, tfarodna n uniyerzifetna knjižnica v Ljubljani .ii----1| DAS ^"SÄzbll^^^^^rcher^gtl,. °v d. Wicn, AüOwärtigr^ Mitsslicb d^r ^!cs^Uschaft für Erdlu„dc u> Bcrlin, Ritter mehrerer Orden, Gew, Vorstand deü oestcrreich^chen ÄlpcnuereinÄ. Verlag ftir Oesterreich u. Ungarn: Kien, Moritz Perl es. Epicgelgaffe l?. <8?l. Verlag für Deutschland: Zarwstadt, Ferdinand Lange. «hcinttrake 47. ^^SickiiiT^Z^-------^ ^^....^«"'5"',. M .....^ ^ Simonien. Ach. Druck l,o» «covold .^ ?äv in Lciv,ili, 'l j^^y l!i9!-640 ^c, ^//^ Reihenfolge der StaMiche. Zum I. Band 1. Abtheilung. Titelkupfer: Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin von Oesterreich. Nieder-Oesterreich. 1. Tic >iaiserstadt am Donanstrand. 2. Panorama von Wien. 3. Das Kaiserliche Arsenal. (Pogelper- spettive.) 4. Das Kaiserliche Arsenal. lHauptportal.) 5. Die Aspernbrücke. 6. Die Augustinerkirche. Denkmal der Erzherzogin Marie Christine. 7. Das Kaiserliche Belvedere. 8. Das Curhans im Etadtpark. 9. Die Elisabechbrücke. 10. Das Prinz Eugen Monument. 11. Das Gebäude der Touau-Dampfschiff- fahrlsgesellfchaft. 12. Der Hof in Wien. 13. Die Kaiserliche Hofburg. 14. Der Kärntnerring. 15. Das Künstlerhaus. 16. Die Vazaristen-Kirche. 17. Die Alt^erchenfelder Kircke. 18. Der hohe Markt in Wien. 19. Der Nord bahn Hof in Wien. 20. Das neue Opernhaus in Wien. 21. Der Opernring in Wien. 22. Das Schubert-Denkmal im Stadtpark. 23. Das neue Stadltheater in Wien. 24. Der St. Stefansdmn in Wien. 25. Das Innere des St. Stefansdomes. 26. Der Ctefansplatz in Wien. 27. Die Botiukirche in Wien. 28. Das Weltausstellungsgebäude. Aus der Pogelverspective. 29. Die Nolnnde des WMausstellungs- gebaudes. 30. Das Kaiserliche Lustschloß Schönbrunn. 31. Das Neptunbassin im Kaiserl. Schloß- gartcn zn Schönbnmn, 32. Die Vrl'chl bei Wien. 33. Varenbnrg bei Wien. 34. Deutsch-Alienburg, die Romanische Kapelle. 35. Hainburg, total. 36. Das Wieuer Thor in Hainburg. 37. Das Schloß zu Haiuburg. 38. Krems an der Donau. 39. Die Pfarrkirche in Perchtoldsdorf. 40. Petronell an der Donau. 41. Neichenau, das Thal von. 42. Lustschloß Schloßhof. 43. Martt Täiollwien mil dem Göstritz. Gber-Oesterreich. 44. Vinz, l^tal. 45. Hauptplatz in ^inz. 46. Gnuinden. 47. Hallstadt. 48. Ischl von der ,^aiservilla aus. 49. Ischl vom Calvarienvcrg. 50. ?ang-Valh See. 51. St. Gilgen mil dem Schafberge. 52. Prielgebirge bei Innerstoden. 53. Etcyr, total. 54. Strnmbodingfall bei Inncrstoden. 55. Traunkirchen mit dem Spitzelstcin. 56. St. Wolfgang in Ober-Oesterreich. Zum I. Band 2. Abtheilung. Titeltupfer: Das Kaiser-Franz Monument in Wien. Sal)dnry. 57. Salzburg vom ,^avuzinerberg. 58. Wildbad oiaftein, 50. Der Gollinger Wasserfall. 60. Der Grostglockner von Süden aus. 61. Das Oioldbergwerl in Rauris. Tyrol. 62. Innsbruck, total. (ill. Schloß Ambras bei Innsbruck. 64. Bri^ell, total. 65». Brisen, der >tapn^inerfteg. 66. Schloß Churburg mit dem ^rlles. 67. Der Dolomitschlern von Unterinn aus. 68. Der Fornoglctscher im filler Gebiet. 60. Alpe Gern in Tyrol. 70. Burg Hohcneppan bei Bozen. 71. Ttadt Nansen und Kloster Tebcn. 72. Tchlosi >iltebach bci Bozen. 7Z. Die Marmolala in Tnd-Tyrol. 74. Die Marti nswcmd bei Zirl. 75. Meran. 76. Ter Pcitler >iosel im ^illnosithal. 77. Tchloß Peutelstein mil d^'m Vionic Tofano bei Ampezza. 78. Alpc Plums. 79. Rovcredo. 80. Rnngelsteil«, SckVlosi bei Vozen. 81. Tchönna bei Bozen. 8!^. Ruine Tchruffcnsteiu bei Vandeck. 83. Sclilost Ci^mundstrou bei Bozen. 84. Ttmbenfall im Oetzthal. 65. Echloß Tyrol. 86. Tie Zenobnrg lx'i Meran. 87. Die drei Zinnen im Ampezzaner Thal. Weitere Ansichten von Tyrol erscheinen im 2. Bande. Kinutc». 88. Klagenfurl. 80. Der große Elendglctscher im Maltathal. 90. Friesach. 01, HciliaMblul mit dein Groß-Glockner. 92. '.1^'n St. Veonhard an: ^'oibl. 93. Der Montaisch vom ".'nschariberge. 94. Raibl und der Umfspitz. 95. Raiblcr See. 06. Zecknerfall, Weitere Ansichten v!.'u lärmen erscheinen im 2. Band, Hraiu. 97. Die Man^ertqruppe vom 5'nsckariberge. Weitere Ansichten von,^rain erscheinen im 2. Bande. Steliermark. 98. Gratz, total. 99. Gratz, vom Nicolaiplatz. 100. ^assingfall. 101. MürA^. 102. Weiuzelteüoand auf derSemmcringbahn. Weitere Ansichten von Steyermark erscheinen im 2. Bande. Trieft und iMeiilallt». 103. Trieft, total. 104. Trieft, Hafeuansicht. 105. Trieft, Börsenplatz. 106. Schloß Miramare bei Trieft. Weitere Ansichten von Trieft und von dem Küstenland erscheinen im 2. Bande. Böhmen. 107. Prag, Hradschin und ktleinseite. 108. Prag, Theinlirchc. 109. Das Rathhaus in Prag. 110. St. Nicolanstirche in Prag. Weitere Ansickten von Böhmen erscheinen im 2, Bande. Ungarn und Hielleulliiryen. 1! 1. Pest ^fen, Totalansicht. 112. Väsmarck und die Karpathen. 113. Kohlbacher Wasserfalle in den Karpathen. 114. Das ,>tönigsschlost in Presiburg. 115. Tatra, die, mit Schlagendorf, 116. Thorda, die Bergspalle, 117. Der rothe Tlmrmpcch in Siebenbürgen. Weitere Ansichten von Ungarn und Siebenbürgen erscheinen im 2. Bande. ZN5 2tns der Geschichte des ErzljerMlljums Gejteneich nnler der Onns und OesmmnloelilermchZ. Ä^M^? u Oesterreich unter der Enns, welches auch Unterösterreich oder M^ Niederösterreich genannt wird, verschwilnmt was vor der Nömer- Herrschaft gescheheu in unbestimmte Umrisse. Mit Sicherheit wissen wir bloß, daß einst der keltische Völkerstamii! der Bojer hier seßhaft war und von andern Barbarcnstämmcn keltischer Abkunft verdrängt, das Land aber dadurch zur Einöde, <^86,'w liojai-mn, wurde. Um den Beginn der christlichen Zeitrechnung herum finden wir im heutigen Unterösterreich die Römer. Sie hatten in der mächtigen Touau die am leichtesten zu vertheidigende Grenze gegen die Barbaren erkannt. Schon wird Carnuntum, zwischen Petronell und Hainburg, als Grenz-fcstung genannt, in welcher Ron: gegen Marbod und seine Bundesgenossen rüstete. In den nächsten Jahrhunderten befestigte sich die Römerherrschaft mehr und mehr. Jener Gebirgsast, welcher sich von dem an der Südgrenze dos heutigen Niederösterreichs lagernden Hauptstocke der Alpen nord-nordostwärts zieht und als das Kahlengebirge im Kahlen- und ^ieopoldsberge bei Wien scin Ende nimmt, gewann schon damals als Moiw (5etiu5 eine Das C'rz!icr.^tln!m ^cstcvn'iä' nutcr dcr E»»5. Bedeutung, weil ihn dic Römer als die Grenze des östlich von ihm sich ausdehnenden Pannoniens und des an seinem Westabhange beginnenden Noricunis anuahulen. Darnack) gehörte vom heutigen Unterösterreich der Theil zwischen dem >vahlengebirge und der Leitha, dem Grenzfluß gegen Ungarn, zu Pannouien, der andere Theil zwischen dem Xahlengebirge und der Ennv zu Noricum. Mit den Römern breitete sich die Cultur allmählich im Lande aus. Nebst den Lagern nnd festen Platzen, von denen Vindobona, Wien, und Carnuntum, dann Laureaeum, Lorch bei Enns, je eine Legion beherbergten, während in den beiden letztern auch Donaltflottillen ihre Station hatten, entstanden mit der Einführung des Ackerbaues nnd des Weinbaues noch andre Ortschafteil. Die christliche Religion wirkte sänftigend auf die Sitten der Autochthouen. Wiederholt weilten römische Baiser in den Vesten an der Donau, um das Reich gegen die Einfälle der Barbaren zu schützen, darunter der Sieger über die Markomannen und Quaden Marc Aurel und dieser Philosoph alls dem Throne starb im Jahre 180 im Lager zu Vindobona. Doch noch viel ärgere Kämpfe als alle frühern standen Roma bevor und auch die Kastelle die Donau entlang vermochten den Einbruch in das römische Gebiet nicht 'aufzuhalten sobald, kurze Zeit nach der Theilung des römischen Reiches in dao abendländische und morgeuländische Kaiser-thum, die große Völkerwanderung in ^-lnß gekommen war. Von den Hunnen gedrängt waren die Westgotheu unter Alarich über die Donau gegangen. Einem Meteor ähnlich, das weithin seine Bahn, doch für knrze Zeit nur, iu Feuer zeichnet, tauchte auf und verschwand rasch wieder Attila, die Gottesgeißel. Nach seinein im Jahre 453 erfolgten Tode wogten Ostgothen, Rugier, Alemannen und .heruler in Niederösterreich hin und her, bis es als Rugiland in den sesten Besitz der Rugier gelangte. In dieser Zeit lebte der h. Severn: als ein vereinzelter Apostel des Christenthums nnd der Humanität in unserem Lande, über welches bald die Nacht der Barbarei vollends hereinbrach. Denn immer wilder ergoß sich die Völkcrfluth über Paunonieu und Noricum. Auf die Rugier folgte Odoa-kers Herrschaft, auf sie Ostgothen, Heruler und Lougovarden. Doch auch 4 Das lHrzbcrzociwmn Ocskrrcicb »»t^v dcr C"M Das ErzhcrzoHthum Otstcrrcicb uitti'r dcr (5ims. ten sich ihre siegreicheu Ueberfälle, so daß sich der deutsche König der Schmach eines jährlichen Tributes an sie unterziehen mußte. Erst Baiser Otto I. gelang es sie im Jahre 955 alts dem Lechfeld bei Augsburg entscheidend zu schlagen nnd jetzt entstand anch die eigentliche nene Ostlnark aus dem von den Ungarn verlassenen Gebiet zwischen der Snns nnd Melk. Ein glückliches beschick brachte unter Otto II. im Jahre W3 das Haus Bäbenberg zur Herrschaft der Ostmark. Einer alten Ueberlieferung entnehmen wir den Anlaß dazu. Leopold von Babenberg war eines Tagen dein Baiser Otto auf der Jagd allein tiefhinein in den Forst gefolgt. Da fällt unerwartet ein Bär den Fürsten an, dessen Bogen zn stark zum Schusse gespannt, bricht. Die Gefahr ist dringend, doch der mnthige Babenberger reicht dem Baiser rasch seinen eigenen Bogen hin, das Raubthier sinkt todt nieder, der Kaiser ist gerettet! Mit seinem kaiserlichen Worte sicherte er dem Babenberger das nächste offen werdende Land zu, dieser hat dein Kaiser nur den zerbrochenen Bogen zu zeigen. Doch lange fehlt es an der Gelegenheit das Wort einzulösen, Otto I. ist inzwischen gestorben, der Babenberger alt geworden, endlich vermag Otto ll. dem Versprechen seinem großen Vaters gerecht zu werden. Bald suhlten die' Ungarn die Wucht der Schläge des ersten Baben-bergers Leopold I. Vr entriß ihnen die Veste Melk nnd machte sie zu seiner Residenz, rückte dann in fortgesetzten Kämpfen die Grenze der Ostmark im Osten bis an das Kahlengebirge vor nnd im Norden anf dem linken Ufer der Donau bis an die Thaya. Doch nicht bloß in den Waffen suchte Leopold seinen Ruhm, er war auch bemüht auf friedlichem Wege das Land zil heben und hielt einen Landtag zn Tnlln, auf welchen« Allen, die sich in der neuen Mark ansiedeln wollten, Freiheit von Stenern nnd Abgaben zugesagt und den Bischöfen und Adeligen das Recht eingeräumt wurde, Burgen, Städte und Märkte zn errichten. Und wenn Leopold I. der Beinahme des Erlauchten mit Recht gegeben wnrde, so zählten auch die meisten seiner Nachfolger aus dein ,^anse Babenberg zu den ausgezeichneten Fürsten. Auf Leopold I. folgte sein ältester Sohn Heinrich I. unter welchem zuerst Avarien unter dein Namen Ostreich, Osterichi, urkundlich er- »i K Das Erzhcrzogthmn ^cstcrrcich »ittcv dcr Enns, ss scheint, auf ihn aber Leopolds jüngerer Sohn Albert I. Durch glückliche Mlnpfe mit den Ungarn erweiterte derselbe die österreichische Mark 1043 bis an die Leitha und errang sich dadurch den Beinamen des Sieghaften. Im Großen und (tanzen war daher schon unter diesem Markgrafen der Umfang des heutigen Oesterreich unter der Enns für die Markgrafschaft erzielt. Der deutsche Kaiser Heinrich lll. lag in mehrjährigem kriege mit den Ungarn. Albert I. Söhne hatten sich darin hervorgethan und der Kaiser ernannte zum Lohne dafür im Jahre l043 den älteren Sohn Leopold II. zum Markgrafen in der Neumark, einem den Ungarn abgenommenen Landstriche an der Fischa, Leitha, March und Thaya und ließ, nachdem dieser ältere Sohn kurz darauf gestorben war, nach dem Tode Albert I. 1i)5tt, dessen jüngern Sohn Ernst den Tapfer»: in der Verwaltung der Ostmark nachfolgen. Auch ertheilte er den Vabenbergern den ersten Gna-denbrief, das Privilegium Henriciannm. Darin erhob er die österreichische Markgrafschaft zu einein Reichslehen ersten Ranges, verband damit die Schirmvogtei über die Bikthümer Salzburg und Passan und verlieh dem österreichischen Markgrafen den Titel des biedersten und getteuesten Fürsten des deutschen Reiches mit dem Vorrechte, sich bei allen feierlichen Gelegenheiten das Gerichtsschwert und das Landespanier vortragen Zu lassen. Zugleich machte er ein Reichsgesetz, das; es Pflicht des deutschen Reiches sei, Oesterreichs Fürsten gegen jeden Feind zu Hülfe zu ziehen. In dem für Deutschland unheilvollen Investiturstreite finden wir Ernst des Tapfern Sohn, Leopold III. den Schönen, auf der Seite des Papstes im Kampfe gegen den Kaiser Heinrich IV. Dieß war der Grund, weschalb letzterer die Marlgrafschaft Oesterreich dein von ihm zum König erhobenen Herzog Wratwlaw II. von Böhmen verlieh. Leopold III. vermochte sich jedoch durch die Tapferkeit seines Feldhauptmanns Azzo von Gebharts-burg, des Ahnherrn des berühmten, längst abgestorbenen Geschlechtes der Kuenringe und des noch blühenden der Liechtenstein bis zu seinem Tode im Jahre 10W in Oesterreichs Besitz zu behaupten. Die Zeit der Kreuzzüge hatte begonnen. Zahllose Schaaren von ? Das C'rzdc^ogtl'im! ^estcvrcicli untcr dcr Enns. Kreuzfahrern zogen durch Oesterreich nach dein Lande ihrer religiösen Schwärmerei, ihrer Romantik oder materiellen Berechnung. Leopold III. Sohn und Nachfolger Leopold IV. war bereits mit dem geweihten Schwert umgürtet, um in Kaiser Heinrich IV. Gefolge in's heilige Land zu ziehen. Allein der Kreuzzug unterblieb und der Markgraf konnte sich nun vollständig dem Wohl seines Landes widmen und that dieß mit dein glücklichsten Erfolge. Er begann nnter Anderm im Jahre NlN den Bau einer nenen Burg auf der nördlichsten, sich unmittelbar in die Donau hinabsenkenden Kuppe des Kahlengcbirges, dein nach ihm genannten Leovoldsberg bei Wien und verlegte dahin seine Residenz. Er stiftete mehrere der großen Kloster, welche als die Pflanzstätten der Bildung in Oesterreich nicht unterschätzt werden dürfen. Als das ausgezeichnetste daraus werde hier nur Klosterneuburg geuannt. Die Legende gibt folgende Veranlassung der (Gründung an: Leopold war mit der schönen Agnes, der Tochter Kaiser Heinrich IV. und Schwester Kaiser Heinrich V. verheirathet, welche in erster Ehe die Gattin Friedrich's von Hohenstauffcn gewesen, und war ihr in treuer Liebe ergeben. Beweis dessen, daß sie ihm 18 Kinder gebar. Einst stand er mit ihr auf dein Söller der Burg auf dem Leopoldsberg berathschlagend, wo sie ein Kloster gründen sollten. Da entführte ein Windstoß den Schleier der Markgra-fin, Leopold aber erbaute das Stift Klosterneuburg an der Stelle, an welcher er ihn auf der Jagd auf einem Holunderstrauch hängend fand. Leopold IV. Verdienste wnrdeu allseits gewürdigt. Die Reichsfürsten trugen ihm nach Kaiser Heinrich V. Tode die deutsche Krone an; doch Leopold bat sie inständig ihn der schweren Bürde zu entheben, und dadurch fiel die Kaifcrwürde auf Lothar II. von Sachsen und nach diesem auf Conrad III. von Hohenstauffen, Leopold's Stiefsohn von seiner Gemahlin erster Ehe. Aber auch die Kirche belohnte Leopolds Gottesfurcht: er wurde im !5>. Jahrhundert heilig gesprochen uud er wird seitdem als Laudespatron in Niedcrösterrcich verehrt. Leopolds IV. Sohn und Nachfolger Leopold V. erhielt vom Kaifer Lonrad III. das Herzogthum Bayern als Heinrich der Stolze sich empört « Das Erzherzogthmn Ocstcrreich untcv dcr (5m>s. hatte und in Folge davon des sächsischen uild bayerischen Herzogthums verlustig erklärt worden war. Die neue Erwerbung blieb jedoch fortan eine bc-strittene. Um so leichter verachtete Leopolds V. jüngerer Bnlder und Nachfolger in der Äiarkgrafenwürde >>eiln'ich II. von seinem Tprichworte „Jaso mir Gott" genannt auf den zweifelhaften Besih. .Baiser Friedrich I., der große Nothbart, lohnte das verdienst, welches sich der Markgraf durch diesen Verzicht um Deutschlands Nnhe erworben hatte, indem er ihm dafür im Jahre 1150 das wichtige Privilegium ^riderieiauum verlieh. Durch dasselbe wurde das Land Oesterreich ob der Enns, welches bisher als eine abgesonderte Mark von den bayerischen Herzogen verwaltet worden war, nut dem Lande unter der Enns vereinigt und dieß zu einem untheilbaren Erbherzogthum erhoben, welchem nach dein Rechte der Erstge-burt nicht nur an die männlichen sondern auch an die weiblichen Erben übergehen sollte und in deren Abgang von dem letzten Besitzer nach seiner freien Wahl auch an einen andern Landesfürsten mit allen Freiheiten und Rechten verschenkt oder vermacht werden konnte. Außerdem wurden dem .verzog fast alle Souveränetätsrechte ertheilt. Er erlangte das Recht Gesetze zu geben, Gerichte einzusetzen, von denen eine Appellation an Kaiser und Reich nicht stattfand und die Lehensherrschaft über alle in Oesterreich befindlichen Reichslehen auszuüben. Er konnte neue Länder erwerben nnd in ihnen dieselben Rechte, wie in Oesterreich ausüben, schließlich wurde ihm gestattet, in allen österreichischen Ländern Juden und Wechsler zu halten und daunt ein Recht eingeräumt, welches bisher ein kaiserliches Reservatrecht gewesen war, weßhalb die Juden kaiserliche Kammerknechte genannt wurden. Aber auch das Verhältniß deo österreichischen Herzogo zu Kaiser und Reich wurde in dein hochbedeutenden Privilegium auf die auszeichnendste Weise festgestellt. Der Herzog, heißt es darin, trage das Land allerdings von Kaiser zu Lehen, aber die wirkliche Belehnung solle ihm nur auf feiu Anfuchen innerhalb der Grenzen seinem Landeo ertheilt werden nnd zwar habe er sie nicht kuiccnd wie audre Reichsfürsten zu empfaugeu, sondern zu Pferd, im herzoglichen Ornat, den Herzogshut auf dem Haupte und den Stab mit der ^ahne in der Hand. Würde auf dreimaliges Ansuchen !! Das Erzbcr^tlmni ^cstcrrciä' »»tcr dcr Emis. die Belehnung nicht wirklich erfolgen, so sei sic alt, geschehen zu betrachten. Nebstdem wurde der Herzog als von allen Reichssteuern, Auslagen nnd Truppenstellungen befreit erklärt; nur ill eineni Reichokriege gegen Ungarn habe er 12 Mann Reisige monatlich auf eigene dosten zn stellen, blicht minder sei der .verzog nicht verpflichtet, anf den deutschen Reichstagen zn erscheinen, erscheint er aber so soll er als einer von den Pfalz-crzherzogen (uilu^ ^6 I^i!:Uini8 ^vediaueidu«) angesehen werden nnd den ersten Sitz zur rechten .vand des Baisers nach den Churfürsten einnehmen. )lachdeni sich Heinrich Iasomirgott noch nm Wien insbesondere da-dnrch verdient gemacht hatte, das; er seinen Sitz dahin verlegte, die Pfarrkirche zn St. Stefan nnd die Benediktinerabtei zn den Schotten erbante, starb dieser erste Herzog nnd erbliche ^andeofnrst Oesterreichs im Jahre N77. Unter der Regiernng seineo Sohnes Leopold VI. des Tugendhaften wnrde Oesterreich durch das Herzogthnm Steyermark vergrößert, welches der erste Herzog dieses Bandes Ottokar VI., der letzte 3tachkomme des von Baiser Otto I. als Markgraf des Trnnganes eingesetzten Ottokar I., Leopold vermachte. Vielbekannt ist Leopolds Betheiligung am KrcuZzuge Kaiser Friedrich I., nach dessen in Kleinasien stattgefnndenen Tode ihm sogar der Oberbefehl über die dentschen Kreuzfahrer übertragen wurde. Oesterreichs Wappen wird auf jene Zeit zurückgeführt. Beim Sturm auf Ptolomais focht Leopold, so heißt es, ungemcin tapfer und erlegte so viel Feinde, das; sein weißer Waffenrock über und über mit Blut gefärbt wurde und nur noch jener Streif feine weißc Farbe behielt, welchen der um die Lenden geschlungene Gürtel deckte — Oesterreichs rother Schild mit dein weißen Querstreif! Die Romantik hat sich auch des Straußes des Herzogs mit Konig Richard Löwenherz vielfach bemächtigt und läßt den treuen Blondel sein Lied unter den Mauern verschiedener Burgen singen, in denen er seinen König eingekerkert vermuthet. Leopold und die Oesterreicher erstiegen an dem ruhmvollen Tage von Ptolomais zuerst die Mauern und pflanzten ihr Banner auf. Doch Richard LowenherZ, welcher gleichfalls der Ersten w Das Erzhcrzogthlim Oesterreich imtcr dcr Emis. Einer oben angelangt war, ließ es Herabreisien. Als er dann vom Sturm in das adriatische Meer verschlagen, den .Heimweg nach England durch Oesterreich uahin, wurde er erkannt und in Erdberg, heute eine Vorstadt Wiens, gefangen genommen, wie die Sage meldet, alc, cr eben in einer kleinen Herberge eigenhändig ein .Huhn am Spiesie briet. Leopold lies; ihn querst auf das Schlosi Dürrenstein an der Donall bringen, lieferte ihn jedoch später dem Baiser .Heinrich VI. aus. Leopolds VI. Tod brachte 1 N)4 seinen Sohn Friedrich 1. und als auch dieser schon nach 4 Jahren mit Tod abging, seinen jüngern Sohn Leopold VII. zur Herrschaft. Derselbe erwarb sich den Namen des Glorreichen durch den blühenden Zustand, welchen Oesterreich unter ihm gewann. Vornehmlich Wien lag ihm an: Herzen. Er erbaute sich daselbst eine neue Burg, gab ihn: ein Stadtrecht und förderte seinen Handel. Doch auch die dünste fanden in ihm und seiner Gemahlin, der griechischen Prinzessin Theodora, warme (Gönner und die damals eben ill Aufnahme kommenden Minnesänger waren an seinein Hofe willkommene leiste. Ansicrdem schuf sich der ausgezeichnete Mann im Kampfe gegen die Ungläubigen und um dw> deutsche Reich grosie Verdienste. Sie lohnte Kaiser .Heinrich VII. dnrch einen neuen Freiheiwbrief, dao Privilegium Hcnricicmum secundum. Tarin wurden die Rechte des Friderieianischen Privilegiums bestätigt und auf alle Länder ansgedehnt, welche der Herzog und seine Nachfolger erwerben würden. Als Auszeichnung aber verzierte es den herzoglichen Hut von Oesterreich mit dein Diadem der deutschen Kaiserkrone, einem halben Zirkel. Minder glücklich als sein Vater regierte der letzte Babenberger Friedrich II. der Streitbare. Zwar vermehrte er die Besitznngen, welche sein Vater in Krain erworben hatte, doch zum Aufruhr im Innern gesellte sich bald der äusiere Feind, Böhmen lind Ungarn, uud auch Kaiser Friedrich 11. rächte sich dafür, das; der Herzog in seinein, des Kaisers, Zwiste mit seinen? Sohn Heinrich VII. für diesen Partei genommen hatte. Er erklärte ihn, als er ciner an ihn crgangeuen Vorladuug nicht Folge geleistet, uud sich wegen mehrerer von den Oestcrreichern gegen ihn vorgebrachten Beschwerden nicht gerechtfertigt hatte, in die Acht, nahm ii Das Erzberzo^Mim ^estcrrcich unter der Euns. seine Länder nüt einer Reichsarmee in Besitz und erhob Wien Zur freien Reichsstadt. Der .herzog war jedoch nicht so leicht zu entmnthigen. Nach einein Siege, den er auf dem Steinfeld bei Wiener-Neustadt über die zehnmal stärkere Macht des kaiserlichen Statthalters erfocht, unterwarf sich ihm Ort nm Ort und endlich, vom Hunger bezwungen, auch die Hauptstadt Wien. Durch Milde gewann er zuletzt die Gemüther derer, welche seine Waffen besiegt hatten uud so fand ihn der furchtbare Einfall der Tataren wieder im unbestrittenen Besitz seines Landes. Der Anprall der Unholde brach sich an den Mauern Wiener-Nenstadts, das Friedrich tapfer vertheidigte. Friedrich hatte dadurch der Civilisation einen unschätzbaren Dienst erwiesen. Dies erkannte Kaiser Friedrich !1. 12-ll) dnrch einen neuen Freiheitsbrief, das Privilegum Fridericianum secundum an. Der Bestätigung der frühern Neichsprivilegien fügte es die neuen bei, daß die österreichischen Unterthanen und Vasallen künftig allein der (^erichtobarteit des Herzogs unterliegen follten und das; der österreichische Herzog das Krenz der Kaiserkrone auf seinem herzoglichen Hute zu führen berechtigt sei. Ja, der Baiser trug Friedrich sogar die Königswürde an, doch der Fürst schlug sie aus. Schon im nächsten Jahre 12-l<> wurde er in einem Kampfe mit den Ungarn an der Leitha,, wie die gangbarere Ansicht behauptet, von einem Führer der Ungarn Frangipani erstochen, als er beim Verfolgen deo geschlagenen Feindes mit seinen: Pferde gestürzt war. Mit dein kinderlosen Friedrich erlosch das Hans Babenberg, auo welchem im Zeitraum von 163 Jahren 7 Markgrafen und 5 Herzoge, die Mehrzahl ruhmvoll, Oesterreich beherrscht hatten. Friedrich hatte zum großen Unglücke für sein ^and keine letztwillige Verfügung über dasselbe hinterlassen, wozu ihn doch die Reichs-Privilegien, insbesondere das erste Friedericianische berechtigt hätten. Kaiser Friedrich II. ^og deshalb die österreichischen Vesitzuiigen als erledigte Neicholehen ein. Damit begann das unselige Zwischenreich in Oesterreich, welcheo durcb 36 Jahre dauerte und der Zeit nach fast vollständig mit dem großen Zwischenreich in Dentschland zusammen traf. ? i.-? Das Erzher^oM'mii ^stcrrcicb ontcr dl.'r Emis, Den letzten Herzog überlebten 2 Schwestern und eine Tochter von seinem vor ihm verstorbenen Bruder Heinrich. Anf ihre Ansprüche hin traten mehrere Kronprätendenten anf. Bedentender alv sie war Przemysl Ottokar II. Viarkgraf von Mähren, welcher zuerst ohne Erbansprnch sich nm die .^rone bewarb nnd alo Landeosürst in Oesterreich anerkannt wnrdc, znmal als er, nm sein Recht zu festigen, eine der Schwestern Friedrich des Streitbaren, Margaretha, seit 12:N Wittwe deo deutschen Bönigs Heinrich VII. zn ehelichen versprach und auch wirklich 125>2 ehelichte, obgleich sie um mehr als 20 Jahre älter war als er. Auch nachdem er sie 12<»1 wieder verstoßen hatte, blieb er im Vollbesitz der österreichischen Länder. Erst im Jahre 127:; nahmen die Dinge eine für ihn ungünstige Wendung. In diesem Jahre wurde nämlich Rudolph von Hamburg zum deutschen >vönig erwählt. Ottokar verweigerte, auf seine Macht pochend, ans dreimalige Vorladung beim Reichstag zn erscheinen und den ^önig anzuerkennen und lud dadnrch die Reichsacht und einen Reichokrieg anf sich, welcher ihn schon 1275 die österreichischen Besitzungen kostete. Um Böhmen und Mähren von: Baiser zn Lehen zn erhalten, leistete er anf sie, auf Oesterreich, Steyermark, .Urain und >iärnthen, das er. selbst erst zu den ältern Ländern erworben, Verzicht. Es ist schwer zn ermitteln, ob es historisch begründet ist, das; die Vorhänge des kaiserlichen Zelts in den: Augenblick sich öffneten, als Ottokar vor dem Baiser kniend die Belehnung nahn«, so daß alle Welt den stolzen König auf den >inien fah und ob die ihm dadurch angethane Schmach Ottokar zum neuen .^rieg bestimmte oder ob er nnr überhaupt den großen Verlust so herrlicher Länder nicht zn verschmerzen vermochte, ttewiß ist, daß er im I"hre 1278 wieder in Oesterreich einfiel, jedoch gegen Rudolph, dessen Heer noch durch zahlreiche ungarische Httlfstrupven verstärkt war, bei Stillfried an der March Schlacht und Leben verlor. Schon im Jahre 1282 wnrde das Herzogthum Oesterreich nebst mehreren anderen Provinzen des heutigen Oesterreichs den Söhnen Baiser Rudolphs, Albrecht l. und Rudolph II., zu Lehen gegeben nnd damit die l'> Das Cv,il'«zogw!»!i 5>stcr5vich unter dcr (5>mo, durch 500 Jahre andanernde Herrschaft des Hauses >>absburg über unser Crzherzogthuni begründet. Dlirch diese langen Jahrhunderte trugen znnteist .Habsburger die deutsche Kaiserkrone; zu den alten Besitzungen kam nach nnd nach ein stets größerer Ländererwerb. Dadnrch wird die (beschichte des Crzher-zogthulns aufs Innigste nüt derjenigen Deutschlands nnd Gesammtöster-reichs verflochten nnd besonders der Umstand, das; Wien fortan die Residenz der Herrscher geblieben, gestaltet die geschichtliche Wechselwirkung zu einer oft untrennbaren. Nachdem es uno aber zu weit von unserer Aufgabe abbringen würde, in das Detail der deutschen und der Geschichte de>> österreichischen Gefammtstaates als solchen einzugehen, so möge uno gestattet seiu, dieser hier nur in flüchtigen Skizzen zu erwähnen, ausführlicher aber dessen, was zunächst auf das Erzherzogthum Oesterreich unter der Enns Bezug nimmt. Bei der Geschichte der andern noch heute zu Oesterreich gehörenden Bänder genügt daun vollends die bloße Hindeutung auf die bereits beim Lande Oesterreich unter der (5'nns berührten allgemeinen Ereignisse des Staates und werden nur jene Vorfälle noch eine genauere Befprechung erheischen, welche speeiell jedev einzelne ^ano allein betreffen. Bei Baiser Rudolph I. Tode war von seinen Söhnen bloß Albrecht I. am ^eben. (5r vereinigte nach einem Haiwgesetze, welches sein Vater gegeben ^no wornach der Erstgeborne die Regiernng der Gesammtländer führen sollte, mit den österreichischen Ländern Oesterreich, Steyermark und >train auch die ursprünglich >>absburgischeu Besitzungen, die sogenannten Vorlande, In Oesterreich erweckte er durch die Bevorzugung feiner schwäbischen Räthe die, Unzufriedenheit des einheimischen Adels und sie artete bald in offenen Aufruhr aus. Wien kündigte den Gehorfam, die Schusterzunft wollte den Graben mit ihren Leisten ausfüllen, um die Mauern der Burg ersteigen zu können. Albrecht Zog in das Schloß auf dem >iahlen-berg. Die Stadt wnrde durch Hunger zur Ucbergabe gebracht uud ein Theil ihrer Privilegien vernichtet; schnell war auch der Adel bezwungen. Als Albrecht die deutsche, Kaiserkrone erlangt hatte, belehnte er u ?as Lvzl'l.'l',;ogtbm!i ^cftcrrcilb initn' dcr Em',5. seine Söhne, deren ältester Rudolph III. war, nut Oesterreich. Diesen traf bald die Wahl zum böhmischen Könige und nun folgte ihm sein Bruder Friedrich der Schöne in der Regierung von Oesterreich. — Das traurige Schicksal Friedricho erfüllte sich rasch, Znm deutschen König gewählt, erlag er nach mehrjährigein Kampfe seinem (Hegenkaiser Ludwig I. in der Schlacht bei Mühldorf, ward darauf von diesem im Schlosse Trnus-nitz iu der Pfalz durch 3 Jahre gefangen gehalten und vertrauerte dauu den noch durch einen Bruderzwist verbitterten Rest seinem Lebens in der Einsamkeit deo niederösterreichischen Schlosses (huttensteiu. Sein Nachfolger iu der Herrschaft von Oesterreich war, zuerst gemeinschaftlich mit seinem Bruder Otto dein Fröhlichen, dann allem, sein Bruder Albrecht, der Lahme auch der Weise genaunt. An ihm, sowie an seinem Sohne Rudolf IV., dem Stifter, hatte Oesterreich treffliche Fürsten. Rudolf legte kurze Zeit nach seinem 1358 vor sich gegaugeueu Regierungsantritt deu (^rund zur gegenwärtigen Stevhanstirche in Wieu, ohue dasi es ihm gegöuut gewesen wäre, die Vollendung des großartigen Baues Zu erleben. Auch hat er im Jahre Ui65> die Universität in Wien gestiftet. Cr vermehrte den Besitz seines .hausen um Tirol und andere kleinere Landeötheile, welche er dein zum >>'rzogthum erhobeueu >vrain einverleibte. Als Herr so vieler Länder nahm er zuerst den Titel eines Erzherzogs an. Nach Rudolf lV. Tode, 1365, traten seine Brüder Albrecht III. und Leopold III. die Regiernng gemeinschaftlich an, theilten jedoch später mehrmal, den bestehenden Hausordnungen entgegen, ihre Läuder. In der letzten l'N<) erfolgten Theilung erhielt Albrecht lll. blosi Niederösterreich, alles Uebrige Leopold Hl. Damit entstanden zwei regierende Linien in Oesterreich.- die Albertinische iu Niederösterreich und die Leopoldinisebe. Auch Albrecht III. ist den besten Regenten Oesterreichs beizuzählen. 6r verstand es, Ordnung uud geregelte Zustände im Lande zu schaffen uud zu erhalten uud war dabei ein Freund und Muuer von Kunst und Wissenschaft. Att> fein Bruder Leopold bei Semvach gefalleu war, überuahm er die Vormundschaft über defsen minderjährige Kiuder nebst der Regierung der Länder der Leopoldinischen Linie. (5r starb 15 Das Erzl'c^ogtdnm ^cstcrrcick untcr d^r vamvf mit den Hussiten. Die Taboriten unter Zizka streiften selbst nach Niederösterreich bi'h in die (legend von Stockeran. Doch schlug sie Albrecht ans dem Lande, welchem aber noch in spätern Jahren einzelne Einfälle der Hore-biten und Waisen nicht erspart blieben. Im Jahre 14:^ bewährte sich das Sprichwort an Oesterreich: I^'Ilil ^imlt lllii, tu t^'Iix, ViMi'i-l! inl>>>, als nacli Baiser Sigmnnds l,: Dcis C'rzbcr^tbmn ^«.'stcw.-icb uiit^r dcr Enuv, Tode durch die Krönung Albrechts V. in Prag und Etuhlweißenburg die Vereinigung Ungarns uud Böhmens mit Oesterreich thatsächlich zu Staude kam. beider vereitelte Albrechts baldiger Tod für's Erste die feste Verbindung der Bänder. Er war noch im Jahre 14^8 als deutscher König Albrecht !l. geioählt nwrden, starb jedoch schon im Jahre 1439. Albrechts Erhebung zum deutschen Baiser ist insofern von Bedeutung, als seit ihr die Kmserwürde fortan beim 5?ause tzabsbnrg geblieben ist. Erst 4 Monate nach Albrechts Tode wurde der Kronprinz Ladislaus, deshalb PostHumus genannt, geboren. Zwar wurde er als Konig von Ungarn gekrönt, allein bald erstand ihm in der Person des Köuigs Wla-dislaw von Polen ein (^egenkönig. Niederösterreich regierte für ^adi^laus, Friedrich V. von der stey-nischier ^ine, welcher zunt deutschen König gewählt und als Friedrich IV. zum rNnischeu Kaiser gekrönt wurde. Derselbe brachte die Böhmen dahin, ihr Land durch eine Regentschaft im Namen deo Minderjährigen verwalten zu lassen. Doch immer drohender zogen sich die (Gewitter hier und dort in den österreichischen Ländern zusammen. Allerdings wurde Ladislaus, nachdem Wladislaw von Polen in der Schlacht bei Varna gegen die Türken im Jahre 1444 geblieben war, in Ungarn als König auf dem ^elde Mkos ausgerufen. Doch bald begehrle dao Land mit Waffengewalt von Friedrich IV. die Auslieferung des jungen Königs und blos das Vordringen der Türten bestimmte die Ungarn, sich mit dem Kaiser zu vergleichen nnd ihm die Vormundschaft zu belassen. Später griffen aber anch in Oesterreich Graf Ulrich von (5illi und Ulrich Eizinger zu deu Waffen, um diese Auslieferung zu erzwingen. Die Empörer überfielen den Kaiser in Wiener-Neustadt und wollten ihm seinen Mündel mit (Gewalt entreißen. Die Geschichte verzeichnet aus dieseu Tageu die Heldenthat Andreas Paumkirchners, welcher mit den Eteyermärkern dein Kaiser zu Hülfe gc-cilt war, fich an den Eingang der Brücke gestellt hatte uud sie erst hiuter sich abbreench ließ, als seine Mannschaft über sie in die Stadt gerückt war. Auch von Böhmen erhielt der Kaiser großen Zuzug. Dennoch 17 y Das ^rzl'crzugthttm ^cstcvrcick ixitcv dcv Eims, übergab er, uin es nicht zum vollen Bürgerkriege kolnlnen zu lassen, La-di^lauo den« Grafen von Cilli nnd nun folgten sich zuerst die Alberten' nung des Fürsten alo König von Böhinen, Htarkgraf von Viähren und herzog von Oesterreich, seine Hnldigung alo König von Ungarn in Presi-burg imd seine Krönung in Böhnien. Allein er starb schon l->5>7, erst 26 Jahre alt. Mit ihm starb die Albeninische ^inie in Oesterreich auo; allch zerriß da^ Band wieder, welcheo seit Albrecht II. die österreichischen, böhmischen und ungarischen Bänder vereint hatte und erst im ^ahre !.'>2l; konnte e5 dnrch Baiser Ferdinand I. wieder um sie geschlungen werden. Denn in Böhmen wurde nach Ladinlauo Posthnmuo (^eorg von Podiebrad, in Un qarn aber Hiathiao Corvinu5 ,^um >vönig gewählt. Obgleich Friedrich IV. so passiver Natur war, das; die Geschichte von ihm sagt, er habe durch 5:; .^ahre auf dem Throne geschlafen, so wnrde er doch oft, nnd zwar nicht immer unverschuldet in Kämpfe verwickelt. Dies war zuerst der Fall, als er nach Ulriche, von Cilli Tode die gefürstete Grafschaft Cilli in Folge Erbvertrages in Besitz nahm. Glücklich behauptete er die neue Erwerbung. Noch ärger war der Streit nut seinem eigenen Bruder Albrecht VI. und hierzu gab die (Erbfolge in Oesterreich die Veranlassung. Ohne alles Recht dazu begehrte Albrecht einen Theil der österreichischen Erbschaft: eine starke Partei schlug sich auf seine Seite und belagerte den Baiser in der Burg zu Wien. Doch wieder befreiten ihn die Steyrer unter Paumtirchner lind Georg von Podiebrad mit feinen Böhmen. Und wieder verglich sich Friedrich und überließ seinem Bruder Oesterreich unter der (5nn5 auf ^ Jahre. Nur der schon im nächsten Jahre eingetretene Tod Albrechts brachte die Wiedervereinigung der innerösterreichi-scheu Bänder mit dein Stammlande Oesterreich unter Einein Haupte zu Wege, so das; blos; mehr die Vorlande und Tirol von: Stanunlande getrennt waren. Aufter eiuer Empörung, an welcher sich selbst der tapfere Paumkirchner betheiligt hatte, musite Friedrich wiederholt auch die, Türken bekämpfen, deren verheerende Stroifzügc sich weit hinein nach Kram und Stenerinart anodehnten. 18 Tx>5 ^'r^'ciM^tlm»! ^ctt^vvcicl' UN^'V d^'r EilN5, Endlich waren selbst die Xriege zwiscbell Mathias Eorvinu^ und (>)eorg Podiebrad und dessen Nachfolger Wladiolaw von Polen von nachtheiligen folgen für Oesterreich begleitet, ^enn iveil der Raiser die Ansprüche Wladislaw's begünstigt hatte, siel Mathias Eorvinu^ lnehrinal in Oesterreich ein nnd crobcrtc i,n ^ahiv l 4^5 foqar Wi^'N llnd l l>7 da5 fcste Wicncr-N^nstadt. Erst al'> ^'r ! l9<» in Wicn qcstorbcn war, vertricb dc<-, >iaifer>-' Eohn Maximilian I. dic Ungarn au5 Ochcrrnch. (ir erkannte den in.;wifchen schon uon den Ungarn ;n ihrem >ioniq erwählten .^onig uon Böhmen Wladiolaw von Polen al>> ungarischen nnd böhmischen >iönig an, wogegen dieser dein (ir^er^oge da'> Erbfol gerecht in Ungarn fnr dell /i-all zusicherte, al^ er ohne männliche (5rben sterben sollte, Baiser Friedrich !V. starb i,n "'.ahre l^93. Sein Sohn Marimilian >. war bereite ini Satire l48U >n,n rönli-schen völlig und Mchfolger seineo Vaters in der >iaiscrwürde gewählt. Mit ihm trat Oesterreich unter den glücklichsten Aufsichten in die neue Zeit hinüber und ^riedrichö Monogramm A. (i. I. O. U. schien vollberechtigt ^u sein, inochte ihni nun die eiue Au?'leguug gegeben werden: Austviae Est Imperare Orbi Universo, oder die andre.- Mer (ihren ^st Österreich Voll. sticht nnr hatte Mar. schon l477 durch seine >>eirath lnit der schö-ueu Hiiarie, der Erbtochter deo letzten >xr.M5 "on Burgund >varl dev kühnen, dao herrliche Bnrgundische Erbe an sein .van?, gebracht und im >iampf gegen Frankreich behauptet, er war auch bereite !^>n von Seite des kinderlosen Erzherzogs Sigismnnd uon Tirol, deo letzten .vabsburgerc, auo der tiroler Linie, an >vindeöstatt angenonnnen und ihm sogleich die Verwaltung von Tirol und den Vorlanden übertragen worden. Noch ungleich größerer Länderzuwachs aber ward dein >?ause Habs-burg durch die Vermählung, !4W, von Maxens Sohn Philipp mit Johanna von Arragonien gesichert: denn sie war bestimmt, von ihren Aeltern Ferdinand nnd Isabella Spanien mit allen Nebenländern, Sicilien, Sardinien nnd die neuentdeckte Welt zu erben. Nebenbei vergrößerte Max 1500 auch noch die altösterreichischen lü .'j* 3^s E^l'^oglluun ^cstcvvl,'ich unr>.'r dcr l5mis. Länder durch die Erbschaft der (trafen von (^)drz llnd machte neue Cr-werbuugen iin Norden und Süden von Tirol. Endlich legte er 1.')I^) durch die Heirath seiues Enkels Ferdiuaud nut Anna, der Tochter des Könige von Ungarn uud Böhmen, Wladiolaw, den Grund zur zweiten und bleibenden Vereinigllng dicsor bcidcll Rcichc mit Oesterreich. Dc-r so schr ucrinchrto Ländcrbesitz verwickelte dcn Raiser ill stcts ncuc >vric^e und nachdc-m cr iu '2. (5hc, 1494, Maria Bianca, die Tochter deö Herzogs Galcazzo Maria Sforza uon Mailand geheirathct hatte, konnte er anch den .^äinpfen Frankreichs in Italien nin so weniger fernbleiben. Alle diese kriege, wozn noch jener tapfere aber unglücklich geführte mit den Schweizern kam, welcher die Befestigung der Schweizer Unabhängigkeit bewirkte, kosteten Oesterreich und Teutschland große Summen nnd das österreichische Staatsübel der zerrütteten Finanzeu läßt sich füglich auf Max I. zurückführen. Dafür erwarb sich der Kaiser die an-erkennenswerthesten Verdienste um seine Reiche durch die inneren Verbesserungen, die er gemacht hat. C'r schaffte dav Faustrecht ab und führte den sehnlich erwüuschten Landfrieden eiui ein >vannnergcricht hatte für denselben zu sorgen. Teutschland wurde in l<» Greife getheilt, wcwon der österreichische einer war. Insbesondere orgamsirte er das Landesvertheidigungswesen auch für alle österreichischen Länder und die Owilbehörden in Oesterreich, deren vorzüglichsten er Wien als Sitz anwies. Richt minder sorgte er für die dünste nnd Wissenschaften uud legte, um fie zu fördern, den Grund zn manchen noch heute in Wien und Oesterreich blühenden Instituten und Sammlungeu. Der jedenfalls liebenswürdige nnd tapfere, dock) für einen Herrscher in bewegter Zeit nur zu sehr uom Geist der Romantik angehauchte Fürst starb ^ der letzte Ritter — 15l9. Naturgemäß konnte der riesige Ländcrbesitz der Habsburger nicht vereinigt bleiben. Als Max's Enkel, Karl, welcher bereits seit 15>15> die Kronen von Kastilien, Arragonien, Sicilien und Neapel als Karl I. auf seinem Haupte vereinigte, während ihm kühne Eroberer die herrlichen Länder Mexiko ^0 3as Ev;d«',;ogthmn ^csicrreicli nut^v dcr Enns, und Porn in dor neuen Welt eroberten, als Karl V. zum delltschen Kaiser erwählt wurde, überließ or seinen: Brllder Ferdinand die österreichischen Erbläuder. Von da ail theilte sich das österreichische Hauo in die zwei Hauptlinien, in die earolinische oder spanische und in die ferdi-nandeische oder deittsche und österreichische. Ferdinand traf Niederosterreich im Anfstand gegen die Regenten, welche sein (Großvater eingesetzt hatte. Er lies; die Häupter der Bewegung hinrichten, 1522, und stellte dadurch die Ordnung her. Schon im Jahre 152<> siel König Lndwig von Ungarn llnd Böhnien, der Sohn Wladislaws, in der Schlacht bei Mohaes gegen die Türken nnd die beiden Reiche kamen min an Anna, Wladislaws Tochter und deren satten Ferdinand l. Ferdinand fand aber in Ungarn bald einen (Gegner in der Person des Johann Zapolya. Als er ihn besiegt hatte, brachte der Ehrgeizige Oesterreich nnd die ganze Christenheit in die größte Gefahr, indem er sich unter den Schutz des (hroßsnltans Soliman begab. Niemalsaber hatsichOesterreich thatsächlich größere Verdienste nmdieganze ciuilisirte Welt erworben, als durch seine siegreichen Kämpfe gegen die Türken. Ofen, Gran, Komorn nnd Naab waren schon gefallen, die Schaaren der Moslims brachen nun in Mederösterreich ein nnd schon lagerten die Ianitscharen vor Wiener-Neustadt, Brück an der ^eitha nnd jetzt auch vor Wien. Uin letztere Stadt schlug Soliman fünf Lager auf nnd wollte ihre Mauern durch zahlreiche Minen in die ^nft sprengen. Doch heldenmüthig vertheidigten der Pfalzgraf Philipp vom Rhein und Graf Niklas von Salm die ihnen anvertraute Stadt. Die etwa l5,000 Mann starke Besatzung wurde alls das Aufopferndste von den Bürgern unterstützt und so gelang es, obgleich Stücke der Wälle durch die Minen wirklich niedergeworfen waren, alle Stürme siegreich abzuschlagen. Die ersten Feinde waren am 21. September 1529 vor Wien erschienen; am l4. Oktober fand der letzte Sturm statt, nach defsen Mißlingen der Sultan unverhofft rasch noch an demselben Tage die Belagerung aufhob. Nachdem er noch einmal in ohnmächtiger Wuth alle.Kanonen gegen die Stadt hatte abfeuern und sein ganzes Lager in Brand steckeil lassen, trat er um 11 Uhr Nachts deu Rückmarsch nach Ungarn an. ^!1 Das C'vzl,cvzoc>tlm»i i7cstcrrc>M i»ilcr dn' Eims, Drei Jahre später überschwemnlten die Türken in der Stärke von ^()l>,l)0l) Mann Ungarn wieder mit der allsgesprochenen Absicht, Wien zu erobern. Sic streiften auch dnrch Steljermart bio Oberösterreich. Allein oießmal führte Kaiser Karl feinein Bruder eiil großem >>eer von deutschen, spanischen nnd niederländischen Truppen zu, e5 nahni nut den Oesterreichern Stellung bei >iorlleuburg, uin Wien zu decken, hinderte dadurch den Sultan am Angrisf aus Wien und veranlaßte ihu vielmehr zum Rückzüge, Ferdinand hatte auch in der Folge noch mir den Türkell, ak, den Scluchberrn der Wittwe und deo nünderjährigrn Sohnes de^> ^ohalin Zapolya in Ungarn zn käinpsen und der Erfolg entschied gegen ihn, so, das; er sich anheischig machen mns;te, einen jährlichen Tribut an den Sultan zu zahlen. Die Ursache, warum die Türkenkriege nicht mit grösierem Nachdrucke geführt werden konnten, lag aber damalc, in den großen Bewegungen, welche sich in Italien und Deutschland vollzogen. Mrl V. war nämlich durch die kriege mit Frankreich in Italien vollauf beschäftigt, in Deutschland dagegen hatte die Reformation die Kräfte gefpalten und den Schmalkaldischen >irieg entzündet und wurde erst später im Jahre 1l>55> die Ruhe durch den Passalier Vertrag und den Augyburger Neligions-frieoen wieder hergestellt. >tarl V. übergab bald daranf rasch nach einander seinem Sohne Philipp II. die spanischen Reiche nebst den Niederlanden, Hochburgund, Sicilien, Neapel, Sardinien, Mailand nnd die Bänder der neuen Welt, seinein Bruder Ferdinand I. aber die dentsche Kaiserkrone 155'li. Ferdinand I. war fortan bemüht, in Deutschland den Religions frieden aufrecht zu erhalten, trat jedoch dafür in den österreichischen Ländern desto entschiedener für die katholische Religion ein. So gab er den niederösterreichischen Ständen, al5 sie nach dem Bekanntwerden oev Religionsfriedens die Bedingnisse desselben auch für die osterreichifchen Bänder verlangten, den Bescheid: Er gedenke im alten Glauben zu lebeu uud zu sterben nnd könne die LoZreisiung seiner Länder von der allgemeinen Kirche nicht gestatten. Jedoch wolle er deinem verbieten, wegen der Re- 22 Das Erzlicrzosiwlim Oesterreich nntcr dcr Emis. ligion mtszuwandern, auch gestatte ihnen die Kirche den bei den Protestanten üblichen (Gebrauch des heiligen Abendlnahles unter beiden Gestalten. Um den imn'rn frieden desto gewisser in Oesterreich nnd Deutschland zu befestigen, ließ der Baiser noch bei seinen Lebzeiten seinen ältesten Sohn Marimilian II. im ^ahre 1562 zum römischen König wählen und in Prag und 1'»<;3 auch in Presiburg kronen. Nach Ferdinand I. Tode, 15<>4, theilten seine Söhne die Regierung auf l^ruud seines Testamentes und seiner Hausordnung in der Weise, das; der Erstgeborne, Kaiser Max II., Niederösterreich, Böhmen und Un-garu betain, der zweite, Ferdinand, die oberösterreichischen Erblande, Tirol und die Vorlande, der Drittgeborne, Karl II., die innerosterreichi-schen Bänder Steyerntart, Käruten, Kram, l^örz, Istrien nnd Triest. So entstanden wieder "» österreichische Linien. Davoll starb die tirolische schon mit ihrem Stifter Ferdinand II. ans. Bald erlosch auch die österreichische Hauptlinie mit Kaiser Mathias, worauf Erzherzog Ferdinand lll., Sohn Karl II., Stifters der steyrischen Linie, wieder alle österreichischen Länder vereinigte. Er ist eo, der dann auch, als Ferdinand ll. die Reihe der deutschen Kaiser fortgesetzt hat. Mar ll. war ein für seine Zeit aufgeklärter und allgemein verehrter Fürst. Auch er hatte mit den Türken in Ungarn zu kämpfen, welche wieder Sigmund Zapolya in das Land gerufen hatte; doch ward ihm die ausgiebigste >>ilfe in den eigenen Ländern und vom deutschen Reiche und so endigte dieser Türkenkrieg minder kläglich alh die letzt vorhergegangenen. Zapolya begnügte sich mit Siebenbürgen und einem Theis von Ungarn als einem ungarischen Lehensfürstenthum, die Türken aber schlössen l5i'.7 einen 8jährigen, 1575 auf weitre 5 Jahre verlängerten Waffenstillstand. Während Max in Ungarn mit den Türken beschäftigt war, griff in den österreichischen Ländern die protestantische Lehre immer mehr um sich. Besonders der Adel nahm sie zahlreich an und verlangte freie Religionsübung. Kaiser Max bekannte sich, so fest er anch selbst am alten Glanben ^i Das C'rzl'cr^vitl'iiin ^sicrvci^ nut^r dcr Enns, hing, öffentlich zu dem (Grundsatz, daß Gott all-in die Herrschaft über die Geivissen zusteht. Doch gestattete er die freie Religionoübnng der Angsbnrgifeben Konfession blosi dm einzelnen .Herren nnd Rittern auf ihren Schlöffern, nicht aber gangen Genieinden in Städten nnd Dörfern und befahl seinen Unterthanen, eine bestimmte Kirchenordnung lKirchen-agenda) zu beobachten, dabei aber fich aller Schmähungen und polemischen Zänkereien zu enthalten. Durch diese Verordnung nmrde die bürgerliche Ruhe im Erzherzogthnm Oesterreich in der That gewahrt. Mar, I!. starb ll>7<» und hatte alö Nachfolger seinen ältesten Sohn Rudolph II. Bald entfremdete ihn fein düsteres sich zn der Alchymie und zu astrologischen Schwärmereien hinneigendes Wesen fast vollständig den Staatsgeschäften. Zwar führte er nicbt ohne glücklichen Erfolg mit den Türken >>rieg. Vielfach wurde dabei um Siebenbürgen get'ämpft, in welchem Lande zuerst Sigismlind Vathory für den Kaiser focht, fodann aber gegen ihn auftrat, fpäter dagegen Botschlay, Sigwmund Nagcchi, (Gabriel Vathory, endlich Gabriel Bethlen Gabor von den Türken als ihre Lehensfürsten anerkannt wnrden. In den (^laubem'sachen jedoch trat er strenger auf und verbot im Erzherzogthnm allen protestantischen (Gottesdienst. Da die ernsten Zeitoerhältnisse einen energischen .Herrscher forderten, veranlaßten die sämmtlichen Prinzen des Hausen den menschenschenen Kaiser Oesterreich, Mähren nnd Ungarn 1l>08 an seinen ältesten Bruder Mathias abzutreten und dieser räumte alsbald den Protestanten in Oesterreich freie Religionsübnng nnd den Zutritt zu den Reichswürden ein. Rudolph starb U>11 nnd nun wurde 1612 Mathias zum deutschen Kaiser erwählt. Im Einverständnisse aller Prinzen des österreichischen nnd spanischen Hanfes nahn: er den Erzherzog Ferdinand III. von Steyer-mart an Sohnes Statt an und bestimmte ihn zu seinem Nachfolger. Unter seiner Negiernng fand am 2li. Mai I l'»18 der bekannte Fenstersturz in Prag statt und begann damit der lwjährige Krieg. Ferdinand, welcher nach Mathias Tode, 1019, znr Regierung in Oesterreich kam, ward noch in diesem Jahre von den öster- 1!I Das Erzhcrzogtblim Ocstcrrcicl' uittcr dcr Eims, reichischen Protestanten in Wien hart bedrängt. Durch die Nähe des Feldhauptmanns der böhmischen Protestanten, Mathes von Thurn, er-nluthigt, welcher bis in dic Vorstädte Wiens vorgedrungen war, hatten sich 16 Deputirte in die Hofburg verfügt, uin den Baiser znr Unterzeichnung verschiedener Privilegien '^u bewegen. Damals soll es sich begeben haben, das; der Fürst, als or in grösster Seolenangst sich vor ein Crueifir >>ülfe flehend ans die Xniee warf, die Worte vernahm:,^r(Vlii:niäe! iwn w ä^oram. Und er blieb in Wirklichkeit nicht verlassen, denn als die Depntirten eben am kühnsten in ihn drangen, erscholl plötzlich vom Burgthor her das Schmettern der Trompeten von Boucquoi's ans Bndweis abgeschickten Kürassieren. Der Fürst war gerettet, die Deputirtcn verließen eilig die Bnrg nnd anch Thnrn zog sich bald nachher nach Böhmen znrück. Ferdinand wnrde zwar als Ferdinand II. 1619 anch Deutschlands Kaiser, dafür wnrden in Böhmen und Ungarn Gegenkünige in der Person Friedrichs von der Pfalz uud Vethlen Gabors gewählt. Beide verbündeten sich mit einander, die Ungarn bedrohten Wien, die Böhmen rückten m Niederösterreich vor. Doch allseitig unterstützt, befreite der Baiser bald das Erzherzogthum von den Eindringlingen, besiegte rasch den Winterkönig in Böhmen nnd stellte anch in Ungarn die Ruhe unschwer wieder her. Anfangs sehte er hierauf selbst den >iampf gegen die protestantische Union in Deutschland mit (Aück fort. Doch das Restitutionsedict fachte das schwach glimmende Feuer zur hellen Flamme an und der Beitritt des gros;en Schwedenkönigs, Gustav Adolf, zu den: von den protestantischen Reichsfürsten geschlossenen Defensionsbund verschaffte den Protestanten unverhofft das Uebergewicht. Nachdem (Gustav Adolf 16^2 bei Lützen gefallen war, uud der kaiserliche Krouvrinz, Ferdinand III., im Jahre N>'N die Schweden bei Nördlingen geschlagen hatte, neigte sich die Wage auf die Seite der katholischen Partei. Um diese Zeit, 1637, starb Ferdinand II. Ueber den Charakter dieses Fürsten sind die Historiker in die bitterste Fehde gerathen doch scheint der katholische oder protestantische Standpunkt Zu sehr 25 ! Das Erzherzogtum Oesterreich unter der Enns. den Aufschlag bei den einzelnen Urtheilen gegeben zu haben imd die Wahrheit auch in diesen: Falle iu der Mitte zu liegen. Ferdinand II., Sohn und Mchfolger Ferdinand IU., mußte den 30jährigen Krieg noch durch 11 Jahre führen. Im Jahre 1l>45> und 1<>46 sah auch unser Oesterreich unter der Enns die Schweden. i645> besetzte Torstensson nach der Iankauer Schlacht den am linken Donauufcr gelegenen Theil des Landes im Westen des Manhartsberges, darunter die Städte Krems und Stein, und rückte immer am linken Donauufer gegen Wien. Er eroberte Korneuburg und nahm selbst die sogenannte Wolfsschanze, welche den Brückenkopf der aus dem Marchfeld in die Wiener Brigittenau führenden großen Donanbrücke bildete. Die Kaiserlichen brannten hierauf die Brücke ab und ganz Wien griff zu den Waffen. Dies; und mehr noch als dieß, daß Ragotzy die zugesicherte Cooperation nicht leistete, bewog Torstensson, nordwärts abzuziehen, ohne Wien anzugreifen. Als ihm dann auch die Einnahme von Brunn nicht gelang, die Kaiserlichen dagegen Ätiederösterreich allmählich wieder in ihre (Gewalt brachten, endlich Rakoezy mit dem Baiser Frieden schloß, war das Land gerettet. Torstensson ging nach Böhmen zurück. Riederösterreich hatte jedoch schwer genng durch diesen Einfall zu leiden, zumal als zu den durch den Feind verbrannten Ortschaften, den schweren Kontributionen, die dem Lande auferlegt worden waren, noch die Pest kam, welche von den ungarischen .^ilfstruppen der Schweden eingeschleppt, auf dein flachen Lande und noch mehr in Wien wüthete. Im Jahre 1l>4K wurden den Schweden auch die letzten uon ihnen in Niederösterreich besetzten Städte Krems und Stein, dann Korneuburg und noch später einige unbedeutende feste Puukte, Rabensburg, Falken-steiu und Staatz, entrissen. Ende August war die Prooiuz vollständig von den gefürchteten Gästen gereinigt: doch streiften sie aus Mähren selbst noch am Ende Oktober bis Horn und Netz. Im Jahre 1648 beendigte der Westphälische Friede den ^»jährigen Krieg, woranf Kaiser Ferdinand III. noch l> Jahre regierte. Sein Sohn, Leopold I., war schon während seinen Vaters Lebzeiten ^ Das Erzbcrzogthlim ^cstcrrcich unt^r dcr Enns. in Ungarn und Böhmen gekrönt worden nnd erhielt nach dessen Tode anch die deutsche Kaiserkrone. Unter ihm erneuerte sich der Türkenkrieg in Ungarn. Aberinals gaben sicbenbürgische Verhältnisse den ersten Anstoß dazn. Montecuccoli's Sieg bei St. Gotthart hatte allerdings einen läugern Waffenstillstand zur Folge. Bald jedoch erhoben sich die unzufriedenen Magnaten in Ungarn selbst. Zahlreiche Hinrichtungen konnten die Ruhe uni so weniger herstellen, als der Kaiser gerade jetzt auch mit Frankreich wegen Hollands in einen .Krieg gerieth. Als aber zuletzt Oesterreich mit Frankreich 1678 Frieden schloß, riefen die ungarischen Mißvergnügten, obenan Graf Emerich Toköli, wieder die Türken zu Hülfe. Diese benutzten mit Frenden die Gelegenheit und rückten 1683 unter dem Großvezier Kara Mnstapha in der Stärke von 250,000 Mann gegen Wien. So mußte die Residenz, welche sich noch nicht von der furchtbaren Pest des Jahres 1679 erholt hatte, die zweite Türkenbelagerung erleiden. In der Zeit vom 1 l. Juli bis 12. September wurde die Stadt, in welcher Graf Ernst Rüdiger von Starhemberg befehligte, durch Be-schießnng, Minen und Stürme aufs Härteste bedräugt. Zuletzt litt sie bereits den empfindlichsten Mangel an Lebensrnitteln und war die ursprünglich aus 12 —14,000 Maun kaiserlicher Truppen und, inbegriffen die bewaffneten Bürger und Studenten, aus beiläufig 20,000 Maun be-steheude Besatzung, durch die steten Kämpfe gewaltig zusammengeschmolzen. Da endlich, am 12. September, traf über das Kahlengebirge das Ersahheer ein. Nebst den Kaiserlichen unter Karl von Lothringen bestand es aus bayrischen uud sächsischen Trnppen unter der Führung der Churfürsten Max Emanuel und Johann Georg, aus den übrigen Neichstruppen, endlich aus den Polen unter dem König Johann Sobiesky. Nachdem es die Türken aus den Stellungen am Fuß des Kahlengebirges geworfen, drang es unaufhaltbar in das feindliche Lager vor. Panischer Schrecken brach damit über die Belagerer herein, sie ließen ihr Geschütz und ganzes Lager als eine unermeßliche Beute für das Erfatzheer im Stich uud ergriffeu die Flucht. Wieder war das Erzherzogthum von den grausamen Feinden befreit. Tasselbe gelang inUngarn crst im Jahre 1687, worauf dann der Reichstag 27 4* Das Erzherzogthmn Oesterreich unter dcr Enns. zu Preßbnrg, UIN die innere Ruhe zu befestigen, die freie Königswahl abschaffte uud dir Erbfolge einführte, deo Kaisers Sohn, Josef, aber als erster Erbkönig gekrönt wurde. Allein die Kriege nut den Türken dauerten noch 12 weitere Jahre und siud zmu nicht geringen Theile auf Rechnung des (trafen Tököli zu schcn, welcher scitN' Ansprüchc auf daö voili Baiser untcrworfcnc Siebenbürgen unter türkischein Schutz zu behaupten suchte. Erst der qläu-zende Sie^ de^ Prinzen Eugen von Tauoyen bei Zentha 1697 zog den Karlowitzer Frieden 1699 nach sich, worin der Sultan auf Ungarn, Siebenbürgeu und Slavonien verzichtete. Leopold verband 1<><'5> wieder Tirol nnd die Vorlandc mit der Hauptlinie, nachdem sie dnrch -l<> Jahre einer osterreich-tirolischen Linie überlassen gewesen waren, anch erhielt er 1l>75» nach dein Tode dec, letzten plastischen xxrzogo einen (Gebietszuwachs in Schlesien. Der großartigste Länderzuwachs erwartete ihn jedoch erst, ab> 17<»<» der spanische König Karl I I. ohne männliche Nachkommen starb und nut ihm die ältere österreichische Linie, welche Spanien seit Karl V. beherrschte, erlosch. Die Besitznahme de5 reichen Erbes für seinen vweiteu Eohu Karl führte zum spanischen Erbfolgekrieg mit Frankreich lind dessen Alliirten. Doch nieder Leopold I., welcher !7<»5 starb, noch scin Nachfolger Josef I. erlebten dao Ende dieses neuen Krieges. Schon hatte das (henie Eugens, welchen: ein anderer großer Feldherr, Malborough, die Hand reichte, das Kriegsglück an die österreichischen Fahnen zu ketteu gewußt, schon schien Frankreich zum Nachgeben bereit nnd waren die Friedendunterhandlnngen eingeleitet, da starb plötzlich Kaiser Josef, erst ^ Jahre alt, 1711. Doch hatte ihm das Schicksal gegönnt, die Kämpfe gegen die Mißvergnügten in Ungarn, die sogenannten Kuruzzen, zu beeudigcn, welche in den Jahren 17wrl war zur Erbfolge in den deutschen Erbländcrn berufen und wurde auch alsbald als deutscher Kamr Karl VI. erwählt. 25 Das Evzhcrzogthiim ^cstcrrcich unt^r dcr Enns, Den spanischen Erbfolgetrieg beschloß 1715! der zwischen den Verbündeten des Kaisern, England inw Holland, mit Frankreich geschlossene Utrechter Friede, auf welchen 1714 der Rastädter Friede zwischen Oesterreich und Frankreich folgte. Ludwig XIV. Enkel Philipp V. blieb König von Spanien, dafür erhielt Oesterreich Mailand und Mantua nebst anderem Besitze in Italien nnd die spanischen Provinzen in den Niederlanden. Leider trübte schon die ersten Regierungsjahre Karl VI. dao neuerliche Wüthen der Pest in Oesterreich. Anch die Residenz ward von der Seuche arg heimgesucht. Bald brachen hieranf die Türken den Karlowitzer Frieden und nöthigten den Kaiser zu einem neuen kriege mit ihnen. Wieder siegte der große Eugen von Savoyen nnd der Pasfarowitzer Friede trug Oesterreich eine Gebietserweiterung an seiner Südostgrenze ein. Größeren Ruhm noch als im Krieg erwarb aber der Baiser durch seiue Sorgfalt für das friedliche Gedeihen seiner Staaten. Er suchte den Ackerbau, die Gewerbe, das Fabrikswesen und den Handel auf jede mögliche Weise zu fördern. Zeugen davon sind viele zweckmäßige Gesetze, die er zu diesem Ende gegeben, sind die 5?äfen nnd Kunststraßen, welche er erbaute. Als Freund der dünste stiftete er die Akademie der bildenden Künste in Wien, als Gönner der Wissenschaft erweiterte er die Hofbibliothek, deren herrliches Gebäude ihm zu danken ist. Doch auch andere Monumentalbauten in Wien, obenan die Reichskanzlei in der Hofburg uud die schöne Karlstirche bezeichnen ihn als ihren Erbauer. Seine Humanität endlich fand ihren Aufdruck in den großen Spitälern und den Stiftungen zu ihrer Erhaltung, welche ihm ihr Entstehen verdanken. Als ein Gesetz von hoher Wichtigkeit für die österreichischen Erbländer, das Kaiser Karl VI. gegeben, muß vor Allein die pragmatische Sanktion betont werden. Da er keine männlichen Erben besaß, machte er dieß von ihm bereits 17Ui sanctionirte auch auf die weiblichen Nachkommen ausgedehnte Erbfolgegesetz im Jahre 1720 bekannt. Ihr wesentlicher Inhalt geht dahin, daß die gesammten österreichischen Erbländer untheilbar sein nnd ewig beisammen bleiben sollen, daß, so lange der Mannsstamm des ErzHauses fortdauert, dieser nach dein Rechte der Erstgeburt succediren H' Das Erzbcrzogtlmm i^cstcrvcick' inü^r dcr Enns. soll, in Erinangelung männlicher Erben aber die weiblichen ^iachkommen in eben der Ordnung wie die männlichen nach dem Rechte der Erstgeburt zur Erbfolge berufen sein sollen, nnd zwar zuerst die Töchter Karl VI., dann jene Josef I., weiter Leopold I. nnd so fort. Tie Landtage aller Erbländer nahmen das Fnndamentalgesetz an nnd jetzt ging das Bemühen dev Kaisero dahin, auch die auswärtigen Mächte znr Annahme zn bewegen. Er brachte diesen: seinein Lieblings-wnnsche große Opfer nnd hoffte, als er die allseitige Zustimmung erlangt hatte, die Mchfolgc seiner ältesten Tochter Maria Theresia, welche er 17'.i<', mir Franz von Lothringen verheirathete, werde ohne Anstand vor sich gehen. Roch wnrde er, als Rußlands Bllndeogenosse, in einen für die österreichischen Waffen nicht unglücklichen mit dein Belgrader Frieden 17:;!» endigenden Türkenkrieg verflochten nnd starb 174s). Mit ihm erlosch der männliche Stamm der Habsbnrger, welche seit Baiser Rndolf I. über Oesterreich geherrscht hatten. In Maria Theresia feiert Oesterreich einen seiner größten Regenten. Sie besas; männlichen Verstand mit weiblicher Würde gepaart nnd hat unstreitig einer humaneren nnd den geistigen Fortschritten der Zeit entsprechenderen Anschauung auf dem Throne in Oesterreich Bahn gebrochen, während derselben bis dahin das österreichische Regierungsslistem nicht in dem Masie wie dasjenige anderer Staaten gerecht gewesen war. Bald nach ihrem Regierungsantritt ward ihr der Schmerz bereitet, die pragmatische Sanktion, obgleich sie allgemein anerkannt war, von mehreren Seiten bestritten zu sehen. Roch 1740 begann Friedrich II. von Preußen den Kampf um Schlesien, Karl Albert von Bayern folgte, von Frankreich nnd Sachsen uuterstützt, mit einem Eiufall in Oberösterreich und Böhmen. Die Königin fand die kräftigste Unterstützung in ihren Erbländern, insbesondere von Seiten der Ungarn und das begeisterte: Noi'l^mur pro i'^Zo no«ti'o Nm'iii, I^lci'c^m ist historisch geworden, dao diese der schönen Fürstin zujauchzten, als sie im Trauergewand der ungarischen Nationaltracht, mit dein >xo'nigoschwert umgürtet und der Krone des hei- ,'lu Das Erzherzogtum!! i7cstcrreick! liuter dcv Enns, ligen Stephan auf dem Haupte, auf dein Landtage zil Preßlmrg erschien und in vertrmtungsvollen Worten ihre Hülfe begehrte. Mit Preußen und Sachsen wurde 1742 der Nreslaner Friede geschlossen, worin Oesterreich auf Preußisch-Schlesien und l^latz verzichtete, Böhmen aber von den Franzosen gereinigt und Bayern besiegt. Allein bald griff Frankreich den Kampf im eigenen Namen auf; Spanien vereinigte sich mit ihm, um Besitzungen in Italien zu erwerben und Friedrich II., um sich Schlesien zu sichern. Maria Theresia hatte England, Holland, Sachsen und Sardinien zu Bundesgenossen. Der zweite schle-sische Friede endigte 1745 den Kampf mit Preußen, das Glatz und Preußisch-Schlesien behielt, der in demselben Jahre geschlossene Friede zu Füssen jenen mit Bayern. Der Kurfürst desselben, Mar Josef, dessen Vater, Karl Albert, zwei Jahre früher von den Oesterreichern any dem ^ande vertrieben worden war, erhielt die Regierung gegen dem wieder, daß er die pragmatische Sanktion anerkannte. Zuletzt folgte 1745 der Friede voll Aachen mit Spanien und Frankreich. Ataria Theresia trat einige italienische, Besitzungen ab, Frankreich räumte dafür die Niederlande. Schon im Jahre 1745> war Maria Theresia's bemahl, Franz I., zum deutschen Kaiser erwählt worden. Maria Theresia, dadurch Kaiserin, benutzte die friedlichen Jahre nach dein Aachener Frieden zu Verbesserungen im Innnern ihres Reiches, und traf im Kriegswesen, im Steuersystem und in der (5ivilverwaltung tief eingreifende Aenderungen. Doch zu bald wurden die Tage des Friedens und der zeitgemäßen Reformen durch den Beginn des 7jährigen Krieges unterbrochen. Ihn beschloß 17t>3 der Hubertsburger Frieden. Eine Folge des letzteren war die Wahl des Sohnes der Kaiserin, Josef zum romischen König. Schon im nächsten Jahre starb dann Kaiser Franz I. und bestieg Josef U. den Kaiserthron, Maria Theresia nahm ihn zum Mitregenten in Oesterreich an lind überließ ihm das Militärwesen vollständig. Unterstützt von ihrem allsgezeichneten Sohn widmete die Kaiserin nun allen Richtungen des Staatslebens die regste Sorgfalt. Das Unterrichtswescn hatte sich ihrer besondern Förderung zu erfreuen. Anstalten zur Bildnng des Volkes in jeder Richtung entstanden ^!l Das Erzherzogthiim ^slcrrcich lin^z,- dl.-r C'ims, unter ihr, sic ilnterstützte Handel und Gewerbe, 5iunst und Wissenschaft durch vortreffliche Einrichtnngen und nahm sich in ihrer Gesetzgebung noch insbesondere der bäuerlichen Bevölkerung an. Die Justiz endlich verdankte ihr die Abschaffung der Tortur. Wien verschönerte sie dnrch viele stattliche Bauten, wie sie auch das prächtige Lustschloß Schonbrunn bei Wien vergrößert hat. Bei der ersten Theilung Polens gewann sie Galizien und ^odomerien für Oesterreich, im Jahre 177<) aber das Innviertel, letzteres dnrch den Teschener Frieden, welcher zwischen Oesterreich nnd dem Herzog von Zweibrücken, dann dem für die Rechte des Herzogs in den ^ampf eingetretenen Preußen, znr Beilegung des Streites über die Erbschaft des letzten Kurfürsten von Bayern, Max Josef, geschlossen, den erst beginnenden .^rieg rasch wieder beendigte. 1780 starb die große Kaiserin. In Josef II. tritt uno die sympathischste Erscheinung aus der österreichischen Negentenreihe entgegen. Gewiß gibt es kein schöneres ^ob für einen Mann, und doppelt für einen Herrscher, als dasjenige, stets das Beste gewollt zu haben, und dies ^ob gebührt unbedingt Josef II. Auch fpricht die Inschrift auf dem Portale des von ihm dem Publikum eröffneten Augarten's in Wien „Allen Menschen gewidmeter Erlustigungsort von ihren: Schätzer" die volle Wahrheit aus. Josef !l. war ein Schätzer der Menschen, er war ein Menschenfreund. Nicht alle seine Gesetze waren zweckmäßig, wir geben es zu, daß er zu viele nnd zu rasche Neuerungen vorgenommen hat. Allein es war eben fast Alles in Oesterreich zn verbessern und wie nahe mußte da dem vom wohlwollendsten Geiste beseelten aufgeklärten Monarchen der Wunsch liegen, sogleich day Bessere, nicht bloß das Gute einzuführen, in edler Vergessenheit, daß diejenigen, zu deren Wohl die Einführung erfolgte, kamn für das Gute reif waren. Der maßlose .haß aber, mit welchem Eigennutz, verrottetes Sonderinteresse und der finsterste Obscurcmtismus über die Reformen des herrlichen Mannes hergefallen sind und nach mehr als 80 Jahren noch immer über sein Andenken herfallen, beweist am Schlagendsten, daß die Josefinischen Institutionen sie zum Heile der Menschheit tödtlich getroffen haben. 