Der ' « Wilde tii Frankreich Ein Schauspiel' in vier Aufzügen, ^ von Johann Friedrich Wieting; Mitglied der Zöllnerische» Schauspielergesellschast i» Laibach. Laibach, bey Johann Fncdrich Egcr. tm Gefühl der wärmsten Achtung un» Dankbarkeit geiviedinrt: vom: Derfaßer. s-s . / r - >, ) Am Leser! Wie entstand mein Wilder? ZUE ^7 ', ,E ^^crr Zöllner, mein Dircktör, hatte die Oper: Loursn! Er zeigte sic an mehr als einem Ort ^ und das Urtheil blieb gleich: so schön die Kompost-zion; so künstlich; so sehr auch Gretry's Geist würdig; so fad und abgcschmakt Handlung und Dialog; so unausstehlich das Ganze. Mein Direktör wollte von Kennern so gerühmte Musik nicht ungenüzt liegen laßen! Er hatte zu mir das Vertrauen, und ersuchte um einer ändern Prosa. Ich verspkach's! Von der ehmaligen Handlung selbst, könnt' und wollt' ich nichtS nützen ; und so entwarf ich mir, so gut ichs den Arien gemäß vcrmogte, einen neuen Plan; und machte aus zwei Akten der ehmaligen Oper, viere! Wie ich geendet, fand sich für meine Arbeit eine unhcbbare Schwierigkeit: sie war als Oper zu lang! Auf.Zureden einiger meiner Freunde, die es als Schauspiel gedrukt zu sehen wünschten, strich ich den Gesang — und ubcr- geb' geb' es nua dem «rthcilenden Leser als solches! Ob ich Recht daran that ? »vill, und kann ich ntcht entscheiden! — Ob ich Rechtfertigung bei gewißen Beurtheilern Bedarf? — — Mich dünkt nicht! Wer je für's Theater schrieb, findet fie lxichB selbst in meiner zwiefachen rnüng,: in der des Gesangs;^ und in der des Karaktcrs für deutsche Bühnen! Meine Msicht ist: zu unterhalten! Erreiche ich dies; so Hab' ich mein Ziel. !!U , U,I. D e r Wilde in Frankreich. Pers CStaf.^oufleur^ Oberster und Lefehlshaber der franzostschen Truppen. Louise, seine Tochter. Graf Tourette; öauptmann. Umalia, ^ine Halbschwester. >, Marquis d' Anjour; Landvogt der Insel. Kranz, dessen Sohn. Von Grimoard; Lauptmann. Adjutant. Der wilde. Anna, des Landvogts Haushälterin. ÄnÄ.) L-uff-ur-S-di-»-.. Ludwig, Zauptmann Tourett's Bedienter. Soldaten. Volk. Die Handlung de« Krüks spielt auf einer franiösischen Insel. Fängt kur» vor Anbruch de« Lag« an, und endet des Nachmittag«. (Saal mit Seitenthüren, mit drei Spieltischen und Lichter darauf.) Erster Auftritt. (Leerst und Frani sitze» a» einem Tistb, und spie, len Schach; tzauprniaun Touretre und Landvoqr an einem ander», und spielen Piker; Louise und Airiali« haben die Mitte. Vor ihnen liege» Karren; «her beide in der Altitude eines Gesprächs. Im Hinrcr, -runde der,V>,h»e stehen beide Bediente des Oder, Ken, «»Stuhle» gelehnt, und schlafen.) Louise. Du hast Recht, liebes Mädchen! und hast Unrecht! Ich gcstch's selbst, es ist unartig von mir, meine Launen in deiner Gegenwart auszulasscn. Amalie. Nicht so Liebe; nicht mir die Worte im Munde verdreht! Ich sage nnr: du sollst der Sache ein Ende machen! Fühlte ich mich so wie du, sosagre ich: Liebes, bestes Papa--chen! das Männchen was Eie mir da ausgesucht/gefällt mir nicht. Louise. Gib mir den Muth! Oder gib mir weniger Liebe für ihn, ihm seine Freude nicht verderben zu wollen! Er glaubt es einmal heilig und fest, ich werde glüklich, da er reich ist? Alna. Amalie. Nun so sag ihm das so! Gag ihm's: lieber Papa! ein Haufen Geld macht Mich nicht gluklich l Louise Unks wenn er dir daun mit Drang liebes Kino^ du bist in dem Alter HN?* Kathen zu könitcn! Du sichst, ich geh' mit starken Schritten zum Grabe! Mach mich so glük-lich, vor meinem Ende, mich noch in meinen Enkeln wieder aufleben zu sehen. Amalia. Närrisches Ding ! So sieh dich nach etwas um, wo du ihn den Wunsch mit Vergnügen gewähren kannst. Louise. Wenn ich dir aber sage: ich liebe Keinen! und will Keinen! Amalia. Hernach soll man nicht sagen: Liebchen! Du hast Vapörs? — Komm! steh auf.' Man mögte uns bemerken! (beide stehn von ihren Platzen auf/ und gehn den Saal auf und nieder.) Oberst. Brav, Schwiegersöhnchen! Wenn Sic Mit so viel Kälte und Ucberkgung gegen die Herrn Engländer Agiren werden, wie hier auf dem Brett, so werden Sie mich Stolz auf Sie machen. Franz. Oh! gewiß Schwiegerpapachen! Wen sie nur erst einmal da wären! Sie sollen Ihre Freude sehen. Oberst. Das hoff' ich auch von Ihnen zu erfahren, und hoff' es bald! Ehre und Ruhm sollen Sie einärndten! Ihr Herr Vater führt? den rechten Flügel seiner Bürger und Bauern; und Sie den Linken; das wißen Sie ohnedem schon! Denn ich mit meinen Truppe» allein, bin nicht vermögend, der Engländer Absicht zu hintertreibcn; und wenn Jeder unter ihnen ein Held wäre! Die Herren kommen uns zu zahlreich . > » reich über'n Hals^ und um Hülfe zu bitten, ist cs zu spät! Auch ist unser aller Ehre um so größer! Sic gehen dann chlen Ihren Untergebnen mit guten Exempelrt-Vdr! Stürzt einer, so rufen Sic ihm im Tode zu r ich bin dein Racher! und stürzen Sic, finden Sie auchRächcr. 8ranz. (beiseite) Stürzen? — Hu,Hy! Gott sieh' mir bei! (zu ihm> Wer glauben Sie denn würklich im Ernste,daß sie bald kommen ? tpberst Wunderliche Frage! Mit jeder Stunde sch' ich ihrer Ankunft entgegen! Glauben Sic denn, daß ich so zum Spaß meinen Körper durch Nachtwachen schwächen würde? Das nun nicht. Dazu lieb' ich mich selbst zu sehr. Unterwegcns sind sie schon , so viel ist gewiß; und nur widrige Winde können sie bis -ezt ab-gehalten haben. Franz. Nun so sei der Himmel meiner armen Seele gnädig! (bei Seite, wahrend sie fort, spielen ) sauptmann/ Ah! das ist zu toll! Ich mach' im ersten Spiel 8z gut, und es wird Ihre. Landvogt, (lächelnd) Ja, ja! wie ich immer sage: wcm's Gott giebt, dem gicbt er's im Schlafe. ( nimmt die Rarten wieder zusammen ) Amalia. Lieber Bruder, es wird Tag! Versäumst du auch deine Ronde nicht? Zaupt. Bekümmert Fräulein Schwester wenig! Ich kenn' meine Schuldigkeit! (zahltden Landvogt au» ) Amalia. Nicht böse, lieber Bruder! Ich denke , wir sind hier unter Freunden? 6aupt> Wenn auch! ( zum Landvogt, -er sich mit Mischen beschäftiget) kaffen Eic's gut sein für diesmal, Herr Lanlwogt ! Morgende Nacht erwart' ich Rcvange. Landv. Landv. 12 Hn-zlich gern! Hach' gern' als äch wieder mir. ' (vonderTeitt) Patriot? — O ! Dl tcr Patriot'wieder mit. Amal (vonderSerA) Patriot? — O! Du ächtcr Spieler. ' Oberst. Schach l------------Ha! ha!ha' Um- sonst! Nehmen Sie einem Offizier, welchem Sie wollen > Sic sind nicht mehr zn retten ! — Lassen Sic's mir gut sein, für dasmal! Bin deshalb doch vollkommen mit Ihnen zufrieden ! Es wär" ja auch nicht erlaubt, wenn ein alter Praktikus, einem jungen Theoretikus den Paß nicht verhauen sollte! (aufstehend) Jczt reit' ich Nön-de! Vertreiben Sie unterdessen meiner Tochter die 'Zeit! Wenn ich zurükkvmme, gehn wir schlafen!— Anton! Heinrich! Anton. ) (schlaftrunken vortaumelnd) Heinrich.) Ja! — Ja! — Oberst. P^'rde vorgeführt! ( Bediente ab.) 6auptm. Wollen Sie doch selbst mit, Herr Oberst? Oberst. Ja, lieber Hanptmann. Lauptm. Gestern Abend schmeicheltcnSie mir ja mit dem Vertrauen, daß — Oberst. Sie mich überheben mögten! Richtig. Ich bin auch versichert, daß Sic so vorsichtig wie ich, beim Visitiren zu Werke gehen würden ! Aber deshalb würde ich doch meine Grillen und.mcinc Furcht nicht unterdrükken können. Es steht mir zu viel auf dem Spiel .'Meine Ehre! — Eie wißen's selbst, daß wir ihnen' s Landen nicht wehren können! Sollte ich nun wegen dem meine Leute so lange draußen Kampiren lassen, bis es ihnen einfällt uns heiinjusirchen? Dazu kenn' ich meinem Vortheil zu gut! Lieber laß' ich, so viel die Wachen nur entbehren können, in ihremOuartier in Ruhe; kömmt's hernach zu was SM--., rs was Ernsthaftem, sind die Leute um so innnterer, und also auch um so *kapfcrer!-Di esi^klrisie M'-zion schadet mir nicht! Bin-.ich durch mich selbst ,iberzeugt , daß alles richtig, so kann ich Ihnen nicht sagen , wie süß mir derS chlafschmekr; pud um das Vergnügen will ich mich nicht brin-' gen. Aber begleiten können Sie mich, so wie sonst, Lauptm. Mit Vergnügen. ( Bediente kommen zurük ) Oberst. ( ihnen entgegen) Sind die Pfer-de da? Anton. Ja, Jhro — Oberst, (der schon seinen Zut und Legen genommen ) Nun, wenn's gefällig, lieber Hanprmann! — Adieu Lonischen! — (zurA-rnalia) Sie bleiben bei meiner Tochter, Maschen? (zum Landvogt) Behüt' Eie Gott, Freund- , Zauptm. (der so wre der Oberst alles genommen) Empfehl' mich sämmtlich. Louise. Empfehl'mich, lieber Papa! Sie kommen doch bald zurük? Amalia. (Antwortete dem Obersten blos durch eine Verbeugung; zu ihrem Bruder ) Adieu lieber Bruder. Oberst, (schon im gehen ) So bald wir herum sind. ( mit dem 6auptm: ab.Bedientefolgen.) Zweiter Auftritt. Louise. Amalia. Landvogt. Franz. Landvogt. ( hat unter der Zeit seinen Gewinst zusammen gezählt; im Einstreichen) " Liebe,' H,' 14 Liebs, schöne, blanke, gerändelte Louis! Ihr soMs ssm bei mir hakten. Werdet Väter, Brüder und Söhnr^nug bei mir antreffen ! Ich will Euch besser pflegen und warten und streicheln wie Euer voriger Herr! — — Ich denke , lieben Kinderchens! ich gienge immer vor Euch schlafen! Was werd' ich alter Mann bei so jungen Dingerchen nütze? (während er seine Börse an sich drükt) Habe ohnedem noch etwas sehr nothwendiges zu besorgen! Wünsch' also süßen Schlaf, (will ab.') Franz. Papa! Papa! Wo wollcn's denn hin? Schwicgcrpapachcn! und der Herr Hauptmann kommen ja bald wieder zurük. Louise. Cs ist auch wahr, Herr kandvogt? Wollen Eie uns denn so allein lassen? Landv. Allein? Bleibt ja mein Söhnchen bet Ihnen! Jung bet Jung, und — (zum Franz, den er an die Seite gezogen) Untersteh' dir's Lasse, und thu' mir noch ein Maul auf ! Merkst du's denn nicht dummer Esel! daß ich'S Geld in Verwahrung bringen will? So werde doch einmal klug, (ihn von sich stoßend) Da geh' hin; zu deiner Braut, geh' ! laß dorr deine Süßigkeiten ausflicßen- Winunert der Schafskopf seinem alten Vater die Ohren davon voll! — Nun lieben Kinderchens! nochmals zukker-süssem Schlaf. ( ad.) Dritter Auftritt. Vorigen, ohne kandvogt. Amalia. (ihm von der Seite nach) Geh nur, alter Geizhals! bring deinen Raub in. Sicher-hcicj 8ranz. Franz. (-er übcWnZurükstosien und Schluß -er lezten Rede seines Vaters bctuzt^und mir halb offnen Munde da stÄrd; vor sich) Nun was will den« der einmal wieder? Schafskopf? In Gegenwart meiner Braut? Und ich habe kein Wort von meiner Braut zu ihm gesprochen. Louise. Warum so ernsthaft, liebe Freundin ? oder — darf ich's nicht wissen? Amalia. Du nicht? Kannst du so fragen, liebes Mädchen — und fürchtest dich nicht an der Freundschaft zu sündigen? Louise. Vergib Liebe. Amalia. Schon wieder? — Deiner Freundin um Vergebung zu bitten? Wart nur! — Gern' würde ich dir's sagen, wenn — (Franzens Ohr zupfend, der sich unter der Zeit mir neugierigen Vlikken gleichsam zwischen ihnen beiden hin-eingedrunyen ) des Herrn zwei Ohren nicht zu Viel da wären. Franz. (stuzend) — So? — Und ich wollte eben fragen, was Sie da mit meiner Braut heimliches zu schwatzen hätten? — Wcnn's aber so ist — nu — so kann ich ja auch wieder gehn. Amalia. Das war weise gesprochen. Louise. Dravo Herr Marquis! bravo! Sie werden ja auf einmal galant Sie glauben nicht, wie angenehm Sie mir sind, wenn Sie sich so mit Achtung in gehöriger Ferne halten- Franz. O gehorsamer Diener! Wenn Sie so sprechen, so (während er sich immer weiter entfernt) Louise. Nun, liebes Mädchen? Amalia. Kann mir's gleichgültig sein, wenn ich so sehn must, wie sich mein Bruder in den Nächten, die uns die Herrn Engländer zum Tag Tag üknzuschaffen jwingeEoem Spiel so unbesonnen crgicbt; und dteL mit einem Manne, der keinen Heller wagen würde, wenn er nicht überzeugt, daß er meinem Bruder unendlich weit überlegen? Louise. Ei, du mißgünstiges Mädchen! Amalia. Das bin ich'gewiß nicht. Ich gönn' ihm gern' sein Vergnügen — lieber als mir. Nur soll er's nicht zur Leidenschaft werden lassen; nicht mit Leidenschaft spielen. Bringen wir nicht unsere Nächte auch vergnügt hin? Louise. Nun, und wie lange wird's denn noch währen? In der Ungewißheit unsersSchik-sals hier auf der Insel können wir doch nicht mehr lange bleiben. Zu Einem muß es doch ehestens ausschlagen; müsscn's doch bald erfahren, ob wir uns künftig für Franzosen oder Engländer anzusehn haben. Und was wird er denn in der kurzen Zeit seinem so großen Vermögen für Abbruch thun? Amalia. Seinen Großen! sagst du? — Und wie groß denn? — Es ist wahr, nebst den jährlichen Einkünften seines Vermögens und den Einkünften seiner Charge, genießt er auch noch die Intereßcn von den würklich großen Vermögen unsers verstorbnen Bruders; genießt alles gemeinschaftlich mit mir ; handelt nicht stief-brüdcrlich ; besizt das beste Herz; und durch seine Güte, meinem eignen Vermögen und meiner Sparsamkeit, bring' ich meinem Gemahl, wenn ich ja je heirathen sollte, gewiß kein armeS Mädchen zu. Aber kann ich darum sein jetziges starkes Spielen gut heißen , von dem ich kein Ende sehe — oder von dem ich noch nicht weiß , ob künftig keine Gewohnheit daraus wird? Und dann — berechtigt ihm der Tod un- " ' ^7 fers Bruders — da e^weiß, sdaß er ein kleines noch nicht einnmb zM^Welt gebrachtes Kind hinterließ, von dem er nicht weiß, ob es noch lebt — Louise. Was sagst du? — Wo denn? Ainalia. In Houronien; mitten unter den Wilden. Louise. Unter den Wilden? Gott im Himmel! das arme Würmchen! Franz. (der im Anfang der vorigen Reden auf der Seite stand/ und für Langeweile an den Nägeln kaute, u. s. w. — hat fich wahrend den lezten Reden näher geschlichen) Heiliger Schatten des großen Marschall de Sachs! steh mir bei! WaS? unter den Wilden? Nun die habcn's auch sicher gefreßen. Louise. Herr Marquis! ich bitte mir's aus, daß Sie sich bcßcr aufführcn, sonst — Franz. Ich bitte um alles von der Welt! Ich weiß für lauter Langeweile nicht, was ich anfangen soll. Louise. Nun so wünschen Sic sich ja bald den Tod! Denn ich kenn' kein elendcrs Geschöpf, als dem in seinem so kurzem Leben auch noch die Zeit zur Last wird. Franz. Bitte recht sehr! Lassen Sie mich ein bischen zuhören. Ich höre für meinem Leben gern Neuigkeiten. Louise. Nichts da! Marsch junger Herr im Winkel! oder----------- Franz. Nun, nun, ich gehe schon wieder, (wahrend er geht; bei Sette) So mögte ich doch um's Himmels willen nur wisse», was ich jezt machen soll, (sezt fich auf einem Stuhl, auf den er nach und nach einschläft) B Louise. - He! junger,Hchr! nicht viel im Bart ^Nult^rliek ' gcbtummt. ML M liebes Mädchen! erzähl' mir; ich bin begierig. Amalia. Was ich weiß, weiß ich beinahe alles von meinem Brndcr; und so sollst du's wieder von mir hären. — Unsers Vaters Umstände , noch zu den Lebzeiten seiner ersten Frau, waren im Anfang nicht die Besten Er hatte ohne Bewilligu»a seines Vaters gcheirathet; und dieser enthielt ihm zur Strafe sein ganzes Vermögen. Sich wo möglich mit seiner Gattin, die er liebte, vom gänzlichen Untergang zu retten, nahm er ihr weniges Vermögen , floh' mit ihr damit aus den dortigen Gegenden Frankreichs, und ließ sich hier mit ihr nieder. Für hiesige Gegend war das Gerettete nicht klein; und zu seinem grösscrn Glük fand er auch bald Unterstützung. Hauptsächlich verdankte er's aber einen schon vor einiger Zeit verstorbenen Kaufmann. Dieser , durch seine Lage gerührt, nahm ihn und sein Vermögen mit zu seiner beträchtlichen Handlung; theilte Gewinst und Verlust brüderlich mit ihm, und lernte meinem Vater selbst die dazu nörhigcu Kenntniße. In dieser Zwischenzeit starb seine erste Frau — rechte Mutter des in Houronien verstorbenen Bruders und des Hauptmanns. Sogleich schrieb er dies an seinem Vater. Statt der gehoftcn Antwort, kam ein tPak Papiere von der dortigen Negierung, in dem gemeldet ward: daß sein Vater vor einiger Zeit verstorben, das Vermögen ihnen übergeben, und ihn, im Fall er sich meldete, zu seinem einzigen Erben bestimmt hätte. Durch diesen Zufall bereichert, sette sich mein Vater in Ruhe. Sein älterer Sohn Franz aber, den der Kaufmann schon --W-- ^ * ry schon in seiner Kindheit^nr Handlung anführte, war nicht mehr davon abzubringen; er ließ ihn also dabei. Einige Zeit darauf heirathete er meine Mutter, die rin junges schönes Mädchen ; aber! arm gewesen sein soll; war glüklich — aber leider nur auf ein Jahr durch ihren Besitz. Mein Leben zog ihren, und gleich darauf auch meines Vaters Tod nach sich. Louise, Du gutes Mädchen! Amalia. Sag: unglükliches Mädchen! Wie manche stille Lhränc habe ich schon über mich selbst geweint, wenn mir ein Etwas aus dem Innern: Mutrermördcrin! entgegen ruft. Louise. Pfui, Amalia! — Wie kannst du dir etwas zum Verbrechen anrechnen, woran dein Wille keinen eigentlichen Theil hatte? Amalia. Ich danke dir liebe, für die Erinnerung. Ich selbst suche mich damit zu trösten; aber nicht selten versagt mein Her) mir diesen Trost. Was wäre aus mir, oder mit mir geworden, liebe Louise! wenn mein Bruder weniger edel, gegen mich gehandelt hätte? Louise. Wohl war. Ich liebe aber auch dafür deinen Bruder beinahe so sehr wie dich. — Aber nun weiter, liebes Mädchen ! Mach', daß du bald zu unfern kleinen Wilden kömmst. Amalia. Franz, der unter der Zeit heran-gcwachsen, vcrheirathetc sich, und übernahm eine eigne Handlung. Ich selbst war noch klein, und kann mich nur noch einiger Züge von ihm, dunkel erinnern. Gleich im ersten Jahre seiner Ehe war er sehr glüklich; war emsig in seinem Werke; und war daher oft genüthigr, weite Seereisen zu thun. Hauptsächlich trieb er einen starken Verkehr mit der Insel Houronien. Von einer dieser Reisen kam sein Schif Zwar nutz B » Waaren -Waaren die er dort erhandelt glüklichzurük; aber er selbst fehlte. Sein Handlungsdiener brachte die Nachricht von ihm an seine Frau-daß ihm eine gefährliche Krankheit dort überfallen, daß er aber beinahe völlig wieder her-gestellt. Sie »rögrc nur seine Ankunft, mit dem ersten Schis das von dort absegeln würde, ruhig entgegen sehen. — Wie das arme Weib, die ihrem Mann zärtlich liebte, zum erstcnmale ein Pfand von ihm unter ihrem Herzen trug, diese Nachricht aufnahm, kannst du dir leicht verstellen. Mein Bruder hatte alles anzuwenden , sie von ihrem Entschluß, mit dem ersten Schif zu reisen, abzuhalten. Aber als auch mit diesem weder ihr Mann noch: Nachricht kam, war kein Halten m.Hr. Mir dem ersten Schif, das dorthin abgicng, fuhr sie fort. Alles Flehen , sich in solchen Umständen nicht dem unsichern Meere anzuvcrtrauen, war umsonst. „Ihr sollt mich nicht länger von meiner Pflicht abhalten, schrie sie! Das Kind, was ich von ihm unter meinem Herzen trage, kann mir keine Vorwürfe machen, daß ich mit Gefahr meines und seines Lebens , den Mann zu retten suche, dem lcs^sein Leben zu danken hat. " Und so fuhr sic ab, und ließ alle beschämt und mit kränkenden Vorwürfen beladen, am Ufer stehen- Und leider hatten wir sie alle zum leztcn-male gesehen. Louise. Was sagst du? — Aber doch Nachricht? Ämalia. Nicht die Mindeste. Mein Bruder schikte und lief selbst zu allen Kauflcutcn, die dorthin handelten. Jeder entschuldigte sich mit eignen Geschäften. Um sich mit einmal zu überzeugen, nahm er Urlaub, und fuhr selbst mit ^8W-U »l mit' dem ersten Schif hinüber. Aber alle Muhe, lc h nte seinen Wünschen nicht. Alles waü er > erfuhr, war die schrekliche Gewißheit: daß der Kaufmann, der dort krank geworden, gestorben; und sein Körper im Meere geworfen wäre. Daß gleich darauf eine Fran gekommen, die über diese Nachricht zusammcngcsunkcn, einen Knaben zur Welt gebracht, und einige Tage darauf dem Mann im Tode gefolgt wäre. Das Kind Hütte eine Wilde, deren Aufenthalt man nicht wisse, zu sich genommen! Dem Kinde hätte die Mutter ein Bild mit Steinen noch kurz vor ihrem Lude lim den Hals gehängt; es an sich gedrükt, und so in -;een Armen bis sic verschieden, behalten. Dies war alles was mein Bruder erfuhr; so viel Spielereien an kleinen Glasknöpfcn, Mcßern, Scheeren und dergleichen er sich's auch kosten ließ! und noch bisjezr wissen wir weiter nichts von dem Kinde. Louise. O du armes liebes Maischen! Mein ganzes Herz nimmt Theil an den kleinen Un-glüklichen. Franz. ( der rvie von einem schrekhaften Traum geplagt, aufsahrt, und vom Stuhl fallt) Barmherzigkeit! Barmherzigkeit! — Ach! Mörder! Mörder! Der Engländer bringt mich um. Amalia. Was phantasirt der da? Ha, ha, ha! He, Herr Marguis! sind Sic närrisch? Franz. (der sich jezt nach und nach erholt) Wie? — Bin ich hier? (indem er aufsteht) Oh! Amalia. Freilich bei uns sind Sic! Fürchten Sie sich nicht ! Wir Beide nehmen Sie in Schuz. Franz. Fürchten? Ich? Dcn mögtc ich sehen, der mich in die Flucht jagte. 