssct haben. 2) Daß ihm die genuesischen Großen eben diese Ehre erzeigen sollten, wenn sie ihm die Aufwartung machten. 3) Daß die genuesischen Schiffe, wenn sie in dem Hafen von Con-stantinopcl ankamen, den Kayser mit eben dem freudigen Zuruf beehren sollten, wie es die Griechen zu thun gewohnt waren. Allein es stunde nicht lange an, so waren die Genueser, dieser vortheilhaftcn Be-dingnissc ungeachtet, schon mit dem neuen Kayser un-cins b); sogar die Venetianer griffen sie, unter dem Andronicus, dem alten, der des Michael Nachfolger war, auf das lebhafteste an c). Alles dieses nöthigte sie, sich durch tiefe Graben zu beschützen, und landhäuser zu bauen, in denen sie sich gegen ihre U 2 Feinde a) Pacbym. /. s. c. 3. Cantacuz. 1,1. c. 12* CW/«4 ^) Gregor. /. ^» r) / lata von dem Zollhaus nennet, und die Absonderungen n«auer gchct gegen den großen Thurm von Galata zu, von Mittag gegen Mitternacht. Caracui ist das dritte Quartier das sich bey Copana endiget. Die Moschee der Araber war eine den Dominicanern gehörige Kirche, die zu den Zeiten und durch den Beystand des heiligen H>acincbus erbauet wurde/ der. zu einer Kirche, die für seinen Orden zu Con-siantmcpcl gebauet wurde, ebenfalls vieles beygetra gen hat. Allein man siehet gegenwartig nichts mehr U 3 davon 310 "^M A U<)5> ' davon / als ^wo marmorne Säulen, welche ungefähr funfzchcn Schuh hoch sind, und jcftt das Thor eines Hauses eines Türken ausmachen. Die arabische Moschee wurde vor ungefähr hundert Jahren den Dominicanern weggenommen, und den Granadischcn Mahomclanern cingeqebc.n. Es wurde darin nicht die geringste Veränderung gemacht. Die Fenster und die griechischen Inschriften sind noch immer über den Thüren zu sehen. Der Glockenthurm, der viereckig ist, vertritt die Stelle eines sogenannten Minaret. Die Dominicaner haben noch eine Kirche zu Galara, die dem heiligen Petrus gewidmet ist, und die sie schon über dreyhuudcrt Jahre lang besitzen. Die Capuziner haben hier seit hundert Jahren ebenfalls eine Kirche, die dem heiligen Georgius gewidmet ist, und den Genuesern gehöret. Die Griechen haben in dem Quartier Caracui drey Kirchen/ die Armenier aber eine eintzigc, die dem heiligen Gre-gorius geweihet ist. Den tateinern gehöret die Be-ncdictincrkirchc, welche zu den Zeiten der Genueser, die Benedictiner besassen. Sie wurde aber von der Gemeine zu pera den Jesuiten geschenkt. Die Rcs colecten oder die Zocolanti besassen seit zwcyhundert Jahren eine der heiligen Maria gewidmete Kirche, welche einen eigenen Kirchsprengcl hatte. Sie halten sich gegenwärtig zu pera, dem Hospitio der Väter des heiligen tandcs gerade gegen über auf. Diese lassen keinen Menschen in ihre Caxclle, indem sie sich zu Constantinopel blos in Angelegenheiten .wfhalten, welche die heiligen Oertcr angehen. Die Francisca- ner ner waren seit vierhundert Jahren die ordentlichen Geistlichen. (Pfarrer). Allein ihre Kirche wurde, nachdem Feuer darinnen ausgekommen war/ in cine Moschee verwandelt/ welche die Franken die Moschee des heiligen FranciscuS/ die Türken aber die Moschee der Valide nennen/ die vieles zur Wiederherstellung derselben beygetragen hat. An dem Verlust dieftr Kirche sind blos die italiänischen Religiösen schuld/ deren iebcn eben nicht das ordentlichste war. Man verkaufte bey ihnen Wein und Braut» wein; eine Handelschaft/ welche die Türken vor allen andern verabscheuen. Sie haben in den Stiftungsbrief die Worte setzen lassen, daß sie einen ärgerlichen und abscheulichen Orc, zu einem Haus des Herrn gemacht. Die Framiscaner haben sich nach pera begeben, und wohnen hierin einem Hause nahe bey dem französischen Pallaste, indem sie bisher noch keinen Platz, zur Vergütung dessen, den sie zu Galara verlohren haben, erlangen können. Indessen haben sic ihre pfarrlichcn Rechte deswegen nicht aufgegeben, und ihre Pfarrkinder kommen hicher zu ihnen, wo sie sich mit ihnen in einer Kammer, aus der sie eine Capelle gemacht haben, aufhalten. Ihr Superior ist des Patriarchen zu Constantinopcl Vi< cariüs,. welches insgemein ein Cardinal zu seyn pfleget. Man genießet zu Galara eine gewisse Art der Freyheit, deren man sich sonst in dem othomanischcil Reiche nicht zu erfreuen hat. Galata ist gleichsam eine christliche Stadt mitten in der Türkey, wo Wirths- U 4 Häuser 312 "^M A U^ häuser gcdultct werden, und wohin sich selbst Türken begeben, um Wcin zu trinken. Zu Gasata sind Gast-Höfe für die Fremden, in denen man wohl bewirthet wird. Dcr Fischmark verdient besehen zu werden. Uns schien dcrftlb? viel schöner ^u seyn, als derjenige, welcher auf der andern Seite des Hafens ist, wenn man zur Sopbienmoschee gehet. Der zu Ga-lata ist eine lange Strasse, m dcr man auf bcrden Seiten, die schönsten und besten Fische von dcr Welt verkauft. Von (Nalara kommt man nach pera a), ft gleichsam dessen Vorstadt, und öftcrs mit eben dem Mamcn beleget worden ist. pera ist ein griechisches Wort/ und heißt so viel als jcnicitS, und die Griechen zu Constantinopel, welche sich jenseits des Hafens verfügen wollen, bedienen sich noch gegenwartig eben dieses Wortes, welches dic Griechen für den Namen des ganzen Quartiers gehalten haben. Dic-scS Quartier,, welches Galara und pera unter sich begreift, ist von dem tTliceras, von dem Gregoras undpacbvmeres, peräaa), von den übrigcnSchrift-siellern aber, blos f)>.ra gencnnet worden. Man unterscheidet aber heut zu Tage t>ra von Galara, und unter pel a verstehet man nichts anders, als die Vorstadt, die jenseits des Hafens dieser Statt liegt. Die Griechen nennen auch die zur Uebcrfarth be- stimm- a) n«'|«, trans ultra. b) titties. stimmten Schiffe peramidia a), woraus die Franken das Wort pcrmes gemacht Habens Die taqe von p rv. ist ausnehmend schön. Wenn man sich daselbst befindet/ so kann man die ganze Küste von Asien und das Scrrail dcS Großherrn übersehen. Die Abgesandten von Frankreich, von England/ von Venedig und von Holland, haben ihre Pallaste zu p.rä Die Abgesandten des Königs von Hungarn, denn der Kayser schickt seine Gesandten nur unter diesem Namen dahin, die von Pohlcn und Ragusa wohnen zu Con-stantinopcl. Von dem französischen Passast haben wir oben schon geredet. Es ist derselbe ein schönes Haus, in welchem die Franciscaner den Gottesdienst verrichten, welche <>ugseich die Scclwrqer der Nation smd. Sie haben auch die Aufsicht über die Amder der Sprache, (ent^i^ c!e I.3n^u^). Diesen Namen fuhren einige junge ieutc, welche der König m Consiantinopcl erziehen, und sie von diesen PatribuS in der türkischen, arabischen und griechischen Sprache unterrichten laßt, um sie in der Folge zu Dolmetschern der französischen Consuls in den Handelsstädten der ievante zu gebrauchen. Die fremdln Kaufleute haben sowohl -zu pcra, als zu Galara, Hauser und Magazine, die ohne Unterschied hin und her unter der Juden, der Griechen, der Armenier und der Türken ihren stehen. In dcr obern Gegend von pcra, dem U 5 fran- i?) n/g«.««, die Ucberfahrt. lles«/"5", daS Passage« schiff. 314 ^W A E^- franzosischen Pallast gegen über, ist ein Serrail. Dieses Serrail ist ein wohlgebautes Viereck, das aus vielen Wohnungen bestehet. In demselben wurden die Rinder des Criburs, das ist, diejenigen Kinder erzogen, welche die Beamten des Großherrn, aus den griechischen Familien, die in Europa wohnen, nahmen. Dieselben kamen sodann, nachdem man sie zu Muselmännern gemacht, und in allerley nothigen Uebungen unterrichtet hatte, in die Diensie des Großherrn. Da diese Art des Tributs gegenwärtig nicht mehr üblich ist, so wird dieses Scrrail auch nicht mehr bewohnt. Von pera kommt man nach Top- hana, oder Topana, so ebenfalls eine Vorstadt am Ufer des Meeres, oberhalb pera und Galaca, ganz nahe bey dem Eingang des Canals des schwarzen Meeres isi, wohin sich die meisten Personen verfügen, um sich zu Schiffe zu setzen, wenn sie eine Spazierfarth auf dem Wasser machen wollen. Topana heißt so viel als Arsenal. Denn Cop bedeutet in der türkischen Sprache eine Canone, und Hana ein Haus, oder ein(l>rr, wo etwas gemacht wird. Nichts ist angenehmer, als das Amphitheater', welches die Häuser zu Galata/ zu j)era und zu Copana zusammen bilden. Dasselbe fangt oben an den Hügeln an, und Hetzet bis an das Meer hinab. Copana liegt etwas hoher, als die andern Vorstädte. N?ezomortc>, welcher im Jahr 1701 Capitain Pacha war, ließ daselbst ein schönes Serrail bauen. Hundert Schritte von dem Meer stehet das Arsenal, worin, nen nen die Stuckgieserey ist. Es ist dasselbe ein Haus mir zwo Kuppeln; von demselben hat das ganzc Quartier den Namen bekommen. Die Türken giesen gute Canonen. Sie nehmen die beste Materie dazu/ und beobachten dabey die gehörige Proportion. Doch ist ihre Artillerie gerade weg, und ohne alle Zier-rathcn. Die Türken haben keinen Geschmack an der Heichcnklmsi; sie werden auch nie einen darinnen bekommen, weil es ihnen nach den Grundsätzen ihrer Religion verboten ist, Figuren zu machen; und doch wird dcr Geschmack erst durch die Figuren gebildet/ es sey in der Mahlerey oder in dcr Bildhauerkunst. Die Türken benutzen deswegen auch die Stücke nicht, die sie noch aus dem Alterthum besitzen. In Constantinopcl bestehen alle Alterthümer aus zwo Spitzsaulen, und aus etlichen Säulen; auch sind an den sieben Thürmen noch einige Vasreliefs. Die Spitzsäulen stehen auf dem Platz Acmeidan, der zur Zeit der griechischen Kayser/ dcr Hyl'podrom gencn-net wurde. Es war derselbe ein Circus a), den der Kayscr Severus anzulegen anfieng, und den erst Constanrin vollendete. Auf demselben wurden die Pferderennen und die vornehmsten Schauspiele gehalten. Die Türken haben dcn H?amcn dieses Platzes nur in ihre Sprache übersetzet; denn Ac heißt bey ihnen cm Pferd/ und Meiran, ein Play, so .baß a) Codin, ö* Glycas, 3i6 ^M ^ OF> daß also Atmeidan so viel heißt, als der Pferdeplay. Derselbe ist über vierhundert Schritte lang, und gea.cn hundert Schritte breit. Die jungen Türken, welche ihre Geschicklichkcit zeigen wollen, versammeln sich insgemein am Frey-tag, wenn sie aus der Moschee kommen, auf dem Aimeldan, sehr schon gekleidet und sehr wohl beritten. Sie theilen sich sodann in zween Haufen ab, von denen jeder eines von den Enden des Platzes einnimmt. Bey jedem Signal das gegeben wird, bricht ein Reuter von beyden Seiten auf, und rcnm so stark "als er kann, einen Stab, in Gestalt eines Wurfs-spiescs, in der Hand haltend. Die Gcschicklichkcic besiehet darinn, mit diesem Stock seinem Gcgenpart eines zu versetzen, oder dem Schlag auszuweichen. Diese Reuter rennen so geschwind, daß man ihnen mit genauer Noth mit den Augen nachfolgen kann. Es giebt auch einige, welche in diesem schnellen Rennen, unter dem ieib ihrer Pferde durchkricchen, und sich wieder in den Sattel schwingen. Einige steigen ab, und setzen sich wieder auf, nachdem sie dasjenige, was sie mit Fleiß haben fallen lassen, aufgehoben ha, ben; indem laufen ihre Pferde in einem fort. Man muß aber auch gestehen, daß keine Pferde so schnell sind und so gerne laufen, als die türkischen. Die Spitzsaule von Granit, oder von thcbani-schcn Stein / stehet noch in dem Acmeidan. Es ist dieselbe eine viereckige Pyramide a), aus einem einzigen d) Te'J^ecTr'Ksv^og fAt*l\e&or, gen Stuck. Sie ist gegen fünfzig Schuh hoch/ endiget sich mit einer Spitze/ und ist mit hieroglyphischen Character» und Figuren auSgezieret/ die freylich kein Mensch mehr kennt. Indessen kann man doch hieraus mit autem Grunde schließen/ daß sie sehr alt »l'd in Aegypten verfertiget worden sey. Die griechischen sowohl als die lateinischen Inschriften, die sich an der Basis derselben befinden, geben soviel zu erkennen/ daß sie dcr Kayscr gheodosius/ nachdem sie lana.e auf dem Erdboden geleqen war/ wieder habe aufrichten lassen. Sogar die Maschinen/ deren man sich bedienet hat/ sie wieder aufzustellen/ sind in einem Basrelief vorgestellt; und in einem andern siehet man den Hippodrom«? so abgebildet/ wie er aus, sah, als die Alten ihre Wettrennen auf demselben hielten. Niceras a) bemerket in dem ieben dcS heiligen Ignatius / des Patriarchen von Constant!-nopel/ daß oben auf dieser Spilzsaule ein Tannzapfen 6) von Bronze gestanden sey/ den aber ein Erdbeben hcrabgcworfen. Einige Schritte davon siehet man die Ueber-blcibscl einer andern Spitzsaulc/ mit vier Faccn, die aus verschiedenen Stücken Marmor zusammengesetzet war. Die Spitze ist davon bereits herabgefallen/ u»it> das noch übrige dem Untergang sehr nahe. Diese Spitzsaule war mit Platten von Bronze bedeckt, wie solches a) Nicetas Pbaleg. Zig ">3(,W ^ Mc^- solches nock) aus den iöchern abzunehmen ist/ die man gemacht, um die Platten an dem Marmor zu befestigen. Vermuthlich befanden sich auf dicscn Platten Basreliefs und andere Verzierungen; denn die Inschrift, welche sich an der Basis bcsindrt, redet von dieser Spitzsäulc/ als von einer wunderbar schö, nen Sache. Nach dem Bondelmont, in seiner Beschreibung von Constantinopel/ ist die Spilzsäule von Granit, vier und zwanzig Klaftern hoch, und die, von welcher wir eben redeten, i>st acht und fünfzig Klaftern hoch. Vielleicht unterstützte sie auch die Säule von Bronze mit den drey Schlanacn. Ich habe die Inschrift/ in welcher dieser vortrcflichen Spitzsaule Meldung geschiehet, übersetzt: Der ge, genwärrig regierende Ixavser Consiancimls, der lOarer des Romanus, der Ruhm des Re«cl)s, har diese vorcreflicke, viereckige Pyramide, welche die 3eir vernichrer hatte, auf eine vlcl bewundernswürdigere Art wieder herg'stcllr, al^ sie vorher gewesen ist. Dieselbe ist mir ho» hen Dingen ausgeschmücket. Denn der unver, gleichllcke Colossus war zu Rhodus, und dieser wunderbare Bronze befinder sich hier. Man weiß nicht, was dieses für hohe Dinge gewesen sind, noch welchen Bezug dieses Werk mit dem Colossus zu Rhodus gehabt haben mag, es müßte denn seyn, daß beyde in ihrer Art wunderbar gewesen. Die Sache bleibt also ein großes Räthsel. Die Säule von Bronze mit den drey Schlangen, ist eben so wenig bekannt. Dieselbe ist ungefähr fünf- funfzehen Schuh hoch und wird von drey Schlangen/ die sich wie eine Tobacksrolle schneckenförmig drehen, gebildet. Ihre Umzüge vermindern sich ganz unmerk, lich von der Basis an bis gegen die Hälse der Schlangen zu, und ihre Köpfe, die neben, nach Art eines DreyfußcS hinaus stunden, machten eine Art eines Knaufs. Man sagt der Sultan Mourat habe einer von diesen Schlangen den Kopf abgebrochen. Im Jahr 1700 nach dem Karlowitzer Frieden, wurde die Säule niedergerissen, und die Köpfe der beyden andern Schlangen zerbrochen. Es ist nicht bekannt, wo sie hingekommen sind, der Rest aber ist wieder aufgerichtet worden, und stehet zwischen den Spitz-jaulen in gleicher Entfernung, von der einem wie von der andern. Diese Säule von Bronze ist eines der allerältcsten Stücke, massen sie von Delphi Hieher gekommen, wo sie jenem berühmten goldnen Drcyfuß zur Stütze dienete, welchen die Griechen, nach der Schlacht bey Platäa, aus einem Theil der Schatze machen lassen, die sie in dem lager des Mardonius fanden, dem Xcrres, indem er aus Griechenland fioh, unermaßliche Reichthümer zurückgelassen hatte. Dieser goldene Drcyfuß, sagt Herodocuo^, ruhete auf einer Schlange von Bronze mit drey Köpfen; derselbe war dem Apollo geheiligt, und stund neben dem Altar in seinem Tempel zu Delphi, pausanias/ der lacedämonische Feldherr bey der Schlacht zu Pla- <0 £'^9. Z2O "^B i^l O.^ Plataa, gab den Rath/ daß man diesem Gott dieses Merkmal der Dankbarkeit geben sollte, pausaniasa) der Grammaticus/ der aus Casarca in Cappadocicn gebürtig ivar, und der im zweyten Jahrhunderte eine schöne Beschreibung von Griechenland gemacht hat/ gedenket dieses Dreyfußes ebenfalls: nach der Schlacht bey l)l.;lä^;, sagt er, machten die Griechen dem Apollo ein Geschenk mit einem goldenen Drcyfuß, der auf ' einer Schlange von Bronze ruhcte. Daß die Säule von Bronze, von der wir reden / eben diese Schlange sey, darüber darf man sich wohl nicht wundern, denn nicht nur Zosimus und Zozomenus versichern, doß der Kanscr Const^nlin die Drcyfüße des Tempels zu Delphi in den Hyppodrom habe bringen lasscn, sondern es erzählet auch Enscdius, daß dieser/ auf Befehl des Kaysers hichcrgcbrachte Dreyfuß auf einer schncckenwcis gewundenen Schlange geruhet habe. Diejenigen, welche vorgebe«/ daß die Schlangen von Bronze in dem Hyppodrom als Talismanus gebraucht worden, können ihren Gedanken auf die Bitte gründen, welche die Einwohner von By'auz an den Apollonius von Tv^na ergehen lasscn/ die Schlangen und Scorpioncn daraus zu vertreiben, wie Glvcas gemeldet hat. Es war dieses ncmlich die Gewohnheit des Apollonius, die Figmen dcrcr-jenigen Thiere/ die er vertreiben wollte/ in Bronze ab- a) Pausan, Pboeaic. abbilden zu lassen. Denn Glycas a) versichert unter andern, daß er zu Antiochia cmen Scorpion voll Erz habe aufrichten lassen, um diese Stadt von den Scorpionen zu bcfreyen. Ehe wir den ^yppodrom verließen, warfen wir noch einmal einen Bl?ck auf die neue Moschee, welche linker 5?and liegt, und auf das Serrail des Ibrahim Pacha, so rechtcr Ha^d stehet, und zu seiner Zeit eines der schönsten Gebäude in Constantinopel war. Von da glengen wir in die Adrianopclsstrasse und in das Quartier Solymam'e, wo man uns die verbrannte Sä>?se zeigte. Man giebt ihr diesen Namen mit Reckt; denn sie ist durch den öftern Brand der benachbarten Hauser so schwarz und rauchig geworden/ daß man mit genauer Noth erkennen kann, von was für einer Materie sie gemacht sey. Indessen wenn wan sie genauer bcsichct, so wird man gewahr, daß sis aus Porpbnrstemcn zusammen gesetzt sey, und daß die Fuaen derselben mit kupfernen Ringen bedecket sind. Man glaubt, daß auf derselben die Figur des Constant!», gestanden sey, und d:e Inschrift, die ganz oben befindlich ist, giebt zu erkennen, dasi der Ray-serManuel Comncnus dieses vorcrefiichcVVerkö) wiederum bade herstellen lajsen. Glvcas erzählet, daß der Donner zu Ende der Regierung des Nicephoruo Bocomates, den man in das Kloster gesteckt a) AnnaU Qlyc. Part. 3» b) Ti Stint *$ytit etc. Tournef. Üeis. ll.Hh. X gesteckt/ die Säule dcS Constantin auf welcher das Vild dcs Apollo stunde/ und der man den Namen von diesem Kayscr gegeben hatte/ zu Boden geschlagen habe. Die Säule/ welche die hiHorische gcnen, net wird/ bestehet aus kcincr so kostbaren Materie/ sondern blos aus weißem Atarmor; sie ist aber schatzbar/ theils der Höhe wegen/ welche hundert und sieben und vierzig Schuh beträgt/ theils um der Basreliefs willen/ welche für die damaligen Zeiten/ von einem noch ziemlich guten Ge.schmack sind. Nur ist es Schade, daß sie das Feuer so übel zugerichtet hat. Sie stellen die Siege des Kaysers Arcadius für; die crobcrlcn Städte erscheinen auf selbigen in weiblichen Gestalten mit Thurmkronen auf den Hauptern; die Haarc derselben sind ziemlich artig/ und machen dem Künstler kcine Schande. Dcr Kayscr sitzet auf einer Art cincs ichnstuhls in cincr Robc und mit Pelz ausgcschlagcncm Kleide/ wie die acadcmischen tehrcr zu tragen pflegen. Das L^barmn ist über seinem Haupte, und wird von zween Engcln gehalten / wobey auch die Devise dcS christlichen Kayscrs: Jesus Christus ist dcr Sieger a)/ zu sehen ist. Was die Säule des Marcianus bctrift/ so ist dieselbe zwar von Granit/ aber von schlechter Arbeit; dieselbe macht den Herren Spon und Wherler/ die solche zuerst entdecket haben/ mehr Chre/ als dem Tarianus/ der sie hat aufrichten lassen / um die Bild- a) 1 X, NIKA. Bildsäule dcs Kayscrs Marcianus, und vielleicht auch die Urne, in welcher das Herz dieses KayserS lag, darauf stellen zu lassen Zu bewundern ist eS/ daß Herr (Alles in seiner genauen Beschreibung von Constantinopcl diese Säule Übergängen hat. Sie siehet in dem Hof einer Privatperson, nahe an der Adrianopelstraßc, bey den Badern des Ibrahim Pacha. Nachdem wir diese Strasse, welche eine der längsten und breitesten in der Stadt ist, besehen, besuchten wir die Bazars, odcr Vezensteins, welches diejenigen Ocrter sind, wo die schönsten Waaren verkaufet werden; der alte und der neue Bazar sind nicht weit voneinander entfernet. Es sind dieses große viereckige Gebäude, die mit Bley überzogenen Kuppeln bedeckt sind, und auf Vogcnstellungen und Pfeilern ruhen. In dem alten Bazar, welchen Maho-mer II. im Jahr '401 bauen lassen, werden wemg feine Waaren verkauft, indem daselbst meistens Waffen, und insonderheit Säbel und Pferdegeschirre feil-gcbottcn werden; man kann hie selbst auch einige haben, die mit Gold, Silber und Edclqcstcinen besetzt sind. Der neue Bazar ist für alle Arm, der Kauf-mannswaarcn bestimmt; ungeachtet keine andere, als Goldschmidtsläden daselbst sind, so verkauft man doch auch Pclzwerk, Tapeten, Stoffe von Silber, Gold und Seiden und Ziegenhaaren. Auch kann man hier Edclgcstcme und Porzelain im Ucbcrftuß haben. Die Gewölbcr dieses Gebäudes sind von Ziegelsteinen und überall ist licht genug. An verschiedenen Orten sind X 2 Ge- 224 "^..M O ^ Mc)3^ Gemacher für die Offnere angelegt, welche dasselbe Tag und Nacht bewachen und die Ronde machen. Die Waaren sind hier in der besten Sicherheit; die Thore werden bey guter Zeit zugesperrt. Die Tun ken schlafen in ihren Häußern in der Stadt, aber die christlichen und jüdischen Kaufieute gehen über das Wasser, und kommen am andern Morgen wieder. . Der Sclavcnmarkt, sowohl der männliche, als der weibliche, ist nicht weit davon entfernet. Diese Elenden sitzen daselbst in einer ziemlich traurigen Stellung. Ehe man um sie handelt, betrachtet man sie von allen Seiten sehr gcnau: man stellt eine Untersuchung mit ihnen an, und laßt sie alles dasjenige/ was sie gclcrnct haben, ausüben. Dieses geschiehet gar oft des Tagcs mehr als einmal, ohne daß der Handel richtig wird. Dic Mannsversonen, und selbst die Weibspersonen, denen oieNatur keine Rcitze gegeben hat, werden zu den aslcrmcdrlgstcn Diensten bestimmet. Die Mädgcns aber, selche schön und jung sind, sind bloß in diesem Stücke migsücklich, daß man sie insgemein nöthiget, die türkische Religion anzunehmen. Man gehet zu ihren Herren, um sich einige auszusuchen, und diese Herren, welche Juden sind, tragen große Sorge für ihre Erziehung, um sie desto theurer verkaufen zu können. Denn es gehet auf dem Sclavenmarkt eben so zu, wie auf dem Roßmarkt, wohin man selten die schönsten Pferde bringt. Will man schöne Personen haben, so muß man zu den Juden selbst gehen: diese lassen ihnen das Tanzen, Singen, und verschiedene Instrumente ler- lernen, und versäumen nichts, was sie in den Augen der Kaufer schätzbar machen kann. Man findet bey ihnen gar liebenswürdige Mädgcn, die sehr vortheilhafte Heurathcn machen, und denen ihre Sclaverey ertraalich wird; sie haben in ihren Hausern eben die Freyheit, als ob sie gebohrnc Türkinnen waren. NichtZ ist so angenehm, als ohne Aufhören aus Hungaru, Griechenland, Candia, Rußland, Min-grellen mid Gcorqicn, eine ungeheure Menge Mat-qens ankommen zu sehen, welche dcn Türken zum Kauf angeboren werden. Die Sultans, die Pachas und die größten Herren erwählen sich öfters aus selbigen ihre Gemahlinnen. Diejenigen Mädgen, welche das Schicksal in das Scrrail sührt, finden daselbst nicht allemal ihr Glück. Zwar kann oft eine Hirtentochter Sultanin werden; aber wie viele kommen nicht auch dahin/ welche der Sultan gar nicht einmal in Betrachtung ziehet? Nach dem Tod des Sultans müssen sie den Rest ihrer Tage in dem alten Scrrail zubringen, und sich nach und nach abzehren; es müßte denn seyn, daß ein Pacha lust hatte, die eine, oder die andere daraus zu erlösen. Dieses alte Scrrail, welches nicht weit von der Moschee des Sultan Bajazct entfernet ist, hat N?ahomec der zweyce erbauen laffen. In demselben werden diese armen Weiber oder Madgen eingesperrt, um daselbst ohl.e Hinderniß dcn Tod des Prinzen, oder ihrer Kinder, welche der neue Sultan bisweilen stranguliren laßt, zu beweinen. Das X 3 größte 326 ""V(M A M^ größte Verbrechen ware es, wenn man in dem Scr-> rail, wo der Kayscr wohnet, weinen wollte; imGe, gcntheil giebt sich jedermann Mühe,, seine Freude über seine Gclangnng zum Thron öffentlich an den Tag zu legen. Die Posscnrcisscr und Taschenspieler versammeln sich auf einem großen Platz bey der Moschee des Sultan Bajazet, und machen daselbst, wie man sagt, ihre Sachen sehr gut. Wir hatten aber nicht Zcit, sie zu besuchen. Man müßte ganze Jahre zu Con-stantinopel zubringen, wenn man alles sehen wollte, was in dieser großen Stadt merkwürdiges vor sich gehet. Wir aber blieben nur einige Tage hier, und liefen uns diese Zcit über fast aus dem Athem. Unserer Eilfertigkeit ungeachtet, war es uns doch nicht möglich, das Schloß der stcden Tl>m me/l) zu bese, hen, welches ganz am Ende der Stadt, auf dcr Seite des vcsten iandeS und des Meeres de Marmara licgt. Jedermann weiß, daß dieses Schloß den Namen von eben diesen Thürmen bekommen hat, welche mit Bley bedecket sind; es ist dasselbe eine Art von Bastille, wohin man die Staatsgefangenen zu legen pfleget. Man versicherte uns, daß kein Fremder mehr hinein gelassen würde, seitdem der Ritter Beaujeu, der darinnen gefangen lag, zu entwischen Gelegenheit gefunden. Derselbe hatte den Türken so viele Schiffe weg- weggckapert, daß der Großherr, um sich wegen seiner Flucht zu rächen, dem Gouverneur des Schlosses den Kopf fur die Füße legen lassen. DaS goldene Thor, welches unter den griechischen Kaysern, das vornehmste zu Constantinopcl gewesen, bcsindct sich dermalen in der Einfassung dieses Gefängnisses, procopius versichert, daß IustiniaNus den Weg durch dasselbe, zum Besten der Armeen habe pflastern lassen. Zur Zeit der griechischen Kayscr, stund an dicftm Thor eine Art eines Castells, so das runde Castell a) ge, nennet wurde. Canracuzenus ö^, welcher einige Zeit Kayscr war, meldet, daß er dasselbe durch Anlegung einiger Vcsiungswerkcr gleichsam unüberwindlich habe machen lassen. Dieselben ließ sein Eidam, Iokann l)aläoloIU3/ der ihn nöthigte in ein Clo-stcr zu gehen / wieder nieocrrcisscn. Indessen da Ba-jazcr die Stadt zu belagern drohcte, ließ paläolo-ssuo das goldene Thor aufs neue mit VcstungSwcr-kern versehen. Sie waren aber kaum zu Stande gebracht, als ihm B^jazcr c) durch seine Drohungen nöthigte, sie wieder abbrechen zu lassen. Ware dieser Sultan nicht mit dem Tamerlan in einen Krieg verwickelt gewesen, so wurde er ohne Zweifel Con-siantinopcl belagert und erobert haben, indem f)a-laologus viel zu schwach gewesen wäre, sich ihm zu X 4 wider- a) KuKXtßisv »a* KariTkttti nyTfaov. TfoeopbXcdrcn. t>) Lantacuztn. /. 4, c, 40. 6*41. c) Dötwcytc den Hercules mit dem Cerberus, und das drille eine Vcnus vorstellet, welcher Cupido scine Fackel gibt, um die Schönheiten eines schlafenden Adonis desto besser zu beschcn. Allein wir zogcn den Marsch des GroßvezierS allen diesen Seltenheiten vor. Die Fremden, welche sich nicht lange zu Constantinopcl auffalten können, würden sehr zu tadeln seyn, wenn sie d'elcs Schauspicl zu sehen urt^rlicßcn. Wir unsers Orts erstaunten darüber. Wir sahen dicse Ceremonie, welche einen halben Tag dauerte, mit guter Gemächlichkeit in der Adnanopclst. assc in einem Privat-hause mit an, wohin uns die beyden Ianitscharen des Herrn a) Ducas^. Cbakondyl.l.io. Leunc. Pand. Tarcn.139, Herrn Abgesandten gcführet hatten. Alle Pachas des Reiches, die sich zu Constantinopcl befanden, begleiteten den Großvczicr zu Pferde, dessen ganzes Haus ebenfalls zu Pferde saß und prachtig equipirt war. Die andern Vcziers waren nebst den Bcglier-bcys und den Sangiacs dabey, als welche in solchem Fall, mit allen ihren OfficicrS und Hausgenossen, dem Aufzug beywohnen müssen. Auch die Agas ermangeln nicht, sich dabey einzusindcn, so wie auch alle diejenigen Personen, welche bey dem Großvezier/ in Rcchtshändcln etwas zu thun haben. Es ist dieses für ihn ein wahres Siegcsgeprängc. Man sie, hct bey dieser Gelegenheit die schönsten Pferde aus der icvante, die mit bis auf die Erde reichenden Dcckcn gcschmückct sind, welche reich mit Gold und Si ber a/st'ckt sind, gazhe Jahrhunderte dauern und von einer Familie auf die andere geerbet werden. Das übrige Geschirr ist mir den herrlichsten Stci, nen bcscltt. Die Verschiedenheit der Turbans und der Mükcn macht eine so schone Mänmchfaltiqkc't, daß sich nichts angcnchmerS denken lasset. Die Sas bcl, die Köcher, die Pfeile, die Wurfspieße, die kurzen Röcke, das Pclzwcrk, die reichen Dolimans, alles dieses übertrift die Beschreibung weit, die man davon machen könnte. Das einzige was mir bey dieser Gelegenheit mißfiel, war dieses, daß die Offi, zicrs der vornehmsten Herren statt der Pistolen an dem Sattelbogen große pyramidenförmige Flaschen von icdcr haben, die sie bey allen Brunnen,. auf welche sie unterwegs stossen/ mit Waffcr füüen. X s Man 330 -V(,D A E^ Man kann sich leicht einbilden, um wie viele? zahlreicher diese Aufzüge seyn müssen, wenn sich der Outran, mit seinem Hause dabey cinfindct. In diesem Stück unterscheiden sich die morgenländischcn Kayser von andern europaischen Potentaten. Cim-ge Tage darnach erhielte ich die Erlaubniß, dem Herrn Abgcsanden bey einer Audienz, die er bey dem Großvezier hatte, zu begleiten. Derselbe wohnte damals unter seinen Zelten, andenhalbe Stunden von der Stadt, auf dem Wege nach Abrianopel. Nichts setzte mich in ein so großes Erstaunen, als diese Häuser, so man von einem Orte zum andern schaffen kann. Dieselben sind von einer ganz unbeschreiblichen Schönheit, Größe, Reichthum und Pracht; ihre Proportion, Zeichnung, Zierrathen, alles ist von einem bewundernswürdigen Geschmack. Der Abgesandte saß in dem Zelt des VczierS auf einem Tabouret, und der Vezier auf einem Sopha. Seine OfficicrS stunden links und rechts bey ihm, und die Ianitscharcn zu nächst an der Wand. Das Gefolge des Abgesandten bildete eine große Säule hinter dem Tabouret, auf welchem er saß. Ein ehrerbietiges Stillschweigen herrschte durchgchcnds. Die Drogmans thaten ihre Schuldigkeit; als sie die Absichten ihrer Herren entdecket, gieng man ohne alle Ceremonie auseinander. Ich hatte die Ehre den Herrn Abgesandten, auch bey einigen andern Besuchen, zu begleiten. Er hatte allemal die Nation, prachtig gekleidet und wohl beritten, bey sich. Indem wir vor dem Zelte des Niau- ^O A O^ 33l Niaurocordaro vorbey ritten, hatte der Abgesandte die Güte/ mich ihm vorzustellen. Maurocordato ist ein sehr geschickter Mann, der sich durch seine Verdienste, ohngeachtct er von Geburt und Religion ein Grieche ist, bis zum Staatsrath geschwungen hat. Er ist von Scio gebürtig, und hat zu Padua die höchste Würde in der Arzneykunst erlanget, wo er chchin studiret, und eine Abhandlung von der Respiration und Bewegung dcS Herzens geschrieben hat. Da derselbe viel Genie und eine größere Kenntniß in der Arzneykunst hat, als diejenigen, die sich insgemein damit in dem Serrail abgeben: so konnte es ihm wenig Mühe kosten, sich in demselben bekannt zu machen. Allein da man in demselben oft großen Verdruß auszustehen hat, man auch in demselben Personen von einigem Gewicht nicht leicht ungestraft sterben läßt: so gab Mamocordaro seine Ar;neyklmst auf, uyd suchte sich durch seine Kenntniß mehrerer Sprachen in die Hohe zu schwingen. Da er in den auswärtigen Angelegenheiten und in dem, was das Interesse der Fürsten von Europa bctrift, cine große Erfahrung hat, so fand er tausend Gelegenheiten, seine Fähigkeit an den Tag zu legen, und wurde in kurzen Jahren der erste Dolmetscher des Großherrn. Er machte sich in dem letzten Krieg so nothwendig, daß er bey dem Frieden zu Carlowitz zum Plcnipotentiarius ernennet wurde. Man machte ihn zum Staatsrath, um ihm einen Unterhalt zu geben, der der Würde gemäß war, womit man ihn beehret hatte. 