3^ Das Erzherzogthum Oesterreich unter der E,ms, Josef hatte schon als Mitregent seiner Mutter seine Erbländer und das Anstand bereist und war mm eifrigst bestrebt, den Zustand seiner Staaten zu verbessern und das auswärts angetroffene Gute in ihnen einzuführen. Es würde viel zn weit führen, die Reformen Josefs alle einzeln aufzuzählen. Tie Josefmifchcn Gesetze haben in Oesterreich zum Theil bw auf die neueste Zeit Geltung gehabt und haben sie theilweisc noch. Nur drei seiner bedeutendsten Reformen mögen hier flüchtig angedeutet werden. Josef war der erste Vertreter der österreichischen Staatseinheit. Gerade in unseren Tagen erkennen wir in der Verschiedenheit der Nationalitäten Oesterreichs und den von jeder einzelnen daraus erhobenen Ansprüchen auf Sonderstellung das größte Uebel, an welchem Oesterreich krantt. Josef suchte nun die möglichste Germanisirung seiner Bänder und ihre Gleichförmigkeit iu Gesetzgebung und Verwaltung durch seine Gesetze zu erzweckeu. Weiters nennen wir das Toleranzpatent, das allen Unterthanen freie Religionsübung und den Genuß der bürgerlichen Rechte gewährte und das Unterthanspatent, welches die Leibeigenschaft der Bauern vollends aufhob. Josef war kein glücklicher Regent! Jeder Reformator mnsi Anfeindungen von Seite aller in ihren Interessen und Rechten oder Rechtsmiß-bränchen Gestörten gewärtigen. Nicht darin also, daß er davon nicht verschont bleibt, kann das Glück eines .Herrschers gesucht werden, welcher sein ^and durch eine neue Gesetzgebung umzugestalten bemüht ist. Jenem Regenten aber ist das Glück uach unserer Ansicht nicht hold, welcher seine aus der edelsten Absicht des Volkswohles hervorgegangenen Reformen später selbst theilweise als unausführbar erkennt. Und Kaiser Josef kam in diese traurige ^age und dieß war vornehmlich rücksichtlich der großen Idee der Staatseinheit der Fall. Dennoch wäre trotz des mangelnden Verständnisses und bisweilen selbst offenen Widerstreben^ der Zeitgenosse,: vielleicht diese, gewiß aber manch andere später nicht altsgeführte heilsame Josefinische Reform zur n 5 Das Erzherzogtum Ocstcvrcicb untcr dcr (5ü»s, Ausführung gekomnlcn, wenn dcr Kaiser länger am Leben geblieben sein würde. Aber schon 17^7 kam er aus dem Kriege, welchen er in Folge des mit den Russen geschlossenen Tefensivbündnisses gegen die Türken führte, krank in die Residenz zurück, seine Krankheit verschlimmerte sich Hieralls fortwährend und am 20. Februar 1790 hauchte er seine edle Seele aus. Sein Bruder und Nachfolger, Leopold II., bisher Großhcrzog von Toscana, schloß bald Frieden mit den Türkell und beruhigte durch die rascheste Beseitigung einer Anzahl Josefinischer Reformen die mit den Neuerungen nicht zufriedenen Bänder; bloß in den Niederlanden mußte Gewalt in Allwendung gebracht werden. Er starb 1792. Noch während der Regieruug Leopold II. hatte die französische Revolution ihreu Anfang genommen und Leopold noch zunächst mit Preußen in Pillnitz beratheil, wie ihr ein Damm zu setzen sei. Die Reibungen zwischen der Republik und Oesterreich hatten zugenommen und mußten zum Kriege führeu. Tie Republik kam zuvor uud erklärte ihn wenig Wochen, nachdem Franz II., Leopolds Sohn, den Thron bestiegen. Damit begannen die französischeil Revolutionskriege. Durch die Friedensschlüsse von (5amvo Formic» (1797), Luneville (1801), Prcßburg (1805), Wien (1809) zeitweilig unterbrochen, fanden sie erst nach 23 Jahren durch den 2. Pariser Frieden ihren vollständigen Abschluß. Oesterreich führte die beiden ersten Kriege mit verschiedenen Bundesgenossen und je nachdem das Kriegsglück ihm gelächelt oder sich von ihm abgewandt hatte, wurde sein Länderbesitz ill den einzelnen Friedensschlüssen vergrößert oder geschmälert. Schwerere Schläge trafeil es in den folgenden zwei Kriegen. Im Jahre 1^05, griff Kaiser Franz im Verein mit England und Rußland neuerlich zu den Waffen. Napoleon, welcher sich inzwischen in Frankreich einen Kaiscrthron errichtet hatte, drang siegreich nach Oesterreich vor, eroberte selbst die Residenz Wien und siegte entscheidend bei Austerlitz. Oesterreich verlor im Preßburger Frieden einen nicht unbeträchtlichen Theil seines Gebietes. Und nun folgte Deutschlands tiefste Erniedrigung, der Rheinbund, 34 Das Erzherzogthum Oesterreich unter der En»s, Juli 180l>, doch alich die Allflösuug des deutschen Reiches, indem bald darauf 5taiser Franz II. die >vaiserwürde niederlegte. Er hatte schon inl Jahr 1804 die t^esannutheit seiner Erbländer zu einem Erbkaiserthuln erhoben und den Titel des ersten Erbkaisers von Oesterreich angenommen, als welcher er von jetzt an als Franz I. regierte. Als dann 1^'U der >>rieg Oesterreichs mit Frankreich wieder entbrannte, befand sich Oesterreich allein einer Coalition gegenüber. Napoleons Henie vermochte selbst der bedeutendste Feldherr Oesterreichs, Erzherzog .^arl, nicht zu widerstehen. Die Franzosen brachen wieder in Oesterreich ein, Wien mußte eapituliren. Zwar siegte Erzherzog zwrl bei Aspern, doch verlor er bald darauf die Schlacht bei Wagram. Im Wieuer Frieden fügte sich Oesterreich in das Unvermeidliche und trat herrliche Provinzeil an Frankreich und seine Verbündeten ab. Erst als im 5. kriege durch die Schlacht bei Leipzig !8U; Napoleons Macht gebrochen uud Paris 1^14 von den Alliirten eingenommen worden, dann nach den KM Tagen Napoleon bei Waterloo 1815 für immer niedergeworfen worden war, erhielt Oesterreich durch den Pariser Frieden und den Wiener ^ongres; den grositen Theil seiner Bänder wieder zurück, und betrachtet man sein lieblet vor und nach den französischen Kriegen, so stellt sich al5 die wesentlichste Veränderung nur die heraus, das; es Belgien und die Vorlande verloren, dagegen Salzburg und die Besitzungen der frühern Aepublil Veuedig erworben hatte. Doch hatte es nebstdem noch an Rußland Westgalizien überlassen müssen, das ihm nicht durch den .ttrieg, doch während der >irieg5läufe, 1795 bei der dritten Theilung Polens anheimgefallen war. Auf die Franzosentriege folgte auch für Oesterreich eiue Zeit langen Friedens. Sie brachte ihm die reichlichen Früchte dev unaufhaltbaren Fortschritts: doch leider auch nur diese, denn man war von 1815—1K4K dem Fortschritt nicht um seiner selbst willen hold. Oesterreich war die Präsidialmacht de5 durch die deutsche Bundesakte eonstituirten deutschen Bundes geworden: allein der Bund griff weit mehr hemmend al5 fördernd in das geistige ^eben oer Staaten Deutschlands ein uud hemmte damit auch ihren materiellen Wohlstand, weil, wenigstens i>^> ü» Das Lrzherzogthum Oestcrrcich unter der Enns, nach unserer innigsten Ueberzeilgung, der geistige Fortschritt eines Volkes und sein materielles Wohlbefinden in geradein Verhältnisse zu einander stehen. So brauste denn der Sturm, welcher 1848 zuerst den Thron des Bürgerkönigs in Frankreich umstürzte und dann noch manch andern Thron wanken machte, auch nicht spurlos an Oesterreich vorüber. Das Volk verlangte überall Rechte, die ihm nicht gewährt werden konnten oder wollten. Wien erlebte wiederholt Volkserhebungen und mußte im Oktober von den kaiserlichen Truppen mit Waffengewalt erobert werden. In Ungarn gewann die Revolution noch größere Dimensionen, nahm eine nationale Färbung an und konnte erst im Jahre 1849 nach schweren Kämpfen mit russischer Hülfe unterdrückt werden. Doch auch an einem äußern Feinde fehlte es Oesterreich nicht. Das durch Zuzug von Schaaren aus den andern italienischen Staaten verstärkte Sardinien überzog es wegen seines italienischen Besitzes schon 1848 mit Krieg, wurde jedoch besiegt. Noch unglücklicher war dieser Staat, als er den Kampf 1849 erneuerte: er wurde in kürzester Zeit geschlagen und mußte um Frieden bitten, welcher ihm großmüthig gewährt wurde. Kaiser Ferdinand I., welcher seit seines Vaters Franz I. Tode in Oesterreich geherrscht, und unter dessen Negierung 1846 Krakau Oesterreich einverleibt worden war, hatte noch im Jahre 1848 der Krone zu Gunsten seines Neffen Franz Josef I. entsagt und diesem höchst wohlwollenden Fürsten fiel damit die fchwere Aufgabe zu, das Land, das so lange ill der freiheitlichen Entwicklung zurückgehalten worden war, im zeitgemäßen Sinne umzugestalten. Die Versuche dazu uuterbrach 1859 ein neuer Krieg mit Sardinien, als dessen Alliirter der Kaiser der Franzosen, Napoleon III., auftrat. Beim Friedensschlüsse, welcher zu Zürich vor sich ging, trat Oesterreich die Lombardie an Sardinien ab. Im Jahre 1866 gerieth Oesterreich in einen Krieg mit Preußen wegen der Herzogthümer Schleswig-Holstein. Die beiden deutschen Mächte hatten dieselben 1864 gemeinschaftlich erobert, konnten sich aber über die Theilung nicht vereinigen und so mußten die Wasfen entscheiden. Sie entschieden für Preußen, es siegte bei Koniggrätz und seine Truppen ÄS Das ErzhcrMtbmu Oesterreich imtcr dcr ^nns. warn: in Niederösterreich bis in die Nähe der Residenz auf dem linken Donauufer vorgedrungen, als der Friede zu Nikolsburg geschlossen wurde. Die Elbherzogthümer blieben Preußen, Oesterreich jchied aus Deutschland, dessen Staaten im Norden des Main fortan den norddeutschen Bund bilden sollten; das einstige Sardinien, jetzt Königreich Italien welches gegen Oesterreich als der Alliirte Preußens in Italien gefochten hatte, doch unterlegen war, erhielt das Venetianische, das Oesterreich an Napoleon abgetreten hatte. Schon nach dem unglücklichen kriege von 1859 entschied sich Oesterreich für wahrhaft freisinnige Institutionen, und es hat seitdem die freiheitliche Bahn nicht wieder verlassen. Die inneren Kämpfe seiner Nationalitäten mit den darauf gegründeten Sonderanfprüchen sind jedoch leider auch heute noch nicht ausgekämpft und hindern es in der europäischen Volkerfamilie jene Stellung einzunehmen, wozu es sein Bänder -besitz, die Zahl seiner Bewohner und die Tüchtigkeit der Mehrzahl seiner Volksstämme berufen würde. Möge ihn: bald ebenso der innere Friede werden, als ihm die Freiheit geworden ist! Land und Leute in Oesterreich unler der Enns. Oesterreich unter der Enns gränzt in: Norden an Böhmen und Mähren, im Osten an Ungarn, im Süden an Steyermark, im Westen an die Schwestcrprovinz Oberösterreich und im nordwestlichen Theile wieder au Böhmen. Das ganze Erzherzogthum in seinen beiden Theilen durchströmt die Donau in der Richtimg von Westen nach Osten. Sie tritt bei Passau an der Stelle in Oberösterreich ein, wo sie sich mit dem aus Süden daherfluthenden Inn, welcher die oberösterreichische Westgrenze gegen Bayern bildet, vereinigt und verläßt Unterösterreich an der Einmündung der March, die den nördlichen Theil dieses Landes von dem östlich gelegenen Nachbarlande Ungarn scheidet. 3? Das Erzhcrzogthmn Oesterreich uittcr dcr lHmis, In Oberöstcrreich habcn wlr die wcitans größere Hälftc dcr Provinz auf dcm rechten User dcr Donau zll fuchcn, Untcröstcrreich wird durch dcn Stroin in zwei fast gleich große Hälften getheilt. Von dcn ca. 3^4 österreichifchen oder lj<><) gcographifchcn Quadratmcilcn dco ^an-dc^ liegen nehmlich ctwa I7^> auf dc:n lint'cn nördlichcn und 171 auf dcm rcchtcn füdlichcn Nfcr. Schon dic (^cfchichtc ^iicdcrostcrrcichs hat llNö tlar gczcigt, das; dic brcitc Wasscrstrasic in fcincr Hiittc auf dic l^cschickc fcincr dicssoits und jenseits gclcgcncn Thcilc vielfach Einfluß gcnommcn hat. Sie sind jcdoch auch in ihrcr Bodcnbcschaffcnhcit nnd in ihrem landschaftlichcn (5harattcr wcfcntlich vcrschicdcn. Dcr füdlichcn Hälfte dicnt dcr >>ochrand dcr Alpcn in fcincm im l^roßcn und l^anzcn wcst-östlichcn Vcrlanfc alö e»)rcn;c. Dic hcutiqc Gcographic utitcrschcidct drci ^roßc Zoncn dcr Alpcll dc^ >vaifcrthumo Ocstcrrcich' dic (5cntral-, dic ^iord- und dic Süd-Alpcn. Dic nicdcröstcrrcichifchcn 'Alpcn <^chörcn durch^chcnd') dcn Nordalpcn an, mit Anonahnlc cincs klcincn Thcilcb in dcr sndost-lichstcn (5ckc dc^, ^andc^ wo sich das östlichstc Endc dcr (5cntralalpc>! crhcbt. Von Wcstcn nach Ostcn rcil)cn sich dic Vcrggrnppcn dcr Voralpc, des Dürrcnstcin und dc5 .^ctschcr, dc'> Traiscnsicbirqcci, dcr Schnccalpc, dcr Rcn'alpc und dc5 Wicncr Schnccbcrgc^ an cinalidcr. Ilcbcr Tlicilc dcr nicistcn dicscr (^ruppcn ^icht dic ^andc^qrcnzc hin, nur jenc dcö Schnccbcrgco, dco cnlluinircildcn (^ipfclo in Mnz Untcröstcrrcich, licgt vollständig anf untcrostcrrcichischcn: Bodcn. Dic (^rcuzc hat sich nchin lich von der Nar,alpe südoftwärts ^nnt Scmmcring hinübcrgcschwungc)! und erreicht bald darauf dcn t^rosicn Pfaffen und an ihm dic Ccntral-alpen. Ihnen ist es vorbchaltcn, wic gcsagt, nnt ihrclii östlichen Eildc, die Grenze des südöstlichsten Theiles von Oestcrrcich nntcr vcr (5nn^ gegen Steyermart abzngcdcn. In ihncn sollst ostwärts auf dcn Pfaffen der Wcchscl, dcr lctztc hohc Bcrg dieses gewaltigen Alpensystenls, von welchem es sich rasch gegen das ungarische Tiefland senkt, so wie es sich auch in dcm nach worden, zum Theil als (Grenze Untcrdstcrrcichs gcgcn -j« Das Erzherzogthum Ocstcrrcick' unter der Emis. Ungarn ausgesandten 'liosalien- und ^eitha-l^ebirge, nur mehr zn geringer .höhe zu erheben verinag. Die oben aufgezählten Berggrnppcn der ^ordalpcn haben ihre Namen znineist von den höchsten Erhebungen in ihnen erhalten und so zählen wirklich unter die höchsten Berge Niederösterreichs die Voralpe 54^1 Wiener Fuß, dcr I)üricnsN'in 5<>22 Fns;, dcv Octschcr 5970 ^us;, dio Raralpi) K34N ^vllsi, d^'r Schn^'bc^ s>^)7(j ^uß. Ausicrdcin sind noch durch >>ohc allsgczcichnctc l^ipfcl dcr GamVstnn ca. 5400 ^usi, dao >>ochtor 5692 ^usi, dl.'r Sch^iblinqstcin 5110 Fuß, dic Zcll^'r .vütte l^dcr großc) 512^ ^usi, dic (^cnu'inalpc 5119 Fusi, dcr (^öll^r 5571 Fusi, dcr l^ipp^Ibcrg 5274 Fnsi, dcr Tirnivcr .v^^cr 4^2« Fuß, dk .hoch- odcr N^i^alpc 4424 Fuß und dcr Eonncnwcndstcin odcr Göstritz bei Schottwicn 4^l1^ Fuß. Von dm Ccntmlalpcn an dcr l^rcnzo hat dcr Großc, Pfaff dic >>öhc von 4807 Fns;, dcr Wcchscl alicr in scincr höchsten Kuppc, dcnl Ulnschllß, jcnc mm 5497 Fuß. Dic hicr aiMsscbcncn >>öhcn filw dcdnltcnd qcnuq, um dio imposanten Formen deo .Hochgebirges znm Ausdruck ,^n dringen nnd den Thälern an ihrem Fuß den Charakter der (Großartigkeit ^n verleihen. Das Thal von Reiclienau nnt dein prachtvollen Massiv der Naralpe, )ene^ von Buchberg, in ivelcheo der SchiN'ederg mit einer einigen Wand bei 5000 Fuß tief herabstürzt, das (^uttensteiner Thal und inehrere andere finden an inalerischem nnd doch erhabenem Neiz wenig ihres gleichen in den Alpen. Wir werden auf einzelnen Ansflügen manche dieser interessanten,hochspitzen ersteigen, manche dieser fesselnden Thäler kennen lernen, Der .hanptkamm der Alpen sendet wieder vielfach verästete Berg-,^üge nordwärts, welche allmählig sich senkend hie nnd da selbst bis an die, Tonau reichen. Dadurch bekommt die gan.^e südliche .Hälfte Nieder-o'sterreichs den TypnZ eines Alpenlandes. Sogar dort, wo das (Gebirge in großer Entfernung vom .Hauptkamm nahe der Donau endigt, oder wo am Ostrand der Kalkalpen sich seine höhen zur Tiefe neigen, liegt ihnen noch liebliches Vorland vor und noch dort, wo der Boden am Ufer des Stromes oder nahe der ungarischen Grenze sich zur Ebene verflacht, ge- 39 Das Erzherzogthttm ^cstcrvcich uiitcr der EnnH, währt uundestens der Blick auf die südlichen.Hochgebirge einen entzückenden Abschluß. Der auf dein rechten Donauufer gelegeue Theil Niederösterreichs übertrifft unstreitig jenen auf dem linken Ufer an landschaftlicher Schönheit bei Weiten. Es scheint am Platze zu fcin, sogleich hier der Nuteradtheilung des am rechten Donauufer gelegenen Theilen von- Unterösterreich zu erwähnen. Am Gippelberg löst sich vom Hauptrücken der Kalkalpen ein Ge-birgszug los. Er entsendet zahlreiche Aeste oft- und westwärts. Er selbst aber hält im (tanzen die nördliche Richtung ein bis er am Leopoldsberg bei Wien sich durch die Donau die Grenze gezogen sieht. Dort ist das Knhlengebirge, der uralte M0115 Eetius, welcher schon unter den Römern Pannonien oon Norieum schied. Er heißt im vorderen Theile der Wiener Wald und alo solcher theilt er, gleichfalls nicht erst seit neuester Zeit, Niederösterreich im Süden der Donan in zwei Theile, welche, weil auch die nördliche .Hälfte des Bandes in Zwei Theile getheilt wird, Viertel heißen, in das Viertel ober dem Wiener Walde und das Viertel unter dem Wiener Wald, ersterem auf seiner West-, letzteres auf seiner Ostseite gelegen. Grundverschieden von dem alpinen Charakter der Südhälfte von Unterösterreich zeigt sich jener, der auf dein linken Ufer der Donau gelegenen Hälfte. Ihre Erhebungen gehören ourchgehends dem zum sude-tischen System des deutschen Mittelgebirges gerechneten böhmisch-mährischen Gebirge an. Eigenthümlich ist die Gestaltung, daß das ganze Gebirge in seinem südlichen, seinem Ende an der Donau nahen Theile nicht allmählich an .höhe abnimmt, vielmehr erst in steilen Gehängen von leicht 1MW Fuß gegen den Flnß abfällt. Das ganze ^and gestaltet sich im westlichen Theile zu einer bergigen von tiefen Thalrinnen durchschnittenen .Hochfläche, welche als der Weinsberger- und Gföhler-Wald bezeichnet wird. Die höchsten Punkte, der Peilstein, Ostrang, Iauerling, ragen wenig unter oder nahe bis zu ^iälnpfen das Schicksal Niederösterreichh entschieden worden ist. Die ganze Eonfignration, welche dem ^ande unter der Enli») das Flußbett der Donall in der Mitte nnd die Senkung des banden zu ihm von den Höhenzügen im worden nnd von den dämmen der 'Alpeil im Süden gibt, weist auch den Flüssen ihren ^anf dort von worden nach Süden, hier von Süden nach Norden znr Donall an. Bloß die nordwestliche Ecke im Viertel ober dem Manhartsberge dacht zur Moldau nnd durch sie ,^nr Elbe ab. Doch sind nnr die Grenzflüsse, die Emi5, March nnd Leitha von einiger Bedeutung. Die Emw, welche im letzten Stück ihres Kaufes aus Süden die Grenze zwischen Unter- und ilberösterreich bildet, kennzeichnet ihr rascherer Fall, lind ihr reines Wasser als ein >vind der Berge. Die March, eine Tochter de5 Flachlandes, treibt ihre trüben Wellen vielfach zwischen Anen dahin. Ihr stärkster ^nflnsi, die Thalia, entspringt mit einem Arme ties im Viertel ober dein Manhartsberg, stießt hierauf die ganze Breite des Vierteln nnter dem Manhartsberg entlang immer in der Mlie der ^andesgrenze gegen Mähren ostwärts und biegt sich endlich um die nordöstlichste Ecke Nnterösterreichs, nm bald darauf in die March zn fallen. Die ^eitha, welche sich ano mehreren Qnellbächen, darnnter der in dem Innersten der niederosterreichischen Alpen geborenen und dnrch dav schone Thal von Aeichenan fließenden Schwarza zusammensetzt, möge hier nicht unerwähnt bleiben, nicht bloß darum, weil sie stellenweise im Viertel unter dem Wiener Walde Niederösterreich von Ungarn scheidet, sondern vorzüglich weil der Name (5w-leithanien und Tranvleithanien in nenester Zeit eine allgemein gangbare Bezeichnung für die im österreichischen Reichsrathe vertretenen nnd die zu Ungarn gehörigen Bänder Oesterreichs geworden ist. Wahrhaft arm ist Unterösterreich an Seen, diesem Schmuck nnd Auge jeder Landschaft. Aufter den in der Wrnppe oeo Dürrenstein ein-gebetteten ^nnzerseen, wovon nur der untere eine nicht ganz unansehnliche (^ro'ße hat, wogegen die hoher liegenden, besondero der zn höchst j-_' Das (5rzl)cr,^qthmn OcslN'rcick untcr dcr C'ims. gelegelie Obersee, luahlerischeei Interesse gewähren nnd dem zwar nicht ganz kleinen, aber weilig pittoresken Erlasse kann siä) das i^and keines auch nur einigerniaßen llenneuswerthen Seespiegels rühmen. Nicht reichcr als an Seen ist llnfer ^and auch an der fesselnden ErscheinilUg der Wasserfalle nnd selbst der berühmteste darauv, der ^assiugfall, hält keinen Vergleich nüt ähnlichen Schauspielen in den übrigen Alpen Provinzen au^>. Wenden wir nnsere 'Aufmerksamkeit den Bewohnern Oesterreichs unter der Enns zn, fo gibt die neueste Volkszählung uom lN. Dezember 1^l>9 die Zivilbevölkerung deö Bandes init 1,954/251 und die l^esammt-bevölkernng einschließlich des activen Militärs mit 1/)UU,7«»> Seelen au. Sie gehören zmn weitaus größten Theile dem deutschen Volksstamme an. In Wien finden sich allerdings fast alle europäischen Voltsstämme, besonders zahlreich das ezechische Element und nach ihm die Magyaren vertreten. Aber anßer Wien wohnen blos; an der Grenze gegen Böhmen, Mähren und Ungarn Czechen und Slovaken, dann Kroaten in fo geringer Anzahl, daß die Statistiker die ersteren mit tanm 4 Proeent, die letzteren mit etwas mehr als V2 Procent der nieder-österreichischen Bevölkerung außerhalb der Residenz berechnen. Die Deutschen in Oesterreich unter der (tnns stammen von (5olo-nisten au5 Bayern, franken, Schwaben und Sachsen ab, durch welche das ^and nach Vertreibung der Avaren wieder bevölkert worden ist. Die meisten Ansiedler kamen alls Bayern, nnd dein Bayer steht der Niederösterreicher in Sitte und Sprache noch hellte am nächsten trotz der zahlreichen Verschiedenheiten, welche in der Vermischung der Oesterreicher nüt andern deutschen nnd nicht deutschen Stämmen ihre Erklärung finden. Die Mundart, eiue Tochter der oberdeutschen, hat m'ele loeale Abweichungen nnd sie sind nicht bloß auf die Besiedlung einer legend ans diesem oder jenem Theile Deutschlands, sondern auch vielfach auf den Einfluß deb Verkehre, mit nachbarlichen Gegenden zurückzuführen. Speciell der Dialect der unteren Volksschichten Wiens muß den verdorbensten beigezählt werden. Der Körperbau des Niederösterreichers hält in der Negel das !-, 0'l ?as C'rzlierzoMinm i7^sterrcicli mitcr dcr Eims, inittlere Hiaß ein und ist, ohne unschön zu sein, nicht eben hübsch zu nennen. Tat, Gesagte gilt von beiden Geschlechtern. Natürlich kommen die localen Unterschiede und jene, welche in der Lebensweise begründet sind, in Unterösterreich wie überall vor. Der Gebirgsbewohner ist kräftiger alo der Flachländer, der Landbewohner als der Städter; den Jäger und Feldarbeiter stärkt seine Beschäftigung, am Webstuhl oder in den Bergwerken verkommen die Menschen. Wie die Sprache und selbst die äußere Erscheinung gestalten sich auch der Charakter und die Eigenschaften eineo Volkes verschiedenfältig nach den Lebensverhältnissen und der Bildungsstufe. Wie anders denkt und äußert sich der Bewohner der Residenz und überhaupt der (Gebildete, der Bauer, der 5>auer und selbst wieder der Aelpler verglichen mit dem Flachländer! Al<> allen Niederösterreichern genieinsame Eigenschaften lassen sich eine gewisse Gutmüthigkeit und Aufrichtigkeit und ein nichto weniger als beschränkter Verstand behaupten. Der Wiener insbesondere hat Mutterwitz, ist gastfrei und wohlthätig. Dafür hält er auf materiellen Lebensgenuß häufig mehr als für ihn gut ist, urtheilt vorschnell und absprechend und liebt e5 überhaupt, auf der Oberfläche der Dinge zu bleiben. Mag ein Guttheil dieser minder löblichen Eigenschaften in den meisten (Großstädten angetroffen werden, so tritt in Oesterreich noch ein sie erklärender Grund dazu, daß nehmlich hier die Schule, deren Einfluß gerade für die untern Volksklassen ein ungemein großer ist, bis vor kurzem nicht darnach angethan war, um eine auch nur einigermaßen genügende Volksbildung zu schaffen. Der Landbewohner Niederösterreichs versteht seinen Vortheil fast besser al5 der Stadtbewohner zu verfolgen, kann jedoch im Uebrigen von einer gewissen Indolenz nicht freigesprochen werden, welche ihn häusig selbst zu seinem Schaden beim Alten verharren macht, bloß weil es alt ist. Geiz ist großentheils auch dem Landbewohner Niederösterreichs fremd. Als durch die Aufhebung des Unterthanowefens im Jahre 1^-l^ ^d die Grundablösung das Landvolk entschieden gewonnen hatte, haben wir es u Das lHrzhcrzogthlmi Ocstcrr^ick' niit^r dcr (5'ims, scldst erlebt, wie die Bauern im Erlafthale mit innner hübscheren Pferden und Wagen am Sonntass zur Kirche kamen, und seit der Zeit sind in den Thälern Niederösterreichs selbst bis ties in sein Gebirge hinein viele gar stolze Bauernhöfe gebant worden. An den Weinbauern tadelt man großen Leichtsinn und Streitsucht. Ersterer stammt wohl daher, daß ihr Erwerb zumeist von der Witterung des Jahres abhängt, wodnrch wie durch ein Glücksspiel der Leichtsinn geweckt wird, letztere mag durch den zu reichlichen Weingenuß erhalten werden. Die Nahruug des Landbewohners in Niederösterreich ist eine einfache: stärkere Arbeit und Luft zwingen den (Gebirgler reichlichere Nahrung als der Bewohner der Ebene einzunehmen. Die Erzeugnisse der eigeneu Wirthschaft bieten begreiflicherweise großentheils die Nahrungsstoffe. Deßhalb ißt der >vorttbauer besseres Brot als der (Gebirgsbewohner, welcher sich das >torn kaufen mnß, sind Milchspeisen in jeder Form die .hauptkost des Aelplcrs, trinkt der Weinbauer den meisten Wein. Ein höchst anerkennenswerthes Buch: der Octscher und sein Gebiet von M. A. Becker, bemerkt sehr zutreffend über die Nahrung des Bewohners im gebirgigen Oetfchergcbiete: „Das Brot des Gebirglers kennt nur den Unterschied zwischen mehr oder weniger schwarz und wenn auch der Grundbestnndtheil Korn ist, so hat es in der Regel doch viel Zusah von Linsen-, (bersten-, .Hafer- und Wickenmehl. Kuh- uud Ziegenmilch wird allenthalben genossen und das >>äsewasser (Molken) oder saure Milch ist die gewöhnliche letzte Speise am Mittagstisch. Wo man Schafe hält, weiß die Bäuerin den Schafkäs ill kleineu zylinderförmigen Stöcken zu bereiten, welcher im (^ebirg von vorzüglicher lhüte mehr als Leckerbissen genossen oder verkauft wird. Nicht /fleisch, wie sonst überall, sondern Mehlspeisen sind in den Alpen an der Tagesordnung. Unter diesen sind zwei besonders hervorzuheben, die in den Kochbüchern schwerlich verzeichnet sind, die .Holzknechtnocken und das Almtoch. ^ragt ihr den .holz-knecbt im Schlage, was er sich zum Frühstück bereite, so antwortet er „Nocken". Und was zum Mittagsmahl? so ist abermals die Antwort „Nocken. Das ist besser als Fleisch und giebt mehr >xrast und Nüh- 45, Das Erzhcrzo,qchmn ^cstcvrcick ixitcr dcr Enus, rigkeit zu unserer Arbeit. Das Fleifch ist uns ^u theuer und läßt sich auch nicht so leicht aufbewahren." Die Zubereituug diefcr )!ocken ist aber kurz und gut folgcnde: ^>limm Weizenmehl oder Griec', mache es in Wasser an in Gestalt von eigroßen >Uümpclicn, siede sic und backe sic dann iin .Rindschmalz, ^um Almtoch odcr Schmalztoch gchoN (^ricS und dic rcinstc Sahnc (Obcry) von dcn würziqcn Alpcnträutcrn, dcrcn Fett cin halli ^oll obcr dcm Brci stchcn muß. Manchcr, dcnl bcim Anblick dcv unbct'anntcn fctton Spcisc dic ^ust znin ^uqrcifcn sank, ist spätcr ciu warmcr ^obrcdncr dcrsclbcn qcwordcn. Bci fcstlichcn (^clcqcnhcitcn sind gcbackcnc „.'linodcl", lanqssczogcne großc >vrapscn, dann Schiffcln, Schwämme au^i qlcichem Teig in: Gebrauch. Das saure .^raut spielt in den Bergen eine Hauptrolle und ist in den größern Haushaltungen regelmäßig die erste unter den Mittagsspeisen; während andere Gemüse als Fisolen oder Bonlschadn (grüne Bohnenschotten), >>elch ^>ohl), Umurken ^Gurken), Salat seltener uor-tonunen. I)er Erdapfel vor Allem behauptet sein Recht auf dem Haustisch und in den Jahren, wo er nicht geräth, ist in mancher Gcbirgsfamilie Schmalhans Küchenmeister. Von Fleisch wird seltener Gebrauch gemacht, am meisten noch vom geräucherten Schweinefleisch, nur in Eisenwerken gibt e5 auch frisches Rindfleisch. In den Voralpcn nahe dem Flachlande, wo alle Gattungen Obst gedeihen, trinkt man wenigstens zur Iausc (Nachmittagobvot) Most (Apfel- und Virnwein), Branntwein jedoch nur bei schweren Arbeiten. Weiter im Hochgebirge wird Most und Branntwein seltener, dafür aber Molken, fuße und saure Milch genommen. In ärmeren Familien läßt man sich auch das bloße Wasser zum beständigen Truut schmecken. Im Uebrigen hat der Arbeiter in: Gebirge einen guten Magen. Nenn e5 ihm seine Haushaltung einträgt oder e<5 so eingeführt ist, hält er de5 Tageo auch bci minderer Arbeit drei Hauptmahlzeiten und dazwischen zwei Jausen, letztere, von denen die eine Vormittags um !> Uhr, die andere Nachmittags um !> Uhr eingenommen wird, bestehen in Brot und Tnmt, nämlich ^bstmost, bisweilen auch Branntwein; ^i Das ErzycrzogMim Oesterreich uitter der Emiö, zum Brot tonlntt bisweilen noch Käse und über Herbst und Winter Obst." Diese sachkundige Schilderung der Kost des Bewohners des Oetscher-gebietcs paßt so ziemlich auf das ganze unterösterreichische Alpenland, somit auf große Theile des Viertels ober und nnter dem Wiener Walde. Der Waldbcwohner in Obermanhartsberg lebt schlechter als der Aelpler lind der Hauer, von welchem bekannt ist, daß er das größtmöglichste Quantum des selbsterzeugten Weines auch selbst zu eonsumiren sich bemüht. Derjenige würde sehr irren, der glauben wollte, in Niederösterreich originelle unv mahlerische Volkstrachten anzutreffen. Wir lassen in diesem Punkte die Residenz und die gebildeten Klassen ganz aus dem Spiele. Sie tragen überall in Deutschland nnd weit darüber hinaus dieselbe Kleidung und dem Kleiderkünstler muß es überlassen bleiben, die kleinen Unterschiede darin aufzufinden. Die ältere Nationaltracht der Bauern, der breite Hut, der lange Rock mit hoher Taille, die kurzen ^ederbeintleider mit dem dazu gehörigen breiten Hosenträger über der geblümten Weste, den blauen oder weißen Strümpfen und Bundscknhen hat bei dem jungen Nachwuchs schou seit läugerer Zeit dem bequemen langen Beinkleid und dem Spenser oder Janker (Jacke) weichen müssen. Auch das weibliche Geschlecht trägt vielfach zum Kopftuch oder der >>aube das geschlossene >vleid, doch in manchen (legenden noch Röcke mit dem Korsett und Brusttuch und der Schürze dann Jacken. Nur im (Gebirge hat die Zweckmäßigkeit hie und da die kleidsameren Moden erhalten. In den Theilen nahe der steyrischen Grenze finden wir den grünen Steyrerhut mit lichterem Bande allgemein auch bei den Frauenzimmern. Der Jäger im Hochgebirge steigt leichter in kurzem Beinkleid nnd in Schuhen auf die Berge, nnd eine graue Joppe oder ^.acte vollendet dann fein praktisches (5ostume. Der Holztnecht ist nach alter Mode in eine rückwärts in Forin eines Fracks geschnittene graue ,Vnte uud bis zum Knöchel reichende graue Hose gekleidet, und wie im Jägeranzug grün als die Berufsfarbe nicht fehlen darf, so verziert auch der l? Das ErMrzoqthmn Oesterreich inttcr der Enns, Holzknecht seine Jacke nüt grünen Aufschlägen. Vollends originell ist der Wettermantel des Holzknechts. Er besteht ans einem Streifen von granein ^oden, der in der Mitte eine Oeffnung hat, nm den Kopf dnrch-znstccken, beide Schnltern bedeckt, über den Rücken nnd die Brnst bis an die >xniee gleich weit herabfällt nnd nut einem Riemen nm die senden zusammengegürtet wird. Anch der ^ohlenbauer konnnt noch bisweilen mit hohen Stiefeln über der knrzen Hose, hoher geschlossener Weste, Jacke mit großen knöpfen nnd breitem Hnt ans den Bezirken nm den Wiener Schneeberg in die Stadt. Zierlicher nnd kleidsamer als die Tracht der dcntschen Landlente ist jene der Croaten nnd Slcwakeu an dem östlichen Rande der Provinz zunächst der March nnd ^eitha. Weiße fein ansgenähte Hemdärmel, Hals- nnd Bnsenkrausen, hohe rothe mit Silber besetzte Echnürbrüste, blautnchene Röcke mit breiten farbigen Tuchenden mehrmals besetzt, auch Mä'nnerstiefel nnd ein weißes flatterndes Tnch leicht über ^opf nnd Nacken geworfen, geben ein anziehendes Ganze beim schönen Geschlecht. Die Männer lieben nicht minder die blane Farbe nnd den ungarischen Schnitt der Kleidnng vor andern nnd verzieren ihre schmalkrempigen Hüte mit Federn und künstlichen Blnmcn. Die Wohnhäuser werden in Oesterreich nnter der Enns in nenerer Zeit auf dem ^ande weit zweckmäßiger gebant als früher. Allmählich werden die so kleinen Fenster seltener, nun: trennt Stall nnd Schener vom eigentlichen Wohngebäude. Richt mehr bloß als Ansnahme findet man einstöckige im Qnadrat erbante Bauernhöfe ans Stein, welche mit >lalt getüncht nnd deren Dach mit Dielen oder Ziegeln gedeckt ist; doch sind die alten ans Holz gezimmerten Banernhänser noch lange nicht ganz verfchwunden, deren Hansstock geweißt ist, während Stall und Schener daran hängen, über allen: aber eil: colossales, fast bis zur Erde herabreichendes Strohdach ruht. In den der oberösterreichischen Grenze nahen Gegenden des Viertels ober dem Wiener Walde, wo das oberösterreichifche Wirthschaftssystem gangbarer ist und damit die Hänser meistentheils allein in Mitte ihres Besitzthnms stehen, trifft man viele recht stattliche Bauernhöfe an. 45 Tcis Vrzhcrz^thnm Oost^rrcicki untcr dcr C'miö, Besonders auffällig' oder sinnig' l^ebränche nnffen wir nicht viele in Niederösterreich zil uerzeicbnen. Die bestehenden lassen sich theils auf die drci wichtigsten Abschnitte de^ menschlichen ^ebeuo: (^ieblirt, Trauung nnd Tod oder ans die kirchliche Bedeutung gewisser Tage lind feiten zurückführen. Natürlich sind gerade die l^ebräuche höchst loeal nnd von Gegend zn (legend verschieden. Wir sühren nnr einige davon an. Bei den Hochzeiten geht es fast überall hoch her. Sie beginnen gewöhnlich Vormittag nni am nächsten Morgen zn endigen, dauern sc-doch oft noch viel länger. Der Tisch ist in dieser ^eit fortan gedeckt, doch wird im Nebenzimmer bald fleißig getankt. Die Bursche tanken in Hemdärmeln, den Hnt anf dem >vouf. Da^n strampfen sie nüt den ^-üsien, das; es staubt, janchzen nnd singen. Uiw nicht blos; der alte „Wandler", l:och mehr die „herrischen" Tänze Walzer, (hallopp, Polka sind beliebt nnd dao an die Dirnen im Nebenzimmer gerichtete „lheht'5 außa, Menscha! jetzt w Damenwahl!" bernht nicht etwa ails Erfindnng. Die Spiellcute loben sich die Hochzeiten sehr; ev wird ihnen da fortwährend zn trinken angeboten nnd sie nehmen anch reichlich l^eld ein, denn hänfig bestellt sich ein Tänzer eigene einen Tanz, indem er dabei sogleich den Mnsikern ein (Geldstück hinwirft, dalnit sie ihm aufspielen. Die geladenen lNste haben aber anch zur Mahlzeit einen bestimmten M'N Betrag beiznstenern. Da suchen sich denn viele ihr t^eld her-ausznessen, nnd das B'schadessen vollende entschädigt alle. Eo wird nehmlich von den ausgesetzten Speisen allet, was flüssig ist verzehrt, das feste aber nach beendigtem Schmause, eben als B'schadessen, nach Hanse getragen. Abends findet dann eine eigentliche Tafelmusik statt, die Toaste mit den obligaten Tnschen folgen sich, letztere lösen sich wieder in einen Ländler auf. Und sind die .^öpfe einmal wann, die l^äste angeheitert, so fehlt e5 nicht an dem >vamps nüt (h'stanzeln, d. h. kurzen vierzeiligen Reimen, welche abgesungen werden, entweder allgemein bekannten älteren oder erfindungsreichen köpfen durch momentane Inspiration eingegebenen. Sie sind meistem' polemischer Natur, sprechen nicht immer die feinsten (Hedanken nnd die zartesten Anspielungen, und was sie aussprechen anch nicht in der rücksichtsvollsten <^orm aus. finden sich eben- i!< ? 'ö) Txis Erz>,icvzo^tl'll»i Ocstcrrcich untcr dcr Ellii^, iZ bürtige Gegner zusammen, so erhitzen sich die Gemüther, droht a!.'er daraus Gefahr oder gurgeln bei zu großer Begeisterung viele zugleich ihren Witzgefang hinaus, so fällt die Musik cm und cm ncuer Ländler führt die .Annpfer zu einer andern minder bedenklichen Thätigkeit. Aus den mit dem kirchlichen Kalender Zusammenhängenden (Gebräuchen heben wir nur einige hervor. In den drei feisten Rauchnächten (den Abenden des Weihnachts-Reujahrs- und Dreikönigsfestes) werden, muthmaßlich als ein Rest heidnischer Gebräuche, vom Hausvater alle Räume des Hauses, Stall und Scheuer nicht ausgenommen, mit Weihranch ans einem improvisirten Rauchfafse ausgeräuchert und mit geweihtem Wasser besprengt, dann hält der Hausvater sammt der gangen >>aus-familie die Rosenkränze über den duftenden Weihrauch, schließlich wird gemeinschaftlich gebetet. Am heil. Dreikönigs-Vorabendc wird geweihtes Wasser nach >>ause gebracht, hierauf schreibt man am ^veste der drei Könige selbst die überall sichtbaren (5. M. B., d. h. Caspar, Melchior und Balthasar, an die Stubenthüren. Am ^ichtmeßtage kommt die Hansmntter unt Wachsstöcken und ^erzcheu in die Kirche und läßt sie weihen. ^-ür den Palmsonntag werden Weidenzweige, mit Stechpalmen nnter-mengt, zuin Strailß gebunden und mit Seidenbändern geziert. 3er Hausvater läßt sic in der Kirche weihen. Die Palinen steckt man in allen Räumen des .Hauses in Scheller nnd Stall, ja selbst auf dem Felde auf. Am Ostersonntag bringt die Hansmutter Selchfleisch ^geräuchertes Schweinfleisch), weißes Brot, ^renwürzchen )ase über den Weg, so werden deine Pläne vereitelt und du thust befser sogleich wieder umzukehren. Stößt dich der Schnackerl (das Schlucksen), so wird von dir gesprochen. >ilingt's dir iin ,^hr und ein Anwesender erräth, in welchem, so bet'ommst du Unangenehmem zll hören. Bläschen auf der Zunge geigen an, daß man übel von dir spricht. ^äßt der >>anshahn ein seltsames Glucken hören, schreit die Elster vor dein >>ause oder bleibt da') hinabgefallene Hliesser oder die lsabel ini Boden stecken, so steht dir ein unverhoffter Befuch bevor. Cine weinende Brailt bedeutet ein lachendes Weib. segnet eo ain Hochzeitstage, so regnet e^ l^lück für die Brautleute. Wein bei der >>och^eitmesse eine >ier;e a>n ^lltar nicht gnt brennt, der mag sieh oor Unglück im Ehestand hüten. Wenn zur Nachtzeit die Wichtel (das Mnzchen) fich hören läßt, so steht in nächster Zeit ein Todesfall bevor. Von I."» Personen bei einer Mahlzeit muß eine bald sterben. Uni noch ein Jahr ;n leben oder um eiue heirat ^u erleben, muß man am Sounenwendabend neuu gelier sehen. Tas grüne H>leßkleid in der Kirche bedentet baldigen Negen. Der Traum in der ersten Rächt, die man in einein fremden Bette zubringt, geht in Erfüllung. Wasser während einer Mahlzeit ans den Tisch verschüttet, dentet auf eine bevorstehende >iindstanfe. So oft der wlckuck, wenn man ihn zum erstenmal im Jahr hört, seinen Namen nennt, so viel Jahre wird man nocb leben, oder anch so viel (^ulden tostet der Metzen >iorn in diesem ^alire. Hast du beim s^ Das ErzbcrzocMim Oestcrrcicb untcr dcr vnckllcks Geld in der Tafehe, so wird es dir in diesenl Jahr nicht ausgehen. Der verkehrt liegende Brotlaib, das auf dein Rücken liegende Hiesser und da«-' ansgeschüttcte Salz bedeuten Verdruß im Hanse. Roch ein Wort über die Volks Vergnügungen! Die Riederoster-reicher lieben den Tanz nnd die Musik ohne ein eniineut inusikalisches Volt zu sein. Volksinstrument ist die Cither. Das Hackbrett tommt ungleich seltener vor. Von Spielen ist das Kegelspiel sehr beliebt, in den Oberösterreicl) näheren Lalldestheilen wird im Winter hänfig Eis geschossen. Im Gebirge schießt man fleißiger nach der Scheibe, als in den tieferen ^andeogegenden, obwohl nm, selbst an dem Ufer der Tonan noch Schießstände zn Wby, Pöchlarn ll. s. w. bekannt sind. W.nden wir nnn unsere Aufmerksamkeit dem Zustande Aiederoster-reichs hinsichtlich seiner Ilrprodnktion, seiner Genicrböindustrie und seines Handel» zn, so sehen wir uns veranlaßt, vorerst die Residenz anßer Betracht zn lassen. Die uier Viertel Unterosterreicho sind und zwar das Viertel oder dem Manhartsberg als das Waldviertel, das Viertel unter dem Man-hartsberg als das Acker- und Weinbau viertel, das Viertel ober dein Wiener Wald als das Alp eil viertel und das Viertel unter dem Wiener Wald als das Industrieviertel bezeichnet worden. Die statistischen Daten über das Land und seine Produkte zeigen wie treffend diese Charakteristik ist. Sie belehren uns zuerst, daß der Ackerball in Riederösterreich von den Hauptgetreidearten Weizen, Roggen, (berste nnd .^afer weitaus die größte Produktiousmenge im Viertel unter dem Manhartsberg liefert nnd daß ebenso die Weinproduktion dieses Viertels bis zu 7<> Proeent des Iahreserträgnisfes des ganzen Landes von 1 Million bis IV2 Million Eimer hinaureicht. (5s ist also dies Viertel das wahre Acker- lind Weinbauviertel. Das Viertel ober dem Manhartsberge besitzt wegen seiner ausgedehnten Waldungen einen großen Holzreichthum. Es zieht viel Hornvieh, jedocb bei der unzureicheuden Mtterung vou einem schwachen Schlage, 53 Tl>3 ^rzberzogthmn Orstcrrcick Itiltcr der (5>ms, dent sogenanliten Waldfchlag. Es baut reichlich Flachs und vovzüglicl, ist sein Boden dein >vartoffelbau günstig. Das Alpenviertel ober dem Wiener Walde hat inl höh^rcn gebirgigen Theile uebcn großen Waldbeständelt schlechteren Getreideboden, dafür die vortrefflichsten Weiden, und hier steht darnach die Viehzucht in Flor. ^l'ltr in: Vorlande und dem Tieslande zunächst der Donau lohnt auch dic Ackcrkrumc reichlich den Anbau der Cerealien. Gegen die (inns zu, wo das Land in seiner Bodenbeschassenheit und im Wirtschaftssystem große Aehnlichkeit mit dem südöstlichen Theile Oberösterreichs zeigt, ist der Obstbau zur Gewinnung des Mostes, welchen das oberösterreichische Wirtschaftssystem als Haustrunk in Anschlag bringt, sehr im Schwünge. Im Industrieviertel unter dein Wiener Waldc endlich gleicht «xr westliche noch in das Alpengebiet fallende Theil in seiner Urproduktion dem Viertel ober dem Wiener Walde. An dem Ostabhang der Alpen-ansläufer des Mons Cetius reift dann die kostbare Tranbe von Vöslau und Gumpoldskirchen. In der östlichen Fläche dagegen hat an den aus den niederösterreichischen .^alkalpen ostwärts und nach ihrem Eintritt in die Flächen nordwärts der Donau zufließenden zahlreichen Wässern die Industrie ihren Sitz aufgeschlagen und ihre Produkte übertreffen an Werth weitaus die durch den Pflug und den .^arst gewonnenen. Recht deutlich bewährt sich auch in Niederösterreich der Satz, daß die Industrie einer Gegend vielfach von den Naturprodukten daher von dem Charakter der Gegend felbst abhängig ist. Im Viertel unter dem Manhartsberge reflectirt sie hauptsächlich auf die Produkte des Ackerbaues und wir begegnen Rübenzuckerfabriten und Branntweinfabriken. Im Viertel ober dem Manhartsberg hängt sie theils mit dein Wald znsammen und wir treffen mehrere Glasfabriken an, theils nut dein Flachsbau, welcher Bandfabrikation und .Handweberei in Gang gebracht hat. Im Viertel ober dein Wiener Walde hat der große kolzreichthnm der Alpenforste, haben die zahlreichen Alpengewässer nut ihrem starken Gefalle nnd die Nähe der steyrifchen Eisenwerke die Eisenindustrie be- 5j Dad (5'rzhcrzoHtd»ni ^cstcrrcick »»tcr dcv Hnn>Z, (?> günstigt und der südwestliche Theil des Viertels trägt daher auch den Rainen der Eisenwurzen. Nur die Industrie des Viertels unter dein Wiener Wald hat sich unabhängig von den Produkten der Umgebung entwickelt. Vielmehr haben die zahlreichen au5 dem Gebirge kommenden Wildwässer, welche zum Theil zu Tage fortfließen, zum größern Theile aber in die mehrere Quadratmeilen ausfüllenden Schottermassen der Wien-Neustädter Ebene eindringen, um dann geläutert als chemisch reines und im Winter nicht frierendes Quellwasser an vielen Stellen wieder zu Tage zu kommen, und hat die Nähe der Hauptstadt, des größten Handelsplatzes des Landes, mit ihren allseitigen Verbindungen und FörderungNnitteln der Industrie die verschiedensten großen Fabriksetablissements in's ^cben gerufen, und diesen ^andevtheil zum wahren Industrieviertel umgewandelt. Wir haben damit bereite, im Wesentlichen in industrieller Beziehung den Charakter der früher außer Acht gelassenen Residenz ausgesprochen. Sie ist der größte .Handelsplatz und die Industrie blüht, sei eö als bescheidenes Gewerbe, sei es als anspruchsvollere Fabrik in: Großen und Ganzen in ihr wie in keiner andern Stadt Oesterreichs. Alo die Zweige, in welchen die niederösterreichische Indnstrie überhaupt und speciell die Wiener einen hohen Grad der Vollkommenheit erreicht hat, so daß sie dafür auch im Auslande Absatz findet, nennen wir die Erzeugung von Maschinen, Verfertigung von Kutschen, von wissenschaftlichen und musikalischen Instrumenten, von Eisen-, Gold- und Silbcr-waaren, von Chemikalien, Kerzen und Züiwwaaren, die Bierbrauerei, die Fabrikation von Seidenwaarcn, von Shawls und Teppichen, von Baumwollgespinsten und Baumwollgeweben, von ^eder und Holzwaaren, schließlich von Papierwaaren. Die Förderungsmittel, welche auch der Urproduktion, zumeist aber der Industrie und dem Handel den Lebensnerv, Geld, zuführen, die Banken und ähnliche Institute haben größtentheilo in Wien ihren Sitz, wenn auch ' einzelne davon, z. B. Sparkassen, sich auch auf dem flacheu ^anoe vorfinden. Die Postanstalt, das Telegraphenwesen werden von der Residenz aus geleitet. Die große Wasserstraße, die Donau, gehört dem ganzen !^ande an: 5i5) Das «HrzycrzocMimi Oesterreich nüter der Em'.s. doch auch die Donandainpfschifffahrtogesellschaft, deren Schifft den Strom zwar nicht mehr privilegienlnäsiig Ulit Anoschlns; anderer Unternehmer, jedoch in der bei weitein größteil ,^ahl befahren, so das; ihr Personen^ nnd Waarentransport der ungleich stärkste ist, hat ihre Burcauo inid ihre Werften in Wien organisirt. Vollende die Seele des Verkehrs, also auch der Industrie, das Eisenbahiuvesen, eoneentrirt sich in Wien, alo seinem Brennpunkte. Wenn wir lino auch vorbehalten, bei der Detailbesprechnng von Wien nnd einzelner niederösterreichischer (hegenden c.uf diese oder jene der genannten Unternehmungen nnd ihre Werke ^lrückzntommen nnd insbesondere dnrch eine Tonanfahrt nns die Reize de5 Stromeo offenbaren ^n lassen, 10 sei doch des Eisenbahnnetzes, Mederö'sterreichs, weil cs über das gan;e ^and geworfen ist, liier im allgemeinen Theile gedacht. Es ist ersi in neuerer ^eit ein oichtereo geworden nnd dnrch Oesterreich nnter der Enns fuhren bente folgende Eisenbahnen: Die Kaiser Ferdinands Hordbahn, ^ieht oon Wien nordöstlich über dao Marchfeld nach Gänseindors, dann bald an der östlichen Ojren^e des Landes nordwärts nach Mahren. Bei t^änserndorf löst sich von der großen ^inie die Bahn nach Ungarn ab, wovon jedoch blosi die südöstlich lanfende knr^e Anfangsstrecke bib Marchegg der ^'ordbahngesellschaft gehört. Ein Flügel der Nordbahn, welcher von Wien nordwestlich bis Stockeran reicht, harret deo Weitcrbaneo durch ein anderem Eonsortinin. Die 3üdbahngesellschaft hat ihren >>allptstrang nach Suden bw Wieinr-^iellstadt geworfen. Von da wendet sich ihre Bahn einerseits südwestlich znin Semmering nnd über ihn nach Steyermark, andererseits südöstlich nach Ungarn. Eine kurze Zweigbahn geht von der Station Mödling nach ^axenbnrg nüt seinein kaiserlichen Lustschlosse nnd Park. Die Staatseisenbahngesellschaft hatte al5 ihre älteste ^inie ^ue.st jene von Wien südöstlich, dann östlich nach Ungarn, die sogenannte Raaberbahn in Betrieb. Seit 1870 hat sie d^n Ast ausgebant, welcher von Wien5 Prater an5 aus dao linke Donauufer übersetzt, dann in ziemlich geradem östlichen ,-^uge nach Marchegg laust, nin dort an die bei Gäuserndorf von der Nordbahn abzweigende Pesther Bahn, welche eben -'ill Das (irzherzossthiim Ocsicrrcich unter der Enns. von Marchegg nn ostwärts Eigenthum der Staatseisenbahngesellschaft ist, zu stoßen. Eine weitere neue Traee dieser Gesellschaft geht von Wien nach Ueberschreitung dcr Donall in ziemlich gerader nnd nördlicher Richtung mitten durch Unter-Manhartsberg über Laa nach Mähren ilnd dessen Hauptstadt Brunn. , Durch die Kaiser Franz Iosephs-Bahn hat auch das Viertel ober dem Manhartsberge seine Eisenbahn erhalten. Die Bahn läuft von Wien am rechten Donauufer bis Tulln, geht hier anf das linke Ufer über und hält eine nordwestliche Richtung durch Untennanhartsberg ein, tritt bei Eggenburg iu das Viertel ober dein Manhartsberg und nachdem sie sich in diesem Landeotheile anfangs nordwestlich, dann westlich gehalten, in der Gegend uon Gmünd nach Böhmen über. Die Kaiserin-Elisabeth-Westbahn verbindet bisher allein Wien mit Oberösterreich und den westlichen Theilen des deutschen Reiches. Sie durchschneidet in westlicher Richtung die ganze Breite des Bandes Oesterreich unter der Enns uon Wien bis an die Enns, welche sie bei der Stadt Enns selbst übersetzt. In sie mündet nahe au der oberösterreichischen Grenze bei St. Valentin die Monprinz-Rudolfsbahn, nachdem sie auf ihrem Zuge aus Steyermark und durch ein Stück Oberösterreichs bei Steyr den niederösterreichischen Boden betreten hatte. Noch erwähnen wir die Verbindungsbahn, welche in Wien die Rord-bahn und die Südbahn uerbindet, und die Verbindungsbahn zwischen der Südbahn und der Westbahn nächst Wien. Außerdem soll in Bälde dnrch die österreichische Rordwestbahngesell-schaft die Stockerauer Bahn in der Richtung nach Znaim ausgebaut werden und dadurch das Viertel unter dein Manhartsberg die uierte es durchschneidende Eisenbahn bekommen. Wenn wir die geistige Cultur Niederösterreichs in den >5reis unserer Betrachtung ziehen, so sehen wir uns unbedingt znerst auf die Residenz hingewiesen. In ihr sind die meisten jener Anstalten nnd Körperschaften vereinigt, welche auf Kunst und Wissenschaft schaffend und fördernd einwirken, in ihr bestehen speciell die bedeutendsten Lehr- ,">? « Das ErzlicrMtlnml Ocstcrn'ick »ntcv dcr L'ims, anstalten nnd jene Samlnlnngen, deren Einfluß auf da?' (Gedeihen beider uubestreitbar ist. Indeln wir uno vorbehalten, danu, wenn lvir Wien uälicr keiuien lernen, Details mich fiber eiilige dieser Instititte anzuführen, beschränken ivir uuo hier aw di^' vorzüglichsten daranc, aufzuzählen die Akademie der Wissenschaften, die Akademie der bildenden Künste, die Universität, dao politechnische Institut, die >iriesiHschnle, das militär-gcographische Institilt, die geologische, Reichoanstalt, dao Iosefinnin, die Handelsakademie, die Hofbibliothek, dieUnwersitätolnbliothek, dao Hofmineralientadinet, dao botanische Hoftabinet, dao Mturalienkabinet, die kaiserliche Gemäldegallerie im Bel-oedere. Auch die angesehensten Gesellschaften und Vereine, welche sich die Pflege der Wissenschaft znr Anfgabe gesetzt haben, treffen wir in Wien an. Manche größere Lehranstalt, wie die Militärakademie in Wiener Neustadt, die ^orstakaoemie in Diariabrunn, die Landeo-Ackerbaufchnle in Grossau u. s. w. manche bedeutende Bibliothek, namentlich in den größeren Stiften finden siel, auch außerhalb Wien, an Gymnasien, Realgymnasien nnd Realschulen fehlt e5 auch auf dem ^ande nicht, entschieden bleibt ader Wien die Seele der >vunst nnd Wissenschaft im Hrzherzogthnm. ^)em Glaubeu^betenntuisse nach zählen '.'7 Procent aller Bewohner Nnterosterreielw zur katholischen Kirche, 1,l Proe. gehören der evangelischen Kirche beider (5onfefsionen an, 1,7 Proe. sind ^uoen. Tie katholische Kirche .zerfällt in zwei Tiöeesen, in jene deo Erzbi^ thnmc) Wien nnd deo Biothumd St. Polten, die Evangelischen unterstehen den Wiener Snperinteudenzen Aughburgifcher und .helvetischer Confession. Von großer Bedeutung für die geistige .Cultur deo ^andeo sin? Nett', vornehmlich in älterer Zeit, dic großen Stifte de<> Landeo gewefeu, deren iu der Wiener Tiöcese vier bestehen i da»', Benediktiner Stift zu den Schotten in Wien, oao regulirte lateranensifche Chorherrnstift dey heiligen Augnstin zu .^losterneuburg, das Cistereienserstift zu >>eiligenkreuZ nnd Wieuer Nenstadt, in der St. Pöltner Tiöcefe dagegen acht: die Benediktiner Stifte in Altenburg, Göttweih, Molk und Se^nstetten, das Stift der regnlirten lateranenstschen Chorherrn in Herzogenburg, die >i»u Das Erzherzogthum Oesterreich mtter der Enns, Cistercienserstiste in Lilienfeld und Zwettel, endlich das Prämonstratenfer Chorherrnftift in (Heras. Tnrck) das Staatsgrundgesetz vom ^l. Dezember l.^<;? ist übrigens die volle (Glaubens- und (Gewissensfreiheit gewährleistet und der (^enuß der bürgerlichen und politischen Rechte von: Religionsbekenntnisse llnabhängig erklärt. Als Beweise der vorgeschrittenen ^nltur heben wir die Wohlthä-tiqkeitsanstalten nnd die Stiftungen hervor, deren Untcrosterreich zahlreiche besitzt, am zahlreichsten wieder die Residenz während emi^e der bedeutendsten any Sanitäts- nnd Opportnnitätsgründen ans da^ flache Land verlegt worden sind nnd uns dort noch vorkommen werden. Zum Schlüsse der allgemeinen Darstellung lassen wir ein nur flnch-tigeo, doch für nnsere Aufgabe genügendes Streiflicht anf die Verfassung und Verwaltung Niederosterreichh sallen. Niederösterreich ist wie alle nicht ungarischen Länder Oesterreichs in Folge des Grundgesetzes vom Jahre l«<'.7 onrch den 3teichsrath vertreten, welcher in oao >?errenhallo nnd das Abgeordnetenhaus zerfällt. Mitglieder deo ersteren >?ansey sind die großjährigen Prinzen de^ taiserlichen Hauses, die Erzbischöfe, nnd jene Bischöfe, welchen fürstlicher Rang zukommt, dann in Mge kaiserlicher Ernennung al5 erbliche Neichsräthe die großjährigen Häupter inländischer, dnrch großen (^ruudbesitz in den cisleithanischen Ländern hervorragender Adelogeschlechter, endlich auf Lebenslang in das Hans vom Baiser berufelte aufgezeichnete Männer an>> denselben Ländern. In das Abgeordnetenhaus wählt der Landtag jedes einzelnen Landes eine bestimmte, Anzahl Männer ans der Mitte seiner eigenen Mitglieder. Der Landtag Niederösterreichs selbst besteht aus den Abgeordneten des (Großgrundbesitzen, der Hauptstadt Wien, der andern Städte und Indnstrialorte, jenen der Handelskammer, endlich denjenigen der Landgemeinden, wozu noch die beiden Bischöse nnd der Rector magnisicns der Universität Wien als Virilstimmen kommen. C'in Landesauoschus; ist das verwaltende und ausführende Organ des Landtages. An der Spitze der Verwaltungsbehörden in Oesterreich unter der 5!1 «^ Das Erzberzogthmn Oesterreich lintcr dcr (5>ms, Gnus steht dcr Statthalter mit der niederosterreichischen Statthalterei. Die (Gemeinden sind autonom und üben die Autonomie nach der allgemeinen (^emeindeoronung, Wien nnd inehrere andere Städte aber nach eigenen Gemeindestatuteu aus. Wir haben im Vorhergehenden dem Leser ein Bild des heutigen Oesterreich nnter dcr Enns in allgemeinen Umrissen zu geben versucht. Doch nicht eine solche flüchtige Skizze, erst einläßliche Dctailstudien lehren einen Gegenstand vollkommen würdigen. Sie mögen nun ihren Platz sinden! »^0 M>; Hn!>lt- uml Httitlcn^Vtilllt Hiel,. Nicu in dcr Oeschichle. uralter Zeit besteht eine Ansiedelung an der Stelle des heutigen Wiens und dennoch beginnen die historischen Beweise /^H^ von ihren Schicksalen erst im 1^. Iahrhnndcrt zahlreicher zu werden, nachden: sie für die unmittelbar vorhergehenden sechhhlmdcrt Jahre vollständig fehlten. Der Hauptgrund davon muf; in der Lage der Stadt gesucht werden, durch welche sie zur Zeit der Volkerwanderung in den Besitz der verschiedensten Varbarenstämme gekommen, hierauf durch Jahrhunderte in demjenigen der wilden Auaren und Ungarn geblieben ist und selbst nach der Vertreibung der letzteren gegenüber anderen, unter günstigeren Verhältnissen inzwischen bereits zu großer Blüthe gelangten Städten noch durch eine geraume Zeit in den Hintergrund gedrängt war. Man schließt aus der sür den Ackerbau und die Viehzucht nnd selbst für den damaligen beschränkten Mandel höchst vortheilhaften ^age in einer breiten, jedoch rings von den Ausläufern hoher Gebirge begrenzten Ebene, an einem großen Strome und in der Entfernung von nur zwei Stnnden von der, in ihrem Znge von Norden nach Süden die Donau bei Car- Dic Haupt mid NcsidcnMdt Wicn. mmtum überfetzeudeil Bernsteinstraße, das; dieselten diesen Punkt gewiß zu einer ^Itiederlassuug benutzt habeu, und hat auch einen wirklichen Beweis dafür im ältesten ^'ainen Vindomina. Daß dann die Römer bei Umwandlung dieses Namens für ihr Wien in Viudoboua den anf den keltischen Ursprung deutenden Theil beibehielten, uerstärkt entschieden das (Gewicht de'> einen Beweises. Allein auch für die feiten der Römerherrfcbaft fließen die beglaubigten Nachrichten über da^ alte Wien bloß fpärlick. Gewiß ist, das; Baiser Vespasian, I. <>9—79 n. (5hr., .yir Vertheidigling der (Grenze gegen die Hicarkomannen nach Vindobona eiue Legion, die XIII. <^!lm!ü, nebst einein Neitergeschwader verlegte, das; unter Baiser Trajan, ^. '.^ bis 117, statt der XIII. die X. Region, pin. tiIi>!, den Ort alo Standquartier erhielt und dann nicht kürzer als AW Jahre laug hier iu (Garnison vcrblieb, daß der letzte große Imperator, Marc Aurel, ilu Jahre I^l) in Vindobona gestorben ist, das; endlich nach der Zerstörung Carmmtums dureli die Quadeu ilu Jahre :',74 die Stadt sogar der 5?auptsih der Romerherrschaft in Obcrpannonien wnrde, jedoch nur für turze '^eit, denu wenig Jahre später drangen schon die Westgotheu iu Pannouien ein. Eo ist schlm'erig sich ein Bild von der Ausdehnung des alten Vindobona 5u fchaffeu. Mit Wahrscheinlichkeit nimmt man an, das; es al5 Standquartier einer gangen Legion scin Castell nnd nebstdeln ein Standlager ((^ti-uin) besessen hat, und das; an das erstere ein nicht militärisches (^emeindeweseu, ein mmlic>i>illin, sich angeschlossen hat, zumeist eine Ansiedtnng ausgedienter romischer Soldaten, welche mit ibrem Ab-fchiede dao römische Bürgerrecht, dao Connubium, d. h. die gesetzliche Ancrkenuung ihrer Ehen mit Töchtern des Landes und (^rnndbefitz erhalten hatten. Mauerreste, in Verbindnng mit der für diefe Bestimmung vorteilhaftesten Lage, führeu weiter zur Annahme, das; der Beobachtungsthurm de^ (5aste!les an erhöhter Stelle auf dem äußersten Vorsprnnge gegen den Donanarm, welcher dainalo durch dell heutigen Salzgries floß, nnd dainit auf dein hentigen Ruprechtsplatz der iuuern Stadt gestanden, das (5astell überhaupt aber den Mum zwischen dem dortigen Steilabsall «^ Wic» in dcr (^csä'ick'tc. zur Donan, der Rückseite der heutigen Däuser dor ^tordfronte des Hohen-marktes und Fischhofes, der Rothgasse und 5irebsgasse eingenonnnen hat. Das Standlager verweist inan dann in die liegend des Belvedere, da? Mnnieipimn aber auf dm Ranm zwischen der >>ohen Brücke und oer Freiung, von dieser bio gegen den Stephansplatz nut der südwestlichen Grcn.^c am Michaclcrplah und an dn' Bnrq dann nut oinzoln^n Anlagcn an bcido Ufer dcc, Wicnflusfto, dcv Ottakringcr- und Alsor-Bachos. Als spätcr dic Dcftnsivzwcckc dcr röillischcu (^rcuzcastctle übcrwicgcnd l^c-wordou, wurde sicbcr auch dao Kastell vou Vindobona crwcitcrt und nnn dchntc e>) sich iin Wcstcn bio zur /sischorsticc^' llnd ^ordam,-ssassc, ini Süden dio zur Landokronssassc, ini Osten bi'> znr Roth-qasse auo. blicht leichter aw die räunlliche Ali^dehuung läßt sich der Cultur-Zustand Vindobonas beurtheilen. Nöinersitte und das Christenthum hatten gewiß bald die Sitten der Urbewohner gemildert: die Einfälle der Barbaren bei der Völkerwanderung die aufkeimende Civilisation größtentheils wieder zerstört. Als der letzte Apostel der Christenlehre uud der römischen Cultur ragt im heutigen Niederösterreich und mindestens in der Mhe von Wien, und zwar gerade an der Schwelle der alten .^eit und des Mittel-alters, in den Jahren 15)^—4^2, der afrikanische Mönch Severin hoch über seine Umgebuug empor. Mch seinein in: Jahre 4tt^ erfolgten Tode erlischt die beuchte der Civilisation ringsum vollständig. Schon im Jahre 454 hatten die Ostgothen die Länder von Sirmium bis Vindomina, wie Vindobona jeltt wieder genannt wurde, besetzt und bloß im Anfang des l>. Jahrhunderts taucht nochmals der Name Vindobona als der einer Stadt der Ostgothen bei Jornandes auf; damit aber verschwindet für die uach Beweisen fragende Geschichtsforschung alls gauze Tic Hcmpt lind Rcsidcnzstadt Wicu, der erste nrkuudliche Baucis über dic schon Nlit dem Nalnen Winn („in Winnensi loco") bezeichnete Stadt herrührt. Dic Tradition hat thatsächlich die Fäden zwischen den spätromifchen nnd den Tagen der Herzoge aus dem Hause Babenberg durch die Jahrhunderte der wechselnden Volksstämme der Haupt-Völkerwanderung, der Avaren, Karolinger, Ungarn und der Babenbensschen Ätarkgrafen derart fortzu-spinnen verstanden, daß sie uno die volle Ueberzeugung voin Fortbestande des damaligen Wiens uerschafft. Diesen Zeilen muft ihrem Zwecke nach eine Erörterung uon wissenschaftlichen Streitfragen fern bleiben. Doch wird cs uns gestattet sein, ehe wir die traditionellen Angaben über das alte Nien erwähnen, hervorzuheben, das; erst durch die Forschung des letztuerflossenen Jahrhunderts und noch entschiedener durch jene uuseres Jahrhunderts die Identität von Vindobona und Fabiana bezweifelt worden ist, damit aber manche Tradition in ihrer Anwendbarkeit auf das alte Wien zweifelhaft wird. Vor Allem gilt dieß bezüglich des Wirkens des h. Severin, der vorzüglich um Fabiana seine Thätigkeit entwickelt, Kirchen in Sievering und .Heiligenstadt bei Wien, im Umkreise des heutigen Wiens selbst aber St. Johann an der Als, nnd zwar als ein großes Kloster, gestiftet haben soll. Die Ueberlieferung berichtet, daß zu Fabiana im Jahre 74<> eine Kirche zu (ihren de,5 heil. Rupert, vom Baiser Karl dein Großen einc solche im Jahre 79^ zu Ehreu deo h. Petruo erbaut wurde, eine dritte aber, die Kirche Htaria am (Gestade, im Jahre 882 durch Schiffer uud Handelsleute entstanden ist. Wie die Ueberlieferuug im Volke fortlebte, daß uusere Stadt in allen Zeiten fortbestanden, lehrt unter Andern: das Nibelungenlied felbst in seiner ältesten Fassung. Oft gedenkt es der Stadt, am ausführlichsten in der Xll. Aventiure: „Wie Etzel mit Kriemhilden brute." Von Tulln führte ^önig Etzel seine Braut nach Wien, um hier das königliche Beilager zu feieru. Zahlreiche Franen empfingen in Wien mit Ehren des Bönigs Etzel Weib. 'N Wicn in dcr (Äcschicktc. ..Ihn liohzit whs gefallen an cinon pfinxiac, du 'It'i1 Kiincc Etzol bi Kriemhilde l;ic in (Km* stat zc Wiciu'.4' „Durch 17 Tage dauerte die Hochzeit; von keinem Könige konnte man sagen, das; seine Hochzeit großartiger gewesen wäre." Der Wiener Chronist Jans, welcher über einhundert Jahre später, nm die Mitte des 1'.!. Jahrhunderts, lebte, spricht ebenso vom Fortbestände Wiens, indem er erwählt, daß schon znr Zeit der Heiden Wien ummauert war, im Perichhof (Berghof) der Heide seinen Sitz hatte und daß nach dem Tode desselben von Christen das Kirchlein zu Ehren des heiligen Rupert erbaut wurde. Was vollends aus der Babenberger Zeit durch Ueberlieferung von Wien mitgetheilt wird, dem fehlt nnr die historische Gewißheit, doch nicht die Wahrscheinlichkeit. Der Art ist die Nachricht einer alten Reimchronik, daß Kaiser Heinrich Hl. auf seiner Heerfahrt gegen Ungarn zum Schutz Peters gegen Aba, 10^'i, zu Wien mit seinen Fürsten Kriegsrath gehalten habe: „Peter chlagte tägliche Dem Kunit Heinriche Sinen Grossen Ungemach Zu Wienne der Kunik ein Hoff gesprach Die Hcrvart sie do swuren Ze Ungern sie do füren" Dieselbe Behauptung hat verstärkte Geltung hinsichtlich der Bauten aus der früheren Babenberger Zeit. Im Jahre 10^8 soll Bischof Altmann von Passau die St. Pankra^kapelle an der Stelle, wo sich die päbstliche Nuntiatur befindet, ferner foll Leopold der .Heilige den Berghof zwischen der heutigen Krcbsgasse und dein hohen Markt, und den Gjaidhof dort erbant haben, wo in der Wallncrstraße das fürstlich Efter-hazy'sche Haus steht, und Leopold V. wird als Erbauer einer Kapelle zu Ehren des heil. Jakob genannt. Wie erwähnt, betreten wir im 12. Jahrhundert festen historischen Voden und weil wir nicht annehmen tonnen, daß Wien in einigen Jahren «',,'» Die Haupt- lind sicftdcnzst.idt Wicu. ein nicht gan^ linansehnliches (^ielneindewesen, sondern das; es, was es damals war, Nlir nach und nach geworden, lehrt uns gerade die erste Urkllnde, welche Wien betrifft, jenc vom Jahre 11.^7, das; die Tradition den fortbestand oder den Wiederbestand seit langer ^eit mit Recht anninnnt. In diesem Documents ivelches die kirchliche Ilirisdiction de5 Bisthums Passall und dic Stefanskirche in Wien ^im (Gegenstand hat, wird nehmlich Wien schon civiw«, d. h. eine mit Mauern umfangene Stadt genannt nnd es kann deshalb wohl nicht qan'> unbeträchtlich gewesen sein. Wir nehmen dabei Umgang r,om ältesten bekannten Plan von Wien, dem sogenannten Zappert'schen, welcher am, dem Ainang de5 1^. Jahrhunderts herstanunen soll, doch bezüglich seiner Echtheit nicht linbean-ständet geblieben ist und wonach Wicn zwei Kirchen und zahlreiche Straßen gehabt hätte. Mit der Mitte des 12. Jahrhunderte beginnt dann eigentlich Wiens Aufnahme und Wiens Geschichte. Ter wahre (Gründer unserer Stadt aber ist der Babenberger Heinrich II. Iasomirgott. 5)emrich Iasonurgott war seinem Bruder Leopold V. im Jahre 1141 als Markgraf r»on Oesterreich gefolgt. Er liatte eine Vorliebe für Wien noch zu der Zeit gefaßt, als er auf der Burg zu Medelich, Modling, residirtv nnd schon während seines Aufentbalteo in )1iegensburg alic. Anlas; seiner Besitznahme von Vayern Handwerker und Kaufleute veranlaßt, sich in Wien niederzulassen. Er wählte eo dann zn seiner Residenz und bewohnte jene Burg, welche einer seiner Vorfahren an der Stelle erbaut hatte, wo jetzt dao Reichskriegvministerium sich befindet. Die Stadt hat ihm dafür nach der Erzählung seines Bruders, des Geschichtschreibers Otto von Freising, nach dem unglücklichen kriege mit Ungarn im Jahre 1145 Schutz gewährt. Bald darauf ward sie dadurch ungemein belebt, daß sie im Jahre 114? den am zweiten Kreuzzuge Theil nehmenden Fürsten als Sammelplatz diente. In demselben Jahre fand auch noch die Weihe der Stefanskirche statt, zu der nach einigen Schriftstellern Markgraf Heinrich II. im Jahre 1144 selbst, nach andern sein Vorfahrer, den Grundstein an der Stelle gelegt hatte, wo sich bereits vorher eine Kapelle zu Ehren des heil. Stefan erhob. l?^ Wicii in der «^csckuckte. Der Markgraf maä)te den >treuzzug :nit mid brachte Theodora, die Enkelin des griechischen Raisers Manuel, als Gemahlin hein,, I. N49. Er stiftete hierauf im Jahre 115,5> die Kirche lind das 5Uoster zu den Schotten und rnllnlte sie den silberner Mönchen aus dem Orden des heil. Beneditt ein, indem ^r ihnen zugleich die in Wien bestehenden Kapellen znwieS, wogegen die geistliche Jurisdiktion über die Stadt anf Grund der mehrerwähnten Urkunde vom Jahre 11.'>7 das Bisthum Pasian durch den Pfarrer zu St. Stefan ausübte. Das nächste ">ahr N50 jedoch brachte eine wesentliche Peränderung in der staatsrechtlichen Stellung der Ostmark. Denn in diesem verlieh Baiser Friedrich Barbarossa dem Markgrafen das Privilegium Frideri-eianum, wodurch Unterösterreich mit dem größten Theile Oberösterreichs zu einem untheilbaren Erbher^ogthum vereinigt wurde. Jetzt erst tonnte Herzog Heinrich ^asonürgott das Land sein nennen. Die Markgrafen waren nur oberste Reichsbeamte gewesen, und hatten eine persönliche t^ewalt blos; über ihre Dienstleute (Miuisteriale), über die mit Baben-bera/schem Grund und Boden Belehnten: neben ihnen selbst aber gab es noch zahlreiche NeichSnmnittelbare-. den herzogen räumte dagegen das Privilegium eine fast vollständige Landeshoheit ein. Herzog Heinrich war nun um so mehr unermüdet bestrebt, den Wohlstand seines Bandes und vornehmlich jenen seiner Residenz zu heben. Nicht aber blos; Vorliebe, auch der eigene Vortheil und die Erwägung sciner vorzüglichen (5'ignung dazu haben den Herzog zur Wahl Wiens zu seiner Hauptstadt bestimmt, ^ag es ja doch auf Babeuberg'schem Grunde, so das; die Vortheile scines Aufblühens dem ^andesfürsten selbst zu Gute kamen, und war es ja so gelegen, daß es mit dem Weltverkehr in Verbindung stand, wälireiw die zahlreichen Straßen, welche aus ihm nach Ungarn, Böhmen, Steycrmark, >iärnthen und den südlichen Marken des deutschen Reiches führten, auf die Stellung Oesterreichs zu allen diesen Bändern einen vortheilhaften Einfluß übten. Als Herzog Heinrich im ,>ahre 1177 starb, nahm Wien den Raum ein zwischen dein heutigen Graben, der Rothenthurmstras;e bis zum Haarmarkt, von da durch die Seitenstettergasse und oberhalb des Salzgrieses «7 '!* Dic Haupt l!»d Rcsidcnzstadt Wici!, bis Maria Stiegen, dann oberhalb des Tiefen Grabens bis zum Heidenschuß und durch die Naglergasse bis wieder zum Graben. Außerhalb der Stadtmauern lag die Wollzeile, welche wieder Heinrich II. ihr Entstehen verdanken soll, die Kirche zu St. Stefan und in derselben östlichen Richtung etwao entfernter da5 Kirchlein St. Jacob auf der Hülben, im Süden dao Jagdhaus Leopold des Heiligen und im Südwesten das Schottenkloster. Nach Heinrich Iasomirgott herrschten noch 4 Babenbera/sche Herzoge in Oesterreich, Heinrich's Sohn Leopold VI., dessen Söhne Friedrich I. und Leopold VII., endlich dev letzteren Sohn Friedrich II. der Streitbare. Ein glückliches Geschick fügte es, das; Leopold VI., dem Tngendhaf-ten, Wiens Gedeihen nicht minder al5 seiuem Vater am Herzen lag. So erstarkte es dermaßen, das; spätere UnglüMchläge es nicht mehr in die Unbedeutendheit zurückzuversetzen vermochten. Und sie sollten nur zu bald kommen. Der Herzog machte den Anfang mit jener Erweiterung der Stadt, welche erst unter Leopold VII. zum Abschluß kam. Sein Hof wurde von den Minnesängern vor allen gepriesen nnd sie setzten der Milde und Freigebigkeit deo für die Ideale de5 edelsten Ritterthumo schwärmenden Fürsten in ihren Liedern unvergängliche Denkmale. Zahllos kamen auch die Pilger zum heiligen Grab durch Wien, denn sie genossen freien Durchzug durch das Land und waren der freundlichsten Aufuahme in der Residenz gewiß. Für ihr Unterkommen zu sorgen, war eine Pflicht der Bürger und Schottenmönche, und eigene Herbergen bestanden vor den Thoren für sie, und wenn die Erndte keine ergiebige gewesen, mnßtm selbst aus entfernten Gegenden Lcbensmittel herbeigebracht und zu billigen Preisen den Pilgern verkanft werden. Im Jahre 118l) zog Kaiser Friedrich Barbarossa mit seinem gewaltigen Kreuzesheere durch Wien nnd Deutschlands größter Kaiser seit Karl dem Großen ward durch großartige Feste vom Fürsten und der Stadt gefeiert. Ans der Geschichte Niederösterreichs ist nns die Theilnahme Leopolds VI. an diesem Kreuzzuge bekannt geworden, so wie sein Streit «s Wicn in dcr (YMcktc mit Richard Löwenherz und dessen Folaen für den König. Aber auch für Oesterreich hatte der Zwischenfall traurisse Folgen. Der Pabst belebte darob Oesterreich mit dnn Interdikt, und weil im ^ande selbst die (Krndte misirathen war und.hnngersnoth herrschte, wirkte dasselbe um so schmerzlicher auf die Gemüther. Doch damit begannen erst die Trübsale für unser Land und unsere Stadt. Bald nach Leopold's Tode im Jahre 11l)4 folgten noch größere: wiederholter Mißwachs, furchtbare Seuchen und .heuschreckenschwärme, welche die ohnehin spärlichen Früchte vollends verheertet: nnd damit willkürliche Brandschatzungen des ganzen Landes von Seite des um die Giebigkeiten der Unterthanen gebrachten Ndels. Walther von der Vogel-weide klagt über die trostlosen Znstände. „Untreu hält .Hof und Leute, Gewalt fährt aus auf Beute, so Fried als Recht sind todeswund." .Herzog Friedrich I., welcher in diesen tranrigen Tagen in Oesterreich geherrscht hatte, starb im Jahre 1195> in Palästina nnd mit einem der glänzendsten Regenten Oesterreichs Leopold VII. dein Glorreichen begannen für Oesterreich und vorzüglich für seine Hauptstadt wieder glücklichere Zeiten. Der Herzog war mit allen ritterlichen Tugenden nicht minder ausgestattet als sein Valvr, seine und seiner Gemahlin Theodora.Hofhaltung nicht minder glänzend als jene Leopold's VI. Offenen Blickes erkannte er jedoch im Bürgerthum den Hort des Fürsten gegen die Uebergriffc des Adels und der Geistlichkeit. Er schützte nnd begünstigte es daher in jeder Weise. Wien, die weitaus bedeutendste Commune, verdankt ihm unendlich mel. Er gewährte den Wienern zuerst Niederlag5rechte gegenüber den fremden Kaufleuten, versperrte den oberdeutschen Donaustädten den Weg nach Ungarn, verlegte den Markt von ,hainburg nach Wien und bestätigte im Stadtrechte vom Jahre 1221 den gnmdbesitzeu-dm Bürgern ihre Privilegien. Er vollendete die Erweiterung der Stadt durch Hinausrücken der Stadtmauern durch die Adlergasse bis zum Au-winkel, von da zur Singerstraße und durch sie hinauf zum Stockim-eiseuplatz, ein Werk, welches sein Vater begonnen und wodurch die Stadt einen Zuwachs von weit mehr als 100 Häusern bekommen hat. 6!) Die Haupt und Residenzstadt Wicn, Ihm wird der erste Ball einer Burg an denl Orte, wo die Hofburg heute sich erhebt, zugeschrieben, wobei jedoch nicht verschwiegen werden dars, daß manche Forscher diesen Bau für noch älter halten. Zweifellos dagegen hat er die Kirche zu St. Michael erbant und zur Hofpsarre bestimmt. Auch um die geistliche Selbstsiändigkeit seines Landes nnd die Unabhängigkeit der Stadt Wien vom Bisthum Passau, welchem die pfarrlichen Rechte über den größten Theil seiner Residenz ausübte und ihm später selbst die landesherrliche Obervogtei über St. Stefan bestritt, war er auf's Eifrigste besorgt und suchte bei Pabst Innocenz III. um die Errichtung eines Bisthums für Oesterreich in Wien an. Die Erfüllung der Bitte scheiterte am Widerstand des Bischofs von Passau. Von hohem Interesse bleibt aber ihre Motivirung; erstlich in dem Punkte, daß darin der Herzog bemerkt, Wien sei nach .