»Hicks >1 v MW 23055 - Die Literatur -es östcrr. Kaiserstaates vom 1. Jänner 1853 bis Ende Dezember 1854 im Allgemeinen, und die Krains insbesondere. Von t / ? . L vr. L. ». OostL. ^-prrvv (Separat-Abdruck aus der „Laibacher Zeitung.") Laibach 1857. Druck von Jgnciz v. Kleinmayr » Feder Bamberg. 23053 Die Literatur des Herr. Kaiserstaates nam I. Jänner 1853 !n8Ende Dezember 1854 im Allgemeinen, und die Arain8 in8besondere. Von vr. L. ». 0o8ta. Erster Artikel. i. Nothwcndigkeit bibliographischer Behelfe wird mir der steigenden Schreibseligkeit unsrer Zeit und mit der in geometrischer Progression wachsenden Menge der Erzeugnisse des Büchermarktes immer allgemeiner gefühlt und anerkannt. Man könnte das als ein geistiges Armuthszeugniß, als den sichersten Beweis ansehen, daß unsre Zeit, ibr Augenmerk auf Samm¬ lung und Stoffanhäufuug richtend, zur geistigen Pro¬ duktion unfähig sei. So war es allerdings zur Zeit, als der griechische Geist zugleich mit dem griechischen Volke und der griechischen Freiheit zu Grabe gegan¬ gen war, nachdem er im Gebiete der Wissenschaften und Künste das unter den gegebenen Verhältnissen Höchstmöglichste und Vorzüglichste geleistet hatte. Es folgten dann jene alcrandrinischen Gelehrten, die theils in cncyklopädisch - umfassendem erstaunlichen Fleiße Folianten vollschricben, theils in monographischer Be¬ arbeitung eines einzelnen Gebiets in erschreckender Zitirwutb kompilirten und erzerpirtcn, um der Nach¬ welt ein warnendes Beispiel trostloser und unfrucht¬ barer, geschmackloser und unverdaulicher Gelehrsam¬ keit zu hinterlassen. Mit dieser Periode bat aber die Gegenwart kaum für den oberflächlichen Beschauer irgend welche Achn- lichkeit. Es ließen sich der Beispiele hundert und aber 2 hundert mit Leichtigkeit anführcn, in denen die bis in die kleinsten Details gewissenhafte monographische Forschung und die weit ausgedehntesten umfassendsten Studien dem genialen Gelehrten nur Mittel zu neuen Schöpfungen und eleganten Darstellungen sind. Zn solchem Ende bieten bibliographische Werke passende Unterstützungen. So wurde denn auch seit Jahrzehcutcu das Be¬ dürfnis) einer österreichischen Bibliographie dringend gefühlt. Einzelne Bemühungen, diesen Gedanken aus- znführen, scheiterten an dem Umstande, daß kein Pri¬ vatmann, auch bei dem besten Willen, im Stande ist, sich genaue Keuntniß alles dessen zu verschaffen, was in allen Theilcn der Monarchie die Presse ver¬ läßt. Vollständigkeit und Genauigkeit bilden aber die erste Bedingung jeder Bibliographie, die einen Werth haben soll. Diesem Bedürfnisse wird durch die „allge¬ meine Bibliographie« abgcholfen, welche seit 1. Jän¬ ner 1833 in den „österreichischen Blättern für Lite¬ ratur und Kunst" (einer Beilage der „k. k. Wiener Zeitung") erscheint, und worin alle in der Gesammt- monarchie im Gebiete irgend eines Litcratnrzwciges seit 1. September 1882 erscheinenden Werke ausge¬ nommen werden , nnd welche im Auftrage Sr. Erzell. des Hrn. Ministers des Innern von dem Vorstande der administrativen Bibliothek dieses Ministeriums, nnserm gelehrten Landsmanne Dr. Konstantin Wurz- bach von Tannenberg, besorgt wird. In dieser Bi¬ bliographie sind alle Werke nach Wissenschaftsfächcru geordnet, und genau nach dem Titel, unter welchem sie erscheinen, mit Angabe der Seitenzahlen und des Formats, unter fortlaufender, in jedem Verwaltuugs- jahre mit 1 beginnenden Nummer verzeichnet. Den Titeln magyarischer, slavischcr und hebräischer Werke sind deutsche Ucbersctzungcn beigefügt. Die Biblio¬ graphie bringt ferner ein vollständiges Verzeichnis) al¬ ler in Oesterreich erscheinenden, auf mechanische Weise vervielfältigten Knnsterzcugnisse , aller Karten und 3 Pläne, aller Mnsikalien, des Inhalts aller fachwissen- schaftlichcn Zeitschriften nnd endlich eine Iournalrevue, d. i. ein Vcrzcichniß aller den Kaiscrstaat und seine Kranländer betreffenden größcrn historischen, bio-, topo-, cthno- und geographischen Aufsätze, die in den Jour¬ nalen der Monarchie was immer für einer Sprache in den Feuilletons oder sonst an einer Stelle des Blattes Vorkommen mögen. Die Wichtigkeit nnd der Nutzen einer derartigen Bi¬ bliographie ist klar. Eben so klar ist cs auch, daß einzig nnd allein die administrative Bibliothek des k. k. Ministe¬ riums des Innern dieselbe zu liefern vermag, weil mir hier die hinreichenden, zu solchem Riesenwerke er- f forderlichen Arbeitskräfte nnd die günstige Lage vor¬ handen ist, daß durch die allgemeine Verpflichtung der Einsendung vou Pflichtexemplaren von jeder Druck¬ schrift und jedem ähnlichen Erzeugnisse aus allen Kron- läudern, die nothwenvige Vollständigkeit erreicht wird. Alle diese vortrefflichen Umstände sind unlängbar, und es läßt somit die Bibliographie in dieser Hinsicht nichts zu wünschen übrig. Es haben sich zwar hie nnd da feindselige Stimmen erhoben, die, weniger die Sache als die betreffenden Personen ins Ange fassend, dort zu tadeln versuchten, wo gerade das größte Lob angcwendet werden sollte. So hat inan mit kurzsich¬ tiger Ironie hervorgehoben, daß auch allenfalls ein Diözesan-Katalog, die