22 Amalia. Ha, ha, Ha ! So ein Held sind Sic? Und den Augeublik schrieen Sie ja vor den Eng-ländern um Hülfe! Franz. Meinen Sic? Ich glaube gar, Sie Lenken, Sic haben in mir einen Gaskonier vor — Vierter Auftritt. Vorige, Houron. Mit Bogen, Köcher, und Wurfspieß. k?ouron. ( der mit offnen Blik und festem Tritt noch vor dem Schluß der Rede des Franz cintrat) Die schöne, lieblich ausgehende Sonne---------- Franz (demda« Wort: Gasksnier! über der unvermutbeten Sprache und Gegenwart de« Louron gleichsam auf der Zunge starb, pläzlich zusammen fuhr, und vor Angst zu zittern an-steng; schreit) Großer Geist des großen Marschall de Sachs.' sich' mir bei! Ein Menschenfresser.' Ein Menschenfresser! (verbirgtsich voll Angst unter einen von den Spieltiichen) Souron. He! hc! junger Herr! fürchten Sie sich nicht. Bin zwar ein Wilder, aber gewiß kein Menschenfresser! — Komm' ich Ihnen aber so scheußlich vor, daß Sie so laufen, >o nehm' ich meinen Weg wieder weiter- (will ab.) Louise, (die gleichfalls stuzte , bei der es aber mehr angenehmes Erstaunen, als sch re k--hafte Furcht war) Nein, nein, mein Herr! bleiben Sie nnr — weil Sie einmal da sind. Sie sehen ja, daß sogar wir Mädchens nicht «inmal für Ihnen davon laufen. Was dem Herrn betrift, der bekömmt öfters solche rasende Anwandlungen. -Hs-- ^ 2, Louron. Nltn das freut Mich, daß Sie mir das erlauben. — Meine treue Begleiterin auf meiner Reise, die eben jezt mit aufgehen beschäftiget, und ihre milde Strahlen dieser Insel in ihrem ganzen Glanz heut schcnken will, zeichnete mir grade nach dieser Wohnung meinem Weg vor. — Die Bewohner dieses Gebäudes werden von ihre erste milde Strahlen begrüßt, drum muffen sie gute Menschen sein, sagte ich zu Mir selbst, und bei diesen kehr' ein. Die Thü-re Ihrer Wohnung war offen, drum war Entschluß und Ausführung eins! Im ganzen Gebäude fand ich keinen Menschen, als zwei da draußen in Kleidern mit glänzendem Metall bc-sezt, und die auf Sitze cingcschlafcn waren. Sic aus ihrem süßen Schlaf zu wekken, schien mir eine Sünde; drum schlich ich mich auf den Zehen vor ihnen vorbei, und steh'jezt vor Ihnen meine zwei scl,öncn munteren Mädchens! (der Seite) Beim Glan; der Sonne! das eine Mädchen ist meine zweite Abncaba. Louise. ( mit Verwirrung , die sie ZU verbergen sucht, und einer Verbeugung) Mein Herr! — die Schlafenden da draußen, werden unsere Bediente gewesen sein. 6ouron. Bediente? das versteh' ich nun zwar so eigentlich nicht. Aber g'cnug, es waren solche Geschöpfe wie ich; und die liebe ich alle wie meine Pslcgmutter! Ich würde sagen: wie meine Brüder! wenn ich se welche in meinem Leben gehabt hätte. Aber was ist denn das, schöne Mädchens ? Lassen Sie sich durch mich stöh-ren? Hatten Sie Verrichtungen, ehe ich cin-trat? hatten Sic ein Gespräch ? o! so bitt' ich, vollenden Sie's; ich setze mich unterdessen in einem oon den Winkeln des Zimmers. B 4 Lranz. G Franz. Nur mir nicht zu nahe! (springtau» seiner Lage vor, uns in -es Obersten Rabiner ab.) ssuron. Nein, nein, junger Herr! ich —^ Louise Nicht doch!, mein Herr! Bleiben Sie da. Sie stören uns nicht! Unser Gespräch war schon vollendet. Zouron. Ja? Nun, da bin ich schon wieder. — Nur bitt' ich recht sehr, machen Eie keine Umstände mit mir. Ich komme aus einem Lande, wo man keine miteinander zu machen pstcgt. Aber sagen Sie mir nur, warum Sie mich so aufmerksam, vom Kopf bis zum Fuß, betrachten? Bin Ihnen gewiß eine Seltenheit? Louise. In dem Anzüge wenigstens. Louron. So geht mir's mit Ihnen auf ein Haar. Mir ist an Ihnen alles bekannt; ausser Ihre Kleidung und Ihr Kopfpuz. Louise. Wie so ? Sahen Sie mich schon? Wo? Loursn. Wo? Auf meiner Insel — in unser» Wäldern! — Stutzen Sic nicht, holdes Mädchen! Sie eigentlich nicht; aber doch Ihre Haare , Ihre Augen , Ihren schlanken Wuchs, kurz: Ihre ganze Person —^ die Be-dckkung da, wodurch Ihre mchresten Schönheiten verstekt sind, ausgenommen. Meine Abu-caba, denn so hieß dieses Mädchen, das Ihnen so vollkommen glich, und deren Seele noch schöner als ihr schianker Leib war, hatte nichts von dem allen, was Ihnen Last verursachen muß, an sich ; nichts, was ihr in ihren, Laufen hätte hindern können; so wenig,wie ich. Louise. Und — wie hieß dies Ihr schönes Mädchen ? (verlegen) Amalia. Lonise! Lourcm. — Wie mein Mädchen hieß? — Den Augenblik nannte ich ja erst ihren Namen; und schon vergessen? Ihren hör' ich den Augenblff zum erstenmal, und ich biet' Alles troz, ihn mir wieder aus meinem Gedächtnis zn rauben. Louise. Und wenn dies Ihr Mädchen so schön von Gestalt , wie von Seele war— so war es in der That nicht e.cl, daß Sie sie verließen, (mehr gefaßt.) 6ouron. Wenn sie noch lebte, schöne Louise! sähen Sic mich gewiß nicht hier. In unserer Insel kennt man keinen Meineid in der Liebe. Louise. So ist sie gestorben ? Zouron. Und auf die grausamste Art. O! ich bitte, erinnern Sie mich nicht wieder auf eine Geschichte , für die ich kein Gedächtnis zu haben wünschte; und die mir selbst beinahe mein Leben kostete. Jedem Aufgang der Sonne flieh' ich seit dieser Zeit, wie meinen ärgstem Feind; und wenn mir kein Winkel zur Zuflucht offen steht, wo ich mich verbergen, und meinen Klagen, ohne fröliche Geschöpfe in ihrer Freude zu stören, freiem Lanf lassen kann, sd wcrf' ich mich mit meinem Gesicht zur Erde, und flehe meiner Mutter mit bitter» Thrä-ncn um Raubung meines unsterblichen Gedächt-nißcs. Louise. Und was hat denn diese so gute Sonne, von der Sie vorhin mit so viel Ent-zäkkung sprachen, dabei verbrochen? Louron. Weil sie gleich nach ihrem Aufgang Zeugin von der schreklichcn Marter meines Mädchens war; mich durch ihre lichtverbreitenden Strahlen mit zum Zeugen ihrer Qual machte; und dies mit immer gleichem Strahl, mit so viel 26 viel Kälte — wie die Menschenfresser >nei„ Mädchen schlachteten ! Mt'ausgestrckten Ar-men »nd kreischender Stimme flehbc ich zn ihr um Rache! um meinen Tod! Nichts'. Kein Cn-barmcn! Ihr Gang blieb so gewöhnlich gleich und klar, als wenn Nichts in unserer Insel vopgegangen wäre. Ich würde mich verfinstert, giftvolle Wolken gesammelt, die Grausamen bei ihrem um Hülfe schreienden Opfer mit pfeif-senden Blitzen erschlagen — oder des um Erbarmen flehenden Menschen seines Verstandes beraubt haben! — O! du Theil meines Gc-dächtnißcs, der du mich baran erinnerst, werde krank, stirb! Du verleitetest mich schon so oft zur Sonnenlästerung! zum Fluch! (sich gegen Aufgang der Tonne niederwerfend ) Vergieb, Liebliche! Vergieb meinem Wahnsinn! meiner Lästerung! (sich mit seinem Gesicht mehr der Erde nahend) Louise. (zur Amalia) Was halst du von des Mannes Zärtlichkeit ? — O! Mädchen, auch noch im Tode beneide ich dich um seine Liebe. — Noch nie sah' oder hörte ich dergleichen! Jst's möglich, daß eines wilden Herz so lieben kann? — Ich weiß nicht, welchem An-thcil mein Herz au seine Leiden nimmt. Fühl' nur Liebe, suhl' nur um des Himmelswillcn, wie mir es schlägt! -- O! daß ich ihm helfen könnte. Amalia. (lächelnd) Nimm dich in acht Liebe, daß dein Her; dir keinen Streich spielt. Du kennst deines Vaters Absichten. Louise. Aus denen wird so nichts! Amalia. (auf den Wilden zeigend) Und aus denen da, wird »och weniger. Louise. Wer will denn das? Ich! glaube gar, du denkst ich bin verliebt? 27 rlmalia. Beinahe; wenn dein Herzklopfen — Louise. Ach! das ist bloßes Mitlccden! — Amalia. Nun, nun! ich höre dich schon anders sprechen. Louise. Ach! (verdrießlich) Zu was das? Laß uns lieber den Unglüklichen zu trösten versuchen. — (Souron aufhebend) Stehn Sie ans, unglüklicher Mann! Erholen Sie sich! Lmali«. (die Louisen uncerstüzt) Ja mein Herr! wir sind Beide gerührt, (wahrend sie Heide ihn vorführcn) Kommen S>c; — So ! — lind nun machen Sic nns ganz zn.Jhre Vertraute! Erleichtern Sie durch Erzählung vollends Ihr Herz; wir nehmen beide unendlich vielAntheil an ihrem Unglük; und erwarten Sie Trost von uns. Louise. O ja, erzählen Sie! ich bin ausserordentlich begierig. Schenken Sie uns dies wehmüthigc Vergnügen, lieber Mann! Ich bitte Sic darum. Zouron« Bild meiner Geliebten, Du fodcrst viel! Doch was könnte ich deiner Bitte abschla-gcn —zumal mit dem Tone gcfodcrt, der das Echo von meiner Abucaba ihrem zu sein scheint. — Hören Sie also, schöne Louise — und auch Sic schönes Mädchen! — Meine Geschichte ist kurz »nd schrcklich! — Der Lag, an welchem meine Abucaba ganz mein werden sollte, war der Tag ihrer Marter. — Wir waren schon seit einiger Zeit mit einigen unsrer barbarischen Nachbarn im Krieg verwikkelr. Schon zweimal hatten sie's versucht, uns zu überwältigen, oder Gefangne zu erhalten; aber umsonst. Meine und meiner Brüder tapfere Gegenwehr, die mich zu ihrem Heerführer erwählt hatten, machte jedem Versuch fruchtlos. Beidemal »8 fchikten wir sic mit blutigen Köpfen wieder auf ihren Schiffen zuruk. Zu unfern» Uuglük »var der Vorabend des Tags meines Gläks, in Unsrer I»»sel ein Festtag. , Unsere junge Leute ergszkm sich bis in bie späte Nacht mit tanze,, ; ich, incln Mädchen und deren Bruder waren die leztcn ar.'f dem Lanzplaz; und gingen bei Hellem Mondenschcin, Arm in Arm geschlungen, ein jedes in seine Hätte. Noch eh' die Gon-" ne ihr Lager verlies;, ward ich schon durch ein schmetterndes Geschrei: Feinde! Feinde! aus meinen sußträumcnden Schlafllllfgeschrckt! Mein Herz mußte schon sein Ungläk ahnden — denn mich ergrlf zitterndes Beben! und kaum hatt' ich noch so viel Kräfte meinen Bogen zu spannen, und meinen Wurfspieß zu nehmen. Noch für Schrelkcn taumelnd, stürzte ich zur Hätte meiner Geliebten- Stellen Eie sich mein Entsätzen vor, als ich sie leer fand! Mit wilder Eile stürzte ich wieder heraus, und in's Freyc. Hier thöntc mir auf's neue gräßliches Sicgs-nnd Wehgefchrci entgegen! Alle meine Kräfte bot' ich'auf, dem Geschrei näher zu kommen. Umsonst! der Schreiten lähmte die Schnelligkeit meiner Fuße! — Endlich erreichte ich du; Ufer; und — hier sah' ich schon die Grausamen jenseits dem Kanal, der von einer Seite unsere Insel umfloß, an einem öden nakreu Felsen landen. Kam in den Augcnblik au, da man »nein Mädchen bei den Haaren aus den» Nach'M schleifte! Umsonst zerraufte ich mir mein Haar! füllte die Lüfte mit Geschrei unr Erbarmung ! Schrie umsonst hinüber : auch mich zu schlachten l Alles »var umsonst ! Vor »meinem Augen ward sie zerfleischt, und mit gieriger Wuth vcrschlungcu. Louise Louise. Gott im Himmel! mir schaudert die Haut. Amalia. Und das thaten Menschen? Souron. Leider giebt es noch solche Ungeheuer auf einigen Inseln; die, weil sie in ihrer äußern Bedckkung so wenig von den Gutmütigen unterschieden, uns allen den Echandflek einer Barbarei anhängcn; uns bei allen sogenannten gesitteten Völkern haffenswerth machen. Amalia. Aber was bewegt sie denn zu so Unnatürlicher Grausamkeit? 6ouron. Lüsternheit nach Mcnschenfleisch ! das sie allen im Gcschma" vorziehen! Dies ist auch die mchresie Ursache ihrer Kriege , in welchen sie nur nach Gefangene trachten. Wir wußten dies schon auf unsrer Insel; daher fechten wir eng jusammengeschlossen gegen sie; und jeder junge Mann, der zum streiten stark genug, muß beim Auf - und Niedergang der Sonne schwören, keinem seiner Brüder an seiner Seite, ihnen zum Gefangnen lebendig zu überlaßen. Kann er ihn nicht mehr retten, muß er wo möglich tödtcn ! um ihn wenigstens ihrer Grausamkeit zu entreissen. Louise. Das ist schrcklich! Jene können ja auch nicht mehr, als ihn tödtcn. Zouron. Freilich nicht; aber die Art wie sie's thun , ist gräßlich ! Sie füllen die Luft mit In-belgeschrci, während die Gefangenen die Luft mit Martergeschrci zurükprellen! Und doch behandelten wir noch jedem Gefangnen von ihnen brüderlich! Louift. Gott im Himmel! Nu», und wie gings mit Ihnen weiter? Louron. Von dem weiß ich selbst nur wenig. -- Bei diesem gräßlichen Anblik stürzte ich zu^ Erde! zo --W-- Erdc! Flehte um Erbarmung ! Schrie zur Sou-ne, um Hülfe oder um Rache! Alles war Tod für mich! die ganze Natur schwieg! — In der Verzweiflung rannte ich mit meinem Kopf wider einen Baum, wovon ich zu Bodeu muß gestürzt sein; denn beim Erwachen fand ich mich in der Hütte des Bruders meiner Geliebten der sich beschäftigte, mich wieder zu mir selbst zu bringen. Louise. Dieser war gerettet? — Und wie? Zouron. Er hatte nebst dem mchrcsten Volk, gleich bei dem ersten Lärm, sich auf den in solchen Fällen bestimmten Plaz, tief im «abgelegenen Walde geflüchtet. Hier hatten sic sich zwar gesammelt, um mit vereinigten Kräften den Feind wieder zu verjagen; sic kamen aber schon zu spät; die Ungeheuer hatten längst die Insel wieder verlassen, nachdem sie das hatten, was sic eigentlich suchten. Louise. begieriger ) Nun, und Sie? Souron. Mich fand man bei dieser Gelegenheit für Tod am Ufer liegen. Meines Mädchens Bruder, der sich mit mir beschäftigte, glaubte noch Leben zu spüren, und trug mich auf seiner Schulter in seine Hütte ; wo er so lange Balsam aus Kräutern gepreßt unter meine Nase rieb, bis ich wieder zu nur selbst kam. Doch, was half mir mein Leben , da ich das, was cs mir angenehm machte, verlohrcn? Bittere Vorwürfe, daß er mich nicht in den Zustand gelassen, wo ich meinen Verlust nicht fühlte, waren sein Lohn. Und alle seine Bitten vcrmog-ten nicht, mich länger an einem Ort aufzuhalten , wo jede Kleinigkeit mich meinem Verlust immer mit neuer Starke fühlen ließ. So bald ich bei Kräften war, fing ich mir Wild , zog ihnen ihnen ihre Hmite ab, kaufte mir auf dem ersten Sch'f das kam, davor eine» Plaz nach dem Orc wo es hinwollce — denn, mir war jeder gleich — nahm mit Thräncn von ihm Abschied , uns» -floh von dem Ort, wo sede Erinnerung genossener Freuden mir zur doppelten Marter wurde. Louise. (ihm bei öer 6ani> drükkend) Und nun sind Sie hier, Uuglüklicher! hier bei uns l Und da müßte es nicht gut sein, weil» wir Sie nicht bald Ihrer gehabten Leide» vergessen machen sollten. Amalia. (wie Louise) Nur müssen Sie uns folgen, lieber Mann! Uns in unfern Bemühungen unterstützen. 6ouron. O! Sie guten! Louise. Schn Eie uns beide als ihre Freundinnen an. goursn. Das sind Sie! Ich fühl's! denn mein Herz schlägt hier um hieles sanfter! wünscht sich, immer hier um Sic Beide bleiben Zu können. Darf ich ? Darf ich schöne Louise? Darf ich immer nur Ihnen sein? Louise. — Ich — wünsche es! Louron. Wünschen Sic's? O! Sie Liebliche! Dann bleib' ich um so lieber! will Ihnen alles thun, was Sie wollen. Nur sag' mir's, Bild meiner Abucaba, wie du's haben willst. Unterrichte mich! Louise. Recht sehr gern ! Aber ich habe einen Vater , und von diesen muß ich erst Erlaubnis haben, ob Sie bleiben dürfen. Doch ich glaube nicht, daß cr^ mir's abschlägt. Aouron. So haben Sie noch einen Vater? Und der hat hier zu befehlen? r BF ' H z- Amalia. Befürchten Sie nichts, mein Herr ! Sollte er Umstände machen, bleiben Sie bei mir. Sic sollen mtt eben der Freundschaft behandelt werden. 6surdn. Danke schönes Mädchen! das wcrd' ich. 'Bleibe bei dir auch gern; aber — nimm mir es nicht übel — bei dieser (auf Louisen) hlieb' ich doch noch lieber. Amalia. Ich und meine Freundin wohnen in einem Hause, obwohl wir von einander abgesondert sind; und da können Sie fast stündlich um sic sein. Louron. Nun das ist gut- Werden Sic mich aber auch gern um Sich sehn, holde Louise? Louise. (, verschämt) — Wenn — Sie — Fünfter Auftritt. Vorige. Oberst. Hauptmamr. Oberst. (im Eintreten ) Ah! —- Ich fühl's aber doch schon lieber Hauptmann! daß meine alten Knochen anfangen, ziemlich mürbe zu werden. Macht aber nichts aus; so lange der Geist noch Jugendfeuer hat, will ich's meinen Knochen auch schon cinschärfen — Und nun lieber Hauptmann, da ich überzeugt, jezt soll der Schlaf köstlich schmckkcn ! Jezt Marsch mit den alten Gliedern über's Bett, den Schlaf-rok drüber geworfen, und — ( wird jezt den Louron, hinter feiner Tochter stehend, gewähr) Was Teufel! giebt's denn da für Visiten? sauptmann. Ein neues Produkt! Ein Wilder l Sranz. Franz. (der gleich aus dem Rabinetherauskam «ie er den Obersten sprechen hörte) Ah s Erlöst war' ich! ^— Sie sind ja crschrek- lich lange ausgeblieben, Schwiegerpapachen! Oberst. Sieh da, Schwiegersöhnchen! noch munter? Das ist brav. Louise. Lieber Papa! da stell' ich Ihnen unfern Besuch vor, den wir in Ihrer Abwesenheit erhielten. Ein rechter guter, unglüklicher Mann! ' Oberst. Unglüklich? Willkommen? Hab' lieber mit Unglüklich - als Glüklichen zu schaffen. Unglük macht weise, und Glük nicht selten stolz! Louron. Vater der schönen Louise! mein Unglük hat ein Ende, wenn Cie mir erlauben, hier zu bleiben. Oberst. Wenn's so ist, die Hand drauf. Ich Mache gern Glükliche! Und dem so viel Ehrlichkeit Versprechendes zu Lhcil ward, hat bei mir «in Recht darauf. 