^oln eine der bedeutendsten Städte Deutschlands, denu dies beweist, welch raschen Aufschwung die Stadt in kurzer Zeit genommen, dann dnrch die Erwähnung, daß Wien schon früher ein Bischofsitz gewesen sei, wodurch ein weiterer Beleg geboten ist, wie Wien auch in der Zeit, in welcher seine Geschicke bisher der Geschichtsforschung unbekannt geblieben sind, zu bestehen, ja gewissermaßen zu blühen, nicht aufgehört hat. Anziehend sind die Schilderungen des Chronisten Jans, welcher in der zweiten Hälfte des 1.". Jahrhunderte gelebt hat, über das Verhältnis; dee Herzogs zu den Wieneru, das darnach ein wirklich herzliches gewesen fein muß. Eines Tages sandte Leopold, berichtet Jans, ,zu dem Unmassen reichen Dietrich- und sprach zu ihm: „Ich bin der Stadt mit Treue hold, und auch die Bürger sind mir nicht gleichgiltig. Ich will sie dazu briugen, mir etliche Dienstleute, Ministeriale, zu bezwingen. Wer mir nicht will Unterthan sein, wer sich mir widersetzet, muß geschädigt werden. Ich mache sie (die Bürger), das follen sie wissen, reich an Ehren und Gut." Darauf erwiederte Dietrich: „Eurer Vortrefflichkeit ist nichts zu vergleichen. In der Stadt ist mancher Mann, der viel erwerben kann, wenn Ihr ihm zu Liebe Euer Vermögen herleihet." — „Nehmt 7C Wim in der (AMichte, meill (hold und Silber", sprach der Herzog, „ich will den Kaufleuten '«),<)l)0 Aiark leihen, damit sic des Nützlichen genug haben. Sag Allen, die arbeiten können, wie sehr ich ihnen mein Gut gönne; cd ist bci ihncn so wohl bewahrt, als wäre es in niciner Kammer versperrt und bringt so viele Zinsen, wie eine Stcucr." Wie dcr Herzog sprach, so geschah es; er lieh den Bürgern scinen Schatz und sie verdankten ihm, das; sie von ihrer Armuth befreit wurden. Kurze Zeit nach diesem Vorgange ritt Leopold in die Stadt, um hier fröhliche Weihnachten zu halten. Die Bürger voll Dankbarkeit gegen ihren so wohwollenden jungen Fürsten bereiteten ihm große Ehren und boten ihm (beschenke in großer Zahl. Die kleinen und großen Haus-genossen (Münzer und Goldschmicdc) übergaben ihm lange breite silberne Borten, silberne Becher, Ringe mit Edelsteinen besetzt und goldene Spangen; die Kaufleute ihre kostbarsten Kleider, grünen, braunen und blauen Scharlach, und zur reichen Kleidung dic Wiltwerkcr (Kürschner) Hermelin^ die Krämer seidcnc Gewänder, (Gewürz und Zendal. Die Fleischer führten ihm mehr als drcnßig Rinder, die Bäcker trugen Kipfel uud Flecken von so weißem Mehl vor, das; Hermelin uud Schnee nicht weißer sein konnten. Gerührt von diesem festlichen Empfang sprach Leopold: „Ihr habt mich wohlgechrt, wofür ich Euch immer dankbar bleiben werde. Sagt mir, was Euch Allen, Arm und Reich, gleich von Nutzen ist." Da gingen die Bürger und beriethen sich mit den Weisesten uuter ihncn über den Gegenstand ihrer Bitte. Seinem Rathe folgend, wandten sie sich mit folgenden Worten an den Herzog: „Wenn Ihr uns eine Gnade gewähren wollet, so bitten wir: Verkündigt in allen Märkten und Städten, daß die Ritter uns bezahlen, was sie um von Eurem Gelde schuldig sind." Alö Leopold in ihre Briefe Einsicht genommen und sieb vou der Gerechtigkeit ihrer Forderung überzeugt, gab er allen Gerichten im ^ande Befehl, die Forderungen der Bürger an seine Lehenstrüger mit aller Strenge einzutreiben." Vollkommen verständlich werden durch diese einfache aber lebenswahre Schilderung die Worte, welche Jans aus Anlaß des Todes des Herzogs schreibt: „Solcher Klage gab es noch nie in Oesterreich. Am n T>ic Haupt und Nicsidcilzstadt Wicn. lautesten klagten die Winner- „Wer befreit uns nun von den Dienstmannen, wer singet uno nun vor auf den: Chor, als er oft gethan, wer stiftet mw nun Raien in: Herbst und im Maien, wcr leiht uns Silber und Gold, wer ist uns mit Treue hold; wer schafft uns nun guten Frieden, wer bestraft die Räuber und alle ungerechten Leute, wer freit so die Städte, alo er gern gethan." Nahezu im Gegensatze mit dem herzlichen Verhältnisse, das zwischen Herzog Leopold dem Glorreichen und der Stadt Wien geherrscht, stand jenes, das bald zwischen der letztern und Leopold's Sohn und Nachfolger dem Herzog Friedrich II. dem Streitbaren Platz griff. Friedrich bekam wahrlich mit oder ohne sein Verschulden mit aller Welt Streit. Es gährte im Adel wegen des wachsenden Einflusses des Bürgerstandes. Bald nach des Herzogs im Jahre 12.'»0 erfolgtem Regierungsantritt empörten sich zuerst die beiden Kuenringe, Heiurich von Kuenring, der oberste Landmarschall und sein Bruder Hadmar. Sie waren dem .herzog als er während der Abwesenheit seines Vaters in Italien die Regentschaft führte, al5 Gehilfen beigegeben gewefen. Im Uebermuth nannten sie sich fortan Regierer Oesterreichs, und in Heinrich's Verwahrung befand sich noch immer das herzogliche Siegel und Leopold's VII. großer Staatsschatz. Ihre Stellung mißbrauchend luden sie in der Burg zu Wien 12,",1 am hellen Tage den herzoglichen Schatz aus Wagen und führten ihn auf ihre startbefestigteu Schlosser. Und nun hauste Heiln ich auf Weitra, >>admar aber auf den uneinnehmbaren Donalloesten Dürren-stein und Aggstein, von wo aus sie mit andern Adeligen im Bunde Kirchen und Klöster beraubten, die Hilflosen und die Donaufahrer plünderten und alle Dörfer von Zwcttel bid weit über Dürrenstein hinauf verbrannten. Der tapfere Herzog hatte bald die Rebellen geschlagen und Heinrich zur Flucht genöthigt, Hadmar trotzte auf Aggstein. Eine Chronik erzählt die List, durch welche ihn der Herzog in seine Gewalt bekam. Aggstein beherrschte die Donall so vollkommen, daß jedes Schiff dort nothgedrungen landen und sich berauben lassen mußte. Friedrich wußte dieß und bestellte bei einem Regensburgcr Kaufmann kostbare Stoffe. ?^ Wien in der beschickte. Sic wurden auf der Donau in einein Schiffe verladen, in dessen Untertheile dreißig Bewaffnete versteckt lagen. Ak, d(v> Schiff gegen Aggstein kam, ertönte wie inimer die schauerliche Burgglocke und der Ruf durch dav Sprachrohr: anzulanden. >iaum war der Befehl befolgt, so überfiel Hadiiun' mit feinen bellten dao Schiff, nm es au^^llranbcn. Eilig hatten dic Mannen allco .^lfamnn'Nl^packt lind an d(v> ^and ^'bracht, bloß Hadnlar war znrück^cblicd^n, um noch alk' ^aunn' l^'nall ^.u untcrsnch^n: da stießen die Schiffleute plötzlich vom lifer, die 'liewiqen stürzten hervor, überwältigten >>admar und brachten ihn alo (befangenen nach H^ien. Jetzt wurde Aggstein und Dürrcnstein erobert und gebrochen, Heinrich ergab sich auf (bnade nnd Ungnade. Der Herzog wollte da5 berühmte Geschlecht nicht untergehen lassen, nahm Geißeln für ihre Treue, verlangte Ersatz für den geraubten Schatz und vergeh. Heinrich behielt sogar die Marschallowürde. .vadmar jedoch hatte den irdischen Dingen entsagt: er pilgerte im härenen Bnsgewande nach Passan, um die Lösung des Bannes zu erflehen, in welchen ihn der Bischof gethan. Doch erreichte er es nicht, denn auf dem Wege dahin tödtete ihn der Gram. Der streitbare herzog kämpfte bald daranf siegreich gegeu die Böhmen, welche den Aufstand der >vuenringer zn einein Einfalle in Oesterreich benutzt hatten nnd gegen die Ungarn. Weniger Glück hatte er, als er als Parteigänger .^önig Heinrich's VII. gegen Baiser Friedrich ll. iu Bayern einfiel. Dreimal lud ihn der Baiser zur Rechtfertigung wegen seines Ungehorsams gegen ihn nnd wegen anderer ans Oesterreich über ihn eingelaufener Beschwerden vor den Reichotag zu Augsburg nnd verhängte, als er der ladling nicht Folge leistete im Jahre 123s; über ihn die Reichsacht. Bald war das ^and von allen Seiten von den Vollzngstruppen der Acht besetzt. Friedrich Zog sich nach Wien zurück. Doch dieß weigerte sich, seinethalben sich einer Belagerung auszusetzeil und so begab er sich schließlich nach Wiener-Neustadt. Forschen wir nach der Erklärung der bisher in Oesterreich noch nicht vorgekommenen Thatsache, daß die .Hauptstadt den Landesfürstcn im Stiche gelassen, so finden wir sie gewiß nicht allein in den der Stadt 1!) Dic Haupt und ^csldcnMdt Wicii, au5 der Reichsacbt drohenden (befahren. Janv bringt sic zunl großern Theile auf Rechnung des Steilerdrilckes und der nicht stets anständigen Liebesabenteuer de^ .verzogn. Besonders soll jene') liüt der schöllen Bürgersfrau Brunhild bei den Bürgern so böses Blut hervorgebracht haben, daß sie sich an den Rath wandten, damit der herzog auo der Stadt ausgewiesen werde, ja manche sich an seinem ^eben vergreifen wollten und Friedrich, weil alle Thore schon von Bürgern bewacht waren, nur durch die Anhänglichteil einiger (hetreueu entkommen tonnte, welche ihn au einein Seile über die Stadtmauer hinabließen. Als Baiser Friedrich II. im Jahre 1^7 selbst vor Wien ankam, öffnete ihm die Stadt freudig die Thore und der Adel und die (Geistlichkeit bewarben sich bei ihm um die Erneuerung ihrer Freiheiten nnd Rechte. Durch die Anwesenheit des Baisers hob sich der gesunkene Verkehr rasch wieder und die Bürger sahen endlich sogar ihren stolzesten Wunsch erfüllt, als Baiser Friedrich durch die goldene Bulle Wien im Jahre 1^',7 zur freien Reichsstadt erhob. Freilich dauerte diese Reichsunmittelbärt'eit nicht lange. Friedrich der Streitbare hatte sich das Land theilo in, .dampfe, theils durch kluges versöhnendes Auftreten bald wieder unterworfen. Nur Wien verschloß ihm noch seine Thore, mußte sich ihm aber, nachdem er ihm alle Zufuhr abgeschnitten hatte und dadurch eine furchtbare Hungeronoth entstanden war, Ende 1^.">!) nach nahezu halbjährigen! Widerstände ergeben. Friedrich handelte auch gegenüber den Wienern edelmüthig und ersparte ihnen alle Opfer und Demüthigungen. Bald war er auch mit seinem Baiser ausgesöhnt und feierte diese Versöhnung im Jahre 1240 zu Wien durch prächtige Feste. Schon im Jahre 1^40 blieb er, erst ^5 Jahre alt, an der ^eitha im siegreichen dampfe mit den Ungarn und groß und allgemein war die Trauer über seinen Tod. Sie galt auch nicht bloß dem letzten herzog aus dem ruhmreichen (Geschlechte der Babenberger, sondern nicht minder den Eigenschaften Friedrichs selbst, bei welchem, mochte er immerhin in den erstern Jahren seiner Regierung zu sehr als Junker im modernen Sinne des Wortes aufgetreten sein, doch später die schweren Schicksals- 74 Wien in dcr beschickte. schlage, die ihn getroffen, seine mannhaften und edlen Eigenschaften ^um Turchbruch gebracht hatten. Wien war stets gut kaiserlich stauffisch gesinnt gewesen. Dao blieb e^ um so mehr, als durch das nach Friedrich deo Streitbaren kinderlosen! Tode in Oesterreich eingetretene Zwischenreich alle Rechtverhältnisse in Frage gestellt waren und eo nur durch festen Anschluß an den Baiser seine Freiheiten 511 erhalten hoffte. Begreiflicherweise fühlte eo sich daher nicht wenig gedemüthigt, als Pabst Innocenz IV. im Jahre 1^^^> unbekünnnert um die Absichten oeo er.connnunieirten Baisers Friedrich II. da«:, deutsche Reichslehen Oesterreich an den Markgrasen .Hermann voll Baden, den (bemahl Oertrudeiw, der Nickte Friedrich de5 Streitbaren und einer der drei die Nachfolge in Oesterreich beanspruchenden weiblichen Sprossen des .hauseo Nabenberg übertrug und dieser die Stadt und das 5/and in Besitz nahm. Der „Usurpator" starb schon nach zwei Jahren, und alo dann Markgraf Przemysl Ottotar von Mähren alls thatsächlichem Wege, wenn gleich nut Zustimmung eines Theiles der Landesherrn, in Oesterreich einrückte, trat ihm auch Wien nicht entgegen, und zwar umsoweniger, aln er sich durch seine Vermählung mit Margarethe, der Wittwe >iönig Heinrich VII. und Schwester Friedrichs des Streitbaren der stausfischen Partei genähert hatte. Wien hat die Wahl nicht .^1 bereuen gehabt. Ottokar 50g im Jahre 1^51 feierlich in die Stadt ein und bald erkannte fie in ihm den Schützer ihrer Reckte, den Förderer ihres Gedeihem,. Wao sie vor allem benöthigte, war >>ülfe gegen die Ungarn. Im Jahre 125^ waren sie in Oesterreich eingefallen und an Wiens Mauern vorbei bis Tulln vorgedrungen und hatten das nahe bei Wien liegende Mödling verwüstet. Im nächsten Jahre wollte Ungariw >vönig Bela IV. Wien belagern, doch schloß er Frieden mit Ottokar, welcher ihm Steyermark abtrat, ^m Jahre 12<;<> schlug dann dieser die Ungarn entschieden und erhielt in Folge dessen die Steyermark zurück. Doch auch noch später erneuerten sich die dämpfe zwischen Ottokar und den Ungarn. Ottokar, welcher durch den Tod seines Vaters im Jahre 125>."> al5 Przemysl Ottokar U. 75 10» Die ,<>il!pt »iid Nsidc»5''tadt Wic», Konig von Böhmen geworden war, benutzte die, Jahre des Friedens, um die Ordnung in Oesterreich herzustellen nnd strafte wegen Räubereien mehrere fitter nnd Einwohner Wien^ am, den ersten Bürgergeschlechtern mit dem Tode. Im Jahre l2«;7 fand nnter seiner Herrschaft in Wien eine Synode znr Prüfung der kirchlichen Zustände statt nnd sie war vornehmlich dnrch das Treiben, der aucb in Wien schon im Jahre 1261 aufgetauchten Schwärmersekte der Flagellanten hervorgernfen worden. Der >vönig ließ in feiner Strenge gegen die räuberischen Landherrn nicht nach und veranlaßte dadurch Aufregung, doch blieben ihm die Städte vor Allem treu nnd besondern Wien hing ihm an. Nicht wenig hat er für dasselbe gethan, festige, Feuersbrünste hatten ili den Jahren 1258, 1262 nnd wiederholt 1276 in der Stadt gewüthet, jene vom Jahre 1258 die Hälfte der .vänser, mehrere .Kirchen, darnnter die >?auptpfarre zu St. Stefan zerstört. Die letzte vom Jahre 1276 foll vollende die ganze Stadt mit Ausnahme von 150 Däusern verwüstet haben. Ottokar lief; die Bnrg wieder ansbanen nnd von mancher Seile wird ihm der Ban des ältesten Theileo der hentigen Hofburg zugeschrieben. Die Stefanst'irche nnd andere l^ebäude erhoben sich ans seinen Befehl wieder ano ihrem Scbntt. Damit sich die Stadt von den erlittenen großen Verlusten erhole, bewilligte er ihr freien Markt ohne Mautabgaben auf die Dauer von sechs Monaten, er schenkte den Bürgern einen Wald, um daraus dao nothige Bauholz zu beziehen nnd befreite die Einwohner anf fünf Jahre von allen Stenern. (5r war e5 auch, der den .Nohlmarkt nut Hänsern bebauen ließ, der den l>jrnnd znr Mi-noritenkirche gelegt, und den ganzen Raum der Burg mit der Michaeler-kirche und dem ^ohlmarkt und den Bezirk der Minoriten- und Schotten-tirche bis Zum Arsenal, wo die Donau vom Salzgricsc abgeleitet wurde, daher auch die heutige Herrngasse in die Stadt cinbezog und sie nut festen Mauern und mit Gräben umgab. Durch diese bedeutende Erweiterung gewann die innere Stadt jene Ausdehnung, welche sie im Großen und Ganzen durch beiläufig 600 Jahre bis zu der im Jahre 185? ausgesprochenen gänzlichen Beseitigung der Festungsmauern beibehalten hat. Wien bewährte dem Mnig seine Treue auch dann noch als der 7« Wicu in der ^eschicl'tc. Olücköstern OttotlN'5, sich nach der Erwählnng Rudolfs von ,<>absbnrg znnl römischen ivönig^) zum Untergang neigte. Wir kennen die (Gründe des Zerwürfnisse^ Ottotaro und Rudolfo von anderin Orte her. Rudolf hatte die Herzogthümer Oesterreich, Steyermark, ^iärnthen und >Uain alo erledigte Reichslehen zurückgesor^ dert, weil ihm Ottokar die Anerkennung ak, >vönig von Deutschland vorweigerte nnd der wiederholten Aufforderung, den ^ehenoeid zil leisten, nicht Folge leistete. Er verhängte die Oberacht über Ottokar nnd rückte rasch vor Wicn. Am 18. October 127li ward es ,;ur Uebergabe auf-gefordert. Erst nachdenl in: Innern Unruhen von Seite der dnrcb die Belagerung am meisten betroffenen Handwerter erregt worden waren, capitnlirte es. Bald daranf, Ende November 1^7l>, zog der erste 5>ab5-bnrger in Wicn ein. Trotzdem abcr, das; der deutsche >vönig die Stadt frenndlich behandelte, hielt eine Partei zn Ottokar nnd verschwor sich in Verbindung mit einigen Ottokar anhängenden Landherren im Mai 1278, um Wien Rudolf zn entreißen. Die Verschwörung, gegen welche die Mehrzahl der Bürger sich ablehnend verhalten hatte, wnrdc jedoch entdeckt, die (bitter der Unzufriedenen verfielen dein Fisens, die Bürgerschaft aber erhielt von Rudolf zum ^iohn für ihre Trcuc zwei Freiheitsbriefe, welche das Leovoldinische Stadtrecht vom Jahre 1221 und den Freibrief Baiser Friedrichs II. vom Jahre 1237 in wichtigen Punkteu noch erweiterten. Bald darauf erneuerte Ottokar den >vrieg, verlor auf dem Marchfeld Schlacht und ^eben und Wien sah seinen früheren Herrn nur als deiche wieder. Rudolf von Habvburg blieb nach Ottokars Tode durch drei Jahre in Wien und ließ seinen Sohn Albrecht als Reichsverweser zurück. Im Jahre 1282 belehnte er dann seine Söhne Rudolf und Albrecht, bald darauf aber den letzteren allem mit Oesterreich, Steyermark, Xrain und *) Die Wahl des Obcrhauptcs dcs dciilschm »icichcs erfolgte zum itöiii^, nach dcv ^rmmi^. wclckt iu früherer Zeit dic mcislm crwWttu kümgc vom Pavst selbst vorgenommen zu cnialtci, wiinscktcn, nauntc sich dcr Äöniss Äaiscr. Erst Max I. nahm nach seiner Kriwlmg dnick einen päost-lichen Legaten den Titel cmcs crwä'lilten römischen Kaisers an, welchen in dcr Folge alle deutschen Mw^e fülntcn. die nicht i>^ Mm gctrönt warcn. ?? T5c ,<>u:pt mid ^csidcnzstadt Wicn, der windischen Mark. Tamit wurdc die iln Mannsstamm durch 500 Jahre dauernde Herrschaft der Habslnlrger in Oesterreich begründet, Es ist keine leichte Aufgabe, ein Urtheil über den Einfluß einer unbeschränkt herrschenden Dynastie auf das Wohl des von ihr beherrschten Landes für die Zeitdauer eines halben Jahrtausends mit wenig Worten zu fallen. Will man nicht Legenden schreiben, so wird vor Allein der Satz auszusprechen fein, daß naturgemäß auch im Hause Habsburg vortreffliche Fürsten und minder preiswürdige vorkamen. Allgemein glauben wir dagegen den Ausspruch dahin abgeben zu müssen, daß in den ersten zwei Jahrhunderten zu große Sorgfalt für die Hausinteressen und daraus entspringende häusige Familienzwistigkeiten der Habsburger, in den darauf folgendeil jedoch ihr allzugroßer Eifer für den .^atholieiolnllo ^' Klippe waren, an welcher die wünschenswerthe volle Entwicklung der österreichischen Länder scheiterte, daß dagegen das letzte Jahrhundert ihrer Regierung das segelwuollste für Oesterreich ge-wes.en ist. In der Periode der Habsburgischcn Herrschaft bis zum Ausgange des Mittelalters, zu welcher wir nunmehr zurückkehren, werden wir manche Begebenheiten, selbstverständlich mit der Beschränkung ihres Ein-flussec, auf Wien, blos darum eingehender besprechen, weil sie vortrefflich die Culturstufe ihrer Zeit kennzeichnen. Ter Einfluß, welchen Herzog Albrecht seine aus Schwaben mitgebrachten Räthe auf die Regierung nehmen ließ, machte in Oesterreich bald böses Blut. Albrechts Bestreben, die landesfürstliche (Gewalt auf eine feste Grundlage zu stellen und alle während des Zwischenreiches eingetretenen Einschränkungen derselben wieder zu beseitigen, in Verbindung mit dem (Grundsätze, daß der neue Herzog in das volle Erbe der Babenberger getreten sei, und daß ihm alle tMter und Rechte zustehen, welche Friedrich der Streitbare besessen, schädigte viele Stadt- und Privatrechte, welche seitdem rechtmäßig oder unrechtmäßig zum Schaden der Landeshoheit und des landevfürstlichen Vermögens erlangt worden waren, und vermehrte dadurch die Mißstimmung im Lande. Albrecht hatte in Konsequenz seiner Anschauung Wien die von Leopold VII. und 7tt Wicu in dcr l^csckichtc. Raiser Friedrich N. ertheilten und von König Rudolf erweiterten Prim-legien nicht bestätigt. Er änderte jedoch nebstdem das Stadtrecht über den Waarenhandel ausländischer Kaufleute zu (dunsten der Fremden und zwang die Wiener im Jahre I^tth, ihm den Eid der Treue zu leisten und alle Privilegien auszuliefern, welche mit den landesherrlichen Rechten in Widerspruch standen. Wien blieb Anfangs ruhig, es erwartete, das; ihm vom Herzog neue Rechte uud Privilegien ertheilt würden. Der Krieg nut den Ungarn, in welchem diese unter den Mauern Wiens lagerten, die ganze Umgebung verwüsteten und selbst einzelne Däuser der Vorstädte in Brand steckten, so das; der Herzog einen demüthigenden Frieden schließen musite, schürte neuerdings den nnter der Asche glimmenden Brand, der endlich zur hellen Flamme aufschlug, als Albrecht ertrankt war und sich irrthümlich das (Gerücht verbreitete, er sei gestorben. Der Adel und die Hanptstadt hielten zusammen. In Wien rührten sich zuerst die Handwerksinnuugeu. Die Schuster schrien: „Sie wollten den Schlosigraben mit ihren Leisten auffüllen und darüber hinlaufen." Man rieth Albrecht in etwas nachzugeben und die Zeit, die Aufrührer abzustrafen, zr erwarten. Dav lag aber nicht in seinem Charakter. Er verlief; die Stadt, zog sich auf das Kahlenberger Schlosi und sperrte der Stadt die Zufuhr ab. Eine der in ähnlichen Lagen gewöhnlichen Scenen folgte; „die Handwerker und Taglohner liefen den Reichen in die Häuser" und begehrten, man sollte ihnen Brod verschaffen oder sie wollten sie gefangen und gebunden zum Fürsten führen. Der Rath und die Bürger vertrösteten alls baldige .Hilfe nnd Zufuhr. Dieß war jedoch vergebens, und weil, wie der alte Chronikenstyl sich ausdrückt, „die Theuerung täglich zunahm und der Bauch, so keine Ohren hat, sich mit Worten nicht wollte abspeisen lassen," griffen die Hungrigen zu den Waffen und es wäre ohne Dazwischentreten des Raths zum dampfe in der Stadt gekommen. Bald fühlten die Bürger Reue uud baten den Abt zu den Schotten um Verwendung beim Herzog. „Der Abt kam zum Herzog, nahm die Herzogin zu sich und erweichte durch ihr holdseliges Zusprechen sein ohnedies; leicht versöhnliches Gemüth. Die von Wien folgten ihm nach mit iu Til.' Hanpt mid Residenzstadt Wic», bloßen Häupten und Füßeu, fielen auf die Knie und baten mit Heulen und Weinen uill Erlassung der wohluerdienten Strafe ihrer begangenen Thorheit und versprachen ihn: als ihrem lieben gnädigen Landesfürsten künftighin all schuldige Treue und Gehorsam, herzog Albert, durch seine Gemahlin, des Abts und der Bürger so klägliches Bitten, auch durch deu erbärmlichen Anblick dieser Fußfälligen bewegt, verzieh ihnen dergestalt, das; sie alle ihre Freiheitsbriefe ihm zustellen sollten. Da sie dieselben brachten, lies; er die Fürnehmsten seines Hofes zusammenkommen und alle jene Briefe ablesen i da er dann was er ihm und seinen Erben nachtheilig zu sein vermeinte zu Stücke risse." Dieser jedenfalls loyalen und antidemokratischen Erzählung fügt P. Fuhrmann die nicht üble Nutzanwendung bei: „Also gienge es den Wienern wie jenem äsopischen Hunde, dem das Stück Fleisch aus dem Maul entfiel, als er nach dessen größerem Schatten schnappte." Selbst dieser erste Kampf eines Habüburgew mit der Stadt Wien stimmt mit der Schilderung von Albrecht I. Charakter überein, welche auf um:, gekommen ist: er war ein herablassender, verständiger und tapferer, aber auch strenger, karger und gewinnsüchtiger Herr. Wien ist Albrechten auch niemals wirklich ergeben geworden, trotzdem es von ihm im Jahre 12W ein Stadtrecht erhielt, das älteste, welches es heute noch in Original besitzt, und ungeachtet es später seine Erhebung zum deutschen König festlich begieng, letzteres wohl hauptsächlich, weil er der erste zu dieser hohen Würde gelangte Herzog von Oesterreich war. Allein schon seinen Söhnen und Nachfolgern in Oesterreich, Herzog Rudolf III. nnd Friedrich dem Schönen standen Wiens Bürger treu zur Seite. Wien fühlte sich nehmlich bald in Aufnahme begriffen und mußte dieß vorzüglich seiner Eigenschaft als Hauptstadt eines eng verbundenen fortan sich ausdehnenden Ländercoinplexes zu Gute rechnen. So geschah es, das; im Jahre 1309 eine vom Adel zu dem Ende angezettelte Verschwörung, um Oesterreich den Luxemburgern auszuliefern, in Wien scheiterte. Der Adel hatte in Wien Theilnehm?" am Complott geworben und fand sie an drei angesehenen Bürgern, «0 Wicii in dcr Geschickte, Berthold dem Schühcnmeister, Otto >>eimo's Sohn und Hans dem Stadelauer. Ersterer entwarf dm Plan, früh morgeus an einem bcstimnltcn Tage die Stadtthore zu öffnen und unter weiß-blauen bayrischen Panieren 590 mißvergnügte Edelleute sammt ihrem Gefolge einzulassen, damit sie sich der Burg und der Stadt bemächtigten. Der einflußreiche Hubmeister des Herzogs, Ritter Greif, erhielt unmittelbar vor Ausführung des Anschlags davon Kenntniß. Er versammelte seine Freunde, Alle gelobten, mit Leib und Gut für die Rechte des Herzogs einzustehen. Nun bot der Hubmeister, mit Recht auf die Unterstützung der Bürger bauend, 1000 Mann in der Stadt auf und besetzte alle wichtigsten Punkte. Berthold entfloh mit seinem Anhang aus der Stadt und ließ den Bürgern seine Rache dafür, daß sie seine Pläne vereitelten, fühlen, iudem er ihre Höfe in Brand steckte und ihre Weingärten verwüstete. Mit den Bürgern vereinten sich die Handwerker und wollten ihre Anhänglichkeit an den Herzog Friedrich dadurch beweisen, daß sie alle Jene, welche im Verdacht der Theilnahme am Complotte standen, wie Otto Heimo's Sohn, aus der Stadt vertrieben. Die Strafen, welche der Landesfürst über die Schuldigen verhängte, zählen wir unter die unumstößlichsten Belege vom Culturzustand jener Zeit. Hans der Stadlauer wurde an den Schweif eines Pferde gebunden, durch die Stadt geschleift, um dann — gerädert zu werden: zwei Bürgern, Gottfried dem Salzhändlcr und Wilhelm wurden die Augen ausgerissen und die Zungen abgeschnitten, Otto Heimo's Sohn, gewiß nur, weil mall seiner nicht habhaft geworden, des Landes verwiesen und seine Besitzungen eingezogen! Für unsere Hauptstadt war übrigens die ganze Rcgierungszeit Friedrichs keine glückliche. Durch seine kriege nothwendig gewordene Steuererhöhungen, durch Mißwachs veranlaßte Theuerung und Feuersbrünste, wovon die erste zwei Drittheile der Stadt in Flammen setzte, und die andere an Ausdehnung der ersten kaum nachgab, hemmten ihr Gedeihen. Und zum erstell mal bot sich noch während Friedrich des Schönen Regierung das betrübende Schauspiel im Hause Habsburg dar, «l 11 T>ic ^aupi und ^csidcnzswvt Wicu. welches sich leider später mehrmals wiederholte, das; seine Prinzen gegell einander wegen der Theilung der Länder Oesterreichs in Waffen standen. Diesimal war es Friedrichs Bruder, Otto der Fröhliche, welcher sein Recht auf Oesterreich und Steyermark mit den Waffen durchsetzen wollte und dadurch dein ohnehin von den Schlägen des Schicksals schwer getroffenen Kaiser Friedrich neuen Gram bereitete. Die Fügung, daß hierauf nach einander zwei der trefflichsten Fürsten in Oesterreich herrschten, heilte die Wunden bald wieder, welche die letzte Zeit dem Lande und seiner .Hauptstadt geschlagen. Nach Friedrich des Schonen Tode führten feine beiden Brüder Albrecht und Otto der Fröhliche die Regiernug zuerst gemeinschaftlich. Albrecht war schon in den ersten Wochen nach seinem Regierungsantritt an der Tafel vergiftet worden nnd, wurde auch sein Leben gerettet, so blieb er doch Zeitlebens an bänden und Füßen gelähmt, wesihalb wir für ihn ansier dem seiller Negeuteneigenschaft gebührenden Beinamen „der Weife" häufig auch jenen „der Lahme" finden. In der ersten Zeit während seiner schweren Krankheit lagen die Zügel der Gewalt zunächst in den Händen Otto's, doch bald bestimmte sein Geist die Richtung der österreichischen Politik, die er dann auch als alleiniger Herzog nach Otto's des Fröhlichen Tode, im Jahre 1^>l), einhielt. Sie Zielte nicht dahin, die deutsche Kaiserkrone, welche durch den päbstlichen Einfluß und den Eigennutz der Reichsfürsten ohnedieß an Glanz verloren hatte, seinem Hanse Zu verschaffen, sondern in einer für Oesterreich ungleich segenbringenderen Weise auf die innere Entwickelung und den festeren Verband seiner eigenen Länder. Er verbesserte die Rechtspflege, beschränkte die Besitzerwerbungen der Kirche und gab der Stadt Wien im Jahre 1340 die große Handfeste, worin er unter anderm die Handwerkervereine verbot. Auch durch Bauten verschönerte er die Stadt, vollendete insbesondere die Augustinerkirche, baute die abgebrannte Michaelerkirche wieder auf und begann den Bau des untern Kirchtheiles der Stefanskirche. Wic sehr er allgemein geehrt wurde, bewiesen zahlreiche Besuche anderer Fürsten, welche er in Wien erhielt, darunter jener des einstigen «2 Wicn ni dcr ^»cschicbtc. (Gegners seines Hauses, des Kaisers Ludwig des Baliern und des Königs Johann von Böhmen. Leider wüthete während seiner Regierung im Jahre l.'i4l) eine der furchtbarsten Seuchen, der schwarze Tod, in Wien, und störte für längere Zeit die gedeihliche Entwickelung, welche die Stadt durch die weifen Anordnungen ihres.verzogs genommen hatte. Sie raffte an einem Tage 1200 Menschen hin, ganze Straßen verödcten, zu vielen Häusern und Erbschaften fand sich kein Erbe, die reiche Erndte des Jahres tonnte wegen Mangels an Arbeitskräften nicht eingebracht werden. Albrecht II. vergaß jedoch auch nicht, dem größten Uebel, der Zwietracht in der Regentenfamilie, möglichst vorzubeugen. Er gab eine Hausordnung für seine Söhne, wonach diefe verpflichtet wurden, brüderlich beisammen zu bleiben, während der Adel geloben mußte, denjenigen der Prinzen mit seinen Genossen zu bekämpfen, welcher der Vorschrift entgegenhandeln würde. Waren mehrere Brüder vorhanden, so hatten sie die Regierung gemeinschaftlich zn führen, „der älteste follte wie der jüngste und der jüngste wie der älteste sein." Im Jahre 135tt starb allgemein betrauert der weise Albrecht. Wie gransam muß aber der Geist der Zeit gewesen sein, wenn eine alte Chronik berichtet, es habe, als Albrecht im Jahre 1348 gefährlich erkrankt war, ein schwäbischer Priester ans Rachesucht wegen einer Beleidigung durch heimliche Briefe den herzoglichen Küchenmeister Stibor der Giftmischerei beschuldigt, daranf hin sei derselbe ohne weitere Untersuchung sechs Monate lan^ bei Wasser und Brod in schwerem Kerker angehalten worden, ein glücklicher Zufall habe jedoch de^ Mannes Unschuld aufgeklärt; da fei er freigelassen und wieder in seinen Dienst eingesetzt worden, ein fürchterliches Strafgericht aber sei über den falschen Ankläger ergangen, denn er sei 14 Tage lang anf einer hohen Säule, in einein eisernen Käsig anf dem Hohen Markte zur Schau angestellt und dann am Stefansfrenthofc lebendig eingemauert worden! Eine der glänzendsten Gestalten ans dem Negentenspiegel Oesterreichs ist Albrechts N. ältester Sohn Rudolf iV., der Sinnreiche oder der Stifter. Geistig begabt und formgewandt war er ebenso von edlem >>; ii* Die Haupte im) Ncside>!,;stadt Nien, Mannes- und .Herrfcherstolz beseelt, als er fremde Rechte zu achten und zu berücksichtigen wußte, und verstand auszerdem vollständig, was zunl Heil seiner Bänder dienen könne. Wien lag Rudolf vor Allem am Herzen, er nannte es „das ,<>aupt aller seiner Bänder und Herrschaften, wo er todt und lebendig bleiben wolle." Er fand cs in wenig günstiger Lage. Sociale Verhältnisse und Parteikämpfc hatten die Zahl der alten Bürgergefchlechter vermindert und im Vermögen herabgebracht. Zahlreiche Mönche und Nonnen waren seit der Habsburg'schen Herrschaft in die Stadt gekommen und hatten zum Nachtheil der Erben und der Stadt, welche dadurch weniger Steuern becam, von Bürgern und deren Wittwen Grundstücke erhalten. Dazu die Nachwehen der Pest von 1.">49, der empfindliche Mandel an Handwerkern, dessenthalben viele nothwendige Erzeugnisse um theuren Preis von auswärts bezogen werden mußten, endlich neue Unglücksfälle, wmwn eine ^euersbrunst im Jahre 1361 den dritten Theil der Stadt zerstörte und eine schlechte, Erndte und Weinfechsung! Um die Uebclstäude zu beseitigen, b.schränlte Rudolf die Vermächtnisse an die Kirche uno hob die Steuerfreiheit auf, cr bewilligte die Ablösung der von dem Realbesitz den Grundherrn zu entrichtenden Iahres-abgaben und der bei Ausnahme von Kapitalien auf Häuser und Grundstücke eonstituirten und bisher unablösbaren Renten und legte den Grund zu einer völligen Umgestaltung des Bürgerstandes. Er ordnete nehmlich au, daß jeder, der ein Handwerk erlernt hatte, sich in Wien niederlassen tonnte und sogar durch drei Jahre von jeder Steuer befreit blieb. Keine Zunft konnte ihn hindern, seine Waaren zu verkaufen. Darauf hin fand ein ungemein großer Zufluß von Handwerkern aller Art nach Wien statt, m'ele brachten Kapitalien mit und kauften die verödeten Häuser und Baustellen, und fo stieg auch der Grundbesitz wieder im Werthe, und jetzt vollzog sich von selbst die sociale Revolution, daß die Bürger, welche vor Kurzem noch keinem Handwerker das Bürgerrecht verleihen wollten, der nicht einen gewissen Grundbesitz besaß, nun darauf drangen, daß in Zukunft kein .Handwerker in Wien in den Zunftverband aufgenommen werden oder ein Gewerbe ausüben durfte, Wicü ill dcr beschichte. welcher nicht eher Bürger wurde, gleichviel ob er Grund und Boden besaß oder nicht. Zwei Schöpfungen aber auf dem Gebiete der Wissenfchaft und Kunst machen vor allem Rudolfs Namen unsterblich und sichern ihm die Dankbarkeit Wieno für alle Zeiten. Er gründete im Jahre 1305 die Universität und vollendete nicht nur den von seinem Vater begonnenen Bau des untern 5iirchtheil5 von St. Stefan, sondern begann auch einen erweiternden Neubau der Oberkirche, wozu er den ersten Stein legte, so wie die Ballführung des hohen Thurmes. Schon früher hatte er mit päbstlicher Erlaubniß in der Burg eine Probstei mit einem gefürsteten Probsten und ^4 Canonicern gestiftet, und übertrug sie, nachdem der Raum dafür in der Burg nicht genügte, im Jahre 1'.'>05 nach St. Stefan. Auch Rudolf schloß mit seinen Brüdern einen Familienvertrag, in welchem sie anknüpfend an das Hausgesetz ihres Vaters die Untheilbar-teit ihrer Bänder und die Ausübung gleicher Rechte gelobten. Nur unterschied sich der neue Vertrag vom ältern Hausgesetz darin, daß er dem ältesten Bruder einen größeren Einfluß auf die Regierungsgeschäfte einräumte und den jüngeru Brüdern nur das Recht zusprach, iu allen wichtigen Angelegenheiten mitzuberathen. Rudolf IV., von dein wir anderwärts gehört haben, daß er seinen Läuderbesitz beträchtlich erweiterte und zuerst den Titel Erzherzog annahm, starb 13t»5, nut seinem Tode aber brach eine lange döse Zeit über unser Oesterreich und Wien herein, die Zeit der v>a bsb uns scheu Familienzwiste. Zwar übernahm der ältere Bruder Albrecht III. mit dem Zopfe allein die Regierung, wogegen der jüngere Leopold III. nur das Recht der Mitberathung befaß. Beide waren uach Außen Eins, in den innern Angelegenheiten aber riß bald Zwietracht zwischen ihnen ein. Es folgten endlich die den ältern Hausverträgen zuwiderlausenden ^äu-dertheilungen, bei welchen Albrecht Hl. nur Oesterreich mit Wien erhielt, alles übrige au Leopold III. fiel. Die dadurch entstandenen beiden Linien werden gewöhnlich die Albertinische uud die Leopoldinische genannt. Albrechts (Besinnung neigte sich dem Frieden zu, aber die Aufnahme von Auleiheu und der.^rieg war nach den.vausgesetzen eine gemeinsame «5 Dic Haupt l>»d ^icsidcn^ftcidt Wicu. Allgelegenheit, und Oesterreich nlußte so für den stets in Kriege verwickelten Leopold mitbezahlen. An den Stadtrath der Hauptstadt gelangten demnach immer neue Anforderungen und die Steuern und Abgaben wurden stets erhöht, um die Bürger zahlungsfähig zu erhalten. Dazu kam noch die viel Geld verschlingende Fortsetzung des Baues der Stefanskirche, welche eifrig betrieben wurde und auch die Pest hielt im I. 1381 ihren grauenhaften Ruudgang durch unsere Stadt. Herzog Albrecht unterließ es allerdings nicht, durch kluge Gesetze den Mandel Wiens thunlichst zu fördern. Er setzte das von Rudolf begonnene Werk der Befreiung des städtischen Grundbesitzes fort nnd nützte den Wienern durch Zerstörung der Burgen mehrerer Raubritter, welche den Hauoe'l der Stadt schädigten. Als 1386 Herzog Leopold bei Sempach gefallen, übernahm er jedoch auf die Bitte des ältesten Sohnes desselben, Wilhelm III., die Regierung auch der Länder der Leopoldimschen Linie und damit neue Kämpfe. Er starb 1390 in Lachsenburg, das er erbaut. Jetzt aber trat gerade Herzog Wilhelm III. gegen des Verstorbenen Sohn Albrecht IV. mit Ansprüchen auf die Negierung der Gesammtlän-der Oesterreichs auf. Er gründete sie darauf, daß nach den Hausgesetzcn dem ältesten Fürsten des Hauses die oberste Gewalt im Lande zustehe, während Albrecht dieselbe als der Sohn der ältesten Linie in Anspruch nahm. Der Streit rief eine durch alle Schichten der Gesellschaft greifende Parteienbildung hervor, und schon schien der Bürgerkrieg mwer-meidlich, als sich die beiden Herzoge dahin verglichen, die Länder unge-theilt und gemeinschaftlich zu regieren und nur die Einkünfte nach besondern Verträgen zu theilen. Im Jahre 1396 gaben die beiden Regenten und Wilhelme Bruder, Leopold, welcher erst später die Verwaltung der österreichischen Vorlande antrat, der Stadt Wien ein Stadtrecht, dessen wichtigste Bestimmung ist, dasi der Rath aus allen Klassen gemischt sein und nicht durchgehens aus Erbbürgern, sondern auch aus Kaufleuten und Handwerkern bestehen soll. Aus dieser Urkunde glaubt man entnehmen zu sollen, daß die allgeseheneren Bürger Wiens im Streite zwischen Albrecht und Wilhelm auf der Seite des Erstern standen. Denn Albrecht betheiligte sich nur weuig an 8<: Wien in dcr (Ncscl'ichtc, dor Negierung, sein, dcr Schwärmerei zugethanes Wesen hielt ihn davon zurück/ dcr thatsächliche Regent war Wilhelin, lind sicher hätte er, so schließt man, die Erbbürger nicht durch dies Gesetz in ihren Rechten gekrankt, wenn sie seiner Partei angehört haben warden. Ans eben diese Parteistellung scheint auch der glänzende Empfang hinzudeuten, welchen die angesehenen Bürger dem verzog Albrecht bereiteten, als er von jener Wallfahrt nach Palästina zurückkehrte, die ibm den Beinamen des Weltwunders verschaffte. In dio Zeit der Herrschaft Albrechts und Wilhelms fällt noch die Gefangenhaltung des abgesetzten deutschen und böhmischen Bönigs Wenzel des Faulen in Wien in den fahren 14»>^ und 140:',. Sein Bruder König Sigismund von Ungarn hatte ihn den .herzogen zur Verwahrung ausgeliefert, doch gelang es ihm nach I9mouatlicher Haft mit einer großen Geldschuld an den Wiener Bürger Velber aus Wien zu entfliehen. Diese an sich wenig bedeutende Thatfache scheint um, vornehmlich deshalb erwähnenswert!), weil wir durch den damit im Zusammenhange stehenden Vorgang des .Herzogs Albrecht IV., daß er dem Gläubiger Velber das Recht gab, um zu seinem Gelde zu kommen, an sämmtlichen Unterthanen Wenzels Repressalien zu nehmen, die damaligen Rechtsanschaunugen vortrefflich gekennzeichnet finden. Mch heller flammte die Fackel der Zwietracht im Herrfcherhaufe auf, als Albrecht IV. im I. 1404 mit Hinterlassung eines sechsjährigen Sohnes, Albrecht V., starb und zwei Jahre darauf auch der Vormund des Minderjährigen, Herzog Wilhelm, mit Tode abging. Oesterreich fühlte bereits schwer die letzten Zeitläufte, das Raub-ritterthum und die Privatfehden des Adels nahmen immer mehr überHand. Und jetzt stand eine Vormundschaft der Brüder des Herzogs Wilhelm bevor, von denen es allbekannt war, das; sie in größter Uneinigkeit lebten und nur Selbstsucht und Eigennutz ihre Handlungen bestimmte! Da glaubten die Stände Oesterreichs durch Vorschriften über die Vormundschaft einem Zerwürfnisse der Herzoge vorbeugen zu können, und der älteste Prinz der Leopoldinischen Linie, Leopold lV., welcher in k? Die Haupt und Residenzstadt Wim, der nach Wilhelms Tode geschehenen Theilung der Länder dcr Leopoldi-nischen Linie die Vorlande überkommen hatte, wogegen Friedrich IV. Tirol, Ernst der Eiserne die innerösterreichischen Länder erhielt, gab ihnen anch bald bekannt, daß er nach getroffenem Einverständnis; mit seinem Bruder Ernst die Vormundschaft allein übernehmen werde. Doch in kurzem kam es zum Bruche. Die Mißstimmung gegen den schon von den Vorlanden her als verschwenderisch, hartherzig nnd sorglos in Regierungsgeschäften beleumundeten Herzog Leopold war vornehmlich in Wien aus Anlaß mancher Schritte desselben gestiegen. Im Herbste 1407 entstand das Gerücht, der Herzog wolle den jungen Albrecht verdrängen und die Herrschaft über Oesterreich an sich reißen. Als Herzog Ernst in Graz davon hörte, arbeitete er Leopolds Plänen entgegen und der Bürgerkrieg begann. Wien trat auf Ernsts Seite. Die Stadt kannte von früher her sein ruhiges, schlichtes, jedoch auch entschiedenes und festes Wesen. Leopold hatte dagegen gerade den einflußreichsten Theil des Stadtrarhes, die Halls- und grundbesitzenden Bürger durch übermäßige Besteuerung de5 Realbesitzes und dnrch Begünstigung der Zünfte und Handwerker gegen sich aufgebracht. Als dann Herzog Ernst nach Wien gekommen war nnd Leopold, um mit ihm nicht zusammenzutreffen, es verlassen hatte, wuchs die Aufregung. Inzwischen sammelten sich die Anhänger der beiden feindlichen Brüder außerhalb Wiens. Da wurde plötzlich von Leopolds, Anhängern ein Anfstand in der Stadt angezettelt, doch erhielt der Bürgermeister Konrad Vorlauf die Ruhe dadurch, daß er füuf Handwerker ergreifen ließ, welche nach dem Urtheile des Stadtgerichtes am 8. Iannar 140^> auf dem hohen Markt wegen Meuterei enthauptet wurden. Jedoch bereits am 14. Januar hatten die Herzoge eine Vereinbarung getroffen. Leopold blieb Vormnnd und zog bald darauf in Wien ein. .Kurz darnach berief er Abgeordnete der Stadt Wien nach St. Polten, muthmaßlich um Geldbeiträge der Stadt zur herzoglichen Kammer zu erlangen. Bei seiner Rückkunft nach Wien fand er die Bevölkerung in 6« Wicn iu dcv ^^-slKclUe. Gährnng ^cgcn dcn Stadtrath und soll von ihr anfgcfordcrt ivordcn sci)l, gcgcn Vic Bcdrnckcr dcs Voltc^ cinznschrcitcn. iz)ic Vcrmnthllng licgt nahc, das; dic ^copoldinischc Partei dic Bcwcgnng angc^cttclt hattc, nm dic bcdentendstcw Anhängcr dco >>cr^ogo Ernst und oc>> innqcn Herzogs Albrccht zn bcscitigcn nnd dadlirch dcm >>^rzoq ^copold dcn Wcg znr >>crrschaft in )I^st^vn'ich ,^n clmcn. (^cnn^, dicscr licß unerwartet dcn BllMVNU'istcr Vorlauf nnd inchvcrc .Mthc nnd Büvl^'v qcfanc^'n-sctzcn nnd mcr Tagc spntcr, ani 11. ,^uli 1-ll>,^, d^n Bürq^nncistcr nnd die Mthc .'oans Rock nnd Conrad Ranipcr?'dovfcv anf dc»n Schw^inntartt, dcm hcntigcn Bür^rspitalplatz, hinrichten, dcn lwruM (^cfangcncn ^c-stattctc cr, sich fnr (^cld dic ^rciheit ^ll crtanfcn. Zncvst wotltc dcr Scharfrichtcr nn Nanipcvodovfcr dcn Sprnch oollzichcn. „blicht so gc-,;icint cs sich," ricf sich nicdcrkniccno ^orlanf, „sonvcrn nnr, dcr stcto Encr Vorläufcr in dcr Vcrthcidignnq dcr imtürlichcn Rcchtc nnscro 5x'rzogs war, l^'bührt der Vorrang ^ch will Cuch anch im Todc oov-anqchcn." ^ilachdcni cr still qcbctct, wandtc cr sich ^nin Scharfrichtcr, wclchcr niit Thrüncn in dcn Allgcn ,^o^crtc, scin Anit zn vcrricktcn, „fnrcktc dick nicht nnd uollzichc, ivao dir bcfohlcn wnrdc. Ich vcr^cihc cs dir bci Gott, daß dn an nur cinc Strafc vollzichst, lvclchc ich nicht vcrdicnc. Nnr nin cin5 bittc ich dich, siihrc männlich Vcn S!rcich," »icranf bot cr willig scin >>anpt dar, rnhiq nnd l^cfasit folgtcn ihm Nampcrsdorfcr nnd .'liock. Dic Lcichcn wnrdcn ans dcm Stcfansfrcythof i»l dcr Mhc dcö Platzct,, 100 sMcr dcr nordlichc Thnrin gcbant nnirdc, bcqrabcn. Einc Gcdcnktafcl im rccbtcn Scitclliclnsfc dco St. Stcfans-domco crinncrt noch hcntc an dicsc Opfcr dcr Partciküinpsc: dic Gc-incindcvcrtrctnng nnscrcr Taqc hat jcdoch noch in^bcsondcrc da^ Andciü'cn Vorlanft, gcchrt, indcm s'c cincr Gassc dcr inncri, Stadt scincnNamcn lwb. Dcr Mnsainc Vorgang schüchtcrtc ^copolds Gcgncr nicht cin, dcr Vürgcrkricg brach vicllnchr jctzt vollcnds ans nnd crst in< nächstcn >hrc schlosscn dic Brndcr Fricdcn. Bcidc bcwohntcn als Vornulndcr dic Burg nnd thciltcn, al^ anch ,^crzog Fricdrich ans Tirol gckonnncn war, dcn Fannlicnschatz, nicht cbcn znm Vorthcil dcs Mnndclo, wcil sic nicht cmc Thcilllng nach Linien vornahmcn, wornach Albrccht dk cinc Hälftc 12 3ic Haupt- lind Rcsidc»,^skidt Wi^n, und die drei Brüder die audere erhalten hätten, sondern nach Köpfen in vier gleiche Theile. Noch in der Zeit von Albrecht V. Minderjährigkeit hatte die Wiclefi-tische Lehre in Wien Eingang gefunden und im Jahre 1410 traf Hussens Freund Hieronylnns hier ein. Er ward auf Veranlassung des Passauer Offizialen eingekerkert und entfloh. Dafür wurde im Jahre 1411 ein Anhänger der wielefitischen Lehre, der Bürger Haus Messer, öffentlich verbrannt. Mit ihm fiel in Wien das erste Opfer der kirchlichen Nefor-mationsbewegungen und des katholischen Fanatismns! Als Leopold 1411 starb, schien mit Albrechts Selbstständigkeit den Wienern die Morgenröthe einer bessern Zukunft anzubrechen. Unter dem Jubel des Volks hielt der jnnge herzog seinen Einzug in die Burg. Seine Politik faßte wie jene Nudolss I V. vor allem die Gründung einer großen Habsburg'schen Territorialmacht ius Auge, und das; er sie verwirklichen konnte, verdankte er hauptsächlich seinem väterlichen Freunde, dem deutschen und ungarischen König Sigismund. Dieser schützte ihu vor seinem Oheim Friedrich von Tirol, gab ihm die eigene Tochter zur Gemahlin mW eröffnete ihm damit die Anssicht auf die Erbfolge in Ungarn und Böhmen. Im Großen und Ganzen waren jedoch auch die Negieningsjahre Herzog Albrecht V. für Wien nicht besonders segensreich. Herrschte jetzt auch Ruhe zwischeu den Bürgern nnd Zünften, so war doch der Steuerdruck fortan groß, Fenersbrünste uud die Pest brachten viele Familien um ihren Wohlstand. Nicht minder ließ die kirchliche Bewegung die Gemüther uiemals recht zur Ruhe kommeu. So entschieden Wien für eine Resorm der Kirche sich aussprach, so entschieden bekämpfte es die hufsi-tische Lehre. Des Hussitismus Verdächtige lageu auch in Wien in den Gefängnissen und die Stadt hatte dem Fürsten zur Besiegung der Hussi-ten im Felde ihr Aufgebot zu stellen. Ja sie selbst war im Jahre 1428 in der Gefahr, von den fanatischen Schaaren Prokop des Großen angegriffen zu werden, sie waren in der Nähe Wiens bis Iedlersee an der Donau vorgedrungen und nur die euergischeu Vertheidignuasaustalten der Stadt hielten sie von dieser fern. 90 Wic» m dcv Gcsckucl'tt, Die damalige religiöse Aufregllng führte auch zu Verfolgungen der Juden. )l'amentlich im Jahre 1420 ward die Entwendung geweihter Hostien und ihr Verkauf an Juden Veranlassung zu einer höchst umfassenden. Der .herzog gab bald den Befehl, alle Juden in die (Gefängnisse zu werfen. Viele traten darob zum Christenthum über, andere erwürgten sich selbst oder brachten sich gegenseitig schwere Wunden bei, um nicht Christen werden zn müssen. Alo die Untersuchung beendigt war, wurden im Jahre 14^1 die schuldig befundenen, 110 an der Zahl, verbrannt, alley Eigenthum der Juden in Oesterreich vom Fiseus eingezogen und die Eigenthümer au>> dem ^ande gewiesen. Der grausame, allen natürlichen Rechtsbegriffen Hohn sprechende Vorgang hatte mindestens für die Stadt Wien den Vortheil, das; alle in der Stadt gelegenen "uiden-häuser im Jahre 142^ in da<> (Grundbuch der (Gemeinde übergingen. Unter verzog Albrecht ist endlich der hohe Stefansthurm durch Meister Anton Pilgram auo Brunn ganz vollendet worden, nachdem der Bau durch "4 Jahr gedauert hatte. Ueberhaupt sorgte der Herzog stets für das Wohl seiner Residenz; dafür hing auch diese ihm in Treue an und bewies dieo durch die Festlichkeiten, mit welchen sie feine Vermählung feierte und dann spater, alo er im Jahre 14ZN zu Stuhlweißen-bnrg als König von Ungarn gekrönt wurde, dadurch, das; ihm Bürgermeister und Räthe, trotz des strengen Winters, reiche Krönungsgeschenke überbrachten, so wie durch die in Wien selbst ans demselben Anlaß veranstalteten Feste. König Albrecht, welcher aus Ungarn nach Wien zurückgekehrt, bald seine Wahl zum römischen Könige Albrecht II. erfuhr und im nächsten Jahre auch von der katholischen Partei in Böhmen zum König gekrönt wurde, starb noch in demselben Jahre und erst mehrere Monate nach seinem Tode wurde sein einziger Sohn Ladislaus, defchalb PostHumus genannt, geboren. Wieder trat die Nothwendigkeit einer Vormundfchaft ein, und wieder war damit der Same der Zwietracht im Herrscherhause ausgestreut; reichlicher aber als jemals früher ging er diesmal auf. Nach dem Habs-bura/schen Hausgesetz, mit welchem der letzte Wille des Vaters in Ein- m 12* 3ic x>i!>pl !!!>d ^I^'sid^iizswdt Wicn, klang stand, übernahm Friedrich V., der älteste ^ohn Ernst des Eisernen, die Vormundschaft, die Mntter wollte den jüngern Brllder Albrecht VI. dazn bestinnnt wissen, ^lit Ausnahme des Hublneisters nnd Kannner-grafen Ulrich von Eizing hielten die österreichischen Stände nnd die Stadt Wien am Willen des Vaters sest nnd diese Faltung bewirkte, daß die Mutter ihren Sohn wirklich Friedrich V. übergab, welcher schon im Jahre 1440 als Friedrich IV. zum deutschen König erwählt wurde. Bald herrschte Unzufriedenheit mit dem Gebahren des Königs. Wien beschwerte sich über die Verletzung mancher Rechte, über die zerrütteten Zustände des ^ande^, dennoch trug e5 alle uon ihm geforderten Lasten. Tief verletzt wurde e^ erst, alo Friedrich seine Residenz nach Wiener-Neustadt verlegte und scmen Mündel dort und nicht in der Hauptstadt erziehen ließ. Nach nnd nach wncho das Mißtrauen gegen die Absichten des Königs noch mehr. Doch selbst als die Ungarn die Ansliefernng ihres Königs Ladislans begehrten lind znm Behnfe gemeinschaftlichen Vorgehens Abgeordnete nach Wien schickten, schlos; sich der Stadtrath den feindlichen Schritten nicht an. Erst als Friedrich im Jahre 1451 mit ^adislaus nach Rom ziehen wollte, machte auch unsere Stadt mit den ^andständen gemeinsame Sache, kündigte dem >vönig den (Gehorsam lind besetzte die Hofburg. Ulrich uon Sizing übernahm die Leitung des Landes, das ihm mit einziger Ausnahme von Wiener-Neustadt gehorchte, Wien aber wnrde jder Waffenplatz zur Organisirnng den bewaffneten Anfstandes. Der Zweck der Bewegnng war, die Regierungogewalt bio zu Ladislaus Großjährigteit den Ständen zu übertragen. Als Friedrich von Rom znrückgekehrt war, sandte er Truppeil gegen Wien. Sie ängstigten die Stadt, doch ehe sie sie genommen, rückten die verbündeten Stände nnd Wiener nach Wiener-Neustadt nnd stürmten es. Nur Andreas Panmkirchners Heldenthat rettete den Kaiser. Dennoch lieferte dieser, des Widerstandes müde, den Mündel an den Grafen uon Cilli ans nnd am l'. September 1452 hielt der junge König nnter dein Jubel des Volkes seinen Einzng in Wien. Ladislaus Regierung entsprach aber keineswegs den gehegten Er- 92 Wicü in iX'V (^csckicht^. Wartungen. Der König blieb in den Händen ränkevoller und gewissenloser Rathgeber, die unter einander uneins waren. Inzwischen drohte Oesterreich und der ganzen civilisirten Welt eine furchtbare Oefahr in der wachsenden Macht der Türken. Seit Jahren forderten die Päbste zum allgemeinen Kreuzzug auf. In Wien predigte ihn der Franziskanermönch Johann Capistran am Stefansfreythofe auf der steinernen, auf der nördlichen Außenseite des Chors befindlichen, und noch heute nach ihn: benannten Kanzel. Der Erfolg war kein großer und erst im Jahre 145(> führte Capistran dem ungarischen Gubernator Huuyadi ein stattliches Heer von Kreuzfahrern von Wien aus zu. König Ladislaus starb im Jahre l457 und der alte Streit über die tzausprivilegien erwachte sogleich wieder. Diesmal stritt der Kaiser mit seinem Bruder Albrecht VI. und mit Herzog Sigmund von Tirol um die Erbschaft. Der Stadtrath und die Universität von Wien vereinigten sich dahin, gegenüber den drei Erbprätendenten so lange neutral zu bleiben, bio dieselben sich felbst verglichen hätten uud ließen, als fie alle drei im Jahre 1458 nach Wien kamen, keinen von ihnen die Burg beziehen. Selbst als später ein Uebereint'ommen unter ihnen getroffen war, räumten sie ihnen den alten Herrschersitz blos gegen das Oelöbniß ein, friedlich und freundschaftlich neben einander zu leben. Die Eintracht hielt jedoch nur drei Monate an. Dann erfolgte eine Ländertheilung, durch welche Friedrich IV. Wien und Niederösterreich zufiel. Die Gegensätze in den Characteren der beiden allein bedeutenden Fürsten, Friedrich IV. und Herzog Albrechts, ließ voraussetzen, daß sich der Zwist bald erneuern werde. Kaiser Friedrich war nicht der Manu der raschen That, verfolgte dagegen muthig und hartnäckig seine Entzwecke, auch war er eigennützig und habsüchtig, mißtrauisch und autokratischen Sinnes; Herzog Albrecht dagegen feurig, leicht zu kühnen Schritten bereit, unverläßlich in Erfüllung seiner Verpflichtungen, blos auf die Befriedigung seiner Wünsche und Leidenschaften bedacht und dabei — freigebig. Schon im Jahre 1!5ii und 14t;0 beschwerten sich die Stände beim Kaiser über die Verletzung der Landesrechte, Verschlechterung der Münze, 93 Die Haupt und Ncsidcnzstadt Wien, Erhöhung der Steuern und kniipften Verbindungen mit dem Auslanoe an. Herzog Albrecht nahni ihre Partei und griff zll den Waffen, um den Bruder zu bekriegen. Auch Wien klagte dein Kaiser den schlimmen Stand seiner Finanzen, die übermäßige Höhe der Steuern und die durch die steten Kriege verminderte Zufuhr und dadurch stew wachsende Theuerung. Nichts desto weniger blieb es ihm treu und als Herzog Albrecht im Jahre 1-!l'»i scine baldige Ankunft mit einem Heere anzeigte, erwiderte es ihm, daß e5 der Stadt zur Ehre gereichen werde, den Herzog in ihrer Nähe zu wissen, sobald er sich mit seinem Bruder, dem Kaiser, versöhnt haben werde Darauf kam der Herzog mit seinen Schaaren, nahm die Vorstadt vor dein Stubenthor und versuchte in die Stadt einzudringen. Er wurde dnrch die Tapferkeit der Wiener zurückgewiesen. Diesmal anerkannte selbst der wenig dankbare Kaiser die Treue seiner Hauptstadt, indem er ihr ein neues Wappen mit dein Embleme des doppelköpsigen Reichsadlern verlieh. Trotz einet, Waffenstillstandes plünderten jetzt Albrecht's Söldner das flache Land, welches dadurch gegen Wien erbittert wurde. Hier bestand allerdings eine Partei für Albrecht, doch war sie zu schwach gewesen, um für ihn den Ausschlag zu geben. Sie wuchs jedoch alo der Kaiser die Bitten der Bürger, nach Wien zu kommen, nicht erfüllte, nur dein Stadtrathe die Verantwortlichkeit für oa5 Wohl der Kaiserin und seines Sohnes überlieft und zuletzt die (^emeindeverfassung durch den Befehl verletzte, diesmal die jährliche Erneuerung des Stadtrathes nicht vorzunehmen. An der Spitze der (Gegner Friedricho stand der Wiener Bürger Wolfgang Holzer. Im Jahre 14l>2 stachelten die Stände die Anhänger Albrechts auf, den Stadtrath gegen des Kaisero illegalen Wunsch zu wählen und nun ward Holzer Bürgermeister. . Jetzt erschien der Kaiser vor Wien, die Bürger liesien ihn aber nicht in die Stadt, besetzten die Hofburg mit Albrechts Söldnern und öffneten die Thore erst nach drei Tagen und nach der Zusichernug voller Amnestie und Aufrechthaltnng der städtischen Privilegien. Diese Demüthigung soll die Gemahlin des Kaisers, Eleonora von l,4 Win: in dcr ^eschichtc. Portugal dermaßen ergriffen haben, das; sie in Gegenwart ihres lindes ausrief: „Portugal's Könige zeigen sich gnädig dem Demüthigen, Ueber-wundenen: dem hartnäckigen und stolzen Missethäter fchmcicheln sie nicht. Wüßte ich, mcin Sohn, du würdest handeln wie dein Vater, so würde ich bedauern, dich für einen Thron geboren zn haben." Der Kaiser, dadurch aufgereizt, verletzte mm neuerlich das Stadtrecht und ließ den Rath und Bürgermeister rasch neu wählen. Abermalige große Gähruug entstand in der Stadt, und die Zünfte und ein Theil der Bürger schritten sogar neuerlich zur Wahl, aus welcher Holzer wieder als Bürgermeister hervorging. Und nun ging die Stadt selbst offensiv vor, kündigte dem Kaiser durch ein Abfageschreiben den Gehorsam, erklärte ihm keine Steuern mehr zu zahlen und belagerte ihn in der Burg. Holzer war die Seele der Beweguug. Nachdem die Belagerung acht Wochen gedauert und die Noth der Belagerten auf das .Höchste gestiegen war, so das; man >>uuoe, Katzen und selbst einen durch dreißig Jahre in der Burg gehaltenen Geyer verzehrte, bewirkte das dem Kaiser zn Hülfe gezogeue böhmische >>eer, uuter Führung vou Georg von Po-diebrad's Sohn, in Verbindung mit steyerischen und kärntnerischen Truppen uuter dem heldenmüthigen Paumkirchner, die Aufhebung der Belagerung nach einem Friedeiwschluß, welcher jedoch dein Kaiser nicht günstig war. Denn Herzog Albrecht erhielt dadurch Niederösterreich auf acht Jahre. Er verkündigte von Kapistrans Kanzel herab den Bürgern die Besitznahme der Stadt und versprach Friede und Ordnung zu erhalten und die gekränkten Rechte den Adels und der Bürger zu schützen. Allein so wie er die Friedensbedingnngeu dem Kaiser nicht hielt, hielt er auch diese Zusage nicht. Entrüstet über den Wortbruch, ließ der Kaiser seine Söldlinge im Lande, wo sie arg hausten. Mit ihnen um die Wette, ja noch ärger als sie, wütheten Albrechts eigene Schaaren um Wien im Eigenthum der Bürger. Dazu kam, daß der Herzog mit großer Härte in der Stadt selbst gegen einige der angesehensten Bürger vorging, und die Mißstimmung machte reißende Fortschritte. Jetzt sollte sich Holzer's Geschick erfüllen! Ihm am wenigsten war die Gährung gegen den Regenten wegen der getäuschten Hoffnungen ein !>5 Dic Haupt mld Residenzstadt Wicu, Geheimniß geblieben, er kannte auch die gegen ihn salbst gerichtete Beschuldigung, sich mit dem Gut der Arlneu unter dein Vorwand, „zum Nutzen geineiner Stadt," zn bereichern und nicht minder kannte er die üble Wirkung, welche e^ in der Stadt wachte, das; der Pabst die gegen sie wegen Belagerung ihres .Herrschers gegebene Bannbulle jetzt wirtlich vollziehen ließ. Jeder Treue bar und nur seinen eigenen Vortheil im Auge, plante er daher in der Ueberzeugung, das; herzog Albrecht sich nicht in der Herrschaft Wieus behaupten könne, ei neu Handstreich, um es den« Baiser zu überliesern. Er ließ am ^. April 1^<».l 400 deutsche Söldner in die Stadt; doch bei dem aus dieser Veranlassung aufgebrochenen Kampfe blieb der Herzog Sieger: Holzer entfloh, wurde jedoch in ^«ußdorf troh feiner Bauernkleider erkannt und am l.V April in Wien am Hof geviertheilt. Seine m'er >vörpertheile wlirdcn vor den Thoren der Stadt auf Pflöcken aufgehängt und den Naben preisgegeben, fein .^opf aber an jenem Thore, dnrch welches er die Ritter in die Stadt eingelassen, auf einer eisernen Stange aufgepflanzt. Nebst dem wurden süns Mitschuldige geköpft, die übrigen und ihre Familien schwer au l^ield gestraft uud au?, dem Burgfrieden der Stadt verbannt. So wenig die (ireignisse der letzten Zeit Wien in vortheithaftem Licht erscheineil lassen, so darf doch nicht verkannt werden, wie wesentlich die Uneinigkeit der Fürsteu, ihr steter Nechtvbruch, ihre Belohnung des Verrathe, ihre Mißregierung uud die ^volge davon, die Rückschritte der Stadt iu ibrem Wohlstaude, zur Temoralisirung der Bürger beigetragen haben, welche früher fo treu zu ihrem Lande5fürsten gestanden. Erst als Ende 1 ^l^i Herzog Albrecht gestorben war und die Stände der Erblande die Ansprüche Sigismundo oon Tirol zurückgewiesen hatten, gelobte Wien dein Kaiser neuerlich Treue, wogegen ihm dieser volle Amnestie zusicherte nnd ihm die Führung des Doppeladlers in: Stadtwappen, die ihm nach der Belagerung entzogen worden war, als Zeichen seiner Gnade wieder erlanbte. Ein wahres Einvernehmen waltete jedoch niemals zwischen dcm Kaiser und der Stadt Wien. Er uermied es absichtlich, in ihr zu ver- 90 Wim in dcr Gcschichte. weilen, zeigte sich aber wenigstens insoweit ihr geneigt, als er UN Jahre 146^> die Erhebung der Probstei zu St, Stefan znln Bisthnm ernnrtte. ^loch einnial jedoch sollte Friedrich IV. nm den Besitz von Wien kommen. Der König von Ungarn, Mathias Corvnuls, war schon im Jahre 1^70 hierher gekommen, um den Kaiser für seine Pläne anf die böhmische Krone zu gewinnen. Aber ohne Erfolg! Dadurch entstand eine Entfremdung, welche im Jahre 1477 znm kriege führte. Mathias hielt Wien durch achtzehn Wochen eingeschlossen, ein Friedensschluß verhinderte damals die Uebergabe; doch im Jahre 14^1 erneuerte der König den Krieg. Friedrich fand nnr geringe >>ülfe im ^aude. Im Jahre 14K2 übernahm Mathias selbst den Oberbefehl und schloß im April 1-^5 Wien ein. Der Kaiser verließ die Stadt bald nnd überließ es ihr, sich zu vertheidigen. Alle an ihn gerichteten Bitten nm ,vülfe waren frnchtlos. Endlich im April 1484 stellte er der Stadt Entsatz in Aussicht, derselbe kam aber nicht. Im Dezember drangen die Ungarn über die gefrorene Donau in den untern Werd ein und begannen am 28. Januar l 1^5 die enge Einschließung und die Belagerung. Im April fiel eines der Vorwerke und weil ihm noch keine Hülfe vom Kaifer geworden, beschloß Wien jetzt erst mit dem König in Unterhandlung wegen der Uebergabe zu treten. Schon waren l',W Menschen verhungert, man hatte Kleie und Baumrinde, >>nnde- nnd Katzenfleisch gegessen. Am Pfingstmontag endlich wnrde der Friede geschlossen, doch erst nachdem die Stadt den Kaiser noch früher benachrichtigt hatte, noch zehn Tage zuzuwarten, falls er selbst mit dem König unterhandeln wollte. Allerlei Gerüchte über den König waren während der Belagernng in Wien in Umlauf gekommen, so daß als er am 1. Inni in der prachtvollsten Weise in die Stadt einzog, alles begierig war, ihn zu sehen. Man erzählte sich, er habe, als die Belagcrnng auch den Ungarn zu laug dauerte uud sie zur Aufhebung riethen, ihnen lachend erwiedert, daß ihm zwei Bürger die Stadt sicher bald überliefern werden: der eine davon heiße Hunger, der andere Zwietracht. Auch sollte er als Wagner verkleidet die belagerte Stadt besucht und mit seinen Anhängern verkehrt haben, dann aber, als sich das Gerücht verbreitet hatte, er sei in Wien l mit den großartigsten Festen. Sogleich nach seinem Tode wurde wieder ein Blatt der österreichischen Geschichte mit Blut geschrieben. Er hatte testamentarisch angeordnet, daß die frühere Regentschaft in den österreichischen Provinzen bis zur Ankunft seiner Enkel aus Spanien im Amte verbleiben sollte. Doch die Stände und Bürger Wiens nöthigten im Jahre 151!) diese Obrigkeiten zur Flucht und setzten eine neue ^andesverwaltung ein, und in Wien herrschte bald eine Partei, eben nicht zum Vortheile der Stadt. Alo die Länderthei-lung zwischen Karl und Ferdinand erfolgt war und Ferdinand die österreichischen Erbländer darin zugefallen waren, begab sich der neue Herrscher im Jahre 152^ nach Oesterreich, ging, ohnc Wien zu berühren, nach Wiener-Neustadt und hielt hier wegen der Veränderung der ^andes-verwaltung strenges Gericht, denn die Barone Puchheim und Eizing, Doctor Siebenbürger und mehrere Wiener Bürger wurden durch das Schwert hingerichtet. Ferdinand war in Spanien in den Grundsätzen dey strengsten und unduldsamsten Katholicismus erzogen worden und er erhob sie jetzt auch in Oesterreich zur RegienmaMaxime, zum unermeßlichen geistigen und materiellen Nachtheile desselben, das sich nur nach riesigen Kämpfen und allmählich derselben zu entledigen vermocht hat. Bei seiner Ankunft in Oesterreich zählte die Reformation in Wicn schon zahlreiche Anhänger. Er stellte ein Glaubensgericht zusammen und 152:5 erlitt ak, sein erstes Opfer der Stadtrath Kaspar Tauber den Flammentod: bald folgten andere Opfer. Im Jahre 1529 hatte unsere Hauptstadt eine Gefahr zu bestehen, wie ihr noch keine größere je gedroht. Sultan Soliman war, von N' i.