Prejeto / received: 27. 1. 2018. Odobreno / accepted: 14. 2. 2018. DOI: 10.3986/dmd14.2.04 „LE PIANO, CE GRAND VULGARISATEUR DE LA MUSIQUE" KLAVIERUNTERRICHT FÜR BÜRGERLICHE PARISER KINDER IM 19. JAHRHUNDERT ZWISCHEN IDEALVORSTELLUNG UND REALITÄT KATHARINA LARISSA PAECH Universität für Musik und darstellende Kunst Graz Izvleček: Poleg izobraževanja na konservatoriju se je v Parizu 19. stoletja uveljavilo tudi zasebno poučevanje klavirja, predvsem za otroke premožnejših meščanov. Ugledni profesorji klavirja, kakršna sta bila Antoine-François Marmontel in Félix Le Couppey, so objavljali dokaj idealistične pedagoške priročnike za učitelje klavirja, ob tem pa so se pojavljali tudi teksti, ki so bolj zvesto odražali realnost poučevanja. Ključne besede: klavirska pedagogika, Francija, Antoine-François Marmontel, Félix Le Couppey, Jacques-Louis Battmann Abstract: In addition to musical education at the Paris Conservatoire, private piano lessons aimed at the children of wealthy citizens of the city established themselves in the course of the nineteenth century. Renowned piano professors such as Antoine-François Marmontel and Félix Le Couppey published quite idealistic pedagogical guides for piano teachers. Apart from this, there are texts that comment on the reality of teaching. Keywords: piano pedagogy, France, Antoine-François Marmontel, Félix Le Couppey, JacquesLouis Battmann Einleitung Ohne Übertreibung kann das 19. Jahrhundert als das „goldene Zeitalter" des Klaviers bezeichnet werden. Das Instrument erlebte in Frankreich (wie auch in anderen Ländern Europas) innerhalb weniger Jahrzehnte einen enormen Aufschwung und verbreitete sich schnell in der Gesellschaft. Es waren insbesondere drei Faktoren, die hierzu beitrugen: der Fortschritt im Klavierbau, das reiche Kulturleben in Paris und die allgemeine wirtschaftliche und soziale Entwicklung. Im ersten Viertel des Jahrhunderts waren es französische Klavierbauer, die durch neue technische Erfindungen die Konstruktion und Funktionsweise des Instruments verbesserten, sodass es sich zunehmend vom Hammerklavier hin zum modernen Typ des Klaviers, wie wir ihn heute kennen, entwickeln konnte. Als wichtigste Erfindung kann die 1822 von Sébastian Erard entwickelte „doppelte Auslösung", die eine schnelle Tonrepetition ermöglicht, angesehen werden. Außerdem begann Jean-Henri Pape etwa zur 55 De musica disserenda XIV/2 • 2018 gleichen Zeit, die Hämmerchen nicht mehr zu beledern, sondern dafür Filz zu verwenden, was die Klangintensität und -stärke entscheidend vergrößerte.1 In Paris kam es insbesondere ab den frühen 1830er Jahren zur Gründung von zahlreichen Theatern, Orchestern, Konzertgesellschaften und Konzertsälen. Dadurch gab es nicht nur Gelegenheiten, große Orchesterwerke und Opern aufzuführen, sondern auch Kammermusik und Solostücke. Diese spezielle Situation zog Komponisten und Künstler aus dem Ausland an. Sie sahen hier die Möglichkeit, sich freier und individueller entfalten zu können und zu Ruhm zu gelangen. Daher finden sich unter den Pianisten, die zwischen 1800 und 1850 in Paris auftraten, studierten oder lehrten, quasi alle bedeutenden Namen der damaligen Zeit. Nach 1815 begann in Frankreich die Zeit der Industrialisierung, es entstanden zahlreiche neue Fabriken. Zusätzlich wurde durch den Bau der Eisenbahn in den 1840er Jahren der Transport und Austausch von Waren beschleunigt. Die sozialen Verhältnisse verschoben sich, Industrielle und Händler vermehrten ihren Reichtum, während der Adel an Bedeutung verlor. Ein gehobenes Bürgertum etablierte sich. Im Zentrum seines musikalischen Interesses standen die Oper und die Klaviermusik.2 Das neue, sich technisch schnell entwickelnde Klavier faszinierte die Menschen besonders und wurde zu einem „verehrten Objekt oder Möbelstück"3 in den Wohnungen der Franzosen. Aufgrund der großen Nachfrage an Klavieren wurde deren Produktion in großen Fabriken nötig. Zu Beginn der 1820er Jahre arbeiteten in der Klavierbaufirma Pleyel 20 Angestellte, 1834 dagegen 250. Zur Jahrhundertmitte produzierte die Firma über 1000 Klaviere jährlich.4 In den Pariser Haushalten soll es 1845 60.000 Klaviere gegeben haben, auf denen 100.000 Personen spielten - das sind 10% der Stadtbevölkerung. Um 1850 gab es in Paris 180 Klavierbauer.5 Die bedeutendsten davon waren Erard und Pleyel. Die feiner klingenden Klaviere von Pleyel wurden von Pianisten wie Frédéric Chopin oder Friedrich Kalkbrenner bevorzugt, diejenigen von Erard wegen ihres volleren Tones, der in größeren Räumen tragfähiger war, von Franz Liszt, Henri Herz, Sigismund Thalberg, Henri Bertini und Louise Farrenc.6 Mehrere Klavierbauer eröffneten Salons, in denen sie öffentliche Konzerte veranstalteten, darunter Erard, Pleyel und Herz. Insbesondere für zumeist der Mittelschicht angehörende Mädchen war die Klavierausbildung Bestandteil einer guten Erziehung und Bildung. Dabei ging es aber im Allgemeinen nicht darum, ein hohes künstlerisches Niveau zu erreichen, die Klavierkenntnisse sollten vielmehr die Chancen auf dem Heiratsmarkt erhöhen oder im familiären Rahmen nette Unterhaltung bieten.7 1885 schrieb Antoine-François Marmontel in seinem Buch Histoire du piano et de ses origines: „Das Klavier, dieser große, populäre Verbreiter der Musik, hat sich in allen prächtigen oder bescheidenen Wohnsitzen 1 Rousselin-Lacombe, „Piano et pianistes", 125. 2 Ibid., 126. 3 „[...] objet vénéré ou élément du mobilier". Ibid., 128. 4 Ibid., 129. 5 Timbrell, French Pianism, 27. 6 Ibid., 24. 7 Rousselin-Lacombe, „Piano et pianistes", 128. 