6auptm«nn ( mit dem Umalia heimlich sprach, indem sie immer auf houron deutete) Bcy Gott ! du hast recht, Schwester! Daß doch deine Vermuthungen Gewißheit würden. Oberst. Und damit wir um so eher bekannt werden, so wünschte ich den Namen zu wissen. Zouron. Ich heiße: Houron! Zauptmann. Houron'? Houron kurz weg?— Oder etwa Houronicn? 6ouron Nein, Houron! Houronien heißt unsere Insel, und ich nach der Houron! Ich hatte keinen Vater, der mir seinen Namen gab, drum mußte unsere Insel hcrhaltcn. Oberst. Keinen Vater? C 6»ur»n. Zsursn Und keine Mutter! Zwar hatte ich' Beides; aber mein Vater starb, wie mir meine Pflegmutter sagte, noch vor meiner Geburt, und meine Mutter einige Tage nachher! Amalia. (zum Zauptmann) Bruder! Oberst. Nun, und die Pflegmuttcr — ? Louron. Vcrlohr ich auch schon vor ohngc-fahr zwei Jahren. Oberst. Also ganz verlassen ! Doch, das wollt ich eigentlich nicht gefragt haben. Ich meinte nur, ob denn die Pflegmuttcr den Namen nicht — ? 6ouron. Eie konnte ihn nicht wissen. Eie kam zu ihrer Freundin in der Hütte gerade in dem Augenblik, als meine Matter verschieden war. Sie hatte Mitlciden mit mir, nahm mich in ihre Arme, ich schmiegte mich an ihrem Hals, und da sie selbst keine Kinder hatte, nahm sie mich mit sich. So viel weiß ich: das; mein Vater ein Kaufmann von einer französischen Pflanzstadt war. Sauptmann. / (Beide mit Gefühl) Er ist's! Amalia 1. Er ist's! Louron. Sie könuen's auch aus dem Bilde meines Vaters und meiner Mutter sehen, das mir meine Mutter kurj vor ihrem Ende am Hals gehängt haben soll, daß sie nicht von unserer Nazion waren. (es von seinem Zals abnehmend) Hier sehen Sie ! Zauptmann. ? (stürzen in größter Bewegung Amalia. h hin.) Wo? zeigen Sie her! K'ouron. (ihnen es gebend) Hier. 6auptmann. (es in der Eil nur eben mit Amalien anstehend) Gott im Himmel! Er isi's! Er ist's! (an seinen» Lals stürzend ) Amalia. Ist er's wärklich? (gleichfalls an seinem 6al« ) Bruder! Lieber Bruder! wir haben ihn! ihn den so sehnlich lieb » Gesuchten? Zauptmann. Hab' ich Dich würklich wieder? Dich Waise? (auf dem Bild zeigend) Dies war mein Bruder! und dies: ( auf die andere Teile deutend) seine Frau! Du sein Sohn'. Du, den ich mir so sehnlich wünschte — Dich Hab' ich jezt in meinen Armen? O! sagte mir's doch gleich mein Herz! — Komm, nimm Best; von Deinem väterlichen Vermögen, Deinem väterlichen Namen — Lieber Herr Oberst! — Comtcste Louise! — Nehmen Sie Thcil an meiner Freude! Ich habe Ihn wieder den so lange Verlohrncn. Oberst. Wie? Der vcrlohrne Vetter ? O, zeigen Sic doch her, lieber Freund! (Lauptmann giebt ihm da« Portrait) Sieh', sieh' meine Tochter! Dort (aufsouron) das Lebende! und hier (auf das Portrait zeigend) das Gcmahlte! Sieh die frappante Aehnlichkeit. Franz. (der stumm und staunend an Allem Theil nahm; vor fich) Nun beim Schatten des großen Marschall de Sachs ! da gicbts wunderliches Zeug untereinander! Sieht der Kerl einem Mcuschcnfreßer so ähnlich, wie — „nd, ein Franzos, ein Christ! war sein Vater? Und der hat mir so viel Angstschweiß ausgepreßr? — Ha ! beim Geist des großen Marschall de Sachs! das hätt' ich wissen sollen! Ich Es ist nur mein Glük, daß Schwiegcrpapachen nichts davon weiß ; der würde fürchterliche Augen machen. — Wenn ich mich nur so mit guter Art davon schleichen könnte, daß keines was merkte — Meinem Papa, den kann ich schon die C 2 Ohren Ohren voll prahlen — der war nicht gegein wärtig. (schleicht sich ab) ^oursn. Kann ich doch kaum zu mir selbst kommen. — Sie der Bruder meines Vaters? Wie glüklich ändert sich mein Schiksal! — So bin ich nicht mehr ein Verlaßner? Hab' noch einen Bruder meines Vaters? Und dies ( auf Amalien) schöne Mädchen? Zauptmann. Zwar nur meine Halbschwester! aber ein gutes Mädchen; ganz deiner Liebe werth. 6ouron. Das ist sie. Alle beide, liebliche, schöne, gute Mädchens! So bin ich ja auf einmal mitten unter Anverwandten. Und dieser Mann da, — der Vater der schönen Louise? — Auch Bruder »reines — ? Zauptmann. Nein, das nicht! Mein Herr Oberst, und —-Oberst. Ihr bester FreAnd! dürfen Sie sicher hinzusetzen, üouron. So werden Sic auch der Meinige! Oberst. Das will ich sein! Sein Sic mir von Herzen dazu willkommen; und sehen Sie alles was mein ist, so an, als wenn's Ihres Detters wäre. souron. Danke! — Und jczt auch Sie — schöne Louise? Louise. Gewiß auch ihre — (mit unwill-kuhrlichem Ländedruk) Freundin! souron. O! mein GlÜk ist so groß! daß ich fürchte, ich träume nur. Zauptmann. Von dem Sic aber nie wieder erwache». Oberst. Und nun lieben Freunde, trennten wir uns auf einige Stunden, dächt' ich. Wir brauchen alle einige Ruhe. Wenigstens fodern mei- meine alten Glieder je;t in allem Ernst wieder Ausdehnung auf das Ausammenschütteln. Und unserm Herrn Vetter Fremdling wird's, wie ich glaube, nicht besser gehn- Sechster 'Auftritt. Vorige. Heinrich. Mberst. Was giebt's? Heinrich. Ein Haufen Neugieriger allerlei Gattung, versammeln sich draußen, und wünschen — Dberst. Das fehlt' noch! Jejt geschwinde ins Bett, Kindcrchcns! Louischcn, geh in dein Schlafjtmmer — ich mach's den Augenbliksauch so — Und du (zum Bedienten) sag' ihnen nur 7 es schliefe schon alles. Sie würden schon die Güte haben, und sich ein andermal herbemühen müssen. — Marsch, Kinder! Marsch! Zweiter Aufzug. (voriger Saal; aber ohne Spieltische) Erster Auftritt. Louise, allein, (hererntretend) Ach.' — Endlich doch einen Ort, wo ich ungestört für mich allein sein kann. — (sezt sich) In Meinem Leben war mir nicht so albern, wie C z seit zS seit der Zeit, wo wie den Wilden bei uns haben — Und seit denk er als naher Anverwandter von — Jejt weiß ich gar nicht wie mir ist. — Ich will etwas; und — gleich darauf will ich's wieder nicht — Was ist das? — — Sonst sehnte ich mich schon halb gähnend um die Zurükkunft meines Vaters von seinem Ritt — konnte es kaum erwarten, bis ich mein Beit* erreichte; schlief so suß und sanft bis nach Mittag ; und heute — keinen Schlaf in meine Augen , keine Ruhe in meinen Gliedern, ein immerwährendes Loben in meiner Brust!— Was soll das ? Woher das ? — (an's Zcrz greifend) Sollte meine Freundin Recht haden t Zweiter Auftritt. Louise. Ainalia. Ainalia. ^ im Eintreten) Holde Louise! Herr Houron — Louise, (erschrikt) Was? Wer? — Amalia. Ha , ha, ha! Erschrikst du für den Namen, Kind ? Das gewöhn' dir ja ab; denn Du wirst ihn »och oft hören muffen. Er besieht darauf, ihn zur Dankbarkeit, daß ihm seine Insel so lange als einen Fremdling ernährte, nebst seines Vaters Namen zu behalten. Doch, was red' Ich denn da? Du warst ja selbst zugegen ! Oder hat Liebchen nichts gehört? Louise, (die nicht weiß, was 'sie antworten soll) Nichts gehö t? Wie so? Amalia. Wie so? Weil deine Augen zu sehr sich mit einen gewissen Gegenstand beschäftigten, als daß ich glauben könnte, Deine Ohren hätten auch noch Dienste leisten können. Louise. ry Lomst. (wie oben) Amalia — ich weiß in der Tbat nichr — Amalia. Was ich damit will ? (lachend) Ich weiß es recht gut! — — Warum siehst Du denn so furchtsam nach der Thüre? — Fürchtest Du dich für ihn? — O' Du armer Vetter! da wird's deinem kranken Herzen übel gehn. — Aber besorg' nur nichts, Liebchen! er kömmt so bald noch nicht. Er war, wie ich fortging, noch ganz umzingelt von Neugierigen; und hatte kaum Athen» genug zu antworten. Doch steh' ich nicht gut dafür, daß er Dich nicht aufsuchcn sollte , so bald er sich nur loörcißen kann. Ich sah's ihm an seiner Mine an, wie unwillig er über die vielen Fragen war, und wie gern er sich losgemacht hätte. Aber deswegen nur nicht furchtsam, Liebchen ! Ich kenn' ihm schon zu gut an seinem festen Tritt! und, hör' ich den, so heißt's: geschwind vcrstekt, Liebchen! er ist's! Louise, (schon mehr gesammelt) Verstekt? Warum denn? Ich glaube gar, du hältst mich für ein Kind, das sich fürchtet ? Amalia. Getroffen, Liebchen! getroffen! Louise. Seit wann denn? Amalia. Seit wann? Frag dein Herzchen! Louise. War ich nicht heute Morgen beinahe eine Stunde mit Dir allein in seiner Gesellschaft ? Habe ich Furcht geäußert? Und damals kannte ich ihn doch noch weniger als jczt Amalia. Eben deswegen! — Louise! sei kein Kind! was die unnötige Verstcllnng ? Ich sch' lir's an, wie schwer sie Dir wird. Erleichtere Dein Herz! Komm an meinem Busen! ->» Oder verdiene ich Dein Vertrauen nicht ? Louise, (schämend) Liebe — Amalia! L 4 Amalia. 4v -M— Amalia. ( Louisen bei der 3and nehmend ) Nun? Sieh', ich brauch' Dein ganz Geständnis nicht; vom ersten Augcnblik an bis jezr, habe ich Dich betrachtet; weiß es ohne Dein Geständnis, daß Du ihn liebst! denn er durfte Dich )a in der Gesellschaft nicht anschn, ohne daß Du nicht roth geworden wärst. Drum nur heraus, kleine Schamhafte! Nicht wahr, Du liebst ihn? Louise. (an ihrem Zals) Ach! ich glaube selbst! Amalia. Glaubst Du's? — Nun ich auch so gewiß, als wenn Du's beschworen! Louise. Liedc Amalia! lach' mich »ur nicht aus ! Amalia- Daß du meinen Vetter liebst? Einen Mann, den ich selbst lieben könnte, wenn mir's unsre Verwandschaft nicht verböte; oder ich nicht zu sehr Deine Freundin wäre? Louise. O! daß ich nur in Deiner Stelle wäre ! Amalia. Mädchen! entweder Du hintergehst Dich selbst, oder mich! Da wär' Deinem Herzen geholfen, wenn Du seine Tante wärst! Tan-ten.ftbe! und Deine Liebe! welch ein Unterschied ! Aber sieh', cs ist nicht einmal wahr, daß Du das nur wünschst. Ich weiß Deinen Wunsch besser; und wo möglich will ich ihn erfüllen. Louise. Amalia! — Liebes, gutes Mädchen Amalia. Sv nenn' mich, wenn Du ihn hast, Louise. Wenn ich ihn habe? Amalia. Habe ich die rechte Seite getroffen? Siehst D", daß ich alles weiß, ohne daß Dn mir's sagst^ . Louise. Ich kann nicht davor, liebe Hrenn-din! — Vergicb mir! — Mir war so gewiß beklemmt — Ama- Amalia. Aber jezt ist Dir doch leichter? Louise. Um vieles. — Ach! wenn er mich nur wieder liebt! Amalea. Für das wollte ich Dir beinahe gut stehn. Louise. Daß Du wahr rcdtest! — Ich kann Dir gar nicht sagen, wie mich seine Erzählung und seine glühende Liebe für seine ehmalige Geliebte rührte! — — Wenn nur mein Vater keine Umstände macht! Amalia. Ich fürchte nicht. Er kann ja alles befriedigen. Er ist jezt aus einer nicht minder guten Familie, als der Landvogt! und sein Vermögen , das ihm mein Bruder von seinem Vater übcrgicbt, ist gewiß auch des kandvogts gleich; und hat noch vor Dieses den Vorzug, daß cs rechtmäßig erworbenes — Louise, (zusammenfahrend) Wer kömmt da? Das ist er! das ist er! Wo lauf' ich hin? Amalia. ( horchend) Nichtig ! Sein Tritt! ---Mädchcn! wie Du zitterst! Was will denn da heranskommen, wenn Du immer für ihn davon laufen willst? Louise. Ich kann nicht bleibe»! es ist mir nicht möglich ! Ich bitt' Dich , hol' ihn erst aus; such cs durch Fragen von ihm herauszubrin-gcn, ob er mich liebt! Sag' ihm aber ja noch nichts von meiner Liebe! Mach'mich um Got-tcswillcn nicht lächerlich! — Gott im Himmel! er ist schon an der Lhür't (eiliy ab) Amalia. (allein) Ein wunderliches Geschöpf! «in verliebtes Mädchen! Wenn's mit mir einmal dahin kommen sollte, mügtc ich mich wol so selbst ein wenig betrachten, ob ich auch solche Sprünge machte. — Da ist er ja schon! C 5 Dric- Dritter Auftritt. Amalia. Hourmi. xtsursn. (eilig rintretend) Unausstehliches Doli! — (da er Amalien allein sieht; sich um-sehend) So allein Schwesterchen? Amalia. Wie Sic sehn, Herr Detter! Zouron. Schon wieder! Ich bitte Dich recht sehr, verschon' mich mit Eurem abgeschmaktcn höflichen Sie! Schon vorhin hält' ich Dich gern darum gebeten, wenn ich für den vielen Fragen des ungestümen Volks Eurer Insel, das mich beinahe als einem Gefangnen cingeschlos-sen hielt, hätte jum Wort kommen können. Drum bitt' ich Dich jczt Zwiefach : verschon' mich oamit. ^ Amalia. Landesgebrauch, mein Lieber! öouron. Desto übler, wenn ich da bei Euch unter einem so abgeschmaktcn Volk gcrathen bin, das nur darauf zu denken scheint, wie cin's dem ändern mit Höflichkeit, wie Ihr's nennt, martern kann! Ich weiß nicht, was Ihr davon habt. Ihr macht Euch ja cin's dem ändern nur's Leben selbst sauer. Und cs ist nicht möglich, daß cs das Volk, das mit so viel Aengstlichkeit nur damit beschäftigt ist, keinem zu wenig Höflichkeitsbezcugungen zu erweisen, aufrichtig meinen kann. Da lob' ich mir unsere InselWenn wir Jemand lieben, sei er wer er will, ist er auch schon so gut wie unser Bruder. Wir nehmen uns die Zeit nicht, darauf zu denken, uns zu quäle». Amalia. Ich will sie Dir gern verringern. Da — die Hand drauf. >- ösursn. . Loursn. (ihre Zand -rükkenö ) So! — Aber auch nicht mehr Vetter! Hörst Du, Uebe Schwester? ja nicht mehr Vetter! Denn auch der Name ist mir nicht minder ekel; und ich weiß aus dem ganzen Wort nichts zu machen. Ich Hab' Euch so lieb , lieb' Euch wegen Eures guten Herzens — drum kommt mir nicht mit so kalte Worte. Amalia. Wenn Du's so haben willst! von ganzen Herzen: lieber Druder? Lonron. So ist's recht! Iezt Hab' ich Deinen Bruder noch ! Auch der soll seine Höflichkeit wenigstens Fremden überlassen. Bin ich ihm zn seinem Bruder zn jung; so nehm' er mich zn seinem Sohn. Gern will ich ihn Vater nennen. Amalia. Gut, lieber Bruder! ich will's ihm sagen Zsnron. Bitt' ihn darum! Auch ich will's thun, so bald ich ihn wo allein habe. Die ander» konncn's halten, wie sie wollen. Denn unter den Allen giebts wenige, die ich lieben könnte Amalia. Nur mußt Du dich in unserm Gebrauch auch schikken lernen. Auch Dein Ton muß mit unserm stimmen, wenn Du hier glük-lich werden willst. Zouron. Das will ich ja gern. Ich weiß es recht gut, daß man bei Euch Gesitteten das kalre Sic! mehr, als das herzlich warme Du! liebt! Weiß, daß Ihr es sogar übel nehmt: lernte cs schon auf dem Schis unter den Kaufleuten; nnd drum warf ich schon heut' morgen mit lauter Tie! um Mich herum! Auch mögt' ich um wie vieles nicht, all das Volk da drinnen zu ineine Bruder! Weh' meiner armen Lunge, wenn sic erst Brndcrthcil an mir nähmen. Amalia. Amalia. Auch mußt Du Dich nach unserer' Art kleiden. So , wie Du jczt gehst, kannst Du nicht unter uns bleibe». 6»uron. Sagst Du das auch? Schon mit Deinem Bruder habe ich mich darüber gestritten; und der Mann mit einer Schcere warben Augenblik da, mein Fleisch, was so schon unter der Dekke die die Natur drüber machte, genug zusammengepreßt ist, noch ärger zusammen zu schraufen. Aber ich habe ihn abgcfcr-tigt! Zeit seines Lebens kömmt mir der gewiß mit seinen Messen nicht wieder zu nah'! AmaUa. Das war unartig, lieber Bruder! 8»uron. Unartig? Sollte mir da die Geduld nicht in Stükken reißen? — Stellt sich der Mensch bald hinter, bald neben mir — mißt und schneidt einmal um's andere; verzerrt Gesichter ein's um's andere — und warum daö all? Blos um mich in ein Stük zusammen genetztes Zeug hineinjuprcsscn, daß sich kcins meiner Glieder weder regen noch bewegen kann! Ich glaube, Ihr denkt sonst auf nichts, als wie Ihr Euren Körper am stärksten quälen könnt^? So wahr die Sonne glänzt! bald weiß ich nicht, was ich aus Euch machen soll! Entweder war der erste Erfinder dieser Oual, ein ausgewachsnes, verdrehtes, häßliches Geschöpf, das dummen Hochmuts) genug hatte, den Fcl>-ler, für den er nicht konnte, sehen zu lassen; oder die Natur gab Euch zu viel Freuden, daß Euch deren ekelt,und Ihr sie Euch selbst verbittert. Wir Houronen dachten anders! Wir glaubten, unser Leben sei kurz ; frohe Augeublikke noch kürzer. Wir gcnoßcn sic also ganz, wenn sie einmal da waren. Freuten uns der frohen Au-geublikkc; tanzten, sprangen, liefen und kletterten terten bis in die Spitze der höchsten Bäume in die Wette, bis uns der Athcm ausblicb — Abec Ihr — Ihr trippelt und schleift ja so leise und zärtlich mit den Füßen herum, als wenn sie Von springender oder fließender Materie zusam-men gesezl wären. — Und Ihr Weiber! Ihr übertreibt's nun vollends! Euch ist's nicht genug , in Zeug hineingcpreßt zu sein, daß Euch das Blut stokken mögtc — Ihr quetscht auch noch sogar den Magen mit Eisen, oder was es sonst ist, so erschreklich zusammen, daß ich lieber alles in der Welt, als Euer Magen sein mögte. Ich kann nur nicht begreifen, wie Ihr da gesund und stark drunter bleiben könnt. — Amalia. He! he! Hopsa Herr Wilder! Nur nicht über Graben, Hekken, und Zäune zugleich gallopirt! Jedes Ding , was sei» Gutes hat. Muß auch sein Böseö haben. Und wenn auch dies Alles nicht wäre; so bitte wenigstens hübsch, zu überlegen: daß ich auch ein Frauenzimmer bin, die nämlichen eisernen Dinger mitrage ;' und das, wenn Sie'ü Nichtwissen, ans lieber herzlicher Eitelkeit , weil sie schlanken Leib bilden. Uibcrführt aber anch dies Dich noch nicht, Mein guter hitziger wilder Herr Bruder! daß sie gut, ünverbcßcrlich sind; so erinnere Dich nur am Bild Deiner Abucaba, das auch — Zouron. Kann sic, kannst Du wag davor, daß Eure Mütter Euch drin auferzogen? — , Ämalia. Wie fein ! — Zouron. Und wo ist sie, Deine Freundin? — Das ist sic ja? Amalia. Getroffen, lieber Bruder! das ist sie! 8ouron. Nun, und wo ist sie denn ? Amalia. Was frägst Du denn da so begierig uach? Bin ich Dir allein zur Gesellschaft nichr genug? -M--' genug? Das wär'unartig von Dir, wenn Du mir das in's Gesicht sagen wolltest! Zouron. Unartig oder nicht! Du bist meine liebe Schwester! aber jene — Amalia. Ist Dir noch mehr?---------------------- Und das sagst Du so ohne alle Umstände? Schämst Dich nicht ein bischen? Wirst nicht einmal roth bei dem Gcständnist? Fürchtest Dich nicht, daß es sonst noch Jemand hören mögte? Zouron. Schämen? Roth werden? Warum denn? — Und hören kann's Eure ganze Insel! Ans Eurem größten Pla; stell' ich mich hin, und schrei' es aus : daß ich ein schönes Mädchen liebe! Amalia. (lachend) Bruder! Bruder! Das ist nicht möglich! Du 'kamst heute in der Früh erst an, und schon verliebt? Souron. Und ist meine zweite Abucaba! Wo wäre da die — (fährt zusammen, wie er Louisen kommen fiehr) Vierter Auftritt/ Vorige. Louise. Louise, (die unruhig und furchtsam eintritt) Liebes Malchen, ich hatte vergessen — Amalia. Was denn, liebes Mädchen? (sie an die Seite ziehend) Hat Dir dein Herzchen keine Ruhe gelassen? O! das arme kranke Närr-chen Zouron. Schöne Lonise — Schöne Loui — (vor sich) Jcjt bleiben mir die Worte stekken! Nun wird's gut werden. Amalia. (zum Zouron schalkhaft) Nun Brüderchen ? — Was soll sie denn die schöne Louise ? Louron. gouron. Was sie sollte? (beiseite) Kein einziges Wort! — (zuihr) Was sie sollte ? Amalia. Ja, ja! was sic sollte! Nur geschwind ! Sie hat Geschäfte! — (Louisen bei der 6and fastend, und sie so, als wenn sie mit ihr abflehen wollte, mit sich ziehend) Komm, liebes Mädchen! ich gebe Dir's sogleich. Zouron. Jezt gch's wie's wolle! (ihr nach und zu ihren Füssen) Hier lieg'ich, Mädchen! — o mein Herz! — Fühl' wie's pocht!