^ Die 'Vmipt und Residenzstadt Wien, Zauolya znr Unterstützung seiner Ansprüche auf die ungarische Krone gerufen, mit dritthalbhunderttausend Vlnnn und dreihuudert Geschützen von Xoustantinopel nach Westen aufgebrochen mit der Absicht, Vtittel-Europa zu unterjochen. Schon war Ofen in seinen Händen, am 21. Septbr. überschritt er die österreichische Grenze. ^«»,000 Ukindschis, von den Deutschen Sackmann genannt, bedeckten die Gegend um Wien, verstümmelte deichen und die Rauchsäulen der von ihnen verbrannten Dörfer bezeichneten ihren Weg. Am ^',. uud 2 4. September zerstörten die Wiener ihre Vorstädte. Sie bestanden aus etwa 800 Däusern nebst einigen Klöstern, Kirchen, Spitälern und Wirthschaftsgebäuden nnd waren ganz nahe der Stadt gelegen. Mit ihrem Aolzwerk wurden die Basteien befestigt. Die, Akmdschk' dagegen verbrannten das Karthänsertloster vor Wien, die Taborbrücke und ermordeten die Siechen des Spitals zu St. Marr. (Hin erster Ausfall siel unglücklich aus. Am 2<;. September wurde die Stadt vollständig eingeschlossen. Ihre Festungswerke waren vernachlässigt und bestanden nur ans einer alten kanm sechs Fuß dicken Mauer mit baufälligen Thürmen und Bollwerken und einem ausgetrockneten Graben, der deu Feinden sogar die Anlegung von Hl inen erleichterte. Die Vertheidigung führte Philipp, Pfalzgraf vom Rhein, welcher die Truppen des Reichs befehligte und der Verwalter der obersten Feld-hauptmannscbast der österreichischen Lande, Graf Niklas von Salm. Die Besatzung bestaud aus 21,700 Mann und 2200 Pferden, an grosiem Geschütz waren 72 Stück vorhanden. Man vermauerte und verrammte die Stadtthore bis auf jenes unter dem Salzthurm, dac, zu Ausfällen dienen sollte, legte iuuerhalb des Walles vom Stuben- bis zum Kärnthnerthor in der Entfernung von 20 Schuh einen zweiten Graben mit einem Damm an, verpfnhlte das Donauufer mit Pallisadeu und erbaute zwischen der Schlachtbrücke und den: Salzthurm ein neues starkes Bollwerk. Die Holzdächer in der Stadt wurden abgetragen, das Pflaster aufgebrochen, überall Lärmzeichen und Sicherheitswachen aufgestellt. Bald hatten sich die Ianitscharen in den abgebrannten Mauern der 10«) Wim >>' dcr Gciä^chtc, Vorstädte festgesetzt und fingen beim Kärnthnerthor zu sprengen und zu graben an, denn die Türken hatten sich zum Angriff nur die Linie vom Bollwerk bei dem Kloster der Augustiner bis zu dem Thurme zwischen dem Kärnthner- und Stubenthor ausersehen. In dieser Gegend zogen sie über vierzig tiefe Laufgräben und beschossen oon hier die Stadt mit allerlei (beschossen, vornehmlich aber aus zwei Batterien, deren eine sie in der Gegend des Starhemberg'schen Freihauses, die andere bei der Spitalmühle erbaut hatten. Ihr Ziel waren besonders der Stefans-thurm und die andern hohen Gebäude der Stadt. Auch schössen sie einen wahren .Hagel von Pfeilen in die Stadt. Die Belagerten unternahmen mit gutem oder minder gutem Erfolg mehrere Ausfälle, man kämpfte mit Minen und Gegenminen. Am 7. und 9. October wurden wirtlich durch Minen breite Wallbrüche hervorgebracht und nun folgten am U. am 11. und 12. October wiederholte Stürme an diesen und andern später gesprengten Stellen am Kärnthner-thor, dann zwischen diesen: und dein Stubenthor. Alle aber wurden durch die Tapferkeit der Vertheidiger abgeschlagen. Doch bereits riß Entmuthigung bei den Türken wegen des Misilin-gens so vieler Stürme ein. Auch fürchteten sie, weil sie nur spärlich mit Proviant versehen waren, daß beim Herannahen des Winters eine Hungersnoth unter ihnen ausbrechen könnte und außerdem verbreitete sich das Gerücht vom .herannahen einev großen Ersatzheeres. Der Sultan beschloß deßhalb noch einmal zn stürmen, und wenn auch dieser Angriff mißlingen sollte, die Belagerung aufzuheben. Am 14. October wurde denn, nachdem gewaltige, Minen rechts und links vom Kärnthnerthor 44 Klafter dec, Walles in Bresche gelegt hatten, ein neunzehnter und letzter .Hauptsturm unternommen, alc, aber auch er zurückgewiesen worden, gab Soliman eine Stunde vor Mitternacht den Befehl zum Abzüge. Das Lager und die Ucberrefte der Vorstädte wurden in Brand gesteckt, die gefangenen Priester und Greise in dao ^ener geworfen, bei tausend Weiber niedergehauen, viele Kinder an die Zäune gepfählt und die wehrhaften Männer mit Stricken um den Hal>> und Leib in die Gefangenschaft geführt. Am 15. October verkündete dao Geläute 101 Die Hcmpt nnd Residenzstadt Wie», aller Glocken, die während der Belagerung geschwiegen hatten, die Rettung der Stadt ihren neuanflebenden Bürgern. Kurze Zeit nach dein Rückzug der Türken begann man mit dem Wiederaufbau d.r zerstörten Gebäude. Nochmals bedrohte dann Soliman im Jahre 1532 Wien. Sein Heer war diesmal zahlreicher als im Jahre !5>29 und rings in Oesterreich ausgebreitet. Da zogen Kaiser Karl V. und sein Bruder Ferdinand, der im Jahre vorher zum deutscheu Konig erwählt worden war, mit einer mächtigen Reichsarmee der Stadt zu Hülfe und Soliman ging in fast fluchtartiger Eile nach Ungarn zurück. Die große Gefahr, in welcher Wien im Jahre 1529 geschwebt, bewirkte, daß König Ferdinand die.Herstellung eigentlicher Festungsmauern rings um die Stadt anordnete. Bei dem Baue derselben war insbesondere der MeWnstler Augustin Hirschvogel thätig, von welchem zwei vortreffliche große Prospecte der Stadt und Wiens ältester geometrischer Plan aus dem Jahre 1547 herstammen. Nicht minder erweiterte und verschönerte Ferdinand die Burg durch verschiedene Bauführungen. Unter andcrm ließ er die Stalluugeu des Hofes zur Residenz seines Sohnes Max und zur heutigen Stallburg herrichten und das noch jetzt bestehende große Thor zum Schweizerhofc erbauen. Unablässig war jedoch der König bemüht, den Katholicismus mit aller Strenge aufrecht Zu erhalten. Hatte er fchon früher die Inquisi-tion, obgleich in gemilderter Gestalt, eingeführt, so erließ er im Jahre 1543 das Edict, daß alle Buchdrucker und Buchhändler, welche ketzerische Bücher nach Oesterreich bringen, ersäuft, die Bücher aber verbraunt werden sollten. Alle diese Verfolgungen blieben ohne nachhaltige Wirkung; Luthers Lehre gewann vielmehr derart an Anhängern, daß sich gegen das Jahr 1549 beinahe ebenso viele Lutheraner als Katholiken in Wien befanden. Jetzt berief Ferdinand im Jahre 155! die ersten dreizehn Iefuiten nach Wien und wies ihnen im Jahre 1554 die Kirche alls dein Hofe an, und noch in demselben Jahre untersagte ein scharfes Manifest des Kaisers den Laien das Abendmahl unter beiderlei Gestalten zu nehmen und wurde des gelehrten Niederländers Peter Canisius Katechismus in Wien veröffentlicht. U»2 Wicil m der (Äcschichte. Gegen die Juden wurde noch härter verfahren. Im Jahre >55l erschien das Mandat, daß alle Juden zur Unterscheidung von den Christen einen runden gelben Tuchlappen an dem Oberkleid auf der linken Brust tragen sollten, im Jahre 155>4 dafür wurden sie wegen Wuchers und Spionage für die Türken gänzlich abgcschafft, eine Verordnung, welche bei der Macht des jüdischen Geldes, wie viele gleichlautende spätere, niemals vollständig in Vollzug gekommen ist.' Erst als Ferdinand nach Baiser Karl V. Abdankung deutscher Baiser geworden, lehrte ihn die Macht der Verhältnisse eine mildere An-schannng in Neligionsangelegenheiten. Jetzt verlangte er für seine Länder vom Papst die Priesterehe und die Verabreichung des Abendmahls in beiden Gestalten; doch nur die letztere, nicht auch die erstere wurde bewilligt. Und nun gewann das Lutherthum in Wien und Oesterreich um so mehr die Oberhand. Beweis dessen, daß von dem so zahlreichen >>errenstand in Oesterreich nnr fünf Mitglieder katholisch blieben, daß die ^andhauskapelle in Wien zum lutherischen Bethaus umgestaltet, später die Minoritenkirche den Protestanten übergeben und das dortige Kloster von Pastoren mit ihren Familien bewohnt wurde. Wien erhielt übrigens von Ferdinand l. manche wichtige Gesetze, worunter besonders eine Stadtordnung vom Jahre 152<^, eine Handwerks-, dann eine Niederlagsordnuug, aber auch, ein Zeichen der Zeit, ein strenges Mandat vom Jahre 15-14 „wider die mit großem Zulaus von Personen aus allen Ständen begünstigten, oft im schändlichsten Betrug um Geld und Leumund befangenen Zauberer und Wahrsagerinnen." Der Nachfolger Ferdinand l. in der Herrschast in Oesterreich, Maximilian II., ein aufgeklärter, Wien wohlgeneigter Fürst, nahm auch zur Reformation eine versöhnende Stellung ein. Er bestätigte im Jahre 15>»;4 alle Ordnungen und Freiheiten der Hauptstadt und gab ihr außerdem viele ihr Gedeihen fordernde Gesetze; auf einem Landtage aber, welchen er im Jahre 15lUi einberufen hatte, um die niederosterreichischen Landstände zur Kriegsbeisteuer gegen die Türken zn veranlassen, ertheilte er ihnen die Erlaubniß, sich offen zur Angsbnrgischen Konfession zu bekennen. Er erbaute zuerst zu Schonbrunn ein Jagdschloßchen und loste Ml Tic Haupt- und Msidciizsmdt Wicn, - für fein Weidiuannovergnügen auch den Prater ein. Leider regierte er nlir kurze Zeit. Sem Sohn Rudolf II. hielt zwar beim Regierungsantritt einen prachtvollen Einzug in Wien, nahm aber dann seine Residenz in Prag, um möglichst unbeirrt durch die Regierungsgeschäfte seinen astrologischen Träumereieil nachzuhängen. In Wien hatte er seinen Bruder Ernst als Statthalter eingesetzt. Um dem Abfall vom Katholicismus Einhalt zn thun, begann der Kaiser die sogenannte Gegenreformation, rief dadurch aber die Konföderation der Protestanten aller Länder hervor. In Wien bewegte die religiöse Frage fortan die Gemüther. Schon im Jahre 1579 versammelten sich 50ttl) Lutheraner aus Wien und seiner Umgebung auf dem Burgplatz und verlangten, daß die den Ständen gewährte Religionsfreiheit auf alle Bewohner Wiens und Oesterreichs ans-gedehnt werde. Rudolf ließ die Anstifter der Bewegung verhaften und des Landes verweisen. Dabei bekannte sich jedoch fast die ganze Wiener Universität zum Lutherthum, Zwang der Adel seine Unterthanen zur Annahme desselben, und bewährte sich auch nicht die Errichtung stets neuer Klöster in der Stadt als Mittel zur Beseitigung des Protestantismus. Zur religiösen kamen damals noch andere Beunruhigungen der Gemüther in der Hauptstadt. Im Jahre 1590 beschädigte ein heftiges Erdbeben die meisten Häuser derselben und seit 1595? wurde immer wieder in Ungarn mit den Türken gekämpft. Im Jahre !59>nlpt des Hauses anerkannten. Mathias erlangte bald die Statthalterschaft in Oesterreich und gab als Statthalter im Jahre 1M> die bc- wl Wie» in der Geschickte, rühmte Capitulations-Resolution, durck welche die freie Religionsausübung auch auf dic Bürger und das Volk ausgedehnt wurde. Nach Rudolf II. Tode wurde er im Jahre Nil2 deutscher Kaiser. Er adop-tirte den Erzherzog Ferdinand von Graz und hinterließ demselben im Jahre 1619 die traurige Erbschaft des noch unter seiner Negierung durch den im Jahre 1018 erfolgten Fenstersturz Zu Prag entbrannten dreißigjährigen Krieges. In Ferdinand hat der Katholieismus in Oesterreich jeuen Vorkämpfer auf dem Throne gefunden, dessen er zum endlichen Siege bedürfte. Schon sein Vorgang gegen den Minister dev Kaiser Mathias, den Kardinal Klefel, bewies, daß der in den Grundsätzen des starrsten Katholieiomus aufgewachsene Prinz auch vor argen Gewaltmaßregeln nicht zurückschrecken werde. Im letzten Regierungsjahre des Kaisers Mathias ließ er nämlich unerwartet und ohne Wissen desselben im Pallast den Kardinal bloß darum verhaften und nach Ambras in Tirol bringen, weil er ihn im Verdacht hatte, bei den von den böhmischen Protestanten er-reqten Unruhen den Kaiser zu einem milden Verhalten zu bestimmen, hielt ihn dort durch drei Jahre in Gefangenschaft und ließ ihn hierauf zur Rechtfertigung nach Rom abführen. Wir wissen aus der Geschichte Niederöster eichs wie Ferdinand bald nach seinem Regieruugsautritt, und zwar zu einer Zeit, in welcher die böhmischen Protestanteil unter Mathiav Grafen Thurn gerade Wiens Vorstädte besetzt hielten, in der Hofburg zu Wien r>on den österreichischen Protestanten zu Concessionen gedrängt und durch die Ankunft der von Bouequoi gefchicktcn Reiter Damvierre's auf dem Burgplatz befreit wurde. Auch ist es uns von daher bekannt, daß rafch darnach die Belagerung Wiens aufgehoben wurde, weil Thurn dem bedrohten Prag zu Hilfe eilte. Allein kurz darauf lief Wien dieselbe Gefahr. Denn als die Un-aarn die Stadt bedrohten und das kaiserliche Heer deßhalb aus Böhmen abberufen worden war, drang Graf Thurn neuerlich gegen Wien vor. Doch wieder entging es dem Unheil, weil die Böhmen sich zum Rückzug veranlaßt sahen, sobald die Ungarn durch die Wendung des Krieges in Ungarn dazu bestimmt, den Rückzug aus Oesterreich angetreten hatten. 105 14 Die Haupt und Residenzstadt Wicn, Ferdinands Lage war indeß eine günstigere geworden. Er hatte noch im Jahre 1619 die deutsche Kaiserkrone erlangt und im Jahre 162N den Sieg über Friedrich von der Pfalz bei Prag errungen. Jetzt trat er entschieden gegen den Protestantismus auf, den auszurotten er entschlossen war. Die in Oesterreich und Wien von Ferdinand I. und Mathias gestattete Religionsfreiheit wurde beseitigt. Die Prädi-kanten mufttcn die Minoritenkircke verlassen. Das Betkirchlein im Landhause ward geschlossen, Hernals, das Besitzthum eines Hauptgönners der Reformation, des Freiherrn von Iörger, wurde eingezogen und dein Domkapitel übergeben, an Wiens «katholische Bürger aber erging der Befehl, binnen vier Monaten entweder zur katholischen Kirche zurückzukehren oder auszuwandern. Mehrere neue Klöster verdankten dein Kaiser ihr Entstehen; besonders erfreuten sich die Jesuiten seines ausgiebigsten Schutzes. Denn nicht nur, daß sie 1l'25i von dem Univerfitätscollegium Besitz nahmen und sich dabei eine Kirche erbauten, so behielten sie daneben ihr früheres Ordens-Hau5 am »of als Profeßhaus und bekamen im Jahre 1l^27 vom Kaiser auch noch die Kirche und das Gebäude zu St. Anna zum Noviziatshause geschenkt. Selbstverständlich war der Kaiser auch kein Freund der Juden. Er wies sie ails der innern Stadt und sie zogen nun in den Nerd. Ferdinand II. war ein fanatischer Katholik im Geiste seiner Zeit; er war hart aus Prinzip, nicht aus Freude daran, während einzelne katholische Schriftsteller ihn geradezu als Halbgott, protestantische dagegen als Teufel geschildert haben. In die Zeit von Ferdinand III. Regierung fällt die Bedrohnug Wiens durch Torstensson im Jahre 1(»45, welche wir in der Geschichte Nicderösterreichs ausführlicher berührt haben, und die Beendigung des dreißigjährigen Krieges durch den westphälischen Frieden. Nichts desto-weniger setzte dieser Regent das Werk der Gegenreformation auch noch später fort. Allein die Zeit der finstersten Bigotterie war vorüber, mit dein Aufhören des .Krieges der ärgste Glaubenshaß beseitigt. Konnten die Habs- 10« Nicn m dcr beschichte. burger bw zu Ätaria Theresia sich auch der hierarchischen Fesseln nicht vollständig rntkdia.cn, so blieben sic wenigstens nicht mehr ganz taub gegen dic huinanercn Anforderungen der Zeit, und mit Leopold I., Fer-dinando III. Nachfolger, beginnt der lobenswürdigstc Zeitraum dcrHabs-bunfschcn verrschaft in Oesterreich. Bereite al5 Leopold l. im Iahrc 1657 zur Regierung gelangte, ließen sich dic Mmpfc mit den Türken in Ungarn dcrart ail, daft cine neucrlichc Belagerung Wiens nicht außer dem Bereich der Möglichkeit laa. Der Kaiscr sorgte darum vor allcm für eine bessere Befestigung der Stadt. Auch ließ er bald nach seinem Regierungsantritt jenen Bau herstellen, welcher noch jetzt dcn Platz zwischcn dcm Schweizerhof und dem Amalienhof einnimmt. Dieser Neubau gab sonderbarerweise den Anstoß zur Vertreibung der Juden. Als nämlich im Jahre l<;<'»K darin eine heftige Feucrsbrunst entstand, schrieb man die Schuld daran den ^uden zu jedoch mit Unrecht. Man brachte aber nebenbei eine Menge anderer Beschuldigungen gegen sic vor. Darauf hin wurden im Jahre 1 brach die Pest in den Vorstädten nnd später in der Stadt aus nnd wüthete bis in den Dezember hinein wie noch nie zuvor. 123,000 Menschen sollen ihr erlegen sein. An diese furchtbarste aller Seuchen, welche in Wien gerast, erinnert die Pestsäule auf dem Graben. Der Baiser hat sie ^x vc>t<> errichten lassen. 'Aber bald ließen sich als Ersatz des großen Menschonverlusleü Zahlreiche Ansiedler, besondero aus Schwaben und Bayern, hier nieder nnd in anderthalb Jahren waren die Spuren des Unglücks verwischt und herrschte wieder Lebenslust in Wien. Doch nur für kurze Zeit! Denn nur zu schnell zog sich eiu ueues nicht minder furchtbares Gewitter über Wien zusammen. Der Baiser hatte sich, als es im Jahre 1682 wahrscheinlich geworden, daß die Türken bis vor Wien gelangen tonnten, bei mehreren Fürsten nm Hülfe beworben und die Zusage einer solchen allerseits erhalten. Es wurden hierauf die Festungswerke der Stadt ausgebessert und die zu uahe au der Stadt gelegenen Häuser abgerissen. Als türkische Vortruppeu mit dem Oberbefehlshaber der kaiserlichen Heere, Herzog Karl von Lothringen, bei Petronell zusammengestoßen waren, brachten zuerst Flüchtlinge die Nachricht vom Anmarsch des Feindes nach Wien, am 7. Juli wurde sie dann bestätigt. Nach Ernennung des Grafen Rüdiger von Starhemberg zum Commandanten von Wien brach der Kaiser noch in der folgenden Nacht nach Oberöstcrreich auf und dadurch noch mehr geängstigt, fllichtete was nur immer konnte aus der Stadt. Am 12. Juli zeigten Rauchsäulen rings um Wien die Annäherung der Feinde an nnd Starhemberg ließ deßhalb am 13. alle Vorstädte in Brand stecken. Am 14. Juli erschien wirklich das vom Großvezier Kara Mustapha iW Wim in dcr Gcschichtc. befehligte türkische >>eer auf dem Wienerberg und lagerte von Nußdorf bis Orinzing in beiläufig ^5/)()() Zelten. Am l7. schlugen die Fürsten dor Moldau und Wallachei Brücken über die Donau, warfen die kaiserliche Reiterei nnd nahmen und verbrannten die Leopoldstadt. Dadurch war die Stadt von allen Seiten eingeschlossen. Die Türken führten mehr schweres Geschütz mit sich als bei der ersten Belagerung. Schon in der Nacht vom 14. auf den 15>. wurden die Batterien auf dein Spittelberg gebaut, jedenfalls war der ernstliche Angriff auf die Linie von der Burg bis zur Lowelbastei gerichtet. Die Feinde rückten mit den Laufgräben in den folgenden Tagen bis in die Nähe der Außenwerke vor. Auch diesmal warfen sie Bomben, glühende Kugeln lind mit Brennstoff umwickelte Pfeile in der größten Zahl in die Stadt. Nenn Batterien wurden dan«: errichtet, Minen gegen die Außenwerte gelegt und nach ihrer Entladung Stürme unternommen. Doch der Erfolg war ein geringer, denn die Vertheidiger schlugen alle Angriffe muthig zurück und zeigten sich dadnrch ihres Oberfeldherrn, Star-hemberg, würdig. Dreimal de>> Tages nnd cinmal in der Nacht »nachte er die Runde um die Stadt und alle Wälle und wurde, weil er hier del: feindlichen kugeln aufgesetzt war, an Kopf und Ann verwundet. Doch am dritten Tage darnach besuchte er schon wieder alle Posten und stieg auf den Stefansthnrm, auf dem noch heute der Steinsitz gezeigt wird, von wo aus er deu Feind beobachtete. Er war so mild und freundlich im Umgang, als streng in der Kriegsdisciplin. Einem Lieutenant, welcher die Türken sich zur Nachtzeit auf der Löwelbastei verschanzen ließ, stellte er die Wahl, gehängt zu werden oder mit 24 Mann die feindlichen Schanzen wieder zu vernichten. Mitte August nahmen die Türken den Burg-Ravelin, von wo au5 sie die Burg- nnd Löwelbastei und die (5ourtine dazwischen beschießen konnten. Die Besatzung war in: Kampf zusammengeschmolzen, eine Ruhr forderte zahlreiche Opfer. Der Erfatz war dringend geworden! Wie schon srüher zwei Offiziere, war am N'.. August oer Kauf- 10!! Dic Haupt mid ^csidcnMdt Wicu. mann Kolschitzly in türkischer Kleidung durch dad Türkenlager zum kaiser-lichen Feldherrn, »erzog von Lothringen, bei Stillfried gelangt. Er tam am 17. glücklich in die Stadt zurück. Der Herzog versprach den Ersatz bi5 Ende Augilst. Heftige Stürme fanden ain ^.",., ^4. und ^«l. August statt; am .'». September nlnsite der Ravelin an der Löwelbastei verlassen werden. Am -l. wurde eine Mine an der Bnrgbastet mit bedeutender Wirkung gesprengt. Die Türken stürmten muthig über die Trümmer und hatten schon zwei Roßschweife auf der Bastei aufgepflanzt, da wurden sie abermals zurückgeworfen. Neue Minen fprangen am <>., 7. und 8. September an der Burgund löwelbastei und schon waren sie selbst bis unter die Minoritenkirche gelegt. Wien war dem Falle nahe! Am M. Nacht? noch hatte Starhemberg einen Reiter an den Herzog mit der kurzen Meldung geschickt: „.^eine Zeit mehr verlieren, gnädigster Herr. Ja keine Zeit mehr verlieren!" — da stiegen Raketen vom Her-mannskogel ans und drei gewaltige Kanonenschüsse wurden hörbar. Es war das Ersatzheer! 84,^00 Mann stark war es aus ^7,100 Oesterreichern, ^ ganzen feindlichen Heereo. Kara Mustapha vermochte kaum noch es eine halbe Stunde bei St. Ulrich zusamnnn zu halten. Um <; Uhr Abends war die Schlacht entschieden, die Flucht d^r Un- ili Die Haupte und Rcsidcnzsladt Wicn, ^" gläilbigen in wildester Unordnung über den Wienerberg bis nach Naab hin eine allgemeine. 3iahe an 25,000 Türken erlag.n den: Siegesschwert der Christen, welche .'l70 Kanonen, vielc Fahnen, Standarten, Roßschweife und 15,000 Zelte erbeuteten, Kara Mustaphas kostbares Zelt nüt einer baaren Sunnne von zwei Millionen ill Gold, feine Waffen, sein Leibpferd und seine geheilne Kanzlei fielen dein König von Polen zu. Die von den Türken zurückgelassenen Vorräthe waren so unermeßlich, das; die Soldaten nur baareo Geld und Kostbarkeiten nahinen, alles Uedrige, hierunter 15,000 Büffel, Ochsen, Kamele und Maulthiere, 10,000 Schafe, 100,000 Malter Korn, ganze Magazine von Rek,, Kaffe, Zucker und eine unglaubliche Menge von Munition den Wienern überließen. Viele Besitzer von Vorstadthäusern fanden noch später in den Kellern ihrer zerstörten (Gebäude fo grosie Schätze und Vorräthe, daß sie aus deren Ertrag dieselben schöner wieder aufbauen konnten, als sie früher gewesen waren. Karl von Lothringen hielt sein Heer die ganze Nacht unter den Waffen. Am 1'^. wurde früh morgens das Stnbenthor geöffnet und Starhemberg ritt mit der ganzen Generalität ins Lager zum König von Polen, der ihn als .Helden und Bruder begrüßte und an seiner Seite das Labyrinth der feindlicknn Approchen und Minen besah. Der Herzog von Lothringen führte, mit großer Selbstverleugnung die Ehre des Tages dem Könige und Starhemberg überlassend, die Armee aus dem verpesteten Lager nach St. Marx. Unter dem Zujauchzen der Bevölkerung hielt der König, begleitet von Starhemberg, an der Seite der Kurfürsten von Bayern und Sachsen seinen Einzug, hörte in der Augustinertirche die Messe und stimmte selbst das Tedeum an, das der Donner von M)0 Kanonenschüssen auf den Wällen begleitete. Auch der Kaiser kam am 14. in die Stadt und traf dann am 16. im Lager bei Schwechat mit Johann Sobiesky zusammen. Er umarmte ihn brüderlich; kaiserlich aber belohnte er jene Männer, welche sich in der Zeit der schwersten Bedrängnis; Wiens besonders ausgezeichnet hatten. Um nur der bedeutendsten zu erwähnen so wurde Starhemberg Feld- 11^! Wien in dcr Gclchichtc. schall, erhielt cin ansehllliches Geld- imd andere Gnadengeschenke und das Recht, den Stefailsthurm int Wappen zu führen. Der edle Bischof Kollonitsch, welcher unmittelbar nach dein Siege des Ersatzheeres bc-500 neben ihren ermordeten Eltern im Türkcnlager verschmachtende Christenkinder in die Stadt hatte bringen lassen und für ihren Unterhalt väterlich besorgt gewesen war, erlangte durch Leopold's Verwendung die Kardinalswürde. Aber auch die Stadt bewies sich gegen jedes während der Belagerung erworbene Verdienst, obenan gegen den trefflichen Star-hemberg, in hohem Maße dankbar. Schon im Jahre 1(>84 wurde der Wiederaufbau der Vorstädte an-angefangen, doch dabei der Grundsatz aufgestellt, das; die Gebäude rings-, um 600 Schritte von den Stadtmauern entfernt bleiben müßten. Damit war der Anfang zum Glaeis und zu einer Aenderung in der Physiognomie unseres Wiens geinacht, welche auch auf die sanitären Verhältnisse und auf die Bevölkerungsbewegung desselben für mehr als anderthalb Jahrhunderte einen entscheidenden Einfluß ausgeübt hat. Allein eine andere Ballführung alls Kaifer Leopolds Regierungszeit wirkte noch entscheidender auf die Zunahme der Bevölkerung. Als während des spanischen Erbfolgekrieges die ungarischen Mißvergnügten, die KuruZZen, selbst Wien bedrohten, ward im Jahre 1704 der sogenannte Linienwall und Graben, 1 '/2 Klafter hoch und 12 Schuh breit, rings um die Vorstädte in einer Länge von mehr als zwei deutschen Meilen geschaffen. Wien hatte seit dem fünfzehnten Jahrhundert an der Zahl der Einwohner nicht in dem Maße zugenommen als andere Städte. Nach der Schilderung, welche Aeneas Sylvins Piccolomini, der Freund und Rathgeber Kaiser Friedrich IV. und spätere Pabst Pius II., hinterlassen hat und die aus der Mitte des fünfzehnten Iahrhuuderts hcrstammt, zählte es damals etwa 50,000 Einwohner; am Ende der zweiten Türkenbelage-nmg beiläufig 80,000. Die Erscheinung ist um so auffallender, als es in der Zwischenzeit die Hauptstadt eines großen Reiches geworden war. Der Gründe davon giebt es mehrere; cin hauptsächlicher lag in dem Verhältniß der ungeschützten Vorstädte zur befestigten innern Stadt. Um diese halten zu können, wurden jene bei dem Bevorstehen einer Belagc- 113 15 Die Haupt- und Ncsidcuzstadt Wicn, rung jedesmal von den Oesterreichern verbrannt, was dabei stehell geblieben zerstörte dann der Feind. Dies hatte sich wiederholt, konnte sich nächstens nochmals wiederholen nnd gleich wie die erfolgten Zerstörungen die Bevölkerungszahl verminderten, ebenso benahm auch die Möglichkeit neuer die Lust sich in den Vorstädten anzusiedeln. Jetzt war durch den Linienwall wenigstens einiger Schutz geboten und wirklich sah Alles der Entwickelung der Dinge weit beruhigter entgegen, als die Kuruzzen im Jahre 1705 nochmals in Niedcrösterreich streiften. Die Vorstädte hoben sich nun rasch. Noch unter Leopolds Regierung, am Beginn des 18. Jahrhunderts, wurde die Bevölkerung mit circa 100,000 Menschen angenommen. Zum Gedeihen Wiens trugen auch Leopolds Begünstigung des Fabrikwesens bei, seine der Stadt zur Erleichterung der Einfuhr wichtiger Lebensartikel gegebenen Privilegien und seine andern Zweckmäßigen Gesetze. Nicht das kleinste Verdienst des Kaisers ist es aber, den cdlern Richtungen des Lebens, der Kunst und Wissenschaft, in der Residenz die Bahn gebrochen zu haben. Selbst ein gebildeter Geist, förderte er beide. Er legte den Grund zur Akademie der bildenden Künste und begann die Stadt durch herrliche Bauten zu verschönern. Es scheint uns nöthig, hier einen kurzen Rückblick auf die Baukunst in Wien zu werfen. Das heutige Wien besitzt nur zwei als solche erhaltene Baudenkmale des gothischen Styls: den Stefansdom und die Kirche zu Maria Stiegen. Sie stammen aus dein 14. und 15. Jahrhundert. Noch eine Anzahl alter Kirchen von ursprünglich gothischer Bauart wurden theils durch Zubauten entstellt, theils ganz im Jesuiten-, d. h. neu-römischen Styl umgebaut. Dem 16. und 17. Jahrhundert verdankt die Residenz keine irgendwie nennenswcrthen Gebände. Erst vom Schlüsse des 17. und dem Anfange des 18. Jahrhunderts an und vorzüglich im Laufe des 1^. Jahrhunderts erhoben sich nach und nach jene Bauten aus ihren Fundamenten, welche Wien dem Genie Martinellis, Mdebrands und vor allein der Fischer von Erlach, des Vaters und Sohnes, obenan wieder des 11.-1 Wicn in dcr Geschichte. Vaters, und nach dem unumstößlichen, auf jeden Zweig dcr Kunst anwendbaren Satz: „Hint N:ie«m^w8 non (looi'ui^ I^Iaec'i, Narones" der Kunstliebe Leopold I., Josef I. und besonders Karl VI. verdankt, und die ihm zum schönsten Schmuck, ihren Begründern aber zum unvergänglichen Nuhin gereichen. Noch ans Leopolds Zeit rührt dcr Van des Lustschlosses Schönbrunn durch den ältern Fischer von Erlach, welcher zuerst den Ruf des großen Baukünstlers begründete her, und jener der Peterskirche durch denselben. Prinz Eugen von Savoyen ließ 1693 den Bau des Belvedere durch Hildebrand, 1694 dcr Fürst Liechtenstein jenen dcs Majoratshauses in der Stadt, dann 1701 dm dcs Sommerpallastcs in dcr Rossau, beide durch Martinelli beginnen. Gewiß ist, daß sich unter Leopolds I. scchsundvicrzigjähriger Regierung das Ansehen der Hauptstadt bedentcnd gehoben hat, weßhalb auch sein Name in ihr dankbar genannt wird. Josef I., Leopolds I. Sohn, welcher als gebildeter nnd aufgeklärter Fürst zu den herrlichsten Hoffnungen berechtigte, starb schon 1711, nach kaum sechsjähriger Regierung und sein Bruder Karl bestieg den Thron als Karl VI. War Josef, welcher den, der Amalienhof genannten Theil der Hofburg baute, als Schützer der Kunst in die Fnßtapfen seines- Vaters getreten, indem er die von diesen: gegründete Akademie dcr bildenden Künste erst vollkommen gestaltete, so bewährte sich Karl als dcrcn höchster Schutzherr. Ein vom Kaiser während einer Pest, welche im Jahre 1713 in Wien crassirte, doch glücklicherweise dic Zahl ihrer Opfer auf 8674 beschränkte, abgelegtes Gclübdc rief 1716 den Bau der Karlskirche durch den älteren Fischer von Erlach hervor und als Werke desselben Banmeisters entstanden anf kaiserlichen Befehl in den Jahren 1723 bis 1735 nach einander das Hofstattgebäude, dic Hofbibliothek, die Reichskanzlei und die Hofreitschulc. Auch der Pallast des Prinzeil Eugen von Savonen in der Himmelpfortgasse, das jetzige Reichssinanzministerium, 11.1. 15* „Shit Maecenates non decrunt Flacci, Marones" der Kunstliebe Leopold I., Josef I. und besonders Karl VI. verdankt, und die ihm zum schönsten Schmuck, ihren Begründern aber zum unvergänglichen Ruhm gereichen. Noch ans Leopolds Zeit rührt der Van des Lustschlosses Schön-brnnn durch dcn ältern Fischer von Erlach, welcher zuerst den Ruf des großen Baukünstlers begründete her, und jener der Peterskirche durch denselben. Prinz Eugen von Savoyen lies; 1693 den Bau des Belvedere durch Hildebrand, 1694 der Fürst Liechtenstein jenen des MajoratshanfeZ in der Stadt, dann 1701 den des Sommerpallastes in der Rossau, beide durch Martiuelli beginnen. Gewiß ist, daß sich unter Leopolds I. scchsundvierzigjähriger Negierung das Ansehen der Hauptstadt bedeutend gehoben hat, weßhalb auch sein Name in ihr dankbar genannt wird. Josef I., Leopolds I. Sohn, welcher als gebildeter nnd aufgeklärter Fürst zu dcn herrlichsten Hoffnungen berechtigte, starb schon 1711, nach kaum sechsjähriger Regierung nnd sein Vrnder Karl bestieg den Thron als Karl VI. War Josef, welcher den, der Amalienhof genannten Theil der Hofburg baute, als Schützer der Kuust iu die Fußtapfen seines- Vaters getreten, indem er die von diesen: gegründete Akademie der bildenden Künste erst vollkommen gestaltete, so bewährte sich Karl als deren höchster Schutzherr. Ein vom Kaiser während einer Pest, welche im Jahre 1713 in Wien crassirte, doch glücklicherweise die Zahl ihrer Opfer auf 8674 beschränkte, abgelegtes Gelübde rief 1716 den Bau der Karlskirche durch den älteren Fischer von Erlach hervor und als Werke desselben Baumeisters entstanden anf kaiserlichen Befehl in den Jahren 1723 bis 1735 nach einander das Hofstattgebäude, die Hofbibliothek, die Reichskanzlei nnd die Hofreitschule. Auch der Pallast des Prinzeil Eugen von Savonen in der Himmelpfortgasse, das jetzige Reichssinanzministerium, Die Hcnipt- lind Ncsldcnzstadt Nicn, und noch manch anderer Pallast Wiens wurde um dieselbe Zeit durch dcn ältern Fischer von Erlach geschaffen. Sein Sohn vollendete, was davon beim Tode des Vaters im Jahre 1724 noch nicht ^u Ende gebracht war nnd führte selbst stattliche Pallastbauten, darunter jene des Fürst Schwarzenberg'schen Sommer- und des Auersperg'schen Palais. Anch eines der preiswürdigsten Werke der Sculptur in unserein Wien gehört der Zeit Karl VI. an, indem die Schöpfung des genialen Raphael Tonner, der Springbrunnen auf dem Neuen Markt, welchen der Stadtrath hatte anfertigen lassen, im Jahre 1739 eröffnet wurde. Nicht minder unterstützte der prachtliebende Kaiser die Dichtkunst durch Berufung des Apostoto Ieno und Metastasio als Hofdichter an seinen Hof. In kirchlicher Beziehung erwirkte er im Jahre 1723 die Erhebung des Bisthums Wien zum Erzbisthum. Wie in geistiger hatte er auch in materieller Richtung stets das Gedeihen seiner Residenz im Auge und trug für ihre Industrie und Handel und für das Entstehen der Fabriken in ihren: Umkreise die regste Sorge. Seine Bemühungen wurden thatsächlich vom Erfolg gekrönt. Wien zählte im Jahre 1720 bereits bei 135,000, im Todesjahre dcs Kaisers 1740 160,000 Seelen. Mit Maria Theresia nnd Kaiser Josef II. war abermals eine neue Aera in Oesterreich angebrochen. Tie spanische Hofetikette wich bei Hof einem oolksthümlichen Sinn nnd dadurch wurde das Verhältniß zwischen .Herrscher und Beherrschten, vollends bei den Bewohnern der Residenz ein innigeres. Als sogleich nach Maria Theresia's Thronbesteigung im Jahre 1740 ihre Rechte auf den Thron von auswärtigen Feinden bestritten wurdeu, ein bayerisch-französisches Heer bis St. Polten vorgedrungen war und von dort aus Wien zur Uebergabe aufgefordert hatte, erhob sich dies zur eigenen Vertheidigung sowohl als zum Schutz ihrer Königin nnd jnbelnd hat es Franz I. von Lothringen begrüßt, als er nach der Erwählung zum deutschen Kaiser an der Seite der geliebten Fürstin und nun Kaiserin in seine Mauern einfuhr. ii<) Wien in d« Geschichte. Die Gesetze Maria Theresia's und Josef II. waren ausschließlich auf das Volkswohl bedacht und dasselbe Ziel verfolgten gleichfalls die Bauten, welche sie der Residenz hinterlassen haben. Statt wie unter Karl VI. Prachtbauten wurden gemeinnützige für Unterrichts- und Verwaltnngszwecke geführt. So entstanden das There-sianmn, das Universitätsgcbäude, die heutige Akademie der Wissenschaften, die böhmisch-österreichische Kanzlei, jetzt das Ministerium des Innern, das Ministerium des Aeußcrn, das Josephinum. Nur die Vollendung und Vergrößerung von Schönbrunn reihte sich ihrem Charakter nach den Bauten Karl VI. an. Kaiser Josef der Volksfreund, öffnete auch den Prater, der bisher nur dem Hof und hohen Adel Zugänglich gcwcfen, im Jahre 176«; dem Publikum, auf seinen Befehl wurden rings auf dem Glacis Fahr- und Fußwege und später Alleen angelegt, der übrige Raum mit Gras besät und winde im Jahre 1775 der früher Favorita, jetzt Augarten genannte Garten, ein öffentlicher Erlustigungsort. Im Jahre 1780 zur Alleinrcgienmg in den österreichischen Ländern gelangt, ging Josef mit der Aufhebung einer Anzahl Klöster in Wien vor und selbst der epochemachende Besuch des Pabstes Pins VI. im Jahre 1782 in Wien hat nicht vermocht, seine in diesem Sinne gefaßten Beschlüsse zu erschüttern. Die dadurch frei gewordenen weitläufigen Gebäude und Räume wies er theils den öffentlichen Behörden zu, theils überlieft er sie zur Hebung der Einwohnerzahl Privaten zu Neubauten. Wie sehr die aufgeklärte Gesetzgebung und die Anordnungen von Mutter und Sohn, vornehmlich die Unterstützung von Industrie, Fabriten umd Handel unserer Residenz zu Statten kamen, bewies am besten, das; die Zahl ihrer Einwohner im Jahre 1780 auf 200,000 gestiegen war und fünf Jahre darnach 218,000 betrug, von welcher Höhe sie allerdings die schwankenden staatlichen Verhältnisse in den letzten Regierungsjahrcn Kaiser Josefs in seinem Todesjahre 17W wieder auf 208,000 herabgedrückt haben. Noch zu Kaiser Josefs Zeiten hatte die französische, Revolution im Ballhaufe Zu Versailles thatsächlich begonnen. Der Nachfolger des Kai- N7 Die Haupt- und Alcsldcnzsiadt Wien. sers Leopold II. war Theilnehmer an der Neichenbacher Convention und sein Nachfolger Franz II. erhielt bereits wenige Wochen nach seiner im Jahre 1792 stattgefundenen Thronbesteigung die Kriegserklärung Frankreichs. Wenn auch die Residenz jedesmal, so oft Oesterreich in den Jahren 1792 bis 1815 mit Frankreich in Kampf gerieth, reichliche Opfer an Geld und dem Blut ihrer Söhne gebracht hat, so scheinen uns doch in der Geschichte Wiens nur jene Episoden aus den französischen Revolutionskriegen ihren Platz fordern zu dürfen, welche sich unmittelbar in der Residenz und um sie abspielten. Zuerst sah sich Wien im Jahre 1797 bedroht, als nach Mantua's Fall Napoleon rasch bis Iudenbnrg und Leoben vorgedrungen war. Sogleich waren alle Stände zum Kriegsdienste bereit und 37,000 Mann Aufgebot in kurzer Zeit marschfertig. Der Präliminarfricde von Lcoben, der in den definitiven von Campoformio überging, trat Napoleons weiterem Vormarfche entgegen. Auch im zweiten Kriege war Wiens Aufgebot am Ende des Jahres 1800 bereits organisirt. Im Jahre 1805 sah Wien zum ersten Mal die Franzosen. Mit Rußland und England verbündet, hatte Oesterreich in diesem Jahre Zum dritten Mal zu den Waffen gegriffen, das Kriegsglück ihm aber den Rücken gewandt. Nach der Kapitulation von Ulm drangen die Feinde in das Erzherzogthum Oesterreich ein. Als sie am 9. November schon St. Polten erreicht hatten, verfügte sich eine Deputation der Residenz zum Kommandirenden, den: Prinzen Murat. Sie traf ihn in Pur-kersdorf und sprach ihn: die Gesinnung des Kaisers Franz ans, daß er, um seine Hauptstadt den Schrecknissen der Belagerung zu entziehen, dieselbe den: Kaiser der Franzosen gegen Versicherung des Schutzes der Religion, der Personen und des Eigenthums übergeben lasse. Murat empfing sie freundlich und versprach die Bediugnisse zu erfüllen. Am 11. rückten die Franzosen bis an die Linien Wicns vor. Napoleon gab in Sieghartskirchen einer zweiten Deputation gleichfalls die befriedigendsten Zusicherungen. So zogen denn am 13. November 1805 15,000 Mann unter i^ Wicn in dcr (^csckuchte. Murat und Lannes durch die Mariahülfer Linie, die Burg, die Stadt und ^eovoldstadt zur Taborbrücke und bemächtigten sich derselben, wodurch sie die jenseits derselben gebliebene österreichische Reservcartitlerie zur Beute machten. Nachmittags folgte eine zweite Colonne über die Donaubrückc nach und bloß 3000 Mann blieben als Besatzung in Wien zurück. Napoleon hatte sein Hauptquartier in Schönbrunn genommen, ritt jedoch am 14. um 2 Uhr Nachts bis zur Donaubrücke, um dann sogleich wieder nach Schönbrunn zurückzukehren. Er hatte die Erhaltung der Ruhe in der Stadt dem Bürgermilitär gemeinschaftlich mit der (Garnison übertragen, doch durfte es kein geladenes Gewehr führen. Bald kam es dennoch zu einem größeren Auflaufe, den das Bürgermilitär noch glücklich unterdrückte. Die Besetzung wirkte um so niederschlagender auf die Bewohner, als sie ohne sichere Nachricht von den weitern Kriegsereignisscn blieben. Nur die beständig in die Stadt gebrachten Kriegsgefangenen und Verwundeten belehrten sie davon, das; in der Nähe gekämpft werde. Endlich wurde der Sieg Napoleons in der Dreikaiscrschlacht von Austerlitz am 2. December bekannt, am 8. December der Abschluß eines Waffenstillstandes promulgirt und langten von da an endlose Züge von Blesfirten und von gefangenen Russen in der Stadt an. Am 12. Dec. fuhr Napoleon selbst im Carriere auf der Rückkehr aus Mähren durch Wien nach Schönbrmm. Am 28. Dec. erfolgte die Kundmachung des Preßburgcr Friedens in der Residenz und verließ der Kaiser der Franzosen Schönbrunn mit Hinterlassung einer Proclamation, worin er die gute Haltung der Bewohner anerkannnte und erklärte, ihnen dafür unberührt ihr Arsenal zurückzugeben, welches die Rechte deo Krieges zu seinem Eigenthum gemacht hätten. In der folgenden Nacht marschirte die erste französische Colonne aub der Stadt, die letzte folgte am 13. Januar 1806. Die Stadt athmete wieder frei auf, fühlte jedoch noch lange die Nachwehm der Invasion, denn sie hatte außer andern Lasten gemeinschaftlich mit den Ständen eine Geldrequisition von 32 Millionen Francs leisten müssen. l l!» Die Haupt- und Residenzstadt Wicn. Am 16. Januar kehrte, feierlich von ihr begrüßt, Kaiser Franz wieder in seine Residenz zurück. Noch im Jahre 1W<> brachte der Baiser einen viclbedcntcnden und folgenreichen Entschluß zur Ausführung, indem er die deutsche Kaiserkrone niederlegte. Von da an war er als Erbkaiser von Oesterreich, welchen Titel er im Jahre 1804 angenommen hatte, Franz I. Das Jahr 1809 führte eine neue Katastrophe für unser Wien mit sich. Tapfer hatte seine Landwehr noch bei Ebersberg gefochten, doch unaufhaltsam drangen die Franzosen wieder in Oesterreich vor und standen am 9. Mai vor den Linien der Hauptstadt. Diesmal war beschlossen, sie zu vertheidigen. Erzherzog Maximilian von Este war zum Stadtcommandanten ernannt. Die Besatzung bestand aus 16,000 Mann Linientruppen und Landwehr, 1000 Studenten und Künstlern, dem ge-sammten Bürgermilitär und einiger Aufgebotsmannschaft. Man brannte die Brücken über den Donaukanal ab, verhaute und verschanzte den Prater, vertheilte 70,000 Gewehre zur Bewaffnung der Vorstädter und sperrte die Stadtthore. Am 10. nahm Napoleon wieder sein Hauptquartier iu Schönbrunn. Noch an diesem Tage sprengten feindliche Chasseurs bis auf das Glacis, wurde der die Uebergabe fordernde französische Parlamentair vom Pferde gerissen, mißhandelt und gefangen genommen, und erfolgten nach Zurückweifung einer neuen Aufforderung zur Capitulation die ersten Kanonenschüsse der Stadt gegen die Franzosen, welche sich überall in den Vorstädten zeigten. Jetzt ordnete Napoleon das Bombardement an. Es begann am 11. Abends nln 9 Uhr von einer hinter den kaiserlichen Stallungen errichteten Batterie und dauerte mit kurzer Unterbrechung bis um ^3 Uhr Morgens die weiße Fahne aufgesteckt wurde. Die Franzosen hatten 1800 Haubitzgranaten geworfen und 14 Ha'nser in Brand gesetzt, das Fencr von den Basteien dagegen war heftig, doch ohne Erfolg gewefen und hatte nur die kaiserlichen Stallungen stark beschädigt. Die rasche Uebergabe bewirkte jedoch zumeist der Umstand, daß Napoleon noch am 11. Abends sich an den Donauarm beim Lusthause im Prater begab, dort eine Brücke schlagen ließ, eine ganze Colonne I^!.—12. Juli sei die Zahl der getödteten Franzosen und Oesterrcicher 12,000 und 5000, jene der Verwundeten bei den ersteren 45,000, bei den letzteren 18,000 gewesen, wogegen die Gefangenen, welche die beiden Kampftheile verloren, bei den Franzosen mit 7000, bei den Oestcrreicheru mit 7500 Mann beziffert wird. Napoleon kau: am 13. Juli nach Schönbrunn, am 14. October wurde der Wiener Friede geschlossen. Deßungeachtet begannen noch au: 16. October die Feinde einen Theil der Festungswerke Wiens in die ii?^ Wicn in dcr Geschichte. Luft zu sprengen und fetzten dieß durch 14 Tage fort. Am 20. November erst zogen sie vollends von Nien ab. Der Kaiser hielt im Jahre 1814 einen glänzenden Einzug, als er vom siegreichen Feldzug in sein Wien Znrückkam, und bald sollte dies; frohe Tage durchleben, reich an Aufregungen und Festlichkeiten. Der Pariser Friede bestimmte nämlich, das; ein Congreß zur Ordnung der europäischen Verhältnisse in Wien zusammenzutreten habe. Vine Anzahl von Souverainen und Unzahl von Diplomaten kam dazu nach Wien. Ihnen galten alle die Feste. Doch man tanzte auf einem Vulkan! Zum Glück ward die Bombe, welche mitten in die beleuchteten Festsäle gefallen, Napoleon's Rückkehr von Elba, bald ertodtet — Waterloo warf den Imperator für immer nieder. Der Kaiser von Oesterreich war wieder nach Paris gezogen und kehrte von dort im Jahre 1816 nach Wien heim. Eine Aera des Friedens begann und dauerte durch mehr als 30 Jahre. Schwierig ist es, diese Acra richtig zu kennzeichnen. Wahrscheinlich hatten die Greuel, durch welche sich die französische Republik jahrelang befleckte, auf das damals noch jugendliche Gemüth des Kaisers Franz den peinlichsten Eindruck gemacht, und hatten die Schrecknisse der Kriege, welche er immer wieder mit dem durch die Revolution grosi gewordenen Frankreich führen mnßte, vollends seinen Haß gegen Republik, Revolution und alles, was nur im Entferntesten dahin führen konnte, noch gesteigert. Thatsache ist es, daß er Zeitlebens der Furcht vor Revolutionen im eigenen Lande nicht los wurde, deßhalb jeder freiheitlichen Entwickelung seines Volkes entgegentrat und es ängstlich vom Ausland absperrte. Die Bekämpfung des Liberalismus wurde dadurch die leitende Staatsmaxime in Oesterreich und blieb es auch unter Ferdinand I., bis die Bewegung des Jahres 1848 sie wie die Staatsmaximcn der meisten Länder Europas hinwegfegte. Als die tauglichsten Mittel zum erwähnten Staatszwcck wurden die Polizei und Bureaukratie in jeder Weise begünstigt und zu einer Macht im Staate erhoben. Oesterreich hat durch das unglückliche Regierungssystem in den i^ i«;* Die Haupt- und Residenzstadt Wlcn. langen Friedensjahren nicht erreicht, was es bei freiheitlicher Fortbildung erreicht hätte. Dennoch machte es Fortschritte in der Entwicklung. Sie hat theils der allgemeine Fortschritt der Zeit ihm gebracht, theils sind sie immerhin seiner Regierung zuzuschreiben. Zum Ersatz für das eingeengte geistige Leben sorgte sie für die materiellen Interessen und forderte sie auch thatsächlich mit Erfolg. Beschränken wir nno auf unsere Residenz, so hat ihr die Regierung des Kaisers Franz zahlreiche Gesetze und Institute gebracht, welche ihr gewerbliches und commereielles Leben begünstigten. Es sei z. B. nur der Natioualbant und der gedacht. Die- selbe Richtung repräsentiren die Bauten des Kaisers, aus denen wir als die namhafteste das politechnische Institut hervorheben. Aber auch die Verschönerung der Stadt in anderer Weise ließ sich der Kaiser angelegen sein. Nach der Sprengung der Festungswerke vor der Burg wurde durch Hinausrücken der Stadtmauern gegen die Vorstädte dort der äußere Burgplatz gewouneu, im Jahre 182'.! zu beiden Sciten des geebneten und mit Gras bepflanzten Platzes der Volks- und Hofgarten angelegt und im Jahre 1821—1824 auf der der Hofburg gegenüberliegenden südlichen Seite das neue Burgthor erbaut. Selbst die Ausschmückung der Stadt durch Monumente vernachlässigte Franz I. nicht gänzlich. Schon 1807 wurde das schöne Monument von Zauner enthüllt, welches er auf dem Iosefsplatze dem Kaiser Josef errichten lies; und 1823 Canovas herrliche Gruppe, der Sieg des Theseus über den Minotaurus, im Thcseustempel des Volksgartens aufgestellt. Wien, das feit 1805 ein Meisterwerk Canova/s in dem Grabdenkmale besaß, welches der Herzog Albrecht von Sachsen-Teschen seiner Gemahlin Erzherzogin Kristine in der Hofpfarrkirche zu St. Augustm hatte setzen lassen, erhielt damit ein zweites prachtvolles Werk des unsterblichen Bildhauers. Doch auch traurige Ereignisse kamen während Kaiser Franz's Regierung in Wien vor. So war in der zweiten .Hälfte des Jahres 1831 die Cholera moi-dus hier Zum ersten Mal aufgetreten uud hatte, zumal da die Aerzte ihre Natur uoch nicht kannten, zahlreiche Opfer gefordert, 124 Wicn in dcr Geschichte. wogegen eine im Jahre 1830 erfolgte weitreichende Ucbcrfluthnng der Vorstädte durch die Donalt fast ausschließend materielle Verluste in: Gefolge hatte. Werfen wir einen Blick auf die Bevölkerungsziffern Wiens unter der Regierung des Kaifers Franz, so bestätigen sie den Satz, daß Wien unter ihr in steter Aufnahme geblieben ist. Trotz der colossalen Verluste, welche die französischen Kriege mit sich brachten und trotz der Ent-wcrthung des Geldes und des Ruins von zahlreichen Privatuermögen durch das Finanzpatent von: Jahre 1811 war die Einwohnerzahl von 208,000 Seelen, aus welchen sie im Jahre 1790 bestanden, im Jahre 1800 auf 231,000, 1820 auf 260,000, 1830 aber schon auf 318,000 Seelen gestiegen. Wir haben bereits früher erinnert, das; Kaiser Ferdinand I. Regierung in den Staatsmar.imen in die Fußtapfen derjenigen des Kaisers Franz getreten ist. In Förderung des materiellen Wohles der Residenz wurde bald nach Ferdinand's Regierungsantritte der Van der für Wien höchst wichtigen Kaiser Ferdinands-Wasserleitung in Angriff genommen, später wurden die ersten Dampfeisenbahnen coucessionirt. In: Jahre 1847 fand aber doch die Gründung auch der Akademie der Wissenschaften in Wien statt. Ein Ereignis; von Bedeutung für Wien war die Abtragung des obersten schadhaft gewordenen Theiles des Stephansthurmes im Jahre 1839 uud die Vollendung des Neubaues im Jahre 18^2, welcher jedoch so unglücklich ausgefallen ist, daß er nach wenig Jahren wieder beseitigt werden mußte. Von Monumenten entstand im Jahre 18l<; das Denkmal des Kaisers Franz I. auf dem innern Burgplatz von Pompeo Mar-chesi und in demselben Jahre der weitaus gelungenere Brunnen auf der Freiung von Ludwig von Schwanthaler. Unter Kaiser Ferdinand hatte sich die Bevölkerung im Jahre 1840 bis auf 357,000 und im Jahre 1846 schon auf 408,000 Seelen gehoben. Die politische Bewegung des Jahres 1848 artete auch in Wien in eine wilde Revolution aus, und im Oktober mußte die Ruhe mit Waffen- 125 Die Haupt- und Residenzstadt Wicn, gewalt hergestellt werden und wurde die Stadt bombardirt, wobei der Trakt der Hofburg, in welchem sich die Hofbibliothek und das Hofnatu-ralienkabinet befindet und der Thurm der nahen Augustinerkirche in Flammen gerieth. Kaiser Ferdinand dankte hierauf noch im Jahre 1848 zu Gunsten seines Neffen des Kaisers Franz Josef I. ab. Die Periode, welche mit dem Regierungsantritt Franz Josef I. begonnen, dauert noch fort. Sie ist die Periode der stetig, wenn auch mit einigen dazwischen gemachten Rückschritten fortschreitenden freiheitlichen Entwicklung des Landes, die Periode der von oben herab reichlich gegebeneu politischen Zugeständnisse, aber auch die Periode der nationalen Strebungen nach Sonderstellung, welche vielfach hemmend auf Oesterreichs Wohlbefinden einwirken uud die Früchte seiner freien Gestaltung nicht vollständig gedeihen lassen, weil ihm eben der innere Friede fehlt. Wien jedoch gedeiht in dieser neuesten Zeit mehr als jemals früher. Schon die Befreiung von geistigen und materiellen Fesseln ums; vorzüglich der Residenz zu Gute kommen. Nebstdem kämpft die Zeit selbst für Wien; deun der Satz des Culturhistorikers Riehl ist unumstößlich, das; das große Kapital und die großen Städte jetzt im siegreichen Kampfe mit den kleinen liegen. Auch nach Wien, als den Knotenpunkt der Eisenbahnen und des Verkehrs überhaupt, als deu Sitz fast aller Einrichtungen und Körperschaften, welche die Gewerbs- und Fabriksindustrie und den Handel fördern und uüterstützeu, besonders als deujeuigen der Geldinstitute, zog sich und zieht sich noch mehr uud mehr das industrielle uud commercielle Leben. Es hat als Fabriks- uud Handelsstadt an Bedeutung ungemein gewonnen. Auch die Gesetzgebuug sorgte unablässig für das Wohl der Hauptstadt und insbesondere fördert dasselbe die Verschmelzung der früher bestandenen mehreren Gemeinden in der Stadt und ihren Vorstädten zu einer einzigen Großcommune. Um Wien zur Weltstadt umzuwaudeln, mußte noch Eines geschehen. Das Centrum des Verkehrs, die innere Stadt, war für seiuc Aufgabe viel, viel zu kleiu; der Gürtel seiner Fcstuugsmaueru mußte fallen. Und i^ Wien in dcr Geschichte. er ist gefallen, das kaiserliche Wort vom 20. Dezember 1857 hat ihn gclöst. Dnrch diese Stadterweiterung ist schon hente eine prachtvolle neue Stadt geschaffen, welche sich mn die Ringstraße, eine der geschmackvollsten nnd großartigsten Straßenanlagen, gruppirt. Was an schonen Bantcn seit der Verjüngung Oesterreichs dnrch den Jungbrunnen freierer Institntionen in dcr Residenz entstanden, befindet sich znmeist ans dem Gebiete der Stadterwciterung nnd ist erst seit ihr zn Stande gekommen. Ohne hier eine erschöpfende Aufzählung der bedeutendsten Monu-mental-, öffentlichen nnd Privatbauten, welche Wien in dcr neuesten Zeit entstehen gesehen hat, zn beabsichtigen, nennen wir als der Zeit vor der Stadterweiternng nnd dem Raume außerhalb der nenen Stadttheile angehörig bloß das colossale Arsenal, die Pfarrkirche zu Altlerchenfeld, das neue Bankgebäude, den Nordbahn- und den Westbahnhof, die Kirchen in dcr Vorstadt unter den Weißgärbern, die Elisabethkirche auf der Wicden nnd die Lazzaristenkirche, dann die Monumente des Erzherzogs Karl nnd Prinzen Eugen anf dem änßern Burgplatz. Dafür finden wir auf dem Raume, der durch die Stadterwciterung der Vauführung gewonnen wnrde, die Votivkirchc, das Opernhaus, den Stadtpark mit dem Kursalon, das Gebäude dcr Gesellschaft der Musikfreunde, das Künstlerhaus nnd das akademische Gymnasium als die gelungensten Monumental- nnd zn öffentlichen Zwecken bestimmten Baulichkeiten, während uns als die interessantesten Priuatbauten die Palais des Erzherzogs Ludwig Viktor, Wilhelm und Albrecht, dann des Herzogs von Württemberg, der Heinrichshof, das Grand hütel, die Palläste Epstein und Schey auffalle,:. Schon heute schmückt den Schwarzenberg-platz das Monument des Feldmarschalls Fürsten Schwarzenberg nnd führen ans der neuen Stadt die Radetzky-, Schwarzeubcrg- und Elifabethbrücke nach den Vorstädten. Und der Wetteifer, welchen der Staat, die Stadtcommune nnd die Privaten entwickeln, um Wien durch nene Prachtbauten zu erfreuen, hat einen verstärkten Impuls dadurch erhalten, daß auch der große Paradeplatz in jüngster Zeit zur Verauung bestimmt 1^7 Die Haupt und Residenzstadt Wien. worden ist. Dort werden das neue großartige Rathhaus, die Universität und das ParlamentZhaus ihren Platz finden. Ein Ausbau der Hofburg ist in Aussicht genommen, der Bau der Museen noch näher bevorstehend. Eine colossale Wasserleitung wird der Stadt aus der beträchtlichen Entfernung des Reichenauer Höllenthales frisches Trinkwasser zuführen und selbst der alte Danubius soll der Stadt dienstbar gemacht und sie durch Regulirung seines Bettes zur Donauhafenstadt umgewandelt werden. Wahrlich, treten uicht unerwartet mißliche staatliche Verhältnisse ein, so wird Wien, dessen Bevölkerung in so beträchtlicher Zunahme begriffen ist, das; sie im Jahre 185? 492,459, bei der letzten Volkszählung am 31. December 18K<1 aber bereits 022,087 Seelen betrug, die erste Million seiner Bewohner bald vollgemacht haben! Wien in der 6>cgenwart. Der Wienerwald und sein nördlichster Theil, das Kahlengebirge, welche von Südwesten bis Nordnordwesten in geringer Entfernung von Wien aufragen, reichen mit ihren letzten Ausläufern bis hart an das Gebiet der Stadt, ja in dasselbe hinein. In die dadurch entstandenen Terrainwellen haben die Donau, der Wienfluß, der Alserbach und Ottakringer-bach tiefe Furcheu gezogen und so ist das Niveau des Stadtgebietes verschieden. Während der höchste Punkt bei der Westbahnlinie 108 Wiener Klafter ^) über dem Meere liegt, ist die Leopoldstadt, der tiefste, 82 ^l. hoch gelegen. Diese Verhältnisse machen sich geltend, wenn wir uns, chc wir Wien in seinen Einzelnheiten kennen lernen, einen Ueberblick über dasselbe im Kroße:: und (tanzen verschaffen. Der im Weichbild der Stadt und weit um dasselbe herum alles überragende Stefanothurm gewährt allerdings eine vortreffliche Uebersicht *) (5m Wiener Zlch ist gleich 0,3!6 Meter, also dic Wiener Klafter zu 6 Fus; gleich I.W« Meter. 128 Wien m dcr Gccicuwart. der Stadt und ihrer Uiugebung, doch aus der Vogelschau, welche den Eindruck dos Schonen nliuder auftounnen läsit. Wir halten uns deshalb an dic Abhänge, des Wienerwaldes. Zwei Punkte daraus eignen sich ansgezeichnet für unsern Zweck, die höhen des eigentlichen Kahlcngebirges im Nord-Nordwesten und Nordwesten der Stadt und der sich auf der Südseite dcr letztern hinziehende Wienerberg. Es verlohnt sich beide Punkte zu besuchen, denn das Bild ist da und dort ein wesentlich anderes, doch gleich interessantes. Ein Gang auf den Wienerberg macht uns zugleich mit der schönen, in der Mitte des 15. Jahrhunderts von Hans Puchsbaum, dem Baumeister der Stefanskirche, erbauten gothischen Denksäule, der Spinnerin am Kreuz, bekannt. An ihrem Fuß, 748 Wiener Fuß, bietet sich der günstigste Staudpunkt für den Blick auf Wien dar. An die Felder des Nienerberges, welche sich in sanfter Abdachung zu ihnen neigen, schließen sich zunächst die weitläufigen Baulichkeiten des Südbahnhofes und der lange Damm der Südbahn an, darüber und rechts und links davon wogt das Häusermeer der .Hauptstadt. Das Dunkel dcr Dächer als der Haupttou wird tausendfach durch lichtes Mauerwerk unterbrochen. Darüber ragen die Kuppeln nnd Thürine der Kirchen empor und wir finden, das; Wien zwar keine Stadt mit tausend Thürmen ist, jedoch deren so viele besitzt, das; durch sie den Linien der Häuser jede Monotonie benommen wird. Weit aus dominirt die stolze Stefanskirche durch ihren wunderbaren Thurm sowohl als durch ihr kolossales Dach. Die Karlskirche, das breite und hohe Dach dcr Minoritenkirche und die beiden hohen und schlanken Thürme der Votivtirche fallen nebst ihr auf. Das Gros der Häuser liefern entschieden die westlichen Pororte und Vorstädte, so daß die Kirche von Mariahilf fast in der Mitte des Bildeo liegt. Erstere beginnen mit Hetzcndorf, dem Part von Schöubrunn, Hietzing und Pcnzing, dav sich an die Abhänge des Wienerwaldes zu lehnen und in seine Bucht bei Hütteldorf zu treten scheint; Meidling, Nudolfsheim, Sechshaus, Füufhaus und Kaudenzdorf folgen nach Osten, die Felder der Schmelz schließen sich oberhalb ihrer unter dem Kahlengebirge an Penzing an. 12!) 17 Die Haupt- mid Vichdcuzstadt Wicn, 3 '^ Als dns fesselndste Object in den Vororten tritt die eben'') im Bau begriffene großc Kirche von Fünfhans besonders hervor. Bei den Vorstädten erkennen wir den Einfluß der verschiedenen Niveanverhältnisse. Die nordwestlichen sind gar nicht zu sehen, die östlichen nnd südöstlichen sind es nur theilweise. Von ihnen nnd von der NW nahen Wiedeu ist ein Theil gedeckt dnrch die zu äußerst rechts sichtbaren Häuser außer der Favoritenlinic nnd dnrch das riesige Arsenal. Anch der südliche Theil der Nieden, in welchem sich die nene Elisabethkirche vorzüglich geltend >u machen weis;, deckt den nördlicheren Theil dieser Vorstadt. Zur schönen gestaltet die Lage der Stadt das Kahlengebirge und der Wienerwald. Jenes erhebt sich mit seinen markirteu Spiken, dem Kahlen- und Leopoldsberge über dem östlichen Theile des Panoramas und der innern Stadt, und steigt vielfach in freundlichen Gehängen gegen die Gebäude herab. An seinen Abfall am Leopoldsberge reihen sich rechts der ferne Bisamberg und die niedrigen Höhen des Marchfeldes. Der Wienerwald bant sich nach links anf über den grünen Abhängen der Schmelz nnd über den Vororten und Dörfern bis dahin, wo zwischen seinen Höhen die Bucht von Hütteldorf eingetieft ist, nnd darüber links die Waldgruppen des kaiserlichen Thiergartens nnserm Bilde den Abschluß nach links geben. Ganz verschieden tritt nns das Gemälde auf den Höhen des Kahlen-gcbirges entgegen. Leider liegen alle ihre günstigen Aussichtspunkte: auf dem Krapfenwäldchen, dem Himmel, dein Nußberge bei Heiligenstadt u. s. f. zu entfernt vom Stadtgebiete, um ein befriedigendes Stadtbild bieten zu können; um dies zu erreichen, ist die Spinnerin am Kreuze entschieden der günstigere Punkt. Allein ganz anders stellt sich die Sache, wenn wir auch das landschaftliche Moment berücksichtigen. Einmal entschlossen, uns nicht in erster Linie um die Details der Gebäude Wiens, nm die eigentliche Stadtansicht, zu kümmern, lassen wir die Ausfichten auf den unteren Abhängen des Kahlengebirges bei Seite liegen und begeben uus lieber auf die Höhe des Kahlenberges selbst, und ") Im August 1671, ,l,'X» Wicn in dcr Gc^cnwom Kahlenberge ans betrachteten, jedesmal gedachten wir dabei unwillkürlich des Bildes von Niederösterreich, welches Ottokar von Horuek in .^öuig Ottokars Glück und Ende in den Worten giebt: Schaut rings uniher, wohin der Blick sich wendet, Lacht's wie dem Bräutigam die Braut entgegen. Mit hellem Wiesengvim nnd Saatengold, Bon ^'ein und Eaffran gelb nnd blau gestickt, Bon Blmlten süß durchwürzt und edlen: Kraut, Eckweift es in breitgestreckten Thälern hin — Ein voller Blumenstrauß so weit es reicht, Bom Silberband der Donau rings umwunden — > Hebt sich's empor zu Hügeln voller Wein, Wo auf und anf die gold'ne Tranbe hangt Und schwellend reift in Gottes Tonnenglanze; Ter dmitte Wald voll Iagdlust krönt das Ganze. Wien liegt unterm 48« 12' 35" nörol. Breite nud 34" 2' 39" östlicher Länge von Ferro, dort, wo das Alpenland, das böhmisch-mährische Terrassenland, das itarvathenland und die obere Donauebene sich berühren. Es hat nach der letzten Volkszählung vom 31. Dezember 1869 10250 Häuser und eine Civilbevölkernng von 607,514 Seelen und das active Militär mit 24,980 Seelen dazngerechnet eine Gesammtbevölkenmg von 632,494 Seelen. Wir müssen jedoch sogleich hier bemerken, daß sich an das Gememoe-gebiet von Wien eine Anzahl Vororte unmittelbar anreiht, deren Einwohner sich über 200,000 belaufen. Sie sind natürlich in der Bevölke-rnngsziffer der Residenz nicht inbegriffen, jedoch mit dieser im regsten i^ Wicn in der Gcgcinixirt. Verkehr mid auf sic durch ihren Erwerb uud ihr» Bedürfnisse ebenso angewiesen, wie die Bewohner der Residenz theilweise auf die Vororte, so daß die faetisch vereinigte Seelenzahl in und neben Wien sich mit beiläufig 840,000 beziffert. Das Wiener Gebiet ist durch den Hauptarm der Donau und den Linienwall, eine I V2 Klafter hohe Maner mit einen: 2 Klafter breiten Graben, begrenzt. Nur im Süden reicht es mit einem nicht unbedeutendem Häuscreomplex über den Linienwall hinaus. Die Durchfahrten durch den Linienwall werden die Linien genannt. Später soll die Gürte lstrnße als trockene Grenze um das Gebiet Wiens geführt werden. Bis zur Neugestaltung der innern Stadt und aller ihrer Vorstädte zu einer einzigen Großeommune im Jahre 1850 bestand Wien aus der innern Stadt und 34 Vorstädten. Seitdem zerfällt es in !) Bezirke, welche im Gefchäfts- nnd Privatverkehr häufig mit Himveglasfung des Namens blos mit den römischen Ziffern, die ihnen offieiell gegeben sind, bezeichnet werden. Diese Bezirke sind: I. Innere Stadt, II. Leopoldstadt, III. Landstraße, IV. Wiedcn, V. Margarethen, VI. Mariahilf, VII. Nmban, VIII. Iosephstadt, IX. Alsergrund. Die Namen der frühern Vorstädte sind noch heute für ihr Gebiet im Gang, die Vergangenheit kennt nur sie und so setzen wir sie hierher: Leopoldstadt, Iägerzeile, Unter den Weißgärbern, Erdberg, Landstraße und Nennweg, Alte und Neue Wieden, Schaumburger Hof, Hungelbrunn, Laurenzergrund, Matzleinsdorf, Nikolsdorf, Margarethen, Neinprechts-dorf, Hundsthurm, Gmnpendorf, Magdalenagrund, Windmühle, Laim-grube. Mariahilf, Spittclberg, St. Ulrich, Neubau, Schottenfeld, Altlerchenfeld, Iosefstadt, Strozzischer Grund, Alservorstadt, Breitenfeld, Michaelbeurischer Grund, Himmelpfortgrund, Thury, Liechtenthal, Althan, Nossau. Die innere Stadt liegt in der Mitte rings von ihren Vorstädten umgeben. Früher bildete das Glacis die Grenze zwischen der Stadt und den Vorstädten, von der nördlichen Vorstadt Leopoldstadt aber trennte sie der gewöhnlich der Donaukanal genannte Arm der Donau. Er zweigt bei Nußdorf vom Hauptstrom ab, um das Stadtgebiet nach seinem Ein- 1^ Die Haupt- und 9icsidcn,zst.iN Wien. tritt in südöstlicher Richtung zu durchströmen, nimmt bald nach diesem Eintritts ans seinem rechten Ufer den überwölbten Alserbach nnd später auf der Ostseite der Stadt den ans Westen nnd Zuletzt nach einem Gange durch die südwestlichen Vorstädte zu ihm kommenden Fluß Wien ans und vereinigt sich mit dem Hauptarm wieder an der südöstlichen Spitze der zum Prater gehörigen Frendenan. Seitdem durch die Auflassung der Fortifikationen und die Verbauung ihres Ranmes, sowie der Glaeisgründe eine neue Stadt entstanden ist, wird die Grenze der innern Stadt bei ihrer alten Abgrenznng gegen die Leopoldstadt auf den übrigen Seiten dnrch den Wienflus; und die Lastenstraße gezogen, welche in einem weiter gegen die Vorstädte hinans-gerückten Bogen als jener der Hauptverkehrsader der neuen Stadttheile, der prächtigen Ringstraße, um dic Stadt lallst. Wer sich auch nur einigermaßen in Wien nmsieht, wird darin drei der äußern Erscheinung nach verschiedene Theile finden, die alte Stadt, die neue Stadt und die Vorstädte. Bis znm Jahre 1857 war die innere Stadt in Festungsmanern eingeschnürt. Wir kennen bereits von einem frühern Orte her das Alter der Stadt in dieser Gestalt. Das zweifellos schon länger als nicht unbedeutende Ansiedlung bestehende Wien hat Heinrich Iasomirgott im 12. Jahrhundert mit Festungsmauern nmgeben, Leopold VII. und König Ottokar rückten sie im 1^. Jahrhundert weiter hinaus und letzterer hat der Stadt dadurch den Umfang verschafft, welchen sie, nachdem die Mauern seitdem keine wesentliche Erweiterung erfuhren, dnrch nahezu 600 Jahre behalten follte. Die zunehmende Bevölkerung nnd das sich stets reger gestaltende Verkchrsleben ließen den Raun: der innern Stadt immer ungenügender erscheinen. Znletzt war der Zustand nahezu unerträglich geworden. Allerdings wareu seit dem Ende des 17. Iahrhnnderts weitläufige Vorstädte entstanden. Doch in der innern Stadt residirte der Hof und ihm folgten der Adel nnd Reichthum dahin. Alle Behörden waren in sie verlegt worden, der >vunst und Wissenschaft ihre Pflegestätten in ihr ge- i^i Wicu in der Gcgcmvcirt. öffnet, alle Geschäfts- und Enverbszweige, welche um zu blühen auf die Börsen der Reichen augewiesen sind, zog es nach dor Stadt. Wer zu den derart auf die Stadt angewiesenen Stauden gehörte oder überhaupt auch nur in stetem Verkehr mit dem Centruin Wiens bleiben mußte, wollte auch darin wohnen. Und seien wir gerecht! nicht blos; die Mode entschied diesfalls, sondern auch die große Beschwerde, den zwischen der Stadt und den Vorstädten leer gehaltenen Zwischenraum des Glacis in der Hitze, bei kaltem Sturm oder sonst in schlechtem Wetter täglich ein oder mehrmal zu durchschreiten. In dem Maße, als die Wohnungen dadurch stets theurer wurden, wurden auch die Häuser immer höher, denn um mehr Wohnungen zu gewiunen, mußte man, da die Festnngsmauern die Ausdehnung nach den Seiten hinderten, nach oben bauen. Man findet die einzelnen Theile der alten Stadt nach ihrem verschiedenen Alter enger und unregelmäßiger gebaut. Gewiß aber ist, daß die ganze Stadt, eben weil sie alt, fast ausuahmslos euge Gassen uud daß sie weuig größere Plätze besitzt, und diese beiden Eigenschaften, Höhe der Häuser und Enge der Gassen, sind der Grundzug im Charakter der alten innern Stadt. Um eine Großstadt im vollen Sinne des Wortes zu werden, mußten die Festungsmanern beseitigt und der innern Stadt ermöglicht werden, sich zu vergrößern und mit den Vorstädten zusammeuzuwachsen. Ter Raum dazu war durch Niederreißen der Fortisieationen und Auflassuug des Glacis von selbst gegeben. In diesem Sinne ist die Stadtcrweiterung am Ende des Jahres 1857 vom Baiser genehmigt worden. Auf dem Stadterweiterungsrayon aber tritt uns die neue Stadt wesentlich verschieden von der Altstadt entgegen. Um die Ringstraße, als ihre Pulsader, grupvirt sich eine Anzahl von Straften und Gassen mit Monumental- uud Privatbauteu, mit Gärten und Brücken, wie sie in solchor Vereinigung geschmackvoller und zum Theil prächtiger kaum eine andere Stadt aufzuweisen vermag. Weder der Altstadt, noch der neuen Stadt gleichen die Vorstädte. Die räumliche Trenuung von der Stadt brachte es aus den Gründen, 1.'!,1 Die Haupt- und Residenzstadt Wicn, welche wir kurz vorher angedeutet haben, mit sich, daß sie im äußern Ansehen vielfach zurückblieben. Die Wohnungen waren mit wenig Ausnahmen für die ärmeren Massen, für die Geschäftsleute der Vorstädte selbst bestimmt, der Geschäftsbetrieb war ein bescheidener nnd die Vorstädte trugen zumeist den Charakter von Landstädten. Doch weil sie crst in späterer Zeit entstanden sind, war wenigstens für breitere Straßen Sorge getragen. Gegenwärtig ändern sich diese Zustände unglaublich, überall steigen auch in den Vorstädten Neubauten in die Höhe, und nicht bloß die schon lange stattliche Iägerzeile, sondern die meisten Vorstädte besitzen vornehmlich in ihren Hauptstrasien eine Reihe der ansehnlichsten Häuser. Allein im Großen nnd Ganzen ist der Typus der Vorstädte, wie wir ihn skizzirt, nicht geändert und ein mit jenem der Altstadt und der Neustadt gar nicht zu verwechselnder. Nach dieser dreifachen Gliederung wollen wir nun Wiens interessante Bau- uud andere Kunstwerke, Sammlungen uud übrigen Sehenswürdigkeiten näher kennen lernen. Tie alte innere Stadt, 1172 Häuser und 63,901, Einwohner, haben wir als enge bezeichnet. Natürlich herrscht nicht in allen Theilen die gleiche Bewegung und macht sich darnach die nngenügeude Breite der Straßen mehr oder weniger fühlbar. Willst du jedoch mit dem engen Wien bekannt werden, so folge der Menschenmenge, welche von der am südwestlichen Rande der Stadt gelegenen Hofburg über den Michaelerplatz, den Kohlmarkt und Graben auf den Stcfansplatz nud durch die Rotenthurmstraße nach der Leopoldstadt fluthet, oder mache deu Gaug von dein südlichen Theile der Ringstraße durch die Kärnthnerstraße auf den Stcfansplatz, oder von ihrem nordwestlichen durch die Schottengasse nnd von da entweder über die Freiung nnd durch die Herrngassc anf den Michaelerplatz oder über die Freiung nnd den Hof nnd durch die Bognergasse auf den Graben. Eine solche Wanderung trägt dem Fremden, welcher an die Art des 1,^0 Wien in der Gcgcinvart. Gehens und Ausweichens der Wiener nicht gewohnt ist, manche Püffe ein. Doch selbst der Wiener braucht gntc Nerven, damit ihn: nicht die Geduld reißt, wenn er rechts und linlö, vorn und hinten von Fußgängern bedrängt bei einer ausweichenden Wendung plötzlich den sanften Stoß eines Packträgers fühlt, ihm ein Schiebkarren den Weg versperrt und sich kreuzende Wägen ihm über die Füße zu gehen oder ihn sonst zu rädern drohen! Zum Glück hat man ein erhöhtes Trottoir gelegt und dadurch mindestens die letztere Gefahr mit Ausnahme an den Straßenübergängen vermindert, allein zum gemüthlichen Flaniren ist das heutige Wien wahrlich nur wenig geeignet. Auch wir lassen uns vom Menschenstrom fortreißen, denn wir wollen unsere Besichtigung von Wiens Sehenswürdigkeiten mit jener seines bedeutendsten Bauwerkes, der Domkirche zu St. Stefan beginnen und dorthin trägt er uns gerade. Schon im Aeußern entzückt dies herrliche Kunstdenkmal durch den edlen gothischen Styl, in welchem es, mit Ausnahme der dem romanischen Baustyl angehörigen Westfac'ade mit dem Riesenthor und den zwei achteckigen tzeidenthürmcn, erbaut ist, durch seine großartigen Dimensionen überhaupt, insbesondere durch sein colossales mit farbigen Ziegeln gedecktes Dach und vor allem durch seinen wundervollen Hochthurm. Die Hauptdaten des Entstehens der Stefanskirche sind uns bekannt. Der an der Stelle einer ältern Kapelle geführte Bau wurde unter dem Markgrafen und späteren Herzog Heinrich Iasomirgott im Jahre 1147 geweiht. Kunstkenner bezweifeln aber, daß der älteste Theil des Gotteshauses, die Westfa^ade, das Riesenthor und die Heidenthürme aus dieser Zeit stammen, und schreiben sie der 1. Hälfte des 13. Iahrhuuderts oder dcr Epoche unmittelbar nach den großen Feuersbrünsten im Jahre 1258 und 1276 zu. Herzog Albrecht ll. baute den neuen Hauptchor, welcher 1340 geweiht wurde. Doch der eigentliche Erbauer des jetzigen Domes wurde Herzog Rudolf IV., denn er legte 1359 den Grundstein zum Langhause und zum hohen Thurm. Nenzla von Klosternenburg wird als der Schöpfer der Pläne genannt; er führte bis 1404 den Bau des Langhauses bis zu den großen Thürmen und jenen des Hochthurmes bis ^7 i« Dic Haupt- und Residenzstadt Nicn, zur Gallerie und baute die Kapellen nnd die Thore an der Nord- nnd Süds cite. Durch Generationen dauerten die Bauführungen an der Stefans-kirche fort. 1433 wurde der hoho Thurni vollendet, 1446 das Langhaus eiugcwölbt, 1450 der Grundstein zum nördlichen Thurm gelegt, und das Innere der Kirche übertüncht. Die Zeit vou 1407—1510 förderte den Bau des nördlichen Thurmes, welcher unausgebaut erst im Jahre 1562 eine Abschlusibaute erhielt. Im 15. Iahrhuudert wurden uoch 1470 die obere Sacristei und die beiden Seitenchöre neu gebaut, 1474 der mittlere Chor umgebaut, 1490 das Dach vollendet und 1492 die neue Barbarakapelle gebaut. Um 1506 folgten dann die Erbauung der Kanzel, des Orgelfußes, der Vorhallen zum Bischof- und Singerthor nnd wahrscheinlich des einzigen Giebels der Südseite. Größere Ausbesserungen kamen in jedem folgenden Jahrhundert uor. Die bedeutendsten gehören unserer Zeit an: znerst die Nbtraguug uud der Wiederaufbau des Thurmhelmes 1838—1842, und als diese Vauführuug sich nicht bewährt hat, die neuerliche Abtragung 1862 und der 1864 vollendete Wiederaufbau, dann der Aufbau der Giebel auf der Nord- und Südseite von 1853— 1856. Unter den späteren Baumeistern sind die bekanntesten Peter von Prachawitz und Hans von Brachadicz, wovon ersterer den Hochthurm fortbaute, letzterer ihn zur Vollendung brachte, 1445 Hans Puchsbaum, welcher durch seme Collision mit „dem Bösen" bekannt ist, und 1506 Anton Pilgram, endlich in unsern Tagen der Erbauer der unvollendeten Giebel, der 1862 verstorbene Dombaumeister Leopold Ernst, und der gegenwärtige Dombaumeister Oberbaurath Friedrich Schmidt, welcher den jetzigen Thurmhelm des Hochthurmes erbaut hat. Fafseu wir die Außenseite des Domes in's Auge, so fällt uns zuerst der romanische Styl der Westfa('ade auf. Die dortigen Sculpturen entsprechen ihm vollkommen. Der Hauvteingang in die Kirche, das Niesenthor, enthält Vorzügliches in dieser Art. Die beiden in demselben Geiste ausgeführten Hcidenthürme ragen bis zn 35 Klafter auf. Auf der Südseite treffen wir das Singerthor, dann östlicher die Halle des .Hochthurms mit dein Primthor an. Gegenüber liegt auf der Nordseite 138 Wien in dcr Gegenwart. das Adlerthor als Eingang dcr Halle unter den: unausgcbauten Thurm nnd gcgenüber den: Singcrthor das Bischofsthor. Hier an dcr Außcnscitc sind zahlreiche Grabsteiile angebracht, besonders am Chor. Nnr wenigen davon kommt ein Kunstwerth zu, darunter dem Steinrelief „Christi Abschied von den Frauen" an der südöstlichen Seite des Chores nahe dem Primthor, Kapistrans Kanzel ist jetzt auf der nördlichen Außenwand an; Chor aufgestellt. Das bedeutendste Außcnmonnment, das Grab des Meistersängers Nithart Fuchs am Singcrthor ist leider arg verstümmelt. Das Innere von St. Stefan vereint imposante Größe mit vollendeter Schönheit dcr Formen. Es hat drei Schiffe mit eben so viel Chören, wovon der südlich vom Hochaltar gelegene dcr Theklachor, dcr nördliche der Frauenchor heißt und vier Kapellen und zwar die Katha-rinakavclle im Erdgeschoß des Hochthurms, die Barbarakapelle in jenem des Nordthurms, die Thnrna-, jetzt Kreuzkapelle im nördlichen nnd die Herzogen-, jetzt Elygiuskapcllc im südlichen Heidenthurm. 