56 Katharina Larissa Paech: „Le piano, ce grand vulgarisateur de la musique" niedergelassen; es nimmt einen regen Anteil an allen Festen in der Familie, entweder, dass man von der Musik eine angenehme und heitere Zerstreuung erwartet oder einen liebenswürdigen Zeitvertreib, oder auch, dass Liebhaber und Virtuosen dadurch nach Eindrücken eines gehobenen Grades suchen."8 Für alle musizierenden Schülerinnen und Schüler wurden Lehrwerke und leichte Stücke benötigt. Es kam zu einer Flut an pädagogischen Publikationen unterschiedlicher Qualität. Da es noch kaum Musikschulen gab, wurde der Klavierunterricht größtenteils durch Privatlehrer erteilt. Jeder Lehrer, der einen gewissen Ruf als Pädagoge genoss, veröffentlichte eine eigene Klavierschule, Sammlungen von Übungen (Exercices) und Etüden sowie gefällige Spielstücke. Brillant klingende und dabei technisch nicht allzu schwere Klavierstücke wurden als Musique de salon zu einer den Markt bestimmenden Gattung. Innerhalb dieser großen Zahl an gedruckten Musikstücken und pädagogischen Schriften lassen sich einige Werke von herausragender Qualität finden, die als zeitlos wertvolles Lehrmaterial angesehen werden müssen und heute leider vielfach in Vergessenheit geraten sind. Ein Bild von der damaligen Unterrichtspraxis vermitteln dabei neben den Lehrwerken auch Ratgeber für Klavierpädagogen oder solche für Eltern, deren Kinder das Klavierspiel erlernen sollen. Privater Klavierunterricht in Paris Aufgrund der großen Nachfrage an Klavierunterricht gab es in Paris im 19. Jahrhundert eine große Zahl an Klavierpädagogen, die entweder in ihrer Wohnung Unterricht erteilten oder zu den Schülern ins Haus gingen. Der Unterricht fand üblicherweise mindestens drei Mal in der Woche statt. Die Unterrichtsstunde war zweigeteilt, zunächst wurde Solfège gemacht, dann Klavier gespielt. Da das Klavier ein Modeinstrument war und Lehrer gesucht wurden, gab es neben den sehr guten und renommierten Pädagogen auch solche von zweifelhafter Qualität, die im Unterrichten eine willkommene Möglichkeit sahen, leicht Geld verdienen zu können. Daher äußern sich mehrere bedeutende Pädagogen in ihren Lehrwerken und Büchern zur Bedeutung eines guten Lehrers von Anfang an. Marmontel schreibt in Conseils d'un professeur beispielsweise: „Die Auswahl eines erfahrenen Lehrers für Anfänger ist, unserer Meinung nach, von größter Bedeutung, denn die Richtung, die in den ersten Stunden vorgegeben wird, übt nicht nur einen unmittelbaren Einfluss auf den Fortschritt der Anfänger aus, sondern vielmehr eine sehr prägnante Wirkung auf ihre musikalische Zukunft."9 Eine Vorstellung von der großen Zahl der in Paris Privatunterricht erteilenden „Le piano, ce grand vulgarisateur de la musique, s'est installé dans toutes les demeures somptueuses ou modestes ; il prend une part active à toutes les fêtes de famille, soit qu'on demande à la musique une agréable et joyeuse distraction, un passe-temps aimable, soit encore qu'amateurs et virtuoses recherchent par lui des impressions d'un ordre plus élevé." Marmontel, Histoire du piano et de ses origines, 457. Marmontel, Conseils d'un professeur, 5. 57 De musica disserenda XIV/2 • 2018 Klavierlehrer und -lehrerinnen vermittelt eine Namensliste, die im Anhang des 1857 erschienenen Conseiller du pianiste von Guilhaume d'Ax steht.10 D'Ax war offensichtlich kein Klavierlehrer, verfasste aber ein Büchlein mit Ratschlägen zum Klavierkauf und den Namen von Klavierbauern, Klavierstimmern, Pädagogen und Musikgeschäften in Paris. Die fast 100 Einträge umfassende Liste enthält bekannte Namen wie Henri Herz oder Pierre Joseph Zimmermann, des Weiteren Namen von Pädagogen, über deren Leben wir kaum etwas wissen, aber gedruckte Werke aus den Bereichen der Unterrichtsliteratur und der Salonmusik kennen, sowie Lehrer, deren Namen heute vergessen sind. Für etwa die Hälfte der Personen lassen sich Publikationen in den Beständen der Bibliothèque nationale de France in Paris nachweisen, hauptsächlich gefällige Salonmusik. Es ist aber davon auszugehen, dass es noch weitere in Paris tätige Klavierpädagogen gab, die nur in dieser Liste nicht aufgeführt sind. Auch Luigi Cherubini, von 1822 bis 1842 Direktor des Pariser Conservatoire, beklagte neben Marmontel die große Zahl und oft mangelhafte Qualifikation der sich in Paris niederlassenden Klavierlehrer, konnte jedoch aufgrund der relativ niedrigen Zahl an jährlichen Absolventen des Conservatoire dem nichts entgegensetzen.11 Für die Klavierlehrer, deren Unterrichtstarife sich an der Nachfrage orientierten, wurde die finanzielle Situation schwieriger, je zahlreicher sie wurden. So konnte ein Lehrer mit gutem Ruf 8-12 Francs pro Stunde verlangen, ein einfacher Lehrer jedoch nur 5 Francs. Die renommierten pädagogischen Persönlichkeiten hingegen erhielten etwa 20 Francs für eine Unterrichtsstunde. Zu ihnen zählten in den 1830er Jahren neben Liszt und Chopin auch Herz und Kalkbrenner. Über Herz wird gesagt, dass er von 5 Uhr morgens bis Mitternacht unterrichtet haben soll. In den 1840er Jahren machte sich der von Kalkbrenner geförderte Camille Stamaty schnell ein Namen. Klavierpädagoge zu sein, war in der Zeit des Second Empire durchaus etwas Ehrenwertes, so erhielten beispielsweise Antoine-François Marmontel, Félix Le Couppey, Jean-Henri Ravina Stamaty den Orden der Légion d'honneur und andere Auszeichnungen.12 Verbreitet war auch, dass Mütter zunächst ihre Kinder selbst unterrichteten, unabhängig davon, ob sie selbst Klavierspielen konnten. Marmontel äußert sich auch dazu kritisch: „Die Eltern, die, um sich dem jetzt üblichen Brauch anzupassen, ihren Kindern selbst Musikunterricht geben, haben im Allgemeinen die Schwäche zu glauben, dass ein mittelmäßiger Lehrer, der erste dahergelaufene Musiker, genügt, um mit dem Schüler zu beginnen."13 Es gab Pädagogen, die spezielle Klavierschulen für diese unterrichtenden Mütter veröffentlichten, in denen alle spieltechnischen und musikalischen Details genau erklärt wurden, damit selbst eine nicht klavierspielende Mutter dem Kind korrekten Unterricht erteilen können sollte (z. B. Valiquet, La Mère de famille: Alphabet desjeunes Pianistes). 10 Ax, Le Conseiller du pianiste, 57-60. 11 Rousselin-Lacombe, „Piano et pianistes", 132. 12 Ibid., 132-133. 13 „Les parents qui, pour se conformer à l'usage, à la mode du jour, font donner des leçons de musique à leurs enfants, ont en général la faiblesse de croire qu'un professeur médiocre, le premier musicien venu, est toujours suffisant pour commercer un élève." Marmontel, Conseils d'un professeur, 5-6. 