--------- Ich lieb' — dich — Amalia. Auch Herzklopfen Brüderchen? Nun, so hätten wir ja auf einmal ein Duett bei anr-men. Louise, (fast außer sich) Gott im Himmel! — Freundin! — komm' mir jn Hülfe! Amalia. Zu was denn, Kind? — Hast Du Hitze? Wart' ich will Dir niedcrschlagcndes Pulver holen! (macht Miene fort zu gehn) Louise. ( wie oben) Ich bitt' dich um Got-, teswillcii/licbeAmalia! bleib hier!— So stehn Sic doch auf, Graf Tourette! Wenn Jemand — Amalia. So laß' ihn doch nur liegen. Ich will unterdessen draußen Wachdienste verrichten, (macht aufs neue Miene forlzugehn) Louise, (wie oben) Liebste, beste Amalia! bei Allem was heilig ist! Verlast mich nicht! Steh' mir bei! Amalia. Nun so zier' Dich nicht! Spreiz Dich nicht! Zu was die Umstände all? (ihr von hinten näher kommend ) Er liebt Dich! Du liebst ihn' Und somit (indem sie der Louise Gberleib ZU des ^ourons Gesicht biegt, so daß Louise auf dessen Schultern sinkt) Amen ! Louise, (unterdrück) Ach! ( P-us- ) Soursn. 48 -^58«-- Lsursn. Ist's möglich? In meinen Armen? — Amalia. Nun Liebchen? Wie ist dir ? Klopft's Herzchen noch? Loulse. Ach! ich weiß selbst nicht, wie mir ist! das ganze Zimmer dreht sich mit mir um' Amalia. So halt' Dich fester an ihm Kind, wenn Dir schwindelt. Louise. Ach! Hstann! dessen Liebe ich suchte — Amalia. Und fand! (während fie Leide mit ihren Armen noch einmal zusammen drukt) So! — Und jezt ist's auch für dasmal genug, Kinder! Jede Sache, die ihren Anfang hat, hat auch ihr Ende. Drum hübsch auseinander. (sie von einander trennend ) Auch sind wir nicht allein auf der Welt! Wie leicht könnte jemand Ungebetener dazu kommen? (indem sie Louisen unterstürt) Komm Liebe! setz' Dich hier auf den Stuhl! Erhole Dich! Deine zitternde Füffe schcincn's nötig zu haben. Louisie. (die gleichsam auf dem Stuhl finkt) Ach! — Wie ist mir? Was that ich? — ( die Lande vor's Gesicht haltend) An den Hals eines Mannes! — ( sich mit ihren Ropf an A-malien lehnend) Verbirg mich , Liebe! Verbirg Mich vor mir selbst. Amalia. Schon wieder kindisch ? Zu was denn verbergen? Du wirst ihn noch oft genug um--armen. Louron. Das wird sie f ( sie mnarmend) Du fürchtest Dich doch nicht für mich? Fünf- ---M*--' 4? ^ ' Fünfter Auftritt. ' -- ' -r7 - - — m,v > n Vorige. Franz. Franz. Da bin ich schon wieder'! und ging erst — (indem er die beiden Liebenden so er-blikt',. die bei seinem ersten lpor.t zusammen-fuhren i Was ist das? — Koutteße Braut, und — Und Beide sich umarmend^ (Louise springt auf — ^ouron desgleichen; und entfernen sich jezt von einander) — Komrcße Braut! was heißt das? Amalia. Nun jezt wirds gut werden! Franz. Nun Komreßc Braut? Was sagen Sic? Louise. — Ich? — Ich — glaube — denke —- Amalia. Daß er noch träumt? Das glaube ich selbst. (ihn zum Souron ziehend ) Da junger Herr! steht der Houronier! und da ( zur Louise ziehend) Louise! Franz. Ich glaubt gar,Sie wollen mich foppen? Amalia. Nein Herr! aber Ihre Augen sollen Sie anfmachen. Franz. Mögten Sie mich etwan bereden — Amalia. Daß er da steht, und sie dort! Franz. So? Nicht einmal reden — blind obendrein wollen Sie mich noch Wachen?— Schon recht! schon recht ! Den Augenblik geh' ich zu Meinem Papa — , Amalia. Glauben Sie etwa, daß wir uns für seine Nuthe furchten? . Franz. (zur Louise) Aber für Ihren Papa mrchten Sie sich doch? — O! ich will ihn bald Kuben r - > D Ssur»n. 5cr reiset, erfährt Neuigkeiten ! — Aber jezt im Ernste: Es ist wahr, daß das Mädchen des jungen Menschen Braut war; aber ihre Einwilligung gab sie nie. Ihr Vater hielt's seinen Absichten für zuträglich, machte cs mit seinem Vater richtig, ohne ihr Herz — Lsuron. -E- Zz 8suron. (Louisen nckher) Louise', kouiscIst das wahr? — Dein Herr — Louise. Nahm nie Theil! — Können Sie zweifeln? Amalia. Bruder! Du beleidigst Dein Mädchen und mich! 8ouron. So vergicb mir, Mädchen', und auch Du Schwester! Ich kenn' Eure Sitten, Eure Einrichtungen nicht ! und wenn sie so hasicnswerth, daß sie ein Herz wider Willen so unmenschlich in ein schrekliches Joch zwingen können , wünsch' ich sie nie zu kennen. Louise. Lieber! ich weiß es; und eben deswegen — Louron. Vergieb aber auch meiner Neugierde! — Wie kann Dein Vater, Dein Herz — oder welches Recht hat er. Dein Herz, das frei — Eure Väter müssen schrckliche Ungeheuer sein ! Amalia. He, he, Brüderchen! nicht so hitzig! — Welches Recht? Ist der Vater nicht des Kindes Schöpfer? Und wenn Du in deine Insel eine Hütte bautest — hing es nicht von Dir ab, sie zu zerstören, wann Du wolltest? 8suron. Schwester! Mädchen! Bist Du toll, oder — >— Was hat denn eine Hütte mit einem gefühlvollem Menschen zu schaffen? Louise. Zu was die Ausschweifung, liebeS Malchcn?— (zum8oursn) Sein Sie ruhig; Mein Vater ist kein Tiran! Alle Schuld ist mein! Mein Vater wünschte diese Verbindung; ich sah, hörte seinen Wunsch! Mein Herz war frei von aller Liebe! Ich wollte ihm das Glük, michver-heirathet, und wie er glaubte, glüklich verhei-rathct zu sehen, nicht rauben. Sobald er aber hören wird , daß cs ein Unglük für mich; daß 54 -M« ich — Gott weiß, wie so plöjlich — einen ändern liebe. — Einem Mann liebe, dessen Stand jezt dem Seinigen gleich — dessen Vermögen — denn ich muß es Ahnen gestehen — das Sei-nige um ein Großes übersteigt; so hoff' ich, wird sein Vergnügen »m so größer sein. Amalia. Apropos! liebes Brüderchen, komm einmal auf ein paar Wort zu Deiner kältcrn Schwester! — Es war da von Vermögen die Rede, und da muß ich schon die Klügere machen , künftigem Unheil Vorbeugen , und Dich auf das noch einmal laut und deutlich erinnern! Schau mein liebes Brüderchen — Ich werde es kurz machen; der alte Papa aus dein Ka-binet mögte uns sonst zu früh über'n Hals kommen — Souron Nun so mach nur einmal! — Was willst du den» damit? Ämalia. Kalt! Kalt! Louron. Ich bin's- A-'malia Schau liebes Brüderchen? Deine El-' tern sind Tod! Du der einzige Erbe! Du erhältst dadurch über eine Million Livres; bist dadurch einer der Reichsten in der Insel! Dein Mädchen hat noch nicht einmal die Hälfte — nicht den sechsten thcil! Uebcrlcg also was Du thust! Und fürchtest Du, daß künftig Neue — Zouron. Bist du toll? Sic hat ein Herz das mich liebt! Was kümmern mich Eure Millionen runde Dinger? Ich würde sie zum Spielwerk brauchen, wenn man bei Euch nicht davon leben müßte! Oder Hab ich nicht so viel? Anialia. Zehne, zwanzig, und mehre könnten — . Souron. Davon leben? — Zu was braucht denn Louise welche, wenn ich selbst genug habe? Du bist toll! Gbcrst. Oberst. (inwendig , etwa« entfernt) Nicht Möglich! Das muß ich gleich wissen. Franz. (gleichfalls inwendig; sein Ton aber Dumpfer ) Bestes Schwiegcrpapachen l Louise. Gott im Himmel! Amalia. AuseMander Kinder! — Und Du Bruder, in das (des Obersten gegenüber ) Ka- bi net. , ! soursn. Warum? Warum? Amalia. Weil wir Dich hier nicht brauchen! Wir haben jezt einen erzürnten Vater — Zouron. Um so weniger geh' ich von ihr! Amalia. Ich bitt Dich Bruder, hinein! eh* er uns überfällt. — Louise! so hilf doch. Louise. Mir ju Liebe, bester Hou — Loursn. Wenn Du's fodcrst Da bin Ich Schwester; führe mich, wohin Du willst. (Louisen bei der ^and fastend) Aber lange bleibe ich nicht von Dir! Mein Herz — Oberst, (der Thüre näher) Nun so gehn Sie doch nur! — Sie wissen, daß ich das Hände-küßen nicht leiden kann. Amalia. (ihn mit Gewalt von Louisen reis-fend) So mach' doch einmal ein Ende! Er ist ja schon an der Thüre! ( souron mit den lez-ten Worten hineinfübrend. Zur Louise) Und jezt nur nicht viel Scitensprünge gemacht, liebes Mädchen! Gleich mit der Wahrheit heraus, ist jezt am allerbeßten. Louise. Verstellen kann ich mich so nicht. — Siebenter Auftritt. Louise. Amalia. Oberster. Oberst, (im Schlafrsk, aber in Stiefeln «nd übrigens wie im ersten Akt angezogen; —, D 4 tritt tritt mit Aye ein; faßt fich aber wieder in et« was, wie er dis beiden Mädchen allein steht) — Nu>(, was will er denn? —^ Raubt mir für nichts, und wieder nichts meinen süßesten Schlummer, — und ist keine männliche Seele km Zimmer! Oder Hast Dil ihn schon fortpraktijirt, Mädchen? He? — — Komm her! (sich setzend) — Sag' mir, was hast Du mit dem jungen Marquis vorgchabt ? Ist's wahr : daß du in — Ich mag's nicht anssagen. DaS kann unmöglich so sein, wie er mir sagte — oder, Du wärst nicht meine Tochter. — (mir Zwang) Rede! Ist's wahr, daß er Dich in den Armen —---------? Louise, (zaudert) Amalia. Lieber Herr Oberster! haben Sic — Oberst, (immer mit Zwang) Ich bitt' um Vergebung Komtcße Amalia; — die Frage geht einzig meiner Tochter an. Louise, (zu seinen Füssen) Haben Sie Mit-leiden, bester Vater! NM Gotteswillen, haben Sic Mitleidcn! Nur dies einzigcmal in meinem Leben sehn Sie mir nach. Eie wissen selbst, ob ich Ihnen je in etwas ungehorsam war; ob Sic je Wünsche hatten, die ich nicht zu erfüllen eilte — Oberst, (wie oben) Das weiß ich alles. Liehe Dich auch deswegen so sehr, als ein Vater sein Kind nur lieben kann. Und eben dieser Liebe dank's , daß du mich bei Allem was ich schon gehört, und — vielleicht noch hören werde, so gelassen stehst! Glaub' aber ja nicht, daß mir das so leicht ist, wic's scheint! Nichts weniger! .Dir zu Liebe zwinge ich mich- Ich will, so lang' als nur möglich, das Blut kalt halten; will kalt untersuchen, und dann richten. — Iezt aber vor's erste — steh' auf! Louise. Fester klammern will ich nuch! Ihre Kniee sollen die Schläge meines vor Angst schlagenden Herzens fühle» ; Jhtem Herzen Erbarme» und Vergebung für mich einsiößen. Oberst. ( der Aye naher kommend ) Nun so sieh' nur auf Mädchen l Ich kann Dich nicht so liegen sehn. Und ist Dein Bräutigam — Louise. Eben wegen Diesem lassen Sie sich erweichen — Nur dies einzigem«! in meinem Leben — ich kann ---Oberst, (springt in Zitze auf, geht auf und nieder, reibt sich wahrend dem die Stirn, geht mit erzwungner Rälte zu ihr hin, hebt sie auf, und sezt sie nicht unfanft auf ihrem Stuhl) Da! ich muß Dich schon selbst hinsetzen! denn ich sehe schon, ich hätt' es das drittemal wieder umsonst befohlen. Iezt bitt' ich mir's aber im Ernst aus, fall'mir nicht mit unnötigen De-klamazionen dazwischen ; bring' mein Blut nicht vorsczlich in Wallung — Ich kenn' mich am Besten. Alles was Du ju rhun hast, ist: daß Du alle Fragen, die ich Dir mache, aufrichtig beantwortest. — Willst Du das? Louise. Ja, mein Vater 1 Oberst. (indem er stch sezt) So ruk' ein wenig näher! Louise, (thut's) Oberst. Iezt sag' mir: ist's wahr, daß Du bei der Ankunft des jungen Marquis in den -Armen des Grafen Tourctte's, der Komteße Amalia Bruders- Sohn lagst? (Louise will auf's neue ihm zu Füßen fallen, ec fängt sie aber noch auf) Der Donner und's Wetter! bleib sitzen Ich bitt' Dich um Gottcs- D z willen, willen, mach' mir's Blut vor der Zeit nicht siedend! — ( sich sammelnd) Jst's wahr? Louise. Ja, mein Vater! Oberst. (in 6«tz« wieder aufspringend, sich die Stirne reibend, und nachdem er sich wieder ein wenig gesammelt, sezt er sich wieder) Und der Pinsel! hält' ich bald gesagt— will Dich immer noch. Stellt sich wie ein zitternder Sünder vor mir hin; wekt mich auf; seufzt und ächzt mir die Ohren voll; bittet und bettelt — Und >das alles — warum? — Um ein Mädchen wieder gut zu machen, die er, wie er sagte , nicht beleidigte; und die er mit Geld auf-wiegcn kann. — Oder, beleidigte er Dich? — — Nun? Louise. — Seine Aufführung war würklich albern — Oberst. Ich frage: ob er Dich beleidigte? Louise, (zaudernd) Nein! Oberst. (wie oben) Ich wüßte schon, Was ich thäte, wenn ich in seiner Stelle wäre. Doch genug! — Er hat's, wie er sagt, schon vergeben und vergessen; und ich — will's auch weiter nicht rügen. — Also weiter! — Jst's wahr r daß Du ihm) gesagt, Du wurdest nie die Sei-nigc? (Louise will wieder niedorfallen) Bleib sitzen und antworte. Nun? Louise. — Ja. Oberst, (wie oben) So? Und warum nicht?Nur kurz geantwortet. Louise. Weil ich — einen — ändern — liebe. Oberst. (sich stark die Stirn reibend ) Ja ? — Einen ander» ? Nu, nn! Und haben wir den einige Wochen, lieben wir wieder den Dritten, und so fort, bis das Dutzend voll »st. Schon recht! schon recht! — Und Lex andere, der ist — ? Ama« Amalka. Mein Vetter! mein Herr — Oberst. Ich bitt! Ich bin jezt gleich fertig! Ich vermuthete cs so schon. — ( Zur Louise) Ziemlich eilig! Frische Waarcn, frischer Werth! nicht wahr ? Nu, nu! rhut nichts! thut nichts! Also — 's Verhör wär aus! Nun zum Spruch Töchterchen! — in welchem ich mir aber jede Einwendung verbitte — Ob Du ihn jezt noch liebst, oder nicht ; ob Du ihn willst, oder nicht — das soll und darf mich jezt wenig kümmern, die Sache ist einmal schon zu weit, und da hilft jezt kein bitten mehr; Du mußt ihn nehmen, (im Begrif abzugehn) Louise, (ihm nach und zu seinen Füßen) Vater! Vater! Sic machen mich unglüklich! Ich kann nicht! Ich haß', ich veracht' ihn ! Machen Sie kein so crbarmenswürdiges Geschöpf aus mich! Oberst. (sich umwendend, mit der Land an der Stirn) Lieber Gott! giev mir Kälte! — (sie aufhebend) Steh' auf! da se; Dich wieder hin! — Zu was das Knieen? Zu was das Bitten? Ich kann einmal nicht mehr! Es ist zu spät! Amalia. Lieber Herr Oberst! Sie mußen mir's verzcihn, daß ich mich so aufdringe. Meines Vetters Stand jezt, so wie sein Vermögen — Oberst. Liebe Komteße! ich weiß alles was Sie sagen wollen! Hätte wider Allem durchaus nichts einjuwendcn! Würde mir's für ein Vergnügen, für eine Ehre gcschäjt haben, durch ihr mit Ihrer Familie verwandt zu werden; wurde mein Gluk in meines Kindes Glnk gefunden haben; aber jezt kann — Amalia. Aber ohne Liebe — noch mehr: schon mit Haß den Ebstand antrctcn — Oberst. , Oberst. Kann nicht die beßtcn Folgt" haben; richtig ' Aber was hilft das jezt? Ich kann rinmal nicht mehr zurük! — Und seit wann haßt sic ihn denn? Seit heute; nicht wahr? Seit der Zeit, wo ihr flatterhaftes Herz u». Amalia. Nein, lieber Herr Obersts Ich mnß meiner Freundin, der Wahrheit gemäß, hier das Wort reden. Schon heute in der Früh', noch eh' Sie ansrittcn, wo noch an keinem Vetter gedacht ward, klagte sic mir ihre Noth, daß sic keine Liebe für ihn in ihrem Herzen fühle. — Oberst. Und warum sprachst Du denn nicht eher, Mädchen? Louise. Lieber Vater! ich sah' Ihre Heiterkeit; Ihre Zufriedenheit über dies Projekt, und — Oberst. Die wolltest Du nicht unterbrechen? — Ist dqs wahr, Kind? Louise. Ja, lieber Vater! Oberst. Mädchen! Du könntest mich weicher machen, als ich Zeit meines Lebens war. Also, aus gutherziger Liebe gegen mich, richtetest Du Dich zu Grunde ? Sag' das nicht, Kind! Wi-dcrruf's; laß mich lieber ein hartnäkkigcs ungehorsames Kind sehen — so habe ich doch wenigstens den Schein eines Rechts, so mit Dir zu verfahren, wie ich jezt muß. Louise. Liebster, bcßter Vater! lassen Sie sich — Oberst. Kind! ich kann weiß Gott im Himmel jezt nicht mehr! Bestürm' mich nicht länger ! Hättest Du eher gebeten! Warum kannst Du denn jezt bitten und betteln? — uud warum nicht eher? — Es ist wahr, ich fand Vergnügen bei d.m Projekt. Ich sagte zu mir selbst: selbst : er ist »och sehr jung, ist weich, läßt sich bedeuten, ist verliebt zum sterben — sie ist vernünftig, und da kann sic ihn sich selbst nach ihrer Hand ziehen. Zwar glaube ich's sehr gern, daß es nicht allerdings angenehm sein mag, well» ein Mädchen ihren Liebhaber, oder ein Weib ihren Mann, gleich einem Kinde am Gängclbande hcrnmfuhren, oder sich erst mit Demonstrazionen abgeden soll, warum er so und nicht anders handeln muß! Aber liebes Mädchen! Ich war nicht in Paris! Ich habe hier unter den jungen Kavalieren kein anslcsen. Ausser meinem OWcrkorps keinen einzigen Kavalier ! Und unter diesem — alle Achtung für die Herrn! — Alle Achtung (yeyen Amalia) für ihren Herrn Bruder! — für Dich keinen! Ich kenne die kleinen — so wenig und doch so viel bedeutenden — Foppereien in den ersten Jahren bei einen» jungen Weibe zu gut, alis daß ich nicht auch darauf bei Dir hätte sollen Bedacht nehmen. Daß Du eine gute, eine beß're Erziehung ierhieltest, für das dank Du dem-Himmel, der Dir deine Mutter so lange erhielt! Ich zweifle, daß Du das durch mich geworden wärst, was Du durch ihr bist! Was kann er dafür, daß ihm das so gut nicht ward; daß er an seiner Mutter Alles verlohr? so frühzeitig Alles verlohr, was ihn zum gebildeten Mann hätte machen können? Doch, dies alles bei Seite gesezt! Hättest Du mir nur ein Wort gesagt , daß Du unglüklich durch ihn würdest ^ ich hätte das wieder zurükgch» las-: scn — hätte Dir Freiheit gelassen, so lange Du gewollt — Oder habe ich Dich nicht etwa vorher gefragt? Freilich war's Ja l em wenig ge-> preßt — oder wie ich's nennen soll? — denn ^ damals 6- -rW- damals hielt' ich's für Ziererei! — aber doch immer, ja! , Louise. Ich habe gefehlt, bcßter Vater! auf's stärkste gefehlt! Aber damals kauuteu ich ihn noch nicht so! Fühlte zwar keine kiebe, aber doch auch das nicht, was ich jczt fühle , und was mich Elend machen must. Oberst. Und woher jezt? ( zur Amalia ) O! ich mögte Ihrem Onkel verflu — Muß er grade jezt kommen, um mir und meinem Kinde trübselige Tage zu bereiten? Denn, sagen Sie selbst, wenn er nicht gekommen, wär' nicht alles so gegangen, wie ich mir's in meiner Einbildung schuf? Umalia. Aber da es nun einmal so ist, lieber Herr Oberster! so dächte ich — Oberst. Verschonen Sie mich! Jeder Vorschlag ist umsonst. — Louise. Liebster, beßtcr Vater! lassen Sie'sich erweichen — Oberst. Liebes, besttes Kind! laß Du Dich erweichen! Laß' mich's nicht so oft wiederho-. len, daß Du mich nicht so unnötig bestürmen sollst. Quäl mich, mart're mich nicht noch mehr mit Deinen bittenden Worten! Bin ich nicht durch Deine Lage gequält genug ? Verschon' mich, mit den unnötigen Wörterkram! — Du weißt jezt meinen Entschluß — Und weiß Gott! ich kann ihn nicht mehr ändern — Richte Dich darnach ! Vertilge das so viel möglich , was Dein Herz für den ändern fühlt — und mach' Dich und mich nicht muthwillig unglüklich ! (will wieder ab) . . ! Louise, (ihn rvieoer nach und zu seinen Füssen) Ich saß' Sie nicht fort von hier , bis — Amalia. Schn Eie auch mich zu Ihren Fäs-> seu! Haben Sie Erbarmen mit Ihrer Toch- Oberst. Gott im Himmel! steh' mir bei! — Jn's Tcnfelsnamen! wie oft soll ich's denn noch sagen, ich kann nicht? Amalia. Aus Liebe, aus Mitleid, aus Erbarmen mit Ihrem einzigen Kinde — Oberst. Darf ich nicht Wortbrüchig werden! — Wissen Sie, wer ich bin? Hab' zwar meinen Ehrcnrok jczt nicht an; bin aber deswegen immer der Nämliche! Und wenn die Welt mit ihr zu Grunde ginge, darf ich's Wort nicht mehr zurüknehmen. Und das hat der Laud-vogt! Louise, (mit einem Schrei auf die Seite sinkend) So erbarme sich Gott im Himmel! Achter Auftritt. Vorige. Houron. Louron. (der auf diesem Schrei heraus stürzt,. auf Louisen zueilt, und fic wieder auf ihrem Rnie hilft) Mädchen! Mein Mädchen!