18 frcistchcnoe und eben so viele Wandvfeiler tragen das Nctzgewölbe, 30 große 4thei-lige im Abschluß mit Steinmaßwerk verzierte Fenster erhellen die weiten Hallen. Von den Denkmalen steht obenan das prächtige Grabmal Kaiser Friedrich IV. im Thcklachor. Es wnrde 1-W3 von Mklas Lerch begonnen und 1513 von Meister Michael vollendet und mißt N) Schuh in der Länge und 15 Schuh Breite. Durchaus aus rothen: Marmor hergestellt, besteht es aus dem Sarkophag, auf dessen Deckel die Figur des Kaisers im vollen Kaiserornate liegt und einer ringsum laufenden Gallerie. Mlderwavven umgeben die Figur des Kaisers, andere Wappen zieren die Seiten des Sarges und mau zählt mit den Darstellungen der Balustrade über 240 trefflich und sorgsam ausgearbeitete Figürchen. Gleichfalls im Theklachor erhält eine zu Füßen des Sarkophages Friedrich I V. in das Kirchenpflaster eingelassene Steintafel mit Inschrift das Andenken des 1408 hingerichteten Bürgermeisters Vorlauf und seiner bcidcn Todesgenossen Ramperödorfer und Rock. Das Grabmonument im Frauenchor mit cincr auf dem Sargdeckel iW 18" Dic Haupt- und NcsidcuMdt Wicn, ruhenden männlichen nnd Frauen-Gestalt in Lebensgröße nnd im Fürsten-gewande gilt in der Regel als das Grab Rudolfs des Stifters und seiner Geinahlin. Diese Annahme ist irrig. Rudolph IV. liegt allerdings in St. Stefan, allein nicht hier. Der Sarkophag war vielmehr für den Erbauer des Chors, Herzog Albrecht den Weisen bestimmt nnd darnach die Inschrift verfaßt. Doch als sich derselbe aus den Wunsch seiner Gemahlin in der von ihnen gestifteten Karthanse zn Gamming seine ' Ruhestätte gewählt hatte, blieb unser Grabmal in St. Stefan leer. Die beiden Gestalten, welche nicht ohne Kunstwerth sind, haben leider durch Verstümmelung arg gelitten. Nicht wegen seines Kunstwerthes, sondern wegen des Mannes, dem es gewidmet ist, sei des Monumentes des vielleicht größten Staatsmannes und sicher größten Feldherrn Oesterreichs, des Prinzen Eugen von Sa-voyen in der Kreuzkapelle Erwähnung gethan. Das Grab des Erzbischofs Grafen Kollonits schmückt seine Büste von R. Donner. Unter den übrigen Kunstwerken der Kathedrale nimmt weit aus den ersten Rang die Kanzel ein. Sie mißt 2? Fnß 6 Zoll vom Kanzelfuß bis zur Spitze des die Bedachung bildenden Thürmchens und ist mit Ausnahme dieses aus Holz geschnitzten Thürmchens ganz aus Sandstein gearbeitet. Die höchste Anmuth der Composition und größte Feinheit der Ausführuug zeichnen sie aus. Von zn unterst bis zu oberst reich mit Bogeu, Pfeilern, Figürchen und dem sinnigsten uud geschmackvollsten Zierwerk ausgestattet, enthält sie noch aus vier Vertiefungen der Brüstung herausblickende höchst ausdrucksvolle Brustbilder der vier Kirchenlehrer in Lebensgröße uud unter der Kanzeltreppe das lebensvolle Brustbild des Erbaners, des Meisters Anton Pilgram. Nebstdem verdient das aus dem 15. Jahrhundert herstammende marmorne Taufbecken mit den Statuen der Apostel an der Anßenseite und den sitzenden Gestalten der Evangelisten am Fußgestelle von Sandstein uno verdieueu die vortrefflich geschnitzten gleichfalls dein 15. Jahrhundert angehörigen Chorstühle und der schöne Orgelfusi eingehende Würdigung. 140 Wicn in dcr Gc^cuwart. Aus einer frühern Zeit rühren auch zwei Eiborieilaltäre von Stein in den Seitenschiffen und drei gothische Lichthäuschen her. Interessant ist ferner die große Orgel mit 32 Registern von G. Nen-hauser aus dem Jahre 1720. Sic befindet sich anf dem alten Musik-chor über dem Riesenthor. Als Kunstwerke der neilesten Zeit dagegen nennen wir einen gothischen Flügelaltar, welcher für die Barbarakapelle gearbeitet war, und das große Frcskobilo von Johann Endcr, die Geheimnisse der Erlösung, in der Kreuzkapelle. Die Ersteigung des Hochthurmes, bis zur Wohnung des Fcuer-wächters, 553 Stufen, lohnt durch eine vollständige Uebersicht aus der Vogelschau über Wien und durch eineil anregenden Blick anf seine Umgebung. Der Steinsitz des tapfern Vertheidigers von Wien bei der zweiten Türkenbelagerung, Grafen Starhemberg, wird das Interesse des Gefchichtsfreundes erwecken nnd anch die große Glocke, die Pummerinn, hat, weil sie aus eroberten türkischen Kanonen gegossen ist, darauf einiges Anrecht. In der Stefanskirche sind mehrere Regenten Oesterreichs: Rudolf der Stifter -s 1365, Albrecht III. ^ 1395, Albrecht IV. -j- 1404, Herzog Wilhelm -j- 1406, Leopold der Stolze ^ 1411 und Albrecht VI. 1' 1 l63 und im Ganzen 17 Mitglieder der regierenden Familie begraben. Jetzt werden nur mehr die Eingeweide der Mitglieder des Kaiferhauses dahin übertragen. Leider ist die allgemeine Gruft, die Katakomben, gefperrt, welche sich in zahlreichen Verästunaen und Gangen weit ubcr die Kirche hinaus unterhalb des ganzen Stephansplatzes als eine unterirdische Todtenstadt hinzieht. Verläßlicher als alles andere sprechen Zahlen die Großartigkeit des Stefansdomcs aus. Er ist 342 Fuß lang; die Breite zwischen den beiden großen Thürmen beträgt 222 Fuß. Das Mittelschiff ist 33'/. Schuh, die Seitenschiffe sind je 28 Fuß breit. Das Schiff ist 86 Fuß hoch, das vordere Dach 105 Fuß, das hintere 67 Fuß; die Hcidenthürme haben eine Höhe von 202 Fuß, der ausgebaute Thurm aber ragt bis zur Höhe von 436 Fuß 5 Zoll auf. Das nach der Kathedrale von St. Stefan bedeutendste, ja einzig 141 Tic Haupt- und Ncsidclizstadt Wicn. bedeutende Werk altdelltschen Styls, welches Wien besitzt, die Kirche Maria am Gestade, gewöhnlich Maria Stiegen genannt, treffen wir dort an, wo sich die Stadt steil gegen Norden hinab zum Salzgries senkt, dcssen Naum einst die Donan einnahm. Sie steht an der Stelle der uralten, schon im 12. Jahrhundert genannten Marienkapelle. Der Chor ist in der Mitte des 14. Jahrhunderts, das Schiff etwa 50 Jahre später gebaut, und aus dieser Zeit stammt anch der Thurm. Chor und Langhaus sind einschiffig. Tic Kirche ist 216 Fns; lang, aber für ihre Länge 5U schmal, denn bei einer Höhe von 72 Fuß hat der Chor eine Breite von blos; 36 Fnf; und das Schiff bei der Höhe von 60 Fuß sammt den Kapellenbauten eine Breite von gleichfalls 60 Fnß. Doch macht der Ball einen weihevollen Cindrnck dnrch seine Spitzbögen mit reichgegliederten Nippen und hohen Pfeilern, mit den Baldachinen lind Statuen darunter, und dnrch die breiten nnd fchlanken Fenster, wozu noch im Chor ans dem 14. Jahrhundert herrührende farbenprächtige Glasmalereien kommen. In wahrhaft überraschender Schönheit steigt der siebeneckige Thurm mit seiller durchbrochenen Steinknppel voll spätgothischen Maßwerks als Thurmbekrönung znr .höhe von 30 Klaftern auf, nnd auch die Westfa^ade mit dem Hauptportale uud das Portale der Südseite des Langhauses zieren den Van ungemein, die Westfa^ begonnen und 1631 vollendet, aber erst im Itt. Jahrhundert reich ausgestattet worden. Sie ist von Monger Grundform und einschiffig und hat ein auf 10 Marmorsäulen ruhendes Kuppclgewölbe und beiderseits Kapellenanbauten. Mag mall die Ueberladung mit zopfigen Ornamenten und Säulcngliederungen tadeln, so läßt sich doch nicht in Abrede stellen, das; das Innere durch das weite Gewölbe und durch den mit Geschick vertheilten Reichthum an Marmor und Gold, sowie durch die Freskogemälde der Decke, ein Werk des Jesuiten Pozzo, einen großen, nicht etwa nur blendenden Eindruck erzielt. Die von Karl VI. durch I. B. Fischer von Erlach den Vater zu Anfang des 18. Jahrhunderts auf dem Platze der unter Wiens älteste Kirchen gerechneten Kirche gleichen Namens erbaute Peterskirche besteht nach ihrem Vorbilde, der Pctcrskirchc in Rom, in einem Zentralbau von ovaler Grundform mit hoher Kuppel und Laterne. Auch sie ist 144 Wicn in dcr Geczcnwart. innen rcich ausgestattet, ohne jedoch an Geschmack hierin der Nlnversitäts-kirche gleich zu koinmen. Wiens ältester Geschichtschreiber, I>i. Wolfgang Laz, Lazius, hat in ihr sein Grabmal. Verschieden vom Innern der beiden znlctzt genannten Kirchen erscheint jenes der großen Kirche des Stiftes Schotten einfach. Heinrich Jasomirgott übergab, wie wir wissen, das von ihm gegründete Kloster im Jahre 1155 den schottischen Mönchen, später unter Herzog Albrecht V. übernahmen es deutsche Benediktiner. Die jetzige Kirche stammt aus dem 17. Jahrhundert. Sie ist einschiffig mit Kapellenanbauten zu beiden Seiten. Auf den breiten Pfeilern zwischen denselben und neben dem Haupteingange sind Monumente von Mitgliedern alter Adelsgeschlechtcr: Nindischgrätz, Rosenberg, Metsch, Khevenhüller und darunter auch jenes des Vertheidigers von Wien im Jahre 1683, des Feldmarschalls Grafen Guidobald Starhemberg -^ 1701 angebracht. Der Stifter selbst rnht mit seinen zwei Gemahlinnen in einer Gruft der Kirche. Außerdem wurden noch zahlreiche Grabsteine in den Kreuzgang des anstoßenden Schottenklosters übertragen, unter denen sich derjenige der Vertha von Rosenberg befindet, welche als die Weisie Frau ihres Hauses fortlebt. Die Dominikanerkirche, in der heutigen Gestalt im 17. Jahrhundert erbaut, leidet im Innern sowie in ihrer großen dem Dominikanerplatz zugekehrten Facade an Ueberladung. Claudia Felieitas, des Kaisers Leopold I. schöne und lebensfrohe zweite Gemahlin, liegt in ihr begraben. Die größte Merkwürdigkeit der Kapuziuerkirche besteht in der kaiserlichen Familiengruft. Die Stiftung von Kirche und Gruft vollzog Kaiser Mathias, doch erst Ferdinaud II. legte den Grundstein dazu. In der ursprünglichen Gruft und ihren Zubauten sind bei 100 Mitglieder des Kaiserhauses beigesetzt. In der alten Gruft, einem langen und engen Gewölbe, stehen zu beiden Seiten hinter hohen Eisengittern, welche nur einen schmalen Gang zwischen ihnen frei lassen, die Särge mit den Leichen von Kaiser Mathias bis Kaiser Karl VI. In der neuen von Maria Theresia gebauten erhebt sich das Mausoleum Maria Theresia's und ihres Gemahls. Seit Kaiser Josef II. werden die Särge einfach 145 19 Die Haupt- und Ncsidcuzstadt Nicu, aus Kupfer mit einem Kreuz und einer iIuschrifttafel hergestellt, bloß die irdischen Reste Kaiser Franz I. umfasit ein Marmorsarkophag. Die alte innere Stadt Wien besitzt noch mehrere Kirchen und Kapellen von minderer Bedeutung als die aufgezählten. Fast in allen Gotteshäusern der Stadt wird derjenige, der sich dafür interessirt, recht , schätzenswerthe Altarbilder und Fresken finden. Dafür bürgen die Namen, welchen wir immer wieder begegnen, von den ältern Malern Bock, Nothmayer, Altomonte, Troger, Kremser Schmitt, Sandrart, Maulbertsch, Unterberger, Gran, Pozzo u. s. w. und von den Malern der Gegenwart Kupelwicser, Blaas, Führich, Dobiaschowsky 2c. Wir wüßten jedoch daruuter keine unvergänglichen Meisterwerke des Pinsels herauszuheben und glaubten deshalb bei den: geringen uus zugemessenen Raume bei Besprechung der Kirchen die einzelnen Altarbilder nicht eigens anführen, sondern uns auf die vorangehende Andeutung beschränken zu sollen. Von den Gotteshäusern der uicht katholischen Confessionen ragt Zunächst die Kirche der nicht unirten Griechen auf dem Fleischmarkt, die Pfarrkirche Zur heil. Dreifaltigkeit durch Pracht und Geschmack hervor. Die Umwandlung der alten unscheinbaren Kirche in die heutige Gestalt vollführte Hansen in den Jahren 1856—58. Der Bail ist in der Facade und im Thurm in ihrer Mitte im byzantinischen Styl gehalten, ein Rohbau von rothen und gelben Ziegeln, Thür- uud Fenstergewände, so wie die Säulen von Sandstein, sämmtliche Gesimse und Ornamente aus gebranntem Thon, letztere vergoldet auf roth und blau glasirtem Gruud, Die Bilder im mittlern Theile der Fac-ade mahlte Nahl auf Goldgrund uud auf Kupferplatten. In das Innere der Kirche führt ein Vestibule, welches von Säulen getragen wird und das gleichfalls auf Goldgrund allsgeführte Bilder und verschiedenfarbiger Marmor als Bekleidung der Wände schmücken. Nicht minder luxuriös und mit trefflichen Fresken geziert zeigt sich dann das Innere. Das Bethaus der evangelischen Gemeinde helvetischer Confession spricht durch edle Einfachheit an, jenes der Protestanten ist die umgestaltete Kirche des einstigen Klosters der Klarisferinen. Die Synagoge 140 Wicn in der Gegenwart. der Israelite:? in der Seitenstetter Gasse beurkundet ebenso Reichthum als Geschmack in der Ausstattung. Alis den Profangebäudcn wenden wir unsere Aufmerksamkeit zuerst der Burg zu, ebenso wegen ihrer Bestimmung als Sitz des Herrscherhauses als wegen ihres Alters. Wien besitzt kein Bauwerk, das älter ist als Theile der Burg und die Westfa<>7 eingeweihte Säule zu Ehren der unbefleckten (5mpfängniß Maria's kann die Bezeichnung als Kunstwerk kaum beanspruchen, gelungener sind die Brunnen mit, den Figurengruppen, Vaterlandsliebe und Landbau. Von I. M. Fischer gearbeitet sind sie 1812 aufgestellt worden. 1<)2 Wicn in dcr Gcgcn^art. Ein ähnliches Verhältniß waltet beim Graben ob. Auch die Drei-faltigteitssäule, welche K. Leopold I. in Folge eines durch das Wüthen der Pest in Wien im Jahre 1679 veranlaßten Gelübdes in den Jahren 1687—93 mitten auf dein Graben erbauen ließ, bringt trotz einiger hübscher Details und der Betheiligung Fischers von Erlach an ihr keinen günstigen Gesammtcinlruck hervor. Und auch hier sind die Brunnen an den beiden Enden mit I. M. Fischers Statuen des heiligen Leopolds und Josefs aus dem Jahre 1804 hübsch zu nennen. Eine andere beachteuswerthe Brunnenfigur I. M. Fischers, einen Moses, treffen wir auf den: Franziskanerplatze an. In Mitte des Hohen Marktes baut sich aus Marmor eine von korinthischen Säulen getragene Tempelhalle auf, worunter Statuen die Vermählung Marias mit dem h.iligen Josef darstellen. Dicht am eigentlichen Monumente sind zwei Springbrunnen mit Marmorbecken angebracht. Der besonders schöne Tempel ist ein Werk Fischers von Erlach, die Figuren sind eine Arbeit des Venetianers Corradini. Das Monument kau: 173^ zu Stande. Ein vorzügliches Kunstwert der neuen Zeit, den Bruuuen auf der Freiung, verdankt die Bevölkerung der Commune. Er wurde von Ludwig von Schwanthaler geschaffen lind 1^4!> eröffnet. Aus einem Granitbecken ragt ein Bafaltfets auf, aus welchem in vier Strahlen das helle Wasser sprudelt. Aus dieser felsigen Unterlage steigt eine Steinsäule empor. Die Erzgestalten der vier großen Flüsse Donau, Weichsel, Elbe und Po gruppireu sich um sie, sie selbst ciber verbreitert sicb in onmmentaler Eichenverzierung und auf ihr thront nun eine herrliche aufrechtstehende Allstria aus Erz im Kaisermantel, mit Schild uud Speer. Allein deu Preis möchten wir aus den Brunnenmonumenten doch jenem Rafael Donner's auf dem Neuen Markt zuerkennen. Ist schon das große Wasserbecken höchst geschmackvoll so gebührt unsere vollste Bewunderung den Figuren. Am Rande des Bassins rnhen die vier Flüsse des Crzherzogthums Oesterreich, die Traun, Enns, Ips und March, dargestellt durch zwei männliche lind zwei weibliche Gestalten. Sie gießen 21 ^ Die Haupte und Residenzstadt Wicn. aus Urnen nnd Milschetn Wasser in dao Becken, in dessen Mitte aus einem runden Fußgestell von Marmor die Statue der Vorsehung sitzt, umgeben von Genien, welche wasserspeiende Fische tragen. Die Figuren von Blcicomposition litten seit der Zeit ihrer Aufstellung im I. 1739 erheblich durch den Zahn der Zeit und die Eomuualvertretung unserer Tage hat sich kein geringes Verdienst dadurch erworben, das; sie den Umguß derselben in dauerhaftes Metall beschlossen und dadurch Sorge getragen hat, daß auch noch für spätere (Generationen die Schöpfung des genialen Donner erhalten bleibt. Ein neues kleines Denkmal, der Brunnen auf der Brandstätte mit dem zierlichen Gänsemädchen aus Broncc von Wagner, wurde 1865 errichtet. Nicht auf einem öffentlichen Platze, sondern im Hofe des Palais des Fürsten Montenuovo in der Strauchgasse ist die große Reiterstatue des heiligen Georgs mit dem Drachen von Fernkorn aufgestellt; die gelungene Behandlung der Figuren aber uud die darin herrschende Bewegnng reiht sie unter die besten Monumente Wiens. Obgleich keine Schöpfung der Kunst, ist doch der Stock im Eisen als ein Wahrzeichen Wiens nicht weniger allgemein bekannt als eines der großen Denkmale der Stadt. Am Eckhausc zwischen dem Stock im Eiseuplatz und der Kä'rnthnerstraße steht er als ein durch einen eisernen Reif und ein Schloß mit der Iahrzahl 1575 festgehaltenes Stück Baumstamm und ist dermaßen mit Nägeln bedeckt, daß kaun: noch für einen einzigen dazwischen ein Platz zu sein scheint. Man hält ihn für einen geheiligten Baum. Wir haben die Brunnengruppe im Rathhause und die interessantesten Monnmente in den Kirchen bereits an anderem Orte hervorgehoben und fo bleiben uns nur mehr die im Umkreise der Hofburg befindlichen öffentlichen Denkmale zu besprecheu. Das Monument Baiser Josef II. auf dem Iosefsvlatze von Franz Zauner wurde 1807 vollendet. Ein Granitsockel, welcher seinerseits wieder auf Stufen von Granit liegt, trägt die Reitcrstatuc des Kaisers. Er ist in römischer Kleidung dargestellt uud hebt, während er mit der 1>> ^c^ wtii^. Auch die an den Ecken stehenden Pilaster von (Granit enthalten in Medaillons von Metall Basreliefs, welche sich auf das Wirken des Baisers beziehen. Das herrliche Monument macht in Verbindung mit den Prachtbauten, welche den Iosefsplatz auf allen Seitm einschließen, diesen Platz zum interessantesten der Stadt. Auf dem innern Burgplatz, dem Franzmsplatz, finden wir das große 1>4^ enthüllte Monument des Kaisers Franz von Pompeo Mar-chesi. beider ragt es mehr durch Größe als durch Schönheit hevvor. Der Kaiser steht 1t, Fuß hoch in antiker Gewandung auf einem Sockel über einer ^eckigen Säule, welche aus einem breiten Granitblock aufsteigt. Dieser endigt an den Ecken in vorspringenden Würfeln, auf welchen vier 10 Fuß hohe sitzende Figuren die Religion, Stärke, Gerechtigkeit und den Frieden versinnbilden. Unter dem erwähnten Granitpiedestal liegt ein breiteres Piedestal. Die Säule und das Piedestal tragen Basreliefs und Vroneeverzierungen. Vorn am Granitblock erblickt man die Worte aus dem Testamente des Kaisers: ^inm-6m in^im ^ojnili!-. Wir sind nun bei dem äußern Vurgplatz angelangt. Wir besprachen sein Entstehen unter Kaiser Franz l. anderwärts. Den: Platze kam auch die im Jahre 1857 beschlossene Auflassung der Festungomauern zu gute. Er erhielt anstatt dieser ein elegantes Gitter auf steinernem Unterbau als seine Begrenzung gegen Süden und die Ringstraße, welches auch weiter gegen die letztere über die alte Linie der Mauern hinausgerückt wurde, uud ein ähnliches Gitter setzt sich jetzt als seinc Einfasfung gegen den Volks- und Kaisergarten fort. Auf der Seite des Volksgartens wurde dao vou Fernkorn modcllirte und gegossene Monument des Erzherzogs Karl im Jahre I860 enthüllt. 25 Fuß hoch auf eben so hohem Sockel von Granit zeigt es den auf aufsteigendem Pferde sitzenden Feldherrn in dem Augen- 165 Tic Hmipt mid ^ilsidcnzstadt Vicn. blick, als er die Fahne in der Hand in der Schlacht von Aspern die Truppen persönlich gegen den Feind führt. Gegenüber diesen: ausgezeichneten Denkmale wurde 1865 anf der Seite des Kaisergartens das gleichfalls von Fernkorn entworfene und gegossene Monument des Prinzen Eugen von Savoyen aufgestellt. Auch hier finden wir den Helden zu Pferde und zwar auf einem sich bäumenden, von vorn gesehen fast zu kräftigen Streitrosse. Den Marmorsockel zieren noch reichere Ornamente als jenen des Monuments des Erzherzogs. Obgleich der ^aisergarten für die kaiserliche Familie bestimmt ist, wird doch der Besuch, besonders in den Frühstunden, gestattet und er lohnt sich auch. Denn die Anlage ist reizend. Im großen Gewächshaus, einen Meisterbau Ludwigs von Renui, überrascht zumeist der die Mitte einnehmende und durch 8 korinthische Säulen gestützte Blumensaal. Im Garten steht eine Reiter-Statue Franz I., des Gemahlen der K. Maria Theresia. Der Volksgarten ist unmittelbar für das Publieum bestimmt und eine Wohlthat für die zwischen den hohen Mauern eingeengte StadtbeMkerung. Bei der Stadterweiterung wurde auch er erweitert und um eine elegante neue Gartenanlage bereichert. Der Theseustempel in ihn: ist nach dem Muster des antiken Theseustcmvels in Athen von Nobile erbaut worden. Er ist 70 F. lang und ^> F. breit und wird über einer Anzahl Stufen ringsum oon einem von .",^ dorischen Sänlen getragenen Gang umgeben. Im Innern erhebt sich aus einem Piedestal von Granit das andere Meisterwerk Canovas in Wien, die große Marmorgruppe, Theseus besiegt den Minotaurus. Es hat mit dem Picdestal eine Höhe von 18 Fuß und ist 1^ Fuß breit. Das nahe .^affehauo dieut an den Sommerabenden der schönen Welt Wiens zum Il^v^nwart. uns in ihre Vlerkwürdigkeiten vertiefen, müssen wir jedoch uin Mißverständnisse hintanzuhalten eine Benlcrtung vorailsschicken. ^iur ihres ganz verschiedeuen Charakters halber haben wir die frühere innere Stadt und das Stadterweiterung? gebiet von einander getrennt. Thatsächlich gehören fast alle durch die Stadterweiterung gewonnenen Reubauten zur innern Stadt, weil sie zwischen der alten Stadt und der Lastenstraße liegen, welche, wie schon bemerkt wurde, die Grenze zwischen der inneren Stadt und den Vorstädten bildet. Wir wollen znr Besichtigung der neuen Stadt uns vor dem Burgthore links wenden, dann auf der Ringstraße bis an den Donaukanal fortgehen und uachdem wir nach Ueberschrcitung des Franz-Iofefs-Hinii« die Ringstraße auf der Westseite der Stadt wieder erreicht haben, auf ihr bis zum Burgthor wandern, auf diefem Rundgang aber bei jeder Abtheilung, bei jeden: Ring, auch zugleich alles Interessanten erwähnen, das rechts uud links von ihr in der neuen Stadt anzutreffen ist. Doch können wir bloß dem Allerbedeutendsten, vornehmlich an Privatbauten, eine eingehendere Aufmerksamkeit zuweuden, selbst das sehr Bedeutende blos flüchtig berühren. Denn bis zu eiuem gewiffeu Grade sind alle neuen Bauten Wiens beachtenswert!)! Dies neue Wien ist eine Stadt von Pallästcn! Die hohen Preise der Baugründe gestatteten es nur den Reichen sich hier anzusiedeln. Sie schreckten vor schönen kostspieligen Ballführungen nicht zurück. Doch sollte fast au5-namolos der theure, Bauplatz auch fruchtbringend gemacht werden und man baute deshalb hohe Häuser. Die Häuser zählen darum durchgehends 3 bis 4 und mit ihren hohen Halbstocken thatsächlich 4 bis 5 Stockwerke. Viele dieser neu entstandenen Gebäude würden einer Erwähnung werth sein. Das gestattet uns der Raun: nicht und wir werden, wie gesagt, deshalb blos das Bedeutendste hervorheben. Die genialste Schöpfuug in: neuen Wien bleibt die Ringstraße selbst; wenig Kroßstädte können ihr etwas Aehnliches an die Seite sehen. Sie umgiebt die alte Stadt auf drei Seiten, auf der Nordfeite, wo die Donau nahe den Häuseru der Stadt fließt, ist ihr nordöstliches und i«? Die Haupt- und Residenzstadt Wien, ihr nordwestliches Ende durch den Franz Iofefs-Quai verbunden, welcher auf dieser Strecke gleichsam ihre Rolle übernimmt. Ihre Lange beträgt 2300 Klafter, ihre Breite 30 Klafter. Die Fahrbahn nimmt die Mitte ein, sie ist 50 Fuß breit, au ihrem Rande läuft beiderseits die Pferdebahn. An die Fahrbahn schließen sich zunächst die Alleen zum Gehen und Reiten an, stellenweise auf der einen Seite zwei Gehalleen und auf der anderen eine Geh- und eine Reitallee, auf anderen Strecken zwei Gehalleen einerseits und die Reitallee andererseits, hie und da jedoch die Gehallee auf einer und die Reitallee auf der zweiten Seite, immer aber die Reitallce auf derselben und zwar uach unserer Richtung rechts. Auf diese Alleen folgt eine Straße als Zufahrt zu den Häusern und auf sie das breite Trottoir vor deu letzteren. Je nach der Eiutheilung in Alleen ist dann die Ringstraße mit 4 bis 6 Baumreihen bepflanzt. Es gewährt ein abwechslungsvolles Bild, die breite schöne Straße mit dem Gewühl der Fußgänger und Equipagen bei Tag zu sehen; aber wenn Abends die 4 bis 0 fache Reihe der Gaslaternen flammt, wird es zum feenhaften, besonders wenn man es von einein Standpunkte betrachtet, wo die Strafte eine Wendung macht und der Blick sie nun weit hin nach beiden Seiten verfolgen kann. Beim Allstritt aus dein Burgthor liegt uns ein großer unverdauter Raum gegenüber, an dessen Ende sich die kais. Stallungen erheben. Er ist für deu Neuball der Museeu.bestimmt. Sobald wir unsere vorhabende Weildung uach liuks vollzogen haben, begleitet uns links das Gitter des äußern Burgplatzes uud des Kaisergartens, rechto zieht sich die Babenbergerftraße sanft in südwestlicher Richtung zur Vorstadt Mariahilf hinan. Wir befinden uns auf dem Burgring. Mit dem Ende des Kaisergartens beginnt der Opernring, er reicht bis dorthin, wo die Verlängerung der Kärnthnerstraße die Ringstraße schneidet. In diesem Theile erfreut uns sogleich durch edle Verhältnisse das erste Haus gegenüber der Ecke des Kaisergartens, welches dem Banquier Baroll Schey gehört. Auf dasselbe folgt in der sich zwischen ihm und 168 Wicn ill dcr Gegcuwart. dor Ecke des Kaifergartens ^'0N der Ringstraße nach lints abzweigenden Albrechtsstraße das neue Palais des Erzherzoge Albrecht, ein großer Ban mit Mansardendächern an den Ecken und anf den Risaliten des Mittel-tractes. Wie wir bereits ivisfen, steht es nnt dem älteren Palais des Erzherzogs anf der Bastei in Verbindung. Auf derselben linken Seite der Ringstraße möge noch das Eckhaus in die Operngasse, dein Vrauereibefitzer Dreher gehörig, wegen seiner drei Kelleretagen erwähnt werden, in deren oberster sich die bekannte Treher'sche Bierhalle, in den nnteren aber die ^ager der Branerei befinden, so wie das in der Operngasfe gelegene, dnrch seine einfache aber geschmackvolle Faeade beachtenswerthe Mayer von Melnhofsche Hans. Auf der rechten nördlichen Seite der Ringstraße am Bnrg- und Opernring greifen die Neubanten in Qner- nnd Parallelstraßen weit ails. DaS eminenteste Gebände, der Heinrichshof, ein Riesenbau von Theophil Hansen, steht nach allen Seiten frei nnd breitet seine Vorderfronte anf dem Opernplatze gegenüber den: nenen Opernhaufe aus. Es wurde 1861—6N gebaut. Der mittlere Theil springt vor nnd ist um ein Stockwerk höher als die Seitentrakte, diese haben dafür über den Risaliten an den Ecken bis znr .Höhe des Mitteltrakts aufsteigende Geschosse. Das ganze Gebäude ist ein Rohziegel- und theilweise Steinban und vielfach mit Terracotta-Ornamenten, im obersten Stocke aber mit Freseen von Karl Rahl's Meisterhand ansgestattet. Ans den Seitengaffen heben wir das Haus des Oewerken Fifcher von Ankern in der Elifabethstrasie mit seinen durch die Last des schweren Banes sichtbar gebengten Karyatiden nnd das schöne Haus des Freiherrn von Wehli an der Ecke zwischen der Elifabethstraße und Operngasse hervor. Das großartigste Profanbanwerk der Stadterw^iternng, das neue Opernhaus, gehört noch dem Opernring an. Mch allen Seiten frei, nimmt es den Raum ein zwischen der hier znm Opernplatz sich gestaltenden Ringstraße, der OpernaM, dem Ende der Angustinergasse am alten KärnthnerthortlMter nnd der verlängerten ziärnthnerstraße. Es mag wahr sein, daß die Aufgabe ein so großes rings freist hendes 10!) Dic .Haupt und Residenzstadt Wi^n, Theater durchaus als Monumentalbau herzustellen cine höchst schwierige ist, beim Opernhaus ist sie jedenfalls nicht glücklich gelöst worden. Das Haus ist in: neufranzösischen Renaissancestyl als reich geschmückter Quaderbau solid bis Zur Verschwendung selbst in den kleinen Ornamenten gebaut worden, hat Millionen gekostet und man nimmt von ihm den Eindruck des Kostbaren und Kolossalen, nicht aber jenen des Schönen mit. Nicht jeder hie nnd da über den Bail laut werdende Tadel ist berechtigt, ein Hauptfehler jedoch unbestreitbar: der Abgang eines hinreichenden Unterbaues, in Folge dessen das Riesengebäude sich nicht g^nug erhebt und in den Erdboden zu sinken scheint. Die Hauptfcwade ist gegen den Opernplatz gestellt. Ueber der-Zufahrtshalle treffen wir die Bogenhalle, Loggia, mit Fresken von Schwind an, hinter ihr ragt mit allem seinem Schmuck der hohe Mittelbau auf, welcher sich die ganze Länge entlang hinzieht, beiderseits von einem niedrigeren Tracte begleitet. Diese Tracte springen zweimal zu Flügel-tracten vor nud auch die rückwärtige Facade tritt in der Mitte vor. Arcaden laufen in den Seitentraeten ebenerdig durchaus hin und werden dort doppelt, wo die seitlichen Vorsprünge angebracht sind; nur von der vorderen Ecke der Seitcnflügel bis Zum ersten Flügelbau erfreuen anstatt ihrer hübsche Gartenanlagen das Auge. Steingeländer umfangen, monumentale Brunnen beleben dieselben. Im Innern herrscht Pracht und Geschmack. Manches ist von überraschender Schönheit, so die Foyers, die herrliche Stiegenhalle mit der Hauptsticge, die Stiegen zur Kaiserloge nnd zn jener der Erzherzoge. Der Bühnenraum ist sehr groß, dem Zuschauerraum gebührt im hohen Masie die Bezeichnung pompös und geschmackvoll. Letzterer fasit ^000 Menschen und darnach wird unser Theater in dieser Hinsicht nur von S. Carlo in Neapel und der Scala in Mailand übertroffen. Die Vor-richtungen für die Beleuchtung und Ventilation lassen nichts zu wünschen übrig. Ebenso sind die Sperrsitze und Logen bequem, letztere bis zur Naumvergeudung. Man übersieht über der Pracht gerne die gedrückten Logen und 170 Wicn in dcr Gegenwart. die hohen Spitzbogen des 4. Stockes, Genug! alles in allen: ist das Opernhaus höchst interessant trotz seiner Fehler! Ein eigenes Geschick fügte es, daß die beiden Erbaner Sieeards-bnrg und van der Null, welch letzterem zumeist das Verdienst der Ausschmückung zukommt, kurz vor der Vollendung im Jahre 1869 ihres 1861 begonnenen Werkes im kräftigen Mannesalter 1868 starben. Nebst ihnen haben noch so manche Künstler zum Glanz des Hauses wesentlich beigetragen, so Architekt Storck, der Nachfolger van der Nulls, die Maler Schwind, Rahl, Engerth, Laufberger, die Bildhauer Hähnel, Bauer, Melnitzkn, Hans und Josef Gasser, Schindler, Radnitzky und andere. Unser Gang führt uns zunächst über den jenseits der verlängerten Kärnthnerstraße beginnenden Kärnthnerring. Noch bevor wir diesen betreten erblicken wir in der verlängerten Kärnthnerstraße als das erste Haus rechts zunächst der alten Kärnthnerstraße das Palais des Baron Todesco. Es leidet am Hauptfehler seines vi^ n vi^, des Opernhauses; auch sein Unterbau steht mit seinein Oberbau nicht im Verhältniß und es wird dadurch gedrückt. Dafür ist es im Inneren reich allsgestattet und zieren seinen Speifesaal Frcskodarstellungen aus den: trojanischen Krieg von Rahl. Am Ende der uerlängerteu Kärnthnerstraße gegen die Wieden aber wollen wir noch vor der Fortfetzung unserer Wanderung die Elisabethbrücke, eine 1K50—54 von Förster erbaute breite Steinbrücke über die Wien in Augenschein nehmen. Die 8 Marmorstatuen auf ihr stellen dar die Herzoge Heinrich Iasomirgott, Leopold den Glorreichen, Rudolf den Stifter, die Vertheidiger Wiens gegen die Türken Salm nnd Starhem-bcrg, den Baumeister Fischer von Erlach, den Bischof Kollonies und den gelehrten Staatsmann Sonnenfels. Der Kärnthnerring reicht bis dorthin wo die Ringstraße vor dem Schwarzenbergplatze von der südöstlichen in die nordöstliche Richtung einlenkt. In diesem Theile der Ringstraße fesselt nnsere Aufmerksamkeit zunächst das auf ihrer linken Seite stehende im Jahre 1861 vom Architekten Tietz in großein Maßstabe und mit besten: Geschmack als Zinshaus erbaute und später sür seine neue Bestimmung adaptirte <^m>nlpt und ^icsivcuzstadt Wic:i. IMvi. Auf der rechteil Seite füllt das Palais des Herzogs Philipp von Württemberg auf. In den Seitenstraßen überraschen llns einige der gelungensten Bauwerke. Wir rechnen nicht dazu die Handelsakademie, allerdings aber ihre Nachbarn, da5 Künstlerhaus und das neue Musikvereinsgebände. Als ein wahres Bijou steht in Mitte von Gartenanlagen das kleine, doch in der gelungesten Weise von Weber im Styl der italienischen Renaissanee gebaute Künstlerhaus da. Vorzüglich gehört sein Vestibule mit der breiten Treppe zu den eminentesten seiner Art. Sein Nachbar gegen Osten, das Musikvereinsgebäude verdient nicht minder das vollste Lob. Trotz seiner Größe gewährt es einen angenehmen Anblick. Es ist ein im Renaissaneestyl gehaltener Rohziegelbau mit erhöhtem und vorspringenden: Mitteltrakt. An den Seitentrakten laufen Gallerien zuoberst herum, auf welchen hübsche Figuren angebracht sind. Auch die Ornamente des Haupttraktes verrathen Geschmack. Von den zwci Produktionssälen übergrifft der große den großen Redontensaal an Länge, nicht aber an edlen Verhältnissen. Der Erbauer des 1869 vollendeten Hauses ist Hansen. Auch vorzüglich geschmackvolle Privatgebnude finden wir in dieser Gegend, darunter obman die beiden Eckhäuser zwischm der Gisela- und Akademiestraße, das von Angeli'sche und v. Rogge'sche Haus, dann den Pallastbau des Grafen Lützow an der Ecko der Gisela- und Künstlerstraße. Auf den .Kärntnerring folgt der Kolowratring. In der feiner Nordseite als Seitengasse angehörigen Fichtegasfe naht sich der Bau emes städtischen Pädagogiums seiner Vollendung. Auf der rechten Seite stößt der Schwarzellbergplatz mit der Ringstraße znsainmen. Er ist gleichmäßig gegen die Ringstraße und in entgegengesetzter Richtung gegen den Wienfluft offen, über welchen von ihn: die Schwarzenbergbrücke, eine breite von Hornbostel 1805 gebaute Steinbrücke leitet. In dieser Richtung blickt in erster Reihe das schöne Fürst Schwarzenbcra/sche Sommerpalais auf dem Rennwcge aus einiger Entfernung zn ihm herüber. Der freie Allsblick, das Monument iu der Mitte und die Symmetrie 172 Wicu ni dcr (^c^cinoavt. der schönen Gebäude auf den verbauten zwei Seiten machen den Platz Zum hübschesten und regulärsten in dem nenen Wien. Das Monument stellt den Feldmarschall Fürsten Karl Schwarzeu-berg, den Sieger bei Leipzig, zu Pferde dar, ist ein Werk des Prof. Hähnel in Dresden, und erregt trotz seines schmalen Sockelo durch die gelungene Reiterfigur Befriedigung. Es ist 1867 enthüllt worden. Die Symmetrie in den Bauten aber wurde dadurch erzielt, daß die Häuser der beiden Seiten je den ihnen gegenüberstehenden im Baustyl ähnlich gehalten werden mußten. Unter diesen durchaus meisterhaften Gebäuden nimmt den ersten Rang ein das Palais des Erzherzogs Ludwig Victor. Architekt Ferstel baut es im italienischen Renaissance style und obwohl die Hauptfa<,>ade dermalen noch nicht vollendet ist, läßt sich doch schon erkennen, daß sie mit ihrem Reichthum an Säulen und Figuren prächtig wird, wie auch der schon fertige Theil des Pallastes mit dein Thürmchen auf der Rückseite und der vergoldeten Gallerie auf der First des Dachcs viel Pracht verräth. In der Ringstrafte wirkt das weiter gegen den Htadtpart auf der rechten Seite liegende adelige (5asino dadurch wohlgefällig auf den Beschauer, daß man es ihm ansieht, es sei ohne die so vielen Häusern der Ringstraße auf die Stirne geschriebene Rücksicht anf die möglichste Ausnutzung des Raumes gebaut. Breite Fenster und nur drei Stockwerke ohne Halbstock sprechen dafür und gestalten das Haus, welches auch mit Geschmack geplant und dnrch einen, fast den ganzen ersten Stock entlang laufenden Baleon belebt ist, zu einem der ansprechendsten. Romano ist sein Erbauer. Gleichfalls auf der rechten Seite der Ringstraße, doch rückwärts von ihr baute Oberbaurath Friedrich Schmidt das akademische Gymnasium im gothischen Style mit Strebepfeilern und Giebeln an der Hauptfac'ade, prächtiger Säulenhalle und breiten Treppen im Innern. Das geschmackvolle Wasserburger'sche Haus und das daranstoftende im Pallaststyl gehaltene des Grafen Larisch, beide in der verlängerten Iohannisgasse, wenden bereits ihre nördlichen Fronten dem Stadtpark zu. Der nun kommende Theil des Ringes, der Parkring, geht von der 173 3ic Halipt mid Ncsidcnzstadt Wieu. Ecke des Stadtparks bis zu dor Stelle, wo dic aus der Wollzeile konunende Straße den Ring berührt. Auf der linken Seite der Ringstraße war ein großer Rauin für dao nelle Stadthius vorbehalten; nachdem jedoch die Geineindevertretung den Ball dessell'eu auf deul Paradeplatz beschlossen hatte, wltrde der Grund in Pareellen getheilt veräußert und es steigen dernmlen ailch dort dic Häuser bereits alls ihrcn Fnndanlentcn in die Höhe. Unter diesen jüngsten Neubauten befindet sich Laube's Stadttheater. Weiter folgt auf der Ringstraße lintö zuerst das Gebäude der Gartenbaugcsellschaft in Mtte seiner Gartenanlagen. Der tzauptbau ist im Renaissaneestyl geführt und besteht aus einem großen durch einen Rundbau geschlossenen Saal und zwei tleiuern Sälen zu seinen beiden Seiten. Diese Säle müssen allerdingo im Winter zu allem möglichen herhalten: hellte produeirt sich ein Magier darinnen, dann dienen sie wieder zu Bällen, Soireen, gelehrten Vorlesungen, Versammlungen von Erwerbsgesellschaften ?e. und es mag schon beim Bau auf diese Bestimmungen gedacht worden sein. Sonst hätte man den Blumen gewiß das gegönnt, was sie am meisten bedürfen und hier am wenigsten finden, Licht und Luft. Glücklicher als der auch nicht einmal hübsche Hauptbau sind die Gartcn-anlagen ausgeführt. Hallen oder Veranden umgeben sie auf zwei Seiten, auf der dem Hauptbau gegenüber liegenden Rückseite leitet, wie schon anderwärts erwähnt wurde, eine terasfenformige Stiege zu dem Cobura/-schen Palaio hinan. Die nächste Häusergrupve, noch immer auf der linken Seite und auf der Ringstraße selbst, hat alo Mittelpunkt den Pallast des Erzherzogs Wilhelm. Diesen prächtigsten aller Ringslraßenpalläste baute Hansen im Styl der italienischen Renaissanee. Er hat ein Erdgeschoß, unteres Mezzanin, dcn hohen ersten Stock, ein oberem Mezzanin und im vorspringende,: Mitteltratt noch ein Stockwert. Marmor bedeckt die Facade. Säulen steigen zwischen den Fenstern des crsten Stockwerkes in die Höhe lind tragen das reich verwerte obere Mezzanin. Ucl'er ihm liegt in den Seitentrakten eine Gallerie mit freistehenden Figuren, während im Haupttrakt zwischen den Fenstern angebrachte Karyatiden eine Cvallerie 174 Nicu in dcr Gecz^nw^vt, mit Trophäen tragen. Das Vestibule, in das cm dreifaches Eiu-fahrtsthor führt, und die Stiegen so wie der >>of, welcher gedeckt und von Arcaden umgeben ist, sind wahrhaft fürstlich. Von anderen Gebäuden dürfen wir nicht außer Acht lassen das von Baron Mayer gebaute Eckhaus zwischen der Liebenberggasse und der Ringstraße mit seinen einfachen aber gefälligen Bauformen, und die sogleich hinter ihm sich befindende erste Markthalle für den Kleinverkauf. So gangbar das Wort Detail im flüchtigen Verkehr ist, wäre doch zu wünschen, daß die Gemeindevertretung der in der überwiegendsten Mehrzahl ihrer Bewohner deutsch sprechenden Stadt Wien für diefe Halle eine andere Inschrift zn Wege gebracht hätte als das „Detailmarkthalle", welches darauf prunkt. Die ganze rechte Seite des Parkrings nimmt der Stavtrark ein. Die Anlage nach Sellem/s Skizzen von: städtischen Gartendireetor !>'-. Siebeck ausgefühit, ist reizend. Da findest du vielsach verschlungene Gänge, bloß wenig merkliche, doch zur Hintanhaltung von Eintönigkeit höchst zweckmäßige Erhöhungen, prächtige uud seltene Sträuche und Bäume zu Booquets und kleinen Wäldchen vereint, malerische Parterres mit den kostbarsten Blumen und den Teich mit seinen Schwänen und andenn Geflügel, seiner Insel und seinem Abfluß in einem sich mehrfach krümmenden Bächlein, über welches zierliche Brücken geworfen sind. Noch sind jedoch die Herrlichkeiten des Stadtparts nicht erschöpft. Auf einer Höhe am Teiche ist ein großer eiserner Pavillon aufgestellt, in einem von Bäumen und Strauchwerk gebildeten Bosquet versteckt sich ein Brunnen mit dein hübschen Donallweibchen oder der DonaunMphe von H. Gasser. Und jetzt bleibt noch das kostbarste und gewiß Kostspieligste im Stadtpart zu erwähnen, der Kursalon. Der geschmackvolle italienische Renaissancebau kehrt seine Hauvt-fa^ade dem Stadtpark und unmittelbar dein kunstvollsten Blumenparterre zu, welches vor ihm augebracht sich am Schlüsse durch eiuen mit zahlreichen Nosenstocken bepflanzten Abhang zu einen: der begangensten Wege des Parts hinabläßt. Er besteht aus einem Hanpttrakt und zwei niedrigeren Seitentrakten. Jener enthält einen großen mit Fresken 17l'> Die Haupt' und Ncsidcuzftadt Wicn, geschmückten Saal, diese enthalten den Kaffesalon und die Trinkhalle mit der Wandelbahn. Gegen den Garten haben sie offene Arcaden nnd der Haupttrakt eine Terrasse, von welcher alls drei Seiten Stiegen auf das schöne Blumenparterre hinabführen. Auf der Rückseite befindet sich eine Auffahrt zum Saale. Der Plan des Cursalons stammt von: Architekten Garben her. Der Stadtpart hängt mit dem Kindergarten jenseits der zwischen retten fließenden Wien durch die Giselabrücke zusammen, eine hübsche Brücke nach Nevitle'schen System, mit besonders gelungenen Gruppen aus Broncegusi auf ihren vier Steinsockeln, deren jede aus Genien besteht, welche einen großen Gascandelaber halten. Einen unuerzeihlichen Fehler aber hat der Stadtpark, daß er für Wien viel zu klein ist. Man findet sich an schönen Sommerabcndeu oder auch sonst an Sonntagen in einem wahren Gedränge und wer größere Spaziergänge liebt sieht sich immer wieder auf denselben Fleck zurückgekehrt und fühlt sich wie in einer Tretmühle. Wird nicht um das neue Stadthaus ein ausgiebiger Raum zu Gartenanlagen verwendet so bleibt dem Wiener, welcher sich im Freien tüchtig bewegen und reinere Luft athmen, dabei aber doch der Sonnenhine entfliehen will nichts übrig als zu warten bis die Alleen der Ringstraße ausgiebigen Schatten geben oder jedesmal weit weg mw der Stadt zu fahren, wenn er anders das erste erlebt und das zweite erschwingt! Jenseits der Straße, welche aus der Wollzeile nach Durchschneidung der Ringstraße über die alte Stubenbrücke nach der Vorstadt Landstraße führt, fängt der bis an das Ufer der Donau und damit bis an das Nordende der Ringstraße auf dieser Seite der Stadt reichende Stubenring an. Seine linke Seite ist unverbaut geblieben. Hier breiten sich die Exercierplätze vor der Franz Iosefskaserne bis zum Quai aus, ein niederer Damm geht iu ihrer Mitte zum Franz Iosefsthor und m die alte innere Stadt. Auch auf der rechten Seite treffen wir blos ein einziges Gebäude all und zwar sogleich an der Ecke zwischen der Straße aus der Wollzeile nach der Landstraße und dem Ring, jenes des Museums für Kunst und 176 Nicn in dcr Gc^cnwart. Industrie. Noch ist es nicht vollendet und es soll iin Innern für seine Bestimmullg ulusterhaft gebaut sein. Tagegeil schaden der vortheilhaften Wirkung seines Aellßeril, wenigstens nach unserm Geschmack, die Dimensionen und die Stellung seiner Fenster und noch mehr die Ornamente und Figuren in xZi-lMto, welche reichlich an ihm angebracht sind. Das Miseum besitzt schon dermalen werthvolle Knnstobjette, eine Fachbibliothek, Gypsgießerei und photographische Anstalt. Besonderes Interesse gewährt jedoch dao eeramische Museum, welches ihm nach Aufhebung der k. k. Porzellainfabrik zugewiesen worden ist. Nach Vollendung des Hauses wird in dasselbe auch die mit dem Museum in Verbindung stehende Kunstgewerbeschule übersiedeln. (Gegenüber dem Franz Josefsthor kommt man von der Ringstraße über einen Steg zu dem jenseits der Wien gelegenen Hauptzollamte und am Ende der Ringstraße über eine breite Steinbrücke, die 1^55> erbaute Radetztybrücke, in deren Nähe die Wien in den Donaukanal mündet, nach der Vorstadt unter den Weißgärbern. Im Alignement der Ringstraße aber übersetzt die Donall die auf ihren Landpfeilern mit sitzenden Steinfiguren geschmückte Aspernbrücke, eine Kettenbrücke, welche in den Jahren 18ll.'i—^ nach dein System Schnirch und Fillunger gebaut worden ist. Links beginnt hier dcr Franz Josefs Quai mit der Quaistraße. Er erstreckt sich zuerst in westlicher, dann nordwestlicher Richtung von dem uns bekannten Ende der Ringstraße dem Lauf des Donaukanals entgegen bis dorthin wo er die Ringstraße alls der anderen Seite der Stadt wieder erreicht. In diesem Zuge berührt die Quaistraße die aus der Stadt nach der Leopoldstadt führende Ferdinandobrücke dann den in jüngster Zeit ill eine Jochbrücke umgewandelten .Narlskettensteg. Von ihm all läuft sie zwischen durch die Stadterweitevung entstandenen neuen Ballten zur Linkeil und den (hnrtenanlagen des Franz Josef Quais zur Rechten bis an ihr erwähntes nordwestliches Ende, wo eine Jochbrücke, die Aligartenbrücke, über den .^anal geschlagen ist. Die Neubauten iu der Gegend des Franz Josef-Quais gliedern sich i,l verschiedelle Quer- uud Parallelstraßen desselben. Unmittelbar vor i Klafter zuspitzend bereits als eine wahre Zierde der Residenz in die ^uft und eben jetzt baut man am Centralthürmchen, dessen Höhe sich noch immerhin auf .">5'/>2 Klafter belaufeu wird. Die Kirche steht auch in den übrigen Hanptumrissen schon vollendet da und hat selbst ihre Eindachnng schon größtentheils erhalten. Aus dem aber was vollendet ist läßt sich die tunstschöne Pracht des mit den edelsten Ornamenten ausgestatteten gothischen Steinbaues, dieses Meisterwerkes des trefflichen Architekten Heinrich v. Ferstet, ahnen. Wir beendigen unsern Gang auf der Ringstraße, indem wir auf dem Franzensring zuerst gegen Süden dann südostwärts bis zum Burgthor fortschreiten. - Auf der linken Seite tritt die alte Stadt nächst der Teinfaltstraße an ihn heran, dann kommt der Basteirest des Paraoiesgärtchens und schließlich bis znm Burgthor dav Gitter des Voltsgartens. Auf der rechten Seite soll sich die letzte Phase der Stadterweiternng entwickeln. Hier breitet sich der große Paradeplatz aus, dessen Verbannng erst vor Kurzem beschlossen worden ist. In Mitte desselben wird, umgeben von Parkanlagen, das gothische Stadthaus thronen, an der Ecke der Ringstraße und der Straße nach der Alservorstadt die Universität ihre Stätte finden, an der entgegengesetzten, bereits dem Volksgarten gegenüber liegenden, Ecke aber das Parlament. 17!) ^ Die Haupt^ und NcsidmzstM Wicu, Außerdem sollen die Pläne für ein großartiges Generalcommando schon fertig sein und hoffentlich findet neben allen diesen Herrlichkeiten auch das Monument Schillers einen Platz in der Mhe des Ortes, welchen man ihm einst zusicherte als bei der Schillerfeier dort auf dem „Schillerplatze" der begeisterte Inbel von Tausenden das Modell desselben begrüßte. Nochmal gewahren wir weiter gegen das Burgthor zu auf der rechten Seite eine (Gruppe von bereits ausgebauten oder im Van begriffenen Häusern und wenn ec, auch noch nicht gänzlich vollendet ist so scheint uns daraus doch schon jetzt das im Palaisstyl gehaltene des Banquiers Ritter von Epstein ein in jeder Hinsicht gelungenes Werk zu werden. Die Geschichte Wiens hat nns bereits darüber belehrt, das; die Vorstädte nnserer Residenz durgehends ein mir geringes Alter haben, weil noch im Jahre 16Nl aus Anlas; der 2. Türkenbelagerung die damals bestehenden auf Befehl der Stadtuertheidignng zerstört wnrden nnd was etwa noch stehen geblieben von den Türken. Von da an lag mit Ausnahme am Ende des 17. nnd in' der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts die Baukunst in Wien biy in die neueste Zeit darnieder und so treffen wir an kirchlichen wie an Profangebäuden in den Vorstädten anßer manchem was die jüngste Zeit seit etwas mehr als 20 Jahren in ihnen geschaffen hat wenig Bedeutendes an. Wir werden bei dem Besuche der Vorstädte uns an die gegenwärtig bestehende Eintheilung in Bezirke halten und wenoen uns zuerst der Leopoldstadt zu. Dieser nördlichste Vorstadtbezirk zählt 1021 Häuser und 81477 Bewohner und dehnt sich zwischen dem Donaukanale, welcher ihn von der Stadt trennt und dem Hauptarm der Donan alls. Acht Brücken verbinden ihn mit der Stadt. Die stattlichste aus ihnen, die Aspern-brücke, haben wir bereits kennen gelernt. Von den übrigen sind nur noch erwähnenswert!) die Franzenskettenbrücke als Verbindung d^r Weiß-gärber mit dem Ende der Iägerzeile am Praterstern nnd ihr ganz nahe stromabwärts die Kettenbrücke der Wiener Verbindungsbahn, ein beträchtliches Stück wieder stromabwärts die Verbindung zwischen der Bandstraße 180 Wicn in dcr (^e^inoart. und dem Prater, die Sosieukettenbrücke, endlich tief unten im Prater die Brücke der Staatseisenbahngesellschaft. Ten größten Verkehr zwischen der Leopoldstadt nnd Stadt vermittelt die Ferdinandsbrücke, an der wir schon früher vorbeigekommen sind. Anf einem ansehnlichen Mittelpfeiler ans Quadern rnhen die obern Theile, welche nach Möglichkeit breiter und eleganter zu gestalten, man sich redlich bemüht hat. Tie Leopoldstadt besteht aus der eigeutlichen Leopoldstadt, in welche wir unmittelbar von der Ferdinandsbrücke treten, ails der frühern Vorstadt Iägerzeile, die sich, von der Stadt gesehen, rechts zum Prater hinabzieht, dann aus der Vrigittenau und Zwischenbrücken. Die beiden letztern sind größtcntheils von Arbeitern und den übrigen ärmeren Klassen bewohnt und, besonders die Brigittenall, in rascher Zunahme der Bevölkerung begriffen. Vollends die Donauregulirung stellt der Brigittenau eine glänzende Zukunft in Aussicht. Tagegen wird Zwischenbrücken bei seiner Lage zwischen dein der Leopoldstadt im Norden nächsten Arme der Donau, dem Kaiserwasser, und dem Hauptarm des Stromes durch die Umlegung deo letztern in der projectirten Weise in zwei Theile zerrissen kaum länger bestehen können. Die Praterstraße oder Iägerzeile war stets das fashionablcste, ja das einzige fashionable Quartier in den Vorstädten. Die rege Baulust der neuesten Zeit hat sie durch viele pallastartige Gebäude bereichert, auch belebt es sie ungemein, das; durch sie die Pferdeeifenbahn ill den Prater geführt worden ist. Wir treffen m ihr, wenn wir aus der Stadt kommen, zuerst das Carltheater an. Au seiner Stelle stand schon das alte Leopoldstädtertheater, ill welchem das Volksstück am meisten gepflegt wurde und noch der echteste Volksdichter, Raimund, seine Triumphe feierte. Direktor Carl ließ das neue Haus 1847 nach den Plänen der Architekten Sieeardsburg und uan der Null erbauen. Es ist im Innern zweckmäßig eingetheilt und der Zuschauerraum vortheilhaft decorirt. Seine Facade nach der Praterstraße beleben Balköne und von Hans Gasscr gearbeitete Statuen. 1U1 Tie ,vcmpt »nd Rcsidcuzstddt Wic». Fast gegenüber dem Carltheater steht ill einem rechten Seitengäsichen der Praterstraße die 1853—58 von Ludwig Förster gebaute ueue Syuagoge der ioraelitschen Gemeinde, eiu Rohziegelbau im maurischen Styl. Zwei vortretende mit Kuppeln gekrönte Säuleu der Hauptfa<-ade stellen die Säulen des Salomonischen Tempels dar. Durch eine Vorhalle betritt man das Nschifsige Langhaus, welches für 2000 Sitzplätze Raum bietet und Abends durch 500 Gasflammen erleuchtet wird. Der liuks weiter unten gegen den Prater in der Praterstrasse liegenden Pfarrkirche zu St. Johann fehlt, obgleich sie erst, oder weil sie schon, 1842—4>uustkräfte Wiens, z. B. die Maler Führich und Kupelwieser bei der innern Ausschmückung mitgewirkt uud so findet mau sich doch durch einzelnes Schöue angezogen. Gleichfalls auf der linken Seite der Praterstraße aber in einer Seitengasse uud schou nahe dem (inde der Häuser erhebt sicb der zu den Vorstelluugen der >vuustreitergesellschaft Nenz gebaute Cireu') Neuz. Der Praterstcrn, ein halbriulder Platz, welcher uuu auch seiue Anlagen bekommen hat uud uach dem Prater hin uou dessen Rieseubäumen und darunter voiu Viaduet der Wiener Verbindungsbahn eingerahiut den Blick weit hinab in die Alleen des Praters gestattet, bildet die eigentliche Vorhalle desselben. Von ihm laufeil !! Straßen in den Prater auv, dann eine zu dem liuks sich erhebenden Nordbahnhof, eine andeve zu äußerst lints in den Augarten, endlich ihr gegenüber und gleichsam als ihre Fortsetzung auf der rechten Seite des Pratersternes die zur Franzenskettenbrücke und über sie uach den Weiftgärbern führende. Beuor wir den Prater betreten, wollen wir dem Nordbahnhof einen flüchtigen Besnch machen. Auo seiuem prächtigeu Vestibule mit der gewölbten, von Granitfäulen gestützten Decke steigt man über breite Treppen zu deu Nartsälen. Vorzüglich ist auch die Personeuhalle mit ihrer Glasdecke coustruirt. Doch so großartig der ganze Bau mit den thurmgekröuten Ecktraeten ist so befriedigt, namentlich am Praterstern, der Anblick der zw^i hohen Trakte mit der ungleich niedrigern Halle in ihrer Mitte nicht vollständig. 182 Wic» in 5cr Gcc>c»wart. Nun aber beschäftigen wir uns ausschließend mit dem Prater. Die drei Alleen, welche vom Praterstern in ihn gehen heißen die Schwimmschul- Feuerwerks- und Hauptallee. Heute ist die Bezeichnung Allee für die erste, linksliegende kaum passend, denn die Bäume, derer es doch znr Allee bedarf, sind ihr theilweise abhanden gekommen. Dnrch sie läuft die Pferdebahn zur Militärschnn'mmschule und zu den Bädern und hier ist man den Arbeiten der Donanregulirung am nächsten. Die mittlere, die Feuerwerksallee, durchschneidet zuerst ein Stück des Wurstelpraters und erreicht dann den Feuerwerksplatz, auf welchem jährlich ein paar mal größere Feuerwerke abgebrannt werden, wo;u denn auch die großen Gerüste auf dem Platz gehören. Die Allee rechts, die Hauptallee, dient zum Spaziergang uud (5orso, auf welchem sich in gewissen Zeiten die beste Gesellschaft Wiens zu Wagen, zu Pferde und zu Fuß einsindet. Wir betreten sie durch den Viaduct der Verbindungsbahn, der in seiner eleganten Eiseneonstruetion ein recht hübsches Portal für sie abgiebt. Die breite Fahrbahn läuft in der Mitte, rechts von ihr die Reitallee, links die Gehallee, beide Alleen im eigentlichen Sinne, weil sich je 2 Reihen mächtiger Kastanienbäume über ihnen wölben. Die Gehallee führt zuerst am reseroirten Hofgarten dann an einer Wiese vorbei, an deren jenseitigein Rande die verschiedenartig gestalteten Gebäude des Wurstelpraters sichtbar siud, auf der andern Seite der Fahrbahn reichen gleichfalls bald die Wiesen bis an die Reitallee heran. An diese letztern Wiesen stoßt rechts der sehr geschmackvoll angelegte doch durch eine unglückliche Wirthschaft seinem eigentlichen Zweck entzogene Thiergarten. Nun folgen links an der Gehallee die Kaffehänser. Ihnen gegenüber ist in den Jahren 1870 und l871 nahe dem Thiergarten eine Kunstanlage entstanden, welche in einem künstlich geschaffenen Hügel mit einem Schweizerhause auf seiner Höhe culminirt. Von zuoberst fällt, leider nicht sehr reichlich, Wasser über Felsen in einen auf der Vorderseite des Hügels gegrabenen Teich, auf welchem sich einige >vähne wiegen. Das Ganze ist eine nette Spielerei, welche nur gegenüber der großartigen Natnr des Praters, die sich zumeist in seinen kolossalen Bäumen ausspricht, kleinlich erscheint. Doch wird sie den Vortheil mit sich bringen, das; die weiten Grasplätze, welche bloß mit wcnig Strauch- le Tic Vliupt inld ^n-sidciizstadt Wicn. werk und Bäumeu bischt, deu vügel uulgeben und nur oon einigen (Gehwegen durchschnitten sind bei sorgfältigerer Pflege denl Auge ein frischeres Grün bieten werden als die dürren bisher hier gelegenen Wiesen. Die Alleen setzen sich noch weit über die Kaffeehäuser hinaus schnurgerade bis zum Nondeau fort. Auch von da an ist scit einigen Jahren die Fahrbahn von (Gehwegen begleitet in gerader Linie bis zum Lnsthause fortgeführt, das man schon am Eingänge in den Prater in der Ferne im Alignement bemerkt. Die Länge der ganzen Anlage beträgt oom Begiuu der Alleen am Praterstern bis zum Lusthause 2.".15 Klafter. Schon nahe dein lusthause läuft über die Straße ein Viaduet der Staatsbahn, welche von dem Bahnhöfe außerhalb der Favoritenlinie nach Uebersetznng des Donankanals hierher gelangt, nnd nun iu nicht großer Entfernung links auf einer prächtigen Brücke nächst Stadlan die große Donan überschreitet. Noch weiter links hinausgeschoben hat die Donaudampfschiffarts-gesellschaft ihre Werfte am rechten Ufer der großen Donau eingerichtet. Wenden wir uus dagegen vom Lusthause rechts, so kommen wir in der Freudenau zum Nennplah Wiens nut seineu geschmackvollen Tribunen für die Znseher. Anch hier ist uuin dem Ende des Pratero am Hauptarm der Donau nahe. Rechts uud linkv vou> der >>anptallee aber breitet sich dcr Prater iu den reizendsten Wicsen, alls denen einzelne colossale Baumgruppen auf-rageu, in Alien, Wälrchen und Wäldern mit dein prächtigsten Baumwuchse aus uud je weiter mall iu diese Theile eindringt, desto mehr erkennt man erst die Großartigkeit de^ unvergleichlichen Natnrparks. beider mußten und müssen noch der Donauregulirung zahlreiche Auen und so mancher ehrwürdige Baum zum Opfer falleu, um das schnurgerade Bett zu gewinnen, in welches der Strom oom Abfall deo >xahleugebirges an bis zur Stadlauer Brücke gedrängt werden soll; allein der Prater bleibt noch immer groß genug, um stuuden- und stundenlang in ihm wandeln zu tonnen, ohne je daran erinnert zu weroeu, daß wir uiw auf dein Stadtgebiet der Resideuz befinden. Doch aucb der Wurstelprater will besucht sein. An Wochentagen zeigt er nicht sein wahreo l^esicht. Aber wenn an Sonntagen in den 184 Wicn in der (^esienwart. Ringelspielen die Ansik hell schmettert oder aus einem Gasthause die harmonischeren Klänge eines Orchesters hörbar werden, wenn von den Schießständen der Ton der auf die Scheibe anschlagenden Kugel, das Rollen anderer Kugeln auf den Kegelstätten und das (Gelächter der Äienge, die den Späßen des >>answursts vor der Marionetteuhütte lauscht, sich verunschen nüt dem Gesumnie der tausend und tausend Menschen, welche an den Tischen beim Bier sitzen oder sich auf den Wegeil um die Sehenswürdigkeiten drängen, dazu noch ein Marktschreier mit unverwüstlicher Lunge die Wunder seiner Bude anpreist und sein Gehülfe einer großen Muschel einen weithin hörbaren tiefen Ton entlockt und sich in allen den wirren Lärm allenfalls noch das Brüllen der wilden Thiere einer Menagerie mischt, — dann hat der Wurstelprater seine schöne Stunde und selbst wenn schon manche dieser Töne verstummt sind magst Du noch in ihm verweilen, um Dir den originellen Anblick der auf zahllosen Tischen brennenden Lichter und der im Grünen und unter dein Dache von Niesenbäumen nnr dem Genuß des Augenblicks lebenden Menschen zu verschaffen. Ein Stück Wiener Leben erschließt dem Besucher auch die hier im Wurstelprater befindliche Singspielhalle, in welcher kleine Possen und Scenen im Voltsdialette gegeben werden, wobei der Stoff, seine Behandlung und die Darstellung sich gleich ferne von jeder Prüderie halten. Versetzen wir lins zurück auf die Ferdinaudsbrücke. Sobald wir von ihr in der eigentlichen Leopoldstadt am Ufer des Kanals ein Stück aufwärts gehen treffen wir das Dianabad an. Im Sommer befindet sich dort nebst der Badeanstalt noch eine Schwimmschule, in: Winter wandelt sich jedoch das große Becken der letztern zum Fußboden eines der beliebtesten Tanzsäle Wiens um. Ein anderer bekannter Unterhaltungsort der Leopoldstadt, in welchen, au manchen Abenden die Verführung alle ihre Künste auf eine nicht mißzuverstchende Weise ansübt, ist der Sperl in der kleinen Sperlgafse. Durch die Taborstraße, welche sich in gerader Linie von der Ferdmands-brücke nach Norden erstreckt, kommt man nach ciner Wendung nach links zum Augarten. Anf feinem Portale hat der volksfreundliche Kaifer Iofef II., I«5) ^4 Die ,>äuseru uud 82072 Einwohnern vermag in den der Stadt nähern Theilen, besonders am ehemaligen Glacis, eine Anzahl stattlicher Gebäude auszuweisen. In den äußersten Theilen der eigentlichen Landstraße gegen St. Marr sieht er landstädtisch nnd weniger als dies ano. Insdesonders in Erdberg sind große Grundstücke dem Gemüsebau und der Handelsgärtnerei eingeräumt. Auf ihuen fehlen die l86 Wm in vcr (^cgcnwart. Häuser und langgedehnte (^arteliplantelt laufen zu beideu Seiteu d^r Gassen hin, unterbrochen bloß von kleinen Gebäuden, wie sie eben für den Geschäftsbetrieb genügen. Wenn nur über die Stubenbrücke das Gebiet des Bezirt'5 betreten, erblicken wir sogleich rechte die Centralmarkthalle, welche, wie so manch cmdereo nützliche Unternehmen, dao anderwärts gedeiht, in Wien zn Grnnde gegangen ist. Rn der Straße lint'5 fällt ein viereckiger vertiefter Raum mit Tribunen daneben auf. Dort auf dem Platz des Eislausvereins tummeln sich im Winter die Schlittschuhläufer herum. Aus derselben Seite steht entfernter vou den übrigen .'oäuseru der Vorstadt, von welchen e<> durch cine Straße getrennt ist, das >>auptzoll-amtsgebäude. (5s hat seine »ordere Fronte gegcn die Wien gekehrt, den Hauvttratt in der Mitte und rechtc, und links etwas zurück die zu Magazinen bestimmten niedrigen Flügel. Wir gehen durch den Viaduet der Verbiuduugöbahu und finden uuil al^ linteo Eckgcbälide der ^andstraßer >>anptstras;e und de^ (^llaeiy das Invalidenhau^. (55 erhielt diese Verwendung in, ^,ahre 1?tt.",. Die großen Geinälde dcr Schlachten oon '.'lspcrn lind ^cip'>ig von P. Kraft darin verdienen die Besichtigung, ^ie erste Seitengasse der Hauptstraße nach linw, die Gärtnergasse, bringt uns zum Sofienbad. Auch sein Saal wird, wie jener des Diana-baoeo, welchen er jedoch an Größe übertrifft, im Sommer als Bad und Sclnvimmschute, im Winter zu Bällen benützt und in ihm werden die meisten der großen öffentlichen Bälle abgehalten. Von hier wciter nack lint'o breitet sich gegen den Donaukanal die ehemalige Vorstadt unter den Weißgärbern aus; man erreicht sie ails der Stadt am besten vom ^ranz-Josef-()<>:»> über die Radetzkybrücke und kommt dann an dem imposanten au der Donau gelegenen Gebäude der Donandampfschissahrtbgesellschaft oorbei. Ihre neue gothische Pfarrkirche, zu welcher Friedrich Schmidt den Plan entworfen hat, ist im Aeussern vollendet. Sie zeichnet sich dnrch schöne Verhältniffe, insbesondere ab^r dnrch einen kühn gedachten Thurm ans, 15? 24 " Die Haupt- und Nesideiizstadt Wicn. der schon vom Grunde aus im Sechseck aufsteigt und bei seiner Höhe von 40 Klaftern nach dem Stefansthurm und den Thürmen der Votiokirche der höchste der Residenz ist. In der gegenüber der Pfarrkirche der Bandstraße von der Hauptstraße gleichfalls nach links abzweigenden Rasumoffhtygasse ist im Rasu-moffski/schen, jetzt dem souveränen Fürsten Liechtenstein gehörigen Palais die geologische Reichsanstalt untergebracht. Die Sammlungen der Anstalt von Vorkommnissen der Bergwerksreviere, von Petrefakten, mineralogischen Schaustücken u. s. f. werden sehr geschätzt. Besonderes Interesse erregt daraus das vollständige Skelett eines Riesenhirscheo und jeneo eines Höhlenbären. Der Garten de5 Palais ist ein öffentlicher. In der Pfarrkirche der Landstraße soll das Bild eines Seitenaltars Christus am kreuze ein Lukas .^ranach sein. Mit der Hauptstraße anrangs parallel geht die Ungargasse vom frühern Glaeis südwärts. Etwas seitwärts rechts con ihrem Beginn ist jenseits der Verbindungsbahn das ansehnliche Müuzgebäude gelegen. Es ist im Jahre I^.'U; erbaut und wendet seine Vorderseite der Stadt und zunächst dem Kindergarten dev Stadtparks zu. Durcb eine Seitengasse rechts gelangt man dann von der Nngargasfe zu der au der Verbindungsbahn liegenden großen .Thierarzneischule. Weit außen in der Ungargasse aber, fast an ihrer Vereinigung mit den: zu ihr von rechts gleichfalls von d.em frühern (Aaeis kommenden Rennweg findet mau die Centralequitation mit ihrer schönen Reitschule uud wenn man in ihrer Nähe die Ungarstraße verläßt und sich in die Seitengasse links, die Rudolfogasse, wendet da5 Rudolfsspital. Tasselbe wird alo Musteranstalt gepriesen. (55 ist in den Jahren 1800—64 nach den Plänen des Architekten I. Horky erbant lind dabei sind alle neuesten Erfahrungen und Einrichtungen benützt worden. Der Rennweg beginnt am Glacisrande zwischen vem fürstlich Schwarzcnbera/fchen Sommerpalais und der Heumarktkaserne. Den Bau des ersteren ließ Fürst Mannsfeld-Fondi im I'. 17W nach den Plänen Fischern uon Erlach beginnen, er wurde jedoch erst in den Jahren 17^0—25 vom Fürsten Adam Schwarzenberg vollendet. Alls i»d Wien i» dcr ^^^xivart. einem erhöhten Plateau, zu welchem von beiden Seiten Auffahrten führen, erhebt sich im Hintergründe eines großen Hofes der runde Mittelbau zwischen zwei Seitenflügeln, an die sich im Halbkreise die Nebengebäude anschließen. Sie endigen nach vorne in einein pavillonartigen Gebäude. Tie einzelnen Theile sind architektonisch aufs Wirkungsreichste gruppirt. Hinter dem Palais breitet sich der reizende Garten ails. Er ist in Terassen angelegt. Ten unteren Theil schmückt ein reicher Blumenflor und in ihm treffen wir auch die Glashäuser an und erfreuen nns schattige Baumpartien. Den mittleren belebt ein malerisch von Bäumen umgebener Teich, an welchem eine, Grotte vortreffliches Trinkwasser spendet, im obersten befindet sich der große Teich. Tie Humanität des Fürsten hält den Garten dem Publieum offen. Auf dein Nennwege gelangen wir zunächst zu dein rechts befindlichen Eingänge in das Belvedere. Wir schreiten an ihm vorüber und erreichen damit das, au das Belvedere anstoßende Kloster und die Kirche der Salesianeriuneu. Tie Kirche stammt aus den Jahren 1717—1!) nnd ist ein imposanter Kuppelbau mit beachtenswerther Facade und innen reich an Marmor. Bald erblicken wir links die Fürst Metternich'sche Villa, welche Romano 15>10 gebaut hat. ^,hr großartiger Garten ist im letzten Frühjahre theilweise in Ballparzellen getheilt veräußert worden. Fast gegenüber folgt rechts der botanische Garten der Universität, Er ist parkähnlicb angelegt, und hat große Glashäuser, prächtige Bäume lind über 8000 Species lebender Pflanzen. Eine Allee der verschiedenartigsten Bäume zieht sick vom Eingänge in sanfter Steigung zu dem botanischen Museum hinan, worin die kaiserliche botanische Sammlung, 67000 Speeies von Phanerogameu und eine reiche Sammlung von >tryp-togamen verwahrt wird und sich nebstdem eine werthvolle botanische Bibliothek lind ein großer Horsaal befindet. Ter Garten ist dem allgemeinen Besuch gcüffnet. Fast ganz am Ende des Nennweges liegt auf feiner rechten Seite etwas oberhalb und seitwärts von ihm der Hafen des Wiener-Neustädter banales. Sein einstiges Bett durch die Vorstädte ist zum größten Theil 1^!' I^ie Lailpt- und Ncsidenzsladt Wic». schon längst die Trace dor Verbindungsbahn geworden; er besteht als Wasserstraße blos nlehr außerhalb Wieno und dient nm so mehr zumeist zuln Transport von siegeln alo er in das Eigenthuiu des größten Ziegelwerkbesitzers R. von Dräsche libergegangen ist. Hl a he der Vereinigung des Rennweges nut der ^andstraßer Hauptstraße endlich treffeil wir ein großes städtisches Schlachthaus an. Wir kehren jetzt zu dem im höchsten (^rade großartigen Belvedere zurück. >>ildebrand hat in den Jahren 1715—25 die Gebäude desselben sür Cngen von Savom'u im Barockstyl erbaut. Sie bestehen aus dein untern und obern Pallaste, zwischen ihnen dehnt sich der karten aus. Durcb eine Einfahrt und über einen >>os betritt man das Saalgebäude deo untern Belvederes, worin die Ambraser Sanllulllng aufgestellt ist. Sie umfaßt in <; Sälen und ^ >xabineten 14.". Origiual-rüstungen, darllnter viele geschichtlicher Persönlichteitei^ des Baisers Äcar I., Karl V., Moritz von Oranien, (^)eorg v. ^reundberg, Alerander ^varnese ll. s. w., I^^X) Bildnisse berühntter Mäuner und ^ralleil, lü!