Statuten irgend eines geselligen Vereins, das Mitglieder - Verzeichniß irgend einer Schützengesellschaft mit in die österr. Bibliographie ausgenommen werden. Das Läppische eines solchen Vorwurfes ist klar. Der Bibliograph hat die Werke und Druckschriften — und sei cs nur ein fliegend Blatt — mit Genauigkeit und Vollständigkeit zu ver¬ zeichnen, nnd kann eben so wenig auf den literarischen Werth, als auf andere Umstände, die auf den Inhalt Bezug haben, Rücksicht nehmen. Das ist ein Grund¬ satz, den alle Bibliographen beobachten. So finden wir z. B. im bekannten Hinrichs'schen Bücherverzcich- 4 niß 1888 II., S. 209, verzeichnet: „Ein Osterblatt für 1898, Nachklang, hoch 4, (4 S.) Berlin sJ. A. Wohlgemnth) 2'/2 Ngr." Aehnlichc Beispiele sinken sich leicht. Noch mehr: cs kann dem Bibliographen die Bcnrtheilnng des Wichtigen und Minderwichtigen nicht bloß nicht zngcmuthet werden, sondern cs isi überhaupt rein unmöglich, das absolut festzuseßcn, in¬ dem manche Druckschriften, die im Allgemeinen ganz merthlos und obnc Belang sind, dem prüfenden Geiste des Statistikers oder Kulturhistorikers ebenso wcrtb- voll werden, wie der Staub eines Schmetlerlingflü- gels dem Naturforscher unter dem Mikroskop. Das von Dr. Wurzbach in Betreff der Vollständigkeit und Genauigkeit der Bibliographie in Anwendung gebrachte System verdient sonach nur alles Lob, und die ganze Einrichtung jenen Dank, den ihr die Männer der Wissen¬ schaft — ein Chmcl, ein Reden, — gleich im ersten Beginne zu zollen nicht unterließen. Wir hegen in Hinsicht der Bibliographie nur den Wunsch, daß die allgemeine Bibliographie ans der Beilage zur „kais. Wiener Zeitung" ansgeschie- den, und im gefälligen 8. Format in fortlaufenden Nummern — immerhin als selbstständige Beilage zur Wiener Zeitung — ausgcgcben würde, welche dann Jahr für Jahr einen handsamcn Band bildete, zu dem der jährliche oberwähnte Bericht ein ebenso treff¬ liches als höchst praktisches doppeltes (systematisch- kritisches nnd alphabetisches) Repertorium bilden würde. Auf diese Weise würde ungemein einfach dem einzi¬ gen, in der Ausstattung und Pnblikationsweisc der Bibliographie liegenden Mangel abgeholfcn werden, wobei ich freilich gestehen muß, daß cs allerdings möglich, ja selbst wahrscheinlich ist, daß Umstände zwingender Art diesem scheinbar so einfachen nnd sicher ganz nahe liegenden Plane cntgegenstehen, welche dessen Ausführung nnniöglich machen. Von geringen» Belange, wenn auch ebenfalls ein Ucbclstand, ist das späte Erscheinen dieser Bibliographie, welche den ver- 8 stoffenen Jahrgang regelmäßig erst Mitte des nächsten Jahres abschlicßt, sonach immer mindestens ein halbes Jahr im Rückstände ist. Auch dieser Umstand ist durch die typographischen und räumlichen Verhältnisse bedingt, nnd würde offenbar durch die Absonderung der Bibliographie ebenfalls entfernt werden können. Diese Bibliographie mm bildet die Grundlage nnd das Materiale, ans welchem Dr. C. Wnrzbach, dem Auftrage des Herrn Ministers des Innern gemäß, im Juli 1884 einen Bericht verfaßte, welcher unter dem Titel „Bibliographisch -statistische Uebersicht der Literatur des österreichischen Kaiserstaatcs. Vom 1. September 1882 bis Ende 1883« in den „Ocsterrci- chischen Blättern für Literatur« nnd auch in ei¬ nem unansehnlichen Scparatabdrncke veröffentlicht wurde. Dieser erste Bericht umfaßt einhundcrtnndzebn Oktavsciten nnd 3 Tabellen, nnd erregte schon damals die Aufmerksamkeit verschiedener literarischer Kory¬ phäen. Es war der erste, zwar noch vielfacher Ver¬ vollkommnung fähige, aber nichtsdestoweniger höchst beachtenswertste Versuch, die geistige Bewegung eines Staates in Zahlen anszudrücken. Vor Allem aber fanden die wohlerwogenen ernsten Bemerkungen nnd Ucbcrsichten, welche Wnrzbach in jenen Wissenschafts¬ fächern, in denen ihm als Fachmann ein Urtheil zn- stand — den juridischen, staatsrechtlichen, historischen nnd schöngeistigen Schriften — den statistischen Daten voraussendete, einerseits von den mehrsteu Seiten her freudige Zustimmung und Anerkennung ihrer Wahr¬ heit, andererseits von Seite der Betroffenen, theils sogenannten passiven Widerstand, theils bittere Polemik, daß schon dadurch das Interesse des Zu¬ schauers gespannt wurde. Anderthalb Jahre später erschien der zweite Bericht. Aber welche Verände¬ rung ! An die Stelle der geschmacklosen Ausstattung des ersten trat die Eleganz nnd Pracht, welche alle typographischen Arbeiten der k. k. Hof- nnd Staats¬ druckerei auszeichnet. Anstatt eines etwas umfang- 6 reichen Journalartikels, welchen der erste Bericht bil¬ dete, finden wir einen starken Band von nahe an 700 Seiten gr. 8 mit 37 statistischen Tabellen und einem eingehenden Sach - und Namcnsregistcr. Es wird wenig Unternehmungen geben, die in so kurzer Zeit einen so großen Fortschritt, einen so gewaltigen Sprung vom ersten schüchternen Versuche zum voll¬ endeten, allseitig abgerundeten nnd den strengsten An- forderungen gerechten Werke anfweisen konnten. Kurze Zeit nach Publikation dieses zweiten Berichts erschien auch der erste in gleich würdiger, neuer vermehrter