---------------- ( zur Amalia) Verrätherin! — Du, Schwester? — Sagte ich's nicht vorher? — (zum Obersten, drohend) Vater meiner Louise! — Oberst. Was giebt's, Herr? Dachte ich's nicht, daß er irgendwo verfielt wäre! — Echän! Herrlich ! — (zur Amalia) Stehn Sie auf — Weg von mir! Auch Sic halfen dazu! Fluch allen die — > Louise. Lieber Vater! um Gotteswillen halten Sie das schrcklichc Wort jurük; — Sie ist unschuldig! — Was kann sie für mein Herz? Oberst. So geh' sic, so verschon'sic mich!—^ Amalia. (die schon vorher aufgestanden; bit. ter) Herr Oberst! — in dem Augenblik vcr-^ geb ich Ihnen alles! (entfernt fich- bleibt überaus die Rede de« Obersten, in der Tiefe wieder stehen) Oberst. Und Du jezt in Dein Zimmer! und wehe Dir, wenn Du mir vor mein Angesicht wieder kömmst, eh' Du anders denkst! und dreifacher Fluch, wenn Du nicht — Lorüse. O! nicht Finch! nicht Verstoßung! Ihren Degen durch mein vcrräthcrischeS Herz! Er ist mir willkommner, als das Ungeheuer, das Sic mir aufdringln wollen. Zsuron. Bist Du Vater? — Tirann! Mörder an Deinem Kinde! — Was für ein Recht hast Du ? Fluch Euch Gesitteten ! ( Louisen im Arm nehmend ) Komm mit mir Mädchen , in unsrer Insel! Er hat die Bande selbst zerrissen, die Dich an Ihn feßeltcn! Bei uns wird's Dir — . . ^ Oberster. ( für Bosheit mit den Fußen stampfend ; mit kreischender Stimme) Kreuz Bataillon! — Bediente!'— (zum 6ouron) Zurück! oder das Donner — (seine Tochter von ihm wegreiffend, und denen kommenden Bedienten entgegen schleudernd) Da! nehmt das Weibsbild in Verwahrung! Fort mit ihr aus meinen Augen ! Werft sie in einem Wagen, nnd so mit ihr auf mein Landhaus! Bewacht sie!—^ Euer Leben für ihre Flucht! Dort nichts als Wasser und Brod! — Hört Jhr's ? Wasser und Brod! Ünd wehe dem! der meinem Befehl Über-, tritt! — Aort! —- (Bediente schleppen Lsui- sen halb ohnmächtig ab; rlmalia folgt ihr AummervolU),-r- (zum ^oursn) Und Sie, Herr! Reinigen meine Wohnung von Ihrem Athem ! Möge Ihnen all das Unglük mitfolgcn, was Sie darin brachten. Lsuron. Deine Wohnung, und Euer ganzes kand Ungeheuer! Ich verabscheu' Euch Alle! Weh' mir; daß ich Euch kennen lernte! ( in Verzweiflung wieder von der Seite, wo er herkam, ab) Neunter Auftritt. Oberster, allein. O! — ( stch in einen Stuhl werfend) — Was that ich? — Wem that ich's ? — (aufspringend) Ob sic schon fort mir ihr sind? (und als ob er ihr nach wollte ) Halt Alter! wohin? — Wenn sie Dich crblikte — Auf'S neue Dir zuschrie: Erbarmen! Erbarmen! —> Was würdest Du in der jetzigen Stimmung nicht alles begehn können? — Und ich kann nicht! Ich kann nicht! — (sich auf's neue im Stuhl werfend ) Unselige Ehre! zu welcher Höhe des Elends treibst Du mich? Und doch muß ich sic noch einmal sehen — Es ist Mein Kind! Mein Einziges! Mein anderes Selbst! Mein Ich! — (indem er wieder aufspringt) Sehn muß ich sie noch einmal, und sollt ich mich schluchzend und heulend wie ein Mres Weib, hinter einem Vorhang verkriechen? (schnell ihr nach) Dritter L6 . Dritter Aufzug. (Voriges Theater- Erster Auftritt. Oberst. (Wahrend er seiner Lage gemäß, vorkömmt) Fort ist sic! Fort mit ihr alte meine Freuden! — Was bleibt mir? — — Bitter! Bitter! (sch in einen Stuhl werfend) Oh! — Wort! Ehre! Was muß ich dir aufopfern ? — Mit welcher Wuth ergrif mich mein gepreßtes Herz, wie ich sic in Armen der beiden Bedienten im Wagen schleppen sah'.' — Und noch jczt liegen Zentnerschwere Lasten ans meiner Brust! — Wie sie da lag! — Wie eine kaum halb aufgeblühte Lilie, der der heulende Sturm?von krachenden Donncrwolkcn gepeitscht, die Krone knikte! — ( indem er wieder aufsteht) Daß ich könnte — daß ich dürfte! — — Wie sagt' ich ? — Wie ? Bei Wasser und Brod ? — Nein! so soll sie nicht büßen für ihr gutes Herz! — Zu Essen und zu Trinken will ich ihr reichen lassen — was sie will — so viel sie will! — Das kann ich! das darf ich! Aber wissen darf sie's nicht, daß cs auf meinem Befehl geschieht! — Vielleicht gewinnt sie's ihrem Herzen noch ab! — Wenn die Bedienten nur nicht — Gott im Himmel ! wenn sic Schurken waren — meinen Befehl im buchstäblichen Verstände nähmen, ihr übel mitspieltcn ? Heute noch will ich ihr nach! — will alles um-Hndcrn Aber sehn muß sie mich nicht! — Und Und ficht sie mich — so komm' wieder hervor, runzliche Stirne! rollendes Aug'! — Zcig' ihr den noch immer tobenden Vater — wenn Du ( aufs 6erz) auch brechen solltest! — Sicht sie mich aber, „och eh' ich ihr Gefängnis erreiche, von ihrem Fenster— so wehe Dir armes Pferd! Meine Spornen — so ungern' ich sie auch brauche — sollen Dir Flügel an den Füßen heften, und uns Beide in Staub hüllen! Und so de» Hut in die Augen gedrükt, die Wachen gm Meere visitirr, so glaubt sie, Dienst bringt mich an den Ort — Halt! Was schwa; ich da? — Was Hab' ich gemacht? — Unweit dem Meere eingcsperrt — Mein cinzigs Kind! am gefährlichsten Ort cingespcrrt? — Das ist nichts! Behüte Gott! da darf sie nicht bleiben!— Ich kann ihr ja jegl-chs Zimmer in meinem Hause, ju einem Gefängnis machen! Zweiter Auftritt. Oberst. Hauptmami, Tourette. Zauptmann. Ich komme in der äußersten Bestürzung, mein Herr — Oberst. Wie so? Doch keinen Lärm?— Nur jczt nicht! Nur jezt in dem Augenblik nicht — so herzlich ich mich auch nach Lärm und Beschäftigung sehne — das wär' schrcklich! 6a"Ptmann. Nein, lieber Herr Oberst! das ist cs nicht. Unser neue Ankömmling, mein Vetter., hat mich in die Lage gesezt! Er kömmt mit grimmigen Geberden und in der äusscrstcn Verzweiflung im Zimmer; drängt, ohne ein Wort weiter zu reden, durch die ganze Gesellschaft mit Gewalt durch; stößt alles was ihm E 2 "» sn den Weg steht, entweder ju Boden oder auf die Seite; greift nach seinen Waffen, und will so zur Thur' hinaus. Ich krieg ihm beim Arm, halt ihn fest, und frag ihm: was er will, was er vor hat! Er sieht mich mit grimmiger Wuth an, stößt mich von sich, und schreit auS vollem Halse mir entgegen: geh' mir aus den Augen! auch Du bist der glattzüngigten Gesitteten einer ! Ich haß' Euch Alle! — und so zur Thür hinaus. Oberst. Daß er das nie nöthig gehabt! daß ich ihm nie gesehu! Er hat mir bittere Tage bereitet. Zauptm. Und mit was kann mein Vetter — Oberst. Nur jczt nicht, lieber Freund! Erst will ich Mich ein wenig wieder sammeln. — Kommen Sic! Ich muß in's Frei hinaus! andere Luft schöpfen — Diese hier taugt jczt nicht für mich — Ich muß andere Gegenstände vor meinen Augen haben — Diese hier, stimmen mich zu sehr zur Melaukolie. Hernach werde ich auch ein wenig am Ufer des Meers spazieren reiten. — Wollen Sie mich begleiten? Lauptm. Lieber Herr Oberst — verzeihn Sic! — Er ist mein Vetter, ist fremd hier, hak wildes feuriges Blut — wer weiß, zu was ihm seine Raserei treiben kann? Ich habe ihm meinen Bedienten nachgeschikt, mit den Befehl; mir auf der Straße Nachricht zu lassen, wo er sich hinwandtc. Ich wünschte also — Oberst. Ihm nach? Ihm anfzusuchcn? — Gehn Sie in Gottesnamcn. Nur thun Sie mir die einzige Gefälligkeit, suchen Sie ihn wo anders untcrzubringen — wenigstens auf einige Zeit. Nur daß ich jh„ hier sobald nicht wie--der sehe, — Lauptm. xlauptm. Ich begreife nicht, lieber Herr O-berst! womit mein Netter in so kurzer Zeit —- Oberst. Ich bitte, beßtcr Manu! verschonen Sie mich nur jezt! — Ihre Schwester Amalia war gegenwärtig — Sie weiß alles! Lassen Sie fich's von ihr erzälen. — Sind Sie aber wieder zurük', haben Sic dies Geschäft abge-than, wünschte ich Sie wieder zu sehen; — Sie werden mich unten im Garten treffen, wenn mich anders mein unruhig unglüklichcS Herz zu bieiben erlaubt. Uud dann will ich gern mein Herz ausschütten in Ihrem freundschaftlichen Busen. Ich weiß, Sic nehmen Theil an mein Leiden. Mit mir sollen Sic dann mein Elend fühlen; und wenn Sic können, mich trösten. (im Lcgrif abzugehn) Zauptm. (im abgehn) Sonderbar! — Das muß nur sogleich meine Schwester in der Eil aufklärcn. (ad) Dritter Auftritt. Oberst. Landvogt. Franz. Oberst. (dem der Landooyt und Franz, wie er im Begrif abzugehn, entgegen kommen) — O! — Müssen denn auch die noch, meine Marter zu vermehren, kommen? Landvogt. Vergeben Sic mein beßter Freund! — Da mein feuriger Herr Sohn plagte und quälte so lange an mich, bis er mich mit sich fort brachte.— Wie ist denn das? Was giebts denn? — Jst's denn würklich so? wie'er sagte? Oberst. Hat er's Ihnen so gesagt, wie mir, so hat er leider Recht! -s -E- Franz. Ja beßtes Schwiegcrpapachen! um kein Wort mehr oder weniger! Landvsgk. Nun? — Und wie denn nun?-—' Mit uns beiden — Oberst. 'Blcibts beim alten! Mann mit Mann! — Landvogt (zum Franz) Nun so hat ja Dein Wimmern ein Ende! Franz. (im Legrif dem Obersten die Land zu küßen) Bestes, liebstes Schwicgerpapachen! — Oberst. Zu was das Küßen ? — Ich halt' mein Wort — sonst nichts! so schwer mir's «uch anksmmt, es halten zu müssen! Und so sind Sie mir als Schwiegersohn willkommen. Auch will ich gern Ihr beßter Schwiegcrpapa sein! Nur müssen Sie auch Ihr Wort halten, als braver Mann halten! Hier in Gegenwart Ihres Vaters wiederhol' ich's noch einmal, ich kann nur in dem Fall guter Schwiegervater von Ihnen sein, in so weit Sie guter Schwiegersohn sind! Sie sollen mein Kind durch sich, durch Ihr Betragen glüklich machen, so weit Sic's können! Sollen's mit ihr werden. So wie Sie jczt sind, geht das nicht! Sie müssen Sich ganz nach der Hand meines Mädchens zieh» lassen! Sich ganz »ach ihr bilden! DaS macht' ich schon vorher mit Ihrem Herrn Papa aus. Iezt hören Sie's in seiner Gegenwart von mir! Geschieht das nicht — Landvoyt. So wehe Dir! Franz. — Mach' nicht, daß je Deine junge Frau zu mir klagen kömmc! Du erhältst in ihr einen Engel! Wirst Du daö neben ihr nicht auch! Erleb' ich nicht Freude an Dir — Franz. So sollen Sie mich von sich stoßen! ' ' ' > Oberst. ?r Oberst. Etwas! — Kommen Sie mit mir. Beide! Ich wünschte der frischen Luft im Garten. Begleiten Sie mich! Mein Herz schlägt-schon nm vieles ruhiger! — Kommen Sic (zum Franz) Lieber! machen Sic mich durch Ihre wiederholte Versicherungen ganz ruhig! — Landvogt. Und Ihr liebes Töchtcrchen? — Man sagte mir, Sie hätten — Oberst. Kommen Sie nur! AllcsI sollen^ Sie erfahren, (mit beiden ab) Vierter Auftritt. (Offner plaz im Walde. Linker Zand in der Tiefe -er Bühne die Stadt in einiger Entfernung; rechter 6and, in weite Entfernung Aussicht ins Meer.) Zouron. (mit feinem Bogen, Rächer mit Pfeilen und feinem Wurfspieß von der Stadt, feite kommend. Sein Ülik ist finster. Mit dump, fen Gefühl kömmt er bis in die Mitte der Bühne; dann steht er still — sieht sich um) Schon wieder in einer fürchtcrlichhellcn Gegend! -------------- Dich such' ich nicht.' — Ich such' Höhlen! — Höhlen, über denen gcborstne Felsen — zum Wink des Einstürzcns bereit — gräßlich hängen ; und das Helle lachende des Tages, zur dumpfen , stillen, fürchterlichen Mitternacht schaffen! — Euch such ich! — Hincinkricchc» will ich in Eurem Bauch, und meine dumpfe halbtodtcn Stille, mit der Eurigen paaren — . So in Euch wohnend, will ich für Alles ganz tod — den Tod des Fnhllosen dahin sterben Was wähn' ich? Werde ich's auch können? — Vermagst Du fürchtcrlichdumpfcr Wicdcrhall, die Last, die mich (auf sie Brüst) E 4 h'cr 7- -Eü-- hier so zusammcnpreßt, daß mein Athen, sogar, als Sclave des Unglüks nicht hcrauskann, weg-zuheben ?— Vermagst Du dies?— Nein! Nein! — Jeder Seufzer, den mein gepreßtes Herz gewaltsam von sich stoßt, wird doppelt und aber doppelt mir wieder entgegen stöhnen — sich auf's neue vielfach vermehrt in mein Heez eindrängen — Wicderhall meine Q,ml tausendfach verstärken ! Weh'! Weh'! mir Eienden! — Wer raubt mir mein Bewußtsein ?----------Halt! was war das für ein Gedanke? — Nicht tödten könnt Ihr mein Gefühl — Ihre Höhle» mir Eurer grauscnden tobten StiUe i — Aber mich mit famk meinem Gefühl! — Alle Seufzer, die in meinem Herzen vorräthig — alle, die sich auf's neue zu ihrem Sein ! mich zu quälen , rüste,,! alle will ich in einem Schrei zusammcnprcßcn! Heraus-reißen soll Euch dieser au§ Eurer alten Lage — zerreiße» vollends Eure Spalten Ihr Felsen , und mich mir krachendem Platze» unter Eurem Schutt begraben Und so in Eu- 1,-ein Eingeweide gehüllt — ich zum neuen Felsen mit aufgcthürn't — lach' ich Eurer Grausamkeit , Menschen!! Tod, für Freud und Leid — sport' ich Eurer Wuth! — — O! daß ich schon da hänge in drohender Gestalt! — entrissen dem rasenden Tobe» meines Herzens —> Wohllnst liegt schon in dem Gedanken! — — (sich an einem Baum lehnend; — nach ein,'» yem Nachdenken) Doch, was tob' ich ? Was klag' ich? Verdien' ich mein Schiksal nicht? — Warum entriß ich sie nicht der grausamen Wuth ihres Vaters ? — Stand ich nicht da bei den Grimm des Grausamen, wie ein an Händen und Füßen Gebundener ?------------ -.Und Und was steh ich jezt noch hier? Zu was das Rasen? Zu was das thatlose Klagen? Mein Winseln schaft sie mir nicht wieder. — Fort will ich! Rastlos sollen meine Füße laufen — Speis' und Trank will ich meinem Magen so lange versagen, bis ich ihr Gefängnis auffin-de — und dann — Wehe dem ! der sicl) meiner Wuth entgegen stemmt! Morden will ich Jedem, der Dich mir versagen will! (wiü der Seeseite zu, ab. Der Bediente -es Zaupt-mann Tourette , -er schon im Anfang -er Rede des Zouron zun, Vorschein kam, sich bei Erblikkung -es Zouron hinter einem Baum wieder zurükzog, und unter dieser Zeit in der Szene hinein, seinem Zerren winkend, daß er eilen solle, sein Spiel hatte, stürzt von hinten hinter ihm drein, faßt ihn mit den linken Arm um den Leib, und mit -er rechten Zand faßt er des Zsurons rechten Arm , und zieht ihm so zurück, indem er zugleich schreit) Herr Hauptmann! Herr Hauptmann! eilig! eilig l Er entkömmt mir! Zouron. ( sich wehrend) Mensch! willst Du — Fünftel- Auftritt. Houron. Der Bediente. Dazu der Haupt-mann. Zauptmann. (hereinstürzend) Vetter! Sohn meines Bruders! Wo willst Du hin? (Zouron auf die rechte Seite springend, und jihn haltend) Zouron. Weg von Dir! von Euch Allen! E 5 6aupt. 8aupt. Von mir? Wo wolltest Du hin ? Dich auf's neue der Gefahr des Meers preis geben ? Kannst Du cm einem Ort sich'rer aufgehoben sein, als bei mir? — Womit beleidigte ich Dich? . öoursn. Vist Du nicht auch der Gesitteten einer? 6anpt. Das bin ich ! Lieb' ich Dich aber deswegen minder? Du warst mir schon wcrth — aber jezt in dieser Lage bist Du mir es doppelt! — Komm mit mir zurück! 6suron. Mit Dir? Zu Euch? Nimmer — Laupt. Zu mir; Ruhe wieder zu suchen. Ich kann Dich nicht so allein , Vater - und Mutterlos , ohne Freunde , ohne Verwandten, auf's neue dem ungewißen Glük übergeben. Komm zurük; und wenn Du ruhiger, will ich Dich unterstütze» mit Rath und That. Zsuron. Ich kann nicht! Kann Eure Stadt nicht wieder sehen! Hab' für Euch Allen kein Herz! (rn wehmuth übergehend) Ihr raubtet mir mein Mädchen! saupt. Ich weiß alles, Lieber; weiß cs von meiner Schwester! aber Hab' ich Thcil daran? — Komm, ich verspreche Dir, alles anzuwcn-dcn, Dir sie wieder zu verschaffen; und ist alle meine Mühe umsonst, so bist Du alsdann noch eben so frei, wie jezt — Kannst dann Dein Vorhaben fortznreiscn immer noch ausführen. — Willst Du das? Versprichst Du mir daö? Zouron. Nun — ja, ja! Ich will! Da hast Du meine Hand drauf! — Aber ich sehe vorher, ich werde Euch bald wieder verlaßen! Du bemühst Dich umsonst! — Konnte seinen Grimm das Flehen seines Kindes nicht erweichen — wie wirst Du es können? Oder würk't die die Natur verkehrt bei Euch? Fühlt das Herz eines Vaters, nichts bei den Leiden seines Kinves Herzen? — O! Daß ich Euch je kennen lernte ! Die Leiden, die meiner hier warteten, sind schrcklicher für mich, als die Dortigen! Dort dürft ich nur fluchen unfern Feinden — hier muß ich's den Vater meines Mädchens! , Zaupt. Armer Unglüklicher! Komm, über-gieb Dich mir ganz mir Deinem Schiksal! Ich sorg' für Dich, wie für mein Kind! aber auch folgen mußt Du mir , wie Deinem Vater! Ich — ( man hört, von der Teeseite her, von i- erne den Rnall einer Ranone— den kurz hintereinander noch zwei folgen ) Ha! was ist das? (Zählt) Eins, — zwei, — drei!----------------- Da sind sie! — Ludwig! zur Kompagnie. Du kennst Deine Pflicht! Ich folge den Augcnblik. (Bedienterab) Und ,ezt komm' den Augcnblik, lieber Sohn, oder Vetter ! geschwind! Ich muß zu meinen Leuten! Louron. Wohin ? Warum? wer ist da? Was bedeutet der Knall Eures Geschützes? Laupt. Unsre Feinde, die Engländer landen an uns rer Insel. Zouron. Eure Feinde? — Auch Louisens Feinde? 6«upt. Meine, Deines Mädchens, unsrer aller Feinde! Komm' eilig! Zouron. Geh Du, wohin Deine Pflicht Dich rnfr! ich bleibe hier. Glaubst Du, ich werde mich bei der Gefahr meines Mädchens im Zimmer einsperren laßen ? — Für was hältst Du mich? Ich habe Waffen, und — Much sic zu brauchen! Versammelt Euch uur erst. Von dort her ( nach der Seeieite zu ) kam der Knall Knall; und also müßt Ihr hier so vorbei?