^ niitunter sehr werthvolle Gemälde, Schmucksachen, Seltenheiten und >vunstwert'e. Auch die Marmorobjekte deo k. Antitenkabineto mit de:i egyvtiscben Alterthümern sind hier untergebracht. Unter den Seulpturen steht obenan der sogenannte ^ugger'sche Sarkophag mit der Amazonenschlacht und eine gros;e Broneestatue aus >värnthen. Durch eine ,<>alle in den (Kartell gelangt sieht man am Scbluße desselben dav obere Schloß, zu welchem er terassenförmig ansteigt. Er ist eine prächtige Anlage nn altfranzösischen Styl mit Fontänen, Wasserfällen, fignralifch geschmückten Steintreppen llnd dergleichen. Das obere Schloß liegt anf dem höchsten Punkte und vor ihm öffnet fich eine malerische Aussicht auf einen Theil Wiens und aus da5 Faltengebirge. (5s bildet ein längliches Viereck mit einem Ausbau in der Mitte und vier mit kuppeln versehenen Eckthürmen. Die Zufahrt ist auf der Rückseite derart augelegt, daß mau bio in da5 Vestibül fahreu tanu. Aus ihm führt dann die Treppe zn beiden Seiten in den 1. Stock und in der Mitte abwärts in da?, Erdgeschoß. Nebengebäude umgeben den weiten Nanm hinter dem Schloße, in der Mitte fluthet eiu großer Teich, I'.iU Uici! in ?cr (^c^'lnudrt. ail dm Seiten zieht sich cine dichte Allee zu dem großen Ausgangsgitter auf der Südseite. Die (hemäldegallerie des Belvedere's genießt einen Weltruf wegen ihreo Reicbthumo an Prachtgemälden der altdeutschen, niederländischen nnd italienischen, besonders venetianischen, Schule. Vornehmlich besitzt sie zahlreiche, herrliche Werte von Dürer, LukasKranach, >>olbein, Rnbenv, Rembrandt, van Dyt, Tizian, Paul Veronese nnd — l:>>t not !<^>>t — auch Raphael ist drei mal vertreten, darunter durch, die wundervolle Madonna im (Grünen. Man giebt die Zahl der (Gemälde der (hallerie mit 1<;00 an, jedoch ist ein Theil gar nicht aufgestellt. Eine Auszählung der vorzüglichsten Bilder würde nns zu weit führen. Durch den erwähnten rückwärtigen Ausgang kommen wir unmittelbar zur Belvedereliuie nnd gehen bei ihr hinam, nm dao in einiger Entfernung lint'5 von ilir liegende Arsenal in Augenschein ;u nehmen, welcheo bei seiner holien ^age von -^^ Klaftern über dem Douauspiegel Wien vollkommen beherrscht. Der Riesenbau wurde 1849—55 nach den Plänen der Architekten von Ticeardoburg, van der Null, Hansen, Röoner und Förster al5 Materialbau aufgeführt, fahlen sprechen! Er nimmt einen Mchenraum von mehr als 110 Joch ein nnd bildet ein Rechteck von N6^ Klafter ^änge nnd 253 Klafter Breite. 1»i (Gebäude siud in ihm durch Mauern verbunden. In der Mitte der der Stadt zugewandten fronte ragt die Kom-mandatnr empor, hinter ihr ist dav Waffenmuseum mit seinem Vestibule, der Feldherrnhalle, gelegen. Ein stolzer Bau byzantinischen Stnl5 mit großem, von 4 Säulen getragenen Kuppelsaal ist das Waffenmuseum eine Schöpfung Hansens. Die Feldherrnhalle und das Stiegenhaus schmücken Fresken oon Blaao und Rahl, in die erstere solleu nebstdem Marmor-statncn österreichischer Feldherrn kommen. Die Waffenschütze und Kuriositäten des kaiserlichen ^enghauses in der Renngasse, unter den zweiten das Elenkoller l^ustao Adolfs uud den Rock deo Prinzeil Eugen treffeu wir im Museum an, wohin sie nach Auslassuug des Zeughauses übertragen wurdeu. Von den andern Gebäuden steheu die Kirche in der Mitte, ruck- le i Tic Hanpt mW Residenzstadt Wicn. wärts und iln innern Raulne die Gewehrfabrik, Geschützgießerei und die mannichfachen Werkstätten für die Waffenerzeligung. Alle Umfangsgebäude sind ohne Dach und im obersten Stockwerk eingewölbt terrassirt erbaut. Voin Arsenal links erreichen wir den Friedhof außer der St. Marxer-linie. In ihn: ist Mozart begraben. Man kannte da?' Grab nicht, wollte es aber kennen, fand es deohalb auf und setzte darauf 185>7 eine gelungene von Fernkorn modellirte Broneestatue. Die Bezirke Wieden und Margarethen bildeten anfangs mitsammen den durch die Heugasse und den ^auf der Wien vortrefflich abgegränzten Bezirk Wiedeu, wozu uur noch die Ansiedelungen ansfer der Favoritenlinie gehörten. Der zu großen Bevölkerung halber wurde er getheilt in die fetzigen beiden Bezirke, wovon noch immer die Wieden 1N08 Häuser und Einwohner und Margarethen !>^1 Käufer mit 5i^»Nl> Bewohnern zählt. Hält lnan sich wieder zuerst an die Hauptstraße und betritt man auf ihr die Wieden über die C'lifadethbrücke so findet man hier die interessantesten Objecte ant Mnde der Vorstadt aneinander gereiht. Rechts hinter dem Naschmarkte, dein größten Obstmarkte Wienv, dehnt sich das weitläufigste Zinshaus Wiens, das Starhemberg'sche Freihaus aus, welches schon vor mehreren Jahren von 1^»1<> Menschen bewohnt war. Auch ihm steht sicher in nicht ferner ^eit ein Umbau bevor, denn durch das 2stöckige Han5 mit seinen ungewöhnlich großen Höfen ist der kostbare Raum, welchen es einnimmt, für die heutigen Verhältnisse nicht hinlänglich nutzbar gemacht. Da?, erste Hauo links, das Schulhaus der Protestautischen Gemeinde, baute Hansen im Renaissaneestyl als Ziegelrohbau lind wie alle Werke des genialeil Künstler?' vereinigt eo würdevolle Schönheit mit Zweckmäßigkeit. Besondere Anerkennung gebührt dem nut offenen Säulengängen eingeschlossenen Hofraum. Links davon steht zunächst die technische Hochschule Wiens, oao poli-technische Institut. (5o stammt aus den Jahren 1815-^1« und inacht seinem Erbauer, dem k. k. Hofbaudirektor Schemmerl von ^eytenbach alle Ehre. Auch die Figurengruppe der Attiea und die Basreliefs der 1U2 Nien in der Gegenwart. Fronte von Klieber dürfen nicht unbeachtet bleiben. Das Institut ist im Besitze ausgezeichneter Sammlungen, hervorragend daraus das technologische Kabmet. In den Gartenanlagen vor der ausgedehnten Fronte wurde 1863 das von Fernkorn modellirte Monument des Erfinders der Schraubenschiffe, Nessel, aufgestellt. Wieder links, und nur durch den Anfang der untern Alleegasse vom Polytechnicum getrennt, fesselt uns die Karlskirche, Wiens bedeutendstes Bauwerk aus der älteren Zeit nach der Stefanskirche. Nachdem Karl der VI. während der Pest 1713 das Gelübde des Baues gethan erfolgte 1716 die Grundsteinlegung diefes Meisterwerkes des berühmten Fischers von Erlach, Vaters. 173? war der Bau vollendet. Der Styl ist derjenige der besten italienischen Renaissance. Auf 11 Stufen steigt man zum Portale, welches 6 korinthische Säulen tragen. Sein Giebel, ein von Säulen gekröntes Dreieck, stellt in halb erhabener Arbeit aus weißein Marmor die Wirkungen der Pest vor. Zu beiden Seiten des Portales erhebt sich eine freistehende dorische Säule. Diese Säulen sind 105 F. hoch und haben 13 F. im Durchmesser und im hohlen Innern Wendeltreppen bis hinauf zu ihren Kapitalen. Von außen zeigen sie in gewundener Reihe und halb erhabener Arbeit das Leben des heil. Karl Borromäus. Auf den Kapitalen steigt dann ein kleines Thürmchcn auf, während vier an den Ecken angebrachte erzgcgossene und vergoldete Adler, indem sie mit den Flügeln zusammenstoßen, ein Geländer bilden. Auf diese Säulen folgt beiderseits, als die Ecke, ein etwas weiter zurück stehendes niedriges, jedoch starkes Glockelchaus, unter dessen Bogen ein Seiteneingang in die Kirche liegt. Das Hauptgebäude in der Mitte aber trägt eine hohe achteckige mit Kupfer gedeckte Kuppel mit einer Laterne zuoberst. Das Innere entspricht dem Aeußern in der Pracht, reiche Marmorkleidungen bedecken die Wände und Freskomalereien die Decke. Auch das Grabmal des 1813 gestorbenen Dichter Heinrich von Collin bildet wegen seines Kunstwerthes eine Zierde des Gotteshauses. Die Großartigkeit des ganzen Baues beweiset, daß die Kirche bis zur Kreuzesspitzc der Kuppel 227 Fuß hoch, 216 F. breit und 174 Fuß lang ist. i^ 25 Die Haupt- und Residenzstadt Wien. Die Wiedncr Hauptstraße theilt sich bei der Kirche der Paulaner, vor welcher ein Brunnen mit einer hübschen Zinkstatue des Schutzengels von Preleuthner steht, in die alte Wiedner Hauptstraße, die gerade fortläuft, und in die links abbiegende Favoritenstraße. In dieser erwähnen wir der links befindlichen k. k. Erzgießerei, worin mehrere neuere Monumente, darunter die Neiterstatue Erzherzog Karls, Prinz Eugens und des Fürsten Schwarzenberg gegossen wurden, dann des Pallastes des Erzherzogs Karl Ludwig und weiter außen jenseits der links abzweigenden Taubstummengüsse, deren Ecke das Taubstummeninstitut bildet, des Theresianums. Maria Theresia wandelte das kais. Lustschloß, welches im Gegensatz zum Augarten, dcr Favorita, die neue Favorita hieß, in das Erziehungsinstitut für adelige Jünglinge, das Theresianum, um. Seitdem ist hier eine Erziehungsanstalt geblieben, in welches jedoch dermalen auch Unadelige aufgenommen werden. Das Institut ist im Besitz einer großen Bibliothek und sein Garten sehr ausgedehnt. Für die gegenüber dem Theresianum ungenügend untergebrachte Centralanstalt für Meteorologie wird eben jetzt in Dobling zunächst der Hohen Warte ein Haus in einer freien, daher für die Aufgaben der Anstalt zweckmäßigen Lage gebaut. Die hier rechts mündende Waltergasse führt zu dem großen Wiedner Krankenhause, welches jedoch auch auf die Favoritenstraße selbst herausreicht; in der nächsten rechten Seitengasse der Favoritenstraße, der Rainerstraße, überrascht dagegen das schone in einem Garten gelegene Graf Schonborn'sche Palais. Gegenüber liegen die Nebengebäude des Palais des Erzherzogs Rainer, welches seinen Haupteingang auf der Wiedner Hauptstraße hat. Es kann den vorzüglichsten Pallastbauten Wiens beigezählt werden und wurde von Hildebrand als Garclli'scher Sommerpallast im I. 1708 erbaut. Weiter außen in der Fauoritenstrafte trennt sich von ihr auf der linken Seite die Karolincngasse und durch sie kommen wir zur Elisabethkirche, einer der neuesten gothischen Kirchen Wiens. Denn sie ist ein erst 1860—66 von Bergmann gebaut worden. Er gab ihr drei Schiffe mit 194 Wicn in der Gegenwart. erhöhten: Mittel- und Kreuzschiff und einen massiven 4eckigen Thurm, welcher nach 2 Stockwerken in eine 8seitige Pyramide übergeht. Der Bau ist ein Rohziegelbau und etwas schwer ausgefallen. Die nahe große WcrthheiuVsche Kassenfabrik zu besuchen soll kein Freund industriellen Aufschwungs versäumen. Bei der Fauoritenlinie ist man den Bahnhöfen der Staatseisenbahn und der Südbahn nahe. Der Staatsbahnhof wurde erst 1870—71 in seine jetzige Gestalt umgebaut und reiht sich durch die Zweckmäßigkeit seiner Eintheilung den vorzüglichsten ähnlichen Bauwerken an. Der Umbau des Südbahnhofes ist noch nicht vollendet; er scheint ein gelungener, und insbesondere die Personcnhalle nicht blos sehr groß, sondern bei aller Einfachheit auch im höchsten Grade geschmackvoll zu werden. An beide Bahnhöfe schließen sich ihre zahlreichen Dienst- und Fabriksgebäude an. Daraus erfreut sich namentlich die Maschinenfabrik der Staatsbahn des Ruses, das großartigste Etablissement für den Bau von Locomotiven in Oesterreich zu sein. Etwas rechts von der Favoritenlinie und der Matzleinsdorfer Linie näher befindet sich der Matzleinsdorfer Friedhof und rechts von ihm gerade vor der Matzleinsdorfer Linie der protestantische Friedhof. Auf dem letzteren zeichnet sich die von Hansen im byzantinischen Styl gebaute Kapelle durch ihre schönen Verhältnisse aus. An ihr vorbei zieht die Triester Straße den Wienerberg hinan Zur Denksäule der Spinnerin am Kreuz. Wir kennen dies Wahrzeichen Wiens schon von daher, als wir den ersten Ueberblick von Wien an ihm zu gewinnen suchten, und haben schon damals gefunden, daß es einen günstigen Gesammteindruck hervorbringt. Eine nähere Besichtigung der Details: der zwischen Nischen schlank aufsteigenden Strebepfeiler, der zierlichen Giebel und gut gearbeiteten Gruppen aus dem Leben und, Leiden des Heilandes in den Nischen überzeugt uns vollends davon, daß es berufen ist, für die Trefflichkeit der altdeutschen Kunst Zeugniß abzulegen. Ueber den Wienfluß, die Grenze der beiden Bezirke Wieden und Margarethen gegen den Bezirk Mariahilf, führen mehrere Brücken, worunter 185 25* Die Haupt- und Residenzstadt Wien. die aus Eisen construirte Leopold- Magdalcna- bann Pilgrambrücke, dic eleganteste und breiteste aus ihnen, die Nudolssbrücke, eine Kettenbrücke, endlich die hübsche Neville Brücke genannt werden müssen. Der Bezirk Mariahilf hat 1074 Häuser und 66391 Einwohner. So wie auf der Ostseite die Wien, ebenso begrenzt ihn auf der Westseite die Mariahilfer Straße in seiner ganzen Länge von Norden nach Süden. Das Terrain erhebt sich von der Stadt und vom Wienfluß nicht unbeträchtlich zur Mariahilferstraße. Dort, wo der Boden sich wieder geebnet hat, kommt die Pferdebahn nach Penzing rechts alls der Stiftgasse auf diese Straße, nachdem sie zur Vermeidung der starken Steigung vom Franzensring durch Gassen des Bezirks Neubau bis hierher geführt worden ist. Der ohnehin lebhaften Hauptstraße von Mariahilf bringt sie noch vermehrte Bewegung. Ucbrigcns war die Straße stets eine der breitesten und hübschesten in den Vorstädten und wird es immer mehr durch zahlreiche, mitunter sehr gelungene, Neubauten. In ihr erblicken wir die 1713—30 erbaute Mariahilferkirche, eine der bedeutenderen Vorstadtkirchen mit zwei geschmackvollen Thürmen. Ein Stück weiter gegen die Linie zu bemerken wir bald auch das Portal des einst Fürst Kaunitz'fchen, später Fürst Esterhazi/schen Palais, dessen Eigenthum die Commune erworben hat. Der kunstvoll angelegte Garten des stattlichen Palais ist dem allgemeinen Besuch erschlossen. Leider hat Fürst Esterhazy seine hier aufgestellte berühmte Bildergallerie gänzlich nach Pest übertragen. Weit links vom Beginn der Mariahilferstraße ist an der Wien auf dem Gebiet der früheren Vorstadt Laimgrube das Theater an der Wien gelegen. Bis zur Erbauung des neuen Opernhauses war es das größte und schönste Theater der Residenz. Sein großer Bühnenraum so wie die ansprechenden Verhältnisse des weiten Zuschauerraumes werden ihm gewiß fortan einen Platz unter der geschmackvollsten Schauspielhäusern wahren. Es ist in den Jahren 1798—1802 erbaut worden. Gleichfalls links begleitet die Mariahilferstraße von der dortigen Pfarrkirche an bis zur Linie die Vorstadt Gumpendorf, in welcher die Weberei viel betrieben wird. In dieser Vorstadt befindet sich die hübsche protestantische Kirche, welche Förster und Hansen 1846—49 erbaut haben 196 Wicn in dcr Gegenwart. und ganz am Ende des Stadtgebietes an der Wien ein gut eingerichtetes städtisches Schlachthaus von colossaler Ausdehnung. Der Bezirk Neubau ist der wahre Fabriksbezirk Wiens und zu ihm gehören die beiden sabrikreichsten Vorstädte, Schottenfeld und Neubau. Seine Einwohnerzahl beläuft sich auf 75580, Häuser zählt er 1238. Sogleich am Rande des srühern Glacis erheben sich in ihm zwei der imposantesten Gebäude. Das eine davon sind die kaiserlichen Stallungen. Sie beginnen unmittelbar rechts an der Ecke der Mariahilfer Hauptstraße und dehnen ihre Fronte 600 Fuß lang den Glacisraum entlang aus. Sie wurden 1725 erbaut und bilden nur einen Theil des von Fischer von Erlach entworfenen Planes, weshalb sie auch nicht jene Wirkung hervorbringen, welche sonst den Werken des genialen Baukünstlers eigen ist. Die übrigen Trakte kamen nicht zur Ausführung und erst vor beiläufig 20 Jahren wurden Ergänzungsbauten geführt, jedoch nach neuen Plänen und aus dieser Zeit rührt auch die neue Reitschule im rückwärtigen Trakte her. In den Stallungen ist Raum für 500 Pferde. Der Besucher findet ausgezeichnete Pferde der 'edelsten Raoen, kostbare Gallawägen, auch Napoleon I. Krönungswagen, dann in dem ersten Stockwerke seltene Hirschgeweihe, in der Sattclkammer prächtige Sättel, Reitzeug u. s. w. und in der Iagdkammer kunstvolle Gewehre und historische Gegenstände, darunter ein Kleid, welches ein Hirsch Joseph II. am Leibe Zerriß. Rechts von den kaif. Stallungen an der Ecke der Lerchenfelderstraße, der nördlichen Grenze des Bezirks Neubau gegen den Nachbarbezirk Iosef-stadt, gewahren wir den Pallast der ungarischen Leibgarde und Hof-gensdarmerie, welchen Fischer von Erlach 1720—30 für den Grafen Trautfon in St. Ulrich erbaut hat. Seine großartige Anlage und reinen Verhältnisse sein Figurenschmuck und insbesondere sein Vestibule mit prachtvoller Treppenanlage machen ihn zu einer hervorragenden Schöpfung Fischers. In der Nähe des Pallastes liegt in der Neustiftgassc die Kirche und das Kloster der armenischen Mechitaristen, im Refectorium des 197 Die Haupt- und Residenzstadt Wien. letzteren hat Schnorr im Jahre 1839 ein ausgezeichnetes großes Wandgemälde, Christus speist 5000 Mann, gemalt. Die Mariahilfer Hauptstraße, deren Häuser auf der rechten Seite ja zum Bezirk Neuball gehören, führt uns noch zu manchen: Interessanten desselben. Darunter zählt das ausgedehnte Gebäude ziemlich am Anfang der Straße rechts, welches in Folge einer Stiftung der Herzogin Anna von Savoyen aus dem Jahre 1749 die k. k. Ingenieur Akademie enthielt und jetzt theils zu einer Kaserne, theils zur Militär-Genie-Akademie verwendet wird. Seine Kirche zum heil. Kreuz bildet die Ecke gegen die Stiftgasse und hat einen 1772 gebauten Thurm, welcher wegen seiner feinen Gliederung als eil: Meisterwerk gilt. Am Ende der Mariahilferstraße beginnt auf der rechten Seite die Kaiserstraße, die sich die ganze Breite des Bezirks entlang nordwärts bis zur Lerchenfelderstraße fortsetzt. In ihr ist auf ihrer linken Seite sogleich an ihrem Anfang und zunächst der Ecke gegell die Mariahilfer Linie die vom Dombaumeister Friedrich Schmidt 1860—62 gebaute Kirche der Lazaristen gelegen. Sie ist ein gothischer Bau mit Rohziegeln und steinernen Pfeilern, dreischiffig mit trefflicher Faoade. Ueber der Kreuzung der Schiffe steigt ohne eine besondere Thurmanlage der achteckige, in einem spitzigen Schieferdach auslaufende, Thurm auf. Auch innen ist die Kirche geschmackvoll ohne Bilder blos mit Statuen geschmückt und selbst der Hanptaltar von Stein. Ein großes Holzcrucifir, an einem Seitenaltar besitzt einen hohen Kunstwerth. Der Bau begründete den Ruf des Dombaumeisters Schmidt in Wien, zumal als er ihn um die geringe Summe von 250000—300000 Gulden herstellte. Im Schottenfeld, dessen Bewohner durch ihre Fabriken, zumeist von Sammt- und Seidenbändern, einst zu solchem Reichthum gelangten, daß der Grund der Brillantengrund genannt wurde, beweisen die breiten Straßen, in deren Anlage sich zudem ein System erkennen läßt, lind das Fehlen alter Häuser, daß die ganze Vorstadt erst in der neueren Zeit entstanden ist. Die dortige Pfarrkirche überragt an gutem Geschmack und Reichthum der innern Ausstattung, an werthvollen Altarbildern und 198 Wien in dcr Gegenwart. Fresken die meisten Vorstadtkirchen Wiens, und ihre Orgel wurde von Albrechtsberger und Mozart für die beste in Wien erklärt. Dem Schottenfeld gehört auch der Apollosaal an, welcher zur Zeit des Wiener Congresses als berühmtester Unterhaltungsort der Residenz eine große Rolle gespielt hat, gegenwärtig jedoch blos zur Erzeugung der Apollokerzen benützt wird. An der Ecke zwischen der Schottcnfeldgasse, einer Parallelstraße der Kaiserstraße, und der mit der Mariahilferstraße parallel laufenden Lerchenfelderstraße ragt aus freiem Raume die Altlerchenfelder .Kirche empor. Die Geschichte ihres Entstehens ist zugleich die Geschichte der Befreiung der Baukunst in Wien von den bureaukratischen Fesseln, welche sie in der gedeihlichen Entwicklung hemmten. Der Bau der Kirche im Iesuitenstyl ohne Coneursausschreibung nach den Plänen eines technischen Beamten war bereits eine beschlossene Sache, die Fundamente waren schon gelegt, als die Architekten im Jahre 1848 beim Ministerium um die Sistirung des Weiterbaues und Allsschreibung eines Concurses petitionirten. Das Ministerium ging auf die Bitte ein, ein junger Schweizer Architekt Müller errang den Preis und nach seinen Entwürfen wurde die Kirche wirklich gebaut, als er noch vor Ausarbeitung der Detailplänc gestorben war. Die Architekten Sitte und Fiedler überkamen die Bauleitung, van der Null und Führich die Oberleitung der innern Ausschmückung. Wien ist dadurch lim eines seiner schwungvollsten Bauwerke bereichert worden. Die Kirche ist im italiemsch-romamfchen Styl aus Rohziegeln gebaut und fasst 3500 Menschen. Sie ist dreischifsig mit Querschiff und mittlerer halbkreisrunder Apsis. Die Portale treten aus der Mauer hervor und sind in reicher ornamentaler und siguralischer Ausstattung in Stein ausgeführt. Eine achteckige Kuppel mit ebenso gestalteten Thürmchen zuoberst und an ihren 4 Ecken erhebt sich an der Vierung des vorspringenden Kreuzungsschiffes. Auf der Westseite aber steigen zwei, über dem Mittelschiff durch eine Gallerie verbundene, vierseitige Thürme bis zur Höhe von 36 Klaftern auf. All den Ecken von kleineren Thürmchen flankirt schließen sie in spitzigen Dachpyrannoen aus Holz ab. il)v Die Haupt- und Residenzstadt Wien. Das Innere ist mit Gemälden bedeckt. Der ornamentale Theil davon wnrde nach den Entwürfen van der Nulls, welcher auch für die Einrichtung Sorge zu tragen hatte, der Bildercyclus dagegen nach dem Programm Führichs von den Künstlern Führich, Kuvelwieser, Binder, Scholz, Dobjaschofsky, Engerth, Blaas und Schönmann ausgeführt. Die Statuen des Hauptportales sind ein Merk Josef Gaffers und Pre-leuthners. Der Rohban wurde 1853, die innere Ausschmückung 1861 vollendet. Bei der künstlerischen Bedeutung des Baues mögen hier die wesentlichsten Dimensionen ihren Platz finden. Die innere Länge beträgt 36 Klafter 3 Fuß, die größte Breite 14 Klafter, die Breite des Mittelschiffes 7 Klafter, jene der Seitenschiffe 3 Klafter 2 Fuß, die.höhe im Mittelschiff 12 Klafter 4 Fuß, dagegen im Kreuzschiff mit der Kuppel 20 Klafter und in den Seitenschiffen 5 Klafter 5 Fuß. Die Lerchenfelderstraße mündet nicht weit von der Lerchenfelder Kirche in die Kaiserstraße und nahebei rechts öffnet sich die Lerchenfeldcr Linie, außer welcher sogleich das nicht mehr zum Stadtgebiet gehörige Neulerchenfeld beginnt. Schon in Altlerchenfeld deuten die kleinen und ärmlichen Häuser auf eine unbemittelte Bevölkerung hin und dasselbe ist der Fall in Neulcrchenfeld und in Ottakring, welches sich wieder an Neulcrchenfeld anschließt. Links aber, beiläufig in der Mitte der Kaiserstraße, gelangt man durch die Westbahnlinie zum Westbahnhofe, welcher sich jedoch mit seinen Gartenanlagen bis in die Nähe der Mariahilfer Linie ausdehnt und bequemer durch sie erreicht wird. Er ist nach dem Entwürfe des Mimsterialraths v. Löhr in den Jahren 1856—58 erbaut worden. Die große, mit einem eisernen Dach und mit Glas eingedeckte Personcnhalle liegt in Mitte der Wartsäle und der andern Geschäftslocalitäten. Die Räume für die abgehenden und ankommenden Reisenden sind gänzlich getrennt. In jene für die Abreisenden tritt man auf der Südseite durch ein 3fachcs Portale mit Statuengruppen von Meixner und zwar zuerst in einen Eingangsraum, welchen eine Statue der Kaiserin Elisabeth schmückt. Die Ankommenden nimmt auf der Nordseite ein großes Vestibule 200 Wien in der Gegenwart. auf, vor welchem ein Corridor nach der Länge der Nordfrontc hinläuft. Ein Gebäude östlich von der Hatte dient zu Bureaur und Wohnungen der Beamten, Statuen sind auf ihm angebracht, an seinen Ecken erheben sich Pavillons. Ueberhaupt ist der ganze Westbahnhof mit Geschmack, jedoch auch mit viel Luxus gebaut. Rechts außer der Westbahnlinie sieht man bald den Schmelzer Fried-Hof und zwar in so naher Nachbarschaft der dortigen zahlreichen Neubauten, daß bei diesem Anblick kaum Jemand in Abrede stellen wird, der Wunsch nach der baldigen Ausführung des von der Commune schon beschlossenen Baues eines Eentralfricdhofes in beträchtlicher Entfernung von Wien sei vollkommen gerechtfertigt. Der Bezirk Iosefstadt, der kleinste von Wien zählt 848 .Häuser und 5231 l> Bewohner. Schlagen wir den Weg nach der Alserstraße ein, welche den Bezirk im Norden von dem IX. Bezirk Alsergruud trennt, so finden wir als das linke Eckhaus zwischen ihn: und dem Paradeplatz des früheren Glacis das Landesgcricht in Strafsachen, ein sehr ausgedehntes Gebäude, ebenso würdevoll im Aeußern als zweckmäßig in der innern Eiutheilung. Ein wenig auffälliges großes Haus weiter links am Paradeplatz gehört dein Grafen Czernin. Die dem Publikum geöffnete Bildergallerie des Grafeu darin enthält 350 Gemälde, größteutheils aus der niederländischen, italienischen und deutschen Schule, darunter einen herrlichen P. Potter, Dürer, jedoch sind auch die Spanier gut vertreten. In derselben Lage am Paradeplatz abermals links fällt als ansehn-sehnliches Gebäude mit einem astronomischen Observatorium das k. k. militärisch-geographische Institut auf; ihm liegt die Herausgabe der Landkarten auf Grundlage der militärischen Landesaufnahmen ob. Den Platz als Eckhaus auf der rechten Seite der Lerchenfeldcrstraße und damit als letztes Haus unseres Bezirkes links am Paradeplatz nimmt der Pallast des Fürsten Auersperg ein. Fischer von Erlach der Jüngere hat ihn 1724 für den Marquis Rofrano gebaut. Bei einfachen, aber geschmackvollen Formen enthält er im Innern viel Pracht und insbesondere einen großen Saal mit Frescen. In der vom Paradeplatz parallel mit der Alserstraße nach Westen laufenden Iosefstädterstraße liegt das kleine, jedoch hübsch 5M 20 Die Haupt- und Residenzstadt Wicu, decorirte Theater in der Iosefstadt, und weiter ausicn die große Cavalleriekaserne, in der Piaristengasse aber, die nach rechts von der Iosefstädterstraße abzweigt, die Kirche und das Collegium der Piaristen. Erstere ist ein lichter und weiter Bau aus 1698—1716 mit guten Altarbildern, letzteres ein weitläufiges Gebäude, dessen Tracte einen Platz vor der Kirche bilden. Das einst vicl gepriesene, doch später ganz vernachlässigte Graf Schonborn'sche Palais in der Loudongasse hat die Kommune angekauft seinen Garten zu einem öffentlichen gemacht. Der Bezirk Alsergrund, 930 Häuser, 59262 Einwohner, umfaßt den ganzen weiten Raum zwischen der Lastenstraße, der Alserstraße und dem Donaukanal und kann wegen seines Haupttheiles, der Alservorstadt, füglich der Bezirk der Sanitäts- und Wohlthätigkeits-Anstalten genannt werden. Die Alservorstadt aber verdankt den in ihr befindlichen Spitälern, vornehmlich dem allgemeinen Krankenhause mit seinen Kliniken, ein beträchtliches Contingent mcdicinifcher Bewohner. Ist dann erst der Universitätsbau auf dem Paradeplatze vollendet, so wird es ihr an Lehrern und Schülern auch der andern Diseiplinen gewiß nicht fehlen. Dagegen beherbergen die Vorstädte, der Michaelbenrische- und Himmelpfortgrund, Thury, Liechtenthal, Althan und Rossau großentheils eine wenig wohlhabende Bevölkerung kleiner Geschäftsleute und Handarbeiter, darunter nicht wenig Wäscher. In der Alserstraße, durch welche der Strang der Eisenbahn nach Dornbach gezogen ist, bildet die Ecke rechts eine große Kaserne. Rechts davon, mit der Fronte gegen das frühere Glacis liegt zuerst das Rothe Haus, eines der größten Zinshäuser Wiens, dann die evangelische Garnisonskirche. Sie heißt von den Mönchen von Monserat, welche die Kirche einst besaßen und in Wien Schwarzspanier genannt wurden, gewöhnlich die Schwarzspanierkirchc und das anstoßende Haus das Schwarzspanierhaus. In diesem starb Beethoven im Jahre 1827. Auf die Kaserne folgt rechts in der Alserstraße unmittelbar das allgemeine Krankenhaus. Es wurde von Kaiser Josef II. 1783 gegründet, hat Platz für etwa 2500 Kranke und bedeckt mit seinen Tratten, darunter 202 Wien in der Gegenwart. mehrere neue Zubauten sind. und mit seinen Höfen einen ungcmein grossen Raum. Der runde Thurm auf seiner Nordseite, als Irrenhaus erbaut, lehrt, verglichen mit der neuen Irrenanstalt Wiens, wenigstens, daß die Psychiatrie in unserm Jahrhundert unleugbare Fortschritte gemacht hat. Unterhalb des Thurmes steht in der von der Alserstraße nach Norden ziehenden Spitalgassc ein neuerer zweckmäßiger Bau, dessen Inschrift: Inäa^anclis ^6idu8 6t (nu8i5 moi-dorum seine Bestimmung für die pathologische Anatomie kundgiebt. An die Rückseite des allgemeinen Krankenhauses stößt das Militärspital und dies steht seinerseits in Verbindung mit dem Iosephinum. Die Hauptfronte dieser, von K. Josef II. 1785 gegründeten, Bildungsanstalt für Militärärzte sieht in die Währ-ingergasse. Der Mitteltract, 2 Flügel und auf der Straßenseite ein großes Gitter schließen einen Hof ein, in welchem auf einem Brunnen eine hübsche Broncestatuc einer Hygiaea von I. M. Fischer aufgestellt ist. Unter den reichen Sammlungen der Akademie genießt die Wachs-präparatensammlung von Fontana einen europäischen Ruf. Das Iosephinum geht dermalen seiner Auflösung als abgesonderte medicinische Lehranstalt entgegen, soll jedoch für Militär-sanitäre Zwecke in anderer Weise erhalten bleiben. Dem Iosephinum gegenüber in der Währingcrstraßc erfreut das Auge der reizende Garten des früher Fürst Dietrichstein'schen jetzt Fürst Mcnsdorff'schen Palais, welches aus seiner Mitte als ein elegantes modernes Gebäude herausblickt. Dort wo aus der Währingerstraßc die Nußdorfersttaße rechts ablenkt, durch welche man zur Nußdorferlinie und dann rechts nach Nußdorf und gerade fort nach Dobling gelangt, erhebt sich an der Ecke der Währingcr-straße und Spitalgasse das Wiener Bürger-Versorgungshaus, ein großes erst 1860 vollendetes Gebäude. Seine nach den zwei Gassen ausgestreckten ^stockigen Tracte vereinigen sich an der Ecke dazwischen in einem 3 stöckigen, mit Statuen geschmückten, Mitteltracte als der Hauptfronte. Das stattliche Haus macht einen vortheilhaften Eindruck. Noch großartiger ist das nahe, erst kurze Zeit bezogene städtische Versorgungshaus in der Spitalgasse. Das riesige Gebäude hat zu beiden uu^ 26* Die Haupt- und Residenzstadt Wien. Seiten eines vortretenden Mitteltractes Nebentracte, welche an den Ecken gleichfalls vorspringen und dadurch die lange Fronte vor Monotonie bewahren. Die innere Eintheilung entspricht allen Anforderungen und die Anstalt kann als eine Musteranstalt gelten, so wie der Bau, welcher vom städtischen Baudirektor Niernsee herstammt, als ein Meisterwerk. Aber noch eine andere nahe Anstalt reiht sich dem besten ihrer Art an, die Irrenheilanstalt au: Brünnlfeldc. Sie liegt auf erhöhtem Grunde mit dem Eingänge aus der Lazarethgasse, welche sich von der Spitalgaffe rechts abtrennt. Weite Gartenanlagen umgeben die von Fellner 1848 —52 gebauten ausgedehnten Gebäude. Das Terrain in der Wä'hringergassc und den angrenzenden Gassen zeigt große Unebenheiten; die Wasser, namentlich der Alserbach, mögen sie hervorgebracht haben. Wir erinnern uns sehr wohl des Hohlweges, durch welchen man aus der Währingerstrasie an den Alserbach und in die heutige Nußdorferstraße herabgelangte; von da war die Steigung zu der im Alignement der Währingerstraße liegenden Währinger Linie noch bedeutender als heilte und sehr bedeutend jene von dem damals noch nicht überwölbten Alserbach auf die Höhe der Nußdorferstraßc. Die neue Zeit hat hier viel nivellirt und verbessert. Da wurden der Alscrbach eingewölbt, eine gerade Straße aus der Währingerstraße zur Währinger-Linic angelegt und auch die Straße über den Berg von der Währingerstraße in die Nustdorferstraße möglichst abgegraben und verbreitert. Der Bau des Bürger-Verforgungshauses trug dann das Seinige zur veränderten Gestalt der Umgegend bei und vollends bekam die Nußdorferstraße durch Abgrabungen ein ganz anderes Gesicht, als die Pferdeeisenbahn nach Döbling von der Ringstraße durch die Währingerstraße ill sie und dann durch sie bis Zur Nußdorfer Linie geführt wurde. Begeben wir uns auf der verlängerten Währingerstraße gegen die Währinger Linie so tönt und hämmert es links hinter der Ecke zwischen der Währinger- und Spitalgasse; die Töne kommen aus der großen Sigel'-schen Maschinenfabrik. Von der Währingerlinie geht der Weg rechts zum Währinger Friedhof, welcher hier auf freiem Felde, jedoch uäher der Nußdorfer Linie gelegen ist. 204 Wicu, in der Gegenwart. Folgen wir entgegen der Nußdorferstraße, so treffen wir bald ein Haus rechts an, welches eine Inschrift und eine, leider sehr kleine, Büste als Franz Schuberts Geburtshaus bezeichnet. Vor der Nußdorfer Linie erweckt das Maschinenhaus der Kaiser Ferdmandswasserleitung unser Interesse. Dieselbe ist 1835 zu Stande gekommen und versieht einen großen Theil Wiens mit filtrirtem Donauwasser. Jetzt soll die Versorgung der Residenz mit guten: Trinkwasser freilich bald noch besser und ausreichender durch die großartige neue Wasserleitung bewerkstelligt werden, welche Wien das Naft des Kaiserbrunnens aus der weiten Entfernung des Schneeberges zuführen wird. Rüstig wird schon allerorts an dem Riesenwerk gearbeitet, das allein nach dem Voranschläge 1l> Millionen Gulden kosten, dafür aber der Stadt täglich mindestens 1600000 Eimer — hoffentlich frisches — Wasser spenden wird. Schon von der Ringstraße an, dann rechts rückwärts von der Wäh-ringer- und der Nußdorferstraße senkt sich das Terrain gegen die Donau und die zum Theil am Ufer derselben gelegenen Vorstädte Liechtenthal und Rossau. In der Rossau finden wir einen der prachtvollsten Palläste Wiens, den fürstlich Liechtensteinischen Sommerpallast. Er erhebt sich in einein Vorraum mit Gartcnanlagen, welchen Nebengebäude einschließen, und besteht aus einem hohen Stockwerk und einem Halbstock darüber. Sein Mitteltraet springt etwas vor und in ihm führen fünf Eingänge in das gewölbte und von Säulen getragene Vestibule, das auch auf der Rückfeite gegen den Garten als Säulenhalle offen ist. Von hier gehen die breiten Doppeltreppen zum ersten Stock hinan, in welchem der gewölbte Saal auf 18 Marmorsäulen ruht. Nicht minder prächtig ist der auf der Höhe mit Statuen geschmückte Pavillon an: Schlüsse des im englischen Geschmack angelegten Gartens. Einst stieg eine doppelte Treppe von Marmor hinan zu dieser Gloriette, allem sie ist abgebrochen und dadurch auch der Pavillon theilweise um seine Wirkung gebracht worden. 205 Tic Haupt- und Residenzstadt Wien. Den eminenten italienischen Renaissancebau führte Martinelli in den Jahren —12 für den Fürsten Hans Adam Liechtenstein. Der Reichthum der herrlichen Bildergallcrie im Pallast, der ersten nach jener im Belvedere, sowohl der Anzahl der Nummern, 1200, als dem Kunstwcrth nach, besteht vornehmlich in Gemälden der niederländischen, italienischen und deutschen Schule. Wir finden Prachtbildcr von Rubens, Caravaggio, Tintoretto, Correggio, van Dyck, Leonardo de Vinei, Guido Reni u. a. in. In der nahen Wasagasfe macht sich das Orpheum, das frühere Harmonietheater, durch seine gefällige, hübsch decorirte Facade bemerkbar. Auch die innere Einrichtung des Unterhaltungsortes, welche theilweise noch von seiner frühern Verwendung als Theater herstammt, verräth guten Geschmack. Rückwärts vom Liechtensteinischen Garten kommt man auf den Alt-han'schen Grund'; dort ist der Bahnhof der Franz Iosefsbahn bereits weit im Bau vorgeschritten. Die Kirche der Serviten in der Rossau hat Fürst Piccolomini in den Jahren 1651—1668 von Cartone bauen lassen und sie ist nicht ohne Kunstwerth. Das mit ihr zusammenhängende Servitenkloster besitzt eine Bibliothek von 22,000 Bänden. Am Rande der Nossau gegen die Stadt liegt die Trödlerhalle zunächst der Westseite der großen Rudolfskaserne. Ihre vielen Trödler-buden sind theils an den 4 Gassenfronten angebracht, theils in den Gängen, welche sie der Länge und Breite nach regelmäsn'g durchschneiden. Doch hat dieser ehemalige „Tandelmarkt" seit er in einem anständigen Locale untergebracht ist, an Originalität eben so verloren als die Höckerinen daran verlieren, wenn sie sich in den Markthallen auf eine weniger urwüchsige Form angewiesen sehen. Die Rudolfskaserne gehört allerdings zum Bezirk Alsergrund, weil sie, von der Stadt gesehen, jenseits der Lastenstrasie gelegen ist. Wir haben ihrer jedoch bereits bei dem Gang um die Ringstraße gedacht, weil sich auf dieser der günstigste Standpunkt darbietet, um die riesigen Dimensionen des gewaltigen Baues zu beurtheilen, welcher Zwar gegen die W6 Wien in ver Gegenwart. Südseite cine Hauvtfa<,'ade richtet, auf der der Ringstraße zugekehrten Ostseite aber seine ungleich längere Fronte entwickelt. Unmittelbar an das Stadtgebiet von Wien reihen sich, wie wir schon andeuteten, die sogenannten Vororte Wiens als eine Anzahl selbstständiger Ortschaften Die meisten davon liegen von Nordwesten bis Südwesten der Residenz und die Zahl der Einwohner dieser Vororte allein beträgt über 200,000. Jedoch auch das jenseits der Donau im Nordosten der Stadt gelegene Floridsdorf und Simmering auf ihrer Südostseite müssen als Vororte angesehen werden. Die Bewohner dieser Ortschaften stehen im allerregesten Verkehr mit der Residenz. Täglich begeben sich Tausende und Tausende derselben in die Stadt, die ihnen den regelmäßigen Erwerb bietet, oder in welcher sie anderen Geschäften, seltener blos der Unterhaltung, nachgehen. Umgekehrt kommen die Wiener vielfach der Geschäfte halber in die Vororte, aber gewiß noch zahlreicher, um auf ihren Landhäusern und im Grünen sich zu erholen oder um Unterhaltungsorte, wohlfeilere Gasthäuser und Schanklocale zu besucheil. Die Vororte gehören deshalb mit zum geschäftlichen und materiellen Leben der Residenz, sind thatsächlich ein intcgrircnder Bestandtheil derselben und dies hat man berücksichtigt, als man eine Anzahl derselben mit einer Bevölkerung von nahezu ^00,000 Seelen in die Polizeiverwaltung der Hauptstadt einbezogen hat, welche nun nach dem geschäftlichen Allsdruck „im Polizeibezirk" Wiens liegt. Allein, diese administrative Maßregel ist für uns unentscheidend, die Vororte gehören denn doch nicht zum eigentlichen Wien und wir glauben darum, uns hier in der Schilderung Wiens nicht mit ihnen befassen zu dürfen. Wollten wir nicht den abstractcn Begriff des Polizeibezirks als unsere Richtschnur nehmen, so würden wir auch schwer eine Grenze dafür finden, was wir als Vororte besprechen sollen. Denn Jahr für Jahr dehnt sich der Kreis der Ortschaften, welche mittelbar mit Wien verbunden sind, aus, weil Jahr für Jahr durch Neubauten einige entlegenere Orte 207 Die Haupt-- lind Älesidcuzstadt Wicn, mit den an Wien unmittelbar anstoßenden zusammenwachsen. Döbling, Währing, Weinhaus, Hernals, Neulerchenfeld, Ottakring nördlich von der Schmelz, im Süden von ihr aber Füufhaus, Sechshans und Rudolfsheim und am rechten Ufer der Wien Gaudenzdorf, dann Simmering im Südwesten der Stadt und Floridsdorf am linken Donau-ufcr sind eben nur die Wien Zunächst liegenden Ortschaften. Doch Döbling ist in neuester Zeit mit Heiligenstadt zusammengewachsen und in allerneuester mit Unter- und Ober-Sievering und Grmzing, Heiligenstadt ist wieder verbunden mit Nußdorf. Gcrsthof stößt bereits mit Weinhaus zusammen und kein Zwischenraun: trennt mehr Pötzleinsdorf von Gersthof und Neustift und Salmannsdorf von Potzleinsdorf. Gaudenzdorf, Ober- und Unter-Meidling, Schönbrunn, Hietzing, Penzing, Unter-und Ober- St. Veit sind an einander gereiht, seit den letzten Jahren stößt Lainz und Svcising noch unzweifelhafter als früher an Hiehing und Hacking, welchem gegenüber und nur durch das schmale Bett der Wieu von ihm getrennt wieder Hütteldorf liegt, berührt schon Ober St. Veit. Wir werden daher das Erwähnenswerthe aus den Ortschaften um Wien erst dann hervorheben, wenn uns Ausflüge in den Umgebungen der Residenz in sic-führen. Dafür möge es uns gestattet sein, nachdem wir uns so lange mit den Bau- und anderen Denkmalen Wiens, mit seinen Kunst- und wissenschaftlichen Sammlungen, übrigen Sehenswürdigkeiten und (Einrichtungen beschäftigt haben, auch Einiges, was weniger gezählt, gemessen und gewogen werden kann als das bisher Besprochene, die geselligen und Culturverhältnisse der Residenz, in einer flüchtigen Skizze zu zeichnen. Das Wiener Leben hat seine großen Licht- und Schattenseiten. Das Klima ist kein gutes. Die nahe Ebene Ungarns und die Donau bringen der Residenz häufige Ost- West- und Nordwestwinde. Diese und die Nähe des Gebirges verursachen wieder den oftmaligen Regen und die zahlreichen Gewitter und dadurch starke Sprünge in der Temperatur. Auch wird im Winter die Kälte durch sie empfindlicher, als wenn das Thermometer bei unbewegter Luft um einige Grade tiefer stünde. Außerdem wirbelt der ewige Wind beständig den Staub auf, darunter die 208 Wien in der Oc^invart. loslösten kleinen Bestandtheile des übrigens ganz hübschen Würfelplast<'rs aus Vlauthhausner Granit lind veranlaßt dadurch hauptsächlich die vielen ^ungenkrankheiten. Der Frühling besteht blos im Kalender, das naßkalte Wetter dauert in den meisten Jahren weit in die sogenannten Lenzmonate hinein fort, um endlich in die Hitze überzuspringen, und wahrhaft drückend ist die >>itze in den engen Straßen mit den hohen Häusern, in denen die ^uft nicht circuliren kann. Wien gehört aber auch zu den theuersten Städten, wenn man die, gangbaren Preise mit dem Werth vergleicht, welchen das (Held im Lande hat und damit den allein richtigen Maßstab zur Beurtheilung von Theuerung oder Billigkeit anlegt. Obenan stehen die Wohnungvpreise. Die Miethen in der innern Stadt, besonders für die am meisten gesuchten mittelgroßen und kleinen Wohnungen sind kaum mehr zu erschwingen, zumal Verkaufsmas.azine und Geldinstitute nicht blos einzelne Stockwerke sondern ganze Häuser in Beschlag nehmen. In den nähern und hübschern Vorstädten wohnt man nicht viel billiger als in der Stadt und in die entfernten zu ziehen ist eben nicht Jedermanns Sache. Selbstverständlich lassen sich alle günstig gelegenen Gasthöfe durch die allgemeinen Wohnungspreise, oft mehr als eben nothwendig wäre, beeinflussen und begehren für ihre Zimmer bisweilen Ueberraschendes. Besser steht es mit den ^ebensmittelpreisen. Sie stellen sich im ganzen nicht sehr hoch und auch die Speisehäuser Wiens machen zum Theil anständige Preise. Daß übrigens die Anforderungen des Einzelnen an Luxus und Wohlleben bei den Preisen der bisher berührten Artikel ebenso entscheidend in das Gewicht fallen als bei Anschaffung von Kleidung und Einrichtung bedarf keiner ausdrücklichen Erwähnung. Allsgesprochen thener ist das Beheizungsmaterial. Bei Bestimmung der Eintrittspreise und des Fahrpreises scheinen die ersteren Nnterhaltungsorte und die besseren Fahrgelegenheiten nicht die relativ billigeren ^ebensmittel sondern die Preise von Holz und Wohnung im Auge zu haben. Freilich ist die Zahl der allgemeinen Transportmittel, der Omnibus, Stellwagen und der Eisenbahneil, wo>u noch die Pferdebahn kommt, so groß, daß die ^>3 2? Die Haupt- und Äefldcuzstadt Wieli, Benützung eigener theuerer Fahrgelegenheiten in der Mehrzahl der Fälle als Luxus angesehen werden kanu. Allein diescn und noch anderen Schattenseiten Wiens stehen nicht zu verkennende Lichtseiten gegenüber. Die Lage Wiens ist reizend, es besitzt alle Vorzüge einer Großstadt, obenan daß, wer es wünscht, unbeachtet bleiben kam«, und wird nebenbei von einer lebensfrohen, geselligen und im >tern gutmüthigen Bevölkerung bewohnt. Gerade die Lebenslust der Wiener bringt es auch mit sich, daß es an Gelegenheit sich zu unterhalten hier niemals fehlt. Die Genußsucht hat dem Wiener reichlich Tadel und Spott eingebracht und nicht immer mit Unrecht. Allein das Phäakenthum hat sich in den letzten 20 Jahren mit den ernsteren Aufgaben und größeren Anforderungen des Lebens uno mit dem verständigeren Unterricht wesentlich gebessert. Der Wiener genießt mindestens ungleich seltener als früher auf dosten einer edleren ^ebeusrichtung und die Bildung findet, unbeein-trächtigl durch das materielle Genußleben in stets weiteren Kreisen Eingang. Wir wollen uns nun die gesellschaftlichen Verhältnisse und die Vergnügungen in unserer Residenz etwas näher ansehen! Die Aristokratie, das heißt der alte und besitzende Adel, ist möglichst unter sich abgeschlossen. Er bildet die „Gesellschaft" Wiens. Die Familien des nicht ganz unbedeutenden Adels, welche aber an Glanz des Namens und Reichthums mit der eigentlichen Aristokratie nicht wetteifern können, Vereinigen sich theils zu einer gleichsam zweiten Gesellschaft, in welche vielfach der gebildete Mittelstand, zu dem sie eigentlich selbst zu zählen sind, die Familien höherer Beamten, Militärs, Gelehrte?e. hineinragen, theils vermischen sie sich mit der Geldaristokratie. Diese letztere besteht vornehmlich aus den Größen der Börse und ihr Reichthum setzt sie in die Lage die glänzendsten Diners, Soireen, und Bälle zu geben. Sie lieben es ihre Salons, deren Gros die wohlhabende Mittelklasse liefert, mit wirklichen Aristotraten, Ministern, Generalen und berühmten Persönlichkeiten zu illustriren und ihr Wunsch geht, in so weit es sich um die Herren nicht auch um deren Damen i/ii, Wien in der Gegenwart. handelt, leicht in Erfüllung, weil, selbst abgesehen von der persönlichen Liebenswürdigkeit der Einladenden, die gern gesehenen Gäste im öffentlichen Interesse die Verbindung mit den Beherrschern des Geldmarkteo pflegen, oder bei den, von denselben geleiteten Geldunternehmungen mitbetheiligt oder überhaupt dazu geneigt sind, sich gut zu unterhalten und zu genießen» Soweit der gebildete Mittelstand sich nicht in den zwei zuletzt genannten Cotcrieen bewegt lost er sich, wie nicht minder der Mittelstand überhaupt, in zahlreiche kleine (Gesellschaftskreise auf. Die unteren Stande endlich suchen die Geselligkeit größtentheils außerhalb des Hauses an öffentlichen Orten. Dem geselligen ^eben in abgeschlossenen Kreisen stehen jedoch auch bei den höheren Ständen Vergnügungen an öffentlichen Orten zur Seite. Sie gestalten fich ziemlich gleichmäßig hinsichtlich der Betheiligung der verschiedenen Schattirungen der obern Stände daran, theils weil einzelne Arten der Unterhaltungen, z. B. dao Theater, die allgemeine Betheiligung mit sich bringen, theils weil alle, welche daran Theil nehmen, die Gepflogenheiten der Aristokratie nachahmen. Im Fasching erfreuen sich aus den öffentlichen unmaskirten Bällen blos die adeligen Damenpickuicks im kleinen Nedoutensale des Besuches der Damen der Aristokratie und die Damen, nicht die >>erren, tonnen auch rücksichtlich des Ballbesuches allein als entscheidend angesehen werden. Auf einem oder dem anderen der sogenannten großen Bälle Wienv, worunter der Ball der industriellen Gesellschaften, der Stndenten-Bürger- Juristen- Eoncordia- Techniker- Protestanten Mdizinerball zählt, erscheinen sie nur au5 besondern Veranlassungen, al5 Präsidentinen de<5 Ballcomit«'s und Patronessen. Diese Bälle entnehmen ihr Publieum dem Mittelstande. Doch fehlen auch die Männer der ersten Gesellschaft auf ihnen nicht, entweder sind sie geladene Gäste oder sie kommen alv Verehrer der Wissenschaft und besonders der >wnst. Auf den Nedouten, deren in letzter ^eit jährlich ."> abgehalten wurden und zwar am >tatharmentage, am Gründonnerstag und /vaschiugdienstag verbirgt die Mavke auch manche Aristokratin. Die übrigen Mavten Bälle, selbst in den ersten öffentlichen Sälen, haben in Wieu bald einen Charakter angenommen, welcher anständigen grauen ihren Besuch nicht ermöglicht. ^11 8<* Dic Haupt und Residenzstadt Wien, Die untern Gesellfchaftstlassen unterhalten sich während Prinz Carneval sein Scepter schwingt auf zahlreichen maskirten und unmaskirteu öffentlichen Bällen und weit über den Fasching hinaus in sogenannten Soireen innerhalb und außerhalb des Weichbildes von Wien auf dao köstlichste. Sobald es Frühling geworden, fährt man in den dann auch r>on Fußgängern viel besuchteu Prater, zuerst Vormittags, hierauf wenn der Tag länger nach dem Offen vor'm Theater, unterläßt es aber, selbst wenn man es gerne thäte, nach den Pfingstfeiertagen, denn die Aristokratie fehlt bereits, weil fie, sowie um Pfiugsteu Heruni die großen Pferderennen in der Frcioenau stattgefunden haben, auf ihre Schloffer zieht. Auch der vermogliche Mittelstand zieht jetzt bald auf daS Land, um später auf Reisen oder in die Bäder zu gehen. Wer in Wien zurückgehalten ist verläßt es wenigstens nm Landpartieen zu inachen und die elegante Welt, hier selbst die Damen der Aristokratie nicht ausgenommen, promenirt in der warmen Jahreszeit Abends im Voltsgarten unter den klängen der Strauß'schen oder einer Regimenwtapelle. Der minder uermögliche Mittelstand findet sich des wohlfeileren Eintrittsgeldes halber auch in dieser Saifon in den Nachmittags-Concerten im .^ursalon des Stadtparkes ein. Die untern Stände dagegen wandern im Frühjahr und Sommer fleißig aus der Stadt nach den Vororten, um in den Gärten der (''Gasthäuser oder in andern Schankloealen Bier oder den beliebten Henrigen d. h. letztjährigen Wein zu triuken. Sie machen jedoch mit der Pferdebahn oder den Eisenbahnen auch weitere Ausflüge, aber kanm je in Gegenden, in welchen sie auf eiue erfrischende Labung uicht hoffen können und weil die Bräuhäuser iu Liesing, Brunn und das allerdings entlegenere von Mein-Schwechat in dieser Einsicht ihnen die sicherste Garantie gegen Enttäuschung bieten, besuchen sie dieselben in hellen Haufeu. Ebenso ist der Wurstelprater in der schönen Jahreszeit ihres zahlreichsten Besuches sicher. Das Elubwesen ist in Wien nur weuig ausgebildet. Außer dem Iockeyklub, dem adeligen und Officiers-Casino bestehen als elubähuliche Locale größerer Art für dic vermöglicheren Mittelklasseu blos dcr juridisch politische Leseverein, oic Union uud der kaufmännische Verein, welcher 212 Wien m dcr Gegenwart. als das besteingerichtete auch dem Kauflnannsstand nicht angehörige Perwnen dcr gebildeten blassen als Mitglieder zählt. Unl so mehr besucht dcr Wiener, auch der höhern Mittelklassen, die Gasthäuser um dort Bier zu trinken und es ist eine eigenthümliche Erscheinung, daß er besonders Abendo nicht die Räumlichkeiten der Hotels, sondern die rauchigsten und heißesten Bierhäuser nut Vorliebe aufsucht und sich in ihnen erst wie der Salamander im Feuer vollständig in seinem Elemente fühlt. Zu den Vergnügungen an welchen alle Stände theilnehmen, gehören die Theater. Viag das Burgtheater nicht mehr so viel Größen ersten Ranges wie einst als Vertreter der einzelnen Rollenfächer besitzen, so besitzt es doch noch treffliche Schauspieler und ist durch sein eminentes Zusammenspiel noch immer eine Musterbühue geblieben. Für die Oper und dao Ballet hat im prächtigen neuen Opernhanse eine neue Aera begonnen. Für das Ballet ist sie unbezweifelbar eine glückliche, denn der colossale Bühnenraum mit allen seinen kostspieligen Vorrichtungen gestattet die Entfaltung der sinnenberauschenden Ausstattung und Insce-nirung, wie sie das Ballet zum durchschlagenden Erfolge benöthigt. Die Oper läuft freilich Gefahr, daß im großen Hanse gerade die zarteren Kunstschöpfungen nicht durchgreifen und noch näher liegt ihr' die andere Gefahr, daß sie durch zu prächtige Ausstattung, wozu das neue Opernhaus förmlich verleitet, zur Ausstattungsoper herabsintt. Allein, obgleich nur Aehnliches schon erlebt haben, dürfen wir es immerhin ungescheut aufsprechen, daß Wien eine Oper besitzt, wie keine andere deutsche Stadt oder wie überhaupt keine andere Stadt. Von den gebildeten blassen wird day Carltheatcr viel und gern besncht. Sein Personale und das Zusammenspiel desselben bewähren sich gleich ausgezeichnet in der Operette, dem leichten Lustspiel, dem ernsteren Charakterstück und der Posse, doch wird das kleine Lustspiel und die Operette mit Vorliebe gepflegt. Das Theater an der Wien verfolgt dieselbe Richtnng wie das (5arl-theater und rivalisirt in manchen Fällen mit Glück mit ihm, jedoch trotz hervorragender einzelner Kräfte steht das Ensemble jenem des Carltheaters nach. 2l3 Dic Haupt« und Residenzstadt Wien. Das Iosefstädter Theater vermag sich schon lange nicht mehr auch nur annähernd auf gleicher Stufe mit den so ebeu geuannten beiden Schauspielhäusern zu halten. Die frühere Räumlichkeit des Musikvereins in der innern Stadt wird gerade jetzt zu einem Vaudevilletheater umgebaut. Es, sowie Laube's Stadttheater, welches kaum erst den Grundfesten entstiegen ist, gehören für's Erste blos der Zukunft an. Den Theatern reiht sich gewissermasen der Eireus Reuz an. Nenz erfreut dlirch seine Dressur der Pferde, durch die Productionen iu der höhern Reitkuust und durch alle jene Beigaben, deren es bedarf, um eine Circusvorstellung durch nahezu A Stunden hinauszuschleppen, jährlich durch einige Monate das Herz des Pferdekenners und fonstigen Habituös selbst bei täglichem Befuch, aber zweifellos auch den Laien in diesem Zweige der 5tnnst, wenn derselbe den Circus selten besucht. Daß nun Wien über den Unterhaltungen und dem Lebensgenuß im Allgemeinen die geistige Ausbildung und die höheren Lebensaufgaben, Wissenschaft und .^unst, nicht vergißt, beweist das Streben, welches in neuester Zeit reger als jemals früher in beiden herrfcht. Den geistigen Fortschritt befördert nichts gewisser als die nicht wegzuleugnende Verbesserung und Vermehrung unserer Elementar- und Mittelschulen in der jüngsten Zeit. Aber auch die wissenschaftliche Ausbildung wird zweckmäßig geleitet und die Wissenschaft selbst vielfach gefördert und gepflegt. Die höhern Unterrichtoanstalten werden nach den Fortschritten der Zeit umgestaltet, die wissenschaftlichen Sammlungen als vorzügliches Lehrmittel vermehrt und bereichert und es entstehen zahlreiche neue Körperschaften, welche sich die Pflege der Wissenschaft zur Aufgabe machen. Wir kennen schon aus der voranstehenden Darstellung Wiens die meisten wissenschaftlichen Bildungsanstalten der Residenz.- die Universität, das Polytechnikum, das Iosephinum, die .vaudelsakademie, das Thierarznei-institnt, das städtische Pädagogium und fügen hier noch die orientalische Akademie, das höhere Bildungsinstitut für Weltpricster und die Kriegsschule hinzu. 214 Nien in der GcgcmuHrt. Die wissenschaftlichen Sammlungen inallcher dieser Anstalten sind höchst bedeutend nnd eines Theiles derselben und mancher anderen haben wir bereits gedacht, so der reichen Schätze, welche in der k. k. Hofburg in der tzofbibliothek, dein zoologisch-botanischen, dem Münzen- und Antiken-und Mineralienkabinet aufbewahrt werden, so wie der Sammlung der k. k. geologischen Neichsanstalt und nebstdem besitzt allein schon unsere Universität die vorzüglichsten Sammlungen für die einzelnen medieinischen und naturhistorischen Fächer, woraus das Museum der vergleichenden Anatomie mit 4500 Präparaten, darunter Hyrtl's Misterarbeiten, noch sveeiell genannt werden mich. Fortwährend treten neue gelehrte Gesellschaften und Vereine zu den altbewährten Pflegestätten der Wissellschaft ill Wien und wir haben Wiens wissenschaftliche Körperschaften nicht erschöpft, wenn wir als in ihm befindlich nennen: die k. k. Akademie der Wissenschaften, die t. k. zoologisch-botanische und die k. k. geographische Gesellschaft, den Verein für die Landeskunde von Nioderösterreich, den österreichischen Alpeilverein und eine Section des deutschen Alpenvereins, die Centralcomission zur Erhaltung der Baudenkmale und den Alterthumsverein, die k. k. geologische Reichsanstalt, das militärisch-geografische Institut, die, k. k. Centralanstalt für Meteorologie und die österreichische Gesellschaft für Meteorologie, die Gesellschaft der Aerzte, den Reichsforst- uereln, den Ingenieur- und Gewerbsverein und die vor Kur-em gegründete anthropologifche und heraldische Gesellschaft. Handelt es sich aber um die Kunst, so hat die Akademie der bildenden Künste eine zweckdienliche Reorganisirung erfahreil und neben ihr ist das k. k. Museum für Kunst und Industrie zur Heranbildung des Geschmackes dcr Kunstgewerbe entstanden. Von Pvivatvereinen verfolgen die Fortbildung der Kuilst aln ihr Ziel neben dem älteven der neue Kunstverem, dann die Genossenschaft der bildenden Künste, die (iigenthümeriu dev schönen Künstlerhauses. Die Zahl der großen öffentlicheil Bildergalerien in Wien ist leider in letzter Zeit uermindeit worden als die Fürst Esterhazi/sche nach Pest übertragen und die u, Arthaber'sche durch Veräußerung zerstreut wurde. ^i.-> Die Haupt- und ^icsidcuzstadt Wien, Es war anerkannt, daß in Wien durch alle seine Gallerien zusammengenommen sämmtliche Malerschulen so vollständig nnd in so hervorragender Weise vertreten seien wie in keiner andern Stadt. Durch den Verlust der Esterhazli'schen Sammlung wurde eine bedeutende Lücke gerissen uud sie bezieht sich hauptsächlich aus die spanische Schule. Tafür nimmt die Zahl der Gallerien im Besitze des vermöglichen Mittelstände?, immer mehr zu. In der erfreulichsten Weise endlich findet die Malerei anch thatsächliche Anerkennung durch die Beschäftigung mit größeren Arbeiten, insbesondere mit der Ausschmückung monumentaler Banten, welche den Künstlern vom Staate, von der Commune lind von reichen Privaten übertragen wird. Die Gemälde im Waffenmuseum, in der Altlcrchenfelder Kirche und im Kursalon, im Palais des Baron Todesco, Baron Sina nnd de5 Bankiers von Epstein geben nebst andern davon Zeugnis'. Daß die Kupferstechkunst in neuerer Zeit nicht vernachlässigt wird geht alls den zwei großeil Kupferstichsammlungen der kais. Privatbibliothek und vornehmlich jener dey Erzherzoge Albrecht hervor, welche fortan durch neue Anschaffungen bereichert, zn stets größerer Vollständigkeit sich erheben. Diejenige Kunst jedoch, welche durch die Zeitverhältniße begünstigt sich in Wien am Entschiedensteil gehoben hat, ist die Bankunst. Seit den ersten Bauten der Stadterweiterung haben die Architekten Wiens riesige Fortschritte gemacht und wenn unter diesen ersten Bauten aus-namsweise eine schöne vorkommt so sind die der letzten Jahre säst alle ausgezeichnet, manche, obenan jene Friedrich Schmidt's, Hansen's und Ferstel's wahre Meisterwerke. Auch die Musik wird in der Stadt Beethoven's, Mozart's nnd Haydn's nicht alo Stiefkind behandelt. Die Gesellschaft der Musikfreunde hat cine würdige Stätte für die Kunst der Töne erbaut und doppelter Dank gebührt ihr dafür, daß sie die Au5bildung5fchule des Conservatoriums darin einen Platz finden ließ. Die Auobilduug und Ausübung der Mnsik schreiben außerdem noch das Opernhaus, der Verein für Kirchenmusik, die Singakademie, der Männergesangsverein, der akademische Gesangsverein und eine große Anzahl anderer Vereine und Verbindungen in ihr ^1' hat uns davon überzeugt, daß es seine schöne Lage zumeist dem Wienerwald mit dem .^ahlengebirge verdankt. Die Donan verklärt und belebt das Bild durch das Licht und die Vewegnng ihrer Flnthen. Die Ebene im Süden und das Marchfeld jenseits des Stromes erweitern es und gestalten es großartiger. Die Umrandung dieser Flächen: die kleinen Karpathen, das Leitha- und Rosaliengebirge, als die Ausläufer der Ventralalpen, diese selbst im östlichsten Theile ihres Hauptkammes nnd die hohen nördlichen ^altalpen, gleichfalls mit ihrem östlichen Ende, und ihre Vortetten geben ihm einen vortrefflichen Rahmen ab. Die sichtbaren Hochspitzen der Alpen verschaffen ihm unbestreitbar selbst einigermaßen den Eindruck des Imposanten. Sie sind jedoch zn entfernt um maßgebeuden Einfluß auszuübeu. Eutscheidend in der Formgebung kann blos das nahe Gebirge sein und dies ist für Wien der 21.8 Q> Die Umgebungen Wiens, — Der Wiencr-Wald, <5 Wiencrwald. Ihm gehören die luftigen, fernblickenden Höhen, die schattigen Wälder und die stillen grünen Thäler rings um die Residenz an, welche uns mit immer neuem unwiderstehlichen Reiz fesseln. Unsere Ausflüge in der Umgebung ucm Wien werden uns deshalb größtentheils in den Wiener-Wald führen. Des Zusammenhanges halber haben wir jedoch auch die von Wien weit ab liegenden Theile des Wienerwaldes in diesen Abschnitt aufgenommen, und wir glauben darum um so mehr, hier einige Worte über den Wienerwald vorausschicken zu sollen. Wir wissen, daß der Wienerwald jenem Gebirgszuge angehört, welcher sich von dem Hauptkamme der Nordalpen am Gippel trennt und nach einen: im (kroßen und Ganzen nördlichen Laufe am Leopoldvberg bei Wien endigt. Die ganze Gebirgskette wurde häufig das cetische Gebirge oder der Wienerwald genannt. Der vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich herausgegebenen Topographie von Niederöstreich gebührt das Verdienst einer wissenschaftlichen Feststellung der schwankenden Bezeichnung. Sie nimmt die tiefe Einsattlung zwischen .^aumberg und Hainfeld, mittelst deren auf dem Hauptkamm der nördliche, der Sandsteinzone augehörige, Theil des erwähnten Gebirgszuges mit dem zur Kalkzone gehörenden südlichen zusammenhängt, als die Grenze des Wienerwaldes an und es bildet demnach der von diesem Sattel nördlich liegende Hauptkamm mit allen seinen Ausläufern den Wienerwald. Das von der (tiusattlung zwischen Sievering und Weidlingbach auf der Südwestseite des Hermannskogels bis an die Donau sich' ausdehnende Stück des Wienerwaldes nennt sie dann das .^ahlengebirge. Der Wicuerwald liegt großentheils in dem Gebiet des Sandsteins, er hat aber iu seinen Ausläufern auch seinen Antheil an der .^alkzone von Niederösterreich. Diese geologische Verschiedenheit seiner Theile macht sich sogleich bemerkbar. So weit sie iu das Gebiet des Sandsteins fallen treffen wir sanftgerundete und langgestreckte Rücken mit muldenförmigen Thälern an, die freundlichen Laubwälder, besonders der Rothbuche, breiten sich ringsum aus. Im Kalkgebirge werden die Abhänge steiler, Felsen treten, sogar bis zur Wanddildung, vielfach zu Tage, das Nadelholz, vornehmlich die Schwarzföhre, kommt häufig selbst in größeren Beständen vor. 21!) ^ Dic Haupt' und Residenzstadt Wien, Bei der Durchforschung von Wiens Umgebungen mögen uns die Pferdebahn und die Dampfeisenbahnen als die ausgiebigsten Beförderungs-mittel die Richtung dietiren, wobei wir das, was uicht unmittelbar an ihnen gelegen ist dort kennen lerneu wollen, wo wir ihm am nächsten gekommen sind. . Wir beginnen unsere Fahrten, indem wir uns der Pferdebahn bedienen, welche durch die westlichen Vorstädte und Vororte bis Penzing gelegt ist. Sie soll uns vor allem nach dem kaiserlichen Lustschloß Schönbrunn bringen. Wir verlassen Wien durch die Mariahilfer Linie und fahren fortan auf der alten Hauptstraße nach Deutschland, der Reichsstraße, zuerst durch Fünfhaus, welches sich unmittelbar westlich au die Linie anreiht, dann durch das sich au dasselbe wieder westlich anschließende Rudolföheim. Rechts erblicken wir sogleich außerhalb der Linie den Westbahnhof in seinen Gartenanlagen, hinter ihm steigt die Schmelz allmählich an, etwas rechts wird für Augenblicke ein Stück des ^ahlen-gebirges sichtbar. Links seitwärts von unserer Bahn, doch gleichfalls zunächst dem Linieuwalle, fesselt unsere Aufmerksamkeit die im Aeußeren bereits vollendete große Kirche von Fünfhaus. Ueber dem Höhenzuge im Süden Wiens und seiner westlichen Vororte ragt aus größerer südlicher Ferne der Aninger empor. Links haben wir noch zwischen Fünfhaus und dem Wienfluße den Vorort Sechöhaus zu suchen, am rechten Wienufer aber Gaudenzdorf, das außer der Hundsthurmer Linie anfängt. Die eben genannten Vororte zählen zu den fabriks- und volksreichsten. So hat Fnnfhauo 27065, Scchshaus 1098?, Gnudenzdorf 11692, Rudolfsheim 21940 Vewohuer. Endlich sind wir bei den letzten Häusern und gleich darauf dort angekommen, wo die Straße nach Schonbrunn von der Reichsstraße links abzweigt und jetzt gewahreu wir Schönbruun schon ganz in der Nähe. Stolz thront das Hauptgebäude inmitten und etwas zurück von den weitläufigen niedrigeren Nebengebäuden. Am linken, östlichen, Ende derselben beginnt Meidling, das unmittelbar westlich am rechten. Wienufer au Gaudenzdorf stößt; rechts, westlich, folgt Hietzing auf Schönbrunn. Hart über dem Lustschloß und seinem Park, der zum Theil auf ihn hinan- ^o O Die Umgebungen Wiens, Der Wiener Wald, K steigt lind sich nach Osten über Meidling fortsetzend lagert der uns schon von der Limo her bekannte südliche Höhenzug. Von ihm blickt in der Achse des Schlosses zuoberst eines, von den Waldpartieen des Parks beiderseits eingefaßten Wiesenabhangs die prächtige Säulenhalle der Gloriette herab und gerade in ihrer Nähe sehen die Spitzen der fernen Gaisberge über den.Höhenrand herüber. Auch in allen übrigen Richtungen ist nun die Landschaft mindestens größtentheits uom erdrückenden Hausermeer befreit. Vor uns bauen sich rückwärts von Penzing die hübsch bewaldeten Berge des kaiserlichen Thiergartens aus. Zwischen ihnen und den Hohen des Schönbrunncr Parks zeigen sich aus der Ferne die Rücken des Liesingthales. Rechts von uns endlich wölbt jenseits der Westbahn die Schmelz ihre sanften Linien, darüber endlich erheben sich die zwischen Dornbach und Hütteldorf liegenden Berge des Wienerwaldes. Wir verlassen an der dem Wienfluß Zugewandten Ecke des Gartens des dem König von Hannover gehörigen ersten Hauses von Penzing den Wagen, um über die Wienbrücke Schönbrunn selbst zu betreten. Dort, wo sich heute das großartige Lustschloß und der herrliche Park befinden lag schon lange ein Thiergarten und Jagdschloß. Nachdem letzteres durch die Türken 1683 zerstört worden war, befahl K. Leopold I. dein berühmten Baumeister Fischer von Erlach hier einen Sommerpallast zu bauen, und rief zugleich die Anlage des Gartens ins Leben. Von: Plane Fischers von Erlach kam nur ein Theil zur Ausführung. Erst Maria Theresia und Baiser Josef II. haben Schöubrunn in der großartigsten Weise umgestaltet. M. Theresia ließ 1744 das Schloß vergrößern und um ein Stockwerk erhöhen. Auch der Garten wurde vergrößert, 1752 die Menagerie errichtet, 1763 der botanische Garten angelegt; 1775 bk, 1780 wurden die bedeutendsten Monumente, die Gloriette, die römische Ruine und der Obelisk alisgeführt und überall Statncn tüchtiger Bildhauer aufgestellt. Eine breite Einfahrt mit beiderseits einem Obelisken, ans dessen Höhe ein vergoldeter Adler ruht und einem kleinern Eingänge führt in den großen Vorhof. Seine der Einfahrt gegenüber liegende Rückseite mmmt das Hauptgebäude des Schlosses ein, ans den übrigen Seiten 221 Tie Haupte und Residenzstadt Wien. umgeben ihn einstöckige Nebengebände. Zwei Bassins mit kunstvollen Gruppen beleben durch ihre Wasserstrahlen den etwa 80 Klafter im Geviert fassenden Ramn. Der Hauptbau hat zwci Stockmerke nnd über der Mitte ein pavillonartiges Geschoß, das Belvedere. In ihm befindet sich eine Uhr, zu höchst ist anf ihm die Kaiserkrone angebracht. Beide Flügel springen vor nnd dies sowie die abwechselnd mit Statnen nnd Vasen gezierte Gallerie des Daches bringen Bewegung in den Ban, dessen Hauptzierde jedoch eine breite Freitreppe bildet, welche aus dein Hofe zn den hohen Glasthüren des ersten Stockwerks leitet. Tritt man dnrch die Säulenhalle unter den Freitreppen nnd dein ersten Stocke in den (harten, so findet man die Rückseite des Haupttraktes im wesentlichen, dem Nnfbau in der Mitte zn einein pavillonartigen Geschoß und dem hohen ersten Stockwerk mit der Freitreppe, der Vorderseite ähnlich. Tie Ausdehnung des Schlosses beweist die Thatsache, daß es eine Kapelle, ein Theater nnd im Ganzen 1441 Gemächer, die meisten davon allerdings in den Nebengebäuden, enthält. Daß darunter prächtige Räume vorkommen, daß es an der kostbarsten Einrichtung und an Kunstwerken von hohem Werth nicht fehlt bedarf kaum der Erwähnung. Unter den Sälen zeichnen sich vornehmlich auo der Spiegelsaal mit Bildern von Gnglielmi, der Hamiltonsaal mit Oelgemälden der Brüder Hamilton und der Ceremoniensaal mit seinen historischen Bildern. Der Fürstensitz ist reich an historischen Erinnerungen. Die mindest erfreulichen stehen in Verbindung mit Napoleon I. Zweimal, im Jahre 1805 und 1809 hatte er als siegreicher Feind hier sein Hauptquartier. Doch hier auch beabsichtigte der deutsche Student Stabs ein Attentat auf sein Leben und starb 1832 der einzige Sohn des gewaltigen Kaisers der Franzosen, der Herzog von Reichstadt. Noch bedeutender als selbst das Schloß ist der Garten. Seine beiläufige Breite wird mit 630 Klaftern, seine Länge bis zum Fafangarten mit 900 Klaftern, sein Gesammtflächenraum mit 800000 Klaftern angegeben. Die ersten Entwürfe zu ihm rühren von Adrian Steckhouen, die späteren von Ferdinand von Hohenbcrg her. Ueber der Großartigkeit und dem vorzüg- v»->^ !