Auflage bei Manz L Komp, in Wien, mit 42 Ta¬ bellen nnd eben so mit einem Register versehen, wie der zweite. Ueber diesen letzteren mögen noch einige Worte gestattet sein. Nach einer ausführlichen, die vornehmsten Resultate des ganzen Werkes zusammen¬ fassenden oder wenigstens berührenden Einleitung be¬ spricht die erste Abtheilung die periodische Presse des österreichischen Kaiserstaatcs im Jahre 1834 im All¬ gemeinen, nnd die politischen Journale insbesondere, wobei auch die englische, französische und deutsche Journalistik zum Zwecke interessanter Vergleichungen einer genauen Erörterung unterzogen wird. Jedes bedeutendere Journal, es mag in Wien oder in irgend einem Kronlande erscheinen, wird mei¬ stens eben so treffend seiner ganzen Totalität nach charakterisirt, als auch sonst interessante Geheimnisse der journalistischen Welt hier enthüllt werden. Der Verfasser gibt für Redaktoren höchst beachtenswerthe Winke, deren Befolgung manche Misere unserer Presse verschwinden machen würde. Vorzüglich verdient, was derselbe über die modernen romantisch-historischen Schänder - und Schreckenscrzählungen der Feuilletons sagt, jedes wahrhaft humanen Mannes volles Lob. Und obgleich sonst sowohl statistische als bibliographi¬ sche Werke meistens derart trocken sind, daß von einer fort¬ laufenden Lektüre derselben gar keine Rede sein kann, so zeichnen sich doch Wurzbach's statistisch - bibliogra- 7 phische Uebersichteu« auch in dieser Beziehung vor- thcilhaft aus, indem dieselben gleichmäßig spannend und anregend, für Jedermann eine eben so ange¬ nehme als höchst belehrende Lektüre bilden. Es ist natürlich unmöglich, hier Auszüge all' des Interessan¬ ten zu geben, was sich in dem sicbenthalbhnndert Seiten starken Bande findet. Doch mögen einzelne aphoristische Notizen einen Platz finden. Die italieni¬ schen Blätter eilen, was Gediegenheit und Charakter der Redaktion anbelangt, den aller übrigen Krouläu- ver weit voran. Schon der in Triest erscheinende „Diavoletto" kann den Vergleich mit den größten Journalen Wiens anshaltcn, was die Trefflichkeit des Inhalts anbclangt. Ein Journal aber gar wie z. B. den „Crcposcolo", oder die „Sferza" sticht man au¬ ßerhalb des subalpinischeu Königreichs vergebens. Jedes dieser Blätter konzcntrirt die Politik in übersichtlichen Artikeln und nach Ländern geordnetem Wochcnum- schaucn, von den in andern Journalen so häufigen No¬ tizen und Anekdötchen ganz absehend. Daran schließen sich im „Crcposcolo" ausgedehnte Korrespondenzen aus Deutschland, Frankreich, der Schweiz, Piemont, in denen die Zustände dieser Länder übersichtlich dargcstellt und jede Notizkrämerei vermieden wird. Den hervor¬ ragendsten Thcil des Blattes aber, der ihm den Ehren¬ platz unter den Literaturblättern anweist, bilden seine literarischen nnd kritischen Aufsätze. Die wissenschaftli¬ chen Artikel behandeln oft in Fortsetzungen die Litera¬ turzustände ganzer Länder oder aber literarische Per¬ sönlichkeiten und streng geschiedene Gebiete der Litera¬ tur. Endlich enthält fast jede Nummer zum Schluß ein „kolettino bibliogi-glieo italisno" worin die literari¬ schen Erscheinungen der italienischen Halbinsel mit Sachkenntniß besprochen werden. Haben wir somit das erste Journal Oesterreichs, dem sich kein anderes zur Seite stellen kann, charaktcrisirt, so mag hier der Rarität und des Kontrastes wegen des „Troppaucr Tclegraphs" gedacht werden, welcher täglich erschei- 8 nend aus einem auf der Rückseite mit nachgedruckten Erzählungen und Anekdoten auf Löschpapicr gedruckten Theaterzettel besteht. Interessant ist cs, daß Mitte 1834 die nach dem Kronland benannte politische Zeitschrift „Bukowina" nach zweijährigem Bestehen, obgleich sic sich eines zahl¬ reichen Lescpnblikums erfreute, uuterging, weil die Druckerei außer Stande war, wöchentlich regelmäßig einen Vogen zu liefern! — Die zweite Abthcilung des Berichts gibt die Lite¬ ratur des österreichischen Kaiscrstaats nach wissenschaft¬ lichen Fächern geordnet, wobei zugleich der Inhalt der periodischenFachzcitschriftcn seine systematischeEinrcihung findet. Der gesammte Stoff ist in 20 Abschnitte ein- gctheilt, und sind jedem einzelnen Abschnitte statistische Tabellen bcigesügt. Mit Uebcrgehung der sich an die gewöhnlichen bibliographischen Rubriken anschließenden heben wir den XVIII. hervor, welcher die aus Anlaß dcr Vcrmälung Sr. k. k. Ap. Majestät erschienene Anzahl von Schriften (83) enthält. Die vorzüglicheren Werke sind kurz charakterisier, von Sammelwerken ist der Inhalt angegeben, hin und wieder ist auch auf ausländische, dagegen vollständig auf inländische Kritiker hingewie¬ sen und deren Urtheil in kurzen Worten auszugsweise wicdergegebcu. In dieser Beziehung soll der nächste Bericht pro 183ö durch möglichste Vollständigkeit auch der Auszüge aus ausländischen Litcraturblättern noch reicher und genauer werden. In jedem Abschnitte ist das Zusammengehörige unter allgemeinen Gesichts¬ punkten zusammcngefaßt, beispielsweise „Literaturblät¬ ter", „Schriften gelehrter Vereine", „k. k. Schul- büchervcrlag", „die Literatur der orientalischen