58 Katharina Larissa Paech: „Le piano, ce grand vulgarisateur de la musique" Das Titelbild von Lecarpentiers Méthode de piano pour les enfans zeigt eine solche häusliche Szene am Klavier: Abbildung Das Titelblatt (Ausschnitt) von Lecarpentiers Méthode de piano pour les enfans (Paris, 1839) In den 1870er Jahren beobachtete Hortense Parent, eine junge Klavierlehrerin in Paris, die sich durch guten Unterricht schnell einen Namen als Pädagogin machte, dass Frauen, die als Kind zwar eine mehr oder weniger gute Klavierausbildung erhalten hatten, nun ohne professionelle Ausbildung selbst zu unterrichten begannen. Sie kamen zu Parent und baten sie um die Vermittlung von Schülern. Es waren oft ledige oder verwitwete Frauen, die nie daran gedacht hatten, Klavierunterricht zu geben, nun aber verzweifelt eine Möglichkeit suchten, ihre Existenz zu sichern.14 Parent, die das ungenügende pädagogische Niveau dieser Frauen kritisch sah, ihnen aber helfen wollte, gründete 1882 eine Schule für angehende Klavierlehrerinnen, Ecole préparatoire au Professorat du piano, welche Frauen zu geringen Kosten oder auf der Basis eines Stipendiums besuchen konnten. Parent erkannte, dass die Ausbildung zwei Aspekte beinhalten musste: die eigene pianistische Weiterentwicklung durch Klavier- und Musiktheorieunterricht sowie den Erwerb pädagogischer Kenntnisse im Rahmen von Vorlesungen und lehrpraktischen Übungen. Ab 1891 absolvierten die Lehrerinnen zusätzlich ein einjähriges Unterrichtspraktikum an Parents Ecole d'application. Eine Bibliothek stellte den angehenden Lehrerinnen Notenmaterial 14 Parent, Création d'une Ecole préparatoire, 3. 59 De musica disserenda XIV/2 • 2018 und Lehrbücher zur Verfügung, sodass sie dafür nicht aufkommen mussten. Parent entwickelte auch ihr eigenes Unterrichtsmaterial, das für die damalige Zeit viele neue Ideen enthielt. Ihr wurde für ihre Arbeit großer Respekt entgegengebracht, sowohl durch Pariser Kollegen als auch in Form mehrerer staatlicher Auszeichnungen.15 Ratgeber für Klavierpädagogen: das Idealbild des Klavierlehrers und seines Unterrichts Um eine Steigerung des pädagogischen Niveaus des Klavierunterrichts zu unterstützen, verfassten einige angesehene und erfahrene Klavierpädagogen Ratgeber, die jungen Lehrern als Leitfaden dienen sollten. Zu den wichtigsten zählen Félix Le Couppeys De l'Enseignement du piano und die Conseils d'un professeur von Antoine-François Marmontel sowie Henry Lemoines Les Tablettes du pianiste. Daneben gab es vereinzelt auch Ratgeber für Schüler, z. B. L'Etude du piano, ein Wegweiser zum richtigen Üben von Hortense Parent. Von ihr stammt außerdem ein Lehrbuch, dass an ihrer Schule für angehende Klavierlehrerinnen verwendet wurde: Exposition de ma méthode d'enseignement pour le piano. Marmontel und Le Couppey gehörten zu den bedeutendsten französischen Klavierpädagogen im 19. Jahrhundert: „[Sie] teilten sich auf gewisse Weise während 30 Jahren die Kundschaft aus den Milieus der Künstler und der mondänen Gesellschaft von ganz Paris. Obwohl sie aufgrund ihrer Stellung [als Professor am Conservatoire], die sie in der Lehre einnahmen, Rivalen waren, hatten sie stets ein herzliches Verhältnis bester Freunde; und beide haben der jungen Künstlergeneration das nützlichste wie das vornehmste Beispiel gegeben: das des fleißigen Arbeiters verbunden mit dem überzeugtesten Künstler."16 Marmontel publizierte 1876 sein zweiteiliges Werk unter dem Titel Art classique et moderne du piano. Den ersten Teil bilden die Conseils d'un professeur sur l'enseignement technique et l'esthétique du piano, theoretische Ausführungen zum Klavierunterricht und zur Technik und Ästhetik des Klavierspiels allgemein, die er seinen Studierenden „als Erinnerung und letztes Zeugnis seiner väterlichen Zuneigung" mit auf den Weg geben wollte, damit sie von seiner mehr als 40jährigen Lehrerfahrung profitieren konnten.17 Den zweiten Teil bildet das Vade mecum du professeur de piano, ein progressiv und nach Gattungen geordneter Katalog von Klaviermusik, die Marmontel für empfehlenswert hielt. Le Couppey verfasste sein pädagogisches Lehrbuch De l'Enseignement du piano 15 Paech, „Hortense Parent". 16 „Le Couppey et Marmontel se partagèrent en quelque sorte, pendant trente ans, la clientèle du Tout-Paris artistique et mondaine. Quoique rivaux par le rang qu'ils occupaient dans l'enseignement, ils n'eurent jamais que des relations cordiales de la meilleure camaraderie ; et tous deux ont laissé aux jeunes générations d'artistes le plus salutaire comme le plus noble des exemples : celui du grand travailleur doublé de l'artiste convaincu." Parent, Répertoire encyclopédique du pianiste, 2:172. 17 „[...] comme un souvenir et comme un dernier témoignage de sympathie paternelle". Marmontel, Conseils d'un professeur, [ohne Seitenzahl]. 60 Katharina Larissa Paech: „Le piano, ce grand vulgarisateur de la musique" bereits 1856, zwei Jahre nachdem er Klavierprofessor am Conservatoire geworden war. Im Gegensatz zu Marmontel verzichtete er in seinem Buch auf die Beschreibung der Spieltechnik ebenso wie auf Listen mit empfehlenswerten Stücken. Die Grundsätze der beiden Pädagogen gleichen sich in vielerlei Hinsicht. Sie vermitteln uns einen genauen Eindruck von der Idealvorstellung eines Klavierlehrers und seines Unterrichts in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Le Couppey und Marmontel betonen, dass Unterrichten eine anspruchsvolle Tätigkeit sei und von Seiten des Lehrers eine gute Ausbildung und geeignete Persönlichkeit erfordere. Es genüge nicht allein, ein großer Virtuose zu sein, sondern andere ergänzende Kenntnisse seien für das Unterrichten ebenso von Bedeutung: gutes Vom-Blatt-Spiel und feiner musikalischer Geschmack, um den Schülern ihre Stücke überzeugend vorspielen zu können und sie so zum Üben zu motivieren, Kenntnisse in Musiktheorie, Harmonielehre, Analyse und Musikgeschichte sowie ein guter Überblick über das Unterrichtsrepertoire für Klavierschüler.18 Noch besser sei es, wenn der Lehrer auch Komponist sei19 und eine oder mehrere Fremdsprachen (Deutsch, Englisch, Italienisch) beherrsche, wegen der Schüler, die aus dem Ausland nach Paris kämen.20 Der Lehrer solle eine umfassende Allgemeinbildung und ein höfliches und tadelloses Verhalten haben21 und den Schülern auch menschlich und moralisch ein Vorbild sein.22 Nach der Beschreibung der fachlichen Voraussetzungen kommt Marmontel auf die pädagogischen Aspekte zu sprechen: Nun gut! Diese speziellen Eigenschaften genügen noch nicht, wenn man nicht mit dem Wissen den analytischen Geist, die Erfahrung, die Reflexion und vertiefte Kenntnisse der verschiedenen Methoden und Schulen besitzt, und wenn man nicht zu allen diesen Verdiensten viel Geduld und Sanftmut verbunden mit Entschiedenheit hinzufügt. Man muss erklären können, überzeugen, überreden, ein Talent zur Kommunikation haben. Es braucht ein extremes Feingefühl, um nicht nur die verschiedenen Begabungen zu studieren und zu begreifen, sondern auch noch den Charakter des Schülers und seiner ganz persönlichen Nuancen, man muss wissen, ob er empfänglich ist für Ermutigungen und Lob, ob ein liebeswürdiges, wohlwollendes Wort seinen guten Willen anstachelt. Lob und Tadel im rechten Moment zu verteilen, das Üben lieben lehren, Vertrauen einzuflüstern, das ist die Aufgabe des geschickten Lehrers.23 18 Marmontel, Conseil d'un professeur, 3; Le Couppey, De l'Enseignement du piano, 90-92, 97. 