332 ^M A O^ Niaurocordato hat viel Verstand, und seine Gesichtsbildung nimmt fur ihn ein. Er hat sich daher auch allezeit das Vertrauen der Großen des Hofes und selbst des Sultans, in Ansehung seiner Staatsklugheit und seiner großen Erfahrung in der Arzneykunst, erworben. Er schien sich in der Ausübung dieser Wissenschaft, in die Zeit zu schicken, wie er mir denn gestünde, daß er die Verwegenheit der Aente in Europa sehr bewundere, nun aber für seine Person zu alt sey, cS ihnen nachzumachen, und seine Methode zu ändern. Ich sagte ihm, daß man nun in Europa den achten Sinn des Hwpocraces angenommen habe, und sich die kostbaren Augenblicke , die sich in den hitzigsten Krankheiten darböten, zu Nutze mache; daß uns Herr Facton, der crste ieibarzt des Königs von Frankreich, glücklicher Weise gelehret habe, mit derjenigen Geschwindigkeit in ahn, lichen Fallen zu verfahren, welche dieser berühmte Grieche so nachdrücklich empfohlen; daß wir uns zu dem Ende solcher Arzneyen, bedienten, die ihm und andern griechischen Aerzten ganz unbekannt gewesen; und daß wir uns, anstatt jenes fürchterlichen Hcllc-borus, anstatt der Thymelaa und anderer Purgier-, mittet, welche nichts als vcrdrüßliche Zufälle erwecken, mit glücklichem Erfolg der Caßiu und des Manna und der Zubereitungen dcs Spicßglases bedienten, wodurch die Ursachen der gefährlichsten Krankheiten gehoben würden, ohne daß neue Zufalle entstünden. Wie steht es bey Ihnen um das Ader-laffen? fragte er mich sodann; worauf ich antwortete/ . daß daß wir uns desselben sehr oft bedienten/ vor und nach den Ausleerungen, von denen ich eben geredet hätte, nachdem es nemlich die Nothdurft erforderte, und eben dieses sey ein sicheres Mittel, den Entzündungen vorzubeugen, welche auf große Ausleerungen zu erfolgen pflegen. Er schien mit dieser Curart zufrieden zu seyn. Von der Arzneykunst kamen wir auf die Krau, terkunde. Dieser Mann, der nichts als Staatssachen in seinem Kopf hatte, schien sich sehr darüber .zu verwundern, daß ich eine so weite Reise gemacht hatte, um neue Pflanzen zu suchen. Seine Vcrwum dcnmg vermehrte sich aber noch mehr, als ich ihm sacHe, wie groß die Anzahl der Pflanzen in dem kö< niglichcn Garten zu Paris sey; denn er hatte bloß den Garten zu Padua gesehen, auf welchen wenig gewendet wird. Ich sagte ihm noch über dieses, daß ich alle Jahre in meinen ordentlichen Vorlesungen in dem königlichen Garten, üsVr dreytausend Pflanzen dcmonstrirtc, ohne diejenigen zu rechnen, welche um diese Zeit noch nicht zum Vorschein zu kommen pfle, gen. Tbrophr^st und Dioscoridls, sagte ich, würden sich sehr verwundern, wcnn sie wiederum in die Welt kommen, und die ungeheuern Pflanzensammlungen in unsern Garten sehen sollten. Sie würden manche darunter antreffen, die sie nicht kennen. Wir kamen sodann auf die griechische Sprache zu reden. Er sagte, daß wir nicht Recht hatten, ihnen die Aussprache zu lehren, und daß ich ihm hierüber meine Meinung sagen sollte. Ich will es dicsfalls, sagte ich, 334 ich, bloß aus ihrsm Ausspruch ankommen lassen, da sie so schön lateinisch sprechen, und den Cicero mit so großem Fleiß gelesen haben. Dieser große Mann, der zu Achen und zu Rhodus gewesen ist, wird gcwiß die griechische Sprache so geredet haben, wie sie in Griechenland ausgesprochen wird. Was für eine Ursache hatte er wohl haben können, Delos und Demosthenes zu schreiben, wenn die Griechen Dilos und De-mosthenis ausgesprochen hatten? Dieser Gedanke gefiel ihm. Er fragte mich weiter, ob ich viele Münzen auf meiner Reise in dem Archipelagus gefunden hätte. Ich antwortete, nein; daß ich aber mit einigen Inschriften, die wir gesehen hatten, ganz wohl zufrieden wäre. Wir nahmen Abschied von ihm, und ich mußte ihm versprechen, thn, bey meiner Zurück-kunft aus Asien wieder zu besuchen. Ich habe nach der Zeit erfahren, daß dieser Mann bey den Veränderungen, die sich nach dem Tode des Fesomlla-Mlifri, zugetragen, der ermordet, über die Strassen von Adrianopel geschleift, und endlich in den Fluß geworfen wurde, in große tebcnsgefahr gekommen sey. Maurocordaro, der sein Vertrauter war, hatte die Geschicklichkeit, sich zu verbergen, und den größten Theil seines Vermögens zu retten. Es ist dem Glücke an der othomanischcn Pforte nicht zu trauen. Dasselbe ist wie ein Rad, das sich beständig drehet, und oft diejenigen, die es vor kurzem erhöhet hat, in den tiefsten Abgrund stürzet. Mau-rocordaro ist bald darauf wieder an den Hof gekommen , und hat seine vorige Würde wiederum erlanget. Könn- Cuib. 54. - -2 Mk. f>a+}. ^j.i •store vcfZ&co tuEr*aZe0&z2yc& \ Konnte»» wir gleich zu Constantinopel, in Ansehung dcr Alterthümer/ keine sonderlichen Entdeckungen machen, so trafen wir doch in der Gegend herum einige seltene Pflanzen an/ die den Reisenden, welche vor uns in der levante gewesen sind, unbekannt geblieben waren. Selbst die Alten haben nichts von den Pfianzcn gesagt, welche um diese große Stadt hcrum wachsen, ungeachtet man Münzen mit dem Kopf dcs Bacchus und des Gera mit großen Weintrauben hat prägen lassen a), dergleichen in dem Ca-bincte dcsKonigs liegen. Indessen ist der Wein, der um Constantinopcl wachst, nicht gut, ist auch nie für gut gehalten worden. Die Gegend um diese Stadt ist schr fruchtbar an schönen Pflanzen. Da uns aber dcr Hcrr Abgesandte den Vorschlag gemacht, die Reise nach Tredisonde zu thun, und uns die Abreise des Numan Cuperli, des Pacha von Erzeron zu Nutze zu machcn, welcher über das schwarze Meer reisen wollte: so dachten wir auf nichts, als auf unsere Abreise. Der Abgesandte empfahl m,s dem Pacha, und dicsi-m war es angcnchm, Aerzte in seinem Gefolge zu haben. Ich werde also gegenwärtig nur einige seltene Pfianzen beschreiben, die sich zunächst an den Thoren zu Constantinopcl befinden. L0K^60 (^nttIntinopolitanI, «ore i-etlexo, caei-uiEv, caljce velaria. cd?ott. /»F.«. N. 6. ö) _____________^ Die BORAGO Constantinopolitana, store reflexo, caeruleo, calice veficario. Coroll. Infl. R. B. 6. b) ,_______________________________ 2>i< ä) BTZANTlßN. b) BORAGO (orientalist calycibus tubo corollae bre-vionbus, solus cordaüs. Lin. Sj>. ?hnt. p. ,c7 336 "^M A M/k^ Die^ Wurzel dicscr Pflanze ist so dick, wie ein kleiner Finger, vier bis fünf Zoll lang, aussen schwärzlich? ficiscb'g, und mit eben so gefärbten Fasern besetzt, die fast einen halben Schuh lang, inwendig weißlich und mit einem schleimigen und geschmacklosen Saft angefüllt sind. Dieselbe treibtBlätter, welche einen halben ^chuh lang, vier bis fünf Zoll breit sind und spikig' zu laufen. An ihrer Basis sind die-sclbcn in zwey zugcrundctc Oehrlein abgetheilet. D'cft Blättcr steten auf einem Stiel, der sieben bis a^t Zoll lang, auf dem Rücken zugcrundct, und auf der andern Scite wie eine Rinne hohl, we?ß> und tn verschiedene starke Nerven abgetheilt ist, die bis an den Rand hinaus laufen. Ucbrigcns »md diese Blätter dunkelgrün, rauh und mit kleinen Blattern besetzt, die mit abgeschornen Haaren bedeckt sind. Dieselben sind geschmackloß und schleimig, wie die Wurzel ; der Stengel ist einen Schuh und funfzehcn li-nien hoch, ftst, rauh, haarig und zwo bis drey iinien dick. Er treibet von unten auf Aesie, die mit kleinen Blattern besetzt sind, die mit den andern übereinkommen, aber bloß zween Zoll lang und ungefähr anderthalbc Zoll breit sind. Die Blüthen stehen oben, längst an den Zweigen hin; dieselben sind sehr zart und braunroth. Eine jede Blume hat acht bis neun Zoll im Durchmesser, und siehet auf einem Stiel, der fast einen halben Zoll lang, und hinten wie eine weißliche Blase aufgctriebcn, und überall kaum eine iinie breit ist. Der vordere Theil dieser Blume/ welcher himmelblau ist/ ist in fünf radför- mige jmkJL- __^^_pap Sir. «nige Theile getheilt, die eine iinie breit, rückwärts gebogen, und an lhrcr Spitze zugcstumpft find. Mitten aus der Blume, welche weiß ist, ohnqeachtet der übrige Theil blau ist, steigen fünf Staubfade:, in die Höhe, die drey linien lang, an ihrer Basis haarig, ebenfalls weiß, und mit blauen Kolblcin gekronet sind. Der Kelch ist ein Becher, der andcrthalbe ti-nicn lang und breit, in fünf Spitzen abgetheilt und haarig ist. In der Mitte desselben siehet ein viereckiger Stempfel, über welchem ein purpurrother Faden stehet, der einen halben Zoll lang ist. Aus diesem Kelch wird eine Blase, welche vier bis fünf tinicn im Durchmesser hat, einen halben Zoll lang, eckig und mit anderthalb tinlen langen Haaren besetzt ist. Aus dem Stempfel wird eine Frucht mit vier Hörnern, von denen jedes die Gestalt eines Vipern-topfts hat, aber nur eine tinle lang, glänzend, anfangs hellgrün, nachgchends aber schwärzlich ist. SYMPHYTVM Constantinopolitanum, Bora-ginis folio & facie, flore albo. CorolL Infi. R. H. a) Die Wurzel dieser Pfianzc isi einen halben Schuh lang, fünf bis scchs linie.» dick, und in große haarige Fasern abgetheilt, die inwendig weis, und mit einer sihwarzcn, dünnen und gleichsam rißigen Haut besetzt a) SYMPHYTVM {orientals) foliis ovatis fubpatio.-Utis. Lin» Sfr Plant, p, 19?» Tournef.Reis. ll.Ch. V 338 ""AM W E^^ sind. Die Stengel sind über einen Schuh hoch, gegen vier iinien dick/ blaßgrün, etwas weniges haarig, und so, wie die übrigen Theile der Pflanze mit Saft angefüllt, hohl und ungleich gefurcht. Derselbe ist mit Blattern besetzt, die ohne Ordnung, und ziemlich weit voneinander entfernt und den Blättern des Vorrage ähnlich sind. Die untern sind vier bis fünf Zoll lang, zween, auch dritthalbc Zoll breit, endigen sich mit einer cyrunden Spitze, sind dunkelgrün, ohne Geschmack und schleimig, wie die Wurzeln. Sie stehen auf einem Stiel, der anfangs drey iinicn breit, auf .der einen Seite, wie eine Rinne hohl, auf der andern aber zugerundct ist. Diese Blätter sind nach dem Maas, wie sie sich der Pflanze nähern, klein. Aus ihren Flügeln kommen kleine Büschel anderer Blätter zum Vorschein, und die Zweige theilen sich wieder in andere ab, welche insgemein mit zwey kleine Blättern belekt sind. Mitten in selbigen befins den sich einigt wcissc Blumen, die wie ein Scorpion-schwänz gestaltet sind, und nicht miteinander, sondert» nacheinander aufgehen. Eine jede Blume bestehet aus einer untcrwärkshängendcn Rohre, welche ungefähr sieben tinien lang ist. Die Hälfte dieser Blume, welche über den Kelch hinausgehet, öfnet sich wie eine Glocke, und diese Oefnung hat ungefähr drey tinien im Durchmesser, ist am Rande seicht in fünf Spitzen zerschnitten, die kaum eine halbe iinic lang sind, und sich wie ein gewölbter arcadischer Bogen endigen. Die andere Hälfte der Blume, welche in dem Kelch steckt, hat kaum eine linie im Durchmesser. An An dem innern Thcil der Rohre, wo sich dieselbe auszubreiten anfangt, erheben sich fünf weiße Blatter, die andcrthalbe iinien laug/ und an ihrer Basis eine Viertclslinie breit sind. An den Flügeln derselben entspringen fünf Staubfäden, von eben der Farbe/ die cine time lanq, und mit 'Kölblein gckronet sind. Durch den Boden der Röhre gehet der Stempfel, welcher eine sehr zarte Narbe bat, die ungefähr acht timen lang 'st. Der Kclch ist ebenfalls eine Robre, die ungefähr vier iinicn lang, haarig und in fünf Tleile zerschnitten ist. Aus den vier Embryonen des Stempfels werden eben so viclc Saamen, welche wie V'perlikl^pfe gestaltet sind; wir haben dieselben aber nur grün gesehen. Alle um Consiantinopel liegenden Wiesen, sind mit einer Art eines Storchschnabels angefüllt, de« ich (^LK^dllVM orientals cowmbi'mim tiore nenne; denn dieselbe wird noch an verschiedenen an> dern Orten in der ievante angetroffen; die Pfianze aber verdient beschrieben zu werden. Die Wurzel dieser Pftanze bestehet aus viclett Rüben, die ungefähr dritthalbc Zoll lang, fieischig, bäuchig, anziehend, inwendig röthlich, von aussen, ^ P 2 braun/ «) GERANIVM (s-Aumbinnm) peduiiculis bifloris folio longioribus, foliis quinquc partito multisidis: laciniis acutis, arlllis glabris, calycibus aristatis. Lin. Sj>, Plant, f.956« 340 "^W A O^ b'^un, ungefähr drey linicn dick, und öfters noch dicker sind, und sich mit einem zarten und haarigen Schwanz endigen. Dcr Körper dieser Wurzel, welcher insgemein nach der Qucr liegt und holzig ist, »vcnn die Pfianze älter geworden, treibt Stengel, dic acht bis neun Zoll hoch werden, eine linie dick, blaßgrün, haarig sind, und bey ihrem Anfang auf der Erde licgen, mit dem übrigen Theil aber in die höhe gehen. Dieselben sind mit Blättern besetzt, von denen an jedem Knoten zwey gegeneinander über stehen, und in Ansehung ihrer Größe, ihrer Farbe und ihres Gewebes, den Blättern jencrArt des Srorchsckna-bels ähnlich sehen, welche der Caudenfuß gcnennct wird. Die Blätter derjenigen Art, von welcher wir gegenwärtig reden, haben drey Zoll lange, zarte und haarige Stiele. Die Blumen stehen langst an den Zweigen hin, und kommen aus den Flügeln der Zweige hcrfür. Je näher dieselben dem Gipfel kommen, dcsro kleiner werden sie. Dicse Blumen öfncn sich nacheinander. Sie stehen auf Stielen, die insgemein ' krumm und drey bis vier Zoll lang sind. Eine jede Blumc hat fünf Blumenblätter, die wie eine Rose beysammen stehen, ungefähr einen halben Zoll lang, drey und eine halbe linie breit, an ihrer Circum. ' fennz zugcrundct, bey ihrer Herfürkunft spitzig, blaß purpurroth sind, und nach der lange hin etwas dunklere Streife haben. In der Mitte derselben erhebt sich ein Slempfel, der zwo linien lang ist. Die Staubfaden sind weiß und sehr zart, und die Kolblein gelb-licht. Der Kelch bestehet aus fünf Blättern, welche vier ^. s6. z 1%. pag- S40. ""VtM A MF5- Z4i^ vier linien lang/ spitzig, blaßgrün, gestreift und sternförmig gestcllet sind. Die Frucht war damals noch nicht so weit gekommen > daß wir sie hätten beschreiben können. Da wir über den Krautermarkt giengen, kauften wir zwey bis drey Büschel Körner von dem Epheu mir gelber Frucht. Derselbe ist hier so gemein, wie der gemeine Epheu zu Paris/ und die Türken bedienen sich desselben zu ihren Fontanellen. Ehchin wurde er zu einem viel edlcrn Gebrauch angewendet. Denn plinius a) versichert, daß die Sorte des Evhm mit goldgelber Frucht, dem Bacchus gewidmet ge-Wesen sey, und daß man die Dichter damit gekrönct habe. Die Blatter derselben haben eine viel hellere grüne Farbe, als des gemeinen Epheu seine, und seine goldfarbigen Bouquets, gaben ihm einen besondern Glanz. Dalechamp hat sie übel beschrieben und eine schlechte Abbildung davon gcqeben. Im übrigen sind die Blätter dieser Sorte, den Blattern des gemeinen Epheu so ahnlich, daß es oft Mühe kostet, sie davon zu unterscheiden, wenn man die Frucht nicht siehet; und vielleicht sind beyde Sorten blos in Ansehung dieses Theils voneinander unterschieden. Bringt nicht der Saame des Stech-baums mir rocher Frucbr, Bäume, die eine gelbe Frucht tragen? Und wird nicht eben dieses an den P 3 Sorten <•) Pirn, biß. nat. I 16. c. 34. Diose. L 2. C, 210. & not. 166. Hedera. Dionyfios. C. ß. Sorten dcS Kollunders bemerket? Die Zeit wlrd uns r,och lehren, ob derEpheu, von welchem wir gegenwärtig reden, n»cht eine Varietät des gemeinen Ephcu sey. D' scr ist um Coustantinopel nicht selten; und die Bäume, welche aus den Körnern des gelben in dem königlichen Garten gezogen worden, sind bisher noch immer den Bäumen gleich, welche aus den Kornern des schwarzen gezogen werden. Ihre Blatter sind eckig, und es laßt sich zwischen ihnen kein Unterschied entdecken. Dioscoridl-s hat/ wie es scheint, von diesen beyden Abarten geredet. Ich habe auf der Stelle folgende Beschreibung von der Frucht des gelben Ephcu gemacht. Es sind dieselben große runde Bouquets, die zween bis drey Zoll im Durchmesser haben, welche aus vielen halbrunden, obgleich etwas eckigen Körnern zusammengesetzt sind. Dieselben sind ungefähr vier linicn dick, vorncn etwas flach, wo sie einen Kreis haben, von welchem sich eine Spitze erhebet, welche eine halbe 4inie hoch ist. Die Haut, welche bcrggelb (Oci-e) und fleischig ist, schließet drey bis vier Körner in sich, die durch sehr zarte Scheidewände voneinander unter, schieden sind. Jedes Körnlein ist ungefähr drittbalbe tinicn lang, inwendig weis, graulich, und mit schwarzlichen Adern durchwebct. Aussen haben sie kleine Beulen. Sie haben keinen Geschmack und ihrer Figur nach, kommen sie mit kleinen Nieren übcrein. Das Fleisch, in welchem diese Korner stecken, ist anfangs süßlich/ nachgehende scheinet es schleimig zu seyn. >«e»<.^ Pli- pllnius, welcher dicsc Pflanze, den Epheu mit einer goldgelben Fruckc genennet hat, wiederholet alles dasjenige/ was Tdeophrast und Dio-scorldes davon gesagt haben/ die selbst eine verwirrte Geschichte von dem Ephcu geliefert haben. Man hat den Epheu mit weisscn Blättern und weissen Früchten, den sie beschrieben haben, noch nicht sinoen können; indessen mußte er doch in Griechenland wachsen. WaS diejenige Sorte anbctrift, die sie den Apheu mir bunten Blättern, oder den Epheu aus Tl>l acien nennen, so haben wir einige Bäume davon auf dcr Kiste des schwarzen Meeres angetroffen. Man darf sich nicht wundern, daß sich die Bacchanten chchin des Ephcus bedient haben / ihre Stäbe und ihren Kopf damit zu schmücken. Ganz Thra-cien war mit dieser Gattung von Pflanzen bedeckt. Ich muß hier noch einer artigen Blume a) gedenken, deren man sich an dcr Tafel unsers Abgesandten bediente, um den Rand der Schüsseln damit auszuzicrcn. Ich habe sie auch in Portugal, in ii-sabon, und auf dem Berg Radida bey Sctuval gesehen. Die Wurzel derselben bestehet aus zween fleischigen, fast runden Knollen, die in das cyrunde fallen, unrein weiß, und mit einem klebrigen, geschmacklosen Saft angefüllt sind. Der größte hat einen Zoll im Durchmesser; der andere aber ist viel Y 4 klci- <0 ORCHIS Orientalis et Lusitanica; flore maximo, papilionem referente. Coroll* Jnß. R. H* 30. 344 "^W A O^P» kleiner und gleichsam welk, und becde haben nur haarige Faden. Der Stengel wird gegen einen halben Schuh hoch, ist zwo bis drey iinien dick, und mit einigen wechsclswcise stehenden Blättern eingewickelt, deren Scheiden übereinander liegen, und sich nachge, hends erweitern und Blatter werden, die den iilien-blättern ahnlich, glänzend, glatt, geädert, spitzig, zween bis drey Zoll lang, und gegen einen Zoll breit sind. Diejenigen, welche näher an den Blumen stehen , sind viel kleiner und viel spitziger. Diese Blu-men bilden ein Bouquet am Ende des Stengels. Jede Blume hat sechs Blumenblätter, von denen fünf, welche in die Höhe stehen, eine purpurrothe und gestreifte Mütze machen; die drey äussern sind fast einen halben Zoll lang; die beyden innern sind viel schmäler und kürzer, aber sehr spitzig. Das untere Blat ist das größeste unter allen, und bildet eigentlich die Blume. Denn dasselbe giebt ihr gewissermaßen die Gestalt eines fliegenden Schmetterlings. Dieses Blat endiget sich oben mit einem kleinen Hals/ über welchem ein duukelpurpurrothes Haupt stehet; hinten endiget es sich mit einem wcislichcu Schwanz od'r Sporn, der vier tinicn lang ist. Der übrige Theil liegt nach Art eines Kragens herum, der ungefähr einen Zoll breit, am Rande gcfranset, einen halben Zoll hoch, weiß, und sehr prächtig mit pur-purrothcn Streifen geziert ist. Der Stiel der Blume ist vier tinicn lang und anocrthalbe imicn dick. Derselbe ist schneckenförmig gcdrehet, und blaßgrün. Aus demselben wird nachgehende eine Capscl, die einer cmer Schiffslaterne ahnlich, einen hal^n Zoll lang/ drey iinien breit ist, und aus drey ziemlich starken Seiten bestehet, welche eben so viele hautige und , röthlicho Wände haben, deren innere Flache mit einer sammetartigcn Binde besetzt ist. Diese Binde ist nichts anders als eine Reihe sehr kleiner Saamen, die wie Sägespahnc aussehen. Die Blume ist ohne Geruch, und erscheint zu Ende des Aprils. Die ganze Pfianze ist geschmacklos m,d schleimig. Es giebt noch verschiedene andere schone r-chislorcen umConstantinopes, die man aber nicht in den Garten ziehen kann, indem diese Pflanzen nirgends als auf freyen Felde fortkommen, wo sie iust genug haben. Anders verhalt es sich mit dcn Ranunkeln, welche sich nur unter den Handen der lieb« Hader vermehren und verschonern. Seit einigen Jahren habcn sich die Türken mit vielem Fleiß auf die Cultur dieser Art von Blumen gelegt; sie machen auch ihrem lande viele Ehre. Man sagt Cara N1ustapha,eben derselbe, welcher vor Wien mit einer fürchterlichen Armee erschien, daselbst aber geschlagen wurde, habe die Ranunkeln eingeführet, und Gelegenheit gegeben, solche mit Fleiß zuziehen. Dieser Vezicr, der Mahomer IV, seinem Herrn, welcher die Jagd, und die Einsamkeit aufferordentlich llebte, ein angenehmes Vergnügen verschaffen wollte, brachte ihn unvermerkt einen Geschmack an den Blumen bey; und da er merkte, daß er an den Ranunkeln das größte Belieben fand, so schrieb er an alle PachaS des Reichs, ihm Wurzeln und Saamcn von den schönsten P 5 Sorten/ 546 "-^M A G«)^ Sorten/ die sie in ihren Provinzen antreffen könnten, zu schicken. Die Pachas zu Candia, zu Cypcrn, zu RhoduS/ zu Aleppo, zu Damascus thaten sich diß-falls vor andern hcrfür. Und daher kommen denn die so ausnehmend schönen Ranunkeln, die wir in den schönsten Garten in Constantinopel und Paris antreffen. Die Saamen, welche man dem Vczicr schickte, und diejenigen, welche die Privatpersonen zogen, brachten sehr viele Abarten herfür. Die Abgesandten machten sich ein Vergnügen daraus, einige davon an ihre Fürsten zu schicken- In Europa wurden sie durch die Cultur noch mehr verbessert. Herr Malaval zu Marseille hat nicht wenig dazu beygetragen. Derselbe hat ganz Frankreich damit versehen, und von Frankreich aus, sind sie auch in andere iandcr gekommen. Man darf jetzt nicht mehr deswegen nach Con, stantinopel reisen, um schone Blumen zu sehen; wir besitzen jetzt selbst die allerprachtigften. Indessen müssen wir doch gestehen, daß wir alle unsere schönen Blumen, die Nelken ausgenommen, aus der icvan-te haben. Herr Bachelier von Paris, brachte im Jahr i6is den ersten Roßkastanienbaum, und die gefüllten Anemonen aus diesem lande nach Europa. Die Tuberosen/ und verschiedene Hyacinthen, Narcissen und liliensorten haben wir ebenfalls aus diesen Gegenden bekommen; sie sind aber in unsern Garten sehr verbessert worden. Etliche Gegenden in Frankreich sind vor andern zur Vermehrung gewisser Blu, men geschickt. In der Normandie ziehet man vorzüg, lich schone gefüllte Ionquillen/ und sehr trefiichc Anemonen, Wvnen. DaS Clima in Toulouse stehrt diesen Arten do» Blumen sehr wohl an. Bey Gelegenheit der< Anemonen muß ich eincr artigen Geschichte gedenken. Man erzählet, daß eine gewisse obrigkeitliche Person^ (Komme 6e rode) dem Herr B^.ct>cli. r weder au^ Freundschaft, »och um Geld, noch durch einen Tausch,' Saamen von seinen schonen Anemonen wollte zukommen lassen, auf den Einfall gerathen sey, ihn mit, drey bis vier von seinen guten Freunden, die um die Sache wußten, zu besuchen. Derselbe befahl seinem, taquais, welcher den Schlepp von seinem langen Kleide (rode) trug, solchen über die Blumentöpfe/ die in einer gewissen Allee stünden, die er ihm anzeigte, fallen zu lassen. Die schönen Anemonen, die ihn in die Augen stachen, waren in Topfen, und ihr Saamc eben zeitig. Man machte einen kleinen Spa-tzicrgang und redete von gleichgültigen Dingen. Als die Gesellschaft an den bcsi'mntten Ort kam, machte einer von ihnen, der ein lustiger Mann war, eine Erzählung, die dem guten B^cbcllcr sehr aufmerksam machte. Zu gleicher Zeit ließ der taquaiS/ der ein verschmitzter Mensch war, den Schlepp von dem langen Rock seines Herrn fallen, an dem sich die Saamen von den Anemonen mic ihren Federn hien-gen. Der Schlepp wurdc sodann, wie gewöhnlich, getragen; die Gesellschaft gieng weiter, der iieb-haber nahm von Herrn Oachelier Abschied, gieng nach Hause, und suchte sehr sorgfaltig die Saamen zusammen, die an seinem langen Rock hängen geblieben 543 "AM U O<)s> ben ware«. Man stete sie sogleich aus, und fie brachten nach der Zeit die schönsten Blumen. Der Garten an dem Pallast des franzosischenAbge» sandten zuConstantinopel ist gegenwärtig in einem sehr guten Zustande. Er ist Terrasscnweis aNgelegt, von denen man die Ebene von Asien übersehen sehen kann. Es ist aber nicht nöthig so weit zu sehen, indem der Abgesandte in seinem Garten die schönsten Pomeranzenbäume, Ranunkeln, Anemonen und alle Arten der Blumen ziehet, die man sich nur wünschen kann. Ich habe die Ehre, u. s. n?. Drey- 334 Dreyzehenter Brief. Von der Regierung und Staatskunst der Türken. Gnadiger Herr! V/f (ofcrneSlc sich nicht entschlossen hatten, mel-^^^ ne Nachrichten einstens der Welt bekannt zu machen, so würde ich eine Menge Sachen über« gangen haben, die Sie viel besser wissen, als ich. Da Sie mir aber befohlen haben, das Publicum von allem, was die lcvante bccrift, zu unterrichten, so hoffe ich, Sie werden darüber nicht ungehalten seyn, daß ich in den Briefen, die ich an Sie zu schreiben die Ehre habe, von vielen Dingen rede, die nicht jedermann weiß, oder die, seitdem sie bekannt gemacht worden sind, verschiedene Veränderungen erlitten haben, von denen ich auch die wahren Ursachen zu entwickeln suchen werde. Man muß vor allen Dingen, die Grundvcsten des türkischen Reichs, daß ich so rede, entdecken, und den Grund aufsuchen, auf welchem ihre Herrschaft beruhet. Denenjenlgen, welche nicht bis auf den Ursprung dieses Reiches zurück gehen, scheint die Regierung der Türken, dem ersten Ansehen nach, sehr hart und fast tyran, tyrannisch zu seyn. Wenn man aber überlebet, daß dasselbe im Krieg angefangen habe, und daß die ersten Othomanncn vom V"tcr auf den Sohn die fürchterlichsten Eroberer ihrer Jahrhunderte gewesen sind: so wird man sich nicht wundern dürfen / daß sie ihrer Macht keine Schranken gesctzet, als ihren Willen. War wohl zu hoffen / daß sich Fürsten, die ihre Größe blos ihren Waffen zu danken hatten, emes Rechts, welches das allcrmächtigste ist, zum Besten ihrer Sclaven begeben würden? Ein Reich, dessen Grund zu Fricdenszeiten gelegt würde, und wo sich das Volk selbst ein Oberhaupt, von dem es regiert seyn will, erwählte, müßte natürlicher Weise einer großen Ruhe genießen, und das Ansehen würde in einem solchen Reiche gleichsam getheilet seyn. Da aber die ersten Sultane ihre Erhöhung ihrer eigenen Tapferkeit zu danken hatten, so forderten sie, indem sie bloß nach Kriegsmarimen handelten, einen blinden Gehorsam, straften mit der größten Strenqe, und nahmen ihren Unterthanen alle Mittel, sich wider sie zu empören, und ließen sich, mit einem Worte, . nur von» solchen ieuten bedienen, die ihnen ihr ganzes Glück zu danken hatten, die sie, ohne bey andern eine Eifersucht zu erwecken, erheben, und ohne eine Ungerechtigkeit zu begehen, wieder erniedrigen konnten. Diese Grundsätze, welche bey ihnen seit etlichen Jahrhunderten angenommen worden sind, machen den Sultan zum unumschränkten Herrn in seinem Reiche. . Als der Erbe seiner Vorfahren/ besitzet er alle iehen« guter guter desselben; und da seine Völker Nachkömmlinge der Sclaven seiner Vorfahren sind/ so hat er auch ein Recht über ihr icben und über ihren Tod. Seine Unterthanen sind davon dergestalt gewiß überzeugt, daß sie auch nicht die geringste Einwendung machen, wenn er ihnen ihr ieben oder ihre Güter will nehmen lassen. Ja man prägt es ihnen schon, nach einer sehr feinen Staatsklugheit, gleichsam mit der Muttermilch ein, daß dieser blinde und übertriebene Gehör? fam, mehr eine Pflicht der Religion, als eine Staats, maxime sey. Diesem Vorurtheil gemäß, halten eS auch die vornehmsten Bedienten des Reichs für die höchste Glückseligkeit und Ehre, ihr leben durch die Hand, oder auf Befehl ihres Herrn zu endigen. Die Wilden in Canada sind in diesem Stücke noch ruhiger, als die Türken. Ohne den Epicret, und ohne die Stoiker gelesen zu haben, sehen sie von Natur den Tod, als ein großes Gut an, und lachen uns aus, wenn wir das Schicksal dcrcrjcnigen beklagen, die man umbringen lässet. Diese Wilde singen mitten in den Flammen, und der Schmerze wird ihnen durch die Hofnung eines viel glückseligern lcbcns ganz erträglich gemacht. Der Großherr wird von seinen Unterthanen angebetet. Durch die geringsten Wohlthaten, die er ihnen erweiset, gewinnet er ihr ganzes Herz; denn sie besitzen keine andere Güter, als die sie von ihn, haben. Sein Reich erstreckt sich von dem schwarzen, bis an das rothe Meer. Er besitzet den besten Theil »on Africa. Herr von ganz Griechenland/ stches alles Zs2 ">^O alles, bls an die Grenzen von Ungarn und Pohlen unter seinem Scepter Er kann sich sogar rühmen, daß seine Vorfahren oder ihre Großviziers, die Hauptstadt des abendlandischen Reiches bclaqen haben, und daß sie nichts als den venetianischen Meerbusen, zwi-schcn ihrem Gebiete und Italien gelassen haben. Sollte man aber bey solchen Umstanden wohl glauben, daß es Sultans gegeben, die bloß von den Eiukünft ten der königlichen, von dem Reiche abhängenden Gärten gclcbet, ungeachtet diese Einkünfte auch heut zu TiM von einem sehr mittelmäßigen Ertrag sind? Man hat auch einige Sultans gesehen, die sich bloß mit der Arbeit ihrer Hände ernähret, und man zeiget noch heut zu Tage zu Adrianopcl die Werkzeuge, womit der Sultan Mourar Pfeile gemacht, die man auf seine Rechnung in dem Scrrail verkaufte. Vermuthlich werden die Hoficutc die Arbeit ihres Herrn theuer genug bezahlt haben. Heut zu Tage lebt man gewiß in dem Hause des Prinzen nicht mehr so spar-ftm, wie chchin. Die Sultans haben, aus Furcht niemals unbc« wafnet angetroffen zu werden, sich selbst und ihren Nachkommen Ketten angelegt, indem sie eine furchtbare Militz auf den Beinen halten, welche sie in Friedenszeiten eben so wenig, als in Kriegszeiten abgehen lassen. Die Ianitscharcn und die Spahis halten der Macht des Kaysers dergestalt das Gleichgewicht, daß sie, so ein absoluter Herr er auch ist, manchmal die Verwegenheit gehabt haben, seinen Kopf zu ver, langen. Sie setzen die Kayser ab, und machen neue, und und dieses mit mehrerer ieichtigkeit, als eS die römischen Truppen zu ihren Zeiten gethan haben. 