Frage", die 1834 eben in höchster Blüthe stand u. s. w. Einen der trefflichsten Abschnitte bildet die Charakteri¬ stik und Inhaltsübersicht der Handclskammcrberichte, voll der bcherziguugswcrthcstcn Winke und Bemerkun¬ gen, die überhaupt — wie cs von dem geistreichen Verfasser nicht anders erwartet werden konnte — den 9 ganzen Bericht durchziehen und das stete Interesse des Lesers rege erhalten. Im XVlI., der schönen Literatur gewidmeten Abschnitte steht der Verfasser endlich so recht mitten in seinem eigensten Gebiete und cs über¬ ragt derselbe demnach auch in dieser Hinsicht an Bedeu¬ tung alle Nebligen. Mit scharfen aber wahren Worten geißelt er die „Bicrkncipenromantik, die Prolecarieran- schauung und Scharfrichtermoral", welche sich in unfern Feuilletons und nnserm heimischen Romane breit macht, nnd unbestritten den wirksamsten Hebel der Entsiitlichung des Volkes bildet. Das sind die Früchte davon, das die sogenannten Literaten oder, wie sic der Italiener so trefflich bezeichnet, „lottoialurri cli mestiere", sebr selten gründliche und praktisch gebildete Männer sind, sondern meist „müßige Jungen, die nichts gelernt ha¬ ben, vom Skandale leben und nicht ansteheu, eine Leiche, der ein Hotteutot die Ehre und Ruhe gönnt. Angesichts der ganzen Welt zu beschimpfen." ES ist überhaupt eine höchst charakteristische Erscheinung, daß gerade jene Gebiete, auf welchen die Kultur der Völker vor allen beruht, die schömvisseuschaftlichc und politische Literatur, die Pädagogik und Schauspielkunst meist in solchen Händen ruht, denen die Erziehung der Kinder und Völker am allerwenigsten gebührt: verkommene Gcuie's, die, weil aller Regel und aller Ordnung feind, frübe die Schule verlassen mußten, nie etwas Tüchtiges lernten, unsystematisch von einem Gebiete ins andre schweifen, nicht bloß jeder Achtung der Authorität, und sei cs auch der Authorität geistiger Ucberlegcnheit entbehren, sondern anck der Wahrheit frech ein Schnippchen schlagen: Menschen ohne Ge¬ wissen, aber mit viel Egoismus, mit wenig Men¬ schenliebe, aber viel Weltschmerz, geringen Kenntnissen, aber viel Arroganz, keiner Logik, aber viel Skan- dalsncht nnd Geschrei! Als einst der Göttinger Uni- vcrsitätsprofessor A. L. von Schlözer seine politisch- statistischen Zeitschriften („Briefwechsel", „Staatsanzci- gen") herausgab, da trugen selbst Maria Theresia 2 10 und Josef II. den Veröffentlichungen und Kritiken des¬ selben selbst in Staatssachen Rechnung (vgl. Mohl Geschichte und Literatur der Staatswtssenschastcn II. 443)! Es war aber auch ein Schlözcr! — Es ist klar, daß wir hier nur die Regel im Ange behalten, von der wir ebenso viele Ausnahmen anfzuzählcn müßten, als jeder sonst mit den allgemei¬ nen deutschen und deutsch-österreichischen Verhältnissen — die vorzüglich in den großem Städten ihren rein¬ sten Ausdruck gewinnen — Vertrante unfern Bemer¬ kungen zustimmcn muß. Ans S. 303 fg. finden wir ein Vcrzeichniß aller- österreichischen Vereine, sie mögen was immer für eine Tendenz haben, und aller von ihnen heransge- gebencn Druckschriften. Zwei Anhänge geben I. die überreiche und mannig¬ faltige Ucbersetznugsliteratur des Jahres 1834 im Kaiserstaate, und 2. die österr. Literatur im Anstande im gleichen Zeiträume. Daran schließen sichGcneral- tabellcn der gejammten österr. Bibliographie und für jedes einzelne Kronland. Des eingehenden Sach- n. Namenregisters, so wie der trefflichen Ausstattung ha¬ ben wir schon früher erwähnt. Bemerkt sei noch, daß wir einzelne Lücken im 2. Anhänge und ini Register wohl wahrgenommen haben — aber diese sind gegen¬ über all dem Trefflichen kaum der Rede wcrth! So erscheint denn dieser in seiner Art einzige Bericht auch in feiner Ausführung ans eine Weise gelungen , die den strengsten Anforderungen aufs vollständigste entspricht. Er kann ohne Zweifel als Muster für alle amtlichen Berichte gel¬ ten , nnd wird sicherlich im Auslande seine Nachahmer finden. Ob es freilich dem Verfasser in gleicher Weise gelungen ist, eben so wie er ein anschauliches Bild der literarischen Zustände Oesterreichs vor unfern Augen entrollt, wie er dem Fachmann ein bibliographisches Handbuch liefert, dem ein ähn¬ liches kein Land und keine Literatur zur Seite stellen 11 kann — ob es ihm, sage ich — in gleicher Weise den Beweis für die Schlußworte seiner Schrift zu lie¬ fern gelungen, ist eine Frage, die von größter Wichtigkeit und höchstem Interesse, aber außerhalb unserer Kraft und unserer Muße, so wie außerhalb des Umfanges dieser Blätter liegt. Es ließe sich fragen, ob cs wahr ist, daß aus diesen Berichten klar hcroorlcuchte, daß es eine spezifisch österreichische Literatur gibt, die ihren Konsisteuzpunkt in sich selbst trägt? ob bei den Nationalitätsvcrhältuissen Oesterreichs eine solche überhaupt möglich ist? u. dgl. m. — Wir werden uns begnügen, nunmehr zunächst ei¬ nen kurzen Uebcrblick der Gesammtliteratur Oester¬ reichs in den Jahren 1833 und l884 zu geben, und daran eine nabere Zusammenstellung und Ergänzung der Krain betreffenden Daten zu schließen. Zweiter Artikel, i. Die LiteraturdesösterrcichischenKaiserthums