19 Marmontel, Conseil d'un professeur, 3. 20 Le Couppey, De l'Enseignement du piano, 90. 21 Marmontel, Conseil d'un professeur, 1. 22 Le Couppey, De l'Enseignement du piano, 61-62. 23 „Eh bien! Ces qualités toutes spéciales ne suffisent pas encore, si l'on ne possède, avec la science, l'esprit d'analyse, l'expérience, la réflexion, la connaissance approfondie des diverses méthodes, des différentes écoles, et si l'on n'ajoute à tous ces mérites beaucoup de patience et de douceur unies à la fermeté. Il faut savoir expliquer, persuader, convaincre, avoir le talent communicatif. Il faut un tact extrême pour étudier et saisir non-seulement les aptitudes variables, mais encore le caractère de l'élève et ses nuances intimes, savoir s'il est sensible à un encouragement, si une parole affectueuse, bienveillante, stimule son bon vouloir. Distribuer à propos le blâme ou la louange, faire aimer l'étude, inspirer la foi, telle est la tâche d'un professeur habile." Marmontel, Conseil d'un professeur, 3. 61 De musica disserenda XIV/2 • 2018 Le Couppey spricht gar von einer notwendigen pädagogischen Berufung und einer besonderen Begabung für das Vermitteln: Die Lehrtätigkeit verlangt eine ganz spezielle Begabung. Welches Talent in der Ausführung der Lehrer auch immer besitzt, so wird derjenige, den nicht eine entschiedene Berufung zum Unterrichten führt, immer nur ein mittelmäßiger Lehrer sein. Diese Gabe der Vermittlung, so selten und so kostbar, diese Art der Intuition, die zuerst den Charakter eines Schülers ergründet, dieses sichere und schnelle Urteilsvermögen, das im jeweiligen Moment die richtigen Mittel erkennt, damit etwas gelingt, sei es die Zuneigung, sei es die Sanftmut oder die Entschiedenheit, diese Klarheit im Vormachen, so notwendig insbesondere bei Kindern, in einem Wort, diese schwierige Kunst des Unterweisens, das immer interessant sein soll, dies alles kann man kaum lernen: Es ist eher eine Gabe der Natur als eine Frucht der Arbeit.24 Marmontel schreibt den Frauen eine besondere Eignung für das Erteilen des Elementarunterrichts zu, da sie so geduldig und selbstlos seien.25 Beide Pädagogen empfehlen jungen Lehrern, durch Beobachten des Unterrichts älterer Kollegen von deren Erfahrung zu profitieren und selbst beständig weiter an sich zu arbeiten, um ein immer besserer Lehrer zu werden.26 Mehrere Kapitel widmen beide Autoren dem elementaren Klavierunterricht. Über den geeigneten Zeitpunkt des Unterrichtsbeginns schreibt Le Couppey, dass es schwierig sei, ein genaues Alter zu bestimmen. Die persönliche Reife, der Gesundheitszustand, die Stärken, der Charakter, die Begabung u. a. müssten in diese Entscheidung einbezogen werden. Wenn ein Schüler fließend lesen könne, mit welchem Alter auch immer, würde das Klavierspiel jedenfalls ohne große Schwierigkeiten erlernbar sein. Auch Marmontel sieht die Lesekenntnisse als Voraussetzung an und führt als sinnvolles Alter für den Lernbeginn fünf bis sechs Jahre an. Le Couppey hebt die leichte Formbarkeit und das schnelle Aufnahmevermögen der jüngeren Kinder hervor, das später so nicht mehr vorhanden sei, und dass diese Zeit daher genützt werden müsse.27 Beide Autoren beschreiben Merkmale für musikalische Begabung und Eignung für das Klavierspiel, die man schon im frühen Kindesalter erkennen könne: das Interesse an Liedern und am Klang des Klaviers, die körperliche Reaktion auf Musik und ihren Rhythmus, die Fähigkeit des Nachklatschens von Rhythmen, der Wille, das Klavierspielen zu erlernen, sowie eine geschmeidige und gut gebaute Hand mit frei spreizbaren Fingern. Le Couppey beschreibt sehr schön das 24 „Le professorat demande une aptitude toute particulière. Quelque talent d'exécution qu'il possède d'ailleurs, celui qu'une vocation décidée ne porte pas vers l'enseignement ne sera jamais qu'un professeur médiocre. Ce don de transmission, si rare et si précieux ; cette sorte d'intuition qui fait pénétrer tout d'abord le caractère d'un élève ; ce jugement sûr et rapide qui découvre à propos les moyens de réussir, soit l'affection, soit la douceur ou la fermeté ; cette clarté dans la démonstration, si nécessaire surtout avec les enfants ; en un mot, cet art difficile d'instruire en intéressant toujours, tout cela ne s'apprend guère : c'est un don de la nature plutôt qu'un fruit de l'étude." Le Couppey, De l'Enseignement du piano, 95-96. 25 Marmontel, Conseil d'un professeur, 6-7. 26 Marmontel, Conseil d'un professeur, 2; Le Couppey, De l'Enseignement du piano, 2-3. 27 Le Couppey, De l'Enseignement du piano, 5-6; Marmontel, Conseil d'un professeur, 11. 62 Katharina Larissa Paech: „Le piano, ce grand vulgarisateur de la musique" Glück, das ein begabtes Kind in den ersten Klavierstunden erlebt: „Das Kind, das beginnt, ist mit so wenig glücklich! Welche Freude, wenn die Bewegung seiner kleinen Finger einen Klang produziert, der es entzückt! Was für ein Triumph an dem Tag, an dem es eine einfache Melodie ohne Fehler durchspielen kann! "28 Gleichzeitig warnt Le Couppey vor dem obligatorischen Klavierunterricht, den nun alle jungen Mädchen bekämen, ohne ihre Eignung zu prüfen. Damit würde man nur Widerwillen und Verdruss erreichen.29 Marmontel erklärt in Conseils d'un professeur sehr ausführlich, wie der Elementarunterricht aussehen soll. Er betont, dass die elementare Klavierausbildung neben dem Unterricht am Instrument auch Solfegeunterricht beinhalten solle, um das Notenlesen und das Gehör zu entwickeln. Wichtig seien außerdem tägliche Fingerübungen, die mit besonderer Aufmerksamkeit für Fingerhaltung, Anschlag und Klang zunächst in langsamem Tempo ausgeführt werden sollten. Dann seien diese kleinen Übungen „die beste Gymnastik, um ein intelligentes und feines Gehör auszubilden".30 Während Le Couppey genaue Angaben zur täglichen Übedauer macht (im Elementarbereich zweimal eine halbe Stunde pro Tag),31 verweist Marmontel darauf, dass die Fortschritte vor allem „von der gewissenhaften