-Nickt? Haupt. Ja, ja? Warum ? Houron. Von hier gesell' ich mich z„ Euch! Haupt. Auch das! Nur gicb mir zuvor Deine Hand drauf, daß Du ohne mein Wissen unsre Insel nicht verläßcst! Houron. ( sie ihm reichend ) Da ? — Haupt, (eilig ab) Houron. ( ihm nachrufend ) Wcgpeitschen könntet Ihr mich jezt von Eurer Insel, als einem Mißethäter, und ich käm' wieder zuruk? Sechster Auftritt. Houron, allem. Hernach Louise inwendig. Houron. — — Ja? hier will ich bleiben. Hier (nach der Seescite zeigend) habe ich völlige Aussicht! — Dort die große dürre Ebne, und hinter der das Meer? und hier werden sie sich versammeln, (klettert auf eine Anhöhe, und halt die Hand ijber den Augen ) Liebe, gute Sonne! verbirg Dich nur dasmal hinter einer Wolke! ich kann ja vor Deinem Spiegeln im Meer, nichts erkennen! ( man hört auf's neue drei hintereinander folgender Ranonen, schüße) Schon wieder? — Das war tiefer hinunter! Ha! Da! Da! — Was ist das? — Oh! liebste, beßte Sonne! Du blendest mich ja! — (sich die Augen wischend) Jcjt! — Ha! die wehenden Flagen ! — und unweit dem Ufer! — (während er wieder herunter steigt, und vorkömmt) Sie landen vielleicht schon! ,— steigen vielleicht schon am Ufer! — und noch kein Volk da, zur Gegenwehr! ! Und Louise! Louise ! — wo bist Du ? — Wo haben Dich Deine Peiniger hingeschleppt? — Mädchen ! — Wo bist Du eingesperrt ? — Vielleicht bist Du jezt allein ? verlassen ! Deine Wächter, taub für Dein Flehen, denken vielleicht nur ans ihre eigne Mrttung — überlassen Dich Deinem Schiksal! Wenn Dein Gefäng- niß am Meere liegt; der Feind, dies als das Erste, woran er seinen Grimm laben kann, seiner Wuth opfert — Dich mit opfert! — Wehe! wehe mir! Ich kann Dich nicht retten! — (indem er so wieder tiefer in der Bühne und -er Szene nach dem Meere naher kam ) Ha! was ist das? — Ein Kasten! — zugemacht von allen Seiten — auf vier runden Dingern stehend — gezogen von vier muthigcn Pferden — hiehcr fliegend! Louise. ( deren Geschrei man wie von ferne hört) Halt! halt! nicht weiter! — Hier will ich meinen Vater erwarten. Hier bin ich sicher! Ich will nicht wieder — 6ouron. Die Stimme meiner Louise! — Meine Louise selbst — mein Herz sagt mir's? ( spannt seinen Bogen, Legt den Pfeil drauf, und zielt zur Szene hinaus; indem er zugleich mit fürchterlicher Stimme hinausschreit ) Mensch mit dem schwarzen Busch Haare unter der Nase, halt! oder mein Pfeil stürzt Dich von Deinem Siz zur Erde! Louise, (näher) Houron! Houron! Louron. (sie erblikkend) Louise! — Da sieht sie heraus ! — Macht den Kasten auf— spnngt -- — Louise! (ihr in die Szene entgegen) Louise, (noch in der Szene) Houron ! Ah! Houron! Sie-- 78 ---M--- Siebenter Auftritt. Houron. Louise. Anton und Heinrich. Lsuise. (kommt an seinem Lais hängend mit ihm vor ) Du, hier? — Hier? — Ich habe Dich wieder — wieder in meinen Armen? Anton. Gnädige Konttc c, um Gottcswillen kommen Sie mir uns zurük in die Stadt. Sie wissen, was der gnädige Herr Papa sagten — Wir sind beide unglüklich! Louise. Mein Vater har jczt wichtigere Geschäfte, als auf mich zu denken. Fahrt Ihr zuruk, so schnell als Eure Roße lauffen kön neu ! Ihr seid meinem Vater nötig ! Ich bleibe. Und ftägt er um mich — so sagt Ihr: ich erwarte ihn an der Spitze seiner Truppen bei diesem Gehölze! Und daß Ihr ihm Wahrheit sagtet, will ich durch meine Gegenwart beweisen. Hier will ich von ihm Abschied nehmen! den besten Vater! — so unglüklich er mich auch macht — noch einmal sehen. Heinrich. Nun das thun Sie, gnädige Kom- teße! das thun Eie.— Komm Anton! wir müssen sie schon hier lassen. In Gutem ließe sie der da so nicht von sich! und wir muffen eilen. Zouron. In Gutem? Da hast Du Recht, Bursche! (seinen Wurfspieß behend) Und >ezt geht bald Beide! Raubt mir durch Euer Schwatzen diese kostbaren Augenblikke nicht. An der Spitze Eurer Truppen seht Ihr mich wieder, (beide Bediente gehn) Heinrich. (in der Szene im gehen rufend) Fahr' näher Kutscher.' wir muffen ohne ihr fort! Louise, Louise. Wie glukkich, Houron ! daß ich Dich hier fand- — Wie kamst Du schon jezt hiehcr? Zouron. Wie? — Das weiß ich selbst nicht! — — Voll Verzweiflung über die Grausamkeit Deines Vaters stürzre ich aus seiner Wohnung , und so dem Walde zu. Lange lief ich so hin — sprang über Gräben, und kroch durch niedere Gesträuche — ohne selbst zu wissen , daß ich's that. — Vor mir selbst floh ich! suchte Höhlen, und fand keine! — Wollte meinem Unglük entrinnen, und dachte nicht, daß ich's in meinem Busen mit trug. — O ! Louise! Louise! Du hast einen grausamen Mann zum Vater! Lauise. Sag das nicht, Lieber ! er ist unschuldiger als Du glaubst. öouron. Unschuldig? — Louise! Louise. Ich kenn',ihn; sein Herz blutet gewiß jezt über mich — Zoursn. Und konnte Dich so von sich stoßen — Dich mit solcher Wuth fremden Menschen zu werfen — wie ich's mit keinem Thierc machen könnte — Don diesen Dich hinschlcppen lassen — den Feinden Eurer Insel in die Arme! Oder kamst Du nicht fliehend vor ihnen wieder jurük? Louise. Ja, Bester ! Aber in diesem Augen-blik, wie er dies that; wußte er nicht, daß cr's that; Sein Herz hatte keinen Thcil daran. O! Du glaubst nicht, wie er mich liebt! Für sein Temperament kann er nicht! Es riß ihm hin. Ich und Deine Schwester bestürmten ihn; und er konnte, durfte nicht! Dies brachte ihn auf! — Er gab den Vater des Menschen sein Wort, und als Mann von Ehre darf er nicht wieder zurük! Lonron. Zouron. Darf nicht wieder zurük? Muß ftu, Wort halten ? Louise, (mit Wehmuch) Muß! Muß! Gesetze der Ehre binden ihn! 5suron. Und Du Louise? Du auch? Dich Louise. ( an seinem sals ) grag mich nicht. Lieber! Nicht mit diesem Ton! — nicht mit diesem Blik! er macht mich noch elender! — Rette mich' Er ist mein Vater! — ist fürchterlich in seinem Grimm! Fluchen würd' er mich,' und Dich! Wolltest Du mich, mit der Fluch-Mitgift meines Vaters, in Deine Arme nch- ! mem — Dein Schiksal an's Meinige binden — ! mit mir die Früchte dieses Fluchs, die über unfern Häuptern wachsen würden------------- souron. (sie sanft von fich lehnend; mit ye» drükter Stimme) Nein, Mädchen! Nein! — Träfe er mich allein, dann O? wehe! — wehe mir!— Mein Herz — (auf's neue Rnall einer Ranone) Ah! wohl mir! Klang zu meiner Rettung! Brüllender Ton — Echo des rächenden Donnerers! Du rufst mich wieder zurük--Bist mir licblichtönende Musik zu meinem Grabgesang! — Dank Dir! Du gicbst mir Hofnung meinem Kummer zu trotzen — > Mcnschengrimm zu verlachen.— (wiederRnall) Schon wieder? — Wo aber auch Eure Krieger bleiben! — Ihr seid langsamer mit Waffen , als ohne Waffen zu morden. In mir tobt schon jede Ader; jeder Tropfen Blut arbeitet schon schäumend zur Wuth; jede Sehne reißt mich schon hin zum Eclilachtfeldc! — — O! daß ich schon da stände im lärmenden Gewühl — Brüllen Eurer Waffen — Klaggeschrei der Verwundeten an meiner Seite, würde mir wohl thun! -L^ui. Louise. Unglüklicher! 6ouron. Louise! Louise! ich kann ohne Dich nicht leben ! Sag' mir, sag'! was soll aus mir werden, wenn ich glüklich zurük komme? Soll ich Weh - und Klaggeschrei in's Siegsgeschrei Deiner Landsleute brüllen? Louise. Sind wir schon Sieger, Houron? Haben wir die Feinde schon vertrieben? O! ich bitte Dich! vermehr' meinen Jammer nicht i der mir bei dem gräßlichen Schauspiel bevor-steht! Laß uns hoffen , Lieber! Wer weiß, welchen Weg die Vorsicht uns zur Rettung schon vorlängst bereitete. Und gesezt, daß auch dies fehl schlüge! so hör' Houron! höre dies ju Deinem Trost! Hier unter freiem Himmel Hier in Gegenwart meines Gottes, den ich Nilbcte! hier schwör ich Dir feierlich: Nie eines ändern, als die Dcinige zu werden! Lieber den Zorn meines Vaters auf einige Zeit zu tragen! lieber mein Leben zwischen Mauern zu verweinen, als Dich und mich so unauflöslich gränzenlos elend zu machen. Und jezt gehe hin mit der Versicherung! Kämpfe für mein, und Dein Leben! sammle Lorbecrn! und mit den Freundschaft meines Vaters! Nur schone — schone Dich so viel möglich! houron. Louise! Louise! Du machst aus mir was Du willst. Nun gut! ich will abwartcn; will hoffen, bis — (Feldmufik in einiger Ferne von der Stadtseite) Ha! was ist das ? Louise. Das sind unsre Truppen, unsre Krieger! mein Vater bei ihnen. Louron. Eure Krieger? — Wollt Ihr sie mit se fröhlichklingendem Klang zur Mordsucht entstammen ? — oder fuhrt Ihr sic tanzend zum Kampfplaj? —- Ihr seid doch in Allem wun« ... Z drr- derlichcs Volk mit Euren Gebräuchen. —> Aber wo ;>ehn sie denn, diese lustigen Krieger? ( zur Stadtfeite hinaus sehend ) Ha ! dort! dort! — Sie ziehn truppweise zur Seite hin-' über. — Daß auch der Wald hier so undurch-sehend sein muß! Ich kann fast nichts aus-nchmen. Louise, (mit Unruhe) Houron! Houron? — Mein Vater bei ihnen — an ihrer Spitze! (nach der Sccseite hinaus zeigend ) Dort bringt er sie aus dem Walde, und hier (mehr vorne zeigend) wird er sie stellen. Ec darf mich nicht bei Dir sehen. (indem sie sich mit wehmuth um seinen ^als schlingt) Wir ' mäßen scheiden — müßcn uns trennen. Louron. Scheiden? Trennen? Schon jezt? O! noch nicht! Sie sind ja noch ferne! — Dleib den Augenblik, der Dir vergönnt, noch bet mir! Louise. Fod're das nicht von mir. Lieber! Du weißt nicht, wie gerne ich hier bliebe! Aber ich darf nicht ! o! ich darf nicht! Ich bitt' Dich: erschwer' mir den Abschied nicht! Mein Vater muß mich sehen, wenn er an der Spitze aus dem Walde kömmt; muß mich allein sehen. Auch den Schein eines Ungehorsams muß ich meiden. 6ouron. Nur die wenigen Augcnblikke noch, bis wir ihn hören. ( auf's neue Feldmufik, aber naher. ) Louise. Gott! schon so nah ? — Hörst Du, Houron? — Sie sind schon hinter uns — sind jezt gleich aus dem Walde. Ich muß fort! O! ich bitte Dich, Houron! treib Mich von Dir! Ich stehe hier, wie fest gezaubert-------------- Oder Über geh' Du — reiß Du Dich von mir los — Verlaß mich — Zouron- Weine nicht; Du mein Alles! weine nicht! Ich bitte Dich! Du machst mich zu Allein was Du bist! Und das darf jczt nicht ! sein. Mit Lhränen im Aug' — mit Thränvol-lein Herzen, taug' ich nicht zu dem, wo ich Üzt hin will ! Wehmuth schwächt mich — schlägt meinem Much nieder! und ich brauch' chn jezt. Treib' mich lieber zur Wuth, als jur Wehmuth! Ich gehe ja für Deine Freiheit — für Dein Leben zu kämpfen! Louise. ( mit gedrücktem Schmer; ) Geh! gehAber vergiß auch nicht für Dein Leben zu kämpfen! Houron! Houron! wag Dich nicht iu weit! begicb Dich nicht in augenscheinliche Gefahr! Mein Leben ist am Deinigen gekettet! — Souron. (einfallen-) Sprich das nicht aus,^ Louise! sprich's nicht aus! oder Du machst mich untüchtig zum streiten! Für Dich und um Dich geh' ich kämpfen! Durch Kampf und Lhatrn will ich Dich erringen — wenn ich Dich je erringen kann! Louise. Nur Houron — (auf's neue Feld-Mufik, und auch wafiengeklirr, von -er See-feite, aber yanz in der Nähe) Gott im Himmel! da sind sie schon! O! all Ihr Heiligen! die Ihr alle meine Tritte bewahrtet! Verlaßt mich von dem Augcnblik ! — steht Meinem Houron bei! (an seinem 6als) Houron! Hier findest Du mich bei Deiner Zu-rükkunft — Hier erwart' ich Dich ! ( wahrend ße fich von ihm losreifit) Nur verhät«, daß ich Dich nicht umsonst erwarte ! (nach der Leeseite ab.) . - Za Achter «4 -E- ' Achter Auftritt. ' ' Houron. Louise, und der Oberst, inwendig. Ssursn. Louis«! Louise! Sie ist fort! — und mit ihr flohn meine Kräfte! — Wo nehm' ich Muth her? ( Marsch von Trommeln und pfeiffen von der Teeseite ) Ha! willkommen ! (seinen Wurfspieß schwingend ) Das fvannt meine Nerven zu ihrer Kraft auf's neue- — Und jezt fort! (stuzt an der Szene wieder zurük) Halt! Dort flieht sic ihrem Vater zu! — Ich darf noch nicht tn's Freie! (stellt stch hinter einem Baum) Louise (inwendig) Vater! Mein Vater! Oberst (eben so) Zurük! — Beim Gebetbuch sinel Deine Rolle! Louise. ( wie oben ) Ein Lebewohl! — Oberst. (auch so) Schon gut! Nur fort jejt! tzouron ( der die« hinter den Baum beobachtete) Der Grausame würdigt ihr kaum eines Bliks! — Wie er mit blitzendem Schwert die Reihe hinunter fliegt! Sein Pferd scheint den Boden kaum zu berühren! raucht für Hitze und Muth! Ha! dort kommen noch Mehrere!— ziehn sich mit an — verlängern die Reihe Jezt kämmt er wieder zurük — und jezt dreht sie sich auf's neue zu ihm--------- In was für Bewegung — Wie sie schwankt — Wie unschlüßig sie dort hinschwcbt! — Ha! jezt giebt er ihr einen drohenden Blik? — Das war der Blik eines Kriegers — nicht eines Vaters ! — Er spricht und jezt flicht sie zur Stadt zurük Mt welcher Eile — Ich wür- *särde Dich lieben können, Mann mit Deiner kriegerischen Wuth! wenn Dein feuriger Blik meinem'Mädchen nicht traf! Wie sie eilt Siehst Du Dich nicht mehr um! Mädchen? — Nicht noch einmal nach mir? Ah! jezt! — Sie winkt! — noch ein- mal! — Das war ihr Lebewohl! — Und jezr schwindet sic im Holze — Da noch ein Stim von ihrer Bedekkung fort! verschwunden im Walde ! — Und nun mit mir zur Spitze! — ( von der Stadtseite ganz in -er Nähe was» fengeklirr und einige Stimmen. ) Was giebts da? Kommen da auch noch Krieger durch? (da er Franzen erblikt, -er mit zitternder Eile am ersten heraus tritt) Hu! daß ich daS Ungeheuer noch sehen mußte, (zur Seeseite ab.) Neunter Auftritt. Franz; dem einige bewafnete Bürger folgen. Sinter und unter ihnen einige Soldaten in Unordnung, die sich aber sogleich in der Tiefe zu stellen suchen ; gleich drauf der Landvogt - und auf diesem -er Sauptmann Grimsapd .'dem mehrere Soldaten folgen.— Die ganze Szene geht überhaupt, der Si-> tuazion gemäß, so gedrängt als möglich. Franz. (im Eintreten ) Ah! ah! Aus ist'S Mit mir! (nach der Seeseite zeigend) Kein einziger Baum, nicht einmal ein alter Zaun, hinter den ich mich verkriechen könnte! — — Wenn mir die alten Kerls (auf den Bürgern) nicht so auf dem Fuß gefolgt, ich hätt' längst Reis-aus genommen? Hu! hu! hu!«— Gros- F? ser fer Marschall de Sachs! steh Deinem Verehrer bei! abandvogt. ( eilig eintretend ) Habt's hier Halt! gemacht, lieben Kinder ? Brav! brav! sv kommen wir »lir dein Herrn Hauptmann Sri-moard zugleich Äöir werben wohl ziemlich von den Lezren sein. Des Herrn Hauptmann Ton-rettes Kompagnie Hab' ich so eben durch den Bäumen zum Wald hinaus marschiren sehen. Uns re jungen Leute waren dicht hinter ihnen! 's Beste ist noch, daß wir den Weg hier durch abgeschnitten haben, sonst mägte mir wohl der H rr Oberst zum erstenmal ein saures Gesicht zum Wiukommeu entgegen schikken. Wer kann aber helfen? Alte Männer, kurze Beine! Nur jejt hübsch brav gehalten, lieben Freunde! Wo ein jedes von uns hingehort, wissen wir Gott s t Dank! Wir habcn's ja oft genug probirl! Ich steh an Eurem Rechten, und mein liebes Sähnchcn am linken Flügel! Und da folgt nur meinem und seinem tapfern Beispiel. Franz. (bei Seite) Meinem tapfern Beispiel? Nun, da ivird's gut werden. ^.andvogt. Und wenn etwa einem oder ander», von Euch, so eine gewisse Furcht anwandeln sollte, so bedenkt nur) gegen wem und für wem Ahr streitet! Eure Feinde, sind Ketzer! Ungläubige! Werden sie Sieger, so wehe uns! und Euren armen Weibern und Kindern daheim! (bei Seite) Und wehe meinem armen G' loe! — Ich kenne sie am Besten! Eure Weiber wurden sie schänden! Eure Kinder schlachten! und Euch als Leibeigne in Ketten und Banden auf die Galeeren schleppen! —' (bei Seite) Vergieb mir's lieber Gott im Himmel! daß ich so abscheulich luge! Straf's nicht an an mir in dem bevorstehenden Treffen! Womit soll ich das Volk sonst anfeucrn ? — Und Noch! Noch! kennt kein Geboth! Franz. ( bei Seite) Auf die Galeeren? Ach! Ach! Zauptmann Grimoard. ( der in der größten Eile eintritt) Ah! das ist zu toll! Der Herr Oberst must glauben, daß unser einer ein halb Dutzend Lungen vorräthig hat! Kommt mir auch noch der Adjutant entgegen gesprengt, und schreit durch's Holz: Eile ! Eile! und mir stand schon vorher der Schweis ans der Stirne! Das! heißt die Leute vor der Zeit abgcmat-tct! — Daß das Donnerwetter den englischen Dokken den Magen versplitterte! Mit denen werden wir noch immer fertig werden! Bis sie gelandet, bis sie die Pikcttcr zurükgctrieben, sind wir längst dort! Und eher wär's ja, hol* mich , straf mich ! keine Ehre sich mit ihnen einzu-lassen. — Jezt geschwinde gestellt , Bursche! Wir marschieren von hier gleich in Ordnung ab, und schließen uns an unserm linken Flügel an! Aber daß Ihr mir gleich die Linie faßt, das rath ich Euch, wenn wir anfmarschieren! Wenn ich etwa hernach noch Euch zu richten laufen soll, so sichts übel aus! (zum Land-vogt, den er jezt erst steht) Ah! steh da Herr Landvogt! Auch schon da? Landvoyt. Ja, Herr Hauptmann! Hab' so «den meinen lieben Alten ein wenig zuge-redt! Laupt. Brav, brav! Bei so einer Gelegenheit , wie hier, muß alles helfen; Bürger und Bauer ! Der Soldat verliehet ausser seiner Ehre am wenigsten! Auch sind wir zu schwach! «r -HK- . Landvogt. Hört Jhr's Kinderchen? Bürger »nd Bauer muß helfen. Und Ihr streitet noch obendrein für die Sache Gottes! 5auptm> Für was? Sind Sie — Für die Ehre des Königs streiten wir! Landvogt. ( ihm mit den Augen «inkend ) Und für die Sache Gottes! (zu ihm bei Seite) Ich bitt um des Himmels willen! machen Sie das Volk nicht klüger als es braucht! Die Stokfifche haben so 's Herz nicht auf dem rechten Flek. — (zu ihnen fortfahrend) Glaubt mir's, Kindcrchens! wer von Euch fällt, fährt von Mund auf im Himmel! Franz. (bei Seite) Ah! das ließe sich schon hören! ^auptm. Nicht Euch(richt feine Leute) Landvogt. Und jezt zu Dir noch ei» paar Worts, mein Söhnchen! Du hast die Ehre den linken Flügel Deiner Bürger und Bauern an-tuführcn. Bedcnk's was das heißt! D» sichst heute für mein und Dein ganzes Vermögen. Siegen wir nicht, so sind wir aufgelegte Bettler. Mach' um Gottcswillcn, daß ich keine Schande an Dir erlebe. Franz. Ja — ja — lieber Papa — ich will standhaft stehen bleiben — Ich will zielen — Landvogt. Nun ich denk's ja auch! Kannst j" die Jägerei aus und inwendig! Schicßst ja eine Schwalbe im Flug — wirst ja die Ketzer nicht fehlen! Franz. Ja, ja, lieber — Papa! Aber, liebster, bcßter Papa! wenn ich nur nicht so ein erfchreklichcs Zittern in allen Gliedern hätte. Beim Geist des großen Marschall de Sachs ich glaub', ich stek über und über im kalten Fieber ! Es ist mir nicht anders, als wenn alle Glie- s-W-, 8» Glieder für Zittern und Beben zusammen brechen wollten. Landvogt. Du! mach Du mir keine Sprünge! Enterbung! Verstoßung! wenn Du Furcht äusserst! Junge! gingst Du durch! Dein ganzer Flügel lief zum Teufel! Herr! Gott im Himmel ! — Junge! wenn das geschieht — Hiev unter freiem Himmel schwör ich Dir's: Nimmer und ewig und ewig erhieltest Du Deine Louise! Zauvtm. Herr Landvogt! Ich bin fertig! — (Rommandirt feine Leute: halb Rechts! und dann: Marsch! Trommeln und pfeiffen fallen mit ihrem Marsch ein. Er geht mit ihnen in Ordnung ab. Der Landvogt, Franz, und die Bürger schließen sich hinten an, und folgen. Sobald die Soldaten vom Theater hört man den Zauptmann hinter der Szene: Aufmar-schirt! schreien, wenn der Marsch von dem klingenden Spiel geendet, fällt draußen die Feldmusik ein; und unter diesem Getöse schließe sich dieser Mt! Nach der Feldmuflk wünschte ich, daß eine Simphonie, die das Getümmel einer Schlacht nachahmte, den Zwischenraum dieses und des lezten Mts ausfüllte.) Vierter Aufzug. ( voriger Schauplaz. Getümmel der Schlacht; Rnall von schwerem Geschüz, das den Zwi» schenranm des Aufzug« durchwä'hrete; aber üüßerst ferne) Erster Auftritt. Franz; (tritt auf mit bloßem Degen, und zitternder Eile.) Ach ! ach! ich kann nicht mehr ! Schießt Euch herum so lang'Ihr wollt, — ich bin kein Narr! Die Engländer sind ja ganz des Teufels! Dicht neben mir schoßen sie einen weg, daß er beinahe das ganze Maul von einander riß, und ln die Luft kreischte, daß der Erdboden neben mir zitterte! Der ist jejt freilich schon im Himmel! — Aber Himmel hin, Himmel her! — ich hätt' einmal nicht stehen bleiben können, und wenn mir eins da Oben die Lhüre vorder Nase aufgehalten hätte ( steht hinaus ) Hu ! da gcht'ü noch verdammt hitzig drüber her! Nur zu! nur zu! Hier bin ich sicher !Und merk' ich, daß sie näher kommen — so nehm' ich Ncisaus / Bis Ihr mich dann einholt, könnt Ihr lauste»! (kommt wieder hervor) — Aber— mein Papa ! — mein Papa! — was der mit mir an-fangcn wird, das weiß der große Marschall de Sachs! Ei was! ich leg' mich auf's leugnen — Gesehn hat mich kcins — denn cü ist ja 'n Rauch und 'n Dampf draußen, daß man die Augen kaum aufmachcn kann. Und von denen die neben mir standen, vcrräth mich hier keiner !