kommt für den Statistiker in zweifacher Hinsicht in Betracht: ein Mal ihrem Umfange und dann ihrem Gehalte und ihrer Bedeutung nach. Es ist klar, daß eine große Masse bedruckten Papiers nicht nothwendig ein Beweis der hohen Stufe sei, welche ein Volk in gei¬ stiger Beziehung einnehme. Jnsoferne haben die Zah¬ len, welche die Menge der erschienenen Bände und Hefte augeben, nur einen ganz bedingten Werth, welchen wir in Bezug auf Oesterreich im zweiten Ab¬ schnitte dieses Artikels würdigen wollen. Indem wir zunächst einige Zahlen znsammcn- stcllen, bemerken wir im Voraus, daß deren Höhe nicht in Verwunderung sehen darf. Die Genauigkeit und Vollständigkeit mit welcher der Verfasser des diesen Auszügen zu Grunde liegenden, bereits ausführlich gewürdigten Berichts alle typographischen Erschein»«, gen Oesterreichs zn zählen in der günstigen Lage 2' 12 war — machte dieselben auf so wunderbare Weise an- schwellen. - — Seit l. September 1832 bis Ende De¬ zember 1864 erschienen in Oesterreich 6874 Druck¬ schriften, hievon 193 in Folio, 1066 in Quart und 3614 in Oktav; im Jahre 1864 hingegen 6207 Druckschriften, nämlich 1942 Banne und 4265 Hefte (unter 100 Seiten), außerdem 17006 Zeitungs- Nummern. Nach Sprachen geordnet vertheilcn sich dic 6874 Druckschriften der ersten Periode wie folgt: 2787 deutsche, 2723 italienische und romanische, 428 ungarische, 659 slavischc, 24 französische, 173 latei¬ nische, 4 englische, 1 schwedische, 7 griechische, 14 bebraische, 4 armenische. Im I. 1854 mit Einschluß der Nummern 12.983 deutsche, 6136 italienische, 1482 ungarische, 171 romanische, 757 czechische, 815 polnische, 214 serbische, 363 kroatische, 453 slove- nische, 244 ruthcnische, 244 lateinische, 32 griechi¬ sche, 24 hebräische, 91 armenische, 23 französische, 4 englische, 1 russische, 2 altslavische. Nach Kron- läudcrn vertheilcn sich diese Zahlen nachstehend (1854 wieder mit Einschluß der Nummern): 13 Salzburg . . Oberösterrcich . Kraju . . . Dalmatien . . Käriiteu . . . 1833 1834 32 269 49 761 44 299 11 77 9 260 Sondert man endlich die Gesammtzablcn nach wissenschaftlichen Fachern, so entfallen, und zwar wie¬ der für diese beiden Perioden, auf Encyclopädie 248 —466; Theologie 4l9—4388; Andachtsbüchcr 677 —812; Rechts« und Stantswissenschaft 630—3579; Heilwisscnschaft 505— 616; Philosophie 27—18; Erziehungs- und Unterrichts-, dann Jugcndschciftcn 606^—1086; Sprachen- und Altcrttmmskunde 315— 266; Geschichic 434—667; Geographie 256—222; Mathematik 39—48 ; Kriegsivissenschaft und Pfcrdc- kunde 47—173; Handel und Gewerbe 134—5647; Bauwesen 131—156; Forst-, Jagd- und Bergwesen, dann Landwirthschaft 399 — 944; Belletristik 110— 5892; Gedichte 157 — 155; Theater 204— 146; Romane 729—546; Kunst 90—230; Statuten, Ka¬ lender, Miszellen 50 — 605; Vcrmälungsliteratur (bloß im I. 1854) 83 ; Karten und Pläne 50—118. Hiemit wollen wir die nummerischen Angaben schließen und wenden uns lieber znr Darstellung ei¬ niger Resultate. Denn wir huldigen dem Grundsätze, daß die Zahlen nur ein Mittel präziser genauer Charakterisirung einzelner Zustände, nicht aber das einzige, auch nicht das am meisten hiezu geeignete sind — glauben im Gcgentbeil, daß Zahlenreihen stets des erläuternden Testes bedürfen. II. Herr Dr. Wnrzbach beschließt den ersten seiner bei¬ den ost erwähnten Berichte mit einem Auszüge aus den „historischen und kritischen Andeutungen über die Literatur des österr. Kaiserstaatcs" (Wien 1817), ver¬ gleicht die Literatur von 1815 n. 1816 mit der von 14 1843 und bricht endlich in die Worte aus: „Man würde sich irren, wollte man auf die Bildung eines Volkes von seinen gelehrten Gesellschaften und Aka¬ demien oder aus den jährlichen Büchcranzeigen und Meßkatalogen schließen: aber kein Jrrthum ist es, daß die geistige Macht einen stillen Sieg um den andern feiert, von Jahr zu Jahr uumerklich immer neues Terrain gewinnt, und daß cs unter solchen Umständen nicht glcichgiltig sei, ob der fruchtbare Boden edle Gewächse zu Tage fördere oder aber solche, von de¬ nen mau wünschen muß, daß sie in ihren Keimen verkümmert wären. Gewiß ist es aber möglich, wie überhaupt jede, so auch die geistige Kultur zu veredeln, und wenn sie auf falschen Fährten ist, in die rechten Bahnen zn leiten." Es ist sicherlich traurig für den Patrioten, wenn er einen offiziellen Berichterstatter am Schluffe seines Berichtes ein so tief begründetes aber so höchst be¬ schämendes Urtheil anssprechen hört. Freilich wäre nichts schlechter gewesen, als hier ein falsches Lob! Denn wenn man die österreichische Literatur nicht nach der Anzahl der gelieferten Bände und Hefte, sondern nach ihrer Bedeutung und ihrem Gehalte prüft und wägt, so schmelzen die vorher angegebenen Zahlen in einer Weise zusammen, daß sie in einigen Fächern, auf einigen Wissenschaftsgebieten sieb auf Null reduziren! Denn von den vielen Druckbogen, welche die Presse Tag für Tag in Oesterreich verlassen, erfüllen nur wenige ein Bcdürfuiß, sei es auch nur ein vorübergehendes Bedürfniß, — Werke aber, die dancrnden Werth in sich selbst haben, findet man kann: in