Sorgfalt und vom beharrlichen und durchdachten Willen" abhängen.32 Die Mutter oder eine andere Person sollten das Üben des Kindes überwachen, aber nie die Anweisungen des Lehrers in Frage stellen.33 Das Unterrichtsrepertoire sollten neben einem guten Lehrbuch die Werke der klassischen Komponisten bilden. Le Couppey nennt sie „die gesündeste Nahrung"34 für das Kind, da ihr Stil immer niveauvoll, schlicht und natürlich sei und das Gefühl für den Takt, den Rhythmus und die Betonungen fördere. Die meisten Pädagogen der damaligen Zeit empfehlen, mit dem Solfegeunterricht einige Zeit vor den ersten Klavierstunden zu beginnen, um damit zunächst eine allgemeine musikalische Ausbildung als Basis zu haben. Außerdem ist ein gutes (inneres) Gehör hilfreich für das spätere Auswendigspiel. Klavierschulen Im 19. Jahrhundert erschienen zahlreiche Klavierschulen in Frankreich, hauptsächlich in Paris. Sie wurden nicht nur für die professionelle Ausbildung verfasst, sondern auch 28 „L'enfant qui commence est heureux de si peu! Quelle joie quand le mouvement de ses petits doigts produit un son qui le charme! Quel triomphe, le jour où il parvient à jouer sans faute la plus simple mélodie!" Le Couppey, De l'Enseignement du piano, 8. 29 Ibid., 6-7. 30 „[...] meilleure gymnastique pour former une oreille intelligente et délicate". Marmontel, Conseil d'un professeur, 21. 31 Le Couppey, De l'Enseignement du piano, 83. 32 „[...] du soin consciencieux et de la volonté persévérante, raisonnée". Marmontel, Conseil d'un professeur, 79. 33 Le Couppey, De l'Enseignement du piano, 13-14. 34 „[...] l'aliment le plus sain". Ibid., 16. 63 De musica disserenda XIV/2 • 2018 für die immer größere Zahl an musizierenden Amateuren.35 Man kann die Lehrwerke grundsätzlich in zwei Gruppen einteilen, die Antoine-François Marmontel in seinem Vade mecum du professeur de piano: Catalogue gradué et raisonné mit Petites Méthodes und Grandes Méthodes bezeichnet. Danach richten sich die Grandes Méthodes „vorzugsweise an Schüler, die mittels geduldigen Übens eine hervorragende Spieltechnik erwerben wollen und gleichzeitig Virtuose, Musiker und wahrer Kenner der Harmonielehre werden wollen."36 Diese Klavierschulen beginnen teilweise zwar auf der Elementarstufe, schreiten dann aber schnell voran bis hin zu hohem Schwierigkeitsgrad. Sie sind weniger eine Lehrmethode als vielmehr eine Zusammenstellung des Wissens und technischen Könnens, über das ein professioneller Pianist verfügen muss. Im Allgemeinen sind sie dreiteilig aufgebaut, mit einem theoretischen Teil (Notenlehre, Haltung, elementares Solfège), einem praktischen Teil (Technik und Fingersätze, evtl. ergänzt durch Übungen und Etüden, Anschlag, Stil, Verzierungen, Pedal) und einer abschließenden Sammlung von Stücken.37 Durch ihre ausführlichen Beschreibungen bilden sie für uns heute wahre Enzyklopädien, die über die damalige Klaviertechnik, Aufführungspraxis und musikalische Ästhetik Aufschluss geben und eine verantwortungsvolle Interpretation der Kompositionen der damaligen Zeit unterstützen können. Marmontel zählt u. a. folgende Lehrwerke zu den Grandes Méthodes: Louis Adam, Méthode de piano du Conservatoire (Paris, 1804), Johann Nepomuk Hummel, Ausführliche theoretisch-practische Anweisung zum Piano-Forte-Spiel (Wien und London, 1828), Friedrich Kalkbrenner, Méthode pour apprendre le pianoforte à l'aide du guide-mains, op. 108 (Paris, 1831), Henri Herz, Méthode complète de piano, op. 100 (Mainz, 1838), Henri Bertini, Méthode complète et progressive (Paris, 1840) und François-Joseph Fétis/ Ignaz Moschelès, Méthode des Méthodes de piano (Paris, 1840).38 Die Petites Méthodes richten sich an weniger ambitionierte Schüler sowie an Kinder. Diese Lehrwerke erschienen insbesondere ab dem Ende der 1830er Jahre. Hortense Parent erwähnt als erste Klavierschule, die explizit für Amateure geschrieben wurde, diejenige von Adolphe-Clair Lecarpentier (Méthode de piano pour les enfans, 1839), „wo man doch [bis dahin] nur Grandes Méthodes besaß, die sich insbesondere an die Künstler adressierten. Diese Publikation hatte einen außerordentlichen Erfolg, da sie zu dem Zeitpunkt, als sie erschien, auf ein neues Bedürfnis antwortete, das durch die Popularität des Klaviers entstanden war. Seitdem ist die Zahl der Méthodes élémentaires erheblich geworden, jeder Lehrer schreibt sozusagen seine eigene."39 35 Place, „Méthode instrumentale", 792-793. 36 „S'adressant de préférence aux élèves qui désirent acquérir par une étude patiente un mécanisme transcendant et veulent devenir, en même temps que virtuoses, musiciens et harmonistes." Marmontel, Vade mecum, 11. 37 Rousselin-Lacombe, „Piano et pianistes", 151. 38 Marmontel, Vade mecum, 11-12. 39 „[...] alors qu'on ne possédait que les grandes méthodes qui s'adressaient surtout aux artistes. Cette publication répondant, au moment où elle parut, à un besoin nouveau amené par la vulgarisation du piano, eut un succès extraordinaire. Depuis, le nombre des méthodes élémentaires est devenu considérable, chaque professeur, pour ainsi dire, ayant écrit la sienne." Parent, Répertoire encyclopédique du pianiste, 2:171. 64 Katharina Larissa Paech: „Le piano, ce grand vulgarisateur de la musique" Marmontel bemerkt im Vade mecum: „Man zählt heute eine große Zahl an Klavierschulen, gewissenhaften Werken, seriös gemacht und von berühmten Meistern unterzeichnet, deren Name als Autorität gilt."40 Gleichzeitig warnt er vor den unzureichenden Lehrwerken, die sich ebenfalls verbreitet hätten, da natürlich manche Personen die große Nachfrage an Klavierschulen nur nutzen wollten, um gut zu verdienen.41 Anne Rousselin-Lacombe sieht in der Tendenz, dass Petites Méthodes mit ergänzenden Heften mit Etüden, Übungen und Stücken zunehmend an die Stelle von Grandes Méthodes traten, einen weiteren kommerziellen Grund: Mit diesen mehrbändigen Lehrwerken ließ sich mehr Geld verdienen als mit nur einem alles beinhaltenden dicken Band.42 Viele Klavierlehrer, die eigenes Lehrmaterial publizierten, konnten dadurch zusätzlich zu den Honoraren für die Unterrichtsstunden an den Schülern verdienen, die aus diesen Heften spielen mussten. Die Petites Méthodes wenden sich an absolute Anfänger und beginnen üblicherweise mit Erklärungen zur Notenschrift und zur Musiklehre. Teilweise schließen sie Solfegeübungen mit ein. Im praktischen Teil stehen Übungen und kleine