- Da müßte mein Papa erst zum Himmel klet- §r klettern — und das wird er lvohl bleiben lassen , denk' ich! Wenn er mich aber um Mäine Kugelbstchse frägt — — wie sieht's her» ua > ans? — Merkt cr's, daß ich mitten im stärksten Feuer — so steh' mir Gott bei! — Und erfährt's der Herr Koinmandör — so ist's gar aus! Er ist im Stände, läßt mich zum Hause hinaus jagen! — Ach!,Du grösser Marfchall was fang' ich an ? — Hätt' ich nur wenigstens einen Tropfen Blut am Degen, so wstßt ich mich schon zu helfen; aber so — er ist ja zum Spiegeln blank! Was fang ich an? — Et was! ich bin im Staude und lauf noch einmal hin, und tunke den Degen wo in eine Pfuye Blut cs wird ihrer genug geben! — Ich probier's! (mit starken Schritten bis an die Szene , von der er aber mit zitterndem Rnie stch wieder entfernt) Ach ich kann nicht! Papa ! ich kann nicht! Und wenn Sie mit dem Schwert hi tcr mir stehen, Papa ! so kann ich doch nicht ! ! — (fährt zusammen) Was raßelt denn da durch die Bäume herum? (nach der Stadtseire zeigend) Es wird doch von da her der Feind nicht auch über mich komme» ? (geht mit furchtsamen Schritten hin, um es hinter den Lau» men verstekter zu beobachten; springt aber gleich wieder zurük) Meine Braut! und Ama-lia! Was fang' ich zezt an? — Wenn die mich hier so allein antreffen, und fragen — Wo lauss ich hin? — (nach der Seeseite zeigend) Dort hin? — Alles, nur das nicht! — Lieber wo hinter einem Baum so lauge verstckt ^ bis sic vorbei sind; und dann zurstk in die Stadt — Ich kann mir einmal nicht anders helfen! Verzieh mir'S lieber Gott im, Himmel! Steh mir bei, großer Märschall! Ich muß Blut an, Degen Degen haben, und sollt' ich eins von hinten zu, durch den Leib bohren, (läuft nach der Ttadtseite, verstekt stch hinter einen Laum, bis Amalia und Louise vor ihm vorbei, und dann ab.) Zweiter Auftritt. Louise; kn ihrem Kopfpuz, ihrer Lage gemäß Amalia; ihr folgend. . Amalia. (greift der Louise Land, da ffe steht, dafi diese der Teeseite zu flieht) Nicht weiter Mädchen! — Louise. Nur hinaus zu sehen, vergönne mir! Amalia. Nein! keinen Schritt weiter! Du versprachst mir, im Waide zu bleiben. Wo Du nur Miene machst, weiter zu gehen, so kehre ich den Augenblik wieder zurük, und laß Dich allein hier. Bis hieher könnt ich Dich begleiten — gab Deinem dringenden Flehen nach! Ob wir in der off'nen Stadt in Furcht sitzen , ober hier stehen! das ist eins. Aber auch um keinen Schritt weiter! Louise. O! ich bitte Dich ! fstrchte nichts! — Biet mir eine Krone für einen ändern Plaz —-ich werf sie von mir, und bleibe hier! Hier war's ( indem ste auf die Stelle deutet) wo wir standen! Wo wir uns trennten! Wo meine Seele sich gewaltsam aus seiner herausriß! Wo uch bleiben will, und bleibe» muß, bis ich ihn wieder habe! Sei's lebendig oder tod! Amalia. Liebe Louise, ich bitte Dich, fang' da hier nicht wieder an, woDu's in der Stadt .gelassen hast! Was versprachst Du mir nicht al-..... les lcs, wenn ich mit Dir gehn, Dich begleiten würde! — Oder findst Du Vergnügen darinn, mich aufs neue wieder mit zum Weinen zu (man Hort von Ferne dumpfes Geschrei, unter dem man einigemal wie von weitem: Viktoria! aus-nimmt) — Was ist das? — ( springt zur Seefeite) Ich sehe nichts als Rauch und Dampf! Halt! jezt treibt ihn der Wind zur Sec — Cs wird hell' — — Sieg Louise! Schau Herl die Feinde fliehen! — Gott im Himmel Sieg l Louise. Heiliger Gott! erhalt meinem Vater! erhalt meinem Houron! Amalia. Und meinem Bruder! Sieh kouise, wie sic sie dem Meere zu treiben. Louise. Wehe den Armen die kein Schiff zu ihrer Rettung erreichen! — Wer weiß, wie so Manches Mädchen daheim jammert, um Vater und Geliebten! ihn sah — sich so wie ich von ihm losriß — mit den Augen begleitete — und ihn nun nie wieder sieht! Ich habe doch Hoffnung sic Beide wieder zu sehen! ----------— O! Gott ! um was soll ich Dich bit- ten ? Wie wirst Du mein Elend enden? I« jedem Fall elend! Elend wenn Einer, — wenn Beide — und wenn gar keiner wieder kämmt! — O ! hilf Deiner Schwankenden ! — Stärke mein verrätherisches Herz! Die Liebe hatte es geblendet '. Gicb mir meinem Vater! Du Allmächtiger ! Entreiß mir Alles. nur ihn nicht — Sei stumpf und kalt bei mein blutendes Herz! Mach mich gefühllos für jene Liebe, die mich rum undankbarstem Geschöpf macht! — Ihm habe ich alles zu danken! Mein Leben! Die Kraft Dich hier anflehcn zu können — o! gieb mir ihn wieder! Zürne nicht mit der, die neben brr Liebe Alles vergaß ! ^ Dritter Dritter Auftritt. Vorige. Franz. Amalia. ( zusanlmenfahrend ) Was plätschert denn da -nrch's Gebüsch? (zum Fran;, der sezt mit bloßem blutigen Degen zum Vorschein kömmt / und in -er größten Eile der Sccseite zuläuft) Wohin ? Wohin? (ihn bei der 6and vorziehend) Kommen Sie ein wenig vor! — Woher? Wohin? Wie kommen Sie daher? — Erzälen Sie uns — Franz. Halten Sie mich nicht auf! — Hö:en — sehen Sie denn nicht, was es da draußen gicbt ? — Ich! will auch noch so ein paar Englischen Hunden ihr Lebenslicht vollends ausbm en. Amalia. Jezt noch? — Warnm denn nicht eher? — Sie kamen ja von der Stadt! Warum— Franz. Von der Stadt? — Großer Marschall de Sachs! — ( ihr den Degen zeigend ) Und was ist denn das ? He! was ist denn d is? (bei Seite) O ! mein armes Hcrj! Wie's klopft! — O! mein armes Gewissen! Amalia. Mit uns sollen Eie reden / nicht mit den Bäumen, oder der Luft! — Hieher kommen Sie! — Wenn Sie alfo würklich vom Ort des Schrekkcns kommen , so erzälen Sie —. Aber mein Golk! Sic zittern, und beben mir ja an der Hand! Der Angstschweiß steht Ihnen ja Tropfenweise vor der Stirne! Franz« (stch abrrsknend) Ich glaub's gern! — Es ist aber auch kein Kinderspiel, wenn man mitten unter den Feinden, sv mit seinem Degen Degen herumbohrt ! Wenn bald vorne ball» hinten, Ach und Weh! geschrieen wird! Amalia. Mt dem verschonen Sic uns! —" Das Schrekkenbild verlangen wir nicht von» Ihnen! — — Sagen Sic nur, wie Sic vom Kampfplatz mit blutigen Degen von dieser Seite kommen können? Franz. — Wie? — (bei Seite) Steh' mir. bei großer Marschall! — Wie? ( fich die Stir» Ne wischend) Amalia. Ja! ja! Wie? So antworten Sie doch einmal! Franz. Wie? Das Die Kon* teße kouise und Ihnen Hab' ich gesucht! — Amalia. Uns gesucht? — Zu was denn? 8ranz. Ja, ja! Sie Hab ich gesucht! Und wie ich da Oben auf die Anböhe (zur Stadtseite zeigend) komme, so sehe ich, daß der Feind schon Reisaus nimmt, und da habe ich wollen der Erste sein, der Ihnen die freudige Nachricht — Amalia. Da Oben auf die Anhöhe? Mensch! so reden Sie doch um des Himmelswillen verständlich! — Ich denke, Sie kommen graben Wegs von — Franz. Richtig! Gradenwegs von Umbringcn, Hauen und Stechenkomm ich! — schnurgra-de mitten aus der Batallie. Amalia. Nun so hilf mir Gott! daß ich nur einmal mit den Menschen fertig werde! — Wenn Sic also daher kommen — wie Ihr Degcu und auch Sie versichern, so reißen Sie uns Beide aus unsrer Angst. Sagen Sie «der ich bitte Sic um's Himmclswillen, nur: w't Ja! oder Neu,! — Was macht mein Bru-ber? Was mein Vetter, der Houronier? Was der y6 --W-- der Herr Oberste? Leben fie ? Sind sie vev-«vundet oder — Louise. Ja, das sagen Sie uns! Liebster/, bester Herr Marquis! wenn Sie das wissen das mir sagen / so rechnen Sie auf meine Erkenntlichkeit ! Franz. ( bei Seite) Was sag ich jezt ? — Ha, ha— Nun so fodern Sie nur! fodern Sie nur! — Von wem wollen Sie's denn zuerst wissen? Amalia. Von dem Sie wollen. Von Allen auf einmal, oder von Jedem besonders. Fangen Sie meinetwegen bei meinem Bruder an! — Was macht er? Lebt er? — Nun? Franz. — Das weiß ich nicht! Amall«. Nicht? Und wollen doch grade von dem Ort Herkommen — Und wissen nichts? Franz. Nehmen Sie mir's nicht ungnädig; das verstehn Sie nicht ! Man hört's, daß Sie in Ihrem Leben noch in keiner Dataille waren. Wie wollen Sie denn da vor Rauch, und Dampf und Geschrei was ausnehmen können? Louise, (traurig) Und von meinem Vater? Amalia. Von dem wißen Sie auch nichts? Franz. — Nein! Amalia. Und doch schrieen Sie - Wir sollten nur fodern! Sind Sie mit Unwahrheiten zu-sümmengesezt? — Will uns weiß machen, daß er davon gelaufen, uns aufzusuchcn ; und da et uns sinket , will er statt der Antwort auf's neue davon laufen; und wie wir ihn endlich zum sprechen bringen, so weiß er nichts zu sagen, als was wir ohne ihn schon längst vorher sahen, vorher hörten! Kömmt da her, uns nvch stbler Laune zu machenals wir ehe schon smd-l Franz. Franz. Kann denn ich was davor, daß ich vor Rauch und Dampf nichts gcsehn? Aber sein Sie nur ruhig. Ich steh' Ihnen gut dafür, daß Eie Ihren Herrn Bruder— und Sie Ihren Herrn Papa wieder sehen werden; aber der Herr Houronier — Amalia) Mein Vetter? Louise. ) Houron? Mein Houron? «lmalia. Nun? Wollen Sie nicht Enden? — Was soll der Houronier? Franz. Ich weiß es schon! Louise. Lieber, Guter? Wissen Sic was von ihm? O! reden Sie! sagen Sic! Wie sahen Sie ihn ? Wo sahen Sie ihn? Amalia. Sollen wir Sic fußfällig um Antwort bitten? — Was soll der Houronier? Franz. Nichts soll er! Ich wollte nur sagen, daß cs mit dem aus — Louise. Amalia! — Wehe mir? (Feldmustk von Ferne) Horch! Horch! Die Sieger kommen tanzend und springend zurük, und mein Houron liegt vielleicht noch mitten unter den Verwundeten! Lebt vielleicht nur noch,.um Meinen Namen in die Luft ru schreien! De» ^ag zu verfluchen, wo er hteher kam! Den Augenblik, wo ich mich in sein Herz eindrang? wo er sich aus Liebe zu mir im Tod stürzre! (zur Amalia , die fie hält) Laß mich! Laß Mich! Ich muß ihn sehen! noch retten! oder sterben! ( reißt sich los und will ab; in dev Szene stürzt fle zitternd und schreiend zurük ) Weh mir! Seine Gestalt — blutend und bleich! G Vierter Auftritt. Vorige. Houron. Zsuron. (stürzt eilig, feinen Bogen in dck Zand haltend , aber ohne Wurfspieß und Pfeile , herein; über der Stirne hat er einen nicht gefährlichen Streifhieb ; in der Mitte der Bühne erreicht er die vor ihm fliehende Louisei die er mit einer sanften Gewalt in seinen Armen schließt, und sie so vorführt) Louise! Louise! Ist das der Empfang des Wiedersehns; Du fliehst für mich? Bin ich Dir mit das (auf die Wunde deutend ) auf einmal so schreitend geworden? Louise. ( ihn anstarrend, und mit matter Stimme) Bist Du's? — Du selbst? — Du, lebend? Franz. ( bei Seite ) Konnte denn den verdammten Wilden kein Engländer treffen? Amalia. (Louisen auf der ändern Seite) Louise! Louise! so komm doch zu Dir! Er ist es selbst! Louise. Bist Du's wurklich? — Lebst? Bist nicht tod? Dich — Dich selbst (ihn umschlingend) Hab' ich lebend — lebend in meine» Armen wieder? Franz (bei Seite) Was thu' denn ich jezt? — Schweigen ist wohl das Klügste? Zouron. Mich, meine Gute! Und das kannst Du so befremdend fragen? Ich erwartete, wähnte, Dich für Vergnügen, daß Du mich gesund, lebend wieder sehen würdest, unlieber-maas der Wonne in meinen Armen sinken j» sehen! Könnt' es nicht erwarten, mit alle» Sie- Siegern gemeinschaftlich Siegprangcnd einzu-fiehen! Hatte nur Dich, nur Dein Versprechen, Mich hier zu erwarten, im Gesicht! Riß „iich los aus dem Gelärm, dem Siegsgcschrei! stürzte hieher mit fliegenden Füßen! finde Dich! und Du---------- Louise. O! laß mich nur erst ganz wieder lu mir selbst kommen! —Der Ucbergang ist zu plözlich! Von einer äußersten Spitze zur an» dern! Ich sah Dich einen Augcnblik vorher nur in Lcichengestaltcn — Hörte, daß Du Dein Leben dort geendet — wollte nach — hin zu Dir — und in dem Augenblik kömmst Du Nur entgegen — ssursn. Und wer war's, der Dich so grausam quälen konnte? 8ranz. (bei Seite) Jejt wär's wol am klüg-flen, wenn ich mich empföhle ? AmaUa. Hier der saubre Herr Marquis ! mit ftinem großen Marschall! Franz. Was? Warum? 8»uron. Der Niederträchtige ? — Mensch k ivas bewog Dich dazu? Franz. Niederträchtig? — Das rath ich IH--«en — 5-uron. Ja ! niederträchtig ! Bursche! — Oder wie nennt man das bei Euch, wenn dev Befehlshaber selbst, im stärksten Gefecht, davon läuft, und seine Untergebene verläßt? Franz. Was Hab ich? Habeim Geist deS grossen Marschall de Sachs ! sagen Sie mir nicht zuviel! — Und was Hab' ich denn da? ( Zeigt den blutvollcn Degen ) äouron. Hab' Du das her , wo Du willst! Dort! zur Zeit der Noth! in der äußersten Ge-snhr, sah mau Dich nicht! Wo warst Du da? ^ G 2 Anralia Hier bei uns ist er schon — Zranr. O! ich sehe schon, hier komm' ich zr> kurz! Hier bin ich übcrflüßig! Ich werde mci-ne Helfer schon finden! (bei Seite) Jczt atti eine feine Lüge gedacht, oder mit mir nimmts heut' ein übles Ende! (ab zur Seeseite.) Fünfter Auftritt. Louise. Houron. Amalie,. J>« der Folge der Oberst inwendig. Zouron. (ihm nachrufend) Ja, geh nur! Du Ausbund von Niederträchtigkeit! — Louise. O ! stille Lieber ! Er ist fort! Laß Dein Blut ruhen! Er vcrdients nicht! Komm! komm an meinem Busen! Laß mich des Entjükkens froh werden, daß ich Dich habe! Laß mich den Kelch der Freude Tropfen für Tropfen auöleeren! Ich bin ganz in der StiM- mung mein Glük fühlen zu können!------------------^ Ich Hab' ihn wieder, Du Allmächtiger! Hab' ihn unverhofter wieder — O ! laß das Vorbedeutung ewigen Besitzes sein!—Lenk meinen» Vater Und mein Vater, Houron? Mein Vater! Sahst Du ihn nicht? Amalla. Und meinem und Deinem Bruder? Louron. Seid ruhig, meine Lieben! Ich war an ihrer Beiden Seite, bis der Lärm von Eurem linken Flügel kam: daß der Feind siege! Dann verließ ich sie Beide, lebend und wohl! Meinen Bruder sah ich seit der Zeit nicht mehr! Aber Deinen Vater sah ich noch auf seinen» rechten Flügel seine Krieger anfeucrn, wie der grössere Theil von Feindlichen schon tn's Met» ge- Sesprengt ward. Ich erkannte ihn an sein wcis-seö Pferd, mit dem er zu seinen feurigen Krie-gern, von einem zum ändern flog! Louise. Und Du sahst ihn noch, tvie der Feind schon floh? 6oursn. Glaub meinen Worten? Louise. Ach ! Amalia ! Ach Houron ! So werd' ich ihn wieder sehn ! — (wird jezt des Lourons Wunde ycwahr) Bester! was ist das? Zouron. Ein Zeichen, daß ich ziemlich nahe war k Ein braver Feind hieb nach mir, und ich könnt ihn nicht ganz auswcichen. Louise. Aber doch keine Gefahr? Houron? Zouron. Nicht die Mindeste! — Ein wenig Schmerz! weiter nichts! — Besorge nicht das Mindeste. Ich kenne die Kräuter zu genau, die die Natur zu der Heilung bestimmte, als daß ich das Geringste besorgen dürfte. Louise, (an seinem Zals ) Und ich will sie Dir auflegen! Täglich! stündlich! — Dich warten und pflegen! und sollt' ich jede Erlaubniß auf den Knieen von meinem Vater erflehen. Oberst. ( inwendig ) Halt ! da ist !