der knappesten Anzahl; einzelne Literaturzweige endlich sind auf so falscher Fährte, daß nur der Wunsch übrig bleibt — sie möchten ganz verschwinden. Bei solchen Verhältnissen thut schon der geringste Fort¬ schritt wohl: es sind daher erfreuliche Worte, mit denen Wurzbach seinen zweiten Bericht einleitet. Ist also — so lauten diese — in Anbetracht des um ein 18 Drittheil geringem Zeitraums die Vermehrung um 826 Druckschriften als eine bedeutende Zunahme anzusehen, so muß auch in Betreff des Inhalts, der insbeson¬ dere bei den sogenannten Fakultätswisscnschaften als maßgebend erscheint, mit Genngthnnng das rege Stre¬ ben nach wissenschaftlicher Durchdringung des Stoffs und die wachsende Theilnahme für die Kcnnluiß der Heimat nach verschiedenen Richtungen anerkannt wer¬ den, die cs sich zur Ausgabe gestellt haben, die Quellen des Wissens, die auch auf heimischem Boden fließen können, nicht mehr auswärts zu suchen. Einzelne Ge¬ biete der Literatur, als z. B. Jurisprudenz, die Ge¬ schichte, das Erziehuugs- und Unterrichtswesen und die Kunst haben einen überraschenden Aufschwung ge¬ nommen; bei andern wieder hat sich die Masse der Produktion verringert und der Geist derselben etwas gebessert, wie freilich mir fast unmerklich bei der schön¬ geistigen Literatur, und wieder bei andern wurde auf eine edlere Außenseite, auf eine angenehmere Form entsprechende Rücksicht genommen, wie dieß bei den Andachtsbüchern der Fall ist. Die periodische Presse ist im steten Wachsen begriffen, die mannigfaltigsten Zweige des menschlichen Wissens sind durch periodi¬ sche Organe vertreten; nur Eines fehlt der österr. Literatur überhaupt, was ihr eben in diesem Werden und Wachsen am meisten Noth thnt, nämlich ein eigentliches kritisches Journal. Eine Literatur, die eine so mächtige Lebenskraft besitzt, wie die Polyglotte des österreichischen Kaiserstaates, entbehrt nur zu eigenem Nachtheil jenes Regulativ, das ihr in einem von tüch¬ tigen Fachmännern geleiteten kritischen Organe zur Seite gestellt werden könnte. Zn diesem Mangel gesellen sich leider noch die üblen Einflüsse einer aller Gründlichkeit entbehrenden seichten Feuilleton-Kritik, die entweder nach Laune ein Buch anerkennt und herab¬ setzt, oder worin das ehrenwerthe Gewand tüchtiger Kritik zur Harlckinsjacke des Uebermuthes, der Un¬ wissenheit entstellt wird. Ist diese Erscheinung eine 16 wirklich bedauerliche, so muß eine andere, die sich un¬ willkürlich dem aufmerksamen Beobachter anfvringt, mit Freude begrüßt werden, nämlich die schöne typo¬ graphische Ausstattung, in welcher die meisten Verleger der Nesieeuz und der einzelnen Kronläudcr ihre Werke erscheinen lassen. Auch bat sich gerade in letzter Zeit und zwar in der Residenz eine Firirung des Verlags- geschästs bei einzelnen Buchhändlern bemerkbar ge¬ macht, und so verlegt Manz bloß juristische, Brau¬ müller vorherrschend medizinische, Gerold Schriften für den höheren Unterricht, Lechner Sprachliches, Hartlcbcn Romane. Wieder andere Verleger, darun¬ ter vor allem die italienischen, weisen eine gewiß nur vou wenigen deutschen erreichte Stärke des Verlages nach, welche auf den Umfang, die Bedcutenhcit, ja mitunter auf den Kredit, den der Verleger hat, schließen läßt. So z. B. verlegt Antonelli in Venedig etwa anderthalb Dutzend heftweise erscheinende Werke, von denen bis jetzt zusammen mehr als vicrthalbtausend im I. 1864 aber nahezu 430 Hefte, und z. B. von einem einzigen Werke »UnivoE pitlorosoo« bis jetzt 903 Hefte in 8., in prächtiger Ausstattung erschie¬ nen sind. Wenn man die Zahl der Druckschriften und der Bevölkerung in ein Verhältniß bringt, so stehen Gali¬ zien und die Bukowina am weitesten zurück; denn ganz Galizien mit Krakau und der Bukowina haben, die Zeitungsnnmmern nicht mitgcrechnct, nur um 1 Druck¬ schrift mehr als das kleine Tirol, jene 171, dieses 170; doch ist in Westgalizien mehr geistige Thätig- keit zn finden, da die Jagellonische Universität ein reges Leben entfaltet, während in Lemberg die Zei- tnngsprcsse und die übrige Literatur — einige Arbeiten der Beamten des Oßolinski'schen Instituts ausgenom¬ men — auf sehr niederer Stufe steht, wofür selbst die Lemberger deutsche und polnische Zeitung — mit Aus¬ nahme des »Doclntok« — und des Lemberger Schema¬ tismus , alle 3 die ungenügendsten Produkte der Mon- 17 archie sprechende Belege bieten. In der Bukowina be¬ steht sogar seit mehreren Jahren ein histor. Verein, der aber bisher kein anderes Zeichen seines Bestandes gege¬ ben, als daß er Statuten drucken ließ und Ehrendiplome versendet. Auch in Ungarn und Böhmen stehen die Zahlen der Druckschriften in nicht zu günstigem Ver¬ hältnisse zur Bevölkerung des Landes. So kamen in Böhmen 7874, in Ungarn 9833, in Krain gar 19.588, dagegen in Niederöstcrreich nur 979 Leser aus eine Druckschrift. Aus den Spczialtabellen, welche den Berichten angchängt sind, ergeben sich alle diese Unterschiede bis ins kleinste Detail, und die leeren Zellen mancher Tabelle sind nicht minder wichtig, als die mit Ziffern ausgefülltcn. Was ferner die literarische Thätigkeit anbclangt, so