Spielstücke sowie Etüden. Während die einen Autoren sich stark am Zeitgeschmack orientieren und leichte Bearbeitungen damals bekannter Melodien aus Opern, populärer Tänze oder Romanzen als Spielstücke abdrucken, kritisieren andere dies als „musikalische Trivialitäten"43 und beschränken sich bewusst auf Stücke der „klassischen" Tradition (Henri Bertini). Manche bieten beides und gruppieren dann manchmal die gefälligen Stücke nach mehreren progressiven Lektionen zu einem Kapitel mit musikalischen „Ruhepunkten" oder „Belohnungen", Récompenses oder Récréations genannt (Jacques-Louis Battmann, François Hünten, Félix Le Couppey, Henri Valiquet). Während einige Methoden klar in progressiv ansteigenden Lektionen (Leçons) aufgebaut sind (Bertini, Battmann, Valiquet) - bis hin zu nach Monaten geordnetem Lernstoff (Auguste-Mathieu Panseron) -, vermeiden andere dies mit der Begründung, dass jeder Schüler anders lerne und der Lehrer die Vorgehensweise selbst auswählen sollte (Jean-Baptiste Duvernoy, Le Couppey). In seltenen Fällen wird die Zielgruppe der jeweiligen Klavierschule genauer eingegrenzt, so bei Achille Lemoine (Kinder von 4-7 Jahren). Da insbesondere kleinere Kinder nicht selten von ihren Müttern unterrichtet wurden, gibt es spezielle Klavierschulen, die nicht einmal voraussetzen, dass die Mutter selbst Klavier spielen kann (Valiquet). Diese sehr elementaren Schulen sind manchmal auch als vorbereitender Band zu einer eigentlichen Klavierschule für Kinder gedacht. Eine Petite Méthode kann außerdem die verkürzte Fassung der Grande Méthode eines Klavierpädagogen sein. Marmontel empfiehlt hier die Petites Méthodes extraites des grandes méthodes44 von Adam und Bertini. Das Niveau, das am Ende der Klavierschule erreicht wird, variiert stark. Besonders weit fortschreitende Lehrwerke wie die Klavierschulen von Hünten oder Félix Cazot nennt 40 „On compte aujourd'hui un grand nombre de Méthodes de piano, œuvres consciencieuses, sérieusement faites et signées de maîtres célèbres, dont le nom fait autorité". Marmontel, Vade mecum, 9. 41 Ibid. 42 Rousselin-Lacombe, „Piano et pianistes", 151. 43 „[...] trivialités musicales". Bertini, Méthode de piano élémentaire et facile, „Avant-propos". 44 Marmontel, Vade mecum, 9. 65 De musica disserenda XIV/2 • 2018 Marmontel Méthodes plus développées im Gegensatz zu den Méthodes élémentaires et progressives pour les enfants (Duvernoy, Le Couppey, Battmann u. a.). Herausforderungen im Alltag eines Klavierlehrers Das Vorwort aus der Méthode élémentaire, op. 90 von Jacques-Louis Battmann (1818-1886) ist ein besonderes Zeugnis der Unterrichtsrealität in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Battmann stammte aus dem Elsass, wurde in Orgel und Komposition ausgebildet und erteilte ab etwa 1840 Klavierunterricht in Belfort, Vesoul und Dijon.45 Damit war er einer der wenigen Pädagogen, die nicht in der Hauptstadt waren und dennoch durch eine größere Zahl an Publikationen in Erscheinung traten. Die Klavierschule erschien 1857 in Paris. Battmanns Vorwort enthält viele Hinweise auf seine persönlichen Alltagserlebnisse als Klavierlehrer, die sich, obwohl er in der „Provinz" lebte, sicherlich nicht wesentlich von den Erfahrungen unterschieden, die ein normaler Klavierlehrer in Paris machte. Dabei wird deutlich, dass es häufig die Interessen der Eltern waren, die eine sinnvolle pädagogische Arbeit des Lehrers schwierig machten. Schon beim Lehrmaterial vertrauten sie nicht auf die Empfehlung des Lehrers, sondern kauften „aus finanziellen Gründen irgendeine Klavierschule" und wollten, „dass der Lehrer sie von vorne bis hinten mit ihrem Kind durchmacht, ohne dass es ein anderes Stück spielt. [...] Zu glauben, dass der Schüler die Schwierigkeit bewältigt hat, wenn er diese Beispiele gespielt hat, ist ein gravierender Irrtum."46 Des Weiteren drängten die Eltern dem Lehrer Stücke auf, „die von liebenswürdigen Freunden ausgeliehen wurden"47 oder der Lehrer ließ „durch falsch verstandenes Entgegenkommen und oft gezwungenermaßen den Schüler Stücke spielen, die er von anderen Personen gehört [.] und die ihm gefallen"48 hatten, obwohl deren Schwierigkeitsgrad nicht für den Schüler passte. Battmann urteilt kritisch: „Der Lehrer genießt so das Wohlwollen des Schülers, auf Kosten des Fortschritts, den er bei ihm erreichen müsste und könnte."49 Ein weiteres Hindernis für eine sinnvolle Repertoireauswahl stellten die Musikabonnements dar. Battmann nennt sie den „Tod jeden Fortschritts",50 da bei den monatlich zur Auswahl stehenden Stücken oft nur zwei oder drei dabei seien, die dem Niveau des Schülers entsprächen: „Egal ob aus Neugier oder aus dem Wunsch, keine unnötige Ausgabe gemacht zu haben, man spielt alles so gut wie schlecht. Im folgenden 45 Riemann Musiklexikon, s. v. „Battmann, Jacques-Louis". Lueders, „Battmann, Jacques-Louis", 107. 46 „[...] par mesure d'économie, achètent une Méthode quelconque et veulent que le professeur la fasse étudier à leur enfant d'un bout à l'autre sans lui faire toucher un seul autre morceau. [.] Croire que l'élève a vaincu la difficulté après avoir touché cet exemple est une grave erreur." Battmann, Méthode élémentaire, 1. 47 „[...] prêtée par des amis complaisans". Ibid. 48 „[...] par une complaisance mal entendue et souvent forcé, le maître fait jouer à l'élève des morceaux que ce dernier a entendu exécuter par d'autres personnes et qui lui ont plu". Ibid. 49 „Il se met de la sorte dans les bonnes grâces de l'élève, mais au détriment des progrès qu'il devrait et qu'il pourrait lui faire faire." Ibid. 50 „[...] la mort du progrès". Ibid., 2. 