5ie sind für die Sultans ein Zaum, welcher keine Tyraw ney aufkommen laßt. Dic Einkünfte des KayserS sind zum Theil beständig, znm Theil aber auch nur zufällig. Die beständigen sind die Zolle, die Kopfsteuer, welche die Juden und Christen be>ablcn müssen, die Vermögen-steucr, welche von dem Ertrag der Güter abgetragen werden muß, und der jährliche Tribut, dcn man von dem Chan der kleinen Tartar», von den Fürsten in der Moldau und in der Wallachey, von der Republik Raqula, und von einem Theil von Mingrclicn in Gold erhalt. Hlezu kommen noch die fünfMlllioncn tivrcs, wclchcEqyptcu tr.igt. Denn von den zwölf Millionen, welche dieses große Reich in Sekins,oie in die, sem iande geschlagen werden, befahlen muß, werden zu dem Sold dcrSoldatcn und der Officiere vier Millionen angewendet, und die übrige» drey Millionen schickt der Großherr, als ein gewohnliches Geschenke, nach Mecca, dcn Gottesdienst zu erhalten, und die Cistcr-ncn in Arabien, auf dcm Wege, welchen die Pilgrime nehmen, mit Wasser anzufüllen. Die Schatzmeister der Provinzen nehmen oieEin, künfte ihrer Departements zu sich, und zahlen dasjenige aus, was von der Pforte auf sie angewiesen wird. Alle drey Monathe schicken sie dcn Schatzmeistern des Reichs, das in ihren Handen befindliche Geld, und diese müssen wieder alles, was sie aus dcn Provinzen erhalten, dem Großvezicr verrechnen. Tournes. Rels. 11. Th. Z Die 354 "^M A O^ i- Die zufälligen Einkünfte des Großherrn bestehen in Erbschaften. Denn nach dcn Gesetzen des Reiches ist der Kayscr der Erbe der Großen sowohl als der Kleinen, denen er in ihrem ieben eine Pension gegeben hat. Er erbet sogar die Kricgsleute, wenn sie ohne Kinder sterben. Hinterlassen sie nichts als Töchter, so bekommt er zwey Drittel von der Erbschaft, und diese Drittel nimmt man nicht von den tehenstückcn; denn diese gehorcu schon an und für sich dem Fürsten / sondern von dcn unlchcnbarcn Gütern, als von dcn Garten, von dcn Mcycrcycn, von dem baarcn Geld, von den Gcräthschaftcn, von dcn Sclaven, Pferden, und dergleichen. Die Anverwandten unterstehen sich nicht, etwas davon auf die Seite zu räumen. Es sind schon gewisse Bediente bestellt, die darauf acht haben müssen, und wenn sie es thäten, so würde der Sultan das ganze Vermögen consiscircn lassen. Dasjenige, was den Großen der Pforte und den Pachas abgenommen wird, betragt ganz unermäßliche ' Summen; daher es auch kommt, daß niemand wissen kann, wie hoch sich die Einkünfte des Großherrn belaufen. Oft wartet man nicht, bis die Großen eines natürlichen Todes sterben, man laßt ihnen auch vielmals die Zeit nicht, ihre Schatze zu verbergen; man bringt ihr Gold, ihr Silber, ihre Edclgestcme, und ihre Köpfe in das Serrail. Die Absetzung der Pachas ist nicht der einzige Nutzen, den der Großherr davon ziehet. Der Nachfolger des abgesetzten Pacha muß für seine neue Würde eine beträchtliche ^ . Sum- G<^' 355 Summe bezahlen. Alle diejemgen, welche der Sultan zu Vicckouigen macht, odcr denen er sonst ein ansehnliches Amt gibt, sind schlechterdings verbunden, ihm ein Geschenke zu machen, und zwar nicht nach ihrem Vermögen: denn dieses sind meistens lcute, die in dem Serrail erzogen worden sind, wo man wenig Schake sammeln kann; sondern diese Geschenke müssen der Größe der Wohlthaten, die sie empfangen, angemessen seyn. Man hat dcS Geschenk de« Pacha von Cairo auf funfzchcn hunderttausend ii-vres geschähet, ohne sieben bis achthunderttausend iivres zu rechnen, die er unter diejenigen ausgetheilet hat, welche ihm diese Würde zuwege gebracht haben, und die im Stande sind, ihn dabey zu erhalten. Dieses sind die vornehmsten Sultaninne», der Muttl, der Großvezicr, der Bostangi - Bachi/ und dergleichen. Die Summen, von denen ich eben geredet ha, be, kommen nicht in die Hände der Schatzmeister, welche si? verschwenden, oder zu ihrem Nutzen anwenden könnten. Man bringet sie in das Scrrail, in den königlichen Schatz, der nicht weit von dem Saal des Divans entfernet ist. Dieser Schatz ist in vier Kammern abgetheilt. In den beyden erster« liegen verschiedene Waffen und große Kisten, die mit langen Oberröckeu, Pelzwerk, gestickten und nnt Perlen besetzen Küssen, mit ganzen Stucken von dem schönsten englischen, holländischen und französischen Tuche, mit Sammt, Gold und Silbcrbrocad und mit Z H Stei- 3)6 ^G ^l O«)V-- Steinen besetzten Pferdezäumen und Satteln angefüllt find. In der dritten Kammer werden die Juwelen der Krone, die von einem unschätzbaren Werthe sind, aifbcwahrt. Die Porte-Aigrettes sind mit den al-lerkostbarsten Steinen besetzet. Es sind dieses Röhren oder Scheiden, in Gestalt der Tulipanen, die an dem Turban des Großherrn befestiget werden, und seinen Federbusch unterstützen. Wenn derselbe einige von seinen Juwelen sehen will, so laßt der Aufseher des Schatzes, von ungefähr sechzig Pagen, die für diese Kammer bestimmt sind, begleitet, dem Schlüs-sclbewabrer wiffcn, sich vor der Thür des Schatzes einzufindcn. Der Schatzmeister siehet sodann erstlich nach, ob das Siegel, welches man das lctztcmal auf das Vorhängschloß gedruckt hat/ noch unversehrt sey; nachgehends befiehlt er dem Schlüsselbewahrer, es abzunehmen und zu ofnen, worauf er ihm dasjenige Stück namhaft macht, welches der Großherr zu sehen verlangt. Er empfangt solches hierauf aus seinen Händen, und überbringt es dem Großhcrrn. In eben dlescr Kammer werden auch die allerschönsten Reitzeugc und die kostbarsten Waffen, die auf der Wclt seyn können / verwahret. DieDiamamcn, die Rubinen, die Smaragde, die Türkise, die Perlen glänzen an den Säbeln, an den Degen und an den Dolchen. Alle diese Stücke pflegen insgemein aus einer Hand in die andere zu kommen. Denn wenn 5cr Kayscr mit einigen derselben den Pachas ein Geschenke schenke macht/ so bekommt er wiederum andere, wcnn sie sterben, oder abgesetzt werden. Die vierte Kammer ist eigentlich die öffentliche Schatzkammer; in derselben stehet eine Menge starker und mit eisernen Bandern beschlagener Kisten, von denen jede mit zwey Vorhangschlossern verwahret ist. In dieselben werden alle Gold- und Silbcrmünzen gcleget. Die Thür dieser Kammer ist mit dem Siegel des Großhcrrn versiegelt, dcr den einen Schlüssel dazu hat. Der andere aber befindet sich in den Händen des Großvcziers. Ehe das Siegel abgenommen wird, siehet man sehr genau nach, ob es noch unvcr. sehrt sey/und dieses geschiehet insgemein an den Tagen, wcnn Rath gehalten wird; alsdenn werden auch dle neuen Einnahmen in diese Kisten gcleget, oder diejenigen Gelder herausgenommen, die zur Bezahlung der Truppen, oder zu einem andern Gebrauche bestimmt sind, worauf der Großvezier die Kammer aufs neue mit dem Siegel des KayserS versiegeln läßt. Das Gold kommt nach und nach in die geheime Schatzkammer des Großhcnn, so ein Zwischensaal, oder ein unterirdisches Gewölbe ist, in welches nie-wand kommt, als dieser Prinz und einige Schatzkammerpagen. In derselben wird das Gold in lederne Sacke gelegt, und zwar in jedem Sack funszehcn-tausend Sekins. Alle diese Säcke liegen in starken Kisten. Wenn sich in dcr vierten Kammer so viel Gold gesammelt hat, daß zwcnhundert Säcke damit 3 3 ange 353 "-V(.M A Oc/P- angefüllt werden können, so giebt der Großvezler Seiner Hoheit davon Nachricht/ der sich sodann in die Schatzkammer verfüget/ um die Sacke in seinen geheimen Schatz bringen ^u lassen, und sie selbst zu versiegeln. Au d!cscm Tage pftcget er insgemein Geschenke auszutheilen/ theils an die Pagen/welche ihn in die geheime Schatzkammer begleiten, theils an die Großen / welche ihm bis an die Thür nachfolgen, und welche bey dem Großvczic.r in der vierten Kammer zurück bleiben. Wenn diese Summen durch die Kricge verzehret werden, oder wenn sich der Staat sonst in einer dringenden Noth besiudct, so har der Kayscr in den Schätzen der Moscheen, die sich in dem Schloß der sieben Thürme besindcn, eine Ouclle, die Nicht leicht erschöpft wirb. Die Moscheen, und insonderheit die sogenannten Röniglichey, sind sehr reich. Nachdem die Diener derselben befahlt worden sind, wird das übrige Geld in den. Schatz gelegt/ worüber der Groß Herr Ober-aufscher ist. Cs ist wahr, er darf sich desselben nicht anders/ als zur Vertheidigung der Religion bedienen; es bietet sich ihm aber auch allezeit eine Gelegenheit dazu an/ so oft er mit seinen Nachbarn/ welches entweder Christen, oder schismatische Maho-tnetane^sind, in einen Krieg verwickelt wird; der Mufti kann ab'o auch den Gebrauch/ den man zu Kriegszeiten von diesem Gelde macht, nicht mißbilligen. ' - ^ : ^'Es ist kein Fürst in der Welt, der mit mehrerer Ehrfurcht bedienet wird, als der Sultan Mim präget präget denen Personen, welche in dem Scrrail erzogen werden, einen so großen Rcspcct für ihn ein; selbst ihr Schicksal erfordert eine so große Treue und eine so große Anhänglichkeit an seiner Person, daß er nicht nur von denselben für den Herrn der ganzen Wclt, sondern auch für den unumschränkten Gebieter des Glückes und Unglückes eines jeden gehalten wird. Dieser Pallast ist demnach mit lauter solchen ieuten angefüllt, die ihm ganz und gar ergeben sind. Man kann sie in fünf Classen abtheilen, in die Verschnittenen, in die Ichoglans, in die Azamoglans, in die Frauenzimmer, und in die Stummen, zu denen man noch die Zwerge und die Pikclheringe rechnen kann, die es aber nicht verdienen, daß man sie zu einer eigenen Classe rechnet. Die Verschnittenen haben die Aufsicht über den ganzen Pallast, und sind die Vertrauten. Da sie unvermögend sind, dem schonen Geschlechte zu gefallen, und sich in tiebeshändcl einzulassen, so ergeben sie sich ganz und gar dem Ehrgcih, und sorgen bloß für ihr Glück. Man kann sie leicht an der Farbe ihres Gesichtes unterscheiden, indem einige derselben weiß, andere aber schwarz sind. Die weissen sind zum Dienste des Fürsten bestimmt, und müssen für die Erziehung der Kinder des Serrails sorgen. Die schwarzen sind viel unglücklicher daran, indem sie den ganzen Tag bey den Damcs dieses Pallastes schmachten müssen. Alle diese Verschnittenen sind in die Nothwendigkeit gesetzt, sich eines kleinen Röhrgcns zu bedienen, wenn sie das Wasser lassen wollen, in- 3 4 dem Z6o "S^O ^ ^^ dcm sic, bis glatt an den ieib, des natürlichen Ganas beraubet wcrden. Die Sultans waren sehr unqe-halten darüber, wenn man chchin diesen Theil sieben ließ, und es geschiehet bloß um dieser thörichten Eifersucht zu begegnen, daß man sie völlig verschneidet. Die Operation gehet nicht ohne Gefahr ab, und kostet den meisten das iebcn. Allein die Morgenländer und die Afrikaner opfern alles ihrer Eifersucht auf; und ob sie gleich diese Art eines Mordes begangen haben, so können sie doch kaum leiden, daß diese elenden Menschen einen Blick auf ihre Weiber werfen. Sie lassen solche öfters sogar nicht weiter, als hinter die Thür ihrer Gemacher kommen, wo sie gleichsam auf der Schildwachc stehen müssen. Das Haupt der wciffen Verschnittenen, so in seiner Jugend eben so übel zugerichtet worden ist, als die andern, ist der Oberauffehcr (Fr2n6 maitre) des Serrails. Er hat die Aufsicht über alle Pagen des Pallastes. Ihm werden alle Bittschriften eingehändiget, die man dem Großhcrrn zu überreichen willens ist. Er weiß um alle Geheimnisse des Cabi-netS, und hat allen Verschnittenen von seiner Farbe zu befehlen. Die Vornehmsten unter diesen Verschnittenen sind: i) der Obcrkammcrherr, welcher der vorderste unter den Kammerjunkern ist. 2) Der Oberaufseher über d,'e Zimmer der Pagen, und über andere Gebäude des Pallastes. Dieser verlaßt Con-siantinopel niemals, und vertritt die Stelle der übrigen, welche in dem Gefolge des Großhcrrn sind. z) Der geheime Schatzmeister, welcher die Iubclcn der der Krone, und den einen Schlüssel zu der geheimen Schatzkammer in Verwahrung hat. Alle Schatzpa-gcn stehen unter den Befehlen dieses Ojficiers. 4) Dcr Oberspcißmeistcr des Scrralls, welcher auch die Oberaufsicht über die Garderobe hat. Sein Amt erstreckt sich bis auf die Confitüren/ auf das Getränke des Sultans, die Syrupe/ Sorbets und selbst bis auf die Gegengifte, dergleichen der Theriac/ Bezoar, und andere dergleichen Dinge sind. Er hat auch das Porzellain und das Eß - And Trinkgeschirr des Großherrn unter seinen Händen. Die übrigen wciffen Verschnittenen sind die tehrmeister der Pagen, der erste Priester der Moschee des Pallastes, der Auf, sehcr über die Krankenhäuser. Der oberste unter den schwarzen Verschnittenen/ den man Vorzugsweise den Verschnittenen nennen kann, führet ein uneingeschränktes Commando in den Gemachern dcr Frauenzimmer, und alle die schwarzen Verschnittenen, welche die Aufsicht über dieselben haben, leisten ihm einen blinden Gehorsam. Derselbe hat die Oberaufsicht über alle königliche Moscheen des Reichs, und vergiebt alle Aemter bey denselben. Die vornehmsten schwartn Verschnittenen sind: der Verschnittene dcr königlichen Mutter; der Aufseher oder Hofmeister der Prinzen des Geblüts. Der Aufseher über den Schatz der königlichen Mutter; dcr Aufseher über die Rauchwerke, Confitüren und Getränke der nemlichen Princessmn; die beyden Aufscher des großen und kleinen Zimmers der Weiber; dcr erste Thürhüter des Zimmers der Weiber; die ? 5 bcy- '362 '^M .A G^ beeden Priester der königlichen Moscheen, in denen jle ihr Gebet verrichten. Die Icboglans sind diejenigen jungen leute, welche in dem Serrail Mögen werden, »m theils . den Sultan zu bedienen, theils aber in der Folge die vornehmsten Aemter in dem Reiche zu verwalten. Dle Azamoglans sind diejenigen, welche iu dem ^nemlichen Paüaste gehalten werden, ^m die nicdrig- " sten Dienste zu verrichten. ,,.. .,., . ... Um die Würden nicht erblich zu machen, und um keine Familie so hoch zu erheben, daß sie sich eine große Parthey machen konnte, und um den Kindern der Veziere und der PachaS alle Hofnung zu benehmen, die Aemter ihrer Väter zu überkommen, ist Verordnet, daß sie aufs höchste nichts als Capitains der Galeeren werden können. Findet man Beyspiele im Gegentheil, so ist solches gewiß etwas sehr seltc-nes. Vor nicht gar lauger Zeit ließen sich die Kayser bloß von solchen teuten bedienen, die in dem Serrail weder Freunde noch Anverwandte hatten. Man brachte aus den entferntesten Provinzen beständig Christenkinder dahin, die entweder im Krieg gefangen, odrr als ein Tribut in Europa ausqehoben wurden. Denn die aus Asien, waren davon ausgenommen. Man erwählte aus selbigen diejenigen, welche die schönsten, die wohlgebildetstcn waren, und den meisten Verstand und die besten Gesinnungen zu haben schienen. Ihre Namen, ihr Alter, ihr Vaterland, wllrden einregistrirt. Diese armen Kinder, wclchc selche gar bald Vater, Mutter, Bruder und Schwestern, und selbst ihr Vaterland vergasen, hiettgon sich ganz allein au die Person des Sultans. Heut zu Tage aber werden, keine ^ributkinder mehr genommen. Dieses geschiehet aber nicht den Griechen zu gefallen, sondern darum, wejl die Türken den Officiers des Serrails Geld geben, damit sie ihre Kinder aufnehmen, in der Hofnung, ihnen dadurch die ansehnlichsten Würden dc5 ReichcS zu verschaffen. Wenn diese Kinder nur ein klein wenig Verstand haben, so geben sie sich alle Mühe, sich denen, die sie erziehen, gefällig zu erweisen, um sich der Wohlthaten des Hofes würdig zu machen. Der Kanser erwählet sie oftcrS selber, wenn sie ihm vorgestellt werden, oder er befiehlt, daß sie von den wcisscn Verschnittenen in Augenschein genonmien werden, welche sich gut auf die Gesichtsbildungcn verstehen. Die lneistcn von diesen Kindern werden zu Constantinopcl behalten. Man versicherte mir aber auch, daß einige derselben nach Adrianopel und nach prusa in Asien geschickt würden. Die schönsten bleiben unter den Ichoglans, und die andern werden unter die Azamoglans gesteckt. . . ..,z .Der Anfang wird mit ihnen damit gemacht, daß sie ihr GlaubcnsbckänntniS ablegen müssen, und daß man sie beschneidet. Wenn die Vorhaut weggeschnitten wird, so werden folgende Worte dabey ausgesprochen: Es ist kein anderer Gorr, als Gocr, und Mahomer ist per Gesandte Gorces. ,/dicse Kinder werden zu einer bewundcrnowürdMN Bescheidenheit angehalten. Sie find eben so dews-thig und eben so gehorsam/ als die Novitzen bey unsern Ordensleuten. Die Verschnittenen, welche auf ihre Aufführung Acht haben, bestrafen sie um der geringsten Fehler willen, auf das allerstrengste. Unter den Augen dieser tehrmeister müssen sie vier-zehen Jahre lang seufzen. Ihre ordentlichen Strafen bestehen ln Stockschlagen, die sie auf die Fußfohle bekommen; und es giebt gewisse Sünden, die nicht anders ausgesöhnet werden können, als daß sie unter den Stockschlägen sterben müssen. Die Verschnittenen sind grausame Menschen, die, aus Verdruß über ihren traurigen Zustand, allcn ihren Grimm an solchen Personen auslasscn, die nicht wie sie, verschnitten worden sind. Diese armen Kinder müssen sich also allen ihren Eigensinn gefallen lassen, und unglücklicher Weise, kommen sie niemals aus dem Serrail, bis ihr Ziel geendiget ist; sie müßten denn ausdrücklich loß zu werden verlangen. Alsdenn aber verllehren sie ihr Glück, und bekommen eine sehr mittelmäßige Belohnung. Dieses Scrrail ist eine eigene Republik, in der alle diejenigen, welche zu derselben gehören, ihre Gesetze und ihre Gebrauche haben. Diejenigen sowohl, welche in derselben befehlen, als diejenigen, welche gehorchen, wissen nicht, was die Freyheit ist, und haben Nicht den geringsten Umgang mit den Einwohnern der Stadt. Die Verschnittenen kommen niemals dahin, als wenn sie in derselben etwas zu verrichten haben. Selbst der Sultan macht sich gewisscrmaffen zum Sclaven seines seines Vergnügens in seinem Pallast. Niemand al« der Prinz und einige lieblinge unter den Frauenzim» mern, lachen in demselben von Herzen. Alle übrigen verschmachten vor langer Weile. Die Ichoglans sind in vier Kammern getheilt/ welche jenseit des Saals des DivanS/ linker Hand in dem dritten Hof find. In der ersten Kammer, welche die kleine genennet wird/ sind insgemein vierhundert Pagen / die auf Kosten des Großherrn mit allen Nothwendigkeiten versorgt werden / und von denen jeder des Tages vier bis fünf Asper Sold be-kommt, welches nach französischen Gelde vier blS fünf Sols betragt, aber die Erziehung, die man ihnen giebt, haben sie umsonst. Die Haupttugenden, die ihnen ohne Aufhören gepredlget werden, sind die Höflichkeit, Bescheidenheit, Artigkeit, der Fleiß und die Ehrlichkeit. Besonders wird ihnen das Still, schweigen empfohlen Sie müssen auch stets die Augen niederschlagen, und die Hände krculzweis auf den Magen legen. Ausser den lehrmeistcrn, dic ihnen das tescn, Schreiben und Rechnen lernen, haben sie auch einige, die sie in ihrer Religion unterrichten, und sie lehren, ihr Gebet an den bestimmten Stunden zu verrichten. Nach einer sechsjährigen Uebung kommen sie in die zwotc Kammer, mit dem nämlichen Sold, und in den nämlichen Kleidern, die von sehr gemeinen Tuch sind. Hier werden die vorigen Uebungen fort, gesetzet; doch legen sie sich hier schon mehr auf die Spra, 366 ^M A O^ Sprachen und auf die Bildung des Verstandes Diese Sprachen sind die türkische, d?e arabische und die^ersische. Werden sie etwas starker, so läßt man sie einen Bogen spannen, solchen abschlössen, einen Wurfspieß werfen, mit Spiessen oder tanze», «mge. ben, reuten und altes treiben, was dazu gehöret, als zum Beyspiel zu Pferde einen Pfeil hint.nväns und vorwärts, rechts und links abschießen. Der Groß Herr macht sich öfters das Vergnügen, und giebt einen Zuschauer ab, wenn sie zu Pferde miteinander kämpfen/ und gieüt denen, die ihre Sache am besten machen, eine Belohnung. In diescr Kammer verharren die Pagen vier Jahre/ ehe sie in die dritte kommen. In dieser lernen sie nahen, sticken und Pfeile schnitzen. Hier müssen die Pagen abermals vier Jahre ausharren, damit sie desto geschickter zum Dienst seiner Hoheit werden mögen. In dieser Absicht legen sie sich, ausser der Musik auch auf verschie« dene andere Dinge. Sie lernen das Bartscheercn, die Nägel abschneiden, die langen Röcke und Turbans zusammen legen, in dem Bade dienen, die Wasche des Großherrn waschen, und Hunde und Vögel ziehen. Diese Vierzehen Jahre hindurch, als so lange ihr Noviziat dauert, reden sie nur zu gewissen Stunden miteinander, und ihre Unterredungen sind bescheiden und ernsthaft. Wenn sie manchmal einander besuchen, so geschiehet dieses allezeit unter der Aufsicht der der Verschnittenen/ die sie niemals aus den Augen lassen. Die Nachte hindurch werden nicht nur ihre Gemacher erleuchtet, sondern eS entdecken auch die Augen dieser Arguse, die beständig auf sie gerichtet sind, alles, was in selbigen vorgehet. Von sechs zu sechs Betten liegt ein Verschnittcrer/ der bey dem geringsten Geräusche munter wird. Aus dieser Kammer werden die Schatzpagen, und diejenigen genommen, welche in dem iaborawrio arbeiten müssen, in welchem der Thcriac, die Herz. starkungcn und die kostbaren Getränke für den Groß-herrn zubereitet werden. Keiner wird zu dem Dienste desselben gebraucht, bis man den Character seines Geistes auf das genaueste erforschet hat. Diejenigen, welche nicht die gehörige Klugheit zu haben scheinen, werden mit einer sehr geringen Belohnung zurück geschickt. Man steckt sie insgemein unter die Rclltercy. Daher sind auch in der dritten Kammer nicht mehr, als ungefähr zwcyhunocrt Pagen, anstatt daß in dcr ersten ihrer vierhundert beysammen sind. In der vierten Kammer befinden sich nur vierzig Personen, die insgesamt wohl gebildet, höfiich und bescheiden und in den drey ersten Classen genugsam ge-prüfet worden sind. Dicsclbigen bekommen doppel, ten Sold, und also dcs Tags neun bis zehcn Aspcr. Man kleidet sie in Atlas, in Vrocad oder Goldstücke, und dieses sind die eigentlichen Kammerherren. Sie verrichten ihre Dienste mit dcr größten Fertig« keil, und können mit allen Officicrcn des Pallastes um, 3 28 ^M ^ A^V- umgehen. Allein der Kayser ist ihr Abgott. Denn sie stehen eben in dem Aller, in welchem man am meisten nach Ehren und Würden seufzet. Einige unter ihnen verlassen den Fürsten niemals, als wenn er in das Zimmer der Dames gehet, dergleichen diejenigen sind, welche seinen Säbel, seinen Mantel, den Wassertopf zum trinken und waschen tragcn, d die Untern wissen sich nicht anders, als durch ihr< Plackereien zu helfen. Kein Wunder daher, wen« dieses große Reich je langer, je Mehr in Abnahme kommt. Von den Ickoglans kommtn wir auf die Azas moglans, massen diese letzter« bloß aus dcmAusschuß, oder vielmehr Auswurf der crstern bestehen. Bey den Azamoglans siehet man mehr auf die Eigens schaftcn des Körpers, als des Geistes. Wenn matt in dem Reiche ckcinc haben kann, so kauft matt sts von den kleinen Tartar:,, welche beständig herum, streifen, und die Kinder ihrer Nachbarn entführen. Diese Kinder werden eben so, wie die Ichosslans von den welssen Verschnittenen erzogen. Nach ge, schehener Bcschnetdung und Ablegung des Glaubens, bekänntniffes/ unterrichtet man sie in den Dinge«/ A«5 w die zur Religion gehören / und insonderheit in dem Gebet/ welches / wie sie sagen, die einige Sprache ist, in der die Menschen mit dem Herrn rcdcn. Wenn einige unter ihnen lust dazu haben, so werden sie auch im lesen und Schreiben untcr.veiscn. Ihre Kleidungen sind von blauem, sehr groben salonischcn Tuch, und ihre Müzcn von gclbcn Filz, und wie die Zuckerhüte gemacht. Ihre crstcrn Beschäftigungen sind das Wettlaufen, oder Ringen und andere Spiele. Sie werden in dem Serrail zu Thürhütern, Gärtnern, Köchen, Fleischern, Stallnechten, Kranken, wartern, Holzhauern, Schildwachcn, laquais, Bogenschützen und Matrosen der Caicke des Großherrn gebraucht. Verschiedene derselben müssen die Waffen des Fürsten reinigen, einige haben, unter Anführung der Araber/ für seine Zelten zu sorgen. Andere haben ihre Beschäftigung bey der Bagage und bey den Wage«. Sie mögen aber eine Verrichtung haben, welche sie wollen, so bekommen sie doch nicht mehr Sold, als des Tages zween bis sieben und einen halben Asper, und davon müssen sie sich Nahrung und Kleider schaffen. Denn der Kayser giebt ihnen nichts, als Tuch und leinwand; sie leben in verschiedenen Gemächern bcneinandcr, und sind sehr gute Haushälter. Der Ianitscharen Aga siehet sie von Zeit zu Zeit durch, und stößt diejenigen, die ihm gc-fallen, unter die Ianitscharen der Pforte. Einige derselben werden Spahis. Allein weder die einen, noch die andern werden eher unter diese Truppen aufgenommen, als bis ihre Körper durch die Arbeit recht abge- abgehartet, und fie in den Stand gesetzet worden sind, alle Beschwerlichkeiten des Krieges zu ertragen; deswegen werden sie auch angewöhnet, Hitze und Kälte zu vertragen. Sie müssen Holz hauen, schwere tasten tragen, und den Acker bauen. Mit einem Wort, sie müssen die härtesten und gröbsten Arbeiten ver. richten. Verschiedene derselben werden nach Asien zu den Bauern geschickt, bey denen sie den Ackerbau lernen müssen. Diejenigen, welche in dem Serrail bleibn, wohnen an der Mcerküstc unter Schirmdächern. Dle vornehmsten sind die Bostangis, oder die Gärtner, deren Befehlshaber aus diesem Corps genommen wird, und Vostangi Backi heißt. Es ist dieses einer der mächtigsten Bedienten der Pforte. Denn obgleich sciu Amt, dem ersten Ansehen nach, keines der chrcnvosscsten zu seyn scheint, so kann er doch, weil er das Ohr des Großhirn in seiner Gewalt hat, und öfters in seinen Gärten um ihn ist, gute und böse Dienste leisten; eben deswegen pflegen ihn auch die Machte zu schmeicheln. Der Bostangi - Bachi hat, ausser seinem Zimmer an der Sccküste, noch einen schönen Kiosc auf den VoSphorus. Er ist der Obcraufschcr der Garten und der SprilHbrunncn des Großhcrrn, und der Gouverneur aller Dörfer, welche an dem Canal des schwarzen Meeres liegen. Cr hat mehr als tausend Bostangis oder Gartner unter sich, welche sich entweder in den, Scrrail, oder in den königlichen Hausern um Constantinopcl herum aufhalten. Er hat für die Policey auf dem Bospho- Aa z rue 374 "^,M N O<)^ rus von Frankreich zu sorgen. Er bestraft dle Tür, ken und Christcn, welche sich daselbst bctrinken, oder Mit Weibspersonen erwischt werden, auf das strengste. Seine wichtigste Verrichtung bestehet darinnen daß er das Steuerruder der Caicke des Sultans hält wenn sich derselbe auf dem Wasser belustiget, und daß er ihm zum Fußschemel dient, so oft er zu Pfcr, de sitzen, oder wieder absteigen will, wenn er auf die Jagd gehet, oder spazieren reutet. Alle Freytage legen die Aufseher der Gärten dem Bostangi Bachi von dem Gelde, welches aus den Küchengärten des Großhcrren gclösct worden ist, Rechnung ab. Dieses Geld ist das eigentliche Pas trimonium des Kaysers. Denn dasselbe ist zu seiner Unterhaltung bestimmt. Er macht sich daher auch öfters das Vergnügen, seine Gärtner arbeiten zu sehen. Er muß aber allein seyn. Denn wenn er von einigen Sultaninnen begleitet wird, so laufen diese armen Tropfen auf das eilfertigste davon, oder suchen sich so gut zu verbergen, als sie können. Sie würden ein unverzeihliches Verbrechen begehen, wenn sie sich sehen ließen, und der arme Bostangi würde auf der Stelle gctödct werden. Niemand hat die Ehre sich vor den Dames sehen zu lassen, als die schwarzen Verschnittenen, welche weder Versuchung poch Eifersucht zu erregen im Stande sind. Man versichert zu Constantinopel, daß die Ranunkeln dle größte Zierde der Parterres des Scrrails. -susmachen. Diese Parterres sind in geringer Anzahl gegen gegen die Küchen- und Baumgartcn, »vclcho fast den ganzen Abhang und den untern Theil dieses Passastes einnehmen. Die Cypresscn, die Fichtcnbäume und Gestrauche verunzieren diese Baumgärtcn gar sehr. Allein die Türken sind es schon von je her gewohnt/ ihre Garten zu vcrnachläßigen/ wenigstens auf nichts so viele Sorgfalt zu wenden, als auf ihre Melonen und Gurken. Es giebt ganze Familien, welche über die Hälfte des Jahres nichts als Gurken essen. Man ißt sie ganz roh, ohne sie zu schalen, als ob es Aepfel waren; oder man schneidet sie in große Stücken, aber nicht in der Absicht/ sie statt eines Saladcs zu gebrauchen, sondern man wirft sie in eine Schüssel, die mit einer sehr sauern Milch angefüllt ist, und nachdem man sehr viel davon gegessen hat, wird ein großer Topf frischen Wassers getrunken. Diese Früchte sind vortrcflich, und verursachen nicht das geringste Bauchweh. Die Pagen des Pallastcs haben das Herz nicht, an den Ort zu kommen, wo sie gezogen werden, seitdem Mahomec ll. sie bis auf sieben hat ausweiden lassen, um denjenigen zu entdecken/ der ihm einen von seinen Gurken gestohlen hatte. Ausser den OfficicrS, von denen ich bisher geredet habe, halten die Sultans in ihrem Pallast noch zwo Gattungen von teutcn/ die zu ihrer Belustigung dienen; nemlich die Srummen, und die Zwerge. Die Srummen sind eine seltsame Art vernünftiger Thiere des Serralls. Um die Ruhe des Prinzen nicht zu stöhren, haben sie unter sich eine Sprache Aa 4 erfun- 376 "^M A M^ erfunden, deren Charactere bloß durch Zeichen ausgedruckt werden; und diese Zeichen sind zu Nachts eben ft verständlich, als bey Tage, durch die Berührung gewisser Theile ihres Körpers. Diese Sprache ist in dem Scrrail so beliebt, daß diejenigen, welche ihre Aufwartung machen wollen, und sich um den Fürsten aufhalten, solche mit großer Sorgfalt lernen. Denn das würde sehr respcctSwidrig seyn, wcnn sich jemand Mltersicnge, in seiner Gegenwart dem andern ettyaS ln das Ohr zu sagen. Die Zwerge sind wahre Affen, welche untereinander, oder mit den Stummen, tausend Grimassen machen, welche dcn Sultan zum lachen bewegen/ und dieser Prinz beehret sie manchmal mit etlichen Fußstossen. Wenn unter diesen Zwergen einer ist, der taub gebohren und folglich stumm ist, so siehet man ihn für einen Phönix des Pallastes a^ Man bewundert ihn weit mehr, als den schönsten Menschen anf der Welt, besonders wcnn derselbe ein Verschnittener ist. Diese drey Mangel, welche einen Menschen höchst verachtungswürdig machen sollten, bilden iu den Augen und nach dem Urtheil der Türken, das allervollkommcnste unter allen Geschöpfen. Wir sollten nun auch von den Frauenzimmern des Serrails etwas sagen. Allein es ist Entschuldigung genug, wenn solches nicht geschiehet, da man sagen kann, daß dieselben eben so wenig in die Sinne fallen, als die reinen Geister. Diese Schönheiten sind bloß geschaffen, den Sultan zu belustigen, und die Vcr, Verschnittenen närrisch zu machen. Die Statthalter der Provinzen machen dem Großherrn mit den schönsten Personen des Reiches Geschenke, nicht nur um sich bey ihm beliebt zu macheN/ sondern <-uch um Crea, turen in dem Pallast zu haben, die sich ihre Beförderung angelegen seyn lassen. Nach dem Tode des Sultans kommen diejenigen Weiber / die er mit sei-Ncn Liebkosungen beehret hat, und die mannbaren Töchter in daS alte Serrail zu Constantinopel. Die jüngsten werden bisweilen für den neuen Kayscr aufgehoben, oder an die PachaS vcrheurathet. Da es das größte Verbrechen ist, diejenigen, welche sich in dem Pallast befinden, zu sehen, so darf man allen dem, was einige Schriftsteller davon gemeldet haben, wenig trauen. Könnte man auch ein Mittel ausfindig machen, in den Pallast zu kommen, so würde wohl Niemand so thöricht seyn, sein icben für einen übel angewendeten Blick, auf das Spiel zu setzen. Ich kaun daher auch nicht entscheiden, ob diese Schönen zu Füßen, wie einige vorgegeben haben, oder neben an der Seite, zu dem Sultan in das Bette steigen. So viel aber will ich sagen, daß sie für die minder unglücklichen Sclaven, die in der Welt sind, anzusehen sind. Die Freyheit ist einem so geringen Glücke allezeit vorzuziehen. Was kann man von einem Orte sagen, den kaum der erste lelbarzt des Sultans betreten darf, um die Weiber desselben, die in den letzten Zügen liegen, zu besuchen ? Und doch kann sie dieser Arzt weder sehen, «och von ihnen gesehen werden. Es ist ihm nicht Aa s erlaubt, 373 "^W A O<^- erlaubt/ ihren Puls anders zu fühlen, als durch eine dünne ieinwand, oder durch einen krausen Flor; und oft kann er nicht einmal unterscheiden, ob es die Arterien, oder die Flächsen sind, die sich bewegen. Auch die Weiber, welche diese Kranken bedienen, können ihm nicht sagen, was geschehen ist. Denn dieselben entfliehen mit schnellen Schritten, wenn er kommt, und es befinden sich bloß die Verschnittenen bey dem Bette, um den Arzt zu verhindern, die