vertheilt sich diese bei den meisten Fä¬ chern auf einzelne Persönlichkeiten; nur in den Ab- thcilnngen: Encyklopädien. Naturwissenschaften, Forst- und Landwirthschaft konzeutrirt sich die Literatur in den Vereinen nnd ist das Ergebniß gesellschaftlicher Thätigkeit. — Was endlich die literarische Produktion der einzelnen Wissenschaftsfächer betrifft, so hat die¬ selbe in einzelnen zngenommen, in anderen sich ver¬ mindert; am bedeutendsten ist sie aber in der Ge¬ schichte gestiegen, in welcher sich insbesondere durch die Bemühungen der k. k. Akademie ein reges Leben entfaltet, so zwar, daß die Zahl der literar. Erschei¬ nungen in diesem Gebiete im I. 1834 die des I. 1833 um mehr als den dritten Theil übersteigt. Was übrigens in den einzelnen Fächern im I. 1834 geleistet wurde, soll ein kurzer Auszug aus dem zweiten Berichte dartbuu. III. 1. Der österreichische Kaiserstaat zählte im Jahre 1854 73 politische Jonrna le, darunter 40 deutsche, 18 italienische, 2 magyarische. Diese politi¬ schen Journale zerfallen naturgemäß in 3 große Gruppen: u) die sogenannten großen Journale der 18 Residenz mit Einschluß einiger in größer« Provinzial- Hauptstädten erscheinenden, namentlich die merkantilen Interessen im Auge behaltenden Blätter, wie z. B. der „Pesther Lloyd", die „Triester Ztg."; st) die ei¬ gentlichen Provinzialzcitungen; o) die kleinen, für die untersten Schichten des Volkes berechneten Blättchen der Residenz, z. B. die „Morgenpost," Friedcnszeituug", denen sich einige bloß mit Nachdruck vou Notizen un¬ gefüllte Zeitungen, wie das „Fremdenblatt", würdig anrcihcn. Die Wcrtblosigkeit dieser letzten Gruppe und ihre eigentlich recht schädliche Wirksamkeit steht außer Frage. Die großen Journale streben auf verschiedenen Wegen die Gnnst des gebildeten Publi¬ kums zu erlangen. Aber nicht bloß, daß cs Keinem noch gelungen ist, ein dermaßen getreues Abbild der öffentlichen Meinung zu sein, wie es die Londoner „Times" in Bezug auf England sind, daß meist in¬ dividuelle oder Singular-Interessen und Neigungen die Oberhand gewinnen, — vermißt man auch schwer die Charakterfestigkeit — und diese selbst in der äußern Erscheinung, welche öffentlichen Organen am meisten Noth thut. Daß außerdem die Prooinzintcrcsien in Wien so zu sagen gar keine oder wenigstens eine höchst un¬ genügende Vertretung finden, sollte eine uni so größere Aufforderung für die Provinzialjouruale sein, ihre Aufgabe richtig in's Auge zu fassen. Das geschieht nun freilich meistens höchst ungenügend. Anstatt ne¬ ben einem kurzen Ueberblick der wichtigen Ereignisse der Monarchie und überhaupt der gebildeten Welt — vor Allem den heimischen Interessen, den besonder« Bedürfnissen der Provinz gebührende Rechnung zu tragen, sind sie kaum etwas anderes, als ein ver¬ blaßter Abklatsch der sogenannten großen Nefidenz- Journale. Wurzbach hat dieß Alles im Einzelnen nachgewicscn, direkte und indirekte Fingerzeige gege¬ ben und so insbesondere dem Wiedercrschcincn der Beiblätter kräftigst das Wort geredet. 19 Der deutschen politischen Journalistik steht die italienische zunächst. 2. Die fünf im I. 1834 in Oesterreich erschie¬ nen Literaturblätter haben im Einzelnen ganz Vorzügliches geboten, doch im Ganzen ihre Aufgabe durchaus nicht erreicht und den Wunsch nach einem umfassenden kritischen Journal nicht zu unterdrücken vermocht. Dagegen haben die Schriften gelehrter Vereine, als der böhmischen Akademie, des Insti- tuto Uombsräa di 8oionro, des Instituta Veneta, des ^teneo Veneta und äi kresom, der ^oonäemm cii ?a- clava, der ungarischen Akademie, eine Reihe von Mo¬ nographien geliefert, die, wenngleich alle vortrefflich, doch auch wahrhafte Perlen der Literatur in sich ent¬ halten. In E n c y k l o p ä d i c u und S a m m elwe r- ken babe» vor Allem Italien, dann Ungarn das Er¬ heblichste geleistet, so z. B. Silvcstri's „IMiolecm scelta cii apere ilulmue" bis jetzt 378 Bände; das be¬ reits früher erwähnte „Universa pittaresoo" u. s. f. Unter den Erscheinungen der Literaturwissen¬ schaft verdient vor Allem Hammer's „Literaturge¬ schichte der Araber« (leider durch des Verfassers Tod unvollendet geblieben) ehrenhafte Erwähnung. Noch verdient hier genannt zu werden, Foscarini venetia- nischc und Tomaseo italienische, dann Ferenczy und Toldi ungarische Literaturgeschichte, Weiß' „Staats¬ aktionen" und Elvcrt's Arbeiten über Mähren, end¬ lich Hauns „Bibliothek slavischcr Sprichwörter." 3. Unter den theologischen Schriften neh¬ men die theologisch-wissenschaftlichen Zeitschriften und die zur Förderung kirchlicher Zwecke bestimmten reli¬ giösen Blätter einen hervorragenden Platz ein. Un¬ ter diesen steht Brunner's „Kirchenzcitung", von der Wurzbach sagt: »ein mit Energie und orthodoxer Fe¬ stigkeit polemisircndes Kirchcnblatt, das die katholischen Interessen entschieden verficht und Alles, was den Katholizismus gefährden könnte, wo es sich zeigen 20 mag, bekämpft" — vielleicht einzig in seiner Art da, und kann nur dem Pariser „Univers" zur Seite ge¬ stellt werden. Unter den kirchenhistorischen Werken befinden sich zahlreiche Geschichten einzelner Kirchen, Klöster und geistlicher Korporationen, unter den höchst spärlichen Bibclausgaben auch eine slooenischc Ausgabe des 2. und 3. Buch Mosts (Zilli bei Leon). Der Protestan¬ tismus rief 3 Schriften hervor, das Judenthum be¬ treffen 2, die muhamcdanische Lehre eine ungarische Uebersctzung des Koran. Der Schluß dieser Abtei¬ lung bildet Gebhard's „die h. Sage in Oesterreich", eine höchst lückenhafte Sammlung ver h. Sagen und Legenden des Kaiserstaats. 