66 Katharina Larissa Paech: „Le piano, ce grand vulgarisateur de la musique" Monat beginnt man wieder mit neuer Musik, und nach ein paar Jahren hat eine barmherzige Person den Mut, den Eltern zu sagen, dass ihr Kind nur herummurkse - und dann ist es der Fehler des Lehrmeisters!"51 Battmann bezeichnet die Eltern als oft [...] wichtigste[n] Grund der schlechten musikalischen Erziehung ihrer Kinder: „Monsieur," sagen sie oft zum Lehrer, „wir gehen am Sonntag zu einer Abendgesellschaft und wir hätten gerne, das unser Kind eine kleine Quadrille spielen könnte." Das Kind kann noch keine einfache Fünffingerübung korrekt ausführen, egal, es wird seine Quadrille spielen: Es wird die Noten nur andeuten, der Takt wird nicht beachtet werden, es wird einen falschen Fingersatz nehmen, es wird aus dem Arm anschlagen, um Kraft zu haben etc., aber die Eitelkeit der Eltern wird zufriedengestellt sein. Doch zu welchem Preis!52 Nachdem Battmann sich ausführlich über die Schwierigkeiten mit Eltern geäußert hat, kommt er auf „ein paar andere Dinge, die für den Lehrer bei den Schülern oft schwer durchzusetzen sind",53 zu sprechen. Er zählt die Beachtung der Notenwerte, Artikulation, Dynamik und Vorzeichen auf: Ich habe Schüler gesehen, die so schlecht organisiert waren, dass sie nicht das Fehlen des Vorzeichens bemerkt haben, nicht einmal an den empfindlichsten Stellen. In diesem Fall kann nur eine starke Aufmerksamkeit diesen Mangel an musikalischem Empfinden aufwiegen. Unglücklicherweise zeigen die Schüler in dieser Sache Unwillen oder zumindest eine hoffnungslose Unbekümmertheit.54 Battmann spricht auch über das Spielen im Takt sowie die Verwendung des korrekten Fingersatzes: „Man muss sie [die Schüler] davon überzeugen, dass ein Stück von relativer Schwierigkeit spielbar wird mit einem guten Fingersatz, während es mit einem schlechten schwierig, wenn nicht unmöglich wird, selbst das leichteste Stück sauber zu spielen."55 51 „[...] n'importe, soit curiosité, soit désir de n'avoir pas fait une dépense inutile, on joue aussi bien que mal; le mois suivant on recommence avec de la musique nouvelle, et quand au bout de quelques années, une personne charitable a le courage de dire aux parens que leur enfant ne fait que barbouiller c'est la faute du maître!" Ibid. 52 „[...] la cause première de la mauvaise éducation musicale de leurs enfans: ,Monsieur, disent-ils souvent au professeur, nous allons en soirée Dimanche et nous aimerions beaucoup que notre enfant puisse toucher un petit Quadrille.' L'enfant ne sait pas encore faire convenablement un simple exercice de cinq notes; n'importe, il touchera son Quadrille: il croquera des notes, la mesure ne sera pas observée, il prendra un mauvais doigté, il jouera des bras pour donner de la force, etc.; mais l'amour propre des parens sera satisfait. A quel prix, hélas!" Ibid. 53 „[...] quelques autres choses que le professeur a souvent beaucoup de peine à obtenir de ses élèves." Ibid. 54 „J'ai vu des élèves assez malheureusement organisés pour ne pas sentir l'oubli d'un accident, même dans les endroits les plus sensibles; dans ce cas il n'y a qu'une grande attention qui puisse suppléer à ce manque de sentiment musical. Malheureusement les élèves y mettent souvent sinon de la mauvaise volonté, au moins une nonchalance désespérante." Ibid., 3. 55 „[...] il faut qu'ils se persuadent bien qu'un morceau d'une difficulté relative devient jouable avec un bon doigté, tandis qu'avec un mauvais il devient difficile, sinon impossible, d'exécuter proprement le morceau le plus facile." Ibid. 67 De musica disserenda XIV/2 • 2018 Abschließend richtet Battmann einige Bemerkungen „insbesondere an die große Zahl von geschmacklosen Pianisten, die sich, weil sie sich für große Könner und im Besitz des heiligen Feuers halten, über die Ratschläge des Meisters hinwegsetzen, um nur auf ihre wirren Inspirationen zu hören."56 Zu ihren schlechten Angewohnheiten zählt Battmann, dass die Melodie durch zu lautes Spiel der Begleitstimmen zugedeckt wird, dass sie das Tempo verlangsamen und beschleunigen in der Meinung, das diene dem Ausdruck, oder die Melodie gegenüber der Begleitung mit übermäßigem Rubato verzerren. Darüber hinaus nennt er das Spiel in der falschen Oktave aufgrund mangelnder Notenlesefähigkeiten und schließlich unzureichende Pedalwechsel, die alle Harmonien ineinander verschwimmen lassen „und die ein abscheuliches Durcheinander produzieren, einen Lärm, der an nichts weniger erinnert als an Musik."57 Battmann war sich sehr wohl dessen bewusst, dass sein Text weit über ein übliches Vorwort zu einer Klavierschule hinausging. Er empfahl den Benutzern seines Lehrbuchs, das Vorwort wiederholt durchzulesen, es sei eine „Anregung zum Nachdenken [...] für diejenigen, die darin einige ihrer Fehler wiedererkennen könnten".58 Auch im weiteren Verlauf der Klavierschule fällt auf, dass er sehr häufig in ausführlichen Kommentaren auf mögliche Schwierigkeiten bei einzelnen Stücken oder Übungen hinweist und zur Genauigkeit und Aufmerksamkeit auffordert. So thematisiert er z. B. bei der Haltung der Hände, dass die Fingernägel kurz sein müssen und dass man mit der Spitze des kleinen Fingers und nicht mit seiner ganzen Länge - wegen nach außen gekippter Hand - anschlagen müsse.59 Fazit Die erwähnten historischen Quellen zeigen, dass sich ab etwa 1830 in Frankreich ein Bewusstsein dafür entwickelte, dass für den Klavierunterricht von Kindern anderes Lehrmaterial benötigt wird und ein anderes Vorgehen im Unterricht notwendig ist als für jenen von Erwachsenen oder angehenden professionellen Musikern. Hier zeigt sich auch ein Wandel hin zum Klavierspielen als angenehme Unterhaltung und als Element des sozialen Lebens in der bürgerlichen Gesellschaft. In den folgenden Jahrzehnten wurden pädagogische Ideen formuliert, die in Ratgebern und Lehrbüchern für angehende Klavierpädagogen publiziert wurden und in Klavierschulen praktische Anwendung fanden. Einige wenige Dokumente geben uns aber auch einen Einblick in die damalige Realität: Sie sprechen von überzogenen Erwartungen der Eltern und unzureichend qualifizierten Lehrern, von der Verwendung ungeeigneter Unterrichtsliteratur sowie von nachlässigen und unaufmerksamen Schülern. Viele damalige Überlegungen haben nichts an Gültigkeit verloren und hätten es 56 „[...] plus particulièrement a ce grand nombre de pianistes sans goût qui, se croyant d'une grande force et doués du feu sacré, se mettent au-dessus des conseils d'un maître pour n'écouter que leurs inspirations échevelées." Ibid., 4. 57 „[...] et qui produisent par là une confusion détestable, un brouhaha qui ne ressemble à rien moins qu'à de la musique." Ibid. 58 „[...] sujets de méditation à ceux qui pourraient y reconnaître quelqu'un de leurs défauts." Ibid. 59 Ibid., 31. 