Kranke nicht zu sehen, und bloß die Vorhange vor ihrem Bette so weit aufzumachen, alS sie es für nöthig halten, den Arm dieser Sterbenden herauszusirecken. Verlangte der Arzt die Spitze der Zunge zu sehen, oder diesen oder jenen Theil zu berühren, so würde er auf der Stelle erstochen werden. Selbst Hippocrates würde mit aller seiner Kunst in die größte Verlegenheit gekommen seyn, wenn es zu seinen Zeiten Muselmänner gsgeben hätte. Ich meines Ortes, da ich in seiner Schule und nach seinen Grundsätzen erzogen worden bin, wüßte nicht, was ich bey dem Großherrn für eine Rolle spielen sollte, wenn ich gcruffcn und in die Zimmer seiner Weiber gelassen würde. Diese Zimmer sind wie die Schlafgemächcr unserer Nonnen gemacht, wo ich an jeder Thür einen mit einer dünnen teinwand bedeckten Arm, welcher durch ein ausdrücklich dazu gemachtes ioch gesteckt wurde, antraf. Bey den ersten Besuchen, hielte ich dieselben für hölzerne oder kupferne Arme, die bestimmt wa< ren, bey der Nacht die Stelle der icuchter zu vertreten. Ich erstaunte also, da man mir sagte, daß die Per- die Personen, denen diese Arme gehörten/ curirt werden sollten. Das Vorgeben, daß die Jüdinnen die Erlaub, nis haben, in alle Gemacher der Frauenzimmer dcS Serrails zu gehen, m d ihnen ihre Juwelen zum Kauf anzubieten, ist vollkommen falsch. Sie dörfen nicht weiter, als in einen gewissen Saal kommen, wo dieser Handel getrieben wird; es wird ihnen auch dic Thür nicht eher gcöfnet, als bis sie von den Verschnittenen mit allcr Sorgfalt visitirt und ausgesucht worden sind. Ein, als eine Weibsperson verkleideter Mann, würde auf der Stelle erwürget werden; und eine Christin würde hier schlecht bewillkommet werden. Die Verschnittenen tragen die Juwelen a« Ort und Slclle, und schließen den Handel; sie brin-gen auch das Gcld dafür, wobey sie sich für ihre Mühe fteißig bezahlt machen. WaS können aber wohl diese Verschnittene für einen Gebrauch von den Se-kins machen, da sie weder Anverwandte nbch Freun-de haben, und da ihr einiges Vergnügen darinnen bestehet, daß sie ihr Gold zählen und ansehen können? Doch sagt man, daß sie solches hauptsächlich darum aufheben, um ihr ieben damit zu retten, wenn sich bey dem Tode des Sultans Hauptvcranderungen ereignen. Man bekümmert sich aber wohl bey solchen Gelegenheiten um diejenigen am allerwenigsten, die. bloß die Aufsicht über das Frauenzimmer haben. Die übrigen Officicre, welche zu dem Scrrail gehören, und von denen wir noch zu reden hahcn, sind sind der Aufseher über die Bader, der Oberfalkew meister/ dessen Bediente den Vogel auf dem Daumen dcr rechten Hand tragen; der Oberjagermeister, welcher mehr als zwölfhundcrt Piqueurs, oderHundsknech-te unter sich hat; dcr Aufsetzer über die Wind- Jagd-und andere Hunde; der oberste Stallmeister, der zween Oberstallmcister unter sich hat, unter denen viele Stallbediente stehen, die wieder eine unzahlige Menge von Stallknechten unter sich haben. Denn eS ist kein iand in der Welt, wo die Pferde so wohl gewartet werden, als in der Türkey. Sie werden mit etwas weniges Gerste und geschnitten Stroh gefüttert, das ihnen Morgens und Abends in geringer Quantität gereicht wird. Den übrigen Theil des Tages müssen sie Hunger leiden, und dadurch werden sie geschickt gemacht, so weit zu laufen, als man es haben will. Man versichert sogar, daß die Pferde, welche aus Arabien, und aus der Gegend um Babylon kommen, dreysig Meilen in einem fortlaufen können, ohne daß man sie abzäumen darf. Sie haben vortrefiiche Schenkel, aber weder Kreutz noch Hals. Zwo andere Arten von Bedienten darf ich nicht vergessen, welche der Großherr, sowohl ausserhalb als innerhalb des Pallastes gar nüzlich gebrauchen kann. Dieses find die Capigis und die Chiaour, Das Corps der Capigis oder der Thürhüter, beste, het aus ungefähr vierhundert Mann, die von vier Hauptleuten der Pforte commandirt werden, welche nach der Reihe, an den Tagen, wenn der Rath ver- sam- sammelt ist, die Wache haben. Die Thürhüter bekommen des Tags funfzehen Asper Sold/ so nach unserm Gelde zehen Sols ausmacht. Ihre Kleidung kommt mit der Ianitschaaren ihrer überein, sie haben abcr vornen an ihrer Mütze keine Ecken. Fünfzig von diesen Capigis stehen alie Tage an dem Thor des ersten Hofes des Serrails Schildwache, und eben so viele an dem Thor des Hofes des Divans. Wenn der Großherr mit der Aufführung eines Vicekönigs oder Statthalters unzufrieden ist, so wird einer von diesen Capigis zu ihm geschickt, mit dem Befehl, sich seinen Kopf auszubitten. Der Capigi schlagt ihm solchen ab, nachdem er ihn strangullrt hat; lcgt solchen in Salz, um ihn zu erhalten, wenn der Wcg lang ist, und überbringt ihn dem Sultan in einem Sack. Solchergestalt vertreten die Capigis auch die Stelle der Henker. Die Chiaoux werden zu viel bessern und ehren, vollern Verrichtungen gebraucht. Die Befehle des Kaysers werden durch sic in allen seinen Staaten ausgetbeilt; sie müssen auch die Briefe überbringen, die er an die souverainen Fürsten schreibet. Sie sind gleichsam die Gefreyten der Garde des Großhcrrn. Ihr Corps bestehet aus ungefähr sechshundert Mann, das durch einen Chef commandirt wird, welcher der Ehiaour - Bachi heißt. Dieser Officicr ist zugleich der oberste Ceremonicnmeistcr und der Einführcr der Abgesandten. An dm Tagen des DivanS befindet er sich, nebst dem Capitain der Garde, welcher den Dienst hat, an der Thür des Gemachs des Großhcrrn. hertn. Der Sold des Chiaour belauft sich täglich von zwölf Aspers bis auf vierzig. Sie müssen sich von dem Großvczicr, von den Veziers, BeglierbeiS und selbst von den blossen Pachas gebrauchen lassen, wenn sie ihres Dienstes bcno'chiget sind. Man kcum aber durch die Acpfcl an ihren Stäben diejenigen, denen sie dienen, unterscheiden. Aenn dieser Äpfel ist von Silber, wenn sie den vordersten Officiers dienen; für die andern aber ist er nur von Holz. Die melsten Cdiaoux vertreten die Stelle der Gerichts, diener, indem sie entweder die Partheyen, die vor demDivan erscheine« sollen, citiren, oder sie miteinander vergleichen. S?e legen aber niemals weder ihren > Stab, noch ihre Mußen ab. Diese Mutze ist sehr groß, und gleicht der Ceremonicnmütze der vornehm« sicn Staatsbedienten des Reiches. Ich komme nun auf diejenigen Staatsbcdienten, welche nicht in dem Pallast des Kayscrs wohnen, sondern die nur alsdann dahin kommen, wenn sie gefordert werden, oder wenn sie ihr Amt dahin ruf-fet. Das Haupt der Staatsbeoicntcn des Sultans ist der Großvezier, der gleichsam scin allgemeiner Statthalter ist, mit dem er die Sorgen des Reiches entweder theilet, oder sie ihm ganz allein überlasset. Der Großvezier hat nicht nur das Finanzwesen/ die auswärtigen Angelegenheiten und alle Civil- und Criminalsachen zu besorgen, sondern es ist ihm auch das Kriegsdepartement und das Commando der Armeen anvertrauet. Nichcs ist seltener und aufferor-dentlicher als ein Mann, der im Stande ist, eine s" "5H A Oci?" Z8Z so schwere Bürde würdig zu tragen. Indessen hat es doch einige gegeben, welche diese Würde mit ss großem Ruhm bekleidet haben / daß sie der Gegenstand der Bewunderung ihres Jahrhunderts gewesen sind. Die Cuperlis, Vater und Sohn/ haben sowohl im Frieden als im Kriege triumphirt, und sich, durch eine bisher unerhörte Politik so lange erhalten, bis sie ruhig auf ihrem Bette gestorben sind. Cu< perli, ihr Anverwandter, welcher in der Schlacht bey Salankemem geblieben ist, war ebenfalls ein großer Mann. Wenu der Sultan einen Großvezier ernennet, so übergicbt er ihm das Siegel des Reichs, auf welches sein Name geschnitten ist. Dieses ist das Merkmal, welches den ersten Staatsminister cha-racterisirt. Daher trägt er es auch beständig auf der Brust. Mit diesem Siegel erpedirt er alle Be-fchlc, ohne jemand zu fragen, und ohne jemand da» von Rechenschaft zu geben. Seine Gewalt ist ohne Schranken; bloß die Truppen darf er nicht ohne Vorwisscn ihrer Chefs strafen. Man muß sich daher auch, bis auf diesen Punct, bey allen Angelegenheiten an ihn wenden, und über alles seinen A»s-spruch erwarten. Er theilt alle Ehrcnstellcn und alle Würden des Reiches aus, nur die Stellen bey den Gerichtshöfen nicht. Jedermann hat die Freyheit in seinen Pallast zu gehen, und er giebt auch den allcrarmstcn Audienz. Wenn indessen doch jemand glauben sollte, daß ihm Unrecht geschehen sey, so darf rr dem Großherrn mil Feuer auf seinem Kopfe 384 ""3(M N O«M* auswarten, oder seine Bittschrift oben auf ein Rohr stecken/ und Seiner Hoheit seine Klage vorbringen- Der Großvezier unterstützt den Glanz scmcr Würde mit vielem Pracht. Er hat mehr als zweytausend Officicrc, odcr Domestiken in seinem Pallaste. Wcnn er sich öffentlich sehen läßt/ so hat er allezeit einen Turban auf/ der mit zwo mit Diamanten und Edelgcsteinen besetzten Zitternadeln gczicret ist. Das Geschirr seines Pferdes ist mit Rubinen und Türkisen gleichsam besäet/ und die Decke mit Gold und Perlen gestückt. Seine Garde bestehet aus ungefähr vierhundert Bosniern oder Albancscrn/ deren Sold sich täglich auf zwölf bis funfzehcn Aspers beläuft. Einige von diesen Soldaten begleiten ihn zu Fuße, wenn er sich in den Divan verfüget; gehet er aber auf das tand, so sind sie wohl beritten und führen eine tanze/ einen Degen/ eine^Art und Pistolen. Man nennet sie Delis/ das ist/ Narren, wegen ihrer Großsprcchereyen/ und wegen ihrer lächerlichen Kleidung. Denn sie tragen einen Caput (Ca. pot) wie die Matrosen. Den Anfang des Zugs/ wenn der Großvczier wohin gehet, machen drey Roßschweifc/ von denen sich jeder mit einen vergoldeten Apfel endiget. Es ist dieses das Kriegszeichen der.Othomanen/ das sie ll^hsu oder Chouy nennen. Man sagt/ ein General dieser Nation sey/ da er nicht gewußt, wie er seine ieute wieder zusammen bringen sollte / die alle itzrc Standarten verlohren hatten/ auf den Einfall gera- gerathen, eimm Pferde den Schwanz abschneiden zu lassen, und solchen oben auf eine ianze zu stecken. Sobald die Soldaten dieses Zeichen sahen, kamen sie wiederum zusammen und trugen den Sieg davon. . Wenn der Großhcrr dem Großvczicr das Com-tnando über eine von scinen Armeen auftragt, so nimmt er, an der Spitze der Truppen, cinc Zitter« kadel von seinem Turban herab, und giebt sie ihm, Um sie auf den scinigcn zu stecken. Nicht eher, als bis diese Ceremonie geschehen ist, erkennt ihn dle Armee für ihren Feldherrn. Er hat die Macht, alle ledige Chargen, selbst die Statthalterschaften an die Dfficicrc, die unter ihm dienen, zu vergeben. Ungeachtet der Sultan in Fricdenszciten die vornehmsten Würden vcrgicbt, so kann doch der Großvezicr sehr viel daiU beytragen, daß dieselben an solche Personen kommen, die er haben will. Denn er schreibt an den Großhcrrn, und bekommt auf der Stelle Antwort. Auf diese Art befördert er seine Creaturcn, oder rächet sich an seinen Feinden. Cr kann diesen den Strick zuwege bringen, sobald er nur dem Großhcrrn Nachricht von ihrem üblen Verhalten giebt. Er besucht öfters in der Nacht die Gefängnisse, und hat stets cinen Henker bey sich, um diejenigen todten zu lassen/ bie er fur schuldig erkennet. Ungeachtet mit der Würde eines Großveziers Ordentlicher Weise nicht mehr, als ein Gehalt von zwanzig tausend Thalern verbunden ist, so hat cr doch «mermeßliche Einkünfte. Es ist kein Officicr oder Tcurnef. Rcis. II. Th. B b Diener 386 ""T(.M A Ec/V- Diener in diesem großen Reiche / der ihm nicht betrachtliche Geschenke machen muß/ entweder um ein Amt zu überkommen, oder sich bey einem bereits erlangten zu erhalten. Es ist dieses eine Art eines Tributs, den jedermann ohne Widerrede geben muß. Die größten Feinde des Großvcziers sind diejenigen, welche in dem Serrail, nach dem Großherrn, zu befehlen haben, als die Sultaninn Muttcr, der Chef der schwarzen Verschnittenen, und die SultaninmFavorite. Denn da diese Personen stctS darauf denken, die hohen Aemter zu verkaufen, und da des Großvcziers seines das vornehmste unter allen ist, so laffcn sie auf alle seine Handlungen genau Acht gcben. Bey allem seinem Anschen, ist er daher doch stets mit Spionen umgeben, und die Großen, die wider ihn sind, zetteln öfters unter den Soldaten eine Empörung an, welche unter dcm Vorwand eines Mißvergnügens, entweder den Kopf oder die Absetzung des Ministers verlangen. Dcr Sultan fordert ihm sodann sein Siegel ab, und schickt es demjenigen, dctl er mit dieser Würde beehret. Dieser erste Minister ist daher seines Orts wiederum genothiget, um sich in seinem Posten zu erhalten , kostbare Geschenke auszutheilen. Der Großherr saugt beständig an ihm, indem er ihn entweder mit seinen Besuchen beehret, die ihm theuer zu stehen kommen, oder indem cr von Zeit zuAeit beträchtliche Summen von ihm fordern läßt. Folglich wendet der Großvezier auch alle Mittel an, um einen so großen Aufwand bestreiten zu können. Sein Pallast ist lst ein Markt/ auf welchem alle Gnadenerweisungen feil stehen. Allein er muß bey dieser Handelschaft große Vorsicht gebrauchen. De»M die Turkey ist ei« iand, wo die Gerechtigkeit öfters unter den größten Ungerechtigkeiten, am strengsten beobachtet wird. Ist der Großvczier «in iiebhaber des KrieqeS/ so findet er seine Rechnung viel besser dabey, als zu Frieoenszeitcn. Ob ihn gleich das Commando der G Armeen von dem Hof entfernt, so hat er schon seine Pcnsionnairs, welche in seiner Abwesenheit agircn; und ein auswärtiger Krieg ist ihm viel vortheilhaftcr, wofcrne er nur nicht zu weit um sich greifet, als der Friede, welcher leicht bürgerliche Kriege hcrfürbrin-gen könnte« Die.Miliz ist alsdann an den Grenzen des Reiches beschäftiget, und der Krieg erlaubt derselben nicht, an eine Empörung zu gedenken. Denn die aufrührischcn und chrgeitzigen Köpfe, die Gelegenheit suchön, sich durch große Thaten herfür zu thun, sterben hier oft auf dem Bette der Ehren. Im übrigen kann sich der Minister bey dem Volk nicht beliebter machen, als wenn er wider die Ungläubigen zu Felde ziehet. Nebst dem Großvezier giebt es noch sechs andere, welche Veziers, Vczicrs von der Bank oder des Raths und Pachas mit drey Roßschwcifen ge-nennet werden, massen drey Roßschweife vor ihnen hergetragen werden, wenn sie sich wohin begebe«/ da im Gegentheil die gemeinen Pachas nur einen einzigen Roßschweif haben. Diese Veziers sind kluge, Bb2 vee- 588 "^N ^ E^^ vcrställdigc/ im Gesetz erfahrne Manner/ welche dem Divan beywohnen, ihre Meinung aber von den Sa-chcn/ die darinucn^iorkommcn, nicht chcr sagen, als bis sie von dem Großvczicr ausdrücklich darum befragt werden, welcher öfters auch den Mufti und die Cadiksqucrs, oder Aufseher übcr die Justiz bey geheimen Dingen zu Rache ziehet. Das Gehalt dieser Vcziers belauft sich jährlich auf zwcytauscnd Thaler. Der Großvczier überlaßt ihnen, so wie auch den gemeinen Richtern, gcwöhulichcrmajscn die- ^ jcnigcn Dlngc, die von geringer Erheblichkeit sind. Denn da er der Ausleger dcö Gesetzes in solchen Dingen ist, welche dic Religion nicht angehen, so folgt er öfters bloß seinem Kopf, theils aus Eitelkeit, theils aber auch zu zeigen, wie weit sich seine Macht erstreckt. Der Großvczier hält alle Tage in seinem Pallaste Divan, den Frcytag ausgenommen, welcher bey den Türken der Ruhetag ist. Den übrigen Theil dcr Woche über, besucht er viermal den Divan des ScrrailS, nemtich amSonnabcnd, amSonutag, Montag und Dienstag. Vor ihm her "gehet dcr Chiaouf« Bachi, einige Chiaour und verschiedene Gcrichtsdic» ner. Er wird von den vornehmsten Herren des Reiches begleitet, und hat die albanßslschc Garde und mehr als vierhundert Personen zu Pferde bey sich, welche ihren Zug mitten durch das Haufcnwcis sich Versammlende Volk, das ihm taufend Glück und Sc-gcn wünschet, fortsetzet. An den Tagen des Divans be.^bcn sich, eine Stunde vor Sonnenaufgang, bren . Offi^ sfficicre zu Pferd vor das Scrrail, um daselbst ciui-gc Gebeter zu verrichten, und die Ankunft der Minister zu erwarten. Diese drcy Officierc begrüßen sic, wie sie nacheinander ankommen/ mit lauter Stlmme, und mit Aussprechung ihrcr eigenen Namen. Die Pachas legen, sobald sie den Pallast erblicken, ihre Ernsthaftigkeit ab, und fangen dreyßig bis vierzig Schritt vor dem Thor an zu galopiren/ worauf sie sich rechter Hand in dem ersten Hof in Ordnung stell lcn,^lnd dic Ankunft des Großvczicrs erwarten. Die Ianitscharcn und die Spahis nehmen ihren Platz in dem zweyten Hof unter den Galerien, die Spahis linker «nd die Ianitscharen rechter Hand. Jedermann steigt in diesem Hof vom Pferde, worauf man sich in den zweyten Hof verfüget. Doch wird die Thür . des Divans mcht eher geöfnec, als bis der Großvezicr gekommen ist, und ein Priester ein Gebet für die Perstorbcncn Kayscr, und für die Gesundheit des re, gierenden Sultans abgelegt hat. Diejenigen, welche in dem Divan etwas zu verrichten haben/ treten HaufcnwciS in diesen Saal. Dic Vcziers und Aufseher dcr Justiz gchcn, aus Respect, nicht eher, als mit dem Großvczier hinein/ und sodann neiget sich jedermann bis zur Erde nieder. Wenn sich dieser erste Minister gesctzct hat, so setzen sich die beyden Aufseher dcr Justiz neben ihn, linker Hand, welches bey ihnen dcr vorzüglichste Platz ist. Der von Europa ist der erste/ und sitzt zunächst an dem Großvezicr, und dcr aus Asien ist dcr zweyte. Hierauf nehmen die Oberschatzmcister des Reiches Vb 3 Platz, Z9o "^M ^l Oci^ Platz, ultter denen sich ein Oberaufsehcr und zween Handwerker (arusans) befinden. Die Ve-jiers sitzen ihm rechter Hand nach ihrem Rang, nut dcm Siegelvcrwahrer. Wenn eben ein Bcglierbey oder ein Vicckönig von seiner Statthalterschaft zurückgekommen ist, so erweiset ihm der Großvezicr die Ehre, und weiset ihm nach den Vczicrs einen Platz an. Der Anfang wird mit den Finanzangelegenhei" ten gemacht. Der Chiaour-Bacha gehet zuerst an die Pforte des Schatzes, um das Siegel abMieh-men, und überbringt solches demGroßvezier, welcher es untersuchet, ob es noch unversehrt ist. Man öfnet sodann den Schatz, um entweder das vorräthigc Geld hinein zu legen, oder das be öthigte, zum Sold der Truppen, oder zur Bestreitung anderer Ausgaben, heraus zu nehmen. Nach diesem giebt der Großves zier das Siegel wieder her, um es auf die Thür der Schatzkammer zu drücken. Nach den Finanzsachen, kommen die Kriegsangelegenheitcn für. Man untersuchet die Anfragen und die Antworten der Abgesandten , man erpedirt die Befehle der Pforte, die Pas tente, die Paffeports, die Privilegien. Der Reiy-ikffendi, oder der StaatSsecrctair empfängt aus den Handen des Großvaters alie Depcchcn und crpcdirt sie. Sind es Befehle der Pforte, so siegelt sie der Canzler; was aber die andern kayserlichen Befehle betrift, so drückt der Großvczicr bloß das Sicgcl des Kayscrs darunter, nachdem er es vorher in Dmte eingetaucht hat. Hierauf werden die Criminalsachcn vorgenommen, der Ankläger erscheinet nebst seinen Zeuqen, und der Angeklagte wird auf der Stcllc, entweder loßgeHrochen oder verurtheilt. Der Beschluß wird mit den vorhandenen Civilangelegcnhci-ten gemacht. Der allergeringste in dcm Reiche hat die Freyfeit die vornehmsten Herren des Reichs vor diesem Tribunal zu verklagen; und der allerarmste darf hier um Handhabung der Gerechtigkeit bitten. Die Muselmänner, die Christen, die Juden werden hier ohne Unterschied gehöret. Hier haben keine Chicanen statt; man siehet hier weder Advocaten noch Procuratores. Die Schrcibcr des StaatSsecretairS lesen die Bitt, schriftcn eines jeden ab. Betreffen solche Schuld-sachcn, so laßt der Vczicr den Schuldner durch einen Chiaour aufsuchen. Der Gläubiger führt seine Zeugen auf, und das Geld wird auf der Stelle erlegt, oder es werden dem Schuldner einige Stockschlage zuerkannt. Wenn von einer großen Thathandlung die Rede ist, so entscheiden zween bis drey Zeugen die Sache auf der Stcllc. Die Sache mag beschaf, fcn scyn wie sie will, so muß sie in sieben bis acht Tagen zu Ende gehen. Man nimmt den Alcoran zu Hülfe, und wenn es ein Rcchtshandel ist, so legt der Vezicr das Gesetz aus. Ist eS eine GcwissenS-sachc, so fragt er den Mufti in einem kleinen Handschreiben um Rath, in welchem er ihm die Streitfrage, ohne die Personen zu nennen, vorleget. I'n Angelegenheiten des Reiches übcrschickt er einen kurzen Auszug der Bittschrift an den Großhcrrn und er-' wartet seine Antwort. Die Schreiber deS StaatS- Bb 4 secrc- Z52 "^D ^ ^)^ ^ sccrctairs, schreiben alle Entschließungen, die der Großvczier gefaßt hat/ auf/ tzcr ßecretair ist von~ dcn Gcrichtschreibern umgeben, welche die Aussprüche, so kurz als nur möglich ist, schriftlich abfassen. Nach diesem hat keine Appellation oder Aufhebung deS Sentcnzes mehr Platz. . Man muß aber auch gestehen, daß die Processe in der Turkey viel seltener sind, als bey uns. Denn da die Unterthanen des Großhcrrn nur die Nutzniefung der Güter haben, welche er ihnen mit guten Willen zum Vesitz überläßt, so giebt es nach ihrem Tode we-pig Zank deswegen, da im Gegentheil unsere Schcn, sungcn, unsere Chccontratte, unsere Testamente zu tausend Processen Gelegenheit geben. Ein Italia-ncr sagte einstens, zu Constantinopel zu mir, daß man jn Europa sehr glücklich wäre, wenn man von unsern Gerichtshöfen an dcn Divan appelliren könnte. Dieser Einfall bewegte mich zum iachen, zumal da er hinzu setzte, daß man leichter nach Coustantinopel/ ja im Nothfall durch die ganze Türkey reisen könnte, als man die gänzliche Entscheidung eines Processes in Europa erwarten könnte. Ein Türk aus Africa, der bey dem Parlament in der Provence einen Proceß mit einem Kaufmann von Marseille hatte, der solchen viclcJahre lang von cinem Tribunal zum andern zu spielen gcwußt, gab einem seiner Freunde, der sich bcy ihm nach dcm Zustand seiner Affairen crkun, digte / eine lustige Antwort: Sie haben sich jchr peränderc, sagte der Africaner, seirdem ich in dir, few Lande angekommen bin : ich harce damals eine eine klafterlange RoUe Pistolen, und mein ganzer Proceß stund auf einen kalben Bogen Papier. <3> genwärcig habe ich mehr als vler Rlafrern Papier, und meine Rolle ist kaum mehr einen halben Zoll lang. Bey aller dieser gebrauchten Vorsicht/ kommen doch in der Türkey große Ungerechtigkeiten zu Schulde^ Denn man laßt alle Arten der icute als Zeu-gm gelten, und die ehrlichsten icute stehen öfters in Gefahr, auf die blosse Aussage von zween bis drey falschen Zeugen, ihre Güter und ihr leben zu verliehen. Wird die Gerechtigkeit in dem Divan zu Con? siantinopel ohne Ansehen der Person gchandtzabct, so geschiehet solches deswegen, weil man befürchten muß, der Großher möchte sich an dem Fenster bcsin-dcn, das über dem Haupte dcs Großvezicrs ist, und nur mlt einem Gitter und dünnen Vorhang bedeckt ist, und zuhören. Desiomehr schreyende Ungerechtigkeiten werden in den Divans anderer Städte began, gen, woselbst sich die Cadis sehr oft mit Geld bestechen lassen, oder ihre Aussprüche bloß nach ihren leidcnschaftcn machen. Man kann zwar von diesen ihren Aussprüchcn nach Constantinopcl appelliren. Allein die wenigsten lcutc sind im Stande, die Reise dahin zu machen. Hie^u kommt noch ein anderer großer Mißbrauch. ' ^ . Die türkischen Mönche sind vermöge einer ihnen ertheilten Freyheit) von «dem gewöhnlichen gerichtlichen Verfahren ausgenommen. Wenn sich daher Bb s einige 394 ^W A O«/> einige Personen durch ihre Aemter bereichert haben, und sich vor einer Untersuchung fürchten, so werden sie Dervise oder Santons. Unter den Christen würde kein Mönchsorden so machtig werden, als der-jenige, dem es erlaubt wäre, alle diejenigen Pcrso« nen aufzunehmen, die durch ihre Plackereycn die Pros vinzen ausgesaugt haben. Die Soldaten haben das Privilegium, bloß von denen gerichtet zu werden, die sie commandiren, oder durch ihre subdclegirten Officiere. Die vier Stunden über, als so lange der Divan zu Constan-tinopel dauert, befinden sich die Spahis und die Ia-nitscharcn in dem zweyten Hof unter den Galerien, woselbst sie ein tiefes Stillschweigen beobachten, und wobey jeder einen Stock von vergoldetem Silber in der Hand hat. Der Oberste der Reuterey/ und der Oberste des Fußvolkes, hören hier die Streithandcl ihrer Soldaten an, und handhaben die Gerechtigkeit; und diesen letzter« ist, um aller Unordnung vorzubeugen, vcrbottcn, ihren Platz nicht zu verlassen, bis fie gerufen werden. Haben sie Bittschriften zu überreichen, so geben sie solche zween von ihren Camera-den, welche dazu bestellt sind, daß sie hin und her gehen müssen. Dieses Privilegium veranlasset viel Böses ln den Provinzen. Denn die meisten groben Verbrecher begeben sich unter die Ianitscharen, um dadurch der verdienten Strafe zu entgehen. Neben an der Seite des Saals des Divans ist ein Cabinet, 6l welchem sich, während der Zeit, daß Rath Rath gehalten wird, verschiedene Officiere aufhalten, als diejenigen, welche die Einkünfte des Großhcrn aufzeichnen; derjenige, welcher über alles, was in den öffentlichen Schatz kommt, oder herausgenommen ^wird, ein Register halt; derjenige welcher die Geldsorten wiegt und probiret. Der Chiaour - Bachi und der Capigi« Bachi gehen in dem Hof hin und her, um die Befehle des Großveziers zu vollstrecken. Die Abgesandten haben allezeit an dem Taqe des Divans ihre Audienz bey dem Großherrn, und werden von dem Capitain der Garde, der den Dienst hat, zu derselben geführt Dcr Gesandte sekct sich auf einen Stuhl ohne ichne, dem Großvezier gerade gegenüber, und unterhält ihn so lange, bis alles zur Mahlzeit in Bereitschaft ist. Nach diesem werden die Geschenke in den Pallast gebracht, welche der Abgesandte zu überbringen hat. Wenn sie von dem Großvezicr und von den andern OfficicrS des Divans in Augenschein genommen worden sind, so tragen sie die CapigiS Stück für Stück hinaus in den Aof, damit jedermann von dem Pracht des Herrn nrrkei-lcn könne, dcr sie schickt. Während dcr Zeit wird dem Abgesandten ein langer Rock (VeAe) gegeben, und dergleichen wird auch unter sein Gefolge aus-gcthcilet. Der Sultan begicbt sich in den Audienzsaal, der neben dem Divan ist, und setzet sich auf scinen Thron. Dieser Thron ruhet auf Pfeilern, welche ein Dach von Holz unterstützen, das ganz mit Goldblech überzogen und mit Diamanten und Steinen von sehr großem Werth besetzt ist. Derselbe stehet siehet itt einer Ecke des Saals, auf einem anderhal-. be Schuh hohen Auftritt, der mit mit Tapeten und Küssen von dem auffersten Pracht bedeckt ist. Der Sultan sitzet mit krcuzweis über einander geschlagenen Füßen / und ist bloß von den wcissen Verschnittenen, von dem geheimen Schatzmeister und von emi? zn'gcn Stummen umgebe«. Man kann das Angesicht desselben nicht anders, als im Profil sehen, weil die Thür des Saals nicht gegen der Ecke über ist, wo der Thron stehet. Diejenigen Personen aus dem Gefolge des Abgesandten, denen man Röcke (vi.