>) Die UmgebmMii Wiciis. — Der Wiener-Wald, lichen Geschmack, hauptsächlich über den zu Alleen trefflich benutzten eolossalen Bäumen vergißt sich das Steife des französischen Styls, in welchem die Anlagen gehalten sind. Den mächtigsten (5indruck empfängt man sogleich, sobald man durch die Sänlenhalle des Hauptschlosses auf das Parterre hinamckommt. Der herrliche Raum ist 100 Klafter breit nnd N00 Klafter lang. Seinen Grund bilden große Wiesenrabatten nut Blumengruppen in ihrer Mitte. Gegen Norden von der Rückseite des schönen Schloßes eingerahmt, wird es rechts und links der Länge nach von hohen Bäumen eingefaßt, welche dadurch, das; sie anf der ihm zugewandten Seite nnd auf ihrer höhe regelrecht beschnitten sind, grüne Wände sonnen. In gleichen Zwischenräumen schimmern an ihrem Fuß auf hohen Postamenten :;2 mythologische Fignren nnd Gruppen von weißem Tiroler Marmor, Werke des Bildhauers I. W. Beyer, stur die vom Parterre nach verschiedenen Richtungen auslaufenden Vaumgänge hab.n Lücken in die lebensfrische Umrandung gerissen. Am Imposantesten gestaltet sich der Abschluß durch das Neptunsbassin auf der dein Schloß gegenüber liegenden Südseite. Dort treffen wir über einem größeren Wasserbecken Neptun und Thetis zu höchst auf Felsen an, als Mittelpunkt von Najaden und Tritonen mit Seepferden; sämmtliche Figuren sind nach Modellen I. W. Beyers ausgeführt. Sind die Wasserwerke im Gauge, so stürzt überall das Wasser von oben in das Becken herab und steigen zwei Wasserstrahlen daraus hoch in die Lüfte. Unmittelbar am Neptunsbecken und an den Bäumen, welche als Rückwand an demselben steheu, beginnt ein Wiesenabhang. Zn beiden Seiten randet ihn, gleichsam als eine, der Zucht der Gartenscheere ledig gewordene, Fortsetzung der Baumwände des Parterres, der Wald ein, von seiner Höhe aber schaut die Gloriette, oder nach dem Wiener Ausdruck das Gloriett, herab. Sie ist ein, im I. 1775 von Hohenbcrg parallel mit dem Schloße und in dessen Achse hergestelltes W0 F. langes und 108 F. hohes ebenerdiges Gebäude italienischen Styles nnd besteht aus einem Saal in der Mitte, an welchen sich rechts und lints breite Arkaden anschließen, die je mit einen: dorischen Porticus und einer Freitreppe endigen. Auch ^ V Die Haupt- und Residenzstadt Wien, zum Saal steigt man von der Vorderseite und dem hier liegenden großen Wasserbecken ans Freitreppen hinan. Die Terrasse über dein Saal, welche sowie der tiefere Bau mit Trophäen geziert ist, gewährt einen entzückenden Blick hinab auf das Parterre mit dem Schloß nnd auf den übrigen Park, hinüber nach dem Hütteldorfer Thale und nach der Schmelz, auf einen Theil von Wien und weithin über die südliche Ebene und ihre zahlreichen Ortschaften endlich auf das Kahlengebirge und die Berge des Wienerwaldes jenseits und diesseits der Wien vom Thiergarten bis in die Gegend uon Baden. Rückwärts von der Gloriette schließt der Fasangarten den Park nach Süden. Er, die dem kaiserlichen Hofe reservirten ^ammergärten, welche sich in der Verlängerung der schmalen Seite des Hauptgebäudes östlich und westlich an dies anreihen, und einige wenige andere Partieen sind allein dem öffentlichen Befuche nicht erschlossen. In dem höchst ausgedehnten Park ergötzen den Besucher überall die schattigsten Alleen, aus colossalen Bäumen gebildet, zwischen welchen junger Nachwuchs sich zu Wäldchen fügte oder andere Anlagen mit gutem Geschmack angelegt wurden. Immer kommt man wieder zu Wasserbecken und Statuen oder man wird plötzlich durch eineo der größern Monumente oder eine der den besonderen Zwecken gewidmeten Abtheilungen des Parks überrascht. Von diesen heben wir insbesondere hervor: östlich vom Parterre den Obelisken, die wirkungsreich eonstrnirte römische Ruine und den Brunnen an der Ouelle des berühmten Schönbrunner Wassers. Ihr verdankt Schönbrunn sein Aufblühen und, wie es scheint, auch seinen Namen und noch jetzt spendet täglich die Urne der hübschen, uon Beyer geformten, Najade im Grottengebäude das köstliche Naß für die kaiserliche Hoftafel in Wien. Auf der rechten Seite vom Parterre dagegen verdienen besonders die Menagerie und der botanische Garten besucht zu werden. In der ersteren hat die neueste Zeit auch ihren Bewohnern ein besseres, um nicht zu sagen menschlicheres, Loos gebracht. Denn die Käfiche sind nach Thunlichkeit erhöht und erweitert und den einzelnen Thicrgattungen ist ^24 Die Umgebungen Wiens, — Dcr Wiener Wald. der ihnen zusagendste Platz eingeräumt nnd auf die für sie passendste Weise hergerichtet worden. Im Wesentlichen besteht die Anlage aus einem kreisrunden Hof. In ihn münden dreizehn radial angelegte und mit Eisengittern gegen ihn verwahrte Zwinger, während seine Mitte ein Pavillon einnimmt, in welchem die Papageien untergebracht sind. Je nach dem Bedürfnisse wird bei den sich im Freien bewegenden Thieren ein Zwinger nur von einer einzigen Thiergattung bewohnt, oder ist er unterabgetheilt. In jene Zwinger, in denen die Thiere in Msichen oder Logen verwahrt werden, ist der Eintritt dem Publicum gestattet und so erfreuen sich die Zwinger mit den Naubthiercn, darunter den Bären, welchen ein Wasserraum zur Verfügung steht, derjenige der unfreiwilligen Komiker, der Affen, und die trefflich eingerichteten Höfe für das Wasser- und andere Geflügel stets zahlreichen Besuches. Der geschmackvoll angelegte botanische Garten zeichnet sich durch seinen Reichthum au seltenen Pflanzen aus. Auch die Glashäuser werden fortan zweckmäßig umgestaltet. Unter ihnen ist das Palmenhaus höchst bcachtenswerth wegen seiner herrlichen Palmen. In: botanischen Garten steht ein gelnngenes Granitmodell der Statue Josef II. auf dem Iosefs-platze uud eine Büste ^. Franz I., des Gemahls der K. M. Theresia. Nicht unberücksichtigt darf in Schönbrunn endlich die Orangerie bleiben, weil ihre Räumlichkeit wahrhaft großartig, e. ll()0 F. lang, 36 F. breit und 25 F. hoch ist, weshalb auch wiederholt größere Hoffeste in ihr gegeben wurden. Das im Osten an Schonbrunn anstoßende Meidling zerfällt in Ober-und Untermeidling. Ersteres zieht sich an dem vielfach bemerkten tzöhenzug hinan, auf dem auch die Gloriette liegt und hat hier am Grünen Berg einige stattliche Villen. Untermeidling besitzt zwei der besuchteren Bäder um Wien, das Theresien- und dao Pfann'sche Bad, zahlreiche Fabriken und gehört mit seinen 13801 Einwohnern zu den großen Ortschaften. Im Westen schließt sich das Villendorf Hietzing an Schönbrunn an. Auf dem Platze wurde vor Kurzem ein Monument des Kaisers Max von Mexiko errichtet. Es stellt den Kaiser in Lebensgröße und in der ^.', 2!> Die Haupt- und Nesiomzstadt Wieu, Admiralsnniform nüt dem über die Schultern geworfenen .Kaisermantel dar. Die Figur ist in Er.^ gegossen und steht auf einem schönen Piedesta! von Marmor. Day Denkmal liat hier einen paffenden Ort geflllldeu, weil sich Baiser Vtar um die Commune »ietzing dadurch verdient gemacht hatte, daß er ihr feine an der Westumfassuug des Schoubruuner Parks gelegeue, ant, freundlichen Gartenanlagen illld einein im SchweizerMile gebauten Gartenhause bestehende Besihung Mar.ing schenkte. Donimatier's Casino ist ^in, vornehmlich als Speiseort, auch bei der vornehmen Welt Wiens beliebtes Locale. Ungleich lebhafter geht eo in der Neuen Welt her, deren parkähnlicher (karten nebst großen Gasthausräunilichkeiteu auch ein Theater umfaßt. Das große Penzing, 7<^i Einwohner, an dessen östliches Ende uus die Pferdebahn bereits früher brachte, dehnt sich am linken Wienufer bis gegenüber Hietzing aus, mit welchem es durch eine Kettenbrücke in Verbindung steht. 5?ält man von Hietziug die Richtung nach Westen ein fo gelangt man nach Unter- und Ober- St. Veit; links mehr südlich folgt auf >>iehing ^ainz und Speising, von wo man nach Mauer tommt, das jedoch bequemer von der Südbahn zu erreichen ist. In allen diesen Orten findet man zahlreiche Villen. Ober St. Veit befitzt nebstdem ein Schloß deS Mrster,^ bifchofs von Wien, in welchem ein Altar von Albrecht Dürer verwahrt wird. Auch die Kirche des Ortes ist nicht ohne Interesse, denn nicht blos, daft ihr 1433 begonnener Chor noch gothische Reste erkennen läßt, so hat sie auch darunter eine Krypta oder Gruft mit einem Mittelpfeiler. Das rechte Ufer der Wien aufwärts reiht sich an Ober St. Veit der Ort .hacking, welchem gegenüber am linken Ufer der Wien x>ütteldorf, die zweite Station der .tt. Elisabeth Wcstbahn, gelegen ist. In westlicher Richtung kommt man bei St. Veit bald an die Maller des kaiserlichen Thiergartens und sie reicht ganz bis nach backing herab. Da wir uns znm erstenmal in der unmittelbaren Nähe des Thiergartens befinden so sei seiner kurz erwähnt. K. Josef II. hat zur Hege des Schwarz- Roth- und Damwildes einen Theil des Wienerwaldes als den kaiserlichen Thiergarten mit einer än O Die Umgebungen Wiens, - Der Wiener Wald. O 13000 Klafter —.". Meilen — langen, 1'/2 Schuh dicken nnd durchschnittlich 7 Fuß hohen Mauer umfangen lassen. In diesem weiten Naume sind zu den anmuthigsten Bildern vereint lichte Teiche, wohnliche Försterhäuser, stille Thäler mit klaren Bächen nnd saftigen Wiesen und überall der herrlichste Baumwuchs, zumeist Buchen, doch auch viele Eichen und Tannen, hier zu Alleen gereiht, dort in vereinzelten Gruppen aufstrebend. Iagd-ständo, Einfänge, Futterstadeln und ähnliche, den Iagdzweckcn dienliche Baulichkeiten verrathen an viele«: Orten die Bestimmung des Naturparkes und auch das überall als interessante Staffage sichtbare edle Wild läßt darüber keinen Zweifel. Dort wo das Terrain ansteigt, bieten sich die überraschendsten Kernsichteil dar auf Wien und seine Umgebung, auf das Waldgebirge mit den ruhigen Thälern und das Hochgebirge im Hintergrund. Tie Erhebungen deo Thiergartens sind zum Theil sehr beträchtlich. So hat der Hornauskogel eine Höhe von 1570 F., der kalte Bründels-berg von 1604 Fuß. In den Thiergarten führen mehrere Eingänge. Der Hauptcingang befindet sich beim t. Forsthalls im Auhof bei Mariabrunn. Einen zweiten Strang der Pferdeeisenbahn benutzen wir ;um Besuch von Dorn bach. Wir kamen auf der Fahrt nach Penzing zunächst in das (Gebiet der westlichen und südwestlichen, im Süden der UnHöhe der Schmelz gelegenen, Vororte. Die heutige Fahrt bringt uns in die nordwestlichen, von der Schmelz nördlich liegenden, Vororte. Das große Hernals, .^2M5 Einwohner, reicht bis an die Hernalser Linie, durch welche die Pferdebahn dieAlservorstaot verläßt. Die eigentliche Straße nach Dornbach biegt sogleich an der Millie rechts ab, geht mitten durch den Ort und erreicht am dortigen Offieiers-Töchter-Bildungsinstitut und an der Kirche vorbei das Ende desselben. Die Pferdebahn gelangt eben dahin mit einer großen Ausbiegung. Sie läuft nähmlich von der Linie zuerst gerade auf den Neulerchenfelder Exereiervlatz, jenseits dessen sich das vor der Altlerchenfelder Linie liegende von 1009.". Menschen bewohnte Neulerchenfeld ausbreitet, dann in das 212<;<) Einwohner zählende Ottatring und erst hierauf nach einer fcharfen Wendung nach Rechts auf die besagte Dornbacher Straße am Ende von tzernals. Bald sehen wir ^'7 29* Die Haupt- und Residenzstadt Wien. auch Dornbach und darüber das Schloß Neuwaldegg mit den waldigen Bergen hinter ihnen. Der mit Weingebirgen bedeckte Rücken zur Rechten, welcher die Mulde des Alserbaches von der nächsten nördlichen, derjenigen des Wä'hringerbaches, scheidet steigt allmählich höher auf. Dieser Rücken und links die Ausläufer des Galitzynberges und der übrigen Berge des Wienerwaldes an der Ecke zwischen den Mulden des Alser- und Ottakringer-baches nnd dem Thale der Wien, treten sich bei Dornbach so nahe, daß sie es vollkommen einengen. Wenn wir durch das lange Dornbach bis dorthin gegangen sind, wo das mit ihm zusammenhängende Neuwaldegg beginnt, können wir, um in den Park, die große und einzige Merkwürdigkeit von Dornbach, zu gelangen, entweder zum Schlosse Neuwaldegg hinangehen oder unsern Weg in der Tiefe durch den Ort Neuwaldegg fortsetzen. Daß sich die Thalwände so nahe stehen und überall in ihren Einbuchtungen und auf ihnen selbst hübsche Villen sich ansiedelten, trägt wesentlich zum günstigen Eindruck Dornbachs und Neuwaldeggs bei. Das Schloß wendet seine Vorderseite Wien zu und hat bei seiner erhöhten Lage eine vorzügliche Aussicht auf dasselbe. Die Rückseite geht nach einem Hof mit Blumenrabatten und von hier läuft eiue Allee auf der Höhe gegen den Park fort, zu dessen großer Marswiese sie sich dann rasch hinabläßt. Sie ist eben ein Einschnitt in den Buchenwald und wie dieser links in Nawrwüchsigkeit zu den nächsten Höhen hinansteigt, senkt er sich ebenso rechts hinab zu den Wiesen nnd Hausgärten von Neuwaldegg, welches sich parallel mit unserer Allee in der Tiefe thal-einwärts erstreckt. Jenseits der Marswiese an der Straße von Ncuwaldegg hierher bezeichnet ein Gitter den Beginn des eigentlichen Parks. Der große Reiz des letzteren besteht darin, daß seine Anlagen im englischen Geschmack die Natur, welche hier die prächtigsten Wiesen und Wälder in der Tiefe und auf den Vergeu schuf, blos unterstützen. Nur hier und da sind Statuen, Pavillons und Chioske angebracht. Alls den ersteren nennen wir den ruhenden Mars ans der Marswiese, den sterbenden Fechter am Spiegelteich. ^ft '2 Die Umgebungen Wiens. — Der Wiener Wald (5' Das interessanteste Denkmal ist die Morizruhe, eine in einem Tannenhain verborgene und durch ein Eisengitter verschlossene Kapelle, welche das Grab des 1801 verstorbenen Feldmarschalls Grafen Lascy und seines Neffen, des Feldzeugmeisters Grafen Browne enthält. Auch das hochgelegene Hameau oder Holländerdörfchen ist des Besuches werth, nicht sowohl wegen seiner kleinen, außeu mit Matten und Binsen bekleideten Hütten oder als Erfrischungsort, als wegen seiner romantischen Aussicht, eiuerseits aus den Schneeberg, andererseits auf die nächsten Spitzen des Kahlengebirges, besonders auf den .hermannskogel, auf die (Hegenden jenseits der Donau und gegen Wien. Der Umfang des Parks beträgt über eine Meile. Die Anlage stammt aus den Jahren 17W—W, vorzüglich aus der Zeit vom Jahre 1775 an, als Feldmarschall Graf Moriz ^ascy im Besitz von Neu-waldegg war. In Dornbach und Neuwaldegg fühlt man sich unwiderstehlich verlockt tiefer in den Wienerwnld einzudringen. Nach allen Richtungen laufen von hier die Steige durch seine Wälder aus. Schon weit vorn in Dornbach kommt man links abbiegend auf den Galihynberg zu dein auf ihm in Parkanlagen gelegenen Schloß des Fürsten Montleart und voll da hinab in das Thal der Wien nach Mtteldorf. Auch der .Heuberg, ein vortrefflicher 145i; F. hoher Aussichtspunkt, wird von hier oder aus der uus bekannten Allee hinter den, Schloße Neuwaldegg am besten bestiegen. Von den letzten Häusern von Neuwaldegg lenkt ein Fahrweg und führen Promenadewege hinüber nach der nächsten nördlichen und der Dornbacher parallelen Thalmulde. Wir treffen darin zuuächst Pötzlein-dorf an, dann in der Richtung gegen Wien Gersthof, Weiuhaus, endlich das große 1602:i Einwohner zählende und erst an der Währinger Linie endigende Währing. Von diesen Orten besitzt Pötzleinsdorf bei seinem Schloße einen öffentlichen Park, Währing dagegen viele Fabriken und den bekannten Ortsfriedshof. Zahlreiche Wiener Familien haben in ihm ihre Grabstätten und berühmte Männer, wie Beethoven, Schubert, Nestroy, Grillparzer sind hier begraben. ^2v Die Haupt- und Residenzstadt Wien. Von demselben Ausgangspunkte am Ende von Reuwaloegg geht mehr links cm Weg nach Salnmnnsdorf nnd Neustift, Ortschaften, welche in eincm gegen das östliche Sievering geöffneten Thälchen zwischen dem vom Hameau nordostwärts vorgeschobenen .Höhenzuge nnd einem nach Pötzleiusdorf hinüberreichcnden Rücken eingebettet sind. Von der Marswiese kommt man in westlicher Richtung, noch lange über Wiesen dann im Waldesschatten, über die Höhe des Schottenhofes in das in 5?ütteldorf endigende Thal des Halterbachcs. Vorzügliche Oeuüße erwarten nns jedoch, wenn wir der Straße folgen, welche von Neuwaldegg ausgehend am Eingangsqitter des Parkes und an der Marowiese vorbei sich bald nordwestlicher hält als der unmittelbar vorher besprochene Weg in das Halterthal. Sie ist erst in jüngster Zeit ans Landesmitteln zur Verbindung des Tulnerfeldcs mit der Residenz gebaut worden, klettert vom Dornbacher Park in Serpentinen über den Et-clberg auf den Rücken des Roßkopfes und zieht nun lange auf dein Kamm der Berge fort, um sich erst am Tulbingerkogel rasch in das Tulnerfeld nach Königstätten hinabzuneigen. Dort lief früher der Tulbinger-steig, auf welchem die ^andleute des Tulnerbodens ihre Produkte in die Residenz trugen. Es war ein Weg von unbeschreiblichem Reiz: der schattigste Buchenwald wechselte fortan ab mit smaragdgrünen von Bäumen nnd Strauchwerk malerisch eingesäumten Wiesen und stets neue Ausblicke nach Südeu oder Norden riefen immer wieder das Interesse wach. Das ist jetzt allerdings in manchem anders geworden. An die Stelle des Waldes und der Wiesenteppiche ist die, kahle Straße getreten. Wer aber nicht retrospectiv blos das Vorhandene beurtheilt, den werden die schönen Fcrnsichteu der Straße gewiß erfreuen. Wenn man der Straße noch ein Stück auf der Höhe vom Roßkopf weg folgt und dann südwärts abbiegt gewinnt man in wenig Minuten die Wiese der Sophienalpe lind bald auch über sie die Aussicht auf der Hohen Wand. Sie umfaßt die anheimelnden Wellen des Wienerwaldes und das .Hochgebirge im Süden und Südwesten, in-welchem nebst dem Schneeberg der Oippel und Göller und zu äußerst rechts der Oetscher in ausgezeichneter Form hervortreten. Doch auch Bruchstücke des Marchfeldes 230 c>) Die Umgebungen Wiens. — Der Wiener-Wald, mit den Kleinen Karpathen und die .Hainburger Berge sind sichtbar und der Gegensatz oeo ^-lachlandbildeb init der Gebirg^schau gewährt hier, wie auf den meisten Aussichtspunkten uln Wien, einen eigenthümlichen Genuß. Von der hohen Wand steigt man nach .Hainbach oder in der Richtung der Stadt in das .Halterthal hinab. Vom .hameau im Dornbacher Part' endlich wird in kürzester Zeit auf steil abfallendem Wege dao im Hintergründe des Weidlinger Thales liegende Weidlingbach erreicht. Die dritte bis jetzt bestehende Linie der Pferdebahn soll uns in das Kahlengebirge bringen. An der Nuschorfer Linie, durch welche diese Trace nach Döbling geführt ist, zw.'igt rechts die Straße nach Nußdorf ab von jener nach, oder besser in, Döbling, denn auch hier greifen die Däuser von Dob ling bereits bis zur Linie herein. Der Blick gegen Nußdorf und die Donau über die Brigittenau und die tiefen Gegenden am äußern Donaukanal, dann nach vorne alls dao eigentliche Kahlengebirge ist sogleich ein sehr dankbarer. Döbling zahlt unter die an Villen reichsten Orte um Wien. Cs zerfällt in Nnter-Döbling mit 1102 und Oberdöbling mit 5522 Bewohnern. Wenn wir vom haltepuukt der Pferdebahn in der .Hauptstraße fortgehen, so sehen wir diese sich bald zum Nusnväldchen senken und sich dann zur .hohen Warte wieder erheben. Um die letztere herum sind in neuester Zeit beiderseits der Straße zahlreiche Neubauten geführt worden, darunter gehört auch das für die k. k. Centralanstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus bestimmte Gebäude und eine?, für die t. t. Blindenanstalt. Auf unserem Wege entwickelt sich die Aussicht über Wien mit dem Hochgebirge, über die Donau und dav Marchfeld init jedem Schritte vorzüglicher. Dort wo die Straße auf dem höchsten Punkt anlangt, beginnen dann die Ganser von Hciligenstadt. Die Straße neigt sich jedoch sogleich wieder steil hinab, um in die Tiefe des Ortes .Heiligenstadt zu kommen. Sie führl dabei an dem Onaderbau der spätgothischen Michaelskirche vorbei. Die Tradition seht .Heiligenstadt in Verbindung init dem Wirken des heiligen Seoerin's in Noricum und insbosonders soll die weiter gegen 231 Die Haupt- und Residenzstadt Wien. Nußdorf zu auf dem Platze am Pfarrhofe liegeudc Iakobskapellc, welche thatsächlich romanische Baureste ausweist und erst letzthin, im März 1872, cm Raub der Flammen geworden ist, aus Seoerins Zeit herstammen. Wir unterlassen es, in das mit Hciligenstadt zusammenhängende Nußdorf zu gehen, wir werden dahin auf einem andern Wege kommen. Wir wenden uns vielmehr gegen Westen, um dem aus Grinzing nach Heiligenstadt fließenden Bache entgegen, den ersteren Ort zu erreichen. Nußdorf, Heiligenftadt und Grinzing liegen am Fuße der Vorberge des Kahlengebirges und speeiell erhebt sich zunächst Nußdorf und nordwärts von Heiligcnstadt der Nußberg, die Geburtsstätte des berühmten Nuß-berger Weines. Von Döbling führt übrigens ein unmittelbarer Weg nach Grinzing. Man verläßt dann Döbling an seiner nordwestlichen Ecke dort, wo die große Privatirrenanstalt am Zugang zur Türkenschanze weithin die Gegend beherrscht, und auf diesem Wege stellt sich auch das rings von Höhen eingeschlossene Grinzing mit dem kahlen- und Leopoldsberge darüber ungleich vortheilhafter dar, als von der Heiligenstädter Seite. Von Grmzing, dessen Kirche aus dem Ende des 15. Jahrhunderts stammt, besteigt man am häufigsten den Kahlenberg. Die zwei auffälligsten, bekanntesten und äußersten Berge des Kahlengebirges gegen die Donau, der Kahlenberg und Leopoldsberg trugen nicht immer diese Namen. Der Kahlenberg hieß zuerst Schweinsberg und später Iosefsberg und erst nachdem der Lcopoldsberg im 17. Jahrhundert feinen ältern Namen Kahlenberg aus Anlaß des Baues einer Kirche zu Ehren des h. Leopolds auf ihm verloren hatte, ging dieser letztere Name auf den Iosefsberg über. Man gewinnt die 1525 F. hohe Spitze des Berges mit dem Dorfe Iosefsdorf von Grinzing in etwa einer Stunde. Der Weg steigt von den letzten Häusern von Grinzing steil bis dorthin, wo man von ihm links ablenken muß, um in das Krapfenwäldchen zu gelangen. Dann läuft er gerade fort und senkt sich hierauf sogar, um die Schlucht zu überwinden, welche vom eigentlichen Kahlengebirge nach Nußdorf hinabzieht. Auf ihrer andern Seite geht es wieder steil bis auf die Vorstufe des Nuhberges ^ O Die Umgebungtn Wiens, — Der Wiemr-Wald. ^, und zuletzt iu Windungen den Kahlenbcrg selbst hinan. Das auf dem Gipfel liegende Joscfsdorf besteht aus der Kirche und einigen hübschen Gebäuden. Einst stand hier ein Camaldulenser Kloster, die Türken zerstörten es 1683. Vs wurde wieder hergestellt, jedoch unter K. Josef II. aufgehoben. Wir haben schon an anderem Orte der Nolle gedacht, welche dem Kahlen-bcrgc bei dem Entsatze Wiens im Jahre 1683 zugefallen ist. Ebenso haben wir die wundervolle Aussicht vom Kahlenberge bereits früher geschildert und vermeiden es deshalb, sie hier nochmal zu beschreiben. Zunächst erscheint uns der Besuch des Leopoldsberges als geboten. Wir betreten damit die Stätte, auf welcher Markgraf Leopold I V. der .heilige sich im Jahre 1101 seine Bnrg erbaute, wo er lebte und starb. Glänzendere Tage sah der Lcopoldsberg nicht wieder. Schon Leopolds I V. Sohn und zweiter Nachfolger, Markgraf, später verzog, Heinrich Jasomirgott verlegte seinen Herrschersiv nach Wien. Zwar bezog Albrecht I. die Burg, doch nur als er aus dein aufrührerischen Wien geflohen war und blos um hier die Mittel zur Bändiguug desselben vorzubereiten. Albrecht III. ließ sogar die Marmorbilder und die Einrichtung des Schloßes nach Lachsenburg übertragen. Nachdem es im 15. Jahrhundert wieder hergestellt, dann neuerlich zerstört, von K. Friedrich IV. neu befestigt und von Mathias Oorvinus wiederholt eingenommen worden war, gab endlich die Annäherung der Türken im Jahre 15>2!) die Veranlassung, es in die Luft zu fprengen. Auch die folgenden Jahrhunderte gingen nicht spurlos an den alt-chrwürdigeu Bmltrümmern vorüber. Kaiser Leopold I. erbaute die Kirche zu Ehren des h. Leopolds, uou welcher, wie wir gehört haben, der Berg erst den Namen Leopoldsberg bekam. Bald darnach wurden anch die Wohnräume wieder benutzbar hergestellt und Kaiser Karl VI. ließ vollends 1730 Schloß und Kirche nach einem neuen größern Plane umbauen. Unter Josef II. wurde jedoch die Kirche entweiht und sammt dem Berge dem Stifte Klosterneuburg, welches alte Allsprüche darauf hatte, übergeben, und wurde auch die Kirche am Elide des 18. Jahrhunderts neuerlich wieder ciugeweiht, so ist sie doch schon lange wieder geschlossen. 2^ 30 Dic Haupt und Residenzstadt Wicu. tz> Jetzt vermag uns auf dem 1'',.'X) F. über dem Meere und 8^4 F. über der Donau gelegenen Gipfel blos seine unvergleichliche Fernsicht .511 ent-zücken, welche jene vom >xahleuberge an Ausdehnung und Abwechslung noch übertrifft, weil sie sich auch noch den Lauf der Donau weit aufwartn und über die in dieser Richtung am linken Stromufer liegenden zahlreichen Ortschaften und Bergzüge bis tief in's Land hinein erstreckt und nebstdem einen vortrefflichen Ueberbtick über das nahe .^lofternenburg und den nordwestlichen Ausgang des Wienerwaldes gegen Greifenstein und das Tulnerfeld gestattet. Vom Leopolds- und .^ahlmbcrge führen reizende Steige in das auf ihrer Westseite eingetiefte Weidlingerthal, dann nach Heiligenstadt, Nußdorf und dem .^ahlenbergerdörfel. Nichts jedoch ist dankbarer 'als der Gang auf dein .^amme des Gebirges vom Kahlenberge auf den Hermanns-kogel. Immer im Buchenwald bringt er uns anf die große Iägerwiese, von welcher diese höchste Spitze des Kahlengebirgeb sich erhebt und nach einem kurzen aber steilen Anstiege auf sie selbst. Das Panorama von dem 171^ F. hohen Punkte gleicht in manchem jenein vom kahlen- und Leopoldsberge. Auch hier bilden die Stadt und ihre Vororte, die Donau mit ihren Auen, die (5bcne im Süden der Residenz und das Marchfeld mit ihren zahlreichen Ortschaften und dem Höhenkranze über ihnen, einzelne ferne Hochgebirgsspitzen und das nahe Gebiet des Wienerwaldes die Bestandtheile, welche mehr oder weniger vollständig sich dem Beschauer darstellen. Wir glauben darum auch hier nur das dieser Rundschau Eigenthümliche betonen Zu sollen und finden es in der noch umfassenderen Aussicht auf das Hochgebirge, welche bis zu den Prielen im fernen Süowesten reicht und in der Beherrschung des Wienerwaldes in der größten Ausdehnung. Auf einer gegen Wien vortretenden Höhe des Kahlengebirges, dem Kobenzl oder Reisenberg, liegt in reizenden Parkanlagen das schöne Schloß des Banquiers Baron Sothen. Der Himmel gewährt eine der entzückendsten Aussichten auf Wien und seine Umgebung und eine ähnliche eröffnet sich auch auf dein auf einer Vorstufe über Griuzing befindlichen Krapfen-Wäldchen. Der Himmel fällt südlich in die Schlucht von Sievering nahc 2Z4 S Die Umgebung Wi^ns, — T-cr Wicmr Wald. <3" an dcn großen dortigen Steinbrüchen ab. Diese Schlucht zicht sich oon Sieuering bis an den Fuß des Hermaunskogels hinein und ans ihr ist die Straße nach Weidlingbach über jene Einsattlung lnn Südwestfuße des Hermannskogels geführt, welche die nene Geographie als das südliche Ende des ^ahlengebirge^, betrachtet. Sievering, einer der langgestrecktesten Orte mn Wien, zusammengesetzt ans Ober- nnd Unter-Sievering, reicht vom Abfall des Himmels bis hinaus zur nordwestlichen Ecke oon Döbling. Auch hier soll der h. Severin eine Kirche erbant haben. Die ihm geweihte Pfarrkirche, ein Steinban mit drei Schiffen und einen: masswen viereckigen Thurm, ist jedoch entschieden spätgothisch. Im Süden begleitet den Ort in geringer Entfernung die, auf den anderen Seiten nach Dobling, Währing, Weinhaus, Gersthof und Pötz-leinsdorf abdachende >?öhe der Türtenschanze. Sie hat ihren Namen daher, daß bei dem Entsatze Wiens im I. 1l^8^ um die hier aufgestellten türtischen Batterien am heißesten gekä'mpft wurde, reicht bis zu 8W F. hinan nnd ist von Interesse als eimr der günstigsten Punkte zum Neberblick der so nahen Residenz so wie wegen der eolossalen Sandsteinbrüche und Sandgruben, welche rings bis Zu ungewöhnlicher Tiefe in ihr Inneres eindringen. >'luf unseren weitern Aiwflügeu in Wiens Umgebung seheu wir uns auf die Locomotivbahnen augewiesen. Wir beginnen mit der Baiser Franz-Iosephbahn. Denn wir knüpfen damit unmittelbar an unsere Ausflüge im >whlmgebirge an und kommen in die Lage, sogleich mit den Gegenden am Westabhange desselben nnd mit den nordwestlichen Ansläufern des Wienerwaldes bekannt zu werden. Durch den an der Nnßdorferstraße gelegenen Theil von Döbling ist bald Nußdorf erreicht. Die Bahn hält sich bis hierher stets in der Nähe des Donallkanals, welcher in Nußdorf von dem >>auptstrome abzweigt. Hier befindet sich denn auch bio jetzt der ^andnngsplatz für Wien dr größeren Tampffchiffe; klcine Boote verfehcn dabei den Dienst Zwisten Nußdorf und Wien. 235 30* I Die Haupt lmv Residenzstadt Wien. Die bereits weit vorgeschrittene Regulirung der Donau nächst Wien wird dem Strombett bei Nußdorf eine veränderte Gestalt geben und schon jetzt beweisen dort ausgedehnte Bauten im Flusse die Großartigkeit des Unternehmens. Bis Nußdorf trifft man links an der Eisenbahn blos die unbedeutenden Höhen von Döbling und Heiligenstadt an, von Nußdorf an ist dagegen das Kahlengebirge, und zwar Anfangs mit den Böschungen seiner Vorstufen, dann jenseits der Schlucht, an deren Ausgang sich das Kahlenbergerdörfel verbirgt, mit dein Leopoldsberge selbst so nahe an den Strom gerückt, daß sich kaum für die Straße und die Eisenbahn der nöthigste Raunt finden ließ. Wir erwähnten schon früher der Verbindung des Kahlen- und Leopolds-berges mit Nußdorf und dem Kahlenbergerdörfel. Von dem letztern aus steigt man insbesondere, steil doch in kurzer Zeit über die sogenannte Nase auf den Leopoldsberg. Sobald die Bahn unter dem Leopoldsberg vorbei ist, öffnet sich links das Weidlinger-Thal und gelangt man zur alten Allee vor Klosterneuburg und an den Klosterneuburger Bahnhof. Hauptsächlich auf der Westseite des Weidlinger Thales reift der vortreffliche Weidlinger Wein; die Ostseite steigt mehr in Wiese und Wald zum Kamm des Kahleugebirges hinan, auf welches mehrere Wege führen. Im Kirchhof des Dorfes Weidliug sind der berühmte Orientalist Baron Hammer-Purgstall und Oesterreichs größter Lyriker, Nikolaus Lenau, begraben. Je tiefer mau im Thale eindringt desto stiller, doch auch desto anmuthiger wird es. Rings säumt der freundliche Buchenwald die üppigen Wiesen seiner Sohle oder belebt sie durch malerische Gruppen. Lautlos huscht zwischen Strauchwerk der klare Weidlingbach durch den Wiesenptan dahin, Laubholz, seltener Tannen, bedecken allerorten bis Zuoberst die Thalwände. Bei den meistens isolirt, aber durchaus romantisch gelegenen Häusern von Weidlingbach ist das Thal schon recht enge geworden. .Hier heißt es nun umkehren oder aufwärts steigen, fei es zum Hameau oder auf die Straße von Dornbach nach dem Tulnerfeld oder endlich auf der mehr besprochenen Straße zur Einsattlung auf dem Südwestabhange des Hermannskogels. 2W ss Die Umgeblm^it Wiens, ^ Der Wiener-Wald, Klosterneuburg liegt auf den untersten, bis an die Wiesen und Auen an der Donau reichenden, Abhängen des Nordrandes des Wienerwaldes und in der Mulde, durch welche der Kierlingerbach dem Strome zufließt. Es zerfällt in die obere und in die untere Stadt, hat eine Bevölkerung von 5830 Seelen und ist der Sitz der n. ö. Landes-, Obst- und Weinbauschule. Von Wien aus gelangt man zuerst in die Wiener Vorstadt, dann in die obere Stadt. Man kommt an der eolofsalcn, der neuen Zeit angehörigen Kaserne des Pionierkorps vorbei, von welcher wieder gegen die Donau hinausgeschoben der Schiffsbauhof mit seinen großen Vorräthen von Schiffsgeräthschaften aller Art, Tauen, Ankern u. s. w. und sehenswerthen Modellen steht. In der obern Stadt erhebt sich da?, berühmte Chorherrnstift. Die Stadt und das Stift haben gleichmäßig seit der ältesten Zeit eine Bedeutung in der Geschichte des Landes besessen. Schon zur Römerzeit war am Ausgange des Kierlinger Thales eine gewöhnlich mit einer Vohorte besetzte Station. Gewiß ist es, daß bereits zu der Zeit ein ansehnlicher Ort Nivenburch oder Neuenburch bestanden hat als Markgraf Leopold IV. im I. 1101 die Burg auf dem damaligen Kahlenberge, dem spätern Leopoldsberge, erbaute lind hierauf im I. 1108 das Kloster stiftete, welchem er seinen Sohn Otto, den nachmaligen Bischof Otto von Freisingen, als zweiten Vorsteher gab. Namentlich ist die Martinskirche der untern Stadt entschieden älter als die Markgrafenburg auf dem Kahlenberge und als das Stift in Klosterneuburg. Unter Leopold dem Glorreichen nahm Neuburg bereits den Rang einer Stadt ein. Bis 1298 gehörte auch Korneuburg zu Klosterneuburg. Ersteres war durch Bewohner eines Theiles von Klosterneuburg, des an der Donau zunächst der unteren Stadt gelegenen und mit dem festen Lande durch eine Brücke verbundenen, Werders angesiedelt worden. Erst in diesem Jahre wurde Korneuburg, damals Neuburg Markthalben oder Neuburg Kornseits zum Unterschied von Neuburg Klosterhalben geheißen, zur selbstständigen Stadt erhoben. Klosterneuburg hat im Laufe der folgenden Jahrhunderte so manchen Feindessturm zu bestehen gehabt und mich manchen siegreich bestanden. ÜA7 die Franzofen in seineu Mauern. So stolz sich auch das Stiftogebnude mit feiner langen Fronte, dem hohen Kupferdach und den Knppeln ausnimmt, welche an der Stelle von Thurmkuöpfen die österreichische Kaiserkrone und den Erzherzoghut, gleichfalls aus Kupfer gearbeitet, zuoberst tragen so stellt es doch nur einen Theil deo Planes vor, nach dein es gebaut werden sollte. Der Bau wurde 1?M> angefangen, in welcher Zeit dnrch Karl VI. Prachtbauten . in Oesterreich zur Mode gewordeu waren. Die zn großartigen Baupläne trugen aber hier, wie nahezu bei allen österreichischen Abteien, die Schuld daran, daß fast keine davon ausgebaut worden ist. Aus den ältereil Bestandtheilen des Stiftes erwähnen wir zuerst der Stiftskirche. Ihre Erbauuug begann 1114, im Jahre 11 ^1; die Kaiser-figuren ai: der Fac-ade siud jünger. Ein ungleich interessanteres Bauwerk, der Kreuzgang, hat seine ursprüngliche Gestalt aus dein Ende des 1^. Jahrhunderts bewahrt. Das in Spitzbogen anfstrebendc Kreuzgewölbe wird von Säulenbündeln getragen, zwischen denen die Fenster mit durchbrochenen Zierrathen im obern Theile angebracht sind. Die Süd- und Ostseite ist der ältere Theil des Baues, die Nord- und Westseite der jüngere und darauf mag zum Theil die Abwechselung in den Bauformen zurückgeführt werdeu köunen. Im Kreuzgaug selbst, vorzüglich aber in den Kapellen, welche an ihn angebaut sind, treffen wir viele höchst schätzbare Seulptur- und andere Kunstwerke an. Von diesen Kapellen steht die Agneokapelle in dem vom KreuMNg umschlossenen Raun:. Sie ist wcnig jünger als derselbe und diente ursprünglich als Waschhaus. Die Frcismgcr Kapelle wurde durch Bischof Bevthold vou Freisingcn 1392—1402 erbaut und enthält die Tumba des Stifters, 1' 1410, und den Grabstein seines Bruders I' 1Z94. historische Wichtigkeit besitzt vor allein ill der Kapelle ein einfacher Grabstein mit einem Kreuz lind der Inschrift: „da liegent die Herren von Medhling", denn er bezeichnet die Gruft einer Seiteulinie der erlauchten Babenberger. Im alten Kapitelhauo, der Leopo'dsgruft, führt hinter einem uralten Altare eine Stiege in die frühere Gruft des h. Leopolds. In ihr ruhen auch die Gemahlin des Stifters und mehrere seiner Kinder; die Qriginalgrabsteinc . sind noch vorhanden. Hier finden wir ausierdem eine Hollunderstaudc aus Eisenblech, deren Spannn die Neste des Strauches einschloß, auf welchem der Schleier der Markgräfin Agnes gefunden wurde und Glasgemälde aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Sie schmückten früher den Kreuzgang. Aus der Leopoldsgruft kommt man in die Leopoldskapelle. Sie wird gewöhnlich die Schatzkammer genannt und umfaßt Reliquien und 23V Die Haupt- und Residenzstadt Wien. Gegenstände vom größten materiellen, archäologischen, historischen und Kunstwerth. Daraus seien die Gebeine des h. Leopolds und sein abgesondert verwahrtes Haupt genannt, Meßornate, welche aus den Brautgewändern des Stifters und der Markgräsin Agnes verfertigt wurden, Leopolds zierlicher Reisealtar, ein durch zwei Flügel geschlossenes in einen spitzigen Giebel endigendes Jaspis-Kästchen, ein Kelch aus Donauwaschgold, das auf den Besitzungen des Stiftes gewonnen worden ist, und ein Crucifix von Raphael Donner, woran das Kreuz und Piedestal ganz aus inländischen Edelsteinen gebildet ist. Alle diese Objecte überragt jedoch an historischem Werth der hier verwahrte österreichische Herzogshut, an Kunstwerth dagegen der sogenannte Vcrduner Altar. Der bewundernswerthe Flügelaltar ist ciue Stiftung des Probsteu Nernher, von Nikolaus von Verdun 1181 gefertigt, hat '^ 6" Höhc und bei geöffnetem Flügelu 15 Fuß Länge und 51 in Erz gegrabene und mit Schmelzfarben in Niello-Art ausgeführte biblische Darstellungen, auf der Rückseite dagegen die ältesten bekannten österreichischen Taselmalereien aus dem 14. Jahrhundert. Er dient jetzt zur Unterlage des Sarges mit den Gebeinen des h. Leopolds. Die Sammlungen des Stiftes verdienen die vollste Beachtung. Wissenschaft und Kunst fanden ja hier stets eine liebevolle Pflege. Die Bibliothek fesselt durch bibliographische Seltenheiten. Unter den Handschriften gebührt dem Psalterium des h. Leopolds, einem nahezu tauseud-jährigen Pergamentcodex und den Klosterneuburger Tafeln aus dem 15. Jahrhundert der erste Rang. Das Museum zeichnet sich vornehmlich durch feine Schnitzwcrke aus; die Bildergallerie enthält Treffliches, befouders an altdeutschen Gemälden, die Naturaliensammlung ist reichhaltig. Im neuen Ball werden die Säle und Kaiserzimmer vielfach besichtigt. Doch auch iu die Höhe und in die Tiefe zu steigen verlohnt sich, ersteres um aus den Kuppeln des Stiftes die liebliche Aussicht über das Donauland zu genießen, letzteres um die Kellerräume anzustaunen. Das Stift verdankt seinen Wohlstand zum großen Theile seinen Weingärten, im Volksmunde trägt es seit alter Zeit den Beinamen „zum rinnenden 240 6) Die Uüi^cbunqcn Niciis, — Tcr Wicncr^Nald. ^ Zapfen", und riesig silid denn auch seine Kellerränme. Sic sollen leicht 5000» Eimer fassen. Damit gewisserniaßen iu Verbindung steht >Uosternenburgs größte Merkwürdigkeit für die untern Volk^tlasseu, das Riesenfaß in der Kellnerci. (is enthält i)W Einier und daunt die Zahl 1000 voll wird ist auf den Spund ein Eimerfäßchen gelegt. Ein (Gerüste umgibt den >voloß, nian steift anf der einen Seite bis zuin Spund hinauf, uni nach Kellerrecht jenseits hinabzurutschen. Noch manch alterthümlicher Banrest findet sich am Stifte und in seinen Nebengebäuden. Ein sehr schönes ewigem ^icht im Klosterhofc aus dem Jahre i:»5N besteht aus einer lN) ^. hoheu sechseckigen Säule in reinen architektonischen Formen. Das Preschau5 auf der Stelle dcs oon der Markgräftn Agnes erbauten ^connenklosters, das Hofrichterhans an jener des Fürstenhofes, welchen der Stifter erbaute, haben die historische Erinnerung für sich. Neben dem Fürstenhofe staud die von Leopold dein Morreicheu gegrüudete prachtvolle Iohannivkapelle, welche 17'.»'.> sorgfältig abgetragen und nach Lai'enbnrg verseht wnrde. Der Kunstfreund wird sich außerdem durch die Erkerfenster uud ähnlichen Uebcrreste der alten Prälatur, der Thomaskapelle und der Herzogsburg angezogen fühlen. .Hier sei uoch der romanischen Gertrnds- oder Spitalkirche vor der Stadt und der Thatsache gedacht, das; den Friedhof des Stistes am Portale ein neueres Kunstwerk, die schmerzhafte Mutter von Raphael Donner, ^iert. Allein auch die untere Stadt, welche sich in der gegen die, Donau abdachenden Mulde ausbreitet, will beachtet sein. Die Verbindung der obern nur der untern Stadt, die Hundskehl, mag wenigstens als historische Reliquie gelten, denn als Engpas; diente sie bei feindlichen Angriffen wesentlich zur glücklichen Vertheidigung des Stiftes nnd der obern Stadt. Der große Platz ter nntern Stadt zeichnet sich durch seine Unebenheit ans. Die Martinskirche dagegen, welche links vom Platze, hart über dem Abhang zur Donau gelegen ist, hat, wie, wir schon erwähnten, bereits vor der Gründung des Stiftes bestanden. Freilich ist sie wiederholt zerstört worden uud zeigen darum bloß wenige Theile an ihr, wie der Chor und die südliche Abseite nebst dein achteckigen Thurm, auch nur einfache spätgothische Formen. ^4l 81 Die Haupt^ und )>lcsii?cnzstadt Nicu. Von Klosterueuburg stronmnfwärts wird dic Bahn durch die initunter steileu Böfchuugen des westlichen Gebirges und das Flußbett auf den schmälsten Naum eingeengt. So geht es an den, an die Höhen sich anschmiegenden Ortschaften, dem größcrn Kritzcndorf, dessen spätgothisches Kirchlein freisteht und dem kleinen, bloß dnrch seine Steinbrüche bekannten, Höflcin uorbei nach Greisenstein. Wir sehen Greifenstein als den fernsten Punkt unseres Ausfluges an, denn es liegt an dem änßersten nordwestlichen Ende des Wienerwaldes. Seine alte Burg überragt die Häuser des Ortes blos wenig, doch immerhin genügend, urn weit hinaus in's Land zn blicken. Steigt man auf sie, so sieht mau in ihr, besonders in ihrem kleinen Hofe, überall den lebendigen Fels zn Tage treten und wird durch die Anssicht auf der Terrasse am Wartthurm oder von dessen Galleric wirklich befriedigt. Noch viel weiter vermag freilich das Ange vom Obelisken in >>aders-feld zn schweifen, denn er steht anf einem ungleich höhern, 1435 W. F. hohen, Eckpfeiler des Wienerwaldcs. Die Schlucht, welche beim Greifensteiner Schloß endigt, führt allmählich auf seine Höhe, von wo sich eine höchst dankbare Rundschau erschließt. Die Donau aufwärts reicht sie bis Krems, über welchem der Iauerling sich gelagert hat, zum Wetterkreuz über der Traisenmündung und dem dahinter glänzenden Stift Göttweih. Von ihnen herwärts gegen unsern Standpunkt breitet sich der Tnlncrboden auo und blickt Greifenstein besondern malerisch aus der Waldesnähe empor, Alu linken Donauufer fallen aus deu zahlreichen Orten und Schlössern Stockeran, Kreuzensteiu und Korneubnrg auf. Den weitern Lanf der Donau gegen Wien verdecken dann der Visamberg und Leopoldsberg, Ungezählt reihen sich endlich vom Lcopoldsbcrg die Waldberge hinter einander bis sie im langen bis zum Oetscher sichtbaren Zuge des Hochgebirges ihren Abschluß fiudeu. Nach Hadersfeld kommt man von Klosterneuburg ani schnellsten über den Weißen Hof und selbst der Weg durch das Kierlinger Thal ist noch kürzer als jener über Greifenstein. Dies Thal endigt unmittelbar bei Klosterneubnrg und wird von Brustkranken seiner milden Luft halber aufgesucht. Der Ort Kierling zählt 827 Einwohner, seine Kirche läßt den ursprünglich romanischen Ban noch erkennen. 242 Die Umgebungen Wicns, — Tcr Wicucr Wald Von Hadersfeld so wie aus dem >Uerlinger Thale besncht mau Hintersdorf, einen andern Allssichtspunkt am Westrande des Wienerwaldes, von wo aus über >virchbach die, jedoch gleichfalls umnittelbar aus dem Kierlinger Thale zll erreichende Dornbach - Königstettner Straße bei Hcinbuch gewonnen werden kann, Von Heinbllch ersteigt nmil in kürzester Zcit den Tulbingerkogol, von >xr ^bcn ^rwähnt^n Straße dlMgcn, w^lchc nüc wir schon von frnhcr wisftn, von Dornbach lus nahc dc»l Tlllncrf^'ld alls dcn .^anull dos (^cbirgcZ hinlällst, stch^n nebst dl,'n W^'c^'n nach Dornbach und Weidling auch diejenigen nach allen an diesem ^amme endigenden Thälern des Qnellgebietes des Wienflnsses, deni Hiauevbacher, Steinbacher ilnd ,^ainbacher Thale, offen. In dies Qnellgebiet dringen wir jetzt nüt Venntzllng der Westbahn ein. Die erste Bahnstation Penzmg kennen wir von nnserm Auoflug nach Schönbrunn her. Alls der weitern Strecke bis zur ^., Hütteldorf, bemerkeu wir rechts die Berge des Nienerwaldes vmn (halitzynberge bis in das Halterthal, links Baumgarten am linken, Hiehing und Ilnter-St. Veit, dann Ober- St. Veit und Hacking mit dem Thiergarten am rechten Ufer der Wien. In diefer südlichen Richtnng überragt das Gc-birge um Nodaun die nähern Höhen. Die Berge des Thiergartens, welche außerhalb der letzten Häuser von Hacking vollständig bis an das rechte Wiennfer abdachen und der von rechts bis an das andere Ufer kommende Rücken zwischen Hütteldorf und dem Halterthal schließen bei Hütteldorf das Thal bnchtartig. Die, unmittelbare Nähe des Waldes inacht denn auch Hütteldorf vorzüglich geeignet zum Ausgangspunkt für Waldpartien. Wir erwähnten schon seiner Verbindnng mit Dornbach über den Galitzynberg und über den Schottenhof durch das Halterthal. Dieses Thal kann als Ideal eines kleinen stillen Waldthales dienen. Die Wiesen iil der Thalsohle sind in ihm beiderseits vom Buchenwald eingedämmt, der von da fort und fort bis alls die nicht unbeträchtlichen Kämme der Thal-wäude hinansteigt. Im vordern brcitern Theile finden wir noch die steinernen Brunnstuben der Albertinischen Wasserleitung, welche den westlichen Vorstädten Wiens das treffliche Wasser der Quelleu an der 243 31" Tic Hcmpt^ mid Residenzstadt Wicn, Umrandung des Halterbaches zuführt. Das wohlthätige Werk hat Erzherzogin Christine, eine Tochter M. Theresias, die Gemahlin des Herzogs Albert von Sachsen Teschen, begonnen und nach ihrem Tode ihr (^cmahl vollenden lassen. Die Knödelhütte, einen besuchten Nnterhaltilngsort anf dein recht-seitigem AbHange über dem Thale, erreicht man vicl ang^nchnicr alo durch das Thal selbst auf einem Waldsteige, welcher sich von den letzten Häusern uon Hütteldorf sauft zu ihr hinauzieht. Vom Halterthal und gerade von der Knödelhütte ails leiteu Promenadewege auf die >>ohe Wand. Das Bestehen der ältern Promenadewege in diesem Theile des Wienerwalden ist größtentheils der Munificent des Erzherzoge Franz >larl zu danken und erst in neuerer Zeit siud deren manche auch durch locale Verschönerungsuereine zu Stande gekommen, Wir haben die Hohe Wand von Dornbach aus betreten und wolleu hier nur beifügen, das; nicht leicht ein anderer Steig genußreicher ist, alo dieser beständig im Buchenwald und zuletzt schon mit freiem Ansblick in kleinerm Gesträuch uud über Wiefeu, weun anch stellenweife steil, vom>>alterthale zur Höhe geführte. Die große Hütteloorfer Aktienbrauerei veranlaßt deu zahlreichen Besuch des Ortes durch die untern Volksklassen. Die Eisenbahn lallst hart an ihren weitläufigen Gebäuden vorbei. Bereits eine Strecke weit begleitete jenseits der Wien die Thiergartenmauer die Bahn. Ictzt bringt uns die letztere an der Hauptförsterei des Thiergartens, dem am rechten Wienufer gelegenen Anhof vorbei. Bald darauf folgt Mariabrunn, Dao ausgedehnte Gebäude mit der Kirche war einst ein Augustinerbarfüßer Couveut. Iu ihm hat der drastische ^anzelredu.'r und Schriftsteller P. Abraham a. S. (5lara seine Ordensprofeß abgelegt. Dermalen ist darin die k. k. Forstakademie untergebracht. Der Bahnhof der Station Weidlingau, desseu uächste Nachb.nm ebeufo die äußersten Häuser von Haderodorf als di^ ersteu vou Weidliugau siud, ist am Fuße eineo dac, Thal spaltenden Hügels unterhalb einer darauf reizend in einiger Höhe ruhenden Villa gelegen. Die Bahn zieht im linken Thalaste westwärto fort. Wir wenden inw dagegen zuerst dein rechten uud damit dem Mauerbncher Thale zu. 244 c? Tie Ulu^bun^ii Wiens, -^ Ter Wicnev Nild, G Schon bei Mariabrunn fiel uns rechts cine bis Haderodorf herüberreichende und sanft zu dem jungen Wald an ihrem obern Rande ansteigende Wiese von ungewöhnlicher Größe auf. Dort oben ist nmn der Xnödel-hütte des Halterthales nahe nnd wird durch ein ilnerwartet hübsches Landschaftsbild überrascht, zu welchen: sich Mariabrunn und Weidlingnn in Mittc deo scheinbar ganz geschlossenen qrünen Thales niit deil Bergen des Thiergartens darüber vereinigen. Anl Tage des Mariabrnnner >iirch-tages, eines der wenigen noch gangbaren Volksfeste, dient diese große Wiese zahllosen (Gruppen als Lagerplatz. Wandern wir durch dao, am (5'ingang deo Manerbacher Thales liegende Hadersdorf, so bemerken wir einige hübsche Landhäuser. Etwas weiter innen steht links von der Straße das Schloß in seinem Parke. Es ist ein ernster Ban, welchen rings ein Teich umgiebt, nnd gehörte dem Türkensieger Feldmarschall London, dessen Familie es noch besitzt. Auch von Hadersdorf laufen mannigfache Parkwege auo, theils nach den rechts von der Manerbacher Straße gelegenen und mit dem Schloße und dem Park um dasselbe durch eine Brücke über der Straße verlmndenen Theilen de? Hadersdorfer Schloßparkes nnd auf den ^wischenrücken zwiscbeu dem Halter- nnd Manerbachthale theilo nach entferutern Punkten. So ninmtt unter andern ein derlei Promenadcweg am linken Saume der früher besprochenen großen Wiese die Dichtung gegen die Hohe Wand, um sich später mit dem von der >vnödelhütte nach demselben Ziele anslanfenden zn vereinigen. Wir gehen nahe der Manerbacher Straße und parallel mit ihr auf ihrer rechten Seite im Parte thaleinwärts fort und gelangen so ^um Grabmal des Feldmarschalls London. Es erhebt sich in einem Hain von Nadelholz nnd stellt einen antiken Sarkophag oor, auf dessen Stuseu ein trauernder Krieger rnht, Von Zauner würdevoll entworfen bringt das Monnment in der ernsten Um gcbung eine große Wirkung hervor. Das Wiesenthal, dem wir einwärts folgen, ist ziemlich einförmig. Als das erste kleine Seitenthal öffnet sich rechts das vielbesuchte Hain^ bacher Thal. Eine abhängige Wiese mit Obstbäumen bedeckt, an deren i.'i,'> ?ic Hciupt- und Ncsidenzstadt Wicn, Fuß all der Straße lind uahe einem kleinen Bach das Gasthaus steht, und der Buchenwald, welcher die Hallswiese säumt lind die steile jenseitige Thallehue vollstäildig einnimmt bilden allein dcn Reiz von Hainbach. Auch in dies Thal führt von dor Mündung an ein vortrefflicher Steig nil Walde des linkseitigen l^ehänges. (5r fenkt sich zuletzt links znnl Gasthause, setzt sich aber zugleich rechts an der steilen Thalwand fort, bis er ihren höchsten Punkt, die wiederholt erwähnte Aussicht auf der Dornbacher-Hütteldorfer >>ohen Wand, erklommen hat. Steigt mau dagegen vom .Hainbacher (Gasthaus links im Walde aufwärts, so zeigt sich bald von der Wiese an seinem Rande die Idylle der in der nächsten Mnlde westwärts von der .Hainbacher auf sanfter Ansteigung sich verbergenden Däuser von Steinbach. Aus dein Hintergrund beider Thälchen, des Hainbachcr und Steinbacher, bringen die Waldwege zuletzt auf die Dornbacher Königsstettner-Straße, welche parallel mit dein Mauerbacher Thale in ihrem nordwestlichen Laufe die Wasserscheide diefer Seiteuthälchen trägt. In Mauerbach unterhält die Wiener Stadt (iommune ein großem Versorgungshaus uud daher kommt es, daß es bei 55 Häusern 10!N Bewohner zählt. Die Gebäude der einstigen >varthause dienen dabei zur Unterbringung der Austalt. Ihre ältere Bestimmung erkennt man leicht an dem karakteristifchen in: Ball der .^arthausen, den vielen neben einander stehenden gleichförmigen Zellen. Das Moster Allerheiligenthal hat Friedrich der Schone im I. i.">14 gestiftet, (3r und seine Tochter Elisabeth fanden hier ihre Ruhestätte und erst nach der unter >v. Josef II. erfolgten Aufhebung des Ordens wurden ihre Gebeine nach St. Stefan in Wien übertragen. Das innere Manerbacherthal uud seine Zweigthälchen umsteht au ihrem Schluße ein valbkreis von Bergen. Derselbe Rücken, der uns von >>adersdorf an links begleitete setzt als Schcidckamm gegen das nächste westliche Parallelthal des Mauerbaches Thales, jenes von Gablitz, seinen nordwestlichen Lauf fort bis er den, sich auf seiner Westseite bereits zum Tuluerboden senkenden, Hnuptkamm des Wienerwaldes erreicht. Nun läuft der letztere am Schluß unseres Thales uordostwärts bis in die Nähe des Tulbingerkogels, wo er die Rolle der Umrandung des Hinterston Maller- 246 ^ ' <^ Dic Uingcl'imgcn Wicus, — 3cr Wiciicv-Walo, (d H.^ bacher Thales deni südöstlich über den Scheiblingstein zum Dornbacher Roßkopf ziehenden Rücken überläßt. Wir kennen seinen 5vannn als d^n Trüger der Dornbach-.^önigstettner Straße bis zum Ueberdruß. Auf den 1559 F. hohen Tnlbingerkogel, einen dcr gepriesensten Aussichtspunkte der Gegend, geht man von Mauerbach lange über die Wiesen nnd durch die Wäldchen deo inneren Mailerbacherthales in nördlicher Richtung nnd sanfter Ansteignng fort. Man gelangt endlich zur Seitenstetter Hütte nnd nirgends fast ist der Blnthenfchmnck der Obst-bänme reicher als in dieser Wiesenschlncht mit grünen: Grunde. Der Tnlbingerkogel liegt hier schon nahe. Es geht nun hinan, entweder rechts zu den wieder in einem Obstwalde verborgenen Häusern von Hein-buch, oder links zu einer neuern Ansiedelung nnd dem Hofe hart am Beginne der obersten Walvkuppe. Ter Wald wächst prächtig rings auf ihr nnd überragt leider auch vielfach das auf dem höchsten Pnnkte errichtete Gerüste. Die Aussicht gleicht derjenigen vom Hadersfelder Obelisken. Die vorzüglichsten Objeete sind die Donau aufwärts bis Krems, Gottw.'ih nnd das Wetterkrenz am.Schlnß des Tulnerbodenv, jenseits des Stromes das, dcr Wagram genannte, Flachland zwischen ihm und den nächsten Bergrücken nnd darin wieder das in alk'n (5'inZelnheiten sichtbare nahc Stockerau, der Wienerwald in voller Ausdehnung endlich das Alpengebirge und zwar nicht nur in seinen niederösterreichischen Spitzen sondern noch weit hinaus nach Südwesten bis zu dem hohen Prielgebirge. Vom Weidlingauer Bahnhof durchschneidet die Wostbahn zuerst den Ort Weidlingan, dessen Schloß mit Park am rechten Wiennfer zunächst einer entschiedenen Wendung der Thiergartenmaner nach Süden recht freundlich an einer, zwischen den Thnlhöhen gebildeten Bucht gelegen ist. Dann kommt sie nach Purkersdorf. In dem nicht unbeträchtlichen Orte, 1423 Bewohner, mündet rechts das Gablitzerthal ails Nordwesten in das Thal der Wien. Dies Seitenthal schließt der Riederberg, 996 F., auf welchem die alte Reichsstrasie nach Oberösterreich den Wienerwald überschreitet. Das Thal der Wien und die Eisenbahn wenden sich in Pnrkcrsdorf südwestlich und die letztere gewinnt über Preßbamn bei 24? ^ ' O Dic Haupt mid Rcsidcnzsmdt Wicu, Z , ^ Rekawintel d^n Hauptsattel de') Wieuerwaldes in der >?ohe von Nl>s, Fust. Jin eugeu wiesengrünen Presibaumcr Thale nut seinen frischen Buchenhainen bietet der Wienerwald alle seine Reize auf, als wollte er den ihn Verlassenden dao Scheiden recht erschiveren. Begreiflicherweise lasscil sich von Pnrtowdovf, Pn'ßbaum nnd RckawintV'l zahlrcich^ Wald-ausflügc nnternchnion. ^o tänu'n wir jcdoch nut nnfcrm Rmunc hin, wenn wir sic, oingchcnd bcsprcchcn würden'^ Blos den Troppbcrg dürfcn wir nicht ganz aus;cr Acht lasscn. Dio Aussicht anf sciner 1701 F. hohcn Spitzc zählt nntcr dic prachtvollsten um Wkn. Besonders dcr Wicncr-walv, in dcsscn Mittc ocr Bcr^ stcht, bn'it^'t sich von ihm vollständig, wic kanin von ^'incm andnn Punkt, aus, auch dicucn ihn: das Thal und dn> >>äuscr dce> abgclcgcncu Tulncrbachs alo freundlicher Vordergrund. Doch ficht er außerdem weit aus auf das Flachland dies und jenfeitk dcr Donau von der Bremser (hegend und dem Tulnerboden bin tief hinab ins 3>larchfeld und uach Wien und beherrscht die Vor- uud !dochalpen bis weit gegcn Südwesten. Seit ^nrzem ist zuhöchst eine massive steinerne Aussichtswarte erbaut. Man steigt anf den Trovpberg aus dein ttablitzer-thale, von« Tulnerbach und von Preschaum und wird alls den: letztern Weg noch durch emeu höchst dankbaren Blick auf das Presibaumcr Thal crfrcut. Ebenso glauben wir die Wege auf der Südseite des Thales der Wien wrz berühren zn dürfen. Sie führen über die dortigen >>dhen hinüber in das Gebiet des Liesingbaches und damit in Gegenden, deren >ienntms; MW ein Auoflug auf der Südbahu vermitteln soll. Vornehmlich der Gang dnrch die Wolfsgräben nach Breitenfurt und ^aab lohnt überreich. (5inen Ttreifzug im Walde iu diefer Richtung wird der Naturfreund besonders dankbar finden. Auf vielen Puukten mu Rekawinkel öffnet sich ein hübscher Blick nach Westen in das ^engbachcr Thal und auf die nahen Höhen über demselben. Steigt man jedoch von der Wasserscheide jenseits hinab und nach eiuem kurzen Gange in südlicher Richtung in dcr Tiefe wieder empor zu der südwestlich vom Nekawiukler Sattel auf der Verlängerung des HauptkammeZ des Wienerwaldes 1000 Fuß hoch liegenden 248 ^ ^,, ^ .^,^ ^,^^^,,,^^ Nicns, — Dcr Wicn^r-Nald. ^----------------------------------2« Hälisergruppe von.tzochstras;, so bktec sich nicht blos dein Allge ein weite Ausblick dar, welcher alich St. Pölteil umfaßt, sondern inan kann den Rückweg nach Preßbaunl lange anf deur Kanunc i»n Schatten der prächtigsten Bnchenwälder zurücklegen und sich erst nahe dem Ursprung der Wien in das Preßbaumer Thal hinablassen, um in diesen: wieder an die Eisenbahn zn gelangen. Es erübrigt uns noch, die Umgebungen von Wien und die Theile des Wienerwaldes kennen zu lernen, welche am Besten und gewöhnlich mit der Südbahn oder von ihr mw besucht werden, und zusammen das bedeutendste Allsflugsgebiet der Residenz darstellen. Die erste Station von Wien, Meidling, wird als die Station der westlichen Vorstädte ungemein stark benutzt. Auf sie folgt Hetzendorf, .hier schneidet die Eisenbahn jene prachtvolle Allee, welche als Seitenstück der von der Favoriteillinie eben dahin laufenden die Kaiserin M. Theresia im I. 1741 von Schöubrunn nach dem kais. Lustschloße Lar,enburg hat anlegen lassen. ,hetzendorf besitzt selbst ein kaiserliches Lustschloß, dessen großen Saal ein gerühmtes Deckengemälde von Gran schmückt. Links von der Bahn hat bereits die Fläche begonnen, welche sich im Süden der Residenz lind des Wienerbergeo, dessen eolossale Ziegelofen große Rauchwolken verrathen, weit nach Süden nnd Osten ausdehnt. Zahlreiche ' Ortschaften mit Fabriken lind einzelnstehende große Fabriksetablissements beleben sie, denn die durch sie der Donau zufließenden Alpeugewässer haben die Industrie veranlasst sich überall hier herum anzusiedeln. Auch die nächste Station Mgersdorf ist ein solcher Industrials, Von Atzgersdorf gelangt man am besten nach dem nahen Orte Malier. (5s zählt 1671 Seelen und hat eiue fpätgothische Pfarrkirche und zwei wegen ihrer höheren Lage weit sichtbare Kasernen. Von ihm führen Straßen in das Liesingthal nach Kalksburg, Liesing und Rodaun über die Himmelswiese. Sie gewährt eine überraschende Aussicht über Wien, das Wiener Becken mit seinem Vergrand und besonders nach den nächsten Ortschaften, währcnd der Fahrt durch den Wald der Klause abwärts nach Kalksburg selbst der romantische Reiz nicht fehlt. Das Liesingthal mündet bei der nächsten Bahnstation Liesiug. Der 249 32 Tic Haupt-- und ViesidcuMdt, Wicu. Ort wird wegen der großen Aetienbranerei viel besucht, giebt sich jedoch auch noch durch zahlreiche andere Dampfschlote als Fabriksort zu erkennen. Wir folgen dein Thale uach Westeil. Es theilt sich bald in das Thal an der Reichliesing, das sich westlich und in dasjenige der Dürren Liesing, das südwestlich sich fortsetzt. Vor uns in der Entfernung etwa einer halben Stunde liegen an der Reichliesing die Gebäude von Kalksburg. Zu ihm zieht sich parallel mit dein Thale und als dessen Nordrand von Liesing an der Rücken der Himmelswiese und ähnliche Höhen blicken von der Nordseite im tiefern Thale hinter Kalksburg Heralis. Südlich von diesem Thaleinschnitt theilweise noch über Kalksburg läuft der waldige Schcidekamm der Reichen- mw Dürren Liesing nach vorwärts. Wir bemerken auf ihm in mittlerer .Höhe dort, wo er ostwärts endigt, das Schlof; und die Kirche und darunter die Häuser uon Rodaun. Wieder links steigt, in seinen untern und mittleren Partien mit dürren Wiesen bedeckt auf den ober.ten Absätzen aber bewaldet, auf der Südseite des Thales der Gaisberg hinter Rodauu auf. Nochmals linko endlich sehen wir das Satteldach des großen Petersdorfer Thurmes über eine geradlinige, niedrige Erhebung herüberblicken, welche das Liesingthal bis an sein östliches (5nde im Süden begleitet. In Kaltsburg verdient die Kirche einen Besuch, sie gehört unter die schönsten Dorfkirchen des Landes. Weil sie auf einem Hügel steht, führt eine breite Steintreppe zu ihr hinan. Ihr Gewölbe ist weit und ihr Hochaltar mit seinen Alabastersänlen und marmornen Engeln geschmackvoll. Anch enthält sie eine sehr schätzenswerthe Arbeit des Bildhauers Prof. >väs;mann, das Monnment des Hofjuweliers v. Mack, welcher als Besitzer der Herrschaft die Kirche in den Jahren 17!>0—1801 erbauen liesi. Das Denkmal zeigt eiue Büste Mack's ails Carrara Marmor, anf einer stumpfen Pyramide, welche wieder ihrerseits auf einein Piedestal steht. Eine weibliche Gestalt neigt sich darüber. Als Medaillon ist das Bild der Gattin Mack» auf der Pyramide angebracht. Das grosie Gebäude jenseits des Liesiugbaches mit dem weitläufigen Park, welcher sich bis auf die Höhe des Bergrückens dahinter ausdehnt und sehr hübsche Partien enthält, gehört den Jesuiten und dient ihnen als Erziehungsinstitut. ^0 Die Um^cbimcicn Wicns, — Tcr Wiencr-Wald, Wir bemerkten an einem andern Orte, das; der Wiellenuald theils im Sandstein, theils in der Kalkzone liegt. Das Liefingthal, besonders sein Ast der Diurell Liesing, bildet die Grenze, der nördlich davon sich ausbreitende Wienerwald gehört der Sandstein-, der südlich gelegene der Kalksonnation an. Wir skizzirten nicht nnnder die Verschiedenheit der äußern Erscheinung der beiden Theile nnd bei qmanerer Betrachtung fällt sie uns thatsächlich im Liesingerthal vielsach aus. Das Rcichliesingthal zeichnet sich noch insbesondere durch überans reiche Niesen am,, und darum ist die günstigste H"t es zu besuchen, nicht wie beim Buchenwald, dessen junges Laub dann im zartesten Grün prangt, der frübe Mai, sondern eine spätere, in der die grünen Triften bereits ihren vollen Blumenschmuck augelegt haben. Auf grünem (Grunde finden wir denn tiefer im Thale die Gasthäuser, den Nöthen Stadel nnd Grünen Baum. Vom Rothen Stadel kommt man in n. w. Richtung nach Laab.' Nuf der Südseite geht man dagegen zur Aussicht auf dem Scheiderücken gegen das .^altenlentgebner Thal nnd findet da eine malerische Fernsicht auf die nahen Thäler, nach der Residenz und ihrer Umgebung. Der entfernteste, auf Allsflügen gewöhnlich besuchte Pnnkt im Reich-liesingthale ist Breitenfurt uud Hochrothcrd, zu dein man von Breitenfurt wegen seines eminenten Gebirgspanoramas hinaufsteigt. Denn im Rahmen zwischen der Mandlmg und dem Schöpfel erheben sich die Spitzen des Semmerings, der Gruppe des Schueebergs und ihrer Vorberge, jene der Unterberggruppe, der ferne Götter und die Reisalpe und die meisten bedeutenden 5?öhen des Wienerwnldes. Ringsum breiten sich die freundlichen Wälder aus und in der Richtung über Breitenflirt erschließt sich dazu noch eine dankbare Aussicht gegen Wien. Wir wissen von früher her, daß alls der Gegend von Breitenfurt uud Laab Waldsteige in das Gebiet der Westbahn führen. Von Hochrotherd gelangt man ncbstdem in südlicher Richtung über die Wöglerin und Siangan nach der Sulz; wir werdeil alls einem anderen Wege nach ihr kommen. Wir kehren nach Kalksburg zurück um durch die Auen nach Nodaun zu gehen, wo wir zunächst beim Badhame eintreffen. Der Ort streckt ^5l ^ ^ ^ ^^^^ ^^^ ^^s^^,^s,,^^ Njeii, L ä>° lange Gassen ostwärts gegen Liesiiig und südlich gegen Petcrsdorf, nut welchem er bereits fast ganz zusaininenhängt. Eiiie dritte Gasse trcnnt sich con der zweiten nach rechts. Dort länft die Straße nach deni Kalteu-leutgebner Thale die Mauer, welche das Schlo/; nmfäiigt, entlang nnd vorbei an« Hanpteingange in dasselbe, innerhalb desseil nian cin<' stattlichc Allc^' znnl Schloßl^'bändo hlnanstciqcn sieht. Das Thal ^icht sich zwischen dein (hawberge i:n Süden nnd dein >>öheiung, der nüt dein Schlosiberg von Rodann ostwärto endigt, im Norden al^ seiiien Eckpfeilern nach Südwesten. Sein Bach, die Dürreliesing, vereinigt sich erst oor sodann nut der Neichliesing ,^nr ^iesiiig. Höchst angenehln geht eo sich ans dein Wege, welcher mn ^'nsi deo GaisbergeZ thaleinwärts führt. Der Wald reicht bw ail ihn herab, rechts ranscht neben ihin der Vach. Nn freundlichen >>inlsern, darnnter der bekannten schattigen Walomühle, nnd a,i mächtigen >valksteinbrüchen niw den dabei befindlichen großartigen >xalköfen vorbei, erreicht man >valten-leittgeben. Hier fehlt es nicht an hübschen Landhänsern nnd die vortrefflich organisirte Kaltwasserheilanstalt, welche an der lintseitigen Thallehne in einem ail klaren Wasserbecken reichen Garten liegt, bewirkt, das; deren immer mehr geballt werden. Die >virchc steht etwas erhöht nnd beherrscht dadurch dw> enge Th^l, lieber die gros;e Wiese, welche von ihr 511m Walde, der sie umrandet, hinanzieht, erhebt sich ein Weg ans den >wmm des Gebirges, dessen nördlichen Eckpfeiler der l^aioberg bildet. Wir werden bald anch diesen Höhen,^!g kennen lernen, schreiten aber füro Erste im Thale alif der Strafte nach der Snlz fort. Ohne große Steigung lind beständig im Osten die >iette der (Eisberge über sich, gewinnt man auf dem Todtenkopf den höchsten P'.mkt zwischen den beiden Thälern, Die Fernsicht da oben gleicht der Hochrotherder. Uns interessirt vor Allein die Snlz nnd wir erkennen es sogleich, daß die Anziehungskraft, welche sie anf die Städter auoübt, nicht sowohl dnrch die Formen ihrer Berge als dnrch ihren Wiesenschmnck nno ihre Haine von Obstbänmen erklärt werden mnß. Das Thal, in welchem die Kirche nnd die Hänser-grnppen deo Dorfeo ruhen, hat nämlich eine beträchtliche Breite und wird dabei nur im Südosten von höhern Bergen überragt. Auch sie -N!^n Wieus. — Ter Wicucr T9ald, 5 ' 5^ gehören noch der waldbedeckten (^aisberggruppe an. Elil^ steht wieder mit dein südlich von ihin gelegenen Sittendorf und Wildegg in Ver-biuduug. Ter lohuendste Weg hierher führt jedoch über das vielberührte östliche Gebirge und nachdem wir nunmehr das Thal der Liesing genügend kennen gelernt haben wollen wir bevor nur un^> wieder dcni Wiener Becken zuwenden, diese l^nuppe näher in das Auge sassen. Sie wird begrenzt im Osten dnrch das Wiener Becken, südlich oom Mödlingbach in der Vrühl und inl Thal con leaden, inl Westen gleichfalls von der MMing in den Thälern von Sittendorf und Sulz dann von der Türren ^iesing im .^altenleutgcvener Thal und ebenso fällt sie mit ihrem schmalen Nordrande gegen die Dürre Liesing ab. Vom (Haisberge zieht sich der lange .vauptkamm südwestlich und schiebt seine Ausläufer nach Süden und besonders nach Osten vor. (hicsihübel, die Anlagen der Nordfeite der Brühl, theilweise sogar Mödling, liegen auf solchen Aesten, das malerische Wassergespreng, das Thal von Sparbach und die Wildegger Schlucht sind in die (Gruppe eingetieft. Neberall am Ostrande schwillt in ausgedehnten Weingebirgen die Tranbe zur Neife. Tort lagern am Rande der Ebene auch die größeren Ortschaften, Petersdorf, Brunn mit Enzersdorf und Mödling. Von allen den vielen Punkten ringo am Fusic unseres (Gebirges gehen denn anch die lohnendsten Wege ans seinen Kamm. Auf ihm aber läßt sich5 über die duftigsten Waldwiesen und durch die schattigsten Buchenwälder stundenlang fortwandern uud lassen sich immer wieder neue Fernfichten, hier auf die Gegend bis Wien und seine südliche Ebene, dort auf die einzeluen Thäler lind >)öhen des Wienerwaldes und auf dao Hochgebirge entdecken. Ten ganzen >>aupttamm nahezu vom nordlichen bis znm südlichen (5nde entlang, läuft der sogenannte Lange Weg zumeist auf der ioöhe fort. Wir bemerken, das, die bekanntesten Spitzen des Zuges der Oaisberg 1690 F., der Föhrenberg, so genannt von einer prachtvollen Föhre, welche ihre Aeste zuuächst dem höchsten Punkte ausspannt, 1828 F., und der nahezu nördlich von Wildegg liegende Höhlenstein 2020 F. hoch sind und betrachten uns die Aussicht vom Föhrcnberg. Sie ist eine der ^,',,^ Die Hcmpt- und Rcsidcuzsiadt Witti, pittoreskesten in der ^!