68 Katharina Larissa Paech: „Le piano, ce grand vulgarisateur de la musique" verdient, in heutige Diskussionen über die Eignung und Ausbildung von Lehrpersonen oder den Aufbau und progressiven Verlauf von sinnvollem Unterricht bzw. der musikalischen Entwicklung eines Schülers überhaupt einbezogen zu werden. Quellen und Literatur Quellen Ax, Guilhaume d'. Le Conseiller du pianiste précédé d'une notice historique du piano. Paris: Castel, 1857. Battmann, Jacques-Louis. Méthode élémentaire de piano, op. 90. Paris: Fleury, 1857. Bertini, Henri. Méthode de piano élémentaire et facile. Paris: Schonenberger, 1843. Cazot, Félix. Méthode de piano composée et conçue sur un plan entièrement neuf. 2 Bde. Paris: Heugel et C.ie, [1859]. Duvernoy, Jean-Baptiste. ABC du pianiste: Méthode élémentaire pour piano, contenant les principes élémentaires, 24 Exercices préliminaires, 20 Récréations à deux et à quatre mains, les Exercices de gammes et 6 Etudes faciles, op. 137. Paris: M. Schlésinger, 1844. Hünten, François. Méthode de piano, op. 60, 4. Auflage. Mainz: Schott, [ca. 1833]. Lecarpentier, Adolphe-Clair. Méthode de piano pour les enfans. Paris: Meissonnier, 1839. Le Couppey, Félix. A.B.C. du piano, Méthode pour les Commençants. Paris: J. Maho, o.J. ---. De l'Enseignement du piano: Conseils aux élèves et aux jeunes professeurs. 3. Auflage. Paris: Hachette, 1874. Lemoine, Achille. Premiers élémens de la musique et du piano, mis à la portée des enfants de 4 à 7 ans. Paris: Lemoine et fils, [1851]. Lemoine, Henry. Les Tablettes du pianiste: Memento du professeur de piano redigé par Henry Lemoine. Paris: H. Lemoine, 1844. Marmontel, Antoine-François. Art classique et moderne du piano: Conseils d'un professeur sur l'enseignement technique et l'esthétique du piano. Paris: Heugel, [1876]. ---. Art classique et moderne du piano: Vade mecum du professeur de piano; Catalogue gradué et raisonné des meilleurs méthodes, études et œuvres choisies des maîtres anciens et contemporains du degré de force le plus élémentaire à la difficulté transcendante. Paris: Heugel, [1876]. ---. Histoire du piano et de ses origines: Influence de la facture sur le style des compositeurs et des virtuoses. Paris: Heugel et fils, 1885. Panseron, Auguste-Mathieu. ABC du pianiste: Méthode de piano à l'usage des enfants, 1ère année d'étude, divisée en 12 mois. Paris: l'Auteur, 1858. Parent, Hortense. Création d'une école préparatoire au professorat du piano, fondée par Mlle Hortense Parent. Paris: Grande Imprimerie, 1882. ---. Exposition de ma méthode d'enseignement pour le piano. Paris: J. Hamelle, [1888]. ---. L'Etude du piano: Manuel de l'élève; Conseils pratiques. Paris: Hachette, 1872. ---. Répertoire encyclopédique du pianiste, analyse raisonnée d'œuvres choisies pour le piano, du XVIe siècle au XXe siècle, avec renseignements pratiques. 2 Bde. Paris: Hachette, 1900 und 1907. 69 De musica disserenda XIV/2 • 2018 Valiquet, Henri. La Mère de famille, Alphabet des jeunes pianistes, les 30 premières leçons du piano, théorie élémentaire de A. Elwart complétée et appliquée au piano. Paris: Heugel et fils, 1880. Literatur Lueders, Kurt. „Battmann, Jacques-Louis". In: Dictionnaire de la musique en France au XIXe siècle, hrsg. von Joël-Marie Fauquet, 107. Paris: Fayard, 2003. Paech, Katharina Larissa. „Hortense Parent". In: MUGI: Musikvermittlung und Genderforschung; Lexikon und multimediale Präsentationen, hrsg. von Beatrix Borchard und Nina Noeske. Zugriff am 19. Januar 2018. http://mugi.hfmt-hamburg. de/Artikel/Hortense_Parent. ---. „Elementare Klavierpädagogik in Frankreich im 19. Jahrhundert, dargestellt anhand von ausgewählten Quellen". Masterarbeit, Universität für Musik und Darstellende Kunst Graz, 2015. Place, Adelaide de. „Méthode instrumentale". In: Dictionnaire de la musique en France auXIXe siècle, hrsg. von Joël-Marie Fauquet, 792-793. Paris: Fayard, 2003. Riemann Musiklexikon: Personenteil, A-K. 12. Auflage. Hrsg. von Willibald Gurlitt. Mainz: Schott, 1959. Rousselin-Lacombe, Anne. „Piano et pianistes". In: La Musique en France à l'Epoque Romantique, 125-166. Paris: Flammarion, 1991. Timbrell, Charles. French Pianism: A Historical Perspective. 2. Auflage. New York: Amadeus, 1999. 70 Katharina Larissa Paech: „Le piano, ce grand vulgarisateur de la musique" »KLAVIR, TA VELIKI POPULARIZATOR GLASBE«: POUČEVANJE KLAVIRJA ZA MEŠČANSKE PARIŠKE OTROKE V 19. STOLETJU MED IDEALI IN REALNOSTJO Povzetek Gospodarske, kulturne in družbene spremembe v Franciji prve polovice 19. stoletja so botrovale tudi vse večji priljubljenosti klavirja. Poučevanje klavirja je postalo sestavni del vzgoje otrok iz meščanskih družin. Tako se je poleg uradnega izobraževanja na pariškem konservatoriju zaradi velikega povpraševanja uveljavilo tudi zasebno poučevanje klavirja, pri čemer je bila kvaliteta učiteljev zelo različna. Med njimi so bile tako matere, ki so z osnovnim znanjem klavirja poučevale svoje otroke, pedagoški in pianistični amaterji, ki so se poučevanja lotili zaradi finančnih razlogov, in mladi poklicni pianisti ter nazadnje profesorji konservatorija, ki so ponujali tudi zasebne ure klavirskega pouka. Renomirani klavirski pedagogi, kakršna sta bila Antoine-François Marmontel ali Félix Le Couppey, so si z objavo knjig, ki bi mladim učiteljem služile kot rdeča nit pri pouku klavirja, prizadevali dvigniti nivo zasebnega poučevanja. Te knjige nam podrobno predstavljajo idealno podobo učitelja klavirja in klavirskega pouka v drugi polovici 19. stoletja. Številni v njih opisani temelji in ideje imajo nadčasno veljavo in si zaslužijo, da jih klavirski pedagogi poznajo, če že ne upoštevajo tudi danes. Avtorji med drugim tema-tizirajo vprašanje glasbene izobrazbe in primerne osebnosti učitelja kakor tudi pametno strukturiranega, otrokovim zmožnostim prilagojenega osnovnega pouka. Od sredine 19. stoletja so v Parizu izhajale številne klavirske šole, ki so se obračale eksplicitno na otroke ali manj ambiciozne šolarje (t. i. petites méthodes). Ena od teh je bila Méthode élémentaire Jacques-Louisa Battmanna iz leta 1857, ki je v izčrpnem predgovoru predstavila tudi živo sliko zahtev in izzivov iz vsakdanjega življenja učitelja klavirja; tako podrobno se tej temi posveča redko kateri tekst. Battmann med drugim govori tudi o previsokih pričakovanjih staršev, neprimerni ali slabo izbrani literaturi za pouk, malomarnih in nepozornih učencih kakor tudi o splošnih okoliščinah, ki otežujejo ali celo onemogočajo uspešno učenje klavirske igre. S pomočjo različnih sodobnih besedil si je tako mogoče ustvariti nazorno podobo zasebnega poučevanja klavirja v Parizu 19. stoletja, ki se zdi kot polje napetosti med idealnimi predstavami in vsakdanjo realnostjo. 71