^8) gegeben hat, grüßen den Sultan am ersten. Jeder derselben wird von zween Capiqis begleitet, die ihn unter dem Arm halten. Der Abgesandte selbst, der ihn, nach der Gewohnheit des iündeS, zulctzt salu« -tirt, wird ebenfalls in dieser Stellung von Capitains der Pforte getragen, und der ganze Zug wird so ein, gerichtet, daß sie niemals dem Sultan den Rücken zukehren. Man küssete ihm chehin die Hand, allein man hat es für gut befunden, diese Gewohnheit abzubringen, seitdem Ammat I. der Sohn des Orcan, von einem Unglücklichen mit einem Dolch erstochen worden ist, welcher dadurch den Tod des Despoten von Servien, seines Herrn, zu rächen glaubte. Man hat cine Zeitlang cmen langenErmel gcküssct, welcher zu dem Ende an dem Rock des Kaysers befestiget war. Der Herr von Cefi, und der Herr de Mard den Chiaoux Bachi auf sich z« kom-wcn siehet, so macht er sich, mit vierHauptlcuccn von stillen Truppen, die ihn bis an die Thüre des Zimmers des Sultans begleiten, auf den Weg. Cr beschwöret sie vor dieser Thür, Gott zu bitten, daß er dem Sultan die Vergebung seiner Fehler eingeben möge. Er gehet sodann allein zu den Prinzen, antwortet auf dis ihm vorgelegten Fragen, und kehret, wenn der Prinz mit seinem Verhallen zufrieden ist, im Friede zurück. Findet ihn der Sultan straffällig, so stößt er mit dem Fuß wieder den Erdboden, und auf dieses Signal wird dcr Aga von den Stummen, ohne alle Umstände, strangulirt. Der Spahis Aga muß aus eben dieser Ursache bor dem Sultan erscheinen. Er verlaßt ihn aber meistens vergnügter wicoer, als jener; warum aßcr, kann ich nicht sagen. Die übrigen Großen des Reichs fürchten sich eben so sehr vor dem Strick der Stummen. Blos die obrigkeitlichen Personen sind dicscm traurigen Schicksal nicht ausgesetzt, weil sie Rcchts-verständigc sind. Manchmal fragt dcr Großhcrr den Mufti um Rath, ehe er einen von seinen Offieicrs todten laßt. Er fragt ihn schriftlich, was für eine Strafe derjenige verdient habe, dcr diesen oder jenen Fehler begangen. Der Mufti, welcher wohl weiß, daß dieses eine blosse Formalität sey, und daß der Sultan doch thun würde, was ihm beliebte, wenn er auch seiner Meynung nicht wäre, antwortet meistens, stens, daß cm solcher den Tod verdienet habe; und öfters betrift dieses Schicksal seine besten Freunde. Die Geschenke, womit der Großherr den Groß-vezier beehret/ sind allezeit verdächtig. Er muß sie zum wenigsten mit einer Summe erwiedern/ welche der Größe seines Herrn angemessen ist. Bisweilen schickt dieser Prinz seinen ersten Minister deS Morgens dasjenige Kleid, welches er des Tags vorher selbst getragen hat/ um ihm dadurch eine vorzügliche Ehre anzuthun) und nachmittags lässet er seinen Kopf verlangen. Dieser Kopf wird mit einer vollkommenen Resignation hergegeben. So wahr ist eS, daß die Natur öfters den Vorurtheilcn weichen muß. Dieses ist das Vorurtheil/ welches in allen Religionen Märtyrer macht/ ausgenommen bey den Christen nicht, wo das Martyrthum eine Wirkung der Gnade ist. Hatten die Herren Descarees und Gassendi ihre Reise nach Constantinopcl/ die sie sich vorgenom-mcn hatten/ zu Stande gebracht/ wie viele vortref-liche Anmerkungen würden sie nicht über die Moral und Politik der Türken haben machen können? Die Großen dcr Pforte / erdultcn den gewaltsamsten Tod mit aller nur möglichen Ruhe des Geistes. Sie glauben heilig und ruhmvoll zu sterben / wenn solches auf Vcfehl des Sultans geschiehet, wenigstens stellen sie sich so, und aus Politik erlaubt man ihnen nicht viel nachzudenken/ sondern laßt ihnen nur noch so viel Zeit/ daß sie ein kurzes Gebet verrichten können. Wenn 4<2O ^O ^ M<)3^ Wenn der Großvczicr von Constantmopcl ab< wesend ist, so vertritt der Caimacan, nach dcr von ihm erhaltenen Ordre/sein Amt. Caimacan beißt auch in der türkischen Sprache soviel als ein Lieutenant oder Nicarms. Dieser iicutcnant hält den Divan, und giebt den Abgesandten Audienz. Das angenehmste bey dieser Würde aber ist/ daß cr, die Staatsangelegenheiten mögen eine Wendung bekommen, welche sie wollen, deßwegen nicht zur Verant^ wortung gezogen wird; und wenn sich etwas zuträgt/ wogegen der Großherr etwas einzuwenden hat, ft entschuldiget sich der Caimacan mit der Ordre, die er von dem Großvczier erhalten hat. Ueberdieses ist der Caimacan der Gouverneur von Constantlnopcl, wo cr ews bewundernswürdige Policey halt. Wcntt cm Bäcker zu leichtes Brod vertäust, so wird er mit dem einem Ohr an seinen tadcn genagelt, und in die-scr Stellung muß cr vier und zwanzig Stunden ausharren. Diejenigen, welche dtc ersten Früchte verkaufen, ziehen auch das erste Geld; sie verkaufen aber nicht theurer, als die andern. Die Ncmgkclt wird in der Tütkey nicht so, wtc in Frankreich bezahl tet, und ein Kaufmann, der sich dieselbe wollte bezahlen lassen, wurde mit der Vastonade beehret werben. Man kann mit aller Sicherheit Kinder cu f de« Markt schicken, woferne sie nur dasjenige, was sie wollen, verlangen können. Die Policcybedicnten halten sie aus den Strassen auf, sie untersuchen dass jenige, was sie tragen, wagen es, und lassen die Kinder wieder gehen / wenn sic nicht betrogen worden sind. sind. Merken sie abcr, daß man sie in Ansehung des Maascs, oder des Gewichtes betrogen/ oder ihnen die Sache zu theuer verkauft hat, so begleiten sie cs zu dem Kaufmann zurück, dec entweder zur Ba-stonnadc, oder zu einer Geldduse verurthcilet wird. Es liegt den Fruchthändlcrn viel daran, daß die Kinder nicht naschhaft sind: denn wenn dieselben einen Appetit bekamen, auf dem Wege eine Feige, oder eine Kirsche zu essen, so gieng cS an dem armen Kauf-Mann aus. Ordentlicher weise bekommt ein solcher dreyßig Stockschlage für eine abgehende Zwiebel und fünf und zwanzig für einen tauch. Wird ein solcher mit der Vastonnadc verschont, so ist die gewöhnliche Strafe, wenn er wieder erwischt wird, diese, daß ihm zwey große ausgeschnittene Breter an den Hals gehängt werden, an dessen Enden schwere Steine befestiget sind. In diesemAufzug werden die armen Frucht-Händler in der ganzen Stadt herum geführt, und wenn sie unterwegs ein wenig ausruhen wollen, so wlrd ihnen solches nicht eher gestattet/ als bis sie einige Aspcr dafür bezahlt haben. Die Wundärzte werden hier fast auf die nemliche Art gestraft, Aber anstatt der Steine, hangen am Ende der Bretter etliche Glockgen, welche bey dem Spaziergang, den sie über die Strassen machen müssen, ein erschreckliches Geklirre machen. Dadurch wird angezeiget, daß verschiedene PersoncnGurch ihr Verschulden haben sterben müssen; und diese Ceremonie geschiehet deswegen/ wie die Muselmanner sagen, damit jedermann gewarnec werde, sich nicht unvorsichtiger Tournef.Reis. ll.Th. ß^ Wtjst Weise unter die Hände dieser Mörder zu be, geben. Wird ein todter leichnam auf der Strasse gefunden, so werden die nächsten Nachbarn verurtheilt, das Blut zu bezahlen, im Fall der Mörder nicht entdecket wird. Die Furcht, welche ein jeder vor einem solchen Unglück hat, macht, daß sich jedermann Mühe giebt, alle Zwistigkeiten beyzulegen, und allen Unordnungen vorzubeugen, welche in seiner Nach, barschaft entstehen könnten. Man schließet die iäden mit Sonnenuntergang zu, und öfnet sie wieder, wenn die Sonne aufgegangen ist. Jedermann gehet bey Zeiten nach Hause; mit einem Wort, zu Paris ist an einem Tag auf einem Markt mehr lermen, als ein Iahrlang in der ganzen Stadt Constantinovel. Der Großherr selbst gehet verkleidet, in Begleitung eines Henkers herum, um zu. sehen, was in dieser großen Stadt vorgehet. N^ahomec IV. der ein großer Feind des Tobackrauchens war, und der wohl wußte, daß dadurch öfters ein Brand in den Häusern entstehe, ließ es nicht dabey bewenden, die grausamsten Befehle wider die Tobackraucher ergehen zu lassen: sondern er gieng machmal selbst herum, um sie aufzusuchen, und man-versichert, daß er jeden, den er über dieser Arbeit angetroffen, habe hängen lassen. Vorher aber ließ er ihnen eine Pfeife durch die Nase stecken und eine Rolle Ä»back um den Hqls binden. Die Nachtwache ln der ganzen Türkey führet alle diejenigen in das Gefängniß, die sich zu Nachts auf den Strassen antreffen lassen, von welcher Religion oder' odcr Nation, sie auch seyn mögen. Allein «selten läßt sich jcmand antreffen. Aus Furcht mit der Baston-Nade bcchrt, oder zu einer Geldstrafe vcrurthcilt zu wcrdc«, bleibt jedermann zu Hause. Man sagt insgemein in der Türkey, daß die Strassen/ die Nacht über, nur für die Hunde gehören; und es ist auch wahr, daß dieselben stetS damit angefüllt sind. Jeder wirft ihnen etwas zu fressen hinaus, und eS würde sehr gefährlich scyn, um diese Zeit zu Fuß herum-zugehen. Diese Thiere, welche gräßlich und relffend 5nd, wie unsere Flcischershunde, streifen überall herum, und erheben/ bey dem gringsten Geräusche das sie böten, ein fürchterliches Geheule. Oefters macht sie das ungestümme Meer ganz rasend. Die Soldaten halten sich hier ganz stille/ die ^evencis ausgenommen/ welche auf den Galeeren dienen. Allcia ausserdem, daß sie blos in den Vorstädten von Constantinopel ihren Muthwillen ausüben, kann man ihnen schon die Köpfe zu recht setzen, seitdem der Caimacan den Christen erlaubt hat, sich zu wehren; wie ich solches schon oben bemerket habe. Dieses geschah auf die vielfältigen Klagen, welche die Abgesandten wider sie anbrachten, deren teute von ihnen nicht mehr sicher waren. Was die Ianirscharen belrift, so leben dleseli bcn zu Constantinopcl sehr ehrbar. Allein sie haben jene Hochachtung verlohren/ welche man vor die alten Ianicscharcn hatte/ welche so viel zur Gründung dieses Reiches beygetragen haben. So viele Vor- Cc- suht 4<54 ^M ^ M«)^ ^ sicht ehehln die Kayscr brauchten, diese Truppen in einem guten Zustande zu erhalten, so sehr find sie jetzt aus der Art geschlagen. Ja es scheint sogar, daß man seit hundert Jahren gapz wohl damit zufrieden sey, daß sie weniger als chehin gcltcn, well man besorget, sie möchten sich noch furchtbarer machen. Ungeachtet der meiste Theil der türkischen In, fantcrie, den Namen der Ianitscharen führet: so ist doch gewiß, daß in diesem großen Reiche nicht mehr als ungefähr fünf und zwanzig tausend Mann an« getroffen werden, die wahre Ianitscharen, oder Ianitscharen der Pforte sind. Ehchin bestund.e diese Miliz bloß aus den Kindern des Tributs, welche in der türkischen Religion unterrichtet wurden. Gegenwärtig aber ist es nicht mehr so, und man läßt die teute, was diesen Punct bctrift, in Ruhe, seitdem die Officicre von den Türken Geld nehmen, und ihnen dafür eine Stelle unter diesem Corps ertheilen. . Ehehin durften sich die Ianitscharen nicht vcr« heurathen, indem die Türken glaubten, daß die Haus, sorgen die Soldaten zu ihrem Handwerke untüchtig machten. Heut zu Tage, darf mit Bewilligung der Chefs, die aber doch dafür bezahlt seyn wollen, jeder, der da will, hcurathcn. Die Hauptursache, welche dle Ianitscharen von dem Heurathen abhält, ist, daß nur die Knaben zu Aemtern kommen können, unter denen das Aufseheramt über ihre Kammern cines der beliebtesten ist. Denn diese Miliz insgesamt, wohnet m großen Cassernen, welche in hundert und )wcy * zwey und sechzig Kammern abgetheilt sind. Jede Kammer hat einen Obcraufseher ((Htch. Ausser der Casserne abcr ist er bloß lieutenant der Compagnie/ und empfangt seine Befehle von dem Hauptmann. * Ausser diesem hat jede Kammer ihren Fahn-drich, ihren Spelscmcister, ihren Koch und Wasser-Hager. Ucbcr die Hauptlcute ist der Gencrallieute-Mnt der Ianitscharcn gcsctzct/ welcher unter dem Aga stehet. Neben dem ordentlichen Sold giebt der Kayser den Ianitscharen. jahrlich ewen Rock von salonischen Tuch, und alle Tage laßt er ihnen Reis, Fleisch und Brod austheilen. Für die Wohnung in den Kammern, müssen sie ein halb Procent von dem Sold bezahlen/ den sie zu Friedenszeiten bekommen.: Im Krieg aber müssen sie sieben Procent bezahlen. Dieser Sold belauft sich des Tags von zween bis auf zwölf Asper. Er wird ihnen auch nur nach und nach, und nach Maasgabe ihrer Dienste crHohet. Werden sie verstümmelt, so werden sie lebenslang unterhalten. Die Ccrcmomcnmütze der Ianitschren sind wie dcr^lermel eines Rciscrocks gewacht. DaS eine Ende, dienet zur Bedeckung des Kopfs, und das andere hangt über die Schultern hinab. Vor.-? nen an dieser Mütze steckt eine Art einer vergoldeten. Röhre von Silber, die cmcn halben Schuh lang und mit falschen Steinen besetzt ist. Wenn die Ja, nitscharen zur Armee marschiren, so läßt ihnen der Sultan Pferde gebe»/ die ihre Bagage, uud Kamcelc^ die ihre Zelten tragen. Auf zehcn Soldaten wird ein - Cc 3 Pferd' Pferd/ und auf zwanzig cin Kameel gerechnet. So oft ein neuer Sultan den Thron besteiget, wird ihr Sold um einen Aspcr erhöhet. Die Kammern erben die Verlassenschaft derer/ welche ohne Kinder sterben/ und die andern vermachen doch den Kammern, wenn sie gleich Kinder hin. terlassen, etwas. Unter den Ianitscharen machen bloß die Solacs und die peyes die Garde des Großhcrrn aus. Die andern kommen nicht in daR Serrail, als wenn sie ihre Commendantcn an den Tagen des Divans dahin begleiten, und sich daselbst einsinden, um den Unordnungen, welche indem Hofe vorgehen könnten, vorzubeugen. Ordentlicher weise stehen sie unter den Stadtthoren und auf den Scheidewegen der Stadt Schildwache. Jedermann fürchtet und ehret sie, ungeachtet sie weiter nichts, als einen Stock in der Hand haben. Denn ihre Waffen bekommen sie nicht eher, als bis sie zu Felde ziehen. Die meisten Ianitscharen haben eine gute Erziehung, indem sie meistens aus den Azamoglans genommen werden, unter denen sie, theils aus Ungcdult, theils eines Fehlers wegen, nicht langer habetHbleiben dör-fen. Diejenigen, welche darunter aufgenommen werden sollen, müssen vor dem Commissarius die Revue paßiren, und jeder halt den untern Theil des Rockes feines Cameradcn. Man schreibt ihre Namen in das Register des Großherrn. Nach diesem laufen sie alle auf ihren Kammermeisier zu, der jedem, zum Zeichen, daß er nun unter seiner Gerichtsbarkeit strhe, im Vorbeygehen mit der Hand einen Schlag hinter dic dle Ohren giebt. Sie müssen bey ihrer Anwerbung einen doppelten Cid ablegen, und erstlich schwören, daß sie dem Großherrn mit aller Treue dienen / zum andern, daß sie dem Willen ihrer Cameraden/ in An» sehung der Angelegenheiten des CorpS/ folgen wollen. Es ist in der Türkey kein Corps, das so einig ist, als die Ianitscharen. Und diese große Einigkeit unterstützet ihr Ansehen, und macht sie oft so verwc-gen, daß sie sich auch die Absetzung des Sultans in dem Sinne kommen lassen. Ungeachtet ihrer nicht mehr als zwölf bis dreyzehentausend in Constantinc-pel sind, so sind sie doch gewiß versichert, daß ihre Cameraden, sie mögen auch in einem Theil des Rcl-ches seyn, in welchem sie wollen, ihr Verfahren billigen werden. Wenn sie Ursache zu haben glanben, sich zu bc< 'lagen, so fangt ihr Misvergnügen an, in dem Hofe »es Divans auszubrechen, zu der Zeit da ihnen die Schüsseln mit Reis ausgetheilt werden, der in einer v»n den Küchen des Großherrn ist zubereitet worden. Tenn sie essen solchen ganz ruhig, wenn sie zufrieden sis>. Im Gegentheil stossen sie die Schüssel mit dem Flß weg, und werfen sie um, wenn sie über das Mnistcrium unzufrieden sind. Es ist reine Grob, heil zu erdenken, die sie um diese Zeit nicht wider die erst«, Minister zu Schulden kommen zu lassen fähig sind, indem sie zum voraus schon überzeugt sind, daß wan nicht unterlassen wird/ ihnen die gehörige Gc mgthmng zu leisten. Und dafür wird auch beyzeiten Klsorzet, um einer gefahrlichen Empörung vorzubcu C c 4 gen, 4c>8 "^W N M^l- gen, zumal wenn man ihnen etwas Sold schuldig ist. Man hat Ursache, sich vor den Mcutcrcycn dcr Ia-nitscharen sehr zu furchten. Wie oft hakn sie nicht/ in einem Augenblick, dem ganzen Reiche eine andere Gestalt gegeben? Die trotzigsten Sultane, und die geschicktesten Minister, haben öfters erfahren müssen, wie gefahrlich cS sey, in Friedenszeitcn eine Militz zu unterhalten, die ihr Interesse so gut kennt. Dieselbe setzte Bawzct II. im Jahre 1512 ab. Sie war Ursache an dem Tode Amurar lll. im Jahre 1595. Sic drohcte Mahomet III. abzusetzen. Osman II. der ihnen den Untergang geschworen hatte, aber so unvorsichtig war, daß er sein Vorhaben vor der Zeit kund werden ließ, wurde von ihnen auf das schandlichste behandelt. Denn man stieß ihn mit den Füßen von dem Serrall au, bis zu den sieben Thürmen, wo er im Jahre, 1621 stranguliret wurde. Musta-pha I. den diese ausgelassene Miliz an die Stelle des sman setzte, wurde zwey Monate darauf, von eben diesen teuten, die ihn erhöhet hatten, wicderun abgesetzet. Auch dcr Sultan Ibrahim wurde v0l ihnen umgebracht, nachdem sie ihn auf die schimpfiick sie Art in die sieben Thürme geschleppet hatten. Sen SohnNiHomerIV. war zwar nicht so unglückli,?, doch wurde er nach dcr letzten Belagerung von Wen abgesetzet, ob dieselbe gleich aus Verschen des Cna Mustaphü, dcsGroßvczicrs mislungen war. Defer Sultan wurde seinem Bruder Solxman III. vor. gezogen; ein Herr ohne alle Verdienste, dcr einig: Zeit darauf ebenfalls abgesetzt wurhe. Wa, Was die Sultaninn Mutter, die Vezicrs, den Caimacan, die ersten Verschnittenen des Serrails, den Großschatzmeistcr, und selbst ihren Aga betrift, so machen sich die Ianitschnaren eben sowenig aus ihnen, und verlangen bey dcm geringsten Verdruß, den sie haben, ihre Kopfe. Jedermann wciß, wie sie zu Anfang dieses Jahrhunderts den Mufti Fe-sullach-Effendi, welcher des Sultan Mustapha tehrmcister, war, behandelt haben. Dieser Prinz, der eine blinde iicbe gegen ihn trug, konnte doch nicht verhindern, daß er nicht auf den Richtplak zu Adrianopel geschleppt, und in den Fluß geworfen wurde. Das einzige Mittel, das bisher mit Nutzen angewendet worden ist, ihren Ausschweifungen Einhalt zu thun, bestehet darinnen, daß man ihnen die Spahis entgegen gefttzct und beydc aufeinander eifersüchtig gemacht. Allein sie stimmen bey gewissen Ge-lcgenkcitcn nur gar zu schr miteinander übcrcin. Es ist vergeblich, wenn man auch ihr Quartier verändert. Da die Abwesenden allezeit dasjenige billigen, was ihre Cameraden gethan haben / so ist es kaum möglich, ihrcr Wuth zu entgehen, wenn sie sich in den Kopf gesctzct haben, daß ihnen irgend eine große Beleidigung wicdcrfahren sey. Die türkische Geschichte hat wenig Beyspiele auszuweisen, daß man sie ohne große Geschenke, oder daß eS großen Staarsbedien-ten des Reiches das leben gekostet, habe besänftigen können. ^l Man hat sich niemals unterstanden, den Schatz der Ianitscharcn zu consisciren, oder sich derjenigen Cc s Güter 410 "^M A O«)S- Güter zu bemächtigen, die ihre Officiere/ als ihr Ci-genthum, an verschiedenen Orten in Asien, als zu Ca. taye, zu Angora, zu Caraissar und an andern Orten besitzen. Wenn der General stirbt, so erbt der Schatz seine Güter. Dieses ist der einzige Officier, dessen Verlassenschaft nicht zum Besten des Großherrn ein« gezogen wird. Dieser General hat die Freyheit, sich vor dem Sultan mit freyen Armen sehen zu lassen, da im Gegentheil derGroßvezier und die andernGroßen der Pforte niemals in seinerGegenwart erscheinen, ohne mit kreutzweis über dem Magen liegenden Handen, welches mehr eine knechtische als ehrerbietige Stellung ist. Nach dem Ianitscharen-Aga sind die vornehmsten Officiere dieses Corps, der iieutenant des Aga, der Grand Prevot, der Capital« des Baillift, welche an den Ceremonicntagen neben dem Kayser gehen; die Capitains seiner Bogenschützen zu Fuß; dcr Capitain seiner Bedienten zu Fuß. Diese find eben so wohl als die Bogenschützen zu Fuß, um die Person des Kaysers, wenn derselbe durch die Stadt gehet. Ihrer sind nicht mehr als sechszig; sie tragen Mützen von geschlagenem Golde, die vornen eine ganz gerade Feder haben. Die Zahl der Bogenschützen zu Fuß, oder der Bogenschützen von der ieibwache, be« läuft sich auf drey bis vierhundert. An den Tagen, wenn ein Treffen gehalten wird, umgeben sie den Großherrn, bloß mit Bogen und Pfeilen bewafnet, um sein Pferd nicht zu erschrecken. Ihre Bekleidung bestehet aus einem Doliman von Tuch, der an den Spitzen bis an den Gürtel hinauf gezogen ist, so daß daß man ihr Hemd sehen kann. Ihre Mütze ist von Tuch, endiget sich mit eincr Spitze, und ist mitGe-dern, auf Art einer Zitternadel besetzt. Diese Bogenschützen können eben so gut mit der linken Hand die Pfeile abschießen, als mit der rechten. Man lernet ihnen solches deswegen, damit sie nie-Wals nothig haben, den Großherrn den Rucken zuzukehren. Wenn der Großherr durch einen Fluß setzet, so schwimmen sie um sein Pferd herum, und suchen mit aller nur möglichen Geschicklichkeit die Untiefen-auf. Daher laßt der Sultan, bey dem ersten Fluß, durch welchen er gesetzet hat, jeden unter ihnen einen Thaler austheilen, wenn ihnen daS Nasser bis an die Knie gegangen ist. Gieng eS ihnen aber bis an den Gürtel, so bekommen sie zween, und drey Thaler/ wenn eS ihnen bis über den Gürtel gegangen ist. Aus dem Corps der Ianitscharen werden auch die CanonierS, oder diejenigen genommen, welche die Waffen in der Besorgung haben. Der CanonierS find ungefähr zwölfhundert, welche ihre Befehle von dem Oberaufseher der Artillerie erhalten. Sie wohnen zu Topana in Cassernen, welche in zwey ,md fünfzig Kammern abgetheilt sind. Allein sie sind lange nicht so geschickt, als die Christen, in der Stuck-gieserey und in dem Dienste der Artillerie. Diejenigen, welche die Aufsicht über die Waffen haben, sind an der Zahl sechshundert. Sie sind in scchszig Kam-wern abgetheilt/ und wohnen in Cassernen bey der Gt. Sophie. Dieselben sorgen nicht nur für die Er- Erhaltung, der alten Waffen, welche in denZeughäu, scO sind/ sondern auch für der Ianitscharen und der Spatzis ihre, unter die sie solche, wenn sie zur Armee aehen sollen, in einem guten Zustande austheilen. Ausser den Ianltscharen/ von denen ich bisher geredet habe, sind alle Provinzen dieses weitläuftigen Reiches mit Fußgängern angefüllt, welche den Namen der Ianitscharcn führen. Allein diese Ianitscharen der zweyten Ordnung, gehören nicht zu dem Corps der Ianitscharen der Pforte, und hah.en nichts von der alten Kriegszucht der Türken. Alle Misse« thäter, welche der Justiz ausweichen wollen; ja selbst andere ehrliche leute, die sich den Verfolgungen böser Leute entziehen wollen; diejenigen, welche sich von den Aufiagen und gemeinen Ausgaben frey machen wollen, kaufen von den Obristen der Ianitscharen, welche in den Städten der Provinz sich aufhalten, den Ianitscharcn Titel. Diese empfangen nicht nur selbst keinen Sold^ sondern sie geben selbst diesen Officicrs täglich einige Aspers, um dcr Freyheiten derselben theilhaftig zu werden. Verschiedene sind als Ianitscharen eingeschrieben, und leben ganz ruhig unter ihnen, ohne verbunden zu seyn, jemals bey der Armee zu dienen. .,, ^. . Mit den Ianitscharen dürfen auch andere In, fanteristen nicht verwechselt werden, die man Azapcs oder Arcangis nennet. Die Azapes sind alte muselmannische Gesellschaften, (Lan6e5), die viel alter, als die Ianitscharen, aber sehr verachtet sind. SG dicncn dienen als Schanzgräber, und lassen sich manchwals als eine Brücke für die Cavalerie in den Morasten, und als Faschinen gebrauchen, um die Gräben der Plätze auszufüllen, die man belagern will. Die Ar-cangis sind gleichsam ein herrenloses Gesindel, welche so wenig, als die AzapeS einen Sold haben, und die bloß bestimmt sind, die feindlichen Grenzen zu verheeren. Zu Friedenszeitcn aber, denn der Krieg wird nicht eher für erklärt gehalten, als bis die Artillerie abgegangen ist, unterlassen die ArcanZis niemals, auf dem Gebiete ihrer'Nachbarn zu rauben und zu plündern. Wenn sich einige unter diesen Truppen durch cinc merkwürdige That herfür thun, und gute Soldaten werden, so stößt man sie unter die Ianit, scharen. . So ist die Infanterie der Türken beschaffen. Ihre Cavalcrie befindet sich in keinem viel bessern Zustande. Sie bestehet aus zwo Gattungen von icntcn, die unter dem Namen der Spahis bekannt sind, die aber wohl öon einander unterschieden werden müssen. Die einen stehen in dem Sold des Kay-sers, die andern aber nicht. Die in dem Sold stehenden SpahiS sind in verschiedene Haufen abgetheilt, von denen die vornehmsten die gelben und die rothen sind. Diejenigen, welche keinen Sold haben, beste, hcn aus zwo Gattungen, und heissen entweder Zaims oder Cimariors, Die im Sold stehend?» Spahis werden aus den» Corps der Ichoglans, oder Azamoglans genomnlc», welche 4'4 ^M ^ Hof 4l8 ^M ^l G'^ Hof bekommen, haben fünf bis sechstausend, bis auf ncunzetzntausend neunhundert und neun und neunzig Aspers. Hätten sie einen Aspe«, mehr, so würden sie den Zaims gleich kommen. Diejenigen, welche i >re Patente von den Vicckönigen bekommen, haben drey bis sechs tausend AspcrS. Jeder Timariot muß für alle drcytausend Asper, die er von seiner Commanderie ziehet/ einen Reuter halten. Die 3aims und die Timariots müssen auf die erste Ordre, die sie erhalten/ in eigener Person zu Felde ziehen; und von dieser Pflicht kann sie nichts frey machen. Die Kranken lassen sich in Sanften tragen/ und die Kinder müssen in Rcisekörben oder Wiegen fort. Die Cimariow sind verbunden, ihre Reuter mit Körben zu versorgen, deren sie sich bedienen, die nöthige Erde herbey zu schaffen um die Gräben und Trancheen damit anzufüllen. Diese Cava-lerie ist besser disciplinirt, als diejenige/ welche man eigentlich SpahiS nennet^ ungeachtet die Spahis viel hurtiger und munterer sind. Diese lctztern fechten bloß Pelotonweis an der Spitze der ältesten Reuter/ anstatt daß die Ittims und Timariots in Regimenter abgetheilt sind/ und von Obristcn unter den Befehlen der Pachas angeführt werden. Dcr Pacha von Alepo ist der erste Obriste dieser Cavalcrie, wenn fie im Felde stehet; denn da er ordentlicher Weise-der Seraskier der Armee ist, so gehört ihm auch in Abwesenheit des GroßvezicrS das oberste Commando. Ich Ich sollte hier von der Miliz in Aegyptcn reden. Da ich aber nicht dahin gekommen bin / so kan lch auch von derselben keine gründliche Nachricht ertheilen. Ich will also noch von der Seemacht der Tür-ken etwas gedenken, von der ich zu Constatttlnopel und auf dem Archipelagus genaue Kundschaft einzuziehen bedacht gewesen bin. Man darf sich nicht wundern / daß die Türken auf dem Meere so schwach sind. Denn es fehlt ihnen an guten Matrosen, an geschickten Steuermännern und an erfahrnen Offi-cieren. Kaum wissen sich die Steuermanner des Großhcrrn des Seekompasses zu bedienen, und auf den Saiken, welches ihre Kauffartheyschiffe sind, weiß man gar nichts davon. Sie rechnen bloß nach der Kenntniß der Küsten, die sehr betrügerisch ist, und sie verlassen sich, auf langen Reisen, wie die nach Syrien und Aegypten find, auf die Griechen, welche diese Fahrt unter den christlichen Kapers gethan haben, und welche bloß durch die Uebung die lander von Asien und Africa haben kennen lernen. Indessen, wenn sich die Türkcn auf die Schiffarth legen wollten, würden sie leicht den Meister auf dem mittelländischen Meere spielen, und die Corsaren, die ihrer Handlung so großen Schaden thun, bald ver, jagen können. Ohne die Hülfe, die sie aus Griechenland, aus den Inseln des Archipelagus, aus Aegypten, aus der Küste von Africa ziehen könnten/ zu rechnen, würde sie das schwarze Meer alleln mit' viel mehr Holz und Takel versora.cn, als sie nothlg hätten, um die fürchterlichsten Flotten zu unterhat» Dda ten. ten. Zu meiner Zelt, bestund die Seemacht, dieses großen Reiches in acht und zwanzig bis dreyßig KrieqsWffcu, und ungefähr in fünfzig Galeeren. Die Türken hatten zu den Zeiten Madomers II. Selims/ Solvmanns II. viel mä6)tigcre Flotten; sie haben aber niemals viel damit ausgerichtet. Seit , dem candischen Kriege ist das Seewesen schr vernach-läßiget worden/ und vielleicht würde solches in einen noch größcrn Verfall gekommen seyn, wenn der Ca, pitain Pacha Mezomorco demselben nicht wieder aufgeholfen hätte. Die Vortheile, welche er bey den Inseln Spalmadori über die Vcnetianer erhicltte, erleichterten ihm auch die Eroberung von Scio, und gübcn den Mahomctancrn neuen Muth. Er war zu einem Sccojficier gebohrcu, nnd wendete alles an, christliche Officiere in die Dienste des Großherrn zu ziehen. Der Nachfolger des N?e;omorto stund in keiner großen Achtung. Adraman packn, welcher nach dem Tode dießs leittcrn Admiral wurde, wäre im Stande gewesen, das Seewesen der Türken zu verbessern, wenn es nicht der Neid seiner Feinde dahin gebracht hatte, daß er bald nach seiner Erhöhung wäre stranguUrt worden. Er war unter den Türken unter dem Namen des Pacha von Dlhodus, und un» x ter den Franzosen unter dem Namen des Sohnsdcr Fleischen« von Marseille bekannt. Er wurde auf einem in dieser Stadt ausgerüsteten Schiff in seiner frühen Jugend gefangen genommen/ und hatte das Unglück ein Türk zu' werden. Die Türken hielten ihn für einen sehr billigen und uneigennützigen Mann. Cs Cs wird erzählet, daß er einstens, als er zu Scio den Policcyanstalten nachgesehen/ drey bis vier mit Steinen bcladene Eselinnen, an der Thür eines Hau, ses angebunden, angetroffen habe. Da man ihm nun gesagt, daß die Eigenthümer derselben in der Nachbarschaft frühstückten, setzte er seinen Weg weiter fort. Als er aber zurück kam, und diese armen Thiele noch immer angebunden antraf, ohne daß es schien, als ob sie indessen clwas Futter bekommen hatten, ärgerte er sich darüber, ließ ihre Herren kommen und sagte zu ihnen, daß es billig scy, daß die Reihe des Essens auch an ihre Esel käme. Die Bauern warcn es zufrieden. Allein dieselben erstaunten sehr, Ehre, u. s. w. Dd 4 Vier- 424 Vierzehenter Brief. Von der Religion, von den Sltten und Gebräuchen der Türken. 5 - ' Gnädiger Herr! " ^ch habe die Ehre gehabt, Sie in meinem letz« <^) tcrn Brief von der Regierung und Staatskunst der Türken zu unterhalten. Ihre Religion, ihre Sitten, und ihre Gebräuche, sollen der Iuhalt des gegenwärtigen seyn. Unter allen falschen Religionen ist die türkische die gefährlichste. Denn ausserdem daß dieselbe den Sinnen sehr schmeichelt, stimmt sie in verschiedenen Stücken mit dem Christenthum überein. Die ma-hometanische Religion gründet sich auf die Erkenntniß des wahren Gottes, *des Schöpfers aller Dinge, auf die tiebe des Nächsten, auf die Reinlichkeit des iei-bee, und auf cin ruhiges tcben. Alle Götzenbilder werden in derselben verabscheuet, und ihr Dienst ist auf das strengste ver. borten. Mahomer wurde im Iahe 57c». unter den Arabern, als ein Götzendiener gcbohrsN. Er halte von Natur kiuen gesunden Verstand. So weit ich davon von entfernt bin, ihm hier eine lobrede zu halten: so wenig kann ich es verbergen/ daß ich ihn für einen großen Geist halte/ und daß ich mich wundere, wie es woglich gewesen, daß er sich/ ohne den Beystand der göttlichen Gnade/ von dem Götzendienste habe loßma-chen können. Man sagt, Sergius, ein Ncstorischer Mönch, der aus Constantmopcl entweichen müssen, habe vieles dazu beygetragen, daß er sich von den Irrthümern des Heidcnthums loß gemacht, daß aber Mahomet selbst nicht eher nachgelassen, bis er cin so großes Vorurthcil besieget, und bis er seine Augen gcofnet, um sich Mühe zu gcbcn, die Wahrheit zu entdecken. Es erhellet aus dem Alcoran, daß diese becben teutc, das beste, was sie in demselben vortrugen, aus der heiligen Schrift genommen haben. Da aber zu ihrer Zeit in Arabien viel mehr Juden als Christen wohneten, so hielten sie sich auch mehr an das alte, als an das neue Testament, um die IuVen mit in ihre Sccte zu ziehen, ohne jedoch die Christen zu weit von sich zu entfernen. Wäre Makomer nicht auf den thörichten Einfall gekommen, sich für einen Gesandten Gottes auszugeben, so würde seine Religion wenig von der lehre des Socinus unterschieden gewesen seyn. Allein er wollte eine ausserordentliche Rolle spielen, und die leutc glauben machen, daß cr mit den obern Geistern einen genauen Umgang habe. Da er mm weder einen Beruf, noch die Gabe Wun-dcr zu thun halte, so sahe cr sich gcnothigct/ um sein Dd 5 lehr- Lehrgebäude auf einen dauerhaften Grund zu setzen, mit dem licht der Vernunft, auch die Politik und den Betrug zu vereinigen. Seine Begeisterungen, die entweder verstellt waren, oder von der Epilepsie herrührten, überzeugten den Pöbel, daß er unendlich weit über andere Menschen erhöhet sey, und göttlicher Eingebungen gewürdiget würde. Sein Weib und seine Freunde gaben ihn öffentlich für einen Propheten Gottes aus, der bloß deswegen in die Welt gekommen wäre, den Willen desselben zu verküw digen. Die Taube, die dazu abgerichtet war, daß sie über seinem Haupte herum stiegen mußte, diente nicht wenig das Geheimniß zu unterstützen. Diese Taube wurde sogar für den Engel Gabriel gehalten, welcher dem Gesandten Gottes, den Willen desselben ^.M A O^5> man die Beschneidung bloß deswegen von den Juden angenommen habe/ um das Gebot von der Reinlichkeit des Körpers desto besser beobachten z» können, vermöge dessen verboten ist, keinen Harn auf sein Fleisch fallen zu lassen. Nun ist gewiß, daß die Vor-haut stets einige Tropfen zurück hält, besonders bey den Arabern, bey denen sie viel langer zu seyn pfl« get, als bey andern Menschen. Heut zu Tage sind die wenigsten Renegaten beschnitten. Man läßt es dabey bewenden, daß sie den Finger aufheben und ihr Glaubensbekenntnis ablegen. Vielleicht geschiehet es auch aus Verachtung gegen sie, daß man sie nicht beschneiden lässet. Denn, die Türken pflegen insgemein zu sagen, daß ein böser Christ niemals ein guter Tür^ werden könne. Den türkischen Madgen wird bey der Beschnei» dung nichts weggeschnitten, aber in Persicn schneidet man ihnen die Wasserlefzen (nvmpkae) ab. In der Turkey wird an dem Bcschneidungstage in dem Hause der Eltern dessen, der beschnitten werden soll, cine Mahlzeit zubereitet. Man kleidet ihn so prächtig, als man kann; man führet ihn zu Pferde, oder auf einem Kameel unter dem iaut der Instrumenten, durch die ganze Stadt, wenn sie von einer mittclmä-figen Größe ist; oder bloß durch sein Viertel, wenn die Stadt sehr groß ist. Dieses Kind halt in der rechten Hand einen Pfeil, von dem das Eisen auf das Herz zu gerichtet ist, um damit anzuzeigen, daß es sich lieber mit diesem Theil wolle durchbohren lassen, als seinen Glauben ablegen. Seine Camcraden, seine Freun- Freunde und Nachbarn begleiten ihn zu Fuß, und singen bis an die Moschee ioblicder auf ihn, und bezeugen sich frölich. Hier laßt ihn der I man, nach einer kurzen Ermahnung, sein Glaubensbekenntnis abs legen, und die Finger aufheben. Alsdenn befiehlt er dem dazu verordneten Barbier, ihn auf den So, pha zu setzen, und die Operation vorzunehmen. Zween Bediente halten ein Tuch, das vor dem Kind ausge, breitet wird. Der Barbar aber ziehet die Vorhaut so weit an, als er kann, doch ohne ihm wehe zu thun, faßt sie am Ende der Eichel mit einem Zänqlcin zusammen , schneidet sie mit einem Scheermcsser weg/ zeiget sie den Anwesenden, und sagt mit heller Stimme : Gocc ist groß. Der Beschnittene schreyt in« dessen wacker; denn der Schmerze ist ziemlich groß. . Man verbindet ihn sodann, und jeder wünschet ihm nun Glück, daß er unter die Muselmänner, das ist/ unter die Glaubigen, aufgenommen worden. Sind die Eltern reich, so lassen sie die Kinder armer lcute in ihrer Nachbarschaft auf ihre Kosten beschneiden. Nachdem die Ceremonie vorbey ist/ kehs ret man in der nämlichen Ordnung, wie man gekom-wen ist, zurück, und gehet gleichsam im Triumph zu den Eltern, welche drey Tage lang, allen denen, die zu ihnen kommen, zu essen geben. Man kommt aber des Tags über bey solchen Gelegenheiten/ mit einem großen Kessel Reiß, und einige Stücken Rlnd- und Schaafsfieisch und etlichen Hühnern aus. Das Getränke erfordert keinen großen Aufwand. Denn man bewirthet jedermann mit einem Krug Wasser. Sind Tournef.Reis.II.TH. Ee e« 434 ' ^W ^ O^- es Personen/ die schon mehr aufwenden können, so warten sie mit Sorbet, Caffee und Toback auf; und die Eltern beschenken manchmal die armen Knaben, welche man mit ihren Söhnen beschnitten