ähe der Residenz, denn wic dieser Berg und dcr Aninger beherrscht kein anderer höherer Gipfel Wien selbst mW das ganze Wienerbecken. Die malerischen Thäler und Orte in seiner unmittelbaren Mhe, vorzüglich die Thäler der Liesing, Petersdorf, Mödling und die Brühl verleihen ihm erhöhtes Interesse und auch seine eigentliche Fernschan über den Wienerwald und das Hochgebirge, in deren ersterem der Aninger, im letzteren der Schneeberg besonders hervortritt, reicht weit und gliedert sich vortrefflich. Durch einen kleinen Umweg läßt sich mit der Besteigung dcs Föhrenbergs der Besuch der nicht unbedeutenden Ruinen der unter K. Albrecht I. gebrochenen Burg der Pertoldesdorfer, Kammerstein, verbinden. Sie tranern im Walde ans einem Vorspringe des Föhreubergeo über einev wilden in das Kaltenlentgebner Thal aus-laufenden Schlucht. Der Rodaun und Liesing nächste Ort am Ostrande des Gaisberges und au der Eisenbahn Vertholdodorf, allgemein Petersdorf genannt, ein großer Markt mit 3202 Einwohnern, giebt durch seine Banwerke kund, das; er schon in alter Zeit von Bedeutung war. Der berühmteste des alten (Geschlechtes der Pertoldesdorfer auch Verchtoldzdorfer, der Kämmerer Otto III., focht gemeitischaftlich mit seinem Bruder Heinrich in der March-fclderschlacht im Heere Rudolfs von Habsbnrg. Dieser Heinrich von Pertoldesdorf war nach Ottokar von Hornecks Reimchronik beim Tode des Königs Ottol'ar II, zugegen, den er mit Wafser gelabt nud dessen Leichnam er bedeckt haben soll. Die Pertoldesdorfer starben im 14. Jahrhundert aus. Um dieselbe Zeit begann jedoch eine Periode der Blüthe für Petersdorf als es zur Dotation und zum Sitz der Wittweu der Herzoge von Oesterreich bestimmt wurde. Albrecht U. baute für seine Gemahlin Johanna von Pfyrt ein Schloß nächst der Kirche. Sie starb zwar vor ihrem Gemahl, dafür verlebte hier Rudolfs des Stifters Gemahlin Katharina, die Tochter Kaiser Karl IV., ihren zweimaligen Wittwenstand, nno starb hier 1395, und m demselben Jahre noch starb .Herzog Albrecht III. nnd nahm seine Wittwe Beatrix von: erledigten Witthum Besitz. Sie lebte in Petersdorf bis zum Jahre 1414 und ans dieser Zeit datiren die wichtigsten Ncchte und Stiftungen desselben. Unter 254 Tie Nmgcbuugcn i^icus. — Tcr Wicnev Wald Z Anderin erhob es Albrecht IV. iln Jahre 1400 zum Markte lind stiftete Beatrir cm Spital, dessen Kirche noch heute eine Gierde des Htarktes bildet. Wir wollen nllr kurz hervorheben, daß nach Albrecht V. Tode die Stände Niederüsterreichs in Perchtoldsdorf wegen der Vormundschaft über den minderjährigen Herzog Ladislans Posthumns tagten und das; dieser als ihn Baiser Friedrich IV. endlich ans seiner Obhut entlassen hatte, von W. Neustadt zuerst in die Perchtoldsdorfer Burg geführt wurde. Auch können wir nicht alle Schicksale der ^crstdrnng aufzählen, welche der Markt in den Zeiten des Wüthenv innerer und äußerer Feinde in Oesterreich, so ziemlich gemeinschaftlich mit den meisten Orten dcs Landes, erlitten hat. Dafür glauben wir seiner furchtbarsten Drangsal eingehender erwähnen zu sollen. Nachdem das dortige Schloß noch nnter Friedrich I V, im Jahre 14<'>5 zerstört worden war, befestigten die Bürger den Markt. Dies rettete Petersdorf bei dem ersten Einfall der ^Türken. Bei dein zweiten sollte es jedoch die Wuth der Barbaren erfahren, wie wenig andere Orte. Ein türkischer Heerhanfen hatte am 15. ,"nli 1083 den Markt in Brand gesetzt, die Bewohnerschaft aber ihre Habe und sich selbst in die große Kirche und den Steinthurm an ihr geflüchtet. Da nahte am Ilj. ein feindlicher Parlamentär und sicherte den Belagerten freien Abzug zu, wenn sie sich ergeben würden. Der Markt ging in den Vorschlag ein. Am folgenden Tage Mittags war mit dem inzwischen angelangten Pascha die Verabredung getroffen, daß die Bürger 4000 dulden, und zwar die Hälfte davon sogleich, zn zahlen, den Thurm zn räumen und die Waffen zu strecken hätten. Das Geld wurde übergeben nnd um 2 Uhr begann der Auszug. An der Spitze schritt eine Inngfran, einen >vranz im Haare und eine weiße Fahne ill der .Hand. Doch die Unmenschen stürzten sich sogleich ails die Arglosen, hieben diejenigen davon nieder, welche sich zur Wehre setzten und todteten auch die Uebrigen — im ganzen 3800 Mänuer! Blos zweien Bürgern gelang eo, sich zn verbergen und dadurch ihr ^eben zu retten. Die Weiber und Kinder wurden in die Gefangenschaft geschleppt, die Kirche und der Thurm verbrannt. ^!,'> Dic Haupt- und NcsidcnMdt Wien, Dieselbe 5Urche und derselbe Stcinthnrm bilden noch hente das bedeutendste Bauwerk von Petersdorf. Sic stehen auf dem Marktplätze, der Thllvin isolirt neben der Kirche. Beide sind von Quadern crbant. Die Kirche gehört dem 15. Jahrhundert an, dcr hintere Theil des drei-theiligen Schiffes, welcher bedentend höher als der vordere ist, dann der Chor sind etwas jünger. Dic Pfeiler im Innern, die hohen Svitzbogen-scnster mit schonein Maßwerk mid die giebelartig bedachten Strebepfeiler sind gelungene Arbeiten der l^othik. Anch preiswürdige Sculpture)! finden sich vor. Leider ist das Innere so wie die geräumige Unterkirche durch Nestanrirnng vielfach umgestaltet. Imposant erhebt sich östlich nebcn der Kirche der Thurm bis zur Höhe von 30 .Ulafter. Spitzbogige Fcuster und Schalllöcher, oben eine auf Tragstcinen hinansgcrückte (Halleric und Thürmchen an dcn vier Ecken des hohen Satteldaches weisen den massiven Bau in das 1(!. Jahrhundert und wirklich findet man an ihm die Ialireo^ahl 1521 eingemeißelt. Südwestlich dagegen befindet sich an der Kirche die MartiwKapelle, welchc, etwas später als die Kirche, gebaut, die Bnrgtapclle gewesen seiu dürfte. Auch sie zeigt ansehnliche Spitzbogcnfenstcr zwifchcn Strcbcpfeilern und cine- sinnig eonstrmrte Fensterrose. Die westlich zunächst der Kirche, gelegenen Ruinen der Herzogsburg hängen mit ihr zusammen. Die ganze Gruppe der alten, noch in voller Stärke dastehenden, oder bereits in Trümmer gesuukenen Bauwerke gestaltet sich jedenfalls zn einein hoch-interessaiiten Oenullde. Außerdcnl hat die schon crwähntc Spitaltirchc, ,nmml im Innern, dic ehrwürdigen Formen der Zeit ihres Entstehens im 15. Jahrhundert und besonders hat dieselbe ihr viereckiges über Eck gestelltes (^)iebcl-thürmchen noch bewahrt. Endlich darf anch das Rathhaus aus dein Jahre 15^1 wegen seiner alterthnmlichen Baureste, vornehmlich seines zierlichen Erkers halber, nicht unberücksichtigt bleiben. Die Pctersdorfer Frohnleichnamsproccssion, dcr Petersdorfer Uuigang, gchört nnter die wenigen noch dermalen beliebtcten Volksfeste um Wien. Sie findet am zweiten Sonntage nach dem kirchlichen Frohnleichnamstagc ^16 Dic Umgebungen Wicus. — D^r Nicncr^Wald, statt und wird 'ahlreich von den untern und mittlern Volksklassen besucht und an diesem Tage allein gcwinnt Petersdorf, dessen Bahnhof freilich sehr weit vom Markte liegt, auch als Bahnstation Bedeutung. Der nächste Ort südlich am (Gebirge und zugleich die nächste Bahnstation ist d.'r Markt Bnmn, au welchen sich wieder im Süden Enzersdorf am Gebirge, gleichfalls ein Markt, unmittelbar reiht. Brunn zählt 2070, Enzersdorf 1086 Bewohner. In Brunn, dessen viele Froihöfe auf seine Blüthe in früherev Zeit deuteu uud das sich noch heute mit seiuer in der Mitte mit einer Allee bepflanzten Hanptgasse recht stattlich ausnimmt, verdient cmßer der durchaus gothischen Kirche aus dem Anfang des N,. Jahrhunderte die große Actienbrauerei Beachtilng. Etwas erhöht über dem Orte stehen in den Weinbergen einige hübsch gebaute neue Villen. Enzersdorf besitzt ein ansehnliches Schloßgebäude uud eine Wallfahrtskirche mit einem Franziskanerkloster. Das Vorkommen so vieler großer Ortschaften am Saume der Berge ließe sich schwer allein durch ihre günstige Lage am Weingebirge erklären, es wird nns aber vollkommen verständlich, wenn wir erfahren, das; die später weiter hinaus in die Ebene verlegte Hauptstraße nach Steyermark in alter Zeit hier an den Höhen hingelausen ist. Vou Enzersdorf führen bequeme Wege zum alten und neuen Schloße Liechtenstein. Da die letztern jedoch mit den Anlagen, welche bis in dcn Markt Mooting reichen, im nächsten Zusammeuhaug stehen wollen wir sie auch erst dort keunen lernen. Dagegen steigen wir von hier hinauf nach Gießhübel. Seine hohe Lage auf einein gegen die Ebene vortretenden Ausläufer des Gaisbergzuges verschafft d.'m Orte eiue vorzügliche Aussicht über dieselbe. Wahrhaft überrascht wird m^in, am Ende des Dorfes eine Terrasse von eincr so großen Ausdehnung anzutreffen, wie wir eiue solche hier oben von der Ebene aus gar nicht vermuthet hätten. Von Gicßhübel ist es nicht mehr weit auf den Langen Weg und auf ihm kommt man bald zum Predigtstuhl, einem ganz isolirten Felszahn inmitten von Wiesen uud Wald, welcher nach rückwärts nut dem Langen Wege durch einen jungen Fichtenwald zusammenhängt, dafür nach vorne gegen das Wasfcrgcspreng senkrecht und tief abstürzt. Er bildet einen ixnoten- ^''? 33 Tic Haupl^ und NcsidcnMdt Wicn. s< punkt, denn von seinein Fuß weg zieht sich das Wassergespreng südwärts hinaus nnd zweigt sogleich rückwärts von ihm der Weg nach Kalteilleut-geben in nordwestlicher Richtnng von dem andern nnd Hanptweg ab, welcher vorlänfig bis zur neuerlichen Trennung der Steife nach den einzelnen dieser Orte die Richtung nach Sparbach, Wildcgg nnd d.'r Snlz cm ha lt. Von Brnnn nnd EnZersdorf südlich folgt an der Bahn Mödling. Dcr bedeutende Markt hat 4357 Einwohner. Dadnrch, das; dic Eckpfeiler der an scinein Schlnssc beginnenden Schlucht der Klanse in Felsen steil zn ihm abfallen, ein Theil seiner Gebände, darunter zn obcrst die imposante Othmarskirche ans den gegen die Ebene vortretenden Höhen gelagert ist, im Hintergrnnd aber hohe, anf ihren Vorfprüngen mit Rninen nnd Tempeln gekrönte, Waldberge nilfragen, giebt Mödling schon ans der Ferne ein nngemein malerisches Bild. Wir haben von Mödling bereits sichere ^nnde aus einer Zeit, in welcher über Wien nocb das Dnnkel der Sage lagerte. Hart an der Schwelle des 11. Jahrhunderts, im Jahre 1002, schenkte Kaiser Heinrich N. dem Sohne d^s ersten Markgrafen aus den: Hanse Babenberg, dein Markgrafen Heinrich I. erbliche ^amiliengüter Zwischen der ^iesing nnd Triesting und der <^. Markgraf Leopold 111, stiftete noch im 11. Jahrhundert eine jüngere Linie seines Hauses zn Medelich. Anch Oesterreichs letzter Markgraf nnd erster Herzog Heinrich Iaso-mirgott war Herr von Medelich bis ihn die Mchfolge in der Markgrafenwürde traf nnd er Wien zn seinein Herrschersitze erkor. Noch einmal klingt der Name der Bnrg ruhmvoll in der (beschichte des Landes als der Letzte des ritterlichen Stammes der Babenberger, Friedrich der Streitbare, sein Land an seine Feinde verloren hatte und bloß Nenstadt, Starhemberg nnd Mödling tren zn ihm hielten nnd ihm als die Ansgangspnnkte znr Wiedererobernng der Macht dienten. Doch mit dem Aiwsterben d.'r Vabenberger sank anch die Veste Mödling an Bedeutung. Schon während des unseligen Zwischenreiches verbrannten sie im Jahre 125^ die Ungarn nnd Knmanen nnd bereits unter Baiser Friedrich IV. wnrden 1477 auv Fnrcht vor den Ungarn 2'.^ 'xm befestigten Fricdhofe an der Othmarskirche nicht mehr sicher fühlten und sich ergaben, brachen die Türken auch hier ihr Wort, schleppten die wehrbaren Männer in die Selaverei und todteten die übrigen. Die Vergangenheit spricht im heutigen Mooting noch durch so manches ehrwürdige Denkmal zu uns. Den ersten Rang darunter nimmt die große Othmarskirche ein. Durch seine hohe Lage beherrscht das würdevolle Bauwerk weithin die Gegend. Es ist laut eiuer Inschrift über dein Thore im Jahre 1454 begonnen worden, — ein Strebepfeiler der Nordseite weist dagegen die Jahreszahl 1499 auf ^ und hat im Aeusiern die alten Banfornmi, die hohen Strebepfeiler und breiten viertheiligen Spitzbogenfenster mit reichem Fischblasenmaßwerk unverändert erhalten. Treteil wir in das Innere, so finden wir, daß die Kirche eine Hallenkirche in >treuz-form von imposanter Höhe ist, in welcher s'ch die Pfeiler der Schisses jenseits des wenig vorspringenden Querschisfes zw^i auf jeder Seite im Chore fortsetzen. Wir gewahren auch ein spätgothisches Sacramentt-häuschen mit einer zierliche,! Eisenthür und unter dem Chore eine mit dein Hauptbau gleichzeitige Unterkirche. Die neben der Hauptkirche stehende Pantaleonsko^lle ist durch eine ^.'5'',! Tic 5>u!pt und ^i^'idcn;stcidt Wien. modernen Alisbalt zinn Glockenthurin uingcstaltet. Sic ist eine Rund-capelle romanischen Styls. Ober dein Portale stellt ein Relies einen reiten-den Jäger vor, welcher einen Hirsch und zwei Haftn verfolgt. In der halbrunden Apsis wurde erst in: Jahre 1858 cin colossales Frcscogemälde allfgedeckt, das seiuein Character nach aus denl Ansang des 13. Jahrhunderts herrührt. Die gewölbte (Erlist unter derKapelle, spricht dafür, das; diese, wie die meisten Rotunden, die Bestimmung als Todtenkapelle, Mrner, hatte. Die alte einschiffige Ägydius- oder Spitalkirche, mitten im Markte, stammt nach ihrem Baustyl aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts und macht ihm gleichmäßig im Aeusiern wie im Innern Ehre, dort durch ihre Strebepfeiler, zierlich gefüllten Spihlwgenfenster nnd achteckiges Oie-belthürmchen, hier durch die sinnig uerpflochtenen Rippen des (Gewölbes nnd durch vortreffliche Steinmetzarbeiten. Würdig des grosien Marktes stellt sich das Nathhaiw dar mit seinen ^aubeugängen und Thurme, auf welch letzterem nebst einer Uhr und dem Wappen von Mödling auch die Jahreszahl 15-18 angebracht ist. Moling ist uns der Ausgangspunkt beim Besnch seiner nächsten Umgegend und der Thäler des Quellgebieto des Mödlingbaches. Wenn wir dem ^mife ocsfelben entgegen deu Mart't verlassen, so stehen wir auch bereite am Engpasse der Klause. Sie bildet sich durch das Zusammentreten der Bergwände de^ ^alenderberge^, rechts und des Maaberges links. Besonders der >talenderberg fällt ungemein schroff ab. Von ihm blickt dic Othmarskirche und Pantoleonskupelle hcrab, anf der linlen Seite dagegen trauert tiefer innen über der Schlucht die Burg Modliug auf ihrer Waldeshohe. Hier ak, Wald dort auf den Klippen einzelnstehend streckt rings die Schwarzföhre ihre Aeste aus. In der Tiefc aber fließt die Mödling lustig zwischen grünem Strauchwerk und schmiegen sich die Häuschen uud selbst elegante Villen an die Felswände. Am Ende der Klause, beginnt das freundliche Thal erst der Vordern, dann der Hintern Brühl. ^) Wir werden in dasselbe auf einem Umwege kommen. 5) Das höchst schätzclioiix'rchc WM „Wicuö Um^'bun^n auf 2<» Tnm^n im Umlrci^ von Adl?lf 3äm>idl, Wi^ii 18ül)" Hal cin^ ^a»^ fuv dic B^'ichlumg d^v ^.'vübl, ft.Hi dic ^^0 c> Tic Unisicbim^u Wiens. Ter Wicncv Vald, ?) Als der im ^ahre 183'^ verstorbene Fiirst Johann Liechtenstein die Brühl besaß, opferte er große Sulnmen znr Verschönerung der (legend um Mödling. (5r ließ auf zahlreichen hervorragenden Punkten Aussichtsthürme, künstliche Ruinen und andere Aloninnente bauen und rings vortreffliche Wege anlegen. Auch seine Besitznachfolger erhalten die Anlagen ihres Vorfahrs. T"as nwiste dieser Schöpfungen findet sich auf der rechten Seite von Mödling und inobesonders laufeu schon von der Othmars-kirche an dic Parkwege auf und lini den >valenderbersi, einerseits hinab in die Brühl, audererseits zum alten und ueuen Schloß Liechtenstein. Wir schlagen die letztere Richtung ein. Wir wandeln auf der Hohe am Rande der großen Ebeue und jeder Schritt ist darnm auosichtoreich. Ans dein Naturpark sind wir in die Parkanlagen gekommen. In ihnen treyen wir znerst das nene Schloß Liechtenstein an. (5s ist in den fahren 1^0-^1 iin lnodernen Styl, zwei Stockwerke hoch mit vorspringendem Mitteltract und darüber einem, von 4 Säulen getragenen, Fronton aufgeführt worden. Bald sehen wir auch die alte Veste auf ihrem Felsen am Rande einer nahen großen Wiese thronen. Sie hieß früher Schloß Enzcrsdorf. Im I. 1291 belehnte Kaiser Albrecht I. mit ihr den Sohn oeo berühmten Minnesängers Ulrich oon Liechtenstein, Otto uon Liechtenstein-Mnran und nun ging ihr älterer Name in den der Veste Liechtenstein bei Mooting über. Allein schon unter Albrecht !!>. w.ird dan >>au5 Liechtenstein der Burg verlustig, als Johann uon Liechtenstein, „der gewaltige Hofmeister", in Ungnade gefallen war und die Mehrzahl feiuer Güter eoufiseirt wurde. Nach vielfachem Herrenwechsel und wiederholter Zerstörung und Wiederherstellung brachen die Türken iui I. 16tt.", die Veste. Seitdem ist sie, wenn auch in einzelnen Theilen bewohnbar gemacht, doch im (kroßen uud tanzen eine Ruine. Selbst in Trümmern ist sie interessant geblieben. BrM gchwcwu. -3o richly d^r ^'»rund dafiir scin ma^, daß dcr Vvichl ^incn Wildpark dcdclU^l und dl^! hcui^ Bnchl l.vuanni^ (^'^^„d al'o ^ilisti^r Wildpart dics^n ')ia»i^i tva^^ so ist doch dic Vczcicknuug dic Bvühl m allcu >Nasscn Wicns so cülcin gangbar, daß wiv dic von Tclmndl osftnbar frncknlos vcrsnaitc 3prachvcvbcsscvnng nick! wicdcr aufnchincn wollcn. ^ii Die Haupt- und Ncsidcnzltadt Wicn. Im 12. Jahrhundert ans Quadern erbaut, erhebt sie sich als länglichtes Viereck auf einem mächtigen Felsen. Wo es der schmale Raum gestattet, sind Vorsprünge angebracht; der innere Burghof ist blos eine künstlich geebnete Felsplatte. Leider wurden die Restaurirnngcn im Innern nicht glücklich durchgeführt. Dafür bieten dio lebensgroßen Portraits der Liechtensteine großes Interesse und ist die Pangrazenkapette von hoher Bedeutung. Oblong gestaltet Zeigt sie durchaus romanische Formen, außen auf der Südseite einen Rundbogensries, darüber einen dreifachen Würfelsries, innen ein rundbogiges Kreuzgewölbe, einen halbrunden Chor und kleiue Rnndbogenfenster. Offenbar stand die Kapelle ursprünglich auf drei Seiten frei und wurde erst später umbaut. Auf dem Wege auf der Westseite des Kalenderberges, hinab in dio Brühl, giebt das rundherum von den Waldbergen umschlossene Thal mit seinem grünen Grunde und den zahlreicheil Gebäuden, welche auf den Abhängen oder in der Tiefe, häufig in Baumgruppcn, ruhen, ein anmuthiges Landschastsgemälde. Dasselbe erhält noch größere Abwechselung durch das Dorf Hinterbrühl, dessen lange Hänserzeile, in ihrer Mitte die hübsche moderne Kirche mit ihren zwei niedrigen viereckigen Thürmen und der Kuppel dazwischen, sich an dein nördlichen Gehänge hinzieht. Dort wo sich eine prächtige sanft abdachende Wiesenfläche zwischen Waldsäumen weit hinein in den südlichen Thalraud erstreckt, haben wir das Runde Thal zu suchen. Auch um dasselbe sind rings Parkwege angelegt und ist manches Monument angebracht. Wir steigen in dieser Gegend nur zu dem Tempel des Ruhmes, dem sogenannten Husarentempel, hinan, welcher von der Spitze eines Waldberges, als das echteste Wahrzeichen der Vrühl, weit hinaus in's Land erglänzt. Fürst Johann Liechtenstein hat ihn zum Andenken an die Schlachten bei Aspern und Wagram und in dankbarer Erinnerung an seine widerholte Nettuug iu Schlachten, besonders in jener von Aspern, erbauen und sünf Soldaten, welche bei Aspern gefallen waren, im Souterrain begraben lassen. Der Tempel bildet ein länglichtes Viereck mit zwei von Säulen getragenen Frontons, auf der Langseite ruht das Gebälk auf 8 mit dorischen Mastern geschmückten Pfeilern. Kriegerische 202 ^ Tie llnMbnngcil Wicus, — Ter Wicucr-Nald ss Abzeichen nehnleil die Felder zwifcheil deil dadurch entstandenen Bogen ein, cnn Eingangsfronton dagegen stellt ein Basrelief von Klieber Krieger vor, welche sich mur Siegestrophäe nahen. Tie wundervolle Aussicht nmsast das ganze Wiener Becken, dann in weiter Ausdehnung del! Wienerwald, die Voralpen und das Hochgebirge, obenan den Schneeberg. Als besonders pittoresker Vordergrund lagert in der Tiefe Mödliug mit der Brühler Gegend nnd der nachbarliche Aninger entwickelt uon hier gesehen ein höchst stattliches Massw. Am Schlüsse der Hintern Brühl spaltet sich der Weg an einen: reichbewaldeten Kegel, links lallst die Straße nach Gaden, rechts nach Weissellbach. Von Gaoen, einem hanptsächlich wegen seines Schmarrens, Eierkuchens, beliebten Puukt für Ausflüge, führen die Mödlinger Straße zunächst nach Heiligen Krenz und Waldwege über den Zwischenrücken zwischen dem Modling- nnd Schwechathal nnmittelbar oder über Siegenfeld nach Baden. Auch den Aninger besteigt man von hier aus am bequemsten über die breite Einsattlung zwischen seinen beiden Hauptkuppen. Endlich gelangt man aus dem l^adner Thale leicht nach Sparbach nnd Sittendorf. Um diese letzteren Orte kennen zn lernen, halten wir uns an die vorerwähnte Straße nach Weissenbach. Sie zieht sich sanft hinan zu dem in einem Ostbaumwald versteckten Dorf Weissenbach. Hier theilt sie sich wieder. Rechts schneidet als eine Schlucht zwischen den waldreichen Höhen das Wassergcsprenge ein, es reicht nordwärts bis znm Predigtstuhl, westlicher bis zum Höhlenstein. Die Straße links dagegen bringt uns im Walde oder ihn entlang bald in das Sparbacher Thal. Es hat eben so wenig Bedeutung, als das Dörfchen, desto mehr landschaftliche Reize aber sein Wildpark. Der Haupteingang in den von einer Maller und einem Zaun umfangenen Ranm befindet sich hart an den Häusern des Dorfes. Wir kommen sogleich Zu einem Iagdschlößchen und fehen nils bald in einem engen grünen Thälchen, aus welchem sich der Wald beiderseits steil erhebt. Einzelne Baumgruppen stehen in der Thalsohle, der Bach durchfließt dieselbe, in ihrer Mitte liegen den Wald hell spiegelnd eine paar klare Teiche. Plötzlich steigt zunächst dem größereil Teiche die wahre ü«^ Dic Haupt und Msidciiznadt Vicn. Ruine Iohannstein auf geringer Höhe der nördlichen Lehne empör nnd Zugleich wird hoch darüber die künstliche Rnine der sogenannten Köhler-hüttc sichtbar. Von der rückioärtigen Berglehne betritt man ebenen Fußeo die Burgruine, blickt inan aber ans ihr in die Tiefe, so wird man vom Schwindel erfaßt, so hoch nnd senkrecht sind die Felsen, ans denen das Schloß ans drei Seiten hinaus gebant ist. Die Aussicht auf der etwa in einer halben Stunde vom Iohaunstein zu erkletternden Köhlerhütte führt uns das Gebirge der Brühl und uon Baden, die Ebene, dann das Hochgebirge vom Schneeberg an bis gegen Mariazell vor die Augen. Derjenige, dem sich das Thor des Wildparks rückwärts von der Köhlerhütte öffnet, macht eimu entzückend schönen (hang immer im Bu-chenschatten, wcim cv fortan hoch über der Schlucht, welche sich ostwärts zum Wasfergesprenge hinausstreckt unter dem Höhlenstein vorbei den um, bekaunten Langen Weg auf dem Kamme zu gewinnen sucht. Von ihm zweigen dann, wie wir wissen, die Steige nach den verschiedensten Pnnt-ten am Fuß deo Gebirgozuges ab. Außerdem steigt man von Sparbach nach Wildegg hinüber, so wie man über die Rotte Neuweg unmittelbar den Langen Weg dort erreicht, wo er sich bereits gegen die Sulz wendet. Wenn wir auf der Straße vou Sparbach nach Westen sortwandern, so gelangen wir nach Sittendorf. Auch diefcr Wog uud das Thal von Sittendorf lasfen den Naturfreund kalt. Bloß das nahezu südlich in einiger Entfernung sichtbare Eiserne Thor tritt vortheilhaft hervor, und auch die Hänser des Dorfes Sitteudorf und sein Kirchloin gruppiren sich ansprechend ans dem unebenen ttrunde. Wir sind hier Heiligcnkreuz und der Snlz sehr nahe. Doch wir wenden uns bei der Mühle im Dorfe rechts, dann in die Schlucht zur Linken, wo wir bald die Meierei und dao auf Felsen höchst pittoresk gelegene Schloß von Wildegg erblicken. Es kommt schon Ntt8 in Urkunden vor, mag aber in seiner jetzigen Gestalt dein 16. Jahrhundert angehören. Es ist im Viereck, jedoch mit einzelnen Vorsprüngen, erbaut, seiu niedriger viereckiger Thurm erhebt sich auf der Südseite. Der kleine Hofraum wird von den: zwei Stock 264 Die Umgebungen Niciis. — Der Wicncr-Wald. hohen in vollkonnnen wohnbarem Zustande befindlichen Gebäude nut ^au-bengängcn umschlossen. Das alte (Geschlecht der Wildegger starb ini 15. Jahrhundert mi5. Doch waren die Neudegger schon seit 1391 in: Besitz der Burg und blieben es mit wenig Unterbrechungen bis znm I. 168l>, in welchem sie da') Trift Heiligenkreuz kaufte, welchem sie noch gehört. Die Neudegger hatten ihre Familiengruft in der Kirche von Sittendorf. Als nian sie im I. 1733 öffnete, fand man an der Wand auf hölzernen Sitzen in aufrechter Stellung die Skelette von fünf Männern in einem schon vermorschten schwarzen spanischen Mantclkleide. Man fand außerdem noch mehrere Särge nnd an den Wänden angeschrieben die Namen nnd das Todesjahr von 10 hier in den Jahren 1594—1682 beigesetzten Herrn von Ncndegg. Von Wildcgg kommt man in kürzester Zeit zur Rotte Neuweg und von dieser, wie wir früher erwähnten, auf den Langen Weg. Nachdem wir die Gegend westlich von Mooting durchforscht habeil, bemerken wir znerst, das; sich in dem, in der Nähe von Mooting gegen Osten liegenden Neudorf eine Strafanstalt für Verbrecherinnen befindet und das; der Ort auch eine der schönsten Dorfkirchen besitzt. Sie ist im I. 1778 in römischem Styl erbant worden uud insbesondere bildet ein mit Säuleu jonischer Ordnnng geschmücktes Portal ihre Stirnseite. Nun aber wenden wir uns südostwärts von Mödling nach Larenburg oder Lachsenburg. Eine Zweigbahn bringt uns aus dem Mödlinger Bahnhofe in etwas weniger ak, einer Stunde dahin. Der Ort kommt zuerst unter Herzog Albrecht II. als ein Bcsitzthum des Negentenhauses vor. Schon damals wurde ein Schloß hier gebaut. Herzog Albrecht M. vergrößerte und erweiterte dasselbe derart, daß er als der eigentliche Erbauer augeschen werden kann. Er verlieh auch dem Markt sein Marktprivilegium. Von den folgenden Regenten nahm sich vorzüglich Kaiser Friedrich IV. der Besitzung an. Das neue Schloß hat jedoch erst Kaiserin Maria Theresia erbaut, während die Franzensburg und die wundervollen Parkanlagen größtentheils unter Kaiser Franz l. im gegenwärtigen Jahrhundert eutstanden sind. 2'!,", 84 Tic Haupt- und Ncsidc»;st erbauten Fürstenhofes in Klosterneuburg, der <'.->p<'Il!l ^x^io^!, zu ihr wieder zusammenfügte. Noch um 100 Jahr älter soll das Glasfenster im Gange und ebenso alt wie dies der Tabernakel in der Kapelle sein. Hat man hier die Besichtigung der untern Mume des ältern Theiles des Schlosses geschlossen, so führt der Nlindgang zunächst durch die Eingangshalle, deren Bild, die spanische Redontc, FestZüge mit 177 Figuren darstellt und au'' dem 1:>i"^i!l 8p<'<-io^!^ und seiner vorzüglichen alten Thüre. Nun geht es auf die Plateforme des Thunnes. Hier überrascht cine weite Fernsicht llnd ein noch fesselnderer Blick alls dcn Teich Zu Füßen und den übrigen Park. Die Abwechselung, welche durch dcn Genus; der Fernsicht in unsere Besichtigung der Burg gekommen ist, macht nns nur noch geneigter zum Besuch der übrigen Räume. Wir schreiten daher vom Thurme herab in den Gerichtssaal. Schwarze Marmorwände und in der Mitte die schwarze Taset mit einem Aufsatze, dessen Deckel abgenommen wurde, um dcm Kops des aus dem Verlies; mittels eines Knebels heraufgezogenen zu Verhörenden Platz zu machm, erinnevn an die Segnung n d,'r alten Iustizpflege. ?,n gleicher Höhe mit dem Gerichtssaal läuft der Wallgang. Jetzt folgt der zweite kleinere Thurm. (5in Gang bringt uus zu den (Gastzimmern, wo gute alte Portraits hängen und noch so manch werthvolles altes Einrichtungsstück steht, und n'cht minder enthält das Zinnner des Burgpfaffen alte Gemälde und andere Alterthümer. Wir machen den Schluß des Umgangs mit dcm Burgverließ und — Schrecken. Denn der gefangene Templer, welcher dort in seinem Ordenskleide sitzt, hat dadurch, das; er auf den Drnck einer Feder den Arm erhebt und dabei mit den Ketten rasselt, bereits tausend und wieder tansend harmlose Besucher erschreckt und wird es gewis; noch ebenso m'el Tausenden anthun, wenn er noch lange dort sitzen bleibt. Endlich betritt man den Burghof wieder, wahrhaft ermüdet vom Schauen und läßt sich mit Wohlbehagen in dein Kahn nieder znr Fahrt auf dein grosen Teich zur Marianneninsel. Dem reizenden Pavillon auf dieser Insel an der nordöstlichen Ecke des Teiches dient als Fußboden ein antiker auf den Walser Fcldern bei Salzburg ausgegrabcner Mosaikboden, eine Darstellung der Mythe vom Thesens und der Ariad.ie. Gewöhnlich fährt Ulan noch nnter der Gothischen Brücke hindurch in das Sophien Tha! uud zu seiner Grotte und hat sich dadurch dem 5?afen der Kähne, dem Schiffplatz, wieder genähert. Auf der Kahnfahrt ergötzt nicht wenig das Volk der Schwäne, w.'lches zahlreich den Teich belebt nnd um die Wette den Kahn umsegelt. ^i!) Die H.uipb mid vtcsidcnMdt Wicn. Im Rittergau verdieueu auf der Nordseite des Teiches einen Besuch die Rittergruft, die Rittersäule und die Meierei. Die erste wird darge-gestellt durch cm niedriges Gewölbe im altdeutschen Styl mit alten Sculvturen, Glas- und andern Gemälden. Die hohe Nittersäule erhebt sich auf einem durch Gitter verschlossenen Gewölbe, worauf Löwen stehen, als dem Piedestal. Der Knauf der Säule, welche ans grauem Marmor aus der (^n'!1:> ^mcio^ besteht, trägt einen geharnischten Ritter, der sich auf den Wappenschild des Burgherrn stützt. Das Monument wird dadurch zum Vogtei- oder Inrisdictionszeichen des Burgherrn. Die Meierei reiht sich durch die ausgezeichnete, ihrem Zweck entsprechende, Einrichtung sowohl als durch die kunstvolle Ausstattung, insbesondere die alterthümlichen Plafonds und Geräthe, dann die Glasgemälde ihrer Herrn-zimmcr, dem Sehenswürdigsten an. Auf der Südfeite des Teiches und ihm nahe liegt dn' große Turnierplatz. Er ist rings von Schranken umfangen nnd durch Gitterthore gefchlossen, gegenüber d^n Haupteingang aber ist die kaiserliche Loge angebracht. Schlägt man die beiläufige Richtung gegen das Schlos; ein, so kommt mail zum anmuthigen Goldfischteich, von dessen Bewohnern jedoch mehr die colossalen Karpfen berühmt sind. Besonders hübsch macht sich sein in ihn hinaus gebauter Pamllon. In seiner Nähe treffen wir noch den romantischen über Felsentrümmer bransenden Naturwasserfall eines vom Hanptkanal dcr Schwechat abgeleiteten Baches und die lieblich unter Tranerefchen liegenden Hütten des Fischerdörfchens an. Es dient dermalen als Kaffeehaus. Anch jenseits des Hauptkanals der Schwechat dehnt sich der Park noch w(,'it aus und zieren ihn einzelne Monnmente. Am Rande aber bieten sich überall Fernsichten über die weite Ebene ringsherum nnd das Gebirge an ihrem Schluße dar. Will man dagegen vom Fischerdorfchen Zum Schloße zurückkehren, so ladet auf dem Wege dahin noch das Mouument Kaiser Franz I. zur Besichtigung ein nnd die stattliche Lowenbrücke, welche ihren Namen den zwei colossalen Löwen von Beyer verdankt. Von ihr trifft man in kürzester Zeit wieder beim Schlos; ein. Auf der Strecke von Modling nach Baden gelangt man mit dcr ^70 AZ <3 Die Unigcbungcu Wicns, — Tcr Nicncr Wald, (5 ^ Eisenbahn zuerst nach Gumpoldötirchen. Es liegt an dein Ostfuß dcs Aninger, welchen man bequem von hier besteigt. Der ^1^0 Fuß hoho Berg beherrscht das Wiener Becken ans das Vollständigste. Natürlich ist deshalb seine Aussicht auf Wien und seine Ebenen dies- nnd jenseito der Tonan eine ausgezeichnete. Doch erstreckt sie sich auch über den ganzen Wienerwald und im Süden und Südwesten über die Voralpen nnd Hoch-alpcn. An den untern Abhängen des Aninger wächst der kostbare Gum-poldstirchner Wein. Eine verständige Weinknltnr hat das vortreffliche Gewächs noch bedeutend zu veredeln gewußt. Der Markt Gumpoldskirchen wurde schon im 1'2. Jahrhundert vom Markgrafen Leopold dem Heiligen seiner Tochter Bertha zum Brautschatz geschenkt. Seine Kirche hat ." gleich hohe Schiffe und datirt aus dem 15-, sein Rathhans aus dein 1<^. Jahrhundert. Außerdem finden sich noch mehrere alte Gebäude vor. Die Zahl der Bewohner beläuft sich ans ^067. Jenseits des Tunnels, durch welchen die Bahn bald führt, entwickelt sich vor nns rasch das Bild von Baden. Es wäre schwer zn bestreiten, daß Baden zn den am malerischesten gelegenen Punkten in Nicderoster-reich gehört. Die Stadt reicht in die Ebene heraus, doch bis eben dahin treten anf der Nordseite auch die Ausläufer des Gebirges und zwar zn äußerst der Kalvarienberg vor. Die Fortsetzung nach Westen dieses nördlichen Gebirges, dann der Badner Lindkogel, welcher >xn südlichen Nand des Schwechat-Thalcs bildet und wieder vom ^ohen lindkogel, dem Eisernen Thor, überragt wird, schlichen im, Westen dies Thal. Dort innen blickt von der Höhe an der nördlichen Thalwand die stattliche Ruine Nauhenstein und ihr segenüber an der südlichen Rauhenegg aus Waldesdunkel und erglänzt unter der letzten: Burgruine, doch noch immer von einem Abhang, das fürstlich gebaute neue Schloß Weilburg. Herwärts von diefem malerischen Hintergrund aber breitet sich die freundliche Stadt aus. Die eigentliche Stadt zählt 5^4? und mit den zur Orisgemeinde Baden gcrechneten Leesdorf und Glttenbrunn 7590 Teelen. Rechnet ^ii ^_ ^ .. . ^ ^ ^^,^,^, ^^^, Ncsidcnzstadt 2^icn. Z ' ü>° nian jedoch die nut Baden in Ilnunterbrochcner Verbindung stehenden Häilser der Ortsgemciude Weikersdorf dazu, so übersteigt die Bewohner-zahl 10,000. Darnach reiht sich Baden unter die größten Städte von Niederösterreich. Das; es aber eineli weit günstigern Eindruck macht, als den einer gewöhnlichen Landstadt verdankt es theilweisc seiner herrlichen Lage und der Mhc ocr Residenz, zlin: größten Theile jedoch seiner Eigenschaft als Badeort. Die crstern glücklichen Umstände bewirken cs, daß sich die Bewohner der Residenz eine große Anzahl stattlicher Villen zu ihrem Sommerausent-halt hier bauen, und daß viele andere Häuser zum Zwecke der Vermie-thuug verschönert werden. Die noch entscheidendere Eigenschaft als Badeort ruft nicht bloß in erhöhtem Maaße den Neubau uvn Villen und Häusern, dann die Verschönerung dcr ältern Gebäude hervor, sondern auch alle jene zum Theil monumentalen Bauten der Badeanstalten und ist Ursache davon, daß in der Stadt selbst und in den Umgebungen die prächtigsten Gartenanlagen und Baumvflanzungcn entstehen, überall die Wege aufs Trefflichste angelegt und erhalten und auf eiuer großen Zahl ausgezeichneter Punkte Denkmale, Pavillons ?e. errichtet werden. Als Badeort genießt Baden einen Weltruf. Die Kurliste wies im Jahre 1871 9257 Badegäste aus. Gegenwärtig sind 1."> Quellen benützt, doch bestehen noch außerdem mehrere unbenutzte. Die Temperatur der einzelnen Quellen wechselt zwischen ^- ^8.8 bis 21.5" Reaunmr. Im Weseuttichen ist Baden eine Schwefeltherme. Es ist durch Funde an der Hauptquelle, dem darum auch das Nö-merbao genannten, Ursprung, uud au andern Orten außer Zweifel gesetzt, daß die Baduer Bäder schon in den Zeiten der Römer in Gebrauch waren und die wissenschaftliche Forschung erklärt es als gewiß, daß Baden das Aquae der Römer gewesen ist. Im Mittelalter kmnmt dann Baden urkundlich im 11. Jahrhundert vor. Damals besaßen es die Landesfürsteu, doch erwmbeu ueben ihnen noch andere Dynasten Eigenthum in ihm. Zur Stadt hat es Kaiser Friedrich IV. erhoben. Selbstverständlich brachten die Kriegßläufe auch ihm arge Schädigung. So wurde die alte Burg beim 1. Türkeneinfall zerstört, und dann nicht ^ ^ ^ ^,„^h^^^„ Wicus..— Dcr Wicner-Wald. 2 wieder aufgebaut. Glücklicher als sic erhob sich die Stadt immer wieder aus dem Schütte, in welchen sie dcr Feind oder Feuersbrünste gelegt hatten. Namentlich bei der Türkcninvasion im I. 1683 wurde nicht allein die Stadt den Flammen Preis gegeben, sondern der Greuel dadurch noch gesteigert, daß die Bardaren auch hier die in Petersdorf und Mödling verübte Schandthat wiederholten und erst eine Kapitulation mit sreiem Abzug den Einwohnern zusicherten und dann die Abziehenden töd-teten oder in die Gefangenschaft schleppten. Unter den Gebunden der Stadt und der mit ihr zusammenhängenden Ortschaften nennen wir zuerst die große Pfarrkirche. Der Bauart nach geHort sie der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts an. Im Innern trennen auf jeder Seite 5 achteckige an den Abseiten mit Halbsäulen besetzte Pfeiler das breitere und höhere Schiff von den Abseiten. Der Orgelchor ruht auf einer Halle, welche sich im Spitzbogen gegen die Kirche öffnet. Der Thurm verbreitert sich zu Seitenvorlagen mit Thürmchen an den Ecken. Seine .Höhe reicht bis zu 34 Klaftern hinan. Von dein im I. 12^5 gestifteten Augustinerklostcr sind noch Theile des Kreuzgangs erhalten. In der modernisirten Kirche dieses Stifts, jetzt dcr Hofkirche, bieten die Grabsteine der Kreusbache wegen ihres Alters hohes archaeologisches Interesse. Der Grabdeckel des im I. 1299 verstorbenen Stifters Leutold von Kreusbach und seiner Gemahlin Euphemia stellt ersteren dar im langen Waffenrock mit den: Schwertriemen umgürtet mit beiden Händen den dreieckigen Schild mit dem Krcusbach'schen Wappen, eine Krebsscheere, haltend, letztere im faltenreichen Gewände. Auf dem Grabstein des im I. 1360 verstorbenen Friedrich von Kreusbach kommt nebst dem Familienwappen noch ein zweites vor, bestehend in einer dreitheiligen in dcr Mitte durch einen Ring zusammengehaltenen Kette. Die Ketten bedeuten eine Hundekoppel und sind das Zeichen des den Kreusbachern verliehenen Oberstjägermeisteramtes. Das Theater und damit verbundene Nedoutengebäude befriedigen durch ihren gefälligen Styl. Von den 1(5 Badeanstalten steht obenan das Urfvrungsbad oder Nömerbad. Dort sprudelt die Quelle, der Ursprung, in einem im I. 1764 erbanten viereckigen Steingewolbe binnen 24 Stunden 13440 Eimer ^ 35 «6^----------------------------------------------D Tie Haupt- und Residenzstadt Wien. «5 ^° der heißen Schwefelfluthen ails den Felsen in ein tiefes Becken. Aus dieser >>auvtquelle werden außer den Ursprungsbädern noch !; andere Bäder gespeist. Mit dem Ursprungsbade ist die Trinkhalle verbunden, Das bei Gelegenheit des Baues der Bäder im I. 1790 hier entdeckte römische Dunstbad hat man wieder verschüttet! Als hübsche Bäder verdienen noch erwähnt zu werden das Frauen-und ^arolinenbad mit einer Colonnade, das Engelsbad und das Franzensbad. Auch der am rechten Ufer der Schwechat in Gartenanlagen liegende Snuerhof, ein großes geschmackvolles Gebäude, hat seine eigene Quelle und den schönsten Badsaal in Baden. Das Militärbadhaus fällt durch seine Große auf, und auch das Badhaus für arme Badebedürftige ist von beträchtlichem Umfang. Ueberall in der Stadt, besonders jedoch in der Nähe des Parkes, erfreuen das Auge elegant, bisweilen selbst mit ^uxus gebaute, Däuser. Am rechten Ufer der Schwechat reiht sich vollends weit thaleinwärts gegen die Weilburg Villa an Villa; meistens stehen sie in reizenden Gartenanlagen und manche davon zeichnet sich durch einen vortrefflichen Baustyl aus. In den mit Baden zusammenhängenden Ortschaften liegen mehrere ansehnliche Schlösser, Gutenbrunn, Leesdorf, früher eine vertheidigungsfähige Wasserveste mit einem Thor- und einein höhern viereckigen Thurm, und Weikersdorf. Diefe Schlösser umgeben Parkanlagen. Der größte dieser Schloßgärten, der Weikersdorfer, wird nach der Weikerodorf besitzenden Familie der Frciherrn von Dobblhof gewöhnlich der Dobblhofgarten genannt. Er ist dem allgemeinen Besuche freigegeben und vornehmlich um seinen Teich herum, in welchem sich eine öffentliche Schwimmschule befindet, reich an großen Bäumen. Bevor wir Baden zum Besuch seiner Umgebung verlassen, müssen wir noch seinen Park, den Versammlungsort der schönen Welt, besonders in den Mittagsstunden, kennen lernen. Von zwei Doppelreihen schattiger Bäume in der Mitte, welche sich sanft an den Fuß des Kalvarienbergs hinanziehen, laufen nach rechts und links andere Alleen und breiten sich 274 A s^ Die Umgebungen Wiens, — Der Wiemr-Wald, cd HZ Rasenplätze aus. Dort wo der Kalvarienberg steil zu werden beginnt, geht der Park in einc freundliche Gartonanlage über. Den untern und obern Theil beleben Kioske, Büsten und ähnliches Zierwerk. Parkwegc und einfache Anlagen reichen dann vom eigentlichen Park hoch hinauf auf den Kalvarienberg und weit hinein nach Westen gegen das Helenenthal. Die kleine Mühe, vollends auf den Kalvarienberg zu steigen, lohnt sich durch den Ueberblick über die Ebene gegen Süden und ihre Berge, noch mehr jedoch durch das Bild der in der Tiefe ausgebreiteten Stadt und des Anfangs des Helenenthals mit den Schlossern Wcilbnrg, Rauhenstein und Rauhenegg und dem bewaldeten Gebirge in seinem HinteVhrunde. Wir lenken nun unsere Schritte am rechten oder linken Ufer der Schwechat dein schönsten Theile dieses Thales, dem Juwel der Badncr Gegend, der Hauowiese, zu. Am linken Ufer kommen wir zuletzt durch St. Helena nach Rauhenstein, auf welches die gleichnamige Ruine stolz herabblickt. Das Kirchlein von St. Helena bewahrt eine sinnige Dreifaltigkeit aus Sandstein aus dem 15. Jahrhundert. Die 3 göttlichen Personen sind zur Bezeichnung der gleichen Wesenheit durch drei gleich alte Personen dargestellt, welche sich nur durch ihre Attribute unterscheiden. Auf Rauhenstein sas; schon im 1^. Jahrhundert das mächtige Geschlecht der Tursonen. Noch im I. 1382 war eine Kunigunde von Rauhenstein Hofmeisterm der Herzogin von Oesterreich. Die Burg scheint bereits am Ende des 16. Jahrhunderts sehr gelitten zu haben, im 17. zwar wieder wohnbar geinacht und dabei umgestaltet worden, seit dein Anfange des 18. Jahrhunderts dagegen vollständig zur Ruine geworden zu sein. Die heutigen Neste, die zwei Stock hohe dem Thal parallele Hauptfronte, der hochaufragende Wartthurm, die .Höfe, die Trümmer der überall dort, wo nicht, wie an der Hauptfronte, die Felsen senkrecht abstürzen bestandenen Ringmauern und die auf den Klippen hinausgebauten Vorwerke beweisen, das; sie einst gewaltig gewesen ist. Die Aussicht von: Thurm reicht weit, den Hauptgenus; gewährt jedoch der Blick auf Baden und das Helencnthal. Ueber die geschmackvolle, in der Nähe des großen Holzrechens in der Schwechat über diese letztere geworfene Albrechtsbrücke betritt man von dem ^75 N* ---------------------------------------------------^ ^ Haupte und Residenzstadt Wien, Ä Platze vor den: Bräilhaus von Rauhenstein das rechte Ufer und nach wenig Schritten auch die Hauvwiese. Machen wir den Gang von Baden aus auf dem rechten Ufer, so fehen wir am Ende der Häuserreihe von Dorfel fich Rauhenegg auf der Hohe eines mit Föhren bestandenen ganz naheil Vorberges des Badncv Linokogels erheben, und sind einen kleinen Hügel hinan auch bald auf der Rückseite des Schloßes Weilburg angelangt. Das Schloß hat Erzherzog Karl, Oesterreichs ausgezeichneter Feldherr, in den Jahren 1820—23 vom Architekten Kornhäusel erbauen lassen und zu Ehren seiner Gemahlin, der Erzherzogin Henriette, einer Prinzessin von Nassau, die Weilburg genannt. Es kann unbedingt unter die gelungensten modernen Schloßbauten gezählt werden. Die Vorderfeite ist parallel mit dem Thalboden auf einiger Höhe über demselben gestellt. In der Mitte springt ein 2stockiger Risalit und Säulenportikus vor, zu welchem eine freie, Doppeltreppe hinansteigt. Die grottenartige Wölbung unter der Treppe schmückt ein zum Springbruunen benutzter Triton von Klieber; über dem Parapet ist das österreichische und nassauische Wappen, gleichfalls ein Werk Kliebers, angebracht. Vom Mittelbau gehen rechts und links einstöckige Seitenflügel aus, an deren Enden ein ^stockiger viereckiger Pavillon die Fronte abschließt. In neuerer Zeit ist eine meisterhafte gothische Kapelle nahe dein linken Flügel erbaut worden. Die Nebengebäude stehen tiefer als das Hauptgebäude. Dies ist auf der Rückseite wegen des höheren Niveaus um ein Stockwerk niedriger. Ein Porton mit Säulen führt hier in der Mitte aus dem Hofraum, welchen das Schloß auf drei Seiten umschließt, in das Innere, und zwar zunächst in ein gleichfalls von Säulen getragenes Vestibnle, an das nach vorne der große Saal mit dem Austritt auf die Karten-Terrasse stößt. Blumenbeete und ein Springbrunnen in der Mitte verschöllern diesen ,vof der Rückseite. Doch auch nach den übrigen Seiten umgeben Parkanlagen das Schloß uud insbesondere senken sie sich auf der Vorderseite den esear-pirten Abhang bis in die Tieft des Thales hinab. Ja selbst dies- und jenseits der am Schlosse all dessen Südseite hinlaufenden Straße in das Helencnthal ist der Abhang von ihr bis hinauf zum Beginn des Waldes 276 °^ '6: Die Ningebiuigen Wiens, — Dcr Wicner-Wald, (3 '^ von Rauhenegg, dann die westliche Fortsetzung dec, Berglehne, auf welcher die Weilburg steht, bis alls die Thalsohlc hinab parkartig uui-gestaltet. Wer die Ruine Rauhencgg besucht, findet sie von einer unvermuthe-ten Ausdehnung. Der dreieckige Wartthurm mit soinm 1l) 3'ltß dicken Mauern stammt zwar aus den: 14. Jahrhundert, die Kapelle aber, nach ihrem romanischen Styl zu urtheilen, aus noch älterer Zeit. Auch von Rauhenegg erschließt sich eine überraschende Aussicht, deren vorzüglichster Theil Baden, das Hclenenthal und die prächtige Weilburg ist. Wie Rauheustein besaßen die Tursonen auch Rauhenegg schon im 12. Jahrhundert; man nimmt an, daß die eingefallenen ungarischen Rebellen die Burg im I. 1621 zerstörten; wenigstens kommt sie in Vischers berühmter Topographie von Niedcrösterreich vom Jahre 1672 bereits als Ruine abgebildet vor. Von der Weilburg sind wir bald an der Albrechtsbrücke und auf der .hauswiese. Die saftgrüne Matte ist nur schmal, reizend senkt sich jedoch auf ihrer linken Seitc der Buchenwald von den Höhen steil herab an ihren bogenförmigen Rand, während sie rechts das, mit höhereu Bäumen gemischte Weidengebüsche am Rand des Schwechatbaches säumt, welcher ihrer ganze,: Länge nach hinfließt. Der Blick trifft darüber hinaus dic Berge der nördlichen Thalseite. Auf einem Absätze eines der vordersten davon horstet das hochpittorcske Rauhenstein auf den Felsen, thaleinwärts dagegen tritt gegenüber dem Ende der Hauswiese der Felsklotz Urthelstein vor die Bergreihe und in das Bett der Schwcchat herein und schließt dadurch mit den diesseitigen Höhen das Thal. Aus der Südseite des Schwechat-Thales sind voll der Weilburg thaleinwärts überall in den Waldpartien des Berges von Rauhenegg, des Badner Lindkogels und nach dem Jägerhause im Rauchstallbrunner Graben vortreffliche Spazierwege angelegt und an den günstigsten Punkten ober dem Thalc Aussichtsplätze, Parapluis ?c. hergestellt. Doch gerade am malerischen Schluß der Hauswiese dort, wo die Antonsbrücke die Echwechat hart am Urthelstein überspannt und desseu senkrechte Wand erst in den Wellen des Baches endigt, gesellt sich als ein neues decoratives Element auch auf dem linken Ufer ein 277 Dic Haupt- und Residenzstadt Wien. eleganter Pavillon dazn, welcher von der Spitze eines neben dem Urthel-stein liegenden Waldhügels weit in das Thal hinein nnd hinaussieht. Am Urthelstein wnrde für die Straße in das inmre Thal dadnrch Ramn gewonnen, das; man im Jahre 1826 einen Tnnnel mitten dnrch ihn sprengte. In der Fortsetznng des Thales der Schwechat nehmen dann beständig Wiesen den Grnnd ein, welchen die reichbewaldeten Höhen in wechselnder Form nnd Gruppirung einschließen. Zur Vermeidung der Straße ist ein Fußweg an den Abhängen der Südseite fortgeführt. Auf die Antousgrotte, an der sich ein lachendes kurzes Thal nach Süden Zum Fuße des die Lind-kogeln verbindenden Rückens hinanzieht, folgt die an einer Waldes- und Negecke am linken Ufer etwas erhöht über der Straße im Jahre 1832 gebaute gothische Cholera- oder Mariahilfkapelle. Später zeigen sich die ans der südlichen Seite wenig über dem Thale romantisch an der Thalwand gruppirten Augustinerhütten und bald auch die Kraincrhütte, einer der beliebtesten Ausslugspunkte um Baden. Ein Stück weiter innen im Thale theilt sich hierauf die Straße in die rechts und nordwärts nach Heiligenkreuz nnd in die links lind in nordwestlicher Richtung zuerst zur Häusergruppe von Maierling und dann nach Alland führende. Wenden wir uns zuerst nach Heiligenkreuz! Als Markgraf Leopold der Heilige im Jahre 1135 das Cistercienser Kloster stiftete, bestand hier bereits das kleine Dorf Sattelbach. Dem, in der Stiftungsurkunde vom I. 1130 ausgesprochenen Wunsche des Stifters gemäß erhielt das Kloster den Namen Heiligenkrenz und Leopold der Heilige selbst schenkte ihm noch einen Partikel des Kreuzes Christi. Die Babenberger blieben fortwährend Gönner der Abtei. Eine Sage erklärt das Wappen der letztern, ein Kreuz und dabei eine Hand mit zwei zum Schwur erhobenen Fingern, daraus, daß Markgraf Leopold V. bei jener Kreuzpartikel schwur, die Stiftung seines Vaters stets zu beschützen. Einer andern Deutung zufolge stellt jedoch die Hand neben dem Kreuze die segnende Hand und symbolisch den Segen dar, welcher von: Kreuze ausgeht. Leopolds V. Bruder, Konrad, wurde der zweite Abt von Hciligenkreuz und blieb es bis er 1184 das Bisthum Pafsau übernahm. ^7« S Die Umgebungen Wiens. — Der Wiener-Wald. c3' Leopold VI. übergab im I. 118? dem Stifte dm größern M-euz-partikel, welchen er aus Jerusalem mitgebracht hatte uud erst vou da an ist der Name Hciligenkreuz austatt des frühern Sattelbach allgemein gangbar geworden. In demselben Jahre fand die Einweihung des Klostergebäudes und des Langhauses der Kirche statt. Doch auch nach dem Aussterben der Babenberger, deren letzter männlicher Sprosse, Friedrich der Streitbare, im Stifte begraben liegt, war dasselbe in Aufnahme begriffen, uud noch im I. 1295 wurde die Weihe der durch den Zubau des Chors vergrößerten Stiftskirche mit großer Feierlichkeit vollzogen. Im Laufe der folgenden Jahrhunderte erlitt das Kloster durch feindliche Einfälle, Feuersbrünste und andere Unglücksfälle schwere Verluste und erst im 1^>. Jahrhundert begannen für dasselbe wieder bessere Zeiten. So wie Heiligenkreuz von großer historischer Bedeutung ist, ebenso ruft es noch heute in der äußern Erscheiuung vielfach die Erinnerung an längst vergangene Iahrhuuderte wach. Der größte Theil des Stiftsgebäudes, besonders das eigentliche Conventsgebäude, ist in seiner heutigen Gestalt nach einem Brande vom I. 102? erbaut wordeu. Ueber dem Eingangsthor, durch welches man aus dem Vorhofe in den Hanpthof tritt, ragt ein viereckiger Thurm mit einer Gallerte auf. Er enthält das „Horn", eine große Orgel, deren Töne, bestimmt die Gemeinde zum Gottesdienst zu rufen, eine Stunde weit hörbar sind. Der >>aupthof bildet ein länglichtes Viereck. In der Mitte der langen Seite gewahren wir die Kirchen-fronte. Die Angabe ihres Alters nnd des Alters des Schiffes überhaupt mit nahezu ?00 Jahren wird durch den romanischen Baustyl und die absichtliche Unregelmäßigkeit in den Details bei symmetrischer Hauptanlage nicht widerlegt. Die beiden Portale rühren aus den Anfang des 13. Jahrhunderts her. Das tzanptportal ist eine einwärts sich verengende in Spitzbogen geschlossene Halle. Im Innern fällt sogleich der Unterschied auf zwischen dem rein romanischen Styl des Schiffes, das wie vorne gefagt, vor beiläufig ?00 Jahren, nemlich in den Jahren 1150—1187, gebant wurde uud dem ausgebildet gothischen des prachtvollen Chors. Dieser wird von Manchen ans dem historischen Grunde der im I. 1295 stattgefundenen ^!7!) Dic Haupt- und Residenzstadt Wien. Einweihung als dem Ende des 1?;. Jahrhunderts, dagegen von Anderen mit Hinblick anf die archaeologischen Regeln der Architektur als dem Ende des 14. Jahrhunderts angehörig angenommen. Im Langhaus trennen massive Quaderpfeiler das Schiff uon den niedrigeren Abseiten und tragen das gedrückte Tonnengewölbe. Tie Fenster der Abseiten schließt dann der romanische Kreisbogen ab. Doch ist anch hier manches neu, so der Musikchor, welcher eine der größten Orgeln des Landes trägt. Seinen schlanken Pfeilern, dem hochanfstrebenden Kreuzgewölbe und den hohen Spitzbogenfenstern mit farbenprächtigen Glasmalereien ans dem Ende des 13. Jahrhunderts verdankt der, durch vier mit Halbsäulen bedeckte Bündelpfeiler in drei gleiche Hallen getheilte Chor seine erhabene Schönheit. Seine Höhe ist sowie diejenige des Schiffes 12 Klafter; er ist über 17 Klafter lang gegenüber der Länge des Schiffes mit dem Qnerschiff von über ^8 Klafter nnd über 14 Klafter breit. Man trifft in der Kirche gute Altarbilder an, darunter jene5 am Hochaltar vom Hofmaler Kaiser Josef I., dem 17^7 verstorbenen I. M. Rothmayer von Rosenbrnnn und mehrere von der Hand Martin Altomonte's, welcher 1745 starb nnd in der Kirche selbst ein Grabdenkmal erhielt. Unter den (Grabsteinen befinden sich viele von früheren Stiftsäbten. Jene des Ulrich von Ebersdorf, Ulrichs von Pergau und Ottos Turso von Rauhenegg reichen bis in das 14. Jahrhundert zurück. Die 1M)() erbaute Vernhartskapelle macht ihr rein gothischer Styl bemerkbar. Der Krenzgang, nebst der Kirche, das werthvollste alte Bauwerk, überragt durch seinen großen Formenreichthum an Werth die ähnlichen Banten in Klosterneulmrg, Lilienfeld nnd Zwettl, und wird als am Anfang deo i:>. Jahrhunderts entstanden betrachte:. Er länft als Viereck um einen Gartenraum. Auf der Seite des letztern tragen mit-kleinen Säulen von rothein Marmor bekleidete Pfeiler das Kreuzgewölbe. Die Fensterränme zwischen je zwei Pfeilern sind in vier, abwechselnd mit Spitz-und Rundbogen geschlossene Fensterflächen untcrgetheilt, über welchen sich wieder ein breiter Spitz- oder Rundbogen mit runden Fensteröffnungen spannt. Gerade dieser stete Wechsel von Rund- nnd Spitzbogen, welcher ^«0 "O Dic Ningebllll^en Wiens. — Der Wiener-Wald, K sicher durch den in dor Zeit dor Erbauung sick) vollziehenden Uebergang vom romanischen in den gothischen Styl hervorgerufen wurde, belebt die Steinmassen. Die alten Glasmalereien ^n ^l'i^. mit sehr geschmackvollen und schwungreichen Band- nnd Laubzügen staminen aus dem 12. Jahrhundert, die Gemälde in den obersten von dem Kreuzgewölbe gebildeten Wandfeldern dagegen aus dem Ende des 17. Jahrhunderts. Als ein rein gothischer Bau aus der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts mit reichen hohen Fenstern, das Parapet mit Maßwerkblenden, ist die neuneckige Brunnenhalle auf der Südseite des Kreuzganges in den oon diesem umfangenen Naum hinausgeschoben. Die in den Fenstern eingefügten Glasgemälde aus dem Ende des 13. Jahrhunderts sind die bedeutendsten Denkmale dieser Art in Oesterreich. Denn aus den 5 alten Fenstern enthalten zwei die Bildnisse des Stifters, des Markgrafen Leopold des heiligen, seiner Gemahlin und 6 Sohm in ganzen Figuren mit Umschriften und sind schon als Portraits, aber auch als Costumebilder unschätzbar; außerdem erhebt sie sowie die 2 Fenster mit Ornamenten ihre herrliche Farbengluth zu Kunstwerken von seltenein Werth. In der Mitte der Halle gewahren wir den ehrwürdigen alten Bleibrunnen. Er besteht zu unterst aus einem größeren Steinkrater, dann aus 4 über einander liegenden Becken von Blei, wovon jedeo höhere immer an Durchmesser abnimmt und das Wasser durch kleine Röhrchen in die unteren Becken spielt. Die Grabsteine im Kreuzgange beginnen schon in den ersten Jahrhunderten des Bestehens des Stiftes und nennen die Namen mächtiger Dynastmgeschlechter, darunter der Haslauer, Tursonen, Wildegger, der Rohr, Ulrichskirchen, Liechtcnsteine. Die geschichtlich merkwürdigsten Denkmale von Heiligenkreuz bleiben aber die im Kapitelhausc befindlichen Gräber der Babenberger. Man erreicht das Kapitelhaus, wenn man aus der Ostseite des Kreuzganges durch ein romanisches Portal tritt und ein paar Stufen zu ihm hinabsteigt. Es ist in der 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts im regelmäßigen Viereck gebaut, 4 achteckige Pfeiler mit einfachen blattartigen Capitalen tragen seine 9 Gewölbe. Die Sitze, welche rings an den Wänden hinlaufen, bezeichnen es als Kapitelsaal. Dem Charakter u«i 60 Tic Haupt- und Residenzstadt Wicn. des Ortes angepaßter wäre es gewesen, wenn nmn es unterlassen hätte, die ernste .halle mit, wenngleich an sich nicht werthlosen, Freseodarstel-lungen aus dem Leben der hiev begrabenen Babenbergcr dlirch Rothinayer zieren zu lassen. Irn Ganzen troffen wir hier 8 Grabsteine an und sind bei einer Eröffnung der Grüfte in der 1. Hälfte des letzten Jahrhunderts 14 Leichname vorgefunden worden. Mit Ausnahme jener von zweien in der Kindheit verstorbenen Enkeln Rudolfs von Habsburg aus seiner Tochter Katharina, Gemahlin Otw's Herzogs von Vätern, Königs von Ungarn, gehören alle Gliedern des Vabenbcrger Hauses an. Darunter sind vier regierende Fürsten Oesterreichs: der Markgraf Leopold V. und die Herzoge Leopold VI. der Tugendhafte, Friedrich I. und der letzte seines Stammes Friedrich der Streitbare. Der über l',00 Jahre alte Grabstein des letztern, einer der wenigen aus so alter Zeit noch bestehenden, liegt mitten in der Halle nahe dem Eingänge. 6 Schuh lang, 1 Schnh 8 Zoll breit stellt er den Herzog dar im verbrämten Waffenrock, welcher bis an die Kniee reicht und über der Hüfte mit einem Gürtel geschnallt ist. Die rechte Hand senkt das Schwert abwärts, die linke hält den österreichischen Vindenfchild. Leider haben die Türken im I. 1683 Kopf und Füße des Denkmals verstümmelt. Nachdem wir noch die im 14. Jahrhundert entstandene Todtenkapelle neben dem Kapitelhause und im Sommerrefectorium dao, die ganze Rückwand bedeckende, grosie Bild von Altomonte, die Speisung der 5000 durch Christus besichtigt haben, wenden wir uno den Dormitorien zu. Das alte, eine niedrige dreitheilige Halle mit ^ viereckigen Pfeilern und 8 kurzen runden Säulen, rührt aus der 1. .Hälfte des ^.Jahrhunderts her, das darüber liegende neue Dormitorium ist ungleich freier und leichter gebaut. Zwei Reihen von je achteckigen Pfeilern und an den Wänden Confolen tragen das gothifche Gewölbe, defsen Rippen reich gegliedert sind. Der Bau datirt aus dem Ende des 14. Jahrhunderts, der östliche Theil ist spätgothisch. Die Schatzkammer bewahrt an Knnstwerth höher stehende Objecte, die Elfenbemtafel, ein rundes byzantinisches Relief in Serpentin u. s. w., aber kein für Heiligcnkreuz bedeutenderes als den für dasselbe namengeben- ^ °6 (5 Tic UmgcbmnM Wims. — Dcr Wicncr Vald, cd ' c^ deu Kreuzpartikel Leopolds VI. Selbst cm 9 Zoll langes doppeltes Kreuz l!egt er in der Fassung eines größern, uut Edelsteinen und Emaille verzierten Kreuzes. Die Abtei ist im Besitz einiger Originaldocmnente aus der Babenberger Zeit, sie verwahrt sie in Wien. Doch auch die Stiftsbibliothek besitzt viel Interessantes an Ineunabeln und noch mehr an Handschriften, darunter vorzüglich des 1^. uud 13. Jahrhunderts. Erwähnen wir noch so mancher guten Gemälde, Kupferstiche, Lithographien und Handzeichnungen in der Prälatnr und Bildergallerie, eudlich der Modelle und Raritäten im Naturalienkabinet, so haben wir sicher im Wesentlichen alles Sehenswürdigc im Stift Heiligenkreuz berücksichtigt. Die Mödlinger Straße geht von Heiligenkreuz weiter nach Nllaud. Wir benutzen es als Ausgangspunkt beim Besuch der äußersten Partien des Wienerwaldes. Zuerst folgen wir der Straße, die nordwestlich nach Klausen-Leopoldsdorf führt. Die Gegend, ein breites Waldthal ohne anregend.' Formen seiner Berge, steht landschaftlich hinter der von Alland. Allein wir müssen sie berühren. Denn erstlich setzt sich die zur Ausbrin-gung des Holzes ans dem Wieuerwald dienende Straße durch sie bis Hochstraß fort, so daß sie eine Verbindung dcs Schwechatthales mit der Westbahn bei Rekawinkel bildet; dann zieht aber auch von hier eine Straße nach dem südwestlich von Klausen-Leopoldsdorf gelegenen St. Corona, dem nächsten Dorfe am Fuße des Schöpfels. Dem Schöpfet gebührt schon als dem höchsten Berge des Wienerwaldes -^ 282l) F. — ein Wort der Erwähnung. Doch läßt sich auf seiner Höhe, wegen der dort stehenden hohen Baume, ein Totalbild nicht gewinnen. Vorzüglich überblickt nmn dafür in Einzelnansichten gegen Süden die Gruppe des Unterberges, die Bergzüge zwischen der Triestiug uud dein Schneeberg, die tzochalpen von: Schneeberg bis zum Otscher und in nördlicher Richtung den Wienerwald und beherrscht weit darüber hinans die Gegenden von Neulengbach, St. Polten, ja bis Göttweih. Die besonders durch die Verbindung mit Mariazell zeitweise sehr belebte Straße von Alland nach Altenmarkt führt nach Südwesten. Auf ihr kommen wir bald in eine Gegend, über welche historische Dunkelheit sogar in einer relativ nicht fernen Zeit liegt. Rings um Nestach stößt ^ ^;-- ----------------------^ ^ ,^^ ^,^,,^,^ „„5 Ncsidcuzstadt Wien. Z ä^ man auf alte Grundmauern und hier hat einst Schwarzenburg odor Nezta gestandeu, das schon ain Beginn des 12. Jahrhunderts eine Stadt war, welche die jllngere, die Vtedlinger, Linie der Babenbergcr besaß. Doch selbst die verfallene Martins-Frieohofskirche iü ^testach zeigt bloß mehr das letzte Verklingen der Gothik nnd weist wirklich nur die Jahreszahl 1589 am Thnrme ans. Die Kirchen-Nuine anf dem nahen Pangrazienberg aber, an deren Stelle, wie man vermuthet, einst das Schloß Schwarzenburg stand, deutet in ihren Baufonuen allerdings auf ein hohes Alter und in ihrer Größe darauf, daß man bei ihrem Bail die Nähe einer bedeutenden Ortschaft in: Auqe hatte. So wie jedoch in der ersten Beziehung bloß die Zeit der Spätgothit nicht eine noch ältere auch aus diesen Ruinen spricht, so fehlt in der letztcrn Hinsicht jeder historische Beweis für ihren Zusammeuhang mit der Stadt Schwnrzenburg. Wie aber ging diese Stadt Schwarzeuburg Zu Grunde? Von der nahen Kirche am Hafnerberg senkt sich die Straße steil abwärts in da5 Thal der Triesting und gelangt nun in .kurzem nach Altenmarkt. Die Umgegend beherrscht hier das Hocheck, ein ,'>281 F. hoher, aus der Wiener Gegend vielfach sichtbarer Berg, welcher jedoch im Süden der Triesting liegend nicht mehr ^um Wienerwalde, vielmehr zur Gruppe des Unterberges zu rechnen ist. H'ian ersteigt ihn uon Altenmarkt. In geringer Entfernung nordwestlich von diesen; Markte verdient Mein-Mariazell besucht zu werden. Die Gebäude des im I. 11.'>»; von den Herrn von Schwarzenburg gestifteten Benediktiner-Klosters sind in Privatbesitz übergegangen und gut erhalten. Die Kirche ist ein imposanter moderner Bau, doch bestehen noch von der ursprünglichen Kirche das Hanot- und Seitenportal mit reicher Deeoration in romanischem Styl. Voll Altenmarkt länft die Mariazeller Straße westwärts und erreicht zuerst den alten Markt >iaumberg, dessen Kirche malerisch auf einem Hügel liegt und am Schlußstein der im Spitzbogen endigenden Halle des viereckigen Thurmes die Iahrzahl 1502 zeigt. Eine der stattlichsten Burgruinen, Araberg, thront südwestlich von Kaumberg auf dem Kamme unmittelbar südlich über dem Sattel, welchen wir als die südliche Grenze des Wienerwaldes bezeichneten. Durch einen Zwinger, Thorwege und 2«4 V T Die Uingebnn^n Wiens. — Ter Wiener-Wald. «Z c^? einen Bogengang tritt man endlich in dcn 3. Hof und hier erst steigt das Hochschloß ulit seinem dreieckigen Thurm auf den Felsen empor. Zerren von Areperich kommen in Urkunden vom 12. bis 16. Jahrhundert vor. Die Türken verbrannten 1683 die Burg, welche seitdem nicht wieder vollständig aufgebaut worden ist. Westlich von Kaumberg, das wie Araberg schon zum Viertel ober dein Wienerwald gerechnet wird, erhebt sich die Straße auf del: Kaumberger Sattel, von welchen: südlich die Gruppe des Untcrberges beginnt. Sie gelangt dann über den gcwerbfleißigen Markt Hainfeld und über St. Veit an den Traisenfluß und au die St. Pöltencr-Mariazeller Straße. Wir aber sind damit an dem äußerstm Punkt des Wiencrwaldes angekommen und kehren in die Gegend voll Baden zurück. Ehe wir auch sie verlassen müssen wir jedoch ihres vorzüglichsten Aussichtspunktes Erwähnung thun. Im Süden begleitet die Schwechat die Gruppe der ^indkogeln. Sie eulminirt im Hohen Lindtogel, dem Eisernen Thor, 2623 F., östlich von ihm ragt der Vadner Lindtogel, südöstlich aber der Sooßer ^indkogel auf. Die Wege auf das Eiserne Thor sind höchst genußvoll, die Fernsicht auf ihn: ist herrlich. Wenn wir jenen über das im Süden des Badner ^ind-kogels gelegene Jägerhaus im Rauchstallbrunnergraben wählen, wohin uns einer der dahin führenden Parkwege gebracht hat, so läßt sich der nun folgende Gang durch das waldige Weichselthal anmuthig an und sind wir hierauf ein Stück, doch noch immer im Walde, steiler bergan gestiegen, so haben wir auch bereits die Höhe des vom Hohen zum Sooßer Lmdkogel herüberlaufendm Kammes und den Weißen Weg gewonnen, welcher sich von Sooß hier herauf zieht, Folgen wir von unserer Richtung ablenkend dem letztern nur ganz wenig und steigen wir dann links etwas hinan, so stehen wir auf der Spitze des Sooßer ^indkogels und sind entzückt durch sein herrliches Panorama. Zurückgekehrt auf den kurz vorher verlassenen Kamm schreiten wir mm auf ihm in der Richtung der sich mächtig vor uns aufbauenden Erhebung des Eisernen Thores fort. Bald sind wir an der Stelle, wo auf ihm jener andere Weg anlangt, der von der Antonsgrotte durch das dort mündende Wiesenthal zum Kohlgrabcn, dann im Walde etwas steil zu ihm herauf klettert. Am Fuß der erwähnten letzten ^5 T Die Haupt- und Residenzstadt Wien. Erhebung unseres Zieles wenden wir uno zlierst rechts, fillden hier die ron der Trainer- und Augustinerhütte bi5 auf den Kipfel des Eifernen Thoro vor kurzem neu angelegte Fahrstraße und kommm in ihren Windungen ohile große Beschwerde anf die Spitze uuseres Berges, die Albrecht^höhe. Durch die Muuifieeuz de^ Baroll v. Sina ist hier ein hoher 'Aussichtsthurm erbant worden. Er enthält anf der Höhe ein elegant möblirtes und deeorirtes Zinuner, worin sich als eine höchst dankenswerthe Stiftung, eille Tischplatte befindet, anf weichn' alle sichtbaren Punkte mit ihren Contoureu dargestellt lind benannt sind. Eine Wendeltreppe bringt von da alls die Plateforme des Thurmes. Die Aussicht nmfaßt die Berge zwischen der Triesting lind dem Schneeberg und die Unterberggrnppe in der größten Vollständigkeit, sie reicht über deu Wieuerwald und das Kahlengebirge, sowie über die Hochalpen zwischen dem Schneeberg nnd ^tscher. Ihren besondern Reiz aber verdankt sie dem Blick in die weite Ebene östlich und südlich von der Residenz bis zn ihren Bergesrä'ndern, in das im Süden vollkommen geöffnete (hrillenberger Thal, nnd vor allem demjenigen auf die in uumittel-barer Nähe in der Tiefe sichtbaren Objeete: die Höhen und Wiesen des Merkensteiner Parks, die einsame Hochfläche des Zobellwfes, das Thal von Heiligenkreuz mit dem Stifte nnd das Schwechatthal mit dem in allen seinen Details aufgeschlossenen Baden. Nennen wir noch die Ruinen Starhemberg, das Ontensteiner Kloster, die Ruine von Araberg und die Köhlerhütte von Sparbach als bemerkenswerthe Punkte des Panoramas, so geschieht es nicht als würden sie die Großartigkeit desselben wesentlich erhöhen, sondern weil sie die Orientirnng in den einzelnen Partien wesentlich erleichtern. Vöslau, die auf Badeu folgende Bahnstation hat sich in der jüngsten Zeit vergrößert nnd verschönert, wie wellig andere Orte um Wien, Dank seiner Badequelle und seiner günstigen Lage. Es zählt 2152 Bewohner nnd nimmt sich um so bedeutender aus, weil es mit dein großen Gainfarn, 17U» Seelen, zusammenhäugt. Ill der schnurgeraden Straße vom Bahnhof in den Ort treffen wir stattliche Fabriksgebände nnd Villen all, eine noch größere ^ahl von den letzteren jedoch auf dem westlicheil >>öhenrand. -^^ ^Z 2 Tic Nm^cbuu^cn Wiens. — Dcr Wicucr^Wald. vap. :-': ::?;* sculpt t3 I si ' : jER VOGELPERSPEKTIVE fPer^- : ■ '.;■. v: .-.:, i-i^hiL scu^p.t IDAS XAXSasm&aKEmHS .ArasaSSIAJL. IK1 'WKM'M. Ih : :--Ocl«|eZei-hiiei KunSe.t. ■:-rT " < 3D3C3E A.SIP]BmKr]B]E,TiTC2Ka; IK WISIT. |i L .RoKbock lezeicKneL. Hathtschet jestochea. !j^ O I»IBM ^W&US^lCKsDKmjKJCmCGTBriE, JEM WIT3EW. I L.K ohbo ck ^ezeichne t. Kutx ^estockeTi. ] | ^ m£V,=3 3K£UC^3Em]Lc®313L"WjEB^m3S UK W23EKT. YV--:ber^del? C.RoTich SrIKKolb sculpt j I :®M,® S1Gn&MAA0"g rCM STAIDWIPÄIRK. IM W:i^2f. 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""[jL.flchtoek deU Chr Sijeinicken sculp'-L ©ÄS Mil ©F1EMMÄ¥S III ¥311 - Vb-ek SsieitrV.i-er. '?.:::. --.•": \i«i. :d)dc3e msKTs-^Tm^ggii 3iKr wziosh. J JL.RoKbock~ !.' .-lolb sculp-1 8 (EN W[EN) PfirlWf AcU" CRoricTiÄSö^ti sculpt [ MJ&® KraniriE s^CAJDT^TMaaASPKm ii werbet. jjPerlberi, iel' C.Rotrck&J.M.Kclb sculp?jT DDIfiüR ST. STFJ?A]tWiJ))(ü)M 3£H WlllKM. II L. Wtiolb gestochen.. 11 IN W1KM ' _. , J.Hie§el sGuLpt-i ! m:v*m. ®v,nw'innA.KsciSjp.iCiAvwjzi ;jqt 'w.it:M\ 1 FrRohWk riel1. "ÜS-oriSC "aciÄp?) jp~ JDI3B "VQÖTIC'WlKIIE.tSSMIE Z3E5T ^IBH, 1 [LRoKboolc äelV KHeiniv&er BniipVl Al!o DER VOGELPEFoFEKTIVE jjIV.rlberž del' u.riorrohftSohn souk* i i ' II ID3C3K Jfi.dDTncriSs HD^ä 3DHS=3 If ffiJLTiMUSSTSBa^ ■ ! ;^©S - S-EmATuSDJES . TfSnch äS-SohnTj.M"lsclb soxflptM {OESTERREICH UNTER DER BNKS' jL.Ivchbock žezeichnet. Li C.Rcnch. §estoche ■_:. BAS HKJPTWSyiBASSra IM KAESaaULKBEEaiH1 SC3BI3L(DSS(&A3RT]1H ; : \ -"x rie3 id:vm ibmtmjl mmn "wühest. 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