4. Die Anzahl der Andachtsbücher ist un¬ gemein groß, und sind mit Ausnahme der Woiwodina und der Militärgrcnze alle Kronländer vertreten. Gärt- uer's „l'o veuin Igmlunms» macht Anspruch auf wis¬ senschaftliche Geltung, ohne dicje jedoch widerspruchlos behaupten zu können. 3. Unter den Erziehungs- und Jugend- schrifteu verdienen hervorgehoben zu werden die vortreffliche „Gymnasialschrift" und die dieser nachge¬ bildete „Uivistu Anmimsmlo", der „Schnlbote" und die „81wlu paecliin-o^ioli^"; verschiedene Monographien zur Geschichte und Statistik des Schulwesens, einzelne Abhandlungen der Gymnasialprvgramme. Der k. k. Schulbücherverlag, dessen Publikatio¬ nen in Auflagen von 8—80.000 Exemplaren gedruckt werden, veröffentlichte 1834: 124 Werk", darunter 9 slovenische. Die Gediegenheit gerade dieser Unter¬ richtsbücher verbürgen die Namen der Autoren, als z. V. Baumgartner, Močnik, Miklosich, Bnrg, Soave u. s. w. Was die Jugcndschriften anbelangt, so kann de¬ ren Anzahl nicht gering genannt werden; aber weder ihrem Inhalte, noch ihrer äußeren Ausstattung nach find sie im Stande, mit dem Verlage selbst unter- 21 geordneter Firmen Deutschlands in diesem Artikel wirksam zu konkurriren. Eine Publikation wie die oießfälligen von Otto Spanier in "Leipzig sticht man vergebens. Gediegener nnd mannigfaltiger sind die italienischen Ingendschriflen, während die slavischen in geringer Zahl, nnd meist nur Ucbersetzungen aus dem Französischen nnd Deutschen sind. 6. Der Literatnrzweig der Sprachwissen¬ schaft ist gleich dem früher behandelten ein Ergeb¬ nis der neuern Zeit, da mit ver Gleichberechtigung der Nationalitäten auch die Sprachensrage in den Vordergrund trat. Vor Allem verdienen hier die Lei¬ stungen der Akademien von Wien nnd Prag und die Namen Miklosich, Hattala, Tschudi, Pfizmaier, Bol¬ ler, Dicmcr Schleicher, Linker hervorgehoben zu werden. An bedeutenden, außerhalb dec akademischen Publikationen erschienenen Werken des I. 1834 mö¬ gen die nachfolgenden als die Höhepunkte aller der¬ artigen Studien in Oesterreich besonders genannt werden: Hammer, der Nestor der österreichischen Ge¬ lehrten, veröffentlichte anläßlich der Säknlarfeier der kaiserl. orientalischen Akademie das berühmteste mystische Lied der Araber „das arabische hohe Lied der Liebe"; F. Spiegel cdirte die „Avesta, die h. Schriften der Parsen"; endlich Miklosich — der erste jetzt lebende Slavist — eine „Olu-ostamslis pslsonslnvenios". Jpo- lyi's „Magyarische Mithologic" behandelt einen durch seine Neuheit höchst interessanten Stoff: 7. Die Philosophie erfreut sich in der öster¬ reichischen Literatur nur geringer Pflege. Nach Ab¬ schlag von ein Paar Lehrbüchern, und einiger Ab¬ handlungen in den Schriften der Wiener Akademie, verbleiben bloß zwei Werke im Sinne und Geiste der so zu sagen spezifisch österreichischen Religions-Philosophie Günlher's („Lydia", letzter Jahrgang, nnd Knorr's „Günther und Clemens") dann Baycr's „Acsthctck für weitere Kreise" — Mantegazza's „bHoIaLfln fiel 22 pinoere" — endlich die 13. Auflage von Feuchters- leben „Diätetik der Seele", die den unerhörten Succest vollkommen verdient. Mit Ausnahme Günther's, der jetzt wohl kaum mehr in diesem Literaturzmeigc thätig sein wird, ist zweifelsohne Prof. Nol>. Zimmermann in Prag der fruchtbarste und gediegenste filosofische Fachschriftsteller in Oesterreich. 8. Fast in keinem Litcraturzweigc macht sich eine solche Masse der gewissenlosesten Buchmacherei breit als auf dem Gebiete der Rechts- und Staats¬ wissenschaften, indem jeder unbeschäftigte Rechts- kandidat sich des nicht immer unglücklichen Mittels bedient, durch die erste beste Kompilation, die er dem Drucke übergibt, die Aufmerksamkeit auf sich zu len¬ ken und jene Vortheile für sich anszubenteu, wozu ihm der Mangel der Kritik und die Unwissenheit des Haufens, ohne cs zu wollen, die Hand bieten. Doch kann bereits für das Jahr 1834, gegenüber dem Vorjahre, eine Besserung bemerkt werden, indem sich die Zahl der Unberufenen, welche den Büchermarkt mit Maku¬ latur überschwemmen, wesentlich vermindert hat, und andererseits sich die besten Kräfte der alten Schule mit den vielversprechenden der neuen stillschweigend verei¬ nigt haben. Vor allem bilden hier Haimcrl's „Ma¬ gazin" und die vsterr. Gerichtszcitnug einen Sammel¬ punkt der trefflichsten Abhandlungen sowohl theoreti¬ scher als praktischer, rcchtshistorischcr und dogmatischer Art. Statistisches Materiale findet sich in den Mit- theilungcn der Direktion für administrative Statistik, welche wir erst jüngst in der „Zcitschr. für innere Ver¬ waltung" näher gcwnrdigct haben, in den „^nnuli