hat. Auch theilen sie Allmosen unter die Armen aus, die in ihrem Viertel wohnen. Nachdem man sich mit Singen und Tanzen lustig gemacht, so machen die Gäste ihres Orts dem neuen Muselmann ebenfalls ein Geschenke. Bey Personen vom Stande, schenkt man ihnen Kleider, Waffen und Pferde. Wird eines von den Kindern des Großherrn beschnitten, so werden öffentliche Lustbarkeiten angestellt, und alle Kanonen in dem Serrail gelöset. Es werden auf dem Almeida«, und an andern Plätzen, Wettrennen gehalten. Auf den Straffen werden die Strickschaukeln ausgespannt, und alle iustbarkeit des Bairam angestellt. Wir können nickt unerinnert lassen, daß der Iman dem neuen Beschnittenen keinen Namen beyleget, sondern der Vater giebt seinen Kindern, sobald sie auf die Welt kommen, einen Namen, wie er will. Derselbe nimmt das neugcbohrne Kind auf die Arme, hebt es gegen den Himmel in die Höhe, um es Gott aufzuopfern; er giebt ihm sodann etwas Salz in den Mund nnd sagt: wollre Gott, daß dein heiliger Name, mein lieber Sohn Solyman, zum Beyspiel, dir allezeit so schmackhaft, wie dieses Salz sepn, und dich verhindern möge, an dcn irdischen Dingen einen Geschmack zu finden. Die gewöhnlichsten Namen siud Ibrahim, oder Abraham; Solyman/ dcr so viel bedeutet als Salomon; Isouph, Isouph, oder Joseph; Ismael, Gott erhöret; tNahomer, löblich; Mahmoud, erwünscht; Scan-der, Alexander; Sophy, heilig; Halp, hoch; Selim/ friedfertig; Mustapha, geheiligt; Achmet, gut; Amurat oder Mourac, lebhaft; Si-remech, fleißig. Von den Rathen komme ich nun auf dle Gebote. Die Muselmänner sind so gewiß überzeugt, daß das Gebet der Schlüssel zum Paradies und die Grundsaule der Religion sey, daß sie sich dasselbe mit aller woglichen Aufmerksamkeit angelegen seyn lassen. Nichts kann bey ihnen die Unterlassung des Gebetes entschuldigen. Es ist ihnen geboten, daß sie, wenn sie bey der Armee sind, einander ablösen müssen, um zu beten, wahrend der Zeit daß ihre Kameraden ihre Kriegsdienste verrichten. Diejenigen, sagt der Al-coran, welche deren, sollen durchaus nicke nun-ken/ sondern nüchtern seyn; ihr Geist soll frey seyn, damir sie wissen, was sie vorhaben, u/.d was ste sagen sollen. Man liefet in eben diesem Buche, daß diejenigen, welche mit einem kranken Geist, und ohne ^u dcnkcn, was sie thun, beten, ungeachtet sie etwas gutes zu thun scheinen, nicht die geringste ticbe gegen Gott haben.. ^ Da die Türken glauben, daß derjenige, welcher den Körper verunreiniget, im Stande sey, auch die Seele zu beflecken: so sind sie auch überzeugt, daß derjenige, welcher jenen reiniget, nicht unterlassen werde, auch diese zu reinigen. Auf diesen Grundsatz, Ee 2 wel- O6 "^M. ^ O^- welcher demjenigen, den schr viele Christen annehmen/ ganz entgegen ist, bereiten sie sich zu dem Ge-bct durch die Reinigungen. Ihr Frommen, sagt der Alcoran / wenn ihr euer Gebet verrichten wollet, so müsset ihr euer Angesicht, euere Hände, euere Arme und euere Füße waschen. Die Eheleute, welche beysammen gelegen sind, sollen sich baden. Wenn die Kranken und die Reisenden kein Wasser haben, so sollen sie das Angesicht und die Hände mit Sand reiben, daß sie rein werden. Denn Gott liebet die Reinigkeit. Er will haben, daß das Gebet, welches wir zu ihm abschicken, vollkommen sey, daß man ihm für die empfangenen Wohlthaten danke, und daß man oft seinen heiligen Namen anruffe. Die Mahometaner haben dieses Gebot auf zwo Reinigungen eingeschränkt/ auf die große und auf dle kleine. Die erstere m«ß an dcm ganzen icibe geschehen; dieses gehet aber nur die vcrheuratheten Personen an/ welche einander bcygewohnct haben; ferner diejenigen, welche sich im Schlaf verunreiniget, oder bey dcm Harnen etwas Wasser auf ihr Fleisch haben fallen lassen. Dieses sind die drey größten Befleckungen der guten Muselmänner. Damit das Wasser, welches ihren Körper und ihre Seele reinigen soll, ja alle Theile berühren, und desto besser durchdringen könne/ schneiden sie sich mit der größten Sorgfalt die Nägel ab, und machen daß ihnen die Haare an allen Theilen des ieibes ausfallen, nur an dem Kinn nicht. Bey der großen Reinigung müssen sie sich dreymal in in das Wasser tauchen / sollte auch die Witterung noch so rauh seyn. Ich habe in dem strengsten Winter Türken gesehen/ welche sich von der Caravane entfernten, um sich ganz nackend in die an dem Wege befindlichen Bache zu werfen, ohne sich vor Bauch, weh oder Seitenstechen zu fürchten. Sie kamen nachgehende mit jener ruhigen Miene wieder zur Gc-^ sellschaft zurück, welche man an solchen Personen zu beobachten pfleget, dle ein gutes Gewissen haben. Treffen sie warme Quellen an, so baden sie sich in denselben mit dem größten Vergnügen. In den meisten Hausern der Reichen befinden sich große Kuffen, die man alle Morgen mit Wasser anfüllet, um in den, selben die große Reinigung vorzunehmen. Als wir von Scio nach Constantinopel segelten, gab ein frommer Muselmann, der sich in unserer Gesellschaft befand, den Matrosen von Zeit zu Zeit dreyßig Sols, wofür sie ihn, jeder an einem Ohre, anpackten, und ihn dreymal in das Meer taucheten, so kalt es auch war. i Um die kleine Reinigung zu machen, wendet man sich mit dem Kopf nach Mecca zu, wascht sich die Hände und die Arme bis an den Elenbogcn, spület sich dreymal den Mund aus, und reiniget die Zahne mit cincr Bürste. Nach diesem müssen sie die Nase dreymal waschen, und Wasser in die hohle Hand nehmen, und solches durch die Nasenlöcher hinaufziehen; sodann besprühet man das Angesicht mit dcr^ Hand dreymal mit Wasser. - Auch ist befohlen, sich mit der rechten Hand von der Stirn an, bis über -n Ee 3 Kopf 435 ""^M A, O°^- Kopf zu reiben. Hierauf gehet es über die Ohren loß, die man von innen und aussen wohl reinigen muß. Diese Ceremonie endiget sich mit den Füßen. Makomet hat freylich gesagt, sein Gesetz sey nicht schwer auszuüben; ich meines Ortes halte solches für sehr beschwerlich, und glaube, daß sich die meisten Renegaten über. alle diese lumvereycn hinaus setzen. Man ist genöthigct, wenn man das Wasser abschlagen will, sich, wie die Weiber, vorwärts nieder zu bücken, damit ja kein Tropfen von dem Harn in die Beinkleider komme. Um diese Sünde zu vermeiden, drücken sie den Canal, durch welchen der Harn stießet, mit der größten Sorgfalt aus, und trocknen dasEnde derselben an der Wand aus. Man findet daher an etlichen Orten Steine, welche durch dieses Anreiben ganz abgewetzt worden find. Wenn sich die Griechen manchmal eine inst machen wollen, so reiben sie diese Steine mit indianischem Pfeffer, tnit der Aronswurz, oder mit andern hitzigen Krautern, so daß diejenigen, welche sich daran abtrocknen, öfters eine Entzündung davon bekommen. Da der daher entstehende Schmerze sehr brennend ist, so laufen diese armen Türken öfters zu den christlichen Wundärzten, welche selbst Ursache an dem Uebel sind, das sie erdultcn müssen. Indessen crmangelt man nicht, ihnen zu sagen, daß die Krankheit sehr gcfahr, lich sey, und daß man sich wohl gar würde genöthiget sehen, eine Amputation vorzunehmen. Die Türken ihres Ortes schwören, daß sie mit keiner verdächtigen Weibsperson etwas zu schaffen gehabt. Endlich wird wird der kranke Theil mit leinewand verbunden/ die man mit Oxicrat/ so mit etwas Bolus gefärbt worden / benetzet hat, und verkauft ihnen dieses Mittel als eine kostbare Arzeney wider diese Krankheit, sehr theuer. , Wenn sie entweder in ihren Hausern, oder auf dem tande, auf das heimliche Gemach gehen/ so versehen sie sich mit zwey großen Schnupftüchern, die sie an ihrem Gürtel tragen, oder die sie über die Schultern hängen, wie die Wirt^ die Servietten. In die, scm Aufzug tragen sie einen mit Wasser angefüllten Topf in der Hand, um damit den Taharac zu machen, das ist, um das Gesäß mit den Fingern etli-chcmal abzuwaschen. Selbst dcr Großherr ist ver-bunden, dieses zu thun, und dieses ist dcr erste Un-terriclD, den ihm sein Hofmeister giebt. Es ist leicht zu vermuthen, daß die Türken nach dieser Operation, die Nägel an ihren Fingern öfters waschen und ab-trocknen werden. Doch dieses ist nicht die einzige Unbequemlichkeit. Es können sich noch verschiedene andere Zufalle ereignen, welche diese Reinigung vereiteln, und sie nöthigen, solche von neuem anzufangen; zum Exempel, wenn sie einen Wind fahren lassen.' Das größte Unglück aber ist, wenn sie den Durchlauf haben. In diesem Fall wird diese Reinigung, welche oft wiederhohlet werden muß, eine äusserst beschwerliche Ceremonie. Ich habe von Türken sagen hören, daß eine der vornehmsten Ursachen, welche sie verhinderten, in die tänder der Christen zu reisen / diese E e 4 sey, 44^ "-NM A G^> sey/daß sie dergleichen Verrichtungen daselbst nlcht nach ihrer Bequemlichkeit vornehmen könnten. Was die besondere Reinigung betrift, so muß dieselbe bey dem geringsten Fehler wieberhohlet werden, zum Erempel, wenn man sich mit der rechten Hand geschneutzet hat, wenn man die Theile des Körpers öfters als dreymal gewaschen, wenn man dazu an der Sonne gewärmtes Wasser gebraucht hat. Eben dieser Unbequemlichkeit ist man ausgesetzet, wenn man sich das Waffer mit gar zu großer Gcwalt in das Gesicht gesprüht hat, we?n der leib mit etwas Blut, oder mit einem andern Unrach bestecket wird, wenn man sich erbricht, ohnmachtig w'rd, Wein trinkt/ und wenn 'man unter dem Gebete schläft; endlich wenn man von einem Hund, oder von einem andern unrei, nen Thiere' angerühret wird. Aus diesen GWÜnden bauen sie um die Moscheen herum, oder in ihren Häusern, Wasscrbchältnisse und Springbrunnen. In Ermanglung des Wassers, können sie sich des Sans des, des Staubes, oder gewisser dazu tauglicher Pflanzen bedienen. Nachdem sich nun die Türken gereinigct haben, schlagen sie ihre Augen nieder, und sammlcn sich in sich selbst, um sich zum Gebet anzuschicken, welches deS Tages fünfmal verrichtet werden muß. ,) H)eS Morgens zwischen dem Anbruch des Tages und dem Aufgang der Sonne. 2) Zu Mittag. 3) Zwischen dem Mittag und dem Untergang der Sonne. 4) Bey Sonnenuntergang und ungefähr anderthalbe Stuns dcn den nach Sonnenuntergang. Me diese Gebete sind mit vielen Verbeugungen und einigen Niederwerfungen auf die Erde vergesellschaftet. Sie können entweder in ihren Häusern/ oder in den Moscheen beten. «Die zu dieser Uebung bestimmten Stunden werden ihnen von gewissen im Sold stehenden Personen angezeigt, welche sich dießfalls nach dem iauf der Sonne und nach Sanduhren richten. Es sind dieses redende Glocken. Denn sie steigen an den vorgeschriebenen Stunden auf die Galerien der Minarets, und singen, nachdem sie sich die Ohren mit den Fingern verstopfet haben, aus allen ieibcskraften folgende Worte: Gocr ist groß, ausserGorr ist kein Gott: kommer zum (ßedec! ich sage euch solches mit lamer Srimme. Diese Sanger wiederhohlcn diese Worte viermal, indem sie sich das erstemal gegen Mittag, das zweytemal gegen Mitternacht, das drittemal gegen Morgen und da? viertemal gegen Abenh kehren. So bald dieses Signal gegeben worden ist, reiniget sich jedermann, und gehet in die Moschee. An der Thür derselben lässet man seine Pantofeln stehen, wofcrne man sie nicht in den Handen zu behalten beliebt, damit sie nicht mit der andern ihren verwechselt werden. Alles dieses geschiehet in der größten Stille. Man grüsset mit einem triefen Bückling die Niche, in der sich der Alcoran befindet; und dieser Ort zeiget die iage von Mecca an. Nach diesem hebet ein jeder die Augen in die Höhe, und steckt die Daumen in die Ohren, ehe sie sich niedersetzen, Die Ee 5 Art 442 -^M U O^ Art sich zu setzen, ist ebenfalls die allerdemüthigste, deren man sich unter ihnen bedienen kann. Denn sie sitzen auf den Waden. In dieser Stellung bleiben sie eine Zeitlang, nachgehende schlagen sie die Augen nieder, und küssen dreymal die Erde. Sie setzen sich sodann auf ihr Gesäß, und warten bis der Priester anfängt, um mit ihm in der Stille zu beten, und alle seine Bücklinge nach zu machen. Ihre Demuth ist um diese Zeit ganz bewundernswürdig. Sie grüs-scn niemand, sie reden niemand an, geben auch niemand, wer es auch seyn möchte, Antwort, ja sie haben nicht einmal das Herz, sich umzusehen. Die ganze Versammlung ist unbeweglich, niemand spcyet aus, niemand hustet; mit einem Worte, sie geben kein Zeichen des iebens von sich, ausser durch einige tjefe Seufzer, welche mehr Ausschüttungen der Seele gegen Gott, als mechanische Bewegungen sind. Unter diesen Seufzern erhebt sich der Priester, erhebet seine offenen Hände zu dem Haupt empor, verstopfet seine Ohren mit den Daumen, hebt seine Augen gen Himmel auf, und singt mit heller und sehr vernetw licher Stimme: Gott ist groß. Ehre sey dir, Herr. Dein Name sey aebenedeyet und gelobet. Deine Größe müsse erkannt werden, denn es ist ausser dir, kein anderer Gott. Das Gebet, welches sie insgemein mit niedergeschlagenen Augen, und mit creutzweis auf dem Magen liegenden Händen beten, und das gleichsam ibr Vater unser ist/ lautet also: Im Im Namsn Gottes, der reich ist an Gnade und Barmherzigkeit. Gelobet sey Gott, der Herr der Welt, welcher ein Gott voller Gnade und Barmherzigkeit ist. Herr der du alle Menschen richten wirst, wir beten dich an, und setzen all unser Vertrauen auf dich. Erhalte uns, weil wir dich anrufen, auf dem rechten Weg, welcher derjenige ist, den du erwählet hast, und mit deiner Gnade krönest. Das ist nicht der Weg der Ungläubigen, noch derer, über die du billig zürnest. Amen. Sie neigen sich sodann, und wiederholen, dle Hände auf die Knie setzend, mit halb gebogenen tcib, das Gebet: Gott ist groß; Ehre sey dir Herr, u. s. w. Sie fallen sodann abermals nieder, küssen die Erde zwcymal, und ruftn eben so oft aus: Grosser Gott, dein Name werde geheiliget, und hierauf wird das obige Gebet: im Namen Gottes, der reich ist u. s. w. wicderhohlet. Hierzu setzen sie noch fols gcndcn Artikel, der aus dem Alcoran genommen ist: Ich bekenne, daß Gott, Gott ist, daß er ewig, daß er weder gezeuget hat, noch gezeuget worden ist, und daß ihm niemand ähnlich oder gleich ist. Nachdem sie diejenigen Verbeugungen gemacht, welche die Stunde des Gebetes erfordert, heben sie sich halb in die Höhe, ob sie gleich auf ihren Füßen sitzen bleiben, und sprechen, indem sie in ihre offenen Hände, wie in ein Buch hinein schcn, folgende Worte aus: . Die 444 "-^M U mit der nemlichen 2lufmcrksamkeit und mit der ziemlichen Bescheidenheit, als ob sie in einer Moschee waren. Wenn sich bey einer Caravane nicht mehr, als nur einer, zween bis drey Türken befinden, so gehen sie auf die Seite/ um zu beten und laufen nach-gckcnds der Gesellschaft mit aller möglichen Eilfertigkeit wieder nach^ Nichts ist erbaulicher, als diese Ucl-ungen, und dieses hat mich gegen die Griechen äusserst aufgebracht, als welche meistens, wie die Hunde leben. Ausser den täglichen Gebetsübungen, von denen wir bisher geredet haben, verfügen sich die Türken in der Fasten um Mitternacht in die Moschee, um folgendes Gebet zu Gott abzuschicken: Herr, der du uns unsere Sünden vergiebsi, du, der du verdienest geehret und geliebet zu werden; der du groß und siegreich bist; der du die Herzen und Gedanken regierest; der du Tag und Nacht machst; der du unsere Sünden derzeihest und unsere Herzen regierst; der du Barmherzigkeit übest, und wohl an deinen Knechten thust. Anbe-tenswürdiger Herr, wir haben dich nicht gcehret, tvie wir dich hätten ehren sollen. Großer Gott, der du verdienest, daß man immer von dir rede/ wir haben von dir nicht ft würdig geredet, wie es billig hätte geschehen sollen. Großer Gott, den man ohne Unterlaß danken soll, wir haben dir nicht genugsam gedanket. Barmherziger Gott, alle Weisheit/ alle Güte/ alle Tugend kommt von dir her; her; bey dir muß man Vergebung und Barmherzigkeit suchen. Es ist kein anderer Gott als Gott. Er ist einig; er hat keinen Gesellschafter. Maho-Met ist der Gesandte Gottes. Gott, dein Segen sey über dem Mahomet und^über das Geschlecht der Muselmänner. Die Fasten der Türken hat den Namen von dem Monde bekommen/ in dem solche fällt/ so der Mo-nat Ramazan oder Ramadan ist. Denn sie rechnen allezeit nach den Monden. Ihr Jahr besiehet alts z s^ Tagen, die sie m zwölf Monden / oder Monate eintbeilen/ welche erst mit dem neuen Mond anfangen. Diese Monden sind wcchselsweise dreysig und ein und drcysig Tage lang. Der erste Monat, so dreysig Tage lang ist/ heißt Mubarrem/ derzwey-te Sofer/ und hat nur neun und zwanzig Tage. Der dritte Rebiul - abhir. Der fünfte Giamazil-euvel. Der sechste Giamazil-ahhir. Der siebente Regeb, her achte Chaban/ der neunte Ramazan oder Ramadan, der zchente (lhuval, der eilfte Zoulcude, der zwölfe Zoulhige. Diese Monate richten sich nicht nach den Jahreszeiten/ weil sie nicht mit dem tauf der Sonne übereinstimmen; und ihre Jahre sind um eilf Tage kürzer, als die unsrigen, folglich gehet auch der Ramazan alle Jahre um eben so viel Tage zurück; daher kommt es auch/ daß'er von einem Jahr ilpn andern/ alle Jahreszeiten durchlauft. Die Fasten ist deswegen in dem Monate Ramazan zu halten geboten worden, weil Mahomee . vor- 445 "-5M N O^' vorgab, daß ihm der Alcoran um diese Zeit von dem Himmel sey gegebett worden. Die Fasten, die er gebot, ist von der unsrigen darinnen unterschieden, weil eS schlechterdings verboten ist, dieses ganze Monat über, von Sonnenaufgang an, bis zum Unter, gang derselben, etwas zu essen, zutrinken, etwas in den Mund zu nehmen, ja nicht einmal zu rauchen. Zum Ersatz dessen können sie, so lange die Nacht dauert, alles essen und trinken, nur keinen Wein nicht. Denn dieses wäre ein großes Verbrechen, wenn sie es wagten, Wein zu trinken, und dieses Verbrechen könnte nicht anders gcbüßet werden, als daß man dem Verbrecher geschmolzen Bley in den Mund gößc. Zwar ist man heut zu Tage nicht mehr so streng; doch würde ein solcher an dem leib gesirafct werden. Der Brandwcin wird die Nacht über in dieser Bußzcit' fleißig getrunken; noch mehr aber Sorbet und Coffee. Ja eS giebt einige, welche unter dem Vorwand der Vuße viel delicater leben / als in dem übrigen Theil des Jahres. Die Eigenliebe, die überall sehr sinnreich ist, ermuvtcrt sie zu dieser, der Castcyung gewidmeten Zeit, die besten Mahlzeiten zu halten. Die Confitüren erquicken den Magen der Andächtigen, ob sie gleich ordentlich nur aus Honig und eingemachten Trauben bestehen. Die Reichen halten die Fasten ^ben so gewissenhaft, als die Armen; und die Soldaten eben so, wie die Geistlichen, und der Sultan wie die geringste Privatperson. Jeder ruhet den Tag über, und man denket bloß an den Schlaf, wenigstens suchet man alle diejenigen Arbeiten zu vermeiden, welche welche Durst machen. Denn es ist etwas hartes, wenn man bey der so großen Hitze kein Wasser trinken darf. Die Arbcitsleute, die Reisenden und die tandlcute, leiden am meisten. Es ist ihnen zwar erlaubt/ die Fasten zu übertreten/ woferne sie nur die Tage zählen/ und sich vornehmen/ in der Folge eben so viele zu fasten/ wen» es ihre Geschäfte erlauben. Mit einem Worte/ die Fasten ist bey den Tür-ken nichts anders / als eine Unordnung in ihrer ge, wohnlichen iebensart. Wenn der Mond Chaban, welcher unmittelbar vor dem Ramazan hergehet, verflossen ist/ so hat man mit sehr großer Sorgfalt «uf den neuen Mond acht. Eine Menge Menschen aus allen Ständen / halten sich auf erhabenen Orten auf/ und laufen eilfertig/ um die Nachricht zu brlns gen/ daß sie solchen geschen habest. Einige thun die, ses aus Andacht/ andere aber um etwas damit zu Verdienen. Sobald man solches gewiß weiß/ wird es der ganzen Stadt kund gethan / und der Anfang zu der Fasten gemacht. An den Orten / wo man Canoncn hat/ wird eine mit Sonnenuntergang gelöset. Man zündet in den Moscheen eine so große Men, ge iampcn an/ daß sie brennenden Capellen ahnlich sehen / auch werden die Minarets / die Nacht über stark erleuchtet. Die Muezins ruffen bey Wiederkehr d^s Mon, deS/ das ist/ zu Ende des Tages der ersten Fasten/ mit lauter Stimme auS/ daß es Zeit sey/ zu beten Und zu essen. Die armen Mahometans/ die alsdann «ine schr trockene Kehle haben / lassen sich das Wasser Tournef.Rtls. U. Ch. F f «Ng«- 4sQ "-3<.W ^l Mc/^ ungemew wohl schmecken, und machen sich mlt dem größten Appetit über ihre Reisschüsscln hcr. Icder verzehret das beste, das er hat; ja sie gchcn auch/ nachdem sie sich zu Hause wohl gcsättigct haben, auf der Strasse umher, und sehen ob sie nichts zu essen bekommen/ so sehr fürchten sie sich Hungers zu sterben. Die einen laufen nach Casfee, die andern nach Sorbet herum; die mildthätigsten geben allen denen, die zu ihnen kommen, zu essen. Man höret die Armen auf den Gassen rusfen: Gorr wolle den Beurel aller derer anfüllen, die mir erwas für meinen leeren Magen geben! Diejenigen, welche sich alles, auch bey dieser Gelegenheit, recht bequem ma< chen wollen, müden sich die Nacht übcr, so gut sie können ab, um den Tag hindurch desto besser schlafen zu können / und die'Fastenzeit ohne viele Unbequem, lichkeit hinzubringen. Man schmaucht daher die N.lcht über, nachdem man sich die Mahlzeit wohl hat behagen lassen; man spielet auf Instrumenten, und siehet bey dem iicht der tampcn den Marioncttcnspiclcrn zu. Alle diese Lustbarkeiten dauern so lange, bis sich die Morgenröthe so deutlich sehen läßt, daß man, wie sie sagen, einen weissen Faden von einem schwarzen unterscheiden kann. Alsdenn legt man sich zur Ruhe, und nennet einen ruhigen Schlaf/ welcher bis in die Nacht währet/ eine Fasten. Nur diejenigen, welche aus Noth arbeiten müssen, gehen an ihre gewöhnlichen Geschäfte. Wo ist also jener Geist der Casteyung, wie sie ihn nennen, der die Seele der Muselmänner reinigen soll? Diejenigen, welche ein unordentliches ieben teben lieben, wünschen vermuthlich, daß diese Buß-zeit die Hälfte des Jahres hindurch dauern möchte, und dieses um so mehr, weil sogleich der große Bai-ram darauf folget/ wahrend welcher Zeit man, zur angenehmen Abwechslung, die Nacht überschlaft, den ganzen Tag aber zu iustbarkeiten anwendet. Wenn der Mond Ramazan zu Ende gehet, ft giebt man sorgfältig auf den Mond Chuval acht, und kündiget den Oairam an, so bald er sich sehen lasset. Man höret alsdenn in den Pallästcn und auf den öffentlichen Platzen, nichts als Trommeln und Trom^ pcten. Wenn die Witterung etwas trüb ist, so daß sich der neue Mond versteckt, so schiebet man das Fest noch einen Tag auf: allein wenn die Wolken nicht vergehen, so urtheilet man, daß der Mond schon neu müsse geworden seyn, und zündet auf den Strassen Freudenfeuer an. Die Weiber, welche das ganze Jahr über eingeschlossen sind, haben die Freyheit, die drey Tage über, als so lange dieses Fest dauert, auszugchen. Man siehet auf den Platzen nichts als Musicanten, Strickschaukeln und Glücksräder. Man springt auf diesen Schaukeln herum, oder man spatzicret, eigentlich zu reden, auf hölzernen Stühlen vermittelst der Seile, in der tuft herum, welche durch gewisse Personen, mit mehrerer oder wenigerer Gewalt, wie es nämlich derjenige haben will, der sitzet, regieret werden. Die Glücksräder find den Mühlrädern gleich. Man drehet sie herum, ohne daß diejenigen, welche darin sitzen, einander Ff» berütz- 452 ^M A G^ berühren, ungeachtet ein jeder, wie ihm die Reihe trift, bald oben, bald unten ist. Am ersten Tage des Bairam geschiehet unter den Muselmännern eine allgemeine Versöhnung. Sie geben auf den Strassen wechselswcise einander die Hände. Nachdem sie die Hände ihrer Feinde gcküs^ set, so berühren sie damit ihr Haupt, Man wünschet einander tausend Glück, und schickt einander Gcschen, ke zu, wie eS bey uns zu Anfang des Jahres Mode ist. Die Prediger erklären in den Moscheen einige Stücke aus dem Alcoran, und nach der Predigt wird folgendes Gebet abgesungen: Heil und Segen über dir, Mahomet, du Freund Gottes. Heil und Segen über dir, Jesus Christus, du Athem Gottes. Heil und Seegen über dir, Moses, du Vertrauter Gottes. Heil und Seegen über dir, David, du von Gott eingesetzter Monarch. Heil und Segen über dir, Salomon, du Getreuer des Herrn. Heil und Segen über dir, Noah, der du durch Gottes Gnade errettet worden bist. Heil und Segen über dir, Adam, du Reinigkeit Gottes. Der Großherr erscheint an diesem Tage in einem viel prächtigern Aufzug, als gewöhnlich: er wird von den Großen der Pforte complimentirt, und läßt ihnen in dem Saal des Divans eine köstliche Mahlzeit zurichten. Man sagt, daß er nach seiner Zurückkunft aus der Sophienmoschee, auf seinen Thron steige, und den Obersten unter den weissen Verschnittenen zu seiner linken Hand habe. Wenn sich die Söhne des des Kams der Tartar« an dem Hofe befinden, so sind dieselben die ersten, die sich vor ihm niederwerfen, «nd ihm, ehe sie wieder weggehen, die Hände küssen, und ihm ein beglücktes Fest wünschen. Alsdenn erscheint der Großvezier an der Spitze der Vicekönige und der Pachas, die sich in der Stadt befinden. Nachdem derselbe dem Sultan, mit einem Knie auf der Erde, sein Compliment gemacht/ küsset er ihm die Hand, und nimmt die Stelle des Obersten unter den weissen Verschnittenen ein. Der Mufti, von den Intendanten der Iustitz, von den Großcadis, von den berühmtesten Predigern, mit einem Wort, von allen denen, welche man die vornehmsten Diener des Glaubens nennet, ja selbst von demjenigen beglcp tanzigsten bis auf den sieben und zwanzigsten des vierten Monats / in den Himmel aufgenommen. Und dieses ist bey ihnen ein großer Festtag. Zwey Monate vor dem Ramazan feyert man die Nacht vom vierten auf den fünften des siebenden Monats, um sich an die herannahende Fasten zu erinnern. Bey dieser Fasten wird nicht gefastet. Vielmehr thut man sich/ nachdem man die Nacht hindurch in den Moscheen gebetet hat, den Tag über, in seinem Hause, oder bey seinen Freunden, etwas zu gut. Die Türken erwarten die Fasten nicht, um Werke der iiebe auszuüben. Das Allmosen geben ist bey ihnen ein Gebot, das schlechterdings beobachtet werden muß. Sie sehen solches sogar als ein sicheres Mittel an, ihre Güter zu vermehren, und sich den Scgcn des Herrn zu erwerben. Diejenigen, welche den Alcoran lesen, sagt Mahomet, welche beten, welche die Güter austheilen, die ihnen Gott gegeben hat, es geschehe solches gleich öffentlich, oder insbesondere, können versichert seyn, daß sie dabey nicht zu kurz kommen sollen. Alles dasjenige, was sie gegeben haben, soll ihnen reichlich wieder ersetzet werden. Gott, den wir täglich verherrlichen sollen, vergiebt denen ihre Sünden, welche die Werke der tiebe ausüben, und giebt dasjenige mit Wucher zurück, was man in seinem Namen ausgetheilet hat. Es ist den Muselmännern befohlen, Allmosen, nicht aus Eitelkeit, sondern bloß in der Absicht zu geben, daß man Gott gefallen möge. Ihr guten Leute, Ff 4 . brin- bringet euch nicht stllP um den Nutzen von euer« Allmosen, indem ibr wollet, daß man sie sehen soll. Denn derjenige, der sie darum giebt, daß er gesehen werden will, und nicht deswegen, um am Tage des Gerichts an dem Herrn einen gerechten Richter zu finden, ist, im Betracht der himmlischen Dinge, wie ein Land, das mit Kieselsteinen angefüllt ist, die mit etwas Staub bedeckt sind, der sich bey dem ges nngsten Regen zerstäubet, so daß nichts als die Kieselsteine zurück bleiben. Die mahometanischen Casuisten sind über den Punct, wie die Allmosen einzurichten seyn mochten, nicht einig. Einige derselben glauben, ein Proccnt von allen seinen Gütern sey genug. Andere behaupten, man müsse den vierten Theil derselben, zum Besten der Armen anwenden/ und die strengsten fordern de» zehenden Theil. Ausser den besondern Allmosen, welche die Türken geben, ist keine Nation in der Welt, welche so viel auf Stiftungen wendet, als diese. Selbst diejenigen, welche ein ganz mittelmä« siges Vermögen haben, vermachen nach ihrem Tode so viel, daß ein Mensch davon unterhalten werden kann, welcher bey großer Sonnenhitze, denenjcnigen, dle vor seinem Grabe vorbey gehen, Wasser zu trinken giebt. Vermuthlich würde man auch Wein da, selbst autrcffen, wenn ihnen nicht N7ahomer den Gebrauch desselben verboten hätte. Die Art, Allmosen zu geben / ist in folgendem Gebote sehr wohl ausgedruckt. Stehet euern Vätern und euern Müttern, euern nächsten Verwandten, den Waisen, euern euern Nachbarn, denen die mit euch reisen, den Pilgrimen, und denen die unter eurer Gewalt sind, bey. Thut aber solches nicht aus Eitelkeit; denn dafür hat Gott einen Abscheu. Ich will, (sage der Hcrr,) solche Geitzige auf das strengste bestrafen, und zu Schanden machen, welche die Gücer, über die ich sie nur zu Haushaltern gemacht habe, nicht nur andern vorenthalten, sondern auch sogar sagen, daß man nichts geben müsse. Die Glaubigen sollen beten und Allmosen geben, ehe der Tag des Gerichts kommt; denn nach diesem erschrecklichen Tag, wird es nicht mehr Zeit seyn, das Paradies zu kaufen. Man trift in dcr Turkey nirgends einen Armen oder Bettler an; massen man daselbst für dergleichen elende icute so sorget, daß sie nicht nöthig haben zu betteln. Die Reichen gehen in die Gefängnisse, und machen diejenigen loß, welche Schulden halber daselbst sitzen. Man stehet den schamhaftigen Armen sorgfaltig bey. Unzähligen Familien, welche durch die Feuersbrünste um das ihrige gekommen sind, wird wieder aufgeholfen. Sie dörfen sich nur an den Thüren dcr Moscheen sehen lassen. Man gehet in die Hauser, um die Betrübten zu trösten. Die Kranken, und sollten sie auch die Pest haben, werden von ihren Nachbarn und aus der gemeinen Casse dcr Moscheen erhalten. Die Türken schranken ihre Milthätigkeit nicht bloß darauf ein, wie Leunclavius bemerket. Sie lassen für ihr Geld die öffentlichen Wege ausbessern, und daselbst Brun« 3f 5 nen 453 ^G A O^> nen für die Vorbeygehenden graben. Sie lassen Spitäler, Gasihöfe, Bader, Brücken und Mo, scheen bauen. Ohngeachtet die schönsten Moscheen zu Constan-tinopel, zu Adrianopel, zu Bursa oder Prusa sind, so trift man doch die nämliche Abtheilung der Gebäude in denen all, die in den vornehmsten Städten sind, und einen Hof, wo man Wasser zu den Reinigungen findet. Der Körper der Moschee ist ordentlich ein ziemlich prächtiger Dom. Der innere Theil derselben ist ganz einfach, und man siehet an den Wänden derselben nichts, als den Namen Gottes, der arabisch geschrieben ist. Die Niche, in welcher sich der Alcoran befindet, ist allezeit nach N7ecca gerichtet. Die Einweihung der berühmte-sien Moscheen geschiehet, daß man an dieselben ein Stück von einem Zeug befestiget, welcher in der Moschee zu Mecca zu einem Vorhang gehöret hatte. Die geringste Moschee hat einen Minaret; sind sie von mittelmäßiger Schönheit, so haben sie derselben zween. Haben sie keine, so stellet sich der Muczin vor die Thür, steckt seine Daumen in die Ohren, und kündiget, gegen die vier Theile der Welt gerichtet, die Stunde des Gebetes an. Dieser Sänger vertritt die Stelle der Glocke, des Quadranten und der Uhr; denn in der ganzen Türkcy, trift man keine andern, als Sackuhren an. Der Dienst in diesen Kirchen ist einfprmig. Alle die Bedienten hängen von dem Pfarrer ab, welcher als der vorderste Geistliche prediget und beten lässet. So schon auch das Pflaster einer eine^ Kirche ist, so ist dasselbe doch allezeit mit Tapeten oder mit einem Tuch belegt. Was die Ein> künftc der Moscheen bctrift, so ist so viel richtig, daß keine derselben arnr ist; die meisten sind schr reich, wie man denn behaupten will/ daß die Kirchen den dritten