«r! — Halt mein Pferd! — Kommen Sie------------------ Louise. ( die sogleich bei ihres Vater« Stim« »ne aus seinen Armen sprang) Gott im Himmel ! Mein Vater! — Er sah mich in Deinen Armen — Er kämmt auf's neue mir wieder geschenkt — Wie soll ich ihn empfangen? Sechster Auftritt. Vorige. Der Oberst. Adjutant. Oberst, (eilig eintretend; zum houron) Dich such ich junger Mann! Dich mußt ich che ha-G A den ! io, ken! An Dir zuerst meine Schult' abtragen, «he ich noch einen meiner braven Leute danken konnte. Auch wirst Du von Allen so sehnlich erwartet, wie von mir gesucht— Wo bliebst Du ? Warum gingst Du durch? Unfern Dank! der Ehre die Dich erwartet, auszuweichen? Umsonst ! Du entgehst ihr nicht! Halt uns für Alles, nur nicht für undankbar! — Komm her an meine Brust! Laß mich Dich küssen! — So ! und möge Dir der Kuß alles sagen, was ich fühle. Zouron. Mann! Du betäubst mich! — In was das? Warum das? Oberst. Das fragst Du? — Das hiernach! Jezt auch zu Dir, Louise! — Komm her Kind ! — Louise! Warum so entfernt? Warum so erstaunt? — Kömmst Du nicht in Deines geretteten Vaters Arme gestürzt? (mit sanftem Vorwurf) Muß er sic nach Dir aus-breiten ? Louise, (mit Thrä'nen an seinem 6al« flickend ) Lieber Vater! Ich habe Sie wieder! Gott dem Allmächtigen Dank! Oberst. Du weinst Kind? — Sind's Thrä-ncn der Freude? der Erwartung? oder der Furcht? — Du sprangst aus seinen Armen vorhin, wie Dn mich sprechen hörtest! — Dn hattest Recht und Unrecht! Küß' ihn! küß' ihn nun in meiner Gegenwart den Retter Deines Vaters! Louise. Ihren Retter? Oberst. Ja, das ist er! zwiefacher Retter! Retter meines Lebens! und Retter meiner Ehre! — Und das fragst Du so erstaunt ? Hat er Dir das noch nicht erzält? Louise, (an §surons 6als) Houron? Du meinem Vater gerettet? Und das konntest Du mir verheelen? '! Oberst. Oberst. Nun so hör cs von mir; so weit ich'l weiß. Um die nähern Umstände bitt ich Sie, Herr Adjutant! Ich war zu sehr beschäftigt, zu sehr gedrängt mit dem was mich umgab, alS daß ich Sie schon hätte darum ersuchen können! Adjutant. So viel ich weiß, mit Vergnügen. Oberst. So höre mein Kind! Im Anfang ging Alles gut! Meine braven Offiziere und alle meine Truppen hielten sich tapfer! und ich werde (zum Adjutanten) ihnen auch noch warm dafür danken. — Der Feind fing an zu weichen! In dem Augenblik wo ich dies be-würkte, und nun in voller Arbeit begriffen war, meine Leute aufzumuntern, dieses Vortheils sich zu bedienen, kam vom linken Flügel der Lärm, daß er anfange zu weichen, und des Feindes schwacher Rechter — denn der Feind war wie ich ihn angrif, noch nicht völlig in Schlachtordnung gestellt — ihn ganz über den Haussen werfen würde. — Gott im Himmel! wie ward mir! — Ich selbst konnte, durfte nicht hin, wenn ich meinem Vorthcil nicht auf's neue in die Schanze schlagen wollte. Von meinen Truppen konnte ich keine» missen! Ich beorderte sogleich den Herrn Adjutanten in Begleitung dcS Herrn Obristlieutenants Croan dahin, um durch ihre Gegenwart, mit Güte oder Gewalt, wie'S gehen würde, die Feigen zurükzuhalten. Mein Retter hörte das! war weg vom Flügel! und «he ich mir's versah, hinten auf des Herrn Ad-jutantcns Pferd, uud floh so mit ihm davon. Der Hcrr Adjutant kam auf's neue zurükge-fprengt: es wäre Alles umsonst ! Ich müßte Truppen schiften! Ad,utant. Und so war es auch! Bitten und Schlagen war umsonstund der Feind fing schon .... G 4 an »n mit gedoppelten Schritten sich jil nähern! Es war die äußerste Gefahr. (auf Loursni) Der Herr war gegenwärtig. Zouron. Die Zeigen! Oberst. In der äuffcrsten Noth ließ ich so-: gleich aus den hintersten Gliedern ohngefär hun- ! dert Mann hcraustreten, und war so eben im Vegrif, sie mit Ihrem braven Herrn Bruder, (auf Amalien) hinzuschikken; als auf's neue der Herr Adjutant gesprengt kam, und mir: Viktoria! Viktoria! entgegen schrie! Amalia. S» lebt mein Bruder? Oberst Ja, liebes Mädchen! und wird, so halb er das nöthigste verrichtet, hieher in Ihre Arme kommen. Sie haben schon hernach die Güte, Herr Adjutant, ihm. den Orr zu zeigen? Amalia. Gott sei Dank! Louise. Nun, mein beßtcr Vater? Oberst. Kaum hörten das Wort einige meiner Truppen , als cs auch schon in allen Gliedern wiederhallte! Und nun hakt' ich volle Arbeit sie zu zähmen, daß sie nicht in Unordnung gerieten, und auf ihrem weichenden Feind, dem jezt bei dem Geschrei tödtender Schrekken ergrief, mit den Bajouettcrn cindrangcn. Der rechte Flügel floh ganz! und der Linke ward beinahe, nachdem er völlig zum Weichen und in Unordnung gebracht, im Meere gesprengt. Louise. Gott im Himmel! Und das Alles vermogte, Houron? , Oberst Ja, mein Kind! Er! den mir Gott der Allmächtige zu meiner Rettung sandte! So sagen die Bürger, so versichern meine beide Herrn Offiziere. — Aber die nähern Umstände — wie er's rhat? — Herr Adjutant! —' ? . Ab- Adflitant. Ich war selbst nur vom Ausgang der kühnsten That Zeuge! In dem Augenblik, wie ich von Ihnen zurük gesprengt kam, sich ich ihn schon den General Rowlci gefangen zu «ns herüber schleppen. Der enthauptete Körper, seine Truppen, standen da / und staunten! Ein Thcil lag im Anschläge zum Feuern — und bebte doch zugleich für das Leben ihres Generals. Ein anderer machte Linksnm, nnd floh! Die Bürger, die das sahen , erhielten nun wieder Muth, und gingen mit starken Schritten auf sic losSo bald der Herr Graf (auf Louron) seine Beute in Sicherheit gebracht, vereinigte er sich mit uns, dem Herrn Obrist-Ueutenant und mir. Wir unterstüjtcn die Bürger, so gnt wir's vermogten! Der Feind war «m Vieles weniger! Die kleine Zahl konnte den neuen Angrif nicht widerstehn, und floh! Sie wurden dann, nachdem sich dieser Flügel mit dem Ihrigen wieder vereint, bis zum Meere gedrängt, wo nur einige wenige Zeit gewannen, in ihre Schiffe zu springen. Oberst (drükt ihm die Zand) Dank Ihnen, Herr Adjutant! Und wohl mir, daß ich so brave Offiziere habe. Und nun bitt ich um meiner lieben Tochter Freundin Amalia Bruder, (zur Amalia) Denn Sie mögtcn doch nicht im Lager, ihm aufzusilchcn? — Nicht wahr?---------------- And sagen Sie meinem ganzen Offizierkorps, und allen meinen Leuten, daß ich sie als Sieger cinzuführen, und zu danken bald erscheinen würde. (Ajutant ab.) ( zum Zsuron.) Und nun mein lieber Retter! Wie erhielten Sie Ihren Gefangnen? Louron. Mit wenig Mühe! Ich sah, daß da durchaus Nichts helfen wollte ! daß sie immer Gz Schritt Schritt für Schritt weiter wichen , und daß der Feind mit größer» Schritten immer näher kam! Ich ward wie rasend! Ich bin nicht gewohnt zurükzugehcn, wenn ich wo streite! und da stritt ich! Dem Anführer der Feinde mogte das zu langsam gehen! Er kam auf sein Pferd hervor, und schrie ihnen mit seinem Schwert in der Fanst-Muth jn! Er kam immer näher! und näher! Ich schwenkte mein Spieß, ging auf ihn los , und warf nach sein Herz! Ich fehlte! traf ihn in seine linke Schulter! Er hieb mit seinem Schwert nach mir! ich warf gebükt meinen Bogen über meinem Kopf! und indem «r sich so im Hauen auch büktc, riß ich ihn in meiner Wuth bei seinem linken verwundetem Arm von sein Pferd, und schleppte ihn mir mir! Oberst. Und schlepptest mir Rettung zu i Jüngling l eine seltne, vielleicht nie erhörte That! Louise. Gott im Himmel! Houron! — Und daher hast Du Deine Wunde? houron. Daher! Er wehrte sich um sein Leben, und seine Freiheit! und wehrte sich tapfer! Die Spitze seines Schwerts, die in der Höhlung meines Bogens durchdrang, riß mir die Wunde. Wo ist er jezt? Oberst. Nebst den übrigen Gefangnen bei meinen Truppen noch auf dem Schlachtfelde, als Kricgsgcsangncr! souron. Ich muß ihn noch einmal sehen, den tapfern Mann! Oberst. Das sollen Sie! Auch wartet dort noch Ehre und Ruhm auf Sie! — Vorher aber komm noch einmal in meine Arme, kühner Jünglings --- Daß ich was hätte, womit .. - c ich ich Dir die Größe meines Danks beweisen könnte! Etwas, das den Dienst, den Du mir leistetest , entspräche! — Komm an mein Herz, Jüngling! Werde mein Sohn! Mach mich'glük-lich durch Deinem Best;.' Es sei künftig mein größter Stolz mit Dir als Sohn zu prangen! Auch bist Du es doppelt würdig! Du erhieltest mir Alles! Leben und Ehre! Im Tod hält* ich mich vorsczlich gestürzt, eh ich die Schande, geschlagen ! überwunden! und gefangen ^n sein, überlebt hätte! Ehe hat? ich mit einigen Tapfer« mein Ende in den Bajonetten» meiner Feinde gefunden! —Doch, was hätte mir selbst das geholfen? — Gott im Himmel! nun ich's überlege — Was hätte mir'ö geholfen? — Gehört hätt' ich zwar selbst ineine Schande nicht — Aber meine Freunde, meine Anverwandten, die auf ihre tapfere Ahnen Stolz sind, hätten sie noch lange nach meinem Tode auf meiner Grabfchrifr in aller Leute Augen gelesen, aus Aller Munde gehört! Wenn mein Körper schon lange vermodert, würde Stadt und Hof noch geschrieen habenin dein und dem Jahr verjähren wir die Insel unter dein Kommando des alten BouflcNrs! Heiliger Gott! welche Schand-säulc steigt vor meiner Phantasie auf! — Unv doch war ich unschuldig — Vielleicht ein junger Hasen Jüngling? Jüngling! schlag mir die Bitte nicht ab, sei mein Sohn! Zoursn. Bitten Sic nicht! Ich Bitte! Sei»» Eie mein Vater! — Ich hatte einen Preis un» den ich rang! Einen einzigen! Ich siegte — enthalten Sie mir den Preis nicht! -L.ouise. Vater! Vater! Er rettete, wie Sie selbst sagen I, Ihr Leben, Ihre Ehre — Zw Ihren Füßen, mein Vater! ich war der Preis um den er rang! Ich, Ihre Tochter! Di- Tochter, dir Eie lieben, und die als ge--schenktcr Preis gluklicher als der Sieger selbst wird! -7- Sein Sie so unser Beider — Unser Beider durch unser Glük doppelt gluklicher Vater l e er selbst crzälte, es erst gcsehn, daß der Feind floh! und wollte dann erst hin — Landvogt./Wie? — Blche! ist das wahr? Franz. Ja, Papa! Hier war ichAber erst wie der Felnd Rcisaus nahm. — Wie ich wieder ju smir kam, und das mit ansah, und da ganz unnötig war, wollte ich der Erste sein, der meiner Braut die fröhliche Nachricht brächte ! und so lief ich der Stadt zu ! Der Weg hier durch, ist der Nächste; und hier fand ich sie auch. Landvogt. Ist das so ? Franz. Ja, Papa! Di« Stadt habe ich mit keinem Auge gesehn. Fragen Sie nur die Bürger, die neben mir und hinter mir standen, ob ich mich nicht als braver Kerl gewehrt, ob ich — Landvogt. Die wollen eben davon nichts wissen. Franz. Ich glaub's lieber Papa! Die, die neben und hinter mir standen, wurden beinahe alle an meiner Seite erschoßen! Und wie ich nachher Sinnlos da lag, konnten sie mich freilich nicht hören. Landvogt. Das klingt ganz gut! Und ich glaube Dir auch! denn Du bist mein Sohn! und ich mögte UM Alles in der Welt, das was ich ich fürchtete, nicht in Dir finden, (zum Ober« stcn) Und Sie, mein beßter Freund'? was sagen Sie dazu? Nicht wahr, er ist Ihrer, und Ihrer Tochter noch würdig? — Tr ist mein Sohn ! kann nur mit Ihrer Tochter allein glük-lich werden! Er verdient's — und Sie verspra-chen's! Oberst. Sobald das Alles würklich so ist, wie er crzält, und wir es «uch wohl glauben müssen, da sein Flügel bei der Unordnung am Mehresten verlohr und kitt, so haben Sie mein wort! und das muß ich wohl halten. 6ouron. Wehe mir! Louise. Hilf Gott im Himmel! Amalia. Aber ich begreife die Möglichkeit nicht ! Er kam einmal von der Stadtseite zu uns, gleich nach dem Siegsgeschrei, so wahr ich lebe! Franz. RichtigWeil ich Sie hier nicht fand, wollt' ich auch in die Stadt! sah Eie- aber Beide durch die Bäume einen ändern Weg hie-her eilen, und folgte, (bei Seite) Ah! glüklich durchgclogcn! Louise, (zu ihrem Vater mit gedrükter Stimme , an dessen Arm sie stch hängt) Bater um Gotteswillcn Erbarmen! Erbarmen mit mir! Erbarme,, mit Ihrem Erretter! Sehen Sie ihn da, den ^rr Alles Unglüklichen! Oberst, (gleichfalls mit gedrükter Stimme) Um des barmherzigen Gottes willen! habe Mitleiden mit mir. Ich gab mein Wort, und kann nicht eher zurük, ehe ich nicht überzeugende Beweise habe. Ich sehe des — Bubens Feigheit und rüacn durch und durch; und kann ihm doch nicht t» Leibe. ? Lezter Auftritt. Vorigen. Anna. Anna, (kömmt von der Stadtseite heulend und schluchzend Hera»«/ und ohne sich umzusehen, ist sie im Begrif so über die Bühne zu laufen) Lan-vogt. (der sich mit den ändern über ihr Geschrei umweodet, erkennt ste, läuft ihr bis zu Ende der Bühne nach, und führt sie zu« rük) Das ist ja mnne alte Haushälterin! — Was willst denn Da da, Alte? Komm hervor! Was heulst and schreist denn so erbärm- Zranz. (der auf die linke Seite -er Bühne hinter den ändern verstekt, auf seinem plaz blieb; zitternd vor sich ) Jejt sei mir Gott gnädig ! wenn die mich sieht, und plaudert! Anna. Ach! Gott im Himmel sei Dank! daß Sie noch leben gnädiger Herr! Landvogt. Und darum schrieest Du so? Anna, (schluchzend) Ja! und um Ihren Herrn Sohn! und um meine — Landvogt. Um meinen Sohn? Was soll denn der? Franz. (bei Seito ) Ach ! Ach! ich jittre, und bebe! Anna- Ach! Du mein lieber himmlischer Vater! Wie ich hörte, daß wieder alles sicher, und ruhig; daß die Feinde ganz und gar davon gejagt! hatte ich weder Ruhe, noch Rast t» Hause, da Sie nicht zurükkamen ! Ich glaubte schon, er hätte Sie auch ermordet! La»-« Landvsgt. Mich? Bist Du närrisch? Anna. Wollte Gott! ich wär's ! so würde ich nicht Zeitlebens um meinem Verlust heulen, und sct>reicn mäßen. Um Gotteswillen, gnädiger Herr! schikke» Sie ihm nach! Laßen Sie ihn aufsuchcn! Er ist, nachdem er zu Hause «»eine arme Lisette ermordet, in der größten Verzweiflung, und Raserei zum Hause hinaus-gcsprungen, und hat — und hat — Landoogt. Halts Maul alte Heulhure! oder red' ^verständlich! — Ermordet? Was ermordet ? Franz. ( bei Seite) Hilf Himmel! — Htlf großer Marschall! Anna. Ja, gnädiger Herr ! Ermordet! Ach! er hat mich um Alles gebracht! — Ich habe weder Mann, noch Liebhaber in dieser Welt! Weder Kind , noch Kegel! Hatte nichts zu meinem Trost , zu nreincr Freude, als diese einzige Gesellschafterin! Sie war mir Alles! Mein ganzes Herz hing an ihr! Ach! jezt bin ich dafür gestraft! — Sie war frölich mir mir! und traurig mit mir ! War meine Begleiterin in Küch und Keller! Meine Gesellin bei Tisch und im Bette! —. Landvogt. Weibsbild! Komm einmal zum Ende! — Wir heißt sic? — Wer ist sie ? — WNS soll sie ? Anna. Meine Lisette! O! meine arme Lisette! Du hast so grausamlich -- Landvogt. Deine Lisette? — Der Teufel werd' aus dem Weibsbild klug ! Ich kenn unter all- den Menschern im Haus« keine Lisette. Wer ist sie? Anna. Kein Mäbtl, gnädiger Herr! kein altes Mensch! - Wär's ei« altes Mensch — ach> H was was schadets? ick kriegte ihrer genug, so viel ich brauchte — Aber keine Lisette krieg ich in meinem Leben wieder. — Und Eie kennen sie nicht einmal, gnädiger Herr? Haben sie selbst so oft bei'n Namen gerufen, sie so oft gestreichelt — Und haben jezt ans einmal auf mein altes liebes K'äzchen Lisette vergessen? Landvsgt. Deine Katze? — MenschDich reitet der Teufel! — Die hat mein Sohn umgebracht ! Anna. Ja, gnädiger Herr! und auf die er-schreklichste Art! Landvsgt. Wann? Wie? Wo? Oberst. Das frag ich auch, Haushälterin r Rede sie frei und — Wahrheit! (bei Seite) Gott! mach meine Vermuthung zur Würklich-keit! Anna. Ach! gnädiger Herr! sehen Sie nur? Wie das Geschrei und der Lärmen kömmt, daß jezt alles in voller Bataille, werf ich mich in Ihr Zimmer beim Gebetbuch auf's Knie, und bete. Meine Lisette lag vor meinen Füßen, und schnurrte! Eh' ich mir's versehe, kömmt der junge Herr mit bloßem Degen zum Zimmer hin-eingesprungcn ! Er zitterte und bebte, und groß? se, grosse Angsttropfen standen vor seiner Stirne ! — Ich frag ihn, und frag ihn — aber wer keine Antwort gab, war Er i Ich dachte, ich sollte Blut auf meinen Knieen schwitzen! denn er warf bisweilen mit seinen Degen so erschreklich grimmige Augen auf mich, und lief dabei bisweilen mit so großen Schritten im Zimmer herum, daß mir Brühsiedenheiß bei meinem Gebetbuch ward! Endlich , eh ich mir's. versehe, stürzt er auf einmal auf mich zu; macht einen Schrei, daß ich umfiel, und sticht mein armes kisettchen, das noch stärker wie er schrie, zu meinen Füßen durch und durch! und läuft so mit den Degen, zum Zimmer hinaus, als wenn ihm der Kopf brennte! Landvogt. Mein Soh — Franz, wollt' ich sagen? Anna. Ja gnädiger Herr! der junge gnädige Herr Franz! Landvogt. Der junge gnädige Herr Schurke! — Sag mir, Mensch ! bist Du würklich nicht wahnwitzig? — Das wär' Alles so? Anna. So gewiß ich hoffe, seclig zu werden. Landvogt. Und wie lange ist das her? Anna. Nun so ungefär eine gute halbe Stunde nachher, wie Sic aus der Stadt hinauszo-gen; so ohngefär vor einer kleinen Stunde; oder drei viertel Stunden. Landvogt. Genug! — Dnbe! — Wo ist er denn? (erbliktihn) Verfielt? — Fühlst Du Dich getroffen? (ihn hervorziehend) Hervor feige zitternde Kanallic! Anna. ( die seinen blutigen Degen erblikt, und jezt wieder zu heulen anfangt) Ach! Du lieber Gott! Da liegt das Blut noch auf dem Degen von meiner armen Lisette! Landvogt. Das? — Und mich, und uns Allen führt der Bube so bei der Nase herum? Macht uns weiß-------------Bube! Bestie! sprich, was soll ich jezt mit Dir anfangen? Zranz. (zitternd) Papa! Pa — Landvogt. Sprich das Wort nicht aus, oder Ich durchstoß Dich mit den nämlichen Degen, und vermenge Dein Blut mir der Bestie ihres — Doch, das verdienst Du nicht einmal — Du Abfaum von Allen — Du mein Sohn? Ich Dein Gäter? (stoßt ihn von ßch) Geh mir I,s kus den Augen, feige, haßenfüßige Seele! Verbirg Dich vor mir, wenn Du — (herum-laufend) Gott im Himmel! was hätte der Bube nicht alles anrichten können ? In der größten Noch reißt er ans, und — —Wäre der Mann (aufAuron) nicht gewesen — Wo wäc ich zezt? Wo mein Vermögen? (auf Auron zugehend) Mann! Du rettetest mir Alles — Einen Sohn Hab ich nicht mehr! — Wozu brauch ich Alter das All? Nimm die Hälfte —-Doch, nein ! nein! Ich weiß Dich noch besser zu belohnen — (zum Franz) Bube! hier schwur ich's Dir! und hier will ich's halten! ( zum Obersten) Freund! Wir gaben einander ein Wort! ( dem Obersten die And gebend ) Hier in Gegenwart des Herrn Hauptmanns! haben Sie das Mcinige znrük! Geben Sie Ihre Tochter, wem Sic wollen! nur den Taugenichts da nicht! — Oberst. Freund! Sic Machen mich ---Laniwogt (fortfahrend) Doch mit der einzigen Bedingung: übernehmen Sie den Burschen der sich meinem Sohn nennt! — Ich muß mich schämen, einem ändern die Incht über ein Geschöpf zu übertragen, das ich in die Welt spll, gcsezt haben! Aber ich kann mir nicht helfen! — Bube! ich weiß noch Strafen — andere, als Dir Deine Braut, entreißen ; — Nehm n Sie ihn unter Ihren Truppen! Wollen Sie^das? Könne» Sic das? Oberst So ungern ich auch sollst meine braven senke durch eine» feigen Kammcraten zu entehrt« suche, so — Landvsyt So thun Sie's mir aus alter Freundschaft doch zu Liebe! — Und Sie (zum Tourette) mein lieber Freund! nehmen ihn unter trr Ihrer Kompagnie? ( 6auptmann bejaht'-) Dort soll er Mores lernen! Lassen Sie ihn zu-samnrcnhauen durch Ihre Unterossrzicre bis Wart! Bube! Wart!— Sobald er exerzieren kann, fort mit ihm auf einer Insel: wo's bunt durch einander geht! Wart ich will Dir's Kugel-scheue vertreiben! Ich habe noch Freunde! noch Anverwandten! Wart! Mit sollst Du mir, auf jedem Flck! wv's scharf geht! Dein Hasenherz solle» sic Dir schon vertreiben. Wart! Hasenfuß ! Wart! Das Durchgehn sollst Du bleiben lassen! Vor Dir, und hinter Dir brave Kerls! Vor Dir, und hinter Dir aufgcpflanztc Bajo-nets! — Wirst Dn dann ein braver Kerl --gut! — Aber bis Du's nicht bist, lebst Dn wie jeder andere mit Deinen paar Sons täglich ! — Disdahin Hab' ich keinen Sohn, und Du keinen Vater! Und wehe Dir, wenn Du meinen Namen schändest ! — Bisdahin nicht mehr Franz d'-Anjoux — bisdahin — Franz Hasenfuß! (im Ablaufen ) O! o! o! Anna. (ihm nachlaufend ) Gnädiger IHcrr! Gnädiger Herr! Vergib mir Gott meine Sünde ! — Das wird doch Ihr Ernst nicht sein? Das wär ja gar zu viel Revange für meine Lisette! (ad) saupt. (zum Franz) Zu mir her, Rekrut! Ihr gehört jczt mir! Und wenn Euch Euer Vater vor der Zeit etwa wieder haben wollte, so soll er Euch tbeucr genug erkaufen. Oberst, (zum Zouron und zur Louise.) Ihr steht da, und staunt — über den plözlichen Wechsel Eures Schiksals? — (den Zouron umarmend) Mann! Mann! ichlcs'es in Deinen Augen: ich mache Dich glüklich! und Jüngling! Jüngling! ich werde es mit Dir! Durch Durch Dich, den ich nun meinen Sohn nennen kann, nennen darf! Du machtest mich heut zu Deinem Schuldner! Stelltest einen großen Wechsel auf mich aus! Wohl mir! daß I ich Vermögen habe ( indem er Louisen in sei« ^ ne Arme giebt ) den Wechsel zu lösen! Zoursn. ) Louise! Louise. ) Houron! Zouron. (zum Obersten) Vater! — Bruder! — Schwester! Mein Glük ist unumgränzbar! Sie ist Mein? Ewig Mein! Louise. ( an Sourons 6als ) Ewig! Oberst. Auf ewig Versprochen! Und so bald Du in unsrer Kirche ausgenommen, auf ewig vereinigt! ENDE. ' dMSlMS KnilZMLS 6»< s?6 6SSS51824S cogiss -