Theil des zu dem Reiche gehörigen Bandes besitzen. Osman II. hat aus den griechischen Kirchen Moscheen gemacht. Seine Nachfolger haben das nemlichc gethan, allein sie haben, statt die Einkünfte derselben zu vermindern, solche vergrößert. Dieser Kayser war auch der erste, welcher Spitaler für die Pilgrime bauen lassen. Er stiftete auch Schulen, die er mit den nöthigen Einkünften versorgte, damit in denselben die Jugend mochte unterwiesen werden. Es giebt keine betrachtliche Moscheen, welche nicht ihre Spitaler und ihre öffentlichen Schulen haben. Alle Arme, sie mögen von einer Reli-qion seyn, von welcher sie wollen, können in diese Spitäler kommen. In die Schulen aber werden feine andern, als Mahomctaner aufgenommen, welche in denselben im lesen, Schreiben, und in der Auslegung des Alcorans Unterricht bekommen. Cl-nige legen sich in denselben auf die Rechenkunst, auf die Astrologie, auf die Poesie, ungeachtet die Schulen eigentlich für die RcchtSgelehrtcn bestimmt sind. Die gestifteten Gasthöfe, welche man auf den Wegen antrift, sind große Gebäude, die entweder lang oder viereckig sind, und wie die Scheunen aussehen. Man trift inwendig in denselben nichts? als eine an die 46o "^W A iU^ die Wand befestigte Bank an, die ungefähr drey Schuh lang, und gegen sechs Schuh breit ist. Der übrige Theil ist für die Pferde, für die Maulthiere und Kameele bestimmt. Die Bank vertritt die Stelle der Betten, des Tisches und der Küche für die Men, schen. Auf derselben sind auch kleine Kamine angebracht, die sieben bis acht Schuh von einander entfernet sind, und wo ein jeder seinen Kochtopf hinstellen kann. Wenn die Suppe fertig ist, breitet man das Tischtuch auf, und setzt sich, die Füße creutz-weis gelegt, wie die Schneider, herum. Das Bett ist, nach eingenommener Mahlzeit, bald zurechte gemacht. Man breitet nur seinen Teppich aus, oder legt seine Hütsche neben an den Kamin, und legt sein Geräthe und seine Kleider herum. Dcr Sattel des Pferdes vertritt die Stelle des KopfküffenS, und der Kaput die Stelle des Bettlacken und der Des In einigen von diesen Gasthofen, bekomme man auf Kosten des Stifters, Stroh, Gersten, Brod und Reis umsonst. Die europäischen sind besser gebaut haben mehrere Einkünfte, und sind weit reinlicher, als die in Asien. Denn in den großen Städten sind dieselben mit Bley gedeckt, und mit mchrcrn Kuppeln gelieret. Allein da die Regen in Asien viel ftllcner sind, campirt man bey schönem Wetter lieber auf dem freyen Felde, und an den Flüssen, in denen man die vortrcfiichstcn Forellen fängt. Man trift fast überall Rebhühner an. Da die Wohlthätigkeit und die Nächstenliebe, die wesentlichsten Stücke der mahomctanischcn Religion sind, so werden die Hecrstrasscn mcisientheils wohl unterhalten, und man trift an denselben sehr oft Quellen an, weil sie derselben zu ihren Reinigungen benöthiget sind. Die armen teilte schaffen Wasser herbey, und diejenigen, welche in mittelmäßigen GlückSumständen sich befinden, bessern die Chaußecn aus. Sie vereinigen sich mit ihren Nachbarn, um Brücken über die großen Wege zu bauen, und tragen das ihrige nach ihrem Vermögen, zu dem gemeinen Besten bey. Andere lassen sich als Handlanger, umsonst, zu dergleichen Werken gebrauchen. In den Dörfern trift man an den Thüren der Häuser, Krü-ge mit Waffer an, das für die Vorbeygchcnden bestimmt ist. Einige fromme Muselmänner verfügen sich hinter eine Art von Schranken oder Stacketen, die sie auf den Heerstraffen haben aufrichten laffen, und beschäftigen sich bloß damit, daß sie in der großen Hitze Hitze, die ermüdeten daselbst ausruhen lassen und erquicken. Der wohlthätige Geist herrschet so allgemein unter den Türken, daß es selbst die Bettler, ungeachtet man sehr wenige unter ihnen antrift, für ihre Schuldigkeit halten, ihr übcrfiüßiges andern Armen zu geben. Sie übertreiben ihre Wohlthätigkeit, oder vielmehr ihre Eitelkeit. Denn sie geben das, was sie übrig haben/ icuten, die selbst keine Noth haben; welche auch ihr Brod ohne Bedenklich, keit annehmen, und solches essen, um ihnen dadurch zu beweisen, wie hoch sic ihre Tugend schätzen. Die Wohlthätigkeit der Muselmanner, erstreckt sich sogar bis auf die Thiere, bis auf die Pflanzen und die Todten. Sie glauben, daß solche Gott an-genehm sey, weil die Menschen, wenn sie sich ihrer Vernunft bedienen wollen, niemals an etwas Man, gcl leiden können; da hingegen die Thiere, die keine Vernunft haben, indem sie bloß ihrem Instinkt folge«/ öfters der Gefahr ausgesetzt sind, ihren iebensunter-halt auf Kosten ihres eigenen icbcns zu suchen. In quten Städten, wird an den Ecken der Strassen Fleisch verkauft, das unter die Hunde ausgetheilet wird. Einige gutgesinnte Türken verbinden ihnen ihre Wunden, besonders wenn sie, wie es meistens vor ihrem Ende geschiehet, räudig werden. Es giebt unter ihnen verstandige ieute, welche ihnen aus Andacht Stroh zulangen, damit sie desto bequemer liegen können, oder um den Händinnen, welche geworfen haben, ein tager davon zu machen. Einige bauen ihnev kleine Hütten, um sie nebst ihren Jungen unter Obdach 464 ^M A O^ Obdach zu bringen. Kaum sollte man es glauben daß es Stiftungen gebe, die in Form Rechtens tcsta-mentlich gemacht worden sind, eine große Amabl Hunde und Katzen an gewissen Tagen der Woche ^ füttern. Indessen ist dieses nur asszurichtig, und man besoldet zu Coustaminopcl gewisse ieute, welche den letzten Willen solcher Personen erfüllen, indem sie an den Ecken der Gassen, Speise unter diese Thiere austheilen. Die Fleischer und Bäcker haben öfters kleine FondS, die zu diesem Gebrauch bestimmt sind. Die Türken hassen bey aller ihrer Wohlthätigkeit die Hunde, und oultcn sie nicht in ihren Häusern. Zur Pestzeit todten sie so viele von ihnen, als sie antreffen können, weil sie solche für unreine Thiere halten, welche die luft anstecken. Im Gegentheil sind sie große iiebhaber der Katzen, entweder weil diese Thiere von Natur sehr reinlich sind, oder weil sie mit ihnen, in Ansehung ihrer Ernsthaftigkeit sympatisiren; da hingegen die Hunde leichtsinnig, unbesonnen und widerspenstig sind. Ausserdem hat man den Türken weis gemacht, daß Ma« Homer seine Katze so sehr gelicbct habe, daß er, als er einst über einen Punct der Religion um Rath gefraget wurde, lieber Vcn Aufschlag an seinem Kleide, auf welchem dieses Thier schlief, habe abschneiden, als aufwecken wollen, welches hatte geschehen müssen, wenn er aufgestanden wäre, um mit der Person, die seiner erwartete, zu reden. Indessen sind die Katzen in der tevante nicht schöner, als die unsrigen, und jene schönen grauen Katzen Katzen sind daselbst sehr selten. Man bringt sie aus der Insel Maltha dahin/ wo die Rasse derselben sehr gemein ist. Unter den Vögeln werden bey den Tür, ken die Turteltauben und die Storche für heilige Geschöpfe gehalten/ daher sich auch niemand unterstehet/ sie zu todten. Hingegen sind die Griechen auf dem Archipelagus große iicbhaber von den Turteltauben/ und halten sie für ihre angenehmste Speise. Sie sind auch in der lcvante sehr gut/ und geben den Haselhühnern nichts nach/ ausser daß sie nicht so groß sind/ wie diese. Man muß sie al>er gebraten essen. Denn diejenige«/ welche man ln Faßlcin einmacht/ wie die Sardellen/ verliehrcn dadurch allen ihren Geschmack. Die Türken glauben ein Werk der liebe zu thun/ wenn sie einen Vogel in einem Kesig kaufen/ w der Absicht/ solchen die Freyheit zu geben/ da sie sich indessen kein Gewissen machen/ ihre Weiber einzusperren/ und unsere Sclaven mit Ketten zu belegen. Dies jenlgen/ welche diese Vogel mit Vogelleim / oder auf eine andere Art fangen / glauben nicht zu sündigen/ weil sie die Absicht haben/ denen/ welche so reich sind/ daß sie solche kaufen können, um ihnen die Freyheit wieder zu schenken / eine Gelegenheit zu geben/ ein gutes Werk zu thun: also Höft jeder dabey seine Rech, nung vor Gott zu finden / so gewiß ist cS/ daß die Richtung der Absicht allen Menschen natürlich ist! Was die Pflanzen betrift/ so giebt es unter dett Türken so fromme ieutc/ welche sie/ um auch an diesen Geschöpfen wohl zu thun/ begleßen/ und das land cul, livircn/ auf dem sie wachsen, damit sie desto besser fort- Tournef. Reis. II. N>. G g fom? 466 ""V(.M A M^5> kommen mögen. Man sagt, der Sultan Osman habe, da er von ferne einen Baum gesehen, welcher die Figur eines DerviS gehabt, eine Stiftung von einem Aspcr des Tags gemacht, um einen Menschen damit zu bezahlen, der für denselben sorgen mußte. Db es nun wohl gleich einfältig, wo nicht gar thöricht wäre, sich nach dem Beyspiel dieses Kayscrs zu richten, so glauben doch diese frommen Muselmänner dadurch eine Sache zu thun, die Gott, welcher der Schöpfer und Erhalter aller Dinge ist, angenehm sey. Sie find so einfältig, daß sie sich einbilden, den Todten ein Vergnügen zu machen / wenn sie Wasser auf ihre Gräber schütten; weil sie, wie sie denken, dadurch erquickt würden. Ja es giebt sogar Weiber, welche am Frcytag auf den Kirchhöfen essen und trinken, indem sie glauben, daß sie dadurch den Hunger und Durst ihrer Männer stillen könnten. Ehe ich auf die Gebräuche der Türken, in Ansehung der Todten komme, muß ich noch von den noch / übrigen beyden Geboten derselben reden; nemlich von der befohlenen Reise nach Mecca und von der Reinlichkeit. Diese Reise nach Mecca ist nicht nur, wegen der tänge des Weges, sondern auch wegen der Gefahr, welcher man in der Barbarey ausgesetzt ist, wo es so viele Räuber giebt, wo das Wasser so selten, und die Hitze so groß ist, sehr beschwerlich. Doch können sich die Mahometaner von der Erfüllung dieser Pflicht loß machen, wenn sie eine Person bestellen, welche an ihrer statt diese mühselige Reise unternimmt. Sie halten den Tempel Haram, welches der zu Mecca befindliche ist, ist, fur ein Werk Abrahams. Mache aller Welt kund/ sagt der Alcoran, daß Gott besohlen hat/ der Religion Abrahams zu folgen, welcher weder ein Ab-götte'.er, noch ein Ungläubiger war, daß Abraham den Tempel zu Mecca gebauet, welches der erste ge-weftn ist, den man gebauet hat, um Gott anzubeten. Die Ebre, welche man diesem Ort erweiset, ist Gott sehr angenehm. Er will daß diejenigen, die dahin gehen können, auch dahin gehen. Die Muselmänner bekümmern sich nicht viel um die Fehler, die sie in der Zeitrechnung machen, und sie würden denjenigen gewiß zum Feuer verurtheilen, der sich unterstände zu laugncn, daß zu den Zeiten Abrahams eine Stadt gewesen scy, die Mecca gehcijsen. Die vier Sammelplätze der Pilgrime sind Da-mas, Cairo, Babvlon und 3edir. Sie bereiten sich auf diese beschwerliche Reise durch eine Fasten, welche auf den Ramazan folget, und sodann kom< men sie haufenweis an den bestimmten Orten zusammen. Die Unterthanen des Großherrn, welche in Europa wohnen, reisen insgemein mit Schiffen auS der Provence nach Alcrandria, deren Patrone sich ver, bindlich machen, Pilgrime zu führen. Wenn diese guten Muselmänner, die sich vor den malthesischen Seeräubern grausam fürchten, ein, auch noch so kleines Schiff erblicken, so küssen sie die franzosische Flagge, wickeln sich in dieselbe ein, und sehen sie für ihr Asy, lum an. Von Alerandria segeln sie nach Cairo, um zu der Caravans der Africaner zu kommen. Die in Asien wohnenden Türken versammeln sich insgemein 468 "^(.M A O«/5" zu Damas; die Perser und Indianer zu Babylon/ die Araber aber und die auf den benachbarten Inseln wohnenden zu Zebir. Die Pachas, welche diese heili-gcReise machen,setzen sich zu Suez/einem Hafen an dem rothen Meere, der andcrthalbe Tagreisen von Cairo entfernet ist, zu Schiffe. Alle diese Caravanen nehmen ihre Maasregeln sowohl, daß sie am Abend des kleinen Bairam auf dem Hügel Arafagd, eine Tagreise von Mecca ankommen. Auf diesem berühmten Hügel, ist, ibrer Meinung nach, der Engel dem Mahomet das erstemal erschienen; und derselbe ist einer ihrer vornehmsten Heiligthümer. Nachdem sie daselbst einige Schafe geschlachtet haben, um den Armen etwas zu gcben, gehen sie nach Mecca um daselbst ihr Gebet zu verrichten, und sodann nach Medina, wo das Grab des Propheten ist, über welches alle Jahre eine sehr reiche und sehr prächtige Decke gelegt wird, die der Großherr aus Andacht dahin schickt. Die alte Decke wird in Trümmer zerrissen; denn die Pilgrime geben sich alle Mühe, ein Stückgen davon zu erwischen, sollte es auch noch so klein seyn, und heben solches als «ine sehr kostbare Reliquie auf. Der Großherr überschickt durch den Intendanten der Caravanen fünfhundert SekinS, einen mit Gold bedeckten Alcoran, verschiedene reiche Teppiche, und viele Stücken schwarzes Tuch, um die Moscheen zu Mecca damit zu behängen. Man sucht das schönste Kameel in dem tande aus, und dieses muß den Älcoran tragen; wenn solches zurück kommt, wird es über und über mit Blumengränzen geziert, mit Segenswünschen über- überhäuft/ auf das h?rrlichste gefüttert, und lebenslang von aller Arbeit frey gesprochen. Man todt t solches/ wenn es alt geworden ist/ mit vieler Fcycr< lichkeit/ und ißt das Fleisch desselben / als ein heiliges Fleisch; denn wenn es Alters halber, oder an einer Krankheit stürbe, so gieng dieses Fleisch verlohren und müßte verfaulen. Diejenigen Pilgrime, welche die Reise nach Mecca gemacht haben, stehen ihre übrige lebenszeit hindurch in großer Achtung; von allen Arten der Verbrechen freygesprochen, können sie ungestraft neue begehen ^ massen man sie nach dem Gesetze, nicht mit dem Tode bestrafen kann. Einige Indianer sollen, wie man sagt, so närrisch seyn, daß sie sich die Augen ausstechen, wenn sie die sogenannten heiligen Oerter in Mecca gesehen haben, weil sie vorgeben, doß die Augen nachher nicht mehr durch das Ansehen weltlicher Dinge dürften entheiliget werden. Die Kinder, welche während dieser Pilgrimschaft erzeuget werden, sehen sie für kleine Heilige an, sie mögen nun solche mit ihren Eheweibern oder mit andern barmherzigen Schwestern gezeuget haben. Diese lcl-< tern bieten sich selbst auf das demüthigste auf den Heer-straffen, zu einem so frommen Werke an. Diese Kinder werden viel reinlicher gehalten, als die andern, ungeachtet es fast nicht möglich ist, die Sorgfalt, welchc man in der ganzen levante für die kleinen Kinder hat, noch Häher zu treiben. Mahomet würde alles lob verdient haben, wenn er die Reinlichkeit bloß als eine schickliche und der Gc sundhelt sehr verträgliche Sache empfohlen hätte: daj> 4?o "HM M O^V- er aber ein Stück der Religion wraus gemacht hat, ist in dcr That lächerlich. Indessen sind die Muselman, „er so sehr darauf ersessen, daß sie den größten Theil ihres lcbens bloß mit waschen zubringen. Es ist in der Turkey kein Dorf, wo nicht ein öffentliches Bad angetroffen wird. Die Bader in den Städten machen eine der größten Zierde derselben aus. Sie sind zum Gebrauch aller 4cute bestimmt, von welchem Stande und von welcher Religion sie auch seyn mögen. Die Mannspersonen aber baden sich in denselben niemals mit den Weibern; und es wird hiör eine so große Bescheidenheit beobachtet, daß derjenige, der aus Unvorsichtigkeit sich zur Ungebühr cntblössct, einen nachdrücklichen Verwes bckommt, derjenige aber, der solches mit Fleiß thut, mit dcr Bastonnade beehret wird. Es gicbt Bäder, welche des Morgens zum Gebrauch der Mannspersonen, Nachmittag aber für die Wcibcr bestimmt sind. Einige werden an eincm Tag in der Woche von den Mannern, an einem andern von den Weibern besucht. Um drey bis vier Asper wird man in, allen dielen Badern sehr wohl bedient. Die Fremden zahlen insgemein mehr, und jedermann ist darinnen von Morgen um vier Uhr an, bis Abends um acht Uhr willkommen. Man kommt zuerst in einen schonen Saal; in der Mitte desselben befindet sich dcr Hauptspringbrunncn, ln dessen Basin das weissc Gcräthe des Hauses gcwao. schen wird. Rings um diesen Saal herum ist eine Bank/ die ungefähr drey Schuh hoch, und mit Matten, bedeckt ist. Auf diese Bank setzt man sich, um zu schniau- sihmauchen und seine Kleider abzulegen, die man in ein Serviette bindet. Die luft dieses ersten Saals ist so tempcrirt/ daß man eS kaum bemerket/ daß man nichts als eine Schürze auf dem leib hat, die an dem Gürtel befestiget ist, und womit man sich hinten und vornen bedeckt. In diesem Aufzug gehet man in einen kleinern Saal, wo cS etwas warmer ist, und von da aus in einen viel qrößern , wo die Warme schon viel merklicher ist. Alle diese Säle endigen sich insgemein mit kleinen Kuppeln, die durch Oefnungen ihr iicht bekommen, welche mit gläsernen Glocken zugedeckt sind, fast auf die Art, wie die gläsernen Glocken, womit unsere Gartner die Melonen bedecken. Man findet in diesem letzten Saal, Baßins von Marmor mit zween Hahnen; einen zu warmen und den andern zu kaltem Wasser, welches ein jeder nach eigenem Belieben unten einander mischet, um solches mit kleinen kupfernen Ey, wcrn, welche schon bereit stehen, auf den leib zu schütten. Der Fußboden dieses Saals wird durch unter, irdische Ocfcn erwärmet, und man gehet auf selbigen so laug herum, als man will. Wenn man sich von dem Schmutz will reinigen lassen, so kommt ein Badknccht, legt einen auf den Rücken; und indem er sodann seine Knie auf den Bauch setzet, drückt er einen ohne alle Ceremonie so stark zusammen, daß alle Knochen krachen. Da ich das erstemal einem solchen Badknccht unter die Hände kam, glaubte ich, er habe mir alle Glieder verrenkt. Mit eben der Geschicklichkeit behandeln sie auch die Wirbel, bcinc des Rückgrades und die Schulterblatter. End- Gg 4 lich 472 ^M A M^ lich scheeren sie einem den Bart / wenn man wlll^ und geben einem ein Schccrmeffer, sich selbst zu scheeren/ wo man will. Man muß aber/ wenn man dieses thun will. allein ln ein Cabinet gehen, an dessen Thür man die Schürze liegen läßt, zum Zeichen, daß niemand hinein gehe. Wenn man hinaus kommt, legt man die Schürze wieder an, und kehrt in den großen Saal zurück, wo ein anderer Knecht mit leinen Händen alles Fleisch, mit einer so großen Geschlcklichkeit drückt, daß, nachdem er solches, so zu reden, wohl geknetet hat, doch ohne einem wehe zu thun, eine erstaunliche Menge Schweiß heraus gehet. Die kleinen Sacke von Camlot, deren sich diese Badeknechtc bedienen, vertret-ten die Stelle der Striegel der Alten, und sind um vieles bequemer. Um das Haupt desto besser zu reinigen, gießen sie viel warmes Wasser über den ieib, und wenn man will, so laßt man solches das letztc nal mit einer wohlriechenden Seife vermischen. Endlich trocknet man sich mit einer ieinwand ab, die sehr sauber, wohl trocken und warm ist. Das Ende dieser Ceremonie wird mit den Füßen gemacht, welche eben dieser Knecht sorgfältig wascht, so bald man in denjenigen Saal gekommen ist, in welchem man seine Kleider gelassen hat Hier giebt man einem einen kleinen Spiegel, und hier muß man auch zahlen, sobald man sich angekleidet und das wcisse Zeug zurück gegeben hat. In diesem Saal kann man Toback schmauchen, Caffee trinken, ja sogar eine Collation halten; denn man bekommt nach dieser Uebung einen vortrefiichen Appetit. So viel ist richtig/ daß nach der Reinigung der Hautdrüsen drüsen, das Bad, von welchem ich eben geredet habe/ die Durchdünstung/ und folglich den Umlauf der Säfte befördert. Man empfindet über und über eine leich-tigkeit, wenn man wohl gereiniget ist; man muß aber des Bades von Jugend auf gewohnt seyn, denn sonst leidet die Brust in diesen heissen Sälen Noth. Die Dames halten sich für sehr glücklich, wenn sie die Erlaubniß erhalten, in die öffentlichen Bader zu gehen, indessen haben die wenigsten und insonderheit diejenigen, deren Manner so reich sind, daß sie sich in ihren eigenen Häusern Bader können bauen lassen, diese Freyheit. In den gemeinen Bädern gehen sie miteinander ohne allen Zwang um, und brinqen daselbst ihre Zeit viel angenehmer hin, als in ihren Zimmern. Diejenigen Manner, welche gegen ihre Weiber gefallig sind, versagen ihnen dieses unschuldige Vergnügen nicht. Der gar zu große Zwang giebt manchmal Gelegenheit/ daß man Ursachen zur Ehescheidung suchet. Die Ehe ist bey den Türken nichts anders/ als ein bürgerlicher Contract, welchen die Partheyen wieder aufheben können. NichlS scheint bequemer zu seyn, als dieses. Allein da man bey ihnen eben so gut/ als an andern Orten, des Ehestandes bald übcrorüßig werden könnte, und die öftcrn Ehescheidungen den Familien sehr zur last fallen würden: hat man diesfalls dle klügsten Verordnungen gemacht. Ein Eheweib kann die Scheidung verlangen, wenn ihr Mann unvermögend/ unnatürlichen ieidenschaften ergeben, oder wenn er ihr den Tribut der Nacht vom Donnerstag auf den Frcytag nicht bezahlet, welcher den Pflichten des Ebe, Gg s fian- 474 ^^ A W<>5- siandes gewidmet ist. Wenn der Mann seine'Schuldigkeit thut, wenn er ihr Brod, Butter, Reis, Holz, Caffec, Baumwolle und Seide sthaft, um sich ihre Kleider zu machen, so darf sie sich nicht von ihm trennen. Ein Mann, der sich weigert seinem Eheweib Geld zu geben, daß sie die Woche zweymal in oasVad gehen kann, setzet sich der Gefahr aus, geschieden zu werden. Denn wenn das Weib ihren Pantoffel in Gegenwart des Richters umkehrt, so ist dieses ein Kennzeichen, daß sie der Mann zu verbottenen Dingen hat zwingen wollen. Der Richter laßt sodann den Mann hohlen, ver« urtheilt ihn zur Bastonnade, und hebet die Ehe auf, lvoferne er keine wichtigen Gründe zu seiner Vertheidigung anführen kann. Ein Mann, der sich von seinem Weibe trennen will, kann zwar zu dem Ende auch allerley Vorwände gebrauchen; indessen ist doch die Sache unter den Türken nicht so leicht, als man sich einbildet. Der Mann ist nicht nur verbunden, seinem Weibe auf ihre noch übrige lebenszeit ein ieibgeding auszumachen, sondern er wird auch, im Fall sich die alte liebe gegen sie wieder regte, und er sie nochmal heurathen wollte, vcrmtheilt, sie vier und zwanzig Stunden lang bey einem Mann, den er selber aussuchen darf, liegen zu lassen. Meistens erwählet er einen von seinen Freunden dazu, den er als einen discretcn Mann kennet; öfters aber nimmt er auch den nächsten, der ihm unter die Hände kommt. Es tragt sich aber, wie man sagt, nicht selten zu, daß gewisse Weiber, die sich bey einer solchen Veränderung ganz wohl befinden, nachgehende nicht mehr iust haben, zu "^O n Oc/P- 475 zu ihren ersten Männern zurück zu kehren. Dieses alles aber gehet bloß diejenigen Weiber an, die man gcheurathet hat. Die Türken haben die Erlaubniß noch zwenerley Arten Weiber zu halten; solche, die man in Sold nimmt/ und Sclavinnen. Die erstem heu-rathet man; die andern miethet man, und die dritten werden gekauft. Wcnn man eine Jungfer formlich hcurathcn Will, so wendet man sich an die Eltern derselben, setzet einen Contract auf, nachdem alles in Gegenwart Hes Cadi und zweyer Zeugen ist ausgemacht worden. Das Hcurathguth bekommen die Tochter nicht von ihren Eltern, sondern von dem Mann. Wenn also Has tcibgeding in Richtigkeit gebracht worden ist, so giebt der Cadi den Partheyen eine Abschrift von ih« rem Ehccontract; das Mädchen aber bringt nichts mit, als ihre Kleider und teincn. Ehe noch der Hochzeittag gekommen ist, laßt der Bräutigam sich durch den Priester einsegnen, und um sich die Gnade des Himmels zu erwerben, theilet er Almosen aus, und giebt einigen Sclaven die. Freyheit. Am Hochzeittag setzet sich die Braut, mit einem großen Schleyer bedeckt, zu Pferd, und reutet unter einem Traghimmcl, von vcrschiedncnWeibern und Sclaven, nach dem Stande ihres Mannes, begleitet, über die Straffen. An Musicanten männlichen und lvcibli« chen Geschlechts fehlt es bcy dieser Ceremonie auch Nicht. Hierauf werden die Kleider getragen, welche nicht die geringste Zierde des Marsches ist. Da dlcscs der einzige Nutze ist, denn dcr Mann davon hat, 476 "S^G W M<^- hat, so beladet man zum Schein etliche Pferde und Kameele mit schonen Kisten, die oft leer sind, oder in welchen die Kleider und Juwelen sehr sparsam liegen. Die Braut wird solchergestalt gleichsam im Triumph, den längsten Weg zu dem Bräutigam geführt, der sie unter der Thür erwartet. Hier geben diese beyde Personen, die einander niemals gesehen, und die von einander niemals etwas gehöret haben, als nur seit etlichen Tagen durch Vermittelung guter Freunde, einander die Hände, und machen einander die zärtlichsten Versicherungen, welche die aufrichtig« sie iiebe nur immer eingeben kann. Man unterlaßt aber nicht, demjenigen Theil, der die wenigste Beredsamkeit hat, seine lection vorzusagen; denn es ist nicht möglich, daß das Herz viel Theil daran haben kann. Wenn nun diese Ceremonie in Gegenwart der Eltern und Freunde geschehen ist, so wird der Tag mlt Schmausen, Tanzen und Anschauung der Ma-rionettensplele zugebracht. Die Mannspersonen ma^ chen sich alleine lustig, und die Frauenzimmer ebenfalls alleine. Endlich, wenn die Nacht herbeygekom, men ist, so folgt auf dieft lermendc Freude eine ruhige Stille. Bey begüterten Personen wird die Braut von einem Verschnittenen in das für sie bestimmte Zimmer geführet. Hat man aber keinen Verschnittenen, so thut dieses eine von den Verwandten, die ihr die Hand giebt, und sie in die Ar-me ihres Mannes liefert. In einigen Städten in der Türkey giebt es gewiße Weiber, deren Profeßion darin- darinnen bestehet/ daß sie die Braute unterrichten, wie sie sich gegen ihren Bräutigam zu verhalten haben, welcher verbunden ist/ sie Stück für Stück auszukleiden und in das Bett zu legen. Man sagt, daß sie wahrend dieser Zeit ein langes Gebet verrichten, und sich alle Mühe geben / viele Knoten in ihren Gürtel zu machen / so daß der arme Bräutigam oft ganze Stunden zubringen muß, um sie wieder aufzulösen. Ob die Braut/ die der Mann bekommt/ schön oder haßlich sey/ das kann er nicht wissen/ sondern er muß indessen glauben/ was ihm andere davon sagen. Es giebt viele Städte in der Türkey, wo die Eltern und Freunde den Tag nach der Hochzeit in das Haus der neuen Eheleute gehen / um das blutige Schnupftuch zu hohlen / welches sie auf den Straffen / durch welche sie / von Musicanten begleitet/ ziehen/ sehen lassen. Die Mutter oder die Anverwandten unterlassen nicht/ dieses Tuch so zuzubereiten/ daß sie eS/ wenn es erforderlich ist, aufweisen können; welches aber nicht geschiehet/ wenn die Eheleute miteinander zufrieden sind. Wenn sich . die Weiber gut aufführen/ so befiehlet der Alcoran/ sie wohl zu halten / und vcrurthcilt denjenigen Mann, der solches nicht thut/ zu einer Vergütung dieser Sünde durch Allmosen/ oder durch Verrichtung guter Werke/ welches geschehen muß/ ehe sie ihnen beywohnen. Wenn der Mann zuerst stirbt/ so bekommt das Weib ihr teibgeding und sonst weiter nichts. Stirbt die Mutter/ und hinterlaßt Kinder, so können ihn diese 478 "^M N Gei^" diese nöthigen, ihnen das ieibgeding derselben zu aeben. Bey Ehescheidungen gehet solches verlohrcn, wenn der Mann hinlängliche Ursachen dazu hat; ist dkses aber nicht, so muß er es bezahlen, und die Kinder ernähren. So viel von den rechtmäßigen Weibern. Was diejenigen betrift, die man nur gemiethet hat, so macht man mit ihnen nicht so viele Umstände. Nach 5er Einwilligung des Vaters und der Mutter, die ibre Tochter einem solchen überlassen wollen, wendet man sich an den Richter, welcher ein Protocol! darüber errichtet, daß dieser oder jener, diese oder jene als eine Frau zu sich nehmen, daß er sie und ihre Kinder, die sie miteinander zeugen wecden, ernähren wolle, doch unter der Bedingniß, daß es ihm erlaubt sey, sie, wenn es ihm gefällig wäre, wieder fortzuschicken, nachdem er ihr vorher die ausgemachte Summe, nach Maasgabe der Jahre, die sie beycin-ander gewesen wärcn, würde bezahlt haben. Um dieser argen Handelschaft eine Farbe zu geben, schieben die Türken die Schuld auf die christlichen Kaufleute, welche ihre Weiber in ihren landen zurücke lassen, und in der levante andere miethen. Die Sclaven betreffend, so können sie die Mahometan« nach ihren Gesetzen gebrauche», wozu sie wollen. Sie geben ihnen die Freyheit, wenn es ihnen gefallig ist, oder sie behalten solche ihre ganze iebenszeic hindurch in lhren Diensten. Das lobenswürdigste bey dieser freyen lebensart ist, daß die Kinder, welche die Türken mit allen ihren Weibern zeugen, gleichen Antheil an an dem Erbe ihres Vaters haben / nur mit dem Unterschied, daß diejenigen, welche von den Sclavinnen gcbohren worden sind, durch das väterliche Testament frey gemacht werden müssen. Erweiset ihnen der Vater diese Gnade nicht, so bleiben sie Sclaven und fallen dem Aeltesten der Familie zu. Ungeachtet sich die Weiber in der Türkey nicht öffentlich sehen lassen, so sind sie doch in ihrer Kleidung sehr prachtig. Ihre Beinkleider sind eben so, wie der Mannspersonen ihre gemacht, und gehen bis an die Knöchel hinab, so daß alsogleich die Strümpfe daran sind, woran sich unten FußsKken von dem grächtigstcn Corduan bcsinden. Diese Beinkleider sind von Tuch, von Sammet, von Atlas, von Bro-cad, von Barchet, oder von leinwand, nach Beschaffenheit der Iahrszeiten und des Standes der Pcrso-ncn. Es gibt zu Constantinopel liederliche und in einem sehr hohen Grad unverschämte Weibspersonen, die, indem sie sich stellen, als wollten sie ihren langen Rock zurccht machen, auf freyer Strasse asscS dasie-nigc sehen lassen, was die Erbarkeit zu bedecken befiehlt; indessen ist dieses elende Handwerk das Mittel, ihren Unterhalt zu erwerben. Die türkischen Weiber tragen über dem Hemde ein abgenähtes Kamisol, und über dem Kamisol eine Art eines icibrocks (ZoMane) von einem reichen Zeug. Dieser icibrock ist bis unter den SchooS hinab zugeknöpft und mit einem Gürtel von Seide oder leder zusammengebunden, der mit silbernen und mit Steinen besetzten Platten gezieret ist. Der lange Oberrock, (velte) den sie über diesem teibrock anzic- 48o "^.M N O^ anziehen, ist/ nach Beschaffenheit der Jahreszeiten entweder von einen dicken oder dünnen Zeug, und das Pclzwrrk ist nach ihrem Stande mehr oder weniger kostbar. Sie schlagen öfters einen Theil des Oberrocks über den andern, und die Ermel reichen bis an die Fingerspitzen, die sie öfters in die Oefnum gen stecken, welche neben an der Seite des Oberrocks sind. Ihre Schuhe kommen vollkommen mit der Manner ihren überein, das ist, sie sind mit einem halben Cirkcl von Eisen, statt des Absatzes beschlagen. Um ihren Wuchs besser in die Augen fallend zu machen, tragende anstatt des Turbans eine Mütze von Pappe, die mit einem goldenen oder mit einem andern schonen Zeug überzogen ist. Diese Mütze, welche sehr hoch ist, gleichet einigermassen jenem umgekehrten Korb, den man auf den alten Müntzen auf dem Kopf der Diana, der Juno und der Isis siehet. Diese Mode hat sich also in der tevante erhalten. Allein da man bey den Türken alles verstecken muß, so ist diese Mütze in einen Schlcyer gehüllet, der bis an die Augenbraune gehet. Der übrige Theil des Ge. fichtes ist ebenfalls mit einem sehr feinen Schnuptuch bedeckt, das hinten so eng zusammen gebunden ist daß diese Weiber aussehen, als ob sie Zäume anhätten. Ihre Haare hängen in Zöpfen über den Rücken hinab, welches ihnen sehr gut stehet; diejenigen, welche keine schönen Haare haben, behelfen sich mit falschen. Die türkischen Weiber sind, nach dem Bericht «nserer Französinnen zu Constantinopel und Smyrna, welche welche fie in den Badern mit aller Freyheit sehen können, insgemein schön und wohl gebaut. Sie haben eine zarte Haut, regelmäßige Züge, einen bewundernswürdigen Hals, und fast durchgchends schwarze Aus gen. Man trift viele unter ihnen an, die vollkommene Schönheiten sind. Ihre Kleidung ist zwar ihrem Wuchs nicht sehr günstig: allein in der Türkey werden die größten Weibspersonen für die schönsten gehalten, und die artigen Taillen, achtet man eben nicht sehr. Der Busen dieser Weiber ist unter dem Oberrock völlig bloß; sie haben weder Schnürbrüste; noch Corsets, die sie einkerkern. Kurz sie sind, wie sie die Natur abmacht hat, anstatt daß man bey uns, indem man durch Maschinen von Eisen oder Fisch-bcinen, diese Natur, welche in einem gewissen Alter, einige Fehler an dem Rückgrade und an den Schustern zeiget, verbessern will, öfters die schönsten Per, sonen zu Krüppeln macht. Uebrigcns sind ihre Nahrungsmittel viel gelinder und einförmiger, als unserer Weiber ihre, welche Ragouts essen, Wcln und andere iiqucurs trinken, und den größten Theil der Nacht bey dem Spieltisch zubrinqen. Kc'n Wundee daher, wenn sie elende und ungestaltete Kmder zur Welt bringen. Das Blut der Weiber in der levante ist viel reiner. Ihre Reinlichkeit ist ausscroroentlich. Sie baden sich die Woche über zwcymal, und konnett nicht das klcineste Haar, und nicht den geringsten Schmutz an ihrem Körper vertragen; welches zu ihrer Gesundheit sehr viel beytragt. Die Mühe, die sie auf ihre Nägel und Augenbraunen wenden, könnten sie «ourn-f.R«s.II.TH. Hh sich 428 '-HM A Oc^- sich ersparen; denn sie färben die Nägel mit einem Pulfer, das aus Acgypten kommt, braunroth; so wie sie ihre Augenbraunen mit einer andern Waare schwarz färben. Was die Eigenschaften der Seele betrift, ft fehlt es den türkischen Weibern, weder an Verstand/ noch an lcbhastigkeit, noch an Zärtlichkeit. Es käme nur auf die Mannspersonen dieses iandes an, so wür» den sie der schönsten ieidenschaften fähig seyn. Allein der ausserordentliche Zwang, den man ihnen anthut, macht, daß sie oft in kurzer Zeit einen sehr weiten Weg zurück legen. Die muntersten unter ihnen, las. sen öfters durch ihre Sclaven die wohlgcbildcsien ieute, die über die Gassen gehen, zu sich rufen. Ordentlich wendet man sich an die Christen, und es isi leicht zu glauben, daß man meistens solche erwählen werde, welche das beste äusserliche Ansehen haben. Man erzählte uns zu Constantinopel, daß ein wohlgewachsener griechischer Papas, da er von einer galanten Reise zurückkam, durch Unvorsichtigkeit des Sclaven, der sein Führer war, unglückseliger Weise durch eine Fallthür gefallen sey. Dieselbe gicng in das heimliche Gemach, und dieses leerte sich in dem Hafen aus. Es ist leicht zu erachten, daß dieser arme Papas sein Abendtheuer gewaltig werde vcrfiuchet und sich eilfertig in das Bad begeben haben, um sich reinigen zu lassen. Die jüdischen Sclavinnen, welche die Vertrauten der Türkinnen find, gehen zu allen Zeiten in ihre Zimmer, unter dem Vorwand, ihnen Edelgesteine sehen zu lassen/ und führen ihnen zugleich artige 483 «rtige Jünglinge / als Frauenzimmer verkleidet, zu. Die Stunde des Morgen- und Abendgebetes ist in der Türkey, so wie auch an verschiedenen Orten in Spanien, die Schäfcrstunde. Allein dieses gehet nur in großen Städten an, wo die zügellosen Weiber, und diejenigen, deren ihre Männer zu bequem sind, einen Turban nehmen, so lange sie in der Moschee find. Diese Zusammenkünfte werden bey den Juden gehalten, wo die Türken gute Gesellschaft antreffen, und hier können auch die Fremden mit ihnen in vollkommener Freyheit seyn. Die iiebe ist in allen ian, dern sehr finnreich. Allein so vorsichtig man auch bey solchen Dingen ist, so geschiehet es doch gar oft, daß man an solchen Orten unvermuthet erwischt wird, wo man am sichersten zu seyn glaubte. Der Ehebruch wird in der Türkey auf das strengste gestraft. In diesem Fall stehet das teben der Weiber in den Handen ihrer Manner. Denn wenn dieselben rachgierig sind, so werden diese unglückseligen Frauenzimmer, wenn man sie auf frischer That erwischt, oder wenn sie förmlich überzeugt worden sind, in einen mit Steinen angefüllten Sack gesteckt, und ertrankt. Allein die meisten unter ihnen, wissen ihre Sachen schon so listig anzufangen, daß sie selten ihr leben in diesem nassen Element endigen dorfen. Wenn ihnen ihre Männer das ieben schenken, so werden sie öfters glücklicher, als sie vorher gewesen sind. Denn man nöthiget sie, ihren liebhaber zu heurathen, welcher, wenn er ein Christ ist, entweder zum Tod verurtheilet wird, oder ein Türk werden muß. Ocftcrs wird der licbhaber Hh 2 amh 484 ""^»M ^ ^c^> auch verurtheilt, auf einem Esel, mit gegen dem Schwanz gerichtetem Angesicht, den man ihm als einen Zaum in die Hände giebt, mit einer Krone von Kal-dauncn, und mit einem Kragen von gleichem Zeug, über die Gaffen zu reuten. Nach diescm Triumph wird er mit einer gewissen Anzahl Schlage auf die tcnden und auf die Fußsohlen beehret/ und endlich muß er noch eine, seinem Vermögen angemessene Geldstrafe erlegen. Die Wilden in Canada sind nicht so streng. Denn ob sie gleich den Ehebruch verdammen, so behaupten sie doch/ daß man, da die Gebrechlichkeit beyden Geschlechtern so natürlich sey, einander vergeben müsse, wenn man allenfalls die Treue, die man einander in einer so delicaten Sache gelobet, nicht halten sollte. Der Alcoran verabscheuet den Ehebruch, und befiehlt, daß derjenige, der sein Weib dessen beschuldigte, ohne eS beweisen zu können, zu achtzig Stockschlagen verurtheilt werden sollte. Da nun eine solche Beschuldigung in der Turkey, wo man Zeugen haben muß, so schwer zu beweisen ist, so muß der Mann viermal vor dem Richter schwören, daß er die Wahrheit sage, und zum fünftcnmal versichern, daß er von Gott und Menschen verftucht seyn wolle, wenn er lüge. DaS Weib lacht aber nur bey sich darüber; denn eS wird ihr auf ihre Schwüre geglaubt, wenn sie nur zum fünstenmal Gott bittet, daß er sie wolle umkommen lassen, woferne ihr Mann die Wahrheit geredet. Ist aber wohl ein Weib gehalten, in einem solchem Fall die Wahrheit zu sagen? Die Die Eifersucht abgerechnet/ sind die Türken gute , tcute; und sie geben sich alle erdenkliche Mühe/ die Gelegenheiten dazu zu vermeiden. Denn sie würden auch ihren allerbesten Freund das Gesicht ihrer Weiber/ um aller Welt Güter willen/ nicht sehen lassen. Ucbrigcns sind sie groß und wohl gebauct. Das Blut ist bey ihr.cn nicht so vielen Veränderungen unterworfen/ als bey uns/ weil sie viel maßiger lebcn, und ihre Speisen viel milder und einförmiger sind. Man findet bey ihnen wenige Bucklige/ Krumme und Zwerge. Ihre Kleider verbergen freylich die meisten Gebrechen/ welche die unsrigen entdecken. Das erste Stück derselben sind große Beinkleider/ oder Hosen und Strümpfe aneinander/ die bis an die Fersen gehen/ wo sie sich mit Socken von gelben Korduan endigen / welche in Pantofcln von eben diesem ieder stecken. An dem Ort den Fersen sind diese Pa, < tofeln mit eilicm kleinen Eisen beschlagen/ das nur ar-derthalbe iinicn dick/ ungefähr vier iinlcn breit/ und wie ein Hufeisen krumm ist/ welches macht/ daß sie sich an dicscm Orte nicht abnutzen. Die Spitze endiget sich mit einem gothischen Bogen. Dieselben sind viel schöner gcnahet/ als unsere Schuhe. Ob dieselben gleich nur eine einfache Sohle haben/ so dauern sie doch sehr lange/ besonders die/ welche zu Con-stantinopcl gemacht werden, zu denen das bcste und leichteste tcdcr aus der icvante genommen wird. Der Sultan selbst hat keine bcsscrn Schuhe. Den fremden Christen wird nicht erlaubt, gelbe Pantofeln zu tragen. Denn die Unterthanen des Großherrn, Hh3 fie 486 -UM A O^ sic mögen nun Christen oder Juden seyn, tragen rothe, violetblauc oder schwarze. Diese Ordnug wird ft gcnau beobachtet, daß man es den ieuten an den Füßcn und an dem Kopf ansehen kann/ von welcher Religion sie sind. Die größte Bequemlichkeit dieser Pantoffel ist, daß man sie ohne viele Mühe anlegen und abziehen kann; aber man muß derselben gewohnt seyn. Die ersten Tage über, da ich mich derselben bediente, vcrlohr ich sie etlichemal mitten auf der Strasse, welches ich nicht eher bemerkte/ als bis mir die Füße wehe thaten. Unsere Schuhe sind besser zu gebrauchen, ungeachtet sie in den Augen der Türken sehr einfältig aussehen. Ihre Pantoffeln sind nur bey schönem Wetter zu nutzen; denn dcr kleinste Tropfen Wassers beflecket sie. ieuten, die Kräuter suchen wollen, stehen sic gar nicht an. Man kann mit. dieser Fußbekleidung in keine Wiese gehen, ohne von dem geringsten Kieselstein verwundet zu werden. Man legt alsdenn Stifclettcn von Corduan an, die eben so leicht, als die gewalkten Strümpfe, und an den Fersen eben so, wie die Pantoffeln, mit Eisen beschlagen sind. Bloß die Muselmänner und die Christen haben die Freyheit, sie von gelber Farbe zu tragen. Die Beinkleider dcr Türken werden vorncn durch eine Art eines drcy bis vier Zoll breiten Gürtels zugemacht. Die vordere Ocsnung ist nicht viel weiter aufgeschlitzt als die hiuterc, masscn die Türken r.lcht sndcrs, als mit vorgcbogenen ieibc harnen. Ihre Hem- Hemden find von sehr feinen und gelinden Kattun, und haben Ermeln, die viel weiter sind/ als unsrer Frauenzimmer ihre. Sie streifen auch bey ihren Reinigungen ihre Ermel bis an den Elenbogcn hinauf. Ueber das Hemd legen sie den Doliman an. Es ist derselbe eine Art eines lcibrockeS (3out2ne) von Barchct, von Atlas/ von einem Goldstof, welcher bis an'die Fersen gehet. Im Winter ist dieser teibrock mit Baumwolle abgenähet; einige Türken tragen sie von dem feinsten englischen Tuch. Der Doliman liegt fest an der Brust an / und wird mit silbernen und vergoldeten, oder mit seidenen Knöpfen die so groß, wie die Pfefferkörner sind, zugeknöpft. Die Ermcl werden ebenfalls sehr eng und knapp, an den Faustgclcnken mit Knöpfen von eben der Gröfe zugemacht, welche nicht in Knopflöcher, sondern in Schnüre gesteckt werden, so wie auch die Knöpft deS Dolimans. Wenn man sich recht geschwind anziehen will, so werden nur hm und wieder zween bis drey Knöpfe ln die Schnüre gesteckt. Diese Ermcl endigen sich manchmal mit einer kleinen runden Einfassung, welche den obern Theil der Hand bedeckt. Der Doliman wird mit einem Gürtel von Seide zusammengebunden, der zehcn bis zwölf Schuh lang und einen Schuh und ein Viertel breit ist. Die prächtigsten werden zu Scio verfertiget. Dieser Gürtel wird drey bis viermal herum gewunden, so daß beyde Ende, welche sehr artig gcdrehct sind, vorncn herabhängen. In diesem Gürtel tragen sie einen Dolch, manchmal auch zween. Es sind dieses lange Messer ill einer Hh 4 Schei- 488 -^M A O^ ^ - Scheide, deren Griffe mit Gold oder Silber und mit Edclgesieinen gezicret sind. Da sie keine Säcke in ihren Kleidern haben, so stecken sie auch ihre Schnuptücher in dem Gürtel. Sie tragen alles in ihrem Busen, Tobacksbeutel, Brieftaschen und dergleichen, daher es kommt, daß sie sehr dick aussehen. Das große Obcrklci.d (Vek?) bedecket diesen Doli-man; wenn es sehr heiß ist, traqen sie solches wie einen Rciscrock, ohne mir den Armen in die Ermel zu schlupfen. Allein es, würde für etwas sehr unanständiges gehalten werden, wenn sie sich vor icuten vom Stande in diesem Aufzug sehen ließen. Die Ermcl dieses Oberrockcs sind sehr eng, und man füt, tert sie nicht mir Pclzwerk; denn ausserdem, daß diese Dicke sehr übel stehen würde, würden sie auch kaum ihre Arme bewegen können. Dieselben gehen bis üb^r das Faustgclcnke hinab, und haben einen breiten Aufschlag, welcher von eben dem Pelzwerk ist, mit welchem der Rock gefüttert ist. Die gewohnlichsten sind die Fuchspelze und Marder; die schönsten sind entweder von Zobelschwanzen, die sehr dunkel und fast schwarz sind, oder von moscowitischcn Fuchs-Wammen, die bis zum blenden weiß sind. Diese letztern sind sehr theuer. Denn man muß eine große Anzahl Zobelschwame, oder Fuchswammen haben, wenn man einen Rock füttern will; sie kosten fünf, hundert bis tausend Thaler; die allertheucrstcn kom-wen auf vier bis fünftausend iivrcs zu stehen. Die langen Röcke sind von englischen, französischen oder holländischen, von jcharlachrolhen/ dunkelbraunen, coffee, coffeebraunen/ olivcngrünen Tuch, und gehen bis an die Fersen hinab/ wie die langan Röcke der Alten. Der Turban oder Saric bestehet aus zwey Stü? cken, das ist, aus der Mütze, und dcm weissen Bund, oder der ieinwand, die herumgehet. Die Türken nennen die icinwand Tl:l^'.nd, woraus wir das Wort Turban gemacht habcn. Die Mütze ist eine Art eines rothen cdcr gnmcn Bareths, ohne Rand, ziemlich glatt, doch oben zugerundet, und nnt Baum-wou> gleichem ausgepolstert. Derselbe bedeckt aber die Ohren nicht. Um dieses Barclh wird eine sehr zarte icinwand von Baumwolle hin und her gewickelt. Es gehört eine eigene Wissenschaft dazu, den Turbans ein gutes Ansehen zu gcbcn; daher eS denn in der Turkey ein ordentliches Handwerk ist, wie bey uns das Hutmachen. Die Emirs, welche sich rühmen, aus dcm Geschlechte des Mahomets abzustammen, tragen einen ganz grünen Turban, da der andern ihre ordentlicher Weise roth, und mit einem wcisscn Bund umgeben sind. Der Turban muß öfters verändert werden, wenn er reinlich seyn soll. Ucbcrhaupt davon zu reden, ist dieser Habit sehr bequem, und ick war mit demselben viel besser zufrieden, als mit meiner französischen Kleidung. Die Türken halten sehr viel auf einen schönen Bart, und geben sich deswegen mit demselben sehr viel Mühe. DaS größte Zeichen der Freundschaft ist bey ihnen, wenn sie einander küssen und sich dabey einander beym Bart anfassen; so wie es im Gegentheil Hh 5 cine 490 -V(M W O^3> eine der grausamsten Beleidigungen ist, wenn man einem ein Haar aus dem Bart reisset, oder abschneidet. Wenn sie schwören, so geschiehet solches bey ihrem Bart. Die Rechtsgelehrten würden verachtet werden, wenn sie keinen Bart hatten. Die Personen vom Soldatcnstande, tragen bloß einen schonen'Knc-belbart, den sie mit Fleiß schön kräuseln. Die Art einander zu grüßen, bestehet bey den Türken darinnen, daß sie sich etwas weniges mit dem Kopf neigen und zu gleicher Zeit die Hand auf das Herz legen, wobey sie einander viel Segen wünschen, und den, welchen sie grüßen, Bruder nennen. Ist solches ein Mann vom Stande, so gehet man völlig auf ihn zu, ohne sich zu neigen; und wenn man ihm nahe gekommen ist, so bücket man sich, um einen Zipfel von dem Vordertheil seines Rockes zu ergreifen, den man ungefähr anderthalbe Schuh hoch in die Höhc hebt. Diesen Rockzipfel küsset man entweder aus Respect, oder läßt ihn wieder fallen, nachdem die Personen von einem Stande sind. Hat man sein Compliment gemacht, oder das nöthige geredet, so gehet man fort, nachdem man vorher die nemliche Ceremonie beobachtet hat. Bey den gemeinen Besuchen leget man blos die Hand auf das Herz: man setzet sich mit kreuzwcis übereinander geschlagenen Füßen auf das Sopha, so ein etwas erhabener Auftritt ist. Man vräsentiret einem insgemein sehr schone völlig angezündete Pfeifen, deren Röhre zween bis drey Schuh lang sind, und die folglich keinen andern als milden Rauch in den den Mund kommen lasten, der von jenem stinkenden Oel frey ist, das auf der Zunge brennt, wenn man aus kurzen Pfeiffen schmaucht. Uebrigcns wirb in der tevantc der beste Toback von der ganzen Wclt geschmaucht; meistens ist es salonischcr Taback; derjenige aber, welcher von der Küste in Asien hcr-kommt, ist noch besser, besonders der syrische, dcn man den Toback von Araxi oder Araqulc nennet, weil solcher in der Gegend der alten Stadt iaodkaca gebauct wird. . Die Türken mischen Holz von dcr Aloe oder anders Rauchwerk unter diesen Toback, aber damit verderbe« sie ihn. Ihre Tobacksköpfe sind viel größer und auch bequemer, als die unsrigen. Die Ncgropontischen und die Thebanischen werden von einer natürlichen Erde gemacht, die man mit einem Messer schneidet, wenn sie aus dem Bruch kommt, und die in der Folge hart wird. Neben dem Tobac wird auch mit Coffee und Sorbet ausge, wartet. Der Coffee ist vortrefiich, sie thun aber keinen Zucker daran, welches entweder aus Geiz geschiehet, oder weil er ihnen angenehmer ist, wenn sie ihn so trinken, wie er von Natur ist. Ausser dem Taback wird man bey Standspcrsoncn auch mit Rauchwerk bedienet. Ein Sclave zündet einem untcr der Nase Gewürz an, da indessen andere eine icinwand über dcn Kopf halten, daß sich der Rauch nicht so bald zerstreuet. Man muß aber diesen Geruch ge, wohnt seyn, sonst lst er schädlich. Die meisten Besuche werden mit solchen Ceremonien zugebracht. Man darf eben nicht viel Ver, stand 492 ^M A O^S- stand haben, wenn man mit ihncn auskommen will Die gute Gcsichtsbildung und die Ernsthaftigkeit vertreten bey den Morgenländern die Stelle derVcrZ dicnstc/ und zu viel glänzendes würde alles verderben. Dieses kommt nicht davon her/ daß die Türken feinen Verstand haben, sondern weil sie überhaupt wenig reden / und mehr auf Aufrichtigkeit und Bescheidenheit/ als auf Beredsamkeit halten. Bey den Griechen vcrhält es sich anders; denn diese sind die unerträglichsten Schwätzer. Obgleich diese bcyocn Nationen unter einerley Clima gebohrcn wcrocu, so ist doch ihr Humor so verschieden, als wenn sie sehr weit von einander entfernt wären. Die Ursache hievon muß ganz alleine an ihrer Erziehung liegen. Die Türken reden kein vergebliches Wort; die Griechen hingegen schwazcn ohne Ende. Im Winter bringen sie ganze Tage in den Cendours zu. Hier schnattern sie wie die Gänse/ und meistens geschiehet solches auf Rechnung ihren Nachbarn. Diese Ten-dours sind Tische/ welche neben an den Seiten mit Holz umgeben sind/ wo sie sich bis an den Gürtel einschließen/ Männer und Weiber/ Mädchens und Jünglinge/ nachdem sie auf dieselbe eine kleine Pfanne gesetzt/ um den Ort zn erwärmen. Unsere Missionarien mögen noch so sehr wider den Gebrauch der Cendours eifern / so werden sie doch nicht abgcschaft werden, weil sie so gar bequem sind. Die Türken üben dasjenige aus/ was ihre Religion von ihnen fordert; die Griechen im Gegentheil haben beynabe gar keine; und das Elend nöthiget sie, viele Thorheiten Heiken zu begehen/ welche das böse Beyspiel rechtfertiget , und in den Familien vom Vater auf den Sohn fortgepflanzet wird. Die Türken machen endlich ihre Hauptsache aus der Redlichkeit und Treue; der Griechen ihre aber ist schon seit langcnZciten verdachtig. Um sich davon zu überzeugen, darf man nur ihre Geschichte lesen. Die Einförmigkeit herrschet in allen Handlungen der Türken. Sie verändern ihre lebcnSart niemals Man hat sich bey ihnen auf keine großen Fc-stins Rechnung zu machen. Sie sind mit wenigen zufrieden; und man wird nicht leicht hören, daß sich ein Türke durch gutes Essen und Trinken in schlechte Umstände versetzet habe. Der Reis ist eine von ih? rcn Hauptspeiscn; sie bereiten solchen auf dreyerley Art zu. Derjenige/ dcn sie pi!au nennen / ist ein trockener und markichcr Reis / welcher in dem Mund zerstießet/ und der viel angenehmer ist/ als die Hühner und die Schaafsschwanze, welche in demselben gckochct werden. Man laßt solchen bey einem kleinen Feuer mit etwas Vrühe/ ohne ihn hcrumzurührcn oder aufzudecken / kochen; denn wenn man ihn be, wegte / oder der luft aussetzte, so würde er wie ein Kleister werden. Die zweyte Art dcn Reis zuzubc-reiten/ heißt Lappa. Derselbe wird eben ft/ wie bey unS/ in einer Brühe so lange gekocht/ bis er eine gcwiße Consistcnz bekommt. Man ißt solchen mit einem iöffel/ anstatt daß die Türken den Pilau . in kleinen Klumpen mit den Daumen in dcn Mund nehmen/ wobey ihnen die hohle Hand statt eines TcÜcrs 494 ^W A Ec)5- Tellers dienet. Der dritte ist der Ccborba: es ist dicscs eine Art eines Reisschleims, den sie wie eine Brühe trinken. Wie es scheint, so haben die Alten den Reis eben so für die Kranken zugerichtet, a) Die Hühner sind in der ievante ausnehmend gut; das Fleisch in den Fleischbänken aber taugt an den meisten Orten nicht viel. Man verkauft daselbst öfters Vüffclficisch für Ochsenfieisch; das Büffclfieisch aber ist sehr «.ahe. Das Schaafficisch ist hier sehr fett und schmeckt nach Unschlitl, inson. derheit der Schwanz, welcher nichts anders ist, als ein Klumpen Fett von einer ungeheuren Größe. Die Türken schlachten die Schaaft nicht eher, als bis sie den Topf an das Feuer setzen wollen. Da sie hauptsächlich die Suppen lieben, so schneiden sie das Fleisch in sehr kleine Stückchen, ehe sie solches in den Topf legen / und laffen es mit allen Arten des Wild-preteS sieben. Wenn sie solches braten wollen, so zerschneiden sie es noch kleiner, und stecken solches an einen sehr langen Bratspieß, so daß wcchselswcisc ein Stückchen Fleisch und dann eine Zwiebel kommt. Zu Constantinopel bekommt man sehr gutes Rind, fieisch und trefiiche Haasen zu essen. Auf den Küsten von Asien sind die Haselhühner und Rebhühner vor-trefiich. In der tevante hat man die besten Fische von der Welt. Ausser denen uns bekannten Arten fängt man in dem schwarzen Meere eine Menge anderer d) Sume hoc ptifanarium Oryza«. Horat, derer, die uns unbekannt sind. Die Türken beehren manchmal einander mit einem Ragout von zerhackten Fleisch mit etwas Fett und ganz ««gekochten Reis bestreuet. Daraus macht man Klumpen, die man in Wein oder Krautblatter, nach der Iahrszeit/ einwickelt, und sie sodann in einem andern Topf kochen lasset. So vortrefiich das Getraid an und für sich in der levante ist, so bäckt man doch daselbst schlechtes Brod. Der Teig wird weder geknetet noch gesäuert. Doch sinoet man daselbst öfters vortrefii-chcs Backwcrk. Ihr Geschirr bestehet aus Porcelain, Fayance und Zinn. Das gemeinste ist von Kupfer, das mit Zinn überzogen ist: denn Kleinasien ist sehr reich an Kupferbergwerken. Sie verzinnen sehr schön und sehr geschwind, indem sie die Gefäße in dem Feuer glühend werden lassen; sie überstreuen solche alsdann mit Salmiac, sodann bestreichen sie solche mit zinnernen Knöpfen und breiten es mit einem Poliereisen aus. Dieses Zinn hangt sich so fest an das Kupfer, daß ihre Gefäße nicht leicht wieder so roth werden, wie die unsrigen. Wenn die Zeit zur Mahlzeit vorhanden ist, so breitet man auf der Erde, sder auf dem Sopha ein rundes Tischtuch vom schwarzen Saffian aus, wcl-ches nach Maasgabe der Personen, die bey der Mahlzeit seyn sollen, größer oder kleiner ist. Die» jenigen, welche die Reinlichkeit lieben, legen dieses Tischtuch auf einen hölzernen Tisch, der nur einen halben Schuh hoch ist, aufweichen eine große hölzerne Schüssel gesiellet wird/ in welcher Fleisch und Reis 496 "^W ^ M^- Reis bcMslch ist. Der Hausvater verrichtet das ordentliche Gcdct: ^)n: I7lam>n ^? all^h.-lligj-en «nd bcN'nbc».>lgt'N Gv>rrcs u. s. w. Um dic is ncnnt. Dieses sind die vornehmsten Mönche, welche in Klöstern unter der Aufsicht eines Superiors beysammen leben / welcher sich vorncmlich auf das Predigen leget. Diese DerviS haben das Gelübde der Armuth, der Keuschheit und des Gehorsams. Allein es ist ihnen leicht, sich von den beyden, crstern loß zu machen, ja sie können sogar ihren Orden verlassen, und wenn es ihnen gefällig ist, heurathen, ohne daß dadurch jemand geärgert wird. Kkz Die Die Türken haben den Grundsatz, daß der Kopf des Menschen viel zu leicht sey, als daß er lang in der ncmlichcn Richtung bleiben könne. Der General des Ordens d^r Dervis, hat seine Residenz zu Cogna, so die alte Stadt Iconium, und die Hauptstadt von lycaomcn in Kleinasien ist. Orhoman, der erste türkische Kayser, machte den Superior des Klosters in dieser Stadt zum Vorsteher dcs ganzen Ordens, und ertheilte diesem Hause große Privilegien. Man sagt, daß in demselben über fünfhundert Mönche unterhalten werden, und daß ihr Stifter ein Sultan aus der nemlichen Stadt, Namens Merelava, gewesen sey, daher sie auchMetelevis gcnennet werden. Sie zeigen das Grab dieses Sultans in ihrem Kloster. Die Dcrvis, welche Hemden tragen, lassen sie, zur Vusübung, von dem gröbsten Tuch machen, das fie antreffen können. Diejenigen, welche keine Hemden tragen, haben auf dem Fleisch einen Rock von braunen Boy, der bis über die Waden gehet, und welcher zu Cogna gemacht wird. Sie knöpfen solchen zu, wenn sie wollen; sie haben aber meistentheils die Brust biS an den Gürtel offen, welcher letztere ordentlich von schwarzem ieder ist. Die Ermel dieses Rocks sind breit, wie die Ermcl an den Hemden der Weiber in Frankreich. Ueber demselben tragen sie eine Art eines Reiserocks, oder Mantels, dessen Ermel nicht weiter, als bis an den Ellenbogen gehen. Diese Mönche gehen mit blossen Füssen, und bedienen sich öfters der gemeinen Pantoffeln. Auf dem Kopf haben sie eine Mütze von Kameelhaaren, die grau ist, keine keine Einfassung hat/ wie ein Zuckcrhut gestaltet, aber doch wie eine Kuppel zugerundet ist. Einige wickeln teinwand, oder eine Binde herum/ um einen Turban daraus zu machen. Diese Mönche affcctiren in Gegenwart ihrer Obern / oder der Fremden eine besondere Bescheidenheit; sie schlagen die Aug»n unterwärts/ und beobachten ein ticfcS Stillschweigen. Man sagt ihnen aber nach, daß sie sonst so gar erbar nicht zu seyn pfte-gen, und daß sie große liebhaber von Brandewein, auch selbst vom Wein sind. Der Gebrauch des Opium ist bey ihnen viel gemeiner, als bey andern Türken. Diese Waare, welche anocrn ieuten, die derselben nicht gewohnt sind, ein Gift ist, und wovon eine kleine Dosis andern Personen den Tod bringet, macht die Der-vis, welche solche unzenweis auf einmal essen, anfangs eben so frölich, als tcute zu seyn pflegen, die ein Glas Wein getrunken haben. Auf diese Fröhlichkeit, folget eine stille Wuth, die man eine Begeisterung nennen könnte, und diese würde machen, daß man sie für außerordentliche lcute hielte, wenn man die Ursache davon nicht wüßte. Allein da ihr Blut/ das durch diese Arzeney sehr aufgelöset wird, eine beträchtliche Menge von Feuchtigkeiten in das Gehirn treibet, so verfallen sie darauf in einen tiefen Schlaf, und bleiben einen ganzen Tag lang liegen, ohne ein Glied am ieibe zu bewegen. In dieser Art eines Todtcnschlafes liegen sie den ganzen Donnerstag, ft bey ihnen ein Fasttag ist, an welchem sie, nach ibrer Kk4 Regel, Regel/ nicht cher/ als nach Sonnenuntergang etjvas essen dürfcn. DicDervis halten viel auf ein artiges Ansehen; ihr Bart ist reinlich und wohl gekämmt. Ihre Gedichte haben niemals ein Frauenzimmer zum Gcgcn, stand, ausgenommen diejenigen, die sie einst in dcm Paradies zu sehen hoffen. Sie sind gegenwärtig nicht mehr so thöricht, wie chchin, daß sie ihren Körper zerschneiden und zerfetzen; mit genauer Noth ritzen sie heut zu Tage ihre Haut auf, doch brennen sie sich manchmal mit kleinen Kerzen neben an die Seite t»es Herzens, um den Gegenständen ihrer liebe dadurch cm Merkmal ihrer Zärtlichkeit zu geben. Das Volk bewundert ihre Geschicklichkeit, mit dcm Feuer umzugehen ohne, sich zu brennen, und solches, gleich den Markschreyen, in dem Mund zu halten. Sie sind die künstlichsten Taschenspieler. Sie behaupten, daß sie, vermöge einer ihrem Kleide besonders zukommenden Eigenschaft, die Ottern beschwören können. Sie sind unter allen Türken die einzigen, welche in die Morgenländer reisen. Sie besuchen das Mogolische Reich, ja sie gehen noch weiter, und ob sie gleich großen Nutzen von den Almosen ziehen, die sie bekommen, so unterlassen sie doch nicht bey allen Mönchen, die sie auf ihrer Reise antreffen, einzukehren, und bey ihnen zu schmausen. Die Musik macht eine ihrer Hauptbeschäftigungen aus. Ihr Gesang schien uns traurig, aber harmonisch zu seyn; und ob es gleich in dcm Alcoran verbotten ist, Gott mit mit musicalischen Instrumenten zu loben, so thun sie doch solches, so ernstlich es ihnen auch der Sultan verbieten lasset, und so schr sie deswegen von den Devoten verfolget werden. Die vornehmsten Uebungen der DcrviS sind/ daß sie am Dienstag und Frcytag tanzen. Ehe diese Art einer Comcdie angefangen wird, halt der Superior des Klosters, oder derjenige, der seine Stelle vertritt, eine Predigt. Man versichert, ihre Moral sey gut, und daß man dieselbe, man möge auch von einer Religion seyn, von welcher es seyn mögtc, gar wohl nutzen könnte. Die Weiber, welche von allen öffentlichen Orten, wo sich Manns, personcn befinden, verbannet sind, haben doch die Erlaubnis, diesen Predigten beyzuwohnen, und sie unterlassen solches auch niemals. Während der Zelt sind die Mönche in ein Geländer eingeschlossen, sitzen ßuf ihren Fersen, mit krcutzweis übereinander gelcg, ten Handen, und mit unterwärts hangendem Kopfe. Nach geendigter Rede, singen die Sanger, die auf einer Galerie stehen, einen langen Gesang ab, wo< bey zugleich auf allerley Instrumenten gespielet wird. Der Superior mit der Stole und in dem Oberkleid mit hängenden Ermeln, schlagt bey der zweyten Strophe ill die Hände. Nach diesem Signal stehen die Mönche sl4 "^W ^ O<^" Mönche auf, und nachdem sie ihn auf das ehrerbietigste gegrüßct, fängt einer nach dem andern an, sich zu drehen, indem sie mit einer solchen Geschwindigkeit im Kreis herumspringen, daß die Jacke, die sie über ihrem langen Kleide an haben, sich auf cine bewundernswürdige Art, erweitert und wie ein Pavillon rund wird. Diese Tanzer machen zusammen eine lustige Gesellschaft aus. Sie hören aber plötzlich wieder auf, so bald ihnen der Superior ein Zeichen giebt, worauf sie ihre alte Stellung wieder annehmen, als ob sie sich gar nicht beweget Hatten. Auf dieses Signal wird der Tanz vier bis fünfmal aufs neue angefangen. So viele Ehrerbietung die Türken auch für diese Mönche haben, so erlauben sie ihnen doch nicht viele Kloster, weil sie diejenigen Personen nicht sonderlich achten, die keine Kinder zeugen. Der Sultan Mourac wollte die Dcrvis> als ieute, die dem Staate keinen Nutzen schaften, und für welche der Pöbel zu viel Achtung hätte) ausrotte». Doch ließ er es endlich dabey bewenden, daß er sie in ihr Kloster zu Cogna verbannte. Sie haben auch zu pera, ingleichen auf dem thra-cischen Bosphorus ein HauS. Wir hörten sie in ihrem Kloster zu Prusa in Bithynien predigen, und sahen sie mit Vergnügen durch die Gitter der Moschee tanzen. Jesus "-VlM A Oc/5- sis Die armenischen Kaufleute bey nnscrer Cara-vane, welche italiänisch redeten / erklärten uns einen Theil der Predigt. Der Hauptinhalt derselben war ' Jesus Christus. Der Prediger schändete die Iu, den tapfer auS/ aber mit sehr kaltem Blut, denn er erhitzte sich niemals; er nahm es auch den Christen sehr übel, daß sie glaubten / die Juden hätten einen so großen Propheten getödtet; er versicherte vielmehr, daß er gen Himmel gefahren sey/ und daß die Juden eine andere Person an seiner statt gckrcutzigct hatten. Ich kann diesen Brief w'cht bcsscr beschließen, als mit der Versicherung, daß die Türken gcgen Christum alle Achtung haben. Es ist nicht wahr, daß sie allcrlcy iastcrcycn wider ihn ausstsssen, wie einige Rciscnde versichert haben. Sind die Türken gleich so unglücklich, daß sie die Gottheit Jesu Christi nicht glauben: so verehren sie ihn doch als einen großen Freund Gottes, und insonderheit als einen großen Vorbittcr bey dem Herrn. Sie bekennen, d.<ß er von Gott gesandt worden sey, um ein Gesetz voller Güte bckamtt zu machen; und wenn sie uns Ungläubige nennen, so geschiehet solches nicht darum, weil wir an Jesum Christum glauben, sondern darum, weil wir nicht glauben, daß Mahomet nach si6 ^M ^ M^ nach ihm gekommen sey, um ein neueres, und der verderbten Natur angemesseneres Gesetz zu verkündigen. Ich habe die Ehre, u. s. w. Ende des zweyten Theils. Z <,rfi- pj